Anna Schwan Werbung statt Waffen
Anna Schwan
Werbung statt Waffen Wie Strategische Außenkommunikation die Außenpolit...
23 downloads
1301 Views
2MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Anna Schwan Werbung statt Waffen
Anna Schwan
Werbung statt Waffen Wie Strategische Außenkommunikation die Außenpolitik verändert
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Zugl. Dissertation an der Universität Hamburg, 2010 Die Arbeit wurde gefördert durch ein Graduiertenstipendium der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
. 1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Dorothee Koch VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17592-8
Inhalt
5
Sprich, damit ich Dich sehe SOKRATES
Inhalt
7
Vorwort
Im Jahr 2002 entdeckte ich eine Terra Incognita: Die staatliche Außenkommunikation. Eben noch an der Uni, wollte ich nun im German House in New York den Amerikanern Deutschland verkaufen. Kein leichtes Unterfangen damals – die Operation Enduring Freedom war in vollem Gang und die USA verstrickten sich immer tiefer in den Irak-Konflikt. Sechs Jahre lang habe ich die Gestaltung staatlicher Außenkommunikation miterlebt, Neuland entdeckt und Klippen umschifft. Die Professionalisierung der Arbeit, die vielen neuen Ideen, waren mein täglich Brot. Ebenso wie die Unsicherheiten des Themenfelds. Das fing beim Namen an: Ging es nun um Politische Öffentlichkeitsarbeit, Public Diplomacy, Nation Branding oder einfach um das Deutschlandbild im Ausland? Je länger ich mich mit der Außenkommunikation beschäftigte, desto deutlicher wurde mir, dass die Fragen der täglichen Arbeit nur beantwortet werden können, wenn das Thema wissenschaftlich vorangetrieben wird. Also entschied ich mich, das zu tun. Ich wollte herausfinden, ob es sich bei der staatlichen Außenkommunikation auch für die Wissenschaft um neues Terrain handelte und welche Forschungsergebnisse anderer Fachbereiche nützlich sein können, um sie besser zu verstehen und ihre Erforschung in Theorie und in Praxis weiterzuentwickeln. Meine Forschungsexpedition hatte viele Mitstreiter. Da ist mein Doktorvater Prof. Dr. Hans J. Kleinsteuber, der mit den ihm typischen kritischen Fragen, vor allem aber mit vielen guten Tipps und Ratschlägen immer für mich da war. Sicherlich keine Normalität im Wissenschaftsbetrieb. Danken möchte ich auch meinen ehemaligen Arbeitgebern, dem Auswärtigen Amt und Scholz & Friends Agenda, die das Projekt unterstützt haben. Ganz besonders sind hier Wolfgang Neuen, Michael Reiffenstuel und Dr. Michael Zenner von Seiten des Auswärtigen Amtes zu nennen sowie Dr. Lutz Meyer und Stefan Wegner bei Scholz & Friends Agenda. Mit Dank und Freude blicke ich auch auf meine Zeit als Promotionsstipendiatin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zurück, ohne deren Unterstützung dieses Projekt nicht hätte umgesetzt werden können. Ebenso möchte ich meinen Freunden, Bekannten und Mitstipendiaten für die aufmunternden Worte und die Motivation danken. Ihr wart meine Felsen in der Brandung! Besonders nennen möchte ich: Meredith Atkinson, Hendrik Behrendt, Frank Hatami, Dr. Christoph Holzmann, Dr. Lilly Wirthmann. Und Dr. Christof Biggeleben, ohne den die Arbeit nicht das Buch geworden wäre, das wir heute in den Händen halten. Mein letzter und größter Dank schließlich geht an meine Mutter, ohne die Nichts so wäre, wie es ist.
Inhalt
9
Inhalt
Grundlagen 1
Einführung in das Thema ............................................................................ 17 1.1 Einleitung .......................................................................................... 17 1.1.1 Ziele .............................................................................................. 20 1.1.2 Fragestellung und Hypothesen ...................................................... 20 1.1.3 Methodik ....................................................................................... 24 1.1.4 Forschungsstand............................................................................ 28 1.1.5 Begrenzungen des Themas............................................................ 33 1.1.6 Aufbau und Gliederung................................................................. 33 1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen ........................................... 34 1.2.1 Definitionen von Public Relations ................................................ 34 1.2.2 Definitionen von Nation Branding und Public Diplomacy ........... 36 1.2.3 Definition des Leitbegriffs Strategische Außenkommunikation .... 43 1.2.4 Abgrenzungen und Überschneidungen: Marketing und Werbung 50
Theorien rund um die staatliche Außenkommunikation 2
Wissenschaftliche Rahmenbedingungen..................................................... 59 2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft..................... 59 2.1.1 Der Bezugsrahmen: Konzepte, Ziele und Wirkungen von PR ...... 59 2.1.1.1 Konzepte der integrierten Kommunikation ....................................60 2.1.1.2 Vertrauensbildung als zentrale Funktion der PR............................61 2.1.1.3 Organisationstheoretische und gesellschaftstheoretische PR Theorien.........................................................63 2.1.1.4 Resumeé: Relevante Konzepte und Theorien im Überblick ..........72 2.1.2 Das Umfeld: Mediatisierung von Politik und Gesellschaft ............73 2.1.2.1 Kommunikation in der Mediengesellschaft ...................................74 2.1.2.2 Politische Kommunikation: Zwischen Medialisierung und Selbstmediatisierung ....................................................................................81 2.1.2.3 Mediatisierung in der Außenpolitik ...............................................85 2.1.2.4 Die Rolle der Medien in der internationalen Meinungsbildung .....90 2.1.2.5 Resumeé: Mediatisierung nach innen und nach außen ..................93 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung . 94 2.2
10
Inhalt
2.2.1 Zur Entstehung und Formung von Nationenbildern ..................... 94 2.2.2 Identitätsbildung durch Imagined Communities ......................... 103 3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart ........ 109 3.1 Staatliche Außenkommunikation aus historischer Perspektive ....... 109 3.1.1 Zwischen Spiritualität und Verweltlichung: Außenkommunikation im Mittelalter ....................................................... 109 3.1.2 Wir sind wer – wer sind wir? Nationalstaatsbildung und Außenkommunikation .............................................................................. 112 3.1.3 Die Welt wird zum Dorf: Weltausstellungen und Olympische Spiele .................................................................................................... 114 3.1.4 Selbstdarstellung und Dialog: Die Etablierung auswärtiger Kulturpolitik ............................................................................................. 117 3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy .......................... 120 3.2.1 Zum Ursprung des Begriffs ........................................................ 120 3.2.2 Public Diplomacy in der PR-Forschung ..................................... 123 3.2.3 Public Diplomacy als Paradigmenwechsel der Diplomatie? ....... 129 3.2.4 Public Diplomacy in der Soft Power-Argumentation von Joseph Nye ................................................................................................ 131 3.2.5 Auswärtige Kulturpolitik und Public Diplomacy........................ 134 3.2.6 Resumeé: Public Diplomacy als Umsetzung von Soft Power ..... 139 3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke ................................... 140 3.3.1 Das Konzept der strategischen Markenführung .......................... 142 3.3.2 Der Country of Origin-Effekt: Wirtschaftliche Aspekte der Außenkommunikation und Vorform des Nation Branding ...................... 150 3.3.3 Die Übertragung strategischer Markenführung auf den staatlichen Bereich ....................................................................... 154 3.3.4 Resumeé: Der Staat als Marke? .................................................. 161 Leitlinien für die Praxis 4 Strategische Außenkommunikation: Ein neues Konzept staatlicher Kommunikation im Auland .............................................................................. 165 4.1 Strategische Außenkommunikation und ihre Komponenten Public Diplomacy und Nation Branding .................................................................. 165 4.2 Die Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland ......................... 176 4.3 Literatur- und Quellenstudie: Was Public Diplomacy und Nation Branding erfolgreich macht .......................................................................... 187 4.3.1 Grundprinzipien .......................................................................... 187 4.3.2 Erfolgskriterium Integrierte Kommunikation ............................. 219
Inhalt
11
4.3.3 Erfolgskriterium Strategische Kommunikation .......................... 240 4.3.4 Die besondere Rolle der Kultur in der Außenkommunikation.... 311 4.3.5 Resumeé: Warum wir Strategische Außenkommunikation meinen, wenn wir von Public Diplomacy und Nation Branding sprechen .... 320 4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz: Strategische Außenkommunikation aus Sicht der Kommunikationswissenschaft ............. 323 4.4.1 Strategische Außenkommunikation als Ausdruck integrierter Kommunikation und als Managementfunktion......................................... 323 4.4.2 Überschneidungen zwischen den Erfolgskriterien Strategischer Außenkommunikation und den Prinzipien exzellenter internationaler PR ................................................................... 325 4.4.3 Nur so stark, wie das schwächste Glied: Grundprinzipien und Erfolgskriterien im Abhängigkeitsmodell................................................. 327 4.4.4 Drei Formen der Kommunikation: Prozessmodell Strategischer Außenkommunikation ............................................................................... 329 4.4.5 Ziele auf allen Ebenen: Funktionen Strategischer Außenkommunikation ............................................................................... 333 4.4.5.1 Funktionsmodell Strategischer Außenkommunikation ................ 334 4.4.5.2 Strategische Außenkommunikation als Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten .............................................................. 336 4.4.6 Strategische Außenkommunikation: Ausprägung der Mediatisierung von Außenpolitik ............................................................. 339 4.4.7 Möglichkeiten und Grenzen der Wirkung Strategischer Außenkommunikation ............................................................................... 342 4.4.7.1 Einflussfaktoren auf die Wirkung Strategischer Außenkommunikation ......................................................... 343 4.4.7.2 Wirkungsmodell Strategischer Außenkommunikation ................ 346 Schlussbetrachtungen 5
Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit ................................... 351 5.1 Legitimation durch Kommunikation oder Symbolisierung von Politik? ......................................................................................................... 351 5.2 Der Leitbegriff im Überblick .......................................................... 355 5.3 Implikationen für die Praxis ............................................................ 358 5.4 Ausblick und Desiderata ................................................................. 360
Literatur ............................................................................................................ 363
12
1 Einführung in das Thema
Abkürzungsverzeichnis
AA AKBP BTI BBC BBCWS CIA CNN COO DAAD EU FCO FIFA G8 GI IOC LdI NB NBA NBI NGO ÖM PÖA PD PR SWOT UK UN UNESCO USUSA WM
Auswärtiges Amt Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik British Trade International British Broadcasting Corporation British Broadcasting Corporation World Service Central Intelligence Agency Cable News Network Country of Origin-Effekt Deutscher Akademischer Auslandsdienst Europäische Union Foreign and Commonwealth Office Fédération International de Football Association Gruppe der Acht (wichtigsten Industrienationen der Welt) Goethe-Institut International Olympic Committee Deutschland – Land der Ideen Nation Branding National Baseball Association Nation Brand Index Non-Governmental-Organization Öffentliche Meinung Politische Öffentlichkeitsarbeit Public Diplomacy Public Relations Strength-Weakness-Opportunities-Threats Analyse United Kingdom / Großbritannien United Nations / Vereinte Nationen United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization United States- / Amerikanisch United States of America / Vereinigte Staaten von Amerika Weltmeisterschaft
1.1 Einleitung
13
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Schematische Einordnung verschiedener Formen von Realitätskonstruktion durch Perzeptionsschemata.................................................... 100 Abb. 2: Modell Kultureller Kommunikation nach Peisert........................................ 125 Abb. 3: Nachhaltige Markenpositionierung im Wechselspiel zwischen Kontinuität und Innovation........................................................................................ 147 Abb. 4: Überschneidungen von nationaler Identität und Country of Origin-Effekt 153 Abb. 5: Mögliche Beziehungsverhältnisse zwischen Public Diplomacy und Nation Branding nach Szondi ................................................................................... 169 Abb. 6: Schematische Darstellung des Dachmarkenkonzepts im Nation Branding 194 Abb. 7: Nation Branding Hexagon nach Anholt ...................................................... 195 Abb. 8: Ganzheitliche Ausrichtung britischer Außenkommunikation nach Involvierung von Institutionen ................................................................................. 198 Abb. 9: Organigramm der Abteilung für Kultur und Kommunikation .................... 227 Abb. 10: Britische Jugendliche mit Geschenktüten des FCO und dem Slogan „There’s no such thing as ‚abroad’ any more“.......................................................... 232 Abb. 11: Claudia Schiffer posiert in der Deutschlandfahne für Deutschland – Land der Ideen .................................................................................. 238 Abb. 12: Strategiemodell der Außenkommunikation nach Phasen.......................... 242 Abb. 13: Ebenen des Nation Branding nach Kotler et. al......................................... 244 Abb. 14: Außenkommunikationsstrategie des Auswärtigen Amts .......................... 247 Abb. 15: Strategieaufbau Deutschland – Land der Ideen......................................... 270 Abb. 16: Positioning Diamond nach Gilmore .......................................................... 282 Abb. 17: Thematische Budgetaufteilung des British Council für die Jahre 2004-2005 ............................................................................................ 291 Abb. 18: Logo Deutschland – Land der Ideen ......................................................... 292 Abb. 19: Strategische Außenkommunikation als Form integrierter Kommunikation, eigene Darstellung unter Rückgriff auf Iris Guerys Schema der integrierten Kommunikation in der PR ................................................. 324 Abb. 20: Modell des Abhängigkeitsverhältnisses der verschiedenen Erfolgskriterien............................................................................ 327 Abb. 21: Spektrumsmodell Strategischer Außenkommunikation ............................ 330 Abb. 22: Prozessmodell Strategischer Außenkommunikation.................................. 333 Abb. 23: Funktionsmodell Strategischer Außenkommunikation.............................. 335 Abb. 24: Wirkungsmodell Strategischer Außenkommunikation .............................. 346
1.1 Einleitung
Grundlagen
15
1.1 Einleitung
17
1 Einführung in das Thema
1.1 Einleitung Im Sommer 2006 wurde für die deutsche Regierung und Wirtschaft ein Traum wahr: Das Land erlebte ein Sommermärchen und wurde zum Weltmeister der Herzen.1 Und die ganze Welt sah zu. Deutschland hatte sich für die Ausrichtung der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 beworben, um zu zeigen, dass es anders war, als sein traditionelles Image glauben ließ: nicht technokratisch und anachronistisch, sondern modern, innovativ und lebenswert. Das war bis dahin im Ausland kaum angekommen: Die klassischen Deutschlandbilder konzentrierten sich auf den Terror der Nationalsozialisten oder auf typisch Deutsches wie Schloss Neuschwanstein, die Märchen der Gebrüder Grimm oder Lederhosen und Oktoberfest. Produkte Made in Germany wurden assoziiert mit hoher Qualität, Effizienz und Technologie, Emotionen hatten in den Produktvorstellungen jedoch keinen Platz.2 Die Regierung nutzte die Ausrichtung der Fußball-WM als Chance, um weltweite (Medien-)Aufmerksamkeit zu generieren und die Lücke zwischen Selbstkonzept und klischeehaftem Fremdbild zu schließen. Und tatsächlich sah ein Milliardenpublikum auf der ganzen Welt vier Wochen lang ein Land in strahlendem Sonnenschein mit fröhlichen Menschen und modernen Städten. Seitdem ist Deutschland Weltmeister der Herzen geblieben: Gleich mehrere Umfragen bescheinigen dem Land seit 2006 Image-Höchstwerte. So gaben in einer Erhebung der BBC vom April 2008 56 Prozent der 17.500 Befragten aus 34 Ländern an, dass Deutschland einen überwiegend positiven Einfluss auf die Welt habe.3 Das ist ein erster Platz, vor Japan und der Europäischen Union. Verschiedene Umfragen zum Deutschlandbild im Auftrag des Auswärtigen Amtes 1 Deutschland ein Sommermärchen lautete der Titel eines Dokumentarfilms zur WM von Sönke Wortmann, der am 5.10.2006 in den deutschen Kinos anlief. Vgl.: www.deutschlandeinsommermaerchen.kinowelt.de, Download: 5.8.2009; Weltmeister der Herzen titelte die BILD-Zeitung am 10.7.2006 und schuf damit ein geflügeltes Wort, das in fast allen deutschen Medien aufgenommen wurde. Vgl.: Weltmeister der Herzen! Stimmen Sie ab, www.bild.de/BTO/sport/wm2006 /aktuell/07/09/voting/voting-bester-spieler.html, Download: 5.8.2009. 2 Vgl.: Anna Schwan: Das Deutschlandbild in den amerikanischen Medien: Der Bundestagswahlkampf 2002 und die Irak-Frage im Spiegel der US-Presse, in: Josef Raab / Jan Wirrer (Hg.): Die deutsche Präsenz in den USA, Berlin 2008, S. 479-512. 3 BBC World Service / PIPA / Globescan (Hg.): Global Views of USA Improve, Worldwide Poll, London 2.4.2008.
A. Schwan, Werbung statt Waffen, DOI 10.1007/978-3-531-92866-1_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
18
1 Einführung in das Thema
bestätigen dieses Bild: Deutschland kann in fast allen abgefragten Werten, von der Außenpolitik, über Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft bis hin zum Tourismus seit 2005 deutliche Imageverbesserungen aufweisen.4 Und auch der Nation Brand Index, der versucht, den Markenwert von Ländern anhand von internationalen Onlineerhebungen zu bestimmen, sieht Deutschland seit Frühjahr 2006 auf den ersten Plätzen.5 Das Image des Deutschen erlebte in den letzten Jahren eine Realitätsadaption. Das bestätigt auch das Auswärtige Amt: „Das Bild Deutschlands in der Welt war nicht sehr ausgewogen. Es spiegelte nicht das aktuelle Leben im Land wider, sondern war stehengeblieben...“, so Michael Reiffenstuel, zur Zeit der WM stellvertretender Leiter des Referats Strategie und Planung der Abteilung Kultur und Kommunikation. „Durch eine Vielzahl von Umständen ist das aktuelle Deutschland, die heutige Gesellschaft, stärker in das Bewusstsein der Welt gerückt… Die Fußball-WM 2006 hat uns dabei die Möglichkeit gegeben, alle Aspekte der deutschen Gesellschaft weltweit zu transportieren, nicht nur das Ernste, Leistungsorientierte, Biedere, Trockene, sondern auch den Bereich der weichen Faktoren: lebenslustig, weltoffen.“6
Doch die Fußball-WM allein hätte es nicht vermocht, die „Bilder in den Köpfen“7 zu wandeln. Vielfältige Faktoren mussten dazu zusammenwirken, etwa auf politischer Seite Angela Merkels außenpolitische Präsenz als Bundeskanzlerin. Auf wirtschaftlicher Ebene gehört die Produktpalette Made in Germany dazu, die immer stärker auch kreative Dienstleistungen einschließt, auf wissenschaftlicher Ebene die Nobelpreise für Gerhard Ertl und Peter Grünberg und auf kultureller Ebene etwa die Nachfrage nach deutschen Künstlern der Leipziger Schule, Film4 Vgl.: TNS Emnid (Hg.): Image von Deutschland 2006. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in den Ländern Brasilien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Niederlande, Polen, Russland, Südafrika und USA, Bielefeld 2007; TNS Emnid (Hg.): Image von Deutschland – Fußballweltmeisterschaft 2006 – Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in den Ländern Brasilien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Niederlande, Polen, Russland, Südafrika und USA, Bielefeld 2004; TNS Emnid (Hg.): Image von Deutschland. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in den Ländern Frankreich, Großbritannien, Polen, Schweden, Spanien und USA, Bielefeld 2003. 5 GMI (Hg.): Special Report: Denmark’s International Image. The Anholt Nation Brands Index, Seattle 1/2006; GMI (Hg.): Main Results from the Anholt Nation Brand Index, 2006 Quarter 1 in 35 countries, Seattle, 1/2006.; GMI (Hg.): Special Report: Europe’s International Image. The Anholt Nation Brands Index, Seattle 2/2006; GMI (Hg.): Anholt Nation Brands Index, 2006 Quarter 3, Results for Deutsche Zentrale für Tourismus, Seattle 2006; GMI (Hg.): Special Report: Israel’s International Image, The Anholt Nation Brands Index, Seattle, 3/2006; GMI (Hg.): The NBI Annual Report: How has our world view changed since 2005?, The Anholt Nation Brands Index, Seattle, 4/2006; GMI (Hg.) Special Report Q1 2007, The Anholt Nation Brands Index, Seattle, 1/2007. 6 Interview der Autorin mit Michael Reiffenstuel, ehem. Leiter Referat Deutschlandbild, Auswärtiges Amt, Berlin 28.7.08, unveröffentlicht. 7 Walther Lippmann: Public Opinion, New York 19323, 79-81.
1.1 Einleitung
19
Oscars für Das Leben der Anderen und verschiedene deutsche Produzenten, Fatih Akins Jury-Vorsitz bei den Filmfestspielen in Cannes oder auch der Erfolg von Lena Meyer-Landruth beim Eurovision Song Contest 2010 und der Teeniegruppe Tokio-Hotel, der unter anderem dazu führte, dass in Frankreich und Italien plötzlich deutlich mehr Schüler Deutsch lernen wollen.8 Fraglich ist, inwieweit diese positive Tendenz auch in Zukunft beibehalten werden kann und ob sie tatsächlich zu einer nachhaltigen Änderung des Deutschlandbildes in der Welt führt. Das Bild eines Landes ist heute ständig neuen Einflüssen und Gewichtungen ausgesetzt. Deutschlands Versuche, das eigene Bild in der Welt zu formen und zu verbessern, sind kein Einzelfall. Getreu Paul Watzlawicks Aussage „man kann nicht nicht kommunizieren“9, wollen immer mehr Staaten das eigene Image durch Außenkommunikation kontrollieren. Sie wollen ihr Fremdbild nicht dem Zufall überlassen und entwickeln Kommunikationsstrategien, durch die relevante Teilöffentlichkeiten in ausgewählten Zielländern gezielt angesprochen werden sollen, um eine Perzeptionsänderung zum Positiven hervorzurufen. Dies geschieht bei weitem nicht mehr nur auf dem seit langem bekannten Weg der klassischen Werbung. Es wird – und das ist neu – nach ganzheitlichen Strategien gesucht. Auf möglichst vielen Kommunikationskanälen sollen sie eine einheitliche Botschaft darüber vermitteln, wie der spezifische Ort wirklich ist oder doch zumindest gesehen werden möchte. Im Rahmen der Professionalisierung staatlicher Kommunikation im Ausland haben sich zwei wissenschaftliche Herangehensweisen herausgebildet: Public Diplomacy und Nation Branding. Sie basieren auf der Annahme, dass ein positives Image notwendig sei, um die Potentiale des staatlichen Einflusses in den internationalen Beziehungen voll zu entfalten, und dass die Ansprache der Öffentlichkeit über die verschiedenen Kanäle der dialogischen und medialen Kommunikation der beste Weg sei, dies zu tun. Diese Herangehensweisen zeigen in Intention und Prozesslogik eine große Nähe zu den Erkenntnissen der Public Relations-Forschung. Im Rahmen der Arbeit wird deshalb dargelegt, dass die aktuelle staatliche Außenkommunikation als Ausprägung der PR und Form politischer Kommunikation zu verstehen ist. Sowohl die Erkenntnisse des Nation Branding als auch der Public Diplomacy sind dabei notwendige Elemente für die Außenkommunikation im Sinne einer ganzheitlichen und strategisch angelegten Kommunikation. Um diese Verortung herauszuarbeiten und zu beweisen, wird in dieser Arbeit erstmals der Leitbegriff der Strategischen Außenkommunikation 8 Nicholas Brautlecht: Der Tokio-Hotel-Effekt, in: Spiegel-Online vom 19.3.2008, www.spiegel.de/ schulspiegel/ausland/0,1518,542212,00.html, Download: 15.5.2008. 9 Vgl.: Paul Watzlawick / Janet H. Beavin / Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation - Formen, Störungen, Paradoxien, Bern 1969.
20
1 Einführung in das Thema
von Staaten eingeführt. Er bietet die Möglichkeit, Nation Branding und Public Diplomacy in ihren Unterschiedlichkeiten und Gemeinsamkeiten als Phänomene zu untersuchen und in einen größeren kommunikationswissenschaftlichen Kontext einzuordnen. Dabei konzentriert sich diese Arbeit zur Entwicklung des Begriffs auf die Herausarbeitung der inhaltlichen, prozessualen und funktionalen Überschneidungen zwischen Nation Branding und Public Diplomacy. Diese Herangehensweise ermöglicht eine Kategorisierung, Einordnung und analytische Interpretation (anstatt der bisher in der Forschung vorherrschenden deskriptiven Ansätze) von Nation Branding und Public Diplomacy, ohne hierarchisierend zu wirken. Es wird dargelegt, dass zur nachhaltigen Analyse der Strategischen Außenkommunikation auf Forschungsergebnisse aus PR-Forschung und den Kommunikationswissenschaften zurückgegriffen werden muss und diese mit den Forschungsergebnissen aus Nation Branding und Public Diplomacy verwoben werden müssen. 1.1.1 Ziele Die Relevanz der Arbeit für die Kommunikationswissenschaft liegt in der Analyse staatlicher Außenkommunikation als Form der Mediatisierung von Außenpolitik. Die vorliegende Arbeit reiht sich damit ein in eine Reihe von Publikationen zur „Darstellung von Aspekten des Handelns von Staaten im internationalen System unter Gesichtspunkten der politischen Kommunikation.“10 Ziel ist es, die bisherigen Forschungsergebnisse zur Außenkommunikation von Staaten aufeinander zu beziehen, um auf diese Weise ein umfassendes Verständnis für diese Kommunikationsform zu etablieren. Es soll eine theoretische Konzeptionierung und interdisziplinäre Kontextualisierung vorgenommen werden, um in der aktuellen Debatte über Inhalte und Begrifflichkeiten in diesem neuen Forschungsfeld einen Beitrag zur Strukturbildung zu leisten. Darüber hinaus will die Arbeit konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis geben. Das wird durch die Herausarbeitung von Erfolgskriterien Strategischer Außenkommunikation erreicht. 1.1.2 Fragestellung und Hypothesen Verschiedene Leitfragen kategorisieren die einzelnen hier zu untersuchenden Aspekte. Um eine Abdeckung aller Bereiche und Ziele Strategischer Außenkommunikation zu gewährleisten, sind sie nach ihren Funktionen in Mikro-, 10 Benno Signitzer: Staaten im internationalen System, in: Otfried Jarren / Ulrich Sarcinelli / Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen 1998, S. 496.
1.1 Einleitung
21
Meso- und Makroebene aufgeteilt.11 Die Ebenen sind folgendermaßen definiert: Die Mikroebene beschreibt auf Akteursebene Inszenierungszwänge und Formen der Selbstinszenierung sowie auf Staatsebene das außenpolitische System des jeweiligen Staates. Auf der Mesoebene sind strukturelle Anpassungen von Organisationen abgebildet, hier werden auch Instrumentalisierungsformen zwischen Teilsystemen erklärt. Auf der Ebene der Nationen bedeutet dies die Sicht auf verschiedene Staatssysteme und ihre Interaktion untereinander. Die Makroebene schließlich bezieht sich auf die Steuerung der Gesellschaft durch neue Formen von Realitätskonstruktion sowie auf die Interaktion im Weltsystem der internationalen Beziehungen. Die Leitfragen lauten: 1. Mikroebene: Kann Strategische Außenkommunikation als Teilbereich der PR eingeordnet werden und wenn ja, welche Konsequenzen hat das? Was macht Außenkommunikation zur strategischen Kommunikation? Welche Anforderungskriterien für effektive Außenkommunikation hat die Forschung benannt? Wie wird das betreffende Land in der Strategischen Außenkommunikation dargestellt? 2. Mesoebene: Wie wird die kritische Masse an Rezipienten durch Strategische Außenkommunikation erreicht und für die eigenen Zwecke mobilisiert? Kann Strategische Außenkommunikation als Form der Mediatiserung von Außenpolitik definiert werden? Zu welchem Zweck und mit welchen Konsequenzen wird diese betrieben? 3. Makroebene: Wo liegt das machtpolitische Interesse von Staaten, die Strategische Außenkommunikation betreiben? Welche Relevanz hat das Nationenbild in der Außenpolitik und welche Konsequenzen entstehen daraus für die Machtverteilung in der internationalen Staatengemeinschaft? Welche Konsequenzen hat die Machtstellung von Kommunikation für unsere Wirklichkeitswahrnehmung? An welche Grenzen stößt diese Kommunikationsform? Anhand dieser Leitfragen lassen sich normative Hypothesen über eine idealtypische Strategische Außenkommunikation ableiten. Sie bilden das Fundament dieser Arbeit.
11
Die hier vorgenommene Unterteilung geht auf den Ansatz von Ronneberger / Rühl zurück. Vgl.: Franz Ronneberger / Manfred Rühl: Theorie der Public Relations. Ein Entwurf, Opladen 1992, S. 249-251; Manfred Rühl: Public Relations. Innenansichten einer emergierenden Kommunikationswissenschaft, in: Horst Avenarius / Wolfgang Armbrecht (Hg.): Ist Public Relations eine Wissenschaft?, Opladen 1992, S. 99; Franz Ronneberger: Legitimation durch Information, Düsseldorf / Wien 1977.
22
1 Einführung in das Thema
Hypothesen auf der Mikroebene Zwei Hypothesen lassen sich auf der Mikroebene aufstellen: Strategische Außenkommunikation kann als ein Teilbereich der Public Relations angesehen werden. Sie agiert als Verbindung zwischen Organisationen, nämlich dem betreibenden Staat und den Teilöffentlichkeiten, also den Zielgruppen in spezifischen Zielländern. Sie stellt als solche die Leitlinien der Organisation heraus und schafft eine klare Positionierung durch strategisch orientierte und integrierte Kommunikation. Letztere etabliert eine neue Steuerungsebene der Gesamtkommunikation, die die strategische Ausrichtung sichert. Auf einem identitätsgeleiteten Kommunikationsansatz aufbauend, werden dazu Elemente der klassischen Öffentlichkeitsarbeit, wie Medienarbeit und Informationsverbreitung, mit solchen des Marketing und der klassischen Werbung verbunden. Die Entsprechung dieser Annäherung der beiden Bereiche findet sich in der inhaltlichen Überlappung von Nation Branding und Public Diplomacy. Strategische Außenkommunikation stellt damit eine ganzheitliche und integrierte Kommunikation zur kongruenten Selbstdarstellung mit wenigen Botschaften dar. Die Initiative zum Einsatz von Maßnahmen Strategischer Außenkommunikation liegt bei der Regierung, ebenso wie die Strategieentwicklung. Eine Einbindung nicht-staatlicher Akteure ist erwünscht. Strategische Außenkommunikation gilt als strategische Managementfunktion.12 Als solche ist sie proaktiv, folgt Strategiephasen, ist nachhaltig orientiert und koordiniert die Kommunikation verschiedener Akteursebenen. Strategische Außenkommunikation will relevante Teilöffentlichkeiten von den eigenen Anschauungen zu überzeugen, weshalb sie persuasiv definiert ist. Objekt der Kommunikation ist nicht der Ort, bzw. das Land selbst, sondern sein Imagekonzept. Denn durch die Kommunikation sollen Vorstellungsbilder geformt werden, die das Imagekonzept spiegeln und durch die ständige Wiederholung langfristig ausgerichteter Maßnahmen zu neuen Bildern in unseren Köpfen werden. Die Strategische Außenkommunikation agiert also als Schnittstelle zwischen Image und Identität und schafft damit eigene, für die Rezipienten möglichst glaubwürdige Wirklichkeiten. Hypothesen auf der Mesoebene Auf der Mesoebene hat Strategische Außenkommunikation zunächst die Funktion, internationale Wertegemeinschaften zu etablieren, außerdem fungiert sie als 12
PR kann organisationstheoretisch als strategische Managementfunktion definiert werden, wobei Management sich dabei bezieht auf die Planung und Kontrolle eines Ablaufs, das Setzen von Zielen und das systematische Ableiten von Abläufen zur Zielerreichung. Der PR wird damit eine wichtigere Rolle zuerkannt, sie ist nicht nur Beiwerk, sondern in das strategische Management und Entscheidungsprozesse einzubinden. Außerdem hat sie sich selbst auch strategisch zu organisieren. Vgl. u.a.: Nanette Aimée Besson: Strategische PR-Evaluation, Wiesbaden 20083, S. 36-39.
1.1 Einleitung
23
Möglichkeit der Reduktion von Komplexität für die Rezipienten. Schließlich finden auch hier Mediatisierungsthesen der politischen Kommunikation ihre Übertragung und Anwendung auf den außenpolitischen Bereich. Grundlage der Wertegemeinschaften oder Imagined Communities, wie sie in der Nationalismusforschung genannt werden,13 ist die Vorstellung, dass Identitäten nicht gegeben sind, sondern ständig neu entstehen: Sie sind soziale Konstrukte, sowohl nach innen, also innerhalb des eigenen Staates, als auch nach außen, wie es bei der Strategischen Außenkommunikation der Fall ist. Imagined Communities bilden als Funktion der Strategischen Außenkommunikation neue Orientierungsstrukturen und schaffen meinungsbildende Frames14, die die Interessen des agierenden Staates bedienen, mit dem Ziel der Legitimierung politischen und wirtschaftlichen Selbstverständnisses und der Stabilisierung von Machtverhältnissen. Eine der Funktionen von Strategischer Außenkommunikation auf Rezipientenseite ist ihr Beitrag zur Reduktion von Komplexität, die wiederum zu einer Senkung der Informationskosten führt. Gelingt es, durch die Strategische Außenkommunikation Vertrauen unter den Rezipienten aufzubauen, so wird der hier kommunizierte Realitätsausschnitt als wahr angsehen und akzeptiert. Strategische Außenkommunikation kann als Ausprägung der Mediatisierung von Außenpolitik angesehen werden. Selbstmediatisierung ist somit eine zentrale Strategie des außenpolitischen Handelns geworden. Hypothesen auf der Makroebene Auf der Makroebene fungiert Strategische Außenkommunikation als Möglichkeit der Wirklichkeitskonstruktion und ebenso als machtpolitische Aktivität im Sinne der Soft Power. Strategische Außenkommunikation ist ebenso wie PR insgesamt als ein Prozess intentionaler und strategischer Konstruktion wünschenswerter
13 Vgl.: Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Frankfurt / Main / New York 19962. 14 Hier sollen Entmans Untersuchungen zum Framing-Konzept herangezogen werden, die verschiedene Varianten der politischen Beeinflussung von Medien und Öffentlichkeit aufzeigen. Außenpolitische Ereignisse stellen demnach zunächst lediglich „Rohmaterial“ dar, die durch die Medienberichterstattung in vorhandene Interpretationsschemata, nämlich Frames, eingebettet werden. Beim Framing geht es also um „selecting and highlighting some facets of events or issues, and making connections among them so as to promote a particular interpretation, evaluation, and/or solution.“ Es ist der Versuch, politische Ereignisse, Personen oder Vorhaben an gesellschaftlich anerkannte Interpretationsrahmen anzubinden und dadurch die Deutungshoheit über diese Themen zu erhalten. Sowohl die Medien als auch die politischen Akteure können in Framingprozesse eingreifen und tun dies auch, denn derjenige, der seine Deutung durch Framing an die Öffentlichkeit weitergeben kann, hat das größte Aktivierungs- und Mobilisierungspotential bei der Bevölkerung. Vgl.: Robert Entmann: Framing News, Public Opinion, and U.S. Foreign Policy, Chicago 2004, S. 5.
24
1 Einführung in das Thema
Wirklichkeiten15 durch Erzeugung von Images anzusehen. Sie kommuniziert in der Meta-Wirklichkeit der Medien, ohne dass es für die Rezipienten eine Möglichkeit gäbe, die hier dargestellten Informationen durch Primärerfahrung zu verifizieren. Damit trägt die Strategische Außenkommunikation zur Schaffung einer Medienwirklichkeit bei. Sie stellt eine Professionalisierung der Kommunikation eines Landes für eine Außenpolitik dar, die angewiesen ist auf die Kreation von Images. Sie bewegt sich damit auf einer eigenen Realitätsebene, die für Außenstehende kaum nachzuvollziehen ist und selbst für außenpolitische Akteure hauptsächlich medienvermittelt bleibt. Ziele des Einsatzes Strategischer Außenkommunikation im Sinne des Soft Power-Konzepts von Joseph Nye sind die Beibehaltung der Meinungshoheit über außenpolitische Themen sowie die Ausweitung des staatlichen Machtspielraums in den internationalen Beziehungen durch Attraktivitätssteigerung. Auf der Makroebene ist die Strategische Außenkommunikation also ein Instrument zur Erlangung bzw. Ausdehnung von Soft Power. 1.1.3 Methodik Den Kern dieser Arbeit bildet die Herausarbeitung von Erfolgskriterien der Strategischen Außenkommunikation anhand einer Literatur- und Quellenstudie. Dieser liegen sowohl eine Auswertung der theoretischen Herangehensweisen an das Themenfeld zugrunde, als auch eine Darstellung der Außenkommunikation in Deutschland und Großbritannien. So soll die These der großen inhaltlichen und funktionalen Schnittmengen von Public Diplomacy und Nation Branding belegt werden. Die hier erarbeiteten Erfolgskriterien werden an den Ergebnissen der Kommunikationswissenschaft gemessen. Durch die Etablierung der Erfolgskriterien wird damit die inhaltliche Komponente der Strategischen Außenkommunikation gesetzt. Gleichzeitig dient ihre Bestimmung der Beweisführung, dass in der Literatur von Nation Branding und Public Diplomacy vorrangig auf den Mikround Mesoebenen argumentiert wird. Dies stützt wiederum die These, dass die Entwicklung des Leitbegriffs der Strategischen Außenkommunikation nötig ist, um der Forschung neue Perspektiven zu ermöglichen. Mit Rückgriff auf die im Theorieteil der Arbeit etablierten Thesen aus der Stereotypenforschung, der PRForschung und der Mediatisierung werden neue Kontextualisierungen vorgenommen. Sie ermöglichen eine umfangreiche theoretische Absicherung des Themenfelds der Strategischen Außenkommunikation nicht nur auf den Mikro-, 15
Vgl.: Klaus Merten / Joachim Westerbarkey: Public Opinion und Public Relations, in: Klaus Merten / Siegfried J. Schmidt / Siegfried Weischenberg (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien, Opladen 1994, S. 188-211.
1.1 Einleitung
25
Mesoebenen, sondern auch auf der Makroebene. Unter anderem werden hierzu das Prozessmodell und das Funktionsmodell Strategischer Außenkommunikation erarbeitet. Die Relevanz der Strategischen Außenkommunikation und ihr Mehrwert gegenüber den bestehenden Begrifflichkeiten sollen so bewiesen werden. In der Literatur- und Quellenstudie werden Publikationen der Fachliteratur ausgewertet, die entweder im Titel oder im Text explizit auf Public Diplomacy oder Nation Branding eingehen und im Rahmen der aktuellen Forschung zu diesen Themenfeldern erstellt wurden. Sie decken den Zeitraum von 1990 bis 2009 ab und bilden damit die Genese dieser beiden Forschungsgebiete vom Anfang bis heute ab. Ferner enthalten diese Publikationen, soweit möglich, allgemeingültige Aussagen zu den Themenbereichen, sind also nicht ausschließlich auf das Nation Branding oder die Public Diplomacy eines spezifischen Landes bezogen, können jedoch innerhalb der enthaltenen Fallbeispiele ihre Thesen auf ein Land fokussieren. Insgesamt wurden 356 Texte für die Literaturstudie ausgewertet, davon entfallen 201 auf den Forschungsbereich der Public Diplomacy und 155 auf Nation Branding. Die Texte wurden einer diagnostischen Analyse unterzogen, unter Einbeziehung der Explikation und der Strukturierung,16 um sie im Hinblick auf ihre Hypothesen zu überprüfen. Ebenso wurden diverse Textquellen herangezogen, die einen Einblick in die Praxisvorstellungen zu Nation Branding und Public Diplomacy geben und damit die in der Wissenschaft hergeleiteten Thesen empirisch unterfüttern sollen. Da eine Hinzuziehung aller Texte aus der Praxis in die Studie ein schlicht nicht zu bewältigendes Volumen darstellen würde, wurden hier nur Quellen aus Deutschland und Großbritannien ausgewählt. Die Untersuchung der Außenkommunikation dieser beiden Staaten erstreckt sich auf die dort angewendeten Strategien und deren Ausgestaltung. Konkrete Instrumente und Maßnahmen werden nur tangiert, da ihre Analyse nicht Teil der hier vorgenommenen Fragestellung ist. Die Wahl fiel auf Deutschland und Großbritannien, weil sie sich ähneln im Hinblick auf ihr politisches Umfeld, auf ihre Größe, ihren weltpolitischen Einfluss und nicht zuletzt auf ihre Maßnahmen zur Imageverbesserung. Ebenso haben beide in den letzten Jahren Benchmarks für die Außenkommunikation 16 Diagnostische Analysen erklären Texte anhand der Aussagekraft für den Empfänger sowie der Einstellungen und Standortgebundenheiten des Verfassers. Sie stellen die überwiegende Mehrheit der Zielsetzungen sozialwissenschaftlicher Inhaltsanalysen. Nach Mayring lassen sich außerdem drei Varianten qualitativer Inhaltsanalyse unterscheiden, nämlich Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung. Unter Explikation wird dabei verstanden, dass „problematische Textstellen... unter Rückgriff auf zusätzliches Material einer genaueren Bedeutungsanalyse unterzogen werden... die zum Verständnis des zu explizierenden Textteils verhelfen [soll]“. Die Strukturierung dagegen meint, dass „Strukturmerkmale eines Textes unter Verwendung eines Kategoriensystems“ herausgefiltert werden. Vgl.: Andreas Diekmann: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, Reinbek b. Hamburg 2007, S. 582-583; 608-609.
26
1 Einführung in das Thema
gesetzt, wenn auch mit unterschiedlichen Strategien. Die Bestrebungen beider Länder zur Imagekontrolle und –verbesserung sind insofern zu vergleichen, als beide in jüngster Zeit einen deutlich mediatisierten Politikstil eingeführt haben, der sich auch auf die Außenkommunikation erstreckt. In Deutschland beginnt dies mit der Wiedervereinigung im Jahr 1990. Sie machte die Formung eines neuen Selbstverständnisses nötig, einen Nation Building-Prozess. Einen Schub erfuhr der Mediatisierungsprozess mit der Wahl Gerhard Schröders zum Bundeskanzler im Jahr 1998 auf. In Großbritannien war es der von 1997 bis 2007 regierende Premierminister Tony Blair, der die Kommunikation als genuinen Teil der Politikstrategie begriff und damit eine neue Dimension in die Selbstmediatisierung der Politik des Inselstaates brachte.17 Insofern geben die hier untersuchten Dokumente aus beiden Ländern einen Einblick in die Denk- und Handlungsweise von Akteuren mediatisierter Innen- wie Außenpolitik. Die beiden Staaten wurden also nach dem Prinzip der Konkordanz als „most similar cases“18 ausgesucht, um auf relativ konstante Rahmenbedingungen zurückgreifen zu können.19 Der Untersuchungszeitraum liegt zwischen 1998 und 2008 für Deutschland, betrifft also die Zeit der Regierungsübernahme von Rot-Grün und der Legislaturperiode der Großen Koalition unter Angela Merkel. Für Großbritannien liegt der Untersuchungszeitraum zwischen 1997 und 2007, was der Regierungszeit Tony Blairs entspricht. 17 Vgl. u.a.: Raymond Kuhn: Media Management, in: Anthony Seldon (Hg.): Blair’s Britain 19972007, Cambridge u.a. 2007, S. 123-142; Winand Gellner: Medien im Wandel, in: Hans Kastendiek / Karl Rohe / Angelika Volle (Hg.): Länderbericht Großbritannien, Bonn 1998, S. 543-561. 18 Vgl. u.a.: Hans J. Kleinsteuber: Medien und Kommunikation im internationalen Vergleich: Konzepte, Methoden und Befunde, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich. Grundlagen, Anwendungen, Perspektiven, Wiesbaden 2007, S. 85; Hartmut Kaelble: Der historische Vergleich. Eine Einführung zum 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt / Main 1999. 19 Interessant wäre es beispielsweise gewesen, zusätzlich die Außenkommunikation Australiens in den Vergleich hineinzubringen, das durch die olympischen Spiele 2000 einen deutlichen Imagegewinn erhalten hat. Jedoch ist hier die Vergleichbarkeit mit den anderen beiden Cases nicht gegeben, da Australien als Staat „down under“ einen deutlich geringeren weltpolitischen Einfluss ausübt. Auch die Institutionen sind hier anders verteilt, beispielsweise gibt es kein mit dem Goethe-Institut oder dem British Council vergleichbares Kulturinstitut. Ebenso wäre es interessant gewesen, die Außenkommunikation der USA genauer unter die Lupe zu nehmen. Auch hier hätte es jedoch Probleme in der Vergleichbarkeit gegeben, da die USA in der Hard Power wie in der Soft Power eine Weltmacht darstellen, ihr Einfluss also deutlich größer ist, als der Deutschlands und Großbritanniens. Außerdem bedarf die Imageverschiebung der letzten Jahre einer genaueren Betrachtung, so dass sich die USA eher als Einzelstudie eignen würden. Ähnliches gilt für China, Indien und Russland als neue aufstrebende Weltmächte. Ihre außenkommunikativen Strategien zu untersuchen wäre sehr gewinnbringend. Allerdings scheint hier die Quellenlage deutlich schwieriger zu sein, als bei den vorliegenden Fallstudien. Insgesamt lässt sich also sagen, dass das Forschungsfeld noch großen Raum für Untersuchungen, ob vergleichender Art oder in Form von Einzelstudien, lässt, da es bisher kaum fundierte Arbeiten auf diesem Gebiet gibt.
1.1 Einleitung
27
Ein weiterer Grund für die Auswahl von Texten aus Deutschland und Großbritannien liegt in der guten Zugänglichkeit der Quellen: Auf Grund der Publikationspflicht öffentlicher Einrichtungen im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes, bestand keine Schwierigkeit, an umfangreiches Material zu kommen. Zu den herangezogenen Quellen gehören: Jahresberichte und Strategiepapiere der leitenden Akteure der Außenkommunikation, vor allem des Auswärtigen Amts und des Foreign and Commonwealth Office sowie der kulturellen Mittlerorganisationen Goethe-Institut, Institut für Auslandsbeziehungen, British Council und Counterpoint. Sie geben nicht nur Aufschluss über die Außenkommunikationsstrategien, sondern auch über Kooperationen, Synergien und Führungsrollen. Außerdem wurden Anhörungen des Deutschen Bundestags und des House of Parliament zum Bereich der Außenkommunikation sowie der auswärtigen Kulturpolitik hinzugezogen, um den politischen Rahmen und die politischen Zielvorgaben und deren Ausgestaltung bewerten zu können. Die Auswertung der Quellen erfolgt anhand der gleichen Kriterien, wie diejenige der Fachliteratur: Sie ist diagnostisch orientiert und explikativ angelegt. Flankierend zu den Quellen werden leitfadengestützte systematisierende Experteninterviews20 für die Fallbeispiele hinzugezogen. Dazu wurden insgesamt zwölf Interviews mit Verantwortlichen für die Außenkommunikation in Deutschland und Großbritannien aus Ministerien und Mittlerorganisationen durchgeführt, außerdem mit externen Beratern auf diesem Gebiet. Die Stichprobenauswahl wurde nach Expertenwissen sowie nach Vergleichbarkeit vorgenommen. Die Interviews hatten eine Länge von etwa einer Stunde und lieferten einen fundierten Einblick in den täglichen Arbeitsprozess der Außenkommunikation. Ziel war es, Insiderwissen abzufragen, das zusätzliche Informationen zu den Quellen liefern sollte, ebenso wie Kritikpunkte an der eigenen Herangehensweise an Außenkommunikation (diese kommen in den Quellen, wenn überhaupt, eher implizit zum Ausdruck). Mögliche Verzerrungseffekte dieser Interviewform können zwar auch für die hier vorgenommene Befragung nicht ausgeschlossen werden, allerdings sind sie für die Auswertung insgesamt weniger relevant, da die Interviews nur eine additive Funktion haben, manipulative Äußerungen also durch die Fachliteratur wie die Quellen objektiviert werden können. Die Analyse der Literatur und der verschiedenen Quellenformen erlaubt eine objektive und systematische Untersuchung des Themenfelds, indem sie so20 Das systematisierende Experteninterview ist an aus der Praxis gewonnenem Handlungs- und Erfahrungswissen interessiert. Der Experte wird hier als „Ratgeber“ gesehen, „als jemand, der über ein bestimmtes, dem Forscher nicht zugängliches Fachwissen verfügt. Diese wird unter Zuhilfenahme eines relativ ausdifferenzierten Leitfadens erhoben.“ In der Auswertung steht hier die thematische Vergleichbarkeit im Vordergrund. Vgl.: Alexander Bogner / Wolfgang Menz: Das theoriegenerierte Experteninterview. Erkenntnisinteresse, Wissensformen, Interaktion, in: Alexander Bogner / Beate Littig / Wolfgang Menz (Hg.): Das Experteninterview, Wiesbaden 20052, S. 37-38.
28
1 Einführung in das Thema
wohl die theoretische Ebene und das Spektrum der Strategieplanung abdeckt, als auch die Sichtweise der Praxis, nämlich der Politik und ihrer Akteure, bedient. Die Kombination der verschiedenen Methoden erlaubt es, Objektivität und Wahrheitsgehalt der Quellen vielfach zu hinterfragen und „sodann Klassifikationen [zu erstellen]... die eine Bewertung des Untersuchungsgegenstands erlauben“21. Eben dies soll hier vorgenommen werden, um Antworten auf die Leitfragen dieser Arbeit zu finden und die Hypothesen zu untermauern. 1.1.4 Forschungsstand Während die politische Kommunikation im Inland von der Kommunikationswissenschaft bereits seit Jahren untersucht wird, ist die Außenkommunikation von Staaten ein recht junges Forschungsgebiet. Die deutsche Kommunikationswissenschaft hat hier noch deutliches Entwicklungspotential und auch international betrachtet ist der Forschungsstand bislang eher gering. Es sind vorrangig zwei wissenschaftliche Schulen, die dieses Themenfeld untersuchen: die der Public Diplomacy, hervorgegangen aus der Politikwissenschaft bzw. den Internationalen Beziehungen sowie die des Nation Branding, die aus der Markenforschung kommt. Wirkliches Interesse an Nation Branding und Public Diplomacy erwuchs erst in den letzten zehn Jahren, davor fristete die Public Diplomacy ein wissenschaftliches Schattendasein, der Begriff des Nation Branding wurde überhaupt erst Ende der 1990er Jahre geprägt. Beide Ansätze beschäftigen sich aus ihren jeweiligen Blickwinkeln mit dem Phänomen, jedoch ohne interdisziplinär zu arbeiten. Da sich die Untersuchungen zur staatlichen Außenkommunikation aus der Praxis entwickelt haben, sind beide Gebiete zudem heute noch in einem frühen Stadium der wissenschaftlichen Etabliertheit. Viele der Experten in Nation Branding und Public Diplomacy sind Praktiker. Im Feld des Nation Branding haben vor allem Simon Anholt und Wally Olins, beide sind Eigentümer von Kommunikationsagenturen(!), das Thema aufbereitet und vorangebracht. Dabei hat Anholt sich unter anderem durch die Gründung der Zeitschrift Place Branding and Public Diplomacy hervorgetan, verlegt von Palgrave Macmillan, in der bis heute der Großteil an Fachartikeln zur Markenentwicklung und –führung von Orten erscheint. In der Public Diplomacy ist die Trennung von Wissenschaft und Praxis größer, jedoch haben auch hier viele der tragenden Experten wie Jan Melissen, Direktor des Netherlands Institute for International Relations Clingendael, oder Peter van Ham, ebenfalls bei Clingendael, Berateraufträge für Regierungen inne oder ste21
Hans J. Kleinsteuber: Medien und Kommunikation im internationalen Vergleich, a.a.O., S. 84.
1.1 Einleitung
29
hen regierungsnahen Think-Tanks vor. So etwa Mark Leonard, der jahrelang das Labour-nahe Institut Demos geleitet hat und unter anderem an der Genese von New Labour und Cool Britannia federführend beteiligt war.22 Die Folge dieser Praxisorientierung ist eine geringe Distanz der Literatur zur praktischen Umsetzung. Entsprechend konzentrieren sich die Arbeiten auf deskriptive Herangehensweisen und Thesenherleitungen. Die Forschung ist zudem normativ, da sie idealtypische Fälle staatlicher Außenkommunikation beschreibt und diese mit Best Cases unterfüttert, um die eigenen Thesen zu stärken.23 Diese Beobachtungen gelten auch für die ersten Standardwerke dieser Disziplinen, zu denen unter anderem von Seiten des Nation Branding Keith Dinnies Handbuch Place Branding. Concepts, Issues, Practice24 zählt sowie Simon Anholts Brand New Justice25 und Competitive Identity26, Wally Olins Trading Identities: Why Countries and Companies are Taking Each Others Roles27 – eines der ersten Bücher zum Themengebiet – oder Jaffe / Nebenzahls National Image and Competitive Advantage: The Theory and Practice of Place Branding28. Wichtige Erkenntnisse lieferten auch die Sonderausgabe des Journal of Brand Management im Jahr 2002 sowie Anholts erwähntes Fachmagazin Place Branding and Public Diplomacy. Die Public Diplomacy kann dagegen auf eine längere Forschungsgeschichte zurückblicken, wurde jedoch über Jahrzehnte hauptsächlich in den USA rezipiert.29 Erst seit Ende der 1990er Jahre ist auch in Europa das Interesse an dieser Disziplin gewachsen. Einen wichtigen Anteil daran hatte sicherlich Joseph Nye mit seinen Thesen zur Soft Power, die als theoretischer Überbau der Public Diplomacy-Forschung gelesen werden können.30 Das wichtigste Handbuch die-
22
Vgl.: Simon Anholt: Competitive Identity, The New Brand Management for Nations, Cities and Regions, London 2007; Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy. Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005; Peter van Ham: The Rise of the Brand State: The postmodern politics of image and reputation, in: Foreign Affairs, 5, 80/2001, S. 2-6; Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, London 2002. 23 Vgl. dazu auch: Kathy R. Fitzpatrick: Advancing the New Public Diplomacy: A Public Relations Perspective, in: The Hague Journal of Diplomacy, 2, 3/2007, S. 203. 24 Keith Dinnie: Nation Branding. Concepts, Issues, Practice, Oxford 2008. 25 Simon Anholt: Brand New Justice, Oxford 2003. 26 Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O. 27 Wally Olins: Trading Identities: Why Countries and Companies are Taking Each Others Roles, London 1999. 28 Eugene Jaffe / Israel Nebenzahl: National Image and Competitive Advantage: The Theory and Practice of Place Branding, Copenhagen 2006. 29 Vgl.: Gyorgy Szondi: Public Diplomacy and Nation Branding. Conceptual Simularities and Differences, Den Haag 2008, S. 32-33. 30 Joseph S. Nye: Soft Power, in: Foreign Policy, 80, Autumn/1990, S. 153-171; Ders.: The Changing Nature of World Power, in: Political Science Quarterly, 105, 2/1990, S. 177-192; Robert Keohane /
30
1 Einführung in das Thema
ser „neuen“ Public Diplomacy ist das von Jan Melissen herausgegebene The New Public Diplomacy31. Wichtige Meilensteine waren auch die Artikel Mark Leonards, insbesondere seine Praxis-Schrift Public Diplomacy32 für das britische Foreign Policy Center sowie die Forschungsarbeiten des Clingendael Institute33. Unter der Leitung Ali Fishers gab der britische Think-Tank Counterpoint eine Reihe von Arbeiten zu Public Diplomacy in Auftrag, unter anderem Options for Influence34. Der amerikanischen Public Diplomacy-Forschung ist das jüngste Standardwerk des Forschungsfelds zu verdanken: Nancy Snow und Philip Taylor, beide arbeiten seit Jahren zu Public Diplomacy, sind die Herausgeber des im Jahr 2008 erschienenen Handbook of Public Diplomacy35. In Deutschland befindet sich die Forschung zur Außenkommunikation im allgemeinen und zu Nation Branding und Public Diplomacy im besonderen noch in der Frühphase. Von Seiten der etablierten Forschung sind in den letzten Jahren erste Artikel und Sammelbände erschienen, die sich mit Public Diplomacy im Kontext der internationalen Kommunikation beschäftigen. Zu nennen sind hier vor allem die Arbeiten von Oliver Zöllner und Thomas Jäger.36 Der Großteil der Forschung zu diesen Themenbereichen konzentriert sich jedoch auf die Ebene von Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen. Hier lässt sich seit der Jahrtausendwende ein gestiegenes Interesse beobachten, sowohl beim politikwissenschaftlichen als auch betriebswirtschaftlichen Nachwuchs. Allerdings beschränkt sich der Großteil der Arbeiten auf Fallstudien zu Deutschlands Außen-
Joseph S. Nye: Power and Interdependence in the Information Age, in: Foreign Affairs, 77, 5/1998, S. 81-94. Joseph S. Nye: Soft Power: The Means to Success in World Politics, a.a.O. 31 Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, a.a.O. 32 Mark Leonard: Diplomacy by Other Means, in: Foreign Policy, 132/2002, S. 48-56; Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O. 33 Peter van Ham: The Rise of the Brand State, a.a.O., S. 2-6; Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, Den Haag 2005; Jan Melissen: Wielding Soft Power: The New Public Diplomacy, Den Haag 2005; Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, in: Foreign Policy in Focus, Policy Brief 10, 1/2005; Alan K. Henrikson: What Can Public Diplomacy Achieve?, Den Haag 2006; Brian Hocking: Rethinking the „New“ Public Diplomacy, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, a.a.O., S. 28-46. 34 Ali Fisher / Aurélie Bröckerhoff: Options for Influence, London 2008. 35 Nancy Snow / Philip M. Taylor (Hg.): The Handbook of Public Diplomacy, New York 2008. 36 Thomas Jäger / Henrike Viehrig (Hg.): Die amerikanische Regierung gegen die Weltöffentlichkeit? Theoretische und empirische Analysen der Public Diplomacy zum Irakkrieg, Wiesbaden 2008; Oliver Zöllner: A Quest for Dialogue in International Broadcasting: Germany's Public Diplomacy Targeting Arab Audiences, in: Global Media and Communication, 2/2, 2002, S. 160-182; Ders.: German Public Diplomacy: The Dialogue of Cultures, in: Nancy Snow / Philip M. Taylor (Hg): The Routledge Handbook of Public Diplomacy, a.a.O., S. 262-269; Jens Tenscher / Henrike Viehrig (Hg.): Politische Kommunikation in internationalen Beziehungen, Münster 2007.
1.1 Einleitung
31
kommunikation an sich bzw. zu spezifischen Ländern oder zu bestimmten Anlässen wie der Fußball-Weltmeisterschaft.37 Die PR-Forschung untersucht im Rahmen der Internationalen PR die Phänomene von Public Relations38 über Landesgrenzen hinweg.39 Verschiedene Analysen – genannt seien hier vor allem Manheim, Signitzer, Kunczik und Fitzpatrick40 – betrachteten speziell die internationale PR von Staaten, inklusive der Untersuchung des Staatenimages sowie der Strategien, Instrumente und Methoden, diese Images zu gestalten. Auch bieten die Thesen zum Framing und zur 37 Thomas Klöckner: Public Diplomacy – Auswärtige Informations- und Kulturpolitik der USA, Baden-Baden 1993; Holger Ohmstedt: Von der Propaganda zur Public Diplomacy. Die Selbstdarstellung der Vereinigten Staaten von Amerika im Ausland vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende des Kalten Krieges. Disserstation, LMU 1993; Antje Scholz: Verständigung als Ziel interkultureller Kommunikation. Eine kommunikationswissenschaftliche Analyse am Beispiel des Goethe-Instituts. Münster u.a. 2000; Susanne Löhr: Der Einfluss von Mega-Events auf das Image der austragenden Städte, Diplomarbeit, LMU, München 2006; Carsten Berndt: Die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“. Darstellung und Analyse einer Standort- und Imagekampagne für Deutschland vor dem Hintergrund der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Diplomarbeit, Deutsche Sporthochschule Köln, Köln 2006; Meike Eitel / Marie Spiekermann: Place Branding in der Praxis: Nation Branding – San Marino auf dem Weg zur Marke, Konzeption eines Identitätsmodells für Länder unter Ableitung eines Online-Briefings, Diplomarbeit, Berlin 2006; Alexander Hübecker: Die Public Diplomacy der deutschen Bundesregierung gegenüber den USA vor dem Golfkrieg 2003, Magisterarbeit, Universität Köln, Köln 2004; Britt Inga Karten: Wie bekommt ein Staat ein gutes Image? – Eine Analyse am Beispiel der Public Diplomacy des Auswärtigen Amtes, Magisterarbeit, Universität Köln, Köln 2006; Eva Sand: Das Image Deutschlands im Vereinigten Königreich vor, während und unmittelbar nach der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006TM, Diplomarbeit Fachhochschule Worms, Worms 2007; Ragna Sieckmann: Die deutsche Public Diplomacy zur Fußball-WM 2006. Hat ein Sommer das Deutschlandbild verändert?, Saarbrücken 2007. 38 Der Begriff der Public Relations wird im Folgenden deckungsgleich mit dem der Öffentlichkeitsarbeit benutzt, in Anlehnung an Kunczik. Vgl.: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 23-30. 39 Vgl. zusammenfassend: Susanne Andres / Günter Bentele: Internationale Public Relations, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 595. 40 Vgl.: Michael Kunczik: Public Relations für Staaten. Die Imagepflege von Nationen als Aspekt der internationalen Kommunikation: Zum Forschungsstand, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 30, 1989; Ders.: Images of Nations and International Public Relations, Mahwah/New Jersey 1997; Ders.: Mediatisierung der Außenpolitik: Public Relations für Staaten, in: Wilke, Jürgen (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 189-204; Jarol Manheim / Robert B. Albritton: Changing National Images: International Public Relations and Media Agenda Setting, in: American Political Science Review, 78, 1984, S. 641-657; Jarol Manheim: All the People, All the Time. Strategic Communication and American Politics, New York 1991; Jarol Manheim: Strategic Public Diplomacy and American Foreign Policy: The Evolution of Influence, New York 1994; Benno Signitzer: Conceptual Convergences between Public Relations and Public Diplomacy, in: Fischer, Heinz (Hg.): Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit: Geschichte, Grundlagen, Grenzziehungen, Frankfurt 1993; Benno Signitzer / Timothy Coombs: Public Relations and Public Diplomacy: Conceptual Divergences, in: Public Relations Review, 18/2, 1992, S. 137-147; Kathy R. Fitzpatrick: Advancing the New Public Diplomacy, a.a.O., S.187-211.
32
1 Einführung in das Thema
Symbolisierung von Politik Möglichkeiten der Einordnung.41 Meist nehmen diese Studien aber keinen Bezug auf die Erkenntnisse der Public Diplomacy oder des Nation Branding. Diese Forschungslücke führt zu zwei dysfunktionalen Resultaten: Erstens werden bestehende Erkenntnisse nicht für neue Analysen zu Rate gezogen, das Rad also immer wieder neu zu erfinden versucht; zweitens ist eine Fülle von Begriffen entstanden, um ähnliche Phänomene zu beschreiben, die auf Grund ihrer Unübersichtlichkeit intransparent ist. Die recht schwierige Literaturlage erklärt, warum eine alleinige Beschäftigung mit der Forschung zu Nation Branding und Public Diplomacy nicht als gewinnbringend angesehen wurde: Sie ist zu deskriptiv, zu selbstreferentiell und zu wenig wissenschaftlich fundiert. Nur durch eine Verankerung in der Kommunikationswissenschaft können die Ziele der Arbeit erreicht werden. Von besonderer Relevanz sind dabei die Exzellenztheorie von James Grunig42 sowie die Thesen zum Konstruktivismus in der PR (hauptsächlich Klaus Merten43), außerdem die Theorien zur politischen Kommunikation und Mediatisierung von Politik.44 Interessant sind ferner Entmans Framing-Theorie45 sowie aus der historischen Nationalismusforschung Andersons Konzept der Imagined Communities46 und Hobsbawms Konzept der Invention of Tradition.47
41 Vgl. u.a.: Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 189-204; Robert Entmann: Projections of Power, a.a.O.; Ulrich Sarcinelli: Symbolische Politik, Opladen 1987. 42 James E. Grunig / Todd Hunt: Managing Public Relations, New York 1984; James E. Grunig: Public Relations and International Affairs: Effects, Ethics and Responsibility, in: Journal of International Affairs, 47, 1/1993, S. 137-162; David M. Dozier / James E. Grunig / Larissa A. Grunig: Manager’s Guide to Excellence in Public Relations, Mahwah, N.J. 1995; Dies.: Das situative Modell exzellenter Public Relations. Schlussfolgerungen aus einer internationalen Studie, in: Günter Bentele / Horst Steinmann / Ansgar Zerfaß (Hg.): Dialogorientierte Unternehmenskommunikation. Grundlagen, Praxiserfahrungen, Perspektiven, Berlin 1996, S. 199-228; Dies.: Excellent Public Relations and Effective Organizations: a Study of Communication Management in Three Countries, London 2002. 43 Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, Münster 1999; Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082; Michael Kunczik: Public Relations, Konzepte und Theorien, a.a.O. 44 Vgl. u.a.: Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie, Wiesbaden 2002. Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004; Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Beiträge zur Kommunikationskultur, Bonn 1992; Otfried Jarren / Ulrich Sarcinelli / Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen 1998; Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, a.a.O.; Forum.Medien.Politik (Hg.): Trends der politischen Kommunikation, Beiträge aus Theorie und Praxis, Münster 2004. 45 Robert Entmann: Projections of Power, a.a.O. 46 Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation, a.a.O. 47 Eric Hobsbawm: Introduction: Inventing Traditions, in: Eric Hobsbawm / Terence Ranger: The Invention of Tradition, Cambridge 19955.
1.1 Einleitung
33
1.1.5 Begrenzungen des Themas Auch diese Arbeit muss sich inhaltlich beschränken. Sie verbleibt im theoretischen Rahmen und nimmt die empirische Überprüfung der aufgestellten Thesen im Rahmen der Literatur- und Quellenstudie vor. Ebenso argumentiert die Arbeit rein akteursbezogen, das heißt, die Aufnahme der Strategischen Außenkommunikation bei den Rezipienten bleibt unerforscht. Hier wird sich statt dessen darauf beschränkt, Rückschlüsse aus den Erkenntnissen der Kommunikationswissenschaft auf die Strategische Außenkommunikation vorzunehmen, da gesicherte empirische Daten zur Evaluation und zur Wirkungsforschung staatlicher Außenkommunikation bisher kaum vorliegen. Zum weiteren Beleg der hier aufgestellten Wirkungsthesen sind qualitative und quantitative Erhebungen auf wissenschaftlicher Basis unumgänglich. Es sei betont, dass die Effekte Strategischer Außenkommunikation begrenzt sind. Generell sollte Strategische Außenkommunikation als „Icing on the Cake“48 betrachtet werden, also als Teil einer übergeordneten, realitätsbasierten Außenpolitiks- und Selbstdarstellung: Sie kann keine neuen eigenständigen Images eines Staates bilden, sondern nur der Verstärkung positiver Eindrücke dienen. Und auch dabei ist sie abhängig von der Substanz guter Rahmendaten aus dem politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und infrastrukturellen Umfeld.49 Wie bereits der amerikanische Public Diplomacy-Spezialist im U.S. State Department, Hans Tuch, sagte: „[communication] cannot, of course make bad policy good. Nothing can.“50 1.1.6 Aufbau und Gliederung Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert: Nach der Einführung werden zunächst mit den theoretischen Überlegungen die Rahmenbedingungen analysiert, dann mit der Literaturstudie konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis gegeben. Zur Einführung in die Thematik gehört die Bestimmung der behandelten Begrifflichkeiten. Dazu werden zunächst Public Diplomacy, Nation Branding und Strategische Außenkommunikation als Ausprägungen staatlicher PR abgeleitet und diese Begriffe von Marketing, Werbung und von Sonderformen der staatlichen Außenkommunikation wie Standortmarketing und Tourismusmarketing abgegrenzt. 48 Ying Fan: Branding the Nation: What is Being Branded?, in Journal of Vacation Marketing, 12, 1/2006, S. 5. 49 Philip Kotler / David Gertner: Country as Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 89-92. 50 Hans Tuch:Communicating with the World.US Public Diplomacy Overseas,New York 1990, S. 39.
34
1 Einführung in das Thema
Im zweiten Kapitel werden die theoretischen Rahmenbedingungen analysiert: Es wird die Übertragbarkeit relevanter Forschungsergebnisse aus der PRForschung geprüft und der Rahmen der Mediatisierung von Politik, der politischen Kommunikation und der Mediatisierung von Außenpolitik nachgezeichnet, um das Umfeld zu erklären, in dem staatliche Außenkommunikation existiert. Ebenso wird der Einfluss von Images und Stereotypen auf Nationenbilder behandelt, unter besonderer Berücksichtigung der Theorie der Imagined Communities. Im dritten Kapitel geht es um die Geschichte staatlicher Außenkommunikation. Es wird dargelegt, dass es sich bei der Strategischen Außenkommunikation um ein neuartiges Phänomen handelt, das von den bisherigen Formen staatlicher Kommunikation abweicht. Anschließend werden die beiden Ansätze der Public Diplomacy und des Nation Branding strukturell hergeleitet und eingeordnet. Herzstück der Arbeit ist das vierte Kapitel, das gleichzeitig den praktischen Teil einleitet. Hier wird der Begriff der Strategischen Außenkommunikation etabliert und analysiert. Anhand der Literatur- und Quellenstudie werden die normativen Erfolgsfaktoren der Strategischen Außenkommunikation bestimmt und abgesichert. Da eine strategische Herangehensweise für Public Diplomacyund Nation Branding-Literatur als wichtiges Erfolgskriterium bestimmt wurde, orientiert sich die Studie im Aufbau an den in der PR- und Markenforschung üblichen Strategiephasen. Die Schlussbetrachtung fasst die Forschungsergebnisse zusammen, gibt einen Ausblick auf ihre gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen und führt Desiderata für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Themenfeld auf. 1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen Im Folgenden sollen zunächst aus den bestehenden Begriffsbestimmungen von Public Relations, Nation Branding und Public Diplomacy für diese Arbeit gültige Definitionen formuliert werden, um daraus die Begrifflichkeit der Strategischen Außenkommunikation abzuleiten. Dazu werden auch die Aspekte der strategischen Kommunikation und der Bedeutung von „außen“ näher erläutert. Dieses Kapitel beschränkt sich dabei auf die Definitionen der Bereiche. 1.2.1 Definitionen von Public Relations Grundsätzlich kann Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen jeglicher Art betrieben werden, seien dies Unternehmen, soziale oder kulturelle Einrichtungen,
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
35
Einzelpersonen oder auch Staaten. Die Ausprägungen von PR, nach innen wie nach außen, sind weitest zu beschreiben als „das bewusst geplante und dauerhafte Bemühen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen in der Öffentlichkeit aufzubauen und zu pflegen.“51 Kunczik hat als Verdichtung zahlreicher bestehender PR-Definitionen die folgende Begriffsbestimmung entwickelt, der auch diese Arbeit folgt, da sie umfassend auf Prozess und Ziel der PR eingeht und direkt auf die internationale Kommunikation von Staaten übertragbar ist. Im folgenden werden daher: „unter externer, also nach außen gerichteter PR die Bemühungen verstanden, die Öffentlichkeit, bzw. relevante Teilöffentlichkeiten durch die Selbstdarstellung… zu beeinflussen und damit auch Interessen durchsetzen zu wollen… Als Funktionen externer PR [werden] Bemühungen um Umweltkontrolle angesehen. Dazu gehören die Beeinflussung… von Teilöffentlichkeiten (Output-Funktion)52, ferner die Informationssammlung in der Umwelt (Input-Funktion) sowie die kontinuierliche Anpassung bzw. beabsichtigte Aufhebung von Differenzen zwischen in der Umwelt angestrebten Zielen… und tatsächlichen Verhältnissen in der Umwelt (Feedback-Funktion).“53
Die Funktionsfrage von PR ist in der Forschung durchaus umstritten. Für diese Arbeit wird jedoch die Annahme übernommen, dass Öffentlichkeitsarbeit, auch die von Staaten, persuasiv angelegt ist, also darauf ausgerichtet, die Öffentlichkeit, bzw. die relevanten Teilöffentlichkeiten von den eigenen Positionen und Werten zu überzeugen.54 Außerdem wird der These gefolgt, dass PR durch ziel51 Albert Oeckl: Handbuch der Public Relations, Hamburg 1964, zitiert in: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 26. Allerdings besteht in der Forschung zur Definition von PR keine Einheitlichkeit. 1971 wurden von Wilfried Scharf über 2.000 Begriffsbestimmungen gezählt. Seitdem gibt es in der Forschung zunehmende Bestrebungen der Definitionsreduktion und -komprimierung. Vgl.: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 24-25. 52 In der PR ist Öffentlichkeit immer gleichzusetzen mit Teilöffentlichkeit. Relevante Teilöffentlichkeiten zu bestimmen und mit ihnen in Interaktion zu treten ist wesentlich für ihre Umsetzung, dies betrifft sowohl die Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen als auch von Staaten. Der Begriff der Teilöffentlichkeit ist synonym mit dem der Zielgruppen, der, aus dem Marketing stammend, das gleiche Verfahren beschreibt. Beide Begrifflichkeiten werden in dieser Arbeit deshalb übereinstimmend definiert und alternierend verwendet. Vgl. Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 20, 244-246; Benno Signitzer: Aspekte neuerer Public Relations Theorie und wissenschaftliche PR-Beratung, in: prmagazin 20, 11/1989, S. 31-33. 53 Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 30. 54 Persuasion als eine der Zielfunktionen von PR insgesamt und von staatlicher Kommunikation im besonderen wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit eine wichtige Rolle spielen. Deshalb sei Persuasion hier folgendermaßen definiert: „Persuasion rekurriert auf die Wirkung von Kommunikation. Wenn es richtig ist, dass man nicht nicht kommunizieren kann,… dann kann Kommunikation auch nicht nicht wirken. Aber nur die Wirkungen von Kommunikation können als persuasiv gelten, die sich einer vorsätzlichen, gezielten Kommunikation seitens des Kommunikators verdanken. Diese
36
1 Einführung in das Thema
gruppengerechte Kommunikation gegenüber verschiedenen Bezugsgruppen Image-Kreation, Glaubwürdigkeitsgewinn und Vertrauensbildung anstrebt.55 Nach Faulstich „rekurriert Image auf Identiät als Wert“. In diesem Sinne ist Öffentlichkeitsarbeit „Imagegestaltung als Explikation und Vermittlung des jeweiligen System-‚Sinns‘ mit dem Ziel der Strukturhomologie“56. 1.2.2 Definitionen von Nation Branding und Public Diplomacy Weder für Nation Branding noch für Public Diplomacy gibt es einheitliche Definitionen. Vielmehr bestimmen die meisten Forscher die Themengebiete gemäß der Notwendigkeiten ihrer eigenen Forschungsinteressen, was zu fragmentierten Begrifflichkeiten führt, die jeweils nur einen Teil des Spektrums abdecken. Arbeiten zu diesen Themengebieten finden sich zudem hauptsächlich im angelsächsischen Raum, deutsche Übersetzungen der Begrifflichkeiten gibt es nicht. Das macht es nötig, für diese Arbeit aus der Vielfalt der angegebenen Definitionen einen gemeinsamen Nenner zu extrahieren, um auf dieser Basis eine eigene Definition abzuleiten. Public Diplomacy Der ehemalige Diplomat und Dekan der Fletcher School of Law and Diplomacy an der Tufts University, Edmund Gullion, definierte den Begriff der Public Diplomacy im Jahr 1965. Aus Anlass der Gründung des Edward Murrow Centers for Public Diplomacy sagte er: „Public Diplomacy deals with the influence of public attitudes on the formation and execution of foreign policies. It encompasses dimensions of international relations beyond traditional diplomacy; the cultivation by governments of public opinion in other countries; the interaction of private groups and interests in one country with those of another; the reporting of foreign affairs and its impact on policy; communication between those whose job is communication, as between diplomats and forWirkung soll hier als Einfluss (durch Kommunikation) bezeichnet werden. Sie lässt sich tentativ weiter differenzieren in drei ordinal zueinander geordnete Komplexe der Belehrung, der Überredung und der Überzeugung.“ Merten führt dann weiter aus, dass Überzeugung heute als Grundfunktion von PR angesehen wird, langfristig angelegt ist und auf das Bewusstsein gerichtet ist. Klaus Merten: Kommunikation und Persuasion, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 299-300. 55 Vgl.: Otfried Jarren / Ulrike Röttger: Public Relations aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht, a.a.O., S. 21. 56 Mit dem Begriff der Strukturhomologie beschreibt Faulstich die wechselseitige Entsprechung von Sinnzuweisungen. Werner Faulstich: Grundwissen Öffentlichkeitsarbeit, München 2000, S. 130; 235.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
37
eign correspondents; and the processes of inter-cultural communications. Central to public diplomacy is the transnational flow of information and ideas.“57
Das Zitat zeigt deutlich die Unterscheidung zur traditionellen Diplomatie. Während dort Entscheidungen bilateral auf diplomatischer Ebene getroffen wurden, ist es das Ziel der Public Diplomacy, die öffentliche Meinung in anderen Ländern zu beeinflussen. Aber sie richtet sich nicht nur an die allgemeine Öffentlichkeit, sondern auch an spezielle Interessengruppen und Nicht-Regierungsorganisationen. Bereits in dieser ersten Definition wird auf die Bedeutung der Zusammenarbeit mit externen Kommunikationsberatern sowie den Medien hingewiesen. Seit den 60er Jahren hat sich die Public Diplomacy weiterentwickelt, wichtige Teile der Definition gelten jedoch bis heute. Die Weiterentwicklung betrifft hauptsächlich die Ziele und Möglichkeiten der Umsetzung. Staaten weltweit nutzen heute Public Diplomacy, um auf die Veränderungen der Globalisierung zu reagieren und die Öffentlichkeit und Presse im Ausland auf neuen Wegen zu beeinflussen. Public Diplomacy kommuniziert die Werte des eigenen Landes. So sollen Image und Attraktivität des Staates verbessert werden, es wird dabei von einer Wandlungsfähigkeit von Nationenbildern ausgegangen: „Public Diplomacy is based on the premise that the image and reputation of a country are public goods which can create either an enabling or a disabling environment for individual transactions.“58
Diese Denkweise hat Marketing- und PR-Instrumenten den Weg in die politische Kommunikation geebnet. „Marketing-oriented thinking was anathema and even a vulgarization to traditional diplomacy, but is slowly but surely entering today’s diplomatic services.“59 Der deutsche Diplomat Rainer Schlageter definierte Public Diplomacy in diesem Sinne als „reputation management“60 eines Staates. 57 Edmond Gullion: Murrow Center Institutional Brochure, Fletcher School of Law and Diplomacy, Tufts University, 1965, in: USIA Alumni Association: What is Public Diplomacy? www.publicdiplomacy.org/1.htm#defined, Downoad: 2.10.2007. 58 Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 9. 59 Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practise, a.a.O., S. 8. 60 Rainer Schageter: German Public Diplomacy, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 18. In Deutschland wurde bis vor kurzem in der Politik und im Auswärtigen Amt der Begriff der Politischen Öffentlichkeitsarbeit (PÖA) synonym mit dem der Public Diplomacy verwendet. Dieser ist jedoch problematisch in seiner mangelnden Unterscheidung zwischen inländischer und ausländischer Öffentlichkeitsarbeit sowie in seiner Abgrenzung gegenüber der Pressearbeit. In der Forschung wird Politische Öffentlichkeitsarbeit meist synonym mit Politischer Kommunikation benutzt. Die Begriffe beschreiben die Verwendung von Aufmerksamkeitsstrategien im politischen Bereich zur Vermittlung politischer Inhalte an die Öffentlichkeit, ausgerichtet
38
1 Einführung in das Thema
Ziel der Public Diplomacy ist die Persuasion auswärtiger Öffentlichkeiten zur verbesserten Durchsetzung der eigenen nationalstaatlichen Interessen in der internationalen Gemeinschaft und damit der Ausbau des eigenen Einflussbereichs.61 Der ehemalige Ständige Vertreter Großbritanniens bei der EU, Sir Michael Butler definierte dies folgendermaßen: „The purpose... is to influence opinion in target countries to make it easier for the British Government, British companies or other British organizations to achieve their aims. The overall image of Britain in the country concerned is of great importance.“62
Ähnlich beschreibt es der Politikwissenschaftler Jian Wang: „Public Diplomacy is communicat[ing]... a desired image and reputation... to build... understanding among nations and peoples. In general, it encompasses three... objectives: promoting a country’s national goals..., communicating about a nation’s ideas and ideals, beliefs and values, and building common understanding.“63
Public Diplomacy wird auch als legitime Form der Politikführung in der globalisierten Welt verstanden: „[It] is widely considered an essential post-modern tool of statecraft, which generates legitimacy and acknowledges that in our globalized world the state has lost its monopoly on the processing and diffusion of information.“64
Dadurch wird das Handlungsfeld erweitert: Es geht nicht nur um Einflussnahme im politischen Bereich, auch Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft werden einbezogen.65 Public Diplomacy ist auf Grund dieser Zielfunktionen als ein Instrument
auf die Bedürfnisse und Nachrichtenformate der Medien. Vgl.: Wolfgang G. Gibowski: Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, in: Sven Gareis: Politische Kommunikation. Zum Problem der Verständigung zwischen Bürgern und Staat, Strausberg 1994, S. 71-76. 61 Paul Sharp: Revolutionary States, Outlaw Regimes and the Techniques of Public Diplomacy, in: Jan Melissen (Hg): The New Public Diplomacy, a.a.O., S. 106. 62 Sir Michel Butler, 2002, zitiert in: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing, Public Diplomacy, a.a.O., S. 1. 63 Jian Wang, Localising Public Diplomacy: The Role of Sub-national Actors in Nation Branding, in: Place Branding 2/1, 2005, S. 32. 64 Peter van Ham: Power, Public Diplomacy, and the Pax Americana, in: Jan Melissen (Hg): The New Public Diplomacy, a.a.O., S. 57. 65 Ashvin Gonesh / Jan Melissen: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S.3.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
39
zur Kreation von Soft Power66 zu werten, „the instrumentalisation of... the power of one’s attraction and reputation overseas“67. In Zusammenfassung der beschriebenen Ansätze soll Public Diplomacy für diese Arbeit folgendermaßen definiert werden: Public Diplomacy will als Umsetzung von Joseph Nyes Soft Power-Konzept durch gezielte Kommunikation der eigenen Werte und Ideale die Attraktivität des eigenen Landes ausbauen, um die öffentliche Meinung in festgelegten Zielländern direkt zu beeinflussen. Dies geschieht mit der Absicht, politische und wirtschaftliche Handlungsspielräume zu erweitern und die eigene geopolitische Position zu verbessern. In einer kommunikativen Gesamtstrategie werden dazu verschiedene Themenfelder, bzw. Botschaften erarbeitet, die unter Einbindung verschiedener staatlicher und nicht-staatlicher Akteure im Ausland zielgruppenspezifisch an die gesamte Bevölkerung und die Medien verbreitet werden. Public Diplomacy reagiert damit auf den gestiegenen Einfluss von öffentlicher Meinung und Interessengruppen auf politische Entscheidungsprozesse, ausgelöst durch Globalisierung und Informationsgesellschaft, und ist als Form der Mediatisierung von Außenpolitik zu betrachten. Nation Branding Der Begriff des Nation Branding stammt aus dem Umfeld der Markenführung. Kommunikationsagenturen begannen in den 1990er Jahren, Länder darin zu beraten, ihr Image im Ausland durch strategische Markenbildung und Markenkommunikation gezielt zu verbessern, um so dem zunehmenden Wettbewerb zwischen Staaten, Regionen und Städten um Investitionen, Touristen und High Potentials zu begegnen.68 Dazu übertrugen sie Elemente der Theorien zur identitätsorientierten Markenführung und Corporate Identity auf Staaten. Gleichzeitig beschäftigte sich auf wissenschaftlicher Seite die Markenforschung häufiger mit Möglichkeiten der Ausweitung des Markenbegriffs auf Staaten, angeführt von der Country of Origin-Forschung.69 Nation Branding ist also nicht gleichzuset66
Vgl. Joseph S. Nye: Soft Power, in: Foreign Policy, a.a.O., S. 153-171; Ders.: Think Again: Soft Power, in: Foreign Policy, 1, März/2006, abgedruckt in: Yale Global Online, http://yaleglobal. yale.edu/article.print?id=7059, Download: 8.6.2007. 67 Jan Melissen: Public Diplomacy between Theory and Practice, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 7. 68 Vgl. u.a.: Wally Olins: Marke, Marke, Marke. Den Brand stärken, Frankfurt / New York 2004; Simon Anholt: Nation-brands of the Twenty-first Century, in: Journal of Brand Management, 5, 6/1998, S. 395-406. Zur Übertragung klassischer Markenkommunikation auf Staaten auch: Michael E. Porter: The Competitive Advantage of Nations, New York 1997. 69 Auf die Entwicklung des Markenbegriffs und seine Ausdehnung auf den nicht-ökonomischen Raum, inkl. des Country-of-Origin-Effekts wird später ausführlich eingegangen.
40
1 Einführung in das Thema
zen mit einzelnen Marketingkampagnen, sondern definiert ein strategisches Gesamtkonzept der Markenführung, das vom Ansatz der Ganzheitlichkeit getragen und von verschiedensten staatlichen wie nicht-staatlichen Akteuren koordiniert kommuniziert werden soll: „The aim is to create a clear, simple, differentiating idea built around emotional qualities which can be symbolised both verbally and visually and understood by diverse audiences in a variety of situations. To work effectively, nation branding must embrace political, cultural, business and sport activities.“70
Gerade im Bereich der Nation Branding-Forschung gibt es eine verwirrende Vielzahl von Definitionen auf Grund der Neuartigkeit und der Verwandtschaft der Begrifflichkeiten. Ganz generell lässt sich sagen, dass Place Branding als Oberbegriff aller Aktivitäten zur Markenentwicklung und -führung von Orten definiert ist, seien es Staaten (Nation Branding), Regionen (Region Branding) oder Städte (City Branding).71 Inzwischen hat Anholt mit der Competitive Identity einen weiteren Begriff geprägt, der sich von der Definition des Branding absetzen will, inhaltlich aber mit seinen früheren Theorien zum Nation Branding größtenteils übereinstimmt. Er nimmt hierbei Thesen der identitätsorientierten Markenführung auf und erklärt, wie Staaten sich durch solch eine Identitätsvermittlung nach innen wie nach außen internationale Wettbewerbsvorteile verschaffen können.72 In dieser Arbeit wird mit dem Begriff des Nation Branding gearbeitet, da es sich um eine Untersuchung der Außenkommunikation von Staaten handelt, die Forschungen zur Außenkommunikation von Städten und Regionen ist ein anderes Feld und Anholts Competitive Identity konnte sich als neue Begrifflichkeit bislang nicht durchsetzen. Ziel des Nation Branding ist es, über eine hohe Wiedererkennbarkeit der Kommunikationsaussagen ein klares, positives Image zu entwickeln und den Staat im globalen Wettbewerb bestmöglich zu positionieren: „Place branding is… required to make a country’s image work for its economy and its citizens. To stand out from the crowd and capture significant mind share and market share, place branding has become essential.”73
Wie die Markenforschung insgesamt, geht Nation Branding davon aus, dass Images manipulierbar sind.74 Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Abgren70
Eugene Jaffe / Israel Nebenzahl: National Image and Competitive Advantage, a.a.O., S. 138. Vgl. u.a.: Philip Kotler / David Gertner: Country as Brand, Product and beyond, a.a.O., S. 249-261. Vgl. Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O. 73 Peter van Ham: Place Branding: The State of the Art, in: Annals of the American Academy of Political and Social Science, 616, 1/2008, S. 129-130. 71 72
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
41
zung Nation Brand zu Nation Branding: Während ersteres das aktuelle Fremdbild eines Landes beschreibt, meint Nation Branding die Markenbildung, führung und -kommunikation durch das effiziente Management dieses Bildes: „A nation’s brand exists with or without any conscious efforts in nation branding, as each country has a current image to its international audience...nation branding could help a nation to improve its image.“75
Die weitergehenden Ziele des Nation Branding sind sowohl politischer als auch wirtschaftlicher Natur: Durch die stringente und strategische Selbstdarstellung sollen einerseits der Standort gesichert, Investoren und High Potentials angelockt sowie der Export verbessert werden. Andererseits soll das verbesserte internationale Image dazu beitragen, die eigene politische Agenda auf geopolitischer Ebene leichter durchsetzen zu können: „The intent of such efforts typically is to achieve one or more of four main objectives: enhance the place’s exports, protect its domestic businesses from ‚foreign’ competition, attract or retain factors of development and generally position the place for advantage domestically and internationally in economic, political and social terms.“76
Die Nation Branding-Strategie soll deshalb nicht am Rande der öffentlichen Diskussion und politischen Entscheidungen stattfinden, sondern als elementarer Bestandteil in den politischen Entscheidungsprozess integriert werden.77 Um der eben dargestellten Komplexität des Anspruchs von Nation Branding Rechnung zu tragen, soll das Themenfeld für diese Arbeit folgendermaßen definiert werden: Nation Branding überträgt Elemente der Markenführung, besonders der Corporate Identity, auf öffentliche Akteure in Staaten. Dabei soll durch strategische, koordinierte Kommunikation ein einheitliches und kohärentes Markenimage geschaffen und langfristig geführt werden, das positiv und emotional ist und eine Wiedererkennbarkeit der Aussagen des jeweiligen Ortes gewährleistet. Werte und Identitäten werden herausgearbeitet, um die Einzigartigkeit des jewei74 Philip Kotler / Irving Rein / Donald Haider: There’s No Place Like Our Place! The Marketing of Cities, Regions, and Nations, in: The Futurist, November-Dezember/1993, S. 20. 75 Ying Fan: Branding the Nation: What is Being Branded?, in: Journal of Vacation Marketing, 12, 1/2006, S. 12. 76 Nicolas Papadopoulos: Place Branding: Evolution, Meaning and Implications, in: Place Branding, 1/1, 2004, S.36. 77 Vgl. u.a.: Nikolas Papadopoulos: Place Branding, a.a.O., S. 36-49; Ders. / Louise Heslop: Country Equity and Country Branding: Problems and Prospects, in: Journal of Brand Management, 9, 45/2002, S. 294-314.
42
1 Einführung in das Thema
ligen Staats in einer attraktiven und glaubwürdigen Botschaft herauszustellen und für die globale Zielgruppe verständlich zu machen. Gleichzeitig soll die Botschaft nach innen identifikationsstärkend sein und die Bevölkerung von den eigenen Vorzügen überzeugen. Ziel ist es, sich durch gezielte Positionierung von internationalen Wettbewerbern abzuheben und damit die eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen zu sichern. Damit ist Nation Branding sowohl ein wirtschaftlicher als auch ein politischer Prozess, ausgelöst durch die Zwänge der Globalisierung. Abgrenzungen des Nation Branding vom Standortmarketing und Destination Branding In der ganzheitlichen Ausrichtung des Nation Branding, also der Einbeziehung aller gesellschaftlichen Bereiche, liegt die Besonderheit dieses Ansatzes gegenüber den bereits vorher existierenden Konzepten des Standortmarketing und des Destination Branding bzw. des Tourismusmarketing. Denn beide konzentrieren sich in ihrer Markenkommunikation ausschließlich auf einen Bereich – beim Standortmarketing die Ansiedlung von ausländischem Kapital und beim Destination Branding die Darstellung des Landes als Tourismusziel. Eine umfassende Darstellung des Ortes als gesellschaftlich, politisch, kulturell und wirtschaftlich zu vertretende Einheit wird hier nicht angestrebt. Standortmarketing ist definiert als: „Standortanalyse sowie Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle von Aktivitäten zur Vermarktung eines Standorts, zur Förderung der Entscheidung eines investitionsinteressierten Unternehmens für den eigenen Standort, zur Umsetzung der Ansiedlung sowie Nachbetreuung eines Investors. Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsposition des jeweiligen Standorts und die Attrahierung ausländischer Direktinvestitionen.“78
Die rein ökonomische Ausrichtung der Kommunikation wird anhand dieser Definition deutlich. Die Kommunikation des Standortes nach den Kriterien der Markenführung konzentriert sich auf den Wirtschaftsaspekt und stellt besondere Investitionsaspekte als Alleinstellungsmerkmal heraus. Dazu gehören zunächst die Hard Factors eines Landes, etwa die ökonomische Stabilität, Produktivität, der Anteil gut ausgebildeter potentieller Mitarbeiter, die Infrastruktur, Lohnoder Stückkosten. Zunehmend werden aber auch die Soft Factors für Investitionsentscheidungen ausländischer Unternehmen bedeutend. Dazu gehören zum Beispiel Lebensqualität, Kultur, Kreativität des Umfelds oder Integrationsmög78 Deloitte Consulting: Reorganisation des Standortmarketings auf Bundesebene, Studie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin 2002, S. 5.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
43
lichkeiten.79 Je wichtiger der Bereich der Soft Factors in der Vermarktung eines Ortes wird, desto eher wird im Standortmarketing das Konzept der Ganzheitlichkeit genutzt, also im Sinne des Nation Branding gehandelt. Generell lässt sich daher sagen, dass Standortmarketing durch seinen wirtschaftlichen Fokus als eine Vorform und Unterkategorie des Nation Branding einzuordnen ist, mit einem deutlich weniger umfassenden und ausschließlich wirtschaftspolitisch motivierten Radius. Auch Tourismusmarketing oder Destination Branding kann als Unterkategorie des Nation Branding eingeordnet werden. Es stellt die Markenbildung und -führung im touristischen Bereich dar. Ausschließliches Ziel des Destination Branding ist es, „to attract visitors and boost tourism.“80 Häufig sind Tourismusinstitutionen die ersten gewesen, die für einen Markenaufbau in ihrem Bereich eingetreten sind. Dies lässt sich bis an die Anfänge des Massentourismus Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen.81 Entsprechend gefestigt ist das Verständnis für die Notwendigkeit der Markenbildung in diesem Bereich.82 Deutlich stärker als beim Nation Branding wird beim Destination Branding auf eine visuelle Wiedererkennbarkeit der Tourismusmarke Wert gelegt. Logos und Slogans werden vielfach ebenso eingesetzt wie klassische Werbemethoden. Ähnlich wie beim Standortmarketing wird auch hier jedoch zunehmend erkannt, dass eine Vermarktung des Ortes als reine Tourismusdestination nicht ausreicht, um heutige Reisegewohnheiten zu bedienen.83 1.2.3 Definition des Leitbegriffs Strategische Außenkommunikation Der Begriff der Strategischen Außenkommunikation erlaubt als Oberbegriff eine Kategorisierung der verschiedenen Forschungsansätze zur Erklärung der staatlichen Kommunikation im Ausland. Wie der Name bereits sagt, basiert die Begrifflichkeit der Strategischen Außenkommunikation inhaltlich auf der in Nation Branding und Public Diplomacy als zentral erachteten strategischen und integrierten Ausrichtung von Kommunikation. Bevor nun die eigentliche Definition
79
Vgl.: Ebd. György Szondi: The Role and Challenges of Country Branding in Transition Countries: The Central and Eastern European Experience, in: Place Branding and Public Diplomacy, 3, 1/2007, S. 9. 81 Vgl. zur Historie des Tourismusmarketings von Städten u.a. Birgit Stöber: Von „brandneuen“ Städten und Regionen – Place Branding und die Rolle der visuellen Medien, in: Social Geography Discussions, 2/2006, S. 215-251, www.soc-geogr-discuss.net/2/215/2006, Download: 12.6.2007. 82 Roy Langer: Place Images and Place Marketing, Kopenhagen 2001, S. 24. 83 Nigel Morgan / Anette Pritchard / Roger Pride: Introduction, in: Dies. (Hg.): Destination Branding: Creating the Unique Destination Proposition, Oxford 20042, S. 4. 80
44
1 Einführung in das Thema
vorgenommen wird, soll deshalb zunächst geklärt werden, was mit den Teilbegriffen strategisch und außen gemeint ist. Der Begriff der Strategie Der Begriff der Strategie wird in der Wissenschaft je nach Forschungsgebiet in vielfältiger Weise verwendet. Für diese Arbeit wird eine Begrifflichkeit aus kommunikationswissenschaftlichen und ökonomischen Definitionen verwandt, die sich deutlich abgrenzt von dem militärpolitischen Strategiebegriff nach Clausewitz.84 Ganz allgemein wird Strategie definiert als „Verfolgen von Handlungszielen in ständiger Auseinandersetzung mit der reagierenden Umwelt.“85 In der Managementlehre wird der Strategiebegriff als „management’s plan to attain outcomes consistent with the organization’s mission and goal“86 definiert. Strategie ist auf Konstanz ausgerichtet und wird in langfristigen Planungszeiträumen etabliert und umgesetzt, wobei sie als „gesamtunternehmerisch integrierte Funktion“87 zu verstehen ist. Die Kommunikationsstrategie ist in die Gesamtstrategie eines Unternehmens eingebunden: „By creating a coherent strategy… the organisation is well on its way to reinventing its handling of communications. Just as important for the firm, however, is the ability to link the overall strategy of the firm to the communications efforts… Managers looking toward the development of communication strategies... need to think about how external forces shape its strategy as well.“88
Strategie und strategische Kommunikation in der Definition der PR-Forschung Die Definitionen von Strategie in der Public Relations-Forschung lassen sich zusammenfassen als:
84
Vgl.: Carl von Clausewitz: Vom Kriege, Reinbek b. Hamburg 1978, Erstausgabe 1832. Vgl. zur Entwicklung des klassischen Strategiebegriffs u.a.: Joachim Raschke / Ralf Tils: Politische Strategie: Eine Grundlegung, Wiesbaden 2007. 85 Joachim Raschke: Überlegungen zu einem politischen und politologischen Konzept, in: Frank Nullmeier / Thomas Saretzki (Hg.): Jenseits des Regierungsalltags. Strategiefähigkeit politischer Parteien, Frankfurt/Main, New York 2002, S. 214. Dieser Aspekt ist besonders in der Politik bedenkenswert, da hier Strategien nie per Dekret umgesetzt werden können, sondern im demokratischen Prozess über Mehrheiten etabliert werden. 86 Peter Wright: Strategic Management: Text and Cases, Needham Heights, Massachusets 1992, zitiert in: Thomas Fischer / Gregor Peter Schmitz / Michael Seberich: Die Strategie der Politik, a.a.O., S. 196; vgl. auch S. 199. 87 Ebd., S. 1359. 88 Paul A. Argenti: Corporate Communication, Boston 19982, S. 43, vgl. zur Bedeutung der Integration strategischer Kommunikation auch: Markus Will: Public Relations aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 65-69.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
45
„Übertragung des klassischen Managementzyklus mit seinen Phasen Zielsetzung, Planung, Entscheidung, Ausführung und Kontrolle auf die Öffentlichkeitsarbeit… Es wird somit ein Ist- und Soll-Zustand im Rahmen einer umfangreichen Kenntnis der Ausgangslage und der angestrebten Ziele festgelegt, worauf basierend im strategisch geplanten Sinne PR-Maßnahmen und -Programme durchgeführt werden.“89
Von besonderer Bedeutung ist dabei die Ganzheitlichkeit des Ansatzes, die sich durch abgestimmte Botschaften und konsistente Kommunikationshandlungen sämtlicher nach außen gerichteter Abteilungen eines Unternehmens ausdrückt. Als Begründung für die Notwendigkeit strategischer Kommunikation wird die Problematik der Aufmerksamkeitsgenerierung und des Agenda Setting in einer fragmentierten Gesellschaft genannt, außerdem die Gefahr negativer Auswirkungen auf das Organisationsumfeld durch inkonsistente Kommunikation.90 Für Grunig ist Public Relations die strategische Schnittstelle zwischen der Organisation und ihren Umwelten: „Public Relations is an essential management function… Organizations use strategic management to identify opportunities and dangers in the environment, to develop strategies for exploiting the opportunities and minimizing the dangers; and to develop, implement and evaluate their choices… Public relations contributes to the planning process by communicating and building relationships with publics that support the mission of the organization or that can constructively divert it from its mission.“91
Strategische Öffentlichkeitsarbeit als Verbindungsglied zwischen Organisation und Teilöffentlichkeiten trägt also dazu bei, die Leitlinie der Organisation herauszustellen, um eine klare Positionierung im Verhältnis zu ihren Märkten und zu allen relevanten Zielgruppen vorzunehmen.92 Dieser organisationstheoretischen Definition soll auch für die Strategische Außenkommunikation gefolgt werden. Zerfaß fordert im Postulat der strategischen Öffentlichkeitsarbeit „eine Ausrichtung aller PR-Aktivitäten an den gesellschaftlich definierten Aufgaben der Unternehmensführung.“93 Als Phasen strategischen PR-Managements nennt er in 89 Iris Guery: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations als Organisationsfunktion in Unternehmen und deren Einfluss auf den Unternehmenserfolg, Dissertation an der Universität Freiburg in der Schweiz, Freiburg i.Ü. 2007, S. 95. 90 Vgl.: Manfred Bruhn / Michael Boenick: Integrierte Kommunikation in deutschen Unternehmen. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: Manfred Bruhn / Siegfried J. Schmidt / Jörg Tropp (Hg.): Integrierte Kommunikation in Theorie und Praxis, Wiesbaden 2000, S. 91. 91 James Grunig: Public relations and international affairs: Effects, Ethics and Responsibility, in: Journal of International Affairs, 47, 1/1993 , S. 140-141. 92 Vgl.: Iris Guery: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations, a.a.O., S. 92. 93 Ansgar Zerfaß: Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O., S. 324.
46
1 Einführung in das Thema
Anlehnung an Cutlips „Public Relations Strategic Planning Process“94: Analyse, also die systemetische Erfassung der Beziehung zwischen Institution und Umwelt (wobei diese in marktliche, gesellschaftliche und interne Umwelt eingeteilt wird); Planung, die Formulierung und Etablierung von integrierten Kommunikationskonzepten in Abstimmung mit der Gesamtkonzeption; Realisierung; die Umsetzung der Strategiekonzepte und schließlich Kontrolle, unterschieden in das selbstkritische Hinterfragen der eigenen Aktionen in der Prozesskontrolle und die Prüfung der Zielerreichung in der Ergebniskontrolle.95 Diese Phaseneinteilung wird hier für die Strategische Außenkommunikation übernommen. Strategische Kommunikation ist generell persuasiv definiert. Sie nimmt Einfluss auf Teilöffentlichkeiten aus dem Politischen, dem Sozialen und dem Medienbereich. Ihr Ziel ist es, diese durch Aufbau eines positiven Images, das sich von dem der Konkurrenten abhebt und im Gedächtnis verhaftet bleibt, für die eigenen Produkte, beziehungsweise Standpunkte einzunehmen.96 Dies soll auch für die Strategische Außenkommunikation gelten. Strategische Kommunikation in der Public Diplomacy-Literatur In der amerikanischen Forschung zu staatlicher Außenkommunikation wird zunehmend der Begriff der strategic communication verwendet, der jedoch ursprünglich vom Militär geprägt wurde. Darunter werden vier Instrumente der Außenkommunikation gefasst: „public diplomacy, public affairs, non-military U.S. international broadcasting services, and open military information operations“97. Die Ziele strategischer Kommunikation für Staaten werden vom Militärexperten Richard Halloran folgendermaßen beschrieben: „strategic communication is a way of persuading other people to accept one’s ideas, policies or courses of action… [It] means persuading allies and friends to stay with you. It means persuading neutrals to come over to your side or at least stay neutral. In the best of all worlds, it means persuading adversaries that you have the power and the will to prevail over them. Vitally important, strategic communication means persuading the nation’s citizens to support the policies of their leaders so that a na94 Cutlip / Center / Broom entwickelten einen Kriterienkatalog für die Entwicklung und Evaluation von PR-Projekten, der in vier Phasen unterschieden wird: „Defining the Problem“, „Planning and Programming“, „Taking Action and Communication“, Evaluating the Program“. Vgl.: Scott Cutlip / Allan H. Center / Glenn M. Broom: Effective Public Relations, Upper Saddle River, N.J. 20008, S. 339-456. 95 Ansgar Zerfaß: Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O., S. 320-323. 96 Vgl. u.a.: Klaus Merten: Kommunikation und Persuasion, a.a.O., S. 297-308; James E. Grunig: Symmetrical Presuppositions as a Framework for Public Relations, in: Carl Botan / Vincent Hazleton (Hg.): Public Relations Theory, Hillsdale, N.J. 1989, S. 38-39. 97 Defense Science Board (Hg.): Report of the Defense Science Board Task Force on Strategic Communication. Washington, D.C. 2004, S. 12-13.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
47
tional will is forged to accomplish national objectives. In this context, strategic communication is an essential element of national leadership.“98
Demnach überschneiden sich die Ziele mit denen der Public Diplomacy. Joseph Nye beschreibt strategic communication im Rahmen seines Soft Power-Ansatzes als eine von drei Dimensionen der Public Diplomacy: „a set of simple themes, much like what occurs in a political or advertising campaign… over the course of a year to brand the central themes, or to advance a particular government policy“99. Diese Definition wäre allerdings eher als Campaining zu fassen und ist deshalb für die weitere Diskussion zu vernachlässigen. Die amerikanische Public Diplomacy-Forschung spricht inzwischen auch von strategic communication. Sie definiert diese breiter als die klassische Public Diplomacy, nämlich als „instrument of statecraft that embraces diplomacy, cultural diplomacy, international broadcasting, political communication, democracy building, and open military information operations.“100 Diese Definition weist allerdings Schwächen auf: Einerseits werden mehrere Kommunikationsdimensionen zusammengefügt, andererseits die Erkenntnisse des Nation Branding außen vor gelassen: Cultural diplomacy und international broadcasting sind als Unterformen der Public Diplomacy zu verorten, open military information operations können in den Bereich der Propaganda fallen, während political communication als Oberbegriff für alle PR-Aktivitäten im politischen Bereich gelten kann und democracy building sowie diplomacy harte Faktoren der Außenpolitik beschreiben. Die Definition zeigt die Bestrebung der Forschung, einen einheitlichen Begriff für sämtliche Formen staatlicher Kommunikation im Ausland zu etablieren, bleibt als Klammerbegriff aber einseitig und unscharf. In diesem Verständnis taugt strategic communication nicht für eine Kontextualisierung auf mehreren Ebenen. Außen und seine Bedeutung Der Begriff des außen wird in dieser Arbeit als Beschreibung der staatlichen Kommunikation im Ausland verwendet, in Abgrenzung zur inländischen Kommunikation. Dies geschieht im Wissen darum, dass diese Abgrenzung nicht völlig trennscharf sein kann, zumal jede Kommunikation im Ausland einen Rückkopplungseffekt auf die eigene Öffentlichkeit hat. Auch vor dem Hintergrund der Transnationalisierung und Globalisierung von Politik, Gesellschaft und Wirt98
Richard Halloran: Strategic Communication, in: Parameters, Autumn 2007, S. 4-14, www.carlisle.army.mil/usawc/parameters/07autumn/halloran.html, Download: 7.5.2008. 99 Joseph Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 107-110. 100 Bruce Gregory: Public Diplomacy and Strategic Communication: Cultures, Firewalls, and Imported Norms. Präsentationsschrift zur Conference on International Communication and Conflict. Washington, D.C. 2005, S. 1.
48
1 Einführung in das Thema
schaft ist eine strikte Abgrenzung nicht möglich, weil sich Innen- und Außenpolitik durch die zunehmenden Interdependenzen transnationaler Gesellschaften zunehmend vermischen.101 AIDS und andere weltweite Epidemien, der Klimawandel, Terrorismus, die Weltwirtschaft oder die Ressourcenknappheit sind Beispiele für Probleme, die nicht an Staatsgrenzen Halt machen. Trotz dieser Problematik wird der Begriff des außen hier verwandt, um darzustellen, dass es sich um Kommunikations- und Mediatisierungsereignisse handelt, die sich hauptsächlich an Rezipienten und Teilöffentlichkeiten in anderen Staaten richten und damit also ihren Fokus außerhalb des eigenen Nationalstaates setzen. In dieser Arbeit wird den Thesen Kaisers gefolgt, nach denen es durch den Transnationalisierungsprozess gesellschaftlichen wie politischen Akteuren zunehmend möglich ist, das Geschehen in einem anderen Staat wesentlich zu beeinflussen, nicht nur auf politischer, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene.102 Dies kann auf zwei Arten geschehen. Einerseits durch die Penetrierung eines anderen Systems von Seiten der Regierung: Ein solches Penetriertes System besteht dann, wenn „Nichtmitglieder einer nationalen Gesellschaft direkt und bindend durch Maßnahmen, die gemeinsam mit Mitgliedern der Gesellschaft unternommen werden, entweder bei der Zuteilung ihrer Werte (allocation of values) oder bei der Mobilisierung von Unterstützung für die Verwirklichung ihrer Ziele teilnehmen.“103
Eine fremde Regierung versucht damit, direkten Einfluss auf die politischen und gesellschaftlichen Ebenen eines anderen Landes zu nehmen und ist in der Lage, dazu auch Druck auszuüben. Andererseits gibt es die Durchdringung anderer Staaten durch transnationale Politik. Diese kann, wie Kaiser beschreibt, auf unterschiedlichen Ebenen geschehen, von gleichwertig bis dominant. Für die in dieser Arbeit beschriebenen Themenfelder ist die „außengesteuerte Durchdringung auf zwischengesellschaftlicher Basis“104 am relevantesten. Sie liegt dann vor,
101
Vgl.: Brian Hocking / Michael Smith: World Politics, An Introduction to International Relations, New York u.a. 1990, S. 203-210; Joseph S. Nye: The Changing Nature of World Power, a.a.O., S. 177-192. 102 Karl Kaiser: Transnationale Politik, in: Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 1, 1969, S. 90106. 103 James Rosenau: Pre-theories and Theories of Foreign Policy, in: Barry Farrell (Hg.): Approaches in Comparative and International Politics, Evanston, S. 27-91; übersetzt und zitiert in: Karl Kaiser: Transnationale Politik, a.a.O., S. 90. 104 Karl Kaiser: Transnationale Politik, a.a.O., S. 105.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
49
„wenn ein Gefälle zwischen gesellschaftlichen Akteuren dazu ausgenutzt wird, die Durchsetzung ihrer Ziele im (oder in) anderen nationalstaatlichen System(en) zu betreiben.“105
Hier wird jedoch weder ausschließlich von Seiten der Regierung gearbeitet, noch Druck ausgeübt, sondern mit Methoden persuasiver Kommunikation gearbeitet, um die Gesellschaft des anderen Staates von den eigenen Zielen zu überzeugen. Die Möglichkeit der Einflussnahme auf fremde Öffentlichkeiten ist dann gegeben, wenn in den Zielländern wenigstens ein Mindestmaß vertikaler Kommunikation vorhanden ist. Dies meint, dass eine Interdependenz zwischen Öffentlichkeit und Regierung bestehen muss und die erstere durch Bildung einer öffentlichen Meinung in politische Prozesse intervenieren kann. Demokratische Strukturen verstärken diese Wirkungen.106 Zur außengesteuerten Durchdringung gehören nach Kaiser sowohl die Außenwirtschaftpolitik als auch die auswärtige Kulturpolitik. Sein Modell dient somit als eine der theoretischen Grundlagen der Strategischen Außenkommunikation. Strategische Außenkommunikation Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird der Begriff der Strategischen Außenkommunikation hier folgendermaßen definiert: Strategische Außenkommunikation übernimmt eine Managementfunktion in der (außen-)politischen Gesamtstrategie eines Landes. Sie umfasst die Festlegung eines Selbstkonzepts und dessen Erreichung durch eine nachhaltige, strategisch orientierte und integrierte Kommunikation, die ganzheitlich ausgerichtet ist und ihre Zielgruppen über die Schaffung von Vertrauen überzeugen will. Auf Akteurs- wie Rezipientenebene bezieht sie sowohl staatliche, als auch nichtstaatliche Akteure ein. Eine gelungene Koordination der imagepolitischen Botschaften aller ins Inland wie ins Ausland kommunizierenden Akteure ist dabei für die Effizienz Strategischer Außenkommunikation von besonderer Bedeutung. Auf der Handlungsebene ist Strategische Außenkommunikation gekennzeichnet von einer proaktiven Herangehensweise. Sie umfasst alle in Public Diplomacy und Nation Branding festgelegten Inhalte und Instrumente, weshalb diese als Komponenten der Strategischen Außenkommunikation angesehen werden können. Ziel der Strategischen Außenkommunikation ist die Verbesserung des Nationenbildes im Ausland, beziehungsweise in bestimmten vorab definierten Zielländern und Teilöffentlichkeiten, durch Perzeptionsänderung. Ihr Endziel ist jedoch die Ausweitung des staatlichen Machtspielraums in den internationalen
105 106
Ebd. Ebd., S. 105-106.
50
1 Einführung in das Thema
Beziehungen. Strategische Außenkommunikation ist damit ein Bestandteil der machtpolitischen Aktivitäten eines Staates im Sinne der Soft Power.
1.2.4 Abgrenzungen und Überschneidungen: Marketing und Werbung Nation Branding und Public Diplomacy stehen der Verortung Marketing und Werbung unterschiedlich gegenüber. Nation Branding ist klar in der Markenführung angesiedelt, sieht seine Potentiale und Intentionen aber deutlich über die des Marketing und besonders der Werbung hinausgehen.107 Anholt schreibt dazu: „The popular understanding of branding is the least precise: it is used as a vague conflation of several marketing disciplines, and often interchangeably with advertising, marketing, PR and sales promotion. It is believed to be a marketing buzzword which refers in a general way to all modern selling activities, and often has a connotation of something aggressive and malevolent... The simple understanding of branding is used by marketing services firms and their clients and refers to a designed visual identity... It is the way in which the identity of the company, product or service is dressed, and thus recognised... The advanced definition of branding includes the simple definition but goes on to cover a wide area of corporate strategy, consumer and stakeholder motivation and behaviour, internal and external communications, ethics and purpose. Companies which espouse this understanding of branding use it to navigate through the complex web of relationships between the personality of the company, product and service.”108
Public Diplomacy grenzt sich zur Werbung hin ab, indem es die Offenheit der Kommunikation betont, ist jedoch den Einflussen des Marketing gegenüber offen. Melissen schreibt dazu: „US-experiences with public diplomacy demonstrate that skills and practices from the corporate sector, in particular from the disciplines of public relations and marketing, can be particularly useful in public diplomacy campaigns.“109
107
Vgl. u.a.: Philip Kotler / David Gertler: Country as a Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 253; Keith Dinnie: Nation Branding, a.a.O., S. 224-225. Kotler et.al. sehen strategisches Marketing und Markenführung als Grundelemente des Nation Branding: „The need to attract tourists, factories, companies, and talented people and to find markets for their exports requires that countries adopt strategic marketing management tools and conscious branding.“ Ebd. 108 Simon Anholt: Editorial: Some Important Distinctions in Place Branding, in: Place Branding 1/2, S. 116-7. 109 Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 8.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
51
Das Problem beider Ansätze ist die mangelnde Definitionsgenauigkeit, wie Marketing und Werbung eigentlich verstanden werden sollen. Um eine fundierte Abgrenzung vornehmen zu können, ist es deshalb sinnvoll, das in der PRForschung beschriebene Verhältnis von Public Relations zu Werbung einerseits und Marketing andererseits zu untersuchen, da hier die Forschungsdichte deutlich höher ist. Zuvorderst lässt sich hier sagen, dass das Verhältnis der drei Kommunikationsformen in der Forschung umstritten ist, da die Übergänge zwischen den Disziplinen immer fließender werden. Werbung wird in der PRForschung definiert als: „der Transport und die Verbreitung werblicher Information über die Belegung von Werbeträgern mit Werbemitteln im Umfeld öffentlicher Kommunikation gegen leistungsbezogenes Entgelt, um Kommunikationsziele zu erreichen.“110
Werbeziele sind kognitiv und affektiv orientiert und werden gemeinsam mit der Zielgruppenanalyse und der strategischen Vorgehensweise genau in der Werbeplanung festgelegt. Die Grenzen zwischen Werbung und PR sind fließend, besonders bei der Unternehmens- und Imagewerbung. Müller-Vogg sieht ein Fortschreiten der Gleichsetzung von PR und Werbung durch objektive Gemeinsamkeiten, etwa dem Bedienen derselben Medien und der Notwendigkeit der Betrachtung der gleichen kommunikationstheoretischen und psychologischen Gesetze. Es würden deshalb auch Mischformen auftreten.111 Deutliche Unterschiede bestehen dagegen hauptsächlich in der Auswahl der Mittel und Instrumente, der organisatorischen Verankerung und den Adressaten.112 Merten weist zudem auf die in der PR-Forschung beliebte These hin, dass Werbung tendenziell einseitig
110
Manfred Bruhn: Kommunikationspolitik: Systematischer Einsatz der Kommunikation durch Unternehmen, München 20022, S. 283. 111 Vgl.: Hugo Müller-Vogg: Werbung und PR: Unterschiede, Gemeinsamkeiten, Zusammenwirken, in: Gero Kalt (Hg.): Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Instrumente, Strategien, Perspektiven, Frankfurt / Main 1990, S. 115-117. 112 Während die Werbung sich hauptsächlich auf gekauften Raum in Form von Anzeigen, Plakaten und Spots beschränkt, verschafft sich PR hauptsächlich über Nachrichtenwerte Zugang zu den Mediensystemen. In der Produktwerbung unterscheiden sich zudem die Adressaten, da Werbung hier einen Konsumentscheid auslösen will, während PR im gesellschaftspolitischen Umfeld die Haltung des Angesprochenen durch Beziehungsaufbau ändern will, um Imageverbesserung zu erlangen. Im Fall von Imagewerbung trifft diese strikte Abgrenzung jedoch nicht zu, hier sind Formen der Ansprache und Zielgruppen überlappend. Die funktional-organisatorische Zuordnung ist häufig das ausschlaggebene Differenzkriterium zwischen PR und Werbung in der unternehmerischen Praxis, da PR häufig als Stabsstelle der Geschäftsleitung fungiert, während die Werbung dem Marketing zugeordnet ist. Vgl.: Ulrike Röttger / Otfried Jarren / J. Hoffmann: Public Relations in der Schweiz, eine empirische Studie zum Berufsfeld Öffentlichkeitsarbeit, Konstanz 2003, S. 27, 51.
52
1 Einführung in das Thema
kommunizieren würde, während PR auf Dialog abziele.113 Zieht man die Werbeund Marketingliteratur zu Rate, ist diese These jedoch nicht haltbar, da dort genauso auf die Notwendigkeit dialogischer Prozesse eingegangen wird, wie in der PR-Forschung. Die einseitige Werbung gehört wie die einseitige PR (Publicity) in ihrer Absolutheit der Vergangenheit an.114 PR und Werbung lassen sich eher strukturell als inhaltlich voneinander abgrenzen, wie in dieser Definition von Cutlip / Center: „Adverstising is paid, nonpersonal communication through various media by business firms, nonprofit organizations, and individuals who are in some way identified in the advertising message and who hope to inform or persuade members of a particular audience.“115
Kriterien wie nonpersonal und identified mögen problematisch sein, was aber als deutlicher Unterschied heraussticht, ist paid. Bezahlte Kommunikation ist also Werbung, während nicht-bezahlte, mittels klassischer Medienarbeit verbreitete Botschaften der PR zuzuordnen sind.116 Insgesamt lässt sich sagen, dass sich trotz inhaltlicher und vor allem formaler Unterschiede Werbung und PR einander auch vor dem Hintergrund voranschreitender Entwicklungen neuer Kommunikationsformen so stark annähern, dass eine Grenzziehung zunehmend schwerer wird: 113
Vgl.: Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, a.a.O., S. 263. Auf die These der dialogischen und symmetrischen Kommunikation in der Public Relations wird später in diesem Kapitel ausführlich eingegangen werden. 114 Vgl. dazu u.a.: Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 3, Wiesbaden 2004, S. 1535-1564; Markus Will: Public Relations aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 62-77; Philip Kotler / Donald H. Haider / Irving Rein: There’s No Place Like Our Place!, a.a.O., S. 14-21. 115 Scott M. Cutlip / Allen H. Center: Effective Public Relations, a.a.O., S. 443. 116 Auf der Differenzierungsebene Public Relations und Marketing haben Kotler und Mindak fünf verschiedene Beziehungsmuster herausgearbeitet: Modell A beschreibt Marketing und PR als gleichwertige aber voneinander unabhängige Bereiche ohne Überschneidungen; Modell B sieht beide Bereiche als gleichwertig und unabhängig voneinander an, jedoch mit kongruenten Bereichen in einer Schnittmenge; Modell C inkorporiert PR als Teilbereich von Marketing als dominanter Funktion; Modell D sieht umgekehrt Marketing als Teilbereich der dominanten Funktion Öffentlichkeitsarbeit an und Modell E hält Marketing und PR für äquivalent. Begründet wird dies damit, dass sich beide Bereiche hauptsächlich mit Öffentlichkeiten und Märkten auseinandersetzten und die Notwendigkeit einer Markesegmentierung anerkennen würden, sich also der Notwendigkeit von Marktverhalten, Wahrnehmungen und Images bewusst sind und sich in der Umsetzung auf einen strategischen Managementprozess stützen, bestehend aus den Phasen Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle. Vgl.: Philipp Kotler / William Mindak: Marketing and Public Relations: Should They be Partners or Rivals?, in: Journal of Marketing, 42, Oktober 1978, S. 17.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
53
„So betrachtet kann Werbung genau wie Pressearbeit als eines von vielen unterschiedlichen Kommunikationsmitteln erscheinen, denen sich Public Relations in Abhängigkeit eines spezifischen Kommunikationsziels bedienen können.“117
In der Literatur wird häufig das Hierarchieverhältnis von PR und Marketing innerhalb einer Organisation angesprochen. Dieses Thema ist jedoch für diese Arbeit nicht relevant, da staatliche Institutionen meist über eine Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsabeit, selten jedoch über eine Marketingabteilung verfügen. Die PRAbteilung übernimmt in diesem Falle auch Marketingaufgaben.118 Für staatliche Institutionen gilt eine historisch gewachsene Struktur, die die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den Vordergrund gestellt hat und nun auf aktuelle Entwicklungen der Kommunikationspraxis Bezug nimmt und daher den gewachsenen Abteilungen zunehmend auch Aufgaben des klassischen Marketing zuordnet.119 Auch hier ist also eine zunehmende Überschneidung beider Disziplinen festzustellen. Ausgangspunkt der These der zunehmenden Annäherung von PR und Marketing ist eine erweiterte Definition des Marketing, die über die klassische Vorstellung des „Marketing-Mix“120 im unternehmerischen Marketing hinausgeht. Weiterführend ist hierzu für den staatlichen Bereich besonders der gesellschaftsorientierte Marketingansatz nach Raffée / Wiedmann.121 Er sieht Marketing als ein Konzept strategischer Unternehmensführung,
117
Romy Fröhlich: Die Problematik der PR-Definition(en), a.a.O., S. 105. Vgl.: Philipp Kotler / William Mindak: Marketing and Public Relations, a.a.O., S. 13-20. Vgl: Interview mit Michael Reiffenstuel, a.a.O. 120 Dieser ordnet die Kommunikationspolitik in die Marketing-Konzeption ein, gleichbedeutend mit der Produkt- und Programmpolitik, der Distributionspolitik und der Preis- und Konditionenpolitik. Die Kommunikationspolitik ist wiederum unterteilt in die Bereiche PR, Werbung, persönlichen Verkauf, Verkaufsförderung, Sponsoring, Merchandising, Product Placement und weitere verkaufsfördernde Elemente. Demnach wäre PR hier eine Subkategorie des Marketing. Diese Einteilung wirft jedoch für nicht-unternehmerische Bereiche Probleme auf, da die „Produkte“, die hier der Zielgruppe nahe gebracht werden sollen, ideeller Natur sind. Vgl. u.a.: Michael Schenk / Joachim Donnerstag / Joachim Höflich: Wirkungen der Werbekommunikation, Köln/Wien 1990, S. 4-7; Helge Löbler / Daniel Markgraf: Markenführung und Werbung, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 2, Wiesbaden 2004, S. 1491-1511. 121 Vgl. Hans Raffée / Klaus-Peter Wiedmann / Bodo Abel: Sozio-Marketing, in: Martin Irle (Hg.): Handbuch der Psychologie, Göttingen 1983, S. 469-490; Hans Raffée / Klaus-Peter Wiedmann: Corporate Identity als strategische Basis der Kommunikationspolitik, in: Ralph Berndt / Arnold Hermanns (Hg.): Handbuch der Marketing-Kommunikation, Wiesbaden 1993, S. 43-68; Ulrike Röttger: Public Relations – Organisation und Profession, a.a.O., S. 50-56. 118 119
54
1 Einführung in das Thema „das Fragen gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung in alle Managemententscheidungen einbezieht und sich nicht auf gewinnoptimale Absatzpolitik oder ein allein an Marktbedürfnissen und dominanten Engpässen in Absatz- und Beschaffungsmärkten ausgerichtetes Denken beschränkt.“122
Unternehmen werden hier als „quasi-öffentliche Einrichtungen“123 begriffen, mit starkem Rechtfertigungsdruck gegenüber der Öffentlichkeit, die die Handlungen und Entscheidungen der Unternehmensleitung kritisch verfolgt. Ihr Streben nach Übereinstimmung mit gesellschaftlichen Werthaltungen verstärkt sich, denn wird unternehmerisches Handeln von den Rezipienten als nicht-legitim beurteilt, drohen Glaubwürdigkeitsverluste, die ggf. sogar bis zur Bedrohung der Existenz des Unternehmens führen können. Marketing als integrierte Funktion muss deshalb den Interessen der Öffentlichkeit Rechnung tragen. 124 Eine erweiterte Form des gesellschaftsorientierten Marketing ist die Ausrichtung auf Institutionen im nicht-kommerziellen Bereich. Hier ist besonders das Konzept des Social Marketing für diese Abeit von Bedeutung, das folgendermaßen definiert wird: „Social Marketing bezeichnet die Planung, Durchführung und Kontrolle von Programmen zur Beeinflussung der Akzeptanz von sozialen Vorstellungen… [Dies] sind insbesondere Wertmaßstäbe und Verhaltensnormen, die sich auf das menschliche Zusammenleben auswirken. Durch soziales Marketing wird die wechselseitige Stimulation von Angebot und Nachfrage im Bereich sozialer Vorstellungen für die Zielsetzung einer Organisation fruchtbar gemacht.“125
In dieser Definition ist eine Abgrenzung von Marketing gegenüber Public Relations auf inhaltlicher und auf funktionaler Ebene praktisch unmöglich, Raffée / Wiedmann sprechen auch von „Public Marketing“126 als einer Synthese der Be122 Peter Szyszka: PR-Verständnis im Marketing, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 241-253. 123 Jo Reichertz: „Wir kümmern uns um mehr als Autos!“ Werbung als moralische Unternehmung, in: Soziale Welt, 46, 4/1995, S. 470, Iris Guery: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations, a.a.O., S. 46. 124 Vgl.: Ulrike Röttger: Public Relations – Organisation und Profession, a.a.O., S. 85; Barbara Baerns: PR-Erfolgskontrolle, Frankfurt / Main 19972, S. 37; Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, a.a.O., S. 1539. 125 Michael Kreminski / Clemens Neck: Einleitung, in: Dies. (Hg.): Praxis des Social Marketing. Erfolgreiche Kommunikation für öffentliche Einrichtungen, Vereine, Kirchen und Unternehmen, Frankfurt / Main 1994, S. 18. Philipp Kotler hat bereits Ende der 1960er Jahre eine Konzeption des erweiterten Marketingbegriffs entworfen, der auch das Social Marketing einschließt. Vgl.: Philip Kotler / Sidney J. Levy: Broadening the concept of marketing, in: Journal of Marketing, 33, 1/1969, S. 10-15; Philip Kotler / Gerald Zaltman: Social Marketing: An Approach to Planned Social Change, in: Journal of Marketing, 35/3, 1971, S. 3-12. 126 Vgl.: Ulrike Röttger: Public Relations – Organisation und Profession, a.a.O., S. 57.
1.2 Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen
55
griffe und Definitionen von Public Relations und Marketing. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass PR und Marketing sich zunehmend annähern und gerade von nicht-kommerziellen Institutionen in verwobener Weise und mit teils sich überschneidenden Definitionen verwandt werden.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
Theorien rund um die staatliche Außenkommunikation
57
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
59
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft 2.1.1 Der Bezugsrahmen: Konzepte, Ziele und Wirkungen von PR Die PR-Forschung hat vielfältige Theorien entworfen, um die Funktionen und Wirkungsweisen von Öffentlichkeitsarbeit zu erklären. Ihre Ansätze sind multidisziplinärer Natur.127 Die Fülle der Theorieansätze darzustellen, würde Anliegen und Umfang dieser Arbeit sprengen. Einige der Theorien lassen sich jedoch sehr gut auf die Konzepte der Strategischen Außenkommunikation und ihrer Komponenten anwenden und tragen dazu bei, diese in einen größeren Zusammenhang einzuordnen, um ihre Relevanz innerhalb der kommunikationswissenschaftlichen Forschung sowie für die Mediatisierung von Politik zu erforschen. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird deshalb immer wieder auf die im folgenden dargestellten Modelle zurückgegriffen und auf ihre Übereinstimmung mit den Postulaten der Strategischen Außenkommunikation hingewiesen.128
127
Die PR-Forschung kann deshalb verschiedenen Forschungsgebieten zugeordnet werden, von den Sozialwissenschaften über die Kommunikationswissenschaften bis zu den Wirtschaftswissenschaften. Vgl.: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 51-60; Werner Faulstich: Grundwissen Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O., S. 21-22; Horst Avenarius: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation, Darmstadt 20002, S. 44-61. 128 Die Ansätze zur Erklärung der Public Relations lassen sich in drei Untergruppen einteilen: Gesellschaftstheoretische Ansätze, organisationstheoretische Ansätze und handlungstheoretische Ansätze. Gesellschaftstheoretische Ansätze sind ganzheitlich konzipiert und argumentieren auf der Makroebene, indem sie nach dem Beitrag von PR zum Funktionieren moderner, pluralistischer Gesellschaften fragen. Organisationstheoretische Ansätze sind auf der Mesoebene angesiedelt. Ihre zentrale Frage lautet, welchen Beitrag PR zur Erreichung von Organisationszielen leistet. Es wird entsprechend akteurs- und praxisbezogen argumentiert. Schließlich die handlungstheoretischen Ansätze auf der Mikroebene, die PR als Handlung und praxisorientiert in Bezug auf Journalismus, Verbände oder PR-Agenturen betrachten. In der amerikanischen PR-Wissenschaft hat sich hauptsächlich die Betrachtung der Organisationstheorie etabliert, während die deutschen Wissenschaftler sich vorrangig mit der gesellschaftspolitischen Position von Public Relations beschäftigt haben. Diese Unterteilung wurde erst seit den 1990er Jahren aufgebrochen. Vgl.: Werner Faulstich: Grundwissen Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O., S. 21-22; Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 74.
A. Schwan, Werbung statt Waffen, DOI 10.1007/978-3-531-92866-1_2, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
60
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
2.1.1.1 Konzepte der integrierten Kommunikation In inhaltlicher Nähe zum Verständnis einer zunehmenden Verschmelzung von Marketing und Public Relations haben sich seit Anfang der 1990er Jahre Konzepte der integrierten Kommunikation in der PR-Forschung etabliert, hauptsächlich im Bereich der Unternehmenskommunikation. In der deutschen Forschung haben sich besonders Ansgar Zerfaß und Manfred Bruhn mit diesem Thema beschäftigt und Elemente der Betriebswirtschaftslehre mit der Kommunikationswissenschaft zu verbinden versucht. Grund für die zunehmende Bedeutung integrierter Kommunikation sind die Differenzierungstendenzen im Marken- und Unternehmensumfeld – je größer diese sind, umso wichtiger werden Koordinierungsmaßnahmen. Das gilt, je mehr Abteilungen sich an der Markenkommunikation beteiligen, je vielfältiger die Zielgruppen sind, je internationaler der Akteur und seine Marke ausgerichtet ist, je stärker das Konkurrenzumfeld und je vielfältiger die intern und extern eingesetzten Kommunikationsinstrumente sind.129 Integrierte Kommunikation wird definiert als: „Prozess der Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine Einheit herzustellen. Ziel ist es, den Zielgruppen der Kommunikation ein konsistentes Erscheinungsbild über ein Bezugsobjekt der Kommunikation zu vermitteln...“130
Integrierte Kommunikation ist also als ein Managementprozess zu verstehen, bei dem die Kommunikationsinstrumente in eine bestimmte Richtung hin zu analysieren, planen, organisieren, implementieren und kontrollieren sind. Dabei muss das Unternehmen mit seinem Profil aus Image, Marke und Reputation in fünf Meinungsmärkten positioniert sein: „öffentlicher Meinungsmarkt (Ziel: öffentliche Akzeptanz), Meinungsmarkt politischer und administrativer Entscheider (Ziel: politische Akzeptanz), Absatzmarkt (Ziel: Marktakzeptanz), interner und externer Personalmarkt (Ziel: soziale Akzeptanz) und Finanzmarkt (Ziel: ökonomische Akzeptanz).“131
Die Form der Ausgestaltung integrierter Kommunikation ist situativ und von Organisation zu Organisation verschieden, da deren Leistungen eng an die über-
129
Vgl.: Manfred Bruhn: Planung einer Integrierten Markenkommunikation, in: Ders. (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 2, Wiesbaden 2004, S. 1444. 130 Ebd., S. 1445. 131 Peter Szyszka: PR-Verständnis im Marketing, a.a.O., S. 252.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
61
greifende Strategie geknüpft sind.132 Integrierte Kommunikation und strategische Kommunikation liegen nah beieinander, da die Integration der verschiedenen Akteure essentieller Bestandteil jeder strategisch ausgerichteten Öffentlichkeitsdarstellung sein muss. Zudem gilt es, die Bedeutung der Kommunikationspolitik als Teil der strategischen Unternehmensführung zu begreifen. Letztlich wird durch integrierte Kommunikation eine neue Ebene der Gesamtkommunikation etabliert, durch die die Steuerung und Koordination aller Kommunikationsfunktionen eines Unternehmens strategisch durchführt werden können.133
2.1.1.2 Vertrauensbildung als zentrale Funktion der PR Der Versuch, Vertrauen zu gewinnen, wird als zentrales Element von PR über alle Strukturebenen hinweg angesehen. Nach Luhmann134 bedeutet Vertrauen, dass bindende Entscheidungen zunächst ohne weiteres Hinterfragen akzeptiert werden und stellt damit erhebliches soziales Kapital dar, welches das Überleben sozialer Systeme sichert. Bentele / Hoepfner führen weiter aus: „Öffentliches Vertrauen wird… als ein kommunikativer Mechanismus zur Reduktion von Komplexität aufgefasst, gleichzeitig als medienvermittelter Prozess, in dem Individuen (Vertrauenssubjekte) zukunftsgerichtete Erwartungen an öffentliche Personen, Institutionen oder gesellschaftliche Systeme (Verhaltensobjekte) haben, die stark von vergangenen Erfahrungen geprägt sind.“135
Nach Giddens ist das Vertrauen in abstrakte Systeme, insbesondere in Expertensysteme wie Recht, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, ein zentraler Mechanismus moderner Gesellschaften.136 Glaubwürdigkeit wiederum kann als Teilphänomen von Vertrauen definiert werden und als:
132
Ansgar Zerfaß: Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit. Grundlegung einer Theorie der Unternehmenskommunikation und Public Relations, Opladen 1996, S. 316-317. Vgl. auch: Karin Kirchner: Integrierte Unternehmenskommunikation. Theoretische und empirische Bestandsaufnahme und eine Analyse amerikanischer Großunternehmen, Wiesbaden 2001, S. 167. 134 Vgl.: Niklas Luhmann: Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart 19732. 135 Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, a.a.O., S. 1549-1550. 136 Anthony Giddens: Konsequenzen der Moderne, Frankfurt / Main 1995. Vgl. auch: Günter Bentele / René Seidenglanz: Vertrauen und Glaubwürdigkeit, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 348. 133
62
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen „eine Eigenschaft…, die Menschen, Institutionen oder deren kommunikativen Produkten… von jemandem (Rezipienten) in Bezug auf etwas (Erzeugnisse, Sachverhalte, etc.) zugeschrieben wird. Insofern ist Glaubwürdigkeit keine inhärente Eigenschaft…, sondern Element einer mehrstelligen Relation.“137
In Mediengesellschaften kommt der Glaubwürdigkeit als wichtiger Imagedimension zunehmend Bedeutung zu. Die zentrale Aufgabe von PR besteht darin, „sicherzustellen, dass die Umwelt innerhalb gewisser Toleranzgrenzen inhaltlich zunächst noch unbestimmte Entscheidungen anerkennt.“138 Denn nur wenn ein solcher Vertrauensvorschuss existiert, kann eine Gesellschaft oder Organisation effektiv funktionieren. Zweck des Vertrauensaufbaus ist die Möglichkeit vermehrter Einflussnahme, besonders im publizistischen System. Es lassen sich drei „dynamische Mechanismen“139 der Vertrauensbildung, bzw. des Vertrauensverlusts herausstellen: Vertrauen geht schneller verloren, als es aufgebaut werden kann; Einzelfälle genügen für weitreichende Vertrauensverluste; es gibt eine Verallgemeinerung von Aussagen einzelner auf die Organisation oder das gesellschaftliche System. Die Schaffung von Vertrauen kann jedoch nicht alleiniger Zweck von PR sein. Vielmehr muss ihre Zielbestimmung weiter gefasst werden, indem sie auf den verschiedenen Handlungsebenen untersucht wird. PR bedeutet „nicht nur bedingungsloses agieren auf gesellschaftspolitischer Ebene in Funktion der Umweltgegebenheiten sowie Vertrauensbildung und Glaubwürdigkeit; PR kann (und soll) spezifische Ziele verfolgen, Massnahmen vorausplanen und durchführen, von Aktivitäten lernen und sie verbessern sowie deren Output messen; PR soll optimal im Unternehmen verankert sein, um bestmöglich handeln zu können – PR ist v.a. ein Unternehmensinstrument zur langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolges.“140
Solch eine vieldimensionale Zieldefinition von PR soll der Analyse der Strategischen Außenkommunikation zugrunde gelegt werden, um deren Funktionen auf allen Ebenen untersuchen und bestimmen zu können. 137
Günter Bentele / René Seidenglanz: Vertrauen und Glaubwürdigkeit, a.a.O., S. 346. Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 201. 139 Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, a.a.O., S. 1550. Vor diesem Hintergrund führt gerade das Betreiben konsensualen Vertrauens die Gesellschaft immer stärker in eine Vertrauenskrise, merkt Röglin an, da Partikularinteressen bedient würden und PR-Konzepte häufig verfehlt seien. Dies führe zu einem „Akzeptanz-Paradoxon“ der Public Relations, dem nur durch glaubwürdige und transparente Kommunikation begegnet werden könne. Vgl.: Hans-Christian Röglin: Verdient Vertrauen, wer um Vertrauen wirbt? Gedanken zu einem neuen Konzept der Öffentlichkeitsarbeit, in: prmagazin, 20, 10/1990, S. 32 140 Iris Guery: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations, a.a.O., S. 60. 138
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
63
2.1.1.3 Organisationstheoretische und gesellschaftstheoretische PR-Theorien Grunig et al.: Theorie exzellenter PR Grunig et al. entwickelten seit Mitte der 1980er Jahre verschiedene organisationstheoretische Modelle von Public Relations, die die Wissenschaft entscheidend vorangetrieben haben. Sie alle beschäftigen sich mit Anforderungskriterien für eine gute Unternehmens-PR. Die Definition von PR als Managementfunktion legt das Fundament für diese Modelle. Der erste Ansatz waren die vier PR-Modelle von Grunig / Hunt, die bis heute als grundlegend für die angelsächsischen organisationstheoretischen Theorien gelten. Public Relations wird hier eingeteilt in Publicity, Informationstätigkeit, asymmetrische PR und symmetrische PR und zeichnet damit den Weg von einer niedrigeren zu einer höheren Entwicklungs- und Professionalisierungsstufe der Öffentlichkeitsarbeit nach.141 Dies gilt sowohl für den historischen Verlauf als auch für gegenwärtige PR-Aktivitäten in Abhängigkeit von der jeweiligen Beziehungsstruktur zwischen Organisation und Umwelt.142 Um die Anwendbarkeit des Modells zu erhöhen, stellten Grunig / Grunig eine weitere Variante vor, nach der die vier Modelle in den Dimensionen handwerklich-technische PR („craft public relations“) und professionelle PR („professional public relations“) eingeordnet werden. Erstere meint eine vorprofessionelle PR-Praxis, die auf Publicity und Informationstätigkeit beruht und Kommunikationstechniken als Selbstzweck einsetzt, während die professionelle PR aus asymmetrischer und symmetrischer Kommunikation besteht und diese nutzt, um strategische Zwecke für Organisationen zu erfüllen, wie Konfliktmanagement oder den Aufbau zu Kontakten zur relevanten Umwelt, um diese kontrollieren zu können.143 Die Forscher gelangten zum Schluss, dass selten nur eines der vier Modelle angewandt wird, sondern Kombinationen aus allen. Diese praxisnähere Modellkombination nannten sie „mixed-motive-models.“144 Vercic / Grunig / Grunig entwickelten im Rahmen einer Studie über die Internationalisierbarkeit ihrer Forschungsergebnisse zur exzellenten PR – die sie im situativen Modell exzellenter Public Relations erstmals ausgearbeitet hatten – neun Faktoren exzellenter internationaler Public Relations. Sie waren das Ergebnis einer vergleichenden Befragung von PR-Managern und lassen sich für diese 141
Vgl. Ebd., S. 22. Vgl.: Benno Signitzer: Aspekte neuerer Public Relations Theorie und wissenschaftliche PRBeratung, in: prmagazin, 20, 11/1989, S. 34 und 39. 143 Vgl.: James Grunig / Larissa Grunig: Public Relations Research Annual, Hillsdale, N.J., 19913, zitiert in: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 126. 144 David M. Dozier / James E. Grunig / Larissa A. Grunig: Manager’s Guide to Excellence in Public Relations, a.a.O., S. 201. 142
64
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
Arbeit nutzen, auch wenn sie ausschließlich den Unternehmensbereich, nicht den staatlichen Bereich, abdecken. Sie deuten darauf hin, dass es tatsächlich eine gemeinsame Überzeugung über die Grundelemente „guter“ PR gibt, die international unter PR-Praktikern anerkannt sind. Die neun Faktoren lauten:
Einbeziehung von PR in das strategische Management Stärkung von PR durch direkte Beziehungen zum „Senior Management“ Entwicklung von Koordinationsmechanismen zur Umsetzung integrierter PR PR als Managementfunktion ist von anderen Managementabteilungen unabhängig PR-Praktiker erfüllen sowohl die Rolle des strategischen Planers als auch die des Praktikers Symmetrisches und asymmetrisches Modell der PR kommen in einem „mixed-motive-model“ gemeinsam zum Tragen Symmetrisches Betreiben interner PR Förderung gut ausgebildeter Mitarbeiter Widerspiegelung der Komplexität der relevanten Umwelt in der Zusammensetzung der PR-Abteilung.145
Das situative Modell exzellenter Public Relations ist für diese Arbeit von großem Wert. Es stellt eine Weiterentwicklung der vier PR-Modelle dar und: „beschreibt eine Vorgehensweise, bei der die beteiligten Akteure als kooperative Antagonisten handeln, die in Kommunikationsprozessen ihre subjektiven Ziele verwirklichen wollen, aber gleichzeitig am Aufbau langfristig stabiler Beziehungen interessiert sind.“146
Exzellente Öffentlichkeitsarbeit orientiert sich demnach am Leitbild der symmetrischen Kommunikation, greift aber situativ auf unterschiedliche Taktiken zurück. Ziel ist es, durch personale, massenmediale, argumentative und persuasive Kommunikationsmethoden stabile Win-Win-Lösungen zu erreichen. Die Studie zeigt, dass PR in einer Organisation dann effektiv ist, wenn sie langfristige Vertrauensverhältnisse zu den Stakeholdern aufbaut. Exzellenz tritt demnach besonders dann auf, wenn durch symmetrische PR die Stakeholder Vorteile aus der Kommunikation ziehen können, oder aber wenn durch asym145
Vgl.: Dejan Vercic / Larissa A. Grunig / James E. Grunig: Global and Specific Principles of Public Relations: Evidence From Slovenia, in: Culbertson, Hugh M. / Chen, Ni (Hg.): International Public Relations. A Comparative Analysis. Mahwah, N.J. 1996, S. 37-40. 146 David M. Dozier / James E. Grunig / Larissa A. Grunig: Das situative Modell exzellenter Public Relations, a.a.O., S. 199.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
65
metrische PR die Situation der Kommunikatororganisation verbessert wurde. In geringerem Maße sind auch die Elemente der „craft public relations“ mit dem Exzellenzfaktor verbunden: „Hervorragende PR-Abteilungen scheinen sich in der Praxis auf symmetrische und asymmetrische Vorgehensweisen zu konzentrieren; sie verfügen aber auch über das notwendige Wissen, um die zwei einseitigen Modelle zu praktizieren.“147
Trotz dieser Ergebnisse betrachten Grunig et al. das zweiseitige symmetrische Modell der PR als ethische Grundlage für Öffentlichkeitsarbeit, dem das asymmetrische Modell moralisch untergeordnet sei.148 Die Forderung nach einer symmetrischen oder dialogischen PR ist in den letzten Jahren zu einem „Modewort“149 in allen Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit geworden. So sehr sie von Vertretern der Wissenschaft propagiert wird und auch in der Praxis als wichtiges Anforderungskriterium angesehen wird, so idealistisch ist die Idee ihrer Umsetzung, ganz besonders bei Kommunikation unter Einbeziehung von Massenmedien, in denen eine symmetrische dialogische Kommunikation faktisch nicht stattfinden kann, die aber das wichtigste Instrument zur Erreichung von Teilöffentlichkeiten darstellen. Entsprechend schlägt sich das Konzept der symmetrischen Kommunikation auch nicht in der Praxis nieder, obwohl es dort durchaus bekannt ist: „Kommunikation in der Form eines Dialogs mit relevanten Teilöffentlichkeiten wird nicht realisiert.“150 Merten spricht deshalb von der „Lüge vom Dialog“151 und kritisiert die unmögliche Adaption von Strukturen der Face-to-Face-Kommunikation auf die Massenkommunikation, da sich Strukturelemente des Dialogs wie symmetrische Struktur, wechselseitige Anwesenheit und Wahrnehmbarkeit, vor allem aber die Gleichberechtigung bei der Artikulation von Themen hier nicht finden würden.
147
Ebd., S. 209. James E. Grunig: Symmetrical Presuppositions as a Framework for Public Relations, in: Carl Botan / Vincent Hazleton (Hg.): Public Relations Theory, Hillsdale, N.J. 1989, S. 29. 149 Laut Szyszka wird der Begriff seit Ende der 1980er Jahre geradezu inflationär gebraucht. Vgl.: Peter Szyszka: Kommunikationswissenschaftliche Perspektiven des Dialogbegriffs, in: Günter Bentele / Horst Steinmann / Ansgar Zerfaß (Hg.): Dialogorientierte Unternehmenskommunikation, Berlin 1996, S. 81. 150 Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 95. Kunczik / Heintzel / Zipfel kamen 1995 bei einer Befragung von PR-Praktikern führender Unternehmen im umweltsensiblem Bereich zu diesem Schluss. Vgl.: Michael Kunczik / Alexander Heintzel / Astrid Zipfel: KrisenPR. Unternehmensstrategien im umweltsensiblen Bereich, Köln 1995. 151 Vgl.: Klaus Merten: Die Lüge vom Dialog. Ein verständigungsorientierter Versuch über semantische Hazards, in: Public Relations Forum, 6, 1/2000, S. 6-9. 148
66
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
Die Dialogthese missverstehe PR als „nicht… zweckgerichtetes Handeln, sondern als diskursives Hobby,… als Small Talk mit ungewissem Ausgang.“152 Trotz der Probleme in der praktischen Umsetzung der symmetrischen Kommunikation ist diese Theorie für die Arbeit wichtig, da sie ein bedeutendes Kriterium der Public Diplomacy und des Nation Branding darstellt. Die Einbeziehung von Grunigs Bezugsrahmen ermöglicht es, die organisationstheoretische Dimension auf die Außenkommunikation zu übertragen. Hierbei sollen besonders die vier Modelle der PR, das situative Modell exzellenter Public Relations und das Drei-Phasen-Modell als Grundlagen der Bemessung dienen. Theorien internationaler PR Wenn sich die PR-Forschung dem Bereich der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit im Ausland angenommen hat, dann tat sie dies im Rahmen der Internationalen PR sowie der PR von Staaten, wobei diese grob definiert werden als: „das Management von Informations- und Kommunikationsprozessen zwischen international tätigen Organisationen einerseits und ihren internen und externen Umwelten andererseits.“153
Die ersten Erkenntnisse reichen bis ins Jahr 1927 zurück, als Ivy Ledbetter Lee eine erste Konzeption für die PR von Staaten in seiner Rede zu International Communications entwickelt hat. Staaten müssten dafür sorgen, so seine These, dass Berichte über wichtige Themen in den Zeitungen des Auslands abgedruckt würden und dazu medienaffin kommunizieren, am besten im Sinne einer ZweiWege-Kommunikation.154 Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte sich in der amerikanischen Sozialwissenschaft die These, dass in der verbesserten Kommunikation im internationalen Bereich ein Mittel zur Bekämpfung kriegerischer Konflikte läge, da letztere häufig durch vorurteilsbeladene Negativvorstellungen gegenüber dem Anderen verursacht würden. Die These der verbesserten Kommunikation zur Reduktion von Konflikten wurde zur internationalen kommunikationspolitischen Leitlinie und fand auch Eingang in die Präambel der UNESCO-Konstitution, in der verkündet wird: „since war begins in the minds of men, it is in the minds of men that the defines of peace must be constructed.“155 Es scheint, als hätten sich die Theorien der PR-Forschung zur internationalen Öffentlichkeitsarbeit von Staaten seitdem nicht entscheidend weiterentwi152
Ebd., S. 7. Susanne Andres / Günter Bentele: Internationale Public Relations, a.a.O., S. 595. Von der Internationalen PR abzugrenzen ist die international vergleichende PR-Forschung, in der nationale PRBerufsfelder beschrieben und unter bestimmten Aspekten verglichen werden. Vgl.: Ebd. 154 Vgl.: Michael Kunczik: Public Relations, Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 153. 155 Zitiert in: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 272. 153
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
67
ckelt. Diese fungiert weiterhin unter dem Begriff der internationalen Public Relations. Dies ist jedoch problematisch, weil dadurch die Öffentlichkeitsarbeit von multinationalen Unternehmen begrifflich nicht von der von Staaten abgrenzt werden kann. Statt dessen wird übergreifend definiert: „International Public Relations is the planned and organized effort of a company, institution, or government to establish beneficial relations with the policies of other nations.“156
Demnach werden hier die Besonderheiten der politischen Kommunikation nicht berücksichtigt, auch wird als Zielgruppe die politische Elite und nicht die Öffentlichkeit angegeben. Dennoch wurde schon 1978 von Lesly wahrgenommen: „virtually all nations now conduct public relations programs. Sophistication varies greatly, depending on awareness among the nation’s leaders of the effect on their goals of attitudes abroad.“157
Kunczik benutzt die Begriffe Internationale PR und PR von Staaten synonym. Er wendet sie ausschließlich auf staatliche Öffentlichkeitsarbeit an. Für ihn sind sie definiert als: „bewusst geplante, dauerhafte Verbreitung ineressengebundener Information mit dem Ziel, das Image eines Staates im Ausland generell oder bei bestimmten Teilöffentlichkeiten ändern zu wollen.“158
Unter Umständen könnte dazu auch der „Aufbau eines anderen Landes als Feindbild“159 dienlich sein. PR von Staaten stelle „qua definitione immer interessengebundene, einseitige und damit manipulative Kommunikation“160 dar. Entsprechend sieht Kunczik keine Möglichkeit der Differenzierung zwischen Werbung, Public Relations und Propaganda bei staatlicher Öffentlichkeitsarbeit im Ausland, da schließlich unter anderem „die Bestechung… von Journalisten, Anzeigenkampagnen, Bemühungen um Informationskontrolle, das Timing von politischen Ereignissen“161 in dieses Gebiet fallen würden. Hier werden Elemente politischer Kommunikation und Werbung mit unlauteren Mitteln politischer 156
Dennis Wilcox / Philip Ault / Warren Agee: Public relations: Strategies and Tactics, New York 19923, S. 409-410. Philip Lesly: Lesly’s Public Relations Handbook, Englewood Cliffs, N.J. 1978, zitiert in: Michael Kunczik: Images of Nations and International Public Relations, Mahwah, N.J. 1997, S. 61. 158 Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 189. 159 Michael Kunczik: Public Relations für Staaten, a.a.O., S. 165. 160 Ebd., S. 168. 161 Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 189. 157
68
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
Manipulation verwoben, wobei die Behauptung der angeblichen Bestechung von Journalisten als am problematischsten einzustufen ist, zumal sie in keinem der Werke Kuncziks zum Thema anhand empirischer Beweise belegt wird. Kunczik nimmt in seiner Definition außerdem keine Eingrenzung der Begrifflichkeiten Staat, Land und Nation vor, ebensowenig wie eine nähere Erklärung der Feindbilddefinition und der daraus resultierenden positiven Rückwirkungen auf das eigene Image. Eine Abgrenzung oder Einarbeitung der Forschungsergebnisse der Public Diplomacy oder des Nation Branding in die Definition internationaler staatlicher PR wird weder hier noch an anderer Stelle von ihm oder einem der anderen Wissenschaftler dieses Forschungsfelds in Deutschland erbracht. Die Forschungslücken in diesem Bereich der PR-Forschung sind also groß. Kunczik nimmt zur weiteren Erklärung des Persuasionsziels eine recht interessante Differenzierung in „strukturelle internationale PR“ und „manipulative internationale PR“ vor, die er als Klassifikationsvorschlag interpretiert sehen will, durch den verschiedene Endpunkte eines Kontinuums möglicher Formen staatlicher PR bezeichnet werden würden. Beide schlössen sich nicht aus, sondern würden oft gemeinsam angewandt werden.162 Erstere sei „primär auf die Kompensation strukturbedingter kommunikativer Defizite“163 ausgerichtet und ziele darauf ab, strukturellen Benachteiligungen in der Berichterstattung entgegenzutreten. Sowohl die Nachrichtenwerte als auch die ökonomische Dimension würden die strukturelle internationale PR beeinflussen, denn „je abhängiger ein Land vom Export ist, desto intensiver wird Imagepflege betrieben“164. Dieser Form stehe die manipulative Public Relations gegenüber, die als „funktionales Äquivalent zur Geheimdiplomatie angesehen werden könne“165 und aktiv die Massenmedien manipulieren wolle, um eine Imageverbesserung zu erreichen, wobei der Wahrheitsgehalt der Informationen nicht höchste Priorität besitze. Die weitere Analyse in dieser Arbeit soll zeigen, dass diese Einteilung nicht haltbar ist, weil die Notwendigkeit von glaubwürdigen und wahrhaftigen Informationen auch in der Außenkommunikation deutlich zugenommen hat. Eine der bekanntesten Untersuchungen zu internationaler PR von Staaten stammt von Albritton / Manheim166. Das Forscherteam untersuchte bereits im Jahr 1984 die Effektivität von durch amerikanische PR-Agenturen durchgeführten Kampagnen von sechs Ländern (Südkorea, Philippinen, Jugoslawien, Argentinien, Indonesien, Simbabwe und Mexiko) im Zeitraum von 1974 bis 1978 an162
Vgl.: Michael Kunczik: Images of Nations and International Public Relations, a.a.O., S. 25; Ders.: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 198-201; Ders.: Public Relations für Staaten, a.a.O., S. 168, 172. 163 Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 199. 164 Michael Kunczik: Public Relations für Staaten, a.a.O., S. 168. 165 Ebd., S. 172. 166 Vgl.: Jarol B. Manheim / Robert B. Albritton: Changing National Images, a.a.O., S. 641-657.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
69
hand einer qualitativen Medienanalyse von Artikeln der New York Times. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Manipulation von Medien im außenpolitischen Bereich gelingt, wenn das Image des Landes wenig definiert ist und die Visibilität in den Medien eher gering, wobei es zunächst zu einer Verringerung der Berichterstattung komme, die Artikel selbst jedoch positiver würden, bevor eine vermehrte positive Berichterstattung eingeführt würde.167 Sie unterscheiden drei Phasen der Image-Kreation: 1. Situationsanalyse: Informationsfindung über das eigene Image im Zielland und daran anschließend ein „Verschwinden“ aus der Medienaufmerksamkeit bei negativem Image durch restriktives Informationsmanagement. Gleichzeitig erfolgt die Einbindung der Außenvertretungen und Sicherstellung einer koordinierten Kommunikation; 2. Transition: Ein langsamer Wechsel von reaktiver zu proaktiver Informationspolitik im Zielland, unter anderem durch verstärkte Information über kulturelle Aspekte und Hintergrundgespräche mit Journalisten; 3. Proaktives Informationsmanagement: Die Darstellung positiver Informationen und langfristige Image-Kultivierung durch Schaffung von Identifikationsfiguren und Beziehungsaufbau zu Meinungsführern.168 Die Stärke des Ansatzes von Manheim / Albritton liegt in der Evaluation der Effektivität und im Aufbau eines ersten Phasenmodells staatlicher Public Relations von dem sich viele Elemente auf die strategische staatliche Außenkommunikation anwenden lassen. Trotzdem gibt es hier einige gravierende Probleme: Die Untersuchung beschränkte sich ausschließlich auf die USA und hierbei nur auf die Untersuchung von Artikeln der New York Times. Vergleichswerte gibt es also nicht, so dass keine Überprüfung der Ergebnisse möglich war. Ferner wurde ausschließlich die Pressearbeit von PR-Agenturen untersucht. Weitergehende PR-Maßnahmen wurden ausgeschlossen, stellen jedoch einen wichtigen Faktor der Image-Kommunikation dar und werden vor allem von den Staaten selbst durch ihre Auslands- und Kulturvertretungen durchgeführt, nicht durch Agenturen. Obwohl der Untersuchungszeitraum auf vier Jahre angelegt war, ist keine Aussage über langfristige Wirkungen eines Imagewechsels möglich, da einerseits dieser Zeitraum für einen Einstellungswandel zu kurz ist, andererseits keine Aussagen über die Korrelation von positiver Berichterstattung in einem Medium und der Verbesserung des Nationenimages bei Meinungsführern oder gar der Bevölkerung gemacht werden können. Es wäre also dringend angebracht, unter Berücksichtigung der neuesten Forschungen eine Überprüfung der Ergebnisse vorzunehmen. Einige wenige Theorien aus der PR-Forschung versuchen, Phänomene der Public Relations auf die Public Diplomacy zu übertragen, sie verfehlen jedoch 167
Ebd., S. 655-656. Vgl.: Ebd., Michael Kunczik: Images of Nations and International Public Relations, a.a.O., S. 283295.
168
70
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
die Möglichkeit einer Einordnung in das größere Gebiet der Kommunikationswissenschaft und sind dadurch in ihrer Erkenntnis begrenzt. Im Public Diplomacy-Kapitel werden sie näher vorgestellt werden, hier seien sie nur kurz angerissen: Zum einen entwickelten Signitzer / Coombs169 eine Theorie, in der sie Peiserts Modell der Außenkulturpolitik an Grunig / Hunts Theorie der vier PR-Modelle aufgemessen haben und dabei feststellten, dass beide die gleichen Phänomene beschrieben. Zum anderen stellt Gilboa170 ein Sechs-Stufen-Modell zur Analyse der Rolle der Medien in der Diplomatie auf. Yun171 geht einen dritten Weg, indem er versucht, Dozier / Grunig / Grunigs Befunde exzellenter PR auf die Public Diplomacy zu übertragen und macht dadurch neuere Ergebnisse der PR-Wissenschaft für die Public Diplomacy zugänglich. Wie die Ausführungen zeigen, gibt es verschiedene Ansätze der PRForschung in der Beschäftigung mit internationaler und internationaler staatlicher PR. Jedoch sind diese in ihrer Institutionalisierung und in ihren Erkenntnissen ausbaufähig, sowohl in organisationstheoretischer, als auch in handlungsund gesellschaftstheoretischer Hinsicht. Insofern stellen Public Diplomacy und Nation Branding in ihrer Ausführlichkeit neuartige Ansätze der Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld dar. Was hier jedoch fehlt, ist der Rückbezug auf Forschungsergebnisse der PR-Forschung, wie er in dieser Arbeit vorgenommen werden soll. Konstruktivistische PR-Theorien Konstruktivistische PR-Theorien172 können einen wichtigen Beitrag für die Überlegungen zur Strategischen Außenkommunikation leisten, da sie erklären, 169
Benno Signitzer / Timothy Coombs: Public Relations and Public Diplomacy, a.a.O., S. 137-147 Eytan Gilboa: Mass Communication and Diplomacy, a Theoretical Framework, in: Communication Theory, 10, 3/2000, S. 275-309. 171 Seong-Hun Yun: Toward Theory Building for Comparative Public Diplomacy from the Perspecives of Public Relations and International Relations: A Macro-Comparative Study of Embassies in Washington, D.C., Dissertation, University of Maryland, College Park 2005. 172 Der Konstruktivismus gilt als einer von drei Ansätzen der Systemtheorie neben der strukturellfunktionalen Theorie sozialer Systeme von Parsons und der funktional-strukturellen Theorie Luhmanns. Die Systemtheorie wurde seit 1947 als neuer Typus von Theorie entwickelt, dessen besondere Relevanz darin besteht, Prozesse nicht mehr nur kausal, sondern reflexiv zu analysieren und in einen fortlaufenden Prozess einzuordnen. Grundlegende Ausprägungen bezeichnen die Betonung der wechselseitigen Beziehungen eines Ganzen zu seinen Teilen und die daraus resultierende Möglichkeit, diese Beziehungen rekursiv zu strukturieren. Kritiker werfen ihr vor, die Gesellschaft nur zu beschreiben, nicht aber zu erklären und dem Individuum eine untergeordnete Stellung zuzuweisen. Vgl.: Talcott Parsons: General Theory in Sociology, in: Robert K. Merton / Leonard Bloom / Leonard Cotrell (Hg.): Sociology Today, Bd. 1, New York 1959, S. 3-38; Niklas Luhmann: Soziologische Aufklärung. Aufsätze zur Theorie sozialer Systeme, Opladen 1970; Niklas Luhmann: Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie, Frankfurt / Main 1984; Zur Kritik vgl.: Iris Guery: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations, a.a.O., S. 58-59. 170
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
71
welche Auswirkungen der Ansatz der Imagekonstruktion auf Akteure wie Rezipienten haben kann. Ebenso geben sie Auskunft darüber, wie durch die Themensetzung bewusst eigene Realitäten geschaffen werden, die das Imagekonzept des Akteurs stützen und die Aufmerksamkeitsschwellen der Zielgruppen überwinden. Daher seien hier die wichtigsten Thesen aufgeführt. Als Grundannahme gilt, dass der Mensch kein Abbild der Wirklichkeit erzeugen kann, sondern nur eigene subjektiv konstruierte Wirklichkeiten. Die Wiedergabe dieser Wirklichkeitsbilder setzt Kommunikation voraus, die wiederum wirklichkeitskonstruierend wirkt. Entsprechend wird definiert, dass Konstruktivismus „die fundamentale Überzeugung [darstellt], dass soziale Wirklichkeit durch Kommunikationsprozesse konstruiert wird… Der Konstruktivismus [liefert]… die generelle Erklärung dafür, dass und warum relationale und mit Fiktionen durchsetzte Strukturen sachlicher, zeitlicher und sozialer Art wie etwa Image, Erwartungen und Einstellungen für die Konstruktion von Wirklichkeit so effizient sind.“173
Wie Merten argumentiert, wissen Menschen, dass ihre Wirklichkeit subjektiv ist und deshalb auf die fortlaufende Bestätigung ihrer Wirklichkeitsentwürfe angewiesen sind. Dies erfolge durch „die Orientierung an der öffentlichen Meinung und der Erzeugung von Images“174. Dabei komme es nicht darauf an, diese auf Wahrheitsgehalt zu prüfen, sondern ausschließlich auf ihre Effizienz für die Aufrechterhaltung der eigenen Ansichten im täglichen Leben. Den Medien kommt eine besonders wichtige Rolle in der Wirklichkeitskonstruktion zu, da sie, wie Merten formuliert, zu „Anbietern von nicht mehr hinterfragbaren Wirklichkeitsentwürfen“175 werden. In den Köpfen der Rezipienten werden so Wirklichkeitsannahmen konstruiert, die jedoch nicht mit der „objektiven“ Wirklichkeit übereinstimmen können. Daraus folgt für die Konstruktivisten, dass heute „wirklich nicht mehr das [ist], was wirklich ist, sondern das, was die Medien als wirklich darstellen.“176 Somit wird die Meinungsbildung zunehmend an die Medien abgegeben. Public Relations wird in diesen Theorien als Möglichkeit der Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten durch Organisationen angesehen, als „management of meaning“177 durch Erzeugung und Befestigung von Images in der Öffentlichkeit.178 PR wirkt für Organisationen wirklichkeitsschaffend, indem sie 173
Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, a.a.O., S. 96. Ebd., S. 256. 175 Ebd., S. 252. 176 Ebd., S. 253. 177 Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 266. 178 Vgl.: Klaus Merten: Begriff und Funktion von Public Relations, in: prmagazin, 11/1992, S. 44. 174
72
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
durch Vermittlung von Informationen in der Öffentlichkeit Identitäten kreiert: „communication specialists help to make – not just announce – what organizations are.“179 Merten und Westerbarkey gehen davon aus, dass Interessengruppen und Organisationen maßgeblich die „publizistische Sozialsphäre“180 moderner Gesellschaften gestalten. Ihre PR zielt dabei nicht auf Transparenz ab, sondern soll durch selektive Selbstdarstellung sowohl Organisationsgeheimnisse schützen als auch die Autonomie des eigenen Systems sichern. Public Relations sind demnach auf die Konstruktion von Images spezialisiert und nur der Durchsetzung ihrer Ziele verpflichtet – nicht allgemeinnützigen Ideale, wie Ronnebergers Theorie der Legitimation durch Information nahelegt. „[Sie] unternehmen kommunikative Anstrengungen aller Art zur Erzeugung und Verbreitung von Kommunikation, sie betreiben Dialog, um damit Dialoge anzustoßen… Sie sind Meta-Kommunikatoren, die entscheiden, was, wann, wo, wie und mit welcher gewünschten Wirkung kommuniziert werden soll.“181
Die obigen Befunde sind für die PR von Unternehmen gemacht worden, lassen sich jedoch direkt auf die Strategische Außenkommunikation von Staaten übertragen. Denn, wie gezeigt werden wird, werden auch hier durch Kommunikation Wirklichkeiten geschaffen, die die positiven Aspekte der eigenen Identität verdeutlichen sollen und damit eben jene wünschenswerten Wirklichkeiten gestalten. Es geht bei Strategischer Außenkommunikation also letztlich darum, durch die Kreation von Images bestehende Images abzuwandeln.
2.1.1.4 Resumeé: Relevante Konzepte und Theorien im Überblick Die Betrachtung der Theorien der integrierten Kommunikation, der strategischen Öffentlichkeitsarbeit, der Exzellenztheorie, der Debatte um symmetrische und dialogische PR, der internationalen Kommunikation und des Konstruktivismus bringen einen hohen Erkenntnisgewinn für die Erforschung der strategischen staatlichen Außenkommunikation. Aus den Ergebnissen dieses Kapitels können deshalb folgende Thesen aufgestellt werden:
PR ist persuasiv angelegt und strebt Imagegewinn, Glaubwürdigkeitsgewinn und Vertrauensbildung an, um Strukturhomologie und Umweltkontrolle zu
179 George Cheney / George N. Dionisopoulos: Public Relations? No, Relations with Publics, a.a.O., S. 139. 180 Klaus Merten / Joachim Westerbarkey: Public Opinion und Public Relations, a.a.O., S. 188-211. 181 Ebd., S. 209.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
73
erlangen. Sie ist definierbar auf verschiedenen Funktions- und Systemebenen. Vertrauen hilft, die Komplexität von Realität zu reduzieren und stellt damit ein zentrales Element von PR dar. Trotzdem ist die Schaffung von Vertrauen nicht alleiniger Zweck von PR, vielmehr geht es um die Verfolgung spezifischer Ziele. PR ist als Instrument zur langfristigen Sicherung des Organisationserfolges zu begreifen. Die integrierte Kommunikation etabliert eine neue Steuerungsebene der Gesamtkommunikation einer Organisation und braucht dazu einen strategischen Planungsprozess. Integrierte und strategische Kommunikation liegen daher nah beieinander. Ziel ist die einheitliche und konsistente Kommunikation einer Organisation trotz differenzierter Kommunikationsquellen zur besseren Positionierung auf verschiedenen Meinungsmärkten. Grunigs Modelle liefern Erklärungen für exzellente PR als Managementfunktion, wobei das situative Modell oder mixed-motive-model mit dem Ziel der Herstellung von Win-Win-Situationen für alle Seiten durch personale, mediale, argumentative und persuasive Methoden für diese Arbeit am ehesten gewinnbringend ist. Konstruktivistische PR-Theorien liefern eine Erklärung, warum Image, Erwartungen und Einstellungen für die Konstruktion von Wirklichkeit so effizient sind. Medien haben hier eine besondere Bedeutung als Anbieter nicht hinterfragbarer Wirklichkeitsentwürfe, während PR als Möglichkeit der Schaffung wünschenswerter Wirklichkeiten durch Erzeugung von Images und Identitäten definiert wird.
2.1.2 Das Umfeld: Mediatisierung von Politik und Gesellschaft Im letzten Kapitel wurden die aktuellen und für diese Arbeit wichtigen Forschungsergebnisse der PR-Forschung untersucht, um das „Wie?“ der Kommunikation zu erklären und die Thesen dieser Arbeit in die bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse einzubetten. In diesem Kapitel geht es nun darum, das gesellschaftliche Umfeld darzustellen, in dem sich die politische Kommunikation ereignet und das durch diese reziprok geprägt wird. Die Mediatisierung182 der 182
Der Begriff der Mediatisierung wird häufig synonym mit dem der Medialisierung verwandt. Mediatisierung bzw. Medialisierung beschreiben die Folgen der Ausdifferenzierung des Mediensystems auf die Gesamtgesellschaft. „Auf der Makroebene schließt Mediatisierung/Medialisierung auf die Steuerung von Gesellschaft… auf der Mesoebene beziehen [sie] sich... auf die strukturelle Anpassung von Organisationen und auf Instrumentalisierungsformen zwischen beliebigen Organisationen verschiedener Teilsysteme und den Medien; auf der Mikroebene richtet sich der Erklärungsan-
74
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
Politik im allgemeinen und der Außenpolitik im Besonderen bildet das Umfeld, in dem strategische staatliche Außenkommunikation auftritt und durchgeführt wird.
2.1.2.1 Kommunikation in der Mediengesellschaft Politik in Demokratien wird seit jeher durch und mit Öffentlichkeit, als „Aggregation von individuellen Einstellungen und Meinungen zu Gegenständen, die von öffentlichem Interesse sind und politischen Entscheidungen unterliegen können“183, gemacht. Das Öffentliche ist die Grundlage der Republik, der res publica, der öffentlichen Sache, da die politische Ordnung nur so sichtbar und aushandelbar wird. Deshalb ist die Legitimation politischer Macht im demokratischen Staatsdenken an kommunikative Leistung geknüpft. Ronnebergers Ansatz der „Legitimation durch Information“184 gilt hier in Form von „Legitimation durch Kommunikation“185. Kommunikation ist deshalb nicht nur eine Form der Politik und des Regierens, sondern eine ihrer normativen Komponenten. Da die Kommunikation der Medien als Vermittler bedarf, herrscht seit der frühen Neuzeit eine ménage à trois aus Politik, Medien und Öffentlichkeit, in der Politik spruch dieser Begriffe auf die Inszenierungszwänge und Selbstinszenierungsformen aufmerksamkeitsoptimierender Akteure und damit verbundene Rückkoppelungseffekte sowie die ‚Durchmedialisierung’ der Gesellschaft. Aus Gründen der zugeschriebenen Zentralität... steht dabei die Interdependenz zwischen politischem System und Mediensystem im Mittelpunkt der Reflexion... Medialisierungs- und Mediatisierungseffekte sind jedoch keineswegs auf das politische System... beschränkt.“ Kurt Imhof / Otfried Jarren / Roger Blum / Heinz Bonfadelli: Einleitung, in: Kurt Imhof / Otfried Jarren / Roger Blum / Heinz Bonfadelli (Hg.): Mediengesellschaft. Strukturen, Merkmale, Entwicklungsdynamiken, Mediensymposium Luzern, Bd. 8, Wiesbaden 2004, S. 11-12. In dieser Arbeit soll der Begriff der Mediatisierung verwandt werden. Die jüngste Diskussion definiert ihn als akteursbezogen und damit über den der Medialisierung, der passivisch ausgelegt ist, hinausgehend. „Mediatisierung meint... auch den Prozess der Ausrichtung und Gestaltung des Handelns von gesellschaftlichen Akteuren auf die Medien und deren Berichterstattung hin.“ Jo Reichertz: Die Medien als selbständige Akteure, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 12/2007, 19.3.2007, www.bundestag.de/ dasparlament/2007/12/Beilage/005.html. Er umfasst damit all diejenigen Maßnahmen der Politik, die zur Aufmerksamkeitserzeugung in den Zielgruppen und zur Positionierung der eigenen Themen in den Medien vorgenommen werden. 183 Alexander Höse / Kai Oppermann: Die öffentliche Meinung als Katalysator für transatlantische Kooperation und Konflikte, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Transatlantische Beziehungen, Wiesbaden 2005, S. 375. 184 Franz Ronneberger: Legitimation durch Information, a.a.O. 185 Ulrich Sarcinelli: Repräsentation oder Diskurs? Zu Legitimität und Legitimitätswandel durch politische Kommunikation, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft, 8/1998, S. 549-569. Vgl. auch: Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie – Medien in der Parteiendemokratie, in: Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie, Wiesbaden 2002, S. 15.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
75
dargestellt, diskutiert und ausgehandelt wird.186 Max Weber bemerkte bereits im Jahr 1919 in seinem Vortrag zu Politik als Beruf: „Die heutige Politik wird in hervorragendem Maße in der Öffentlichkeit mit den Mitteln des gesprochenen und geschriebenen Wortes geführt.“187 In der Idealform fungieren die Medien in zweifacher Weise als Säule der demokratischen Ordnung: in ihrer Forumsfunktion zur Herstellung öffentlicher Meinung sowie in ihrer Wächterfunktion zur Herstellung von Transparenz über politisches Handeln und öffentlicher Kontrolle. Seit Edmund Burke gelten Medien deshalb als „vierte Gewalt“188 und eine der „klassischen Hemm- und Ausgleichskräfte in der Gewaltenteilung“.189 Der öffentliche Raum hat sich in den letzten 40 Jahren fundamental gewandelt: Dieser „Strukturwandel der Öffentlichkeit“190 hat mehrere Phasen durchlaufen, geprägt von Einflussfaktoren auf politischem, wirtschaftlichem, rechtlichem, technischem und kulturellem Gebiet. In der Folge erodiert der Kommunikationsunterschied zwischen Wirtschaft und Politik, der Bürger wird zunehmend durch Werbung und PR, bzw. politische Kommunikation als Konsument angesprochen. Wie Habermas es bezeichnet, wurde aus der „kritischen Publizität“ die „manipulative Publizität“191, an Stelle des räsonierenden Publikums trat das konsumierende Publikum: 186
Vgl.: Siegfried Weischenberg: Gladiatoren oder Propagandisten? Die Akteure politischer Kommunikation in einer medialen Streitkultur, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Demokratische Streitkultur. Theoretische Grundpositionen und Handlungsalternativen in Politikfeldern, Opladen 1990, S. 106. 187 Max Weber: Wissenschaft als Beruf. Politik und Beruf, Studienausgabe, Bd. 1, Tübingen 1994, S. 53. 188 Vgl.: Renate Köcher: Bloodhounds or Missionaries: Role Definitions of German and British Journalists, in: European Journal of Communication, 1/1986, S. 43-64. 189 Vgl.: Pippa Norris: Globale politische Kommunikation: Freie Medien, Gutes Regieren und Wohlstandsentwicklung, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, a.a.O., S. 138. 190 Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit, Frankfurt/Main 19965. Habermas beschreibt den Strukturwandel als Verschränkung der öffentlichen und privaten Sphären im sozialen Strukturwandel einerseits und andererseits als politischen Funktionswandel hin zu einer medial hergestellten Öffentlichkeit. Ersteres sei Folge der politischen Eingriffe in die Wirtschaft und die dadurch gelungene Integration der Gesellschaftsschichten. Sie führe zu einer zunehmenden Auflösung von Klassenschranken und ihrer orientierungsstiftenden Wirkung und damit zum Zerfall bürgerlicher Öffentlichkeit und Diskursdebatte – eine Entwicklung vom „kulturräsonierenden zum kulturkonsumierenden Publikum“ (Ebd., S. 225-274.). Die massenmedial hergestellte Öffentlichkeit des politischen Funktionswandels andererseits löse sich vom Publikum und werde von Staat, Parteien und Wirtschaft zunehmend „vermachtet“, was Habermas als Elimination des emanzipativen Gehalts bürgerlicher (im Sinne von citoyen-hafter, nicht bourgeoiser) Öffentlichkeit durch repräsentierende und inszenierende Öffentlichkeit begreift und als „Refeudalisierungsvorgang“ beschreibt. Habermas Thesen sind in ihrer negativen Sicht der modernen Gesellschaft geprägt vom kulturpessimistischen Ansatz der Frankfurter Schule. Sie bilden bis heute in der kommunikations- und politikwissenschaftlichen Forschung die Grundlage von Erklärungen zu vielen Entwicklungen der Mediengesellschaft. 191 Ebd.
76
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen „Weil die privaten Unternehmen ihren Kunden bei Verbraucherentscheidungen das Bewusstsein von Staatsbürgern suggerieren, muss der Staat seine Bürger wie Verbraucher ‚ansprechen’. So wirbt auch die öffentliche Gewalt um publicity.“192
Seit den 1980er Jahren entwickelt sich ein neuer Strukturwandel193. Dazu gehört laut Imhof zunächst die „Auflösung des Vermachtungszusammenhangs“194 von Staat, Parteien und Wirtschaft durch einen zunehmenden Rückzug des Staates. Element dessen ist auch die Autonomisierung der Medien von ihren herkömmlichen sozial und moralisch gebundenen Trägern wie Parteien, Verbänden und Kirchen zu internationalen Wirtschaftsunternehmen mit eigener Marktlogik. Weiter hat sich die Erosion des räsonierenden Publikums fortgesetzt und zu einem Publikum von Medienkonsumenten geführt, das mit differenzierenden Zielgruppenkonzeptionen umworben wird. Schließlich hat der zunehmende Einfluss von Werbung und Public Relations zu „neuen Selektions-, Interpretationsund Inszenierungslogiken“195 geführt, die die gesamte öffentliche Kommunikation durchdrungen, zu verstärkten Interdependenzen geführt und damit eine Mediengesellschaft, bzw. Mediokratie196 geschaffen haben. Diese Entwicklungen werden auch unter dem Schlagwort der „Informationsrevolution“197 zusammengefasst und durch die Entwicklungen der Globalisierung zusätzlich verstärkt. Kommunikation wird heute maßgeblich beeinflusst von den Präsentationsmethoden der Medien. 192
Ebd. Kurt Imhof: Mediengesellschaft und Medialisierung, a.a.O., S. 8. 194 Ebd. 195 Ebd., S. 9. 196 Anstelle des Begriffs der Mediengesellschaft wird in der Forschung auch synonym von der Informationsgesellschaft gesprochen. Unter Mediengesellschaft wird eine Form der modernen Gesellschaft verstanden, in der sich die Medienkommunikation zu einem „Totalphänomen“ entwickelt und sämtliche Bereiche der Öffentlichkeit durchdrungen hat. Sie ist zur zentralen Infrastruktur der Gesellschaft geworden. Entsprechend ist sie auf der „Ebene von Institutionen, von Organisationen wie auch im individuellen und kollektiven Vermittlungsprozess“ präsent und hat diese mediatisiert. Kennzeichnend für Mediengesellschaften sind insbesondere Vielfaltszunahme von Medien durch Internet und elektronische Medien sowie die ständige Verfügbarkeit von Informationen 24 Stunden am Tag und die zunehmend ökonomische Orientierung von Medienunternehmen. Interdependenzen zwischen Mediensystem und politischem System sowie eine verstärkte Mitbestimmung der Öffentlichkeit sind ebenfalls bestimmende Ausprägungen der Mediengesellschaft.Vgl. u.a.: Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie – Medien in der Parteiendemokratie, a.a.O.; Thomas Meyer: Mediokratie – Auf dem Weg in eine andere Demokratie?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 15-16/2002, S. 7-14. 197 Vgl. u.a.: Ulrich Sarcinelli: Politikvermittlung und Demokratie: Zum Wandel der politischen Kommunikationskultur, a.a.O., S. 13; Kurt Imhof: Mediengesellschaft und Medialisierung, in: Medien & Kommunikationswissenschaft, 54, 2/2006, S. 191-215; Ulrich Saxer: Mediengesellschaft: Verständnisse und Missverständnisse, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn 1998, S. 52-73. 193
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
77
Das publizistische Handlungssystem agiert in der Mediengesellschaft als autonomer Akteur, der selbstbestimmt Macht ausübt und gleichzeitig von eigenen ökonomischen Zwängen abhängig ist, sich jedoch auch seiner Funktion als Generator von Öffentlichkeit bewusst ist.198 Als „intermediäres System“ ist es das Anliegen von Medien, die Bedürfnisse der Bürger zu artikulieren und in Input für politische Entscheidungsprozesse umzuwandeln.199 Die Medien bedürfen also aus kommerziellen wie funktionalen Gründen der größtmöglichen Aufmerksamkeit des Publikums. Sie erreichen diese hauptsächlich durch Verfolgung zweier aufeinander abgestimmter Regelsysteme, die gemeinsam die Medienlogik ausmachen und bestimmen: Die Selektionslogik bestimmt die Auswahl berichtenswerter Ereignisse nach Kriterien der Nachrichtenwerte, während die Präsentationslogik aus einem „Kanon von attraktionssteigernden Inszenierungsformen für das so ausgewählte Nachrichtenmaterial“200 besteht. Durch die Schaffung von Öffentlichkeit betreiben Medien Werte- und Normvermittlung und tragen so zur Stabilisierung der Gesellschaft bei. Durch ihren verstärkten Einfluss erhöht sich jedoch gleichzeitig der Anteil „fiktionaler Erfahrung von Ereignissen.“201 Wirklichkeit wird, wie beschrieben, zunehmend von und in den Medien geschaffen: „Hieraus ergeben sich zwei Entwicklungen, die gerade durch Bezug aufeinander zu einer neuen Ebene von Wirklichkeit führen, nämlich die Abnahme physischer zugunsten symbolischer Kontakte und der wachsende Bedarf nach Glaubwürdigkeit... von rein fiktional bekannten Zusammenhängen.“202
Der Wert von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung203 ist vor diesem Hintergrund ein anderer geworden. Sie sind trotz der Ausbildung des Medien198
Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie – Medien in der Parteiendemokratie, a.a.O., S. 18-19. 199 Winfried Schulz: Politische Kommunikation. Theoretische Ansätze und Ergebnisse empirischer Forschung zur Rolle der Massenmedien in der Politik, Opladen 1997, S. 171. 200 Thomas Meyer: Mediokratie – Auf dem Weg in eine andere Demokratie?, a.a.O., S. 7. 201 Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, a.a.O., S. 216. 202 Ebd. 203 Über die Definition von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung herrscht in der Forschung Uneinigkeit. Hier wird folgender Definition Sarcinellis gefolgt: Öffentliche Meinung (ö.M.) resultiert „nicht automatisch aus der Summe der individuellen Meinungen. Zur ö.M. werden Meinungen nur dann, wenn sie als herrschende Meinungen die Einschätzungen bedeutender Akteure, Gruppen oder Institutionen zu gesamtgesellschaftlich oder gesamtstaatlich relevanten Fragen bestimmen und in den Massenmedien ihren Niederschlag finden. Was nicht über die Massenmedien, insbesondere im reichweitenstarken Bildmedium Fernsehen, dargestellt bzw. thematisiert wird, kann in der Regel nicht öffentlich meinungsbildend werden... Damit wird deutlich, dass die ö.M. als herrschende Meinung mehr bzw. etwas anderes ist als die Summe der Bürgermeinungen, die mit Hilfe des „Ersatzindikators" Demoskopie gemessen werden kann und deren Gleichsetzung mit ö.M. von Kritikern als schleichende plebiszitäre Aushöhlung des demokratischen Systems beurteilt wird.“ Ulrich Sarcinelli: Öffentliche Meinung, in: Bundeszentrale für Politische Bildung (Hg.): Handwörterbuch des politi-
78
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
Bourgeois immer noch demokratisches Korrektiv der Politik und wirken über alle sozialen Ausdifferenzierungen hinweg integrierend. Verbreitet werden sie über öffentliche Kommunikation, „[dem] Medium der Integration wie der Selbststeuerung der Gesellschaft.“204 Die Herstellung von Öffentlichkeit wird zunehmend professioneller und manipulativer. Kommunikationsakteure betrachten in ihren Strategien Medien und Öffentlichkeit als dynamische Systeme, deren Eigenlogik sie sich zunutze machen, um die eigene Macht zu erhalten. Die persuasive Funktion von Kommunikation tritt in den Vordergrund: „Persuasive Kommunikation beabsichtigt oder bewirkt die Überzeugung des Adressaten der Information... [Sie] besteht folglich nicht nur in der Beeinflussung von Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen. Sie erstreckt sich auch auf die Vermittlung von Realitätsvorstellungen.“205
Die Wirkungsrichtung persuasiver Kommunikation ist zweifach: einerseits durch Fakten und Meinungen von den politischen Entscheidungsträgern über die Massenmedien zu den Bürgern, andererseits hauptsächlich von Meinungen der Öffentlichkeit über die Medien und über Umfragen zu den politischen Entscheidern.206 Entsprechend ist die Möglichkeit der Beeinflussung öffentlicher Meinung von vielen Faktoren abhängig und nur schwer fassbar. Denn die Beziehung zwischen Medien, Politik und öffentlicher Meinung ist nicht monokausal, sondern multikausal.207 Beeinflusssung hängt unter anderem von der kulturellen Nähe des Problems ab, von der Bedeutung der Nachricht, von der aktuellen Situation der Zielgruppe und von der Anwendung der individuellen Schutzschilder gegenüber der täglichen Informationsüberflutung.208 schen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Online-Lexikon,www.bpb.de/wissen/041285606 87471568786516181652519,3,0,%D6ffentliche_Meinung.html, Download: 31.3.2008. 204 Kurt Imhof: Mediengesellschaft und Medialisierung, a.a.O., S. 7. 205 Hans Mathias Kepplinger: Politische Kommunikation als Persuasion, in: Otfried Jarren, / Ulrich Sarcinelli / Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, a.a.O., S. 363. 206 Vgl. Hans Mathias Kepplinger: Politische Kommunikation als Persuasion, a.a.O., S. 364-365. 207 Mit Blick auf den Einfluss von öffentlicher Meinung auf außenpolitische Entscheidungen von Staaten hat dies jüngst etwa Gunnar Hammerschmidt im Rahmen seiner Untersuchung über den CNN-Effekt nachgewiesen. Vgl.: Gunnar Hammerschmidt: Über den CNN-Effekt hinaus. Ein interdisziplinärer Erklärungsansatz zum Einfluss der Medien in der internationalen Politik des 21. Jahrhunderts, in: Jens Tenscher / Henrike Viehrig (Hg.): Politische Kommunikation in internationalen Beziehungen, a.a.O., S. 55-77. 208 Mit der Problematik der Messbarkeit von Medienwirkung beschäftigt sich die Rezipientenforschung seit Jahrzehnten. Vgl. u.a.: Winfried Schulz: Der Kommunikationsprozess – neubesehen, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 25-38; Wolfgang Donsbach, Wolfgang: Selektivität im Prozess der Medienwirkung. Methodischer Neuansatz zu einem klassischen Thema, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, a.a.O., S. 129-
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
79
Wenn die öffentliche Meinungsbildung jedoch weitgehend in und über die meinungsbildenden Medien erfolgt, heißt das, dass die Rückkopplungseffekte der direkten Kommunikation reduziert werden. Ein direktes Feedback von den Bürgern gibt es kaum noch, stattdessen ist die politische Elite auf Medien und Meinungsforschung angewiesen, um über die Bürgermeinung informiert zu sein.209 Der Einfluss der öffentlichen wie der in den Massenmedien veröffentlichten Meinung auf die politischen Prozesse steigt folglich. Gleichzeitig jedoch gibt es DIE Öffentlichkeit nicht mehr. Diese Entwicklung wird in den Medien durch die Ausdifferenzierung des Mediensystems in Form von immer mehr special interest-Medien nachvollzogen. Neue Medienangebote sind darauf ausgerichtet, sich an immer kleineren Teilöffentlichkeiten zu orientieren. Dies hat zur Folge, dass immer weniger Themen und Wissenskataloge allgemeinen Bestand haben und damit auch die von allen geteilten Wertvorstellungen und gesellschaftlichen Orientierungen
146. Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 57-62; Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, a.a.O., S. 100. Die Medienwirkungsforschung schwankte in der Beurteilung des Einflusses von Medien auf die öffentliche Meinung zwischen sehr großem Einfluss, sehr geringem Einfluss und dem heute propagierten relativen Einfluss. Den Medien wird die Möglichkeit einer kurzfristigen Meinungsänderung bei den Rezipienten bescheinigt, generelle Meinungen seien jedoch kaum beeinflussbar. Die Agenda Setting-Forschung geht davon aus, dass die Hierarchisierung von Bedeutung durch die Themensetzung der Medien in der Öffentlichkeit übernommen wird und konnte mehrfach einen engen Zusammenhang zwischen der Agendastruktur der Medien und derjenigen der Rezipienten feststellen. Ferner besagt die „Priming“-Forschung, dass die Bevölkerung die Kriterien zur Beurteilung politischer Inhalte aus den dominanten Themen der Medienagenda ableite, so dass ein enger Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der politischen Agenda und den öffentlichen Meinungsbildungsprozessen herrschen würde. Vgl. Hans Mathias Kepplinger: Politische Kommunikation als Persuasion, a.a.O., S. 366-367; Elisabeth NoelleNeumann: Die Schweigespirale. Öffentliche Meinung – unsere soziale Haut, Frankfurt/Main 1982; Maxwell E. McCombs / Donald L. Shaw: The Agenda-Setting Function of Mass Media, in: Public Opinion Quarterly, 36/1972, S. 176-187; David L. Protess / Maxwell E. McCombs: Agenda Setting. Readings on Media, Public Opinion, and Policymaking, Hillsdale 1991; Shanto Iyengar / Donald R. Kinder: News that Matters. Television and American Opinion, Chigago 1987. 209 Hanspeter Kriesi: Strategische politische Kommunikation: Bedingungen und Chancen der Mobilisierung öffentlicher Meinung im internationalen Bereich, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, a.a.O., S. 215. Das Internet eröffnet der politischen Kommunikation hier neue Möglichkeiten direkte Kommunikation, ohne den Umweg über den Mittler Medien zu nehmen, in der Hoffnung, die Beeinflussung der Rezipienten erhöhen zu können und in Interaktion zu größeren Teilöffentlichkeiten zu treten, ein Aspekt, der weiter an Bedeutung gewinnen wird. Vgl.: Otfried Jarren: Internet – neue Chancen für die politische Kommunikation?, a.a.O.; Günter Bentele: Politische Öffentlichkeitsarbeit, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Beiträge zur Kommunikationskultur, Bonn 1992, S. 144-145.
80
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
abnehmen.210 Um dem entgegenzusteuern, ist ein Zuwachs an „Information und Kommunikation zur sozialen, politischen und wirtschaftlichen Integration und zum wirtschaftlichen Handeln“211 notwendig – die Informationsflut steigt weiter. Mehr denn je ist damit also das Mediensystem „zu jenem Teilsystem geworden, ohne das Politik und Gesellschaft für ihre Selbst- und Fremdbeobachtung nicht mehr auskommen“,212 weil die mediale Öffentlichkeit Grundlage jeder gesellschaftlichen Kommunikation ist. Damit gewinnen Strategien zur Erzeugung von Aufmerksamkeit an Bedeutung, eine Ökonomie der Aufmerksamkeit tritt ein, in der Aufmerksamkeit zum zentralen Tauschwert wird. Wie Frank definiert: „Aufmerksamkeit braucht man für nicht nur fast, sondern restlos alles, was man erleben will. Man kann Aufmerksamkeit auch für restlos alles ausgeben, was es überhaupt zu erleben gibt. Die Aufmerksamkeit übertrifft in dieser Universalität das Geld. Zugleich ist ihre Verfügbarkeit schärfer begrenzt.“213
Zwar ist die Bedeutung von Aufmerksamkeit per se kein Phänomen der Mediengesellschaft, sondern spätestens seit der frühen Neuzeit Teil des wirtschaftlichen und politischen Lebens. Allerdings hat ihre Bedeutung durch die Fragmentierung der Gesellschaft eine neue Dimension gewonnen; sie wird umso wichtiger, je mehr sich die Formen der Machtausübung, -organisation und -kontrolle in der modernen Gesellschaft wandeln. Das sogenannte paradox of plenty tritt ein: Je größer die Informationsflut, desto geringer die allgemeine Aufmerksamkeit und desto schwieriger wird es, die eigenen Positionen in die Medien zu bringen.214 Dies wiederum führt zu immer ausgefeilteren Methoden der Aufmerksamkeitsgewinnung durch Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, durch Inszenierung, Personalisierung, Visualisierung und Image-Kreation, auch in der politischen Kommunikation. Kommunikation in der Mediengesellschaft heißt mit anderen Worten Kommunikation über veröffentlichte und öffentliche Meinung. Die Machtverhältnisse 210
Vgl. u.a.: Hans J. Kleinsteuber / Barbara Thomaß: Politikvermittlung im Zeitalter von Globalisierung und medientechnischer Revolution, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Beiträge zur Kommunikationskultur, Bonn 1992, S. 226-227. 211 Miriam Meckel / Klaus Kamps: Regierungskommunikation und Marketing. Differenzen und Schnittstellen, in: Klaus Kamps / Jörg-Uwe Nieland (Hg.): Regieren und Kommunikation, a.a.O., S. 55. 212 Ulrich Sarcinelli: Seiltänzer an der institutionellen Leine? Zum kommunikativen Handlungsspielraum politischer Eliten in der Medienarena, in: Ronald Hitzler / Stefan Hornbostel / Cornelia Mohr (Hg.): Elitenmacht, Wiesbaden 2004, S. 225-226. 213 Georg Franck: Ökonomie der Aufmerksamkeit, München 20072, S. 51. 214 Vgl.: Herbert A. Simon: Information 101: It’s Not What You Know, It’s How You Know It, in: Journal for Quality and Participation, July-August/1998, S. 30-33.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
81
zwischen Wirtschaft, Politik, Öffentlichkeit und Medien haben sich durch den Strukturwandel der Öffentlichkeit zugunsten der Medien und der Öffentlichkeit verschoben, die einzelnen Systeme sind differenziert und ökonomisiert. Die Informationsflut nimmt zu, denn möglichst viele Informationen sollen an die Öffentlichkeit gelangen, um wahrgenommen zu werden. Aufmerksamkeit ist zum wichtigsten Tauschwert geworden. Weil die Themen komplexer und die Medien der einzige Akteur zur Schaffung öffentlicher Meinung sind, kann das Berichtete nicht nachgeprüft werden. Ereignisse werden so rein fiktional erfahren. Glaubwürdigkeit gewinnt vor diesem Hintergrund an Bedeutung. Trotzdem wirkt die Öffentlichkeit weiterhin demokratie-konstituierend. Das Schlagwort der Legitimation durch Kommunikation gilt vor diesem Hintergrund mehr denn je. Die Auswirkungen dieses Prozesses auf die politische Kommunikation sollen im folgenden diskutiert werden.
2.1.2.2 Politische Kommunikation: Zwischen Medialisierung und SelbstMediatisierung Der Koordinator der SPD-Kampa in den Bundestagswahlkämpfen 1998 und 2005, Matthias Machnig, fasst die Auswirkungen der Mediengesellschaft auf die politische Kommunikation folgendermaßen zusammen: „Es erfordert einen wesentlich höheren Kommunikationsaufwand und eine klar konturierte Strategie, um eine politische Botschaft überhaupt noch an die Wähler zu bringen. Bessere Koordination, Konzentration, Kommunikationsdisziplin – das sind die Konsequenzen, denen sich keine Partei entziehen kann... Ziel aller politischen Kommunikationsbemühungen muss es... sein, die eigene Botschaft im Grundrauschen der Mediengesellschaft kenntlich zu machen und klar zu akzentuieren.“215
Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Die politische Kommunikation hat sich in den letzten Jahrzehnten mediatisiert und professionalisiert, um die eigenen Themen zu denen der öffentlichen Meinung zu machen.216 Dies geschieht inzwi-
215
Matthias Machnig: Politische Kommunikation unter Modernisierungsdruck. Medien und Gesellschaft verlangen auch neue Medienstrategien der politischen Akteure, in: Forum.Medien.Politik (Hg.): Trends der politischen Kommunikation, Beiträge aus Theorie und Praxis, S. 22. 216 Vgl.: Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie – Medien in der Parteiendemokratie, a.a.O., S. 23-24; Hanspeter Kriesi: Strategische politische Kommunikation, a.a.O., S. 209-211.
82
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
schen nicht mehr nur während des Wahlkampfs, sondern ist mittlerweise tägliches Erscheinungsbild des politischen Prozesses geworden.217 Die aktuelle politische Kommunikation schwankt zwischen Medialisierung, also „Kolonisierung“218, politischer Inhalte durch die präsentativen Bedürfnisse der Medien und Selbstmediatisierung, dem aktiven und deliberativen Ausrichten der kommunikativen Angebote nach den Format- und Nachrichtenkriterien der Medien.219 Zweck der Selbstmediatisierung ist es, ein Höchstmaß an Kontrolle über die Politikdarstellung in den Medien zu erhalten und so die Meinungshoheit über politische Positionen in der Hand behalten. Grund der „Unterwerfung“ unter die Prozesse der Medienlogik ist also der Machterhalt – ein dialektischer Vorgang.220 Selbstmediatisierung wird damit „zu einer zentralen Strategie politischen Handelns in der Mediengesellschaft.“221 Die politische Kommunikation produziert Ereignisse von Medieninteresse. Die Problematik politischer Kommunikation liegt in den Inkongruenzen zwischen der Prozesslogik der Politik auf der einen und der Medienlogik auf der anderen Seite. Denn während politische Ereignisse aus einem komplexen Wechselverhältnis vieler Faktoren bestehen (z.B. Legitimation, Konflikt, Konsens, institutionale, soziale und kommunikative Macht, Gewaltenteilung), findet die mediale Präsentation von Politik nach Nachrichtenwert- (Prominenz, Personalisierung, Überraschungswert, Schaden, Leistung, etc.) und Inszenierungskriterien statt – unter Fokussierung auf Aufmerksamkeitsmaximierung (z.B. Dramatisierung, Mythologisierung, Unterhaltungswert). Die größte Inkongruenz liegt jedoch in den unterschiedlichen Zeitvorstellungen: Die extrem kurze mediale Produktionszeit und der schnelle Verfallswert von Nachrichten steht einer mittel- bis langfristigen politischen Prozesszeit gegenüber, so dass die Politik durch die Medien zu schnelleren Handlungsabläufen gezwungen wird.222 Damit wird es unmöglich, auf politische Inhalte in aller Ausführlichkeit einzugehen, statt dessen wird Politik auf Schlagworte und Slogans reduziert. Die Auswirkungen der Medialisierung und Selbstmediatisierung politischer Kommunikation sind umfassend. Denn sowohl die Formierung als auch die Dar217
Vgl.: Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie – Medien in der Parteiendemokratie, a.a.O., S. 26. Vgl.: Thomas Meyer: Mediokratie. Die Kolonialisierung der Politik durch die Medien, Frankfurt/Main 2001. 219 Vgl.: Heinrich Wiedemann: Selbstmediatisierung der Politik, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 333-343. 220 Thomas Meyer: Mediokratie – Auf dem Weg in eine andere Demokratie?, a.a.O., S. 8. 221 Hans Mathias Kepplinger: Inszenierte Wirklichkeiten, in: Medien und Erziehung, 1/1996, S. 16. 222 Vgl.: Martin Löffelholz: Von der Simplifikation zur Interpenetration, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 367; Hans J. Kleinsteuber / Barbara Thomaß: Politikvermittlung im Zeitalter von Globalisierung und medientechnischer Revolution, a.a.O., S. 221. 218
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
83
stellung von Politik werden so neu bemessen. Politik wird sich nicht auflösen, sich aber, wie Meyer schreibt, „in den Tiefenstrukturen ihrer Prozesse und in deren Akteurskonstellationen [verändern]. Schon bei der Auswahl der Themen, der Gewichtung der Positionen und den Durchsetzungschancen konkurrierender Akteure spielt die Antizipation ihrer medialen Vermittelbarkeit eine einflussreiche Rolle.“223
Gleichwohl wird in Zukunft mit einer weiteren Zunahme der Mediatisierung von Politik und damit verbunden der Professionalisierung politischer Kommunikation zu rechnen sein.224 Zu den wichtigsten Folgen der (Selbst-)Mediatisierung zählen: Interdependenz: Die Interaktion zwischen verschiedenen Akteuren der öffentlichen Arena wird komplexer und nimmt Formen einer „symbiotischen Konstellation wechselseitiger Abhängigkeit“225 an, wobei das Ausmaß an Kontrolle, das die einzelnen Akteure innehaben, einerseits vom thematischen Kontext und andererseits von den strukturellen Merkmalen des politischen bzw. des Mediensystems abhängt. Das führt zu starken Interdependenzen, besonders zwischen Politik und Medien.226 Vernachlässigung der Legislative: Eine der demokratietheoretisch gravierendsten Folgen der Mediatisierung mag die Verschiebung der Aufmerksamkeitsfokussierung von der Legislative als eigentlich legitimiertem Gesetzgeber auf die Exekutive sein. Sie resultiert aus der Inszenierung politischer Kommunikation und führt letztlich zu einer kommunikativen Isolation des wichtigsten Vertreters demokratischer Politikprozesse.227 Dieser Umstand wird durch das „going public“228 von Politikern, also der medialen Kommunikation mit dem Elektorat zur Durchsetzung der eigenen Position ohne „Umweg“ über das Parlament, noch verstärkt. Symbolische Politik: Dieser von Edelman, Sarcinelli und andere Autoren geprägte Begriff229 benennt die Umkehrung der Vermittlungslogik von Politik von der Entscheidungspolitik des parlamentarisch-repräsentativen Systems auf die Darstellungspolitik des medial-präsentativen Systems. Es handelt sich hierbei um die 223
Thomas Meyer: Mediokratie – Auf dem Weg in eine andere Demokratie?, a.a.O., S. 12. Vgl.: Günter Bentele: Politische Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O., S. 144. 225 Hanspeter Kriesi: Strategische politische Kommunikation, a.a.O., S. 214. 226 Vgl.: Jay G. Blumler / Dennis Kavagh: The Third Age of Political Communication, a.a.O. 227 Vgl.: Werner J. Patzelt: Parlamentskommunikation, in: Otfried Jarren / Ulrich Sarcinelli / Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, a.a.O., S. 431-441. 228 Vgl.: Hanspeter Kriesi: Strategische politische Kommunikation, a.a.O., S. 216. 229 Vgl.: Ulrich Sarcinelli: Symbolische Politik. Zur Bedeutung symbolischen Handelns in der Wahlkampfkommunikation in der Bundesrepublik Deutschland. Opladen 1987. 224
84
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
„rollenbedingte und unbewusste Inszenierung einer politischen Scheinwelt für den Bürger durch politische Symbole sowie deren mystifizierende Ritualisierung für und durch die Massenmedien.“230 Wenn die Verpackung wichtiger wird als der Inhalt, kann dies genutzt werden, um über fehlendes politisches Handeln hinwegzutäuschen oder mäßige politische Handlungsfähigkeit aufzuwerten. Ebenso können konkrete Tatbestände durch symbolische Politik überhöht oder abgewertet werden.231 Politikverdrossenheit: Schließlich führt die Professionalisierung politischer Kommunikation nach Ansicht verschiedener Autoren dazu, dass die Wähler sich zunehmend von der traditionellen Politik abwenden, weil ihr die Glaubwürdigkeit fehlt.232 Belege dafür sind unter anderem der Mitgliederschwund der großen Volksparteien, die in allen Industrienationen abnehmende Wahlbeteiligung oder das zunehmende Engagement in Nicht-Regierungsorganisationen als einer Form von „politics without politics“233, außerhalb des traditionellen politischen Systems funktioniert. Festzuhalten bleibt also, dass es durch die Mediatisierung zu einer Interdependenz und flächenweisen Überlagerung von Politik und Medien gekommen ist, die auf den Funktionsgesetzen beider Systeme basiert: Politik braucht Öffentlichkeit zur Legitimation und bedarf dazu der Medien. Diese folgen bei der Veröffentlichung von Informationen aber ihrer eigenen Logik und ihrer gesellschaftlichen Funktion, nämlich der Schaffung größtmöglicher Aufmerksamkeit für gemeinsame Themen. Aus dieser Funktionsdifferenz ergeben sich Inkongruenzen der Systeme, die zu Problemen der politischen Kommunikation führen. Auch wenn die Konsequenzen dieser Entwicklung noch nicht absehbar sind, wird anhand der Entwicklung der vergangenen Jahre deutlich, dass die Professionalisierung der politischen Kommunikation und damit die Symbolisierung von Politik weiter zunehmen wird.
230
Jens Tenscher: Politik für das Fernsehen – Politik im Fernsehen. Theorien, Trends, Perspektiven; in: Ulrich Sarcinelli (Hg.), Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn 1998, S. 187. 231 Vgl.: Murray Edelman: Politik als Ritual. Die symbolische Funktion staatlicher Institutionen und politischen Handelns, Frankfurt/M. 1976; Ulrich Sarcinelli: Symbolische Politik, a.a.O. 232 Vgl. u.a.: W. Lance Bennett: The Uncivic Culture: Communication, Identity, and the Rise of Lifestyle Politics, in: PS: Political Science and Politics, 31/1998, 741-761; Thomas Meyer: Die Inszenierung des Scheins. Voraussetzungen und Folgen Symbolischer Politik, Frankfurt/M. 1992. 233 David L. Swanson: Political News in the Changing Environment of Political Journalism, in: Phlilppe J. Maarek / Gadi Wolfsfeld (Hg.): Political Communication in a New Era, a Cross-national Perspective, London 2003, S. 24.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
85
2.1.2.3 Mediatisierung der Außenpolitik Die Mediatisierung von Politik ist auch für die staatliche Außenpolitik von immer größerer Bedeutung. Die Medien fungieren auch international als zentrale Informationsvermittler und kreieren durch ihre weltweite Berichterstattung in Echtzeit über bestimmte Themen eine Art globaler Öffentlichkeit. Die Mediatisierung wird damit internationalisiert, die Interdependenz der Systeme Politik, Medien und Öffentlichkeit schreitet auch im internationalen Rahmen weiter voran.234 Kunczik führte zur Beschreibung dieses Phänomens den Begriff der Mediatisierung von Außenpolitik für den deutschen Sprachraum in die Forschung ein. Er definiert ihn als: „Anpassung der Außenpolitik an die vorgegebenen Medienzwänge und damit auch Unterwerfung unter die Ratschläge der PR. Nicht die substantielle Qualität der Politik steht im Vordergrund, sondern die nachrichtenadäquate Verpackung politischen Handelns ist das dominierende Motiv.“235
Als Grund für die Mediatisierung führt er an, dass „[durch] strukturelle Merkmale der Nachrichtenselektion und -distribution, Staaten, über die nach eigener Einschätzung nicht adäquat berichtet wird, durch PR diese Defizite ausgleichen“236 wollten. Kleinsteuber / Thomaß bemerken dazu: „Selbst im Zeitalter der Liberalisierung und Kommerzialisierung bleibt der Staat ein wesentlicher Akteur in der internationalen Kommunikation. Heute setzt er vor allem auf persuasive Kommunikation, auf die Selbstdarstellung in außenpolitischer Öffentlichkeitsarbeit...“237
Staaten bedienen sich also persuasiver Kommunikation, um fremde Öffentlichkeiten anzusprechen. Kunczik sieht dadurch die Stellung der PR gestärkt:
234
Vgl.: Daniel C. Hallin / Paolo Mancini: Amerikanisierung, Globalisierung und Säkularisierung: Zur Konvergenz von Mediensystemen und politischer Kommunikation in westlichen Demokratien, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, a.a.O., S. 35-55. 235 Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 193. 236 Ebd. 237 Hans J. Kleinsteuber / Barbara Thomaß: Politikvermittlung im Zeitalter von Globalisierung und medientechnischer Revolution, a.a.O., S. 214
86
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen „Die These der Mediatisierung der Außenpolitik unterstellt, dass sich PR von der Funktion passiver Informationsquellen zum aktiven Informationsproduzenten entwickelt hat.“238
Es geht also nicht mehr nur um Verlautbarungen, sondern um aktive Inszenierung der Außenpolitik von Staaten. Die symbolische Politik erhält über die Mediatisierung Einzug in die Außenpolitik, um das Medienpublikum zur Unterstützung der eigenen Vorhaben zu mobilisieren. „Insgesamt ist es... wesentlich „leichter, symbolische Politik ohne ‚Diskrepanzerfahrung’ in Politikfeldern wie der Außen- und Sicherheitspolitik zu betreiben, die... der direkten Beobachtung kaum zugänglich sind.“239
Wo symbolische Politik leicht und erfolgsversprechend einsetzbar ist, da wird sie auch in Zukunft vermehrt genutzt werden, meint Kunczik und erklärt die persuasive Kommunikation von Staaten zur „Wachstumsbranche“. Sie würde sich ausbreiten, um der zunehmenden Fragmentierung der Gesellschaft, dem wachsenden Einfluss von Interessengruppen und der „Vergesellschaftung“240 von Außenpolitik zu begegnen. Die hier beschriebenen Phänomene werden auch unter dem Stichwort der Mediendiplomatie diskutiert. Sie besagt nach Kepplinger, dass die Außenpolitik in zunehmendem Maße von den Massenmedien abhängig geworden sei, weil diese auch für außenpolitische Entscheidungen den Rahmen definierten. Entsprechend würden außenpolitische Botschaften in der Mediendiplomatie über die Medien an die Bevölkerung der Zielstaaten gerichtet und deren Reaktionen ins außenpolitische Kalkül miteinbezogen.241 Hertz konstatierte dazu bereits im Jahr 1982: „It is perhaps no exaggeration to say that today half of power politics consists of image-making. With the rising importance of publics in foreign affairs, image making 238
Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 201. Ulrich Sarcinelli / Marcus Menzel: Medien, in: Siegmar Schmidt / Gunther Hellmann / Reinhard Wolf (Hg.): Handbuch zur deutschen Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 332. 240 Der Begriff beschreibt einen Entwicklungsprozess, „der die zwischen den Staaten fehlende Rechts(durch)setzung schrittweise abmildert und schließlich zu einer Weltgesellschaft führt, die aus Individuen und nichstaatlichen Organisationen besteht und damit als normativ-teleologisches Konstrukt die Staatenwelt transzendiert.“ Damit ist Vergesellschaftung eine der primären Auswirkungen der Globalisierung durch gesellschaftliche Transnationalisierung. David Bosold: Normen, Institutionalisierung und Vergesellschaftung, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2007, 437. Vgl. auch: Ernst-Otto Czempiel: Vergesellschaftete Außenpolitik, in: Merkur 48/1994, S. 2-5. 241 Vgl.: Hans Mathias Kepplinger: Systemtheoretische Aspekte der politischen Kommunikation, in: Publizistik 30/1985, S. 247-264. 239
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
87
has steadily increased. Today, hardly anything remains in the open conduct of foreign policy that does not have a propaganda or public relations aspect.“242
Die Untersuchungen zur Mediatisierung von Außenpolitik sind bislang lückenhaft, besonders im Gegensatz zum reichen Forschungsfeld der innenpolitischen Mediatisierung. Hauptsächlich Kunczik beschäftigte sich mit der Thematik, wobei seine Arbeiten jedoch von induktiver Herangehensweise und kaum verifizierten Fallbeispielen gekennzeichnet sind. Desweiteren existieren einige vergleichende Publikationen zu Mediatisierung und politischer Kommunikation, die nur Vergleiche auf unterschiedlichen nationalen Ebenen anstellen, aber nicht die Einflussfaktoren politischer Kommunikation auf Drittstaaten untersuchen.243 Schwierig ist insbesondere die in der Forschung nur mangelhaft vorgenommene Differenzierung von Ländern, in denen die Mediatisierung von Außenpolitik akut wird. Kunczik spricht hier von Staaten, über die nicht adäquat berichtet werde, belässt es jedoch bei dieser recht allgemeinen Darstellung und differenziert die möglichen Gründe für die inadäquate Berichterstattung nicht weiter aus. Weiterhin ist die Rolle der Öffentlichkeit nicht ausreichend geklärt. Betrifft die Mediatisierung außenpolitischer Kommunikation eine mediengerechte Ansprache der gesamten Weltöffentlichkeit, oder ist sie vielmehr an ausgewählte Zielstaaten gerichtet und dort an bestimmte meinungsbildende Teilöffentlichkeiten? Ebenso gibt die internationale Medienlandschaft einige Fragen auf, die durch die Forschung noch beantwortet werden müssen. Die Problemfelder der globalen Öffentlichkeit und ihrer Meinung sowie der internationalen Medien sollen deshalb im weiteren kurz erläutert werden. Das Einflusspotential fremder Öffentlichkeiten auf Regierungsentscheidungen, d.h. ihr Potential an transnationaler Durchdringung244, ist bislang wenig untersucht. Deutlich besser steht es um das Einflusspotential von Gesellschaften – und Medien – auf die Außenpolitik der eigenen Regierung. Generell lässt sich hier sagen, dass das Interesse für außenpolitische Themen im Gegensatz zur Innenpolitik geringer ist, unter anderem auch deshalb, weil besondere Kenntnisse über internationale Belange fehlen.245 In den letzten Jahrzehnten ist das Interesse 242
John H. Hertz: Political Realism Revisited, in: International Studies Quarterly, 25/1981, S. 187. Vgl. u.a.: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, a.a.O. 244 Vgl.: Karl Kaiser: Transnationale Politik, a.a.O., S. 104-108. 245 In den 50er Jahren war hierbei die Forschungsmeinung des Almond-Lippmann-Konsens vorherrschend, die der Öffentlichkeit geringes Interesse, geringe Kenntnis und damit wenig fundierte Meinungen zur Außenpolitik bescheinigte, so dass diese für außenpolitische Prozesse nicht weiter von Belang sei. Dieser Ansatz wurde erstmals von Rosenau relativiert, der in seiner Linkage-Theorie die öffentliche Meinung gemeinsam mit Institutionen, Eliten und Medien als einen relevanten Akteur der Außenpolitik bestimmte, wobei er nicht nur die Öffentlichkeit im eigenen Land als relevant betrachtete, sondern auch in anderen relevanten Zielstaaten außenpolitischer Aktionen. Vgl.: Gabriel Al243
88
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
der Öffentlichkeit an transnationalen und internationalen Themen tendenziell gestiegen, zumindest bei Themen, zu denen eine persönliche Betroffenheit besteht, wie etwa dem Klimawandel oder der internationalen Bankenkrise.246 Als ein Grund für das zunehmende Interesse der Öffentlichkeit kann die Demokratisierungsthese genannt werden, nach der die weltweit zunehmende Demokratisierung zu größerer politischer Teilhabe führt, die sich auch auf die Außenpolitik auswirkt. Dies gilt jedoch hauptsächlich in Bezug auf die jeweils eigene Regierung.247 Die außenpolitische Beeinflussung durch die öffentliche Meinung ist nicht zu unterschätzen, wie Page / Shapiro in einer Langzeitstudie zu amerikanischer öffentlichen Meinung und politischer Ausrichtung gezeigt haben: Die öffentliche Meinung beeinflusst die Politik sogar überdurchschnittlich stark. Dabei seien Veränderungen der öffentlichen außenpolitischen Einstellungen nur selten aufgetreten und nur dann, wenn Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen diese plausibel erscheinen ließen. Diese „vernünftige“ Form der Anpassung öffentlicher Meinung zur Außenpolitik nannten sie Rational Public.248 Ganz besonders gilt das für den Einsatz militärischer Mittel.249 Das „Nein“
mond: The American People and Foreign Policy, New Haven 1950, Hans Rattinger: Öffentliche Meinung, in: Siegmar Schmidt / Gunther Hellmann / Reinhard Wolf (Hg.): Handbuch zur deutschen Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 313; James N. Rosenau: Public Opinion and Foreign Policy, New York 1961; James N. Rosenau: Linkage Politics. Essays on the Convergence of National and International Systems, New York 1969. 246 Die These des steigenden Informationsinteresses wird u.a. von Hammerschmidt vertreten. Gilboa widerspricht dem jedoch mit Blick auf die amerikanische Öffentlichkeit, deren Interesse an außenpolitischen Themen generell gesunken sei. Das mag mit Bezug auf allgemeine Außenpolitik richtig sein, zählt man den Faktor der persönlichen Betroffenheit hinzu, etwa bei Berichterstattung über den Terrorismus, den Krieg gegen den Terror oder auch den Klimawandel, so ist das Interesse der Amerikaner groß. Dies gilt auch für die außenpolitischen Meinungen der Öffentlichkeiten anderer Nationen. Vgl.: Gunnar Hammerschmidt: Über den CNN-Effekt hinaus. Ein interdisziplinärer Erklärungsansatz zum Einfluss der Medien in der internationalen Politik des 21. Jahrhunderts, in: Jens Tenscher / Henrike Viehrig (Hg.): Politische Kommunikation in internationalen Beziehungen, a.a.O., S. 72; Steven Livingston: Beyond the CNN-Effect. The Media-Foreign Policy Dynamic, in: Pippa Norris (Hg.): Politics and the Press. The News Media and Their Influences, London 1997, S. 291-318; German Marshall Fund u.a. (Hg.): Transatlantic Trends 2007, Washington/Berlin 2007. 247 Vgl.: Thomas Risse-Kappen: Public Opinion, Domestic Structures, and Foreign Policy in Liberal Democracies, in: World Politics, 43, 4/1991, S. 479-512; Gunnar Hammerschmidt: Über den CNNEffekt hinaus, a.a.O., S. 65-66. 248 Benjamin I. Page / Robert Y. Shapiro: Effects of Public Opinion on Policy. The American Political Science Review, 77, 1/1983, S. 175-182. 249 Mary Hampton: Re-Creating the World: An Examination of Public Opinion, the Media, and Foreign Policy in the United States and Germany, in: AICGS (Hg.): The Media-Public OpinionPolicy Nexus in German-American Relations, AICGS German-American Issues, 5, 1/2005, S. 36; Philip J. Powlick / Andrew Z. Katz: Defining the American Public Opinion/Foreign Policy Nexus, in: Mershon International Studies Review, 42, 1/1998, S. 46, 52.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
89
Deutschlands zum Irak-Krieg ist ein Beispiel für diese Form der Politikbeeinflussung, da ein Einsatz von der Bevölkerung nicht mitgetragen worden wäre.250 Ein weiterer Indikator für das grundsätzliche Interesse an trans- und internationalen Themen ist die Transnationalisierung der Gesellschaften selbst. Interaktionen müssen in der modernen Gesellschaft nicht länger ortsgebunden sein, sondern folgen einem „Transnationalisierungspfad“251, der neue Sozialräume generiert und territoriale Bindungen zu Gunsten neuer Raum-Zeit-Spannen zunehmend auflöst – ein Prozess, der durch die neuen Medien verstärkt wird. Das heißt, Ereignisse passieren nicht mehr zeitgleich und am selben Ort, sondern geschehen irgendwo auf der Welt. Sie werden trotzdem in Sekundenschnelle zu wichtigen Informationen für Angehörige des gleichen Teilsystems, die schnell und raumungebunden reagieren. Das nationengebundene Themeninteresse nimmt hier zu Gunsten transnationaler Verbindungen ab. Über die Existenz und Definition einer Weltöffentlichkeit und einer World Public Opinion herrscht Uneinigkeit in der Forschung. Von einer Öffentlichkeit als Former eines intermediären Raums, in dem die Politik ihre Bedürfnisse manifestiert, wie sie innerhalb der Nationalstaaten fungiert, kann hier nicht die Rede sein. Vielmehr ist die Weltöffentlichkeit meist als massenmedial hergestelltes Weltpublikum mit nach wie vor nationalstaatlicher Verankerung zu begreifen: „[Es] besteht ein internationaler Kooperationszwang der Nationen im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung. Für Themen von internationaler Bedeutung fehlt aber der öffentliche Raum zur Wahrnehmung der Interessen auf Bürgerebene. Insofern bestehen für internationale Politikprozesse ein Öffentlichkeits- und ein Legitimationsdefizit“252,
führt Tobler aus. Deshalb spricht er stattdessen von zu beobachtenden internationalen „Kommunikationsverdichtungen“, die besonders in Konfliktsituationen auftauchten und über (mediale) Kommunikation transnationale Öffentlichkeiten entstehen lassen könnten, die eine Art Vorform der internationalen Öffentlichkeit darstellen würden. Nach Davison bedarf es dreier Voraussetzungen, damit internationale Öffentlichkeit zu einem wichtigen politischen Faktor werden kann:
250
Vgl.: Anna Schwan: Das Deutschlandbild in den amerikanischen Medien, a.a.O., S. 479-512. Jürgen Gerhards / Jörg Rössel: Zur Transnationalisierung der Gesellschaft in der Bundesrepublik. Entwicklungen, Ursachen und mögliche Folgen für die europäische Integration, in: Zeitschrift für Soziologie, 28, 5/1999, S. 325-344. 252 Stefan Tobler: Kommunikationsverdichtungen und transnationale Öffentlichkeit, in: Medienheft, 18.5.2001, www.medienheft.ch/politik/bibliothek/p16_ToblerStefan.html, Download: 4.4.2008. 251
90
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen „People in several countries must give their attention to a given issue; they must have sufficient means of interaction so that common and mutually reinforcing attitudes can form; and there must be some mechanism through which shared attitudes can be transmitted into action.“253
Solch ein Zusammenspiel von Faktoren ist bisher nur selten eingetreten, es gibt jedoch einige Beispiele, in denen der Druck der öffentlichen Meinung verschiedener Staaten politische Entscheidungen provoziert hat – etwa beim Landminenbann, bei der Ächtung des Wal- oder Robbenfangs, bei der Freilassung von Gefangenen oder auch – in Bezug auf die nicht-westliche Öffentlichkeit – bei den muslimischen Massenprotesten gegen die dänischen Mohammed-Karrikaturen.254 Trotz aller Einschränkungen kann also festgestellt werden, dass die internationale Öffentlichkeit inzwischen eine Rolle in den internationalen Beziehungen spielt. Die Frage des öffentlichen Interesses an internationalen und transnationalen Themen sowie der internationalen Öffentlichkeit ist für diese Arbeit von Bedeutung, weil staatliche Außenkommunikation durch außengesteuerte Durchdringung auf andere Gesellschaften Einfluss nehmen will. Das heißt, sie will durch persuasive Kommunikation fremde Gesellschaften dazu bringen, öffentlichen Druck im Sinne des agierenden Staates (der staatliche Außenkommunikation betreibt) aufzubauen. Auch wenn es hierbei um die allgemeine Imageverbesserung dieses Staates geht, sind die Themen, mit denen sich an die relevante Öffentlichkeit gewandt wird, zumeist trans- oder international. Die Ansprache der Öffentlichkeiten ist dabei jedoch hauptsächlich national oder regional orientiert, eine einzige Ansprache der gesamten „Weltöffentlichkeit“ mit denselben Kommunikationsinstrumenten ist äußerst selten. 2.1.2.4 Die Rolle der Medien in der internationalen Meinungsbildung Die Rolle der Medien ist gerade für die Konstitution öffentlicher Meinung zu trans- und internationalen Themen groß. Medien sind heute, um es mit Entmans Worten zu sagen „forces, presidents must reckon with, even in foreign policy“255, da sie in der Außenpolitik für die Darstellung und Wahrnehmung politischer
253
W. Phillips Davison: International and World Public Opinion, in: Ithiel de Sola Pool et. al. (Hg.): Handbook of Communication, Chicago 1973, S. 874. 254 Der Druck wird hier weniger durch direkte Meinungsäußerung aufgebaut, sondern vielmehr durch die Medien sowie durch verschiedene spezialisierte Nicht-Regierungsorganisationen, die die Öffentlichkeit entsprechend mobilisieren. Vgl.: Michael Kunczik: Images of Nations and International Public Relations, a.a.O., S. 18-21. 255 Robert Entmann: Projections of Power, a.a.O., S. 2.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
91
Wirklichkeit eine wichtige „Arena“256 geworden sind. Mehr noch als in der Innenpolitik konstruieren sie „eine Art exklusives Politikbild.“257 Es ist für die Medien dabei einfacher, Meinungen zu außenpolitischen Themen zu bilden, als zu innenpolitischen, weil die Kenntnisse der Bevölkerung geringer ausfallen, wobei die Meinungsbildung meist von Premiummedien übernommen wird.258 Man kann ihnen deshalb für ihre Auslands- und Außenpolitikberichterstattung drei Hauptfunktionen zuordnen: sie legitimieren Außenpolitik durch ihre Berichterstattung, sie bestimmen die Deutungsrahmen von Außenpolitik durch Framing und sie bestimmen die Bewertungskriterien für politische Akteure (Priming). Auf diese Weise gelingt es ihnen, in gewissem Umfang die außenpolitische Agenda der politischen Akteure (mit-)zubestimmen.259 Die Vorstellung, dass Medien Außenpolitik „machen“, wird jedoch der Komplexität politisch-medialer Interaktion nicht gerecht: Vielmehr ist der mediale Einfluss auf die Außenpolitik situationsabhängig von der „Verfasstheit des [politischen] Entscheidungsprozesses“260 sowie von der Qualität, Quantität und Emotionalität der Berichterstattung. Besonders, wenn Regierungen noch keinen außenpolitischen Kurs gefunden hätten, können die Medien als Agenda Setter fungieren. Bei gelungenem Framing von außenpolitischen Ereignissen können die Medien im Ernstfall die Regierung zur Änderung ihrer Außenpolitik zwingen, wenn sie den framing contest gewinnen und damit bestimmte Themen öffentlich gewünscht werden lassen. Auf diese Weise werden die Medien zu Akteuren auf der internationalen politischen Bühne. Die verstärkte Kenntnis von FramingProzessen und ihre Nutzung durch Politik und Medien kann als Element der Mediatisierung von Politik gewertet werden. Sie fungiert damit als eine der Grundlagen für die Ausübung von Strategischer Außenkommunikation. Stärker noch als im Inland sind die Medien in der Außenpolitik abhängig von den Informationen durch politische Akteure – unter anderem auf Grund der geringeren Anzahl an zur Verfügung stehenden Informanten. Die Kommerzialisierung und Ökonomisierung der Medienunternehmen führt außerdem dazu, dass das feste Korrespondentennetz international ausgedünnt wird. Hier müssen verstärkt Nachrichtenagenturen für die Informationserlangung herangezogen wer-
256
Vgl.: Jürgen Gerhards / Friedhelm Neidhardt: Strukturen du Funktionen moderner Öffentlichkeit. Fragestellungen und Ansätze, in: Wolfgang R. Langebucher (Hg.): Politische Kommunikation. Grundlagen, Prozesse, Strukturen, Wien 1993, S. 52-89. 257 Ulrich Sarcinelli / Marcus Menzel: Medien, a.a.O., S. 328. 258 Michael Kunczik: Images of Nations and International Public Relations, a.a.O., S. 5. 259 Ulrich Sarcinelli / Marcus Menzel: Medien, a.a.O., 326-335. 260 Gunnar Hammerschmidt: Über den CNN-Effekt hinaus, a.a.O., S. 60. Vgl. auch: Steven Livingston: Beyond the CNN-Effect, a.a.O., S. 291-318.
92
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
den, der Anteil der Auslandsmeldungen verringert sich.261 Die Folge der geringeren Korrespondentenzahl und der reduzierten Berichterstattung sind weniger Hintergrundinformationen. Die Skandalisierung nimmt also auch in Bezug auf außenpolitische Nachrichten zu. Der Politik bietet das zunehmende Einflussmöglichkeiten, sei es durch Hintergrundgespräche, sei es durch gezielte außenpolitische PR oder durch Embedded Journalism in Kriegs- und Krisengebieten. Infolgedessen nimmt die Möglichkeit der Informationsbeeinflussung zu. Verzerrungen in der Auslandsberichterstattung erfolgen nicht nur durch die Abhängigkeit von Informationen aus Nachrichtenagenturen oder von eigenen, beziehungsweise ausländischen Regierungen, sondern auch durch eigene Vorurteile und Stereotypen der Journalisten wie der Redaktionen. Sieckmann hat dabei vier Faktoren für die Verkürzung internationaler Themen ausgemacht: Zeitmangel, Unkenntnis, personale Unterbesetzung sowie ein antizipiertes geringeres Interesse des Publikums an außenpolitischen Themen.262 So können falsche oder simplifizierende Angaben gerade in der Außenberichterstattung auftauchen, da sie von der Mehrheit des Publikums nicht nachgeprüft werden können. Dies wiederum trägt zur verstärkten Image- und Stereotypenbildung im Publikum bei, das seine Ansichten bestätigt sieht.263 Es gibt hier also eine dreifache Simplifizierung und Sinnveränderung der Auslandsberichterstattung: auf Seiten der Akteure, auf Seiten der Medien und dann auf Seiten der Leser. Den Grad und das Ausmaß ihrer Auslandsberichterstattung machen die Medien von internationalen Nachrichtenwerten abhängig, die über diejenigen im Inland hinausgehen.264 Zuvorderst stehen hier die persönliche oder kollektive Betroffenheit sowie die Einordnung des betreffenden Staates in der internationalen Staatenordnung als „Elitenation oder führendem politischen Repräsentanten.“265 Weitere Nachrichtenwerte sind die Möglichkeit der Anschlusskommunikation an Ereignisse im Inland, der Grad des Überraschungsmoments, die öko261
„So lag beispielsweise der Anteil der Auslandsberichterstattung an den gesamten politischen Information zwischen 1986 und 1993 bei öffentlich-rechtlichen Fernsehanbietern zwischen 15 und 20 Prozent. Kommerzielle Anbieter... reduzierten im selben Zeitraum das Angebot von 10 auf 5 Prozent. Bei regionalen Printmedien... hat die außenpolitische Berichterstattung einen Umfang von ca. 30 Prozent, bei der überregionalen Qualitätspresse von knapp 50 Prozent der politischen Gesamtberichterstattung.“ Ulrich Sarcinelli / Marcus Menzel: Medien, a.a.O., S. 329. 262 Ragna Sieckmann: Die deutsche Public Diplomacy zur Fußball-WM 2006, a.a.O., S. 33-34. 263 Vgl.: Eytan Gilboa: Mass Communication and Diplomacy, a.a.O., S. 288-289. 264 Vgl. zu innenpolitischen Nachrichtenkriterien u.a.: Winfried Schulz: Der Kommunikationsprozess – neubesehen, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 2931; Joachim F. Staab: Entwicklungen der Nachrichtenwert-Theorie. Theoretische Konzepte und empirische Überprüfungen, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 161-172; Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, a.a.O., S. 152-154. 265 Ulrich Sarcinelli / Marcus Menzel: Medien, a.a.O., S. 328.
2.1 Relevante Theorien der Kommunikationswissenschaft
93
nomische, kulturelle, geographische oder politische Nähe bzw. Distanz sowie Personalisierung und Skandalisierung. Negative Ereignisse, allen voran Kriege, aber auch Naturkatastrophen und humanitäre Katastrophen haben einen sehr hohen Nachrichtenwert. Dies führt dazu, dass über kleinere Länder, vorrangig in der Dritten Welt, fast ausschließlich dann berichtet wird, wenn solche Negativmeldungen über den Ticker der Medien gehen und sie ansonsten aus dem Blickfeld der westlichen Welt verschwinden.266 Generell liegt der Nachrichtenfokus auf westlichen Industrieländern, mit Nachrichtenzentren in den USA; Deutschland, Frankreich, Großbritannien oder Russland, während für Gebiete wie Afrika oder Lateinamerika kaum Platz vorhanden ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Mediatisierung von Politik und Gesellschaft sich internationalisiert hat. Dies führt in der Außenpolitik zu Formen der symbolischen Politik. Staaten nutzen persuasive Kommunikation und Framing zur Durchsetzung der eigenen außenpolitischen Agenda sowohl nach innen als auch für externe Öffentlichkeiten. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines gestiegenen Interesses der Öffentlichkeit an internationalen und transnationalen Themen, auch wenn die Kenntnis über außenpolitische Zusammenhänge eher gering ausfällt. Die mediatisierte Außenpolitik bedarf einer interessierten Öffentlichkeit, damit diese wiederum Druck auf ihre Regierungen ausüben kann. Die Medien bilden hierbei das Vehikel zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung, sind jedoch auch autonome Akteure und wirken damit selbst beeinflussend sowohl auf die öffentliche Meinung, als auch auf die Außenpolitik. Die Interdependenz der Systeme ist also auch in der außenpolitischen Kommunikation vorhanden.
2.1.2.5 Resumeé: Mediatisierung nach innen und nach außen Die in diesem Kapitel beschriebenen Mediatisierungstendenzen beschreiben die gesellschaftlich-strukturelle Grundlage und die Auswirkungen von politischer Kommunikation, sowohl nach innen als auch nach außen. Die (Selbst-) Mediatisierung der Politik findet auf allen Ebenen statt, auch in der Außenpolitik. Dabei haben wir es mit einem Trend zu tun, der sich seit einigen Jahrzehnten vollzieht, jedoch in den letzten Jahren zugenommen hat und auch in Zukunft einen immer 266
Vgl.: Ebd.; Michael Kunczik: Images of Nations and International Public Relations, a.a.O., S. 2122; Kunczik bezieht sich in seiner Analyse der Nachrichtenwerte u.a. auf die Ergebnisse UNESCO Foreign Image Study, einer vergleichenden Studie zur Nachrichtenauswahl in 29 Ländern. Vgl. auch: International Association for Mass Communication Research of UNESCO (Hg.): The World of the News – the News of the World. Final Report of the Foreign Image Study, London 1980; UNESCO (Hg.): Foreign News in the Media. International Reporting in 29 Countries, Paris 1984.
94
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
größeren Stellenwert für die Politik einnehmen wird. Denn nur durch Kommunikation wird Medienpräsenz gesichert und damit die Erfahrbarkeit von Ereignissen. Diese werden erst durch ihr Erscheinen in den Medien existent und damit real. Mertens These, dass nur existiert, was in den Medien ist, wird damit zur treibenden Kraft hinter der Zunahme politischer Kommunikation. Persuasive Kommunikation soll jedoch noch weiter gehen. Sie soll nicht nur die Medienexistenz des Ereignisses sichern, sondern auch die Art, in der über das Ereignis berichtet wird, um so Kontrolle über Themenagenda und Framing der Medien zu erlangen. PR und Marketing werden damit zu elementaren Bestandteilen politischer Arbeit.
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung 2.2.1 Zur Entstehung und Formung von Nationenbildern Die Entstehen und Formen von Nationenbildern ist sowohl Kommunikationsbedingung als auch Ziel Strategischer Außenkommunikation, nämlich als „Erzeugung... wünschenswerter Images.“267 Was jedoch ist unter Nationenbildern zu verstehen? Woraus setzen sie sich zusammen, wie wirken sie und wie sind sie beeinflussbar? Welche Bedeutung kommt der Identitätsbildung in diesem Zusammenhang zu? Diese Fragen stehen im Zentrum dieses Kapitels, ebenso wie die Darstellung der Thesen der Nationalismusforschung zum Nation Buildung. Die Schaffung von Imagined Communities ist dabei für diese Arbeit von besonderer Bedeutung. Imagined Communities wurden während der Genese der Nationalstaaten eingesetzt, um die Entstehung einer gemeinsamen Identität voranzutreiben und werden nun im Rahmen der Strategischen Außenkommunikation verwendet, um über gezielte Themensetzung ein transnationales Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen zu lassen. 2.2.1.1 Die Vorstellung vom Fremden: Vorurteil, Stereotyp und Image Wir alle machen uns ein Bild von der Welt. Wir formen Schemata in unseren Köpfen, die es uns ermöglichen, aus den Millionen von Sinneseindrücken, die jeden Tag auf uns einwirken, die unserer Meinung nach sinnvollsten auszuwählen, zu verarbeiten und in unsere Denkmuster einzuordnen. Diese Gesamtheit aller Prozesse der individuellen Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung 267
Klaus Merten: Begriff und Funktion von Public Relations, in: PRmagazin, 11/1992, S. 44.
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung
95
lässt sich unter dem Begriff der Perzeption zusammenfassen.268 In ihrer Gesamtheit bilden die als „Pictures in our heads“269 gespeicherten Denkmuster unser individuelles Weltbild. Es setzt sich zusammen aus der Vielzahl der „Wissensinhalte, Sichtweisen, Wertungen und Bewertungsverfahren, durch die jeder Mensch sich selbst, seine unmittelbare Umwelt und die darüber hinausgehenden Existenzbedingungen seiner weiteren zwischenmenschlichen und materiellen Umwelt versteht.“270 Mit anderen Worten: Der Mensch konstruiert bis zu einem gewissen Grad seine eigene Wirklichkeit und handelt folglich „gemäß dem Bilde, das wir uns von der Welt geschaffen haben, und nicht unbedingt so, wie die Wirklichkeit tatsächlich ‚ist’.“271 Auf die individualpsychologische Bedingtheit der „Holzschnittartigkeit“ von Vorstellungsbildern wies erstmals die Vorurteilsforschung hin. Sie versteht die Bildung von Vorurteilen als „gesetzmäßige Reaktion auf Fremdes“272, wobei die jeweilige Persönlichkeitsstruktur dafür verantwortlich sei, dass „ein und dasselbe Objekt... je nach Einstellung für verschiedene Leute etwas anderes darstellt“273 und Vorurteile regelrechte Abwehrmechanismen gegen die UmweltInformationseinflüsse bedeuten können. Vorurteile machen es leicht, sich in Sicherheit zu wiegen. Insofern dienen sie durch Vereinfachung, Abgrenzung und Subjektivität der Vermeidung von kognitiver Dissonanz. Vorurteile erfüllen vier 268
Vgl.: Gottfried-Karl Kindermann: Weltverständnis und Ideologie als Faktoren auswärtiger Politik, in: Gottfried-Karl Kindermann (Hg.): Grundelemente der Weltpolitik, München 1981, S. 110. Walter Lippmann: Public Opinion, a.a.O., S. 79-81. 270 Gottfried-Karl Kindermann: Weltverständis und Ideologie, a.a.O., S. 107. 271 Kenneth Boulding: National Images and International Systems, in: Wolfram Hanrieder (Hg.): Comparative Foreign Policy. Theoretical Essays, New York 1971, S. 91 aus Marten, S. 14. 272 Manfred Koch-Hillebrecht: Der Stoff, aus dem die Dummheit ist. Eine Sozialpsychologie der Vorurteile, München 1978, S. 127. Der Begriff des Vorurteils stammt ursprünglich aus der Rechtsterminologie und galt als vorläufiges Urteil mit der Möglichkeit der Revidierung. Als solches hatte es keine negative Bedeutung, sondern galt als rationales Urteil, bei Leibnitz sogar als höchste philosophische Wahrheit, bei Kant als a priori-Satz, der der Erfahrung logisch vorgeordnet und rein wissenschaftlich sei. Die Vorurteilsforschung entwickelte sich aus den Erfahrungen des Nationalsozialismus und wollte Gründe für ethnozentristische Verhaltensweisen erforschen, auch um zu deren zukünftiger Verhinderung beizutragen. Von erheblicher Bedeutung waren dabei die Forschungen Adornos zur autoritären Persönlichkeit. Eine einheitliche Definition von Vorurteilen gibt es nicht, da die Abgrenzung zu Stereotypen und zu Haltungen und Perzeptionen nicht eindeutig festgelegt werden kann. Übereinstimmung herrscht jedoch darin, dass Vorurteile „Meinungen und Überzeugungen darstellen, welche... gebildet und kritiklos angenommen bzw. weitergegeben werden, von nicht-logischen, affektiven Faktoren bestimmt sind..., nicht auf tatsächlicher Erfahrung beruhen, sondern von subjektiven Erwägungen abhängen, ... Werturteile konstituieren, [die]... nicht nachprüfbar sind und zumeist wider besseren Wissens aufrechterhalten werden.“ Martina Gilles: Il tedesco – perché?: Analysen zum Deutschlandbild italienischer Jugendlicher unter besonderer Berücksichtigung von nationalen Stereotypen, Bochum 1996, S. 27-30. Vgl. auch: Max Horkheimer: Über das Vorurteil, Köln 1963. 273 Manfred Koch-Hillebrecht: Der Stoff, aus dem die Dummheit ist. Eine Sozialpsychologie der Vorurteile, München 1978, S. 127. 269
96
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
essentielle Funktionen: Anpassung an die Umwelt, Abwehr unangenehmer Informationen, Selbstdarstellung sowie der Einordnung neuer Informationen.274 Diese Funktionen werden von jedem Individuum durch bestimmte normative und selektive Verhaltensweisen im Umgang mit neuen Informationen umgesetzt, die teilweise auch von der Medienwirkungsforschung benannt werden: 1. Selektive Zuwendung: Bevorzugung von Umweltinformationen, die den eigenen Standpunkt rechtfertigen bei gleichzeitiger Ignoranz gegenüber gegenteiligen Meldungen. 2. Selektive Aufnahme: Informationen, die den bereits bestehenden Vorstellungen entsprechen, werden am ehesten im Erkenntnisprozess weiterverarbeitet. 3. Selektives Verhalten: Verdrängung unangenehmer Inhalte bei langandauernder Informationsspeicherung. 4. „Wishful Thinking“: Da in die Perzeption passenden Informationen in der Regel eine höhere Glaubwürdigkeit beigemessen wird als anderen, spiegelt die geschaffene Umwelt das eigene Vorstellungsvermögen. 5. Self-fulfilling prophecy: Außerdem verleitet das individuelle Realitätsverständnis zu Verhaltensweisen, die genau den Zustand herbeiführen, den das Individuum gemäß seinem Perzeptionsschema wahrnehmen wollte.275 Der Mensch interagiert als soziales Wesen in Gruppen, denen er sich in seinen Einstellungen und seinem Verhalten anpasst. Dies führt neben der individuellen zu einer sozialen Realitätskonstruktion. Hierfür hat sich der Begriff des Stereotyps etabliert. In die wissenschaftliche Diskussion eingeführt wurde der Begriff des Stereotyps durch Walter Lippmann, der ihn in seinem Standardwerk Public Opinion aus der Pressetechnik übertrug.276 Dort beschreibt die Stereotypie die Anfertigung von Druckplatten durch Abformung des aus einzelnen Lettern zusammengesetzten Schriftsatzes in Matrizen. Sie kennzeichnet im übertragenen Sinn die soziale Standortgebundenheit menschlicher Erkenntnis. Setzt man eine ausführlichere Definition an, dann sind Stereotype zu verstehen als: „Ausdruck einer auf soziale Gruppen oder einzelne Personen als deren Mitglieder gerichteten Überzeugung. Es hat die logische Form eines Urteils, das in ungerechtfertigt vereinfachender und generalisierender Weise mit emotional wertender Ten-
274
Eckhard Marten: Das Deutschlandbild in der amerikanischen Auslandsberichterstattung, a.a.O., S. 23. 275 Vgl. zu den Verhaltensmustern: Ebd., S. 24. 276 Walter Lippmann: Public Opinion, a.a.O., S. 3. Vgl. zu den wissenschaftlichen Strömungen der Stereotypenforschung: Katy Greenland: Stereotypes in International Relations, in: Rainer Emig (Hg.): Stereotypes in Contemporary Anglo-German Relations, Basingstoke 2000, S. 15-19. Peter R. Hofstätter transferierte die Theorien zu Stereotypen später in den deutschen Sprachraum. Vgl.: Hans J. Kleinsteuber: Stereotype, Images und Vorurteile. Bilder und Feindbilder in den Köpfen der Menschen, in: Wissenschaft und Fortschritt, 42, 2/1992, S. 51.
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung
97
denz einer Klasse von Personen bestimmte Eigenschaften oder Verhaltensweisen zuoder abspricht.“277
Hier wird die Ähnlichkeit zum Vorurteil deutlich. Das Stereotyp unterscheidet sich jedoch von diesem, da es „kein vollständiges Weltbild mit Absolutheitsanspruch“278 darstellt, sondern offen ist für Ergänzungen durch weitere Bilder. Allerdings zeichnen sich Stereotype durch große Konstanz aus, sind „schwer beeinflussbar und veränderbar und durchziehen alle Lebens- und Themenbereiche.“279 Soziopsychologische Funktion des Stereotyps ist es, dem Individuum in seiner Auseinandersetzung mit der (unbekannten) sozialen Umwelt, ein Schutzschild zu sein280 und gleichzeitig innerhalb der eigenen Gruppe ein gruppenkonformes Verhaltensmuster anzubieten. Innerhalb der eigenen Gruppe bilden sich Auto-Stereotype, die alle Teilnehmer der „in-group“ grundsätzlich teilen und die abgegrenzt werden von jenen der out-groups als Fremden, über die in Heterostereotypen geurteilt wird. Selbstbild und Fremdbild bedingen sich dabei.281 Je größer die soziale Gruppe, desto wichtiger wird der Grad der sozialen Distanz, wobei dieser bestimmt wird von der Ähnlichkeit oder eben Unähnlichkeit der einzelnen Gruppenmerkmale.282 Die eigene Gruppe wird zum Maß aller Dinge gemacht und gute, beständige Beziehungen hauptsächlich zu Gruppen aufgebaut, die nach dem „Gesetz der Ähnlichkeit“283 möglichst konforme Auffassungen und Weltbilder haben: „Das Ausmaß des interkulturellen Verstehens, Missverstehens oder Nicht-Verstehens hängt vom Umfang der Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten in den 277
Uta Quasthoff: Soziales Vorurteil und Kommunikation. Eine sprachwissenschaftliche Analyse des Stereotyps, Frankfurt 1973, S. 27. Martina Gilles: Il tedesco – perché?, a.a.O., S. 37. 279 Hans J. Kleinsteuber: Stereotype, Images und Vorurteile, a.a.O., S. 51. Vgl. auch: Wolfgang Manz: Der Stereotyp. Zur Operationalisierung eines sozialwissenschaftlichen Begriffs, Meisenheim 1968, S. 41-43. 280 Lippmann spricht vom „stereotype as defence“. Vgl.: Walter Lippmann: Public Opinion, a.a.O., S. 95-97. 281 Vgl.: Viktoria Tholey / Friedrich Hoeth: Sozialstereotype. Analyse sozialer Wertvorstellungen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die psychologische Diagnostik und die empirischepsychologische Umfrageforschung, Stuttgart 1983, S. 7; Eckhard Marten: Das Deutschlandbild in der amerikanischen Auslandsberichterstattung, a.a.O., S. 35-36. 282 Eckhard Marten: Das Deutschlandbild in der amerikanischen Auslandsberichterstattung, a.a.O., S. 36. Vgl. auch: Louise Kidder / Mary Steward: Vorurteile. Zur Sozialpsychologie von Gruppenbeziehungen, Weinheim-Basel 1976, S. 43-49. 283 Vgl.: William Buchanan / Hadley Cantril: How Nations See Each Other. A Study in Public Opinion, Westport 1972, S. 4; Manfred Koch-Hillebrecht: Der Stoff, aus dem die Dummheit ist, a.a.O., S. 250. 278
98
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen kognitiven Strukturen und Weltansichten der beteiligten Kulturen, von deren kognitiver Dissonanz ab.“284
Es ist eine der Thesen dieser Arbeit, dass dieses Muster der kulturellen Nähe auch auf die Strategische Außenkommunikation zutrifft und eine effiziente perzeptionsändernde Kommunikation in kulturfremden Zielpublika erschwert. Beschreibt also die Perzeption die Beziehung Individuum zu Umwelt und das Vorurteil diejenige von Individuum zu Individuum, so stellt das Stereotyp das Verhältnis zwischen Individuum und Gruppe, bzw. zwischen verschiedenen Gruppen dar. Alle drei Formen der Wahrnehmungsselektion führen zu einer einseitigen Wahrnehmung der Umwelt. Nicht nur die interpersonellen Beziehungen zwischen sozialen Gruppen, sondern auch die politischen Beziehungen im internationalen System sind von Stereotypen geprägt. Dies führt dazu, dass auch auf dieser Ebene mit verzerrten Wirklichkeitsvorstellungen agiert wird. Die Realitätsbilder beeinflussen das Handeln sowohl auf politischer als auch auf medialer Ebene.285 Dabei weichen Selbstbild und Fremdbild ebenso stark voneinander ab, wie es in der interpersonellen Kommunikation der Fall ist. Lippmann schreibt dazu: „Man... is learning to see with his mind vast portions of the world that he could never see, touch, smell, hear, or remember. Gradually he makes for himself a trustworthy picture inside his head of the world beyond reach.“286
Psychologischer Grund für die Formung dieser Nationenbilder ist auch hier die Stabilisierung der eigenen Gruppe und ihrer inneren Beziehungen. Nationale Stereotypbildung ist deshalb nicht gleichzusetzen mit vorurteilsbeladener Abneigung gegenüber einem Staat und seiner Bevölkerung; vielmehr geht es hierbei um eine interne Absicherung des eigenen Wertesystems. Wichtig ist, dass es sich hier nicht nur um generalisierte und simplifizierte Ansichten eines anderen Staates handelt, sondern dass auch historische Ereignisse eine besondere Rolle in der Formung der Nationenbilder spielen, da sie durch ihre Herausgehobenheit „Scratches in our minds“287 bilden. Auch die prognostische Dimension fließt in die Etablierung des Nationenbildes ein, durch die „Vision denkbarer Formen politischer Weiterentwicklungen in der unmittelbaren oder ferneren Zukunft.“288 284
Gerhard Maletzke: Interkulturelle Kommunikation und Publizistikwissenschaft, in: Publizistik 11, 1966, S. 322. Vgl.: Michael Kunczik: Image of Nations and International Public Relations, a.a.O., S. 42-46; Gunnar Hammerschmidt: Über den CNN-Effekt hinaus, a.a.O., S.65-66; Crister Garrett: Käufliche Klischees, in: Zeitschrift für Kulturaustausch, 54, 3/2004, S. 39-43. 286 Walter Lippmann: Public Opinion, a.a.O., S. 181. 287 Manfred Koch-Hillebrecht: Der Stoff, aus dem die Dummheit ist, a.a.O., S. 118. 288 Gottfried-Karl Kindermann: Weltverständis und Ideologie, a.a.O., S. 107. 285
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung
99
Nationenbilder setzen sich also aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eines Staates zusammen. Nationenbilder werden genutzt als „frames of reference“289 zur Strukturierung der äußeren Welt; als Stärkung des Zusammenhalts; als gemeinsame Wertebasis; als wertebasierte Abgrenzung; als Inklusions- bzw. Exklusionsfunktion von Personen, je nachdem, ob die stereotypisierten Werte geteilt werden, oder nicht; als Darstellung von Gruppensolidarität und -loyalität; als Sündenbockfunktion.290 Auch hier gilt: Wahrnehmung schafft Wirklichkeit: „If people believe something to be true, it is frequently the same... as if it were true.“291 Vor diesem Hintergrund erscheint es natürlich, dass Staaten die Formung eines positiven Nationenbildes als Teil ihrer außenpolitischen Praxis begreifen und zu einem wichtigen Entscheidungsfaktor ihrer internationalen Politik machen. Die Wandelbarkeit von Nationenbildern ist – analog zur Konstanz der Stereotype – jedoch gering und schwer zu bewerkstelligen, weil neue „Gedächtniskratzer“ erzeugt werden müssen, um die alten zu überlagern.292 Zudem ist es besonders schwierig, ein positives Bild aufzubauen, weil Positivinformationen deutlich stärker der Selektivität unterliegen als Informationen, die eine Meinungsänderung zum Negativen auslösen können.293 Allerdings hängt die Wandelbarkeit auch von der Multidimensionalität der Nationenbilder ab: Je facettenreicher und komplexer diese sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, sie abändern zu können.294 Zudem sind Nationenbilder auch von aktuellen politischen, kulturellen und ökonomischen Stimmungen des Zeitgeistes abhängig und können so kurzfristig verändert werden, sowohl zum Positiven als auch zum Negativen. Dabei werden weniger neue Bilder geschaffen, als vielmehr aus dem bereits bestehenden „Fundus“ an Stereotypen des Landes die positiven hervorgeholt und in den Fokus gestellt, während die anderen zurückfallen, jedoch im kollektiven Gedächtnis verbleiben, bis sie auf Grund einer schlechteren Beziehungsphase zwischen den Staaten wieder in den Vordergrund treten.295 Wie auch sonst gibt es bei Nationen Selbst- und Fremdbild sowie vermutete Auto- und Heterostereotypen des fremden Volkes. Ebenso wie Vorurteile können auch
289
Jan Berting / Christiane Villain-Gandossi: The Role and Significance of National Stereotypes in International Relations, a.a.O., S. 23. 290 Ebd. 291 Hans Tuch: Communicating with the World, a.a.O., S. 5. 292 Otto Klineberg: Die menschliche Dimension in den internationalen Beziehungen, Bern / Stuttgart 1966, S. 57. 293 Vgl.: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 23. 294 Vgl.: Ragna Sieckmann: Die deutsche Public Diplomacy zur Fußball-WM 2006, a.a.O., S. 35. 295 Vgl.: Martina Gilles: Il tedesco – perché?, a.a.O., S. 41-43; Jan Berting / Christiane VillainGandossi: The role and significance of national stereotypes in international relations, a.a.O., S. 22-23.
100
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
Nationenbilder zur self-fulfilling prophecy werden, sowohl im Negativen als auch im Positiven. Das Bild als Abbild der Realität rückte mit der zunehmenden Bedeutung der Massenmedien immer mehr in das Zentrum des Interesses und fand schließlich über die Sprache der Werbepsychologie und der PR296 Einzug in die Forschung – als Begriff des Images. Es bildet den übergeordneten Referenzpunkt von PR und Marketing.297 Auch hier geht es um die Abbildung der Wirklichkeit durch kognitive Perzeptionsschemata, die jedoch im Gegensatz zu Stereotyp oder Vorurteil weniger geschlossen und somit am ehesten beeinflussbar sind. Abbildung 1 zeigt eine graphische Übertragung dieser Abgrenzung. Kunczik differenziert das Image außerdem durch seine Aktivität vom Stereotyp: Während Stereotype passiv sind, indem sie von der Umwelt geprägt und zugeschrieben werden, können Images aktiv geschaffen und gepflegt werden298 – damit sind sie zentraler Bestandteil der PR und der Markenführung, die sich Imageaufbau, -pflege und korrektur verschrieben haben und damit täglich versuchen, Images zu schaffen. Zu den Perzeptionskategorien Selbst- und Fremdbild kommen das Soll- und das Istimage hinzu. Auch bei Images ist die Wirklichkeitsabbildung verzerrt.299
Abbildung 1:
Schematische Einordnung verschiedener Formen von Realitätskonstruktion durch Perzeptionsschemata (eigene Darstellung)
Definitionen des Image lassen sich hauptsächlich in der Kommunikationswissenschaft und den Wirtschaftswissenschaften finden, wobei man sich auch hier nicht 296
Vgl.: Hans J. Kleinsteuber: Stereotype, Images und Vorurteile, a.a.O., S. 51. Vgl.: Nikodemus Herger: Public Relations im Kontext der Unternehmenskommunikation, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 264. 298 Vgl.: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 42-43. 299 Vgl.: Kenneth Boulding: The Image. Knowledge in Life and Society, Ann Arbor, M.I. 19664, S. 164-165. 297
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung
101
auf Einheitlichkeit einigen konnte, unter anderem auf Grund der Nähe zu den Begriffen Stereotyp, Einstellung, Reputation oder Meinung.300 Grunig plädiert auf Grund der vielfachen Definitionsüberschneidungen sogar dafür, den Begriff Image überhaupt nicht zu benutzen.301 Doch das Image ist in der – praktischen wie wissenschaftlichen – Welt, und eine Definitionsumgehung würde bedeuten, sich vor den Gegebenheiten zu verschließen. Hier soll deshalb der Definition Mertens gefolgt werden: „Ein Image ist ein kommunikativ erzeugtes Abbild, ein medialer Stellvertreter... [Es] abstrahier[t] von bestimmten Elementen um den Preis der Vereinfachung und Verzerrung... Da heutzutage unsere Erfahrung immer mehr durch Medien vermittelt wird, kommt Images als Stellvertretern für Erfahrung eine geradezu strategische Rolle in der Mediengesellschaft zu: Sie sind fungible Vehikel für ‚Erfahrungen aus zweiter Hand’, auf die die aktuelle, schnelle und schnellveränderbare Konstruktion von Wirklichkeit laufend zugreifen kann. Diese Eigenschaften von Images... machen [sie]... instrumentalisierbar. Sie erzeugen einen Bedarf für die laufend neue passgenaue Konstruktion von Images durch eine dafür mit Techniken der Kommunikation und Strategien ihrer Verbreitung und Durchsetzung gut gerüsteten Profession: Public Relations...“302
Besonders interessant ist die strategische Bedeutung, die Merten Images beimisst. Sie bilden ein neues Ganzes aus einer Summe individueller Teileindrücke. Auch wenn Images leichter veränderbar sind als Stereotypen oder Vorurteile, erweisen auch sie sich als resistent gegen kurzfristige neue Informationen.
300
Faulstich weist auf vier verschiedene Definitionsperspektiven des Images außerhalb der Kommunikationswissenschaften hin, die verschiedenen wissenschaftlichen Herangehensweisen geschuldet sind. So wird das Image in den Wirtschaftswissenschaften definiert als Konstrukt zur Erklärung des Verbraucher- bzw. Kaufverhaltens zur Steuerung des Kauf- und Konsumverhaltens als „Gesamtheit aller rationalen, emotionalen und sozialen Vorstellungen und Anmutungen, bewussten wie unbewussten, von einem Meinungsgegenstand.“ Die Psychologie folgt einer psychoanalytischen Definition, nach der das Image „das in frühester Kindheit durch Identifikation in den Tiefenschichten der Seele eingeprägtes Bild einer anderen Person“ ist. Die Sozialwissenschaften bezeichnen mit Image die Formen, Probleme und Bedeutungen sozialer Rollen zur Steuerung sozialer Umweltbewältigung. Die Philosophie dagegen versteht Image erkenntnistheoretisch als Abbild von Wirklichkeit. Vgl.: Werner Faulstich: Grundwissen Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O., S. 125-128. 301 James E. Grunig: On the Effects of Marketing, Media Relations, and Public Relations: Images, Agendas, and Relationship, in: Wolfgang Ambrecht / Horst Aventarius / Ulf Zabel (Hg.): Image und PR: Kann Image Gegenstand einer Public Relations Wissenschaft sein? Opladen 1993, S. 263. 302 Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, a.a.O., S. 246-247. Vgl. zu weiteren Definitionen der Kommunikationswissenschaft u.a.: Werner Faulstich: Grundwissen Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O., S. 125-129; Günter Bentele: Image, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 592-593.
102
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
Der Aufstieg des Image in der Kommunikation begann mit dem Wandel vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt. Je mehr qualitativ ähnliche Güter um eine begrenzte Anzahl von potentiellen Kunden werben mussten, desto wichtiger wurde der „psychologische Mehrwert“303, ihr Ansehen, ihre Ausstrahlung – ihr Image.304 Die Ausführungen zeigten die psychologischen Gründe für die Entstehung von Vorurteilen und Stereotypen und ihre Ausprägungen. Die Einflussfaktoren, die Stereotype formen, blieben jedoch bisher außen vor. Diese Inhalte werden von den Menschen jedoch im Laufe ihrer Sozialisation „über die Gesellschaft erlernt, ständig wiederholt und eingehämmert“305, wie Allport bereits 1954 formulierte. Am stärksten hämmern heute die Medien. Ihnen wird von Seiten der Forschung der größte Einfluss auf die Bildung von Bildern in unseren Köpfen zugesprochen. Die Medien sorgen für eine neue „Totalität der Abbildung“306, gleichzeitig aber auch für eine deutliche Zunahme der Informationen und Vorstellungen des einzelnen von der Welt. Besonders starken Einfluss haben Medien auf die Weltsicht von Kindern und Jugendlichen: Sie beeinflussen ihre Rollenfindung indem sie ihnen gemeinsame Symbole und Stereotypen sowie „Verhal303
Horst Avenarius: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation, Darmstadt 20002, S. 165. Uwe Johannsen definiert Image marktpsychologisch als „ein komplexes, anfänglich mehr dynamisches, im Laufe seiner Entwicklung sich (stereotyp) verfestigendes und mehr und mehr zur Stabilität und Inflexibilität neigendes, aber immer beeinflussbares mehrdimensionales System, dessen wahre Grundstrukturen dem betreffenden Imageträger oft nicht voll bewusst sind.“ Uwe Johannsen: Das Marken- und Firmen-Image, Berlin 1971. 304 In diesem Zusammenhang ist die Reputation ein wichtiger Bestandteil des Images. Sie ist die „Gesamtheit der Werturteile, die sich im Laufe der Zeit über Personen, Produkte, Marken oder Organisationen... entwickelt hat“ (Günter Bentele: Reputation, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations, a.a.O., S. 621.) und wurde in den letzten Jahren zu einem wichtigen Begriff des Kommunikationsmanagements; sie gilt als unternehmerischer Erfolgsfaktor und Teil des Markenwertes. Die Betriebswirtschaftslehre spricht deshalb von Reputation Management als „strategischem Gebrauch unternehmerischer Ressourcen, um die Haltungen, Einstellungen, Meinungen und Handlungen von Stakeholdergruppen positiv zu beeinflussen“ (Günter Bentele: Reputation, a.a.O., S. 621.). Diese Definition zeigt die Nähe zur Strategischen Außenkommunikation, ist von ihr aber auf Grund der Fokussierung auf die prozessuale Umsetzung abzugrenzen. Das Image ist heute so wichtig für Unternehmungen geworden, dass ihm ein betriebswirtschaftlicher Unternehmenswert zugerechnet wird. Dazu gehören sein Wert als immaterieller Bestandteil des Geschäftswertes, als politischer Wert, als Kontaktwert bei der Herstellung von Geschäftskontakten, als Nachfragewert auf dem Personalmarkt, als Motivationswert für die Mitarbeiter, als Kommunikationswert im Aufmerksamkeitskampf, als Immunisierungswert in der Krisenkommunikation sowie als Prognosewert für die weitere Entwicklung des Unternehmens. Einige dieser Werte lassen sich auch auf die Images von Nationen anlegen. Vgl.: Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, a.a.O., S. 244-245. 305 Gordon W. Allport: The Nature of Prejudice, Cambridge, M.S. 1954, S. 200. 306 Eckhard Marten: Das Deutschlandbild in der amerikanischen Auslandsberichterstattung, a.a.O., S. 56.
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung
103
tensmodelle von allgemeiner Gültigkeit“307 vorgeben. Gleiches gilt für die Formung von Nationenbildern, die ebenfalls hauptsächlich durch die Medien geprägt werden. Das Bild wird allgegenwärtig – ob als fotografische oder filmische Abbildung oder als Abbild der Wirklichkeit. Neben den Medien haben Produkte und Marken einen recht hohen Anteil an der Formung von Nationenbildern, weil sie eine der wenigen Möglichkeiten der Primärerfahrungen mit Objekten und Organisationen aus einem Land bieten ohne den eigenen Boden zu verlassen. Perzeptionen sind für Menschen also wichtig zur Verarbeitung von Umweltinformationen durch selektive Wahrnehmung. Sie konstruieren Wirklichkeit, wobei die Form der Realität von individuellen und kulturellen Eigenarten abhängt. Vorurteile, Stereotypen und Images als Ausprägungen der Perzeption unterscheiden sich dabei nur graduell durch ihr Ideologie- und Rigiditätspotential. Das Image ist dabei als offenste Ausprägung instrumentalisierbar und kann gepflegt werden. Nationenbilder sind auf Staaten und ihre Bevölkerung übertragene Stereotype, die auch das außenpolitische Handeln von Staaten beeinflussen können. Ihre Wandelbarkeit ist gering und langwierig, jedoch möglich. Wichtigster Generator von Stereotypen und Images sind die Medien. Die Kenntnis über die Wirkungsweisen von Nationenbildern ist notwendig, um die Möglichkeiten und Grenzen der Außenkommunikation von Staaten richtig einschätzen zu können. Sie bildet in dieser Arbeit das Gerüst für die Analyse Strategischer Außenkommunikation.
2.2.2 Identitätsbildung durch Imagined Communities Die Formung der eigenen Identität war seit Beginn der Nationenbildung wichtiger Bestandteil der Schaffung von Nationenbildern nach innen wie außen.308 Nach Deutschs Definition entsteht eine Nation auf Grund „der Transformationen eines Volkes oder einiger ethnischer Elemente innerhalb eines sozialen Mobilisationsprozesses“309, wobei von Integration und Bildung gemeinsamer Werte erhebliche Impulse auf die Herstellung eines Gruppenbewusstseins ausgehen, die sich positiv auf die Herstellung der nationalen kulturellen Einheit auswirken 307
F.H. Tenbruck: Jugend und Gesellschaft, Freiburg 1962, S. 28. Dinnie führt an, dass neun verschiedene wissenschaftliche Disziplinen sich mit der Erforschung nationaler Identitäten beschäftigen würden, was zu Überschneidungen und Definitionsduplikationen führte. Hier soll jedoch hauptsächlich auf die soziologischen und historischen Theorien, besonders die von Smith, Anderson und Hobsbawm eingegangen werden. Vgl.: Keith Dinnie: Nation Branding, a.a.O., S. 112. 309 Karl Deutsch: Nationenbildung - Nationalstaat - Integration, Opladen 1972, S. 27. Vgl. für eine Übersicht weiterer Definitionen von Nation: Eric Hobsbawm: Nationen und Nationalismus, Mythos und Realität seit 1780, Bonn 2005. 308
104
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
sollen. Mit anderen Worten: die Bildung der nationalen Identität wird im Nationswerdungsprozess über die Formung gemeinsamer Selbst- und Fremd-, teilweise auch über Feindbilder310 betrieben. Dies geschieht sowohl top-down als auch bottom-up, durch Autostereotype aus der Gesellschaft.311 Insofern ist die Identitätsfrage auch immer eine Frage nach der Auto-Stereotypisierung einer Gesellschaft. Smith definiert nationale Identität als komplexes und abstraktes Konzept, das auf den kollektiven Identitäten der Bevölkerung (z.B. regionale, religiöse, ethnische oder Klassenidentitäten) basiert und deshalb vieldimensional ist: „Indeed the multiplicity of cultural identities, both now and in the past, is mirrored in the multiple dimensions of our conceptions of nationhood.“312 Diese multiplen Identitäten werden erst „united by the nationalist ideology into a potent vision of human identity and community.“313 Bereits im frühen Stadium der Nationsbildung wird also die Vision einer Gemeinschaft als gemeinsamem Raum, Traditionen, Werten, Erinnerungen und Mythen zum tragenden Element der Rationalisierung314 einer Gesellschaft hin zur nationalen Identität. Identität, so die zugrundeliegende Vorstellung, ist als Prozess zu begreifen. Sie ist nicht gegeben, sondern konstruiert und damit sowohl nach innen als auch nach außen formbar: „The concept of identity as being both given and constantly reconstitued implies that governments can attempt to harness and highlight certain aspects of national identity in order to shape national image perceptions.“315 310 Als Feindbild definiert man die vorurteilsbeladene Abgrenzung einer Gruppe oder einer Nation gegenüber der Fremdgruppe (Out-Group) in einem ausgesprochen negativen Rahmen, der häufig durch Propaganda aufgebaut und verstärkt wird. Der Fremdgruppe wird in diesem Zusammenhang auch die Rolle des Sündenbocks zugeschrieben („Scapegoating“). Feindbilder werden besonders zu Kriegszeiten aktiv aufgebaut. Vgl. u.a.: Sybil Wagener: Feindbilder, Berlin 1999; Günther Wagenlehner (Hrsg.): Feindbild. Geschichte, Dokumentation, Problematik, Frankfurt / Main 1989; Hans J. Kleinsteuber: Stereotype, Images und Vorurteile. Bilder und Feindbilder in den Köpfen der Menschen, in: Wissenschaft und Fortschritt, 42, 2/1992, S. 50-54. 311 Vgl.: Karl Deutsch: Nationenbildung - Nationalstaat – Integration, a.a.O., S. 44; Gottfried-Karl Kindermann: Weltverständis und Ideologie, a.a.O., S. 115. 312 Anthony Smith: National Identity and the Idea of European Unity, in: International Affairs, 68, 1/1992, S. 60. Vgl. ausführlich zur nationalen Identität bei Smith: Anthony Smith: National Identity, London 1991. 313 Anthony Smith: National Identity and the Idea of European Unity, a.a.O., S. 61. 314 Haas definiert Rationalisierung als Annäherung der Individualwerte an eine gesamtgesellschaftliche Vision und Identität: „Building the national identity is the crucial activity in reationalization because it allows the rulers to become legitimate, share power, raise standards of living, and administer the entire country effectively by giving people a set of symbols that make them subordinate their parochial and partial identities to the larger one.“ Ernst Haas: Nationalism, Liberalism, and Progress. The Rise and Decline of Nationalism, Bd. 1, Ithaca 1997, S. 28. 315 Keith Dinnie: Nation Branding, a.a.O., S. 116.
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung
105
Nationale Imagebildung war also bereits genuiner Bestandteil jeder Nationengenese. Die wichtigste Funktion der Identität ist nach Smith die klar verständliche Anleitung zur Standortbestimmung des Individuums in der Welt durch die Zugehörigkeit zu einer Kollektivpersönlichkeit. Deshalb trägt Identität ähnlich wie Stereotypen und Images zur Ordnungsfähigkeit der Welt bei.316 Identität wurde und wird untrennbar mit den inneren Werten einer Nation identifiziert. Crane und Bond et.al. weisen darauf hin, dass seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs dabei auch zunehmend wirtschaftliche Komponenten einen wichtigen Beitrag ausmachen, nicht nur die „klassischen“ Bereiche Geschichte, Sprache und Kultur.317 Allerdings besteht die Identität einer Nation jedoch nicht nur aus diesen großen Clustern, sondern aus vielen einzelnen Bestandteilen, die die Vielfalt der Gesellschaft aus den Einzelidentitäten sozialer Milieus abbilden und sich ständig erneuern. Identität ist deshalb nicht statisch, sondern lebendig.318 Eine weitere Funktion nationaler Identität ist ihr Mobilisierungspotential. Bloom betont, dass die Identifikation der Bevölkerung mit der Nation dazu führe, als „psychologische Gruppe“319 wie ein einziges Ganzes handeln zu können, besonders wenn die Nation oder ihre Symbole bedroht seien oder zu sein scheinen. Die Ausformung nationaler Identität findet auch heute täglich statt. Nationale Identitäten wandeln sich durch die neuen Anforderungen von Globalisierung und Mediengesellschaft, Integrationsnotwendigkeiten und der Konstitution sup316
Francois et.al. sehen Emotionen als leitendes Element nationaler Mobilisierung, Legitimation und Integration, da sie „für den Zusammenhalt einer komplexen, sich funktional und hierarchisch ausdifferenzierenden und national verfassten Gesellschaft unerlässlich seien. Die Nation habe die ‚Identität’ von Individuen und Kollektiven stabilisiert, die im Zuge von Modernisierungs-, Rationalisierungs- und Differenzierungsprozessen aus den traditionellen politischen, sozialen, kulturellen, emotionalen und wirtschaftlichen Zusammenhängen und Bindungen freigesetzt worden waren.“ Die Nation ist demnach die Fortführung von Stereotypen durch Schaffung von Gemeinschaft und einem einheitlichen Weltbild für ihre Mitglieder. Folgt man dieser Argumentation, so ist die Nation nicht durch die Globalisierung und Differenzierung überholt, sondern wird im Gegenteil immer wichtiger als Bezugspunkt und Identifikationsmodell in einer immer unübersichtlicher werdenden Welt. Vgl.: Etienne Francois / Hannes Siegrist / Jakob Vogel: Die Nation. Vorstellungen, Inszenierungen, Emotionen, in: Etienne Francois / Hannes Siegrist / Jakob Vogel (Hg.): Nation und Emotion, Göttingen 1995, S. 17-18. 317 Vgl.: Ross Bond / David McCrone / Alice Brown: National Identity and Economic Development, a.a.O., S. 388; George Crane: Economic Nationalism: Bringing the Nation Back In, in: Millenium: Journal of International Studies, 27, 1/1998, S. 75. 318 Vgl.: Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 30-37; Fiona Gilmore, A Country – Can it be Repositioned, a.a.O., S. 286. 319 William Bloom: Personal Identity, National Identity and International Relations, Cambridge 1993, S. 52-54. Die Heraushebung einer nationalen Identität bestimmt nach Hroch die erste Phase der Nationswerdung. Daran anschließend verbreitet sich (in Phase B) ein Nationalbewusstsein in weiten Teilen der Angehörigen einer ethnischen Gruppe und in Phase C wird daraus eine nationale Massenbewegung mit differenziertem nationalpolitischen Programm. Vgl.: Miroslav Hroch: Das Europa der Nationen, a.a.O., S. 24-25.
106
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
ranationaler Verbünde. Der Nationalstaat muss in dieser Gemengelage täglich beweisen, dass er noch in der Lage ist, sein Legitimationsrecht entsprechend auszuüben, trotz der zunehmenden Interdependenz, Trans- und Internationalisierung sämtlicher Politikbereiche. Tut er das nicht, muss mit abnehmender Identifikation gerechnet werden, die wiederum zu abnehmender Legitimation, bzw. De-Rationalisierung führt und den Staat damit letztlich in seiner Existenz bedroht.320 Einen neuen Zugang zur Erforschung nationaler Identität eröffneten Andersons Thesen der Imagined Communitites, der damit eine konstruktivistische Sichtweise in die Nationalismusdebatte einführte.321 Demnach ist die Nation eine „vorgestellte politische Gemeinschaft – vorgestellt als begrenzt und souverän“322. Sie kann als Gruppe nur dann existieren, wenn ihre Angehörigen sich vorstellen können, zu einer Gemeinschaft von Menschen zu gehören, von denen sie die meisten nicht persönlich kennen und auch nie kennen lernen werden und diese Vorstellung nach Renans Formel des „täglichen Plebiszits“323 ständig erneuern. Als Gemeinschaft wird sie wiederum gedacht, weil sie „unabhängig von realer Ungleichheit und Ausbeutung, als ‚kameradschaftlicher’ Verbund von Gleichen verstanden wird.“324 De facto ist die Nation als Gemeinschaftsraum also nicht überprüfbar, sondern das Ergebnis eines Prozesses sozialer Konstruktion, an dem sich die verschiedenen Gruppen der Gesellschaft beteiligen. Laut Anderson gilt das nicht nur für nationale Gemeinschaften, sondern für alle Formen sozialer Verbindungen, „die größer sind als die dörflichen mit ihren Faceto-face-Kontakten“325. Hier gilt also ebenso: Wahrnehmung schafft Wirklichkeit. Die vielen virtuellen Gemeinschaften des Internets sind beredter Beweis der Gültigkeit der These der Imagined Communities auf nicht-nationalem Gebiet, denn gerade sie existieren ausschließlich in der Vorstellung der Nutzer.
320
Vgl.: Ernst Haas: Nationalism, Liberalism, and Progress. The Rise and Decline of Nationalism, a.a.O., S. 59-61. 321 Vgl.: Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation, a.a.O. 322 Ebd., S. 15. 323 Vgl.: Ernest Renans Rede „Was ist eine Nation?“ an der Sorbonne 11.3.1882 mit folgender Nationsdefinition: „Die Nation ist eine große Solidargemeinschaft, die durch das Gefühl für die Opfer gebildet wird, die erbracht wurden und die man noch zu erbringen bereit ist. Sie setzt eine Vergangenheit voraus und lässt sich dennoch in der Gegenwart durch ein greifbares Faktum zusammenfassen: die Zufriedenheit und den klar ausgedrückten Willen, das gemeinsame Leben fortzusetzen. Die Existenz einer Nation ist (man verzeihe mir diese Metapher) ein tägliches Plebiszit, wie die Existenz des Individuums eine ständige Bekräftigung des Lebens ist.“ Veröffentlicht in: Michael Jeismann / Henning Ritter: Grenzfälle - Über neuen und alten Nationalismus, Leipzig 1993. 324 Ebd., S. 17. 325 Ebd., S. 16.
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung
107
Auf die Spitze getrieben, bedeutet Andersons Ansatz, dass die Nation lediglich Mythos, Narration und Produkt von Interessengruppen ist.326 Auch wenn dieser These in ihrer Radikalität hier nicht Folge geleistet werden soll, so sind es doch diese Eigenschaften, die es möglich machen, das Konzept des Imagined Communities auf die Strategische Außenkommunikation zu übertragen. Denn durch Erinnerung, Rituale und Mythen werden nationale Emotionen erzeugt, verstärkt und synchronisiert. Die Konstrukteure und Interpreten dieser Gefühle wollten dabei immer an die in der jeweiligen Gesellschaft und Kultur üblichen Gewohnheiten und Werte anknüpfen – ein Grund für die besondere Bedeutung von historischen Narrationen in der Identitätsbildung, die auch in der Konstruktion von Nationenbildern zu beobachten ist. Hobsbawm hat hierfür den Begriff der „Invention of Tradition“ geprägt.327 Bei diesen Inszenierungen nationaler Identität im Nationalisierungsprozess wurde nichts dem Zufall überlassen: „Es gilt ein ‚totales Schauspiel’ zu inszenieren, das die größtmögliche Zahl von Teilnehmern anspricht. Dabei sollen vornehmlich die Emotionen, die Phantasie, die Gefühle und die Sensibilität angerührt werden, damit sich die Nation – während des Rituals und darüber hinaus im Alltag – nicht nur als ‚gedachte’, sondern auch als ‚emotionale’ Gemeinschaft konstitutiert... Jeder Teilnehmer [soll] emotional ergriffen werden, damit er... sich als Teil einer größeren Einheit entdeckt, die zumindest äußerlich und für kurze Zeit andere soziale, kulturelle und weltanschauliche Zugehörigkeiten zu überdecken, Orientierungen und Perspektiven für die Zukunft zu geben vermag.“328 326
Mythos ist dabei zu definieren als „situation in which the clamor among ideologies as been transcended to the extend of resulting in a core of ideas and claims about selfhood commonly accepted by all the socially mobilized. Put differently, the national myth represents those ideas, value, and symbols that most citizens accept despite their being divided into competint ideological groups. The myth represents the overlap among ideologies.“ Ernst Haas: Nationalism, Liberalism, and Progress. The Rise and Decline of Nationalism, a.a.O., S. 43. 327 Der Begriff ist definiert als „used in a broad, but not imprecise sense. It includes both ‚traditions’ actually invented, constructed and formally instituted and those emerging in a less easily traceable manner within a brief and dateable period – a matter of a few years perhaps – and establishing themselves with great rapidity.“ Hobsbawm analysiert damit die Einführung von Erinnerung, Ritualen und Mythen im Nationswerdungsprozess und kommt zum Schluss, dass die meisten unserer Traditionen ihren Ursprung im Zeitalter des Nation Building haben. Implikationen auf vorgelagerte historische Bezüge sind dagegen meist fiktiv. Funktion der Invented Traditions ist die Kreation von Gemeinschaft durch Symbole und Pseudo-Events. Insofern ist sein Ansatz auch für die heutige politische Kommunikation sehr modern. Vgl.: Eric Hobsbawm: Introduction: Inventing Traditions, in: Eric Hobsbawm / Terence Ranger: The Invention of Tradition, Cambridge 19955. 328 Vgl.: Etienne Francois / Hannes Siegrist / Jakob Vogel: Die Nation. Vorstellungen, Inszenierungen, Emotionen, a.a.O., S. 26. Vgl. auch: allgemein zur gesellschaftsstiftenden Rolle von politischen Ritualen: Murray Edelman: Politik als Ritual. Die symbolische Funktion staatlicher Institutionen und politischen Handelns, Frankfurt/M. 1976; Steven Lukes: Political Ritual and Social Integration, in: Sociology, 9/1975, S. 289-308.
108
2 Wissenschaftliche Rahmenbedingungen
Die heutige PR- und Marketingkommunikation hat die oben beschriebenen Elemente des Mythos, des Rituals und der emotionalen Aufladung auf Produkte und Regeln und Unternehmen übertragen, um Marken zu Vorstellungs- und Gefühlswelten werden zu lassen. Sie schaffen so für all ihre Stakeholder eine Identität, die aus Individualität, Unverwechselbarkeit, Eindeutigkeit und Verbindlichkeit besteht.329 Sie ist geprägt durch Reduktion von Komplexität und soll Sicherheit vermitteln – ein „da weiß man, was man hat“ – Gefühl in einer überkomplexen Welt. Das Narrative wird hier definiert als „idealized accounts or stories about organizations and their self-perceived role in the marketplace of today.“330 Staaten versuchen nun, durch punktgenaue Narration und Themensetzung die Anhängerschaft relevanter Teilöffentlichkeiten zu erhalten, um Perzeptionsänderungen herbeizuführen und dadurch ihre eigenen Interessen im jeweiligen Zielland durchzusetzen. Dabei wird auf alle Komponenten der Nationsbildung zurückgegriffen, um eine nach innen wie außen stringente Identität zu schaffen und zu kommunizieren.331 Die Imagined Communities sind damit durch Kommunikation geschaffene transnationale Interessengruppen, deren Affinität zu bestimmten Themen genutzt wird, um das Image des eigenen Landes zu wandeln. Es geht also weniger um die nach innen gerichtete Formung nationaler Identitäten – denn diese existieren bereits –, als vielmehr um die nach außen gerichtete Konstruktion zielgruppengerechter Gemeinschaften zur Imageverbesserung mit den Zielen der Legitimierung politischen und wirtschaftlichen Selbstverständnisses und der Stabilisierung von Machtstrukturen.
329
Vgl.: Reinhold Bergler: Identität und Image, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 2008, S. 321. 330 Lars Christensen / George Cheney: Self-Absorption and Self-Seduction in the Corporate Identity Game, in: Majken Schulz / Mary Jo Hatch / Mogens Holten Larsen (Hg.): The Expressive Organization. Linking Identity, Reputation, and the Corporate Brand, Oxford 2000, S. 250. 331 Vgl.: Ross Bond / David McCrone / Alice Brown: National Identity and Economic Development, a.a.O., S. 371-391.
2.2 Relevante Theorien der Stereotypen- und Nationalismusforschung
109
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
3.1 Staatliche Außenkommunikation aus historischer Perspektive In diesem Kapitel soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Tendenzen staatlicher Außenkommunikation in der Geschichte gegeben werden, um zu zeigen, dass es sich bei dieser Form der politischen Kommunikation nicht um eine vollkommen neuartige Erscheinung handelt. Vielmehr ist die Kommunikation von Staaten im Ausland seit Jahrhunderten bekannt, jedoch immer wieder Änderungen unterworfen, die sowohl von technischen Errungenschaften als auch von gesellschaftlichen und politischen Strömungen abhängen.
3.1.1 Zwischen Spiritualität und Verweltlichung: Außenkommunikation im Mittelalter Der Beginn eines kontinuierlichen Bewusstseins für Kommunikation mit der Öffentlichkeit im Allgemeinen und für Außenkommunikation im Besonderen lässt sich im Mittelalter verorten. Im Machtkampf Kirche – Kaiser und im durch die Reformation vorangetriebenen Wettstreit der protestantischen und katholischen Kirche sind gängige Instrumente einer direkten und persuasiven Ansprache der Öffentlichkeit zu finden. Einer der ersten Fälle der Nutzung von Kommunikation zur Selbstdarstellung lässt sich im Streit zwischen Friedrich II. und Papst Gregor IX. um die lombardischen Gebiete finden. Beide Protagonisten wollten ihren Einfluss sichern, um den eigenen Machtbereich auszubauen – Friedrich, um ein europäisches Reich aufzubauen, Papst Gregor IX., um die Macht des weltlichen Herrschers einzudämmen und die Kirche zu stärken. Friedrich II. war es dabei gelungen, durch geschickte Darstellung seiner Absichten die europäischen Eliten für sich einzunehmen und damit das Machtverhältnis zwischen Kirche und Kaiser zu Gunsten seiner weltlichen Seite zu verschieben.332 Wie Everth beschreibt,
332
Vgl. u.a.: Michael Kunczik: Die manipulierte Meinung, a.a.O., S. 53-54. Kunczik spricht hier fälschlicherweise vom Investiturstreit.
A. Schwan, Werbung statt Waffen, DOI 10.1007/978-3-531-92866-1_3, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
110
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart „wollte er stets durch äußere Notwendigkeiten gezwungen sein zu Handlungen, die ihm angeblich selber unsympathisch waren, oder er führte edle Regungen als Motive an, z.B. für sein Eingreifen gegen Österreich die Klagen der Witwen und Waisen, die von jedem bedrückt wären, oder für seinen Kampf gegen Papst und Lombardei einfach den Wunsch nach Frieden und Gerechtigkeit.“333
Friedrich II. sprach bewusst alle Europäer an, die seine Werte teilten und schuf damit erstmals weltliche Imagined Communities als Wertegemeinschaften über bisherige Staatsgrenzen hinweg. Der Beginn eines Manifests von 1239, dem Jahr seiner Exkommunition durch Papst Gregor IX., zeigt diese Herangehensweise: „Hebet Eure Augen auf rings umher, horchet auf, Ihr Söhne der Menschheit, mit Euren Ohren! Setzt Euch nieder, Ihr Fürsten und vernehmt, Ihr Völker, Unsere Sache!“334
Regelrechte Propagandaschlachten im heutigen Sinne waren auch die Kreuzzugsaufrufe. Mit „flammenden Reden“ und „mitreißenden Predigten“335 wurden in ganz Europa Freiwillige geworben, um Jerusalem zu erobern. Der Papst versprach dafür Ablass. Die Kreuzzüge wurden durch diese Darstellungen und durch Kanzelpredigten als „Heilige Kriege“ der europäischen Christen gegen die muslimischen „Ungläubigen“ legitimiert. Ansprache und Ablegen des Kreuzzuggelöbnisses waren grenzübergreifend, die gesamte christliche Öffentlichkeit wurde so angesprochen. Die Reformation war eines der wichtigsten Betätigungsfelder frühneuzeitlicher Kommunikation über die regionalen Grenzen hinaus. Sie war „ein grundlegendes geschichtliches Ereignis, weil sie zuerst als solches gewollt war“336, mit anderen Worten, ihre Darstellung ist als planmäßig angelegte „Dramatisierung des reformatorischen Geschehens“337 zu begreifen. Martin Luthers Thesen gegen den Ablasshandel wurden rasch in zahlreichen Städten verbreitet und verwandelten sich „in einen Text für die breite Öffentlichkeit und sein Urheber in einen Autor, der weit über den Bereich, in dem er als Prediger und Lehrer wirkte, bekannt“338 wurde. Seine Übersetzung der Bibel verbreitete sich ebenso rasch wie die ersten evangelischen Kirchenlieder und trugen zur Konstitution einer „Ge333
Erich Everth: Die Öffentlichkeit in der Außenpolitik von Karl V. bis Napoleon, Jena 1931, S. 74. Zitiert nach: Hanns Buchli: 6000 Jahre Werbung, Bd. I, a.a.O., S. 199. 335 Helmut M. Müller: Kreuzzüge, in: Ders. (Hg.): Schlaglichter der deutschen Geschichte, Leipzig / Mannheim 2002, S. 51; Jonathan Riley-Smith: The First Crusade and the Idea of Crusading, Philadelphia 1986. 336 Gérald Chaix: Die Reformation, in: Etienne Francois / Hagen Schulze (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte, Bonn 2005, S. 31. 337 Ebd. 338 Ebd. 334
3.1 Staatliche Außenkommunikation aus historischer Perspektive
111
genidentität“ zur bisherigen katholischen Glaubensgemeinschaft bei. Seit 1583 sind Gedenkveranstaltungen zu Luthers Geburtstag überliefert. Diese wurden immer mehr zu „Demonstrationen der Macht und Einigkeit des protestantischen Lagers“339 und hatten im Kampf gegen die katholische Kirche, die als Antichrist angesehen wurde, geradezu eschatologische Bedeutung. Durch ihre revolutionäre Stärke und ihr identitätsstiftendes Potential wurde die Reformation mit der Zeit „zum Paradigma einer für Deutschland spezifischen Modernität, gegen die der Katholizismus mit seinen ewigkeitsheischenden ‚mittelalterlichen’ Werten auf breiter Front Widerstand leistete. Luther, der Prophet und Künder der Freiheit, bot sich als Musterbeispiel eines Patrioten und Vertreters bürgerlicher Werte an.“340 In dieser Verklärung und Vereinnahmung wurden Luther und die Reformation sowohl zu wichtigen Identitätsträgern nach innen als auch zu tragenden Säulen der Selbstdarstellung in Abgrenzung zum katholischen Teil Europas. Diese Selbstdarstellung wurde jedoch noch kaum auf weltlich-staatlichem Gebiet durch die regierenden Herrscher, sondern vielmehr durch die protestantische Kirche vorangetragen. Offiziell trat der Begriff der Propaganda im Jahr 1622 in die Welt. Papst Gregor XV. gründete in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges die Sacra Congregatio de Propaganda Fide als Reaktion auf die Erfolge der Reformatoren. Sie sollte eine Gegenpropaganda zum populär werdenden Protestantismus ermöglichen, um den katholischen Glauben nicht durch Gewalt, sondern durch planmäßig durchgeführte Überzeugungsarbeit zu verbreiten. Die zur Gründung gehörige Bulle Inscrutabili Divinae Providentiae beschrieb es als oberste Aufgabe der Kirchenvertreter, „die elendiglich verirrten Schafe zur Herde Christi zurückzuführen, damit sie in ihm ihren Herrn und Hirten erkennen.“341 Fünf Jahre später sollte Gregors Nachfolger, Papst Urban VIII. das Collegium Urbanum de Propaganda Fide gründen, das unter anderem eine eigene Druckerei, Bibliothek und ein angegliedertes Museum besaß. Hier wurden die zukünftigen Missionare in verschiedenen Sprachen und Rhetorik ausgebildet, um erfolgreich für den Katholizismus werben zu können. Ebenfalls während des Dreißigjährigen Krieges erließ die Stadt Rostock ein Verbot, die Niederlagen der Schweden in mündlicher oder schriftlicher Form zu verkünden, weil man sich die schwedische Unterstützung nicht durch Negativmeldungen bedrohen wollte. Ähnlich warnte die Stadtführung von Nürnberg seine frühen Publizisten davor, die Stadt durch schlechte Nachrichten beim Kaiser in Verruf zu bringen. Beide Beispiele zeigen
339
Ebd., S. 33. Ebd. S. 36. 341 Hanns Buchli: 6000 Jahre Werbung. Geschichte der Wirtschaftswerbung und Propaganda, Bd. 2, Berlin 1962, S. 164-165. 340
112
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
ein früh ausgeprägtes Bewusstsein für die Macht des Wortes, sowohl innerhalb der eigenen Gruppe, als auch in der Außenkommunikation. Die Reformation und Einberufung der Congregatio mit der Gründung des „Propaganda-Kollegs“ belegen erste Institutionalisierungen frühneuzeitlicher politischer Kommunikation, wobei die Kirche auf Grund ihrer gesellschaftlichen Stellung und unangefochtenen Bedeutung für das tägliche Leben eine herausgehobene Funktion einnahm. Es sollte noch einige Jahrhunderte dauern, bis sowohl die Säkularisierung des Lebens als auch die Bedeutung der publizierten Meinung soweit fortgeschritten waren, dass Staaten aktiv und kontinuierlich mit ausländischen Öffentlichkeiten kommunizieren wollten.
3.1.2 Wir sind wer – wer sind wir? Nationalstaatsbildung und Außenkommunikation Die Umwälzungen des Industriezeitalters lassen im ausgehenden 18. und im 19. Jahrhundert die Kommunikation zu einem wichtigen Instrument der Politik werden. Die Presse hatte sich zu diesem Zeitpunkt stark verbreitet, Publikationen, Zeitungen und Flugblätter machten jeden, der lesen konnte, auf aktuelle politische und gesellschaftliche Ereignisse aufmerksam. Mehr noch: In dieser Zeit konstituierten sich die westlichen Nationen. Für Olins stellen Frankreichs Bemühungen, nach dem Fall des Ancien Regime eine neue Nation zu errichten, das erste Nation Branding der Geschichte dar. Mit der Französischen Revolution habe sich jedes kleinste Detail der französischen Gesellschaft geändert. „Die Trikolore ersetzte die Fleur-de-Lys, die Marseillaise wurde zur neuen Nationalhymne, die alten Gewichte und Maßeinheiten wichen dem metrischen System, ein neuer Kalender wurde eingeführt, sogar Gott wurde durch das höhere Wesen ersetzt, und dank militärischer Triumpfzüge wurde das gesamte Paket an Neuerungen in das übrige Europa exportiert.“342
Sicherlich ist es überzogen, hier von einer Markenwerdung der französischen Nation zu sprechen. Worauf es Olins jedoch ankommt, ist die Abgrenzung gegenüber dem alten Frankreich durch eine auf allen Kanälen kommunizierte neue Identität, die sowohl nach innen als auch nach außen mit großer Konsistenz und Aggression dargestellt und umgesetzt wurde. Die reale Veränderung wurde damit auch symbolisch nachvollzogen und allen Gruppen vermittelt, mit denen
342
Wally Olins: Marke, Marke, Marke, a.a.O., S. 135.
3.1 Staatliche Außenkommunikation aus historischer Perspektive
113
interagiert wurde. „Sie wollten, soweit möglich, die Wahrnehmung mit der Realität in Einklang bringen.“343 Olins steht mit seiner Analyse nicht allein. Auch Nye betont, dass Frankreich für seine Sprache und Kultur in ganz Europa warb, was dazu führte, dass Französisch die Sprache der Diplomatie und des Höfischen wurde. Wichtiger für die Geschichte der Außenkommunikation jedoch war das Verhalten der Revolutionäre und auch Napoleons: Ihre Ideen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und der Code Napoleon, das erste bürgerliche Gesetzbuch, wurden nicht nur bilateral auf Regierungsbasis verhandelt, sondern in direkter Kommunikation mit den ausländischen Öffentlichkeiten.344 Zusammenfassend stellt Richard Pells für die Außenkommunikation Frankreichs im 18. und 19. Jahrhundert deshalb fest: „The projection of French culture abroad became a significant component of French diplomacy.“345 Die anderen europäischen Mächte orientierten ihre Außenkommunikation am Vorbild Frankreichs. Zum Beispiel Preußen: Bereits in der Rigaer Denkschrift von 1807 wurde auf die Bedeutung der „Imagepflege im Ausland“346 hingewiesen: „Das gute Ansehen des Staates wurde als wichtig herausgestellt, da es Kredit gebe. Empfohlen wurde u.a., Reisende zu benutzen, um Ideen zu verbreiten. Die ‚Hauptmänner der Literatur’ sollten für Preußens Interessen gewonnen werden. Ferner wurde argumentiert, dass der Gewinn des öffentlichen Zutrauens und der Opinion ‚jedes Geschäft erleichtert’.“347
Die Vorteile, die sich dadurch erhofft wurden, waren sowohl politischer als auch wirtschaftlicher Natur – Preußen war einer der Restaurationsstaaten, die sich durch Frankreichs Demokratie bedroht sahen. Seit 1816 war in Preußen ein Literarisches Bureau nachweisbar, ein Vorläufer des Presseamtes, dessen Aufgabenbereiche unter anderem die Erstellung von Artikeln durch freie Journalisten im In- und Ausland zur Verbreitung des preußischen Standpunktes umfasste. Endgültig institutionalisiert wurde die preußische Außenkommunikation dann durch Otto von Bismarck. Unter seiner Leitung arbeitete das Auswärtige Amt des Deutschen Reichs eine Pressepolitik aus, in der die Medien für die Außenpolitik 343
Ebd., S. 136. Vgl.: Joseph S. Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 100. 345 Der Begriff Kultur ist hier als erweiterter Kulturbegriff zu verstehen. Richard Pells: Not Like Us. How Europeans Have Loved, Hated, and Transformed American Culture Since World War II, New York 1997, S. 31-32. 346 Michael Kunczik: Politische Kommunikation als Marketing. Historische Aspekte der Imagepflege von Staaten, in: Donsbach, Wolfgang (Hg.): Public Relations in Theorie und Praxis: Grundlagen und Arbeitsweise der Öffentlichkeitsarbeit in verschiedenen Funktionen, München 1997, S. 58. 347 Ebd. 344
114
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
gezielt eingesetzt werden sollten. Diese Einflussnahme fand jedoch nicht offen statt, sondern blieb Teil der Geheimdiplomatie: „Jeder außenpolitischen Aktion liefen publizistische Maßnahmen parallel; Diplomatie und Presse rückten für Bismarck derart eng aneinander, dass sie als zwei Gleise betrachtet wurden, die zum selben Ziel führten.“348
3.1.3 Die Welt wird zum Dorf: Weltausstellungen und Olympische Spiele Weltausstellungen haben sich im 19. Jahrhundert als Schau-Ausstellungen etabliert, in denen die Nationen ihre wirtschaftliche und technologische Stärke demonstrierten. Auf ideologischer Ebene schufen sie eine Plattform zur Darstellung nationaler Identitäten und zur Förderung des Freihandels, später auch des kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenwachsens der Welt. Auf realpolitischer Ebene dagegen boten sie zuvorderst Unternehmen die Möglichkeit der Selbstdarstellung und waren ein großes touristisches Ereignis. Viele Produkte wurden hier erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, darunter Gasmotor, Rolltreppe, Telefon und Fahrstuhl.349 Doch die Bedeutung der Ausstellungen erschöpfte sich nicht im Mittel des wirtschaftlichen und imagegetriebenen Nationenwettstreits. Wie Kaiser analysierte, wohnte ihnen ein gesellschaftspolitisches Element inne, das für die Besucher die Hauptattraktion darstellte. Denn sie hatten von Anfang an auch den Anspruch, „die Welt komprimiert in einem Ausstellungsdorf abzubilden und dort ihren virtuellen Besuch zu ermöglichen. Sie konstitutierten globale öffentliche Räume, in denen Besucher, Berichterstatter, gesellschaftliche Gruppen und Staaten miteinander kommunizierten und gemeinsame Entwicklungsfragen der Menschheit verhandeln konnten.“350
Tatsächlich sind die Weltausstellungen damit die ersten Großereignisse, die eine erste Vorform von „Weltöffentlichkeit“, wenn man diesen Begriff hier verwenden möchte, schufen. Sie waren von solcher Bedeutung, dass die Olympischen Spiele im Jahr 1900 in Paris und 1904 in St. Louis mit ihnen gekoppelt wurden, um die erwünschte internationale Aufmerksamkeit zu sichern. 348
Markus Schöneberger: Diplomatie im Dialog. Ein Jahrhundert Informationspolitik des Auswärtigen Amtes, München / Wien 1981, S. 21. 349 Vgl. für eine ausführliche Liste der erstmals auf Weltausstellungen vorgeführten Erfindungen u.a.: Wolfgang Friebe: Architektur der Weltausstellungen 1851 bis 1970, Leipzig / Stuttgart 1983, 216217. 350 Wolfram Kaiser: Die Welt im Dorf, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B22-23/2000, www.bpb.de/publikationen/YWWIK3.html, Download: 19.7.2007, S. 1.
3.1 Staatliche Außenkommunikation aus historischer Perspektive
115
Die erste Weltausstellung fand 1851 in London im eigens dafür errichteten Kristallpalast im Hyde Park statt. Hier wurden vor allem Rohstoffe, Maschinen sowie industrielle und gewerbliche Produkte gezeigt. Insgesamt 13.688 Aussteller aus 23 Ländern nahmen teil. Der Andrang war enorm: An den 164 Tagen ihrer Öffnung verzeichnete die Schau 6.039.195 Besucher.351 Dass die erste Weltausstellung in Großbritannien stattfand, war kein Zufall – das Land erlebte mit dem Empire den Zenit seiner weltweiten Machtausdehnung und galt außerdem als fortschrittlichste und exportstärkste Industrienation der Welt. Die Ausstellung war deshalb gleichzeitig ein Plädoyer für den internationalen Freihandel.352 Der große Erfolg löste einen regelrechten Weltausstellungs-Boom aus und führte zu neun universellen Folgeausstellungen bis zur Jahrhundertwende sowie weiteren thematisch spezialisierten, von denen die meisten in London oder Paris abgehalten wurden. Die Besucherzahl schnellte in ungeahnte Höhen: Auf der Pariser Schau im Jahr 1900 wurden rund 50 Millionen Eintrittskarten verkauft. Heutige Weltausstellungen können von solch einem Andrang nur träumen.353 Die Weltausstellungen erhielten seit der Schau in Wien im Jahr 1873 einen zunehmend „enzyklopädischen Charakter.“354 Kulturelle und gesellschaftliche Diskurse traten in den Mittelpunkt, ebenso wie die Architektur der Ausstellungsräume. Als außenpolitische Ereignisse dienten Weltausstellungen als Mittel der Selbstdarstellung und Anlass zur Stärkung diplomatischer Beziehungen. Die Darstellung der eigenen Identität sollte dabei sowohl nach außen als auch nach innen wirken, um den eigenen Nationalstolz zu schüren und von innenpolitischen Problemen abzulenken. So berichtet Beutler über die innenpolitischen Wirkungen der Weltausstellung in Paris 1867: „Die Ausstellung wurde zu einem den Sommer währenden, ununterbrochenen Fest, zu dem der ständige Besuch zahlreicher Souveräne aller Nationen nicht wenig beitrug, und das die Risse und latenten Konflikte des niedergehenden Empire noch einmal hell überstrahlte.“355 351
Vgl.: Brigitte Schroeder-Gudehus / Anne Rasmussen: Le Fastes du Progrès. Le Guide des Expositions universelles 1851-1992, Paris 1992, S. 58; Volker Klenk: Mega-Events als Instrument der Imagepolitik: Eine Mehrmethodenstudie zu Images und Imagewirkungen der universellen Weltausstellung Expo 92, Berlin 1999, S. 62. 352 Wolfram Kaiser: Die Welt im Dorf, a.a.O., S. 8. 353 Die als sehr erfolgreich gewertete Expo 92 in Sevilla etwa konnte nur 41 Millionen Besucher verzeichnen, die Expo 2000 in Hannover nur 17 Millionen – und das bei erheblich ausgebauter touristischer Infrastruktur im Vergleich zur Jahrhundertwende. Vgl. Ebd., S. 66; 104; Wolfram Kaiser: Die Welt im Dorf, a.a.O., S. 2; Expo 2000 Hannover GmbH (Hg.): Bislang teilnehmerstärkste Weltausstellung endet am 31. Oktober, Bilanz-Pressemitteilung, 15.10.2000. 354 Volker Klenk: Mega-Events als Instrument der Imagepolitik, a.a.O., S. 65. 355 Christian Beutler: Weltausstellungen im 19. Jahrhundert, Katalog zur Ausstellung in der Neuen Sammlung, Staatliches Museum für angewandte Kunst, München 1973, S. VII.
116
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Mit der zunehmenden Ideologisierung der europäischen Nationen im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wurden die Weltausstellungen immer mehr zu imperialistischen Schauläufen. Sie dienten als „Jahrmärkte nationaler Eitelkeiten“ und „Propagandaschauen“356 für die ausrichtende Nation wie für die teilnehmenden Staaten. Mit der zunehmenden Deutung der Weltausstellungen als Instrument der Machtdarstellung ging ein Bedeutungsverlust einher, der sich auch auf das Publikumsinteresse auswirkte: „Einst ins Leben gerufen, um die Völker durch ihre wirtschaftlichen Interessen miteinander zu verbinden, drohten sie nach 1900, als der Welthandel eine selbstverständliche Errungenschaft geworden war und neue Mittel der Information entstanden, in Veranstaltungen bloßer nationaler Repräsentation auszuarten. Ihre sinnvolle Funktion erschöpfte sich mit dem Jahrhundert, das sie geschaffen hatte und dessen Spiegelbild sie gewesen war.“357
Absurder Höhepunkt dieser Ideologisierung war die Weltausstellung 1937 in Paris, die von der baulichen wie inhaltlichen Konfrontation der faschistischen Staaten und der Sowjetunion bestimmt war. Albert Speers monströser Monumentalbau des NS-Staates belegte dies auf architektonischem Gebiet genauso wie der italienische Pavillon, der Mussolini in die Nähe der römischen Kaiser zu rücken versuchte.358 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Weltausstellungen mit der Brüsseler Schau von 1958 als „Stätten der Anschauung und Fortbildung für die kulturelle Entwicklung der gesamten Menschheit“359 wiederbelebt. Bis heute existiert die Tradition, wie etwa die Expo 92 in Sevilla, die Expo 2000 in Hannover und die Expo 2010 in Shanghai zeigen. Sie sind aber auch Beweis dafür, dass sich Weltausstellungen inhaltlich kaum weiterentwickelt haben und mehr denn je als Instrumente der Imagepflege genutzt werden. So sollte die Expo 92 in Sevilla dazu beitragen, „Spanien zum Zentrum des Weltinteresses werden [zu lassen] und darüber das neue Image Spaniens, Andalusiens und Sevillas zu kommunizieren.“360 Die Weltausstellungen haben inzwischen gewichtige Konkurrenz erhalten. Denn weltweite Aufmerksamkeit wird vor allem sportlichen Großereignissen zu Teil, allen voran der Olympiade. Pierre de Coubertin war es, der als „Erfinder“ der Olympischen Spiele der Neuzeit deren Einführung im Jahr 1896 maßgeblich vorangetrieben hat. Als „Treffen der Jugend der Welt“ sollten sie dem internati356
Volker Klenk: Mega-Events als Instrument der Imagepolitik, a.a.O., S. 67. Christian Beutler: Weltausstellungen im 19. Jahrhundert, a.a.O., S. X. Vgl.: Volker Klenk: Mega-Events als Instrument der Imagepolitik, a.a.O., S. 116. 359 Volker Klenk: Mega-Events als Instrument der Imagepolitik, a.a.O., S. 67. 360 Ebd., S. 109. 357 358
3.1 Staatliche Außenkommunikation aus historischer Perspektive
117
onalen sportlichen Wettkampf und der Völkerverständigung dienen. Seitdem finden alle vier Jahre Sommerspiele und seit 1924 auch Winterspiele statt.361 Die Nationalsozialisten waren dabei die ersten, die das Imagepotential der Spiele (1936) voll für ihre propagandistischen Zwecke ausnutzten. Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewinnt diese Komponente immer mehr an Gewicht. Die Spiele wurden, ähnlich wie die Fußball-Weltmeisterschaften zu einem „important part of the images of nations and states.“362 Im Kalten Krieg boten sie die Möglichkeit, abseits von diplomatischen und wirtschaftspolitischen Spannungen zwischen den Zivilgesellschaften zu kommunizieren. Gerade für die Sowjetunion waren die Spiele auch ein wichtiger Teil der Public Diplomacy: „The drive to win international competitions (and the Soviet Union headed the medals table in all bute one of the Olympic Games in which it competed) was thus a kind of ‚hearts and minds’ campaign to convince people outside ist boundaries of the virtues of the Soviet ‚way of life’.“363
Ein besonders positives Beispiel für die Auswirkungen der Ausrichtung der Olympiade auf das Nationenbild ist Sydney 2000. Die Atmosphäre und Organisation wurden allgemein als herausragend anerkannt. Australien gelang es, die Aufmerksamkeit der Welt auf Downunder zu lenken und sich als lebendiges und lebenswertes Land zu präsentieren. Die Medienaufmerksamkeit war in der Tat gewaltig: Mehr als 16.000 Medienvertreter waren vor Ort, die Wettkämpfe wurden weltweit von rund 3.8 Milliarden Fernsehzuschauern verfolgt.364 3.1.4 Selbstdarstellung und Dialog: Die Etablierung auswärtiger Kulturpolitik Der Drang der Staaten des 19. Jahrhunderts zur Weltmacht war von einem starken nationalen Missionsbewusstsein begleitet, das sich auch in der Selbstdarstellung nach außen manifestierte. Die positive Bewertung von Werbung und Propaganda auf wirtschaftlichem Gebiet durch die zunehmende Produktreklame ging 361
Vgl. u.a.: Bertelsmann Lexikon Institut (Hg.): Die Chronik der Olympischen Spiele, Gütersloh 2004. 362 Lincoln Allison / Terry Monnington: Sport, Prestige and International Relations, in: Government and Opposition, 37, 1/2002, S. 106. 363 Ebd., S. 116. 364 Bertelsmann Lexikon Institut (Hg.): Die Chronik der Olympischen Spiele, a.a.O. China versucht mit aller Kraft, das gleiche Potential aus den Sommerspielen 2008 zu ziehen und sich der Welt als „mature state in the international system“ zu präsentieren. Lincoln Allison / Terry Monnington: Sport, Prestige and International Relations, a.a.O., S. 108.
118
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
dabei langsam auf die Politik über. So empfahl etwa der Bremer Unternehmer Ludwig Roselius dem Auswärtigen Amt ausdrücklich die Einführung des „Propagandaprinzips“365 in ihre Politik nach dem Vorbild der Kaufleute: „Politik und Propaganda sind und sollten unzertrennbar sein... Deutschlands Staatsmänner... [sollten] die Waffen ‚Organisation’, den ‚energetischen Imperativ’ und ‚Propaganda’ ergreifen, und sie werden Sieger sein in jedem politischen Kampf.“366
Entsprechend wurde die Außenkommunikation allmählich staatlich institutionalisiert, durch eigene Abteilungen oder durch Institutionen, wie zum Beispiel das Empire Marketing Board oder die Travel and Industrial Association of Great Britain and Ireland, deren Ziel es war, „to increase the number of visitors to Great Britain; to stimulate the demand for British goods and services and to promote international understanding by every means, and particularly by the stimulation abroad of interest in Great Britain.“367
Das hauptsächliche Betätigungsfeld der frühen Außenkommunikation war jedoch die Kultur. Frankreich war hier Vorreiter mit der Gründung der Alliance Francaise in den Jahren 1883/1884, die einen Versuch darstellte, „die 1871 verlorene französische Machtstellung durch neue Mittel des Einflusses zu kompensieren.“368 In Deutschland wurde die auswärtige Kulturpolitik, oder „Kulturpropaganda“369, wie sie damals genannt wurde, seit Anfang des 20. Jahrhunderts diskutiert als „Imperialismus der Idee“ und der „leisen und stillen Allüren.“370 Den Begriff der auswärtigen Kulturpolitik prägte Karl Lamprecht im Jahr 1912. Als Herzstück definierte er ein Erkennen des und Einwirken auf den Kulturnationen in jeder Epoche „charakteristischen Gestamthabitus (Diapason)“371, mit anderen Worten ihre Identität. Lambrecht forderte deshalb eine genaue Kenntnis der Geschichte anderer Staaten, um so die Persuasionsmöglichkeiten durch zielgruppengerechte Kommunikation zu steigern. Auch wenn diese Definition der auswärtigen Kulturpolitik noch klar vom Gedanken des imperialistischen Sen365
Wolfgang Schieder / Christof Dipper: Propaganda, in: Otto Brunner / Werner Conze / Reinhart Kosellek (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 5, S. 101. Ludwig Roselius: An das Auswärtige Amt. Ein Kapitel über Organisation, Bremen 1919, S. 7, zitiert in: Wolfgang Schieder / Christof Dipper: Propaganda, a.a.O., S. 102. 367 Philip M. Taylor: Cultural Diplomacy and the British Council, 1934-1939, in: British Journal of International Studies, 4/1978, S. 250. 368 Kurt Düwell: Zwischen Propaganda und Friedenspolitik – Geschichte der Auswärtigen Kulturpolitik im 20. Jahrhundert, in: Kurt-Jürgen Maaß (Hg.): Kultur und Außenpolitik, Baden-Baden 2005, S. 55. 369 Vgl.: Wolfgang Schieder / Christof Dipper: Propaganda, a.a.O., S. 102-103. 370 Kurt Riezler: Tagebücher, Aufsätze, Dokumente, Göttingen 1972, S. 48-49. 371 Kurt Düwell: Zwischen Propaganda und Friedenspolitik, a.a.O., S. 56. 366
3.1 Staatliche Außenkommunikation aus historischer Perspektive
119
dungsbewusstseins getragen ist, zeigen sich erste Ansätze einer Anerkennung der Autonomie der anderen Kultur. Dieses Prinzip des Dialogischen ist heute zu einem der wichtigsten Bestandteile auswärtiger Kulturpolitik geworden. Hatte man in Frankreich bereits 1909/1910 eine koordinierende und kontrollierende Stelle für die auswärtige Kulturpolitik geschaffen, den Service des Oevres Francais à l’Etranger, sollte dies in Deutschland erst nach dem Ersten Weltkrieg geschehen. Im Jahr 1920 wurde die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes gegründet. Ein Umdenken hatte sich eingestellt, weg vom Sendungsbewusstsein und hin zu einer „neuen Sachlichkeit“372 der Weimarer Republik. Der Staatssekretär im Preußischen Kultusministerium und spätere Minister Carl Heinrich Becker formulierte die neue Auffassung in einer Denkschrift von 1919 folgendermaßen: „Von dem Wahn, dass mit Selbstlob und Pressepropaganda Kulturpolitik gemacht werden könne, sind wir befreit. Auch können die üblichen kulturpolitischen Mittel der imperialistischen Völker aus inneren und äußeren Gründen nicht mehr zum Requisit der deutschen Auslandspolitik gehören. Was wir brauchen, ist Verinnerlichung.“373
Ebenfalls in den 1920er Jahren gründeten sich die deutschen Mittlerorganisationen wie der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD) und die Alexander von Humboldt-Stiftung. Im Jahr 1932 schließlich wurde das Goethe-Institut gegründet. Die progressive Einstellung zur auswärtigen Kulturpolitik während der Weimarer Zeit wurde durch die Propaganda der Nationalsozialisten zerstört. Die Abteilung für Kultur im Auswärtigen Amt wurde dem Propagandaministerium unterstellt, ideologisiert und gleichgeschaltet. Gleiches galt für das GoetheInstitut.374 Das Bild Nazi-Deutschlands im Ausland sollte durch propagandistische Aktivitäten, Fehlinformationen und gezielte Manipulationen verbessert werden. Als Reaktion auf die nationalsozialistische Propaganda wurde in Großbritannien im Jahr 1934 das British Council gegründet, um „language, literature, art, science and education“375 zu fördern und einen freien Gedankenaustausch in Europa trotz der verschiedenen faschistischen Regime zu ermöglichen. Die 372
Ebd. Kurt Düwell: Deutschlands auswärtige Kulturpolitik 1918-1932. Grundlinien und Dokumente, Köln/Wien 1976, S. 80-81. 374 Vgl.: Kurt Düwell: Zwischen Propaganda und Friedenspolitik, a.a.O., S. 64-66. 375 H. Schuyler Foster: The official propaganda of Great Britain, in: Public Opionion Quarterly, 3/1939, S. 267, zitiert in: Michael Kunczik: Images of Nations and International Public Relations, a.a.O., S. 63. 373
120
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Durchführung und Koordination von Außenkommunikation begann jedoch auch in Großbritannien bereits früher. Bereits im Jahr 1919 sandte Lord Curzon einen Runderlass an alle Auslandsvertretungen, der die Diplomaten zur Kommunikation ermutigte: „[A] complete and contemptuous silence, however gratifying to our self-respect, is no longer a profitable policy in times when advertisement – whether of past achievement or future aims – is, perhaps unfortunately, almost a universal practice of nations as of individuals.“376
Nach dem Zweiten Weltkrieg war es abermals die Kultur, die der neuen Bundesrepublik den Weg zurück in die Völkergemeinschaft weisen sollte. Das Auswärtige Amt und die Mittlerorganisationen knüpften dabei an ihre Arbeit aus der Weimarer Republik an und machten den dialogischen Austausch zu einem Hauptbestandteil ihrer Arbeit. In den 1970er Jahren wurde der Kulturbegriff dann deutlich erweitert und die auswärtige Kulturpolitik endgültig etabliert. Sie ist bis heute eine tragende Säule der Außenkommunikation.
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy Public Diplomacy beschreibt keine einheitliche Informationsvermittlung von Staaten im Ausland, sondern ein ganzes Spektrum an Prozessen, Inhalten und Funktionen. Die Verschiedenartigkeit der Bereiche, die in die Public Diplomacy fallen, lässt sich sowohl historisch als auch strukturell und funktional begründen. Ein umfassendes Verständnis für die hier enthaltenen Vorgänge ist wichtig, um sie als Element der Strategischen Außenkommunikation richtig einordnen zu können. 3.2.1 Zum Ursprung des Begriffs Der Begriff der Public Diplomacy wurde 1965 von Edmund Gullion an der Fletcher School of Law and Diplomacy der Tufts Universität eingeführt.377 Gullion 376
Philip M. Taylor: The Projection of Britain: British Overseas Publicity and Propaganda, Cambridge 1981, S. 53. Edmond Gullion: Murrow Center Institutional Brochure, Fletcher School of Law and Diplomacy, Tufts University, 1965, in: USIA Alumni Association: What is Public Diplomacy?, www.public diplomacy.org/1.htm#defined, Downoad: 2.10.2007.
377
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
121
war der erste, der den Begriff in seiner modernen Bedeutung definierte, aber nicht der erste, der ihn benutzte. Tatsächlich lässt sich die Etymologie der Public Diplomacy bis in das Jahr 1856 zurückverfolgen. Damals wurde er in einem Artikel der Londoner Times über den amerikanischen Präsidenten Franklin Pierce eingeführt: „The statesmen of America must recollect... that, if they have to make, as they conceive, a certain impression upon us, they have also to set an example for their own people, and there are few examples so catching as those of public diplomacy.“378
Public Diplomacy wird hier als Synonym für die Behandlung der einheimischen Bevölkerung betrachtet und es wird auf die Verbindung des Ansehens im eigenen Land und im Ausland verwiesen. Damit schwingt bereits in dieser frühen Nutzung die Bedeutung der Öffentlichkeit und der öffentlichen Meinung auf die Politik und das Ansehen eines Präsidenten mit. Es sind also schon in der ersten Wortbedeutung zwei Grundlagen gelegt, die bis heute der Definition von Public Diplomacy inhärent sind: Öffentlichkeit und Image, sowohl im Inland als auch im Ausland. In den USA wurde der Begriff erstmals im Jahr 1871 in einem Artikel der New York Times verwendet, der sich gegen die Annektierung der Dominikanischen Republik wandte und statt dessen eine „open, public diplomacy“ forderte, d.h. eine offene Diplomatie im Gegensatz zu der im Ausgang des 19. Jahrhunderts häufig gesehenen Geheimdiplomatie. Damit wurde in gewisser Weise Präsident Woodrow Wilsons Visionen ein früher Weg bereitet: In seinem 14 Punkte-Plan vom 8.1.1918 forderte er nicht nur ein friedenssicherndes internationales System, sondern propagierte auch „there shall be no private international understandings of any kind but diplomacy shall proceed always frankly and in the public view.“379 Diese Beschreibung, die Public Diplomacy mit „open diplomacy“ gleichsetzt, war im Ersten Weltkrieg bereits häufiger verwandt und als „diplomatie publique“ auch in den französischen und damit den diplomatischen Sprachgebrauch aufgenommen worden.380 Auch in die deutsche Politik wurde diese Deutung des Begriffs 1918 aufgenommen, als der damalige Reichskanzler Georg von Hertling am 24. Januar in seiner Rede vor dem Reichstag zum 14 Punkte-Plan Wilsons von der „Publizität der diplomatischen Abmachungen“ sprach. Wilson nahm darauf wiederum Bezug, als er vor dem Kongress am 11.
378
The American President with a Laudable Desire, in: Times, 15.1.1856, S. 6, zitiert in: Nicholas J. Cull: ‚Public Diplomacy’ Before Gullion: The Evolution of a Phrase, Los Angeles 2005, S. 2. 379 William A. Williams: The Shaping of American Diplomacy, Chicago 1971, S. 79. 380 Nicholas J. Cull: ‚Public Diplomacy’ Before Gullion, a.a.O., S. 3.
122
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Februar 1918 berichtete, dass Hertling „the principle of public diplomacy“381 annehme. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt der Begriff in seiner Bedeutung einer offenen Diplomatie neuen Auftrieb. Im Jahr 1946 etwa sprach Henri Spaak bei seiner Wahl zum Präsidenten der UN-Generalversammlung auf deren Eröffnungsversammlung von einem neuen Zeitalter der Public Diplomacy,382 während die Londoner Times Public Diplomacy als „[one of the] catch-phrases and slogans masquerading as principles of foreign policy“383 titulierte. Ab den 1950er Jahren wurde Public Diplomacy mit Bezug auf die direkte Ansprache der Öffentlichkeit in den internationalen Beziehungen verwandt. Lippmann schrieb 1953 in diesem Zusammenhang: „[one] might argue that practice of public diplomacy and of propaganda and of psychological warfare had become such a plague“384 – in der Hoffnung, dass sich der Kalte Krieg von der symbolischen Politik auf die Ebene der Darstellungspolitik zurückverlagern würde. Diese frühe Analyse der „elements of showmanship“.385 das den außenpolitischen Darstellungen des Kalten Krieges bereits in diesem frühen Stadium zugesprochen wurde, zeigt: Public Diplomacy kann bereits in der Nachkriegszeit als Element der Mediatisierung von Außenpolitik betrachtet werden. In den nächsten Jahren wurde der Begriff entsprechend in der angelsächsischen Politik und Presse als euphemistisches Synonym für Propaganda dargestellt. Public Diplomacy wurde weiterhin hauptsächlich in den USA für die Benennung aller Auslandsaktivitäten mit dem Ziel des winning hearts and minds386 benutzt, die sich an Öffentlichkeiten und nicht an ausländische Regierungen wandte. Er verband damit erstmals Instrumente der Außenkulturpolitik, der Public Relations und des Marketing. Erst seit dem Milleniumswechsel wird der Begriff der Public Diplomacy auch international verstärkt eingesetzt, sowohl von Regierungen als auch von Medien und nicht-staatlichen Akteuren.387 381
President’s Address to Congress – a Reply to Herzling’s and Czernin’s Peace Terms, in: Washington Post, 12.2.1918, zitiert in: Nicholas J. Cull: ‚Public Diplomacy’ Before Gullion, a.a.O., S. 3. 382 Arthur Altschul: Addresses by Truman, Impellitteri and Spaak at opening of the UN assembly, 24.10.1946, S. 2. 383 Diplomacy, Public and Private, in: Times, 14.3.1946, S. 5, zitiert in: Nicholas J. Cull: ‚Public Diplomacy’ Before Gullion, a.a.O., S. 4. 384 Walter Lippmann: Today and Tomorrow: Talking about Talking, in: Washington Post, 19.11.1953, zitiert in: Nicholas J. Cull: ‚Public Diplomacy’ Before Gullion, a.a.O., S. 5. 385 Nicholas J. Cull: ‚Public Diplomacy’ Before Gullion, a.a.O., S. 5. 386 “Winning Hearts and Minds” kam während des 2. Weltkriegs als Slogan der U.S.-Armee auf, um auszudrücken, dass der Sieg über Deutschland nicht nur militärisch, sondern auch moralisch errungen werden musste. Der Slogan wurde von der Public Diplomacy aufgegriffen und beschreibt seithin ihren Ansatz besonders griffig. Vgl. u.a.: Jan Melissen: The New Pubic Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 21. 387 Vgl.: Nicholas J. Cull: ‚Public Diplomacy’ Before Gullion, a.a.O., S. 6-8; Jan Melissen: The New Pubic Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 2-10.
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
123
Public Diplomacy bewegt sich im Spektrum zwischen Persuasion und wechselseitiger Verständigung, wobei beide Seiten als Pole auf einem Kontinuum möglicher Strategien aufgefasst werden müssen und in engen Wechselbeziehungen miteinander stehen. Dieser Dualismus wird in der Forschung auch als politische Information (Persuasion) und kulturelle Kommunikation (Verständigung) bezeichnet.388 Die Persuasionsstrategie ist dabei zweistufig aufgebaut: Der Grund für die so versuchte Beeinflussung fremder Öffentlichkeiten ist der Wunsch der Einflussnahme auf die zugehörige Regierung „im Sinne der Interessen des Public Diplomacy betreibenden Staates“389. Public Diplomacy ist in dieser Form also eine Variante der Machtpolitik. Die kulturelle Kommunikation auf dem anderen Ende der Skala dagegen „zielt ab auf wechselseitiges Verständnis in einer auf Langfristigkeit angelegten Präsentation der Gesamtgesellschaft bzw. von Teilaspekten derselben.“390 Hier finden sich die Ansätze der auswärtigen Kulturpolitik, die einen zweiten wichtigen Teilbereich der Public Diplomacy darstellt. Das große Spektrum der Kommunikationsmöglichkeiten, Funktionen und Interessen hat einige Wissenschaftler391 veranlasst, die Nützlichkeit des Oberbegriffs Public Diplomacy zu bezweifeln und für eine Trennung der Aspekte auswärtiger Kulturpolitik zu plädieren. Dies würde jedoch bedeuten, sich im Bemühen, Gut von Böse trennen zu wollen, den machtpolitischen Aspekten staatlicher Außenkommunikation zu verschließen.
3.2.2 Public Diplomacy in der PR-Forschung Wie in den Ausführungen zum Forschungsstand bereits beschrieben, haben sich innerhalb der PR nur wenige Wissenschaftler eigehend mit Public Diplomacy und ihren Implikationen beschäftigt: „the theoretical and practical public relations literature has been conspiciously silent.“392 Nichtsdestotrotz gab es immer wieder Ansätze, die offenkundigen Überschneidungen zwischen Public Diplomacy und der PR zu benennen. Die wichtigsten Thesen hierzu werden kurz aufgeführt, um zu belegen, dass die beobachteten Überschneidungen, die zur hier vorgenommenen Verortung der Public Diplomacy als Teilbereich der Strategi-
388
Vgl.: Gifford Malone: Political Advocacy and Cultural Communication. Organizing the Nation’s Public Diplomacy, Lantham/New York/London 1988; Benno Signitzer: Staaten im internationalen System, a.a.O., S. 496-505. 389 Benno Signitzer: Staaten im internationalen System, a.a.O., S. 497. 390 Ebd. 391 Vgl.u.a.: Gifford Malone: Political Advocacy and Cultural Communication, a.a.O. 392 Benno Signitzer / Timothy Coombs: Public Relations and Public Diplomacy, a.a.O., S. 138.
124
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
schen Außenkommunikation und damit als Teil der PR auch von anderen Wissenschaftlern benannt wurden. Benno Signitzer ist einer der PR-Forscher, der sich ausführlicher mit der Problematik der Public Diplomacy und ihrer Einordnung beschäftigt hat.393 Er zeigt in seinen Artikeln die Problematik des Begriffs auf, mit Verweis auf weitere zu integrierende Bereiche wie etwa Außenwirtschaftsförderung und Tourismus sowie auf seine enge Verknüpfung mit dem außenpolitischen System.394 Außerdem nennt er die Notwendigkeit der Anwendung von PR-Theorien zur Einbettung der Forschungsergebnisse zur Public Diplomacy.395 Sitznitzer spricht sich für eine Übernahme des Ebenenmodells aus, in dem die Makroebene der Untersuchung für das Weltsystem stehen würde, die Mesoebene für die Staatssysteme und die Mirkoebene für die außenpolitischen Systeme der jeweiligen Staaten.396 Außerdem sieht er Sarcinellis Akteursperspektive der Politikvermittlung als geeignet an, um Forschungsergebnisse der Public Diplomacy zu integrieren, da auch diese „Informationen liefern, für neue politische Problemstellungen sensibilisieren und durch Offerierung von politischen Alternativen den Adressaten Urteils- und Entscheidungshilfen geben“397 sollen. Diese können informatorisch, appelativ oder pädagogisch-didaktisch ausgerichtet sein. Schließlich spricht er sich für eine Übernahme von Modellen der Managementfunktionen von PR und von marketingtheoretischen Sichtweisen von PR aus, welche „die Frage nach einer effizienten Kommunikation der ,Produkte‘ und ,Dienstleistungen‘ des Unternehmens Deutschland (inklusive standortpolitische Dimensionen) besser fokussieren und vor allem den Evaluierungsgedanken fördern.“398
393
Vgl. u.a.: Benno Signitzer: Anmerkungen zur Begriffs- und Funktionswelt von Public Diplomacy, in: Wolfgang Ambrecht / Horst Aventarius / Ulf Zabel (Hg.): Image und PR: Kann Image Gegenstand einer Public Relations Wissenschaft sein? Opladen 1993; Ders.: Public Relations and Public Diplomacy, in: Walter Mahle (Hg.): Deutschland in der internationalen Kommunikation, Konstanz 1995; Ders.: Public Diplomacy: A Specific Governmental Public Relations Function, in: Vincent Hazleton / C. Botan (Hg.): Public Relations Theory II, Mahaw 2003; Ders.: Staaten im internationalen System, a.a.O., S. 496-505; Benno Signitzer / Timothy Coombs: Public Relations and Public Diplomacy, a.a.O., S. 137-147. 394 Benno Signitzer: Staaten im internationalen System, a.a.O., S. 499 und 502. 395 Elisabeth Pitterle: Außenpolitische Öffentlichkeitsarbeit: Struktur-, Begründungs- und Funktionszusammenhang, Dissertation, Salzburg 1992, S. 269, zitiert in: Benno Signitzer: Staaten im internationalen System, a.a.O., S. 500. Pitterle promovierte bei Signitzer. 396 Vgl.: Benno Signitzer: Staaten im internationalen System, a.a.O., S. 503. 397 Ulrich Sarcinelli: Politikvermittlung im Blickfeld politischer Bildung. Ein Ansatz zur Analyse politischer Wirklichkeit, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politikvermittlung und politische Bildung, Bad Heilbrunn 1990, S. 28. 398 Benno Signitzer: Staaten im internationalen System, a.a.O., S. 504.
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
125
Peisert hat bereits 1978 ein Modell der kulturellen Kommunikation entwickelt, das – wie Grunigs / Hunts PR-Modell – verschiedene Kommunikationsformen in der Außenkulturpolitik definiert und nach Interaktionswillen und Integrationswillen voneinander unterscheidet. Damit verortet er die kulturellen Aktivitäten von Staaten: hier die imperialistisch-hegemonial orientierte einseitige Darstellung der eigenen Kultur zu erzieherischen Zwecken bei gleichzeitigem Desinteresse an den kulturellen Werten des Ziellandes; dort eine Außenkulturpolitik, die Austausch und Kooperation zum Ziel hat, wenn sie mit einer erzieherischen Note umgesetzt wird oder einfach die Information über die eigene Kultur, wenn sie den kulturellen Status Quo im Zielland akzeptiert. Hier wird also eine Entwicklungslinie nachgezeichnet mit der Idealvorstellung einer Außenkulturpolitik, deren Ziel der genuine Dialog ist, also die symmetrische Kommunikation. Die Außenkulturpolitik innerhalb der aktuellen Public Diplomacy sollte sich dabei hauptsächlich an den linken Diagrammfeldern orientieren.399
Abbildung 2:
Modell Kultureller Kommunikation nach Peisert400
Signitzer / Coombs vergleichen die vier Modelle der PR von Grunig / Hunt mit dem Außenkulturpolitikmodell von Peisert.401 Dabei gehen sie von der Grundan399
Vgl.: Cynthia Schneider: Culture Communicates: US Diplomacy That Works, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Basingstoke 2005, S. 147-164. Vgl.: Hansgert Peisert: Die Auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland: Sozialwissenschaftliche Analysen und Planungsmodells, Stuttgart 1978, dargestellt in: Benno Signitzer / Timothy Coombs: Public Relations and Public Diplomacy, a.a.O., S. 143. 401 Vgl. ebd., S. 137-147. Zu Signitzer/Coombs Ansatz muss kritisch angemerkt werden, dass Peisert sein Modell zur Außenkulturpolitik entwickelt hat, nicht zur allgemeinen Public Diplomacy. Damit ist hier also nur ein Teilbereich der Public Diplomacy abgedeckt, während die Auswirkungen anderer 400
126
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
nahme aus, dass die Zielvorstellungen beider Ansätze, nämlich „effect public opinion for the benefit of their client / organization“402, übereinstimmen, ebenso wie die Sekundärziele „information exchange, the reduction of cliches and prejudices, the creation of sympathy... and image-building.“403 Der Vergleich der beiden Theorieansätze verdeutlicht die hohe Korrelation zwischen beiden Bereichen. Er stellt aber auch die Probleme der symmetrischen Kommunikation dar: Diese ist nur in den Teilbereichen der Public Diplomacy gegeben, in denen der direkte Dialog mit den Rezipienten möglich und gewollt ist, wie in der Außenkulturpolitik. Die gleiche Problematik gilt für symmetrische Kommunikation in der PR. Im Jahr 2006 legten Signitzer / Wamser eine weitere Studie zu Public Diplomacy und PR als Managementfunktion vor. Darin gehen sie von der Grundannahme aus, dass die Komplexität der internationalen Beziehungen und die zunehmende Bedeutung nicht-staatlicher Akteure ein Umfeld geschaffen hätten, das es nötig mache, „to attempt a coordination of theoretical concepts, theories, and models“404 zwischen Public Diplomacy und PR. Sie beschrieben Public Diplomacy darin als „specific governmental public relations function“405 und finden besonders in der strategischen Ausrichtung der Kommunikation Überschneidungen: „[They are both] strategic communication functions of either organizations or nation-states, and typically deal with the reciprocal consequences a sponsor and its public have upon each other.“406
Diese Thesen sind fundamental für die in dieser Arbeit vorgenommene Definition von Strategischer Außenkommunikation. Außerdem stellten sie fest, dass die Mitarbeiter eine grenzüberschreitende Rolle einnehmen würden, „[with] one foot in the organization and one outside.“407 Dies ist ein deutlicher Unterschied zur traditionellen Rolle der Diplomaten, die ihre Identität allein aus ihrer Rolle im Netz der Diplomatie des Heimatstaates rekurrierten. Weitere ÜbereinstimmunEbenen, wie etwa die Bereiche der politischen oder wirtschaftlichen Information und Persuasion, vernachlässigt werden. Dies liegt unter anderem daran, dass es zur Zeit, als der Artikel erschien, hierfür keine wissenschaftlichen Modelle gab, obwohl diese Bereiche für die Anwendung der Public Diplomacy immer wichtig waren. Hierauf wird im Artikel jedoch an keiner Stelle verwiesen. 402 Benno Signitzer / Timothy Coombs: Public Relations and Public Diplomacy, a.a.O., S. 139. 403 Ebd. 404 Benno Signitzer / Carola Wamser: Public Diplomacy: A Specific Governmental Public Relations Function, in: Carl H. Botan / Vincent Hazelton (Hg.): Public Relations Theory II, Mahwah, N.J. 2006, S. 444. 405 Ebd., S. 435. 406 Ebd., S. 441. 407 Ebd., S. 443.
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
127
gen beinhalten „intelligence gathering (research, environmental scanning), being representational (rhetoric, oratory, advocacy), dialogic (negotiation, peacemaking), and advisory (counselling).“408 Ein weiteres Konzept der Übertragung von PR-Theorien auf Public Diplomacy hat Seon-Hun Yun in seiner Dissertation verfolgt. Er versuchte einen Theorieaufbau der Public Diplomacy durch die Übertragung von Dozier / Grunig / Grunigs Modell der exzellenten PR anhand einer empirischen Studie der Public Diplomacy-Arbeit verschiedener Botschaften in Washington, D.C., wobei er als Elemente der Exzellenz die Kultur, das politische System, das Interessengruppen-System und dessen interstaatliche Abhängigkeiten definierte. Die Studie kam nicht nur zu interessanten Ergebnissen auf den verschiedenen Ebenen der Exzellenzdefinition,409 sondern stellte die übergreifende These auf, dass „the findings confirmed an empirical convergence between public relations and public diplomacy not only at the level of communication behavior but also at the level of communication management.“410
Dies zeigt einmal mehr, dass Public Diplomacy eine Spezifizierung der Public Relations für den außenpolitischen Bereich darstellt und keine genuin diplomatische Erscheinung ist. Abgesehen von der Problematik der Verallgemeinbarkeit der Erkenntnisse von den untersuchten Botschaftsabteilungen in Washington auf allgemeine staatliche Public Diplomacy-Strategien liegt die Problematik der Arbeit Yuns in der Verengung auf funktionale Aspekte der Public Diplomacy, ohne eine soziologisch-gesellschaftliche Einordnung vorzunehmen. Gilboa erstellte ein Theoriemodell zur Verortung der Rolle der Medien in den internationalen Beziehungen und ordnet hier die Public Diplomacy als eine von sechs Ausprägungsformen manipulativer Diplomatie an.411 Sein Modell ist 408
Ebd., S. 443. Auf der kulturellen Ebene bestätigt Yun die Framing-These, dass die Vermeidung kultureller Unterschiede die höchste Mobilisierungsrate und damit also die höchste Relevanz in der Durchführung von Public Diplomacy-Maßnahmen hat. Entsprechend hatten für die untersuchten Botschaften in Washington die kulturellen Unterschiede für das Public Diplomacy-Verhalten kaum Relevanz, da alle versuchten, sich der amerikanischen Kultur anzupassen. Weiteres Ergebnis das bessere Public Diplomacy-Management nicht-demokratischer Staaten gegenüber liberalen Demokratien auf Grund der besseren Koordination und Führungsklarheit. Schließlich, so Yun, waren Public DiplomacyMaßnahmen, die von örtlichen PR- und Lobbying-Agenturen umgesetzt wurden im Durchschnitt erfolgreicher als die der Botschaften, weil so Expertenwissen in Mangement und kultureller Nähe eingekauft wurde. Vgl.: Seong-Hun Yun: Toward Theory Building for Comparative Public Diplomacy from the Perspecives of Public Relations and International Relations: A Macro-Comparative Study of Embassies in Washington, D.C., Dissertation, University of Maryland, College Park 2005, S. 257-288. 410 Ebd., S. 292-303. 411 Eytan Gilboa: Mass Communication and Diplomacy, a.a.O., S. 275-309. 409
128
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
in zwei Gruppen eingeteilt, wobei die erstere, bestehend aus Geheimdiplomatie, Closed-door Diplomatie und offener Diplomatie, Formen der Informationsunterdrückung untersucht.412 Gilboa konzentriert sich dabei ausschließlich auf die Rolle der staatlichen Pressearbeit bei internationalen Konferenzen wie dem G8Gipfel, Nahostverhandlungen, den EU-Gipfeln oder der Generalversammlung der UN und schließt die Informationszurückhaltung und -kontrolle von Regierungen in „normalen“ Zeiten aus. Ebensowenig geht er auf den gestiegenen Einfluss nicht-staatlicher Akteure im internationalen Meinungsbildungsprozess ein. Public Diplomacy wird gemeinsam mit Mediendiplomatie und der MediaBroker-Diplomacy in der zweiten Gruppe verortet, die die Nutzung der Medien im transnationalen Informationsprozess darstellen soll. Dabei ist Gilboas Definition von Public Diplomacy jedoch verkürzt. Ohne empirische oder auch theoretische Beweisführung sieht er diese als Euphemismus für Propaganda und bleibt damit in der Begriffsbestimmung der frühen 1950er Jahre verhaftet, ohne im Modell oder in der Definition auf die Weiterentwicklungen der Public Diplomacy einzugehen. Er definiert sie weiter als „model of one-sided communication pusued mostly in international confrontations.“413 Auch dies ist so nicht richtig, weil die Arbeit der Public Diplomacy nicht ausschließlich auf Situationen staatlicher Konfrontationen und Krisenkommunikation beschränkt ist. Diese Bestimmung ist der amerikanischen Public Diplomacy des Kalten Krieges entliehen, für eine allgemeine Definition internationaler PD-Aktivitäten jedoch nicht haltbar. Insgesamt lässt sich also feststellen, dass es erst wenige Annäherungsversuche zwischen den Themenbereichen der Public Relations und der Public Diplomacy gegeben hat – obwohl Public Diplomacy eine Übertragung der Erkenntnisse der PR-Theorie und der Thesen der politischen Kommunikation auf den außenpolitischen Bereich darstellt. Im Hinblick auf die weitere Forschung gilt deshalb folgende Kritik Osticks:
412
Unter Geheimdiplomatie wird der völlige Ausschluss der Öffentlichkeit bei Verhandlungen verstanden, auch der Umstand, dass die Verhandlungen überhaupt geführt werden, ist geheim. „ClosedDoor-Diplomacy“ wurde als Begriff von Gilboa neu entwickelt und bezeichnet den Umstand, dass die Journalisten bei Informationssperre vor verschlossenen Türen gehalten werden, um die Verhandelnden von dem Druck der öffentlichen Meinung zu isolieren. „Closed-Door-Diplomacy“ hat heute die Geheimdiplomatie weitgehend ersetzt, weil sie medienaffiner ist. Offene Diplomatie bezeichnet den offenen Zutritt von Medienvertretern zu internationalen Verhandlungen. Eine Manipulierbarkeit der Medien ist hier vor allem durch einseitige Informationsausgabe auf Pressekonferenzen und Interviews gegeben. Vgl.: Ebd., S. 278-290. 413 Ebd., S. 290.
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
129
„If we continue to view public diplomacy as exceptional, we deny ourselves access to a wealth of information and tried techniques used in public relations around the world.“414
3.2.3 Public Diplomacy als Paradigmenwechsel der Diplomatie? Die Auswirkungen der Globalisierung und der Informationsrevolution sind für die Fortführung der internationalen Beziehungen und der Diplomatie gravierend. Ihre bisherigen Werkzeuge reichen nicht aus, um die komplexen weltweiten Vorgänge zu steuern: „The responsibility of politicians and diplomats is no longer solely to think in terms of national interests, it is to align the way nations see their own interests with the new global imperatives... action by governments alone is not sufficient, whereas previously, responsibility for foreign policy resided in an elite group of specialist diplomats“415,
zitiert Vickers den ehemaligen britischen Außenminister Peter Hain. Die einzige Möglichkeit, adäquat auf die globalen Herausforderungen zu reagieren, so Hain weiter, lägen in „new forms of engagement and negotiation, in which governments allow more space for others with legitimate contributions to make.“416 Deutliche Folgen für die Diplomatie hat auch die zunehmende Bedeutung der Öffentlichkeit in (außen-)politischen Prozessen: Diplomatie kann nicht mehr abgeschirmt von Medien und Öffentlichkeit agieren und muss ihre kommunikativen Regeln und Formen der neuen Realität anpassen. Der Wandel der Diplomatie zeigt sich auch anhand der zunehmenden Bedeutung von nicht-staatlichen Akteuren und NGOs in außenpolitischen Prozessen. Diese sind in häufig in Netzwerken organisiert. 417 Dies gibt ihnen eine hohe 414
William A. Ostick: Public relations, U.S. Public Diplomacy and Foreign Policy Public Affairs, The International Commerce and Policy Program, George Mason University 2002, zitiert in: Megan V. Vandekerckhove: Domestic Public Diplomacy, Public Relations Strategy and Foreign Policy During the Persian Gulf War – Implications for Democracy, M.A.-Arbeit, University of Florida 2004, S. 29 und 65. 415 Rhiannon Vickers: The New Public Diplomacy: Britain and Canada compared, in: British Journal of Politics and International Relations, 6, 2/2004, S. 191. 416 Ebd. 417 Netzwerke werden definiert als „a set of relatively stable relationships which are of a nonhierarchical and intedependent nature linking a variety of actors, who share common interests with regard to a policy and who exchange resources to pursue these shared interests acknowledging that co-operation is the best way to achieve common goals“. (Diana Stone: Networks, Second Track Diplomacy and Regional Co-operation: The Role of Southeast Asian Think Tanks, Vortrag auf der 38. International Studies Convention, Toronto, 22.-25.3.1997, S. 2.). In ihrer Idealform stellen sie also eine Image- und Werteplattform ohne Hierarchieebenen dar, auf der Akteure mit ähnlichen
130
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Flexibilität und die Möglichkeit, durch Einbindung von Teilöffentlichkeiten verschiedener Länder sowie über die Setzung moralisch aufgeladener Themen in den Medien deutlichen Einfluss auf nationale, vermehrt aber auch auf internationale politische Prozesse zu nehmen. Solche transnationalen Netzwerke sind eine Herausforderung für politische und diplomatische Systeme. Sie beschleunigen die staatliche Machterosion und führen dazu, dass sich die hierarchisch agierenden staatlichen Strukturen den flexiblen Netzwerken anpassen müssen, um deren Medienaffinität zu kontern und eigene Themen erfolgreich zu setzen. Der Wandel der Diplomatie durch Globalisierung und Informationsgesellschaft ist als so gravierend zu betrachten, dass man von einem Paradigmenwechsel sprechen kann, bei dem die traditionellen Diplomatieausprägungen zu Gunsten einer offeneren, kooperativeren Diplomatie abgeschwächt werden. Diese wird einerseits durch die Integration nicht-staatlicher Akteure demokratisiert, indem sie auf Interaktivität und symmetrische Kommunikation setzt,418 andererseits jedoch weiterhin mit dem einzigen Zweck betrieben, die Interessen des Staates durchzusetzen. In dieser Hinsicht sind Gilboas sechs Modelle der manipulativen Diplomatie trotz ihrer methodischen und definitorischen Probleme als wichtige Annäherung der Forschung an die Reaktion der Diplomatie auf die veränderten Realitäten der internationalen Beziehungen anzusehen. Trotz ihrer gesteigerten Bedeutung löst die Public Diplomacy traditionelle diplomatische Arbeitsweisen jedoch nicht ab. Sie stellt vielmehr eine wichtige Erweiterung des Systems dar, um der zunehmenden Komplexität des globalen Systems Rechnung zu tragen. Der Charakter der neuen Diplomatie kann, abstrakt ausgedrückt, als Darstellung von Wertvorstellungen und Normen verstanden werden, die durch die Interaktion von Images der miteinander in Beziehung stehenden Staaten generiert werden. Wertevorstellungen symmetrisch agieren. Kunczik definiert Netzwerke ganz allgemein als Verhaltenskonstrukt von Sozialem System und Systemumwelt folgendermaßen: „Soziale Systeme sind mit ihrer jeweiligen Umwelt durch ein Netzwerk materieller und informationeller Transaktionsbeziehungen verknüpft, wobei Effektivität mit der Erhaltung eines ‚günstigen’ Fließgleichgewichts verbunden ist. ‚Günstig’ bedeutet hierbei, dass sich ein System von Interferenzen aus der Umwelt weitgehend freihalten kann und die Umwelt zum eigenen Vorteil kontrolliert.“ (Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 195-196.) Hieraus wird deutlich, dass die Symmetrie der Kommunikation die Effektivität aller Netzwerke erhöht sowie dass Zweck des Netzwerks immer die Kontrolle der Umwelt ist. Beide Beobachtungen lassen sich direkt auf politisch-diplomatische transnationale Netzwerke anwenden. Kaisers Beobachtung, dass Netzwerke Ausprägungen der horizontalen Kommunikation transnationaler Gesellschaften sind, fügt dem noch den Aspekt der notwendigen Hierarchieumgehung bei. Je stärker die transnationalen Öffentlichkeiten durch den von Habermas beschriebenen Strukturwandel der Gesellschaft werden, desto stärker wächst also die horizontale Kommunikation. Vgl.: Karl Kaiser: Transnationale Politik, a.a.O., S. 101-103. Als Standardwerk zur Netzwerktheorie im Informationszeitalter: Manuel Castells: The Rise of the Network Society, London 1996. 418 Brian Hocking: Multistakeholder Diplomacy, a.a.O., S. 11-13.
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
131
3.2.4 Public Diplomacy in der Soft Power-Argumentation von Joseph Nye Nicht nur die internationalen Machtstrukturen sind von den oben beschriebenen Änderungen betroffen, sondern auch die Formen der Machtausübung durch Staaten. Macht wird definiert als: „the desire of one actor to persuade or compel another to act or not to act in a certain way... [and] a continuing preoccupation that links together centuries of international relations.“419
Das bedeutet, dass die Zunahme der Akteure auf dem internationalen Spielfeld ein drastisches Anwachsen des Wettbewerbs um die Ressource Macht beinhaltet, die sehr unterschiedlich verteilt ist: „the sheer range of actors, issues and interactions have fundamentally altered the background against which power has to be considered.“420 Die klassische Definition von Macht als Instrument der Kontrolle in den internationalen Beziehungen ist mit dem Nationalstaat verbunden und damit mit der Verfügbarkeit von: „population, territory, natural resources, economic size, military forces and political stability.“421 Diese Komponenten werden auch als Hard Power definiert.422 Die traditionellen Machtinstrumente Militär und Kohäsionskraft greifen im aktuellen Umfeld jedoch nicht mehr allein. Obwohl diese Faktoren auch heute noch ihre Bedeutung haben, verschiebt sich das Gewicht – weg von der militärischen Macht, die durch Territorium, Militärausgaben und Größe der Bevölkerung ausgedrückt wird, hin zu Faktoren wie Technologie, Bildung und wirtschaftlichem Wachstum. Der Grund für diese Verschiebung liegt in der zunehmenden Interdependenz des internationalen Systems. Militärische Alleingänge mit dem Ziel der Verhaltensänderung von Staaten werden durch hohe Opportunitätskosten nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch sehr teuer. Stattdessen werden multilaterale Koalitionen und friedliche Formen der Interessensausübung begünstigt.423 Joseph Nye hat aus diesen Entwicklungen die These entwickelt, dass die traditionellen Machtressourcen, die Hard Power, nicht ausreichen, um in der veränderten Welt den staatlichen Einfluss zu erweitern. Stattdessen sind neue Formen der Machtausübung nötig, mit denen sich Staaten dem Wettbewerb um 419
Brian Hocking / Michael Smith: World Politics, a.a.O., S. 193. Nye definiert Macht in ähnlicher Weise aber etwas differenzierter als: „ability to do things and control others, to get others to do what they otherwise would not.“ Hierbei wird der Zwang, der durch Macht ausgeübt wird, sehr gut deutlich. Vgl. auch: Joseph Nye: Soft Power, in: Foreign Policy, a.a.O., S. 154. 420 Brian Hocking / Michael Smith: World Politics, a.a.O., S. 193-194. 421 Joseph Nye: Soft Power, in: Foreign Policy, a.a.O., S. 154. 422 Ebd. 423 Ebd., S. 156-157.
132
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Attraktivität, Legitimation und Glaubwürdigkeit stellen können. Die zughörigen Instrumente lauten: „communications, organizational and institutional skills, and manipulation of interdependence.“424 Es vollzieht sich also eine Machtverschiebung von traditionellen Ressourcen hin zu Information und Kommunikation. Damit einher geht eine Anerkennung des Einflusses von Medien und öffentlicher Meinung auf den Prozess der internationalen Beziehungen: „The ability to share information – and to be believed – becomes an important source of attraction and power.“425 Diese Form der Machtausübung durch Attraktivität und ein gutes Image nennt Nye Soft Power.426 Er definiert sie wie folgt: „It is the ability to get what you want through attraction rather than coercion or payments. It arises from the attractiveness of a country’s culture, political ideals, and policies. When our policies are seen as legitimate in the eyes of others, our soft power is enhanced.“427
Die Unterscheidung zwischen der traditionellen Hard Power und Soft Power besteht also nicht in den Zielen der Machtpolitik, sondern in ihren Instrumenten. Nye propagiert nicht die Ablösung des Hard Power-Konzepts durch Soft Power – dies würde letztlich zur Unterordnung der Außenpolitik unter die Bedürfnisse des Mediensystems, also zur völligen Mediatisierung der Außenpolitik, führen. Er argumentiert stattdessen, dass beide Konzepte zur Smart Power zusammengeführt werden müssen: „the skillful combination of both. Smart power means developing an integrated strategy, resource base, and a tool kit to achieve... objectives, drawing on both hard and soft power... Providing for the global good is central to this effort.“428
Die Tabelle unten verdeutlicht Nyes Konzepte der Machtaufteilung nach militärischer und wirtschaftlicher Macht (die beide in den Bereich der Hard Power fallen) und Soft Power. Es lässt sich ablesen, dass es sich bei Soft Power zu gro424
Ebd., S. 158. Joseph Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 31. 426 Joseph Nye: Soft Power, in: Foreign Policy, a.a.O., S. 164. Das Konzept der Soft Power wurde von Nye in seiner Publikation „Bound to Lead“ im Jahr 1990 entwickelt und gilt seitdem als wegweisende These zur Erklärung der Machtverhältnisse des beginnenden 21. Jahrhunderts. 427 Joseph Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. x. Es ist hierbei wichtig anzumerken, dass auch nicht-staatliche Akteure und besonders NGOs über Soft Power verfügen und diese in der internationalen Interaktion und Kommunikation auch einsetzen, teilweise mit negativen Folgen für die staatliche Machtpolitik: „Nonprofit institutions with soft power of their own can complicate and obstruct government efforts, and commercial purveyors of popular culture can hinder as well as help government achieve ist objectives. Ebd., S. 32. 428 Joseph Nye / Richard Armitage: CSIS Commission on Smart Power. A Smarter, More Secure America, Washington, DC 2007, S. 7. 425
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
133
ßen Teilen um mediatisierte Politik handelt, die in erster Linie durch Public Diplomacy umgesetzt werden kann und soll, wobei dies die Vermittlung von Kultur und Werten über alle verfügbaren Kommunikationskanälen umfasst.
Machtkonzepte nach Nye (abgewandelte Darstellung)429 Das Soft Power-Modell ist vielfach angegriffen worden, hauptsächlich von konservativen Politikern und Wissenschaftlern, die Nye vorgeworfen zu haben, dass Kultur, Wertevermittlung und internationales Agenda Setting keine Machtfaktoren darstellen, weil sie keine sichtbaren Machtvorteile sichern könnten. Die einzige Evaluationsform von Soft Power sei die internationale Bewertung des Images eines Landes in Meinungsumfragen.430 Ein weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde Kontrollfähigkeit von Attraktivität in demokratischen Gesellschaften, da diese zu großen Teilen gerade von nicht staatlichen Akteuren geschaffen werde, mit denen ein Staat zwar kooperieren könne, die er jedoch bei Wahrung der demokratischen Rechte nicht beeinflussen dürfe. Man denke etwa an die Imagewirkung Hollywoods oder der amerikanischen Pop Musik-Kultur für die 429
Ebd., S. 31. Vgl.: Neill Ferguson: Power, in: Foreign Policy, 134/2005, S. 21-22; Joseph Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 15.
430
134
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
USA.431 Nye begegnet dieser Kritik mit dem Argument, dass die mangelnde Kontrollfähigkeit des Staates über seine – meist kulturelle – Attraktivität selbst ein Grund für dessen positives Image darstelle, da sie sein demokratisch-liberales Kapital unterstreiche.432
3.2.5 Auswärtige Kulturpolitik und Public Diplomacy Die Bedeutung der Kultur für die Identitätssteigerung nach innen und die Selbstdarstellung nach außen wurde bereits von der Nationalismusforschung untersucht. Kultur galt zu Zeiten der Nationsbildung als Ausdruck und Beweis nationaler Eigenständigkeit. Teile der Hochkultur, denen man einen besonderen nationalen Wert zusprach, wurden zur offiziellen Nationalkultur erklärt und sollten nach innen wie außen die eigene Vorstellung einer Kulturnation vermitteln. Die Kultur wurde von den frühen Nationalstaaten instrumentalisiert, um die zur Nationswerdung notwendigen Imagined Communities zu etablieren. Symbolen (im Sinne von Personifikationen der Nation wie der Marianne, Onkel Sam oder der Germania sowie von Denkmälern), Feiern, Mythen, der Literatur und dem Theater kamen dabei eine besondere Bedeutung zu.433 Die Vermittlung nationaler Kultur nach außen ist bis heute ein zentrales Element der Außenpolitik. Beispielhaft sei hier die Bedeutung der auswärtigen Kulturpolitik434 für die Bundesrepublik Deutschland dargestellt: Der damalige 431
Kotler et al. Verweisen in diesem Zusammenhang auf den Einfluss von Popkultur auf das Fremdbild einer Nation, das umso stärker ist, je bekannter die Popkultur des jeweiligen Landes ist. Insofern ist die USA hier ein gewichtiges Beispiel, generell können jedoch alle Staaten ihre Popkultur für die eigene Außenkommunikation nutzen, wie dies auch häufig getan wird. Beispiel hierfür sind etwa die vom Goethe-Institut geförderten Tourneen deutscher Bands. Vgl.: Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 266-270. 432 Vgl.: Joseph Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 17. 433 Vgl. Miroslav Hroch: Das Europa der Nationen, a.a.O., S. 171-178 und 201-234; Ernst Haas: Nationalism, Liberalism, and Progress, a.a.O., S. 39-40. 434 Für die Nutzung der Kultur zur Selbstdarstellung von Staaten und zum kooperativen Austausch gibt es mehrere deutsche Begriffe, die synonym verwendet werden. In dieser Arbeit wird von Außenkulturpolitik gesprochen. Weitere Begriffe wären die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP), die Auslandskulturpolitik, die Auslandskulturarbeit sowie die Außenkulturförderung. Vgl. u.a. Hans Winkler: Internationale Resonanzen – Der Beitrag der Kultur zur Public Diplomacy, Vortrag auf der Österreichischen Auslandskulturtagung 2006, Wien 7.9.2006; Deutscher Bundestag: Neujustierung der Auswärtigen Kulturpolitik, Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, Alexander Bonde, Kai Gehring, Katrin GöringEckardt, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS90/DIEGRÜNEN, Drucksache 16/6604, 16. Wahlperiode, Berlin 10.10.2007. In dem Text werden die Begriffe alternierend und synonym gebraucht.
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
135
Außenminister Willy Brandt definierte sie im Jahr 1967 als Vermittlung von Kultur aus Deutschland sowie von deutscher Sprache über die Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amtes, die Goethe-Institute und weitere Mittlerorganisationen als „Dritte Säule“435 der Außenpolitik, gleichwertig mit Friedens- und Außenhandelspolitik. Für Hildegard Hamm-Brücher war sie in ihrer Zeit als Staatsministerin im Auswärtigen Amt eine „Dritte Dimension“436, für Dieter Sattler die „Dritte Bühne“437. Bis heute wird sie weiterentwickelt und in den außenpolitischen Prozess eingebunden, um dessen Ziele zu unterstützen. Inzwischen gehören neben den klassischen Gebieten wie Kunst, Sprachvermittlung, Auslandsschulen und dem Auslandsrundfunk auch neue Bereiche, wie die Zusammenarbeit gesellschaftlicher Organisationen, Austausch in Jugendarbeit und Sport sowie Bildung und Wissenschaft zum erweiterten Begriff der Außenkulturpolitik. Die auswärtige Kulturpolitik agiert dabei nicht für sich allein, sondern dient der Verwirklichung der allgemeinen außenpolitischen Ziele. Offizielles Ziel der deutschen Außenkulturpolitik ist aus Sicht des Bundestages „die Schaffung neuer Verbindungen und die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Menschen unterschiedlicher Regionen und Kulturkreise.“438 Dies geht einher mit der These der Kultur als Ressource der Soft Power eines Landes. Auch Nye fordert deshalb eine Stärkung der Kulturvermittlung im Ausland.439 Zaharna spricht sogar von der Kultur als „new frontier for defining identities and allegiances“440 in einer globalisierten Welt, womit er auf die zunehmende Bedeutung kultureller und ethnischer Identitäten bei gleichzeitiger Erosion der Nationalstaaten als Identitätskörper anspricht. In dieser Form könne die auswärtige Kulturpolitik als ein Frühwarnsystem für die Außenpolitik agieren und aktive Krisenprävention betreiben, indem sie rechtzeitig auf „internationale sozialkulturelle, religiöse oder ethisch-kulturelle Verwerfungen aufmerksam [macht].“441 Die auswärtige Kulturpolitik nimmt in der Außenpolitik also die Rolle eines unabhängigen Vermittlers von Identität und Werten ein, der integrierend wirkt und die Rezipienten vorrangig auf emotionaler Ebene anspricht, wobei es aus-
435
Hilmar Hoffmann: „Dritte Säule“ der Außenpolitik. Zur aktuellen Diskussion um die auswärtige Kulturpolitik, in: Internationale Politik, März 1996, S. 15-20. 436 Vgl.: Kurt-Jürgen Maaß: Ziele und Instrumente der Auswärtigen Kulturpolitik, in: Kurz-Jürgen Maaß (Hg.): Kultur und Außenpolitik, Baden-Baden 2005, S. 23. 437 Kurt Düwell: Zwischen Propaganda und Friedenspolitik, a.a.O., S. 73. 438 Deutscher Bundestag: Neujustierung der Auswärtigen Kulturpolitik, a.a.O., S. 3. 439 Vgl.: Joseph Nye: The Changing Nature of World Power, a.a.O., S. 182. 440 Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O., S. 2. 441 Hilmar Hoffmann: „Dritte Säule“ der Außenpolitik. Zur aktuellen Diskussion um die auswärtige Kulturpolitik, in: Internationale Politik, März 1996, S. 16.
136
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
drücklich um eine „Zweibahnstraße“442 der Kommunikation geht, also um den Versuch eines (mehr oder weniger) genuinen Dialogs. Sie wird insbesondere zur Steigerung der Glaubwürdigkeit eingesetzt, weil durch die Kooperation mit nicht-staatlichen Akteuren die Rolle des Staates in der Kommunikation weniger sichtbar wird.443 Dabei ist sie langfristig orientiert, weil durch ständige Kulturarbeit und den Aufbau persönlicher Beziehungen zu Meinungsbildnern relevanter Teilöffentlichkeiten eine nachhaltige Entwicklung geschaffen werden soll, die losgelöst ist von tagespolitischen Prozessen.444 Henrikson bemerkt in diesem Zusammenhang, dass seit dem Ende des Kalten Krieges ein „major shift from ideological to cultural engagement“445 stattgefunden habe. Die Glaubwürdigkeit in der Außenkommunikation hätte dadurch gewonnen und Kultur würde heute weniger zur Untermauerung der eigenen ideologischen Ideen angewendet, sondern eher als Möglichkeit des Dialogs. Kurt Düwell446 unterscheidet fünf Typen auswärtiger Kulturpolitik: 1. Kulturelle Ausstrahlung (Diffusion): „Eine durch die Anerkennung der Kultur einer Nation bei anderen Nationen sich im Laufe der Geschichte einstellende Vorbildwirkung dieser Kultur“447, wobei sich diese Ausstrahlung auch völlig ohne Zutun des Staates ergeben kann; 2. Kulturelle Selbstintepretation (Radiation): „Eine zielbewusste, um Sympathien werbende und sachliche Vorstellung kultureller Güter einer Nation mit der gleichzeitigen Bereitschaft, auch die Wünsche der anderen Nationen nach Selbstvorstellung ihrer Kultur im anderen Land voll zu berücksichtigen und mit ihr auf der Basis von Gegenseitigkeit... zusammenzuarbeiten.“448 Diese Form der Außenkulturpolitik ist besonders geeignet, Konflikte zu entschärfen; 3. Kulturelle Expansion: „Eine mehr oder weniger bewusst von der Überlegenheit der eigenen Kultur ausgehende und auf ihre Ausbreitung bedachte, planmäßig werbende Vorstellung kultureller Güter, verbunden mit einer gewissen, aber eingeschränkten Bereitschaft, die Wünsche der anderen Na442
Dieser Gegenseitigkeitsgedanke resultierte aus der Erkenntnis, dass die eigene Glaubwürdigkeit beim Verbreiten von Kultur nur dann gegeben ist, wenn das ausführende Land selbst Interesse an und Respekt vor der Kultur des anderen zeigt und offen und sensibel mit den kulturellen Eigenarten umgehen kann. Vgl.: Ebd., S. 23-24. 443 Vgl.: Javier Noya: The United States and Europe, a.a.O., S. 12; Cynthia Schneider: Culture Communicates, a.a.O., S. 147; Birgit Stöber: Von „brandneuen“ Städten und Regionen, a.a.O., S. 237-238. 444 Vgl.: Hans Tuch: Communicating with the World, a.a.O., S. 41. 445 Alan Henrikson: What Can Public Diplomacy Achieve?, a.a.O., S. 26. Vgl. auch: Kurt Düwell: Zwischen Propaganda und Friedenspolitik, a.a.O., S. 81. 446 Vgl.: Kurt Düwell: Zwischen Propaganda und Friedenspolitik a.a.O., S. 62-64. 447 Ebd., S. 62. 448 Ebd.
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
4.
5.
137
tionen oder anderer Ethnien nach Vorstellung der eigenen Kulturgüter zu berücksichtigen“449; Kulturpropaganda: „Eine zum Zweck nationaler Machtexpansion betriebene, planmäßig werbende Vorstellung kultureller Güter mit einer durch diesen Hauptzweck sehr eingeschränkten Bereitschaft, die Wünsche anderer Nationen oder Ethnien in gleichem Maße zu berücksichtigen“450; und schließlich den Kulturimperialismus: „Eine zum Zweck der nationalen und/oder rassistischen Machtexpansion und machtpolitischen Weltgeltung geführte, planmäßig werbende, aber auch geistig militant und aggressiv betriebene Vorstellung kultureller Güter der eigenen Nation ohne eine grundsätzliche oder allenfalls nur opportunistische Bereitschaft, die Wünsche anderer Nationen oder Ethnien zu berücksichtigen.“451
Während in Zeiten imperialistischen Machtstrebens hauptsächlich die Typen 3-5 verwendet wurden, werden solche eindimensionalen Ausprägungen von Kulturpolitik heute nicht mehr betrieben. Stattdessen konzentrieren sich die Maßnahmen auswärtiger Kulturpolitik auch entlang der Kontinuitätslinien zwischen kultureller Diplomatie und kulturellen Beziehungen auf die Typen 2 und 3. Der erste Typus ist dabei ständig weiterhin vorhanden und wird teilweise genutzt, um mit eigenen staatlich geförderten Maßnahmen auf den Zeitgeist aufzuspringen. Die in der gegenwärtigen deutschen auswärtigen Kulturpolitik vorgenomme Kulturdefinition umfasst, wie bereits in der einleitenden Definition deutlich wurde, einen erweiterten Kulturbegriff, der in Deutschland Ende der 1960er Jahre unter der Regierung Brandt / Scheel eingeführt wurde. Diesem werden inzwischen sogar Themenbereiche untergeordnet wie: „Entwicklung, Krisenprävention, Konfliktbewältigung, Systemtransfer und Systemaufbau, der globale Arbeitsmarkt, die Internationalisierung und Qualifizierung des deutschen Ausbildungssystems und die Auswirkungen der Globalisierung.“452
Eine derartig erweiterte Vorstellung der Bestandteile von Kultur ist jedoch soziopolitisch ausgerichtet und verschiebt die Grenzen des Kulturellen in den gesellschaftlichen Raum. Er ist problematisch auf Grund seiner Konturlosigkeit, da in dieser Definition beinahe alles als Kultur definiert werden kann. Der erweiterte Kulturbegriff repräsentiert damit „the non-governmental role in transnational 449
Ebd., S. 63. Ebd. 451 Ebd. 452 Kurt-Jürgen Maaß: Kultur und Außenpolitik, Baden-Baden 2005, S. 21. 450
138
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
relations“453 als Ganzes und bezieht sich auf die gesamte symmetrische Kommunikation. Diese wird hauptsächlich im Bereich der Außenkulturpolitik umgesetzt. So werden frühere Differenzen von Außenkulturpolitik und staatlicher Öffentlichkeitsarbeit aufgehoben und erstere problemlos in die Abläufe der Public Diplomacy integriert. Daraus folgt nicht nur eine mangelnde Definitionsschärfe beider Begriffe, sondern auch die Möglichkeit der Instrumentalisierung von Kultur zur Erreichung außenpolitischer Ziele. Kultur und Außenpolitik liegen in einem Spannungsverhältnis, das bedingt ist durch das Prinzip der Autonomie von Kultur einerseits und das Prinzip der Außenpolitik als Interessenpolitik andererseits. Wenn Kultur jedoch als Mentalitätspolitik aufgefasst wird, wie es der erweiterte Kulturbegriff nahe legt, wird ein Teil dieser Spannung zu Ungunsten der Kultur aufgehoben. Außenpolitik und Außenkulturpolitik hätten dann das gemeinsame Ziel, Wertbildungen und Einstellungen zu beeinflussen.454 Das Land, das immer wieder genannt wird, wenn es um die gelungene Vermittlung von Kultur und kulturellen Werten im Ausland geht, sind die USA. In der Tat ist es fast unmöglich, die internationale Kultur des 20. Jahrhunderts zu betrachten, ohne über amerikanische Kultur und speziell Pop-Kultur zu sprechen. Die USA haben das Potential der Soft Power-Ressource Kultur früh erkannt und gründeten bereits im Jahr 1938 die Abteilung für kulturelle Beziehungen im State Department. Sie setzte bereits während des Zweiten Weltkriegs auf Kulturvermittlung. Die Außenkulturförderung wurde also von Anfang an als Teil der Public Diplomacy angesehen.455 Erst während des Kalten Krieges entfaltete die amerikanische Außenkulturförderung jedoch ihre volle Wirkung, umgesetzt durch die U.S. Information Agency und mit der finanziellen und strukturellen Unterstützung des CIA. Die Kultur wurde instrumentalisiert, um die USA als „Reich des Guten“ zu präsentieren und ihre hegemoniale Stellung in der Welt zu festigen. Die Verbreitung der Pop-Art durch internationale Ausstellungen, die Tourneen berühmter Jazz- und Rock‘n’Roll-Musiker, diverse kulturelle Austauschprogramme oder die Verbreitung amerikanischer Musik über Voice of America wurden so vorbereitet und gefördert.456 Der Nutzen ihrer kulturellen Exporte war auch den Amerikanern selbst bekannt, wie die folgende Sequenz des Musicals „The Real Ambassadors“ von 1962 zeigt: „The State Department has discovered jazz. It teaches folks like nothing ever has. Like when they feel that jazzy rhythm, 453
Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 21. Vgl.: Max Fuchs: Deutschlands Bild in der Welt, in: Politik und Kultur, Juli-August/2006, S. 10. 455 Vgl.: Cynthia Schneider: Culture Communicates, a.a.O., S. 147 und 157. 456 Ebd., S. 147-150. 454
3.2 Von klassischer Diplomatie zu Public Diplomacy
139
They know we’re really with’em. That’s what we call cultural exchange. No commodity is quite so strange As this thing called cultural exchange...“457
Durch ihre Möglichkeit zu Dialog und Kooperation unabhängig von politischen Interessen ist die Außenkulturpolitik als Teil der Public Diplomacy damit zu einem wichtigen Element der Außenpolitik geworden. Sie ist ein Instrument zur Nutzung der Ressource Kultur für die Soft Power eines Landes.
3.2.6 Resumeé: Public Diplomacy als Umsetzung von Soft Power Public Diplomacy gewinnt in der Mediendemokratie an Bedeutung als adäquate Umsetzung von Ressourcen und Strukturen der Soft Power. Sie ist Ausdruck einer Selbstmediatisierung der Diplomatie und der Außenpolitik, mit der Regierungen ihre Deutungshoheit zu internationalen Ereignissen gegenüber nichtstaatlichen Akteuren wiederzugewinnen versuchen – anhand einer medienadäquaten politischen Kommunikation. Diese Änderungen sind so tiefgreifend, dass man von einem Paradigmenwechsel in der Diplomatie sprechen kann, wenn auch Public Diplomacy keinen Ersatz für traditionelle diplomatische Strategien darstellt, sondern lediglich eine Ergänzung, die der Bewältigung der zunehmenden Komplexität transnationaler politischer und gesellschaftlicher Verhältnisse dient. Die Grundlagen der Bestimmung von Public Diplomacy, Öffentlichkeit und Image-Schaffung, wurden bereits in den ersten Begriffsbestimmungen vor über 150 Jahren gelegt. Trotz der hohen Affinität der Public Diplomacy zu kooperativer und teilweise sogar symmetrischer Kommunikation ist ihr Ziel übereinstimmend mit dem der Hard Power: die Stärkung nationaler Interessen im geopolitischen Umfeld. Public Diplomacy agiert an der Schnittstelle zwischen Identität und Image. Ihr Subziel der Imageverbesserung soll vorgenommen werden, indem durch medienaffine Themensetzung ein positives Selbstkonzept an relevante Teilöffentlichkeiten kommuniziert wird. Public Diplomacy basiert also wie Public Relations und wie das Mediensystem als Ganzes auf der Schaffung von Wirklichkeit. Die Korrelation der Ziele und Durchführung von Public DiplomacyStrategien und der Public Relations ist hoch, allerdings waren bisherige Untersu457
Iola Brubeck: The Real Ambassadors, zitiert in: Penny M. von Eschen: Satchmo Blows Up the World: Jazz, Race, and Empire During the Cold War, in: Reinhold Wagnleitner / Elaine Tyler May (Hg.): Here, There, and Everywhere: The Foreign Politics of American Popular Culture, London 2000, S. 168.
140
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
chungen nur wenig erkenntnisbringend. Auffällig sind insbesondere die Überschneidungen mit den Theorien der symmetrischen PR und der persuasiven PR sowie den konstruktivistischen Ansätzen. Beide lassen sich auch in der Public Diplomacy-Forschung wieder finden, allerdings ohne Bezugnahme auf bereits bestehende Erkenntnisse der PR-Forschung. Zur abschließenden Summierung der Definitionsaspekte von Public Diplomacy soll ein Zitat des Public Diplomacy-Praktikers Hans Tuch dienen, der als langjähriger Diplomat für das State Department gedient hat: „Public diplomacy combines the skills of the traditional diplomat with those of the specialist in mass communication and the social researcher. The diplomat formulates the ideas that he would like to have communicated to a foreign public, the social researcher studies the intended audience, and the communications specialist chooses the most appropriate media and composes the messages.“458
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke Nation Branding wurzelt in den Erfahrungen der Markenführung im Unternehmensbereich. Die umfassenden Konzepte der Markenbildung und Markenführung, so die These, lassen sich auf die staatliche Kommunikation im Inland wie im Ausland übertragen. Schaut man auf die Erfolgsgeschichte von Marken in den letzten 130 Jahren, scheint diese These naheliegend: Nachdem Marken seit Ende des 19. Jahrhunderts Generika zu Produktmarken und seit den 1970er Jahren dann Produkte zu Identitäten haben werden lassen,459 verließen sie in den 1980er Jahren ihren ursprünglichen Habitat in der Konsumgüterindustrie und sind inzwischen in fast alle Bereiche des öffentlichen Lebens vorgedrungen – seien es Dienstleistungen, Kultur, Politik oder NGOs. Sportclubs wie Bayern München, Real Madrid oder Manchester United sind ebenso zu Marken geworden wie Sportevents von den Olympischen Spielen bis zur Formel 1. Soziale Institutionen von der Katholischen Kirche bis zum Roten Kreuz und internationalen Universitäten stellen sich ebenfalls als Marken dar. Auch Personen werden zu Marken, Beispiele dafür sind etwa Michael Jordan, Paris Hilton oder auch historische Gestalten wie Rudi Dutschke oder Ludwig II. Selbst der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder 458
Hans Tuch: Communicating with the World, a.a.O., S. 40. Die ersten Konsum- und Investitionsgüter, die zu Marken wurden waren z.B. Siemens 1847, Pelikan 1878, Coca-Cola 1886 oder Maggi, ebenfalls im Jahr 1886. Vgl. u.a.: Manfred Bruhn: Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, in: Ders. (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 1, Wiesbaden 2004, S. 5.
459
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
141
bekannte während des Wahlkampfs 1998 – „Ich bin eine Marke“ und gestaltete seine Kampagne entsprechend personalisiert und professionalisiert.460 Seitdem Philip Kotler und Sidney Levy ihren wegweisenden Beitrag zum Thema „Broadening the Concept of Marketing“461 veröffentlichten – und das war bereits im Jahr 1969 – ist diese „Ausweitung der Markenzone“462, die mit einer Ökonomisierung der Gesellschaft einhergeht, auch wissenschaftlich verankert. Der Erfolg des Markenkonzepts ist weniger bestimmt von der Aura des Faszinierenden, die weltweite Marken wie Coca-Cola, Sony oder Porsche umgeben soll. Vielmehr ist er, wie die Professionalisierungstendenzen von Kommunikation im allgemeinen, Ausdruck der zunehmenden Konkurrenz um Aufmerksamkeit. Es geht primär um Besucherzahlen, Spenden, Mitglieder, Einkommen. Und im Falle der hier untersuchten Staaten geht es zudem um Investitionen, Touristen, High Potentials und eine führende Rolle im internationalen Wettbewerb der Nationen, Regionen und Städte. Ein weiterer wichtiger Trend, der zur Zunahme der Markenbildung und -kommunikation geführt hat, ist der verstärkte Bedarf an Selbstlegitimation. Kein Element der modernen Gesellschaft hält noch eine natürliche Legitimität, die nicht ständig hinterfragt wird: „Von daher erhöht solcherart Kontingenz den Begründungsbedarf, dem sich auch die nicht-ökonomischen, dem Gemeinwohl verpflichteten Institutionen immer weniger entziehen können, beträchtlich. Es geht um die Konkurrenz um öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung, und diese kann nur kommunikativ errungen werden. Denn der Erfolg der Selbstlegitimation liegt heutzutage lediglich in der Kommunikation... Bindung aus Gewohnheit stirbt aus. Stattdessen muss Bindung ständig neu hergestellt werden, und zwar im direkten Dialog mit dem Publikum.“463
Diese Argumentation spiegelt die Befunde der PR-Forschung zu einem erhöhten Bedarf an Authentizität und Glaubwürdigkeit durch eine immer komplexere und nicht mehr ohne Medien zu erfassende Wirklichkeit. Dies geht einher mit dem Strukturwandel der Gesellschaft, der sich unter anderem auch in einem geänderten Konsumentenverhalten niederschlägt. Differenzierung, Individualisierung und Emotionalisierung sind auch hier zu beobachten, verbunden mit einer Informationsüberlastung und „Werbereaktanz“464 – Problemen, die durch direkt auf 460
Kai-Uwe Hellmann: Ausweitung der Markenzone: Zur Einführung, in: Kai-Uwe Hellmann / Rüdiger Pichler (Hg.): Die Ausweitung der Markenzone. Interdisziplinäre Zugänge zur Erforschung des Markenwesens, Wiesbaden 2005, S. 9-10. 461 Vgl.: Philip Kotler / Sidney J. Levy: Broadening the Concept of Marketing, in: Journal of Marketing, 33/1, 1969, S. 10-15. 462 Vgl.: Kai-Uwe Hellmann / Rüdiger Pichler (Hg.): Die Ausweitung der Markenzone, a.a.O.; Wally Olins: Marke, Marke, Marke, a.a.O., S. 44-65. 463 Kai-Uwe Hellmann: Ausweitung der Markenzone: Zur Einführung, a.a.O., S. 11. 464 Vgl.: Manfred Bruhn: Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, a.a.O., S. 24.
142
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
die Zielgruppenbedürfnisse angepasste Produktwelten und –emotionen überwunden werden sollen. Inzwischen macht der Markenwert einen erheblichen Teil der Unternehmenswerte großer Markenartikler aus. Dieses Kapitel beleuchtet die Hintergründe des Markenkonzepts und seiner Übertragung auf den staatlichen Bereich. Es stellt dar, wo seine Vorteile liegen, wie die Kernaussagen lauten und welchen Bestandteil das Konzept des Nation Branding darin hat. Für die gewinnbringende Analyse der Markenforschung ist es nötig, sich bewusst zu machen, dass es sich hierbei ausschließlich um eine Untersuchung von Managementfunktionen auf Mikro- und Mesoebene handelt, wohingegen die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen nicht untersucht werden.
3.3.1 Das Konzept der strategischen Markenführung Was eine Marke genau ist und was sie ausmacht, ist in der Forschung umstritten. Für die aktuelle Forschung der Markenführung ist folgende Definition Bruhns maßgeblich, in der die Wirkungskomponente sowie die Rolle des Konsumenten eingeschlossen sind. Demnach werden als „Marke... Leistungen bezeichnet, die neben einer unterscheidungsfähigen Markierung durch ein systematisches Absatzkonzept im Markt ein Qualitätsversprechen geben, das eine dauerhaft werthaltige, nutzenstiftende Wirkung erzielt und bei der relevanten Zielgruppe in der Erfüllung der Kundenerwartungen einen nachhaltigen Erfolg im Markt realisiert, bzw. realisieren kann.“465
Der Erfolg im Markt drückt sich dabei aus durch einen hohen Bekanntheitsgrad, ein positives Image, ein klares Markenbild, eine hohe Wertschätzung, hohe Kundenbindung sowie ökonomischen Erfolg. Ein erweitertes sozialwissenschaftliches Markenverständnis enthält die Definition von Bentele / Hoepfner, der hier gefolgt werden soll, da sie sich besser auf den nicht-kommerziellen Bereich anwenden lässt. Hier werden „Marken als öffentliche Zeichenkomplexe [verstanden], die eine bestimmte Struktur haben (z.B. verbale und visuelle Elemente) und zum einen über Relationen zu Produkten und Dienstleistungen, die sie repräsentieren, verfügen, und zum anderen Relationen zu bestimmten Akteuren... aufweisen. Für letztere repräsentieren sie bestimmte Gebrauchs- und Kommunikationswerte (z.B. Images, Reputation). Innerhalb des sozialen Kontexts weisen Marken juristische, soziologische..., ökonomische oder psychologische Dimensionen auf. Marken haben auch nach dieser Auffassung 465
Ebd., S. 21.
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
143
zwar öffentlich wahrnehmbare Elemente.., die zur Ausbildung unterschiedlicher Markenimages führen, ein Teil der Marken bleibt jedoch... öffentlich relativ unsichtbar.“466
Während Branding im Englischen den Prozess der Markenführung bezeichnet, wird der Begriff im Deutschen benutzt, um die Markenfindung zu beschreiben. Er wird damit ausschließlich auf den Namensgebungsprozess bezogen.467 Im Folgenden soll deshalb von Markenführung statt von Branding gesprochen werden, um Verwirrungen vorzubeugen. Es gibt viele verschiedene Erscheinungsformen und Kategorisierungen von Marken.468 Hier soll jedoch nur eine Form von Marken näher erklärt werden, die der Dachmarke, da diese für die Nation Branding-Forschung von besonderem Interesse ist. Von einer Dachmarke wird dann gesprochen, wenn sämtliche Produkte bzw. Leistungen „eines Unternehmens unter einer einheitlichen Marke („Umbrella Brand“) angeboten werden. Im Vordergrund der Profilierungsbemühungen steht also die Firma und ihre Kompetenz (speziell bei Investitionsgütern und Dienstleistungen) bzw. ihre Sympathie oder das Vertrauen in sie... Die Dachmarke wird vor allem dann gewählt, wenn der Umfang des Programms zu groß ist für eine sinnvolle bzw. ökonomische Einzelmarkenstrategie... oder sich Zielgruppen und Positionierung der Programmteile nicht oder nicht wesentlich voneinander unterscheiden...“469.
Der Vorteil von Dachmarken – und den will sich auch das Nation Branding zunutze machen – ist, dass die Kommunikation gebündelt werden kann und dann auf alle Bestandteile der Dachmarke einzahlt. Mit der gestiegenen Bedeutung des Markenbegriffs sind auch die Theorien der Markenforschung in den letzten Jahren deutlich komplexer geworden. Seit den 1960er Jahren etablierte sich das Konzept der strategischen Markenführung, zunächst durch die Modelle der Markenpositionierung, die eine „Analyse und Planung der Stellung relevanter Dimensionen der Marke in den Köpfen der Konsumenten (Ist-, Soll-, Idealposition) ermöglicht“470 und den Kern einer verhaltenswissenschaftlich orientierten Strategieformulierung darstellt. Die Positionie-
466
Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 3, Wiesbaden 2004, S. 1542. Vgl. u.a. Manfred Gotta: Branding – Prozess der Markenführung, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 2, Wiesbaden 2004, S. 1157-1176. 468 Vgl. für einen Überblick über die vielfältigen Merkmalskategorien: Ebd., S. 35. 469 Jochen Becker: Typen von Markenstrategien, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 1, Wiesbaden 2004, S. 647. 470 Manfred Bruhn: Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, a.a.O., S. 10. 467
144
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
rung zielt hier auf die strategische und aktive Gestaltung der Stellung einer Marke im jeweils relevanten Markt ab. Ihre Aufgabe ist es, „[diese] im Markt sowie im Wettbewerb festzulegen, um die Richtung für den effizienten Einsatz des Marketingmix gemäß den ökonomischen Zielsetzungen anzugeben. Die Positionierung liefert die Leitidee für die quantitative und qualitative Ausgestaltung des Marketingmix.“471
Durch die Markenführung soll so ein Gesamtkonzept der Markenbildung erreicht werden.472 Markenstrategien werden seitdem definiert als „längerfristige, bedingte Verhaltenspläne der Markengestaltung zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen.“473 Es folgten Phasen der Markt- und der Wettbewerbsorientierung in der Markenforschung, die die Erreichung von Wettbewerbsvorteilen durch die Unique Selling Proposition (USP), also dem Alleinstellungsmerkmal der Marke, in den Vordergrund stellten und Möglichkeiten der Involvierung der Konsumenten aufzeichneten.474 Hier wird insbesondere auch auf die Notwendigkeit eines „wechselseitigen Dialogs“ zwischen Unternehmen und den verschiedenen Stakeholdern eingegangen,475 wobei dieser Dialog ebenso wenig als genuin eingestuft werden kann, wie der in der PR, sondern lediglich Mittel zum Zweck ist. Gemeinsam mit der medialen und werbegeleiteten Kommunikation sollen so Informationen gestreut werden, um Einstellungen und Verhaltensweisen von Marktteilnehmern positiv zu beeinflussen: „Eine Verstärkung der Differenzierung und eine Verdeutlichung des unverwechselbaren Produktnutzens sowie die Erhöhung der (Wieder-)erkennbarkeit und Markenerinnerung können die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Marke schaffen. Externe und interne Kommunikation vermögen die positive Einstellung zum Produkt zu verstärken und dem Streben nach rationalen Entscheidungshilfen genüge zu leisen.“476
471
Torsten Tomczak: Strategische Markenführung, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Wiesbaden 2004, S. 1354. Vgl.: Wolf D. Voss: Modellgestützte Markenpolitik. Planung und Kontrolle markenpolitischer Entscheidungen auf der Grundlage computergestützter Informationssysteme, Wiesbaden 1983. 473 Heribert Meffert: Strategien zur Profilierung von Marken, in: Erwin Dichtl / Walter Eggers (Hg.): Marke und Markenartikel als Instrumente des Wettbewerbs, München 1992, S. 135. 474 Vgl.: Michael E. Porter: Wettbewerbsstrategie. Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, Frankfurt/Main 199910; Hermann Freter: Marktsegmentierung, Stuttgart 1983. 475 Vgl.: Dieter Ahlert: Einsatz von AHP im Relationship Marketing. Eine Analyse strategischer Optionen bei Dienstleistungsunternehmen, Wiesbaden 2003. 476 Ludwig Berekoven. Zum Verständnis und Selbstverständnis des Markenwesens, in: Markenartikel heute. Marke, Markt und Marketing, Wiesbaden 1978, S. 47-48. 472
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
145
Van Riel weist darauf hin, dass Einzigartigkeit schwer zu finden sei, obwohl sie einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstelle. Die größte Chance zur Differenzierung sei gegeben, wenn es gelinge „to connect the words in a story in such a way that the content is perceived by internal and external audiences as a reflection of their own input.“477 Besonders interessant in der aktuellen Forschung sind die integrierten Modelle, die seit den 1990er Jahren bestehende Ansätze kombiniert, aufeinander abgestimmt und erweitert haben. So stehen bei dem identitätsorientierten Ansatz, der für die Entwicklung des Nation Branding eine besondere Rolle spielt, Vertrauen und Identität als markenprägende Eigenschaften im Vordergrund. Markenidentität ist demnach die zentrale Voraussetzung für die Entwicklung und Festigung von Vertrauen auf Seite der Konsumenten und bildet die Grundlage langfristiger Kundenbindungen.478 Sie wird definiert als: „eine in sich widerspruchsfreie, geschlossene Ganzheit von Merkmalen einer Marke..., die diese von anderen Marken dauerhaft unterscheidet. Die Markenidentität entsteht erst in der wechselseitigen Beziehung zwischen internen und externen Bezugsgruppen der Marke und bringt die spezifische Persönlichkeit einer Marke zum Ausdruck. Aufgrund dieser Wechselseitigkeit muss bei der Markenidentität zwischen dem Selbstbild und dem Fremdbild der Identität unterschieden werden. Die Stärke der Markenidentität ist dabei ganz wesentlich vom Ausmaß der Übereinstimmung zwischen Selbst- und Fremdbild abhängig.“479
Wie deutlich wird, stimmt die Definition von Identität hier größtenteils mit der vorgestellten sozialpsychologischen Darstellung überein. Die Marke wird vom Konsumenten her gedacht und soll für ihn eine Erweiterung der eigenen Identität darstellen. „Es handelt sich hier um eine bestimmte Ausrichtung der Markenpolitik, die unter einer Marke ein sozialpsychologisches Phänomen im Bewusstsein der Konsumenten versteht“480, wie Bruhn ausführt. Eine besondere Ausprägung des identitätsorientierten Ansatzes ist das Modell der Corporate Identity. Hier werden die allgemeinen Aussagen zur identitätsgeleiteten strategischen Markenführung auf das Unternehmen selbst bezogen. Es wird davon ausgegangen, dass eine tragfähige Unternehmensidentität eine entscheidende Erfolgsvoraussetzung für die Verwirklichung eines professionellen Markenmanagements ist. Corporate Identity wird definiert als: 477
Cees van Riel: Corporate Communication Orchestrated by a Sustainable Corporate Story, in: Majken Schultz / Mary Jo Hatch / Mogens Holten Larsen (Hg.): The Expressive Organization: Linking Identity, Reputation and the Corporate Brand, New York 2000, S. 163. 478 Vgl.: David Aaker: Building Strong Brands, New York u.a. 1996. 479 Heribert Meffert: Identitätsorientierter Ansatz der Markenführung – eine entscheidungsorientierte Perspektive, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 1, Wiesbaden 2004, S. 300. 480 Manfred Bruhn: Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, a.a.O., S. 9.
146
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
„Gesamtheit der für ein Unternehmen typischen und als typisch wahrgenommenen Werthaltungen, Ziele, Denk- und Handlungsweisen, Verhaltensroutinen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, strukturellen Regelungen, Erscheinungsbilder, usw.“481
Wichtige Dimensionen der Identität bilden – analog zu Markenidentitäten – die Singularität des Unternehmens, die Kontinuität sowie die Konsistenz des Erscheinungsbildes. Ebenso wie bei Markenidentitäten gilt es hier, Fremd- und Selbstbild abzugleichen, wobei dies durch die Vielzahl von Stakeholdergruppen, denen die Unternehmung begegnet, erschwert wird. Corporate IdentityManagement ist demnach als umfassendes strategisches Orientierungskonzept zu begreifen, das auf drei Kernstufen basiert, die Wiedmann wie folgt beschreibt:
Identitätsfindung und -bestimmung: „Analyse der Ausprägung und historischen Entwicklung der Markenstruktur des Unternehmens sowie deren Einbindung in die Unternehmensphilosophie und -kultur einerseits, in die bestehenden Identitätswahrnehmungen und -erwartungen andererseits als Basis für einen zukunftsgerichteten Identitätsentwurf.“ Identitätsgestaltung: „Konsequente Kanalisierung der gesamten Unternehmenskultur und speziell aller markierungsrelevanter Sachverhalte im Sinne der angestrebten Soll-Position in Markt und Gesellschaft.“ Identitätsvermittlung: „Integrierte Markenkommunikation für das gesamte Markenportfolio als Element eines gezielten Einsatzes des so genannten CIMix (Corporate Communications, Corporate Design, Corporate Behaviour) zur authentischen Selbstdarstellung der gesamten Unternehmenskultur im Innen- und Außenverhältnis sowie Einflussnahme auf die Vermittlung der Unternehmensidentität... durch Dritte.“482
Die hier aufgestellten Ebenen zeigen die Ganzheitlichkeit des Ansatzes der Corporate Identity, der integriertes Management und integrierte Kommunikation nutzt, um eine Einheitlichkeit im Erscheinungsbild nach außen und nach innen zu ermöglichen und ein entsprechendes Corporate Image zu schaffen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der strategischen Markenführung ist die Markenpolitik. Sie umfasst: „sämtliche kurz- und langfristig orientierten Entscheidungen und Maßnahmen der markenführenden Institutionen..., die darauf abzielen, Leistungen als Marke aufzu-
481
Klaus-Peter Wiedmann: Markenführung und Corporate Identity, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 2, Wiesbaden 2004, S. 1415. 482 Ebd., S. 1419-1420.
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
147
bauen und im Markt erfolgreich durchzusetzen, um damit spezifische... Ziele zu erreichen.“483
Vielfach wird die Markenpolitik deshalb auch mit strategischem Marketing gleichgesetzt. Markenpolitische Maßnahmen werden als Teil eines umfassenden und dynamische Veränderungen unterlaufenden Planungsprozesses begriffen. Markenpolitik ist damit Bestandteil der Zielbestimmung, Planung und Implementierung von Strategien der Markenführung. Ziel der Markenpolitik ist es, durch Nutzung und Koordination aller Kommunikationsinstrumente ein konsistentes Erscheinungsbild zu schaffen. Dies gelingt jedoch nur durch eine Markenführung, die auf Konstanz ausgerichtet ist und damit langfristig, dennoch in der Lage, kurzfristig auf Änderungen in den Rahmenbedingungen einzugehen und die Strategie entsprechend anzupassen.484 Abbildung 3 verdeutlicht das. Auch dieser Punkt wurde vom Nation Branding direkt übernommen.
Abbildung 3:
Nachhaltige Markenpositionierung im Wechselspiel zwischen Kontinuität und Innovation485
Erfolgreiche Markenpolitik ist immer stärker an eine strategische Markenkommunikation gebunden, um trotz der erschwerten Markt- und Konkurrenzsituation eine klare Positionierung der Marke aufzubauen, die sich „von der Konkurrenz abgrenzt und die Konsumenten zu positiven Verhaltensreaktionen... veranlasst.“486 Deren Kern macht die integrierte Kommunikation aus. Sie soll, wie in der PR auch, die gemeinsame Ausrichtung aller Kommunikationsmaßnahmen für die Gesamtheit der Markendarstellung sicherstellen, damit sich die eingesetzten Kommunikationsinstrumente in ihrer Wirkung verstärken und widerspruchsfreie Markenimages kommuniziert werden. Es handelt sich hierbei nicht um eine
483
Manfred Bruhn: Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, a.a.O., S. 26. Vgl.: Torsten Tomczak: Strategische Markenführung, a.a.O., S 1357. 485 Nach: Ebd., S. 1358. 486 Manfred Bruhn: Planung einer integrierten Markenkommunikation, a.a.O., S. 1443. 484
148
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Organisationsform, sondern um eine „Managementfunktion, die Gestaltung, Entwicklung und Lenkung der Kommunikationsbeziehungen übernimmt.“487 Die Bewertung der Funktionen von Marken ist abhängig von der Betrachtungsweise. Während es dem Hersteller hauptsächlich auf Rendite- und Kommunikationsfunktionen ankommt, sollen Marken für Konsumenten hauptsächlich eine Orientierungsfunktion durch Komplexitätsreduktion übernehmen, um durch diese „Entlastung“ durch Imageformierung eine Beschleunigung und Vereinfachung des Kaufprozesses zu schaffen. Dies kann jedoch nur erfolgen, wenn den Markenartikeln auf Grund ihres Images und ihrer Bekanntheit Vertrauen entgegengebracht wird: „Das Vertrauen... in eine Marke kennzeichnet die positive Erwartung des Kunden bezüglich des zukünftigen Verhaltens des Markenartikelanbieters... Diese positive Erwartung basiert auf einer Bewertung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens... und dessen Leistungswilligkeit... als Dimensionen von Vertrauen. Vertrauen beeinflusst die Bindungsbereitschaft des Kunden an ein Unternehmen.“488
Vertrauen stellt also eine weitere Grundfunktion von Marken dar, ganz ähnlich wie dies in der PR der Fall ist. Ziel der identitätsorientierten Markenkommunikation ist es deshalb, Vertrauen aufzubauen. Marken stellen also durch das in sie gesetzte Vertrauen eine Orientierungshilfe durch Komplexitätsreduktion dar. Gleichzeitig rufen sie Vorstellungsbilder in den Köpfen der Verbraucher hervor.489 Damit wirken Marken ähnlich wie Images und Stereotypen, wobei Images hier bewusst kreiert und kommuniziert werden. Die Überschneidungen mit den Zielen von PR sind immens – auch dort wird durch Images Realität konstruiert, um Vertrauen aufzubauen, wobei dies nur Mittel zum Zweck der Verbesserung des Organisationswertes ist. Eine weitere Funktion von Marken ist die Schaffung von Gemeinschaft durch emotionale Identitätskonstruktion. Für van Ham geht es in der Markenführung deshalb: „beyond PR and marketing. It tries to transform products and services as well as places into something more by giving them an emotional dimension with which people can identify. Branding touches those parts of the human psyche which rational arguments just cannot reach.“490 487
Markus Will: Public Relations aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften, a.a.O., S. 75. Manfred Bruhn / Thorsten Hennig-Thurau / Karsten Hadwich: Markenführung und Relationship Marketing, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 1, Wiesbaden 2004, S. 407. 489 Seppo Rainisto: Success factors of place marketing: A Study of Place Marketing Ppractices in Northern Europe and the United States, Dissertation, Helsinki 2003, S. 48. 490 Peter van Ham: Branding European Power, in: Place Branding, 1, 2/2005, S. 122. 488
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
149
Da Marken öffentliche und kommunikative Phänomene sind, schaffen sie Identifikation und dienen der Selbstdefinition durch Interaktionen in der Gruppe. Es bilden sich Gemeinschaften von Markennutzern und von Markenablehnern. Der Konsument soll: „die Nähe zu allen Marken suchen, die nicht nur ihn faszinieren, sondern auch bei für ihn relevanten Individuen oder Gruppen Faszination auslösen, also zu Marken, deren faszinierendes Image auf das eigene Image transferierbar ist und die so seine Position inmitten der anderen Individuen und Gruppen stärken.“491
Auf diese Weise entstehen nicht nur Trends, sondern Imagined Communities. Das Konzept der Gemeinschaft wird dabei auf die Marke übertragen. Es ist nicht mehr durch traditionelle und nationale, sondern durch transnationale Markenbezogene Verbundenheiten über ethnische Grenzen hinweg definiert. Benjamin Barber bewertet diese Identitätsübertragung kritisch, zumal die neuen Gemeinschaften oberflächlich und kommerzieller Natur seien und die Gefahr bestehe, dass sie ältere, das Gemeinwohl stärkende, Gemeinschaftsformen überlagerten. „Diese Attribute hängen... mit dem Einkommen, der Klassenzugehörigkeit und anderen wirtschaftlichen Kräften zusammen, die den Anschein erwecken mögen, Wahlfreiheit zu erlauben, in Wirklichkeit aber durch demographische und sozioökonomische Faktoren weitgehend überdeterminiert sind und sich dem Einfluss der einzelnen Verbraucher entziehen.“492
Marken werden damit durch die ihnen eigenen Images und Vorstellungsbilder, durch die in der Markenkommunikation geschaffenen Markenwelten nicht nur selbst zu Identitäten, sie bilden auch einen Identitätsersatz für ihre Anhänger, wenngleich dieser auch von außen bestimmt ist und grob vereinfachend wirkt: „Lebensstile werden zu Marken, und Marken stehen für Lebensstile, die als Kennzeichen der Identität die Stelle einnehmen, die einst der Charakter ausfüllte.“493 Der Erfolg des Markenkonzeptes ist also durch eine strategische Herangehensweise geprägt, in deren Zentrum die Identitätsbildung nach innen und nach außen steht sowie ihre Vermittlung durch integrierte Kommunikation. Die zentrale Funktion von Marken für die Hersteller ist Gewinnsteigerung, während es bei den Konsumenten darum geht, Vertrauen aufzubauen, Orientierung zu schaffen und Identitäten zu konstruieren. Wie wir später sehen werden, sind alle diese 491
Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, a.a.O., S. 1547. Benjamin Barber: Consumed! Wie der Markt Kinder verführt, Erwachsene infantilisiert und die Demokratie untergräbt, München 2007, S. 172. 493 Ebd., S. 174. 492
150
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Konzepte auf die Nation Branding-Theorien übertragen worden und stellen auch ein Kernstück der Strategischen Außenkommunikation dar.
3.3.2 Der Country of Origin-Effekt: Wirtschaftliche Aspekte der Außenkommunikation und Vorform des Nation Branding Die Weltausstellungen waren und sind eine Leistungsschau der einheimischen Industrie. Sie sucht sich hier gegenüber ihren Mitbewerbern zu profilieren und nutzt dazu die enge Verbindung zwischen Nationenbild und Produktreputation im Sinne eines Imagetransfers. Diese Verknüpfung des (positiven) Nationenbildes mit positiven Produktimages nennt sich Country of Origin-Effekt. Er beleuchtet die Bedeutung des Ursprungslandes eines Produktes für die Markenbindung und das Kaufverhalten von Konsumenten sowie die Auswirkungen von Nationenbildern und Stereotypen auf das Markenimage.494 Bereits im 19. Jahrhundert war die Bedeutung dieses Effekts in Europa bekannt: Er konnte den Wirtschaftsstandort stärken, wie etwa im Falle Großbritanniens, dessen Außenhandel in den zwei Jahren nach der ersten Weltausstellung 1851 eine Steigerung um umgerechnet circa 250 Mio. EUR und nach der Weltausstellung 1862 in London um umgerechnet 365 Mio. EUR verzeichnen konnte.495 Der Country of Origin-Effekt kann aber auch negative Auswirkungen haben. Auch dies lässt sich bereits für das 19. Jahrhundert nachweisen: Im Falle der Weltausstellung 1876 in Philadelphia waren die Erwartungen, die an deutsche Produkte gestellt wurden, groß. Die deutsche Wirtschaft verzeichnete in den „Gründerjahren“ einen regelrechten Boom, die großen Unternehmen hielten sich für weltmarkttauglich. Doch im Vergleich der Ausstellung schien außer der Preußischen Porzellanmanufaktur „kein ausstellendes Unternehmen der internationalen industriellen Konkurrenz gewachsen zu sein.“496 Unter den führenden Industrienationen war die Angst groß, dass die deutschen Billigprodukte und Imitationen hochwertiger Güter, die durch den Freihandel ungehindert besonders in das britische Empire exportiert werden konnten, der eigenen Industrie zusetzen könnten. Um den heimischen britischen Markt vor 494
Im Laufe der Zeit haben sich vielfältige Begriffe etabliert, die diesen Umstand beschreiben, wobei der Country of Origin-Effekt jedoch in der Literatur der wichtigste geblieben ist. Fan listet hier neben COO „Product-country image“, „made-in country image“, country image effect“ auf und ordnet diese Begriffe verschiedenen Bezugspunkten von Nationenmarke über Nationenbild bis zur Markenpositionierung des Landes zu. Vgl.: Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 6. 495 Auf welcher Basis diese Zahlen genau zustande kamen, lässt Beutler leider offen. Vgl.: Christian Beutler: Weltausstellungen im 19. Jahrhundert, a.a.O., S. 49; Volker Klenk: Mega-Events als Instrument der Imagepolitik, a.a.O., S. 90. 496 Wolfram Kaiser: Die Welt im Dorf, a.a.O., S. 4.
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
151
der Überflutung mit minderwertigen Waren, auch aus Deutschland, zu schützen und die Hochwertigkeit der eigenen Güter international herauszustellen, wurde in Großbritannien im Jahr 1887 der Merchandise Marks Act eingeführt, eine Kennzeichnungspflicht für „alle... Waren, die für den Export nach Großbritannien oder in englische Kolonien bestimmt waren.“497 Fortan mussten auch deutsche Produkte das Etikett Made in Germany tragen. Innerhalb weniger Jahre nach Einführung des Merchandise Marks Act wandelte sich die deutsche Produktpalette, der deutsche Export stellte auf Qualitätsprodukte um und wurde damit international erfolgreich. Vor diesem Hintergrund erhielt die Bezeichnung Made in Germany eine neue Bedeutung – sie wurde zum Gütesiegel deutscher „Wertarbeit“ und zunehmend auch weltweit so angesehen. Das hatte Rückwirkungen auf das Image Deutschlands: „da die Idee des Industriestaates auch ein Nationsentwurf war, wurde Made in Germany somit auch für den nationalistischen Diskurs relevant: Es wurde geradezu zum Emblem des neuen Deutschlands.“498
Deutsche Produkte waren von nun an Bestandteil des nationalen Selbstvertrauens, „appelatives Symbol moderner nationaler Identität.“499 Ihnen wurden Teile des Nationalcharakterkonzepts zugesprochen, wie Zuverlässigkeit, Leistungsstärke, Innovation, Dauerhaftigkeit.500 Das Beispiel von Made in Germany macht deutlich, wie wichtig der Country of Origin-Effekt bereits im 19. Jahrhundert für die Konstitution und Kommunikation der nationalen Identität wurde. Besonders in Deutschland ist die nationale Kennzeichnung zu einem Verweis auf die „moralischen Qualitäten der Nation“501 aufgeladen worden. Nach innen beschwor er die nationalen Tugenden, nach außen manifestierte er Deutschlands Weltmachtstreben. Bis heute ist Made in Germany ein „Erinnerungsort“502 deutscher Identität geblieben. Und auch der 497
Maiken Umbach: Made in Germany, in: Etienne Francois / Hagen Schulze (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte, Bonn 2005, S. 246. 498 Maiken Umbach: Made in Germany, a.a.O., S. 246. 499 Ebd., S. 247. 500 Diese Güter waren hochwertig, aber noch nicht stilprägend. Die Formung eines deutschen Designs, das landeseigene Produkte auf den ersten Blick wiedererkennbar machte, sollte erst durch den Werkbund in Form der funktionalen Sachlichkeit maßgeblich vorangetrieben werden. Die Ziele des Werkbundes stimmten mit denen der deutschen Außenpolitik überein, bzw. waren in ihr integriert. Da verwundert es nicht, dass noch während des Ersten Weltkrieges in den Auslandsvertretungen Deutschlands und auf Fachmessen Ausstellungen des Werkbundes mit Unterstützung des Auswärtige Amts durchgeführt wurden. Vgl.: J. Campbell: The German Werkbund. The Politics of Reform in the Applied Arts, Princeton, N.J. 1978, S. 46. 501 Maiken Umbach: Made in Germany, a.a.O., S. 252. 502 Ebd.
152
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Country of Origin-Effekt hat nichts von seiner Bedeutung eingebüßt. Im Gegenteil: In einem globalen Markt ist die Abgrenzung von Produkten durch konsequente Entwicklung und Förderung von Firmen- und Länderimages, durch identitätsgeleitete Markenpolitik und durch das Kultivieren von Qualitätssymbolen wichtiger denn je. Die Forschung belegt, dass es auch heute eine gewisse „Standortkompetenz“503 bei Produkten gibt, wie etwa bei Parfum und Wein aus Frankreich, Autos und Maschinen aus Deutschland, Consumer-Technologie aus Japan oder Mode aus Italien. Im Zuge der zunehmenden inhaltlichen Produktangleichung ist die Bedeutung des Country of Origin-Effekts in den letzten Jahrzehnten sogar gestiegen, da er einen bedeutenden Teil des Produktimages ausmacht und damit die Produktidentität mitbestimmt.504 Je nach Zielgruppe und sozialer sowie nationaler Zugehörigkeit können das zugeordnete Länderimage und die Bedeutung des COO allerdings stark variieren. Allgemein gelten Sympathie bzw. Antipathie für ein spezifisches Land inzwischen als bestimmende Variablen für die Stärke des Country of Origin-Effekts. Es verwundert vor diesem Hintergrund nicht, dass Lifestyle-Produkte und sogenannte „Image-Buys“505 besonders vom Country of Origin-Effekt profitieren, weil das positive Nationenbild als Teil der Marke mitgekauft wird. Beispiele dafür sind etwa Mercedes als Symbol für Gediegenheit und Sicherheit oder Burberry als Mischung aus Eleganz und britischem Understatement. Umgekehrt können Produkte, die nicht dem Nationenbild und den zugehörigen Stereotypen entsprechen, Probleme im Absatz haben. Solche Marken versuchen meist, sich als international zu positionieren oder als „cukoo brand“506 sogar eine „falsche Identität“ anzunehmen. Für Deutschland sind dies etwa Modemarken, weil sie nicht zum Stereotyp des technologisch versierten, innovativen aber rein rationalen Images passen und deshalb nicht dem Nationenbild entsprechen. Marken wie etwa Boss, Strenesse oder Escada setzen auf einen internationalen bzw. französischen Klang im Namen, um nicht mit Deutschland identifiziert zu werden und entsprechend einen stärkeren emotionalen Appeal zu erhalten. Aber nicht nur Produkte werden durch ihre Herkunft geprägt; wenn die Marken stark genug 503 Margit Enke / Anja Geigenmüller: Markenführung für regionale Marken, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 3, Wiesbaden 2004, S. 2380. 504 Kotler /Gertner fassen die Bedeutung des „COO“ folgendermaßen zusammen: „Country of origin has become an integral part of the repertory of extrinsic cues to product evaluations, along with price, brand name, apacking and seller, as opposed to the study of the role of intrinsic qualities of the product such as materials, design, style, workmanship, colour and smell.“ Philip Kotler / David Gertner: Country as Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 252. 505 Vgl.: Roy Langer: Place Images and Place Marketing, a.a.O., S. 10. 506 Vgl.: Simon Anholt: Nation-brands of the Twenty-first Century, in: Journal of Brand Management, 5, 6/1998, S. 396.
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
153
sind, dann sind sie durchaus in der Lage, das Image ihres Heimatlandes zu prägen. Der Markenwert von Audi, Mercedes, BMW oder Volkswagen hat sicherlich zu Deutschlands Image als Nation des „Vorsprungs durch Technik“ (so der Slogan der Audi-Werbung) einen wichtigen Teil beigetragen. Wie Anholt formuliert, schaffen Markenartikel damit eigene Mythen: „Brand owners are helping to perpetuate or create global cultural myths in their own right.“507 Die Country of Origin-Theorien beschäftigen sich also mit subjektiven Perzeptionen von Marken und haben durch ihre Ergebnisse die Bedeutung von Nationenbildern für die Markenführung hervorgehoben.508 Ihre Befunde zeigen die vielfältigen Überschneidungen von nationaler Identität und dem Country of origin-Effekt, wie im Schaubild 4 illustriert. Damit wurde die Notwendigkeit der aktiven Gestaltung des Nationenbildes herausgearbeitet und das Bewusstsein für eine strategische Markenführung auch im Bereich des Staates gestärkt.
Abbildung 4:
Überschneidungen von nationaler Identität und Country of Origin-Effekt509
Die COO-Forschung hat so den Weg bereitet für die Nation BrandingForschung, die den Aspekt der Bedeutung des Nationenbildes vom Konsumgütermarkt auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens ausgedehnt hat. Das Land 507
Ebd., S. 398. Søren Askegaard / Giliz Geer: Product-Country Images as Stereotypes: A Comparative Study, Aarhus 1997, S. 14. 509 Nach: Keith Dinnie: Nation Branding, a.a.O., S. 137. 508
154
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
bereitet nicht länger nur den Hintergrund für die Markenpositionierung einzelner Produkt- und Dienstleistungsmarken, indem es eine Form von Differenzierung gegenüber Mitbewerbern bietet. Es soll stattdessen selbst zu einer Marke werden.
3.3.3 Die Übertragung strategischer Markenführung auf den staatlichen Bereich Ihr großer Erfolg auf wirtschaftlichem Gebiet führte dazu, dass das System Marke auch auf andere Bereiche, wie die Politik, ausgedehnt wurde. Längst geht es dabei nicht mehr nur um die Selbstdarstellung von Parteien – auch Ministerien, Behörden und Landesregierungen stellen sich als Marke dar und schaffen mit einer integrierten Kommunikation ein Image, das ein konsistentes Bild der eigenen Politik erzeugen soll. Mit dem Aufkommen des Nation Branding-Ansatzes wird das Konzept der Politik als Marke auf den Staat erweitert. Während es bei der Etablierung der Politikmarken darum ging, die eigenen politischen Ideen als „Produkte“ der Wählerschaft, bzw. den relevanten Teilöffentlichkeiten innerhalb der Wählerschaft möglichst gewinnbringend, das heißt Wählerstimmen-sichernd, zu positionieren, geht es beim Nation Branding um die Darstellung nach außen. Dieses Kapitel zeigt, wie die Konzepte der staatlichen Markenführung nach innen und nach außen aneinander gekoppelt sind und wo die Besonderheiten des Nation Branding-Ansatzes gegenüber bisherigen Positionierungsversuchen von Staaten liegen. 3.3.3.1 Politik als Marke Eine starke Marke, so wird auch im politischen Bereich erhofft, „ermöglicht Differenzierung, bietet Kommunikationsmöglichkeiten und erleichtert den Aufbau von Parteiloyalität.“510 Dabei herrscht auch hier ein identitätsorientierter Ansatz vor, die Politikmarke wird als ein „in der Psyche des Konsumenten ver-
510
Carsten Baumgarth: Markenpolitik für Politikmarken, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 172. Vgl. auch: Ralph Heidemann: Markenaufbau – Lehren aus den Wirtschaftswissenschaften für die Politik, in: Markus Karp / Udo Zolleis (Hg.): Politisches Marketing. Eine Einführung in das Politische Marketing mit aktuellen Bezügen aus Wissenschaft und Praxis, Münster 2004, S. 15.
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
155
ankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild“511 angesehen: Ihr Zweck ist es – analog zur wirtschaftlichen Marke – über die Schaffung von Identität ein konstantes Image aufzubauen und dadurch Vertrauen beim Wähler zu erzeugen. Voraussetzung dafür ist eine professionelle Kommunikation, die dafür sorgt, dass Politiker und Parteien ständig und in medienwirksamer Weise in Presse und TV erscheinen – also die Selbstmediatisierung. Hier zeigt sich ein erster Unterschied zur Unternehmensmarke. Während diese sich durch eine Markenpolitik konstituiert, die neben der Kommunikationspolitik auch Produkt-, Preis- und Distribution enthält, zeichnet die politische Marke aus, dass sie auf Grund der gesellschaftspolitischen Gegebenheiten, der demokratischen Grundordnung und der gesamtpolitischen Gemengelage nur eine eingeschränkte „Produktpolitik“ vornehmen kann und allein durch Kommunikation belebt werden soll.512 Wie in der Markenforschung gibt es keine Einigkeit über die Definition der politischen Marke. Übereinstimmung herrscht allein darüber, und diese Feststellung ist recht generisch, dass es beim Markenmanagement im politischen Bereich um den bewussten „Versuch [geht], erwünschte Austauschvorgänge mit den ‚Zielmärkten’, d.h. der Öffentlichkeit bzw. relevanten Teilöffentlichkeiten herbeizuführen.“513 Wie in der Wirtschaft auch, hängt die Stärke der politischen Marke von ihrem Image ab. Je stringenter der Imageaufbau ist, desto klarer die Vorstellungsbilder in den Köpfen der Wähler und desto deutlicher die Herausstellung des Alleinstellungsmerkmals der jeweiligen Politik. Dieser Ansatz kann jedoch nur funktionieren, wenn das „Produkt“, also die Politik selbst, stringent und nachvollziehbar ist und nicht, wenn sie zur Symbolpolitik wird, wie dies bereits im Kapitel zur politischen Kommunikation angesprochen wurde. Die Funktionen von Politikmarken lassen sich nach Schneider in drei Kategorien zusammenfassen: Senkung von Informationskosten, Schaffung von Vertrauen und Schaffung von Identität.514 Damit entsprechen sie weitgehend den Funktionen von Wirtschaftsmarken und auch den Zielfunktionen von PR. Die Senkung von Informationskosten für den Wähler meint die Orientierungsfunktion durch Verknappung von Botschaften auf leicht zu konsumierende Mengen. Auch hier findet sich also eine Komplexitätsreduktion. Vertrauensbildung ist wohl die wichtigste Funktion der Politikmarke, da das in die Politik gelegte Vertrauen der Wähler konstituierend für den Wahlausgang ist. Anders gesagt: Das
511
Heribert Meffert: Marketing. Grundlagen marktorientierte Unternehmensführung, Wiesbaden 20009, S. 847. 512 Carsten Baumgarth: Markenpolitik für Politikmarken, a.a.O., S. 173. 513 Michael Kunczik: Politische Kommunikation als Marketing, a.a.O., S. 55. 514 Vgl.: Helmut Schneider: Marken in der Politik. Erscheinungsformen, Relevanz, identitätsorientierte Führung und demokratietheoretische Reflexion, Wiesbaden 2004, S. 8.
156
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Volk wählt nur – und gibt damit einen Vertrauensvorschuss – wem es vertraut. Schneider zieht daraus den Schluss: „Es kann somit angenommen werden, dass die... hohe Bedeutung der Vertrauenskomponente im politischen Bereich Politikmarken als Vertrauensanker eine präferenzbildende Wirkung bei Wahlentscheidungen verleiht.“515
In ihrer Identitätsfunktion bilden Politikmarken Imagined Communities unter ihren Anhängern. Sie schaffen eine gemeinsame ideologisch fundierte Identität, aus der sich „Markentreue“ in Form von Loyalität zur Partei ableiten soll. Die beschriebenen Funktionen der Politikmarke müssen bei der Positionierung und Kommunikation berücksichtigt werden. Dazu gilt es zunächst, die eigene Identität aufzubauen, um Vertrauen zu ermöglichen. Dies geschieht über die Inszenierung von Emotionalität und Authentizität, die wiederum Glaubwürdigkeit schaffen sollen.516 Weitere wichtige Bestandteile der Markenidentität sind, analog zu unternehmerischen Marken, Kontinuität, Interaktion, Konsistenz und Individualität als Ausdruck des Alleinstellungsmerkmals.517 Die Positionierung von Parteien und politischen Programmen ist aufgrund ihrer Komplexität und der Inkongruenz der Systemlogiken von Politik und Medien besonders schwierig. Die vielfältigen politischen Indikatoren lassen sich kaum auf stringente Botschaften verkürzen. Trotz dieser Unterschiede lässt sich zusammenfassen, dass der Markenaufbau in der Politik grundsätzlich dem Markenmuster der Wirtschaft folgt.518 Diese Entwicklung birgt Chancen und Risiken. Einerseits können durch strategische Markenführung Identität und Vertrauen gestärkt werden und damit das Politikinteresse beim Wähler wiedererweckt, andererseits besteht zunehmend die Gefahr der Symbolpolitik. Partikularinteressen können Ausschlag geben für politische Entscheidungen – der öffentliche Raum wird ökonomisiert und in gewisser Weise sogar privatisiert.
3.3.3.2 Nation Branding: Markenführung nach Außen Seit dem Jahr 2005 wird vierteljährlich der Markenwert ausgewählter Staaten im sogenannten Nation Brand Index gemessen, „the real and/or perceived assets and 515
Helmut Schneider: Marken in der Politik, a.a.O., S. 10. Tobias Kahler: Der echte Schein, a.a.O., S. 193. Vgl.: Ebd., S. 193-196. 518 Vgl. dazu u.a.: Ralph Heidemann: Markenaufbau – Lehren aus den Wirtschaftswissenschaften für die Politik, a.a.O., S. 23-27. 516 517
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
157
liabilities that are associated with a place... and distinguish it from others.“519 So soll per Ranking ermittelt werden, welches Land über ein besonders ausgeprägtes Markenimage verfügt, wobei die Kategorien Export, Investitionen, Tourismus, Kultur, Gesellschaft und Politik per Onlinebefragung in 50 Ländern gemessen werden.520 Simon Anholt, Initiator des Indices, ist gut im Geschäft. Immer mehr Staaten fragen seine Dienste nach, weil sie wissen wollen, wie sie ihr Image verbessern und eine starke Ländermarke formen können. Auflage und Erfolg des Nation Brand Index sind ein Indikator für die Bedeutung, die der Markenführung von Staaten, dem Nation Branding, inzwischen beigemessen wird. Nation Branding nutzt die Erkenntnisse der Markenforschung, im Besonderen der Corporate Identity, für die Ausgestaltung eines integrierten Kommunikationsansatzes von Staaten mit dem Ziel der Imageverbesserung im Ausland. Es verbindet diese Erkenntnisse mit den Ergebnissen der Country of OriginTheorien zur Wechselwirkung zwischen Nationenbild und Markenimage – „Nation branding concerns applying branding and marketing communication techniques to promote a nation’s image.“521 Als Grund für die Notwendigkeit der Markenbildung wird neben dem internationalen Wettbewerb durch die Globalisierung die zunehmende Gleichartigkeit von Staaten angeführt. Beim Nation Branding wird auf den identitätsorienterten Markenansatz aufgesetzt, um glaubwürdig zu kommunizieren, Vertrauen aufzubauen und darüber Imagined Communities zu schaffen, die die „gute Botschaft“, in diesem Fall das positive Nationenbild, weitertragen. Wiedmanns Kernstufen für die politische Markenführung – Identitätsfindung und -bestimmung, Identitätsgestaltung und Identitätsvermittlung – können direkt auf das Nation Branding übertragen werden. Nationen werden unter diesem Markenbegriff zu „intellectual property“522, als: „totality of the thoughts, feelings, associations and expectations that come to mend when a prospect or consumer is exposed an entity’s name, logo, products, services, events, or any design or symbol representing them.“523
Im Nation Branding ist die Identität eines Landes äquivalent mit dem Markenkern, von dem alle weiteren Aspekte der Markenstrategie abgeleitet werden.524 519
Nicolas Papadopoulos: Place Branding, a.a.O., S. 43. Vgl. u.a.: GMI: The NBI Annual Report: How Has Our World View Changed Since 2005?, a.a.O. Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 6. 522 Peter van Ham: Place Branding. The State of the Art, a.a.O., S. 127. 523 Marsha Lindsay: The brand Called WisconsinTM: Can We Make it Relevant and Different for Competitive Advantage?, Economic Summit White Paper 2000, S. 3. 524 Vgl.: Eugene Jaffe / Israel Nebenzahl: National Image and Competitive Advantage, a.a.O., S. 138140; Wally Olins: Nation branding in Europe, in: Business at Oxford, The Magazine of the Said 520 521
158
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Peter van Ham sieht in dieser der Markenlogik folgenden Neuausrichtung der Außenkommunikation von Staaten einen Paradigmenwechsel in der Außenpolitik, analog zu den Thesen zum Paradigmenwechsel in der Diplomatie und der zunehmenden Bedeutung von Soft Power: „a move from the modern world of geopolitics and power to the postmodern world of images and influence.“525 Dies ist notwendig geworden, weil nur starke Marken weltweite Aufmerksamkeit generieren können: „In today’s world of information overload, strong brands are important in attracting foreign direct investment, recruiting the best and the brightest, and wielding political influence.“526
Nation Branding ist also ein langfristiger politisch-wirtschaftlicher Prozess, mit dem Ziel, durch Markenstärkung die Interessen eines Landes in den internationalen Beziehungen besser durchzusetzen. Das eigentliche Objekt der Kommunikation ist dabei nicht der Ort selbst, sondern das Image, mit dem sich der Ort aus der Menge seiner Mitbewerber herausheben will. Positiv aufgeladene emotionale Bilder werden so aufgebaut, dass sie weltweit von relevanten Zielgruppen verstanden und zu dauerhaften Vorstellungsbildern geformt werden: „geographical and political settings... seem trivial compared to their emotional resonance among an increasingly global audience...; the ‚brand state’ comprises the outside world’s ideas about a particular country.“527
Auch hier ist die Funktion für die Zielgruppe, Reduktion von Komplexität durch Schaffung emotional aufgeladener, positiver Images, deren dauerhafte Verankerung in der Perzeption der „Konsumenten“ Vertrauen schaffen und ein Bekenntnis zur Markenidentität hervorbringen soll. Nation Branding wendet sich nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. So soll die Identifikation der eigenen Bevölkerung gestärkt und ein positives Selbstbild aufgebaut werden.528 Diese gemeinsame Identität bildet das Herzstück der Positionierung des Ortes:
Business School, Summer 2005, S. 2; Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 61. 525 Peter van Ham: The Rise of the Brand State, a.a.O., S. 4. 526 Ebd., S. 2. 527 Ebd., S. 4. Vgl. auch: Birgit Stöber: Von „brandneuen“ Städten und Regionen, a.a.O. 528 Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 20.
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
159
„[Nation Branding] is understood as the means... for achieving community development, reinforcing local identity and identification of the citizens with their city and activating all social forces to avoid social exclusion and unrest.“529
Die Kommunikation nach innen ist wichtig, um die Unterstützung der Bevölkerung für die Positionierung und sämtliche weiteren Markenführungs-Maßnahmen zu erlangen: Die top-down entworfene Markenidentität des Landes wird abgesichert und glaubwürdig. Auch für die staatliche Markenführung ist eine gelungene Positionierung die Grundlage für ein weiteres erfolgreiches Kommunikationsmanagement und die Persuasion relevanter Zielgruppen.530 Ist eine solche Markenpositionierung bereits im politischen Bereich aufgrund der Komplexität der Sachverhalte schwer zu erlangen, so ist dies im Nation Branding ungleich komplizierter. Schließlich geht es um die Schaffung der Alleinstellung eines Landes durch Hervorhebung von Attributen nationaler Identität und Werte, die unverwechselbar sind. Dazu gehören geographische Faktoren ebenso wie gesellschaftliche, ökonomische, politische und kulturelle Elemente.531 Die Bestimmung dieser Werte und Identität – die als Entsprechung der Identitätspolitik innerhalb der politischen Kommunikation im gesamtstaatlichen Rahmen verstanden werden kann – ist jedoch sehr schwer vorzunehmen, da die Gefahr besteht, Sachverhalte verkürzt darzustellen. Nation Branding steht in diesem Sinne dicht am Nation Building, die Instrumente ähneln denen der Nationswerdungsprozesse des 18. und 19. Jahrhunderts. Es geht um einen inkludierenden Identitätsentwurf, der durch eine hauptsächlich nach außen gerichtete Kommunikation die Wettbewerbsfähigkeit und die Vorteile der nationalen Werte einer internationalen Öffentlichkeit zielgruppengerecht vermitteln soll. Wie bei der Soft Power basiert die Intention auf einem asymmetrischen Weltbild, in dem Interessen und Werte des eigenen Staates durch Kommunikation gestärkt werden, zur Not auf Kosten anderer Nationen. Insofern ist der Identitätsentwurf zwar inkludierend, weil auswärtige Öffentlichkeiten angesprochen und überzeugt werden sollen, er ist es jedoch nicht in einer symmetrischen Form, die darauf bedacht wäre, einen Ausgleich im internationalen Staatensystem zu finden.532 Auch hier ist es notwendig, nicht nur ein kommunikatives Image aufzubauen, sondern existierende Inhalte zu kommunizieren. Um es in der Markensprache zu sagen: das „Produktversprechen“ muss gehalten werden. Stimmt die 529
Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding, a.a.O., S. 70. Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 9. Vgl.: Greenagh Lodge: Success and failure: The Brand Stories of Two Countries, in: Journal of Brand Management, 9, 35/2002, S. 372. 532 Vgl.: Kathy R. Fitzpatrick: Advancing the New Public Diplomacy, a.a.O., S. 207-208. 530 531
160
3 Staatliche Außenkommunikation in Vergangenheit und Gegenwart
Kommunikation nicht mit den Inhalten überein, entsteht schnell der Eindruck von Propaganda. Wie in den Theorien zur Corporate Identity wird auch beim Nation Branding immer wieder auf die Bedeutung einer ganzheitlichen und integrierten Kommunikation verwiesen. Das heißt, sämtliche Bereiche einer Gesellschaft sollen kommuniziert werden. Darunter sind folgende Komponenten zu fassen: „the promotion of national and regional tourism, inward investment, recruitment and trade, the branding of exports, a national cultural management programme, international relations and foreign policy, domestic social and cultural policy, urban and environmental planning, economic development, membership of supranational bodies, diasporas, sport, media management.“533
So soll eine kongruente Kommunikation aufgebaut werden, die sich an wenigen Botschaften orientiert und inhaltlich auf den Markenkern und die Leitidee abgestimmt ist. Die Initiative zur strategischen Markenführung soll von der Regierung ausgehen. Um die notwendige Aufmerksamkeit in den Zielgruppen zu erlangen und Kongruenz zu gewährleisten, werden nicht-staatliche Akteure aus Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft in die Implementierung der Strategie integriert.534 Nation Branding nutzt also die Konzepte der strategischen Markenführung, um das Image von Staaten zu vereinheitlichen und damit nachhaltig zu verbessern. Inwieweit dies allerdings möglich ist, kann bisher kaum bemessen werden, da noch keine langfristigen Erhebungen in diesem Gebiet vorgenommen wurden. Die Problematik dieses Ansatzes liegt in seiner starken Vereinfachung der Identitäten des Landes und in seiner Absicht, kongruente Botschaften aller gesellschaftlichen Akteure einführen zu wollen. Bei einem demokratisch organisierten Staat handelt es sich eben nicht um ein unternehmerisches Gebilde und somit ist es nicht möglich, per Dekret einheitliche Kommunikationskonzepte zu erlassen, die von allen Akteuren eingehalten werden. Vielmehr sollte es beim Nation Branding um demokratische Meinungsbildungs- und Abstimmungsprozesse gehen und um die vorsichtige Einbindung durch Dialog. Denn in vielen Staaten kommunizieren noch nicht einmal die verschiedenen Ministerien und Bundesländer kongruent, ganz zu schweigen von den vielfältigen nicht-staatlichen Akteuren, sei es die Wirtschaft, der es hauptsächlich darum geht, ihre Produkte und Dienstleistungen an den Konsumenten zu bringen, oder der kulturelle Bereich, der eigene Botschaften aussendet, um die Eigenreputation zu stärken. All diese Bereiche werben um Aufmerksamkeit im internationalen Umfeld und alle haben 533 534
Simon Anholt: Elastic Brands, in: Brand Strategy, Februar 2003, S. 28. Vgl. u.a.: Keith Dinnie, Nation Branding, a.a.O., S. 141-153.
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
161
eigene Interessen. Die gesamte Kommunikation eines Staates in allen Bereichen lenken zu wollen, scheint vor diesem Hintergrund vermessen. Kritiker werfen der Nation Branding-Forschung deshalb vor, undemokratisches Handeln zu fördern.535 Diese Kritik ist sicherlich überzogen, trifft aber den Kern: die Annahme, einen Staat straff organisieren und kommunizieren zu können. Diese Kritik wurde in der Nation Branding-Forschung inzwischen aufgenommen. Sie führte dazu, dass in letzter Zeit vermehrt herausgearbeitet wurde, dass es darum gehen soll, Möglichkeiten der Koordination auszuschöpfen und ein strategisches Kommunikationskonzept aufzubauen, das alle Prozessphasen der Kommunikation enthält und aufeinander abstimmt. Solch ein Kommunikations- oder Markenkonzept kann dann zur Grundlage für die weitere nachhaltige Ausgestaltung der Kommunikation im demokratischen Dialog dienen, sei es im politischen Bereich oder für Public-Private-Partnership-Kooperationen. Diese Maßnahmen sind als Managementfunktionen einzuordnen und ähneln denen, die Grunig et al. in ihren Thesen zur Exzellenz von PR herausgestellt haben. 3.3.4 Resumeé: Der Staat als Marke? Das Kapitel hat gezeigt, dass der Ansatz der Markenführung mit Erfolg in den politischen Bereich vorgedrungen ist und in Form des Nation Brandings seine außenpolitische Ausprägung erfährt. Für diese Übertragung spielen identitätsorientierte Theorien der Markenführung eine hervorgehobene Rolle: Die Marke wird konstituiert im Spannungsfeld zwischen Image und Identität, wobei letzteres sowohl die Schaffung einer eigenen Identität als auch deren Vermittlung bei den Zielgruppen betrifft. Hier sollen markenvermittelte Imagined Communities aufgebaut werden, mit dem Ziel, neue Identitäten zu schaffen, die nicht mehr traditionellen Orientierungen folgen, sondern neue Orientierungsfunktionen bieten, die das positive Image der Marke stärken und damit die Interessen der Organisation, bzw. des Staates bedienen. Vermittelt wird die Marke durch eine integrierte Kommunikation, die ein emotionales, ganzheitliches und konsistentes Erscheinungsbild garantieren soll. Der Erfolg der Marke im politischen und staatlichen Bereich belegt die These der zunehmenden Ökonomisierung der Gesellschaft – jedenfalls was die Kommunikation und ihre Professionalisierung betrifft. Diese Professionalisierung im Sinne einer Markenbildung birgt die Gefahr einer zunehmenden Symbolisierung der Politik. 535
Vgl. u.a. Jan Melissen: Public Diplomacy Between Theory and Practice, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 6-10.
3.3 Nation Branding: Der Staat wird zur Marke
Leitlinien für die Praxis
163
4.1 Ihre Komponenten Public Diplomacy und Nation Branding
165
4 Strategische Außenkommunikation: Ein neues Konzept staatlicher Kommunikation im Ausland
4.1 Strategische Außenkommunikation und ihre Komponenten Public Diplomacy und Nation Branding Die ausführliche Darstellung der verschiedenen Theorie-Ebenen war nötig, um die Entwicklung und Kontextualisierung des Leitbegriffs der Strategischen Außenkommunikation anhand des aktuellen Forschungsstands abzusichern. Aus den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich Thesen ableiten, die in diesem Teil hinterfragt und belegt werden, so dass die theoretische Fundierung des Begriffs der Strategischen Außenkommunikation auf breiter Basis steht. Die Erkenntnisse des letzten Teils zeigen auch, dass es bereits vielfältige Versuche gegeben hat, die Selbstdarstellung von Staaten im Ausland theoretisch zu erfassen. Dies geschah sowohl in Bezug auf die Handhabung und Umsetzung sowie auf die Konsequenzen innerhalb und zwischen Organisationen auf den Mikro- und Meso-Ebenen. Aber auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Trends in den internationalen Beziehungen auf der Makro-Ebene wurden erforscht – besonders anhand der Soft Power-Theorie und der demokratie- und gesellschaftstheoretischen Konsequenzen der Mediatisierung. Keine der Theorien schafft es bislang jedoch, die verschiedenen Ebenen miteinander in Beziehung zu setzen, so dass die Entwicklung der Strategischen Außenkommunikation in ihrer Funktion der Verbindung von Tendenzen in allen Forschungsbereichen als notwendige Konsequenz aus den Entwicklungen der letzten Jahre erscheint. Zudem verbindet die Strategische Außenkommunikation inhaltlich die Stärken der Public Diplomacy mit denen des Nation Branding: Erstere schaut zurück auf langjährige Erfahrung, besonders in der Erforschung der auswärtigen Kulturpolitik und der Abgrenzungen zur Propaganda, und hat ein stärkeres politisches Knowhow, während Nation Branding wichtige Erkenntnisse zur identitätsgeleiteten Kommunikation und zur Optimierung der Strategie liefern kann. Beide Ansätze sind also gleichwertige Komponenten der Strategischen Außenkommunikation, sie kann nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn alle Bestandteile beider Bereiche erfüllt werden. Innerhalb der Literatur- und Quellenstudie werden die inhaltlichen, prozessualen und funktionalen Überschneidungen zwischen Public Diplomacy und Nation Branding dargestellt. Vor allem aber werden die Grundprinzipien und A. Schwan, Werbung statt Waffen, DOI 10.1007/978-3-531-92866-1_4, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
166
4 Strategische Außenkommunikation
Erfolgskriterien ihrer Konzeption und Umsetzung herausgearbeitet. Da beide Ansätze als Komponenten der Strategischen Außenkommunikation definiert sind, wird durch die Erarbeitung dieser Grundprinzipien und Erfolgskriterien die handlungs- und organisationstheoretische Ebene der Strategischen Außenkommunikation festgelegt. Ebenso werden die Funktionen Strategischer Außenkommunikation bestimmt. Diese haben als Ziel- und Kontrollinstanz Rückwirkungen auf die Erfolgskriterien, machen jedoch selbst keine Inhalte der Kommunikation aus. Anschließend an die Literatur- und Quellenstudie wird die weitere Verortung der Strategischen Außenkommunikation vorgenommen, um die aus der Public Diplomacy und Nation Branding-Forschung und aus den Fallbeispielen erhaltenen Ergebnisse auf allen Ebenen mit den Forschungsergebnissen der Kommunikationswissenschaft zu verknüpfen. Dadurch werden verschiedene Modelle erarbeitet, die das Konzept der Strategischen Außenkommunikation umfassend erklären und analysieren. Sie sollen nicht nur für die Kommunikationswissenschaft, sondern auch gerade für die Praxis hilfreich sein. An dieser Stelle sollen kurz zur Erinnerung die in der Einleitung benannten Hypothesen rekuriert werden. Anschließend wird noch einmal auf die Forschungsmeinung zu Überschneidungen und Abgrenzungen von Public Diplomacy und Nation Branding eingegangen, um die vorgenommene Einschätzung, dass sich beide in großen Teilen überschneiden, abzusichern. Dies kann erst hier in vollem Umfang geschehen, weil erst an diesem Punkt der Arbeit die strukturelle Herleitung und inhaltliche Ausrichtung beider Ansätze bekannt sind. Hypothesen Die beiden Hypothesen auf der Mikroebene lauten: Strategische Außenkommunikation ist als ganzheitliche und integrierte Kommunikation zur kongruenten Selbstdarstellung ein Teilbereich der Public Relations. Es handelt sich dabei um politische Kommunikation nach außen zur Legitimation, umgesetzt durch Kommunikation durch Vertrauensbildung, Glaubwürdigkeitsgewinn und Imagegewinn. Das Land wird dabei zum „intellectual property“536, denn nicht es selbst ist Objekt der Kommunikation, sondern das entwickelte Selbstkonzept. Die Strategische Außenkommunikation fungiert also an der Schnittstelle zwischen Image und Identität. Auf der Mesoebene hat Strategische Außenkommunikation zunächst die Funktion, Imagined Communities zu etablieren, außerdem fungiert sie als Möglichkeit der Reduktion von Komplexität für die Rezipienten. Ebenso finden hier die Mediatisierungsthesen ihre Übertragung und Anwendung. Imagined Communities können als Erweiterung von Images verstanden werden, denn hier wer536
Peter van Ham: Place Branding. The State of the Art, a.a.O., S. 127.
4.1 Ihre Komponenten Public Diplomacy und Nation Branding
167
den nicht nur Bilder in den Köpfen einzelner geschaffen, sondern in den Köpfen neuer transnationaler Gruppen. Ihre Wahrnehmung wird durch die neu geschaffene Gruppenzugehörigkeit gebündelt. Sie schafft eine Wirklichkeit, die nicht nur vom einzelnen Individuum gesehen wird, sondern von Gruppen. Durch diese Quantität besitzt sie eine erhöhte Durchschlagskraft innerhalb der Gesellschaft. Strategische Außenkommunikation ist als Ausprägung der Mediatisierung von Außenpolitik zu verstehen. Ihre Professionalisierung zeigt, dass Selbstmediatisierung eine zentrale Strategie auch des außenpolitischen Handelns geworden ist. Dies wird durch die geänderte Rolle der Diplomatie gespiegelt, die ohne die mediale und direkte Ansprache fremder Öffentlichkeiten heute nicht mehr denkbar wäre. Die Interdependenz zwischen politischem und medialem System hat auch auf der internationalen Ebene zugenommen. Politische Ereignisse, Personen und Vorhaben werden im Sinne des Framing an in den Zielländern gesellschaftlich anerkannte Interpretationsrahmen gebunden, um die Deutungshoheit über diese Themen zu erhalten. Auf der Makroebene zeigt sich die gesamtgesellschaftliche Auswirkung Strategischer Außenkommunikation als Möglichkeit der Wirklichkeitskonstruktion, ebenso ihre Rolle als machtpolitische Aktivität im Sinne der Soft Power. Strategische Außenkommunikation trägt über die Schaffung von Symbolen zur Gestaltung der „publizistischen Sozialsphäre moderner Gesellschaften“537 bei. Sie kommuniziert, jedenfalls in ihrer asymmetrischen Kommunikation, in der Meta-Wirklichkeit der Medien. Strategische Außenkommunikation bildet damit die Professionalisierung der Darstellung eines Landes für eine Außenpolitik, die auf die Kreation von Images angewiesen ist und sich damit auf einer eigenen Realitätsebene bewegt, die für Außenstehende nicht nachzuvollziehen ist und auch für außenpolitische Akteure medienvermittelt bleibt. Strategische Außenkommunikation ist vor allem ein Instrument zur Erlangung, bzw. Ausdehnung von Soft Power. Ihre Ziele sind die Beibehaltung der Meinungshoheit über außenpolitische Themen sowie die Ausweitung des staatlichen Machtspielraums in den internationalen Beziehungen durch Attraktivitätssteigerung. Abgrenzungen und Überschneidungen von Public Diplomacy und Nation Branding Trotz – oder gerade wegen – ihrer Übereinstimmung in Inhalt, Instrumenten und Zielen gibt es immer wieder Versuche der beiden Disziplinen, die Unterschiede zu betonen und sich voneinander abzugrenzen. Der Grund dafür ist einerseits in ihrer unterschiedlichen Herkunft und Struktur zu finden, andererseits im aufmerksamkeitsökonomischen Interesse beider Forschungsrichtungen. Die Nation 537
Klaus Merten / Joachim Westerbarkey: Public Opinion und Public Relations, a.a.O., S. 188.
168
4 Strategische Außenkommunikation
Branding-Forschung fusst ihre Theorie auf der Darstellung der Welt als Marktplatz der Ideen, in dem alle Staaten in vermehrtem Wettbewerb um Ressourcen und Investitionen stehen. Sie stellt damit den wirtschaftlichen Aspekt in den Vordergrund. Die Public Diplomacy-Forschung dagegen sieht neuartige Probleme für die Nation und ihre Politikfähigkeit durch die Verschiebung von Machtstrukturen auf Grund der Globalisierung. Sie basiert insofern auf der Soft PowerTheorie. Beide Ansätze finden ihre Existenzlegitimation in der Durchsetzbarkeit ihrer Ergebnisse und in der Sicherstellung, als größte Experten im Bereich der Außenkommunikation angesehen zu werden. Interessanterweise nehmen die Abgrenzungsversuche ab, je länger die Forschungsbereiche existieren. Sowohl in der Public Diplomacy als auch im Nation Branding werden zunehmend die Übereinstimmungen in den Vordergrund gestellt. Leonard etwa hält es für sinnvoll, Elemente der Markenführung von Unternehmen auf Staaten zu übertragen, um Identität und Kohärenz der Außenkommunikation zu fördern.538 Ebenso stellt Vickers die These auf, „states need to employ the techniques of mass advertising and principled political campaigns in order to shape international public perceptions of their foreign policy.“539 Und van Ham definiert „a good brand combines great performance with respect; it combines hard and soft power“.540 Weiter führt er an: „Public diplomacy can be compared with place branding since they both combine foreign policy goals with internal soft power strategies and objectives. The challenge of place branding and public diplomacy is to attract and satisfy these two, often radically different, objectives with one, coherent set of images and messages.“541
Die Diskussion über Abgrenzung und Überschneidung zwischen beiden Ansätzen erinnert an die, am Anfang der Arbeit erwähnte, in der PR-Forschung geführte Debatte über die Verwischung von Public Relations und Marketing. Weder hier noch dort ist es heute noch möglich, strikte Abgrenzungen auszumachen. Für sinnvoller als eine strikte Abgrenzung beider Bereiche wird hier unter Rückgriff auf Szondi eine Teilüberschneidung angesehen. In seinem Modell hat er erstmals auf Basis der Forschungsmeinungen verschiedene Möglichkeiten der Differenzierung erarbeitet und aufeinander bezogen.542 Szondi identifiziert fünf 538
Vgl.: Mark Leonard: Britain TM, Renewing Our Identity, London 1998, S. 65. Rhiannon Vickers: The New Public Diplomacy: Britain and Canada Compared, in: British Journal of Politics and International Relations, 6, 2/2004, S. 188. 540 Peter van Ham: Branding European Power, in: Place Branding, 1, 2/2005, S. 123. 541 Peter van Ham: Place Branding: The State of the Art, a.a.O., S. 136. 542 György Szondi: Public Diplomacy and Nation Branding, a.a.O. Szondis Einteilungen weisen eine große Nähe zur Differnzierung zwischen PR und Marketing von Kotler und Mindak, wie weiter vorn dargestellt. Vgl.: Philipp Kotler / William Mindak: Marketing and Public Relations: Should They be Partners or Rivals?, in: Journal of Marketing, 42, Oktober 1978, S. 17. 539
4.1 Ihre Komponenten Public Diplomacy und Nation Branding
169
verschiedene Konzepte der Abgrenzung zwischen Nation Branding und Public Diplomacy, von völlig unterschiedlichen Konzepten zu einer hundertprozentigen Übereinstimmung.
Abbildung 5:
Mögliche Beziehungsverhältnisse zwischen Public Diplomacy und Nation Branding nach Szondi543
Die in Konzept (1) dargestellte völlige Abgrenzung beider Bereiche fusst auf der strukturellen Differenzierung in ein politikwissenschaftlich orientiertes Handlungsfeld und ein marketingtechnisches Handlungsfeld. Dies zieht eine Definition von Nation Branding nach sich, gemäß derer „Nation Branding can… be characterised as the production of symbols, signs, territories and spaces for consumption which is manifested in consumers’ investing in the country, buying the countries’ products, or visiting a country and spending money there.“544
Diese Definition verortet Nation Branding ausschließlich im Standort- und Tourismusmarketing und spricht ihm sowohl den identitätsgeleiteten als auch den ganzheitlichen Anspruch ab. Es geht hier dann auch nicht mehr um eine strategisch hergeleitete und integrierte Kommunikation, sondern ausschließlich um Werbung. Dass diese Behauptung nicht zutrifft, und dass auch Public Diplomacy nicht ausschließlich politikwissenschaftlich verortet sein kann, wurde bereits anhand der Definitionen und der Verortungskapitel nachgewiesen. Konzept (1) kann damit als falsch betrachtet werden. Die Herausstellung der Identität ist für einige Public Diplomacy-Forscher Hauptgrund der Abgrenzung zum Nation Branding, denn, so etwa Melissen, 543 544
György Szondi: Public Diplomacy and Nation Branding, a.a.O., S. 14-15. Ebd., S. 17.
170
4 Strategische Außenkommunikation „[Place Branding] is about the articulation and projection of identity... but public diplomacy is fundamentally different from branding in that it is first of all about promoting and maintaining smooth international relationships.“545
Es wird also eine Unterscheidung aufgebaut, die auf der einen Seite die Identitätsbildung und auf der anderen Seite den Beziehungsaufbau enthält. Diese Abgrenzung arbeitet damit jedoch auf verschiedenen Ebenen und definiert weder den Begriff der Identität noch den der Beziehung genauer. Während die Herausarbeitung von Identitäten in der Anfangsphase jeder Kommunikationsstrategie erforderlich ist, kann der Beziehungsaufbau erst später erfolgen, nämlich in der Durchführung der langfristigen Kommunikationsstrategie. Hier ist er sogar als eines der unmittelbaren Ziele der strategischen Kommunikation anzusehen.546 Vorab muss jedoch festgestellt werden, zu wem, wann, in welcher Art, mit welchen Beteiligten und zu welchem Zweck der Beziehungsaufbau erfolgen soll. Melissen selbst benennt an anderem Orte die Notwendigkeit der Identitätsfindung für Public Diplomacy-Strategien: „Every country has a unique identity called national identity... Because image is merely the projection of identity, the first step is to make an effort to express a nation’s identity...“547
An anderer Stelle beschreibt er die Innenwirkung von Public Diplomacy als „building national identity.“548 Die Findung einer zu kommunizierenden Identität ist also Grundvoraussetzung für jegliche Strategie der Außenkommunikation, während der Beziehungsaufbau zu vorher bestimmten Rezipientengruppen und darüber die Imageverbesserung eines ihrer Ziele ist. Würde Melissens verkürzte These des ausschließlichen Zwecks der Public Diplomacy im Beziehungsaufbau und des Nation Branding in Identitätsfindung und Marketing weiterverfolgt werden, so hieße das, dass Public Diplomacy auf Nation Branding aufbauen würde. Denn erst, wenn die verschiedenen Instrumente des Nation Branding die Zielgruppe ausreichend auf die Vorteile des jeweiligen Staates hingewiesen und damit ihr Interesse geweckt hätten, in einen Dialog mit diesem Land zu treten, könnten die Beziehungen aufgebaut werden. Das würde jedoch heißen, dass Public Diplomacy ohne Nation Branding handlungsunfähig wäre, weil es keine ausreichenden Instrumente hätte, um die relevanten Zielgruppen zu erreichen. Public Diplomacy würde dann ausschließlich diejenigen ansprechen können, die 545
Jan Melissen: Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 20-21. Vgl. u.a.: Peter Szyszka: Dialog (Dialogkommunikation), in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations, a.a.O., S. 585-586. 547 Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 19. 548 Ebd., S. 4. 546
4.1 Ihre Komponenten Public Diplomacy und Nation Branding
171
bereits großes Interesse am jeweiligen Land haben, neue Rezipienten könnten nicht gewonnen werden. Die bisherigen Kapitel haben jedoch gezeigt, dass Public Diplomacy nicht so definiert wird. Umgekehrt verweist auch die Nation Branding-Forschung immer wieder auf die Notwendigkeit des Beziehungsaufbaus. Es ginge dabei nicht um Werbekampagenen, sondern um glaubwürdige Informationsvermittlung und ein dialogisches Prinzip, fasst Szondi die Forschungsmeinung zusammen: „More reliance on two-way... relations should be involved in order to build and maintain relationships and dynamism.“549 Wie beschrieben, wird das dialogische Prinzip inzwischen auch in der strategischen Markenführung als zentral für die Etablierung von langfristigen Beziehungen zu den Zielgruppen gesehen.550 Insofern wäre es in jeder Hinsicht anachronistisch, wenn die Nation Branding-Forschung sich von den hier vorgegebenen Linien absetzen würde. Das zweite Beziehungsmodell ordnet Public Diplomacy als einen Teilbereich des Nation Branding ein. Grundlage hierfür ist die Ganzheitlichkeit des Nation Branding-Ansatzes. Diese Darstellung ist jedoch aus verschiedenen Gründen nicht haltbar: Einerseits verbietet die lange Tradition der Public Diplomacy als eigenständiges Feld der politischen Kommunikation, die immer Elemente des Marketing und Branding verwendete, um Zielgruppen anzusprechen und zu überzeugen, ihre Integration in das Feld des Nation Branding. Andererseits ist Public Diplomacy auch deshalb als gleichwertiger Bereich zu verstehen, weil hier ebenso auf die Notwendigkeit der Strategiebildung und Ganzheitlichkeit des Kommunikationsansatzes Bezug genommen wird, wie im Nation Branding. Anholt versucht, diese Problematik mit der eingeschränkten Sichtweise des Nation Branding zu erklären, die Public Diplomacy als „means of presentation and representation of the national interest“551 ansah und damit als eindimensional politisches Feld. Anholt erkennt jedoch inzwischen diese Fehleinschätzung und definiert sein aktuelles Konzept der Competitive Identity als Synthese von Markenführung, Public Diplomacy und Wirtschaftsförderung.552 Dies lässt zwar die einzelnen Bestandteile weiterhin nicht ausreichend definiert, ist jedoch als klare Annäherung an die übereinstimmende Bestimmung von Nation Branding und Public Diplomacy zu verstehen. Umgekehrt ist es nicht richtig oder sinnvoll, wenn die Public DiplomacyForschung behauptet, dass Nation Branding durch seinen ganzheitlichen Ansatz 549
György Szondi: The Role and Challenges of Country Branding in Transition Countries, a.a.O., S. 19. 550 Vgl. u.a.: David Aaker: Building Strong Brands, a.a.O. 551 Simon Anholt: Public diplomacy and place branding: Where is the Link?, in: Place Branding, 2, 4/2006, S. 271. 552 Ders.: Competitive Identity, a.a.O., S. 3.
172
4 Strategische Außenkommunikation
den Effekt der Außenkommunikation überschätzen würde und der Meinung sei, dass ausschließlich durch Markenkommunikation von Staaten ein Imagewechsel stattfinden könne.553 Diese These zeugt von einem Missverständnis der Ganzheitlichkeit. Auch die Thesen der Nation Branding-Forschung zeigen, dass nur durch Kooperation und Netzwerkdenken genügend Akteure integriert werden können, um eine kritische Masse zu erhalten, die die Strategie der Außenkommunikation gemeinsam umsetzt. Der begrenzte Effekt von Außenkommunikation wird auch hier deutlich gemacht.554 Er entspricht der Erkenntnis des Marketing und der Markenführung, dass Kommunikation zwar wichtig ist, jedoch niemals der alleinige Grund für den Erfolg eines Produkts sein kann. Selbst innerhalb des Produktmarketing nimmt Kommunikation im Marketing-Mix nur einen Teilbereich ein; die anderen Elemente zur Absatzverbesserung sind Distribution, Preispolitik und Produktpolitik.555 Ein weiterer Vorwurf der Public Diplomacy gegenüber dem Nation Branding ist dessen inhärentes Demokratiedefizit. Als Übertragung von Markenführungsmethoden von Unternehmen auf Staaten würde im Nation Branding ein hierarchisches Prinzip verfolgt werden, das sich nicht mit dem demokratischen Ansatz der Vielfalt von Staaten verbinden lasse: „There may be a permanent tension between the discipline imposed by the branding approach and the... pluralism of modern societies. Transplanting the success of branding from the corporate sector to countries’ international relations could well be one bridge too far“,
beklagt Jan Melissen.556 Die Nation Branding-Forschung ist sich jedoch dieser Problematik sehr wohl bewusst. Anholt geht besonders auf die Notwendigkeit der Glaubwürdigkeit von Staaten in ihrer Komunikation ein. Er argumentiert, dass es nicht reiche, sich stringent zu verkaufen, sondern dass ein Verhalten in Politik und Wirtschaft gefördert werden müsse, das demokratisch und positiv ist und sich deshalb überhaupt erst verkaufen lasse. Denn nur, wenn die Realität mit der Kommunikation übereinstimme, sei diese wertvoll, sonst handele es sich um Propaganda.557 Zwar ist eine starke Führungsrolle in der Kommunikation notwendig, diese muss jedoch demokratisch legitimiert und aufgebaut sein. Sie muss auf Einbindung durch Persuasion basieren, nicht auf Machtkontrolle: 553
Vgl. Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 20. Vgl.: Simon Anholt: Public Diplomacy and Place Branding: Where is the Link?, a.a.O., S. 272; Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 11. 555 Vgl. u.a.: Helge Löbler / Daniel Markgraf: Markenführung und Werbung, a.a.O., S. 1491-1511. 556 Jan Melissen: Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 9. 557 Vgl.: Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 35-38. 554
4.1 Ihre Komponenten Public Diplomacy und Nation Branding
173
„There’s something inherently democratic about a brand-led approach to public affairs, because it’s about persuasion rather than coercion, about proving rather than telling, and it’s a fair contest between the public and private bodies of the state and the domestic and foreign publics.“558
Auch Fan und Gilmore stimmen dieser These zu. In ihren Arbeiten gehen sie u.a. speziell auf die Imageverbesserung Spaniens seit Ende der Franco-Diktatur ein und weisen nach, dass diese nicht durch Kommunikation, sondern zuvorderst durch die Demokratisierung des Landes und die damit einhergehende Motivation und Mobilisierung der Bevölkerung, Kultur und Wirtschaft erfolgt ist.559 Modell (3), das Nation Branding als Teilbereich der Public Diplomacy verortet, ist in der Forschung kaum verbreitet,560 wird aber in der Praxis betrieben: „In practice, each country conducts some kind of public diplomacy while nation branding initiatives are less common. According to this approach, nation branding is considered as an instrument of public diplomacy, through which foreign nations and people can be reached.“561
Dieser Ansatz ist zurückzuführen auf eine mangelnde Distinktionsfähigkeit der Praxis, was die Elemente des einen Ansatzes von denen des anderen unterscheidet. Der am sinnhaftesten erscheinende Ansatz zur Beschreibung der Beziehung zwischen Nation Branding und Public Diplomacy ist der vierte, dem die These großer inhalticher Überschneidungen bei unterschiedlicher struktureller Veror-
558
Ebd., S. 40. Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 11, Fiona Gilmore: A Country – Can It be Repositioned?, a.a.O., S. 283. 560 Unter den wenigen Wissenschaftlern, die diese Einteilung vorgenommen haben sind Busch-Janser / Florian. Sie haben sich an einem dreidimensionalen Modell der Public Diplomacy versucht, das aus den Komponenten Ziele, Instrumente und Zeithorizont besteht, wobei dem „Ziel“ Persuasion das kurzfristige Instrument Lobbying zugeordnet ist, dem Ziel Information / Verständigung die mittelfristige Public Relations und dem Image-Aufbau das langfristige Nation Branding. Dieses Modell ist methodisch jedoch nicht haltbar, da es Handlungsebenen, Grundlagen und Ziele vermischt. Ziel der Public Diplomacy ist immer der Image-Aufbau beziehungsweise die Machterweiterung des eigenen Staates. Dazu nutzt sie die Elemente der Public Relations, und zwar auf allen Ebenen, um so Vertrauen aufzubauen, dass dann eben zur Erreichung der Ziele genutzt werden kann. Persuasion ist damit immer ein inhärenter Bestandteil der Public Diplomacy. Lobbying dagegen ist ein klassisches Element der traditionellen Diplomatie. Nation Branding auf der anderen Seite ist nicht Teil der Public Diplomacy, sondern ihre Entsprechung aus dem Ansatz der Markenführung. Vgl.: Sandra BuschJanser / Daniel Florian: Die neuen Diplomaten? Public Diplomacy und die Rolle von Kommunikationsagenturen in der Außenpolitik, in: Jens Tenscher / Henrike Viehrig (Hg.): Politische Kommunikation in internationalen Beziehungen, a.a.O., S. 215-233. 561 György Szondi: Public Diplomacy and Nation Branding, a.a.O., S. 23. 559
174
4 Strategische Außenkommunikation
tung zu Grunde liegt. Einer der Verfechter dieser These ist Jan Melissen. Er sieht beide Ansätze als „sisters under the skin“562: „both com[ing] down to clearly similar activities and they best work in tandem… The new public diplomacy does not at all contradict nation-branding... Branding and public diplomacy are in fact largely complementary.“563
Auch er weist also darauf hin, dass beide Ansätze angewandt werden müssen, um erfolgreiche Außenkommunikation zu betreiben. Gleiches tut Anholt mit seiner Definition der Competitive Identity als „synthesis of brand management with public diplomacy and with trade, investment, tourism and export promotion.”564 Und ebenso spricht van Ham von einer Verbindung von Nation Branding und Public Diplomacy: „Conceptually, public diplomacy can be compared with place branding since they both combine foreign policy goals with internal soft power strategies and objectives. The challenge of place branding and public diplomacy is to attract and satisfy these two, often radically different, objectives with one, coherent set of images and messages. For both place branding and public diplomacy, a key element is to build personal and institutional relationships and dialogue with foreign audiences by focusing on values, setting them apart from classical diplomacy, which primarily deals with issues.565
Die Nation Branding- und Public Diplomacy-Literatur stimmt nicht nur in vielen ihrer Anforderungskriterien, sondern auch in ihren Zieldefinitionen überein. Dies ist eine weitere Rückversicherung für die Kompatibilität der beiden Bereiche. Denn durch die übereinstimmenden Zieldefinitionen lässt sich die strategische Herangehensweise beider Ansätze nachverfolgen. Wenn beide ihren Zweck darin sehen, das Image des Landes zu verbessern und damit langfristig die Stellung auf der politischen und wirtschaftlichen Weltkarte auszubauen und wenn beide dafür die gleichen Anforderungskriterien entwickeln, dann ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass die Unterschiede zwischen beiden Ansätzen strukturell bedingt sind und die Einordnung in den größeren Bereich der Strategischen Außenkommunikation, der die wirtschaftlichen und politischen Einflüsse beider Richtungen verbindet, richtig ist. Vielfach werden allerdings gleiche Vorgänge in unterschiedlicher Semantik dargestellt, dies ist durch die Genese und die wissenschaftliche Verortung der 562
Jan Melissen, Wielding Soft Power, a.a.O., S. 22. Jan Melissen: Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 20-21. 564 Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 3. 565 Vgl.: Peter van Ham: Place Branding. The State of the Art, a.a.O., S. 139. 563
4.1 Ihre Komponenten Public Diplomacy und Nation Branding
175
Forschungsliteratur beider Ansätze begründet, bietet jedoch keine inhaltliche Unterscheidung. Die politikwissenschaftlich basierte Literatur der Public Diplomacy verzichtet bewusst auf die Definitionen der Marketing- und Brandingsprache, um nicht die Komplexität des Themenbereichs und seiner Einordnung in die internationalen Beziehungen zu simplifizieren. Die Welt des Marketing scheint für die Public Diplomacy strukturell weit entfernt und nicht mit politischer Kommunikation vereinbar. Anholt gibt inzwischen zu, dass der Terminus Nation/Place Branding unglücklich gewählt war, weil er die falschen Assoziationen wecke, nämlich die Obstruierung von Marketing- und Markenführungselementen, mit denen Staaten wie Produkte verkauft werden sollten – und das nicht auf Grund von tatsächlichen Äußerungen der Nation Branding-Forschung, sondern durch die negativen Konnotationen des Branding-Begriffes.566 Die Public Diplomacy-Forschung inkorporiert heute, meist ohne weitere Analyse oder Distanzierung, viele der Instrumente der PR und des Marketing als notwendig für die Durchführung von funktionierender Außenkommunikation. Umgekehrt versucht die Nation Branding-Forschung der Komplexität des Themenfeldes Rechnung zu tragen, indem sie dieses in den Gesamtzusammenhang der Globalisierung, der internationalen Beziehungen und der Informationsrevolution einordnet. Dabei geht sie jedoch nie von dem ihr inhärenten Primat der Wirtschaft ab und sieht das Marketing als Königsdisziplin. Hier ist sie nicht in der Lage, von ihrer strukturellen Verortung in den Wirtschaftswissenschaften Abstand zu nehmen und die Dinge distanzierter und damit auch differenzierter zu betrachten. Die Trennlinie zwischen beiden Bereichen, würde daher nicht vertikal, also zwischen den Disziplinen, sondern eher horizontal, d.h. innerhalb der verschiedenen Forschungsmeinungen der jeweiligen Disziplin verlaufen. Das letzte von Szondi aufgeführte Modell ist das der völligen Überschneidung beider Ansätze (5). Dieser Ansatz ist jedoch genauso wenig hilfreich wie der der völligen Differenzierung, denn auch er verflacht das Themenfeld, indem der die Eigenarten negiert: „Equating public diplomacy and nation branding is the least beneficial model of all because it would ignore important differences and neither concept could be utilised to its full potential.“567
Die Analyse von Primärquellen aus der Praxis und die Experteninterviews innerhalb der Literatur- und Quellenstudie werden zeigen, dass sich Nation Branding 566
Vgl.: Simon Anholt: Countries Must Earn Better Images through Smart Policy, Interview, in: Council on Foreign Relations In Depth, 6.11.2007, www.cfr.org/publication/14719/anholt.html, Download: 18.11.2007. 567 György Szondi: Public Diplomacy and Nation Branding, a.a.O., S. 29.
176
4 Strategische Außenkommunikation
und Public Diplomacy auch in der Praxis nicht trennscharf abgrenzen lassen. Die britischen Institutionen sprechen beispielsweise ausschließlich von Public Diplomacy, wenn sie sich auf die Außenkommunikation berufen, wobei auch dieser Terminus mehrfachen Definitionsänderungen unterzogen wurde. Andere Begrifflichkeiten wie Nation Branding oder auch Communications im allgemeinen finden keine Anwendung, trotz der Einbindung von Nation BrandingBeratern wie Simon Anholt in die Strategiefindungsprozesse.568 Im Auswärtigen Amt wird weder von Public Diplomacy noch von Nation Branding gesprochen und auch der Begriff der Politischen Öffentlichkeitsarbeit wird nicht mehr gebraucht, hier lautet der verwendete Begriff Kommunikation des Deutschlandbilds im Ausland. Für Michael Reiffenstuel ist die Abgrenzung beider Ansätze letztlich ein Akademikerstreit ohne Konsequenzen für die Praxis: „Ich persönlich halte die Diskussion, in welchem Verhältnis Nation Branding und Public Diplomacy zueinander stehen, für wenig zielführend… Viel wichtiger ist, dass man beide benötigt, um eine gute Außenpolitik und eine gute Positionierug des eigenen Landes in der ausländischen Öffentlichkeit zu leisten. Das ist heute in vielen Staaten unumstritten. In Deutschland arbeiten wir mit beiden Elementen.“569
4.2 Die Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland Anhand der beispielhaften Darstellung der Außenkommunikation in Großbritannien und Deutschland werden die in der Wissenschaft hergeleiteten Thesen empirisch geprüft. Hier wird nun kurz dargestellt, in welchem Umfeld die Außenkommunikation in beiden Ländern in den letzten Jahren stattfand, wie sich also Identitäten und Außenpolitik des jeweiligen Landes entwickelten. Deutschland und Großbritannien sind europäische Mittelmächte, denen auf Grund ihrer Größe und wirtschaftlichen Potenz innerhalb der EU ein großer Einfluss zugeschrieben wird und die zudem eine wesentliche Rolle in der Weltpolitik spielen. Deutschland wird der Einfluss hauptsächlich auf Grund seiner Wirtschaftsmacht zugeschrieben, während Großbritannien sich seit dem Zweiten 568
Vgl.: Interview der Autorin mit Lucian Hudson, ehem. Direktor Kommunikation, Foreign and Commonwealth Office, London 8.2.2008, unveröffentlicht. Anholt ist unter anderem unabhängiges Mitglied im Public Diplomacy Board Großbritanniens und hat entsprechend Teil an den außenkommunikativen Strategien des Landes. 569 Interview mit Michael Reiffenstuel, a.a.O. Vgl. auch: Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy. Improving Practice, Den Haag 2005, S. 18. Die beiden Politikwissenschaftler unterstreichen dort diese These: „Although branding and public diplomacy can be set apart as two distinct approaches, in practice these two are not necessarily divided.“
4.2 Die Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland
177
Weltkrieg außenpolitisch in einem Drei-Kreise-System zwischen EU, den USA und seinem Commonwealth positioniert hat.570 Für beide Staaten stellte der Zweite Weltkrieg einen entscheidenden Einschnitt dar: In der Nachkriegszeit gelang es Deutschland erstmals, sich als demokratisches Land zu etablieren, während Großbritannien mit dem Wegfall seines Empires und der Schaffung einer neuen Position im internationalen Spiel der Mächte zu kämpfen hatte, als „medium-sized power with global influence.“571 Entsprechend komplex ist die Identitätskonstitution beider Staaten: Während Deutschland auf Grund seiner Vergangenheit Probleme hat, eine nationale Identität zu definieren, sind es in Großbritannien die Probleme des „Viernationenstaats“572 aus England, Wales, Schottland und Nordirland, die eine gemeinsame Identitätsfindung erschweren, ebenso wie die Eigenidentitäten der Zuwanderer aus den ehemaligen Kolonien.573 Dies schlägt sich unter anderem auch auf die Außenpolitiken beider Staaten im Untersuchungszeitraum nieder. Zwischen 1997 und 2007 hat Großbritannien große Veränderungen durchlaufen: Mit dem Wahlsieg Tony Blairs im Jahr 1997 wurde New Labour geformt. Ein Premierminister neuen Stils kam an die Regierung, der der Welt ein modernes Britannien zeigen wollte; die Wirtschaft erholte sich von langen Jahren der Rezession. Die letzten zehn Jahre brachten aber auch die Anschläge des 11.9.2001 mit sich, die gerade in Großbritannien große Auswirkungen zeigten und unter anderem dazu führten, dass Blair sich im Sommer 2002 entschloss, den USA in den Krieg gegen den Irak zu folgen. Am 7.7.2005 wurde London selbst Ort terroristischer Anschläge, mit weitreichenden Konsequenzen für die Überwachung der Briten und ihrer öffentlichen Räume. Gleichzeitig sanken Blairs anfangs positiven Umfragewerte seit der Entscheidung, den Irakkrieg aktiv zu unterstützen, rapide.574 In der letzten Dekade zeigte sich Großbritannien als ein Land, das zu modern, zu international, zu globalisiert geworden ist, um seine alten Identitäten länger zu bedienen. Es ist auf der Suche nach neuen Mythen, die es zusammenhalten können und die integrativ genug sind, um die neuen Realitäten zu spiegeln. Die britische Gesellschaft ist fragmentiert, aber auch geprägt von einer zunehmenden Bereitschaft zu Inklusion und Modernität. Das traditionelle Großbritannien gilt als überholt, trotzdem sollen Traditionen nicht gänzlich über Bord 570
Gustav Schmidt: Großbritanniens internationale Position nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Hans Kastendiek / Karl Rohe / Angelika Volle (Hg.): Länderbericht Großbritannien, Bonn 1998, S. 389. 571 Ebd., S. 385. 572 Roland Sturm: New Labour – New Britain?, a.a.O., S. 288. 573 Vgl. u.a.: Ebd. 574 Matthew Taylor, zitiert in: Jason Cowley: The Politics of Excitement, in: New Statesman, 14.5.2007, www.newstatesman.com, Download: 20.11.2007, S. 1.
178
4 Strategische Außenkommunikation
geworfen werden. Entsprechend ist auch die Identität des Landes im Fluss, stellt aber bis heute einen besonderen Wert dar: „more than in any other European country because... our national identity is a matter of choice – we are born English or Scottish or Pakistani but together we choose to be British. Being British is not a matter of ethnicity or territory, it is a choice of living together.“575
Statt einer nationalen Identität dominieren heute die regionalen und ethnischen Identitäten, auch die Subkulturen der verschiedenen Migrantengruppen sind zu bedeutenden Kräften geworden. In der britischen Gesellschaft gibt es keine vorherrschende Form der Britishness mehr, wie sie noch in den 1980ern dominierte.576 In diesem Umfeld suchte New Labour seit 1998 nach Werten, die eine moderne britische Identität prägen sollten – unter anderem auch, um der Britishness der jahrzehntelangen Tory-Regierung etwas Neues, Eigenständiges entgegenzusetzen und den politischen Neuanfang auch gesellschaftlich zu untermauern. Hier sollte es nicht um nationale Konzepte von oben gehen, sondern um das, was das Land ausmacht, seine Menschen.577 Eine neue Partnerschaft zwischen Politik und Wählern sollte entstehen, ein neues Gemeinschaftsgefühl: „We are a 575
Michael Wills: What Defines British Values?, in: Mark Leonard / Phoebe Griffith (Hg.): Reclaiming Britishness, London 2002, S. 16. Eine Umfrage von 1995 ergab, dass 64 Prozent der Schotten und 41 Prozent der Waliser angaben, sich als eher schottisch bzw. walisisch als britisch, oder sich sogar überhaupt nicht als britisch bezeichneten. Die Mehrheit der Schotten sahen ihre Region in 15 Jahren als unabhängig und losgelöst vom Vereinten Königreich. Auch persönliche Identitätsstrukturen wurden immer wichtiger. Gefragt nach den wichtigsten Bestandteilen ihrer Identität, gaben 66 Prozent principles and values an, 61 Prozent eigene Interessen. Britishness hielten nur knapp die Hälfte der Befragten für einen Teil ihrer Identität. Je jünger die Befragten waren, desto weniger war ihr Nationalbewusstsein ausgeprägt. Vgl.: Mark Leonard: BritainTM, a.a.O., S. 17; Nuffield-Study, Nuffield College, Oxford, zitiert in: Richard Weight: Patriots, National Identity in Britain 1940-2000, London 2002, S. 696. 577 Die Selbstdefinition Großbritanniens kam nur mit Mühen zustande, denn die Gemeinschaft wurde als von den Engländern erzwungen empfunden. Eine gemeinsame Identität erwuchs in der Abgrenzung gegenüber anderen, gestützt vom Gefühl, nicht nur eine wirtschaftliche und politische, sondern auch eine moralische Weltmacht zu sein, deren Rang gottgegeben ist. Besondere Stärkung erfuhr die Idee der Gemeinsamkeit während der Französischen Revolution und der Ära Napolens, während der Viktorianischen Zeit und während der Weltkriege des 20. Jahrhunderts, also immer dann, wenn die Gefahr eines gemeinsamen äußeren Feindes besonders groß war oder aber der wirtschaftliche Imperialismus mit einem missionarischen Eifer emotionalisiert werden konnte. Diese imperialistische Identität wurde in allen Bereichen des öffentlichen Lebens manifestiert, um sie gegenüber anderen sozialen und regionalen Identitäten zu stärken. Invention of Tradition und Imagined Communities sind auch hier die Schlagwörter für den Aufbau eines Klassenschranken überwindenden Nationalgefühls. Während die Engländer diese Idee der Britishness vollständig annahmen und Englischsein mit Britischsein gleichsetzten, lösten sich die Waliser und Schotten jedoch nie von ihren Eigenidentitäten. Vgl. u.a.: Richard Weight: Patriots, a.a.O., S. 1-11. 576
4.2 Die Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland
179
patriotic party, because we are a people’s party“578, sagte Blair schon 1995. New Labour – New Britain – das war in dieser Zeit mehr als ein Slogan, es war die Hoffnung auf eine Zukunft, die von den Lasten der rückwärtsgewandten konservativen Ära befreit wurde, ohne auf ihre Erfolge zu verzichten.579 Sie bescherte Blair im ersten Amtsjahr Zustimmungsraten von 60 bis 80 Prozent.580 Entsprechend sollte die neue Identität der Briten die Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts reflektieren, von Interdependenz, über Migration und „the independence of citizens who no longer fit easily into the categories of nationality, class, gender or race.“581 Auch gelte es zu akzeptieren, dass nationale Identitäten ihren Ausschließlichkeitsfaktor verloren hätten und zunehmend von kulturellen Identitäten abgelöst würden. Damit sollten erstmals auch die Briten mit Migrationshintergrund sich in der nationalen Identität angemessen reflektiert sehen. Zu den von New Labour propagierten neuen Werten gehörten: „Creativity built on tolerance, openness and adaptability, work and self-improvement, strong commnities and an outward-looking approach to the world..., all rooted in a deep sense of fairness and decency.“582
Dies sind jedoch keine genuin britischen Werte. Vielmehr sind es Eigenschaften, die alle demokratischen Staaten des 21. Jahrhunderts von sich selbst und anderen fordern, um international bestehen zu können. Einen Schock für die nationale Identität der Insel lösten die Terroranschläge vom 11.9.2001 aus, gefolgt vom Irak-Krieg und von den Londoner Anschlägen am 7.7.2005. New Labours Ideen der Community, die nach gemeinsamen Werten lebte, weil „diversity at the heart of the identity of the majority“583 liege, schienen verbraucht. Anscheinend galten die neuen Werte doch nur für einen Teil der Einwanderer, während andere sich nicht nur von der Gemeinschaft losgesagt hatten, sondern sie sogar aktiv bekämpften. Abwehrreaktionen und Überwachung waren die Folgen – selbst der liberale Vordenker Anthony Giddens forderte die Regierung auf „[to be] tough on immigration“, allerdings auch „tough on the causes of hostility to immigrants“584 – also gegenüber dem weiterhin latenten 578
Tony Blair, zitiert in: Peter Clarke: A Question of Leadership: From Gladstone to Blair, London 19992, S. 344. 579 Vgl.: Philip Dodd: The Challenge for New Labour, in: Mark Leonard / Phoebe Griffith (Hg.): Reclaiming Britishness, London 2002, S. 4. 580 Vgl.: Roland Sturm: New Labour – New Britain?, a.a.O., S. 275. 581 Mark Leonard: Living Together after 11 September and the Rise of the Right, in: Mark Leonard / Phoebe Griffith (Hg.): Reclaiming Britishness, London 2002, S. XIV. 582 Michael Wills: What Defines British Values?, a.a.O., S. 17-18. 583 Mark Leonard: Living Together after 11 September and the Rise of the Right, a.a.O., S. XV. 584 Anthony Giddens, in: The Guardian 3.5.2002, zitiert in: Philip Dodd: The Challenge for New Labour, a.a.O., S. 5.
180
4 Strategische Außenkommunikation
Rassismus, der auch dem neuen Großbritannien inhärent war. Bis heute jedoch haben weder Politik noch Gesellschaft Antworten auf die Fragen, wie die deeply excluded – wie Tony Blair all diejenigen nannte, die sich in jeder Hinsicht von der Gesellschaft verlassen fühlen585 – reintegriert werden können, damit die britischen Werte wieder für sie gelten würden. All dies zeigt: Die Schaffung britischer Identität war und ist politisch gesteuert. Seit Gründung des modernen Britanniens im Jahr 1707 durch die Etablierung der Union wurden ihre Ausprägungen von oben gelenkt und im öffentlichen Diskurs ausdifferenziert. Neue gemeinsame Werte für das Land müssen jedoch erst wachsen, sollen sie Früchte tragen. Das braucht mehr Zeit, als zwei Regierungsperioden unter Tony Blair. In seiner Außenpolitik wollte Tony Blair den Leitlinien der vorangegangenen konservativen Außenpolitik neue Interpretationen zu verleihen, „he both honoured the erstwhile continuity of British foreign policy and traduced it by effectively reinterpreting ist goals.“586 Blairs größte Änderung war die Einführung von Werten als kritischem Element für die Bestimmung und Ausführung der Außenpolitik von New Labour. Bereits im Wahlprogramm versprach er, Großbritannien solle „as a leading force for good in the world“587 positioniert werden. Ebenso wie Werte gefunden werden sollten, die geeignet waren, die britische Identität zu erneuern, sollten hier Werte bestimmt werden, um den Herausforderungen der Weltordnung des 21. Jahrhunderts zu begegnen und „ethical dimensions“588 der Außenpolitik zu generieren. Dies waren „liberty, democracy, tolerance and justice“589, recht generische Wertebegriffe also, die von allen westlichen Mächten vertreten werden. Trotzdem: Durch ihre Einführung wollte Blair eine Kehrtwende des realpolitischen Axioms britischer Außenpolitik bewerkstelligen und gleichzeitig der Verwobenheit von Innen- und Außenpolitik in einer Welt der Interdependenz durch eine integrierte Gesamtstrategie entsprechen.590 „Idealism becomes realpolitik“591, erklärte Blair noch im Jahr 2006. Es war seine eigene Interpretation der Soft Power und deren Integration in die Außenpolitik. Mit dem Wertansatz verwoben war der Glaube an eine weitere 585
Richard Reeves: A Question of Chararcter, in: Prospect Magazine, 149, August 2008, www.prospect-magazine.co.uk, Download: 8.8.2008, S. 2. Michael Clarke: Foreign Policy, in: Anthony Seldon (Hg.): Blair’s Britain 1997-2007, Cambridge u.a. 2007, S. 593. 587 Labour Party: Because Britain Deserves Better, 1997 General Election Manifesto, zitiert in: Paul D. Williams: British Foreign Policy under New Labour 1997-2005, Basingstoke 2005, S. 17. 588 Mission Statement des Foreign & Commonwealth Office, 12.5.1997, zitiert in: Ebd., S. 18. 589 Tony Blair: A Global Alliance for Global Values, London 2006, S. 10. 590 „The international has become domestic and the domestic international“, so Blairs These der zunehmenden Interdependenz. Vgl.: Tony Blair: The Power of World Community, in: Mark Leonard (Hg.): Re-Ordering the World, London 2002. S. 120. 591 Tony Blair: A Battle for Global Values, in: Foreign Affairs, 86, 1/2007, S. 90. 586
4.2 Die Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland
181
Liberalisierung des Welthandels als Bestandteil des Ansatzes des Third Way.592 Wo die diplomatische Vermittlung der Werte durch Entwicklungshilfe, multilaterales Engagement für Menschenrechte, Schuldenerlass, Waffenexportverbote und ähnliches an ihre Grenzen kam, war Blair gewillt, militärische Gewalt anzuwenden, um sie weltweit durchzusetzen, „from Russia and other post-communist societies who were becoming disillusionised with their transition, from rogue leaderships around the world, from radicalised Islamic groups.“593
Aus Blairs Sicht erlebte die Welt keinen „[clash] between civilisations, but rather about civilisation“594 und Großbritanniens Rolle darin war es, die Werte des Westens zu verteidigen, um die eigene geostrategischen Rolle zu verteidigen. Die Frage nach der nationalen Identität ist in Deutschland eine besonders schwierige. Nicht nur die grausame Vergangenheit des Nationalsozialismus verbietet es, in einen unreflektierten Hurra-Patriotismus zu verfallen, auch abseits dieser zwölf dunkelsten Jahre der deutschen Geschichte erlebte das Land zu viele Brüche, um zu einem gefestigten Selbstverständnis zu finden. Seit 150 Jahren erlebte keine Generation ihr Rentenalter, ohne Zeuge von mindestens einem Umsturz der Verhältnisse zu werden: Da war zunächst die Gründung des Deutschen Reichs 1871, die erste Einigung des Fleckenstaats aus Fürstentümern. Sie mündete in den Ersten Weltkrieg, der hauptsächlich von Deutschland initiiert war und erstmals die Barberei des Kriegs in vollem Umfang zeigte, an der Front, aber auch im Land selbst. Es folgte der Umsturz zur Demokratie der Weimarer Republik in 1918, ihr Versagen im Jahr 1933 und die Machtergreifung Adolf Hitlers, dessen mörderisches Regime nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa Tod und Zerstörung brachte und eine Todesmaschinerie unvorstellbaren Ausmaßes geschaffen hatte. Im Jahr 1945 kamen dann Kriegsende und Befreiung; 1949 die Gründung der Bundesrepublik und der DDR, im Jahr 1990 schließlich die Wiedervereinigung. Das sind sechs Neuanfänge in 120 Jahren – ein europäischer Rekord. „Selbstgewissheit konnte so nicht wachsen“, so die These Werner Schulzes, „Zerstörung, Verdrängung und Wiederaufbau wurden
592 Der Third Way war die Grundlage der Neuausrichtung der Labour-Partei. Er erlaubte es, soziale Positionen von Labour mit den wirtschaftspolitischen Erfolgen der Tory-Regierungen zu verbinden. Vgl. u.a.: Paul D. Williams: British Foreign Policy under New Labour 1997-2005, S. 30-31; Roland Sturm: New Labour – New Britain?, a.a.O., S. 277-281; Michael Clarke: Foreign Policy, a.a.O., S. 598. 593 Ebd., S. 599. 594 Ebd.
182
4 Strategische Außenkommunikation
zur deutschen Lebenshaltung.“595 Auch in der Außensicht Garton Ashs stellt sich Deutschland dar als „a nation in its perennial condition of becoming.“596 Nation, Nationalismus, Nationalsozialismus – das war lange die Gleichung, die es den Deutschen schwer machte, zu einer eigenen Identität zu finden. Statt dessen wurden regionale und gesellschaftliche Subidentitäten geschaffen, die Gemeinschaft kreieren sollten, ohne das Nationale zu berühren: „Regionalism, hedonism, materialism and environmentalism were promulgated while a taboo on national thinking was predicated on Aristotle’s maximum that what has happened can happen.“597
Diese Ersatzidentitäten, gemeinsam mit einem Stolz auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes prägten das Bild der Bonner Republik. Deutschland war das geteilte Land, in dem man zufällig lebte, aber ein Vaterland sollte es nicht mehr sein. Und wenn doch, dann ein schwieriges, wie der ehemalige Bundespräsident Gustav Heineman einmal sagte. Damit, und mit seinem Bonmot, dass er seine Frau lieben könne, aber nicht den deutschen Staat, brachte er das Gefühl der Deutschen zu ihrem Land auf den Punkt.598 In diesem Umfeld wurde von Dolf Sternberger der Begriff des Verfassungspatriotismus geprägt, als ein Schritt hin zu einem geistig-rationalen Anknüpfungspunkt für eine positive Einstellung zum eigenen Land. Dieser Stolz auf das Grundgesetz, das der Bundesrepublik erstmals dauerhaft eine demokratische, rechtstaatliche Ordnung gegeben hatte, konnte ein Dach für die übrigen Identitäten des Landes bilden, ohne die Gefahr, in Blut-und-Boden-Rhetorik zu verfallen. Die Wiedervereinigung brachte eine epochale Wende im geografischen, politischen und innerlichen Zustand Deutschlands. Es war damit als Nationalstaat wieder existent. Ein friedlicher Umsturz von unten hatte diesen Wandel gebracht, Demonstrationen der Menschen in der ehemaligen DDR mit ihren Rufen „Wir sind das Volk“. Nur: Welches Volk wollten sie sein? Und warum Volk und nicht Bevölkerung? Diese Fragen wurden mit der Verschmelzung von BRD und DDR zu Deutschland evident. Politisch und gesellschaftlich mussten sie angegangen werden, sollte das Land zu einer Normalität finden und damit nach über 120
595
Werner Schulz: Deutsch, aber glücklich, in: Matthias Rößler (Hg.): Einigkeit und Recht und Freiheit. Deutscher Patriotismus in Europa, Freiburg 2006, S. 96. Timothy Garton Ash: Germany’s Choice, in: Foreign Affairs 73, 4/1994, S. 65. 597 Stephen Wood: German Identity before and after Reunification, Germany, Europe and the Persistence of Nations: Transformation, Interests and Identity, 1989-1996, Suffolk 1998, S. 90. 598 Vgl. dazu u.a.: Christoph Jestaedt: Verfassungspatriotismus. Eine deutsche Erfindung mit Zukunft in und für Europa?, in: Matthias Rößler (Hg.): Einigkeit und Recht und Freiheit. Deutscher Patriotismus in Europa, Freiburg 2006, S. 134. 596
4.2 Die Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland
183
Jahren seinen Sonderweg beenden.599 Diese verspätete Nationalstaatswerdung beschäftigt das Land noch immer. Neue Mythen und Bindungen werden gesucht, um die Gegensätze zwischen Ost und West abzubauen und beide mit ihrem Staat, ihrer Heimat, zu versöhnen: „The Federal Republic wished to be sterile; the unified Germany cannot be sterile. The unification reunites the Germans not only with the eastern parts of their country, but with their national myths.“600
In diesem Sinne ist auch der Umzug der Bundesregierung nach Berlin zu werten, die den Beginn der Berliner Republik markierte, inklusive der damit einhergehenden Symbolbauten, von der Reichstagskuppel über das Kanzleramt bis zur Dresdner Frauenkirche. Die „Vollendung der inneren Einheit“601 ist seitdem zum Zielbegriff geworden, der sowohl die Unterschiede zwischen Ost und West nivellieren soll, als auch Immigranten an das Land und seine Werte binden. Die jüngste Entwicklung der Haltung der Deutschen zu sich selbst lässt sich nicht erklären, ohne auf zwei Ereignisse einzugehen: Den Wahlerfolg von RotGrün bei der Bundestagswahl 1998 und die Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Auf ganz unterschiedliche Weise haben beide dazu beigetragen, der Nation zu einer neuen Selbstverständlichkeit im Umgang mit der eigenen Identität zu verhelfen. Eine gewisse Normalität konnte einsetzen: „after generations of presumed and authentic aberration normality has arrived… [The Germans are] normal too in their susceptibility to the normal pathology of modern life in all its variety… like any other ‘normal’ country, middle-class, middle-aged, export dependent Germany also faced the puzzles and vicissitudes of an ever more competitive, ever more globalized world.”602
Gerhard Schröders Regierungskoalition aus SPD und Grünen ist hier nicht nur auf Grund der später zu behandelnden Haltung in der Außenpolitik bedeutend, sondern auch, weil in ihrer Regierungszeit ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht 599 Der These des deutschen Sonderwegs wurde vom Historiker und Nationalismusforscher HansUlrich Wehler geprägt und bezeichnet die eigenwillige Entwicklung des deutschen Nationalstaats und seiner Demokratisierung in Abgrenzung zu anderen europäischen Staaten, besonders Frankreich und Großbritannien. Vgl.: Hans-Ulrich Wehler: Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918, in: Deutsche Geschichte, Bd. 9, Göttingen 19947; Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen, Deutsche Geschichte 1806-1933, 2 Bde., München 2000. 600 Yaron London im Interview mit Saul Friedländer: Now We Shall be Reduced to Our Due Place Within German Priorities, zitiert in: Stephen Wood: German Identity Before and After Reunification, a.a.O., S. 94. 601 Vgl.: Werner Schulz: Deutsch, aber glücklich, a.a.O., S. 90. 602 David Schoenbaum / Elizabeth Pond: The German Question and Other German Questions, Houndmills 1996, S. 99-100.
184
4 Strategische Außenkommunikation
beschlossen wurde, das auch Einwandern endlich ermöglicht, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen.603 Dies ging einher mit einer Patriotismusdebatte, in der die frühere Einteilung in linke und rechte Themen nicht mehr fassen konnte: „Vor allem (links-)liberale Autoren… stießen… eine Patriotismusdebatte an – vielleicht auch deshalb, weil die rot-grüne Bundesregierung dafür den Boden bereitet hatte (zum einen durch die Rhetorik, man denke an den ‚deutschen Weg’, und die als selbstbewusst empfundene Politik Gerhard Schröders, zum anderen durch die Aussöhnung vieler einst systemkritischer Kräfte mit ‚ihrem’ Staat).“604
Laut Umfragen aus dem Jahr 2006 sind die Deutschen mit sich im Reinen: 85 Prozent meinen, als Deutscher könne man genauso stolz auf sein Land sein, wie Amerikaner, Franzosen oder Engländer.605 Und Bundespräsident Horst Köhler bemerkte bei seiner Amtseinführungrede, er sei „stolz auf dieses Land.“606 Das zunehmende Selbstbewusstsein spiegelte sich auch in Jugendkultur und Designszene, die sich zunehmend deutscher Elemente bedienen: von deutschsprachiger Pop-Musik über den Bundesadler für Modedesigns bis zum Thema Deutsch in Trendmagazinen. Die Fußball-WM 2006 schließlich zeigte plötzlich und unerwartet ein anderes Deutschland als das bislang bekannte: gastfreundlich, fröhlich, leicht. Nicht nur die Welt war überrascht, sondern auch die Deutschen selbst. Plötzlich gab es einen unverkrampften Umgang mit nationalen Symbolen, die schwarz-rot-goldenen Mengen vor den Public Viewing-Leinwänden hatten eher etwas vom Karneval als von bedrohlicher Deutschtümelei. Der große Verdienst der WM war dabei die zeitweise Integration nach innen:
603
Das Staatsbürgerschaftsrecht trat im Jahr 2002 in Kraft. Es ergänzte das vormalige völkische Abstammungsprinzip um das Territorialprinzip und definierte Deutschland damit erstmals auch als Einwanderungsland. Vgl. u.a.: Werner Schulz: Deutsch, aber glücklich, a.a.O., S. 95. 604 Eckhard Jesse: Berner Republik? Bonner Republik? Berliner Republik? Deutschland? Thesen zum Patriotismus in Deutschland, in: Matthias Rößler (Hg.): Einigkeit und Recht und Freiheit. Deutscher Patriotismus in Europa, Freiburg 2006, S. 127. 605 Allerdings kommt die Studie zu folgendem Schluss: „Trotz der zunehmenden Identifikation mit dem Land, trotz des großen Stolzes auf das, was Deutschland an Leistungen und Stärken vorzuweisen hat, verschwimmen gleichzeitig die Vorstelleungen von der kulturellen Identität Deutschlands.“ Renate Köcher: Ein neuer Patriotismus? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.8.2006. Zitiert in: Jörg-Dieter Gauger: Wie wollen wir mit uns selbst umgehen? Zum schwierigen Zusammenhang von Patriotismus und Identität, in: Matthias Rößler (Hg.): Einigkeit und Recht und Freiheit. Deutscher Patriotismus in Europa, Freiburg 2006, S. 15. 606 Zitiert in: Jörg-Dieter Gauger: Wie wollen wir mit uns selbst umgehen?, a.a.O., S. 15.
4.2 Die Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland
185
„Plötzlich verschwanden im Jubel und vor den Großbildleinwänden die Grenzen von sozialer und ethnischer Herkunft sowie die Gegensätze zwischen Ost und West. War Fußball als Sehnsucht nach fröhlichem Miteinander zu erleben.“607
Natürlich kehrten diese Gegensätze in den letzten zwei Jahren zurück. Doch trotzdem hat sich das Selbstgefühl der Deutschen gewandelt, gelockert. Was genau deutsch ist, ist bis heute nicht geklärt. Doch vielleicht ist eben das deutsch, die ewige faustische Frage. „Es kennzeichnet die Deutschen, dass bei ihnen die Frage, was ist deutsch? Niemals ausstirbt“ meinte schon Friedrich Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse.608 Die Frage nach dem eigenen Selbstverständnis bewegt auch die Außenpolitik der Bundesrepublik bis heute. Da ist zum einen die, seit Gründung des Deutschen Reichs im Jahr 1871 bestehende, Kontinuitätslinie des Bestrebens, Deutschland zu einer „normalen Macht“609 in Europa zu machen, wobei die Normalität je nach Regimeform völlig unterschiedlich definiert wurde. Für die junge Bundesrepublik hieß dies ersteinmal, nach der politischen, moralischen und militärischen Katastrophe des Zweiten Weltkriegs Handlungsspielraum für eine eigene Außenpolitik gegenüber den alliierten Mächten zurückzugewinnen. Die Möglichkeit dazu bot die Integration des Staates in westeuropäische Institutionen, wie sie von Bundeskanzler Konrad Adenauer vorangetrieben wurde. Die Entspannungspolitik von Brandt / Scheel setzte dieses Normalisierungsbestreben nach Osten hin fort durch die Zurückstellung der Frage der Wiedervereinigung und eine Vorreiterrolle in der Ost-West-Kooperation. Unterdessen wurden die eigentlichen Ziele der Politik nie vergessen: „Der ‚politische Zwerg’… ließ… nie wirklich von seiner Absicht ab, die europäische Landkarte zu seinen Gunsten zu verändern… der westdeutsche Teilstaat [war] keine Status Quo Macht, sondern trat stets für eine umfassende Revision der europäischen Nachkriegsordnung ein, in deren Rahmen die Wiedervereinigung mit dem ostdeutschen Pendant realisiert werden sollte.“610
In diesem Sinne war die westdeutsche Außenpolitik immer auch Interessenpolitik, wenn auch auf Basis von Integration in internationale Institutionen und Multilateralismus. Normalisierung und Gleichberechtigung sind auch Schlagworte, die für die Außenpolitik seit der Wiedervereinigung gelten. Dazu gehört 607
Werner Schulz: Deutsch, aber glücklich, a.a.O., S. 85. Zitiert in: Jörg-Dieter Gauger: Wie wollen wir mit uns selbst umgehen?, a.a.O., S. 26. 609 Günther Hellmann / Reinhard Wolf / Siegmar Schmidt: Deutsche Außenpolitik in historischer und systematischer Perspektive, in: Dies. (Hg.): Handbuch zur Deutschen Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 24. 610 Ebd., S. 32. 608
186
4 Strategische Außenkommunikation
neben der neuen Rolle der Bundeswehr in internationalen Konflikten auch das Selbstverständnis als europäische Mittelmacht, gleichbedeutend mit Frankreich und Großbritannien. Gerhard Schröder und Joschka Fischer schufen hier die einschneidensten Veränderungen (Definition der „uneingeschränkten Solidarität“ mit den USA, Ablehnung des Irak-Kriegs), besonders im sicherheitspolitischen Bereich (Einsätze der Bundeswehr in Afghanistan, im Kosovo und am Horn von Afrika).611 Sie betrieben eine sanfte Machtpolitik, deren Eigenständigkeit und Machtorientierung nicht nur mit den veränderten internationalen Vorzeichen der Weltinnenpolitik erklärt werden kann, sondern auch als ein gewisser Wille zur Macht gesehen werden muss.612 Meng sieht diese außenpolitische Neujustierung als nur durch Rot-Grün durchsetzbar gewesen: „Da ist als wahrscheinlich prägendste langfristige Weichenstellung eine Außen- und Sicherheitspolitik, die… den… Prozess hin zur vollen, normalen Beteiligung deutscher Soldaten weitgehend vollendet hat – was nur diese Koalition durchsetzen konnte, zumal alle rot-grünen Spitzenpolitiker offen einräumen, ihre Parteien hätten diesen Prozess aus der Oppositionsrolle heraus mit Geswissheit hart bekämpft.“613
Frank-Walter Steinmeier setzte sich in seiner Außenpolitik zumindest rhetorisch von der Vorgängerregierung ab und hob die Bedeutung einer neuen Bescheidenheit in Deutschlands aktueller Außenpolitik hervor: „Der Stil der neuen Regierung ist insofern unstrittig sachlicher, zurückhaltender und tendenziell stärker auf Ausgleich und Kooperation bemüht, ohne allerdings Interessengegensätze zu verleugnen. [Auch] scheint die Außenpolitik der Großen Koalition weniger einseitig auf einige wenige Partner (Frankreich, Russland) fixiert… Die Europäische Union und das transatlantische Verhältnis gelten wieder als die beiden wichtigsten Bezugsrahmen.“614
Die Stärkung der EU als handlungsfähigem Akteur hat dabei vor dem Hintergrund der Globalisierung eine konkrete machtpolitische Komponente: Denn keiner der EU-Mitgliedsstaaten allein ist mächtig genug, um mit den neuen globalen Akteuren (USA, China, Indien, Russland) mitzuhalten.
611
Vgl.: Richard Meng: Der Medienkanzler, a.a.O., S. 16. Vgl.: Ebd.; Günther Hellmann / Reinhard Wolf / Siegmar Schmidt: Deutsche Außenpolitik in historischer und systematischer Perspektive, a.a.O., S. 37. 613 Richard Meng: Der Medienkanzler, a.a.O., S. 18. 614 Günther Hellmann / Reinhard Wolf / Siegmar Schmidt: Deutsche Außenpolitik in historischer und systematischer Perspektive, a.a.O., S. 39. 612
4.3 Literatur- und Quellenstudie
187
4.3 Literatur- und Quellenstudie: Was Public Diplomacy und Nation Branding erfolgreich macht 4.3.1 Grundprinzipien Unter Grundprinzipien werden hier diejenigen Erfolgsfaktoren verstanden, die die Grundlage für die weitere Einbindung und Strategie der Außenkommunikation bilden. Sie legen das Konstrukt fest, in dem sich die gesamte weitere Auslegung der Kommunikation bewegt. Die Grundprinzipien der Strategischen Außenkommunikation lauten: Glaubwürdigkeit, Netzwerk und Dialog, Langfristigkeit und Nachhaltigkeit sowie ganzheitliche Ausrichtung der Kommunikation. All diese Kriterien werden in der Nation Branding- und Public DiplomacyLiteratur als wichtige Leitpunkte anerkannt, sie sind auch aus der PR-Forschung und der Markenführung bekannt. Glaubwürdigkeit In der Nation Branding und Public Diplomacy-Forschung wird in gleichem Maße Glaubwürdigkeit als essentiell für das Funktionieren der Kommunikation bei relevanten Teilöffentlichkeiten im Ausland wie bei der eigenen Bevölkerung erachtet. Glaubwürdig heißt in diesem Zusammenhang, dass die Selbstdarstellung mit der Realität übereinstimmt und Werte und Identitäten abbildet, die im öffentlichen Leben tatsächlich akzeptiert werden. Besonders die Außen- und Verteidigungspolitik als die politischen Komponenten, die am deutlichsten im Ausland wahrgenommen werden, müssten klar und transparent kommuniziert werden. Etwas martialisch formuliert Yan deshalb: „Marketing wars are won on truth, not cover-ups to disguise how bad a country really is.“615 Gerade dann, wenn Selbstkonzept und Fremdbild auseinanderfallen, dürfe nicht versucht werden, durch einseitige oder gar falsche Informationen ein Image aufzubauen, das nicht auf Wahrheit basiert: „…the aims of public diplomacy cannot be achieved if they are believed to be inconsistent with a country’s foreign policy or military actions.“616 Hocking warnt vor Versuchen, durch Kommunikation die Wirklichkeit schönen zu wollen. Im Medienzeitalter, so seine These, ist die Konsistenz zwischen Worten und Fakten wichtiger denn je, um glaubwürdig zu sein, da Informationen in Echtzeit über den Globus verbreitet werden und Medien damit auch international ihre Wächterfunktion besser ausspielen können.617 Es ist für Regierungen damit mittelfristig unmöglich zu unterbinden, dass auch die Nega615
Jack Yan: Nation Branding, a.a.O., S. 451. Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 7. Vgl. auch: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing, Public Diplomacy, a.a.O., S. 48. 617 Brian Hocking: Rethinking the „New“ Public Diplomacy, a.a.O., S. 30-31. 616
188
4 Strategische Außenkommunikation
tivaspekte der eigenen politischen Taten über die Medien kommuniziert werden – Propaganda durch Misskommunikation ist damit heute nicht mehr umsetzbar, weil die Weltöffentlichkeit nicht dauerhaft getäuscht werden kann. Beispiele für Enthüllungen durch Journalisten, die der staatlichen Außenkommunikation geschadet haben, sind etwa die Bilder der Misshandlungen in den Gefängnissen von Abu Ghraib oder Guantanamo Bay.618 Auch Kunczik schreibt: „Die eindeutig beste Form der Imagepflege für Staaten besteht darin, eine demokratische Staatsform zu haben, d.h. auch die Menschenrechte zu achten, und eine Politik der Offenheit zu betreiben.“ 619
Die Public Diplomacy-Forschung versteht Glaubwürdigkeit als zentralen Faktor, insbesondere in ihrer Eigenschaft, Vertrauen zu schaffen. In dieser These finden sich Benteles dynamische Mechanismen der Vertrauensbildung wieder – Vertrauen geht schneller verloren, als es aufgebaut werden kann, Einzelfälle genügen für weitreichende Vertrauensverluste, Verallgemeinerung von Aussagen einzelner auf die Organisation oder gar das gesellschaftliche System, dem sie angehören findet statt.620 Vertrauensaufbau wird in der Public DiplomacyForschung als schwierig erkannt. Nur durch langfristige Strategien kann er erreicht werden – „(trans)national credibility can take years to build and only minutes to destroy“621. Erschwerend komme hinzu, dass Regierungen per definitionem Schwierigkeiten haben, glaubwürdig zu wirken, weil ihrer Kommunikation aus historischen und strukturellen Gründen schnell eine PropagandaKonnotation anhaftet. Die Nation Branding-Forschung sieht in der Zentralität der Glaubwüridgkeit von Kommunikation einen wichtigen Unterschied zwischen Nation Branding und reinem Marketing. Marken können durch Werbung geschaffen werden, während Staaten eine Imageverbesserung nur durch konsistente Inhalte bewerkstelligen können: „The nation’s reputation wasn’t built through communications, and it can’t be changed through communications. Building Competitive Identity isn’t an advertising, design, or public relations exercise, although of course these techniques are essential for promoting the things that the country makes and does…”622
618
Vgl.: Rainer Schlageter, German Public Diplomacy, a.a.O., S. 19; Simon Anholt / Jeremy Hildreth: Aufstieg und Fall der Marke USA, Heidelberg 2005, S.158-164. 619 Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 203. 620 Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, a.a.O., S. 1550. 621 Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 23 622 Vgl.: Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 29-33.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
189
Mit der Forderung nach Glaubwürdigkeit als Basis für Vertrauensgewinnung wird ein zentrales Element der Public Relations-Forschung aufgenommen – dort stellt Glaubwürdigkeit, wie beschrieben, ein Teilphänomen von Vertrauen und damit eine wichtige Imagedimension dar, der in der Mediengesellschaft zunehmend Bedeutung zukommt.623 Ebenso wird deutlich gemacht, dass Vertrauen und Glaubwürdigkeit nur auf Fakten aufbauen können, was in der Public Diplomacy-Forschung als „diplomacy of deeds“624 definiert wird: „Vertrauen kann langfristig nur dann aufrecht erhalten werden, wenn nicht nur behauptet wird, dass man Vertrauen will, dass man glaubwürdig sei, sondern wenn eine Repräsentationsbeziehung zwischen Information und zugrunde liegenden Sachverhalten / Ereignissen sowie ein Konsistenzverhältnis zwischen Information und Handeln, zwischen Normen und tatsächlichen Handlungen, etc. auch tatsächlich vorhanden ist und wahrgenommen werden kann.“625
Für die Markenforschung bildet der Dreiklang aus Identitätsfindung, Identitätsgestaltung und Identitätsvermittlung626 den Kern glaubwürdiger Kommunikation im Corporate Identity-Management als umfassendem strategischem Orientierungskonzept. Dies lässt sich problemlos auf die Aussagen von Public Diplomacy und Nation Branding und damit auf die Strategische Außenkommunikation übertragen. Zweck des Vertrauensaufbaus wiederum ist die Möglichkeit vermehrter Einflussnahme, besonders im publizistischen System.627 Diese Zielfunktion ist für die Außenkommunikation von zentraler Bedeutung. Was in der Theorie schnell beschrieben scheint, stellt die Akteure in der Praxis vor große Herausforderungen. Denn wie stellt man eine Gesellschaft glaubwürdig dar, ohne Teile zu übervorteilen? Wie geht man mit regionalen Besonderheiten um? Und wie kann die Vielschichtigkeit der Gesellschaft kommuniziert werden, ohne neue Stereotypen zu schaffen? Für New Labour war diese Herausforderung Grundproblem der Gesamtkommunikation. Blairs Anspruch, Außenpolitik als Wertepolitik zu defninieren, zeigt dies auf weltpolitischer Ebene. Notwendig zur Durchführung dieser Politik ist jedoch zunächst eine Kommunikation der Taten. Entsprechend sieht Michael Bird, ehem. Leiter des British Council in Deutschland die Möglichkeit des Einflusses von Imagekom-
623
Vgl.: Günter Bentele / René Seidenglanz: Vertrauen und Glaubwürdigkeit, a.a.O., S. 346. Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 7. 625 Günter Bentele: Öffentliches Vertrauen. Normative und soziale Grundlage für Public Relations, a.a.O., S. 153. Vgl. auch: Thomas Mavridis: Propaganda und Public Relations – Synonyme im 21. Jahrhundert?, in: Volker Kreyher (Hg.): Handbuch Politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 55. 626 Vgl.: Klaus-Peter Wiedmann: Markenführung und Competitive Identity, a.a.O., S. 1419-1420. 627 Vgl. u.a.: Franz Ronneberger: Legitimation durch Information, a.a.O. 624
190
4 Strategische Außenkommunikation
munikation als abhängig von den tatsächlich in Innen- und Außenpolitik wahrgenommenen politischen Taten. Nur so kann Glaubwürdigkeit erzeugt werden: „Now Germany has overtaken the UK in Anholts Nation Brand Index. Anholt thinks that this is to be explained through the perceived political weakness of the UK after Blair and a corresponding perceived political strength of Germany with Angela Merkel... Isn’t it political deeds that make the perception change rather than the perception being able to foster deeds? You need to get results in order to create a stronger ‚brand’ of the country.“ 628
Eben dies war jedoch das Problem der britischen Außenpolitik und Außenkommunikation. Denn die Taten, die in den letzten Jahren am stärksten wahrgenommen wurden, waren die britischen Beiträge zum Krieg gegen den Terror, vor allem im Irak. Alle anderen Maßnahmen der moralischen Außenpolitik wurden daran gemessen und erschienen somit häufig als unehrlich – eine Katastrophe für die Glaubwürdigkeit des Landes und damit für Vertrauensaufbau und Image, besonders in den arabischen Ländern, wie der Labour-Unterhaus-Abgeordnete Ben Bradshaw zugibt: „The war caused huge challenges. It makes it more difficult for us to stress the image of Britain as a tolerant nation... The image of Britain particularly in the Arab media is stereotyped because people associate us with having a close relationship to the United States.“629
Und noch etwas wird deutlich: Um als glaubwürdig angesehen zu werden, bedarf es nicht nur einer Gleichstellung politischer Taten und ihrer Kommunikation, sondern auch der Unterstützung Dritter unparteiischer Institutionen, die die Eigendarstellung bestätigen, wie Bradshaw am Beispiel Afghanistans erläutert: „We can try our best to explain to the Arab media and the rest of the media that what the international forces... do is trying to protect the democratic elected government against the Taliban and Al Quaida. But we also need the Afghan government to make that case for us because the people are more likely to accept it if it comes from their own people.“630
In Deutschland war seit 1949 die Wiedererlangung von Glaubwürdigkeit Grundintention der gesamten Außenpolitik, auch nach der Wiedervereinigung. Damit 628
Interview der Autorin mit Michael Bird, Leiter British Council Deutschland, Berlin 30.5.2008, unveröffentlicht. Interview der Autorin mit Ben Bradshaw, Labour-Abgeordneter im House of Commons, London 6.2.2008, unveröffentlicht. 630 Ebd. 629
4.3 Literatur- und Quellenstudie
191
galt es nicht nur, eine Legitimation nach innen zu schaffen, wie im Falle Großbritanniens, sondern vor allem auch nach außen das eigene Existenzrecht als demokratischer Staat zu untermauern. Insofern war die deutsche Außenkommunikation der letzten Jahrzehnte bereits darauf konzentriert, als wertorientierte Außendarstellung ein realitätsnahes Bild des Landes auf Basis der eigenen politischen Werte darzustellen, vor allem von Demokratie, Freiheit und der Wahrung der Menschenrechte.631 Glaubwürdigkeitsvermittlung ist also auch in der deutschen Außenkommunikation Verständniswerbung für die im Land und seiner Politik vertretenen Werte: „Durch die größtmögliche Kohärenz der deutschen Außenpolitik [und Außenkommunikation] kann dem höchsten Gut der deutschen Außenpolitik am besten gedient werden: der Glaubwürdigkeit.“632 Dies gilt bis heute, wie Martina Nibbeling-Wriessning, ehemalige Leiterin des Referats Deutschlandzentren im Auswärtigen Amt, erklärt: „Als Diplomatin versuche ich… [Außenkommunikation] als diplomatisches Instrument zu nutzen…, um Deutschlands Interessen im Ausland stärker durchzusetzen. Und zwar nicht über eine propagandistische Verzerrung und Verschönerung der Realitäten, sondern durch eine angemessen differenzierte Profilierung der Herausstellung von Stärken wie… Schwächen. Bei der Darstellung von Schwächen geht es darum, herauszustellen, wie es zu diesen Schwächen kommt und zu beschreiben, was zu ihrer Abhilfe getan wird.“633
Diese Betonung der eigenen Schwächen macht einen Unterschied zur britischen Außenkommunikation aus – dort werden Schwächen zwar eingestanden, wenn dies nötig ist, jedoch nicht proaktiv kommuniziert. Dies ist insofern typisch für Deutschland, als es die Problematik des Landes mit der eigenen Identität spiegelt: Statt Hurra-Patriotismus wird auch in der Außenkommunikation ein differenziertes Bild vermittelt. Es wird sich nicht gescheut, die Probleme des Landes zu benennen und zu diskutieren. Dazu gehört auch die Betonung, man wolle das Deutschlandbild nicht verbessern, sondern modernisieren: „Ich spreche niemals von Verbesserung des Deutschlandbilds“, erklärt Michael Reiffenstuel, „darum geht es uns nicht, es geht um Aktualisierung und Modernisierung, nicht um einseitig positive Beeinflussung.“634 Die diplomacy of deeds der letzten Jahre in
631
Vgl.: Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004/2005, Berlin 2005, S. 192-194. Wilfried Grolig / Rainer Eugen Schlageter: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Public Diplomacy, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 566. 633 Interview der Autorin mit Martina Nibbeling-Wriessnig, ehem. Leiterin Referat Deutschlandzentren, Auswärtiges Amt, Berlin 16.7.2007, unveröffentlicht. 634 Interview mit Michael Reiffenstuel, a.a.O. 632
192
4 Strategische Außenkommunikation
Deutschland konzentrierte sich insofern darauf, zu beweisen, dass Deutschland auf allen Gebieten ein verlässlicher internationaler Partner ist. Die Glaubwürdigkeit der Außenkommunikation ist also ein essentielles Anforderungskriterium von Public Diplomacy und Nation Branding, weil Kommunikation im Medienzeitalter nur funktionieren kann, wenn sie der Realität entspricht. Es müssen konsistente Inhalte ständig und dauerhaft vermittelt werden, um Vertrauen aufzubauen. Nye fasst diese Thesen zusammen: „Politics has become a contest of competitive credibility... governments compete with each other and with other organizations to enhance their own credibility and weaken that of their opponents... Reputation has always mattered in world politics, but the role of credibility becomes an even more important power resource because of the ‚paradox of plenty’.“635
Die Forderung nach Glaubwürdigkeit als zentraler Grundvoraussetzung für Kommunikation in Nation Branding und Public Diplomacy übernimmt auf der Mikroebene die Funktion des Vertrauensaufbaus. Auf der Mesoebene kann die Forderung ebenso als Beleg der Hypothese gewertet werden, dass ihr Beitrag zur Komplexitätsreduktion eine Funktion Strategischer Außenkommunikation darstellt. Glaubwürdigkeit als Imagedimension zur Schaffung von Vertrauen dient dann dem Zweck, den im zu kreierenden Image gezeigten Realitätsausschnitt bei den Rezipienten als echt zu legitimieren. Dazu muss der Ausschnitt mindestens soweit auf Fakten und Wahrheiten basieren, dass er mit den in der Medienrealität gezeigten Bildern übereinstimmt. Nur dann wird die in der Kommunikation vorgenommene Verkürzung der inhaltlichen Bestandteile eines Staates als echt wahrgenommen und als legitime Realitätsdarstellung akzeptiert, wodurch wiederum die Rezipienten die vorgenommene Reduktion von Komplexität hinnehmen und sich zu eigen machen. Ganzheitliche Ausrichtung Durch eine ganzheitliche Kommunikation sollen alle Bereiche des Staates in die Kommunikationsstrategie und den -prozess eingebunden werden und sich dort wiederfinden.636 Diese umfassende Darstellung des Landes soll sicherstellen, dass das vermittelte Image kohärent ist: „Communication should be coordinated in order to fit into larger frameworks, to help overcome the impression of 635
Joseph Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 106-107. Diese These kann in Übernahme der Eigenschaftsdefinition von Strategie nach Fischer et al. Interpretiert werden, nach der politische Strategien idealtypisch folgende Eigenschaften vereinen: Zeitfaktor: Langfristigkeit, Akteursdimension: Vertraulichkeit, Themensetzung: Ganzheitlichkeit sowie auf Ebene der Umsetzung eine Mischung aus Aktion und Reaktion. Vgl.: Thomas Fischer / Gregor Peter Schmitz / Michael Seberich: Die Strategie der Politik, a.a.O., S. 199.
636
4.3 Literatur- und Quellenstudie
193
fragmentation and oversegmentation“637, so etwa Michalski aus Sicht der Public Diplomacy-Forschung. Fitzpatrick sieht die besonderen Möglichkeiten der Ganzheitlichkeit in der Public Diplomacy in der Verbindung aller Aktivitäten und Akteure und der Einbindung relevanter Teilöffentlichkeiten: „[it] would encompass all public diplomacy activities – short term/long term, reactive/proactive, information/advocacy/engagement/policy advisement, etc. All public diplomacy efforts would be designed to... whether they contribute to the establishment and maintenance of positive, supportive relationships with strategic publics.“638
Besonderen Wert auf die Ganzheitlichkeit der Kommunikation legt jedoch die Nation Branding-Forschung, in Anlehnung an die Thesen der identitätsgeleiteten Markenführung und der integrierten Kommunikation. Demnach fungiert das Land in seiner Ganzheit analog zu einem Unternehmen (hier der Bezug zur Corporate Identity) als Dachmarke, während die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche als Submarken existieren und auf die Gesamtkommunikation einzahlen: „The country’s positioning should be derived from a holistic accumulation of singleminded ‚promises’ coming from a plethora of ‚house brands’, from clusters of commodities to investment packages to tourist attractions to commercial brands.“639
Nach Jaffe / Nebenzahl lässt das Dachmarkenkonzept in besonderer Weise economies of scale zu, indem die gleiche Strategie in verschiedenen Bereichen angewandt und dadurch Synergien in der Umsetzung und vor allem in der Konsistenz der Durchführung der Kommunikation erzeugt werden.640 Eine LänderDachmarke muss demnach weit genug gefasst sein, um verschiedene Botschaften zuzulassen und unterschiedliche Zielgruppen bedienen zu können. Das Ziel des Dachmarkenkonzepts liegt darin, im Idealfall alle Bereiche des Gemeinwesens als Submarken auszurichten und zu einer kohärenten Kommunikation zu verdichten,641 um die Wahrnehmung des Bildes eines Landes zu vereinheitlichen und in die gewünschte Richtung zu vertiefen:
637
Anna Michalski: The EU as a Soft Power: the Force of Persuasion, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Basingstoke 2005, S. 134. Kathy R. Fitzpatrick: Advancing the New Public Diplomacy, a.a.O., S.208. 639 Philippe Mihailovich: Kinship Branding, a.a.O., S. 242. 640 Vgl.: Eugene Jaffe / Israel Nebenzahl: National Image and Competitive Advantage, a.a.O., S. 141. 641 Vgl.: Philip Kotler / David Gertler: Country as Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 259; Seppo Rainisto: Success Factors of Place Marketing, a.a.O., S. 50; Simon Anholt: Introduction, in: Journal of Brand Management, 9, 4-5/2002, S. 232. 638
194
4 Strategische Außenkommunikation „The country’s positioning should be derived from a holistic accumulation of singleminded ‚promises’ coming from a plethora of ‚house brands’, from clusters of commodities to investment packages to tourist attractions to commercial brands.“642
Die Dachmarkenstruktur ist eines der Grundkonzepte des Nation Branding. Es soll die Komplexität der Kommunikation einer Nation verdeutlichen, gleichzeitig aber die Möglichkeit geben, sie über die Kommunikation einzelner Bestandteile greifbar zu machen. Die Darstellung unten verdeutlicht dies:
Abbildung 6:
Schematische Darstellung des Dachmarkenkonzepts im Nation Branding, eigene Darstellung
Anholt entwickelte im Jahr 1997 das Hexagon-Modell zur Darstellung des Ganzheitlichkeitsansatzes, es wird inzwischen von allen Vertretern des Forschungsfeldes anerkannt. Es beschreibt sämtliche Ebenen der kommunizierenden Öffentlichkeit: Politik, Wirtschaft, Kultur und Soziales, wobei Wirtschaft in die Unterbereiche Tourismus, Export sowie Investitionen und Immigration (hier die Zuwanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte) unterteilt ist, die Politik sowohl die Innen- als auch die Außenpolitik einschließt und Soziales alle Bereiche der Bevölkerung in der öffentlichen Darstellung meint. „The basic theory behind [nation branding]… is that when governments... manage to coordinate the actions, investments, policies and communications of all six points of the hexagon so that they prove and reinforce this idea, then they stand a good chance of building and maintaining a competitve national identity both internally and exter-
642
Ebd.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
195
nally – to the lasting benefit of exporters, importers, government, the culture sector, tourism, immigration, and pretty much every aspect of international relations.”643
Abbildung 7:
Nation Branding Hexagon nach Anholt644
Die Effizienz von staatlicher Außenkommunikation liegt in der Fähigkeit begründet, in allen sechs Zielfeldern kohärent zu kommunizieren, indem aufeinander abgestimmte Botschaften ausgesandt werden. Alle Felder sind dabei gleich wichtig, denn nur so kann ein nachhaltiges Image kommuniziert werden, das umfasssend genug ist, um alte Stereotype des Landes abzulösen.645 Den Zielfeldern kommt dabei eine zweifache Bedeutung zu: Sie sind Kommunikator sowie Objekt der Kommunikation und damit ein durch die Kommunikation zu stärkender Bereich. Denn einerseits soll in jedem Bereich die bestmögliche Kommunikation durchgeführt werden, andererseits wirkt die Gesamtkommunikation durch Stärkung des Images zurück auf die jeweiligen Zielbereiche. Jeder einzelne Bereich, und damit auch jede einzelne Institution in den jeweiligen Zielfeldern, kann also von einer abgestimmten Kommunikation positive Rückwirkungen erwarten, die für das eigene Image förderlich sind. Führt eine abgestimmte Kommunikation also dazu, dass das Gemeinwohl gestärkt wird, werden gleichzeitig auch die Egoismen der einzelnen Institutionen aller Zielfelder bedient. Anholt fasst dies unter dem Begriff des „virtuous circle“646 der Außenkommunikation zusammen. 643
Vgl.: Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 26. Vgl.: Simon Anholt: Brand New Justice, a.a.O., S. 118. 645 Ebd., S. 27. 646 Ebd., S. 34-37. 644
196
4 Strategische Außenkommunikation
Anholt sieht Tourismus und Exportwirtschaft als stärkste Bestandteile des Nation Brandings, weil sie direkten Kontakt zu der Bevölkerung anderer Länder herstellten. Es ist jedoch die Politik, die in der Medienberichterstattung den stärksten Einfluss auf das Länderbild hat.647 Investitionsförderung und Anwerbung von High Potentials sind eher auf kleinere Rezipientengruppen aus dem Meinungsführerbereich ausgerichtet, während Kultur und die eigentliche Bevölkerung auf vielfältige Weise die Werte einer Gesellschaft prägen und der breiten ausländischen Öffentlichkeit darstellen. Interessanterweise hat Anholt in seinem Modell den Bildungs- und Forschungsbereich als eigenes Zielfeld ausgeklammert und in späteren Texten dann dem Teilbereich Investitionen hinzugefügt. Dies ist sicher ein Problem dieses Ansatzes, da sich gerade hier die Innovationskraft eines Landes zeigt. Die Betrachtung unter dem Punkt der Investition schaut einseitig auf die wirtschaftlichen Aspekte von Ausbildung und Innovation und beinhaltet die Gefahr einer Ökonomisierung dieses gesellschaftlichen Teilbereichs. Trotzdem ist das Hexagon eines der am meisten verbreiteten Modelle des ganzheitlichen Ansatzes in der Strategischen Außenkommunikation. Auch in der Public Diplomacy wurde es übernommen.648 Überhaupt stimmt diese mit dem Nation Branding überein, dass die verschiedensten Felder in die Außenkommunikation eingebunden werden müssten, von Bildung und Kultur über Sport und wirtschaftlicher Standortkommunikation bis zu traditionellen politischen Themen und der Kommunikation von militärischen Interventionen.649 Immer wieder wird in der Forschung die Problematik der Ausgestaltung der Ganzheitlichkeit beschrieben. Es gibt bisher keine Einigkeit darüber, ob es besser wäre, alle Teilbereiche zu gleichen Teilen zu kommunizieren, oder aber Schwerpunkte auf Bereiche zu setzen, welche die Identität des Landes besonders gut spiegeln oder besonders zur politischen beziehungsweise wirtschaftlichen Darstellung beitragen und damit einen höheren Anteil am Nationenbild haben als andere. Einig ist sich die Literatur nur in dem Punkt, dass eine Betonung nur eines Zielfelds dem Landesimage schadet.650 Henry Werner weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „einige Zielfelder elastischer [reagieren] als
647
Vgl. u.a.: Ulrich Sarcinelli / Marcus Menzel: Medien, a.a.O.; Gunnar Hammerschmidt: Über den CNN-Effekt hinaus, a.a.O.; Mary Hampton: Re-Creating the World, a.a.O.; Anna Schwan: Das Deutschlandbild in den amerikanischen Medien, a.a.O. 648 Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 14-18; Brian Hocking: Rethinking the „New“ Public Diplomacy, a.a.O., S. 36; Mark Leonard / Alakeson Vidhy: Going Public: Diplomacy for the Information Society, London 2000, S. 86-98; Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 14. 649 Vgl.: Peter van Ham: Place Branding. Between Image and Realpolitik, Vortragspräsentation auf der Jahreskonferenz „Präsenz Schweiz“ 2006, 16.8.2006. 650 Vgl.: Simon Anholt: Why Brand? a.a.O., S. 100.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
197
andere“651 und verweist auf hohe Imageschwankungen in den Bereichen Export und Investitionen, wohingegen die Bewertungen der Bevölkerung oder der Kultur eines Landes über lange Zeitperioden etabliert würden. Dieser Punkt ist interessant im Hinblick auf die Langfristigkeit von Strategischer Außenkommunikation. Mit einer Betonung volatiler Zielfelder würde die Problematik der Vereinnahmung von Strategischer Außenkommunikation durch aktuelle Ereignisse steigen. Insofern wäre es aus strategischer Sicht sinnvoller, in der Kommunikation unterstützend in den weniger elastischen Zielbereichen wie Kultur tätig zu werden und die volatileren ökonomischen Bereiche nur im Bereich der Wirtschaftsförderung zu streifen, wie dies in der Tat seit Jahren praktiziert wird. Die Fallbeispiele zeigen, dass die Umsetzung einer ganzheitlichen Kommunikation, die Akteure aus allen Bereichen des Staates einbezieht, nur schwer durchzusetzen ist, selbst wenn sie politisch gewollt wird. In Großbritannien wurde seit 1997 daran gearbeitet, die verschiedenen Akteure der Außenkommunikation an einen Tisch zu bekommen. Zunächst wurde dafür eine neue Rolle der Außenkommunikation definiert: Sie wurde zu einem Querschnittsbereich und zur Grundlage für die Möglichkeit der weiteren Entfaltung der außenpolitischen Prioritäten.652 Um die neue Rolle besser ausüben zu können, wurde im Oktober 2002 eine eigene Kommunikationsabteilung im Foreign and Commonwealth Office gegründet, bei der alle kommunikativen Maßnahmen des Ministeriums, nach Großbritannien wie nach außen, gebündelt wurden.653 Diese war dem Directorate for Strategy and Information untergeordnet und beinhaltete ein Referat für Public Diplomacy, dem insgesamt rund 60 Mitarbeiter angehörten.654 Bereits im Jahr 2001 wurde außerdem die Wilton Review beschlossen, die erste grundlegende und wirkungsbasierte Revision der bestehenden Public Diplomacy und ihrer hauptsächlichen Akteure, dem Foreign and Commonwealth Office (FCO), dem British Council und dem BBC World Service (BBCWS).655 Die kontinuierliche Einbeziehung dieser drei Akteure sowie diverser Institutionen aus anderen Bereichen des Staates in die außenkommunikativen Strategien sollte die ausgewogene Darstellung Großbritanniens in der Außenkommunikation sichern. Zu den Institutionen, die in den außenkommunikativen Prozess einbezogen wurden, gehörten außer den drei erwähnten: die wirtschaftlichen Mittlerorganisationen UK Trade and Investment und VisitBritain, das Department for Culture, Media and Sport im kulturellen Bereich, das Department for International Deve651
Henry Werner, a.a.O., S. 10. Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, London 2005, S. 17. 653 Vgl.: Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2003, London 2004, S. 83. 654 Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 17. 655 Wilton Review Executive Summary, in: Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., Annex A, S. 60-62. 652
198
4 Strategische Außenkommunikation
lopment und das Ministry of Defense im politischen Bereich und die Vertreter der Regionen Schottland und Wales auf sozialer Ebene. Ebenso gab es diverse ebenenübergreifende Kooperationen mit privaten Institutionen. Die Abdeckung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen im Sinne der Ganzheitlichkeit wird durch die verschiedenen Organisationen folgendermaßen geleistet:
Abbildung 8:
Ganzheitliche Ausrichtung britischer Außenkommunikation nach Involvierung von Institutionen, eigene Darstellung
Die ganzheitliche Darstellung des Landes nimmt auch in der deutschen Außenkommunikation eine wichtige Rolle ein. Die Schwerpunkte der aktuellen Außendarstellung wurden vom Auswärtigen Amt folgendermaßen definiert: „Deutschland ist ein Land, das Verantwortung übernimmt als Partner und Impulsgeber bei der weiteren Ausgestaltung der Europäischen Union, engagierter Partner bei der Prävention und Überwindung von politischen, wirtschaftlichen, ökologischen Krisen und humanitäern Katastrophen, ein weltoffenes Land und engagiert gegen Rassismus und Antisemitismus, ein Land das seine Wirtschaft durch Reformen und Innovationen zukunfts- und konkurrenzfähig macht, ohne alte Stärken aus den Augen zu verlieren, ein ‚Land der Ideen’ und starker Forschungsstandort, der Wissenschaftler aus aller Welt anzieht und InnovationsImpulse setzt, Herkunftsland international erfolgreicher Künstler, Musiker, Designer, Architekten und Sportler.“656 Dies entspricht einer Darstellung aller Bereiche des Staates – Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur. Dabei ist dem Aus-
656
Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation: Public Diplomacy, Powerpointpräsentation, Juni 2006.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
199
wärtigen Amt bewusst, dass die staatliche Außenkommunikation nur einen kleinen Teil der Gesamtwahrnehmung des Landes ausmachen kann: „Länderbilder werden… maßgeblich nicht nur durch staatliche Kommunikationsbereiche geprägt, sondern durch eine Vielzahl von Akteuren… Hier spielen einerseits die Mittlerorganisationen, aber auch unabhängige Akteure und Stiftungen eine unverzichtbare Rolle.“657
Dem Auswärtigen Amt kommen in diesem Umfeld die Aufgaben zu, eine Dirigentenfunktion im Konzert der Akteure zu übernehmen, durch Netzwerkbildung zu koordinieren und zu einer verstärkten Kohärenz der Außenkommunikation beizutragen. Dazu wurde im Jahr 2004 die Kommunikationsplattform Das Deutschlandbild im Ausland ins Leben gerufen. Zweimal im Jahr treffen sich seitdem Akteure aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Tourismus aus über 50 verschiedenen Institutionen für eine zweitätige Konferenz im Auswärtigen Amt, um die aktuellen Entwicklungen, Projekte und Zukunftsperspektiven zu besprechen. Außerdem bietet eine passwortgeschützte virtuelle Plattform allen Akteuren die Möglichkeit, die Partner direkt anzusprechen, Informationsmaterialien zu erhalten und die Kooperation zu vertiefen. Ziel dieser Netzwerkplattform ist laut Auswärtigem Amt: „ein verdichteter Informationsfluss und die Erarbeitung von ineinander greifenden Kommunikationsstrategien – wesentliche Voraussetzungen, um ein kohärentes, möglichst ganzheitliches und aktuelles Bild im Ausland zu vermitteln und damit Deutschland im globalen Wettbewerb bei ausländischen Öffentlichkeiten weltweit zu positionieren.“658
Die für diese Arbeit interviewten Akteure der deutschen Außenkommunikation sind sich einig, dass sich in den letzten Jahren die Kooperationsbereitschaft aller involvierten Institutionen erhöht habe und infolgedessen die Synergien zwischen den Akteuren deutlich besser genutzt würden, als dies noch zur Jahrtausendwende der Fall war. Michael Reiffenstuel fasst diese Entwicklung folgendermaßen zusammen: „Es wird inzwischen erkannt, dass man sich gegenseitig braucht. Man wird sich der Überschneidungen zwischen den jeweiligen Bereichen bewusst und erarbeitet darauf
657
Interview mit Michael Reiffenstuel, a.a.O. Auswärtiges Amt, Abteilung für Kultur und Kommunikation, Referat 611 (Hg.): Philosophie, Inhalt und Zielsetzung des 5. Workshops „Das Deutschlandbild im Ausland“; am 6. und 7.12.2007, Berlin 2007.
658
200
4 Strategische Außenkommunikation aufbauend gemeinsame Handlungsmöglichkeiten. Die Entwicklung der letzten Jahre hier ist für mich faszinierend.“659
Trotz dieser positiven Entwicklung ist die Kohärenzfindung noch nicht abgeschlossen – weiterhin stellt es sich langwierig und schwierig dar, alle Akteure von einer gemeinsamen Außenkommunikation zu überzeugen. Gerade die Privatwirtschaft behält sich vor, sich nur dann dem Weg der staatlichen Außenkommunikation anzuschließen, wenn dadurch für sie direkte Vorteile entstehen. Ineinandergreifende Kommunikationsstrategien sind daher erst bei spezifischen Projekten wie Deutschland – Land der Ideen, dem Deutschlandjahr in Japan oder Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung erzielt worden, eine „Einheit in Vielfalt“660 zu erreichen ist für die deutsche Außenkommunikation weiterhin ein hehres Ziel. Die These der Ganzheitlichkeit wird also in der Literatur recht ausführlich diskutiert und von Anholt modellartig durch das Hexagon dargestellt. Auch wenn der Großteil der Wissenschaftler aus Nation Branding und Public Diplomacy mit dieser Einordnung der verschiedenen Teilbereiche des Staates in die Kommunikation übereinstimmt, ist die Frage nach der Notwendigkeit der Schwerpunktbildung umstritten. Übereinstimmung herrscht hingegen darin, dass alle Seiten des Staates, auch seine negativen Aspekte, kommuniziert werden müssen, um glaubhaft zu sein. Die Nation Branding-Forschung weitet das Thema der Ganzheitlichkeit in der Dachmarkenkommunikation aus. Netzwerk und Dialog Um Kommunikation ganzheitlich umzusetzen, bedarf es der Zusammenarbeit mit nicht-staatlichen Akteuren. Ihnen kommt damit in der staatlichen Kommunikation im Ausland ein neuartiger Stellenwert zu, nicht nur als interaktive Rezipienten, sondern vor allem als Kommunikationsakteure. Besonders die Public Diplomacy-Forschung legt großen Wert auf die Schaffung von Netzwerken als Image- und Werteplattformen ohne Hierarchie-Ebenen. Allerdings findet diese Einbindung hauptsächlich im Rahmen von Projektarbeiten und in der Implementierungsphase statt, nicht während der Strategiefindung, um die Kontrolle nicht zu stark abzugeben, wie Melissen / Gonesh hervorheben: 659
Interview mit Michael Reiffenstuel, a.a.O. Dies nennt Cord Meier-Klodt, ehem. Leiter des Referats für Strategie und Planung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Auswärtigen Amt als Ziel der Netzwerkbildung. Wörtlich sagt er: „In einer idealen Welt könnte man das eine oder andere begradigen, aber grundsätzlich finde ich den dezentralen Ansatz gut… Die Synergien [sind] größer geworden, weil die Energien darauf verwendet wurden, dass aus den vielen Einheiten ein pluralistisches Ganzes, Einheit in Vielfalt, wird.“ Interview der Autorin mit Cord Meier-Klodt, ehem. Leiter des Referats für Strategie und Planung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, Auswärtiges Amt, Berlin 6.7.08, unveröffentlicht.
660
4.3 Literatur- und Quellenstudie
201
„if diplomats abroad decide to cooperate with... NGOs on a specific issue, they should try to limit their involvement in coordinating matters and, as much as possible, must privide them with information.“661
Die Public Diplomacy-Forschung definiert eine neue Netzwerk- oder „MultiStakeholder“-Diplomatie662, basierend auf: „inclusiveness and partnership rather than on exclusiveness. Such processes aim to bring together all major stakeholders in a new form of common decision-making... on a particular issue... they assert that influence and the right to be heard should be based on the value of each stakeholders’ unique perspective and expertise.“663
Der partnerschaftliche Ansatz dieser Kooperationen im Gegensatz zum hierarchischen Ansatz der traditionellen Diplomatie wird besonders betont.664 Die Inklusion von Netzwerken in diplomatische und kommunikative Prozesse soll das Management von internationalen Zusammenhängen zunehmender Komplexität ermöglichen und gleichzeitig die Kommunikation mit meinungsbildenden Akteuren ausländischer Gesellschaften steigern. Dadurch soll Vertrauen auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen geschaffen werden.665 „Networking has replaced information dominance as the new model of persuasion in the global communication era“666, schreibt Zaharna und führt aus, dass eine klassische oneway Informationspolitik nicht mehr möglich sei, während das Netzwerkmodell durch seine Interaktivität und den dort etablierten two-way-process, also der symmetrischen Kommunikation667, die Möglichkeit biete, Brücken zwischen verschiedenen kulturellen Lebensweisen zu schlagen: „The one with the most extensive network wins.“668 661
Jan Melissen / Alvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 11. Vgl.: Ebd. Andere Autoren sprechen stattdessen von einer Netzwerkdiplomatie, vgl.: Jamie Metzl: Network Diplomacy, in: Georgetown Journal of International Affairs, Winter/Frühjahr 2001, www.carnegieendowment.org/publications/index.cfm?fa=print&id=681, Download: 20.12. 2007; Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O.; Heine, Jorge: On the Manner of Practising the New Diplomacy, in: The Center for International Governance Innovation Working Paper, 11, Oktober 2006. 663 Brian Hocking: Multistakeholder Diplomacy, a.a.O., S. 6. 664 Vgl.: Mark Leonard: Diplomacy by Other Means, a.a.O., S. 54-55; Alan Henrikson: What Can Public Diplomacy Achieve?, a.a.O., S. 6; Birgit Stöber: Von „brandneuen“ Städten und Regionen, a.a.O., S. 222. 665 Vgl.: Brian Hocking: Multistakeholder Diplomacy, a.a.O., S. 8. 666 Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O., S. 3. 667 Jamie Metzl: Network Diplomacy, in: Georgetown Journal of International Affairs, Winter/Frühjahr 2001, www.carnegieendowment.org/publications/index.cfm?fa=print&id=681, Download: 20.12.2007, S. 2. 668 Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O., S. 3. 662
202
4 Strategische Außenkommunikation
Es soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass es Aspekte der Machterhaltung sind, die Staaten in den letzten Jahren dazu veranlasst haben, vermehrt mit nicht-staatlichen Akteuren zu kooperieren, da die Zusammenarbeit als probates Mittel gesehen wird, den eigenen Einfluss zu verstärken und das Image in der Öffentlichkeit zu verbessern. Die Risiken der weiteren Machtstärkung nichtstaatlicher Akteure sowie des Kontrollverlusts über die Themendarstellung werden dabei billigend in Kauf genommen.669 Hier scheint ein Rückgriff auf die symmetrische Kommunikation interessant, wenn man diese nach Grunig / Hunt definiert, also als höchste Stufe, beziehungsweise als Idealform der Public Relations. Diese These lässt sich sehr gut auf die Integration der Netzwerkdiplomatie übertragen: Auch hier vertritt die Forschung ein Leitbild symmetrischer Kommunikation, mit dem Ziel, eine Win-Win-Situation für alle Akteure zu erreichen, geschaffen durch personale, massenmediale, argumentative und persuasive Kommunikationsmethoden.670 Die Forderung nach einer symmetrischen Kommunikation in der Public Diplomacy ist in Teilbereichen schon lange vorhanden, in ihrer Umfasstheit jedoch ein aktueller Trend. Diese Entwicklung spiegelt in gewisser Weise Grunigs These der vier PR-Modelle und der evolutionären Entwicklung der PR von Publicity zu symmetrischer Kommunikation. Die aktuellen Thesen der Public Diplomacy entsprechen dabei Grunigs Forderung nach einem nachhaltigen Beziehungsaufbau zwischen Organisation und Stakeholdern. Das folgende Zitat könnte genauso auch aus der Public Diplomacy stammen: „effective public relations produces supportive public relationships that are built on trust and accomodation created through genuine dialogue produced by two-way symmetrical communication that is designed to accomodate dual interests.“671
Public Diplomacy ist ein ideales Instrument zur Umsetzung der Multi-Stakeholder- bzw. Netzwerkdiplomatie, weil sie per definitionem öffentlich ist. Entsprechend definieren Melissen / Gonesh, Public Diplomacy beinhalte „all of the activities by states and non-state actors that contribute to the maintenance and
669
Vgl.: Brian Hocking / Michael Smith: World Politics, a.a.O., S. 198-201. Zum Kontrollverlust merkt Metzl an, dass Kontrolle selbst neu definiert werden müsse, da in der Informationsgesellschaft das Zurückhalten von Information bestraft werde, während die freiwillige Vergabe großer Informationsmengen und damit der zeitweilige Kontrollverlust belohnt werde durch neue Formen der Kontrolle, basierend auf „flexibility, decentralization, and networked specification“. Jamie Metzl: Network Diplomacy, a.a.O., S. 3. 670 Vgl.: David M. Dozier / James E. Grunig / Larissa A. Grunig: Manager’s Guide to Excellence in Public Relations, a.a.O. 671 Stephen Bruning / Jenessa Castle / Erin Schrepper: Building Relationships between Organizations and Publics: Examining the Linkage between Organization-Public Relationships, Evaluations of Satisfaction, and Behavioural Intent, in: Communication Studies, 55, 3/2004, S. 435.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
203
promotion of a county’s soft power“672 und setzen damit die nicht-staatlichen Akteure auf eine Hierarchie-Ebene mit den Akteuren staatlicher Kommunikation. Die Kooperation im Netzwerk soll drei Defizite abdecken, denen beide Seiten in ihrer jeweiligen Politikgestaltung begegnen: Legitimation, Wissen und Zugang. Ebenso soll die Kooperation im Netzwerk die Effizienz der Außenkommunikation stärken, um die Vielfalt des Landes darzustellen, Entfremdungserscheinungen entgegenzuwirken und Vertrauen zu bilden. Der Vorteil dabei ist zweifach: Einerseits haben etwa NGOs im Gegensatz zu staatlichen Akteuren die nötige Expertise in bestimmten Themengebieten, außerdem größere Glaubwürdigkeit und ein großes Netzwerk in relevanten Zielgruppen: „Working with non-state actors such as NGOs is central to effective communication with civil societies… because they have three resources that are not necessarily easily available to a foreign government: credibility, expertise and appropriate networks… NGOs… have a longstanding reputation for independence – and hence a credibility – that is not feasible for a government to build up itself.“673
Diese Punkte können sich staatliche Stellen also nur durch Kooperationen aneignen.674 Andererseits können nicht-staatliche Akteure wie Unternehmen oder Stiftungen in den Zielländern mit eigenen Initiativen agieren und hier Botschaften vertreten, die mit der Gesamtbotschaft des Heimatlandes abgestimmt sind und auf diese einzahlen. So hat etwa die USA Kooperationen mit 1500 NichtRegierungsorganisationen in aller Welt aufgebaut, um ihre Außenkommunikation zu stützen und Glaubwürdigkeit zu generieren.675 Leonard führt diesen Punkt weiter aus und definiert vier Bereiche für Kooperationen in den Zielländern. Durch die Etablierung von Kooperationen mit allen aufgeführten Akteuren soll Vertrauen aufgebaut und ein Bild der Diversität des Landes gezeichnet werden:676
672
Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 7. Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 56. Vgl.: Rhonda Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O.; Dies.: The Soft Power Differential: Network Communication and Mass Communication in Public Diplomacy, in: The Hague Journal of Diplomacy, 2, 3/2007, S. 213-228. 675 Vgl.: Injy Galal: The History and Future of US Public Diplomacy, in: Global Media Journal, 4, 7/2005, Article 16, S. 10-14. 676 Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing, Public Diplomacy, a.a.O., S. 54-71; Die Einteilung wird von der Forschung inzwischen aufgegriffen, vgl.: Sandra Busch-Janser / Daniel Florian: Die neuen Diplomaten? Public Diplomacy und die Rolle von Kommunikationsagenturen in der Außenpolitik, in: Jens Tenscher / Henrike Viehrig (Hg.): Politische Kommunikation in internationalen Beziehungen, a.a.O., S. 227. 673 674
204
4 Strategische Außenkommunikation
NGO-Diplomacy, die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit politischer Aussagen und Inkorporation von Expertise und Netzwerken Diaspora-Diplomacy, die Kooperation mit Gruppen aus der ausländischen Bevölkerung im Inland zur besseren Ansprache der jeweiligen Kulturgruppen im Ausland, besonders in den jeweiligen Zielländern und zur Stärkung der Dialogfähigkeit Political Party Diplomacy, die Einbeziehung politischer Parteien oder politischer Stiftungen in den Zielländern, die den eigenen politischen Werten nahe stehen; auch hier schafft die Zusam-menarbeit bessere Vernetzungen und neue Zugänge zur politisch-gesellschaftlichen Infrastruktur. Brand Diplomacy, die die Notwendigkeit der Einbindung von nationalen Marken in die Außenkommunikation auf Grund des Country-of-Origin-Effekts anerkennt und die Botschaften der Unternehmen in die Gesamtbotschaft des Landes integrieren will. Auch in der Nation Branding-Forschung wird auf die Notwendigkeit der Kooperation mit nicht-staatlichen Akteuren hingewiesen. Anholt / Gelder greifen das Netzwerkmodell auf und propagieren in der Außenkommnikation ein loses Netzwerk verschiedener Gruppen, die ihre Aktivitäten auf der Basis gemeinsamer Werte verzahnen.677 Ausdrücklich weist auch Mihailovich darauf hin, dass nicht nur Public-Private-Partnerships auf wirtschaftlicher Ebene, sondern auch die Zivilgesellschaft eingeschlossen werden müsse – ohne allerdings die markentheoretische Herangehensweise des Nation Branding zu verlassen: „…critical alliances that... should be in place at all levels, right down the line to particular key individuals and across the line in terms of specific interest groups.“678 Nur so habe die Außenkommunikation eine Chance, internationalen Widerhall zu finden. „Only when [it] is carried out in coordination with the full complement of national stakeholders as well as the main policy makers, and all are linked through effective brand management to a single, long-term national strategy, that the country has a real chance of affecting its image and making it into a competitive asset rather than an impediment or a liability.“679
677
Vgl.: Simon Anholt / Sicco van Gelder: Branding for Good, in: Nicholas Ind (Hg.): Beyond Branding, How the New Values of Transparency and Integrity Are Changing the World of Brands, London 2005, S. 59. 678 Philippe Mihailovich: Kinship Branding, a.a.O., S. 243. 679 Simon Anholt: Public Diplomacy and Place Branding: Where’s the Link?, a.a.O., S. 274. Vgl. auch Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 241-242.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
205
Der Dialog mit der Zielgruppe wird als wichtig angesehen, um eine Markengemeinschaft zu schaffen und damit die Markenidentität auf die Rezipienten auszudehnen. Die Integration von Unternehmen in die Außenkommunikation wird als erfolgsversprechend angesehen, wenn diese durch die Kooperation besser an ihre Zielgruppen herantreten können und gleichzeitig ihren eigenen Country of Origin-Effekt stärken – ihnen die Kooperation also eine Win-Win-Situation versprechen.680 Johnston fügt hinzu, dass viele Corporate Social Responsibility-Projekte von Unternehmen im Ausland in die Außenkommunikation eingebunden werden sollten, da diese eine große Chance hätten, positive Resultate und damit ein positives Image für Unternehmen und Ursprungsland zu erzeugen: „…a positive image is best achieved if the intended audience sees the company taking an active interest in the host country.“681 Hier lässt sich auch Anholts oben beschriebene These des virtuous circle der Ganzheitlichkeit wieder finden. Die Orchestrierung der Außenkommunikation durch eine gute Koordination der verschiedenen Institutionen wird von der Nation Branding- und der Public DiplomacyForschung gleichermaßen als notwendig zur Kohärenzstärkung und zur effektiven Gestaltung der Außenkommunikation angesehen. Gerade die Nation Branding-Forschung versucht im Rückschluss auf die Markentheorie immer wieder den kommunikativen Zusammenschluss von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren zu propagieren, um sicherzustellen, dass die verschiedenen Kommunikationsaussagen aufeinander abgestimmt sind.682 Der Hintergrund für die Einbindung nicht-staatlicher Akteure ist hier also ein anderer als in der Public Diplomacy: Während dort der Aspekt der symmetrischen Kommunikation in den Vordergrund gestellt wird, ist es hier die Ganzheitlichkeit im Sinne der Markenführungstheorie. Eng mit dem Netzwerkgedanken verbunden ist die in Nation Branding und Public Diplomacy geforderte Dialogorientierung, die die Rezipienten stärker in den Kommunikationsprozess einzubinden sucht. Gemeint ist damit ein symmetrischer Wertedialog, in dem nur die wichtigsten politischen Ziele feststehen, während die Details der Kommunikation erst während des Dialogs festgesetzt werden.683 Dies bedeutet eine Abkehr vom traditionellen top-down-Ansatz, in dem Werte von oben, also von hochrangigen politischen Stellen, die als „gatekeeper“684 fungieren, kommuniziert werden und wo die Kommunikation allein 680
Eugene Jaffe / Israel Nebenzahl: National Image and Competitive Advantage, a.a.O., S. 138-140. Karin Johnston: Revitalizing Public Diplomacy: Challenges for Germany and the United States, American Institute for Contemporary German Studies Issue Brief, 5, März 2006, S. 4. 682 Nikolas Papadopoulos: Place Branding, a.a.O., S. 43. 683 Vgl.: Shaun Riordan: Dialogue-based Public Diplomacy: a New Foreign Policy Paradigm?, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Basingstoke 2005, S. 192. 684 Brian Hocking: Rethinking the „New“ Public Diplomacy, a.a.O., S. 35. 681
206
4 Strategische Außenkommunikation
schon durch diesen hierarchischen Grundgedanken einseitig ausgerichtet ist. Hier soll dagegen den Menschen „ownership“685 über die zu kommunizierenden Aspekte gegeben werden, und dies gilt sowohl für die Bevölkerung im eigenen Land, als auch für Rezipienten im Ausland.686 Kommunikator und Rezipient sollen auf Augenhöhe kommunizieren und Hierarchien oder einseitige Kommunikation vermeiden, schließlich gehe es nicht länger nur um Präsentation, sondern um Partizipation.687 Jorge Heine hat dazu ein Modell entwickelt, das die Unterschiede des traditionellen, hier so genannten Club-Ansatzes politischer Öffentlichkeitsarbeit gegenüber dem Netzwerk-Ansatz verdeutlicht:
Club Diplomatie und Netzwerk-Ansatz nach Heine688 Leonard und Fiske de Gouveia fordern eine transnationale Kooperation verschiedener Staaten in der Außenkommunikation. Damit geht ihre Definition des Netzwerkmodells über die akteurbedingte Kooperation hinaus auf die staatliche Ebene der internationalen Zusammenarbeit und des Multilateralismus. Sie befürworten diese Zusammenarbeit hauptsächlich in Gebieten, in denen die nationalen Interessen verschiedener gleichrangiger Staaten sich überschneiden, wie etwa in kleineren Staaten Afrikas, Asiens oder Südamerikas, oder aber in Poli685
Shaun Riordan: Dialogue-based Public Diplomacy, a.a.O., S. 185. Vgl.: Jan Melissen / Alvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 13; Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing, Public Diplomacy, a.a.O., S. 6-7 und 48. 687 Vgl.: Shaun Riordan: Dialogue-based Public Diplomacy, a.a.O., S. 180-195; Ali Fischer: Public Diplomacy in the United Kingdom, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 16-17; Rhiannon Vickers: The New Public Diplomacy: Britain and Canada Compared, in: British Journal of Politics and International Relations, 6, 2/2004, S. 182-185; Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O., S. 2. 688 Vgl.: Jorge Heine: On the Manner of Practising the New Diplomacy, a.a.O., S. 4-6; Robert Keohane / Joseph Nye: Power and Interdependence in the Information Age, a.a.O., S. 81-94. 686
4.3 Literatur- und Quellenstudie
207
tikbereichen, die sich überschneiden, wie etwa der Entwicklungshilfe oder verschiedenen Projekten zur Förderung kultureller Werte.689 In Großbritannien wird der Einfluss von nicht-staatlichen Akteuren auf die Außenkommunikation sehr ernst genommen. In den dortigen Strategien wird die Außenkommunikation von den Umweltbedingungen her definiert, als Reaktion auf den verstärkten Druck, der durch Dritte, insbesondere die Medien und Nichtregierungsorganisationen, über die nationale wie internationale Öffentlichkeit auf die Außenpolitik ausgeübt wird und der zunehmend auch die Themen der internationalen politischen Agenda setzt: „NGOs and the media will increase pressure for governments and business to act, in particular on the environment, poverty, human rights and migration. This will create new opportunities to influence global debate and bring about change. These trends will also encourage greater transparency and interaction between government and others in pursuit of international objectives...We will need to develop... our communication and public diplomacy skills, if we are to make the most of new opportunities and to influence global developments.“690
Die Einbindung nicht-staatlicher Akteure hier ist also eindeutig machtpolitisch orientiert, Außenkommunikation wird im Sinne Nyes als Instrument zur Verstärkung der eigenen Soft Power gesehen und damit als Möglichkeit des Ausbaus der Machtposition im internationalen System. Das zeigt auch Lucian Hudsons Aussage zu Durchführung und Zielen der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen: „We have to make sure that the leadership, the ownership for the change is shared between not just ourselves as the government but also among businesses and NGOs... We need to create the right dynamic whereby not just governments, but business and NGOs and thereby the public are taking the initiatives themselves to achieve the goals we want.“691
Er macht damit klar, dass es darum geht, den eigenen Führungsanspruch durch die Zusammenarbeit mit Dritten zu untermauern, indem diese die eigene Agenda unterstützen und für ihre Klientel zugänglich machen. Mit anderen Worten: Es geht ihm um das „soziale Kapital“692 des Vertrauens, das auf diese Weise gefes689
Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing, Public Diplomacy, a.a.O., S. 22-30; Philip Fiske de Gouveia: The Future of Public Diplomacy, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträte, S. 5. 690 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Active Diplomacy for a Changing World, a.a.O., S. 20. 691 Interview mit Lucian Hudson, a.a.O. 692 Vgl.: Niklas Luhmann: Vertrauen, a.a.O.
208
4 Strategische Außenkommunikation
tigt werden soll, um die Machtstellung des Staates zu vertiefen. Damit folgt er der These, dass Vertrauen ein zentrales Element der Außenkommunikation darstellt, mit dem weitergehenden Ziel der Sicherung von Einflussnahme und Machtfestigung. Großbritannien arbeitet in der Außenkommunikation sowohl mit symmetrischer als auch mit asymmetrischer Kommunikation: Alle außenpolitischen Akteure, also FCO, British Council, BBCWS, die Wirtschaftsförderungsinitiativen, etc., nutzt eine Anzahl unterschiedlicher Kanäle, um die jeweiligen Teilöffentlichkeiten zu erreichen. Die Organisation, die sich am stärksten der symmetrischen Kommunikation zur Erreichung ihrer Ziele bedient, ist das British Council. Bereits seine Leitaufgabe beinhaltet die Notwendigkeit des dialogischen Ansatzes zur Etablierung von Win-Win-Lösungen: „Our purpose is to build mutually beneficial relationships between people in the UK and other countries...“693 Ein Großteil seiner Aktivitäten sind Plattformschaffungen: Der persönliche Dialog und die Konstruktion von Netzwerken zum nachhaltigen Beziehungsaufbau stehen hier im Vordergrund. Die Aktivitäten im Bereich der Cultural Diplomacy gehen über die rein dialogische Ausrichtung hinaus, da hier durchaus Überzeugungsarbeit geleistet werden soll. Über die zunehmende Anzahl von Internetaktivitäten und über die Involvierung der Medien zur Steigerung des Bekanntheitsgrades der Projekte agiert das British Council auch auf der asymmetrischen Seite des Spektrums.694 Im Bereich der symmetrischen Kommunikation bewegt sich ebenfalls der Großteil der Entwicklungshilfeprojekte des Department for International Development. Hier geht es eher um konkrete Hilfeleistung als um deren Kommunikation. Ein Effekt für die Außenkommunikation ist möglich, stellt jedoch keinen inhärenten Bestandteil der Strategie dar.695 Die Mehrheit der vom FCO geförderten Projekte sind asymmmetrisch ausgelegt: „the foreign ministry and the national diplomatic system over which it presides act as gatekeepers, monitoring interactions between domestic and international policy environments and funnelling information between them.“696
Hauptsächlich geht es darum, Informationen über verschiedene Kommunikationskanäle zu verbreiten. Hier wird also ein eher traditioneller Ansatz der Informationsvermittlung verfolgt, der sich in kurzfristigen Projekten ausdrückt.697 693
British Council (Hg.): Making a World of Difference, a.a.O., S. 5. Vgl.: Ali Fisher: Four Seasons in One Day: The Crowded House of Public Diplomacy in the UK, in: Nancy Snow / Philip M. Taylor: The Handbook of Public Diplomacy, New York 2008, S. 240255. 695 Vgl.: Ali Fisher: Four Seasons in One Day, a.a.O., S. 248. 696 Brian Hocking: Rethinking the „New“ Public Diplomacy, a.a.O., S. 35-36. 697 Vgl. auch: Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 14. 694
4.3 Literatur- und Quellenstudie
209
Recht stark im Bereich der asymmetrischen Kommunikation bewegen sich auch die verschiedenen Marketingmaßnahmen von UK Trade and Investment, der britischen Institution für Standortwerbung und Außenwirtschaftsförderung, wobei hier jedoch auch mit Direktmarketing gearbeitet wird. BBC World Service legt seinen Schwerpunkt naturgemäß auf die asymmetrische, weil medienvermittelte Kommunikation. Nur einige interaktive Internetprojekte können Ansätze von Dialog in den Kommunikationsansatz einbringen.698 Die staatliche Tourismusorganisation VisitBritain und die Standortkommunikation der Regionen bewegen sich ebenfalls ganz im Bereich von Marketing und Kampagne im klassischen Sinne.699 Es zeigt sich also, dass es für die Praxis der Außenkommunikation nicht sinnvoll ist, nur dialogisch zu handeln, da sie sonst nur einen Teil ihrer Instrumente aufbringen kann. Ebenso wichtig wie in Großbritannien wird die Rolle nicht-staatlicher Akteure auch in Deutschland genommen, wie schon in den Ausführungen zur Ganzheitlichkeit anklang. Grundlage dafür ist die Erkenntnis der veränderten Wahrnehmungslage und Informationsgeschwindigkeit in der aktuellen Informationsgesellschaft: „Interessengruppen, Nichtregierungsorganisationen und Bürger verfolgen, wie ein Land sich in globalen Fragen entscheidet. Sie registrieren, welche Standpunkte es einnimmt, für welche Werte es steht… Und sie nehmen Einfluss auf die Politik ihrer Regierungen.“700
Es kann folglich gesagt werden, dass die Gründe für die Bedeutung und Ausrichtung der aktuellen deutschen Außenkommunikation auf den dargestellten Thesen zur Mediengesellschaft, zur Vergesellschaftung der Außenpolitik und auch zur Soft Power beruhen.701 „Heute kommen wir um [Zivilgesellschaft und] NGOs nicht herum und wollen das auch gar nicht“702, fasst Martina NibbelingWriessnig die aktuelle Lage zusammen. Die „Einbeziehung der das Deutschlandbild im Ausland prägenden Mittler / Partner“703 im In- und Ausland ist in diesem Sinne seit 2004 einer der sieben Grundsätze der deutschen Außenkommunikation. Ulrich Sacker, ehemaliger Leiter des Goethe-Institut in Berlin, weist 698
Vgl. u.a.: Ali Fisher: Four Seasons in One Day, a.a.O., S. 248. Ebd., S. 249. 700 Wilfried Grolig / Rainer Eugen Schlageter: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Public Diplomacy, a.a.O., S. 547. 701 Martina Nibbeling-Wriessnig spricht in diesem Zusammenhang von einem Paradigmenwechsel der Strategien im Auswärtigen Amt: Während die Außenkommunikation in der Vergangenheit als Beiwerk gesehen worden sei, wäre sie jetzt „ein Muss, ein Bestandteil eines strategischen diplomatischen Auftretens“. Interview mit Martina Nibbeling-Wriessnig, a.a.O. 702 Ebd. 703 Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation: Public Diplomacy, a.a.O. 699
210
4 Strategische Außenkommunikation
darauf hin, dass diese Einbindung allerdings nicht als Dialog auf Augenhöhe zu verstehen ist: „Ich denke, was momentan passiert, ist, dass die Politik und die Außendarstellung die Muster der NGOs kopieren, auch in der Kommunikation. Aber ich glaube nicht, dass sie in den Politikprozess reingeholt werden. Die Regierung holt sich bei den NGOs Konzepte und Ideen, aber nicht die Leute, das ist ihnen viel zu gefährlich.“704
Hier zeigt sich eine Parallele zur britischen Außenkommunikation. Die vorab aufgestellte These, dass die Netzwerkschaffung nicht als Angebot zu verstehen ist, sondern als machtpolitisches Instrument gesehen werden muss, kann damit, zumindest für diese beiden Länder als verifiziert angesehen werden. Wie Großbritannien spielt auch Deutschland auf der gesamten Klaviatur der Kommunikation, nutzt also sowohl Elemente der symmetrischen als auch der asymmetrischen Kommunikation für seine Außendarstellung. „Wir haben einerseit die reine Selbstdarstellung in Veranstaltungen, Medienarbeit, Deutschem Jahr, etc. Das andere ist die Kulturprojektarbeit im engeren Sinn, die dialogisch, bzw. symmetrisch abläuft. Das sind ja keine Widersprüche, sondern beide Teile, symmetrische und asymmetrische Kommunikation ergänzen sich.“705
In diesem Zusammenhang wird immer wieder darauf verwiesen, dass die deutsche Kommunikation keine „Einbahnstraße“706 ist, sondern „wesentlich auf den Austausch von Informationen und Meinungen“707 setzt. Die Zuordnung zu den verschiedenen Institutionen gleicht dabei denen im Vereingten Königreich. Das Goethe-Institut übernimmt die hauptsächlich dialogische Ebene, wobei Cord Meier-Klodt das Verhältnis zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation auf ungefähr 60 Prozent zu 40 Prozent schätzt.708 Das Auswärtige Amt arbeitet sowohl mit dialogischen als auch mit asymmetrischen Mitteln, Germany Trade and Invest und die Deutsche Zentrale für Tourismus nutzen hauptsächlich Elemente des Marketing und Direkt-Marketing sowie Messeauftritte, um für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Deutschland zu werben und die Deutsche Welle ist als Medienakteur ebenso wie BBCWS fokussiert auf 704 Interview der Autorin mit Ulrich Sacker, Leiter des Goethe-Institut in Berlin, Berlin 19.6.2008, unveröffentlicht, Transkript s. Anhang-CD. 705 Interview mit Cord Meier-Klodt, a.a.O. 706 Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004/2005, a.a.O., S. 196. 707 Ebd. 708 Im Wortlaut sagt er: „[Das Goethe-Institut] würde in der Kulturarbeit sicher Wert darauf legen, dass das symmetrische vorherrscht. Kommuinikation soll dagegen eher ereignisbezogen sein. Das Verhältnis ist in der auswärtigen Kulturpolitik vielleicht 60 zu 40 Prozent.“ Interview der Autorin mit Cord Meier-Klodt, a.a.O.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
211
asymmetrische Kommunikation, versucht jedoch seit einigen Jahren verstärkt durch Internetprojekte interaktiv zu kommunizieren.709 Die Außenkommunikation lässt sich damit in vier Bereiche einteilen, die jeweils unterschiedliche Anspracheformen nach sich ziehen. Dies sind: „Interesse und Neugierde hervorrufen“710 und „Informieren und Sympathien wecken“, wobei diese beiden Bereiche mit den Mitteln der asymmetrischen Kommunikation arbeiten und im klassischen Verständnis der Informationsvermittlung angesiedelt sind. Außerdem „durch Dialog Verständnis und Verständigung fördern“ sowie „kennenlernen und Kontakte aufbauen“, diese beiden Bereiche liegen klar im Bereich der symmetrischen Kommunikation. Auch hier zeigt sich also ein mixed-motive-model, wie von Grunig et al. definiert. Die idealistische Vorstellung eines wahren Dialogs zwischen den verschiedenen Akteuren, bei dem die politischen Einzelinteressen den gemeinsamen Werten und Interessen untergeordnet werden müssten, ist aus verschiedenen Gründen problematisch, wobei die Kritikpunkte denen des Dialogansatzes der PR-Forschung ähneln. Hier wie dort ist es zu kurz gegriffen, anzunehmen, dass sich eine echte dialogische Kommunikation etablieren wird, solange Akteur und Rezipient auf unterschiedlichen Machtstufen stehen. Und auch die Möglichkeiten der symmetrischen Kommunikation sind begrenzt, da die Etablierung von Win-Win-Situationen selten und schwierig ist. Mertens These der „Lüge vom Dialog“711 greift also auch hier. Solange das Ziel von Public Diplomacy und Nation Branding die Stärkung der landeseigenen Interessen in der Welt ist, dient der Dialog nur als Mittel zum Zweck, nämlich der Vertrauensbildung, und ist nicht authentisch. Insofern ist er per definitionem nicht symmetrisch, sondern inhärent hierarchisch, da er nicht zwischen gleich großen oder gleich starken Organisationen stattfindet, sondern zwischen einem sehr starken (nämlich dem Land, das strategische Außenkommunikation betreibt, bzw. seinen Mittlerorganisationen) und einem schwächeren, nämlich der Organisation, mit der kooperiert wird, beziehungsweise die thematische Zielgruppe der Kommunikation. Je stärker der Kooperationspartner wird, desto schwieriger wird es dabei, ihn für die Zwecke des Staates zu mobilisieren, solange er für sich selbst keine Vorteile in einer Kooperation sieht. Je symmetrischer der Dialog oder die Kooperation,
709 Vgl. u.a.: Auswärtiges Amt (Hg.) In der Welt: Schwerpunkte und Standpunkte des Auswärtigen Amtes 2005/2006, Berlin 2006; Deutscher Bundestag: Unterrichtung durch die Deutsche Welle, Aufgabenplanung der Deutschen Welle 2007 bis 2010, Drucksache 16/1000, 16. Wahlperiode, Berlin 21.3.2006; Goethe-Institut: Jahrbuch 2007/2008, München 2008. 710 Wilfried Grolig / Rainer Eugen Schlageter: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Public Diplomacy, a.a.O., S. 558. 711 Klaus Merten: Die Lüge vom Dialog, a.a.O. Vgl. zur Kritik an der These der symmetrischen PR auch: Ansgar Zerfaß: Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit, a.a.O., S. 71-72.
212
4 Strategische Außenkommunikation
desto größer ist für den Staat das Risiko des Kontrollverlusts.712 Anholt verweist hier besonders auf die mangelnde Kontrolle bei der Ausgestaltung des Nationenbildes.713 Metzl fordert deshalb ein Umdenken im Kontrollgedanken: Nur durch Zulassung von Kontrollverlusten kann mittelfristig die Kontrolle über die Darstellung des eigenen Landes erhalten bleiben: „In the Information Age, you have to give up control in order to get it back, but it returns in a different form. Old control was about hierarchy, monopoly, and aggregation. New control is about flexibility, decentralization, and networked specialization.“714
Dass der Dialog kein symmetrischer sein kann und die Möglichkeit seiner Umsetzung sehr limitiert ist, führt Forschung wie Praxis in eine Problematik: Sie begreifen einerseits die Einsetzung von dialogischen Maßnahmen als sehr wichtig.715 Andererseits ist es jedoch kaum möglich, die Zielgruppe nicht nur als Rezipienten, sondern interaktiv, bzw. als Akteure einzubinden. Es ist selten im Interesse des Staates, sich so weit zu öffnen, dass dem Dialogpartner eine gleichrangige Position zugesprochen werden würde. Die „two-way street“716 der Kommunikation, die gefordert wird, ist also mehrspurig in der Richtung Kommunikator-Rezipient, weil sie verschiedene Kommunikationskanäle nutzt, und einspurig in der Gegenrichtung. Besser wäre es deshalb, allgemeiner von mehrdimensionaler Kommunikation zu sprechen und damit anzuerkennen, dass es sowohl symmetrische als auch asymmetrische Kommunikation in der Außenkommunikation geben muss. Ein wirklicher Dialog ist, wie auch die Beispiele Großbritannien und Deutschland zeigen, nur in den Teilbereichen der Außenkommunikation möglich, die keine unmittelbaren politischen oder wirtschaftlichen Themen berühren, wie etwa bei Kultur- oder Bildungsprojekten, da die politische Führung hier aus der Hand gegeben werden kann. Die Einbeziehung nicht-staatlicher Akteure im Netzwerk hängt eng zusammen mit der Bildung von Imagined Communities durch Außenkommunikation. Denn über Netzwerke sollen transnationale Wertegemeinschaften geschaffen werden. Hier handelt es sich allerdings weniger um Identitätsgenerierung durch emotionale Ansprache, sondern um rationale Gründe für einen Beziehungsauf712
Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing, Public Diplomacy, a.a.O., S. 57. Vgl.: Brian Hocking: Rethinking the „New“ Public Diplomacy, a.a.O., S. 37; Simon Anholt: Public Diplomacy and Place Branding: Where’s the Link?, a.a.O., S. 274. 714 Jamie Metzl: Network Diplomacy, a.a.O., S. 3. 715 Vgl.: Gordon S. Smith: Reinventing Diplomacy: A Virtual Necessity, in: United States Institute of Peace, 25.2.1999, www.usip.org/virtualdiplomacy/publications/reports/gsmit..., Download: 18.11.2007, S. 7. 716 Vgl.: Karin L Johnston: Revitalizing Public Diplomacy, a.a.O., S. 2; Joseph Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 111. 713
4.3 Literatur- und Quellenstudie
213
bau durch Win-Win-Situationen. Trotzdem werden neue Gruppenzugehörigkeiten geschaffen, die ein hohes Mobilisierungspotential, nämlich das der Einbindung der jeweiligen Kooperationspartner, besitzen. Die Funktionen der Imagined Communities sind die Bildung neuer Orientierungsstrukturen und die Schaffung meinungsbildender Frames, die die Interessen des agierenden Staates bedienen und letztlich dessen Machterhalt sichern. Ziel ist es, durch kontinuierlichen Vertrauensaufbau im Netzwerk und auf Basis dialogischer Kommunikation langfristige Beziehungen zu den Meinungsführern der Zielländer zu etablieren, aus denen sich im Laufe der Zeit Wertegemeinschaften formen mit einem besonders positiven Bild des eigenen Landes. Die Hypothese der Imagined Communities als Funktion der Strategischen Außenkommunikation auf Mesoebene findet deshalb zweifache Anwendung: Einerseits durch die Schaffung von Kooperationen und Netzwerken, andererseits durch die Ansprache der Rezipienten. Die Forderung nach mehr Dialog in der Außenkommunikation und der Einführung von Netzwerkmodellen basiert wie dargestellt auf der Erkenntnis, dass der Staat durch Globalisierung und Informationsrevolution und damit durch die Zunahme entscheidungsfähiger Akteure nicht mehr in der Lage ist, seine Ziele zu erreichen, ohne mit nicht-staatlichen Akteuren zu kooperieren. Dies gilt sowohl für die Einbindung im eigenen Land als auch im Zielland. Die Bildung von Netzwerken erfüllt außerdem die Funktion der Schaffung von Imagined Communities. Die Außenkommunikation soll deshalb nicht nur proaktiv, sondern auch interaktiv sein, um Win-Win-Situationen zu schaffen. Der Dialog ist in der Strategischen Außenkommunikation jedoch nicht per se interessant, sondern dient als Mittel zum Zweck der Imageverbesserung. Deshalb bleibt die Forderung nach genuinem Dialog in allen Bereichen des Staates utopisch. Sie kann nur in politikferneren Bereichen wie Kultur oder Bildung umgesetzt werden. Langfristigkeit und Nachhaltigkeit Der Langfristigkeit der Außenkommunikation wird in Nation Branding und Public Diplomacy große Beachtung geschenkt. So soll sichergestellt werden, dass die Außenkommunikation nicht zwischen aktueller Außenpolitik, parteipolitischen Interessen und einem Denken in Legislaturperioden aufgerieben wird, sondern über genügend Zeit verfügt, um mit einem nachhaltigen Kommunikationskonzept das Bild des Landes zu verbessern. Denn die Möglichkeit, Änderungen am Nationenbild in den Köpfen der Zielgruppe vorzunehmen, sieht die Literatur nur durch langfristigen Vertrauens- und Beziehungsaufbau durch konstante Imagekommunikation gegeben.717 Hierin stimmt sie mit den Thesen der Stereo717
Vgl.: Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 86.
214
4 Strategische Außenkommunikation
typenforschung sowie der Markenführung überein, die ebenfalls großen Wert auf Langfristigkeit legen. Olins und Anholt vermerken unter Rückgriff auf die Lehren der Stereotypenforschung, dass es mindestens zehn Jahre dauert, um das Image eines Landes zu ändern.718 Die Außenkommunikation sollte deshalb konform sein mit den mittel- und langfristigen außenpolitischen Zielen des Landes.719 Ebenso ist es aus Sicht der Forschung notwendig, dass alle Akteure, auf staatlicher wie nichtstaatlicher Seite, ihr Engagement in der Gesamtkommunikation als langfristig und nachhaltig empfinden und nicht nach wenigen gemeinsamen Projekten aufgeben, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Nur so kann die Kohärenz gewahrt bleiben und ein klares und präzises Bildes des Landes aufgebaut werden. Dazu schreiben Jaffe / Nebenzahl: „Building a national [image]… is not a one-time media event. All stakeholders must support it over the long run…”720 Die Problematik kurzfristiger Außenkommunikation liegt darin, dass sie nur oberflächlich wirken kann, ohne die Möglichkeit, langfristige Bindungen und Beziehungen aufzubauen. Deshalb kann sie keinen dauerhaften Imagewandel schaffen.721 In der deutschen Außenkommunikation wird der Punkt der notwendigen langfristigen Ausrichtung immer wieder betont: „Man kann das Deutschlandbild im Ausland nicht über Nacht verändern – im Gegenteil. Es kann nur gelingen, den Blick auf Deutschland zu verändern, wenn wir hartnäckig, langfristig, kontinuierlich und konzentriert agieren.“722
So lautet die Einleitung des Kapitels Deutschland kommunizieren in der Darstellung der Deutschen Außenpolitik 2004/2005. In der Tat erarbeiten Auswärtiges Amt und die verschiedenen Mittlerorganisationen mittel- und langfristige Strategien der Außenkommunikation, die sich weniger auf die Vermittlung allgemeiner politischer Themen konzentrieren, sondern die Darstellung des modernen Lebens in Deutschland zum Ziel haben. Dies geschieht auf Basis der durch den Deutschen Bundestag erarbeiteten Leitlinien einer „wirksamen Außenrepräsentanz im 21. Jahrhundert“723. Dort wird die Aufgabe der Außenkommunikation festgeschrieben als:
718
Vgl. u.a.: Wally Olins: Trading Identities, a.a.O., S. 23-26; Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 22. Vgl.: Jan Melissen: The New Public Diplomacy Between Theory and Practive, a.a.O., S. 15. 720 Vgl.: Eugene Jaffe / Israel Nebenzahl: National Image and Competitive Advantage, a.a.O., S. 198. 721 Vgl.: Injy Galal: The History and Future of US Public Diplomacy, a.a.O., S. 11. 722 Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004/2005, a.a.O., S. 194. 723 Deutscher Bundestag (Hg.): Bericht über den Stand der Entwicklung und Reformmaßnahmen bei der medialen Außenrepräsentanz, a.a.O., S. 3-5. 719
4.3 Literatur- und Quellenstudie
215
„eine den aktuellen und weiter absehbaren technischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Welt entsprechende Vermittlung eines differenzierten Bildes der Lebenswirklichkeit in Deutschland durch sämtliche relevanten Medien.“724
Die ganzheitliche Darstellung soll dabei verhindern, dass aktuelle politische Interessen die Inhalte der Außenkommunikation bestimmen und damit einer kohärenten realitätsnahen Kommunikation und dem ihr inhärenten Ziel des Vertrauensaufbaus entgegenwirken. Die Langzeitorientierung ist jedoch nicht das einzige zeitliche Kriterium für die Public Diplomacy und Nation Branding-Forschung. Leonard, Schlageter und van Ham teilen Kommunikation in drei Aktionsbereiche ein: den kurzfristigen, den mittelfristigen und den langfristigen. Sie bedienten jeweils unterschiedliche Notwendigkeiten und agierten mit unterschiedlichen Strategien, die sich jedoch alle in die Gesamtstrategie einfügen müssten.725 Die Aktionsbereiche werden von Leonard folgendermaßen definiert: „Reacting to news events as they occur in a way that tallies with ...strategic goals; proactively creating a news agenda through activities and events which are designed to reinforce core messages and influence perceptions; building long-term relationships with populations overseas to win recognition of our values and to learn from theirs.”726
Greift man auf die Analysen der Forschung zur politischen Kommunikation zurück, dann wird deutlich, dass sich der gleiche Prozess wie in der Mediatisierung der Innenpolitik abspielt: Die politische Kommunikation passt sich der Prozesslogik des Mediensystems an, um sich im täglichen Kampf um die Aufmerksamkeit der Zielgruppen zu etablieren. Dies beinhaltet die Erfüllung der Medienlogik auf inhaltlicher Ebene: Eine thematische Anpassung an die Nachrichtenwerte und eine Zuspitzung der Themen durch Personalisierung, Skandalisierung, Inszenierung und Identitätspolitik.727 Das Postulat einer proaktiven Außenkommunikation ist damit einzuordnen in den Bereich der Selbstmediatisierung von Außenpolitik. Anhand der Thesen zur Nachhaltigkeit lässt sich auch die Nähe zur Markenforschung ablesen: Eine erfolgreiche Marke wird demnach, wie durch das 724
Ebd., S. 3. Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., 10-11; Peter van Ham: Power, Public Diplomacy, and the Pax Americana, a.a.O., S. 57-58. 726 Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., 10-11. 727 Vgl. u.a.: Matthias Machnig: Politische Kommunikation unter Modernisierungsdruck, a.a.O., S. 22; Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie – Medien in der Parteiendemokratie, a.a.O., S. 22-24. 725
216
4 Strategische Außenkommunikation
Tomczaks Konstanzmodell beschrieben, im Spannungsfeld zwischen Konstanz und Innovation entwickelt, also durch eine langfristig orientierte Markenführung. Diese muss dennoch in der Lage sein, kurzfristig auf Änderungen in den Rahmenbedingungen einzugehen, sich bei Bedarf zu verjüngen und die Strategie entsprechend anzupassen.728 Dass sich sowohl Nation Branding als auch Public Diplomacy auf den Aspekt der Nachhaltigkeit berufen, zeigt einmal mehr, wie sehr die Thesen der Markenführung in den außenpolitischen Bereich eingedrungen sind und wie stark sich beide Bereiche infolgedessen einander angenähert haben. Eine Sonderrolle bei der Forderung nach Nachhaltigkeit nimmt die Krisenkommunikation ein. Sie erfolgt sofort und auf allen Kanälen, um eine größtmögliche Aussage- und Durchschlagskraft zu entwickeln. Mit Blick auf die Public Diplomacy schreibt Leonard: „Public diplomacy works in centuries or in seconds: combining the long-term background through which events are perceived with the instant shock that can be pivotal to an international relationship. Each shock or crisis represents an opportunity to effect radical paradigm shifts in public diplomacy, opportunities that can be seized and turned to the advantage of a country.“729
Er fügt hinzu, dass es besonders darauf ankommt, Aktivitäten zu entwickeln, „which draw on [a country’s] strenghts – and are in line with [the]... long-term values.“730 Die Krisenkommunikation darf also die langfristigen Kommunikations- und Politikziele nicht aus den Augen verlieren, sondern muss koordiniert und abgestimmt verlaufen, um die Kohärenz der Kommunikation zu bewahren. Weitere wichtige Aspekte sind für Leonard, Fiske de Gouveia und Anholt die schnelle Reaktion auf schlechte Nachrichten durch aktives Newsmanagement.731 Leonard spricht hier sogar von „political campaigning“732, vergleicht die Breite der notwendigen Sofortreaktion also mit der im politischen Marketing und im Wahlkampf. Außerdem wird die Notwendigkeit einer guten internen und internationalen Koordination der Kommunikation betont: Auf diese Weise soll das Agenda Setting auf Seiten der Staaten bleiben und nicht anderen Gruppen überlassen werden. Als Beispiel für eine gelungene Krisenkommunikation und gelungenes Framing kann die Strategie Großbritanniens und der USA nach den Anschlägen 728
Vgl.: Torsten Tomczak: Strategische Markenführung, a.a.O., S 1357. Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 40. 730 Ebd., S. 42. 731 Vgl.: Ebd., S. 31-45; Philip Fiske de Gouveia: The Future of Public Diplomacy, a.a.O., S. 3; Simon Anholt, Competitive Identity, a.a.O., S. 68 und 84. 732 Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 32. 729
4.3 Literatur- und Quellenstudie
217
auf den 11. September angesehen werden: Bereits wenige Tage nach den Anschlägen wurden Medienzentren, sogenannte Coalition Information Centres in London, Washington und Islamabad gegründet. Sie sollten dafür sorgen, dass die arabische Welt von der Richtigkeit der westlichen Reaktion überzeugt würde, indem die Medienagenda dort nicht den Taliban überlassen wurde.733 Außerdem wurde im Foreign and Commonwealth Office die Islamic Media Unit eingeführt, „whose aim was to strengthen support among Muslims for the objectives of the campaign [against terrorism].“734 Dazu verfügte sie über eine Anzahl von Maßnahmen, von der Etablierung verstärkter Beziehungen zu den islamischen Medien und Journalisten, über Abstellung von Pressesprechern speziell für die jeweilige Region in allen relevanten Sprachen und Artikelplatzierungen bis zu Eigenpublikationen über die Notwendigkeit des Kampfes gegen den Terrorismus. Die Islamic Media Unit stellte die Vorfront dar, mit der die Themen britischer Werte und Außenpolitik medienaffin bei den wichtigsten Zielgruppen und -ländern im arabischen Raum dargestellt wurden. Die Botschaft lautete, dass es sich nicht um einen Krieg der Kulturen oder der Religionen handle, sondern dass sich der Krieg gegen Terroristen richte, die auch Feinde des aufgeklärten Islams seien.735 Die Betonung der Notwendigkeit einer schnellen Krisenreaktion lässt sich anhand des Framings und der „dynamischen Mechanismen“736 der Vertrauensbildung, bzw. des Vertrauensverlusts erklären: Alle Maßnahmen der Krisenkommunikation heben darauf ab, im Sinne des Framing als Verfahrensweise des „selecting and highlighting some facets of events or issues, and making connections among them so as to promote a particular interpretation, evaluation, and/or solution“737 die Deutungshoheit über bestimmte Themen zu behalten – mit dem Zweck, die Kontrolle über die Medienagenda nicht zu verlieren. Die dynamischen Mechanismen kommen ins Spiel, weil Vertrauen schneller verloren geht, als es aufgebaut werden kann. Es muss also alles kommunikativ Mögliche getan werden, um dem Vertrauensverlust in den relevanten Teilöffentlichkeiten schnell und effektiv entgegenzuwirken. Da Einzelfälle für weitreichende Vertrauensverluste genügen und es eine Verallgemeinerung von Aussagen einzelner auf die Organisation oder gar auf das gesellschaftliche System, dem sie angehören, gibt, muss die Krisenkommunikation ganzheitlich aufgebaut sein. Damit stellt sie in Nation Branding und Public Diplomacy den Versuch dar, durch koordinierte und transparente Kommunikation die Kontrolle über die Themensetzung zu behalten, um die Meinungshoheit über die kritischen Themen zu erlangen und dadurch 733
Vgl.: Ebd., S. 40-45. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 2001, London 2002, S. 40. Ebd. 736 Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, a.a.O., S. 1550. 737 Robert Entmann: Projections of Power, a.a.O., S. 5. 734 735
218
4 Strategische Außenkommunikation
einem Vertrauensverlust entgegenzuwirken. Im Gegensatz zur unternehmerischen Krisenkommunikation ist dies doch auf Grund der Komplexität der Themen und der Internationalität des Medieninteresses ungleich schwieriger. Denn besonders bei Krisen gilt: Es sind die Fakten, die zählen, d.h. die Substanz hinter der Kommunikation. Auch wenn es also kurz-, mittel- und langfristige Aktionsformen von Public Diplomacy und Nation Branding gibt, ist Langfristigkeit für jede Außenkommunikationsstrategie essentiell, weil nur so Vertrauen aufgebaut und Images geändert werden können. Deshalb müssen kurzfristigere Kommunikationsstrategien, auf die Ziele der langfristigen Strategie hin ausgerichtet werden. Nur so kann die Kohärenz der Außenkommunikation gewahrt bleiben und vermieden werden, dass aktuelle politische Interessen in die Kommunikation hineinspielen. Resumeé: Grundprinzipien erfolgreicher Außenkommunikation Die hier dargestellten Grundprinzipien bilden das Fundament für die weitere Außenkommunikation. Werden diese Grundlagen nicht berücksichtigt, kann auch keine erfolgversprechende Strategie konzipiert und umgesetzt werden. Die wichtigsten Punkte in den Teilkapiteln lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Glaubwürdigkeit schafft Vertrauen und ist damit essentiell für das Funktionieren von Außenkommunikation, da Vertrauen soziales Kapital darstellt und damit einen wichtigen Beitrag zum Ziel der Außenkommunikation, der Festigung der Machtstellung des Staates, leistet. Um glaubwürdig zu sein, muss die Außenkommunikation wahrhaftige Realitätsausschnitte anbieten, umgesetzt in einer Diplomacy of Deeds. Auf der Mikroebene der Strategischen Außenkommunikation ist der Erfolgsfaktor Glaubwürdigkeit essentiell zum Vertrauensaufbau, auf der Mesoebene leistet er einen Beitrag zur Komplexitätsreduktion. Ganzheitlichkeit meint die Aufnahme aller Bereiche eines Staates in die Außenkommunikation zu ihrer Kohärenzsteigerung. Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft und Politik sind alle gleichbedeutend als Zielfelder der Außenkommunikation, nur durch eine Einbindung aller Bereiche kann eine umfassende Darstellung des Staates gewährleistet werden. Auf Grund ihrer geringen Volatilität kommt der Kultur dabei ein besonderer Stellenwert zu. Da eine erfolgreiche Außenkommunikation durch verbesserte Images auch auf die verschiedenen Zielfelder einzahlt, spricht man hier auch von einem Virtuous Circle. Netzwerke ermöglichen als Image- und Werteplattformen ohne HierarchieEbenen ein verbessertes Management transnationaler Themen und stärken die Kommunikationsmöglichkeiten mit meinungsbildenden Akteuren ausländischer Gesellschaften. Sie stehen jedoch nicht für sich, sondern dienen dem staatlichen Machterhalt durch Einfluss-Stärkung im zivilgesellschaftlichen Umfeld. Denn
4.3 Literatur- und Quellenstudie
219
Netzwerke schaffen Imagined Communities durch neue Gruppenzugehörigkeiten mit hohem Mobilisierungspotential. Ihr Ziel ist die Etablierung langfristiger Beziehungen zu Meinungsführern im Zielland. Die Dialogorientierung der Außenkommunikation fordert einen symmetrischen Wertedialog auf Augenhöhe, basierend auf Partizipation, nicht Präsentation. Ebenso wie die Netzwerkdiplomatie ist jedoch auch die dialogische Kommunikation nicht authentisch, sondern Mittel zum Zweck. Zur Erklärung der Vor- und Nachteile von Netzwerk und Dialog lassen sich Grunigs Thesen zur symmetrischen Kommunikation auf diesen Bereich übertragen: Auch Staaten können nicht nur symmetrisch oder asymmetrisch kommunizieren, sondern bedürfen beider Kommunikationsformen, um auf allen Kanälen zu den relevanten Zielgruppen zu sprechen. Langfristigkeit und Nachhaltigkeit der Außenkommunikation dienen der Sicherstellung, dass diese nicht im politischen Alltag aufgerieben wird, sondern über genügend Zeit verfügt, das Image des Landes durch Vertrauens- und Beziehungsaufbau nachhaltig zu bessern. Denn nur über ein langfristiges Kommunikationsengagement können Vertrauen aufgebaut und Images geändert werden. Aber auch kurz- und mittelfristige Zeitfaktoren sind für die Außenkommunikation von Bedeutung, wobei ihre Verortung am besten anhand von Tomczaks Konstanzmodell zu beschreiben ist. Zur effizienten Kommunikation müssen auf allen Zeitebenen ineinandergreifende Strategien entworfen werden, um ein nachhaltiges Agenda Setting aufzubauen, das es ermöglicht, über adäquate Frames die Meinungsführerschaft zu erhalten. Da diese Strategien sich der Prozesslogik der Medien anpassen, fördern sie die Mediatisierung der Außenpolitik.
4.3.2 Erfolgskriterium Integrierte Kommunikation Die Literatur des Nation Branding und der Public Diplomacy spricht immer wieder davon, wie wichtig es sei, die Außenkommunikation nicht als Anhang der Politik zu betrachten. Sie sei stattdessen genuiner Bestandteil der (außen-) politischen Strategie. Damit fungiert die Außenkommunikation als Managementfunktion. Wie genau die Argumentationslinien hier verlaufen, wie die Einbindung in der Praxis aussehen kann und welche Rückschlüsse sich aus dieser integrierten Außenkommunikation ergeben, soll dieses Kapitel zeigen. Einbindung in die gesamtpolitische Strategie Bereits Edward Murrow hat in seiner Zeit als Direktor der United States Information Agency angemahnt, dass politische Außenkommunikation nicht als Annex der politischen Gesamtstrategie betrachtet werden dürfe, sondern ihr integrativer Bestandteil sein müsse. Nach der missglückten Invasion der USA in
220
4 Strategische Außenkommunikation
Schweinebucht in Kuba im Jahr 1961 bemerkte er: „They expect us to be in on the crash landings... we had better be [sic] in on the takeoffs [too].“738 Die Forderung nach einer direkten Einbindung von Außenkommunikation in die politische Gesamtstrategie ist in der Forschung bis heute zentral. Sie wird immer bedeutender, wenn es darum geht, ein Image zu schaffen, das durch alle kommunikativen Strategien staatlicher und nicht-staatlicher Akteure gleichermaßen bestätigt wird und mit der Realität des Landes übereinstimmt, also glaubwürdig ist. Nation Branding- und Public Diplomacy-Forschung legen gleichermaßen großen Wert auf dieses Thema. Es sei nötig, so die Literatur, in der Außenkommunikation eine größere Professionalisierung zu betreiben, die damit beginne, dass alle Akteure der Politik und der Kommunikation von Anfang an miteinander kooperieren: „to establish stronger contact between the communication side and the political side... All too often policy is formulated first and afterwards the question arises about how it can be sold abroad... Already at the start of policy formulation one must be aware what the consequences will be, and how the perception of audiences abroad can be affected.“739
Die Notwendigkeit der Einbindung von Kommunikation in die politischen Strategien, aber auch in den gesamten politischen Prozess ist auch der zunehmenden Interdependenz der Systeme geschuldet: In einer multipolaren Welt ist es für die Politik nicht mehr möglich, allein Images zu kommunizieren und die Herrschaft über die Auslegung eigener Botschaften zu behalten. Deswegen ist die strategische Einbindung der Außenkommunikation so wichtig: „If tackling the major security issues requires collaboration at the global level with both governmental and non-governmental agencies, and if stable and effective collaboration can be secured only through engagement with broader foreign societies, public diplomacy becomes an integral and substantive, not just presentational, part of the policy-making process.“740
Hier zeigen sich die Parallelen zu den Thesen der integrierten Kommunikation: Auch dort werden als Grund die zunehmenden Differenzierungstendenzen im gesellschaftlichen Umfeld ausgemacht, die wiederum stärkere Koordinierungsmaßnahmen zwischen den Unternehmensabteilungen nötig machen würden. Die 738
Edward Murrow zu Henry Loomis, Direktor von Voice of America, April 1961, zitiert in: Simon Anholt: Public Diplomacy and Place Branding: Where’s the Link?, in: Place Branding, 2/4, 2006, S. 272. 739 Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 10. 740 Shaun Riordan, Dialogue-based Public Diplomacy, a.a.O., S. 187.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
221
integrierte Kommunikation mit der PR als Managementfunktion führt zur Etablierung einer neuen Stabstelle in der Organisation.741 Das ist genau das, was von Nation Branding und Public Diplomacy gefordert wird. Die integrierte Kommunikation erlaubt es auch, Elemente klassischer Öffentlichkeitsarbeit mit denen des Marketing zu verknüpfen, wenn beide innerhalb einer vorab definierten Kommunikationsstrategie ihren Platz haben. Gleiches lässt sich über die Außenkommunikation sagen. In ihrer Beschäftigung mit der integrierten Kommunikation versäumt es die Nation Branding- und Public Diplomacy-Literatur allerdings, auf die möglichen Folgen der integrierten Außenkommunikation hinzuweisen, wie sie in der Forschung zur Mediatisierung von Politik thematisiert werden. Dazu gehören Inkongruenzen in der Prozesslogik des politischen und des medialen Systems oder die Gefahr der Symbolisierung von Politik.742 In ihrer Forderung nach Kohärenz geht die Nation Branding-Forschung über die Empfehlungen der Public Diplomacy hinaus. Hier wird über die Möglichkeit nachgedacht, staatliche Hierarchien ähnlich wie in Unternehmen aufzubauen, um die Einhaltung einer gemeinsamen Botschaft zu gewährleisten. Papadopoulos / Heslop und Anholt etwa fordern eine „coordination of effort“743, die sowohl die enge Zusammenarbeit aller an der Kommunikation beteiligten Akteure einschließt, als auch eine starke Führung zur Sicherstellung der Koordination. Rainisto defniert dies wie folgt: „Leadership means the holistic capability of the place management to conduct the complex process, form the right strategies and obtain the organising power... The leadership required is a combination of listener, shaper, convenor, facilitator and the visionary, bold, and confident direction setting. Local government has to bring together stakeholders in ways which enable them to be heard and understood, but it also has to offer a lead.“744
Die konzertierte Aktion mit einem führenden Organ an der Spitze, das die Aktivitäten der Außenkommunikation auf allen Ebenen koordiniert, soll zu größerer Aufmerksamkeit bei den Rezipienten führen.745 Melissen / Gonesh sehen die Implementierung eines „professional communication network“746 als Alternative zu einer einzelnen Organisation für die Führung der Außenkommunikation. Hier sollen Akteure aller Sektoren des Hexagons zusammenkommen und sowohl die 741
Vgl. u.a.: Manfred Bruhn: Planung einer Integrierten Markenkommunikation, a.a.O., S. 1444; Peter Szyszka: PR-Verständnis im Marketing, a.a.O., S. 252. Vgl.: Ulrich Sarcinelli: Symbolische Politik, a.a.O. 743 Nicolas Papadopoulos / Louise Heslop: Country Equity and Country Branding, a.a.O., S. 306. 744 Seppo Rainisto: Success Factors of Place Marketing, a.a.O., S. 84. 745 Vgl.: Rainer Schlageter: German Public Diplomacy, a.a.O., S. 19; Yin Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 8; Fiona Gilmore: A country – Can It be Repositioned?, a.a.O., S. 282. 746 Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 17. 742
222
4 Strategische Außenkommunikation
Strategie der Außenkommunikation festlegen, als auch ihre Umsetzung koordinieren. Die Möglichkeiten der Führung von Unternehmen können jedoch nicht ohne Probleme auf die Führung von Staaten übertragen werden, weil damit ausgeklammert würde, dass letztere nicht nur deutlich komplexer sind, sondern vor allem auf demokratischen Prozessen basieren. Zwar benennt die Nation Branding-Forschung die Problematik der Übertragung des Führungsbegriffes auf den staatlichen Bereich und die damit einhergehende Gefahr einer Begünstigung autokratisch orientierter Systeme, ohne jedoch daraus Alternativkonzepte zu entwickeln. Anholt etwa geht auf Soft Power nach innen wie nach außen als Möglichkeit der Erzeugung von Begeisterung ein, erläutert aber nicht näher, wie diese erreicht werden soll: „Competitive Identity can only be achieved through ‚soft power’ and by a critical mass of stakeholders voluntarily endorsing and agreeing to support the national… CI strategy.“747
Auch die Public Diplomacy-Forschung geht auf diese Punkte nicht näher ein. Aber auch sie definiert die Integration der Außenkommunikation in die gesamtpolitische Strategie als notwendige Umsetzung der Soft Power in den täglichen Politikprozess. Public Diplomacy ist in diesem Konzext nicht „a mere technique... [but] part of the fabric of world politics.“748 Sie ist nicht inferior zur klassischen Politik, sondern Teil von ihr, denn Außenpolitik und Diplomatie sind ohne Kommunikation nicht vermittelbar und verlieren sonst ihre Legitimation.749 Die Integration der Außenkommunikation ändert auch die Rolle der Diplomaten. Heine sieht ihre Rolle nicht mehr als „trained observers“, sondern als „proactive initiators“ und „modern orators“750. Diplomaten sind heute nicht mehr Umsetzende einer existierenden Außenpolitik, sondern „new public diplomacy professionals must be managers of a nation’s efforts to project its image and influence.“751 Hocking definiert den neuen Diplomaten auch als „boundary spanner... Their [the diplomats’] role assumes different forms encapsulated in terms such as that of facilitator and entrepreneur.“752 In diesen Prozess müssen gerade
747
Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 82-83. Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 5. Javier Noya: The United States and Europe: Convergence or Divergence in Public Diplomacy?, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 12. 750 Jorge Heine: On the Manner of Practising the New Diplomacy, a.a.O., S. 19. 751 Kathy R. Fitzpatrick: Advancing the New Public Diplomacy, a.a.O., S. 198. 752 Brian Hocking: Multistakeholder Diplomacy, a.a.O., S. 8. 748 749
4.3 Literatur- und Quellenstudie
223
auch die Auslandsvertretungen, die die Strategien der Außenkommunikation des eigenen Landes an vorderster Stelle umsetzen, einbezogen werden. Betrachtet man die beiden Fallbeispiele, so sieht man, dass die Forderung nach integrierter Kommunikation auch in die Praxis eingegangen ist und dort zumindest versucht wird, die Außenkommunikation als wichtigen Bereich der gesamtpolitischen Strategie zu begreifen. Sowohl Großbritannien als auch Deutschland befinden sich in einem Umstrukturierungsprozess ihrer Auswärtigen Ämter, an dessen Ende die Kommunikationsabteilungen deutlich aufgewertet und die Außenkommunikation zu einem Querschnittsbereich der Außenpolitik werden soll. New Labour verstand Kommunikation als integralen Bestandteil von Politik: „the formulation of policy and its communication... were not distinct, separate activities, but rather had to be managed in an integrated, holistic fashion...“753 Die Bedeutung der Kommunikation für Blairs Politik lässt sich auch auf die Außenpolitik übertragen. Hier wurden verschiedene Strategien erarbeitet, die für die Integration der Außenkommunikation in den gesamtpolitischen Prozess sorgen sollten. Die Strategielegung lässt sich dabei in drei Phasen gliedern: Von 1997 bis 2003 herrschte eine Außenkommunikation vor, die auf Projektion der gewünschten modernen Identität und eines entsprechenden Images fokussierte und die dann von der ersten Public Diplomacy Strategy im Jahr 2003 abgelöst wurde. Von 2003 bis 2006 wurden anhand der ersten Strategie die Zielplanungen geändert. Prioritäten und Ziele wurden weit gefächert und entsprachen denen der, ebenfalls im selben Jahr und zum ersten Mal erstellten, außenpolitischen Strategie des Landes. Seit 2006 ist die aktualisierte Außenpolitikstrategie des Landes in Kraft mit einer Außenkommunikation, die auf den Empfehlungen der im Dezember 2005 fertig gestellten Public Diplomacy Review basiert und einen inhärenten Bestandteil der Außenpolitik darstellt. Besonderer Wert wurde dabei auf die regelmäßige Zusammenarbeit zwischen dem Foreign & Commonwealth Office und den verschiedenen Mittlerorganisationen im Public Diplomacy Strategy Board gelegt, zur Stärkung ihrer Kohärenz und zur stetigen Aktualisierung der Strategien. In allen Phasen sind British Council und BBC World Service neben dem FCO die wichtigsten Institutionen zur Implementierung von Außenkommunikationsmaßnahmen. Trotz der großen Bemühungen der Regierung zur Implementierung einer integrierten Außenkommunikation war es sehr schwer, die staatlichen Institutionen von der Notwendigkeit der Zusammenarbeit zu überzeugen: Die Meinungsunterschiede waren immens, weil alle Akteure ihre Vorteile ausspielten.
753
Raymond Kuhn: Media Management, a.a.O., S. 124.
224
4 Strategische Außenkommunikation
Um dem Problem des mangelnden Koordinations- und Kooperationswillens der verschiedenen Akteure zu begegnen und die Effektivität der bisherigen Außenkommunikation im Sinne der integrierten Kommunikation zu stärken, wurde im Jahr 2004 eine Revision der britischen Außenkommunikation in Auftrag gegeben, unter Vorsitz von Lord Carter of Coles, die im Dezember 2005 erschien. Der Bericht stellte fest: „while there had been recent improvements, public diplomacy could be more effective with stronger leadership, clearer objectives, and an improved system for measuring expenditure and impact.“754
Einer ganzheitlichen Public Diplomacy müsse größere Priorität eingeräumt werden: „a need for greater urgency amongst public diplomacy partners.“755 Das Review-Team empfahl die Einrichtung eines Public Diplomacy Board, eines neuen, vierteljährlich tagenden Gremiums aus FCO, British Council und BBCWS sowie einem unabhängigen Mitglied, außerdem eines Public Diplomacy Advisory Panel756, einem erweiterten Gremium mit allen außenkommunikativ agierenden Akteuren, das jährlich tagen sollte. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass die Handlungsfähigkeit bei der Erarbeitung von außenkommunikativen Strategien und der Prozesssteuerung erhöht wird, bei gleichzeitiger Beibehaltung des Informationsflusses zwischen allen involvierten Partnerinstitutionen. Durch die Vergabe des Vorsitzes des Public Diplomacy Boards an einen ranghohen Ministerialbeamten sollte außerdem die politische Bedeutung herausgestellt werden.757 Trotz der engen Einbindung wurden sowohl British Council als auch BBCWS volle Unabhängigkeit zugesichert. Aus diesem Grund sollte letztere auch ausschließlich einen observer status erhalten, ohne inhaltlich an die Beschlüsse des Boards gebunden zu sein.758 Die Idee einer eigenständigen indepen754
Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 4. Ebd. 756 Im Rahmen der Umsetzung der Empfehlungen des Berichts wurde der Name des Boards geändert in Public Diplomacy Partners Group. Diese tagt seit 2006 regelmäßig. Vgl.: Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs: Third Report from the Foreign Affairs Committee, Public Diplomacy: Response of the Secretary of State for Foreign and Commonwealth Affairs, London Juni 2006, S. 4. 757 Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 4-5. Den Posten des Vorsitzenden übernahm in der Implementierung des Boards FCO Parliamentary Under-Secretary of State Lord Triesman. Weitere Mitglieder sind: Chris Powell, Simon Anholt, Martin Davidson, Generaldirektor des British Council, Lucian Hudson, Direktor Kommunikation FCO sowie Nigel Chapman, Direktor BBCWS Vgl.: Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2005, London 2006, S. 68; Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2006, London 2007, www.fco.gov.uk, Download: 18.11.2007. 758 Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 73. 755
4.3 Literatur- und Quellenstudie
225
dent agency for public diplomacy wurde ebenfalls diskutiert, konnte sich aber nicht durchsetzen: „The Review Team considered the option of establishing an independent agency for public diplomacy, but were convinced that public diplomacy partners should have an opportunity to demonstrate that they could work more collaboratively in support of a more focused UK Public Diplomacy Strategy.“ 759
Allerdings empfahl der Bericht die Einrichtung einer Public Diplomacy Strategy and Performance Management Unit, einer übergeordneten Abteilung, die im Sinne der integrierten Kommunikation die verschiedenen Aktivitäten der Außenkommunikation koordiniert.760 Die Empfehlungen fanden nur teilweisen Eingang in die Realität. So wurde das Public Diplomacy Board etabliert, eine eigene Abteilung für Public Diplomacy existiert jedoch bis heute nicht. Diese ist im FCO der Communications-Abteilung untergeordnet, die wiederum direkt an den Permanent UnderSecretary berichtet und damit nicht in den eigentlichen Organigrammablauf des FCO eingebunden ist. Hier laufen alle kommunikativen Fäden zusammen, von interner Kommunikation über klassische PR-Aufgaben und die Darstellung des FCO in Großbritannien bis eben zur Public Diplomacy. Spezifische Projekte sind jedoch ausgelagert an andere Abteilungen, wie etwa die Organisation der britischen Teilnahme an der Weltausstellung 2010 in Shanghai, die in der politischen Abteilung verortet ist, im Ressort für Asien.761 Ein kohärenter strukturierter Aufbau lässt sich daraus nicht ablesen. Eine neue Steuerungsebene der Außenkommunikation konnte sich vor diesem Hintergrund nicht bilden. Zwar ist die britische Außenkommunikation integriert, in dem Sinne, dass sie stark an einer kooperativen Einbindung der verschiedenen Akteure ausgerichtet ist, als Managementfunktion kann sie jedoch nicht betrachtet werden, da die operativen und prozessualen Abläufe dem widersprechen. Wie Tony Blair haben auch Gerhard Schröder und Joschka Fischer die Kommunikation als integralen Bestandteil der Politik und Außenpolitik angesehen. Stets war es Teil des Regierungskalküls, die Reformen nach innen und die neue Verantwortung nach außen medial vermittelbar darzustellen. Entsprechend hat der Einfluss der Außenkommunikation innerhalb der Außenpolitik zugenommen. Wie Schlageter / Groling es formulieren, wird die Notwendigkeit zur Kommunikation inzwischen von allen Institutionen der Außendarstellung wahrgenommen: 759
Ebd., S. 6. Ebd., S. 73. 761 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Our Directorates, www.fco.gov.uk, Download: 14.8.2008. 760
226
4 Strategische Außenkommunikation
„[Es ist] vor allem ein ‚Strukturwandel der Öffentlichkeit’…, der es nötig macht, mit den außenpolitischen Instrumenten nicht mehr nur die Regierungen, sondern auch und vor allem die Köpfe und Herzen der Menschen zu erreichen. Den Politikbereichen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sowie der ins Ausland gerichteten Medien- und Öffentlichkeitsarbeit kommt hierbei bereits jetzt eine herausragende Rolle zu. Alle Indizien weisen darauf hin, dass diese Tendenzen sich in der Zukunft sogar noch verstärken werden.“762
In den Leitlinien der Bundesregierung über eine wirksame Außenrepräsentanz heißt es, die heutige „mediale Konkurrenzsituation“ fordere eine „umfassende und aktuelle mediale Repräsentanz des eigenen Landes“. Deutschland habe ein „existenzielles Interesse an einer umfassenden und fundierten medialen Außendarstellung.“763 Martina Nibbeling-Wriessnig spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem „Paradigmenwechsel“764, der sich innerhalb des Auswärtigen Amtes vollzogen hat, indem die Außenkommunikation von einem Randthema zu einem Fokus der Außenpolitik geworden ist. Diesem Paradigmenwechsel entspricht die Schaffung einer eigenen Abteilung für Außenkommunikation im Auswärtigen Amt. Im Jahr 2003 wurde dazu die Abteilung für Auslandspressearbeit aus dem Bundespresseamt ins Auswärtige Amt übergesiedelt. Die Umstrukturierung war politisch gewollt und sollte Reibungsverluste zwischen der Strategielegung und Umsetzung der Außenkommunikation abbauen. Die sogenannte Abteilung Kommunikation mit neun Referaten war von dort an für die „wirkungsgerechte Darstellung Deutschlands im Ausland“765 zuständig. Neben dem Grundsatzreferat, das die Strategie der Außendarstellung erarbeitete und dem damit eng zusammenarbeitenden Referat Deutschlandbild im Ausland, das das Image Deutschlands in der Welt analysierte, aber auch der Verbindungspartner des Auswärtigen Amtes für die Initiative Deutschland – Land der Ideen war und verschiedene Deutschlandjahre geplant hat, gehörten dazu die Referate für Internet und audiovisuelle Medien, drei Regionalreferate, ein Referat für die Kommunikation nach Deutschland hinein und ein Verbindungsreferat zu den weiteren Ministerien.766 Im Jahr 2007 wurde die Abteilung für auswärtige Kultur- und Bildungspolitik integriert. Die neue Abteilung für Kultur und Kommunikation besteht aus insgesamt zehn Referaten und 762
Wilfried Grolig / Rainer Schlageter: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Public Diplomacy, a.a.O., S. 566. 763 Alle Zitate aus: Deutscher Bundestag (Hg.): Bericht über den Stand der Entwicklung und Reformmaßnahmen bei der medialen Außenrepräsentanz, a.a.O., S. 4. 764 Interview mit Martina Nibbeling-Wriessnig, a.a.O. 765 Auswärtiges Amt (Hg.): Abteilung Kommunikation, www.auswaertiges-amt.de/www/aamt /aufgaben/abteilungen/abt.k_html, Download: 9.6.2005. 766 Vgl. u.a.: Britt Inga Karten: Wie bekommt ein Staat ein gutes Image?, a.a.O., S. 38-40.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
227
über 160 Mitarbeitern – damit ist sie eine der größten Abteilungen des Auswärtigen Amtes767. Das Schaubild verdeutlicht Aufbau und Aufgabenverteilung dieser neuen Abteilung:
Abbildung 9:
Organigramm der Abteilung für Kultur und Kommunikation768
Die Zusammenlegung erfolgte aus Gründen der Synergieförderung, besonders im Bereich des Deutschlandbilds im Ausland, der Netzwerkbildung und der Bildungspolitik. Sie ist Ausdruck der Integration der beiden Bereiche der Außenkommunikation, PÖA und AKBP, zu einem gemeinsamen Ganzen und damit auch der Bedeutung, die der Ganzheitlichkeit innerhalb der deutschen Außenkommunikation beigemessen wird. Ihre Aufgaben liegen entsprechend in der „Planung, Koordination und Steuerung der deutschen Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, der Kommunikations- und Medienpolitik sowie der politischen 767
Vgl. Auswärtiges Amt (Hg.): Abteilung für Kultur und Kommunikation, www.auswaertigesamt.de/diplo/de/AAmt/Abteilungen/KulturundKommunikation.html, Download: 22.5.2008. 768 Vgl.: Auswärtiges Amt (Hg.): Wo die Musik spielt. Kultur und Kommunikation in der deutschen Außenpolitik, Berlin 2008, S. 22.
228
4 Strategische Außenkommunikation
Öffentlichkeitsarbeit.“769 Dazu kommt ihr auch die Aufgabe der Kohärenzschaffung durch Vernetzung aller Akteure zu, wie bereits beschrieben. Die Abteilung für Kultur und Kommunikation nimmt also eine genuine Steuerungsposition innerhalb des außenpolitischen Prozesses ein, weshalb sie als Stabsstelle bezeichnet werden kann. Die deutsche Außenkommunikation lässt sich daher als Managementfunktion definieren. Die Integration der Außenkommunikation als Managementfunktion zum integralen Bestandteil der Politik wird als notwendig angesehen, um Worte und Fakten aufeinander abzustimmen und damit nicht nur die Kommunikation kohärenter zu machen, sondern auch die Politik glaubwürdiger zu kommunizieren. Die Nation Branding-Forschung argumentiert hier bevorzugt mit dem Ansatz der Managementkohärenz. Die geforderte enge Verzahnung von Politik und Kommunikation beinhaltet auch die Ausrichtung der Politik nach den Logiken der Medien und ist damit Ausdruck einer Selbstmediatisierung, die zu einer zentralen Strategie des außenpolitischen Handels wird. Die Interdependenz zwischen Medien, Öffentlichkeit und Politik hat also auf der internationalen Ebene zugenommen. Durch die Integration der Kommunikation in gesamtpolitische Strategien wird außerdem eine neue Steuerungsebene der Gesamtkommunikation etabliert, die die strategische Ausrichtung der Kommunikation sichern soll, wie dies auch in der integrierten Kommunikation von Unternehmen der Fall ist. Die Außenkommunikation wird damit zur Stabstelle innerhalb des zuständigen Ministeriums und zu einer strategischen Managementfunktion. Dies stärkt die Hypothese von der Strategischen Außenkommunikation als Teilbereich der PR. Innenwirkung der Außenkommunikation Außenkommunikation ist heute ins Innere des Staates rückgekoppelt und ist zusehends schwerer von der staatlichen Kommunikation im Inland zu trennen: „Separating public affairs (aimed at domestic audiences) from public diplomacy (dealing with overseas target groups) is increasingly at odds with the ‚interconnected’ realities of global relationships…“770
Die enge Verbindung von Innen- und Außenkommunikation kann als Entsprechung der Vernetzung interner und externer Kommunikation, wie in der integrierten Kommunikation beschrieben, bewertet werden: Integrierte Kommunikation stellt „aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation eine Einheit [her]“771, indem sie durch die interne Kommunikation die 769
Auswärtiges Amt (Hg.): Abteilung für Kultur und Kommunikation, a.a.O. Jan Melissen: The new Public Diplomacy between Theory and Practice, a.a.O., S. 13. 771 Manfred Bruhn: Planung einer Integrierten Markenkommunikation, a.a.O., S. 1445. 770
4.3 Literatur- und Quellenstudie
229
Identifikation der Mitarbeiter mit der Organisation und darüber ihre Motivation erhöht sowie durch die externe Kommunikation die System-Umwelt-Beziehungen verbessert. Ebenso muss Außenkommunikation zunächst nach innen identitätskonstituierend wirken, um die eigene Bevölkerung zu motivieren und mobilisieren, um dann die geschaffenen Identitäten glaubhaft und ganzheitlich nach außen vermitteln zu können.772 Die Rückwirkung der Außenkommunikation nach Innen wird in Nation Branding und Public Diplomacy als wichtig erachtet. Die These ist, dass jede Kommunikation nach außen nur dann erfolgreich sein kann, wenn sie auch im Inland angenommen wird und sich auf die Loyalität der eigenen Bevölkerung stützen kann: „Building citizen loyalty can be seen as a migration of hearts and minds, where the aim is to move citizens who are ‚uninformed sceptics’ to ‚informed believers’“773, so Gilmore. Die Formierung von Loyalität führt damit zu einer höheren Motivation der Bevölkerung, die Kommunikationsstrategie zu tragen und sich als Teil des kommunizierten Ganzen zu fühlen. Für Yan sind es insbesondere zwei Faktoren, die die Loyalität in der Bevölkerung gegenüber der Strategie der Auslandskommunikation sichern: einerseits die Verankerung in den Werten und der Identität des Landes, andererseits eine größtmögliche Transparenz, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, sich in die Konzeption einzubringen.774 Kotler et al. sehen „Pride-building“ und „unleashing of collective energy“775 als Kernelemente des Nation Branding an. Die Einbindung der Bevölkerung und damit auch der nicht-staatlichen Akteure führt zu einer besseren Durchdringung der Zielgruppen auf verschiedensten Kommunikationskanälen – vorausgesetzt, die Botschaften der Akteure sind kohärent. Melissen / Gonesh sprechen in diesem Zusammenhang von einem Kreislauf der Außenkommunikation: „In a situation where we have multiple actors interacting with international actors, the state seeks to create associations with non-state actors’ values back home and subsequently increases its attractiveness back home. By acting as such, the state is able to increase its soft power abroad, which in turn enables the states to increase its attractiveness back home. This is a circular process.“776
772 Vgl. u.a.: George Cheney / George N. Dionisopoulos: Public Relations? No, Relations with Publics, a.a.O., S. 139; Keith Dinnie: Nation Branding, a.a.O., S. 116. 773 Fiona Gilmore: A Country – Can It be Repositioned?, a.a.O., S. 291. 774 Vgl.: Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 11 775 Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 101. 776 Jan Melissen /Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 7; vgl. auch: Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 11.
230
4 Strategische Außenkommunikation
Diese These eines „circle of virtues“777 ist wichtig für die Legitimation der Außenkommunikation, die demnach einen sich selbst verstärkenden Prozess der Positivimagination in Gang setzen kann. Sie bildet für den gesellschaftlichen Bereich das ab, was Anholt für die Rückwirkung der Außenkommunikation auf die Zielfelder des Hexagons thematisiert hat. Die Legitimation der Außenkommunikation im Circle of Virtues entspricht zudem der Hypothese der Strategischen Außenkommunikation als Prozess der „Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten“778 durch Erzeugung und Befestigung von Images in der Öffentlichkeit: Ebenso wie PR für Organisationen wirklichkeitsschaffend wirkt, indem sie Identitäten durch Informationsvermittlung kreiert, produziert die Außenkommunikation Symbole zur Schaffung von Identität und zur Beeinflussung von Teilöffentlichkeiten. Die Außenkommunikation gestaltet damit die „publizistische Sozialsphäre moderner Gesellschaften“779 mit – sie schafft eigene mediale Wirklichkeiten. Die Darstellung eines Landes bewegt sich durch Professionalisierung und Imagekreation auf einer eigenen Realitätsebene, der Meta-Wirklichkeit der Medien. Nach Meinung der Forschung sollen die Bürger eines Landes aktiv in die Außenkommunikation eingebunden werden, da sie in ihrem Umfeld international als glaubhafte Botschafter gelten. So sollen sie einen persönlichen Ansatz für die Rezipienten im Ausland schaffen, weil sich Menschen schlicht besser mit Menschen identifizierten, als mit abstrakten Botschaften. Anholt schreibt hierzu: „When the entire population is galvanized into becoming the mouth-piece of a country’s values and qualities, then you have an advertising medium that is actually equal to the enormous task of communicating something so complex to so many.“780
Es ist hierbei jedoch zu vermerken, dass die Öffentlichkeit, die sich in die Außenkommunikation einbinden lässt, nur einen kleinen Teil der allgemeinen Bevölkerung abdeckt, während der überwiegende unpolitische Teil sich nicht involviert, weil die Interessengebiete anders liegen: „It is a well-organised and articulate attentive public that is involved..., not the general public per se“, merkt Vickers an.781 Botschafter können nicht nur aus der Bevölkerung kommen, sondern auch herausgehobene Persönlichkeiten sein. Diese eigneten sich besonders gut, um Mythen und Werte zu schaffen, zu erklären und glaubwürdig darzustellen, wes777
Jan Melissen: Public Diplomacy between Theory and Practice, in: Real Instituto Elcano, a.a.O., S.
6.
778
Klaus Merten / Joachim Westerbarkey: Public Opinion und Public Relations, a.a.O., S. 188-211. Ebd., S. 188. 780 Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 105-106. 781 Rhiannon Vickers: The New Public Diplomacy: Britain and Canada Compared, a.a.O., S. 188. 779
4.3 Literatur- und Quellenstudie
231
halb hier auch von „Personality Branding“782, „Citizen Diplomacy“ bzw. „Celebrity Diplomacy“783 die Rede ist. Selbst literarische Personen würden als Botschafter agieren, so Mihailovich. Ein gutes Beispiel dafür ist Harry Potter. Sein Beitrag zum aktuellen Image Großbritanniens, besonders unter jungen Menschen, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.784 Dabei wurden auf geschickte Weise traditionelle Bilder mit modernen Images verknüpft. Aber auch historische Personen können als Botschafter wirken, beispielsweise Elvis Presley, Marilyn Monroe und James Dean für den American Way of Life. Die Verbindung von Innen- und Außenwirkung ist in der britischen Außenpolitik sehr deutlich. Ihre Ziele und Themen sind transnational – Terrorismusbekämpfung, Konfliktprävention, Klimawandel und Multilateralität sind nur zu bewältigen, wenn sie sowohl in ihrer innen- als auch ihrer außenpolitischen Dimension angefasst werden. Daher auch der Fokus auf die Kooperation der verschiedenen Ministerien – die außenpolitischen Themen des FCO werden als die der gesamten Regierung angesehen: „Because achieving our domestic objectives more than ever requires action abroad, we must work ever more closely across Government...[to set] the strategic international priorities for the Government as a whole.“785
Auch die Berufung von Jack Straw zum Außenminister im Jahr 2001 (er füllte das Amt bis 2006 aus) aus der vorherigen Position des Innenministers unter Blair kann in diesem Sinne gedeutet werden. „There’s no such thing as ‚abroad’ any more“786 lautet deshalb das Leitthema des FCO.
782
Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding, a.a.O., S. 70. Peter van Ham: Winning Hearts and Minds, a.a.O., S. 2. Philippe Mihailovich: Kinship Branding, a.a.O., S. 241. 785 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Active Diplomacy for a Changing World, a.a.O., S. 5. 786 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 2006, a.a.O., S. 72. 783 784
232
4 Strategische Außenkommunikation
Abbildung 10: Britische Jugendliche mit Geschenktüten des FCO und dem Slogan „There’s no such thing as ‚abroad’ any more“787 Die bewusste enge Verzahnung von Innen- und Außendarstellung begann bereits mit dem Amtsantritt von Tony Blair: Die Grundidee von New Labour war von dieser Verbindung getragen. Erst sollte eine Identitätswandlung nach innen erreicht, dann diese im Ausland entsprechend dargestellt werden, um das Image des Landes zu modernisieren und den neuen Realitäten anzupassen. Die Identitätsdebatte wird intern bis heute weitergeführt. Aus diesem Grund findet die Darstellung der Identität in der Kommunikation hauptsächlich unter dem Schlagwort der Diversity statt. Auf diese Weise wird versucht, eine neue Identität des Landes zu kommunizieren, nach innen wie nach außen, allerdings mit einem umfassenderen Ansatz als Ende der 1990er Jahre. Lucian Hudson, Director Communications im FCO, fasst die Bemühungen des FCO in dieser Hinsicht wie folgt zusammen: „One reason why people are attracted to Britain is that our culture is liberal, forward-thinking and genuinely appreciates diversity and doesn’t just tolerate it. The mix of culture, the mix of ideas, whether or not one agrees... is a very potent mixture... [We are] a society that is inclusive... I don’t know if you would describe that as modern... What we have to do is to be relevant in the 21st century.“788
787 788
Ebd. Interview mit Lucian Hudson, a.a.O.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
233
Die Betonung der Vielfalt wird nach innen also als eine Möglichkeit gesehen, die Spannungen der Identitätsfragmentierung aufzuweichen und den inkludierenden Charakter der Gesellschaft zu betonen. Nach außen soll sie zeigen, dass es Großbritannien nicht darum geht, einen neuen Imperialismus zu vertreten, sondern seine nach innen gelebten Werte in die Außenpolitik zu übertragen, um Menschen in allen Ländern die Chance zu geben, nach ihrer Farcon glücklich zu werden. Die Betonung der Vielfalt ermöglicht auch die Verknüpfung der Außenkommunikation mit den Zielen der Außenpolitik durch die Hervorhebung der gemeinsamen Werte. Ein weiterer Grund für die Betonung der Verbindung von innen und außen ist in der Mediatisierung der Politik zu finden. Durch ihre Transnationalität sind die außenpolitischen Themen und Ziele derart weit gefasst, dass vieles, was Großbritannien hierzu tut, an Symbolpolitik erinnert. Die Politikziele der Außenpolitikstrategie des Landes aus dem Jahr 2008, Better World Better Britain, lauten: „Counter terrorism, weapons proliferation and their causes, prevent and resolve conflict, promote a low carbon, high growth, global economy, develop effective international institutions, above all UN and EU.“789
Sie sind zu groß, um von einem Staat allein bewältigt werden zu können. Deshalb ist es kaum möglich, die Regierung auf Einhaltung dieser Ziele festzulegen – ist sie nicht in der Lage, sie zu erfüllen, kann sie die Schuld auf Dritte abschieben. Der Grund für die Wahl dieser Ziele wiederum ist in den außenpolitischen Prioritäten der Bevölkerung zu finden – ausgedrückt durch die Meinungsbildung in den Medien – denen hier begegnet werden soll. Die aktuelle britische Außenpolitik wird also für das eigene Elektorat gemacht, nur ihm ist die Regierung schließlich zu Rechenschaft verpflichtet. Sein Interesse an Außenpolitik ist gestiegen, ebenso wie das der inländischen Medien, wie Ali Fisher bestätigt: „The importance of foreign policy in the media has grown... Also, the awareness... of the media has grown intensly in foreign policy and ... the media image is increasingly important for foreign policy.“790
Doch auch wenn Außenpolitik für das Elektorat gemacht wird: „There has been a growing realization of the importance of international communications in the international media“791, wie Ben Bradshaw es formuliert. Diese Aussagen bestä789
Ebd. Interview der Autorin mit Ali Fisher, ehem. Direktor des Think-Tanks Counterpoint, London 8.2.2008, unveröffentlicht. 791 Interview mit Ben Bradshaw, a.a.O. 790
234
4 Strategische Außenkommunikation
tigen die beschriebenen Thesen der Kommunikationswissenschaft zum grundsätzlich gestiegenen Interesse von Bevölkerungen an außenpolitischen Themen. So wichtig die Verbindung von innen und außen auf inhaltlicher Ebene sein mag, so begrenzt ist sie auf struktureller Ebene. Eine Sicherung der Verankerung der Außenkommunikation nach innen wird höchstens durch das FCO betrieben, dessen Abteilung Kommunikation mit der Unterabteilung UK Stakeholder Outreach auch die (politische) Selbstdarstellung ins Landesinnere abdeckt.792 Die Einbeziehung von Bürgern und Prominenten als Botschafter des Landes wurde am Anfang der Regierungszeit von New Labour sehr stark betrieben; später ging man sparsamer mit diesem kommunikativen Element um. Ulrich Sacker, Ende der 1990er Jahre Leiter des Goethe-Institut in Hongkong, erinnert sich an die Wirkung der Aktionen: „Die Briten schickten Designer und Models und Musiker nach Hongkong und Singapur, das Tollste vom Neuesten, um das neue Image zu verkörpern. Das wurde durchaus mit viel Geld unterstützt. So haben sie es geschafft, innerhalb von einem halben Jahr die Leute dazu zu bringen, zu glauben, dass London die kreativste Stadt der Welt ist.“793
Hauptgrund dafür, dass später deutlich weniger Botschafter aus der Bevölkerung eingesetzt werden, mag die strenge Ausrichtung der Außenkommunikation an politischen Zielen sein. Einer der stärksten Botschafter des Landes war ohnehin sicherlich Tony Blair selbst. Er stilisierte sich mit Hilfe der nationalen wie internationalen Medien erfolgreich zu einem Prototyp des modernen Politikers und gleichzeitig zu einer Ikone des modenen Großbritanniens: „More important than his telegenic and rhetorical skills...was Blair’s ability to convey through the media an image of leadership which was consonant with public expectations.“794
Zwar erlebte dieses Image im Irak-Krieg eine Korrektur, Blair gelang es jedoch durch Ereignisse wie dem G8-Gipfel 2005 in Gleneagles recht gut, sich erneut in dieser Richtung zu positionieren. Mit seinem Rücktritt hatte das Land seine international wichtigste Identifikationsfigur im politischen Bereich verloren. Auch in Deutschland wird die Verzahnung von Innen- und Außenkommunikation als bedeutend erachtet, auch wenn die in der Außenkommunikation vermittelten Themen weniger transnational sind als in Großbritannien und die 792
Vgl.: Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Our Directorates, www.fco.gov.uk, Download: 14.8.2008. 793 Interview mit Ulrich Sacker, a.a.O. 794 Raymond Kuhn: Media Management, a.a.O., S. 133.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
235
Vernetzung mit den anderen Ministerien geringer ist. Strukturell ist die Innenkommunikation außenpolitischer Themen verankert durch das entsprechende Referat in der Abteilung Kultur und Kommunikation (bzw. früher nur Abteilung Kommunikation) des Auswärtigen Amtes. Sie ist für alle nach innen gerichteten Aktivitäten zur Vermittlung der Außenpolitik gegenüber dem eigenen Elektorat zuständig. Die Rückkopplung der Außenkommunikation nach innen wird in Deutschland hauptsächlich deshalb als bedeutend angesehen, weil sie als Rückversicherung der Realitätsdeckung des vermittelten Imagekonzepts fungieren kann. Wie dringlich dieser Punkt scheint, vermitteln die Leitlinien zur Außenrepräsentanz: „Ausgangspunkt dessen, was im Ausland als Bild über Deutschland angeboten werden kann, ist die gesellschaftliche und kulturelle Realität Deutschlands. Es muss uns gelingen, das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft im eigenen Land fruchtbar zu gestalten. Nur dann kann unser Ziel realisiert werden, attraktiv für kreativ tätige Menschen, Multiplikatoren, künftige Entscheidungsträger und Eliten des Auslands zu sein.“795
Hier lässt sich ablesen, dass die Vermittlung des Außenimages in Deutschland direkt mit der Identitätsdebatte im eigenen Land verknüpft ist. Die zunehmende Besserung des Selbstverständnisses der Deutschen hat insofern die Außenkommunikation der letzten Jahre nicht nur beeinflusst, sondern auch vereinfacht. Besonders deutlich wird das anhand der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und der zugehörigen Kampagne Deutschland – Land der Ideen. Seitdem im Jahr 2000 die Entscheidung der FIFA gefallen war, die WM 2006 in Deutschland auszutragen, plante die Bundesregierung das Massenereignis zur Selbstdarstellung. Erwartet wurden zur WM „3 Millionen Besucher zu Gast in Deutschland, mehr als eine Milliarde Zuschauer… [die] die Spiele an den TV-Geräten verfolgen, 15.000-20.000 ausländische Journalisten.“796 Der im Innenministerium verankerte Stab WM 2006 koordinierte alle erforderlichen Infrastruktur- und Kooperationsmaßnahmen, insbesondere die Regierungsgarantien797, ohne die die FIFA der Ausrichtung in Deutschland nicht zugestimmt hätte. Dazu gehörte auch 795 Deutscher Bundestag (Hg.): Bericht über den Stand der Entwicklung und Reformmaßnahmen bei der medialen Außenrepräsentanz, a.a.O., S. 4. 796 Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation: Public Diplomacy, a.a.O. 797 Die Regierungsgarantien dienen der Erfüllung der von der FIFA verlangten Mindestanforderungen. Dazu gehörten schnelle Visumserteilungen für WM-Besucher und Teilnehmer, Sonderregelungen bei Zoll und Steuern, Sicherheitsgewährleistungen, eine ausreichende Infrastruktur sowie ein Protokollkonzept für Besuche internationaler Staatsvertreter. Vgl.: Ragna Sieckmann: Die deutsche Public Diplomacy zur Fußball-WM 2006, a.a.O., S. 17-19; Bundesministerium des Inneren: Die Welt war zu Gast bei Freunden. Bilanz der Bundesregierung zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Berlin 2006, S. 5-14.
236
4 Strategische Außenkommunikation
die Ermöglichung der Public Viewing-Leinwände in allen Austragungsorten und die Planung des im Sommer 2004 vom Kabinett verabschiedeten Gastgeberkonzepts aus Kulturprogramm, Service- und Freundlichkeitskampagne und der Initiative Deutschland – Land der Ideen. Die Regierung wollte auf diese Weise das Motto der WM, Die Welt zu Gast bei Freunden, wahr machen. Auch wenn es im Vorfeld Anlaufschwierigkeiten und Kritik von vielen Seiten gegeben hatte, wurde die Fußball-Weltmeisterschaft ab Anpfiff von allen Seiten her positiv bewertet. Und dies eben nicht nur nach außen, sondern auch was die Eigenwahrnehmung des Landes betrifft. „Die Menschen in Deutschland erfüllten als Gastgeber das offizielle WM-Motto… derart mit Leben…, wie es zuvor niemand für möglich gehalten hätte“, bilanzierte das Bundesministerium des Inneren. Und weiter: „Der große Gewinner der Sportgroßveranstaltung… war das Gastgeberland Deutschland… Neben ökonomisch positiven Auswirkungen hat die WM bei vielen Menschen in Deutschland die Identifikation mit dem eigenen Land gestärkt.“798
Deutschland – Land der Ideen wurde im Rahmen der WM-Vorbereitung als Standortkampagne ins Leben gerufen, um das Selbstkonzept des Landes ganzheitlich und in konzertierter Form weltweit darzustellen. Deutschland sollte als „weltoffen, innovativ, leistungs- und zukunftsfähig“799 präsentiert werden und zwar nach innen wie nach außen. Wichtig dabei ist, dass das Thema Fußball in keiner Weise besetzt wurde, sondern die Kampagne auf die ganzheitliche Vermittlung Deutschlands abzielte. Dazu gaben Bundesregierung und der BDI als Vertreter der deutschen Wirtschaft in Public-Private-Partnership gemeinsam im Jahr 2006 ein Budget von 23 Mio. EUR.800 Sechs Kernprojekte wurden realisiert, von denen die folgenden von besonderer kommunikativer Bedeutung waren: der Walk of Ideas mit sechs überdimensionalen Skulpturen an zentralen Orten im Zentrum Berlins sollte die Erfinder- und Kulturgeschichte Deutschlands vermitteln. Die Skulpturen waren so positioniert, dass alle Berliner Sehenswürdigkeiten mit ihnen fotografiert und gefilmt werden sollten, um so die deutschen Ideen automatisch zum Teil der internationalen Berichterstattung sowie der Fotoerinnerungen der Touristen zu machen. Der Medienservice bestand aus einer Onlineplattform für internationale Journalisten, auf der über 1500 von der Deutschen Presse-Agentur verfasste Reportagen über alle Facetten Deutschlands gelistet waren. Diese konnten nach Login kostenlos heruntergeladen und direkt für die Berichterstattung genutzt oder aber als Recherchegrundlage verwendet werden.
798
Bundesministerium des Inneren: Die Welt war zu Gast bei Freunden, a.a.O., S. 2-4. Ebd., S. 30. 800 Vgl.: Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2006, Berlin 2006. 799
4.3 Literatur- und Quellenstudie
237
Beides entsprach im Effekt den Berechnungen der Initiatoren, Geschichten in die Medien zu bringen, die ein modernes Deutschland spiegeln.801 Für die Innenwirkung am bedeutendsten war jedoch das Projekt 365 Orte im Land der Ideen. Konzipiert als „größte Veranstaltungsreihe der Welt“802, sollte es die Identifikation der Deutschen mit ihrem Land der Ideen stärken und dazu verhelfen, dass der Slogan der Initiative im Lande selbst verankert war. Bei diesem Wettbewerb konnten sich Institutionen aller Art mit besonders kreativen Ideen bewerben, wobei die besten Orte ausgewählt und an je einem Tag des Jahres prämiert wurden, so dass jeden Tag ein Ort ausgezeichnet wurde. Innenminister Wolfgang Schäuble kommentierte dazu: „Deutschland – Land der Ideen, das sind wir und das wollen wir sein… Gerade die Veranstaltungsreihe ‚365 Orte…’ belegt eindrucksvoll, wie und wo die innovativen, kreativen, wirtschaftlichen und kulturellen Potentiale unseres Landes zu finden sind.“803
Der Wettbewerb sorgte im Jahr 2006 für rund 8000 Medienberichte deutschlandweit, die Veranstaltungen zur Auszeichnung zogen über 250.000 Besucher an, ein begleitender Reiseführer erschien mit einer Auflage von 120.000 Exemplaren. Für die Kampagnenplaner hat das Projekt damit das Ziel erreicht, die innere „Beweisführung für das Land der Ideen“804 zu leisten. Die Veranstaltungsreihe wurde auf Grund ihrer Popularität, und weil die Deutsche Bank als Sponsor gewonnen werden konnte, bis 2011 weitergeführt.805 Im Frühjahr 2006 bewilligte das Bundeswirtschaftsministerium weitere fünf Millionen Euro für die Initiative, von der Projekte zur Förderung des Wirtschaftsstandortes durchgeführt werden sollten.806 Diese Mittel wurden für eine Bekenner-Kampagne mit Claudia Schiffer verwendet. Das Fotomodell stellte sich dafür unentgeldlich zur Verfügung. Sie posierte in die deutsche Fahne drapiert als Gesicht des Landes der Ideen. U-Bahn-Stationen in London, New York und London wurden mit diesen Bildern und mit Slogans wie „Come on over to my place“ oder „Invest in Germany, boys“ plakatiert.807
801
Ebd. Sebastian Turner: Der große Erfolg ist nur ein kleiner Anfang, in: Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2006, a.a.O., S. 10. 803 Wolfgang Schäuble: Deutschland – Land der Ideen, in: Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany, a.a.O., S. 17. 804 Ebd., S. 43. 805 Vgl.: Ebd. 806 Vgl.: Ebd., S. 11. 807 Ebd., S. 15. 802
238
4 Strategische Außenkommunikation
Abbildung 11: Claudia Schiffer posiert in der Deutschlandfahne für Deutschland – Land der Ideen Die Kampagne löste ein ungeheures internationales Medienecho aus und gilt inzwischen als beispielhaft für die Möglichkeiten klassischer Werbung innerhalb der Außendarstellung eines Landes. Die Forderung der Forschung nach Einbindung von Prominenten als Werbebotschafter des eigenen Landes wurde damit auf markante Weise umgesetzt. Aber auch unabhängig von Deutschland – Land der Ideen wurde die Bevölkerung immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass sie als Botschafter ihres Landes agieren würden und deshalb eine Mitverantwortung für das Image des eigenen Landes trügen: „Letztlich beeinflusst jeder deutsche Tourist, wie unser Land wahrgenommen wird – ebenso wie jeder Deutsche, der einem Ausländer zu Hause begegnet.“808 Es zeigt sich also, dass viele der Forderungen der Forschung an eine ganzheitliche und sowohl nach innen wie nach außen ausstrahlende Außenkommunikation in der deutschen Kommunikation zur WM übernommen wurden. Die Initiative Deutschland – Land der Ideen ermöglichte dabei auf Grund ihrer Strategie und ihres nicht unerheblichen Budgets eine Verankerung der Außenkommunikation nach innen. Dies währte nicht nur während der Fußball-WM. Die Initiative wird genauso fortgesetzt, wie das Projekt der 365 Orte. Allerdings ist sie trotz zahlreicher Bemühungen der durchführenden Institution, der Marketing für Deutschland GmbH, bis heute nicht zu einer Dachmarke aller Bemühungen der deutschen Außenkommunikation geworden. Vielmehr wird sie hauptsächlich vom Auswärtigen Amt, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bildungsministerium für Marketing-Projekte eingesetzt, während andere Maßnahmen, besonders im Bereich der AKBP und
808
Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004/2005, a.a.O., S. 194.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
239
der symmetrischen Kommunikation völlig außerhalb laufen.809 Dies wird auf absehbare Zeit auch so bleiben. Die Forschung begibt sich auf ein gefährliches Terrain, wenn sie annimmt, dass die Loyalität und Motivation der eigenen Bevölkerung über politische Kommunikation im Inland so sehr verstärkt werden kann, dass die Bürger uneingeschränkt ihr Land im Kurs der offiziellen Kommunikation im Ausland darstellen würden. Die Menschen würden dadurch zu unbezahlten Testimonials, die ähnlich wie in Werbespots möglichst glaubwürdig die Vorzüge des jeweiligen Produktmarke darstellen sollen. Nur, dass es sich hier eben nicht um ein beliebiges Produkt, sondern um das eigene Land handelt. Dieses Benutzen von Menschen für die Zwecke der Außenkommunikation ist im Grunde ein recht zynischer Gedanke. Er wird seine Wirkung auch verfehlen, wenn die Botschafter nicht absolut überzeugt von dem sind, was sie kommunizieren. Umgekehrt ist eine so starke Identifikation mit dem eigenen Land und seiner Kommunikationsstrategie nur durch die Schaffung von Imagined Communities innerhalb des eigenen Landes möglich, die wiederum, wie in der Analyse der Nationalismusforschung gezeigt, einen abgrenzenden Charakter hätte und mit einer Steigerung des Nationalismus der Bevölkerung einhergehen würde. Dies wäre exkludierend und würde der inkludierenden Grundidee der modernen Nation wie der aktuellen Außenkommunikation widersprechen. Interessanterweise sieht die Nation Branding-Forschung diese Kritikpunkte stärker als die Public Diplomacy. Anholt etwa scheint es als unmöglich, alle Bürger eines Staates in dessen Kommunikation einzubinden. Allerdings spricht er von einer „benign national ambition“810, d.h. einem guten, gütigen Nationalismus der Bevölkerung, der erreicht werden müsste, um diese zu echten Botschaftern des Staates zu machen – ohne jedoch darauf einzugehen, wie dieser zu generieren oder wie genau er zu definieren ist. Wally Olins dagegen folgert aus dem Problem der Nationalismussteigerung durch Nation Branding, dass sich Länder im Transitionsprozess oder mit wenig gefestigten Demokratien nicht für eine professionalisierte und strategisch ausgerichtete Außenkommunikation im Sinne des Nation Branding eignen, weil die Gefahren der nationalen Aufladung zu hoch sind: „Es besteht die Gefahr, dass die Extraktion der nationalen Identität durch Place Branding eine Kraft gewinnt, die zu stark ist für das Land und zu nationalen Ausfällen wie in einer nationalsozialistischen oder kommunistischen Diktatur führen kann. Ich persönlich würde deshalb nicht für ein Land arbeiten, zu dem ich keine gute Verbindung habe.“811 809
Vgl.: Auswärtiges Amt (Hg.): In der Welt, a.a.O., S. 12-13. Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 105. 811 Vgl.: Interview der Autorin mit Wally Olins, Berlin 30.8.2007, unveröffentlicht. 810
240
4 Strategische Außenkommunikation
Die Außenkommunikation benötigt also eine starke Rückkopplung nach innen. Dieser Doppelbezug ist unter anderem durch die Transnationalität von Ereignissen entstanden und lässt sich analog zur These der Notwendigkeit einer kohärenten internen und externen Kommunikation in der PR-Forschung lesen. Dieser Faktor bildet eine wichtige Abgrenzung gegenüber bisheriger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit im Ausland. Die Selbstdarstellung nach außen muss von der eigenen Bevölkerung angenommen werden, um zu funktionieren. Dabei kann der Staat sich die erzeugte Loyalität seiner Bürger zu Nutze machen, indem diese, genauso wie herausgehobene Bürger oder literarische Figuren, zu Botschaftern des eigenen Landes werden. Dies hat den Zweck, die Rezipienten im Ausland zu interessieren und zu engagieren. Resumeé: Außenkommunikation als integrierte Kommunikation Dieses Kapitel hat gezeigt, wie groß die Überschneidungen der Thesen aus Nation Branding und Public Diplomacy mit denen der integrierten Kommunikation, sind. In der Zusammenfassung ergibt sich damit folgendes Bild: Unter der Einbindung in die gesamtpolitische Strategie wird die Forderung subsummiert, Außenkommunikation als genuinen Bestandteil der politischen Strategie zu verstehen. Dahinter steht die These der Integration der Außenkommunikation in den täglichen Politikprozess zur Umsetzung von Soft Power. Außenkommunikation soll als eigene Stabstelle etabliert und stärker kohärent gestaltet werden, ohne jedoch auf demokratische Meinungsbildungsprozesse für Strategiekonzeption und –implementierung zu verzichten. Hier zeigen sich die Parallelen zur integrierten Kommunikation. Sie stärken die Hypothese der Strategischen Außenkommunikation als Teilbereich der PR. Die Innenwirkung der Außenkommunikation beschreibt den Rückkopplungsprozess der Außenkommunikation durch transnationalisierte Themen. Die These ist die Entsprechung der Vernetzung interner und externer Kommunikation in den Theorien der integrierten Kommunikation: Nach innen sollen Identität und Motivation gesteigert, nach außen die Beziehung System / Umwelt verbessert werden. Die Außenkommunikation setzt damit einen Circle of Virtues in Gang, einen selbstverstärkenden Prozess der Positivimagination, der wiederum auf der Makroebene realitätskonstituierend wirkt. 4.3.3 Erfolgskriterium Strategische Kommunikation Im Mittelpunkt der Außenkommunikation steht die ihr zu Grunde liegende Strategie. Sie bestimmt, in welche Richtung sich die Kommunikation entwickeln soll, wie sich das Land positionieren will, welche Schwerpunkte gesetzt werden,
4.3 Literatur- und Quellenstudie
241
welche Form der Außenkommunikation gewählt wird und welche Akteure im Inund Ausland über welche Kommunikationskanäle eingebunden werden. Ihre Funktion ist es, die Kongruenz der Außenkommunikation sicherzustellen. Dieses Kapitel soll darlegen, warum eine strategische Herangehensweise für die Strategische Außenkommunikation so wichtig ist und wo Nation Branding und Public Diplomacy ihre Schwerpunkte legen. Wie dargestellt, ist das Kapitel aufgegliedert in die verschiedenen Strategiephasen, wobei jeder Phase mehrere Erfolgskriterien zugeordnet sind.
4.3.3.1 Strategiemodell und spezifische Anforderungen an Strategie Wie einleitend dargelegt, definiert die PR-Forschung Strategie als „Übertragung des klassischen Managementzyklus mit seinen Phasen Zielsetzung, Planung, Entscheidung, Ausführung und Kontrolle auf die Öffentlichkeitsarbeit… Es wird somit ein Ist- und Soll-Zustand im Rahmen einer umfangreichen Kenntnis der Ausgangslage und der angestrebten Ziele festgelegt, worauf basierend im strategisch geplanten Sinne PR-Maßnahmen und -Programme durchgeführt werden.“812
In Nation Branding und Public Diplomacy ist zwar viel von der Notwendigkeit strategischer Abläufe die Rede, die einzelnen, in der Literatur bestimmten, Erfolgskriterien werden jedoch nicht in den Rahmen der Strategiephasen eingefügt, sondern in recht beliebiger Reihenfolge aufgelistet. Hier soll deshalb erstmals eine Phaseneinteilung der Strategie in der Strategischen Außenkommunikation im Modell vorgenommen werden. Diese Phaseneinteilung ermöglicht einerseits eine Analyse der in der Forschung für die verschiedenen Phasen vorgebrachten Erfolgskriterien, andererseits erleichtert sie in der Praxis die Strategiebildung und -implementierung, indem sie einen festen Rahmen vorgibt. Auf Basis des hier etablierten Strategiemodells wird das Erfolgskriterium der strategischen Kommunikation innerhalb der Literatur- und Quellenstudie bearbeitet.
812
Iris Guery: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations, a.a.O., S. 95.
242
4 Strategische Außenkommunikation
Abbildung 12: Strategiemodell der Außenkommunikation nach Phasen, eigene Darstellung Am Beginn der Strategischen Außenkommunikation steht die Zieldefinition, mit der die kurz-, mittel- und langfristigen Ziele auf verschiedenen Ebenen festgelegt werden. Dabei können die Ziele je nach zeitlicher Einordnung variieren. In der nächsten Phase folgt eine ausführliche Situationsanalyse, anhand derer das Selbst- und Fremdbild erfasst und analysiert werden und die Umweltbeziehung geklärt wird. In dieser Phase geht es ausschließlich darum, das Ist-Bild so genau wie möglich festzuhalten, um darauf aufbauend ein Soll-Bild zu entwerfen, das sich an den Möglichkeiten der aktuellen Images orientiert. Daran schließt die Phase der Strategieentwicklung an. Hier wird die Positionierung erarbeitet, außerdem werden Schwerpunkte der Kommunikation festgelegt. In der Phase der Strategieimplementierung geht es dann um die Realisation der vorab festgelegten Instrumente und Maßnahmen. Diese werden in der letzten Phase anhand der Wirkungskontrolle evaluiert. Dabei wird auch geprüft, inwieweit die Wirkungen der Außenkommunikation mit den vorab definierten Zielen übereinstimmen und ob die Zieldefinition ggf. angepasst werden muss. Insofern hat die Wirkungskontrolle immer einen Rückkoppelungseffekt auf die Strategieplanung. In Anlehnung an die integrierte Kommunikation fordern Nation Brandingund Public Diplomacy eine Erstellung der kommunikativen Strategie in Zusammenarbeit mit allen Akteuren. So soll die Identifikation gestärkt und sicherge-
4.3 Literatur- und Quellenstudie
243
stellt werden, dass alle Akteure eingebunden sind, ihre Zustimmung geben und ihre Handlungen entsprechend den Vorgaben der Strategie ausrichten.813 Je genauer die Vorgaben zur Kommunikation in der Strategie dabei sind, desto effizienter ist die Umsetzung und desto eher kann eine kohärente und koordinierte Kommunikation geschaffen werden.814 Kotler et al. haben diese Anforderung im folgenden Schaubild aus der Marketingpersepektive zusammengefasst. Es zeigt die verschiedenen Ebenen des Nation Branding und die Notwendigkeit der Einbindung verschiedener Akteure in alle Prozessabläufe. Diese Darstellung der Akteure, Zielgruppen und Marketingfaktoren war grundlegend für die weitere Forschung, weshalb sich viele Studien im Bereich des Nation Branding und der Public Diplomacy explizit hierauf berufen. Interessant ist die Rolle der Gesellschaft im Schema, sie wird als Teil der Planungsgruppe definiert. Als Generator öffentlicher Meinung soll sie Themen schaffen, die von Wirtschaft und Politik aufgegriffen und kommunikativ weiterentwickelt werden. Eine Wechselbeziehung wird hier nur zwischen Politik und Wirtschaft gesehen, die Interdependenzen zwischen öffentlicher Meinung und Politik sowie zwischen Medien und Politik werden ausgeklammert, bzw. einseitig in Richtung Politik gedeutet. Aus den Themen der Öffentlichkeit wird die Strategie durch Diagnose, Vision und Umsetzung umgesetzt. Dies entspricht den Strategiephasen Analyse, Zieldefinition und Strategieimplementierung. Letztlich ist die Rolle der Öffentlichkeit damit eine passive. Denn abgesehen von der Schaffung von Themen ist sie nicht in der Lage, direkt in den Strategiefindungs- und Implementierungsprozess einzugreifen. Die zweite Ebene der Marketingfaktoren entspricht der von Kotler et al. dargestellten Bestandteile des Nation Branding aus Image Marketing, Attraction Marketing und People Marketing, wobei hier zusätzlich die Ebene der Infrastruktur eingezogen wird, die bei Kotler im Attraction Marketing integriert ist.815 Die Ebene der Zielgruppe ist hier sehr wirtschaftsorientiert, anders als in der ganzheitlicher ausgerichteten aktuellen Nation Branding-Forschung.
813
Vgl.: Nicolas Papadopoulos / Louise Heslop: Country Equity and Country Branding, a.a.O., S. 307; Wally Olins: Marke, Marke, Marke, a.a.O., S. 64. 814 Irving Rein / Ben Shields: Place Branding Sports: Strategies for Differenciating Emerging Transitional, Negatively Viewed and Newly Industrialised Nations, in: Place Branding and Public Diplomacy, 3, 1/2007, S. 83. 815 Philip Kotler / Philip Hamlin / Philip Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 78-98.
244
4 Strategische Außenkommunikation
Abbildung 13: Ebenen des Nation Branding nach Kotler et. al.816 Die Funktion der Strategie in Nation Branding und Public Diplomacy ist es, eine Brücke zu schlagen zwischen dem existierenden Image eines Landes, sowohl was das Selbst- als auch was das Fremdbild angeht, und dem erstrebten Image, also dem Imagekonzept nach innen und außen: „The ultimate aim of the strategy is to bridge the gap between the current image and the desired image“, schreiben Melissen / Gonesh mit Bezug auf die Public Diplomacy.817 Kotler fordert, die Selbstdarstellung und Imagebildung im Rahmen eines Strategic Image Managements vorzunehmen, das folgendermaßen definiert ist:
816
Vgl.: Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 38. Jan Melissen / Alvin Gonesh: Public Diplomacy in Practice. A Manual Commissioned by the Information and Communication Department of the Ministry of Foreign Affairs of the Netherlands, Appendix zu: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 7.
817
4.3 Literatur- und Quellenstudie
245
„ongoing process of researching a place’s image among its various audiences, segmenting and targeting its specific audiences, positioning a place’s attractions to support its desired image and communicating those attractions to target groups.“818
Diese Definition ist auch ein Verweis auf die notwendige Anwendung von Strategiephasen für die effiziente Durchführung strategischer Kommunikation. Durch die Strategie werden Themen geschaffen, die die Rezipienten in relevanten Zielländern interessieren und engagieren sollen. Deshalb gibt es meist innerhalb der Gesamtstrategie mehrere Unterstrategien. Es geht also darum, durch die Gesamtstrategie einen Rahmen zu schaffen, in den alle zu kommunizierenden Botschaften eingepasst werden und der ein kohärentes Bild schafft. In diesem Prozess entscheidet fast immer die Regierung über den Strategieansatz: „What is needed is a clear strategy for… different types of countries with different goals for each of the institutions… The Public Diplomacy Strategy should contain: a list of priority countries…, one or two clear messages, target audiences, a framework for explaining the roles of the different organisations, a strategy for working with others beyond government“.819
Politische und außenkommunikative Strategien werden auch in der Praxis immer wichtiger. In Großbritannien führte Tony Blair einen management-orientierten Politikstil ein, der dafür sorgen sollte, dass UK Inc. mit der größtmöglichen Effizienz geführt werden sollte.820 Eine Schlüsselrolle spielte dabei die Verpflichtung zur strategischen Politikbildung, wobei die Strategiedefinition hier im betriebswirtschaftlichen Sinne zu verstehen ist als übergeordnete Darstellung der Leitlinien und langfristigen Ziele der Regierung des Staates, die breit angelegt ist und sich über verschiedene politische Arbeitsfelder und organisatorische Verantwortlichkeiten erstreckt, um Abläufe zu professionalisieren. Die Strategien setzen nach diesem Verständnis Zielsetzungen und Prioritäten, geben einen Rahmen vor, in dem die politischen Aktivitäten eingebettet sind und schaffen ein realistischeres Verständnis der Wirksamkeit politischer Instrumente und Institutionen durch eine genaue Analyse der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umweltbedingungen in Großbritannien und weltweit. Die Entwicklung der Strategien erfolgte über einen breiten politischen Diskurs, in den neben Regierung und Ministerien auch das Parlament, politische Parteien, die Medien,
818
Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 230. Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, London 2002, S. 88 und 98; Vgl. auch: Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 11. 820 Vgl.: Paul D. Williams: British Foreign Policy under New Labour, a.a.O., S. 17-18. 819
246
4 Strategische Außenkommunikation
Think Tanks, Interessenvertretungen und die Wissenschaft einbezogen waren.821 Die außenkommunikativen Strategien waren im Sinne der integrierten Kommunikation, wie bereits beschrieben, Bestandteil der Geamtstrategien. Wie Peter Mandelson, einer von Blairs engsten Medienberatern und Minister ohne definierten Geschäftsbereich es ausdrückte: „To govern is to choose. But to govern is also to communicate. We have built this into the policy-making process.“822 Entsprechend ist auch das Strategieziel der britischen Außenkommunikation definiert: „To understand and improve foreign perceptions of the UK so that we are increasingly seen and appreciated as modernising, diverse, creative, successful and relevant with a lively, inclusive, open and welcoming people in order to underpin our political and cultural influence, commercial competitiveness, and ability to attract visitors, students, investment and talent.“823
Der außenkommunikative Ansatz hinter dieser Zielsetzung betont die ganzheitliche Ausrichtung und stellt Imageveränderung in den Vordergrund, ebenso macht er das Kommunikationsziel, die Stärkung der Soft Power, deutlich. In der deutschen Regierung Gerhard Schröders herrschte das gleiche Strategieverständnis vor, wie bei New Labour. Was dort als UK Inc. tituliert wurde, war hier die Deutschland AG. Dahinter stand ein management-orientierter und mediatisierter Politikstil über Parteigrenzen hinaus. Schröder band Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft ein, um seine Agenda 2010 durchzusetzen. Am bekanntesten ist hier sicher der VW-Manager Peter Hartz, der dem Rat zur Reformierung des Arbeitslosen- und Sozialhilfegeldes vorsaß.824 Seit der Amtsübernahme Angela Merkels ist dieser Politikstil zurückgefahren worden, die Einbindung nicht-staatlicher Akteure findet weniger offen statt, als dies bei Schröder der Fall war. Jedoch – wie zum Beispiel die Handhabung der Bankenkrise unter Einbindung der Vorstände aller großen deutschen Banken zeigt, haben sich die Grundpfeiler einer management-orientierten Politik nicht geändert. Bezogen auf die Außenkommunikation heißt das, dass auch hier im Rahmen der Professionalisierung die strategische Kommunikation immer wichtiger wird. Ihr Ziel ist es, „Deutschland breit und möglichst ganzheitlich im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu positionieren. Gutes Ansehen gibt Deutschland politisch wie ökonomisch Anziehungskraft und Gestaltungsmöglichkeiten.“825 Die Strate821
Ebd., S. 128. Peter Mandelson, zitiert in: Roland Sturm: New Labour – New Britain?, a.a.O., S. 275. 823 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Public Diplomacy Strategy, London Mai 2003. 824 Vgl.: Richard Meng: Der Medienkanzler, a.a.O. 825 Wilfried Grolig / Rainer Schlageter: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Public Diplomacy, a.a.O., S. 554. 822
4.3 Literatur- und Quellenstudie
247
gieplanung der Außenkommunikation liegt beim Auswärtigen Amt als Steuerungsorgan und fußt auf folgenden sechs Grundsätzen: „Glaubwürdigkeit…, für Deutschland werbender Ansatz…, Langfristige Ausrichtung unter Einbeziehung der Medien…, klar definierte Kommunikationsziele, Zielgruppen und Instrumente, Themenübergreifend und in Paketen geplant, Einbeziehung der… Mittler/Partner, Berücksichtigung lokaler und regionaler Gegebenheiten…“826
Die Grundsätze spiegeln viele der in dieser Arbeit dargestellten Grundprinzipien und Exzellenzkriterien. Doch die strategische Herangehensweise an die Außenkommunikation geht über die Grundsätze hinaus. Im Jahr 2007 stellte Michael Reiffenstuel die kommunikative Strategie seines Ministeriums folgendermaßen vor:
Abbildung 14: Außenkommunikationsstrategie des Auswärtigen Amts827
826
Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation: Public Diplomacy, a.a.O. Michael Reiffenstuel: Das Deutschlandbild im Ausland und Public Powerpointpräsentation, Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation, 21.5.2007.
827
Diplomacy,
248
4 Strategische Außenkommunikation
Demnach wird mit einer Evaluation des Ist-Zustands durch Medienanalysen der Auslandsvertretungen (AVen), Länderberichte der AVen wie der Mittlerorganisationen und repräsentative Umfragen das aktuelle Deutschlandbild im Ausland bestimmt. Dies legt die Grundlage der Strategie. Hierauf aufbauend werden der Soll-Zustand und übergeordnete Themenschwerpunkte der Medienarbeit und Öffentlichkeitsarbeit festgelegt, wobei Rücksicht auf regionale Besonderheiten genommen wird. Daraus wird dann ein Konzept bestimmt, das sowohl den kurzfristigen Zeithorizont abdeckt, als auch mittel- und langfristige Komponenten enthält. Dazu gehören alle Elemente der Außenkommunikation, sowohl Initiativen wie Deutschland – Land der Ideen, als auch die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik oder große Kooperationsprojekte mit mehreren Akteuren (Leuchtturmprojekte). Gemeinsam mit den Mittlerorganisationen und Partnern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft im In- und Ausland werden dann die Instrumente bestimmt, um das Konzept gemeinsam und ganzheitlich umzusetzen. Schlussevaluationen sichern die Qualität und wirken zurück auf die Ausgangslage. In dieser Strategie werden die meisten der hier erarbeiteten Kriterien für eine erfolgreiche Außenkommunikation berücksichtigt. Sie kann insofern als auf handlungs- und organisationstheoretischer Ebene fortgeschritten betrachtet werden. Die Entwicklung einer effizienten Strategie wird in Nation Branding und Public Diplomacy also, ebenso wie die beschriebenen Grundprinzipien, als Voraussetzung einer funktionierenden Kommunikation angesehen. Ihre Funktion ist es, eine Brücke zwischen Selbst- und Fremdbild durch das im Strategic Image Management zu schaffende Selbstkonzept zu schlagen. Letztlich führt die strategische Ausrichtung von Nation Branding und Public Diplomacy zu einer Professionalisierung der Kommunikation des agierenden Landes, die ausschließlich auf (medien-)vermittelten Images beruht und damit eigene Wirklichkeiten schafft. Die Fallbeispiele zeigen, dass der strategische Ansatz in der politischen Außenkommunikation in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen und zu einer Professionalisierung dieses Feldes beigetragen hat.
4.3.3.2 Zieldefinition Die Markenführung bestimmt mit der Zieldefinition die Leitlinien für die Kommunikation, zeigt die Visionen für die weitere Richtung der Kommunikation auf und legt konkrete Zielvorgaben in Zahlen fest.828 In solcher Tiefe wird die Zieldefinition in Nation Branding und Public Diplomacy nicht vorgenommen. Lediglich Melissen / Gonesh geben in ihrem Manual für niederländischer Diploma828
Vgl. u.a.: Torsten Tomczak: Strategische Markenführung, a.a.O., S. 1349-1363.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
249
ten Teilziele der Kommunikationsstrategie an, auf denen aufbauend die Botschaften der Kommunikation etabliert werden sollen. Sie bleiben jedoch recht generisch. Als Ziele werden definiert: „general familiarity with the Netherlands... more in-depth knowledge..., providing information about specific political, economic or cultural issues..., correcting a negative image, encouraging individuals or groups to act in the Netherlands’ interest, support Dutch policy, buy Dutch products or travel to the Netherlands.“829
Die geringe Beschäftigung mit den Zielen von Außenkommunikation ist unter anderem den deskriptiven Texte geschuldet, die nur grundsätzliche Aussagen treffen können, aber keine Angaben über Vision, Zielvorgaben oder Zahlen machen, weil diese von Staat zu Staat variieren. Dieses Kapitel analysiert die allgemeinen Ziele, wie sie in der Nation Branding- und Public Diplomacy-Forschung dargestellt werden. Dazu wird zur besseren Analyse der Zieldefinitionen der Literatur unterschieden in Ziele auf der Mikro- und Mesoebene, die unter dem Schlagwort der Imageverbesserung zusammengefasst werden können, und Zielen auf der Makroebene, die den machtpolitischen Interessen des Staates folgen. Imageverbesserung Die Nation Branding-Forschung geht davon aus, dass jedes Land ein Image hat, egal ob dieses aktiv kommuniziert wird oder nicht. Hierin liegt ihre Eigenlegitimation: Denn nur ein Land, das aktive Außenkommunikation zur Verbesserung des Nationenimages betreibt, kann sich gegen einseitige, veraltete oder negative Bilder wehren. Dies gilt für eine Imagebestimmung von außen, die zumeist durch Stereotype geprägt ist.830 Es gilt aber auch für eine Imagegenerierung von Seiten der eigenen Wirtschaft durch Produkte und Dienstleistungen wie im Country of Origin-Effekt beschrieben. Sie klammert viele Facetten des Landes aus und formt ein einseitiges Image.831 Generell gilt: Je weniger aktuelle Informationen es über ein Land gibt, desto eher wird das Fremdbild durch Stereotype bestimmt und desto weiter ist das Image von der Realität entfernt. Die Lücke zwischen Selbst- und Fremdbild ist dann besonders hoch, Fehleinschätzungen sind unumgänglich.832 Ziel einer Außenkommunikation im Sinne des Nation Branding ist es dagegen, die Inkongruenzen zwischen Selbst- und Fremdbild aufzulösen, um ein realitätsnahes, modernes und positives Bild des Landes zu 829
Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, Manual, a.a.O., S. 7. Vgl.: Simon Anholt: Editor’s Foreword to the First Issue, in: Place Branding, 1, 1/2004, S. 7-8. 831 Fiona Gilmore: A Country – Can It be Repositioned?, a.a.O., S. 293. 832 Vgl.: Katrin Johnston: Revitalizing Public Diplomacy, a.a.O., S. 2. 830
250
4 Strategische Außenkommunikation
vermitteln.833 Anholt sieht daher im Nation Branding eine der Hauptaufgaben von Regierungen im 21. Jahrhundert, um auf dem „globalen Marktplatz der Staaten“834 zu bestehen. Dabei seien alle Bereiche eines Landes von den Auswirkungen des Imagemanagements betroffen: „companies deciding where to build their factories, set up their overseas operations, market their products or outsource their industrial processes and customer service centres; governments deciding where to spend their foreign aid budgets; international sporting bodies, entertainment, talent or beauty contests deciding which country or city will host their next event; opera and theatre companies deciding where to tour; film studios deciding where to go on location; even governments picking their allies in times of international conflict.“835
Auch für die Public Diplomacy-Forschung ist das Ziel der Verbesserung des Nationenbildes Grund legend für die Außendarstellung wie für die Außenpolitik im allgemeinen: „Promoting values such as democracy, human rights and good governance is becoming an essential part of foreign policy, as is projecting a particular image of the state“836, bemerkt Vickers. Die Verbesserung des Länderimages wird dabei meist im Zusammenhang mit Nyes Soft Power-These verwendet und ist damit ähnlich definiert wie dessen Begriff der Attraktivität des Staates: Je wichtiger die Soft Power in der Machtgenerierung und der geopolitischen Machtpolitik, desto wichtiger wird der Aspekt der Attraktivität für die Interessenpolitik des Staates. Melissen fasst die Thesen der Forschung zusammen: „Countries that are likely to be more attractive in postmodern international relations are those that help to frame issues, whose culture and ideas are closer to prevailing international norms, and whose credibility abroad is reinforced by their values and policies.“837
Ziele der Public Diplomacy sind deshalb sowohl die Verbesserung des eigenen Images als auch, darauf aufbauend, die Beeinflussung der Öffentlichkeit der jeweiligen Zielländer. Für Leonard bauen diese Ziele aufeinander auf: „increasing people’s familiarity with one’s country… increasing people’s appreciation of
833
Vgl.: Ebd., S. 9; Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding, a.a.O., S. 64; Fiona Gilmore: A Country – Can It be Repositioned?, a.a.O., S. 283; György Szondi: The Role and Challenges of Country Branding in Transition Countries, a.a.O., S. 8-20. 834 Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 2. 835 Ebd., S. 10. 836 Rhiannon Vickers: The New Public Diplomacy: Britain and Canada Compared, a.a.O., S. 188. 837 Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 4.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
251
one’s country…, engaging people with one’s country… influencing people.“838 Das Ziele der Verständnisvertiefung und des Beziehungsaufbaus zu den Bevölkerungen der Zielländer können als Elemente persuasiver Kommunikation gedeutet werden, denn der Beziehungsaufbau erfolgt nicht zum Selbstzweck, sondern zur Imageverbesserung. Auch in der Nation Branding-Forschung wird der Begriff der Attraktivität verwendet, allerdings mit einem starken wirtschaftlichen Bezug. Fabry und Zeghni definieren diese als: „a result but also a dynamic process, which reflects both the ability of the host country to build and manage its attractiveness and the multinational firms’ involvement in that country. This involvement is mainly due to real business opportunities, risk aversion, and the foreign investors’ perception of the host country.“
Anholt betont die unterschiedlichen Aspekte der Imageverbesserung und ihre Abhängigkeit von der Bekanntheit und der Problemsituation des jeweiligen Staates. Er gliedert diese wie folgt: Unbekannte Staaten müssten sich auf der Weltkarte einführen; Staaten mit einer einseitigen Zielstaatenausrichtung müssten ihre Außenkommunikation diversifizieren und zielgruppengenauer gestalten; Staaten mit einem negativen Image müssten ihr Fremdbild korrigieren und zwar über eine Erweiterung des Images, eine Aufwertung des Images, eine Revitalisierung des Images oder eine Positivierung des Images durch Krisenkommunikation. Viele Staaten hätten jedoch ein Imageproblem, das sich aus Bestandteilen verschiedener Gruppen zusammensetze und müssten ihre Kommunikation entsprechend abstimmen. Die Verständigung über die Form der Imageverbesserung sei Teil der Strategiekonzeption.839 Nation Branding und Public Diplomacy werden nicht per se initiiert, sondern dienen ausschließlich den übergeordneten Zielen der Außenkommunikation, allen voran der Imageverbesserung. In diesem Sinne bestehen auch die dialogisch-symmetrische Kommunikation, die Etablierung von Netzwerken oder die Kooperation mit nicht-staatlichen Akteuren nur vordergründig zur Schaffung von Win-Win-Situationen für beide Parteien, letztlich dienen sie aber dem alleinigen Zweck der Imagesteigerung. Greifen wir zurück auf die anfangs gegebene Definition der Funktionen von PR: „Bemühungen um Umweltkontrolle… [wie] die Beeinflussung… von Teilöffentlichkeiten…, die Informationssammlung in der Umwelt… die… beabsichtigte Auf-
838 839
Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 19-20. Vgl.: Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 67-68.
252
4 Strategische Außenkommunikation lösung von Differenzen zwischen in der Umwelt angestrebten Zielen… und tatsächlichen Verhältnissen in der Umwelt.“840
Auch für die Außenkommunikation kann festgestellt werden, dass sie den Staat selektiv selbstdarstellt, relevante Teilöffentlichkeiten im Sinne einer persuasiven Kommunikation beeinflusst, politische Interessen schützt, die Autonomie des eigenen Systems sichert und dadurch eine möglichst umfassende Umweltkontrolle ermöglichen soll. Auch die Quellen der Fallbeispiele beschreiben Imageverbessserung als Ziel der Außenkommunikation, allerdings direkt verbunden mit dem Endziel der Verbesserung der Machtstellung in den internationalen Beziehungen. So weist für Großbritannien etwa der Departmental Report des FCO aus dem Jahr 1999 als Zielsetzung der Außenkommunikation aus „to increase the impact of and respect for British foreign policy and values“841, 14 Prozent der Gesamtausgaben des Außenministeriums von insgesamt 1,115 Mrd. Pfund im Jahr 1999 entfielen auf diese Aufgabe.842 Außenkommunikation wurde also als eine Aufgabe mit genuin politischen Zielen im Sinne der Soft Power gesehen. Das Ziel sollte erreicht werden durch eine Außenkommunikation, die auf den drei Pfeilern Netzwerk, Lobbying und Publicity ruhte: „increasing the support for British policies through a strong network of political relationships, cultivation of opinion formers and effective publicity abroad.“843 Im Jahr 2004 machte die Imageverbesserung nur noch ein Ziel von Zweien aus, nämlich: „international decisions and actions which advance UK objectives and interests. Authoritative advice and support to the whole of Government on international issues. Positive foreign perceptions of the UK and the Government’s policies.“844
840
Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 30. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 1999, London 2000, S. 38. 842 Vgl.: Ebd., S. 4; 38. Mit der Comprehensive Spending Review vom Jahr 2000 wurden die Ausgaben für FCO, British Council, BBC World Service und British Trade International deutlich erhöht. Bis 2004 sollte das FCO im ersten Jahr 32 Mio, bzw. 3,4 %, dann 92 Mio., bzw. 5,7 %, dann 132 Mio. Pfund, bzw. 6,5% mehr erhalten, das British Council 4 % / 11 % und 14 %, BBCWS 4 % / 7 % und 10 % sowie British Trade International 21 Mio. Pfund über den Gesamtzeitraum. Auch innerhalb des FCO wurden die Ausgaben für die Außenkommunikation erhöht, von 14 % auf 19 % im Jahr 2001 und 20 % in 2002.Vgl.: Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2001, London 2002, S. 12; 60; Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2002, London 2003, S. 54. 843 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 1999, a.a.O., S. 39. 844 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2004, London 2005, S. 146. 841
4.3 Literatur- und Quellenstudie
253
Im Einzelnen sollte es dabei gehen um: „Effective advice on, support for, and delivery of Government objectives across the full range of the UK’s international interests through a viable and responsive network of diplomatic Posts. Increased influence overseas and improved perceptions of the UK and Government policies, as measured by opinion polls.“845
Die Imageverbesserung ist hier untrennbar mit den politischen Zielen des FCO und der anderen Ministerien verbunden und damit mit dem weitergehenden Ziel der Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Machtstellung, wie dies im nächsten Teil des Kapitels analysiert wird. Sie wird damit als Teilziel der gesamtpolitischen Strategie gesehen. Die deutsche Außenkommunikation ist beständiger aufgebaut als die britische. Hier lassen sich in den letzten zehn Jahren keine Strategie- und Zieländerungen beobachten, sondern vielmehr eine konstante Entwicklung hin zu der heute existierenden Strategie. Neben der Förderung des Interesses und Verständnisses für Deutschland beinhalten die Ziele die „Verdeutlichung unserer Bereitschaft zur globalen Mitverantwortung und – gestaltung, die Standortwerbung in der globalen Konkurrenzsituation und nicht zuletzt als exportorientiertes Land die Vermarktung unserer Produkte.“846
Das Element der Imageverbesserung zeigt sich hier eher implizit, wird jedoch in der Selbstdarstellung des Auswärtigen Amtes von 2004 deutlicher: „Natürlich entstand das Ziel, das Deutschlandbild im Ausland zu aktualisieren und aufzubessern, nicht aus der schlichten Sehnsucht nach mehr Sympathie. Vielmehr beeinflusst die Art und Weise, wie ein Land im Ausland wahrgenommen wird… viele Entscheidungen, die wiederum auf den Wohlstand seiner Bürgerinnen und Bürger enwirken… Genauso kann ein Land, dessen Engagement für Frieden und Demokratie in der Welt angerkannt wird… in internationalen Krisen eher als andere vermitteln und zur Lösungsfindung beitragen.“847
Die Imageverbesserung wird also auch hier, wie in Großbritannien, als Möglichkeit der Verbesserung der eigenen Machtstellung angesehen. Deutschland, so die Leitlinien, habe ein „existentielles Interesse an einer umfassenden und fundierten
845
Ebd. Deutscher Bundestag (Hg.): Bericht über den Stand der Entwicklung und Reformmaßnahmen bei der medialen Außenrepräsentanz, a.a.O., S.3. 847 Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004/2005, a.a.O., S. 193. 846
254
4 Strategische Außenkommunikation
medialen Außendarstellung“848, um den eigenen Einfluss zu stärken. Außenkommunikation schafft Soft Power und ist als solche zu einem wichtigen Bestandteil der Außenpolitik und ihrer Gesamtziele geworden. Sowohl die Nation Branding- als auch die Public Diplomacy-Literatur sehen die Imageverbesserung also als Ziel der Außenkommunikation an. Die Nation Branding-Forschung argumentiert dabei aus der Notwendigkeit der eigenen Imagegestaltung heraus: Nation Branding soll zur Auflösung der Inkongruenz zwischen Selbst- und Fremdbild betrieben werden, um die Hoheit über das Nationenbild zu erhalten. In der Public Diplomacy wird dagegen Nyes Soft Power-These in den Mittelpunkt gestellt. Erinnern wir uns: Die PR-Forschung definiert als Ziele der PR Glaubwürdigkeitsgewinn und dadurch Vertrauensbildung zur Legitimation durch Kommunikation. Nur durch Glaubwürdigkeitsgewinn kann Vertrauen gebildet werden und nur ein ausreichendes Vertrauen kann die Basis für einen Imagewinn legen.849 Das heißt für die Außenkommunikation: Nation Branding und Public Diplomacy wollen zunächst Win-Win-Situationen schaffen und darüber Vertrauen aufbauen. Dadurch soll ein positives Umfeld geschaffen werden, das die Imageverbesserung des Staats möglich macht. Erst die Verbindung dieser drei Bereiche schafft eine nachhaltige Imageverbesserung. Da Nation Branding und Public Diplomacy die Intention haben, Meinungen zu ändern, sind sie als persuasive Kommunikation zu definieren, wie die Strategische Außenkommunikation, deren Elemente sie sind. Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und Durchsetzung politischer Interessen Das Ziel der Verbesserung wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit wird besonders in der Nation Branding-Forschung herausgestellt, da diese die Welt als Marktplatz definiert, in dem die verschiedenen Staaten nicht nur als politische, sondern vor allem als wirtschaftliche Akteure agieren und deshalb ein besonderes Interesse daran haben, den eigenen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern auszubauen.850 Die Zielvorgabe der Wirtschaftsstärkung ist auch anhand von Anholts Hexagons darstellbar: Von seinen sechs Zielfeldern haben drei eine unmittelbare Auswirkung auf die Wirtschaftskraft des Landes. Im Sinne des Virtuous Circle dient ihr Rückkopplungswert durch (Sub-) Imageverbesserung
848 Deutscher Bundestag (Hg.): Bericht über den Stand der Entwicklung und Reformmaßnahmen bei der medialen Außenrepräsentanz, a.a.O., S.4. 849 Vgl. u.a.: Niklas Luhmann: Vertrauen, a.a.O.; Günter Bentele / Jörg Hoepfner: Markenführung und Public Relations, a.a.O., S. 1549-1550. 850 Vgl. u.a.: Peter van Ham: The Rise of the Brand State, a.a.O., S. 2-6.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
255
dem Ziel der Verbesserung der wirtschaftlichen und der politischen Lage des jeweiligen Staates.851 In der Literatur der Public Diplomacy schwingt der wirtschaftliche Aspekt eher implizit mit. Er ist Teil des Soft Power-Konzepts. Die Wirtschaft wird als vitale Ressource des Staates definiert, die weder Teil der Hard Power noch der Soft Power ist, sondern bei Nye und Mead „sticky power“852 genannt wird, weil sie in der Lage ist, die beiden Machtpole zu verbinden – eine Notwendigkeit für die gekonnte Ausübung von Machtinteressen. „Economic strength can be converted into hard or soft power“, schreibt Nye. „You can coerce countries with sanctions or woo them with wealth... economic power is sticky power; it seduces as much as it compels.“853 Damit hat die wirtschaftliche Stärke einen direkten Einfluss auf die politische Macht und Handlungsfähigkeit eines Landes. Nye zitiert indirekt den Country of Origin-Effekt, wenn er definiert, dass die Wirtschaft eines Staates nicht nur im Sinne der Sticky Power zu dessen Reichtum, sondern auch zu Ansehen und Attraktivität beiträgt.854 Denn hiermit wird dem Einfluss der Wirtschaft und der Produkte eines Landes auf sein Image Rechnung getragen. Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation durch Förderung des Nationenbildes würde die Ressource Wirtschaft stärken und damit die Sticky Power eines Staates erhöhen, was sowohl positive Folgen für seine Soft Power als auch für die Hard Power hätte. Die Stärkung der Ökonomie durch Strategische Außenkommunikation wird auch als Argument genutzt, um die lokale Wirtschaft über Public-Private-Partnership-Maßnahmen (PPP) in die Kommunikation einzubinden, um die Strategie im Sinne der Ganzheitlichkeit zu stärken und kohärenter zu machen, wie Rainisto anführt.855 Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die kontinuierliche Wirtschaftsförderung und Investorenwerbung. Melissen, Mistecki und Naray definieren diesen Themenbereich als Commercial Diplomacy, also die Aktivitäten von Außenministerien und Auslandsvertretungen zur Förderung der eigenen Wirtschaft. Dieser Bereich habe im Rahmen des Paradigmenwechsels der Diplomatie an Bedeutung gewonnen. Er würde heute stärker kooperativ und im öffentlichen Bereich als in bilateralen Verhandlungen ausgetragen werden, ähnele also in der Umsetzung der Public Diplomacy.856
851
Vgl.: Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding, a.a.O., S. 71. Vgl.: Joseph Nye: Soft Power, The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 31, 33; Walter Russell Mead: Discovering Sticky Power, Foreign Policy 141, März-April 2004, S. 46-53. 853 Joseph Nye: Think Again: Soft Power, a.a.O., S. 2. 854 Vgl.: Joseph Nye: Soft Power, The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 31. 855 Vgl.: Rainisto, Seppo: Success Factors of Place Marketing, a.a.O., S. 78. 856 Vgl.: Michel Kostecki / Oliver Naray: Commercial Diplomacy and International Business, Den Haag 2006. 852
256
4 Strategische Außenkommunikation
Die Wirtschaftsförderung ist auch in Großbritannien ein wichtiges Standbein der Außendarstellung: Zwischen 1999 und 2003 folgte die Politik hier dem Ziel „to enhance competitiveness of companies in the UK through overseas sales and investments; and a continuing high level of quality foreign direct investment.“857 Die entsprechenden Subziele lauteten dazu recht generisch: „to deliver measurable improvement in the business performance of Trade Partners UK customers and to maintain the UK as the prime location in the EU for foreign direct investment.“858 Es ging also hauptsächlich um eine Stabilisierung des wirtschaftlichen Status Quo. Zu besseren Koordination der Wirtschaftsförderung und zur Schaffung von Synergieeffekten wurden die betreffenden Abteilungen des FCO und des Department of Trade and Industry zusammengelegt zu British Trade International (BTI). BTI wiederum ist unterteilt in zwei operative Arme, Trade Partners UK und Invest UK. Trade Partners UK berät – aus London heraus sowie von 200 Auslandsvertretungen – britische Firmen darin, ihre Exporte zu verbessern und ins Ausland zu expandieren, wobei es seinen Schwerpunkt auf den britischen Mittelstand legt.859 Invest UK dagegen sieht sein Hauptziel darin „to attract, retain and add value to investment into the UK.“860 Hier geht es hauptsächlich um „marketing and promotion work, generating new inward opportunities and maintaining existing investments.“861 Vorrangiges Ziel ist es, Großbritanniens europäische Führungsrolle als Standort für ausländische Investitionen zu sichern und weiter auszubauen. In der außenpolitischen Strategie von 2008 wurde festgelegt, dass Großbritannien seine Rolle als „global hub“862 für innovative Technologien ausbauen soll. Dies führte zu einer Stärkung der Aufgaben von UK Trade and Investment innerhalb der Außenkommunikation. Seine Ziele liegen seitdem darin „to transform the way the UK economy is marketed internationally, improve the effectiveness of Government and business working in partnership and focus on the sectors and markets where it can add most value.“863
Darüber hinaus soll die Organisation auch das Gesamtbild des Wirtschaftsstandorts Großbritannien verbessern: „improve the UK’s reputation as the internatio857
Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2002, a.a.O., S. 54. 858 Ebd. 859 Ebd., S. 55-58. 860 Ebd., S. 58. 861 Ebd. 862 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2007, London 2008, www.fco.gov.uk, Download: 12.8.2008. 863 Ebd.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
257
nal business partner of choice.“864 Dazu gehört auch die Darstellung des Landes als Marke durch geeignete Maßnahmen des Nation Branding. Die Wirtschaftsförderung ist damit in der Ausrichtung werblicher orientiert, als die Außenkommunikation des FCO oder des British Council. Auch in Deutschland wird die Außenwirtschaftsförderung als „Kernaufgabe des Auswärtigen Dienstes“865 definiert. Ihr Ziel ist es, „der heimischen Wirtschaft den Zugang zu den Auslandsmärkten zu erleichtern und somit zur Steigerung der Wohlfahrt der eigenen Volkswirtschaft beizutragen.“866 Die Außenwirtschaftsförderung basiert in Deutschland auf einem Dreisäulenmodell aus den Auslandsvertretungen, den Außenhandelskammern (AHKs) und der Bundesagentur für Außenwirtschaft (BfAI). „Danach sind die Auslandsvertretungen für die Beratung des Bundes in außenwirtschaftlichen Fragen zuständig, die BfAI für die Unterrichtung der deutschen Wirtschaft unter dem Aspekt der Unternehemspraxis und die AHK für die meist individuelle Beratung von Unternehmen.“867
Da die Außenwirtschaftsförderung beim Bundeswirtschaftsministerium verortet ist und da außerdem diverse private Verbände eine eigene Außenwirtschaftsförderung betreiben, von der Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) bis zur Deutschen Tourismuszentrale, besteht die Gefahr mangelnder Abstimmungsprozesse bei zur großer Vielfalt der Institutionen und Maßnahmen. Dem wurde in den letzten Jahren teilweise Rechnung getragen durch die Schaffung von Germany Trade and Invest als zentraler Außenwirtschaftsagentur im Inland sowie durch eine stärkere organisatorische Verknüpfung der weiteren Akteure im Rahmen der Netzwerkbildung des Auswärtigen Amts. Hierzu gehört auch die Einordnung der Maßnahmen zur Standortwerbung unter die Dachmarke von Deutschland – Land der Ideen seit 2006. Nach der Fußball-Weltmeisterschaft lag der Großteil der dort umgesetzten Projekte im Bereich des Standortmarketing. Neben der bereits beschriebenen Plakatkampagne mit Claudia Schiffer und verschiedenen Direktmarketingaktionen mit ihrem Konterfei gehörten dazu die Präsenz auf dem Wirtschaftsforum in Davos 2007, die Deutschlanddarstellung auf der Hannovermesse 2007 oder die Einrichtung eines Medienzentrums auf dem G8-Gipfels in Heiligendamm unter dem Motto
864
Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2007, a.a.O. 865 Auswärtiges Amt (Hg.): In der Welt, a.a.O., S. 36. 866 Norbert Schultes: Deutsche Außenwirtschaftsförderung, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 333. 867 Ebd., S. 336.
258
4 Strategische Außenkommunikation
The Power of Ideas.868 Auch in Deutschland ist die Standortwerbung also deutlich werblich orientiert und dient, wie die Außenwirtschaftsförderung im Allgemeinen, der Förderung der wirtschaftlichen Stärke des Landes als Sticky Power. Die Zielfunktion der Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit wird stärker von der Nation Branding-Forschung als von der Public Diplomacy vorgegeben. In einer Welt, die im Zuge der Globalisierung zunehmend als Marktplatz gesehen wird, ist sie als Rückwirkung der positiven Imageentwicklung eines Staates auf seine wirtschaftlichen Zielfelder definiert. Wie alle Aspekte der Außenpolitik und der Selbstdarstellung eines Landes verfolgen Nation Branding und Public Diplomacy die Zielfunktion der Verbesserung der internationalen Stellung des Staates. Damit stehen sie in ihrer Zielsetzung in der Tradition der Diplomatie, deren Ziel es ist: „[to advance] national interests through the sustained exchange of information among governments, nations and other groups. Its purpose is to change attitudes and behavior as a way of reaching agreements and solving problems.“869
Aber auch die PR verfolgt das Ziel des Machtausbaus einer Organisation: Sie ist definiert als „Unternehmensinstrument zur langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolges“870, erfüllt also mit den gleichen Mitteln denselben Zweck wie die Außenkommunikation. In Nation Branding und Public Diplomacy wird deutlich, dass Außenpolitik immer mit Interessenpolitik gleichzusetzen ist und deshalb auch alle ihre Teilbereiche, inklusive der Außenkommunikation, auf dieses Ziel ausgerichtet sein müssen.871 So beschreibt Papadopoulos die Zielfunktion des Nation Branding als „generally position the place for advantage domestically and internationally in economic, political and social terms“872 und auch Birgit Stöber sieht Nation Branding als komplexen politischen Prozess mit dem Zweck der Interessenstärkung873. Übereinstimmung herrscht mit anderen Worten darin, dass das aktive Imagemanagement von Staaten dem Zweck der Sicherung des eigenen Einflusses im internationalen System dienen soll und dessen gesamtpolitische Bestrebungen durch Instrumente des Marketing und der PR, bzw. durch Nation Branding unterstützt. 868
Vgl.: Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2007, Berlin 2007, S. 31-32, 48-49. Vgl.: Gordon S. Smith: Reinventing Diplomacy, a.a.O., S. 1. 870 Iris Guery: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations, a.a.O., S. 60. 871 Vgl.: Max Fuchs: Deutschlands Bild in der Welt, in: Politik und Kultur, Juli-August/2006, S. 1011. 872 Nicolas Papadopoulos: Place Branding, a.a.O., S. 36. 873 Birgit Stöber: Von „brandneuen“ Städten und Regionen, a.a.O., S. 240. 869
4.3 Literatur- und Quellenstudie
259
Die Literatur der Public Diplomacy definiert die Zielfunktion der Machtverbesserung über die These der Public Diplomacy als Umsetzung von Soft Power. Melissen formuliert entsprechend das Ziel der Public Diplomacy als „serving strategic foreign policy goals“874. Paul Sharps Definition ist am klarsten: Er beschreibt die Zielfunktion aus Sicht des durchführenden Staates als „[to] advance the interests and extend the values of those being represented“875 und benennt damit nicht nur die Interessenpolitik, sondern auch das Legitimationsproblem vor der eigenen Bevölkerung, der jede Politik letztlich zu dienen habe. Ähnlich deutlich ist die frühere Under-Secretary for Public Diplomacy im State Department, Charlotte Beers, die durch Public Diplomacy den Hegemonieanspruch der USA begründet und sie entsprechend als Mittel ansieht „to provide a basis for U.S. leadership in the world“.876 Tuch dagegen verbleibt in seiner Zieldefinition im Ungefähren des Verständnisaufbaus „to bring about understanding for its nation’s ideas and ideals... national goals and policies.“877 An anderer Stelle macht er allerdings deutlich, dass auch die Unterstützung der Sicherheitspolitik eine wichtige Zielfunktion der Public Diplomacy darstelle: „Supporting our national security objectives is indeed one element of U.S. public diplomacy and an important one at that.“878 Van Ham begründet die Zielsetzung der Public Diplomacy mit der These des Verlusts des Informationsmonopols von Staaten. Durch Public Diplomacy solle die verlorengegangene Legitimation wieder hergestellt werden.879 Ihre Zielfunktionen machen Nation Branding und Public Diplomacy zu machtpolitischen Aktivitäten im Rahmen der Interessenpolitik. Dies macht deutlich, dass die Politik das steuernde Moment in der Außenkommunikation ist und bleiben wird, auch wenn sie diverse nicht-staatliche Akteure im eigenen Land sowie in den Zielländern einbindet. Auch hier zeigt sich der Paradigmenwechsel in der Diplomatie: Während die traditionelle Diplomatie dialektisch orientiert war, also auf der Annahme von Gegenspielern im internationalen Feld beruhte, wird in der aktuellen Forschung die Welt als integrierender Marktplatz gesehen, auf dem für viele verschiedene politische Konzepte Platz ist und der von der Kommunikationsfähigkeit der Länder dominiert wird. Die Zielfunktionen belegen die Hypothesen zur Strategischen Außenkommunikation als machtpolitische Aktivität: Die Anerkennung der Bedeutung der Soft Power in den internationalen Beziehungen beinhaltet eine Anerkennung des 874
Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 9. Paul Sharp: Revolutionary States, a.a.O., S. 106. 876 Charlotte Beers, zitiert in: Wolfgang Gerz: Public Diplomacy. Ein neues Konzept im Kampf gegen den Terrorismus?, in: Verwaltung und Fortbildung, 31, 1/2003, S. 56. 877 Hans Tuch: Communicating with the World, a.a.O., S. 3. 878 Ebd., S. 7. 879 Peter van Ham: Power, Public Diplomacy, and the Pax Americana, a.a.O., S. 57. 875
260
4 Strategische Außenkommunikation
Medieneinflusses auf außenpolitische Prozesse, denen durch Nation Branding und Public Diplomacy, bzw. durch Strategische Außenkommunikation, entsprochen werden soll. Somit ist diese auch als Legitimation von mediatisierter Außenpolitik zu deuten, indem mittels positiver Imagekonstruktionen ein Höchstmaß an Kontrolle über die Darstellung des eigenen Landes in den relevanten Öffentlichkeiten sowie den Medien erzielt werden soll. Auf der Makroebene sind Nation Branding und Public Diplomacy, ist Strategische Außenkommunikation, also ein Instrument zur Erlangung und Ausdehnung von Soft Power mit dem ultimativen Ziel der Ausweitung des staatlichen Machtspielraums in den internationalen Beziehungen. 4.3.3.3 Analyse In der Analysephase geht es darum, anhand einer ausführlichen Situationsanalyse das Selbst- und Fremdbild zu erfassen sowie die Umweltbeziehung, d.h. die Beziehungen zu den verschiedenen Stakeholdern, zu klären. In dieser Phase soll zunächst das Ist-Bild so genau wie möglich festgehalten werden, um darauf aufbauend ein Soll-Bild zu entwerfen, das sich an den Möglichkeiten der aktuellen Images orientiert. Die drei Erfolgskriterien Problemerkennung durch VorabEvaluation, Identitätsbestimmung und Zielgruppenbestimmung gehören in diese Phase und werden in den folgenden Kapiteln untersucht. Problemerkennung durch Vorab-Evaluation Bevor die Erstellung einer Kommunikationsstrategie beginnen kann, muss der Ist-Zustand evaluiert werden. Dies beinhaltet eine objektive und kritische Einschätzung des Selbstbildes und des Fremdbildes. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Positionsbestimmung des eigenen Staates auf der weltweiten Landkarte. Sie verdeutlicht die verschiedenen Nationenbilder in den Zielländern und die Abweichungen zwischen den Ländern sowie zwischen den Zielgruppen – eine wichtige Grundlage für die weitere Arbeit an der Strategie der Außenkommunikation, deren Ziel in diesem Sinne die Auflösung der Inkongruenz zwischen Selbst- und Fremdbild ist. Melissen spricht von der Notwendigkeit eines „clear insight into local ideas“880, die benötigt werde, um eine effektive Strategie aufsetzen zu können. Außerdem verschafft die Vorab-Evaluation einen Überblick über die Medienwahrnehmung des eigenen Landes und informiert über die Methoden und Ziele der Außenkommunikation anderer Länder. Damit stellt sie eine Form der Wett880
Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Manual, a.a.O., S. 7.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
261
bewerbsbeobachtung dar. Sie dient so der Bestimmung der eigenen Stärken und Schwächen, sowohl im Bereich der harten Standortfaktoren, als auch der weichen Standortfaktoren, wie Kotler definiert: „[Pre-evaluation determines] the strengths and weaknesses of the country to compete with others, such as the size of domestic market, access to regional trade areas, education of the population, tax incentives, skilled labour, cost of labour, security... It also entails monitoring the external environment, gaining a dynamic understanding of opportunities and threats, as well as the competitive forces in the environment.“881
Die Vorab-Evaluation ist dabei nicht nur für staatliche Stellen wichtig, sondern für alle Akteure der Außenkommunikation, wie Fan erklärt.882 Sie soll möglichst weite Teile der eigenen Bevölkerung sowie der Gesellschaften wichtiger anderer Länder, mit denen der Staat in ständigem wirtschaftlichen, politischen oder kulturellen Kontakt steht, durch Umfragen o.ä. einbeziehen. Für die Nation Branding-Forschung ist die Wettbewerbsanalyse als Teilelement der Vorab-Evaluierung von zunehmender Bedeutung, je mehr Staaten ihre Außenkommunikation strategisch ausrichten. Nur so könne herausgefunden werden, mit welchen Mitteln die avisierte Zielgruppe angesprochen werden und wie deren Aufmerksamkeitspotential optimal ausgeschöpft werden kann. Eine genaue Kenntnis über die Stärken und Schwächen der Wettbewerber helfe sicherzustellen, dass die eigene Positionierung wirklich zu einem Wettbewerbsvorteil verhilft und nicht die gleiche ist wie die des Nachbarstaates.883 Hier wird die exkludierende Sichtweise des internationalen Wettbewerbs aus der Sicht der Nation Branding-Forschung deutlich. Wie im Marktwettbewerb geht sie davon aus, dass die einzelnen Staaten in unmittelbarem Verdrängungswettbewerb miteinander stehen, weil die Aufmerksamkeitspotentiale der Zielgruppen begrenzt sind. Der staatliche Wettbewerb funktioniert jedoch nicht so, er ist inkludierend, denn durch ihre Historie und ihre traditionell überlieferten Identitäten haben alle Staaten eine inhärente Eigenständigkeit, bzw. in der Nation Branding und Markensprache formuliert, ein Alleinstellungsmerkmal. Identitäten und Images sind hier nicht einander ausschließend, sondern vielschichtig.884 Die Public Diplomacy geht deutlich vorsichtiger mit dem Begriff des Wettbewerbers um, da sie die nationale Selbstdarstellung im Kontext der internationalen Beziehungen verortet. Trotzdem wird auch hier anerkannt, dass Staaten weltweit stärker denn je im Wettbewerb miteinander stehen: 881
Philip Kotler / David Gerner: Country as Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 254. Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 11. 883 Vgl. u.a.: Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 19-21. 884 Vgl. Ebd., S. 81. 882
262
4 Strategische Außenkommunikation
„In a global media and information society, in which billions of people world-wide witness events in real time via the electronic media, states are competing more than ever for markets, investment, tourists, value systems, and political influence.“885
Die Forschung sieht die besten Formen der Vorab-Evaluation in klassischen Elementen sozialwissenschaftlicher quantitativer Untersuchungen wie Umfragen und Medienanalysen sowie in qualitativen Methoden der Wirtschaftswissenschaften wie der Strength-Weakness-Opportunities-Threats-Analyse (SWOT)886 oder dem Benchmarking zur Wettbewerbsbestimmung innerhalb von Ländern mit ähnlichen politischen und wirtschaftlichen Standards und Interessen. Kotler et al. führen außerdem die Methode des semantischen Differenzials an. Es misst anhand von durch Marktforschung ermittelten Imagedimensionen die aussagekräftigsten Images eines Ortes, die dann weiter verdichtet werden, um die bestimmensten Images zu ermitteln und diese im Markenaufbau positiv aufzufangen.887 All diese Analysen bieten zwar eine gute Grundlage für die weitere kommunikative Arbeit, sie arbeiten jedoch mit Näherungswerten. Außerdem werden sie, sobald sie in einem größeren internationalen Raum durchgeführt werden, schnell sehr teuer. Häufig bleibt es deshalb in der Praxis bei der Auswertung bestehender Meinungsumfragen zum Image des eigenen Landes und bei der Bezugnahme auf die Berichterstattung der Auslandsvertretungen vor Ort, eventuell unterfüttert mit einigen qualitativen Interviews von Meinungsführern in den wichtigsten Zielländern. Die Fallstudien zu Großbritannien und Deutschland zeigen die Notwendigkeit wie die Schwierigkeiten von Vorab-Evaluationen: Großbritannien nimmt das Thema Kontrollmessung sehr ernst, sowohl was die Vorab-Evaluationen angeht, als auch die Prozessevaluationen. Die beiden größten Gesamtevaluierungen der britischen Außenkommunikation waren die Wilton Review und die Public Diplomacy Review von Lord Carter of Coles. Beide untermauerten die Notwendigkeit von kontinuierlichen Kontrollmaßnahmen. Allerdings wird auch festgestellt, dass es keine Einheitlichkeit in den Evaluierungsmethoden gibt, weshalb zwar die einzelnen Institutionen feststellen würden, ob sie ihre eigenen
885
Rainer Schlageter, German Public Diplomacy, a.a.O., S. 18. Die SWOT-Analyse kommt aus dem Unternehmensmanagement und hinterfragt Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken einer Unternehmung. Vgl.: Christian Homburg: Quantitative Betriebswirtschaftslehre, Entscheidungsunterstützung durch Modelle, Wiesbaden 19982. Die Nutzung der SWOT-Analyse für das Nation Branding fordert unter anderem Philip Kotler und David Gertler. Philip Kotler / David Gertler: Country as Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 259. 887 Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 236-237. 886
4.3 Literatur- und Quellenstudie
263
Ziele einhalten würden, die Ziele der Gesamtkommunikation jedoch nicht abgefragt würden: „There is no standartised system for monitoring and evaluating the success of public diplomacy as a whole, which makes it difficult to determine whether collective efforts are delivering value for money, or whether overarching public diplomacy objectives have been met.“888
Während das FCO auf Projektberichte vertraut und sich mit den jährlichen Departmental Reports und Annual Reports der Kontrolle des Foreign Affairs Committee und des Parlaments stellt889, hat das British Council ein Scorecard System etabliert und VisitBritain ein Corporate Dashboard.890 Meinungsumfragen zum Nationenbild Großbritanniens fehlen jedoch in diesen Evaluierungsmethoden. Sie wurden 1999 erstmals von staatlicher Seite vorgenommen, nach 2001 jedoch nicht weitergeführt. Allerdings haben private Institutionen regelmäßig das Bild Großbritanniens in der Welt abgefragt. Diese legen eine positive Wandlung des Nationenbilds in den letzten zehn Jahren nah, insbesondere in Bezug auf die Modernität des Landes. Besonders in Europa sind die Veränderungen in der britischen Gesellschaft angekommen. Auch die Bewertung der britischen Wirtschaft ist heute deutlich positiver als Ende der 1990er Jahre.891 Die Bedeutung der Vorab-Evaluation für die deutsche Außenkommunikation lässt sich aus der dargestellten Strategie ablesen. In den Leitlinien wird auf die Notwendigkeit dezidierter Informationen über das Ist-Bild hingewiesen: „Eine wirkungsvolle nutzerorientierte Vermittlung von Informationen über Deutschland setzt voraus, dass der konkrete Informationsbedarf der Adressaten im Ausland 888
Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 55. Eine Effektivitätsanalyse des FCO und seiner Arbeitsweise insgesamt brachte im Jahr 2005 verheerende Ergebnisse: Demnach arbeite das FCO sehr ineffektiv, altmodisch und wenig teamorientiert. Entsprechend gäbe es größere Einsparpotentiale im Ministerium, die jedoch nicht umgesetzt werden könnten, solange der allgemeine Geist des Hauses so bliebe wie zum Zeitpunkt der Evaluation. Vgl.: Collinson Grant Ltd.: Efficiency, Effectiveness and the Control of Costs in the Foreign and Commonwealth Office, Phase 2: Analysis and the development of Opportunities for Chance, Report, London 14.1.2005. 890 Ebd. 891 Vgl. u.a.: Mark Leonard: BritainTM, a.a.O., S. 9-17; Eugene Jaffe / Israel Nebenzahl: National Image and Competitive Advantage, a.a.O., S. 145; vgl. auch: Anneke Elwes: Nations for Sale, BMP DDB Survey, London 1994; Ewan MacAskill: World’s Youth Sees Britons as Racist Drunks, in: The Guardian, 10.11.2000, www.guardian.co.uk, Download: 9.8.2008; British Council (Hg.): Through Other Eyes – How the World Sees the United Kingdom, London 1999; Gallup International (Hg.): Seven in Ten Britons have Positive Image of the UK, but Views are Divided on Other G7 Member Countries, Pressemitteilung zur Umfrage Voice of the People, London 4.2.2005; BBC World Service / PIPA / Globescan (Hg.): Global Views of USA Improve, a.a.O.; IMD World Competitiveness Yearbook 2007, Lausanne 2007. 889
264
4 Strategische Außenkommunikation von Auslandsvertretungen, Mittlerorganisationen und Auslandshandelskammern kontinuierlich ermittelt und bei der Erarbeitung von Informationsangeboten… vorrangig berücksichtigt wird.“892
Durch Länderberichte, Medienberichte und Presseclippings der Auslandsvertretungen wie der Mittleragenturen wird die Perzeption der Meinungsführer und Journalisten der Zielländer abgefragt, Meinungsumfragen stützen die hier erlangten Erkenntnisse. So lassen das Bundespresseamt und das Auswärtige Amt regelmäßig sogenannte Länder-Studien durchführen, in denen das Bild Deutschlands in unterschiedlich zusammengesetzten Staaten abgefragt wird. Zusätzlich geben die Auslandsvertretungen bei Bedarf eigene Studien in Auftrag, um die Meinungen zu bestimmten Themen abzufragen. Dieses Verständnis für die Notwendigkeit von Vorab-Evaluationen zur Bestimmung des Ist-Bildes ist jedoch erst in den letzten Jahren erwachsen. Davor gab es nur unregelmäßige Abfragen der Deutschlandbilder in den Zielländern, hauptsächlich stützte man sich auf die Informationen der Auslandsvertretungen. Die Meinungsumfragen zeigten eine positive Entwicklung des Deutschlandbilds inklusive der wirtschaftlichen Entwicklung zu einem hochattraktiven europäischen Standort.893 Ziel der Evaluierung ist es also, Klarheit über das Fremd- und Selbstbild und eine realistische Einschätzung der Stärken und Schwächen des Standortes zu erlangen. Die Evaluierung ist der erste Schritt, um die Lücke zwischen Fremdbild und Selbstkonzept zu bestimmen und zu überbrücken. Identitätsbestimmung Strategische Außenkommunikation fungiert an der Schnittstelle zwischen Image und Identität und schafft eigene, für die relevanten Öffentlichkeiten möglichst glaubwürdige, Wirklichkeiten. Dieses Kapitel erläutert, was das bedeutet und wie diese These durch die Nation Branding- und Public Diplomacy-Theorie gedeckt ist. Für die Nation Branding-Forschung ist die Herausstellung der eigenen Identität in Anlehnung an die Argumentation der identitätsgeleiteten Markenführung von besonderer Bedeutung: Hier wie dort wird das (Corporate) Identity-Management als umfassendes strategisches Orientierungskonzept mit den drei Kernstu892 Deutscher Bundestag (Hg.): Bericht über den Stand der Entwicklung und Reformmaßnahmen bei der medialen Außenrepräsentanz, a.a.O., S. 4. 893 Vgl.: The German Information Center: The Image of Germany in the U.S. – 2003 Update, New York 2003; Auswärtiges Amt: Das Deutschlandbild im Ausland, Abschussberiche zur Auswertung einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung in 34 Ländern im November 2005, Berlin 2006; Auswärtiges Amt: Das Deutschlandbild im Ausland 2006: Ergebnisse einer Befragung in 35 Ländern im November 2005 und November 2006, Berlin 2007; Ernst & Young: Kennzeichen D: Standortanalyse 2006, Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort, Essen 2006.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
265
fen Identitätsfindung und –bestimmung, Identitätsgestaltung und Identitätsvermittlung aufgefasst. Wichtige Dimensionen bilden dabei die Singularität, die Kontinuität sowie die Konsistenz des Erscheinungsbildes nach außen und nach innen.894 Für das Nation Branding ist es wichtig, dass die Identität inkludierend genug ist, um große ausländische Öffentlichkeiten anzusprechen und ihnen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu vermitteln: „[Nation Branding] includes the creation of an identity with its own experimental value, which is profoundly original and uncopyable.“895 Besondere Bedeutung für die Bildung kommunikativer Identität hat die Verankerung in der Kultur und im bestehenden Selbstbild einer Gesellschaft. Nur dann wirkt die Identität auch nach innen identitätsfördernd und damit mobilisierend.896 Als „Extrakt des Existierenden“897 strukturiert und verdichtet die Identität bestehende Attribute auf zentrale Aussagen, wie Werner argumentiert. Trifft dies nicht zu, so ist die Identität aufgesetzt und sowohl nach innen als auch nach außen unglaubwürdig. Tatsächlich haben diejenigen Länder die erfolgreichsten Prozesse von Imageverbesserung durchgemacht, die de facto große Veränderungen durchlaufen und eine neue Identität geschaffen haben, die dann entsprechend nach außen kommuniziert wurde.898 Die Forschung legt Wert darauf, Nation Branding als strategische Kommunikation zwischen Identiätsformung und -darstellung zu definieren. Sie soll eben nicht nur das Existierende darstellen, sondern besonders die positiven und modernen Anteile der Identität „in der Diskrepanz zwischen Selbstbild und Selbstkonzept“899 herausfiltern. Insofern existiert Nation Branding an der Schnittstelle zwischen „Image und Identität“900, genauso wie dies schon für Public Diplomacy nachgewiesen wurde. Damit ist festzuhalten, dass die strategische Außenkommunikation insgesamt an der Schnittstelle zwischen Image und Identität angesiedelt ist. 894
Vgl.: Klaus-Peter Wiedmann: Markenführung und Coporate Identity, a.a.O., S. 1415-1420; Reinhold Bergler: Identität und Image, a.a.O., S. 322. 895 Berci Florian: The City as a Brand: Orchestrating a Unique Experience, in: Urban Affairs (Hg.): City Branding: Image Building and Building Images, Rotterdam 2002, S. 24 896 Vgl. Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding, a.a.O., S. 66-69. 897 Henry Werner: Spotlight Nation Branding, in: media.net berlinbrandenburg, www.medianetbb.de/Spotlights.798.0.html, erstellt am 22.2.2007, Download: 21.4.2007, S. 3. 898 In der Literatur wird immer wieder Spanien als Beispiel dafür genannt: Nach dem Ende des Franco-Regimes hat sich das Land von innen her neu erfunden, und dies über Großereignisse wie die Olympischen Spiele in Barcelona und die Expo in Sevilla, über neue spanische Kultur abseits von Flamenco, sowie über Ikon-Architektur wie dem Guggenheim-Museum in Bilbao in der Welt kommuniziert.Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 18; Fiona Gilmore: A Country – Can It be Repositioned?, a.a.O., S. 281-285. 899 Henry Werner: Spotlight Nation Branding, a.a.O., S. 5. Vgl. auch: Meike Eitel / Marie Spiekermann: Nation Branding, a.a.O. 900 Hans Winkler: Internationale Resonanzen – Der Beitrag der Kultur zur Public Diplomacy, Vortrag auf der Österreichischen Auslandskulturtagung 2006, Wien, S. 6.
266
4 Strategische Außenkommunikation
Die Public Diplomacy-Forschung weist besonders auf die Bedeutung von „ideas and values“901 für die Kommunikation hin. Diese Werte der Gesellschaft sind nicht nur Teil der Identität, sondern machen einen Grundbestandteil der neuen Public Diplomacy aus.902 Leonard formuliert: „There are ways of projecting an image which either changes or reinforces the way people think through the provision of information – but we must constantly examine the forms and content of our different types of communication if we are going to capture people’s imagination.“903
Er will also das durch Identität projizierte Image zur emotionalen Persuasion nutzen. Joseph Nye sieht die Staaten heute in einer Welt, in der es darum geht, „whose stories win“904 und darum, wie gut die eigene Politik verkauft werden kann. Die Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland zeigen, wie diese Gewinnergeschichten – wie Nye sie nennt – in der Praxis aussehen können. Inzwischen wohlbekannt ist das Beispiel von Cool Britannia905, einer Initiative zur Identitätsstärkung Großbritanniens, um das innere und äußere Image des Landes zu modernisieren. Interessant ist Cool Britannia deshalb, weil es sich um ein Agenda Setting der Medien handelte, das von Tony Blair und New Labour nach ihrem Wahlsieg 1997 willig aufgegriffen wurde, um ein entsprechendes Framing zu generieren, dass die Modernität des Vereinten Königreichs herausstellte:
901
Shaun Riordan: Dialogue-based Public Diplomacy, a.a.O., S. 188. Vgl.: Ebd., S. 188-189. 903 Ebd., S. 51. 904 Joseph Nye: Soft Power and the War on Terror, Rede vor der Foreign Policy Association,, 10.5.2004, S. 8. 905 Der Begriff Cool Britannia stammt aus dem Popsong Gorilla, den die britischen Gruppe Bonzo Dog Doo-Dah Band in den 1960er Jahren komponierte. Im Jahr 1996 wurde er von der EiscremeMarke Ben&Jerrys übernommen, die eine neue Eiscremesorte so benannten. Danach griffen internationale Medien den Begriff auf, um die aktuellen Entwicklungen im Popkultur- und Lifestyle-Sektor in Großbritannien, vornehmlich aber in London zu beschreiben: Unter anderem nannte TIME Magazine London die „coolest city in the world“, Newsweek schrieb „Why London Rules“, Vanity Fair titelte mit den Popstars Liam Gallagher und Patsy Kensit im Bett mit Union Jack-Bettwäsche und dem Aufmacher „Why London Swings again“ und die Vogue machte noch im Jahr 2000 mit Models im Union Jack auf. Vgl.: Susanne Reichl: ‚Cool Britannia?’, a.a.O., S. 37-38; Eugene McLaughlin: Re-branding Britain, in: BBC/OU open2.net, 2002, www.open2net./society/socialchange/, Download: 20.11.2007; Stuart Jeffries: So How Did he Do?, in: The Guardian, 2.5.2007, http://arts.guardian.co.uk, Download: 12.11.2007. 902
4.3 Literatur- und Quellenstudie
267
„If ever there was a media-created straw man, Cool Britannia is it. Spun into existence by journalists, caricatured by commentators, it has been used by people from all walks of life united only by their common thirst for publicity.“906
Im Verständnis von New Labour wurde es genutzt, um das Land als kreative Nation zu porträtieren und damit sowohl seine Modernität zu vermitteln, als auch einen Aufhänger für die neuen Werte zu finden, die die Gesellschaft zusammenhalten sollten.907 In diesem Sinne ist auch die Einladung des Sängers Noel Gallagher zu einem Empfang in Downing Street 10 im Sommer 1997 zu verstehen, gemeinsam mit weiteren Stars aus Sport und Musik. Es war der Versuch der neuen Regierung, das andere Großbritannien in den Fokus zu stellen und sich damit nicht nur von der Vorgängerregierung abzugrenzen, sondern auch die eigenen Vorstellungen des New Britain mediengerecht zu vermitteln. Für die Außenkommunikation greifbar wurde die Ausrichtung auf ein kreatives und modernes Großbritannien durch eine Analyse des Think Tanks Demos mit dem Titel BritainTM: Renewing our Identity, in dem der damalige Direktor und Politikberater Mark Leonard dafür eintrat, das Land international kohärent zu präsentieren und damit New Britain auch in den Köpfen und Herzen des Auslands zu festigen. Um dies zu erreichen, forderte er ganz im Sinne New Labours, die Schaffung einer neuen inkludierenden und modernen Identität, die dann nach außen projiziert werden solle. Dazu entwarf Leonard sechs Stories, die die neue Geschichte des Landes erzählen sollten: „The key priority is to define a shared ethos, and shared stories, to reflect the best of what Britain has become in the late 1990s. I suggest that some of these stories might be: emphasising Britain’s place as a hub, an importer and exporter of ideas, goods and services, people and cultures; Britain’s history as a hybrid nation; our traditions of creativity and non-conformism; our role as a silent revolutionary creating new models of organisation; our readiness to do business; and the ethos of fair play and voluntary commitment. These stories should be our trademarks. Together they add up to a new vision of Britain as a global island, uniquely well placed to thrive in the more interconnected world of the next century.“908
Leonard geht also über die Idee von Cool Britannia hinaus und versucht, ein ganzheitliches Bild des neuen Großbritannien zu zeichnen. Ausdrücklich sollte dies additiv zu den traditionellen Images des Inselstaates geschehen: „The renewal of identity does not imply casting off what has gone before. Our chal906
Mark Leonard: Cool Britannia, in: The New Statesman, 3.7.1998, www.markleonard.net /journalistm/coolbritannia, Download: 19.11.2007, S. 1. 907 Susanne Reichl: ‚Cool Britannia?’, a.a.O., S. 38. 908 Ebd., S. 3.
268
4 Strategische Außenkommunikation
lenge is to find a better fit between our heritage and what we are becoming.“909 Die Publikation schlug hohe Wellen in Regierung und Medien. Leonard traf den Nerv der Zeit. Die Regierung griff die Ideen auf und sandte die Publikation an alle Auslandsvertretungen. Sie berief das sogenannte Panel 2000 ein, das Instrumente erarbeiten sollte, mit denen sichergestellt werden konnte, dass die Geschichten, die über das Vereinigte Königreich verbreitet wurden, die eines modernen Landes waren.910 Zu dessen erstem Treffen im Jahr 1998 hob Robin Cook hervor: „We have heard a lot about the rebranding of Britain. This is not an exercise in rebranding, or in creating an image. It is about projecting our identity, the reality in Britain today.“911 Hier wird Außenkommunikation also ganz klar als Identitätsprojektion definiert. Doch der Hype währte nicht lange. Immer stärker wurde Cool Britannia von Medien, Politik und Künstlern im Inland kritisiert. Das Problem war die einseitige Betonung der Kreativwirtschaft. Ihre Exklusivität führte dazu, dass viele sich ausgeschlossen fühlten und die Initiative als Versuch einer Zentralisierung ansahen: Die Kreativindustrie war hauptsächlich in London und dem Südosten des Landes angesiedelt, in Schottland und Wales konnte man sich kaum damit identifizieren: „‚Creative Britain’ was... associated... with the rich, selfregarding southern elite whom they blamed for their troubles.“912 Ebenso ausgeschlossen fühlten sich diejenigen Gruppen, die weder in der Kreativwirtschaft arbeiteten, noch von ihr partizipierten, weil kulturelle Produkte nicht Teil ihres Lebens waren. New Labours Versuch der Kreation einer neuen Identität nach innen wie nach außen war nur ein kurzes Glück beschert, weil sie nicht ganzheitlich angelegt war, weil der Realitätsausschnitt, der hier gezeigt wurde, zu klein und oberflächlich war und weil es nicht gelang, eine kritische Masse für dieses neue Identitätskonzept zu gewinnen. Tony Blair haftete Cool Britannia bis zum Ende seiner Amtszeit an, obwohl die Themen der Außenkommunikation, wie beschrieben, ab 2003 drastisch geändert wurden. In der deutschen Außenkommunikation der letzten Jahre die Fußball-WM den stärksten Effekt auf Identitätsbildung und -projektion. Der deutsche Fußball ist weltweit ein Begriff und stellt einen wichtigen Teil des Deutschlandbildes dar, denn „was für Mercedes und den deutschen Fußball gilt, gilt mutatis mutandis für Deutschland und die Deutschen als Ganzes: Wir gelten als zuverlässig, ausdauernd, diszipliniert und ordentlich“913, wie das Auswärtige Amt schrieb. Selbst- und Fremdbild fallen hier zusammen, deutsche Trainer und Fuß909
Ebd., S. 5. Ebd., S. 30. Robin Cook, zitiert in: Roland Sturm: New Labour – New Britain?, a.a.O., S. 275. 912 Richard Weight: Patriots, a.a.O., S. 692. 913 Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004/2005, a.a.O., S. 203. 910 911
4.3 Literatur- und Quellenstudie
269
baller sind weltweit bekannt, von Franz Beckenbauer über Jürgen Klinsmann bis zu Lothar Matthäus. In den entlegensten Gebieten wird auf sie angesprochen, wer berichtet, Deutscher zu sein. Diese Prädisposition sollte durch die WM genutzt werden, um aufbauend auf diesem bekannten Teilimage die Perzeption über Deutschland zu erweitern. Die Chance der WM sollte unbedingt genutzt werden, denn dem Land werde, so wurde es in den Ministerien gesehen, „eine vergleichbare PR-Chance so schnell nicht wieder geboten.“914 Wie geschildert, ist das Konzept aufgegangen und die WM wurde nicht nur von FIFA-Präsident Joseph Blatter als „beste aller Zeiten“915 bewertet, sondern erweiterte das Fremdbild um Komponenten wie Gastfreundlichkeit, Humor und Leichtigkeit. Sie hatte ebenso positive Auswirkungen auf das Selbstbild der Deutschen. Identitätsbildung und -projektion bilden auch das Zentrum der Strategie der Initiative Deutschland – Land der Ideen. Dies zeigt sich bereits am Slogan, der der Antrittsrede Horst Köhlers entnommen ist („Deutschland, ein Land der Ideen: Das ist nach meiner Vorstellung Neugier und Experimentieren…“916 Horst Köhler war auch Schirmherr der Initiative) und auch von Angela Merkel in der Weihnachtsansprache 2005 übernommen wurde: „Die Zukunft unseres Landes hängt auch davon ab, dass es ein Land der Ideen, ein Land der Bildung und Forschung ist.“917 Der Slogan soll also als Feststellung verstanden werden, nicht als Wunsch oder Appell. In der Strategie der Initiative stellt Land der Ideen den Markenkern dar, die verschiedenen Kampagnenprojekte sind ihr Beweis. Im einzelnen zeigt sich dies folgendermaßen:
914
Ebd., S. 204. Bundesministerium des Inneren (Hg.): Die Welt war zu Gast bei Freunden, a.a.O., S. 1. 916 Horst Köhler: Deutschland – ein Land der Ideen, in: Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2007, a.a.O., S. 5. 917 Angela Merkel: Deutschland – ein Land der Bildung und Forschung, in: Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2006, a.a.O., S. 6. 915
270
4 Strategische Außenkommunikation
Abbildung 15: Strategieaufbau Deutschland – Land der Ideen918 Demnach soll die Innovationsfähigkeit Deutschlands im Zentrum der Kommunikation der Initiative stehen. Die kommunikativen Grundlagen bilden einerseits Perzeption des Landes als technologisch-wirtschaftlich, abgebildet durch Made in Germany, andererseits als künstlerisch-kulturell, abgebildet durch das Schlagwort des Landes der Dichter und Denker. Getragen wird dieser Ansatz ganzheitlich, also durch die Bereiche Gesellschaft, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft – im Vergleich zu Anholts Ganzheitlichkeitsansatz ist hier der politische Teil ausgegrenzt, da die politische Kommunikation in der Initiative ausgeklammert werden soll. Diverse Ausschnitte aus der Realität des Landes und unterschiedliche kommunikative Botschafter, von Vorreitern der Kunst über Sportler, Wissenschaftler und den großen deutschen Marken, sollen als Beweise für die für Behauptung des Markenkerns eingesetzt werden. Die Identität des Landes soll durch diese Strategie gefiltert und ganzheitlich dargestellt werden. Das Potential der Initiative Deutschland – Land der Ideen für die Außenkommunikation ist durch ihre identitätsgeleitete und ganzheitliche Ausrichtung groß, allerdings ist die Verdichtung auf den Punkt der Innovation zu simplifizie918
Scholz & Friends (Hg.): Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung. Marketing Konzept, Powerpointpräsentation, April 2007, unveröffentlicht.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
271
rend, um die gesamte Außenkommunikation nur hierüber darstellen zu können. Dies zeigt nicht nur die Aussparung des Zielfelds der Politik, sondern auch die geringe Akzeptanz der Initiative bei den verschiedenen Kulturmittlern inklusive dem Goethe-Institut. Nur ein Projekt, Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung, wurde hier unter dem Markendach durchgeführt, ansonsten ist man in der AKBP darauf bedacht, die Eigenständigkeit und Vielgestalt auch in der Darstellung der Projekte aufrechtzuerhalten und deshalb nicht unter Logo und Slogan von Land der Ideen aufzutreten.919 Die Zukunft der Initiative ist heute nicht gewiss. Gesichert ist sie bis Ende 2010, die weitere Finanzierung ist unklar. Nach dem hohen Etat des Jahres 2006 (28 Mio. EUR) musste Land der Ideen einen Budgeteinbruch verzeichnen: Weder die Wirtschaft noch die Regierung sahen sich in der Lage, weiterhin ähnliche Beträge bereitzustellen. Im Jahr 2007 lag das Gesamtbudget deshalb nur noch bei rund 6 Mio. EUR.920 Die identitätsgeleitete Ausrichtung von Deutschland – Land der Ideen hat sicherlich dazu beigetragen, dass auch bei anderen Projekten und Initiativen der Außenkommunikation auf ähnliche Akzente geachtet wird. Deutschland – Land der Ideen passt sich insofern in die außenkommunikative Gesamtstrategie des Auswärtigen Amtes ein, als es die dort verfolgte Rückkopplung zur Realität des Landes sowie die Ganzheitlichkeit und die Einbeziehung nicht-staatlicher Akteure propagiert. Trotzdem wird es nicht zu einer alleinigen Strategie der Außenkommunikation werden. Dazu ist die Simplifizierung der Identität hier zu stark. Deutschland kann sich im Selbstkonzept nicht nur als Innovationsstandort verstanden sehen wollen. In der Übertragung des Identitätskonzepts auf die Selbstdarstellung nach außen entstehen neue Formen der Zielsetzung von Identität, die jedoch von Seiten der deskriptiv auf Managementebene verhafteten Nation Branding- und Public Diplomacy-Forschung kaum berührt werden, weshalb ein Rückbezug auf die Thesen der PR- und Markentheorien hier gewinnbringend ist. Die Identität ist in ihrer Funktion in der Außenkommunikation nicht mehr Selbstzweck, sondern dient der Kommunikation zur Imageverbesserung. Sie wird als „conscious and planned practice of signification and representation“921 auf das gewünschte Image projiziert, um existierende Stereotypen abzuwandeln. Das so geschaffene Image ist idealtypisch faszinierend genug, um den relevanten Teilöffentlichkeiten eine Möglichkeit zu bieten, ihre Wünsche und Selbstkonzepte darauf zu 919
Vgl. zu den verschiedenen Projekten des Goethe-Institut: Goethe-Institut: Jahrbuch 2006/2007, München 2007; Goethe-Institut: Jahrbuch 2007/2008, München 2008. 920 Vgl.: Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2006, a.a.O.; Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2007, a.a.O. 921 A. Fuat Firat / Alladi Venaktesh: Postmodernity: The Age of Marketing, in: International Journal of Research in Marketing, 10, 3/1993, S. 246.
272
4 Strategische Außenkommunikation
anzuwenden. Das Image führt dann zu einem „solidarischen Individualismus“922, indem es einen Nutzen für die Selbstverwirklichung und Selektionsentscheidung der Rezipienten darstellt. Diese identifizieren sich also derart mit den kommunizierten identitäts- und wertebildenden Themen, dass sie Teil von themenbezogenen transnationalen Wertegemeinschaften werden. Das Image wird so zu einem Bestandteil der sozialen Identitäten der Rezipienten. Hier greift die Hypothese der Kreation von Imagined Communities in der Außenkommunikation. Orte hätten es im Gegensatz zu wirtschaftlichen Marken, so eine These von Kavaratsis, besonders leicht, Gemeinschaften zu bilden, da sie immer als „place of this group togetherness“923 fungiert hätten und diese Funktion nun auf die Außenkommunikation übertragen würden. Eine solch starke Identifikation kann jedoch nur durch eine Kommunikation ausgelöst werden, die sowohl emotional als auch persuasiv ist und außerdem integrierend wirkt. Je stärker das konstruierte Image ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich transnationale Imagined Communities bilden und die Gruppenzugehörigkeiten ihre eigenen Perzeptionsmuster im Sinne des Kommunikators ändern. Damit verschiebt sich die Identifikationskonstruktion von innen nach außen. Imagined Communities sind in diesem Sinne auch als eine Erweiterung des Imagekonzeptes zu verstehen, denn hier entstehen aus den Bildern in den Köpfen einzelner durch die Gemeinschaftsbildung Images in den Köpfen neuer transnationaler Gruppen. Durch ihre Größe haben diese Gruppen das Potential, Druck im Sinne des Framing auf ihre Regierungen und auf die anderen Bereiche der Gesellschaften auszuüben.924 Anhand der Etablierung von Imagined Communities lässt sich auch der Effekt der Attraktivität eines Landes im Sinne der Soft Power erklären: Wie dargestellt, ist es umso leichter, Konsens über Themen zu schaffen und damit konstruierte themenspezifische Wertegemeinschaften zu bilden, je größer die Übereinstimmung der Wertevorstellungen von Kommunikator und Rezipient ist. Über diese Wertegemeinschaften wiederum werden positive Nationenbilder etabliert. Das gilt auch für die Außenkommunikation als Umsetzung der Soft Power: Sie weist ihre höchste Effektivitätsrate in Staaten oder Regionen auf, deren Wertvorstellungen sich ähneln und die bereits über eine starke Interdependenz auf verschiedensten Ebenen verfügen, wie Melissen für die Public Diplomacy belegt hat:
922
Vgl.: Sigrid Baringhorst: Strategic Framing, a.a.O., S. 84. Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding, a.a.O., S. 70. Sigrid Baringhorst: Strategic Framing, a.a.O., S. 77. In der Außenkommunikation wird sich dieser Methoden bedient, zusätzlich wird aber versucht, eigene kollektive Deutungsmuster zu schaffen, eben durch die Kreation von Imagined Communities. 923 924
4.3 Literatur- und Quellenstudie
273
„public diplomacy above all thrives in highly interdependent regions and between countries that are linked by multiple transnational relationships and therefore a substantial degree of ‚interconnectedness’ between their civil societies.“925
Nation Branding und Public Diplomacy sowie der Strategischen Außenkommunikation kann also die Funktion zugeschrieben werden, Imagined Communities zu etablieren, allerdings sind die dahinterstehenden Identitäten wie Markenidentitäten stark vereinfacht. Das Objekt der Kommunikation ist nicht mehr der Ort selbst, sondern das durch Schaffung einer Identität vermittelte Image des Ortes, das weltweit kommuniziert wird. Diese Realitätsbilder spiegeln das Imagekonzept und sollen durch die ständige Wiederholung der Kommunikationmaßnahmen neue Bilder in den Köpfen der Rezipienten formen, wobei die kommunikativ und medial vermittelten Images eine Stellvertreterrolle für die Primärerfahrungen der Rezipienten einnehmen, da sie, im Sinne der Thesen der „Totalität der Abbildung“926 in der Stereotypen- und Imageforschung, nicht überprüft werden können. Der Ort wird also in der Außenkommunikation wie eine Marke zu „intellectual property“927 und damit zur Metapher seiner selbst.928 Dieser Aspekt wird vor allem von der geographisch-soziologisch orientierten Literatur zum Stadtmarketing und City Branding untersucht, während Nation Branding- und Public DiplomacyForschung ihn ausklammern und sich eher auf die praktischen Aspekte der Identitätsfindung konzentrieren.929 Um umfassend zu sein und von einer Mehrheit anerkannt zu werden, muss der Prozess der Identitätsbildung von so vielen Interessengruppen wie möglich mitgetragen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die geschaffene Identität integrativ ist und nicht von einer kleinen Gruppe von oben obstruiert wurde.930 Es geht also darum, einen Bottom-Up-Ansatz zu finden, ohne zu sehr zu simplifizieren. Dies ist ein schwieriger Prozess, der fast immer Dissonanzen verursacht, da sich bestimmte Gruppen nicht adäquat repräsentiert sehen. Tatsächlich gibt es in der Umsetzung von Nation Branding und Public Diplomacy eine Tendenz zur Konformität. Indem viele Länder ähnliche Zielgruppen, wie Journalisten, Meinungsführer, Investoren, High Potentials oder Touristen definieren und ähnliche Teile ihrer Identitäten herausstellen, um deren Aufmerksam925
Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 10. Eckhard Marten: Das Deutschlandbild in der amerikanischen Berichterstattung, a.a.O., S. 56. Peter van Ham: Place Branding. The State of the Art, a.a.O., S. 127. 928 Vgl: Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding, a.a.O., S. 62. 929 Vgl. Ebd., S. 58-73; Michalis Kavaratzis / Greg J. Ashworth: City Branding, a.a.O., S. 183-194; Stephen V. Ward: Selling Places: The Marketing and Promotion of Towns and Cities 1850-2000, London 1998, S. 187-208. 930 Vgl: Eugene Jaffe / Israel Nebenzahl: National Image & Competitive Advantage, a.a.O., S. 142. 926 927
274
4 Strategische Außenkommunikation
keit zu erregen, besteht die Gefahr, dass die kommunizierten Images gleichförmig werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es um reine Marketingkampagnen im Sinne der Standortförderung geht, die nur einige wirtschaftlich angeblich interessante Attribute des Landes herausstellen und nicht um kommunikative Gesamtstrategien, die sämtliche Teile der Identität abdecken.931 Die Nation Branding-Forschung beschreibt das Problem der Konformität durchaus, allesdings gibt es keine Einigkeit über den Grund. Die Mehrheit sieht das Problem nicht in der Form der identitätsgeleiteten Selbstdarstellung per se, sondern in ihrer schlechten Durchführung ohne Identitätskonzept und ohne die Schaffung eines Alleinstellungsmerkmals. Ein Land kann sich so nicht kommunikativ von anderen abheben, sondern bleibt in der Beliebigkeit: „There are already too many ‚friendly places’ out there“932 kommentieren Kotler / Gertler. Olins hat in einer Analyse der verschiedenen Slogans der Außenkommunikation von Staaten herausgefunden, dass sich 69 Nationen das Attribut „a country of contrasts“933 gaben, eine absurde Simplifizierung.934 Wenig problembewusst ist die Public Diplomacy-Forschung auf diesem Gebiet. Die Identitätsdefinition scheint hier eher unklar, da der Begriff aus dem Marketing übernommen und wenig hinterfragt wurde. Das zeigen auch Melissens verschiedene Nutzungen des Begriffs: als „projection of identity“935 ist er äquivalent mit dem Identitätsbegriff des Nation Branding, als „building national identity“936 bezieht er sich auf die Theorien der Nationalismusforschung und in der Formulierung „instead of aiming at the projection of identity [die er in einer anderen Publikation als Teil der Public Diplomacy-Strategie aus gemacht hat], public diplomacy... is about promotiong... smooth international relationships“937 ist eine Negation der Identitätskonzeption enthalten. Hier besteht also noch viel Klärungsbedarf. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Identitätsbegriff für die Außenkommunikation von großer Bedeutung ist, wenn auch in der Forschung noch nicht abschließend hinterfragt. Besonders die Identitätsfindung als Grundlage für die Darstellung des Staates bedarf auf Grund ihrer Problematik der 931
Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding: a.a.O., S. 71. Philip Kotler / David Gertler: Country as Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 254. 933 Interview der Autorin mit Wally Olins, a.a.O. 934 Mit der Problematik des Identitätskonzepts beschäftigen sich im Place Branding besonders Kavaratzis, Ward und Stöber. Vgl. Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding: a.a.O., S. 58-73; Michalis Kavaratzis / Greg J. Ashworth: City Branding, a.a.O., S. 183-194; Stephen V. Ward: Selling Places: a.a.O., S. 187-208; Birgit Stöber: Von „brandneuen“ Städten und Regionen, a.a.O., S. 220-224. 935 Jan Melissen / Alvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 19. 936 Ebd., S. 4. 937 Jan Melissen: Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 21. 932
4.3 Literatur- und Quellenstudie
275
Simplifizierung und des Postulats einer glaubwürdigen Abbildung der Realität im Land näherer Betrachtung. Das Nationenbild wird von der Forschung als Projektion der nationalen Identität gesehen und die Außenkommunikation als Möglichkeit, die Diskrepanz zwischen Identität und Identitätskonzept zu schließen, weshalb diese an der Schnittstelle zwischen Image und Identität existiert. Sie ist also nicht Selbstzweck, sondern dient der Kommunikation zur Imageverbesserung im Sinne der Schaffung von transnationalen Wertegemeinschaften, bzw. Imagined Communities. Dies bestätigt die Hypothesen, dass Strategische Außenkommunikation durch die ihr inhärente Inszenierung des Ortes als Imagekonzept eine Form der Imagekommunikation darstellt, während ihre Funktion auf Mesoebene die Etablierung von Imagined Communities ist. Zielgruppenbestimmung Es herrscht Übereinstimmung in der Forschung – und auch hier gehen Nation Branding und Public Diplomacy mit den Erkenntnissen der PR-Forschung konform – dass die Interessen und Bedürfnisse der Rezipienten in der Außenkommunikation bedient werden müssen, um die gewünschte kommunikative Aufmerksamkeit zu erlangen, nicht diejenigen der Kommunikateure. Dies klingt wie ein Gemeinplatz, ist es jedoch in der Umsetzung der Außenkommunikation nicht. Denn die meisten Kommunikationsstrategien setzen keine Prioritäten und gehen an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbei, weshalb in den leeren Raum hineinkommuniziert wird.938 Der größte Fehler der Akteure der Außenkommunikation ist nach Anholt, dass sie nicht über ausreichend Zielgruppenkenntnis verfügen und deshalb die Heterogenität ihrer Zielgruppen unterschätzen: „Governments often fail to undertake... a proper ‚map’ of the country’s key audiences for each of its sectors: trading partners, export markets, political allies, cultural partners, source countries for tourists, talent, students, business visitors and so forth... each of these countries or regions must... be subjected to at least a general demographic analysis.“939 Auch Nye findet es für die Umsetzung von Soft Power notwendig, das Verständ-
nis vom Rezipienten zu verbessern: „that requires understanding how they are hearing your messages, and fine-tuning it accordingly. It is crucial to understand the target audience.“940 Die Zielgruppen werden in der Forschung weiter aufgegliedert, wobei jeder Wissenschaftler unterschiedliche Schwerpunkte setzt. Melissen / Gonesh etwa 938
Vgl.: Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 57. 939 Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 68. 940 Joseph Nye: Soft Power. The Means to Success in World Politics, a.a.O., S. 111.
276
4 Strategische Außenkommunikation
differenzieren nach Grundtypen der Interessengruppen, der NGOs und der Medien, innerhalb derer weitere Unterteilungen nach Wirtschaft, Bildung, High Potentials, religiösen Gruppen und besonderen Gruppen innerhalb der Bevölkerung vorgenommen werden. Besonders die Meinungsführer sollten hier erreicht werden, um die Botschaft weiterzutragen.941 Kotler et. al. benennen vier Zielgruppenmärkte, nach deren Bedürfnissen die Kommunikation abgestimmt werden müsse: Touristen und Geschäftsreisende, High Potentials, Wirtschaft und Industrie sowie Exportmärkte. Diese Differenzierung ist rein wirtschaftlich und vernachlässigt damit leider die übrigen gesellschaftlichen Bereiche, wie im Hexagon definiert. Damit geht es hier weniger um eine politische als vielmehr um eine wirtschaftliche Verbesserung des Status Quo durch Außenkommunikation.942 Sind die Zielgruppen rein wirtschaftlich ausgewählt, ist auch die Wirkung nur in Form von Erlangung größerer wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit zu finden, da die angesprochenen Teilöffentlichkeiten nur für diesen Bereich relevant sind. Diese Zielgruppen-Wirkungs-Relation lässt sich auf alle anderen gesellschaftlichen Ebenen übertragen. Die Zielgruppendefinition muss also genauso ganzheitlich ausgerichtet sein, wie die Kommunikation. Aus diesem Grund versucht Gilmore eine ganzheitliche Zielgruppendefinition. Sie teilt nicht in Märkte, sondern gliedert in aktuelle und zukünftige Bevölkerung, Investoren, High Potentials, Studenten, Rentner, Touristen und Tourismusunternehmen, Dienstleistungsindustrie, ausländische Regierungen, Konsumenten von Exportwaren und schließlich die Medien. Sie sieht diese Zielgruppen als „holistic potential“943 und wichtigen Teil der ganzheitlichen Ausrichtung des Nation Branding. Außerdem findet sie diverse Überschneidungen zwischen den Zielgruppen, die dann entsprechend über mehrere Themenkanäle erreicht werden könnten. Kotler wehrt sich gegen eine Überschneidung der Zielgruppenansprache, die er als ineffektiv ansieht und stellt dagegen sechs Regeln für eine Marktsegmentierung zur Zielgruppenansprache auf: Diese sind zwar erneut ausschließlich auf eine wirtschaftliche Kommunikationsstrategie fokussiert, bieten jedoch auf Grund ihrer Differenziertheit trotzdem einen guten Anhaltspunkt zur Zielgruppengliederung. Die Regeln lauten: „Mutually exclusive: the various identified segments should not overlap; exhaustive: every potential target member should be included in some segment; measurable: the size, purchasing power and profile of the resulting segments can be readily measured; accessible: the resulting segments can be reached and served effectively; sub941 Vgl.: Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Manual, a.a.O., S. 8; Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing, Public Diplomacy, a.a.O., S. 46-48. 942 Vgl.: Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 55-78. 943 Fiona Gilmore: A Country – Can It be Repositioned?, a.a.O., S. 288.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
277
stantial: the resulting segments are large enough to be worth pursuing; differentially responsive: the segment is useful only if it responds differently from the other segments to various amounts, types and timing of marketing strategy.“944
„No one size fits all“945 schreiben verschiedene Vertreter der Public DiplomacyForschung in Bezug auf die Zielgruppenansprache und meinen damit, dass zielgruppenorientierte Kommunikation themenspezifisch arbeiten und ihre Botschaften nach den Bedürfnissen der jeweiligen Rezipienten ausrichten soll. Nur so sei die Zielgruppe von der eigenen Thematik zu überzeugen.946 Ähnlich wie bei der verständigungsorientierten Öffentlichkeitsarbeit geht es im Zielgruppenansatz der Public Diplomacy darum, Verständnis für das jeweilige Interesse des Kommunikationspartners aufzubringen und darüber ein Einverständnis zu schaffen über die zu kommunizierenden Themen. Zweck des Verständnisaufbaus ist wieder, die Legitimität der vertretenen Interessen darzustellen und dadurch das Vertrauen in den kommunizierenden Staat zu stärken, so Zaharna.947 Die These des no one size fits all ähnelt der bereits beschriebenen Submarken-Strategie der Nation Branding-Forschung. Beide versuchen, über Themen das Zielgruppeninteresse zu wecken, wobei das Nation Branding diese Themen innerhalb des Hexagons zugeordnet hat, während die Themenauswahl in der Public DiplomacyForschung den Akteuren überlassen wird, ohne dass es eigene Vorgaben oder Modelle gibt. Ziel der Themenauswahl ist es, Emotionalität und Identifikation in der Zielgruppe zu wecken und diese zu mobilisieren.948 In der Praxis ist die Zielgruppendefinition ein ebenso wichtiges wie vieldiskutiertes Thema. Großbritannien und Deutschland bemühen sich um eine ganzheitliche Zielgruppenbestimmung, wie von Gilmore beschrieben und nehmen dafür Überschneidungen in Kauf. Die Ganzheitlichkeit wird in Großbritannien gewährleistet durch die Einbeziehung und Koordination der verschiedenen Ak944
Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 235. 945 Vgl.: Rainer Schlageter: German Public Diplomacy, a.a.O., S. 19; Jan Melissen: Public Diplomacy between Theory and Practice, Elcano, S. 8; Anna Michalski: The EU as a Soft Power, a.a.O., S. 138; Alan Henrikson: What can Public Diplomacy Achieve?, a.a.O., S. 7; Karin Johnston: Revitalizing Public Diplomacy, a.a.O., S. 5. 946 Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing, Public Diplomacy, a.a.O., S. 46; Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O., S. 1. 947 Vgl.: Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O., S. 2.Vgl. weitergehend auch: Roland Burkart / Sabine Probst: Verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit: eine kommunikationstheoretisch begründete Persepektive, in: Publizistik, 36, 1/1991, S. 56-76. Tatsächlich spricht das Auswärtige Amt davon, dass sie im Rahmen ihrer Public Diplomacy eine verständnisorientierte Öffentlichkeitsarbeit betreiben würden. Vgl.: Marc Gramberger: Wider den häßlichen Deutschen. Die verständnisorientierte Öffentlichkeitsarbeit der Bundesrepublik Deutschland in den USA, Münster / Hamburg / Berlin 1993. 948 Vgl. Ying Fan: Branding the Nation, a.a.O., S. 10.
278
4 Strategische Außenkommunikation
teure der Außenkommunikation (FCO, British Council, BBCWS, Wirtschaftsförderung, Entwicklungshilfeministerium, Regionenvertreter, etc.) in Strategie und Umsetzung. Allerdings haben nicht alle Institutionen genau definierte Zielgruppen, die erreicht werden sollen. Am genauesten geprüft wurde die Zielgruppenadäquanz beim British Council; hier soll die successor generation der 18- bis 35Jährigen vorrangig angesprochen werden, bei 24 Millionen Kontakten im Jahr und einer regional ausgerichteten, also länderübergreifenden Ansprachestrategie.949 Ebenso zielgruppengenau agieren VisitBritain, denen eine Datenbank mit fünf Millionen Adressen von Meinungsführern des Tourismussektors in ausgesuchten Zielländern für ihre Kundenbeziehungen zur Verfügung steht950 sowie UK Trade and Investment, deren Zielgruppenansprache ausschließlich auf wirtschaftliche Kontakte fokussiert, die meist per Direktansprache und -marketing generiert wird. Zielländer sind „high growth countries of strategic importance such as China and India“951, Zielbranchen sind „[Research and Development] intensive businesses“952 sowie der Finanzsektor. Die anderen Akteure arbeiten nicht mit differenzierten Zielgruppenanalysen; hier sollen allgemein Meinungsführer angesprochen werden, ohne genauere Ausgestaltung dieses Sammelbegriffs. Ebenso gibt es keine allgemeingültige Zielgruppenstrategie, die sich auf alle Akteure anwenden ließe. In der Public Diplomacy Strategy von 2003 wurde dies versucht, man blieb jedoch viel zu weit gefächert, um effektiv kommunizieren zu können: „Influential, informed and educated people“953 sollten sich durch die britische Außenkommunikation angesprochen fühlen, wer dies genau sein sollte, wurde jedoch nicht weiter ausgeführt. Ebenso weit definiert sind die Zielländer: „Major transitional countries“ sollten ebenso angesprochen werden wie „EU accession states..., key islamic countries..., major developed countries“954 und, besonders herausgehoben, die USA. Diese Einteilung deckt fast die ganze Welt ab. Die Breite dieser Definition wurde zwar mehrfach kritisiert, jedoch nicht in einer übergreifenden Weise geändert. Solange die einzelnen Institutionen genau wissen, wen sie wie und wo ansprechen wollen, ist dies auch nicht unbedingt nötig: Im Sinne des no one size fits all kann es sogar besser sein, differenzierende Ansätze der Zielgruppen- und Zielländerauswahl zu treffen und diese dann mit unterschiedlichen Betonungen anzusprechen, so dass die für die jeweilige Teilöffentlichkeit interessantesten Themen im Vordergrund stehen.
949
British Council (Hg.): Making a World of Difference, a.a.O., S. 2. Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 32. 951 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 2006, a.a.O., S. 71. 952 Ebd. 953 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Public Diplomacy Strategy, a.a.O. 954 Ebd. 950
4.3 Literatur- und Quellenstudie
279
Auch in Deutschland wird die Ansprache diversifizerter Zielgruppen durch die Einbindung der verschiedenen Mittler und nicht-staatlichen Akteure umgesetzt. Wie das Strategieschema des Auswärtigen Amtes zeigte, wird ihre Bestimmung als Basis für die weitere Ausrichtung der Außenkommunikation gesehen. Dies zeigt sich jedoch anscheinend in der Praxis als recht schwierig, denn die klare Zielgruppenansprache ist einer der Schwachpunkte der deutschen Außenkommunikation. Auswärtiges Amt wie Mittler wollen hauptsächlich Multiplikatoren ansprechen, definieren hier jedoch nur unzureichend. Das Auswärtige Amt ist hier am dezidiertesten von allen Akteuren. Hier werden folgende Multiplikatorengruppen unterschieden: Medien (Redakteure, Verleger, Ressortleiter, freie und Nachwuchsjournalisten), Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Pressesprecher und Regierungs-/Ministeriensprecher, PR-Agenturen), Politik (Parlamentarier, Regierungsmitglieder, hochrangige Beamte) sowie sonstige Zielgruppen, wozu hochrangige Funktionsträger in Parteien, Gewerkschaften, Unternehmerverbänden und „wichtige Persönlichkeiten aus den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Bildung, Erziehung, Wissenschaft und Forschung, Kirche, Jugend Sport, Kunst und Literatur“ gerechnet werden.955 Mit anderen Worten: Das Auswärtige Amt will alle wichtigen Persönlichkeiten in allen Ländern erreichen. Für eine Kommunikationsstrategie ist dies jedoch zu hoch gegriffen. Zusätzlich soll die „gesamte Bevölkerung“ erreicht werden, so die Strategie. Dies im heutigen Medien- und Informationsdruck durchzusetzen ist schlicht unmöglich: Man kann keine Kommunikation für die gesamte Öffentlichkeit aufbauen, dies ist nicht nur zu teuer, sondern auf Grund des hohen Streuverlusts auch völlig unpraktikabel. Eine weitere Zielgruppe von Auswärtigem Amt wie Goethe-Institut sind die sogenannten „jungen Eliten“956. Wie in Großbritannien werden sie mit verschiedenen Maßnahmen angesprochen, um sie frühzeitig an Deutschland zu binden und in diesem Sinne hier Imagined Communities aufzubauen. Die Regionalspezifik im Sinne des No one size fits all nimmt einen wichtigen Raum in der außenkommunikativen Strategie ein. Dies gilt zunächst für die Auswahl der Zielregionen, die nach Staaten mit besonderer strategischer Bedeutung für Deutschland im politischen wie wirtschaftlichen Bereich getroffen wird: Amerika, Naher Osten, Russland, Indien und China. Dabei sind die Interessen Deutschlands in den unterschiedlichen Schwerpunktregionen verschieden: im arabischen Raum steht hauptsächlich der politische und kulturelle Dialog zur Bekämpfung des Terrorismus im Vordergrund, während in Asien und Russland die deutschen Wirtschafts- und Energieinteressen eine große Rolle spielen. In all diese Regionen wurden in den vergangenen Jahren Deutschlandzentren eröffnet, 955
Auswärtiges Amt (Hg.): Handbuch für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Ausland, Berlin 1999, S. 12. 956 Interview mit Martina Nibbeling-Wriessnig, a.a.O.
280
4 Strategische Außenkommunikation
die die regionale Präsenz der Außenkommunikation stärken sollen. Wie es im Auswärtigen Amt heißt: „Deutschlandzentren betreiben mittel- und langfristige, für die Regionen maßgeschneiderte Öffentlichkeitsarbeit.“957 Die Regionalspezifik soll dabei aus den Vorgaben der Berichterstattung und der Meinungsanalysen in den jeweiligen Regionen kommen. Aus ihnen werden in Abstimmung zwischen Deutschlandzentren, regionalen Akteuren und der Zentrale in Berlin Themenschwerpunkte geformt, die dann unter Einbeziehung der verschiedenen Mittler umgesetzt werden sollen. Martina Nibbeling-Wriessnig stellt dies so dar: „Die Messlatte [der kommunikativen Ziele] ist für alle Länder die gleiche, die Anwendung geschieht angemessen an die realen Verhältnisse in den Ländern oder Länderregionen. Deshalb kommt es darauf an, Ansatzpunkte in den Regionen zu suchen, an die man mit speziellen Aktionen anknüpfen kann. So versuchen wir, eine maßgeschneiderte zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit zu machen, die die Werte nicht verleugnet, aber sie in eine realistische Reihenfolge setzt und sie in realistischen Häppchen darbietet.“958
Diese Schwerpunktauswahl nach strategischen Interessen ist ein Indiz für die Relevanz der Außenkommunikation in der politischen Gesamtstrategie als Umsetzung der Soft Power. Eine genaue Zielgruppendefinition und –ansprache sind nach Meinung der Forschung notwendige Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung der Außenkommunikation. Die Themen der Strategie müssen sich den Bedürfnissen der Zielgruppen anpassen, um eine verständigungsorientierte Außenkommunikation umzusetzen und damit Themen zu finden, die die Aufmerksamkeitsschwellen der Rezipienten durchbrechen. Im Sinne des no one size fits all wird für die Notwendigkeit verschiedener Sub-Themen, bzw. Sub-Marken argumentiert, die je nach Zielgruppe definiert werden und kohärent zur Gesamtstrategie gesetzt werden. Der Zielgruppenkommunikation soll damit ein besonderer Verbindungswert verliehen werden, um Vertrauen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit über die kommunizierten Themen zu schaffen. Diese kreierte Zusammengehörigkeit entspricht wieder der Schaffung transnationaler Imagined Communities.
957
Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation: Regionalisierung und eDiplomacy: die Deutschland-Zentren, Powerpointpräsentation, März 2007. 958 Interview mit Martina Nibbeling-Wriessnig, a.a.O.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
281
4.3.3.4 Strategieentwicklung In der Phase der Strategieentwicklung wird die Positionierung erarbeitet, außerdem werden Schwerpunkte der Kommunikation festgelegt. Diese Phase ist am bedeutendesten für den Erfolg der Strategie. Je genauer hier geplant wird, desto größer ist die Chance, die erhoffte Wirkung zu erzielen. Die Erfolgskriterien von Nation Branding und Public Diplomacy für die Strategieentwicklung lauten Positionierung und Botschaft. Es geht also darum, eine geeignete, glaubwürdige Positionierung aus Identität und Selbstkonzept abzuleiten und daraus eine griffige, ganzheitliche und trotzdem nicht oberflächliche Botschaft zu generieren, die als Leitidee die gesamte Kommunikation tragen und ggf. auch in verschiedene kohärente Sub-Botschaften aufgegliedert werden kann. Positionierung Durch eine gelungene Positionierung gelingt es, die eigene Relevanz durch Abhebung von Wettbewerbern zu beweisen und damit die eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen zu sichern. Die Positionierung in der Markenführung zielt auf die strategische und aktive Gestaltung der Marke in den relevanten Zielmärkten ab. Die Leitlinien und Leitideen für die qualitative und quantitative Ausgestaltung der Kommunikation auf den verschiedenen Kanälen werden so entwickelt.959 Ziel der Positionierung ist es, durch eine klare Abgrenzung gegenüber den Mitbewerbern sowie eine überzeugende Selbstdarstellung bei den Zielgruppen den eigenen Handlungsspielraum durch gesellschaftliche Legitimation zu erhöhen. In seiner Übertragung auf Staaten meint der Begriff daher die Schaffung einer Alleinstellung durch Hervorhebung von Attributen nationaler Identität und von Werten, die unverwechselbar sind.960 Nation Branding und Public Diplomacy betonen die Bedeutung der Positionierung auf Basis der Thesen der Markenführung und der integrierten Kommunikation. Besonders wichtig ist hierbei die Herausstellung der Leitlinien des Staates und die Etablierung der Verbindung zwischen dem kommunizierenden Staat und den relevanten Teilöffentlichkeiten. Gilmore führt an, dass die Positionierung „aspirational, inspirational, challenging and differentiated“961 sein müsse und auf die spezifischen Bedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen anwendbar. Da die Zielgruppen aber mehrschichtig sind, muss auch die Positionierung vielschichtig sein. Deshalb soll es innerhalb der Gesamtpositionierung verschiedene 959
Vgl.: Manfred Bruhn: Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, a.a.O., S. 10; Torsten Tomczak: Strategische Markenführung, a.a.O., S. 1354. Vgl.: Greenagh Lodge: Success and Failure: The Brand Stories of Two Countries, in: Journal of Brand Management, 9, 35/2002, S. 372. 961 Fiona Gilmore: A Country – Can It be Repositioned?, a.a.O., S. 286. 960
282
4 Strategische Außenkommunikation
zielgruppenrelevante Sub-Positionierungen der einzelnen Akteure der Außenkommunikation geben, die jedoch alle auf die Gesamtstrategie einzahlen sollen, wie Abbildung 16 vedeutlicht. Diese vielfache Positionierung schafft für Gilmore eine Möglichkeit, die Vielfalt des Landes abzubilden und der Gefahr der Vereinfachung nationaler Identität aus dem Weg zu gehen.962 Sie arbeitet zur weiteren Definition der Positionierung mit dem „positioning diamond“963, bestehend aus gesellschaftlichen Makrotrends, Zielgruppen, Wettbewerbern und Kernkompetenzen, das heißt den Stärken des eigenen Staates. Die Makrotrends, zu denen politische Entwicklungen ebenso gehören wie wirtschaftliche und demographische Daten oder kulturelle Ereignisse, sollen helfen, die Situation des Landes in einen weiteren Kontext zu stellen und Hypothesen über die Zukunft anzustellen. Durch die Zielgruppenanalyse werden Kategorien definiert, nach denen die Nationenmarke ausgerichtet werden sollte. Jede Zielgruppe wird dabei mit einer eigenen Sub-Positionierung bedacht, um die ganzheitliche Ausrichtung der Positionierung abzusichern. Dieser Diamant bietet die klarste Positionierungsbestimmung der Nation Branding-Forschung und erscheint damit für die weitere Verwendung in der Strategischen Außenkommunikation am ertragreichsten.
Abbildung 16: Positioning Diamond nach Gilmore964 Auch für die Public Diplomacy geht es in der Positionierung darum, die Werte und Identitäten eines Staates zu bestimmen, um diesen als herausgehoben und international einzigartig darzustellen. Ihre vorrangige Aufgabe ist es, dem Staat 962
Ebd. Ebd. 287-290. 964 Ebd., S. 288. 963
4.3 Literatur- und Quellenstudie
283
zu internationaler Relevanz zu verhelfen.965 Gleichwohl wird der Prozess weniger theoretisch unterfüttert angegangen als im Nation Branding. Der deutsche Diplomat Rainer Schlageter beschreibt die Positionierung von Deutschlands Außenkommunikation folgendermaßen: „Germany has to mark out its position. We want to explain to foreign audiences our values, our democratic system, our social market economy, our human rights concept. And we want to anchor Germany in the minds of people as a partner for solutions to problems, now and in the future.“966
Und in den Leitlinien zur Außenrepräsentanz wird als Aufgabe postuliert: „Wir wollen Demokratieentwicklung fördern, demokratische Strukturen stabilisieren und verankern, die Menschenrechte und die Zivilgesellschaft stärken. Dies muss bei der Darstellung unseres Landes im Ausland als besonders wichtiges Leitziel im Vordergrund stehen.“967
Aus beiden Zitaten lässt sich entnehmen, dass die Positionierung der deutschen Außenkommunikation sowohl perzeptionsorientiert als auch wertebasiert ist. Sie will positive Deutschlandbilder schaffen und gleichzeitig als Form persuasiver Kommunikation die eigenen Werte vermitteln. Dazu ist sie identitätgeleitet und legt großen Wert auf die Vermittlung glaubwürdiger Inhalte. Als Schnittstelle von Identität und Image versucht sie, realitätsnahe und ganzheitliche Botschaften zu finden, um kohärent und ganzheitlich das gewünschte Selbstkonzept den relevanten Teilöffentlichkeiten vermitteln zu können. Die Einbindung der verschiedenen Akteure erfolgt dabei spezifisch für die verschiedenen Zielfelder, wobei großer Wert darauf gelegt wird, die „Einheit in Vielfalt“968 der pluralistischen Herangehensweise zu erhalten und die Außenkommunikation nicht auf eine einzige Botschaft zu reduzieren. Netzwerke und regelmäßige Abstimmungen unter Führung des Auswärtigen Amtes sollen dabei für die nötige Synergie sorgen. Die Positionierung der Außenpolitik Großbritanniens änderte sich in den zehn Jahren der Regierungszeit Tony Blairs von einer perzeptionsorientierten zu einer politikorientierten Positionierung. Anfangs war sie geprägt durch eine Konzentration auf die Identität und ihre Projektion im Image. Dem entsprechen die zwei kommunikativen Leitlinien in der Public Diplomacy Strategy von 2003: 965
Vgl. u.a.: Peter van Ham: The Rise of the Brand State, a.a.O.; Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O. 966 Rainer Schlageter, German Public Diplomacy, a.a.O., S. 18-19. 967 Deutscher Bundestag (Hg.): Bericht über den Stand der Entwicklung und Reformmaßnahmen bei der medialen Außenrepräsentanz, a.a.O., S. 4. 968 Vgl.: Interview mit Cord Meier-Klodt, a.a.O.
284
4 Strategische Außenkommunikation
„1. We are building dynamically on our traditions, renewing and modernising our society through our creativity and innovation... Openness to new ideas and new people. Regional, national and cultural diversity. Institutional adaptability, as seen in devolution and constitutional change. 2. We are principled and professional, as shown in our Global engagement in the UN, EU, Commonwealth, international peacekeeping and more generally. Reliability, straight dealing and trustworthiness in business and international affairs. Commitment to justice, human rights, the rule of law and international security.“969
Während die erste Leitlinie zunehmend verschwand, wurde die zweite immer wichtiger. Diese Verlagerung der Positionierung der Außenkommunikation auf politische Werte hat dazu geführt, dass sich auch die Ausrichtung des British Council und teilweise auch des BBCWS, der wichtigsten Vermittler britischer Außenkommunikation, gewandelt haben.970 Durch die enge Kooperation innerhalb des Public Diplomacy (Strategy) Boards daran gehalten, die entwickelten Strategien durch ihre Aktivitäten zu unterstützen, hat das British Council eine Restrukturierung vorgenommen und setzte weniger auf klassische Kulturvermittlung als auf multilaterale Netzwerkbildung.971 Dazu hat es seine Kulturdefinition deutlich erweitert: „In education, science, the arts, English language learning, sport, governance and human rights we make the connections to help millions of people make a difference“972, heißt es in der Strategie des Instituts aus dem Jahr 2006. Die Positionierung des BBC World Service ist von seiner journalistischen Unabhängigkeit bestimmt. Seine Aufgabe besteht darin, „[to provide] an accurate, unbiased and independent news service covering international and national developments, the presentation of a balanced British view of those developments and an accurate and effective representation of British life, institutions and achievements.“973
Da der BBCWS nur solange glaubwürdig agieren kann, wie seine journalistische und operative Unabhängigkeit gewahrt bleibt, kann die Partizipation an der Außenkommunikation nicht sein vorrangiges Ziel sein. Generell lässt sich sagen, dass die starke Ausrichtung der britischen Außenkommunikation auf das Errei969
Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Public Diplomacy Strategy, a.a.O. Ebd., S. 4. Zwar ist dem Council Unabhängigkeit für die tägliche Arbeit zugesichert, es muss sich jedoch an die im Public Diplomacy Board festgelegten thematischen und prozessualen Rahmenbedingungen halten. Vgl.: British Council (Hg.): Making a World of Difference, Cultural Relations in 2010, London 2006, S. 5. 972 Ebd., S. 1. 973 Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 25. 970 971
4.3 Literatur- und Quellenstudie
285
chen der außenpolitischen Prioritäten und Ziele eine deutlich politisch orientierte Positionierung nach sich zieht. Zwar ist auf diese Weise das Integrationspotential in den politischen Prozess hoch, jedoch erscheint die Handlangerrolle der Außenkommunikation problematisch, wenn es um eine ganzheitliche Positionierung geht, die die Relevanz des Landes durch eine vielschichtige Ausrichtung beweisen soll. Tendentiell werden die übrigen gesellschaftlichen Bereiche durch den hier vollzogenen Ansatz insofern vernachlässigt, da nur solche Elemente aus allen Bereichen herangezogen werden, die für die Darstellung und Vermittlung der außenpolitischen Ziele notwendig scheinen. Dies erscheint als das vorrangige Problem der außenkommunikativen Positionierung Großbritanniens. Das Problem der Negativpositionierung von Staaten durch Dritte als Folge eines zu großen Konkurrenzempfindens, ausgelöst durch die Vorstellung eines zunehmenden internationalen Konkurrenzdrucks, wird in der Forschung immer wieder thematisiert. Unter dem Schlagwort der negativen Public Diplomacy wird darauf verwiesen, dass bereits in der traditionellen Diplomatie aggressive Rhetorik und ein Spin der Nachrichten genutzt wurden, um ein gegnerisches Land in Abrede zu stellen. Dieser Trend könnte sich in der Public Diplomacy fortsetzen, meint Philip Fiske de Gouveia.974 Andere Forscher sehen diesen Negativeffekt bereits als Teil des „great game“975. Szondi berichet in der Nation BrandingForschung von den Effekten des „external branding“976 anhand von Medienberichterstattung oder staatlicher Diskreditierung. Mit einer Öffnung der Außenkommunikation in den negativen Bereich wird das Element des Negative Campaigning aus dem Feld der Wahlkampfkommunikation auf den internationalen Sektor übertragen, wobei die Methoden wie Vereinfachung, Personalisierung und Skandalisierung aus der innenpolitschen Kommunikation direkt übernommen werden. Dies bedeutet für die Akteure der Außenkommunikation, dass sie innerhalb ihrer Strategien für solche Fälle gewappnet sein müssen und in der Lage, negative Frames in kurzer Zeit umzuwandeln. Die in der Forschung beschriebenen Erfolgskriterien für die Positionierung sind also stark angelehnt an die zugehörigen Thesen der Markenführung und PR. Die Positionierung verhilft Staaten zu internationaler Relevanz, ihr Zweck ist die Erhöhung des staatlichen Handlungsspielraums auf Grund der überzeugenden Selbstdarstellung in Abgrenzung zu anderen Staaten. Innerhalb der Gesamtpositionierung ist es nötig, verschiedene Sub-Positionierungen zu etablieren, um die Vielfalt des Landes abzubilden, alle Akteure der Außenkommunikation mit ihren eigenen Wertevorstellungen einbinden zu können und die verschiedenen Ziel974
Philip Fiske de Gouveia: The Future of Public Diplomacy, a.a.O., S. 4. Brian Hocking: Rethinking the „New“ Public Diplomacy, a.a.O., S. 39. 976 Vgl.: György Szondi: The Role and Challenges of Country Branding in Transition Countries, a.a.O., S. 16-17. 975
286
4 Strategische Außenkommunikation
gruppen angemessen zu bedienen. Der Positionierung inhärent ist das Problem der Negativpositionierung, mit der andere Staaten, ähnlich wie im Negative Campaigning kommunikativ abgestraft werden, mit entsprechenden negativen Folgen für ihr Image. Aus der Positionierung heraus werden alle weiteren Aspekte der strategischen und aktiven Gestaltung der Außenkommunikation entwickelt. In Großbritannien und Deutschland ergeben sich die Positionierungen aus den jeweiligen außenkommunikativen Strategien. Wandeln sich die Strategien, wird die Positionierung angepasst – ein Vorgang, der negative Folgen für ihre ganzheitliche Ausrichtung und Kohärenz haben kann. Botschaft Sowohl in der Definition der Public Diplomacy als auch des Nation Branding fließen in der Botschaft die verschiedenen Komponenten der Kommunikation zusammen, vom Image und der Identitätsbestimmung über die Positionierung bis zur Kooperation mit den verschiedenen Partnern im In- und Ausland. Die Botschaft soll den Kern der Kommunikationsstrategie greifbar machen. Sie ist ein Oberbegriff, der als Leitidee die Umsetzung der Kommunikation bestimmt. „Keep the message simple and clear“977 raten deshalb Melissen / Gonesh in ihrem Manual zur Umsetzung von Public Diplomacy im niederländischen Außenministerium, ein Rat, der direkt aus dem Instrumentarium des Marketing übernommen wurde.978 Um den Wiedererkennungswert zu steigern, kann aus der Botschaft ein Slogan extrahiert werden, der die Inhalte der Kommunikation griffig zusammenfasst, ein Aspekt, der besonders in der Nation Branding-Literatur vermerkt wird. Der Slogan wird dazu definiert als: „short, encompassing phrase that embodies an overall vision of a place...[and] can be useful in generating enthusiasm, momentum and fresh ideas. A good slogan provides a platform from which a place’s image can be further amplified.“979
Ebenso können Logos eingesetzt werden, um als unverwechselbare Symbole mit hohem Aufmerksamkeits- und Erinnerungswert die Botschaft zu visualisieren und einen sofortigen Wiedererkennungswert zu schaffen.980 Immer wieder vermerkt die Forschung jedoch, dass es bei Nation Branding auf keinen Fall darum gehen kann, nur einen griffigen Slogan und ein Logo zu erstellen und ansonsten 977
Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Manual, a.a.O., S. 8. Vgl.: Sigrid Baringhorst: Strategic Framing, a.a.O., S. 78-79. 979 Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 241-242. 980 In diesem Sinne wird der Einsatz von Logos und Slogans auch in der PR als sinnvoll angesehen. Vgl.: Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, a.a.O., S. 247. 978
4.3 Literatur- und Quellenstudie
287
die Kommunikation zu belassen, wie sie ist. Die Sinnhaftigkeit des Einsatzes von Slogans wird angezweifelt, da diese per se simplifizierend sind, Beliebigkeit herstellen und im schlimmsten Falle die Glaubwürdigkeit der Kommunikation untergraben.981 Kotler verweist daher auf die Möglichkeit, Slogans und Logos zu vernachlässigen und nur durch Benennung bestimmter kohärenter Themen die Botschaft zu klarifizieren und umzusetzen.982 „Close to reality, believable, simple, appealing and distinctive“983 soll die Botschaft sein, fordern Kotler / Gertler. Für die Kohärenz der Kommunikation sei es dabei essentiell, dass alle Akteure der Außenkommunikation Botschaften aussenden, die stimmig sind und auf die Gesamtbotschaft der Gesamtstrategie einzahlen.984 Uneinigkeit herrscht in der Forschung darüber, ob nur eine Gesamtbotschaft verwandt werden soll, oder aber verschiedene kohärente Botschaften durch die unterschiedlichen Zielfelder der Selbstdarstellung besser aufgezeigt werden können. Die Nation Branding-Forschung neigt eher dazu, eine Gesamtbotschaft aussenden zu wollen, während die Public Diplomacy hier vorsichtiger ist und sich eher für mehrere abgestimmte Botschaften ausspricht, aber auch innerhalb der beiden Ansätze gibt es unterschiedliche Lehrmeinungen.985 Wenn die Botschaft den Kern der Kommunikationsstrategie greifbar machen soll, dann ist sie die Übersetzung der Vision, des gewünschten Fremdbildes. Gerade für die Nation Branding-Forschung ist der Begriff der Vision von Bedeutung. Hier kommt wieder die These der Signifikation und Repräsentation ins Spiel, die bereits für die Identitätsgestaltung von Bedeutung war: Kommunikation dient dazu, die Lücke zwischen Selbstbild und Selbstkonzept zu schließen. Die Vision schafft dabei das Selbstkonzept, das dann als Metapher des Ortes kommuniziert werden soll.986 Als solches benennt die Vision die Verbindung und Zielrichtung der zu kommunizierten Werte. Betont wird dabei vor allem von der Nation Branding-Forschung, dass die Vision, in Analogie zur Positionierung, die Besonderheit des Ortes herausstellen muss. Das gilt umso stärker für die Botschaft und ggf. den Slogan, die die Alleinstellung weiter verdichten sollen. Hier besteht jedoch erneut das Problem der Simplifizierung. Ist dies der Fall, dann wird die Botschaft beliebig: Anstatt einen Wiedererkennungswert zu schaffen, verliert die Kommunikation ihre Aussagekraft. Das Problem wird in der Forschung durchaus gesehen, aber nicht in den größeren Kontext eingeordnet. 981
Vgl.: Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 79; Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 29. Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 242-243. 983 Philip Kotler / David Gertner: Country as Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 254. 984 Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 14-17. 985 Vgl.: u.a.: Ebd. 986 Vgl.: A. Fuat Firat / Alladi Venaktesh: Postmodernity, a.a.O., S. 246. 982
288
4 Strategische Außenkommunikation
Denn je mehr Länder sich kommunikativ darstellen, desto höher wird die Gefahr ihrer Angleichung in der Außenwahrnehmung, da sie alle die gleichen Zielgruppen in den gleichen Zielländern ansprechen wollen.987 Die Nation Branding und Public Diplomacy-Forschung fordern, Botschaften als Überschriften von Stories, Geschichten zur Förderung transnationaler Identitäten, zu gestalten und darüber neue Mythen zu bilden. Diese Mythen sind hier als emotionale kommunizierbare Themen von transnationaler Bedeutung definiert. Dazu müssen die Botschaften als kohärente Themenbereiche konzipiert werden und auf dasselbe Ziel einzahlen.988 Um einen Effekt auf die Zielgruppen zu haben, müssen sie, wie die gesamte Kommunikationsstrategie, in erster Linie glaubwürdig sein. Denn die Botschaft ist derjenige Teil der Strategie, der am stärksten wahrgenommen wird. Große Bedeutung messen Melissen / Gonesh in diesem Zusammenhang der Auswahl der Zielfelder bei, in denen Botschaften ausgesandt werden: „A few simple, well-packaged messages that are regularly repeated will have a better chance of sticking in the minds of the public than a series of subtle, detailed messages about different facets.“989
Leonard geht besonders auf den Aspekt der Wiederholung gleicher eingängiger Botschaften ein: „People are exposed to thousands of messages every day… The task is to cut through this fog by imagination and repetition… – boiling ideas down into very, very simple contents, and then repeating the message over and over again.”990
Diese Forderung verdeutlicht, wie sehr die Instrumente des Marketing und der Markenführung in die Anforderungskriterien der aktuellen Public Diplomacy einfließen. Im Grunde wird damit die Mythen- und Identitätsbildung der Nationswerdungsprozesse des 19. Jahrhunderts in die moderne staatliche Außenkommunikation übertragen, mit dem Ziel, transnationale Imagined Communities zu schaffen:
987
Vgl.: Simon Anholt: Competitive Identity, a.a.O., S. 29-31. Vgl. für die Nation Branding-Forschung Alastair Durie / Ian Yeoman / Una McMahon-Beattie: How the History of Scotland Creates a Sense of Place, in: Place Branding, 2, 1/2006, S. 50; Simon Anholt: Why brand?, a.a.O., S. 104-105; Birgit Stöber: Von „brandneuen“ Städten und Regionen, a.a.O., S. 222, für die Public Diplomacy-Forschung: Jan Melissen /Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, a.a.O., S. 10. 989 Jan Melissen / Alvin Gonesh: Public Diplomacy in Practice. Manual, a.a.O., S. 5. Vgl. zum Thema auch: Anna Michalski: The EU as a Soft Power, a.a.O., S. 128 und 135. 990 Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 15-16. 988
4.3 Literatur- und Quellenstudie
289
„the national myth represents those ideas, values, and symbols that most citizens accept despite their being divided into competent ideological groups. The myth represents the overlap among identities.“991
Erinnerung, Rituale und eben Mythen erzeugen, verstärken und synchronisieren dann Emotionen, wenn sie an die üblichen Gewohnheiten und Werte der jeweiligen Gesellschaft anknüpfen. Gleiches lässt sich von den Mythen, Geschichten und Botschaften der Außenkommunikation sagen. Die Praxisbeispiele zeigen, wie schwer die theoretischen Vorgaben zur Erarbeitung und nachhaltigen Umsetzung von Themen und Botschaften umzusetzen sind. Vor allem in Großbritannien zeigen sich hier deutliche Schwierigkeiten, sowohl was die Ganzheitlichkeit und Emotionalität angeht als auch die Nachhaltigkeit. Wie die Strategien und die Positionierung, so lassen sich in der Außenkommunikation Großbritanniens auch die Themen und Botschaften in drei zeitliche Phasen gliedern: Darstellung eines modernen Nationenbildes, Fokussierung auf Werteprojektion und Einbindung in die außenpolitische Strategie. In jeder Phase wurde versucht, Botschaften und Leitthemen zu finden, die den Kern der Strategie auf emotionale und griffige Weise sichtbar machen. Durch die gute Koordinierung der Akteure gelang es zwar, übergreifende Themen mit passenden Sub-Botschaften zu generieren, allerdings wurden die Botschaften zunehmend generischer und unemotionaler. Auf eine einzige Botschaft, die die gesamte Außenkommunikation zusammenfügt und auf den Punkt bringt, konnte sich nicht geeinigt werden. Das Hauptthema nach der Regierungsübernahme war „projecting an up-todate image of modern Britain.“992 Zwar gab es keine übergreifende Botschaft, um dies weiter auszudifferenzieren, jedoch waren die Zielvorgaben von Britain TM und dem Panel 2000 klar genug, um eine fokussierte und emotionale Kommunikation zu gewährleisten. Der Fokus auf die Werteprojektion in der Außenkommunikation wurde in der Public Diplomacy Strategy 2003 ausgebaut. Es wurden entsprechende Themen entwickelt, die bis zum Jahr 2006 von allen Partnerinstitutionen benutzt werden sollten. Sie lauten: „The UK as a principled player in the international arena, with a strong civil society, active NGOs and a commitment to individual liberty; the UK as a business, political and governance partner of choice in a globalising world (particular in the EU accession states and major transnational countries); the UK as a modern, diverse and innovative country...; the UK as a world leader in science and technology (particularly
991
Ernst Haas: Nationalism, Liberalism, and Progress. The Rise and Decline of Nationalism, a.a.O., S. 43. 992 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 1999, a.a.O., S. 38.
290
4 Strategische Außenkommunikation in the USA and other major developed countries); the UK as a world class destination for study, training and tourism (in major educational and tourist markets)“993
Die Themenauswahl und Länderfokussierung zeigen sehr schön die regionale Schwerpunktlegung nach strategischen Prioritäten: Während es in den westlichen Ländern um Imageprojektion, hauptsächlich auf wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Basis ging, wurden diejenigen Werte des Landes, die besonders gut auf die außenpolitischen Ziele einzahlten, wie Offenheit, Diversität, Innovationsfähigkeit, starke Zivilgesellschaft, weltweit eingesetzt, mit besonderem Fokus auf die muslimischen Länder. Hieran zeigt sich, dass auch Großbritannien inhaltich dem no one size fits all-Ansatz verpflichtet ist: Aus einem Komplex verschiedener Themen und Botschaften, die die Ziele der Außenpolitik vermitteln, werden zielgrichtet diejenigen ausgesucht, die besonders auf die jeweilige Region einzahlen. Dies bestätigt auch Ben Bradshaw: „you have to slightly modify your message depending on which international insitution you are dealing with but still maintain a consistent message of a modern liberal democracy.“994
In der Lord Carter Coles Review wurde die thematische Aufteilung der Außenkommunikation von FCO, British Council und BBCWS in Bezug auf die Budgetverteilung untersucht. Es zeigt sich, dass Themen um Terrorismusbekämpfung und die Islamische Welt mit 39 Prozent den mit Abstand größten Anteil am Budget haben, gefolgt von Themen rund um Menschenrechte und Good Governance. Dies zeigt deutlich einen Schwerpunkt der Außenkommunikation auf Themen, die für den arabischen, afrikanischen und asiatischen Raum von Interesse sind. Großbritannien will sich hier hauptsächlich als potente Friedensmacht positionieren. Europäische Themen nehmen dagegen nur 12 Prozent des Budgets ein.
993 994
Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Public Diplomacy Strategy, a.a.O. Interview mit Ben Bradshaw, a.a.O.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
291
Abbildung 17: Thematische Budgetaufteilung des British Council für die Jahre 2004-2005995 In der deutschen Außenkommunikation werden sowohl Themenbereiche als auch – etwa bei Deutschland – Land der Ideen – konkrete Botschaften und Slogans verwandt. Im Gegensatz zu Großbritannien gab es in den letzten Jahren hier keine Änderungen in der Ausrichtung, sondern ein Bemühen um stärkere Stringenz, wie bei Strategie und Positionierung auch. Die Themenbildung ist in drei Komplexe unterteilt: den gesellschaftlich-politischen, den wirtschaftlichtechnologischen sowie den emotional-künstlerischen Bereich.996 Indem in allen diesen Dimensionen regional spezifische Themen kommuniziert werden, soll die Ganzheitlichkeit des Landes abgedeckt werden. Zum ersten Komplex gehört die Darstellung von Deutschlands „intensive[m] Engagement für Demokratie und Frieden in der Welt“997, insbesondere die Kommunikation der Einsätze von Bundeswehr und Hilfstruppen zur Lösung politischer und ökologischer Krisen und der Krisenprävention. Ebenso soll Deutschlands Vorreiterrolle in der Integration der Europäischen Union hier dargestellt werden. Im wirtschaftlich-technolo995
In ganzen Zahlen beläuft sich die Aufteilung folgendermaßen: Islamische Welt: 4.020 Mio. Pfund, Wiedervereinigung Europas: 3.196 Mio. Pfund, Klimawandel und Energie: 4.646 Mio. Pfund, Menschenrechte, Demokratie, Good Governance: 3.5 Mio. Pfund, Schwellenländer: 3.246 Mio. Pfund, Terrorismusbekämpfung: 7.192 Mio. Pfund. Vgl.: Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 40. 996 Vgl.: Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004/2005, a.a.O., S. 194-196. 997 Ebd., S. 194.
292
4 Strategische Außenkommunikation
gischen Bereich soll kommuniziert werden, dass „Deutschland nicht nur bei den traditionellen Industrien Erfolg“998 hat, sondern auch in Nano- und Umwelttechnologie, Polarforschung oder Medizintechnik weltweit führend sei. Es geht zudem um die Standortkommunikation Deutschlands. Im emotional-künstlerischen Komplex schließlich soll herausgehoben werden, dass viele international anerkannte Designer, Modedesigner und Pop-Musiker aus Deutschland kommen und die Bereiche Theater, Film und bildende Kunst herausragend sind. Es geht also um die Vermittlung des modernen Lifestyles, um die Perzeption des Landes der Dichter und Denker zu modernisieren. Auch die Vermittlung von Berlin als Anziehungspunkt für die internationale Künstlerszene gehört hier hinein.999 Während die ersten beiden Komplexe sehr rational argumentieren, besteht hier am ehesten die Möglichkeit, über emotionale Ansprache Themen zu generieren, die internationale Wertegemeinschaften ansprechen. Die politisch-gesellschaftlichen und wirtschaftlich-industriellen Bereiche dagegen ermöglichen bei geschickter Themensetzung, ein Agenda Setting, das Deutschland als zuverlässigen Partner und als wirtschaftlichen Trendsetter darstellt. Die in der Forschung geforderte Mythenbildung ist jedoch über alle Themenkomplexe nur schwer zu erreichen, weil die nötige Emotionalität und die persönliche Betroffenheit sich kaum herstellen lassen. Am ehesten könnte dies im emotional-künstlerischen Bereich erreicht werden oder über sportliche Großereignisse wie die FußballWM. Wie bereits diskutiert wurde, nutzt die Initiative Deutschland – Land der Ideen sowohl Slogan als auch Logo für die Kommunikation. Das Markenzeichen sieht folgendermaßen aus:
Abbildung 18: Logo Deutschland – Land der Ideen Die Dahlien in den Landesfarben sollen die Flagge symbolisieren und gleizeitig auflockernd wirken, um die Schwere einer nationalen Fahne zu nehmen und durch viele Weißflächen, auch im Design der diversen Werbemittel, Leichtigkeit zu vermitteln. Dahlien wurden deshalb verwendet, weil sie von Alexander von 998 999
Ebd., S. 195. Ebd.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
293
Humboldt nach Deutschland eingeführt worden waren und daher nicht nur Schönheit, sondern auch den im Markenkern festgeschriebenen Innovationsgeist der Deutschen symbolisieren sollen.1000 Die beschriebene Problematik einiger Akteure mit der Initiative und ihr Widerstand gegen eine Eingliederung der eigenen Projekte unter das Dach von Deutschland – Land der Ideen lässt sich auch damit erklären, dass allein durch Nutzung des Logos eine sowohl werbliche als auch nationale Bildsprache eingeführt wird. Diese ist bei vielen Projekten und Maßnahmen jedoch nicht angebracht. Insofern gibt auch hier die Nutzung von Logo und Slogan vielerlei Probleme auf. Die Botschaft soll also die Positionierung greifbar machen. Sie bestimmt als Leitbegriff die Umsetzung der Kommunikation. Um das zu leisten, ist es notwendig, die Botschaften aller Akteure glaubwürdig und kohärent zu gestalten sowie themenspezifisch auf die verschiedenen Zielgruppen einzahlen zu lassen. Insofern können die Botschaften der Außenkommunikation auch als Überschriften der in der Kommunikation erzählten neuen und emotionalen Mythen des Landes definiert werden. Eine Verengung der Kommunikationsaussage auf eine einzige Botschaft kann jedoch simplifizierend wirken. Deshalb wird es häufig als kontraproduktiv angesehen, in der Außenkommunikation mit einem einzigen Slogan zu arbeiten. Ziel der Botschaft ist die Aufmerksamkeitsgewinnung zur Durchsetzung der eigenen Agenda. 4.3.3.5 Strategieimplementierung Der Schwerpunkt der Forschung zur Außenkommunikation von Staaten bewegt sich auf der Ausarbeitung und Analyse von Anforderungskriterien für die Kommunikationsstrategie. Zu den Notwendigkeiten bei der Umsetzung der Außenkommunikation – darunter werden die spezifischen Maßnahmen und Instrumente verstanden, die innerhalb der Strategie ausgearbeitet wurden, um die Botschaften stringent und zielgerichtet an die relevanten Teilöffentlichkeiten zu bringen – gibt es dagegen nur wenig Forschungsmaterial. Wenn auf die Umsetzung eingegangen wird, dann häufig anhand von Case-Studies, die spezifisch für den Beleg der eigenen Forschungsthesen herangezogen wurden und in ihren Ergebnissen kaum verallgemeinbar sind. Eine Ausnahme stellen dabei Leuchtturmprojete dar, also große Veranstaltungen mit einer erheblichen medialen Strahlkraft. Diese wurden, besonders in der Nation Branding-Forschung in Bezug auf ihren Nutzen für die Imageverbesserung recht gut analysiert. Dennoch sind die Forschungsergebnisse auch hier deskriptiv angelegt, es erfolgt keine Einordnung im kommu1000
Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2006, a.a.O.
294
4 Strategische Außenkommunikation
nikationswissenschaftlichen oder politischen Umfeld. Dies ist umso bemerkenswerter, da sich erst in der Umsetzung der Kommunikation die Funktionalität der Strategie und ihrer Komponenten zeigt – von der Positionierung über die Ansprache der Zielgruppen und der Möglichkeit der Kooperation zwischen den Akteuren bis zu praktischen Dingen wie Budgetmängeln und der Frage der Notwendigkeit der Einbindung von externen Beratern für die Umsetzung der Strategien. Gleichwohl kann der Forschung kein allzu großer Vorwurf gemacht werden, kaum konkrete Ansätze für Maßnahmeneinbindung in der Strategie vorgegeben zu haben, da diese von Land zu Land variieren. Der Gedanke des no one size fits all ist in diesem Sinne auch auf die kommunizierenden Staaten selbst zu übertragen: Ihre unterschiedlichen Bedürfnisse müssen im Zentrum der Strategie stehen und sind Ausgangspunkt der weiteren Maßnahmen zu ihrer Umsetzung. Aus diesem Grund kann hier nur überblicksweise dargestellt werden, was in der Forschung zu den Maßnahmen angegeben wird. Maßnahmen Melissen / Gonesch empfehlen den Diplomaten in den Auslandsvertretungen Eigenveröffentlichungen aller Art herauszugeben: von einer attraktiven und informativen Website über „brochures, handbooks and magazines“1001 und Newsletter bis zu Filmen, Videos und DVDs. Außerdem sollten Austauschprogramme etabliert werden: „create visitors’ programmes and invite journalists, academics and so-called multipliers of opinions to visit their country“1002 sowie „establish an exchange programme for journalists from the home and host countries...“1003 Als weitere Möglichkeiten der Kommunikation werden „meetings with teachers and organizations, provid[ing] discussion materials and encourag[ing the discussion of]... issues in foreign policy dilemmas“1004 hervorgehoben, wobei besonders auf Notwendigkeit der Ansprache junger Zielgruppen verwiesen wird. Dass gerade junge Menschen durch Public Diplomacy wie auch durch Nation Branding angesprochen werden sollen, ist durch die Erkenntnisse der Stereotypen- und der Markenforschung begründet, die hier übernommen werden: In keiner anderen Altersgruppe sind Images und Nationenbilder ähnlich formbar wie hier. 1005 Die von Melissen / Gonesh vorgeschlagenen Maßnahmen sind keineswegs neu, sondern bedienen ein Standardrepertoire, das schon seit Jahrzehnten den Instrumentenkatalog von PR, politischer Öffentlichkeitsarbeit 1001
Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, Manual, a.a.O., S. 10. Ebd., S. 11. 1003 Ebd. 1004 Ebd., S. 13. 1005 Vgl.: Manfred Koch-Hillebrecht: Der Stoff, aus dem die Dummheit ist, a.a.O., S. 27. Martina Gilles: Il tedesco – perché?, a.a.O., S. 50. 1002
4.3 Literatur- und Quellenstudie
295
und auswärtiger Kulturpolitik formt. Das kritisiert auch Leonard, der solche Maßnahmen zwar als sinnvoll für den Aufbau langfristiger Beziehungen ansieht, jedoch nicht für ausreichend hält, um eine effektive Public Diplomacy zu betreiben.1006 Deshalb sollen die Aktivitäten ausgedehnt und Marketingelemente im Sinne einer integrierten, strategischen Kommunikation stärker genutzt werden.1007 Eine wichtige Maßnahme im Rahmen der Außenkommunikation sind Veranstaltungen jeder Art.1008 Die Nation Branding-Forschung tritt für die Schaffung von Leuchtturmevents ein, besonders im Kultur- und Sportbereich, die durch ihre Strahlkraft ein großes Publikums- wie Medieninteresse generieren. Sie werden als Symbole der nationalen Identität gesehen, die konkrete Anlässe zur Imageverbesserung schaffen. Unter den Schlagwörtern „flagship construction“1009, also dem Bau architektonisch außerordentlicher Bauwerke, und „events branding“1010, der direkten Verbindung zwischen Städten und den Kulturereignissen, die dort stattfinden, werden Ereignisse verortet, die eine ausreichend große Anziehungskraft haben, um Orte zu Magneten werden zu lassen und einen internationalen Kulturtourismus zu beflügeln. Beispiele dafür sind etwa Musikkonzerte wie Live8, Filmfestspiele wie Cannes oder auch die Biennale, architektonische Highlights wie das Guggenheim-Museum in Bilbao oder die Opernfestspiele in Verona oder Bayreuth, aber auch, besonders in den osteuropäischen Ländern der Eurovision Song Contest.1011 Auch die Bewerbung von Städten um den Rang der Europäischen Kulturhauptstadt ist hierzu zu rechnen, ebenso wie die Auszeichnung von Orten als UNESCO Kultur- oder Naturdenkmal und die Bewerbung um die Austragung von Expo Weltausstellungen. Sie schaffen eine feste Verbindung zwischen dem Ort, an dem sie stattfinden und positive kulturelle und wirtschaftliche Konnotationen. Damit zeigen sie neue positive Facetten 1006
Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 20. Ebd., S. 75. 1008 Die Public Diplomacy-Forschung spricht zwar allgemein von der Bedeutung von Sportereignissen für das Image von Staaten, geht jedoch nicht weiter auf die genauen Umsetzungsmöglichkeiten ein. Ausnahme ist die deutsche Forschung, in der die Nutzung der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 für die deutsche Public Diplomacy analysiert wird. Vgl. dazu: Ragna Sieckmann: Die deutsche Public Diplomacy zur Fußball-WM 2006, a.a.O. Die PD-Forschung beleuchtet einen weiteren Aspekt von Events, nämlich Gipfeltreffen, die in den letzten Jahrzehnten deutlich an Bedeutung gewonnen haben und heute zu einem wichtigen Anlass zur medialen Kommunikation von staatlichen Politikvorstellungen geworden sind. Hier ist die PD-Literatur jedoch weniger stark in der Analyse als es die Forschung zur Politischen Kommunikation ist, die Gipfeltreffen im Rahmen von Inszenierungen der Politik und Pseudo-Ereignissen untersucht hat. Vgl.: Jan Melissen: Summit Diplomacy Coming of Age, Den Haag 2006. 1009 Michalis Kavaratzis: From City Marketing to City Branding, a.a.O., S. 70-71. 1010 Ebd. 1011 György Szondi: The Role and Challenges of Country Branding in Ttransition Countries, a.a.O., S. 14. 1007
296
4 Strategische Außenkommunikation
des Nationenbildes auf. Zwar sind die wenigsten dieser Großereignisse mit dem Zweck geplant gewesen, das Image des Ortes zu verbessern, gerade durch ihre Unintentionalität sind sie jedoch glaubwürdig, durch ihre direkte Wirkung außerdem nachhaltig.1012 Kotler und Anholt sprechen sich deshalb dafür aus, kulturelle Leuchtturmprojekte als Teil der Imageplanung eines Ortes zu begreifen.1013 Den größten Einfluss auf das Image eines Ortes haben von allen Veranstaltungen die Sportevents, allen voran die Olympiade. Durch die Vermarktung von Teams, Events und Medienrechten, erklären Rein / Shields, seien der Sport und seine Verbände wie IOC, FIFA, NBA und Formel 1 die Gewinner der Globalisierung: Sie sind milliardenschwer und sprechen ein immer größeres Publikum an. Außerdem lässt der Sport wie kaum ein anderer Bereich eine Verbindung zwischen den Rezipienten entstehen, die sich als Fans sehen und darüber internationale Gemeinschaften bilden – mit anderen Worten Imagined Communities. Dieses Fan-Element kann durch geschickte Außenkommunikation genutzt werden, um die Verbindung vom Team auf den Austragungsort auszuweiten.1014 Die Übertragung von Sportereignissen in Millionen von Haushalten weltweit gibt Ländern die Möglichkeit, sich von ihrer besten Seite zu präsentieren, während die ganze Welt zuschaut. Es reicht jedoch nicht aus, das Großevent ins eigene Land zu holen und auszutragen, vielmehr geht es darum, das Ereignis zu nutzen, um sich vor dem Millionenpublikum positiv und kohärent zu präsentieren. Die Chance zur Repositionierung ist hier auf Grund der emotionalen Aufgeschlossenheit der Fans besonders hoch – sie lässt Aufmerksamkeitsschwellen sinken und richtet die selektive Wahrnehmung der Rezipienten auf positive Aspekte des Landes.1015 Das gelte nicht nur für das Fremdbild, sondern auch für das Selbstbild: denn positive Leistungen und eine angenehme Atmosphäre stärken das nationale Selbstbewusstsein.1016 Als Beispiel für die positive Auswirkung von Sportveranstaltungen auf das Nationenbild werden die Olympischen Spiele in Sydney im Jahr 2000 genannt, die noch heute in Umfragen von 87 Prozent der Befragten unmittelbar mit der Stadt verknüpft werden und gemeinsam mit dem Opernhaus das moderne Bild Sydneys ausmachen.1017 Auch China versuchte auf 1012
Ebd. Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 210-211. 1014 Vgl.: Irving Rein / Ben Shields: Place Branding Sports, a.a.O., S. 73-77. 1015 Ragna Sieckmann: Die deutsche Public Diplomacy, a.a.O., S. 9-11. 1016 Vgl.: Irving Rein / Ben Shields: Place Branding Sports, a.a.O, S. 77. Wie Rein / Shields anführen, kann dieser Punkt allerdings auch von Regierungen missbraucht werden, wie etwa bei der Olympiade 1936 geschehen. Vgl.: Ebd., S. 76. 1017 Vgl.: Graham Brown / Laurence Chalip / Leo Jago / Trevor Mules: The Sydney Olympics and Brand Australia, in: Nigel Morgan / Annette Pritchard / Roger Pride (Hg.): Destination Branding: Creating the Unique Destination Proposition, Oxford 2001, S. 163-185. 1013
4.3 Literatur- und Quellenstudie
297
allen Kommunikationskanälen die Olympiade 2008 zur Selbstdarstellung zu nutzen und sich durch ungeheure Investitionen in allen staatlichen Bereichen als moderne Führungsmacht des 21. Jahrhunderts zu präsentieren.1018 Die Fußballweltmeisterschaft rangiert gegenüber den Olympischen Spielen an zweiter Stelle, was die Prägung des Nationenbildes betrifft, vor allen anderen Sportereignissen. Diese wichtige Stellung der WM für die Imageförderung bestätigte sich während der deutschen Fußballweltmeisterschaft. Der wichtigste Kommunikationskanal für die Außenkommunikation sind die Medien. Melissen / Gonesh definieren Medien als „both a target group and an instrument.“1019 Aus diesem Grund raten sie zu einem proaktiven Kommunikationsansatz, der auch lokale und regionale Medien einschließt sowie das Fernsehen als bisher bedeutendstem Meinungsbildner.1020 Auch Leonard fordert eine proaktive Medienarbeit in der Public Diplomacy und gibt konkrete Maßnahmen vor, um die Medien stärker in die Kommunikation einzubinden. Er fordert: „liaison officers“, also Pressereferenten, für alle Ministerien, stärkere Verbindungen zu den Auslandskorrespondenten in den Hauptstädten, die Einführung eines Government Information and Communication Service zur strukturierten Ansprache der Journalisten, Weiterbildungskurse in PR und Public Diplomacy für Botschaftsangehörige sowie Regierungssprecher, die selbst aus dem Medienbetrieb stammen.1021 Solche Forderungen bilden das Repertoire der Public Relations und der politischen Kommunikation ab. Dass Leonard ihre Implementierung in der Public Diplomacy für nötig hält, spricht für einen geringen Professionalisierungsgrad dieses Bereichs. Tatsächlich lässt sich die Professionalisierung der Praxis der Außenkommunikation anhand der umgesetzten Maßnahmen nachvollziehent. Waren diese Ende der 1990er Jahre noch eher unstrukturiert, folgt ihre Planung und Umsetzung inzwischen recht genau den definierten Außenkommunikationsstrategien. Dies gilt insbesondere für Deutschland. In Großbritannien war nach der Amtsübernahme Tony Blairs eine deutliche Kehrtwende in den Maßnahmen der Außenkommunikation zu sehen. Diese folgte den beschriebenen neuen Politikund Kommunikationsstrategien. Zunächst präsentierten FCO und British Council, aber auch BBCWS und die British Tourist Authority (der Vorläufer von VisitBritain) die aktuellen Entwicklungen in Kunst, Literatur, Design, Musik und Architektur in verschiedenen Projekten, die ihren jeweiligen Zielgruppen und Aufgaben gerecht wurden – von Ausstellungen über Konferenzen bis zu Aus1018
Vgl.: Philip Kotler / Michael Hamlin / Irving Rein / Donald H. Haider: Marketing Asian Places, a.a.O., S. 213. Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, Manual, a.a.O., S. 8. 1020 Ebd., S. 10. 1021 Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 103-104. 1019
298
4 Strategische Außenkommunikation
tauschprogrammen – zur Darstellung des New Britain. Allein das British Council veranstaltete im Jahr 1999 über 3000 Kunstprojekte unterschiedlicher Größe.1022 Im Herbst 2000 gründeten FCO, British Council, Design Council, British Trade International und die British Tourist Authority gemeinsam die Britain Abroad Task Force, um ihre Arbeit im Ausland besser zu koordinieren, „underpin[ning] public sector work on projecting a modern image of the UK overseas.“1023 Es wurde Wert auf große, möglichst medial kommunizierbare Projekte gelegt. Das reichte von der Herausstellung des architektonischen Wertes moderner britischer Auslandsvertretungen über Kampagnen wie NewImages in Australien, UK98 in Japan und NewAccents in Kanada und großen, staatlich geförderten, internationalen Ausstellungen moderner britischer Künstler, der Partizipartion in den Weltausstellungen Lisbon 1998 und der Expo 2000 in Hannover mit großen Pavillons, bis zur Gründung von „one-stop-shops“1024 durch Zusammenlegung staatlicher Dienstleistungen wie British Council und British Tourist Authority. Alle diese Projekte hatten den Zweck, das moderne Britannien visuell und greifbar zu machen. Auf virtueller Ebene wurde die Außenkommunikation durch die Websites der Akteure weiterentwickelt sowie durch spezielle Maßnahmen wie Planet Britain, „a colourful introduction to British culture, lifestyle, business, science and technology, sport, and education“1025 per Internet und CD-Rom, gezielt entwickelt für 18- bis 24-Jährige. Im wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich wurden unter dem Stichwort der Innovation unter anderem internationale Studenten und junge Wissenschaftler über verschiedene Stipendienprogramme (Chevening Scholarships, Marshall Scholarships und Commonwealth Scholarships and Fellowship Plan) verstärkt angeworben. Das Vereinigte Königreich sollte als perfektes Umfeld für die Umsetzung innovativer Ideen darstestellt werden. Etwa 25 Prozent des „global higher education market“1026 sollten auf Großbritannien entfallen, so die Direktive der Regierung, im Post-Doc-Level sollte das Land weltweit führend werden, das heißt am meisten internationale Forscher anziehen.1027 In der zweiten Phase der Außenkommunikation wurde etwa im Bereich der Kulturbeziehungen das Projekt Connecting Futures vom British Council initiiert, das besonders gegenüber einer jungen Zielgruppe in den arabischen Ländern die Botschaft transportieren sollte, dass Großbritannien ein tolerantes und offenes Land sei und der Krieg gegen den Terror kein Kampf gegen den Islam. Entspre1022
Vgl.: Ebd., S. 38-39; 46; Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 2000, a.a.O., S. 75-76; 80. 1023 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 2000, a.a.O., S. 62. 1024 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 1999, a.a.O., S. 39. 1025 Ebd., S. 74. 1026 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 2000, a.a.O., S. 70. 1027 Vgl.: Ebd.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
299
chend ist es „designed to strengthen mutual understanding by means of cooperative projects through schools and youth exchanges.“1028 Gegenüber den USA wurde die Botschaft verbreitet, dass Großbritannien der stärkste Alliierte des Supermacht sei und „shoulder to shoulder“1029, so der Begriff, den Tony Blair am 11. September prägte, mit seinen Freunden steht. Dies wurde unter anderem durch Projekte wie der Solidaritätswoche UKwithNY, vom 14. bis 28.10.2001 umgesetzt, „the largest public/private sector collaborative initiative of its kind, presented over 200 events in partnership with 300 New York business and cultural institutions.“1030 Mit dem G8-Gipfel von Gleneagles im Jahr 2005 versuchte Blair, das nach dem Irak-Krieg angeschlagene Image der britischen Außenpolitik zu restaurieren – und zwar nicht nur durch politische Inhalte, sondern ganz deutlich durch kommunikative Maßnahmen. Gleneagles wurde begleitet vom Life 8-Konzert in London und anderen Metropolen, einem riesigen Benefiz-Pop-Spektakel zur Afrikahilfe. Politikkorrespondenten schwärmen seither von der guten, schnellen und transparenten Pressearbeit, die für ähnliche Politgipfel zum Vorbild wurde.1031 Die Themen des Gipfels waren „the instrumentalities of effecting change – the need to design comprehensive, multinational politics and to understand the sheer interrelatedness of policy challenges.“1032 Dazu gehörte der Kampf gegen den Terrorismus, aber auch eine neue Afrika-Politik sowie notwendige Initiativen zur Abwendung des Klimawandels und seiner Konsequenzen. Gleneagles wird als letzter Coup Tony Blairs gewertet. Es zeigte noch einmal die Grundlinien seiner außenpolitischen Überzeugungen. Es gelang ihm, durch die Themensetzung „new hopes in diplomats and pop stars alike“1033 zu generieren. Aktuell ist das größte Projekt der Selbstdarstellung Großbritanniens sicherlich die Olympiade in London im Jahr 2012. Die Vorbereitungen hierfür laufen auf Hochtouren, das Land will sich damit als junges, offenes und multikulturelles Land positionieren, kehrt also in seiner Vermittlungslogik zu den Anfängen von New Britain zurück. Die Maßnahmen der deutschen Außenkommunikation entsprechen zunehmend den in der Kommunikationsstrategie etablierten Grundsätzen und Leitlinien. Sie werden innerhalb der drei Themenkomplexe (politisch-gesellschaftlich, wirtschaftlich-technisch und emotional-künstlerisch) durchgeführt, wobei auf eine gleichmäßige Abdeckung aller Bereiche geachtet wird. Das wichtigste Kommunikationsereignis war mit Sicherheit und wie beschrieben die Fußball1028
Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 2001, a.a.O., S. 92. Vgl.u.a.: Stuart Millar: Shoulder to Shoulder, Blair and Bush Nominated for Peace Prize, in: The Guardian, 5.2.2002, www.guardian.co.uk, Download: 16.8.2008. 1030 Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Departmental Report 2001, a.a.O., S. 89. 1031 Vgl. u.a.: Tony Blair: A Battle for Global Values, a.a.O., S. 89. 1032 Michael Clarke: Foreign Policy, a.a.O., S. 608. 1033 Ebd., S. 609. 1029
300
4 Strategische Außenkommunikation
WM. Aber auch die politischen Ereignisse des Jahres 2007, EU-Ratspräsidentschaft und G8-Gipfel, wurden, wie dargestellt, im Rahmen von Land der Ideen kommunikativ genutzt. Über diese Großprojekte hinaus wurden verschiedene Deutschlandjahre initiiert. Das wichtigste davon wurde 2005/2006 in Japan umgesetzt. Unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Horst Köhler und dem japanischen Kronprinzen Naruhito fanden 1200 Veranstaltungen aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur statt. Initiiert und koordiniert wurde Deutschland in Japan 2005/2006 vom Auswärtigen Amt, in Kooperation mit dem Goethe-Institut, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und weiteren Mittlerorganisationen, Bundesländern und Städten sowie der deutschen Wirtschaft. Diese sponsorte nicht nur vielfältige Maßnahmen, sondern steuerte auch eigene Projekte bei.1034 Grund für das Großprojekt in Japan war das festgestellte zurückgehende Interesse der jungen Japaner an Deutschland und die überalterten Perzeptionen von Deutschland. Vorbild waren die Kulturjahre Frankreichs und Italiens in Japan 1998/1999 bzw. 2001/2002, die deutlich positive Effekte auf Image, Tourismus und Exporte der Länder mit Japan hatten. Vor allem im Kulturbereich setzte das Goethe-Institut auf Flaggschiffprojekte. Dazu gehörten eine Ausstellung der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden, Gastspiele der Staatsoper Stuttgart, des Hamburg Ballett – John Neumeier und der Berliner Philharmoniker sowie eine Ausstellung mit Meisterwerken der Berliner Museumsinsel. Mit etwa 100 Veranstaltungen präsentierte sich Deutschland als Lifestyle-Land, die wichtigste davon war die Ausstellung moDe!, die die wichtigsten Designer der deutschen Mode-Avantgarde präsentierte.1035 Dem Auswärtigen Amt ging es bei der Darstellung Deutschlands nicht nur um die Aufmerksamkeitsgenerierung, sondern um Nachhaltigkeit: „Die Initiative soll weit in die Zukunft wirken und die Grundlage für einen intensiveren und facettenreichen Austausch auf wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, politischer und kultureller Ebene legen. Deutschland soll in Japan wieder stärker als attraktiver Wirtschaftspartner, traditionsreiche Kulturnation sowie als moderner Bildungs-, Forschungs- und Investitionsstandort wahrgenommen werden.“1036
Das Deutschlandjahr in Japan wird als Erfolg gewertet, das Interesse war groß – unter anderem wurde die Auftaktpressekonferenz in Tokio am 18.9.2004 von rund 350 Journalisten besucht. Mit der Konzeption weiterer Deutschlandjahre soll an diesen Erfolg angeknüpft werden. 1034
Vgl.: Auswärtiges Amt (Hg.): Halbzeit von Deutschland in Japan 2005/2006 – Rück- und Ausblick auf rund 1200 Veranstaltungen, Pressemitteilung, 4.10.2005. 1035 Vgl.: Ebd. 1036 Vgl.: Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004/2005, a.a.O., S. 202.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
301
Im Bereich der täglichen Projektarbeit in der deutschen Außenkommunikation sind besonders zu erwähnen: Das Besucherprogramm, mit dem im Jahr über 1000 internationale Journalisten und Multiplikatoren auf Kosten der Bundesregierung nach Deutschland kommen und über verschiedene Themenbereiche aus der außenkommunikativen Strategie informiert werden; die Mediendialoge im arabischen Raum – hier werden pro Jahr etwa 100 Journalisten zu einem Meinungs- und Erfahrungsaustausch mit europäischen Journalisten eingeladen, sowohl vor Ort im Nahen Osten als auch in Europa; Projekte zur Förderung unabhängiger Medien in Osteuropa und Zentralasien; der Besuch von 250 Messen weltweit zur Darstellung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.1037 Deutschland und Großbritannien nutzen also ein breites Spektrum an Maßnahmen für ihre Außenkommunikation. Anhand der Projekte zeigt sich die Bedeutung, die den regionalen, ganzheitlichen und zielgruppenspezifischen Erfolgskriterien auch in der Praxis beigemessen wird. In beiden Ländern wird zudem Wert darauf gelegt, dass die ausgeführten Maßnahmen unbedingt kongruent sind mit den Leitlinien aus Positionierung und Botschaft der außenkommunikativen Strategie. Die hier beschriebenen Maßnahmen und Instrumente sowie die in der Forschung beschriebenen Anforderungen an Außenkommunikation lassen sich in drei Kommunikationsformen gliedern: Events und Kampagnen mit einer eher kurzfristigen Ausrichtung und einer hauptsächlich asymmetrischen Ansprache. Hierzu gehören etwa die Schiffer-Kampagne, die Deutschland-Jahre oder die Themenwoche Großbritanniens in New York, aber auch die Ausrichtung der Olympiade oder der Fußball-WM. Vorrangiges Ziel dieser Maßnahmen ist es, Aufmerksamkeit bei den Medien und relevanten Teilöffentlichkeiten zu generieren. Zur zweiten Form, der Medienarbeit, gehört die tägliche Pressearbeit der Auswärtigen Ämter und Auslandsvertretungen sowie der Mittlerorganisationen. Die Anspracheform hier ist dialogisch gegenüber den Journalisten, die Medienerzeugnisse jedoch erreichen die Rezipienten als asymmetrische Kommunikation. Ziel der Medienarbeit ist es, durch kontinuierliche, glaubwürdige Ansprache Vertrauen bei den Journalisten zu erlangen und dadurch Einfluss auf die Medienagenda nehmen zu können. Die dritte Kommunikationsform beinhaltet die Implementierung von Netzwerken und die Kommunikation im Netzwerk. Dazu gehören Austauschprogramme, Journalistenreisen und Initiativen zur Stipendienvergabe an ausländische Studierende und Postgraduierte. Die Art der Ansprache hier ist symmetrisch und langfristig. Sie zielt darauf ab, über kontinuierlichen Vertrauensaufbau langfristige Beziehungen zu etablieren und dadurch bei ausgesuchten Meinungsbildnern Imagined Communities zu schaffen. Es wird 1037
Auswärtiges Amt (Hg.): In der Welt, a.a.O., S. 13, 36.
302
4 Strategische Außenkommunikation
damit erneut deutlich, dass auf der gesamten Klaviatur der Kommunikation gespielt werden muss, von asymmetrischer zu symmetrischer Kommunikation, um effektive Außenkommunikation zu betreiben. Auf die Einbindung von Agenturen wird in der Forschung erst für die Umsetzung, nicht aber für die Etablierung der Kommunikationsstrategie Wert gelegt und auch da nur vereinzelt und im Rahmen der Unterstützung existierender Programme. So werden PR-Agenturen etwa bei der Analyse des Nationenbildes unterstützend tätig, indem sie SWOT-Analysen, Meinungsumfragen oder ähnliches tätigen, ebenso bei der Medienarbeit mit relevanten Journalisten.1038 In Deutschland wurde in den letzten Jahren verstärkt mit Agenturen zusammengearbeitet, nicht nur im Bereich von Deutschland – Land der Ideen, die von der Werbe- und PR-Agentur Scholz&Friends entwickelt und in den ersten Jahren Feder führend umgesetzt wurde, sondern auch für die Ausgestaltung verschiedener anderer Großprojekte. Wichtig dabei ist jedoch, dass die Agenturen nur für die Projektarbeit eingekauft werden, nicht für die Gesamtkonzeption der Außenkommunikation. Wie Michael Reiffenstuel es formuliert: „Ich bin davon überzeugt, dass wir auch als Auswärtiges Amt heute Agenturen brauchen, um professionelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Die spannende Frage ist dabei, inwieweit… es Sinn macht, mit deutschen Agenturen zusammenzuarbeiten, oder ob nicht vielmehr noch deutlich stärker auf Agenturen im Gastland zurückgegriffen werden sollte.“1039
Es geht hier also darum, das Know-how vor Ort durch die Einbeziehung lokaler Agenturen zu verbessern, indem diese ihr Netzwerk und ihre Sachkenntnis im Bereich der spezifischen regionalen oder lokalen Kommunikationseigenarten zur Verfügung stellen. Diese These deckt sich mit den Schlussfolgerungen von Manheim / Albritton: In ihrer Auswertung früherer Public Diplomacy-Strategien von Staaten in den USA fanden sie, wie beschrieben, heraus, dass diverse Staaten die regionale Erfahrung und das Netzwerk lokaler Agenturen zur Verbesserung ihrer Kommunikationsmaßnahmen vor Ort nutzten.1040 Generell wird in der Forschung viel Wert auf die Schaffung von Leuchtturmprojekten zur Stärkung des Images und zur Bildung transnationaler Wertegemeinschaften gelegt. Auf andere konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Außenkommunikationsstrategie wird jedoch kaum eingegangen, wobei der Grund dafür hauptsächlich in der Unterschiedlichkeit der Kommunikationsbedürfnisse der Staaten zu finden ist. Dort, wo nähere Instrumente definiert wer1038
Vgl.: Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, Manual, a.a.O., S. 7. Interview mit Michael Reiffenstuel, a.a.O. 1040 Jarol Manheim / Robert B. Albritton: Changing National Images, a.a.O. 1039
4.3 Literatur- und Quellenstudie
303
den, bleibt die Forschung in Standardrepertoirs verhaftet, ein State of the Art der Public Relations wird hier nicht erfahrbar. Dies erscheint als Forschungslücke. In der Praxis dagegen zeigen sich vielfältige Beispiele für Instrumente und Maßnahmen der Außenkommunikation. Hier lässt sich eine zunehmende Professionalisierung herauslesen: War ihre Entwicklung vor zehn Jahren noch eher generisch geprägt, so wird heute versucht, strategiekonform zu handeln und in unterschiedlichen Bereichen Leuchtturmprojekte zu etablieren. Dabei lassen sich drei Gruppen von Maßnahmen in der Außenkommunikation ausmachen. Sie bedienen unterschiedliche Zeitphasen und Zielvorstellungen: Kurzfristige Events und Kampagnen zur Aufmerksamkeitsgewinnung, mittelfristige Medienarbeit zur Einflussnahme auf die Medienagenda im Sinne des Framing und die langfristige Netzwerkkommunikation zur Kreation von Imagined Communities. 4.3.3.6 Wirkungskontrolle Die letzte Phase der Strategie ist die Wirkungskontrolle. Hier werden die in der Strategieentwicklung und –implementierung festgelegten Schwerpunkte und Instrumente evaluiert, um zu hinterfragen, ob die definierten Ziele erreicht wurden und ob die Kommunikationsmaßnahmen in ihrem jeweiligen Feld zu einer positiven Auflösung der Inkongruenz zwischen Selbst- und Fremdbild beigetragen haben. Dies geschieht anhand der Zwischen- und Abschlussevaluation. Die Wirkungskontrolle hat also nicht nur am Ende spezifischer Implementierungen und Maßnahmen zu erfolgen, sondern auch immer wieder während des Arbeitsprozesses. Dabei wird geprüft, inwieweit die Außenkommunikation effektiv ist, ob ihre Wirkungen mit den vorab definierten Zielen übereinstimmen und ob die Zieldefinition ggf. angepasst werden muss. Insofern hat die Wirkungskontrolle immer einen Rückkoppelungseffekt auf die Strategieplanung und -entwicklung. Zwischen- und Abschlussevaluierungen Die Evaluation von Kommunikation ist schwierig – das gilt auch und gerade für die Außenkommunikation von Staaten. Bis heute gibt es hier keine sicheren Evaluationsgrößen, wie etwa kontinuierliche Marktforschung, Nielsen-Ratings oder Media Analyse-Daten, wie es in der nationalen Kommunikation oder im kommerziellen Bereich der Fall ist. Das Bonmot vom Kommunikationschef, der zugibt, die Hälfte seines Geldes zum Fenster hinauszuwerfen, aber nicht zu wissen, welche Hälfte, gilt also erst Recht für die Außenkommunikation. Nur wenige Möglichkeiten der Erfolgsmessung werden in Public Diplomacy und Nation Branding angewandt, professionelle objektive Erhebungsme-
304
4 Strategische Außenkommunikation
thoden liegen dabei kaum vor. Ziel der Evaluierung sollte nach Ansicht der Forschung, wie bei aller Kommunikation, auch hier sein: „1. result measurement: it assesses the outcome of the activities relative to the original goals; 2. learning from the experience: gaining insight into what went well and what went badly; making a list of areas for improvement and suggestions; 3. accounting for spending.“1041
Solche Funktionen der Evaluierung lesen sich jedoch im Vergleich zur Werbewirksamkeitsmessung recht generisch. Recht häufig finden sich in der Literatur Forderungen nach einer Evaluierung einzelner Maßnahmen und Projekte, etwa indem Meinungen der Teilnehmer abgefragt oder Projektberichte von den zuständigen Stellen angefordert werden. Diese bergen jedoch die Gefahr der Schönfärberei durch die persönliche Intention des Berichtenden, die eigene Arbeit möglichst positiv darzustellen. Als dritte Möglichkeit der Evaluierung werden Medienclippings angegeben. Diese geben zwar gute Anhaltspunkte über die Aufnahme einzelner Themen in ausgesuchten Medien, eine kontinuierliche Beobachtung in allen Zielländern ist jedoch teuer, weshalb sie häufig nicht unternommen wird. Deshalb kommen Mellissen und Gonesh zu dem Schluss: „the ultimate impact of an activity is hard to measure, especially in the long term.“1042 Häufig wird auch auf die Durchführung von Meinungsumfragen zur Veränderung des Nationenbildes im Ausland verwiesen, die vor, während und nach spezifischen Maßnahmen oder in festgesetzten Intervallen und in vordefinierten Zielländern durchgeführt werden sollten. Solche Pretest-Posttest-Verfahren funktionieren zwar recht gut mit ausgewählten Sample Groups in spezifischen, abgeschlossenen Märkten, sind jedoch schwer auf Länderkommunikation zu übertragen, da hier Zielgruppen und Streuung zu groß sind. Deshalb lässt sich aus solchen Meinungsumfragen zum Nationenbild nur bedingt eine Aussage über die Effizienz einzelner Initiativen treffen. So liegt Deutschland, wie erwähnt, seit dem Sommer 2006 auf den ersten Plätzen des Länderrankings im Anholt Nation Brand Index, seit dem ersten Quartal 2008 sogar auf dem ersten Platz.1043 Welchen Einfluss die verschiedenen Maßnahmen der Außenkommunikation auf diese Imageverbesserung haben (vorher belegte Deutschland den fünften Platz), ist jedoch völlig unklar und wurde auch nicht erhoben. Insgesamt tut sich Deutschland eher schwer mit wissenschaftlich nachhaltigen Evaluationen der Außenkommunikation. So vermerkt das 1041
Jan Melissen / Ashvin Gonesh: Public Diplomacy: Improving Practice, Manual, a.a.O., S. 15. Ebd., S. 16. Vgl.: GMI: Anholt Nation Brands Index, 2006 Quarter 3, Results for Deutsche Zentrale für Tourismus, Seattle 2006; GMI: The NBI Annual Report: How Has Our World View Changed Since 2005?, a.a.O.; GMI: Special Report Q1 2007, a.a.O.
1042 1043
4.3 Literatur- und Quellenstudie
305
Handbuch für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Ausland unter dem Punkt Erfolgskontrolle folgende Maßnahmen: „Auswertung der Anfragen von Zielgruppen“ – gemeint sind hiermit die Anfragen an die deutschen Auslandsvertretungen zu konkreten Themen oder mit Bitte um Materialien, „Auswertung von Gesprächen hinsichtlich der Häufigkeit von PÖA-Themen (Bedarfsanalyse), Auswertung der Tagespresse hinsichtlich der Häufigkeit von Berichten und Kommentaren, die auf Maßnahmen der PÖA zurückgehen…, Auswertung der wichtigsten Radio- und TV-Sendungen…, Mitversendung kurzer Fragebögen bei der direkten Verteilung von Informationsmaterialien…, Verteilerüberprüfungen… Abfrage zur Einschätzung der Politischen Öffentlichkeitsarbeit insgesamt… Meinungsumfragen.“1044
Dies sind sehr generische Verfahren der Kontrollmessung. Bereits in der Konzeption 2000 der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik wurde die „Einführung moderner Evaluierungsmethoden sowie Kosten-Leistungsrechnung und Controlling“1045 zur Schaffung von größerer Transparenz der Wirksamkeit der Programme und zur Verbesserung der Steuerungsmöglichkeiten vorgeschrieben. Die Einführung dieser Methoden ist jedoch bis heute nur zögernd umgesetzt worden. Auch in den Abteilungen des Auswärtigen Amtes sollten seit 2001 neue Abteilungsziele und Zielvereinbarungen der Referate für größere Transparenz und Nachhaltigkeit der Steuerung sorgen und einen an den strategischen Zielen ausgerichteter Ressourceneinsatz vereinfachen.1046 Inwieweit dies inzwischen umgesetzt wurde und welche Verbesserungen damit erreicht wurden, geht aus den Quellenmaterialien jedoch nicht hervor. Die dargestellten Evaluationsmaßnahmen lassen insofern auf einen geringen Professionalisierungsgrad der Evaluation schließen. Dies wird von Michael Reiffenstuel bestätigt: „Die Evaluierung der Instrumente ist sehr wichtig, auch wie die Instrumente zueinander stehen – Stichwort Cross-Mediale-Kommunikation. In diesem Bereich haben wir mit Sicherheit noch großes Entwicklungspotential.“1047
Die Evaluation der Maßnahmen der Initiative Deutschland – Land der Ideen im Jahr 2006 erfolgte anhand von Markenassoziationen und Medienresonanzstudien. Sie ergab, dass ein halbes Jahr nach Beginn der Projekte die gestützte Markenbekanntheit der Initiative in Deutschland bei 31 Prozent lag, wobei die Be1044
Auswärtiges Amt (Hg.): Handbuch für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Ausland, a.a.O., S. 40-41. 1045 Auswärtiges Amt (Hg.): Auswärtige Kulturpolitik – Konzeption 2000, Berlin 2000, S. 7. 1046 Vgl.: Auswärtiges Amt (Hg.): Bericht zur Auswärtigen Kulturpolitik 2006/2007, Berlin 2007, S. 10. 1047 Interview mit Michael Reiffenstuel, a.a.O.
306
4 Strategische Außenkommunikation
kanntheit in der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen mit 37 Prozent am größten war. Hier ist fraglich, ob die Erfassung der Markenbekanntheit im Inland die richtige Kontrollform für eine als integrierte Kampagne geplante Initiative der Außenkommunikation ist. Auf Basis der durch Clippings festgestellten und hochgerechneten Medienkontakte im Inland wurde außerdem in einem nicht näher dargelegten Verfahren ermittelt, dass es weltweit fünf Milliarden Medienkontakte gegeben hat, in denen Deutschland als Land der Ideen vermittelt und wahrgenommen wurde. Weder die Initiative selbst noch die Bundesministerien machen jedoch nähere Angaben zu der Methodik dieser Erhebungen. Fünf Mrd. Kontakte ist ein derartig hoher Wert, dass die wissenschaftliche Stichhaltigkeit hier mehr als bezweifelt werden kann. Insgesamt lässt sich also sagen, dass die Evaluation der Außenkommunikation in Deutschland noch zu wünschen übrig lässt und noch weit von einem professionellen Standard, wie er in der Wirtschaft gehandhabt wird, entfernt ist. Großbritannien hat sich sehr strenge Regeln für die Einhaltung seiner Ziele in der Außenkommunikation gesetzt. Diese wurden gemeinsam mit den verschiedenen Strategien ermittelt und implementiert. Das bedeutet auch, dass sich die Evaluationskriterien ebenso oft wandelten wie die Strategien. Insofern hat die Evaluierung hier nicht zu einer Steigerung der Kongruenz der Außenkommunikation beigetragen: Sie wandelte sich zu häufig und beschränkte sich auf eine Abfrage des Kosten-Nutzen-Verhältnisses von Maßnahmen der Außenkommunikation anstatt die Auflösung der Inkongruenzen zwischen Selbst- und Fremdbild abzufragen. Da der Nutzen von Außenkommunikation aber nur langfristig festgestellt werden kann, wurden verschiedene Erfolg versprechende Projekte in Folge der Evaluationen aus Effektivitätsmangel wieder eingestellt. Zudem gab es keine einheitlichen Evaluierungen, jede Institution hatte eigene Formen der Wirkungsprüfung. Lord Carter Coles forderte deshalb in seinem Bericht die Etablierung einer Measurement and Monitoring Unit im FCO, als eigenständige Controlling-Abteilung für die Außenkommunikation und Unterstützung für das Public Diplomacy Board. Beide Empfehlungen wurden jedoch nicht umgesetzt.1048 In den Zielen des Public Diplomacy Boards war jedoch festgehalten, dass es ein zentralisiertes Evaluierungssystem etablieren wollte: „Evaluate and monitor the impact of public diplomacy activity over time, through a centralised measurement system.“1049 Erste Schritte dahin sind mit der Einstellung der Beratergruppe River Path Associate gemacht; diese sollten ein gemeinsames Evaluierungsraster für FCO, British Council und BBCWS entwickeln. Allerdings war das Public Affairs Committee des britischen Unterhauses skeptisch, was die Sinnhaftigkeit solcher Gesamtevaluierungen angeht: 1048 1049
Vgl.: Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, a.a.O., S. 55-56. Foreign & Commonwealth Office: Public Diplomacy Group, London April 2006.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
307
„The FCO stated that it was ‚confident’ that the new framework would ‚deliver more coherent reporting of effectiveness in relation to the International Strategic Priorities’. In our last Report we noted that ‚any new means of measuring performance will need to be worth its cost’... The FCO must also ensure it is possible to compare the Council and Services’s performances under any new framework with that under their current performance measures.“1050
Man kann hier ein gewisses Misstrauen in die Notwendigkeit ständiger und übergeordneter Evaluierungen herauslesen. Die häufigen und verschiedenartigen Evaluierungen sieht auch Michael Bird als Problem: „One of the problems we are facing is that in the environment of the public sector in the 21st century in the UK we are under increasing pressure to translate... goals into concrete deliverables... The main difficulty about this is that cultural relations has long-term effects, so it is hard to deliver anything in the short run. This conflicts with most public sector target exercises. What I can do in terms of evaluation is that I can put numbers on projects: The numbers of people directly involved, the ones being reached through the media, etc. Far more interesting would be the question what people do as a result of their attendance to a British Council project.“1051
Es kann deshalb festgehalten werden, dass zu viel Evaluation in zu kurzen Zeitabständen der Konsistenz und Effizienz der Außenkommunikation nicht zuträglich ist. Die Erforschung der Evaluierung und ihrer Methoden befindet sich also in Nation Branding und Public Diplomacy noch in einer frühen Phase. Bisher wurden nur wenige Vorschläge vorgelegt, hier konkrete Zahlen zu erhalten, die objektiv nachvollziehbare Kriterien des Kommunikationserfolgs messen. Hier besteht noch viel Bedarf für Vorschläge der Forschung, auch zur Übernahme bestehender Modelle aus Betriebswirtschaft, PR und Markenführung, wie SWOTAnalysen, Meinungsumfragen, Medienclippings oder Zielgruppenanalysen. Solange jedoch die Akteure der staatlichen Außenkommunikation sich hauptsächlich im staatlichen Bereich bewegen, ist der Außendruck zur Schaffung funktionierender Evaluationsmaßnahmen geringer als im privaten Bereich, da hier auf Grund der traditionellen Ressortaufteilungen nur wenig Notwendigkeit der Seinsrechtfertigung besteht. Außenkommunikation ist schon seit Jahrzehnten Teil der Außenpolitik – wenn auch eben in der Vergangenheit in anderer und weniger strategischer Form – und sie wird es auch weiterhin bleiben. Je geringer die Seinsrechtfertigung ist, desto weniger Erfolgsdruck haben die zugehörigen 1050
The United Kingdom Parliament / Foreign Affairs Committee (Hg.): First Report of the Foreign Affairs Committee, Session 2007-2008, Foreign and Commonwealth Office Annual Report 20062007, London 2007, S. 3. 1051 Interview mit Michael Bird, a.a.O.
308
4 Strategische Außenkommunikation
Stellen. Dies gilt zumindest für Deutschland. Wie das Beispiel Großbritanniens gezeigt hat, kann der Erfolgsdruck auch im staatlichen Bereich erheblich steigen und für konstante Evaluierungen sorgen, die im schlimmsten Falle zu einer Überevaluierung der Außenkommunikation führen können. 4.3.3.7 Resumeé: Strategie der Außenkommunikation In diesem Kapitel wurden die in Nation Branding- und Public DiplomacyForschung dargestellten Erfolgskriterien der Kommunikationsstrategie nach Phasen vorgestellt. Es hat sich gezeigt, dass keine der Phasen für sich allein angewendet werden kann, sondern dass alle Phasen ineinandergreifen, die Außenkommunikation also nur dann erfolgreich und effektiv sein kann, wenn sie alle Bestandteile der Strategie umsetzt. Im Folgenden sollen nun die Ergebnisse der einzelnen Phasen der besseren Übersicht halber noch einmal zusammengefasst werden. Zieldefinition Die Ziele der Außenkommunikation sind in diejenigen auf der Mikro- und Mesoebene einzuteilen, in denen es um die Verbesserung des Nationenbildes geht und in die auf der Makroebene, in der machtpolitische Ziele verfolgt werden. Da die Außenkommunikation nur einen kleinen Teil zum Nationenbild beitragen kann, stellt ihre Zielfunktion auf Makroebene nur einen Stein im Mosaik der staatlichen Interessenpolitik dar. Nichtsdestotrotz leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Vermittelbarkeit dieser Interessenpolitik im Sinne der Soft Power. Je wichtiger dabei Soft Power für die Machtgenerierung wird, desto wichtiger werden Aufbau und Darstellung von Attraktivität für die staatliche Interessenpolitik. Imageverbesserung meint das Ziel der Außenkommunikation, die Inkongruenzen zwischen Selbst- und Fremdbild durch ein geeignetes Selbstkonzept und seine Vermittlung aufzulösen, um ein positives und realitätsnahes Image des Landes zu formen. Aufbauend auf der Schaffung von Win-Win-Situationen im Verständnis- und Beziehungsaufbau soll in der Außenkommunikation Glaubwürdigkeit geschaffen und Vertrauen ausgebildet werden, um relevante Teilöffentlichkeiten zu beeinflussen und darüber einen Imagegewinn zu erhalten. Die Imageverbesserung ist also unterteilbar in Glaubwürdigkeitsgewinn, Vertrauensbildung und Imagegewinn. Als selektive Selbstdarstellung soll sie die politischen Interessen sichern und größtmögliche Kontrolle der Umwelt gewährleisten.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
309
Die Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und Durchsetzung politischer Interessen beschreibt die Ziele der Außenkommunikation auf Makroebene. Die Stärkung der Wirtschaft wird als wichtiger Bestandteil der Außenkommunikation angesehen, weil sie nicht nur zur Förderung des Standorts beiträgt, sondern auch Rückkopplungseffekte auf alle Hexagon-Zielfelder erzeugt. Die Wirtschaft wird deshalb als Sticky Power und vitale Ressource des Staates gesehen, mit direktem Einfluss auf dessen Macht und Handlungsfähigkeit. Außenkommunikation kann als machtpolitische Aktivität begriffen werden, weil sie innerhalb der außenpolitischen Gesamtstrategie das Hauptelement zur Erlangung und Ausdehnung von Soft Power darstellt. Sie dient einerseits der Legitimationsförderung der Außenpolitik und schafft andererseits durch die ihr inhärente positive Imagekonstruktion ein Höchstmaß an Kontrolle über die Darstellung des Landes in den relevanten Teilöffentlichkeiten der Zielländer sowie deren Medien. Analyse Die Analysephase ist unterteilt in die Vorab-Evaluation, die Identitätsbestimmung und die Zielgruppenbestimmung, wobei die Identitätsbestimmung für die Entwicklung der Außenkommunikationsstrategie am wesentlichsten ist. Sie hängt eng mit der Zielgruppenbestimmung aber auch mit der im Rahmen der Strategieentwicklung umgesetzen Positionierung und Botschaft zusammen. Die Vorab-Evaluation bietet die Möglichkeit der Positionsbestimmung eines Staates auf der globalen Landkarte. Sie stellt den ersten Schritt zur Bestimmung der Lücke zwischen Selbst- und Fremdbild dar. Mit Methoden der Meinungsforschung und der Wettbewerbsanalyse bietet sie die Möglichkeit, die Stärken und Schwächen des Ist-Bildes zu erkennen, um durch das darauf aufbauende Soll-Bild eine optimale Ausschöpfung des Aufmerksamkeitspotentials eines Staates vornehmen zu können. Die Identitätsbestimmung ist der Schwerpunkt der Analysephase, denn Außenkommunikation existiert an der Schnittstelle zwischen Image und Identität. Daher ist die Identität in der Außenkommunikation kein Selbstzweck, sondern dient der Überbrückung zwischen Ist- und Soll-Bild, Realität und Image. Objekt der Kommunikation ist also nicht der Ort selbst, sondern das durch Identitätskreation vermittelte Image des Ortes. Dieser wird damit zur Metapher seiner selbst. Die Schaffung einer inkludierenden Identität ermöglicht die Ansprache großer ausländischer Zielgruppen und die Vermittlung eines transnationalen Zusammengehörigkeitsgefühls. Dies kann jedoch nur erlangt werden, wenn die erzeugte Identität als Extrakt des Existierenden in Kultur und Selbstbild der Gesellschaft verankert, emotional und glaubwürdig ist. Das über die Kommunikationsidentität geschaffene Image wiederum muss, in welcher Form auch immer, einen
310
4 Strategische Außenkommunikation
Nutzen für die Selbstverwirklichung und Selektionsentscheidung der relevanten Teilöffentlichkeiten der Außenkommunikation schaffen, damit diese es als Bestandteil ihrer sozialen Identitäten aufnehmen. Nur dann werden die Zielgruppen sich den über Identitäts- und Imagevermittlung geschaffenen Imagined Communities zugehörig fühlen und ihre Perzeptionen im Sinne des Kommunikators abwandeln. Die Zielgruppenbestimmung der Außenkommunikation baut auf der Identitätsbestimmung auf. Sie muss ganzheitlich und gleichzeitig exkludierend sein, um möglichst große Teilöffentlichkeiten so genau, also zielgruppenspezifisch, wie möglich anzusprechen. Das schließt auch eine regionsspezifische Herangehensweise an die Außenkommunikation ein. Denn Außenkommunikation muss vom Rezipienten her gedacht werden, seine Interessen müssen die zu kommunizierenden Themen und Kommunikationskanäle bestimmen. Dabei ist die Kohärenz der Themen untereinander genauso wichtig wie zur Leitidee der Außenkommunikation. Strategieentwicklung In der Phase der Strategieentwicklung erfolgt die kommunikative Positionierung des Landes und, daraus abgeleitet, die Bildung der Botschaft und der SubBotschaften der Außenkommunikation. Eine gelungene Positionierung ermöglicht die Alleinstellung des Staates durch Hervorhebung von Attributen der vorab definierten Identität und von Werten, die unverwechselbar sind. Dies erfolgt mit dem Ziel der Erhöhung des eigenen Handlungsspielraums durch gesellschaftliche Legitimation. Die Positionierung muss vielschichtig sein, also kohärente Sub-Positionierungen beinhalten, um die Vielfalt des Landes und die Ganzheitlicheit des Kommunikationsansatzes abbilden zu können. Die Botschaft bestimmt als Leitidee die Umsetzung der Außenkommunikation und macht den Kern der Strategie sichtbar. Sie ist die Verdichtung der Positionierung und die Übersetzung des Selbstkonzepts in eine griffige Formel. Sie muss glaubwürdig und emotional sein. Die Botschaft ist nicht mit Slogan und Logo zu verwechseln, sondern eher als Überschrift für Geschichten zur Mythenbildung zu sehen. Daraus folgt, dass es verschiedene kohärente Sub-Botschaften geben muss, um alle Mythen darstellen zu können. Ziel der Botschaft ist die Aufmerksamkeitsgewinnung zur Durchsetzung der eigenen Agenda als funktionierendes Deutungsmuster für die relevanten Teilöffentlichkeiten und darüber ihre Mobilisierung im Rahmen der Imagined Communities.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
311
Strategieimplementierung In der Phase der Strategieimplementierung geht es um die Maßnahmen, durch die die Strategie umgesetzt wird. Diese sind in drei Kommunikationsformen zu unterteilen: Events und Kampagnen, Medienarbeit und Netzwerkbildung, wobei jede Kommunikationsform einen anderen Zeithorizont bedient und einen anderen Platz auf der Skala von asymmetrischer zu symmetrischer Kommunikation einnimmt. In der Forschung wird nur wenig über die Kommunikationsmaßnahmen im allgemeinen gesagt, jedoch werden Leuchtturmevents als Symbole nationaler Identität als unabdingbar für eine effiziente Außenkommunikation identifiziert, da sie konkrete Anlässe zur Imageverbesserung bieten. Sie schaffen feste Verbindungen zwischen dem Austragungsland und positiven kulturellen und wirtschaftlichen Konnotationen, schaffen Emotionalität und kreieren neue Mythen. Damit haben sie ein großes Potential zur Schaffung von Imagined Communities, wobei Sportveranstaltungen hier durch internationale Fans das größte Potential bescheinigt wird. Wirkungskontrolle Durch Zwischen- und Abschlussevaluierungen schließlich soll sichergestellt werden, dass die Außenkommunikation effektiv ist und alle Maßnahmen auf die Zieldefinitionen einzahlen. Die Praxisbeispiele zeigen, dass bislang nur wenige Formen der Erfolgsmessung in der Außenkommunikation angewandt werden und auch die Wissenschaft hier bislang keine maßgeblichen Vorgaben zu effektiven Bewertungsmethoden vorgebracht hat. Hier ist also eine Forschungslücke zu benennen. 4.3.4 Die besondere Rolle der Kultur in der Außenkommunikation Kultur und Kulturvermittlung sind wichtige Elemente der Außenkommunikation – ihre Rolle innerhalb der Public Diplomacy wurde bereits eingehend analysiert. Kultur eignet sich als unabhängiger Vermittler von Identität und Werten, der integrierend wirkt und die Rezipienten emotional anspricht – und dies auf einer Vielzahl von Kommunikationskanälen. Deshalb schafft sie einen nachhaltigen Beziehungsaufbau, abseits von tagespolitischen Interessen der Außenpolitik. Kulturkommunikation arbeitet wie beschrieben an der Schnittstelle zwischen Identität und Image, weshalb sie glaubwürdigkeitssteigernd wirkt. Sie bietet also die Möglichkeit, viele der Forderungen und Ziele von Nation Branding und Public Diplomacy umzusetzen, wenn sie kohärent in die Gesamtstrategie eingebunden wird, wie dies in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik der Fall ist.
312
4 Strategische Außenkommunikation
Auch die Nation Branding-Forschung betont den Einfluss von Kultur auf das Nationenbild, sowohl durch die Veränderung des Selbstbildes – indem Kultur die nationale Identität ständig hinterfragt und abändert – auch durch die Beeinflussung des Außenbildes. Dies geschieht im Zielland im direkten Kontakt mit den Rezipienten durch Kulturprodukte wie Film, Theater, Literatur und bildender Kunst, oder aber durch Kulturtourismus und damit durch das direkte Empfinden der Realität des Landes anhand von kulturell vermitttelten Images. Anholt geht besonders stark auf das Kulturthema ein. Er fasst seine Thesen folgendermaßen zusammen: „The cultural aspect of national image is irreplaceable and uncopiable because it is uniquely linked to the country itself; it is reassuring because it links the country’s past with its present; it is enriching because it deals with non-commercial activities; and it is dignifying because it shows the spiritual and intellectual qualities of the country’s people and institutions.1052
Kultur formt also in gewisser Weise moderne Mythen des Landes, indem sie die eigenen sozialen und kulturellen Identitäten verdeutlicht (Stärkung des Selbstbildes) und einer größtmöglichen Anzahl von Rezipienten vermittelt (Stärkung des Fremdbildes). Die Rolle der Kultur ist besonders groß, weil sie als „body of understanding“1053 und „metaphor for personality“1054 die Rezipienten direkt anspricht und einen genuinen Teil des Landes repräsentiert, ohne kommerzialisiert zu sein: „[Culture] alone has the power to turn simple clichés into something more fair, something believable, something rooted in truth and history: something humanist instead of the synthetic, two-dimensional commercial definition of ‚brand’ that we are accustomed to.“1055
Das hier inhärente Kulturverständnis entspricht nicht dem des erweiterten Kulturbegriffs, sondern beschränkt sich auf die klassischen Kulturthemen inklusive Sport und Events. Wie wichtig die Auswärtige Kulturpolitik auch in der Praxis für die Außenkommunikation ist, zeigen die beiden Fallbeispiele. Der Kulturvermittlung wird in Großbritannien seit Gründung des British Council im Jahr 1934 große Bedeutung als Möglichkeit der Selbstdarstellung und Wertevermittlung beigemessen. 1052
Simon Anholt: Introduction, a.a.O., S. 236. Vgl. auch Carmen Calvo: Opening Remarks, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 2-3. 1053 Simon Anholt: Brand New Justice, a.a.O., S. 137. 1054 Ebd. 1055 Ebd.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
313
Dies gilt bis heute, auch wenn die Formen der Durchführung sich immer wieder geändert haben, ebenso wie die Schwerpunktregionen und Strategien. Im Gegensatz zur Vielzahl der Mittlerorganisationen in Deutschland ist die Kulturvermittlung in Großbritannien zentralisiert und wird hauptsächlich vom British Council betrieben, in enger Abstimmung mit den außenpolitischen Strategien des FCO.1056 Das bedeutet, dass die Unabhängigkeit des British Council zwar nominell gegeben ist, es jedoch als verlängerter Arm des FCO wirkt und entsprechend seine Ziele den allgemeinen außenpolitischen Zielen des Landes unterzuordnen hat. Für das FCO ist auswärtige Kulturpolitik: „a sub-set of wide public diplomacy activity: essentially, they view cultural activity as having a value in contributing to the broader effort of winning influence for the UK, and of improving perceptions of the country among target audiences in countries overseas.“1057
Diese Definition stimmt mit der Selbsteinschätzung des British Council überein. Ganz klar hebt das FCO jedoch hervor, dass es laut seiner Auffassung bei den Kulturbeziehungen nicht um puren Altruismus geht: „Taxpayers would be less than understanding if we did not argue that the objective of cultural diplomacy was to win influence and friends overseas.“1058 Auch vom British Council wurde dieser Ansatz immer verfolgt, wenn auch der gegenseitige Nutzen dieser Beziehung auf Augenhöhe in den Vordergrund gestellt wird. Das British Council unternahm seit dem Fall des Ostblocks eine fundamentale Neustrukturierung, in der es seine Arbeit auf eine multipolare Welt ausrichtete und besonders in Osteuropa und Asien sein Engagement stärkte. Weitere deutliche Einschnitte in der Programmplanung entstanden als Reaktion auf die Terrorangriffe vom 11. September und dem 7. Juli in London. Heute sieht es sich als „Partner für Kulturbeziehungen“1059 und damit in einer Rolle, die über das traditionelle Kulturinstitut hinausgeht und mit einem stark erweiterten Kulturbegriff agiert. Wie bereits beschrieben, sieht das British Council es als seine Aufgabe an, für beide Seiten förderliche Beziehungen zwischen Briten und Menschen anderer Länder aufzubauen und bedient sich dazu einer Vielzahl von Maßnahmen der symmetrischen 1056
Außerdem betreiben folgende Institutionen im weiteren Sinne Außenkulturpolitik für Großbritannien und seine Länder: Das Department for Culture, Media and Sport, die verschiedenen Arts Councils der Länder ebenso wie deren Regierungen (wobei hier der Fokus jedoch auf die inländische Kulturarbeit gerichetet ist) sowie im Bereich der Kulturwirtschaftsförderung das Department of Trade and Industry. Vgl.: Robin Baker: The United Kingdom: Foreign Cultural Policy, Paper zur Konferenz Europe – A Union of Cultures?, Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart 2003, S. 2. 1057 Robin Baker: The United Kingdom: Foreign Cultural Policy, a.a.O., S. 2. 1058 Ebd. 1059 Michael Bird: Partnerschaft statt Repräsentation, in: Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.): Kulturreport Fortschritt Europa, Stuttgart 2007, S. 90.
314
4 Strategische Außenkommunikation
und asymmetrischen Kommunikation. Ziel ist der Aufbau von Vertrauen. Als erster Schritt zu diesem Beziehungsaufbau wird die „Verbesserung der Wahnehmung Großbritanniens in anderen Ländern [gesehen] – eine Voraussetzung für ein besseres... Verständnis [des Landes].“1060 Auch hier gilt also: Wahrnehmungsstärkung vor Beziehungsaufbau vor Imageaufbau. Der Dialog und davon abgeleitet das „Prinzip der Gegenseitigkeit“1061 stehen dabei im Mittelpunkt der Bemühungen. Die Evaluierungen der letzten Jahre und der Regierungswechsel von Blair zu Brown haben im British Council zu einer Neudefinition von Cultural Relations geführt, die die aktuell angestrebte multilaterale Netzwerkbildung und den erweiterten Kulturbegriff einschließt.1062 Demnach sind Cultural Relations ganz allgemein definiert als: „the building of engagement and trust between people of different cultures through the exchange of knowledge and ideas.“1063 Ebenso weitgreifend werden die Intentionen der Kulturbeziehungen dargestellt: „Cultural relations builds international trust and understanding, generates opportunities for individuals to fulfil their potential and fosters the co-operation that contributes to a stable world. [It]... is powerful; it promotes co-existence, co-operation, mutual respect and understanding. Cultural relations works over the long term, protects diversity and individual identity and brings the people of the world closer together. [It]... needs to address the great global challenges of its time. For the UK over the coming years these are the need to build intercultural dialogue, create opportunity for people to participate in the knowledge economy and tackle the threat to us all presented by climate change. Our approach to cultural relations harnesses the power of education, the arts and creativity, sport, science, English and governance to build relationships of mutual benefit worldwide and to address global issues. Our vision says the world needs more cultural relations. Our purpose is to respond.“1064
Die klassische Kulturarbeit ist in dieser Definition nur noch ein Aufgabenbereich unter vielen. Die Erweiterung des Kulturbegriffs ist durchaus problematisch zu sehen. Denn sie bringt eine Aufweichung des Arbeitsschwerpunktes des British Council mit sich. Für die Regierung ist das Council letztlich nur eine regierungseigene NGO, die Projekte realisieren kann, die das FCO auf Grund seiner politi1060
Ebd., S. 92. Ebd. 1062 Michael Bird sagt dazu im Wortlaut: „We had a complete turnover of the people in the British government responsible for these policies. We have a new prime minister, a new foreign secretary, a new minister responsible for the British Council. This has brought quite a lot of change. The British Council also has a new secretary who brought in changes more rapidly. He talks about cultural relations only, not at all about public diplomacy.“ Interview mit Michael Bird, a.a.O. 1063 Michael Bird: British Council Strategy, Email vom 4.9.2008. In dieser Email sind Zitate der aktuellen Strategie des British Council enthalten. 1064 Ebd. 1061
4.3 Literatur- und Quellenstudie
315
schen Verwebungen nicht umsetzt – „cultural relations are important in UK foreign policy, but not recognized as such... There is no public debate about cultural relations as there is in Germany.“1065 Diese Sichtweise Birds wird reflektiert in den Aussagen Lucian Hudsons aus Sicht des FCO. Für ihn liegt der Wert des Council darin „that it can reach out in a way that we cannot reach out and they con occupy a space that only they can occupy.“1066 Damit sind nicht die inhaltlichen Komponenten der Kulturvermittlung für ihn ausschlaggebend, sondern die relative Regierungsferne in der Außenwahrnehmung des Instituts. Für Hudson sind die Kulturbeziehungen außerdem ganz klar ein Teil der britischen Außenkommunikation: „[They] are funded by my directorate as part of my public diplomacy. And they work with us to agree what the great policy goals are and where their focus should be.“1067 Die deutsche auswärtige Kultur- und Bildungspolitik hat seit der Wiedervereinigung eine umfassende Neuorientierung durchlaufen, die sich in der Konzeption 2000 manifestierte. Der AKBP wurde hier erstmals ein wichtiger Beitrag zur Lösung außenpolitischer Probleme in einer globalisierten Welt zugeschrieben. Damit ging die bereits beschriebene Erweiterung des Kulturbegriffes einher. Die deutsche AKBP ist insofern an den außenpolitischen Zielen orientiert und werteorientiert, wie in Großbritannien auch. Insbesondere soll sie „einen Beitrag leisten zur europäischen Integration, zur Stärkung von Demokratie, Menschenrechten und zivilgesellschaftlichen Strukturen, gerade in Krisenregionen.“1068 Dennoch wurde die Unabhängigkeit von Kunst und Kultur als bedeutend anerkannt, keiner der kultur- und bildungspolitischen Mittler sollte seine Rolle als Handlanger verstanden wissen: „Pluralismus und regierungsferne Organisation der Mittler garantieren Vielfalt und Unabhängigkeit der Kulturarbeit im Ausland.“1069 Auch unter Erweiterung der Inhalte der AKBP sollte damit die Regierungsferne gewahrt bleiben, um über unabhängige Strukturen weitere Möglichkeiten des Vertrauensaufbaus nutzen zu können. Trotzdem: Die politischen Leitlinien der AKBP werden vom Auswärtigen Amt formuliert und koordiniert, alle durch Regierungsgelder getragenen Mittlerorganisationen sind damit der Erfüllung der hier aufgestellten Grundsätze verpflichtet. Als Schwerpunkte der AKBP wurden in der Konzeption 2000 festgelegt: „die Zusammenarbeit in Bildung und Wissenschaft, der internationale Kulturdialog, der Kunst-, Kultur- und Personenaustausch, die Nutzung und Entwicklung der Me1065
Ebd. Interview mit Lucian Hudson, a.a.O. 1067 Ebd. 1068 Wilfried Grolig / Rainer Schlageter: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Public Diplomacy, a.a.O., S. 550. 1069 Auswärtiges Amt (Hg.): Auswärtige Kulturpolitik – Konzeption 2000, a.a.O., S. 2. 1066
316
4 Strategische Außenkommunikation dien in der internationalen Zusammenarbeit, die Erhaltung und Stärkung der deutschen Sprache als Schlüssel zur deutschen Kultur sowie das Auslandsschulwesen.“1070
Der gestiegenen Rolle der AKBP als „zentrale[m] Element der internationalen Beziehungen“1071 entspricht eine Budgetsteigerung in den vergangenen Jahren nach einer Kosolidierungsphase unter der rot-grünen Regierung und in den Jahren davor.
1989 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Ausgaben Kulturausgaben gesamt in EUR 923 Mio. 1.104 Mio. 1.140 Mio 1.128 Mio 1.106 Mio 1.135 Mio 1.092 Mio 1.173 Mio 1.237 Mio
Veränderung ggü. Vorjahr k.A. -3,2 % +2,6 % -1,1 % -1,9 % +2,6 % -3,9 % +3,9 % k.A.
Davon reine Kulturausgaben im AA in EUR k.A. 547 Mio 576 Mio 567 Mio 559 Mio 558 Mio 546 Mio 548 Mio 569 Mio
Anteil am Bundeshaushalt 0,32 % 0,26% 0,26% 0,25% 0,25% 0,24% 0,23% k.A. k.A.
Ausgaben für AKBP in Deutschland seit 19891072 Aus der Tabelle lässt sich ablesen, dass die Ereignisse des 11. September 2001 auf das Budget der AKBP keine nennenswerten Auswirkungen hatte, trotz der besonderen Rolle, die ihr in politischen Äußerungen zugeschrieben wurde. Vielmehr hat die Amtsübernahme Frank-Walter Steinmeiers als Außenminister eine deutliche Stärkung der AKBP sowohl auf finanziellem als auch auf strukturellem Gebiet nach sich gezogen. Dies betrifft unter anderem die regionale Ausrichtung der AKBP. Bereits in der Konzeption 2000 wurden neue Schwerpunktregionen definiert, die mit denen der allgemeinen Außenkommunikation übereinstimmen: 1070
Ebd. Deutscher Bundestag (Hg.): Neujustierung der Auswärtigen Kulturpolitik, Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, Alexander Bonde, Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/6604, 16. Wahlperiode, Berlin 10.10.2007, S. 1 1072 Auswärtiges Amt (Hg.): Bericht zur Auswärtigen Kulturpolitik 2005/2006, Berlin 2006, S. 13; Auswärtiges Amt: Bericht zur Auswärtigen Kulturpolitik 2006/2007, Berlin 2007, S. 10. 1071
4.3 Literatur- und Quellenstudie
317
„[Der Fokus liegt] in den Nachbarstaaten in Mittel- und Osteuropa, in Schwellenländern und Wachstumsregionen außerhalb Europas sowie in Staaten auf dem Weg zu Demokratisierung und Verwirklichung der Menschenrechte.“1073
Zwar empfängt die Region Europa mit 46% nach wie vor den größten Teil der Ressourcen der AKBP, gefolgt von Lateinamerika, zunehmend sollen die Gelder jedoch in den Nahen und Mittleren Osten sowie nach Asien fließen.1074 Exemplarisch lässt sich diese regionale Neuorientierung und die Veränderungen durch die Medienrevolution der letzten Jahre anhand der Deutschen Welle darstellen. Innerhalb der Mittlerstrukturen wird sie als Akteur der AKBP verortet und ist dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien unterstellt. Von einem reinen Radioprogramm wandelte sie sich in den letzten Jahren zu einem multimedialen Unternehmen, das sich einer „Multiplattformstrategie“1075 verschrieben hat, um die eigenen Inhalte nachhaltig an die relevanten Zielgruppen zu bringen. Das heißt, das Radioprogramm wird zu Gunsten von Internetaktivitäten (seit 1997) und von DW-TV, der Fernsehsektion der Medienanstalt, zurückgefahren. Die verschiedenen Inhalte werden dabei je nach Region und Zielgruppe in 30 Sprachen auf den verschiedenen Plattformen angeboten.1076 Das Ziel des Senders bleibt dabei bestehen: „das Verständnis und den Austausch der Kulturen und Völker zu unterstützen.“1077 Dies lässt sich in die klassischen Ziele der AKBP einordnen. Das arabische Programm von DW-TV wurde 2007 von drei auf acht Stunden täglich ausgebaut, außerdem startete im gleichen Jahr die persische Seite von dw-world.de als neuer Schwerpunkt. Zudem hat eine Kooperation mit Abu Dhabi TV begonnen. In China wird das Internetangebot der Deutschen Welle ebenfalls ausgebaut und zunehmend als unabhängige Informationsquelle genutzt.1078 Der Sender hat sich damit umfangreich neu positioniert. Im Vordergrund steht nicht mehr „ein globaler Auftrag…, sondern die Konzentration auf Ziele, die an bestehende Stärken des Hauses anknüpfen sollten.“1079 Die Strategie der Außenkulturpolitik Frank-Walter Steinmeiers fußt auf drei Bereichen: Zunächst wurde das Goethe-Institut durch eine Konsolidierung seines Budgets gestärkt, danach wurde das Auslandsschulwesen durch einen Auf- und 1073
Auswärtiges Amt (Hg.): Auswärtige Kulturpolitik – Konzeption 2000, a.a.O., S. 4. Auswärtiges Amt (Hg.): Bericht zur Auswärtigen Kulturpolitik 2006/2007, Berlin 2007, S. 9. 1075 Ebd., S. 25. 1076 Vgl.: Ebd. 1077 Ebd. 1078 Ebd. 1079 Hans J. Kleinsteuber: Europäische Öffentlichkeit und europäische Auslandssender, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 11/2008, www.bpb.de/publikationen/9IQ3LD.html, Download: 31.7.2009. 1074
318
4 Strategische Außenkommunikation
Ausbau des Partnerschulnetzes aufgewertet, dann die Außenwissenschaft durch verschiedene Initiativen unterstützt.1080 Das Goethe-Institut mit 777 Instituten in 122 Ländern soll, laut erneuertem Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen Amt, folgende drei Aufgaben erfüllen: Die „Förderung der Kenntnis der deutschen Sprache“ (aktuell lernen jährlich 163.000 Menschen hier Deutsch), die „Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbilds“ sowie die „Pflege der internationalen kulturellen Zusammenarbeit“.1081 Das Auslandsschulwesen soll ausgebaut werden, um ein Netz von Partnerschulen zu etablieren, in denen nicht nur deutsche, sondern vor allem Schüler aus den jeweiligen Regionen eine Ausbildung nach deutschen Bildungsstandards erhalten. Schwerpunktregionen sind auch hier Asien, der arabische Raum sowie Osteuropa. Ziel ist es „ein weltweites Netzwerk von mehr als 1000 Partnerschulen auszubauen, um langfristig den Standort Deutschland zu stärken.“1082 Die Stärkung der Außenwissenschaft soll durch verschiedene Initiativen erfolgen, zu denen neben der Verstärkung der Stipendienvergabe an ausländische Studierende auch die Eröffnung eigener deutscher Universitäten gehört (z.B. in Shanghai, Kairo und Istanbul) sowie die Einrichtung internationaler Studiengänge und Postdoktorandenprogramme in Deutschland.1083 Den größten Wandel hat die AKBP jedoch durch ihre Neudefinition als Fundament der Außenpolitik erfahren. Sie ist damit nicht mehr nur eine gleichberechtigte Dritte Säule der Außenpolitik, sondern wird als notwendige Basis für sämtliche außenpolitischen Betätigungen in allen Politikfeldern gesehen. Nach diesem Verständnis soll die Außenkulturpolitik „ein Grundverständnis schaffen, auf dem Außenpolitik aufbaut.“1084 Dies bestätigt auch Cord Meier-Klodt: „Die Kulturarbeit [ist]… das Fundament, auf dem alle anderen Politikbereiche aufbauen. Sie bereitet das Werteverständnis vor. Ich denke, dass dieses Bild richtiger ist als das Säulenmodell. Allerdings bedarf es hier eines deutlich erweiterten Kulturbegriffs, wie er ja auch vorhanden ist.“1085
Die Zusammenlegung der beiden Abteilungen Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt ist Ausdruck dieser neuen Definition der Außenkulturpolitik. Man kann hier von einem Paradigmenwechsel sprechen, der die Bedeutung der AKBP neu vermisst: Die „Anziehungskraft Deutschlands“1086 kann demnach nur 1080
Auswärtiges Amt (Hg.): Wo die Musik spielt, a.a.O., S. 11. Ebd. 1082 Ebd., S. 8. 1083 Ebd., S. 12; 19-21. 1084 Ebd., S. 4. 1085 Interview mit Cord Meier-Klodt, a.a.O. 1086 Auswärtiges Amt (Hg.): Wo die Musik spielt, a.a.O., S. 4. 1081
4.3 Literatur- und Quellenstudie
319
durch eine verzahnte Kommunikations- und Kulturpolitik im Ausland in vollem Umfang gestärkt werden. Die hier beschriebene Neudefinition belegt das geänderte Verständnis von Kultur und Kommunikation in der Außenpolitik. Sie werden in Deutschland nicht nur als wichtiger Teilaspekt der gesamtpolitischen Strategie gesehen, sondern als genuiner Bestandteil aller außenpolitischen Prozesse. So sollen zunächst die Perzeptionen der Zielgruppen und Meinungsbildner geändert werden, um darauf aufbauend, die eigenen politischen Ansichten besser durchsetzen zu können. Daraus kann gefolgert werden, dass die Erlangung von Soft Power zu einem Außenpolitikziel Deutschlands geworden ist, das als gleichbedeutend mit der Hard Power angesehen wird. Die Probleme der auswärtigen Kulturpolitik und der Kulturkommunikation wurden bereits angesprochen. Sie liegen hauptsächlich in der Instrumentalisierung der Kultur zur Verwirklichung außenpolitischer Ziele, einhergehend mit einer Kulturpolitik als Mentalitätspolitik mit dem Ziel der Beeinflussung von Werten und Perzeptionen der Rezipienten. Durch die soziopolitische Auslegung von Kultur im erweiterten Kulturbegriff wird dieser Umstand noch verstärkt. Die Kulturarbeit an der Schnittstelle zwischen Image und Identität zur Unterstreichung der Glaubwürdigkeit der Identitätsdarstellung des Staates ist also Mittel zum Zweck der Erreichung einer stärkeren Soft Power, egal ob sie dialogisch oder asymmetrisch angelegt ist.1087 Dies wurde in der Erforschung der Außenkulturpolitik bereits dargestellt, wie etwa anhand Zaharnas Definition als „new frontier for defining identities and allegiances“1088 deutlich wurde. Auch Peiserts beschriebenes Modell der kulturellen Kommunikation zwischen hegemonialer Selbstdarstellung und kooperativem Austausch ist in diesem Sinne deutbar.1089 Kultur ist also auf verschiedenste Weise ein wichtiger Faktor für die Strategische Außenkommunikation. Ihre primäre Funktion ist es, das Nationenbild zu verbessern, indem sie die Rezipienten emotional anspricht und für den eigenen Staat interessiert, indem sie die Werte und die Identität des Landes darstellt. In kulturellen Projekten wird dies auf einer Ebene getan, die nicht politischwirtschaftlich ist und deshalb nicht mit staatlicher Intentionalität in Verbindung gebracht wird. Gleichwohl ist sie dies jedoch, denn in der Außenkommunikation wird die Kultur zum Zweck der Imageverbesserung instrumentalisiert. Als Vermittler von staatlicher Attraktivität ist die Kultur auch eine wichtige Ressource von Soft Power. Als solches ist die Einarbeitung der Außenkulturförderung in die Strategien der Außenkommunikation auch als eine Antwort auf die Tendenzen der Vereinheitlichung der Welt durch die zunehmende Kommerzialisierung zu sehen: Kultur eröffnet die Möglichkeit, die eigene Identität auf positive und 1087
Vgl.: Ebd.; John M. Mitchell: International Cultural Relations, London 1986, S. 5. Rhonda S. Zaharna: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, a.a.O., S. 2. 1089 Vgl.: Hansgert Peisert: Die Auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O. 1088
320
4 Strategische Außenkommunikation
inkludierende Weise darzustellen und sich trotzdem von anderen Ländern deutlich abzuheben. Vlahos spricht im Zusammenhang der Rezipientenansprache davon, dass Kultur verschiedene cultural areas bediene. „If culture is reality, then the broader cultural community – or culture area – forms the living boundaries of that reality... Local patriotism and tribal identity linger, but the larger reality for the world’s tribes is their culture area... The great globe itself is a series of culture area villages.“1090
Was Vlahos definiert, sind Imagined Communities durch Kultur. Insofern bietet die Einordnung der Kultur in die Außenkommunikation die Möglichkeit, diese culture areas oder Imagined Communities direkt anzusprechen. Diese Direktansprache, die ursprünglich genutzt wurde, um mit Hilfe eines Kulturkanons Nationalstaaten zu formen, wird dadurch erweitert auf die Außenkommunikation, wird inkludierend und soll zur Repositionierung des Staates führen. Die im Nation Branding dargestellten Methoden der Einbindung von Kulturevents und Leuchtturmveranstaltungen in die Außenkommunikation können vor diesem Hintergrund als Invention of Tradition interpretiert werden: Es sind Inszenierungen sozialer und kultureller Identität durch Schaffung wiederkehrender Rituale, die eine größtmögliche Anzahl von Rezipienten auf emotionale Weise ansprechen sollen. Wie bei den Initiativen zur Formung von transnationalen Imagined Communities geht es hier nicht mehr um die Festigung nach innen, sondern um die inkludierende Selbstdarstellung nach außen. 4.3.5 Resumeé: Warum wir Strategische Außenkommunikation meinen, wenn wir von Public Diplomacy und Nation Branding sprechen Durch die Literatur- und Quellenstudie konnten die am Anfang der Arbeit aufgestellten Hypothesen belegt werden. Dies beginnt mit der grundlegenden Annahme, dass Nation Branding und Public Diplomacy große Schnittmengen haben und die Forschungsergebnisse beider Ansätze benötigt werden, um effektive Außenkommunikation zu betreiben. Insofern kann Szondis eingangs aufgeführter These widersprochen werden, dass der zentrale Punkt der Übereinstimmung zwischen beiden Bereichen die Forderung nach einem nachhaltigen Beziehungsaufbau ist. Vielmehr lassen sich Übereinstimmungen auf allen inhaltlichen und intentionalen Ebenen finden. Meist ist es zudem so, dass sich die Forschungsansätze ergänzen, da Public Diplomacy im politisch-diplomatischen Bereich stärker ist und Nation Branding im Bereich der wirtschaftlichen Analyse und der Mar1090
Michael Vlahos: Culture and Foreign Policy, in: Foreign Policy, 82, Spring/1991, S. 60.
4.3 Literatur- und Quellenstudie
321
kenführung. Zudem ist eine Abgrenzung zwischen beiden Bereichen in der Praxis überhaupt nicht möglich, weil hier Inhalte beider Ansätze entweder unter ganz anderem Namen oder unter nur einem Namen zusammenfließen, wie die Fallbeispiele Großbritanniens und Deutschlands zeigten. Es ist deshalb der mangelnden Interdisziplinarität beider Ansätze geschuldet, dass diese Übereinstimmungen nicht genutzt wurden, um die Forschung zur Außenkommunikation weiter voranzutreiben. Das gilt nicht nur für die Ergänzungen zwischen Public Diplomacy und Nation Branding, sondern auch für die Anknüpfungen an Erkenntnisse der PR- und Marken- und Nationalismusforschung sowie der politischen Kommunikation. Die Literatur- und Quellenstudie hat immer wieder gezeigt, wie groß die Überschneidungen zwischen den Thesen der Außenkommunikation und denen dieser Forschungsbereiche sind. Ebenso konnte durch die Literatur- und Quellenstudie nachgewiesen werden, warum Außenkommunikation strategisch und integriert ist: Zwölf der sechzehn nachgewiesenen Erfolgskriterien gehören in diese beiden Bereiche. Wenn nun aber nachgewiesen ist, dass effektive Außenkommunikation sowohl die Erkenntnisse der Public Diplomacy als auch des Nation Branding benötigt und dass es sich dabei um strategische und integrierte Kommunikation handelt, wird klar, dass die Grundthese der Arbeit richtig war: Die Einführung des Begriffs der Strategischen Außenkommunikation ist die konsequente Weiterentwicklung der Forschungs- und Praxisentwicklung der letzten Jahre. Als Hypothese auf Mikroebene wurde aufgestellt, dass Strategische Außenkommunikation als Teilbereich der Public Relations angesehen werden kann und es sich dabei um politische Kommunikation nach außen zur Legitimation durch Kommunikation handelt, umgesetzt durch Glaubwürdigkeitsgewinn, Vertrauensbildung und Imagegewinn. Strategische Außenkommunikation fungiert außerdem an der Schnittstelle zwischen Image und Identität. Diese Hypothese wurde durch die Erfolgskriterien Glaubwürdigkeit, Ganzheitlichkeit, Imageverbesserung und Identitätsbestimmung belegt. Die zweite Hypothese besagte, dass Strategische Außenkommunikation auf der Mesoebene die Funktion hat, Imagined Communities zu etablieren. Hier ist sie zudem als Ausprägung der Mediatisierung von Außenpolitik zu verstehen. Diese Hypothese wurde durch die Erfolgskriterien Netzwerk und Dialog, Einbindung in die gesamtpolitische Strategie, Innenwirkung der Außenkommunikation, Identitätsbestimmung, Zielgruppenbestimmung und Positionierung belegt. Auf der Makroebene, so die dritte Hypohese, zeigt sich Strategische Außenkommunikation als machtpolitische Aktivität im Sinne der Soft Power und trägt zur Schaffung einer eigenen Medienwirklichkeit bei. Dies wurde belegt anhand des Erfolgskriteriums Verbesserung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und Durchsetzung politischer Interessen.
322
4 Strategische Außenkommunikation
Durch die beiden Fallbeispiele Großbritannien und Deutschland ließen sich zusätzliche Erkenntnisse über den Ablauf von Außenkommunikation in der Praxis gewinnen. Dabei ließ sich für beide Länder nachweisen, dass die Außenkommunikation in den letzten Jahren eine deutliche Aufwertung erfahren hat, die sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien einem Paradigmenwechsel gleichkam und auf einem mediatisierten Politikverständnis fußte. Ähnlich wie die politische Kommunikation hat sich die Außenkommunikation in beiden Ländern deutlich professionalisiert. Trotz aller Probleme, die es in der täglichen Umsetzung gibt, wird sie strategisch geplant und integriert umgesetzt. Die Koordination der verschiedenen Akteure der Auslandskommunikation hat sich in diesem Sinne deutlich verbessert. Für die jeweiligen Länder lassen sich zudem folgende Ergebnisse herauslesen: Im Vereinigten Königreich wurde nach dem Wahlsieg Tony Blairs 1998 die gesamte Politik einer strategischen Ausrichtung mit ständigen Erfolgskontrollen unterzogen. Dies gilt auch für die Außenkommunikation. Hier wurden Strategieentwicklung und -implementierung seitdem mit einer neuen Dringlichkeit gehandhabt. Allerdings – und hier zeigt sich das Defizit der britischen Außenkommunikation – wurden ihre Strategien in zehn Jahren dreimal geändert. Kontinuität und Nachhaltigkeit konnten sich auf diese Weise nicht entwickeln. Trotzdem: Die Themen der Außenkommunikation wurden politischer und rationaler, außerdem kohärenter mit der politischen Gesamtstrategie. Die Schaffung einer einzelnen Botschaft für die gesamte Außenkommunikation wurde nicht als sinnvoll erachtet, stattdessen wurden Themenbereiche gesetzt. Ziel der Themensetzung war es, die außenpolitischen Ziele kommunikativ an internationale Öffentlichkeiten zu vermitteln. Die in der Forschung benannten Erfolgskriterien wurden in der britischen Außenkommunikation in großen Teilen umgesetzt, durch die zu starke Fokussierung auf Politik und Rationalität wurde jedoch viel möglicher Themenimpakt verschenkt. Vor dem Hintergrund der Mediatisierung zeigt sich deshalb ein doppeltes Bild: einerseits bietet die Ausrichtung der Kommunikation auf die Außenpolitik großes Potential für die Selbstmediatisierung, weil ständig an deren Vermittelbarkeit gearbeitet wird; andererseits waren die Themen so global gewählt, dass Nachrichtenwerte nur schwer bedient werden konnten. Ebenso wirft die starke Einbindung der Außenkommunikation in die Ziele der außenpolitischen Gesamtstrategie das Problem der Verengung auf, eine ganzheitliche Kommunikation ist vor diesem Hintergrund nur noch schwer zu bewerkstelligen. Deutschlands Außenkommunikation hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich professionalisiert und basiert heute auf stringenten und langfristigen Strategien. Das gilt sowohl in Bezug auf die Positionierung, als auch für die verschiedenen Substrategien zur ganzheitlichen Darstellung des Landes und für
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
323
die regionale Themenfindung im Sinne des no one size fits all. So hat sich auch die Zusammenarbeit mit den nicht-staatlichen Akteuren sowie den verschiedenen Mittlerorganisationen verbessert, auch wenn hier weiter Koordinierungsbedarf besteht, um Synergien besser nutzen zu können. Vor allem aber hat Deutschland in den letzten Jahren verschiedene Anlässe genutzt, um diese als Leuchtturmevents zur Imageverbesserung zu gestalten. Allen voran war dies die FußballWeltmeisterschaft 2006. Die deutsche Außenkommunikation wird heute als aktives Instrument zur Stärkung der eigenen Soft Power gesehen. Sie ist integriert, aber im Gegensatz zu der britischen sind die hier genutzten Themen nicht direkt abhängig von der außenpolitischen Strategie des Landes. Dafür wurde eine genuine Stabsstelle für Außenkommunikation im Auswärtigen Amt geschaffen. Der Stellenwert der Außenkommunikation und der AKBP innerhalb der deutschen Außenpolitik wurde damit deutlich aufgewertet.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz: Strategische Außenkommunikation aus Sicht der Kommunikationswissenschaft Die Literaturstudie hat gezeigt, dass es in der Nation Branding- und Public Diplomacy-Forschung nicht darum geht, die Auswirkungen auf der Makroebene zu analysieren, sondern um die Darstellung von Außenkommunikation als strategischer Managementfunktion. Hier sollen nun die in der Literaturstudie erarbeiteten Erfolgskriterien beider Ansätze mit den in den ersten Teilen der Arbeit vorgestellten Forschungsergebnissen der PR-Forschung und der politischen Kommunikation kontextualisiert werden. Auf diese Weise soll ein umfassendes Verständnis für die Strategische Außenkommunikation auf allen Ebenen möglich werden. 4.4.1 Strategische Außenkommunikation als Ausdruck integrierter Kommunikation und als Managementfunktion Durch die Eingliederung der Außenkommunikation in den gesamtpolitischen Prozess entsteht eine neue Steuerungsebene der Gesamtkommunikation, die Strategische Außenkommunikation wird als strategische Managementfunktion wahrgenommen. Integrierte Kommunikation und strategische Kommunikation überschneiden sich gerade in der Außenkommunikation vielfach, da die Integration der verschiedenen Akteure essentieller Bestandteil der strategisch ausgerichteten Öffentlichkeitsdarstellung ist. Die Integration der Kommunikation erlaubt
324
4 Strategische Außenkommunikation
es auch, Elemente klassischer Öffentlichkeitsarbeit mit denen des Marketing zu kombinieren, wenn beide innerhalb der vorab definierten Kommunikationsstrategie ihre Bedeutung haben. Dies führt zu einer zunehmenden Vermischung von PR und Marketingmaßnahmen in der Strategischen Außenkommunikation. Die vorab für die PR geleistete Definition der integrierten Kommunikation lässt sich damit auch auf die Strategische Außenkommunikation übertragen. Sie ist als ein Managementprozess zur Steuerung des Imageprofils zu verstehen, bei dem die Kommunikationsinstrumente in eine bestimmte Richtung hin zu analysieren, planen, organisieren, implementieren und kontrollieren sind. Aus den Ergebnissen der Literaturstudie kann deshalb hier folgendes Modell für die Strategische Außenkommunikation aufgestellt werden:
Abbildung 19: Strategische Außenkommunikation als Form integrierter Kommunikation, eigene Darstellung unter Rückgriff auf Iris Guerys Schema der integrierten Kommunikation in der PR1091
1091
Vgl.: Iris Guery: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations, a.a.O., S. 17.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
325
Die Strategische Außenkommunikation als Form integrierter Kommunikation und strategische Managementfunktion teilt sich auf in einen inhaltlichen und einen organisatorischen Bereich. Inhaltlich wird sie in Strategiephasen umgesetzt, direktes Ziel ist die Verbesserung der Außenkommunikation. Auf organisatorischer Ebene ist sie als Stabsstelle der Regierung bzw. eines Ministeriums hierarchisch hoch angesiedelt und hat damit sowohl Weisungs- und Entscheidungskompetenzen inne, als auch ausreichende Human- und Finanzressourcen, um entsprechend agieren zu können. Sowohl die Faktoren des inhaltlichen als auch des organisatorischen Bereichs sind nötig, um die angestrebte Effizienzsteigerung und die gesteckten Effizienzziele zu erreichen. Nur so ist eine erfolgreiche, effiziente Kommunikation möglich. Eine so ausgeführte Strategische Außenkommunikation wiederum ist in der Lage, ihren Beitrag zur Zielerreichung der Außenpolitik und zur Sicherung des Machteinflusses in den internationalen Beziehungen zu erreichen. 4.4.2 Überschneidungen zwischen den Erfolgskriterien Strategischer Außenkommunikation und den Prinzipien exzellenter internationaler PR Die im Rahmen der Literatur- und Quellenstudie herausgefilterten Erfolgskriterien stimmen größtenteils mit den von Vercic / Grunig / Grunig aufgestellten Prinzipien exzellenter internationaler PR1092 überein. In der Übertragung dieser Prinzipien auf die Strategische Außenkommunikation lässt sich folgendes feststellen: 1. Einbeziehung von PR in das strategische Management: Dies ist in Bezug auf die Strategische Außenkommunikation ein Kriterium, dargestellt anhand der integrierten Kommunikation und des Erfolgskriteriums der Einbeziehung der Außenkommunikation und ihrer Strategien in die gesamtpolitische Strategie. 2. Stärkung von PR durch direkte Beziehungen zum Senior Management: Senior Management kann in diesem Fall durch Regierung übersetzt werden: Die Literatur- und Quellenstudie zeigt, dass Strategische Außenkommunikation klare Führungsrollen braucht und als Stabsstelle hierarichisch hoch angesiedelt sein muss, um ihre Koordinierungsfunktionen übernehmen zu können. 3. Entwicklung von Koordinationsmechanismen zur Umsetzung integrierter PR: Dieser Punkt ist in den Erfolgsfaktoren Ganzheitlichkeit und integrierte Kommunikation inhärent, gerade auf Kooperationen und die Einbeziehung aller, auch nicht-staatlicher, Akteure wird großer Wert in der Strategischen Außenkommnikation gelegt. 1092
Vgl.: Dejan Vercic / Larissa A. Grunig / James E. Grunig: Global and Specific Principles of Public Relations, a.a.O., S. 37-40.
326
4 Strategische Außenkommunikation
4. PR als Managementfunktion ist von anderen Managementabteilungen unabhängig: Auch das gehört zum Erfolgskriterium der integrierten Kommunikation, hier geht es um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Wenn Strategische Außenkommunikation zudem als Teil der gesamtpolitischen Strategie verstanden wird, muss ihr die gleiche Bedeutung zugemessen werden, wie anderen Abteilungen auch. 5. PR-Praktiker erfüllen sowohl die Rolle des strategischen Planers als auch die des Praktikers: Dies ist besonders in den Auslandsvertretungen der Auswärtigen Ämter und der Mittlerorganisationen der Fall. Dieses Prinzip manifestiert sich in der Strategischen Außenkommunikation in der Forderung nach einer neuen Rolle der Diplomaten als „boundary spanner, ...facilitator and entrepreneur.“1093 6. Symmetrisches und asymmetrisches Modell der PR kommen in einem mixed-motive-model gemeinsam zum Tragen: Dies ist ein tragender Pfeiler der Strategischen Außenkommunikation. Sie kann nur dann optimale Aufmerksamkeits- und Zielgruppenpotentiale ausschöpfen, wenn sie alle Bereiche auf der Skala von symmetrischer bis asymmetrischer Kommunikation bespielt. 7. Interne PR wird symmetrisch betrieben: Übersetzt man interne PR mit Kommunikation in den Organisationen, die Strategische Außenkommunikation durchführen, dann werden zu diesem Punkt keine Äußerungen in der Literatur getätigt. Stellt das Prinzip dagegen die Kommunikation im Land selbst dar, als Innenkommunikation also, dann gilt es für die Strategische Außenkommunikation nicht, da auch hier das mixed-motive-model zum Tragen kommt. Allerdings zeigt das Erfolgskriterium Identitätsbestimmung, wie wichtig es ist, hier ein integratives und glaubwürdiges Imagekonzept zu finden. Dies bedingt eine dialogische Orientierung unter Einbeziehung von Akteuren aus allen Bereichen des Staates. Die enge Verbindung von außen und innen in der Strategischen Außenkommunikation ist eine Übertragung der Thesen zur externen und internen Kommunikation in der Public Relations. 8. Exzellente PR fördert gut ausgebildete Mitarbeiter: Die Forderung der Literatur nach neuen Ausbildungswegen für Diplomaten und Staatsbeamte im Bereich der Strategischen Außenkommunikation spiegelt diesen Punkt wider. Zwar ist der Professionalisierungsgrad hier noch längst nicht vergleichbar mit dem der PR-Manager in Unternehmen, erste Schritte zu besseren Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Akteure Strategischer Außenkommunikation wurden jedoch unternommen. 9. Widerspiegelung der Komplexität der relevanten Umwelt in der Zusammensetzung der PR-Abteilung: Dieser Punkt wird innerhalb der Ganzheitlichkeit 1093
Brian Hocking: Multistakeholder Diplomacy, a.a.O., S. 8.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
327
und der Integration nicht-staatlicher Akteure abgehandelt. Je besser alle Teilbereiche der Gesellschaft innerhalb der Strategischen Außenkommunikation abgedeckt sind, desto glaubwürdiger und konsensfähiger ist die resultierende Kommunikation in Strategie und Umsetzung. Das hohe Maß an Übereinstimmung der Thesen Vercics et al. Mit den dargestellten Erfolgskriterien der Strategischen Außenkommunikation manifestiert die zunehmende Professionalisierung im Bereich der Strategischen Außenkommunikation. Die Übereinstimmung ist somit ein weiterer Beleg für die Einordnung Strategischer Außenkommunikation als Teilbereich der PR. 4.4.3 Nur so stark, wie das schwächste Glied: Grundprinzipien und Erfolgskriterien im Abhängigkeitsmodell Die Grundprinzipien und Erfolgskriterien Strategischer Außenkommunikation sind nicht als einzelne Bereiche zu betrachten, sondern als voneinander abhängige, ineinandergreifende Elemente in Konzeption, Strategie und Umsetzung. Sie müssen allesamt beachtet und in toto umgesetzt werden, um effektive Strategische Außenkommunikation zu betreiben. Im folgenden Modell wird zum besseren Verständnis der Verzahnung eine Visualisierung der Verbindungen der einzelnen Faktoren vorgenommen:
Abbildung 20: Modell des Abhängigkeitsverhältnisses der verschiedenen Erfolgskriterien, eigene Darstellung
328
4 Strategische Außenkommunikation
Die in der Strategischen Außenkommunikation angestrebte Komplexitätsreduktion als Funktion für den Rezipienten kann nur erreicht werden, wenn dieser der Kommunikation vertraut und daher bereit ist, sich überzeugen zu lassen und seine eigenen Bilder den dargestellten Images anzupassen. Das Ziel glaubwürdiger Kommunikation ist daher der Vertrauensaufbau, der wiederum eine Möglichkeit vermehrter Einflussnahme, besonders im publizistischen System, darstellt. Analog zu den Thesen der PR-Forschung kann also für die Strategische Außenkommunikation definiert werden, dass Glaubwürdigkeit das wichtigste Erfolgskriterium der Außenkommunikation ist. Grund dafür ist seine Bedeutung als wichtige Imagedimension. Vertrauen – als dessen Teilphänomen Glaubwürdigkeit definiert werden kann – wiederum besitzt erhebliches „soziales Kapital“1094, dass die Machtstellung des Staates festigen kann. Daher kann der Versuch, Vertrauen zu gewinnen, als zentrales Element der Strategischen Außenkommunikation angesehen werden, mit dem weitergehenden Ziel der Sicherung von Einflussnahme und Machtfestigung. Die Betonung der Findung und Darstellung von Identität zur Vermittlung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen bestätigt die Thesen der identitätsorientierten Markenführung, die in die Strategische Außenkommunikation inkorporiert wurden. Die Identität eines Landes ist demnach die zentrale Voraussetzung für die Entwicklung und Festigung von Vertrauen auf Seiten der Rezipienten und bildet die Grundlage langfristiger Beziehungen.1095 Wiedmanns Kernstufen des Corporate Identity-Managements als umfassendes strategisches Orientierungskonzept, Identitätsfindung, Identitätsgestaltung und Identitätsvermittlung1096 lassen sich damit problemlos auf die Strategische Außenkommunikation übertragen. Strategische Außenkommunikation kann also nur funktionieren, wenn sie glaubwürdig ist, deshalb liefert die Glaubwürdigkeit die Grundlage der Strategie wie ihrer Implementierung. Alle Elemente der Kommunikation wirken je nach Durchführung auf die Glaubwürdigkeit der Außenkommunikation und damit im zweiten Schritt auch auf die Glaubwürdigkeit des Staates zurück. Ausgehend von einer glaubwürdigen Vermittlung der Identität bildet die strategisch ausgerichtete und integrierte Kommunikation das Fundament der Kommunikation. Diese erzielt dann ihre besten Resultate, wenn sie langfristig und nachhaltig aufgebaut ist und damit in der Lage, unterschiedliche Zeithorizonte abzudecken. Diese Grundelemente wirken zusammen, um eine ganzheitliche Darstellung des Landes in der Kommunikation zu leisten. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Integration diverser staatlicher wie nicht-staatlicher Akteure zu legen. Sie gewährleistet eine umfassende Darstellung der Identität 1094
Vgl.: Niklas Luhmann: Vertrauen, a.a.O. Vgl.: David Aaker: Building Strong Brands, a.a.O. 1096 Klaus-Peter Wiedmann: Markenführung und Corporate Identity, a.a.O., S. 1419-1420. 1095
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
329
und stellt die Ganzheitlichkeit der Kommunikation sicher. Der Kulturvermittlung kommt auf Grund ihres besonderen Einflusses auf das Nationenbild eine besondere Rolle innerhalb der ganzheitlichen Kommunikation zu. In Abgrenzung zu Anholts Auffassung, aber in Übereinstimmung mit dem deutschen Modell der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, ist auch der Bildungsbereich hier angesiedelt, wobei für die Strategische Außenkommunikation besonders die Darstellung des Landes als hochkarätiger Studien- und Forschungsstandort von Belang ist, um dadurch die Zuwanderung ausländischer Studierender und Wissenschaftler zu fördern. Die übrigen Zielfelder der Außenkommunikation zur Erreichung einer ganzheitlichen Kommunikation sind in Komprimierung von Anholts Hexagon1097 durch Wirtschaft, Politik und Soziales dargestellt. Wirtschaft umfasst in diesem Modell sowohl die Produkte des Landes im Sinne des Country of Origin-Effekts, als auch die Exportförderung und die Ansiedlung von Direktinvestitionen, aber auch den gesamten touristischen Bereich. Unter Politik sind die internationale Darstellung der Innen- und Außenpolitik gefasst, ebenso die verschiedenen transnationalen Themen der politischen Agenda, die für ein auswärtiges Publikum von besonderem Interesse sein können. Soziales meint die Gesellschaft selbst und ihre Außendarstellung. Die Außenkommunikation in ihrer integrierten und strategischen Ausrichtung und ihrer ganzheitlichen Umsetzung hat die Ziele, das Nationenbild zu verbessern sowie die wirtschaftliche und politische Macht des Landes im Sinne der Soft Power-Theorie zu vergrößern. Die Zielfunktionen der Strategischen Außenkommunikation können nur erreicht werden, wenn die Darstellung des Landes glaubwürdig ist und zur Schaffung von Vertrauen beiträgt. Insofern wirkt jedes Element der Kommunikation wieder auf die Glaubwürdigkeit als Basis zurück. Das vorgestellte Abhängigkeitsmodell verdeutlicht die Verwobenheit der verschiedenen strukturellen Ebenen Strategischer Außenkommunikation, es sagt jedoch noch nichts über den Zeitverlauf der Kommunikation und die Prozessorientierung aus. Um hier weitergehende Annahmen treffen zu können, ist es nötig, sich näher mit den Anspracheformen und dem zeitlichen Verlauf in der Strategischen Außenkommunikation zu beschäftigen. 4.4.4 Drei Formen der Kommunikation: Prozessmodell Strategischer Außenkommunikation Die verschiedenen Komponenten der Strategischen Außenkommunikation greifen nicht nur inhaltlich ineinander, sondern auch zeitlich und in der Form der 1097
Vgl.: Simon Anholt: Brand New Justice, a.a.O., S. 118.
330
4 Strategische Außenkommunikation
Ansprache. Symmetrische und asymmetrische Kommunikation haben dabei beide ihre Berechtigung, da sie nur im Zusammenklang eine effektive Ansprache erwirken können. Ihr Einsatz hängt von verschiedenen Faktoren ab, die von der beabsichtigten Wirkung bestimmt werden. Damit ergibt sich ein komplexes Geflecht aus Zeit, Anspracheform und beabsichtigter Wirkung, das bestimmt, wie, bzw. über welche Kanäle, wann, warum und über welchen Zeitraum hinweg kommuniziert wird. Diese These lässt sich mit Grunigs Thesen im mixed-motivemodel1098 und im situativen Modell exzellenter PR vergleichen. Der große Raum, den die Forschung der dialogischen Kommunikation einräumt, entspricht dabei den Ergebnissen Grunigs, wonach sich exzellente Öffentlichkeitsarbeit am Leitbild der symmetrischen Kommunikation orientiert, aber situativ auf andere Kommunikationsformen zurückgreift. Ziel ist es hier wie dort, durch personale, massenmediale, argumentative und persuasive Kommunikationsmethoden stabile Win-Win-Lösungen zu erreichen. Fisher / Bröckerhoff haben die Skala zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation in der Außenkommunikation im Modell dargestellt,1099 das hier abgewandelt wiedergegeben ist: Die Abbildung verdeutlicht die Fülle von Kommunikationsaktivitäten auf unterschiedlichen Kanälen, die in Abhängigkeit vom situativen und strategischen Kontext auf dem Kontinuum zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation durchgeführt werden.
Abbildung 21: Spektrumsmodell Strategischer Außenkommunikation, eigene Darstellung Es erscheint vor diesem Hintergrund als falsch, wie Grunig et al., eine moralische Hierarchisierung von symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation vornehmen zu wollen. Um effektiv zu sein, braucht Strategische Außenkommu1098
David M. Dozier / James E. Grunig / Larissa A. Grunig: Manager’s Guide to Excellence in Public Relations, a.a.O., S. 201. 1099 Ali Fisher / Aurélie Bröckerhoff: Options for Influence, a.a.O., S. 25.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
331
nikation beide Enden des Spektrums, vor allem jedoch den weiten Raum dazwischen: Nur durch asymmetrische Kommunikation ist es möglich, Teilöffentlichkeiten von relevanter Größe anzusprechen, denn sie bedient sich der Medien als größtmöglichem Multiplikator. Sie ist notwendig, um Aufmerksamkeit zu schaffen und bildet damit die Grundlage strategischer Öffentlichkeitsarbeit. Darauf aufbauend kann symmetrische Kommunikation über die Etablierung eines nachhaltigen Dialogs mit Multiplikatoren aus ausgewählten StakeholderGruppen Vertrauen und langfristige Beziehungen etablieren. Die Schaffung einer Win-Win-Lösung ist als Katalysatorfunktion für die Strategische Außenkommunikation von besonderer Bedeutung: Je eher eine Zusammenarbeit die Interessenslagen aller Seiten bedienen kann, desto eher werden sich die involvierten Stakeholder in einer Tiefe mit den kommunizierten Themen beschäftigen, die eine Perzeptionsänderung ermöglicht. Die Kommunikationsformen des Spektrums zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation lassen sich wie beschrieben in drei Unterformen einteilen: Events und Kampagnen, Medienarbeit sowie Netzwerkkommunikation. Unter die erste Form sind Kommunikationsereignisse mit einer eher kurzfristigen Ausrichtung zu fassen. Die Art der Ansprache hier ist hauptsächlich asymmetrisch. Ziel der Kommunikation in dieser Gruppe ist es, Aufmerksamkeit in den Zielgruppen zu erlangen und durch die Inszenierung von (Pseudo-)Events die Berichterstattung in den Medien zu verstärken. In der zweiten Kommunikationsform ist die Medienarbeit angesiedelt. Die Anspracheform hier ist dialogisch gegenüber den Journalisten. Die Rezipienten als eigentliche Zielgruppe der Medienarbeit jedoch erleben die Medienberichte als asymmetrische Kommunikation. Ziel der Medienarbeit ist es, Vertrauen bei den Journalisten zu erlangen und damit mittelfristig Einfluss auf die Medienagenda zu nehmen. Im Sinne des Framing wird so versucht, den Deutungsrahmen von Ereignissen zu bestimmen. Die dritte Form umfasst die dialogische Kommunikation im Netzwerk. Die Art der Ansprache ist symmetrisch und langfristig. Ziel ist es, langfristige Beziehungen zu etablieren und damit aus den Peer-Groups neue Wertegemeinschaften mit einem besonders positiven Bild des Landes zu etablieren. Die Inhalte der Kommunikation in diesen drei Gruppen wiederum müssen aufeinander abgestimmt sein, wie anhand des Abhängigkeitsmodells beschrieben. Die hier vorgenommene Kategorisierung weicht insofern von derjenigen der Forschung ab, als sie zwar die dort aufgestellte Zeiteinteilung übernimmt, aber erstmals eine Einteilung in Kommunikationsgruppen, anstatt wie bisher in reaktives oder proaktives Newsmanagement vornimmt.1100 Dies bietet den Vorteil 1100
Vgl.: Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., 10-11; Peter van Ham: Power, Public Diplomacy, and the Pax Americana, a.a.O., S. 57-58; Rainer Schlageter: German Public Diplomacy, a.a.O., S. 18.
332
4 Strategische Außenkommunikation
geringerer Überschneidungen zwischen den Gruppen bei gleichzeitiger Kontextualisierungsmöglichkeit zu den Erkenntnissen der Kommunikationswissenschaft. Den Gruppen eigen ist eine Verengung der Zielgruppe mit der Zunahme der symmetrischen Kommunikation: Je asymmetrischer kommuniziert wird, desto größer ist die mögliche Anzahl von Rezipienten und desto oberflächlicher ist der Eindruck. Auch hier zeigt sich das Diktum der Forschung, dass eine Ausrichtung der Außenkommunikation auf dialogische Kommunikation allein nicht ausreicht, um effektiv zu kommunizieren und breite Schichten in der Öffentlichkeit anzusprechen: „...this traditional mode of working is unlikely to reach the critical mass of people necessary to significantly affect the opinions and choices of those audiences.“1101 Nur im Zusammenspiel zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation kann die kritische Masse in Form aller relevanten Teilöffentlichkeiten erreicht werden. Um ihre Aufmerksamkeit auf einem stetig erhöhten Niveau zu halten, ist es nötig, die kurzfristigen Kommunikationsmaßnahmen ständig zu wiederholen. Nur auf diese Weise wird eine Kontinuierlichkeit gewährleistet, die für die Effektivität der Strategischen Außenkommunikation von großer Bedeutung ist. Sie löst die „scratches in our minds“1102 aus, jene tiefergehenden Einkerbungen im Gedächtnis, die notwendig sind, um Perzeptionsänderungen hervorzurufen. Die Strategische Außenkommunikation nutzt also alle Möglichkeiten des Spektrums zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation zur Generierung von Aufmerksamkeit. Dies stärkt die positive Wahrnehmung und sorgt damit für einen höheren Grad an Aufmerksamkeit auf Seiten der Rezipienten. Das macht es möglich, mittel- bis langfristige Beziehungen aufzubauen, um so Vertrauen zu schaffen. Hierbie ist die Bildung von Wertegemeinschaften oder Imagined Communities von besonderer Bedeutung. Das Prozessmodell unten verdeutlicht den Ablauf Strategischer Außenkommunikation. In seiner Dreidimensionalität stellt es das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Anspracheform, Zeit und Wirkung dar, wobei alle Formen eingebettet sind in die in der Positionierung konzipierte ganzheitliche Themensetzung. Die Themen werden dabei spezifisch für die Kommunikationsformen und Zielgruppen ausgesucht und dargestellt. Intendierte Wirkung von Form 1 ist Aufmerksamkeitsgenerierung, von Form 2 das Framing und von Form 3 die Bildung von Wertegemeinschaften. Parallel zu den Forschungsergebnissen der politischen Kommunikation lässt sich annehmen, dass mit zunehmendem Bewusstsein über die Möglichkeiten der verschiedenen Kommunikationsformen nicht nur die Professionalisierung, sondern auch der Grad der Inszenierung der Strategischen Außenkommunikation steigen wird. 1101 1102
Mark Leonard / Catherine Stead / Conrad Smewing: Public Diplomacy, a.a.O., S. 20. Manfred Koch-Hillebrecht: Der Stoff, aus dem die Dummheit ist, a.a.O., S. 118.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
333
Abbildung 22: Prozessmodell Strategischer Außenkommunikation, eigene Darstellung Die in den letzten Kapiteln erarbeiteten Modelle und Einordnungen der Strategischen Außenkommunikation beschreiben ihren inhaltlichen und prozessualen Kontext auf Mirko- und Mesoebene. Eine Analyse der Funktionen Strategischer Außenkommunikation auf allen Ebenen im nächsten Kapitel gibt näheren Aufschluss über Intentionen, Ziele und Wirkungen. 4.4.5 Ziele auf allen Ebenen: Funktionen Strategischer Außenkommunikation Die Verbesserung des Nationenbildes sowie der Erwerb wirtschaftlicher und politischer Vorteile im Sinne der Soft Power zur Vergrößerung des Einflusspotentials im System der internationalen Beziehungen: Diese beiden Punkte wurden in dieser Arbeit als Funktionen Strategischer Außenkommunikation herausgearbeitet. Die Funktionen lassen sich jedoch weiter aufteilen, wenn sie nach
334
4 Strategische Außenkommunikation
Ebenen untergliedert werden. Auf diese Weise erhält man einen recht genauen Aufschluss über den Zweck des Einsatzes der verschiedenen Elemente der Strategie sowie der Nutzung der diversen Kommunikationsmaßnahmen in ihrer Implementierung. 4.4.5.1 Funktionsmodell Strategischer Außenkommuniktion Es hilft der Erkenntnisfindung, sich die verschiedenen Zielebenen Strategischer Außenkommunikation im Funktionsmodell zu verdeutlichen: Symmetrische und asymmetrische Kommunikation des gewünschten Images als Selbstkonzept stehen dabei gleichberechtigt auf der untersten Stufe, denn auf ihnen basiert die gesamte Kommunikation. Sie sind in all ihren Ausformungen Ausdruck der implementierten, integrierten Kommunikation nach den Vorgaben der Strategie. Ihr Zweck ist die Gewinnung von Glaubwürdigkeit, damit die Kommunikation die Aufmerksamkeitsschwellen der Rezipienten überwinden kann. Glaubwürdigkeit ist essentiell, um sowohl in den Zielgruppen als auch in weiteren Teilöffentlichkeiten Vertrauen aufzubauen. Diese sollen sich dann den Peer-Groups der angesprochenen Meinungsführer im Sinne des Framing anschließen. Indem Vertrauen geschaffen wird, nimmt die Imagekreation für den Rezipienten die Funktion der Komplexitätsreduktion an, seine Motivation, die eigene Perzeption der des Kommunikators anzupassen, wird größer. Die Schaffung von Vertrauen bietet also die Möglichkeit vermehrter Einflussnahme und damit eine höhere Chance auf aktive Gestaltung des eigenen Images, sowohl über die Medien als auch in direkter Kommunikation mit der Zielgruppe. Die Imageverbesserung wiederum führt zu mehr Soft Power, da die Attraktivität des Landes erhöht wird. Dies verhilft schließlich zu mehr Macht im internationalen System. Die Kommunikationsformen selbst sowie die so generierte Glaubwürdigkeit bewegen sich in ihren Funktionen auf der Mikroebene: Hier geht es um akteursbezogene Formen der Inszenierung innerhalb von Organisationen (nämlich denen, die die Strategische Außenkommunikation ausüben). Es findet eine direkte System-Umwelt-Beziehung statt. Die Funktionen auf der Mesoebene werden beschrieben durch den Vertrauensaufbau und die Imageverbesserung, weil sie Instrumentalisierungsformen zwischen Teilsystemen erklären: Die zur Schaffung von Vertrauen und der dadurch erlangten Imageverbesserung notwendige Inszenierung führt zu einer Verstärkung des Interdependenzverhältnisses zwischen Politik, Medien und Öffentlichkeit, auch im internationalen Rahmen. Die Einwirkung eines Staates auf fremde Öffentlichkeiten ist ein vielfach ausgeübter Prozess, der die Kommunikation von Staaten insgesamt verändert, also zu strukturellen Anpassungen dieser „Organisationen“ führt. Er determiniert außer-
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
335
dem in zunehmendem Maße die Interaktion der Staaten untereinander: Sie wird verstärkt von inszenierter und symbolischer Politik geprägt. Auf der Makroebene sind die Zielfunktionen Strategischer Außenkommunikation angesiedelt, genauso wie die durch erfolgreiche Kommunikation vorgenommene Schaffung wünschenswerter Wirklichkeiten als Ausdruck einer Möglichkeit der Steuerung der Gesellschaft. Auf diese Weise wird das große Bild gezeigt, in das Strategische Außenkommunikation als Form von Machtpolitik im Sinne der Soft Power einzuordnen ist, mit dem Ziel der Verbesserung der eigenen Machtstellung in den internationalen Beziehungen. Die durch Strategische Außenkommunikation erlangte, bzw. gestärkte Soft Power wiederum macht es möglich, durch ihre Interaktion und Rückwirkung auf die Sticky und Hard Power als den anderen Formen der staatlichen Machtausübung, neue Formen der Machtkonstellation im internationalen System hervorzurufen. Die schematische Darstellung des Funktionsmodells verdeutlicht die hier beschriebene Abfolge der Funktionen und die ihnen zugeordneten Wirkungsebenen:
Abbildung 23: Funktionsmodell Strategischer Außenkommunikation, eigene Darstellung
336
4 Strategische Außenkommunikation
Wie die Pfeile verdeutlichen, sind alle Funktionsebenen voneinander abhängig. Dabei wirkt jede einzelne auf die Zielfunktion der Stärkung staatlicher Soft Power hin (1). Deren Stärkung wiederum ist auf allen Ebenen spürbar, weil mit der größeren Attraktivität des Staates auch die Bereitschaft der relevanten Teilöffentlichkeiten steigt, dessen Kommunikation positiv aufzunehmen (2). Korrespondierend dazu bedingt in der Froschperspektive die Leistungsfähigkeit jeder einzelnen Funktionsebene die Stärke und Effizienz der nächsten – mit anderen Worten: Die Kette ist so stark, wie ihr schwächstes Glied (3). Strategische Außenkommunikation kann ihre Teilziele also nur erreichen, wenn alle Funktionsebenen gleichwertig in den Prozess eingebunden sind und gleichermaßen gestärkt werden. Die oberste Ebene der Verbesserung der Machtstellung und des Einflussbereichs in den internationalen Beziehungen liegt wie eine Metaebene über den anderen Ebenen, da sie als Zielfunktion aller (außen-) politischen Strategien anzusehen ist. Die Funktionen der Strategischen Außenkommunikation stehen folglich in einem Abhängigkeitsverhältnis, in dem die Zielfunktionen nur erreicht werden können, wenn alle Funktionsebenen gleich stark sind. Außerdem liegen sie in ihrer Zielfunktion in einem Spannungsverhältnis zu den anderen Formen der Machtgenerierung des Staates durch Sticky und Hard Power. Ihre Einordnung in Wirkungsebenen verdeutlicht die Intentionen der Strategischen Außenkommunikation und ihrer Implementierung im jeweiligen Umfeld und macht sie deutbar. Inszenierungsvorgänge können somit besser verstanden und im Sinne einer kritischen Öffentlichkeit hinterfragt werden. Neben den Konsequenzen für das internationale Machtgefüge hat die Strategische Außenkommunikation auch Auswirkungen auf die Vermittlung und Wahrnehmung von Wirklichkeit. Denn, ebenso wie die konstruktivistischen PRTheorien es für die Public Relations dargestellt haben, schafft auch sie für den Kommunikator wünschenswerte Wirklichkeiten1103 durch Erzeugung von Symbolen zur Generierung von Identität. Wie dies geschieht, wird im folgenden Kapitel ausgeführt. 4.4.5.2 Strategische Außenkommunikation als Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten Die in der Strategischen Außenkommunikation kreierten Symbole dienen der Beeinflussung von Teilöffentlichkeiten und der Schaffung von trans- und internationalen Wertegemeinschaften zur Imagekonstruktion. Ähnlich wie in der PR1103
Vgl.: Klaus Merten / Joachim Westerbarkey: Public Opinion und Public Relations, a.a.O., S. 188211.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
337
Forschung kann deshalb gefolgert werden, dass es hier um eine selektive Selbstdarstellung geht, die sowohl Organisationsgeheimnisse, also in diesem Fall politische Interessen, schützen, als auch die Autonomie des eigenen Systems sichern und somit eine Umweltkontrolle ermöglichen soll.1104 Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Machtverschiebung hin zum Mediensystem und der zunehmenden Systeminterdependenz. Strategische Außenkommunikation ist mit anderen Worten auf die Konstruktion von Images spezialisiert und nur der Durchsetzung ihrer Ziele verpflichtet. Wie dargelegt wurde, erfolgt die Ansprache der Zielgruppen sowohl in der Kommunikationsgruppe der Events und Kampagnen als auch in derjenigen der Medienarbeit nicht direkt, sondern über die Meta-Wirklichkeit der Medien. Die so inszenierten Themen sind ebenso wie die geschaffenen Images vom Rezipienten nicht zu verifizieren, weil er keinerlei Primärerfahrungen zum Vergleich heranziehen kann. Auch die Formen der direkten Kommunikation, wie Konferenzen, Ausstellungen oder Aufführungen stellen keine Ausnahme dar: Hier erlebt der Rezipient nur einen Realitätsausschnitt in seinem eigenen Land, er kann nicht abschätzen, ob ihm eine im Heimatland mehrheitsfähige Identitätsinszenierung geboten wird, oder nicht. Die einzige Form der Primärerfahrung in der Strategischen Außenkommunikation ist die der Ansprache durch Austauschprogramme und Ähnliches. Zwar werden hier auch nur Realitätsausschnitte gezeigt, die ein positives Bild verankern sollen, je nach Aufenthaltsdauer ist es aber möglich, „hinter den Vorhang“ zu schauen. Es kann also gefolgert werden, dass die Strategische Außenkommunikation zur Schaffung der Medienwirklichkeit beiträgt und damit zur Erhöhung fiktionaler Ereignisse. Das „paradox of plenty“1105 trifft auch hier zu und führt zu immer ausgefeilteren Methoden der Aufmerksamkeitsgewinnung und damit zu immer stärkerer Inszenierung. Dies schafft jedoch, gerade wenn es dem Rezipienten nicht möglich ist, die dargestellten Informationen zu überprüfen, immer größere Vertrauensprobleme, denen wiederum durch die noch stärkere Betonung der Glaubwürdigkeit zu begegnen versucht wird. Im internationalen Bereich kommt dabei der Aspekt hinzu, dass die gesamte Realität der internationalen Beziehungen auf medial konstruierten Wirklichkeiten basiert und damit eine eigene Wirklichkeitsebene darstellt.1106 Je wichtiger die Attraktivität von Staaten im Sinne der Soft Power wird, desto größer wird das Realitätsproblem, weil immer weniger nachprüfbar wird, was echt ist und was inszeniert. Dies betrifft nicht nur die Rolle des Rezipienten, sondern die internationalen Beziehungen insgesamt. Es wird auch auf dieser Ebene mit 1104
Vgl.: Ebd; Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 30. Vgl.: Herbert A. Simon: Information 101, a.a.O., S. 30-33. 1106 Vgl. u.a.: Hans Mathias Kepplinger: Systemtheoretische Aspekte der politischen Kommunikation, a.a.O., S. 247-264. 1105
338
4 Strategische Außenkommunikation
verzerrten Wirklichkeitsvorstellungen agiert, die das reale Handeln auf politischer wie auf medialer Ebene beeinflussen.1107 Die Funktion der Imagined Communities wurde bereits ausführlich dargestellt. Auch sie sind als eine Form der Generierung wünschenswerter Images zu verstehen. Die damit vorgenommene Etablierung wünschenswerter Wirklichkeiten beruht auf der Inszenierung von Identitäten: Sie erfolgt an der Schnittstelle zwischen Image und Identität durch die Schließung der Diskrepanz zwischen Selbst-, bzw. Fremdbild und Selbstkonzept. Das so geschaffene Image ist idealtypisch faszinierend genug, um für die Zielgruppen ein Statement darzustellen, auf das sie ihre Wünsche und Selbstkonzepte projizieren können. Es schafft einen Nutzen für ihre Selbstverwirklichung durch die Selektionsentscheidung und führt damit zu einem „solidarischen Individualismus“1108: Die Rezipienten wollen Teil einer grenzenübergreifenden Gemeinschaft von Gleichgesinnten sein, die entsteht, indem identitätsbildende Zeitgeistthemen authentisch und wertebildend dargestellt werden. Deshalb haben Kultur und Sport ein besonders großes Potential zur Bildung von Imagined Comunities. Das in der Strategischen Außenkommunikation geschaffene Image wird zu einem Bestandteil sozialer Identitäten der relevanten Teilöffentlichkeiten. Je stärker das konstruierte Image dabei ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit der Bildung von Imagined Commnities und desto bereitwilliger ändern die Gruppenzugehörigen die eigenen Perzeptionsmuster gemäß den Intentionen des Kommunikationstreibenden. Ähnlich wie Stereotypen übernehmen die in den Imagined Communities vorherrschenden Identitätskonzepte die soziopsychologische Funktion des Schutzschilds und der Vorgabe gruppenkonformer Verhaltensmuster innerhalb der ingroup.1109 Das erhöhte Mobilisierungspotential, das der Schaffung von Gemeinschaften inhärent ist, verstärkt zudem die Möglichkeit gesellschaftlicher Einflussnahme im Sinne des Framing. So wird eine Wirklichkeit geschaffen, die nicht nur auf individueller Ebene existiert, indem die persönliche selektive Wahrnehmung verändert wird, sondern die durch die Quantität und Durchschlagskraft von sozialen Gemeinschaften eigene Orientierungsstrukturen schafft. Diese Strukturen wirken für den Rezipienten komplexitätsreduzierend, sie dienen der Vereinfachung und der Vermeidung kognitiver Dissonanz. Sie wirken wie andere Stereotype auch – nur dass sie nicht bottom-up aus der eigenen sozialen Gruppe heraus entstehen, sondern anhand der in den Strategien des Kommunikators vorformulierten Identitäten, die durch persuasive Kommunika-
1107
Vgl. u.a.: Michael Kunczik: Image of Nations and International Public Relations, a.a.O., S. 4246; Gunnar Hammerschmidt: Über den CNN-Effekt hinaus, a.a.O., S.65-66. 1108 Sigrid Baringhorst: Strategic Framing, a.a.O., S. 84. 1109 Vgl.: Walter Lippmann: Public Opinion, a.a.O., S. 95-97.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
339
tion obstruiert werden sollen und nicht authentisch sind, selbst wenn sie durch glaubwürdige Kommunikation so dargestellt werden. Strategische Außenkommunikation schafft also durch die Kreation von Images und Identitäten sowohl individuelle als auch soziale Realitätskonstruktionen, die im Sinne des agierenden Staates wünschenswert sind. Anders gesagt: Durch die Schaffung von Images werden bestehende Images abgewandelt. Damit spielt sich die Strategische Außenkommunikation im Bereich einer MetaWirklichkeit ab, in der eine Prüfung der Informationen anhand nicht medienoder drittvermittelter Informationen kaum möglich ist. Dadurch schaffen die vermittelten Images Rückwirkungen auf das, was in den Zielländern als Wirklichkeit angesehen wird, weil es von öffentlicher Meinung und Medien in gleicher Weise dargestellt wird. Gerade in der Außenkommunkation gilt deshalb: Wahrnehmung schafft Wirklichkeit. 4.4.6 Strategische Außenkommunikation: Ausprägung der Mediatisierung von Außenpolitik Die vorgestellten Thesen zur Mediatisierung von Außenpolitik lassen sich direkt auf die durch die Strategische Außenkommunikation geschaffene MetaWirklichkeit der Selbstdarstellung von Staaten anwenden. Auch hierbei handelt es sich um eine Anpassung der Außenpolitik sowie der gesamten Selbstdarstellung nach außen an die „vorgegebenen Medienzwänge“1110, ebenso wie in Kuncziks Definition der mediatisierten Außenpolitik. Die Strategische Außenkommunikation stellt eine Professionalisierung des außenpolitischen und imagepolitischen Handelns dar, die Selbstmediatisierung zu einer zentralen Strategie werden lässt. Personalisierung, Skandalsierung, Inszenierung und Identitätspolitik sind hier in der Medienansprache wie in der Themengestaltung zu zentralen Elementen geworden, um die internationalen Nachrichtenwerte zu bedienen. Wenn auch, im Gegensatz zur inländischen Mediatisierung, der Zweck der Beeinflussung der öffentlichen Meinung nicht der sein kann, Wählerstimmen zu erhalten, sondern es um Imageverbesserung geht, so ist der dialektische Machtaspekt doch der gleiche: Es geht darum, stärkeren Einfluss auf die Themensetzung der Medien zu nehmen, um die strukturbedingte Machtverschiebung vom Staat zu den Medien zu mildern und das in den Medien dargestellte Image zu kontrollieren. Das kann nur durch aktive Inszenierung geschehen, wie in der Strategischen Außenkommunikation der Fall: Nur so wird die notwendige Aufmerksamkeit bei Medien und Publikum erreicht. 1110
Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 193.
340
4 Strategische Außenkommunikation
Die Außenpolitik ist damit zur Setzung ihrer Themen in der Öffentlichkeit von den Medien abhängig geworden. Kepplingers These, dass die Massenmedien in zunehmendem Maße den Rahmen definierten, in dem außenpolitische Entscheidungen als akzeptabel und konsensfähig angesehen würden und daher die Reaktionen der Medien wie der fremden Öffentlichkeiten Teil des außenpolitischen Kalküls geworden seien, kann nur zugestimmt werden.1111 Sie lässt sich inzwischen auf die gesamte Darstellung des Staates im Ausland ausweiten, da in der Strategischen Außenkommunikation der politische Aspekt nur einen von vier Bereichen der ganzheitlichen Darstellung ausmacht. Auch das Erfolgskriterum der Einbindung von Kommunikation in die gesamtpolitische Strategie kann vor diesem Hintergrund als Ausdruck der zunehmenden Mediatisierung gedeutet werden: Einerseits ermöglicht es die Einbindung Strategischer Kommunikation als Managementfunktion, Botschaften von Anfang an so aufzubereiten, dass sie die mediale Themensetzung beeinflussen. Andererseits verstärkt sich durch die Professionalisierung der Kommunikation die medienaffine Aufbereitung von Inhalten, also die Anpassung an mediale Logiken. Die Interdependenz der Systeme Politik und Medien nimmt somit zu. Da die Stellen, die das Nationenbild vermitteln sollen, überwiegend staatlich oder staatlich finanziert sind, verschärfen sich demnach – analog zu den Mediatisierungsthesen – auch in der Strategischen Außenkommunikation die Inkongruenzen zwischen medialen und staaatlichen Prozesslogiken.1112 Die Einordnung Strategischer Außenkommunikation in die Befunde zur Mediatisierung von Außenpolitik zeigt jedoch auch Probleme dieses Forschungsgebiets. So ist Kuncziks These nicht haltbar, dass Außenkommunikation hauptsächlich von Staaten betrieben werde, über die nicht adäquat berichtet wird. Vielmehr sind die Gründe für die Selbstmediatisierung vielschichtig, wie unter anderem Anholt anführte. Sie reichen von der Einführung unbekannter Staaten auf die kommunikative Weltkarte über eine Diversifikation der Außenkommunikation bis zu Imageerweiterung oder –positivierung, bzw. Mischmodellen. Es geht eben nicht nur um das Erreichen von Medienaufmerksamkeit, sondern um abgestimmte Kommunikationsprozesse in allen hier definierten Ansprachegruppen. Auch die Thesen zur Weltöffentlichkeit können im Hinblick auf die Strategische Außenkommunikation nicht verifiziert werden. Es wird in der Forschung mehrfach darauf hingewiesen, länderspezifische Eigenarten in die Kommunikationsstrategie einfließen zu lassen und mindestens regionale Substrategien zu schaffen, um die Kommunikation auf die Bedürfnisse der Zielgruppe 1111
Vgl.: Hans Mathias Kepplinger: Systemtheoretische Aspekte der politischen Kommunikation, a.a.O., S. 247-264. 1112 Vgl.: Ulrich Sarcinelli: Symbolische Politik, a.a.O.; Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O..
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
341
abzustimmen. Auch die Bildung von Imagined Communities geht nicht so weit, globale Wertegemeinschaften schaffen zu wollen, sondern ist entsprechend der generellen Zielgruppenansprache regional orientiert. Wie das Erfolgskriterium Zielgruppenbestimmung gezeigt hat, geht es auch nicht darum, alle Länder durch die Strategische Außenkommunikation anzusprechen, sondern diejenigen, die für die Imageverbesserung des agierenden Staates und für dessen Stellung im internationalen Staatensystem von besonderer Bedeutung sind. Die Themen der Ansprache sind dabei trans- oder international und emotional aufgeladen, um im Sinne der Nachrichtenwerte eine möglichst große Aufmerksamkeit zu schaffen. Anhand der Einordnung in die Mediatisierungsthesen wird auch das Ebenenproblem der Strategischen Außenkommunikation noch einmal evident. Einerseits soll der gesamte Staat hier dargestellt werden, andererseits findet eine Mediatisierung von Außenpolitik statt, womit jedoch nur der politische Bereich abgedeckt wird, so dass die Problematik verkürzt dargestellt erscheint. Denn wird durch Strategische Außenkommunikation in den Bereichen Politik, Kultur, Soziales und Wirtschaft kommuniziert, heißt das, dass all diese Ebenen mediatisiert werden, wodurch sich unter anderem auch ihr Interdependenzverhältnis untereinander und zu den Medien verschärft. Auf der anderen Seite sind es jedoch die staatlichen Stellen, allen voran die Auswärtigen Ämter, die die Strategien für die Strategische Außenkommunikation entwerfen und die entsprechend in der Ausgestaltung der Kommunikation an vorderster Stelle stehen. Vor diesem Hintergrund scheint es gerechtfertigt, bei der Strategischen Außenkommunikation von einer Ausprägung der Mediatisierung von Außenpolitik durch Professionalisierung zu sprechen. Demnach geht es hier sowohl um die ganzheitliche Darstellung eines Staates, als auch um die bestmögliche Darstellung seiner Außenpolitik im Sinne der Legitimation durch Kommunikation, wobei die ganzheitliche Kommunikation die Kontinuität und Kohärenz des Images sichern soll, während die Inszenierung der Politik dieses Feld, das für die Imagekomposition besonders wichtig ist, bestmöglich an die Zielgruppen bringt. Die zunehmende Bedeutung, die Wissenschaft und Praxis den Themenfeldern Nation Branding und Public Diplomacy beimessen, ist ein Zeichen dafür, dass die Mediatisierung der Außenpolitik parallel zu der Mediatisierung der Politik im Inneren weiter zunehmen wird. Die Mediatisierung von Politik und Gesellschaft hat sich hier internationalisiert, um der Entmachtung der Staaten im internationalen Wettbewerb durch einen Ausbau der eigenen Soft Power ebenso etwas entgegenzusetzen, wie der zunehmenden Fragmentierung der Gesellschaften, der durch die Schaffung neuer Gemeinschaften begegnet werden soll sowie dem wachsenden Einfluss von Interessengruppen, die im Rahmen der Netzwerkbildung in die Kommunikation eingebunden werden. Dies entspricht Kuncziks
342
4 Strategische Außenkommunikation
These von der „Wachstumsbranche“ der staatlichen Außenkommunikation.1113 Die mediatisierte Außenpolitik bedarf einer interessierten Öffentlichkeit, denn nur dann lässt diese sich im Sinne der Aufmerksamkeitsökonomie mobilisieren, um im Interesse des agierenden Staates Druck auf ihre Regierung auszuüben. Politische Ereignisse, Personen und Vorhaben werden im Sinne des Framing an in den Zielländern gesellschaftlich anerkannte Interpretationsrahmen gebunden, um die Deutungshoheit über diese Themen zu erhalten. Die Medien bilden hierbei das Vehikel zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung, wirken jedoch auch selbst beeinflussend – sowohl auf die öffentliche Meinung wie auch auf die Außenpolitik. Die Interdependenz der Systeme nimmt zu. 4.4.7 Möglichkeiten und Grenzen der Wirkung Strategischer Außenkommunikation Die bisherigen Ausführungen dieses Kapitels waren dominiert von einer normativen Orientierung der Elemente, Funktionen und Wirkungen von Strategischer Außenkommunikation, aufbauend auf den ebenso normativen Darstellungen der Forschung zu Nation Branding und Public Diplomacy, ebenso wie den vielen normativ orientierten Thesen der PR-Wissenschaft. Daher sind die hier entwickelten Thesen als idealtypische Vorstellungen zu verstehen, als Erscheinungen einer perfekt ausgeübten Außenkommunikation in einer für die Kommunikationsakteure perfekten Welt. Da die Realität jedoch nicht aus Idealvorstellungen besteht, sollen hier nun die Möglichkeiten und Grenzen der Strategischen Außenkommunikation aus der Sichtweise der Stereotypen- und Imageforschung betrachtet werden, um das Bild zu objektivieren. Generell lässt sich dabei sagen, dass der Einfluss der Strategischen Außenkommunikation auf das Nationenbild begrenzt ist und sich relativ zu vielen äußeren Faktoren verhält. Die Hauptursache dafür liegt darin, dass Nationenbilder, wie beschrieben, Formen von Stereotypen oder Images sind, die zur Absicherung des eigenen Wertesystems, zur Strukturierung der äußeren Welt und als Stärkung des Zusammenhalts innerhalb des Landes bestehen.1114 Es scheint kaum möglich, solch feste Perzeptionsstrukturen, die verankert in der eigenen Identität sind und Formen sozialer Zusammengehörigkeit definieren, abändern zu wollen – zumal die Schaffung eines positiven Bildes auch durch die höhere Selektivität positiver Informationen weiter erschwert wird.1115 1113
Michael Kunczik: Mediatisierung der Außenpolitik, a.a.O., S. 201. Jan Berting / Christiane Villain-Gandossi: The role and significance of national stereotypes in international relations, a.a.O., S. 23. 1115 Vgl.: Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 23. 1114
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
343
4.4.7.1 Einflussfaktoren auf die Wirkung Strategischer Außenkommunkation Um die Bilder in den Köpfen ausländischer Öffentlichkeiten zu wandeln, bedarf es einer Mischung aus positiven aktuellen Ereignissen in allen Bereichen der Gesellschaft sowie aus Zeitgeistströmungen und kultureller Nähe.1116 Solche Ereignisse sind in der Literatur- und Quellenstudie dargestellt als „diplomacy of deeds“1117. Zunächst müssen die Fakten stimmen, das Land muss in jeder Hinsicht wettbewerbsfähig sein und die Versprechungen, die es in seiner Kommunikation macht, halten oder sogar übertreffen. Diejenigen Bereiche, mit denen potentielle Zielgruppen dabei am ehesten in Berührung kommen, sind Produkte und die Politik des Landes, ihr Anteil am Image ist also am höchsten.1118 Je vielschichtiger die Bilder werden, die das Land auf Basis stimmiger Fakten aussendet, und je glaubwürdiger es sich auf allen Ebenen präsentiert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Änderung des Images kommt.1119 Die Zeitgeistströmungen werden stark durch aktuelle Nachrichten und Medienberichterstattung geprägt. Sie erwachsen also aus der Meta-Wirklichkeit der Medien und medienvermittelten Botschaften. Zeitgeistströmungen können das Bild eines Landes sowohl ins Negative als auch ins Positive ziehen, sind jedoch nur kurzfristig, weil sie aus bestehenden Bildern schöpfen, anstatt neue zu kreieren. Sie reproduzieren damit bestehende Images. Die kulturelle Nähe dagegen ist entscheidenderer Faktor zur Wirkung von Kommunikation: Je größer die Überschneidungen zwischen den Lebensstilen und Kulturen des Kommunikators und des Rezipienten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit des Interesses für die Themensetzung und die Akzeptanz der gesetzten Botschaften. Kulturelle Nähe schafft damit ein höheres Aufmerksamkeitspotential und eine geringere Abgrenzung auf Seiten der Rezipienten, wodurch mehr Informationen aufgenommen werden, was wiederum das Image des Landes facettenreicher werden lässt und damit leichter verbesserbar macht. Einige Autoren der kommunikations-wissenschaftlichen Forschung gehen deshalb davon aus, dass Imageverbesserung nur dort funktionieren kann, wo kulturelle Nähe vorhanden ist, oder hergestellt werden kann, wie etwa innerhalb der EU oder in der Vorstellung des Westens, in Abgrenzung zum Ostblock während des Kalten Krieges.1120 Auch die Funktion
1116
Vgl. u.a.: Jan Berting / Christiane Villain-Gandossi: The Role and Significance of National Stereotypes in International Relations, a.a.O., S. 22-23. Jan Melissen: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, a.a.O., S. 7. 1118 Vgl.: Ebd, S. 4-6; Philip Kotler / David Gertner: Country as Brand, Product and Beyond, a.a.O., S. 252. 1119 Vgl.: Ragna Sieckmann: Die deutsche Public Diplomacy zur Fußball-WM 2006, a.a.O., S. 35. 1120 Vgl. u.a.: Otto Klineberg: Die menschliche Dimension in den internationalen Beziehungen, a.a.O., S. 54. 1117
344
4 Strategische Außenkommunikation
der Schaffung von Wertegemeinschaften ist in diesem Sinne zu verstehen, denn auch sie sollen für eine themen- bzw. wertespezifische kulturelle Nähe sorgen. Der Nutzen der Strategischen Außenkommunikation vor diesem Hintergrund kann nur sein, durch positives Agenda Setting langfristig eine Imageänderung hervorzurufen. Je professioneller dies umgesetzt wird, je stärker die Erfolgsfaktoren berücksichtigt werden, desto wirkungsvoller ist Strategische Außenkommunikation in ihren Bemühungen und desto eher ist es möglich, zumindest in einigen Themen, die Meinungsführerschaft zu erhalten. Auch wenn sie allein nicht viel bewirken kann, spielt die Strategische Außenkommunikation deshalb häufig das Zünglein an der Waage der Imageveränderung. Eine realistische Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen Strategischer Außenkommunikation muss auf die aktuellen Thesen der Medienwirkung Bezug nehmen. Es geht weder darum, eine Determinismusdebatte zu führen, noch ihr jede Wirkung abzusprechen. Vielmehr sind die Wirkungsmechanismen ebenso wie die Beziehung zwischen Medien, Politik und öffentlicher Meinung insgesamt multikausal und von vielerlei Faktoren abhängig, unter denen die oben dargestellten Kriterien vielleicht die wichtigsten sind. Außerdem spielt die Aufmerksamkeitsökonomie für die Wirkung Strategischer Außenkommunikation eine große Rolle, da sie den Selektionsgrad von Information bei den Rezipienten fördert: Je größer die Informationsflut wird, desto wichtiger ist es für den Rezipienten, seine Aufmerksamkeit ausschließlich auf diejenigen Dinge zu konzentrieren, die für die Aufrechterhaltung seiner Weltsicht wichtig sind. Informationen, die diese Funktion nicht bieten können, werden ausgeblendet. Auch die fünf Formen selektiver Wahrnehmung der Stereotypenforschung, finden hier Anwendung: 1. Selektive Zuwendung; 2. Selektive Aufnahme; 3. Selektives Verhalten; 4. Wishful Thinking; 5. Self-fulfilling prophecy. Sie stellen ein Schutzschild dar, das stark genug ist, um Informationen zu blockieren, die den eigenen Vorstellungen vom Nationenbild wiedersprechen.1121 Merten stellt deshalb die These auf: „So kann man das Zustandekommen von Wirkungen trimodal begreifen: Wirkungen sind keinesfalls mehr am Stimulus allein festzumachen, sondern an der Konstruktion von Bedeutung, die diesem Stimulus durch Einwirken der subjektiven Erfahrung des Rezipienten... einerseits und durch Einwirkungen des externen Kontext[s]... [andererseits] zugesprochen wird.“1122
1121
Vgl.: Eckhard Marten: Das Deutschlandbild in der amerikanischen Auslandsberichterstattung, a.a.O., S. 24. 1122 Ebd.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
345
Dem kann sich für die Strategische Außenkommunikation angeschlossen werden. Weiterhin lässt sich festhalten, dass, im Sinne der Nachrichtenwerttheorie, der Selektionsdruck für Informationen aus dem Ausland auf Grund der geringeren persönlichen Betroffenheit der Rezipienten noch größer ist, als bei inländischen Ereignissen.1123 Gemäß der Thesen zu den internationalen Nachrichtenwerten wird bereits in der Medienauswahl stark selektiert, wobei persönliche oder kollektive Betroffenheit und die Einordnung des jeweiligen Staates als „Elitenation“1124 die wichtigsten Auswahlkriterien bilden. Wenn außerdem nach Donsbach der Selektionsfaktor von Rezipienten bei 95 Prozent liegt1125, diese also nur fünf Prozent der von den Medien produzierten Informationen überhaupt annehmen, lässt sich erahnen, wie gering die Mengen an Informationen sind, die über die Strategische Außenkommunikation gestreut und auch angenommen werden. Ein weiterer Einflussfaktor auf die Wirkung Strategischer Außenkommunikation sind die verschiedenen Stadien des Meinungsbildungsprozesses in den Zielländern. Die hier aufgestellten Schlussfolgerungen sind analog zu den Erkenntnissen von Jarren / Donges / Weßler: Demnach ist der Einfluss von Medien und Öffentlichkeit auch in Bezug auf die Außenpolitik vom Stadium des politischen Prozesses abhängig. Der größte Einfluss wird in der Phase der Problemartikulation und -definition durch Agenda-Building, -Setting, aber auch -Cutting Prozesse ausgeübt. Die Medien übernehmen hier eine Verstärkerfunktion, die richtungsweisend für den Verlauf der öffentlichen Debatte sein kann.1126 Hier ist es Aufgabe der Strategischen Außenkommunikation, solche Themen frühzeitig zu identifizieren und ihnen im Sinne des Framing zu begegnen. Diese Form des Monitoring kann als Teil der in der Literatur- und Quellenstudie identifizierten Krisenkommunikation gewertet werden. Insofern sind es nicht nur eigene Themen, die in der Strategischen Außenkommunikation aufgegriffen werden müssen, sondern auch die latent vorhandenen Themen der Medienagenda der Zielländer. Ist die Strategische Außenkommunikation in der Lage, hier effiziente Problemlösungen aufzuzeigen, kann das ihre Glaubwürdigkeit deutlich erhöhen und Aufmerksamkeitsschwellen abbauen.
1123
Vgl. u.a.: Gunnar Hammerschmidt: Über den CNN-Effekt hinaus, a.a.O., S. 38. Ulrich Sarcinelli / Marcus Menzel: Medien, a.a.O., S. 328. 1125 Wolfgang Donsbach: Selektivität im Prozess der Medienwirkung, a.a.O., S. 129. 1126 Vgl.: Otfried Jarren / Patrick Donges / Hartmut Weßler: Medien und politischer Prozess, a.a.O., S. 26; Klaus von Beyme / Hartmut Weßler: Politische Kommunikation als Entscheidungskommunikation, a.a.O., S. 315; Gunnar Hammerschmidt: Über den CNN-Effekt hinaus, a.a.O., S. 68. 1124
346
4 Strategische Außenkommunikation
4.4.7.2 Wirkungsmodell Strategischer Außenkommunikation Die eben dargestellten vielfältigen Einflussfaktoren auf die Wirkung Strategischer Außenkommunikation lassen sich weiter verdichten und im Modell darstellen:
Abbildung 24: Wirkungsmodell Strategischer Außenkommunikation, eigene Darstellung Wie erklärt wurde, gibt es einerseits den Einlussfaktor Selektion, der wiederum unterteilt werden kann in Umweltfaktoren, Selektionsfaktoren der Medien und Selektionsfaktoren der Rezipienten, und andererseits den Einflussfaktor Meinungsbildungsprozess mit seinen Ausprägungen Problemartikulation und Problemdefinition. Eine Einflussnahme Strategischer Außenkommunikation auf die Umweltfaktoren ist nicht möglich, da diese als übergeordnete Ereignisse zu definieren sind. Die Selektionsfaktoren der Medien sind durch die Erfolgsfaktoren Strategischer Außenkommunikation beeinflussbar, besonders durch eine ganz-
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
347
heitliche, konsistente und kontinuierliche Kommunikationsgestaltung sowie durch medienaffine Stories – mit anderen Worten durch eine geschickte Inszenierung der Themen, die in Strategie und Positionierung als bedeutsam definiert wurden. Die Selektionskriterien der Rezipienten sind beeinflussbar über eine emotionale und wertedefinierte, glaubwürdige Kommunikation sowie durch die Schaffung von Wertegemeinschaften, bzw. Imagined Communities. Erst diese doppelte Einflussnahme bringt die erhoffte Wirkung einer Persusasion des Rezipienten, die eine Perzeptionsänderung hervorrufen soll. Im öffentlichen Meinungsbildungsprozess kann Strategische Außenkommunikation ihre Wirkung am besten in den Phasen der Problemartikulation und der Problemdefinition entfalten, indem sie die Themen der Medien im Agenda building und -setting-Prozess aufgreift. Der Wirkungsprozess ist jedoch nicht einseitig, sondern reziprok. Das heißt, dass sowohl die Verfasstheit der Rezipienten, als auch alle Ebenen des Einflussfaktors Selektion Rückwirkungen auf die Strategie, Form und Ausgestaltung der Strategischen Außenkommunikation haben, ebenso wie diese umgekehrt die Wirkungen beeinflussen. Gleiches gilt für den Meinungsbildungsprozess, der durch die eingegebenen Themen ebenso verändert wird, wie er wiederum die Ausrichtung und Beschaffenheit der Strategischen Außenkommunikation ändern kann.
4.4 Erkenntnisse für mehr Effizienz
Schlussbetrachtungen
349
5 Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit
351
5 Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit
Die Etablierung Strategischer Außenkommunikation hat gesamtgesellschaftliche Auswirkungen, die heute in ihrem Umfang noch nicht abzuschätzen sind und zu deren Erforschung es vielfältiger Nachfolgestudien bedarf. Im Folgenden soll ein erster Ausblick ihrer Auswirkungen gegeben werden. Anschließend werden dann die in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse zur Darstellung und Kontextualisierung der Strategischen Außenkommunikation zusammengefasst. Des weiteren werden die Implikationen für die Praxis dargestellt. Schließlich werden die Desiderata für eine weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema aufgeführt. 5.1 Legitimation durch Kommunikation oder Symbolisierung von Politik? Strategische Außenkommunikation bewegt sich wie politische Kommunikation auf dem schmalen Grad zwischen einer Legitimierung des eigenen Handelns durch Kommunikation und der – durch die Inszenierungsformen einer zunehmenden Selbstmediatisierung hervorgerufenen – Symbolisierung von politischem und gesellschaftlichem Handeln. Die Legitimation durch Kommunikation bezieht sich in der Außenkommunikation jedoch nicht nur auf die politische Ebene, sondern umfasst die gesamten Wertevorstellungen und Identitätsansätze des kommunizierenden Staates. Die Legitimationsleistung richtet sich dabei hauptsächlich an ausländische Bevölkerungen. Diese haben zwar keine direkte Einwirkung auf die politischen Intentionen des handelnden Staates, jedoch bildet ihr Einverständnis gegenüber seinen Aktivitäten einen wichtigen Faktor der Legitimation seines Machtanspruchs in den internationalen Beziehungen. Diese Öffentlichkeiten üben wiederum Druck auf ihre eigenen Regierungen aus, ähnliche oder aber – wenn der Machtanspruch nicht legitimiert wird – andere Wege in der Außenpolitik zu gehen und sich so dem agierenden Staat anzunähern oder von ihm abzugrenzen.1127 Für internationale Politikprozesse besteht zwar nach wie vor ein Legitimationsdefizit, da es keine kontinuierlich agierende internationale oder globale Öffentlichkeit gibt, die zunehmende Notwendigkeit der Ansprache fremder Öffentlichkeiten zur Legitimation der eigenen Aktionen erscheint hier jedoch als 1127
Vgl.: James N. Rosenau: Public Opinion and Foreign Policy, a.a.O.; Steven Livingston: Beyond the CNN-Effect, a.a.O., S. 291-318.
A. Schwan, Werbung statt Waffen, DOI 10.1007/978-3-531-92866-1_5, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
352
5 Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit
ein Schritt hin zu solch einer neuen Realität der internationalen Beziehungen. Strategische Außenkommunikation bietet in diesem Zusammenhang die Möglichkeit für mehr Partizipation nicht-staatlicher Akteure im außenpolitischen Prozess; sie stellt außerdem eine Öffnung von Staaten für den Dialog mit ausländischen Öffentlichkeiten dar, wenn auch nur in begrenztem Rahmen. Auch die Soft Power-Theorie resultiert aus dieser Sichtweise: Indem fremde Öffentlichkeiten die Aktionen eines Staates legitimieren, was sie nur können, wenn dieser seine Anliegen ihnen gegenüber kommuniziert, vergrößert sich dessen Attraktivität für diese Öffentlichkeiten. Seine Attraktivität vergrößert sich aber auf Grund der Rückwirkung der öffentlichen Meinung auf die staatlichen Mandatsträger auch im politischen System des ausländischen Staates und damit im internationalen Staatensystem. Dort kann der agierende Staat nun seine Machtansprüche besser vertreten. Insofern ist Kommunikation in fremden Öffentlichkeiten für die Außenpolitik, letztlich sogar für die gesamte machtpolitische Existenz eines Staates, zu einer bestimmenden Komponente geworden. Der Einfluss der öffentlichen Meinung auf außenpolitische Prozesse steigt also, gleichzeitig gibt es jedoch aufgrund der mit dem Strukturwandel der Gesellschaft einhergehenden vielfältigen Fragmentierungsprozesse keine einheitliche öffentliche Meinung mehr. Eine Entwicklung, die die öffentliche Konsensbildung erschwert. Die Aufmerksamkeitsökonomie nimmt damit einen immer bedeutenderen Faktor in der Kommunikation ein. „Information und Kommunikation zur sozialen, politischen und wirtschaftlichen Integration und zum wirtschaftlichen Handeln“1128 nehmen an Bedeutung zu. Vor diesem paradox of plenty bietet Strategische Außenkommunikation die Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen und „die eigene Botschaft im Grundrauschen der Mediengesellschaft... klar zu akzentuieren.“1129 Eine Kommunikation, die der Legitimation des eigenen Machtanspruchs im internationalen Rahmen dient, muss dabei integriert und persuasiv sein, um die Deutungshoheit über das Image des eigenen Staates zurückzuerobern. Dies gelingt nur, wenn sie auf die Anforderungen der Mediengesellschaft eingeht und sich den geänderten Kommunikationsformen sowie den Medienlogiken anschließt, auch wenn das zur Selbstmediatisierung führt. Sie muss aber auch emotional und zielgruppenspezifisch sein, um die relevanten, weil meinungskonstituierenden, Teilöffentlichkeiten auch dann zu erreichen, wenn die Öffentlichkeit immer mehr zerfällt. Deshalb ist die Bildung von Imagined Communities von so großer Bedeutung für die Funktionalität Strategischer Außenkommunikation. Andererseits wird die Herstellung von Öffentlichkeit durch Persuasion und Inszenierung zunehmend manipulativer. Auch in der Außenkommunikation 1128 1129
Miriam Meckel / Klaus Kamps: Regierungskommunikation und Marketing, a.a.O., S. 55. Matthias Machnig: Politische Kommunikation unter Modernisierungsdruck, a.a.O., S. 22.
5.1 Legitimation durch Kommunikation oder Symbolisierung von Politik?
353
bedienen sich die Kommunikationsakteure der Eigenlogiken der Systeme Medien und Öffentlichkeit, um eigene Realitäten zu kreieren, die dem eigenen Machterhalt dienen. Die Meinung des einzelnen Bürgers ist in diesem Kommunikationssystem zwar von Bedeutung, er wird jedoch kommunikativ – um mit Habermas zu sprechen – nicht als Citoyen behandelt, sondern als Bourgeois,1130 schlimmer noch, als Konsument. Die Kommunikation ist so angelegt, dass sie Wünsche weckt – nicht nur im Bereich der Markenprodukte, sondern auch im Bereich der politischen Kommunikation und durch die zunehmende Professionalisierung der Außenkommunikation auch hier. Der Aufbau von Images, auch derer von Staaten, schafft Idealvorstellungen von Gesellschaft, von Leben, von Politik, die sich von der Welt der erlebten Realität entfernen. Die Glaubwürdigkeit solcher Idealvorstellungen hat immer weniger mit „‚Wahrheit an sich’ zu tun, sondern hängt vom kognitiven Bezugsrahmen des jeweiligen Zielpublikums ab.“1131 Wahrnehmung schafft Wirklichkeit – das gilt auch hier. Die inszenierte Wirklichkeit tritt damit an die Stelle echter Erfahrungen – mit der fatalen Folge, dass die Lücke zwischen Idealbild und realer Wirklichkeit sich vergrößert. Der Bürger strebt nach Verwirklichung seiner durch Inszenierungen geweckten Wünsche, denen jedoch durch echte Menschen, durch echte Erfahrungen kaum beizukommen ist. Somit scheint die Realität glanzloser, als die inszenierte Wirklichkeit. Tritt dieser Zustand der Ernüchterung ein, führt er zu abfallenden Imagewerten, denn die Fakten können nicht mit der Kommunikation mithalten, diese wird unglaubwürdig, Vertrauen geht verloren.1132 Dem kann dann entweder mit einer Verbesserung der Inhalte begegnet werden – was zu einer Wiederannäherung von Image und Realität führt – oder aber mit einer Linderung der Symptome – wobei das Hilfsmittel hier noch mehr Inszenierung heißt. In diesem Kreislauf würde der Inhalt zunehmend zu Gunsten der Hülle zurückgedrängt, es kommt zu symbolischer Politik, zu symbolischer Wirtschaft und schließlich selbst zu einer symbolischen Gesellschaft, deren Wahrnehmung auf einer medial vermittelten Hülle gründet, nicht auf echten Inhalten und Identitäten. Da die Darstellung nationaler Identitäten und Werte, ausgesprochen komplexer Systeme zur Schaffung soziopsychologischer Gemeinschaftsbildung, in der Strategischen Außenkommunikation notwendigerweise auf Inszenierung, Simplifizierung und damit letztlich Trivialisierung beruht, und diese gleichzeitig das Zentrum der Kommunikationsstrategie bilden, liegt hier die Wurzel des Symbolisierungsproblems in der Außendarstellung. Hier kann schnell Missbrauch betrieben werden, indem Identitäten erst durch die Inszenierung zu sol1130 1131 1132
Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit, a.a.O., S. 225-274. Michael Kunczik: Public Relations. Konzepte und Theorien, a.a.O., S. 98.
Vgl. u.a.: Thomas Meyer: Die Inszenierung des Scheins, a.a.O.
354
5 Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit
chen gemacht werden. Dies gilt nach innen wie nach außen und erst Recht für die Identitäten der Imagined Communities. Diese themenorientierten Wertegemeinschaften basieren auf Identitätsentwürfen, die denen der Markenidentitäten gleichen. Es besteht damit die Gefahr, dass sie einen konsumatorisch geprägten Ersatz für die eigentlichen Identitäten der Rezipienten bilden, da diese zunehmend verschwinden, in einer Gesellschaft, die von Fragmentierung und Individualisierung geprägt ist. Folgt die Strategische Außenkommunikation diesem Weg der Symbolisierung, dann ginge auch hier Image über Inhalt und Wunscherfüllung über demokratische Mitsprache. Dann mag sich vielleicht die kulturpessimistische These Barbers erfüllen, der eine Welt prognostiziert, die „durchmediatisiert“ ist, weil sie sich auf allen Ebenen den Logiken der Mediensysteme sowie den Rationalisierungen von Marketing und Markenführung unterworfen hat: „Das Marketing wird... beherrschend, wenn die Identität selbst seinen Bedürfnissen entsprechend geformt und die ganze Welt den Marketingerfordernissen der Konsumgesellschaft unterworfen wird. Es entsteht dann nämlich eine nicht nur privatisierte, kommerzialisierte, infantilisierte und markengeprägte Gesellschaft, sondern eine, die in ihrer kommerziellen Umarmung unseres Lebens zunehmend totalisiert ist und allen anderen Bereichen die Luft entzieht, um den eigenen Sektor in Gang zu halten, der dem Konsum gewidmet ist.“1133
Wohin die zunehmende Professionalisierung der Außenkommunikation führen wird, ist heute noch nicht abzuschätzen. Sowohl das Positivszenario der Legitimation durch Kommunikation und damit einer Demokratisierung von Außenpolitik und -kommunikation als auch die pessimistischere Sichtweise einer Zunahme der Symbolisierung und Vermarktung der Gesellschaft scheinen realistisch. Es hängt also vom verantwortlichen Umgang und dem zielgerichteten Einsatz der Möglichkeiten von Kommunikation ab, in welche Richtung sich die Strategische Außenkommunikation entwickeln wird. In einer Welt, die von Medien und ihren Logiken geprägt ist, erscheint es jedoch als zwingend, dass sich die Mediatisierung der Gesellschaft und die Selbstmediatisierung staatlicher Stellen weiter verstärkt, wodurch die Interdependenz der verschiedenen Akteure der öffentlichen Arena weiter steigt. Insofern wird die Bedeutung der Strategischen Außenkommunikation weiter zunehmen, auch wenn die Inkongruenzen zwischen den Systemen beibehalten werden.
1133
Benjamin Barber: Consumed, a.a.O., S. 211.
5.2 Der Leitbegriff im Überblick
355
5.2 Der Leitbegriff im Überblick Der Begriff der Strategischen Außenkommunikation wurde in dieser Arbeit eingeführt, analysiert und kontextualisiert. Es zeigt sich, dass die Annahme, durch die Einführung dieses neuen Begriffs eine bessere Möglichkeit zu haben, die bisherigen Forschungsergebnisse darzulegen und abzugleichen, richtig war. Anhand der Literatur- und Quellenstudie sowie der Einordnung der Ergebnisse in die Forschungsthesen der Kommuniktionswissenschaft konnten die anfangs aufgestellten Hypothesen verifiziert und in verschiedenen Modellen analysiert werden. Daraus ergibt sich für das Feld der Strategischen Außenkommunikation folgendes Gesamtbild, das hier, der besseren Übersichtlichkeit und Einordnung halber, untegliedert in Mikro-, Meso- und Makroebene gezeichnet wird. Mikroebene Die Strategische Außenkommunikation ist ein Teilbereich der PR und ein Element der politischen Kommunikation. Anhand der Literaturstudie und der daraus extrahierten Grundprinzipien und Erfolgskriterien Strategischer Außenkommunikation ließ sich belegen, dass diese Ausdruck integrierter Kommunikation ist und eine strategische Managementfunktion darstellt. Sie agiert als Verbindung zwischen dem kommunizierenden Staat und den relevanten Teilöffentlichkeiten in den spezifischen Zielländern. Ihre verschiedenen Grundprinzipien und Erfolgskriterien sind nicht als einzelne Bereiche zu betrachten, sondern als voneinander abhängige und ineinandergreifende Elemente auf den unterschiedlichen Ebenen von Strategie und Umsetzung. Die Erarbeitung einer langfristigen und zielgruppengerechten Positionierung ist dabei nötig, um ganzheitlich ausgerichtete und identitätsorientierte Leitlinien zu definieren, die durch kohärente Botschaften zielgruppengerecht und griffig dargestellt werden. Die Rückwirkung nach innen verstärkt den Identitätsbildungsprozess und darüber die Imageschaffung, kontinuierliche Evaluation sichert den Erfolg der Kommunikation. Der besondere Wert der Glaubwürdigkeit als Funktion der Strategischen Außenkommunikation auf Mikroebene ist sowohl ein Beleg für die PRZugehörigkeit, als auch für den ihr inhärenten Inszenierungszwang als Imagekommunikation. Diese Inszenierung verstärkt sich mit dem steigenden Bewusstsein über die Möglichkeiten der Außenkommunikation durch einen höheren Grad an Professionalisierung. Inhalt der Strategischen Außenkommunikation ist nicht der Ort selbst, sondern sein Imagekonzept, ihr Zweck ist entsprechend der Brückenschlag zwischen Selbstbild, Fremdbild und Selbstkonzept. Strategische Außenkommunikation agiert damit an der Schnittstelle zwischen Image und Identität. Die Wirkungen variieren je nach Anspracheform und -gruppe von der Schaffung von Aufmerksamkeit über Framing bis zur Bildung von trans- und
356
5 Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit
internationalen Wertegemeinschaften, den Imagined Communities. Die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Wirkung machen tatsächliche Ereignisse, Zeitgeistfaktoren und kulturelle Nähe aus. In der Kontextualisierung zur PR-Forschung zeigte sich, dass die von Vercic et al. erhobenen Prinzipien exzellenter internationaler PR in allen Bereichen auf die strategische Kommunikation zu übertragen sind, ebenso wie Grunigs et al. situatives Modell exzellenter PR und das mixed-motive-model. Die von Grunig aufgestellte moralische Hierarchisierung zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation, die bereits in der PR-Forschung heftig debattiert wurde, konnte in Bezug auf die Strategische Außenkommunikation widerlegt werden. Nur durch die Zusammenwirkung zwischen symmetrischer und asymmetrischer Kommunikation kann hier eine wirksame und effiziente Imagekonstruktion erreicht werden. Mesoebene Die Bildung von Imagined Communities ist die wichtigste Funktion Strategischer Außenkommunikation auf der Mesoebene, zumindest aus Sicht der Kommunikatoren. Für die Rezipienten liegt ihre Funktion in ihrer Möglichkeit zur Komplexitätsreduktion, wobei beide Zweckbestimmungen eng miteinander verbunden sind. Anhand der Erzeugung von Imagined Communities schafft die Strategische Außenkommunikation grenzüberschreitende Wertegemeinschaften von Gleichgesinnten, die entstehen, indem identitätsbildende Zeitgeistthemen authentisch, emotional und wertebildend kommuniziert werden. Das hier etablierte Image soll zu einem Bestandteil sozialer Identitäten werden, in den die Zielgruppen ihre Wünsche und Selbstkonzepte projizieren können. Die Win-Win-Situation liegt für die Rezipienten im Nutzen für ihre eigene Selbstverwirklichung, für die Kommunikationsakteure darin, dass die Gruppenzugehörigen bereitwillig ihre Perzeptionen im Sinne des Kommunikators ändern. Dadurch beinhalten die Wertegemeinschaften ein hohes Mobilisierungspotential. Imagined Communities stellen damit eine Erweiterung der Imagekommunikation dar, weil nicht nur einzelne Individuen, sondern ganze Gruppen mobilisiert werden können. Dies gibt die Möglichkeit, stärkeren Einfluss auf das politische und das mediale System im Sinne des Framing zu nehmen. Indem Imagined Communities den Gruppenmitgliedern Orientierungsstrukturen bieten, tragen sie für diese zur Komplexitätsreduktion ihrer Umwelt bei. Die geschaffenen Images stellen dabei eine glaubwürdige Vereinfachung der Realität dar. Strategische Außenkommunikation ist Ausdruck der Mediatisierung von Außenpolitik, oder mit anderen Worten: Selbstmediatisierung ist zu einer zentralen Strategie auch des außenpolitischen Handelns geworden, ausgedrückt durch eine professionalisierte strategisch orientierte Außenkommunikation. Die Selbst-
5.2 Der Leitbegriff im Überblick
357
darstellung des Staates passt sich damit den vorgegebenen Medienzwängen an, mit dem Ziel, die Machtverschiebung hin zum Mediensystem zu stoppen und Kontrolle über das Medienimage zu erhalten. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer zunehmenden Systeminterdependenz und unter Bedienung der internationalen Nachrichtenwerte. Auch die Einbindung der Strategischen Außenkommunikation in die gesamtpolitische Strategie lässt sich in diesem Sinne als Ausdruck der Mediatisierung verstehen, weil die Politik mit dem Hintergedanken der Kommunizierbarkeit erdacht und von Anfang an umgesetzt wird. Die im innenpolitischen Rahmen seit langem festgestellten Inkongruenzen zwischen dem politischen und dem medialen System und ihren Prozesslogiken gelten auch hier. Trotzdem wird die Mediatisierung der Außenpolitik weiter zunehmen, weil so dem Paradox of Plenty begegnet werden kann. Damit wird auch die Strategische Außenkommunikation weiter an Gewicht gewinnen, auch wenn sie die Verstärkung von Interdependenzverhältnissen fördert, ebenso wie eine Veränderung der Kommunikation von Staaten und ihrer Interaktion untereinander, die stärker durch inszenierte und symbolische Politik betrieben werden wird. Die Funktionen Strategischer Außenkommunikation auf Mesoebene umfassen den Vertrauensaufbau und darauf aufbauend die Imageverbesserung. Ihre Wirkung ist die des Züngleins an der Waage der Imageveränderung. Makroebene Die Strategische Außenkommunikation stellt einen Prozess der Kreation wünschenswerter Wirklichkeiten dar. Sie schafft Symbole zur Erzeugung von Identität und konstruiert dadurch Images. Damit kreiert sie individuelle und soziale Realitätskonstruktionen, die im Sinne des agierenden Staates wünschenswert sind. Sie spielt sich damit, vor allem in ihrer Kommunikation unter Nutzung der Medien, in einer Meta-Wirklichkeit ab, in der die Verifizierung von Informationen durch Primärerfahrungen nicht mehr möglich ist. Dies stellt jedoch nicht nur für den Rezipienten ein Problem dar, sondern für die gesamten internationalen Beziehungen, die insgesamt in der Meta-Realität der Medienwirklichkeiten existieren. Strategische Außenkommunikation ist eine machtpolitische Aktivität im Sinne der Soft Power, die das Ziel der Ausweitung des staatlichen Machtspielraums auf politischer und wirtschaftlicher Ebene in den internationalen Beziehungen durch Attraktivitätssteigerung verfolgt. Durch ihre Interaktion mit und Rückwirkung auf die Sticky und die Hard Power macht die Soft Power dabei neue Formen der staatlichen Machtausübung und der Machtkonstellation im internationalen System möglich. Strategische Außenkommunikation stellt damit auch eine Möglichkeit einer Teilsteuerung der Gesellschaft dar.
358
5 Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit
Die Wirkung Strategischer Außenkommunikation im großen Bild der Makroebene ist schwer zu bestimmen, weil hier multikausale Wirkungsmechanismen vorherrschen, die von einer Vielzahl von Faktoren abhängig sind. Die Wirkungen sind, da es sich um Konstruktionen von Wirklichkeit handelt, nicht an einzelnen Stimuli festzumachen, sondern an der Konstruktion von Bedeutung, die den Stimuli vom jeweiligen Rezipienten zugesprochen wird. Ob die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen Strategischer Außenkommunikation deshalb als Legitimation durch Kommunikation oder aber als eine Verstärkung der Symbolisierung von Politik zu verstehen sind, hängt ebenso von der Perspektive des Betrachters ab, wie von der Verantwortungsfähigkeit der Kommunikationstreibenden. Vor allem aber hängen die Wirkungen von den Selektionsmechanismen der Rezipienten ab. 5.3 Implikationen für die Praxis Die in dieser Arbeit erlangten Ergebnisse zu Inhalt, Struktur, Prozess, Funktionen und Wirkungen Strategischer Außenkommunikation sind als normativ zu bewerten. Es sind theoretisch hergeleitete Thesen, deren empirischer Gehalt größtenteils noch nicht bewertet werden konnte. Die Implikationen für die Praxis sind daher als Aufforderung an alle Akteure der Außenkommunikation zu sehen, das Theoriegerüst zu nutzen und auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Die leitende Frage ist dabei, inwieweit die Strategische Außenkommunikation von den Regierungen in ihrer Bedeutung erkannt wird und ob darauf aufbauend Strukturen geschaffen werden, die ihre Konzeption und Umsetzung begünstigen. Auch hier lässt sich zur Darstellung der Übertragung von der Theorie in die Praxis eine Einteilung nach Ebenen vornehmen. Die wichtigsten Punkte für die Praxis auf der Mikroebene liegen in der Beachtung aller hier erarbeiteter Erfolgskriterien. Es gilt, sie alle, wie im Modell der Abhängigkeitsverhältnisse dargestellt, als vernetzt anzusehen und zu verstehen, dass Strategische Außenkommunikation dann am effektivsten betrieben wird, wenn alle ihre Teilbereiche wahr- und ernstgenommen werden. Insbesondere heißt das, der Glaubwürdigkeit ein Höchstmaß an Bedeutung zuzumessen und die Prozessabfolge vom Glaubwürdigkeitsgewinn zum Vertrauensaufbau zur Soft Power-Generierung inklusive aller Rückkopplungsprozesse zu verstehen. Ebenso wichtig ist es, die verschiedenen Gruppen der Anspracheformen zu nutzen und alle Ebenen des Prozessmodells zu bedienen. Dazu gilt es, das mixedmotive-Modell auch für die Außenkommunikation als grundlegend anzusehen. Folgende Lehren können hierbei aus den Herangehensweisen Großbritanniens und Deutschlands an ihre Außenkommunikation gezogen werden: Im Vereinig-
5.3 Implikationen für die Praxis
359
ten Königreich wurde großer Wert auf Strategieentwicklung und -implementierung gelegt, diese wurden jedoch durch die dreifache Anpassung an neue politische Leitlinien und eine gewisse Über-Evaluation konterkarriert. Nachhaltigkeit konnte so nicht entstehen. Ein weiteres Problem war die Verengung der Botschaft auf den politischen Bereich. Dies erschwerte eine ganzheitliche und emotionale Themensetzung. Die Akteure der deutschen Außenkommunikation dagegen haben es verstanden, durch langfristige Strategien und die Nutzung von Leuchtturmevents Zeitgeistströmungen in der Außenkommunikation aufzugreifen. Die Bedeutung der Außenkommunikation im außenpolitischen Prozess wurde in den letzten zehn Jahren deutlich aufgewertet. Inwieweit allerdings die aktuelle Imageverbesserung auf die Themen der Außenkommunikation zurückgeführt werden kann, ist nicht durch Evaluierungen nachvollzogen worden. In beiden Ländern sind einige der Erfolgskriterien angewandt worden, jedoch nicht alle. Die Professionalisierung der Außenkommunikation ist hier vorangeschritten, es bietet sich aber bislang ein gemischtes Bild, was ihre Effektivität in der Durchführung angeht. Auf der Mesoebene geht es in erster Linie darum, die Bedeutung der Imagined Communities für die Außenkommunikation anzuerkennen, zur Überwindung von Aufmerksamkeitsschwellen und als Möglichkeit der Kommunikation identitätsbildender Zeitgeistthemen. Ebenso gilt es für die Akteure der Außenkommunikation, Selbsterkenntnis über ihre Rolle im Mediatisierungsprozess zu erlangen. Nicht nur müssen sie anerkennen, dass die Mediatisierung der Außenpolitik weiter zunehmen wird; gleichzeitig gilt es, der damit einhergehenden Symbolisierung durch Eingrenzung der betriebenen Inszenierung vorzubeugen. Dies lässt sich durch die Sicherstellung der steten Rückkoppelung der Kommunikation mit der Realität erreichen, also der ständigen Bewusstwerdung über die Verankerung der kommunizierten Themen in der Gesellschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft als Extrakt des Existierenden, nicht des Wünschenswerten. Weder in Großbritannien noch in Deutschland ist es dauerhaft gelungen, über die Außenkommunikation nachhaltige transnationale Wertegemeinschaften zu etablieren. Allerdings gab es einzelne Maßnahmen, mit denen dies gelang: Zuvorderst ist hier die Fußball-Weltmeisterschaft zu nennen. Großbritannien sieht die Aufgabe der Außenkommunikation bislang hauptsächlich in der Vermittlung der eigenen außenpolitischen Ziele an internationale Öffentlichkeiten und folgt damit einer recht konservativen und vor allem nicht ganzheitlichen Auslegung der Aufgaben der Außenkommunikation. Deutschland dagegen setzt auf eine ganzheitlich ausgerichtete Außenkommunikation, die eben nicht nur die außenpolitischen Leitlinien vermittelt, sondern das Land umfassend darstellen will. Was die Selbstmediatisierung betrifft, ist diese in beiden Ländern recht weit fortgeschritten, legt man die Integration der Kommunikation als Gradmesser an. In deren
360
5 Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit
Folge wurde sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien die Außenkommunikation von einem Randbereich zu einem Querschnittsbereich der Außenpolitik. Sie wird als unerlässlich für die Vermittlung der eigenen Interessen angesehen. Auf der Makroebene gilt es, die Strategische Außenkommunikation in ihrer Bedeutung als machtpolitische Aktivität im Sinne der Soft Power wahrzunehmen und gleichzeitig den verantwortungsvollen Umgang mit ihren Möglichkeiten zu lernen, um ihre Legitimation zu erhalten. 5.4 Ausblick und Desiderata Durch die Forschungsergebnisse dieser Arbeit ist es gelungen, eine neue Herangehensweise an die Erforschung der Außenkommunikation von Staaten darzulegen. Die hier aufgezeigten Möglichkeiten einer umfassenden theoretischen Verankerung des Themenfelds durch die Kontextualisierung mit den Theorien der Kommunikationswissenschaft sollten in der zukünftigen Forschung weitergeführt werden. Denn das Feld der Strategischen Außenkommunikation wird in den nächsten Jahren weiter wachsen. Je wichtiger es jedoch für die Praxis wird, desto notwendiger ist eine eingehende wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema, die über die Erkenntnisse der bisherigen Public Diplomacy- und Nation Branding-Forschung hinausgeht. Insbesondere der Bereich der Wirkungen Strategischer Außenkommunikation ist bislang kaum untersucht worden und stellt ein ausgesprochen interessantes Tätigkeitsfeld dar, ebenso wie die Frage nach der Mediatisierung von Außenpolitik durch Strategische Außenkommunikation inklusive ihrer Implikationen für die Symbolisierung staatlicher Selbstdarstellung. Hier bedarf es dringend empirisch gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse, um die aufgestellten Thesen zu verifizieren. Die Untersuchung der Wirkungen der Strategischen Außenkommunikation sollte auch Auswertungen über die Mediendarstellung auf das Nutzerverhalten enthalten, ebenso wie über den Grad der Informationsübernahme in den verschiedenen Ansprachegruppen. Dies ist insbesondere wichtig, um die bisherige rein akteursbezogene Untersuchung des Themenfeldes aufzusprengen und die Rezipienten in den Vordergrund zu rücken. Eine solche Vorgehensweise würde nicht nur interessante Ergebnisse für die Forschung erbringen, sondern auch der Praxis wichtige Erkenntnisse über eine Verbesserung der Zielgruppenansprache ermöglichen. Die Fragen, die sich für die weitere Forschung unmittelbar stellen, sind die folgenden: Gibt es eine Sensibilität für die Problematik der Mediatisierung? Kann Selbstmediatisierung wirklich als zentrale Strategie des außenpolitischen Handelns begriffen werden? Wie professionell ist die Ausübung der Außen-
5.4 Ausblick und Desiderata
361
kommunikation einzuschätzen? Schafft eine professionalisiertere Außenkommunikation eine stärkere Kontrolle über das Medienimage? Anknüpfend an die Mediatisierungsthesen wurde in dieser Arbeit die These der Strategischen Außenkommunikation als Prozess der Kreation wünschenswerter Wirklichkeiten aufgestellt: Hier wäre es interessant zu fragen, wie dies in der Praxis aussieht. Sind die über die Außenkommunikation geschaffenen Images stark genug, um eigene Wirklichkeiten zu schaffen? Wie wirkt sich das Problem der Medienwirklichkeiten auf Strategien und Implementierungen von Außenkommunikation aus? Wie groß ist der Einfluss der Außenkommunikation auf die Perzeptionen der relevanten Teilöffentlichkeiten? Ebenso gilt es, die These der Strategischen Außenkommunikation als machtpolitische Aktivität im Sinne der Soft Power weiter zu prüfen. Die Forschungsfrage dazu könnte sein: Wird die Soft Power in der Praxis als wichtiges Element in der Machtkonstellation des internationalen Systems gesehen? Ebenso fehlt eine eingehende Untersuchung der Strategischen Außenkommunikation in der Praxis in Form einer fundierten Mehrländerstudie. Mit Bezug auf die in dieser Arbeit etablierten Thesen und Erfolgskriterien wären die wichtigsten Fragen, die dabei mit Blick auf die Plausibilität der Einführung des neuen Begriffs zu klären wären: Sind Nation Branding und Public Diplomacy in der Praxis als zwei getrennte Bereiche zu erkennen, oder überschneiden sich die beiden Ansätze auch hier? Im Hinblick auf die Einordnung Strategischer Außenkommunikation als Managementfunktion und Teilbereich der Public Relations stellen sich die Fragen: Wird im Sinne einer strategisch orientierten und integrierten Kommunikation gehandelt? Leistet sie die nötige Kohärenzschaffung? Agieren die verschiedenen Akteure der Außenkommunikation koordiniert und wer sind sie? Gibt es eine kontrollierende Instanz und ist diese als neues Steuerungsorgan der Kommunikation geschaffen worden? Die These der strategischen Außenkommunikation als Imagekommunikation wirft die Frage auf: Wird die Außenkommunikation als Schnittstelle zwischen Image und Identität auch in der Praxis wahrgenommen? Die Funktion der Schaffung von Imagined Communities in der Strategischen Außenkommunikation wäre ebenfalls interessant für die weitere Forschung. Die Forschungsfragen hier könnten lauten: Wie groß ist die Bedeutung, die die Praxis dem Konzept der Schaffung von image-bedingten transnationalen Wertegemeinschaften beimisst? Werden sie als wichtig für die Funktionalität der Außenkommunikation erachtet? Welche Maßnahmen und Instrumente stehen zur Schaffung solcher Gemeinschaften zur Verfügung? Das Forschungsfeld der Außenkommunikation ist noch jung und zeigt die typischen Probleme solcher praxisgeprägter Wissenschaftsgebiete. Es wäre wünschenswert, wenn sich hier in den nächsten Jahren eine ähnliche Entwicklung vollzieht, wie dies in der PR-Wissenschaft seit den 1980er Jahren geschehen ist.
362
5 Gesamtgesellschaftliche Auswirkungen und Fazit
Denn eine zunehmende Professionalisierung des Themenfelds benötigt auch eine entsprechende theoretische Fundierung. Auf internationaler Ebene ist der Professionalisierungsgrad des Forschungsgebiets dabei weiter fortgeschritten als in Deutschland. Hier wie dort ist der Weg hin zu einem etablierten Forschungsfeld jedoch noch weit, insbesondere, wenn weiterhin eine strikte Trennung nach Public Diplomacy und Nation Branding vorgenommen wird. Wenn die Ergebnisse dieser Arbeit die weiteren Untersuchungen unterstützen und zu einer Professionalisierung des Forschungsgebiets beitragen könnten, wäre eines ihrer großen Anliegen erfüllt. Es gilt, die Diskussion über das Themenfeld der Außenkommunikation in Theorie und Praxis anzufachen und diesen Bereich stärker ins Blickfeld zu rücken. Die Bedeutung der Strategischen Außenkommunikation wird weiter zunehmen. Immer mehr Staaten werden ein Sommermärchen wie Deutschland im Jahr 2006 erleben wollen. Sie sollten sich über Inhalte und Konsequenzen der von ihnen ausgeübten Außenkommunikation bewusst sein.
Literatur
363
Literatur
Quellen 10 Downing Street, Press Office (Hg.): Prime Minister’s Speech: Doctrine of the International Community, at the Economic Club, Chicago 24.4.1999, Pressemitteilung. Auswärtiges Amt (Hg.): Leitsätze für die auswärtige Kulturpolitik, Bonn 1970. Auswärtiges Amt (Hg.): Handbuch für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Ausland, Berlin 1999. Auswärtiges Amt (Hg.): Auswärtige Kulturpolitik – Konzeption 2000, Berlin 2000. Auswärtiges Amt (Hg.): Deutsche Außenpolitik 2004-2005, Berlin 2005. Auswärtiges Amt (Hg.): Halbzeit von „Deutschland in Japan 2005/2006 Rück- und Ausblick auf rund 1200 Veranstaltungen, Pressemitteilung, 4.10.2005. Auswärtiges Amt (Hg.): Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, Berlin 2003. Auswärtiges Amt (Hg.): Abteilung Kommunikation, www.auswaertiges-amt.de/ www/aamt/aufgaben/abteilungen/abt.k_html, Download: 9.6.2005. Auswärtiges Amt (Hg.): In der Welt: Schwerpunkte und Standpunkte des Auswärtigen Amtes 2005/2006, Berlin 2006. Auswärtiges Amt (Hg.): Das Deutschlandbild im Ausland, Abschussberichte zur Auswertung einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung in 34 Ländern im November 2005, Berlin 2006. Auswärtiges Amt (Hg.): Das Deutschlandbild im Ausland 2006, Powerpointpräsentation, November 2006. Auswärtiges Amt (Hg.): Bericht zur Auswärtigen Kulturpolitik 2005/2006, Berlin 2006. Auswärtiges Amt (Hg.): Das Deutschlandbild im Ausland 2006: Ergebnisse einer Befragung in 35 Ländern im November 2005 und November 2006, Berlin 2007. Auswärtiges Amt (Hg.): Bericht zur Auswärtigen Kulturpolitik 2006/2007, Berlin 2007. Auswärtiges Amt (Hg.): Abteilung für Kultur und Kommunikation, www.auswaertigesamt.de/diplo/de/AAmt/Abteilungen/KulturundKommunikation.html, Download: 22.5.2008. Auswärtiges Amt (Hg.): Wo die Musik spielt. Kultur und Kommunikation in der deutschen Außenpolitik, Berlin 2008. Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation (Hg.): Public Diplomacy, Powerpointpräsentation, Juni 2006. Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation (Hg.): Regionalisierung und eDiplomacy: die Deutschland-Zentren, Powerpointpräsentation, März 2007. Auswärtiges Amt, Abteilung für Kultur und Kommunikation (Hg.): Philosophie, Inhalt und Zielsetzung des 5. Workshops „Das Deutschlandbild im Ausland“; am 6. und 7.12.2007, Berlin 2007.
A. Schwan, Werbung statt Waffen, DOI 10.1007/978-3-531-92866-1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
364
Literatur
Baker, Robin: The United Kingdom: Foreign Cultural Policy, Papier zur Konferenz Europe – a Union of Cultures?, Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart 2003. BBC World Service (Hg.): Transforming BBC World Service for a Digital Age: A Strategy for 2010 and Beyond, Rede von Nigel Chapman, Direktor, London 25.10.2005. BBC World Service (Hg.): World View of US Role Goes from Bad to Worse, London 23.1.2007. BBC World Service (Hg.): BBC World Service 2010: Questions and Answers, www.bbc.co.uk/worldservice/faq/news/story/2005/10/printable, Download: 6.1.2008. BBC World Service / PIPA / Globescan (Hg.): Global Views of USA Improve, Worldwide Poll, London 2.4.2008. Blair, Tony: The Power of World Community, in: Leonard, Mark (Hg.): Re-Ordering the World, London 2002. S. 119-124. Ders.: A Global Alliance for Global Values, London 2006. Ders.: A Battle for Global Values, in: Foreign Affairs, 86, 1/2007, S. 79-90. British Council (Hg.): Strategy 2010. Our Vision for the Future, London 2004. British Council (Hg.): Corporate Plan 2006-2008, London 2006. British Council (Hg.): Making a World of Difference, Cultural Relations in 2010, London 2006. British Council (Hg.): Der British Council in Deutschland und Europa: unsere neue Strategie, 1.3.2007. British Council (Hg.): Through Other Eyes: How the World Sees the United Kingdom, London 1999. British Council / Goethe-Institut (Hg.): Mutual Perceptions Research. A Longitudinal Research Project, München/London 2004. Bundesministerium des Inneren (Hg.): Die Welt zu Gast Bei Freunden, 2. Fortschrittsbericht, Berlin Januar 2004. Bundesministerium des Inneren (Hg.): Die Welt war zu Gast bei Freunden. Bilanz der Bundesregierung zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Berlin 2006. Chancellor, Alexander: Learning from the Dome, in: The Guardian, 16.9.2000, www.guardian.co.uk, Download: 12.11.2007. Collinson Grant Ltd.: Efficiency, Effectiveness and the Control of Costs in the Foreign and Commonwealth Office, Phace 2: Analysis and the Development of Opportunities for Chance, Report, London 14.1.2005. Coughlin, Con: Does America Love Gordon Brown?, in: The Daily Telegraph, www.telegraph.co.uk, Download: 8.8.2008. Cowley, Jason: The Politics of Excitement, in: New Statesman, 14.5.2007, www.newstatesman.com, Download: 20.11.2007. Cushman&Wakefield / Healey&Baker (Hg.): European Cities Monitor 2005, London 2005. Deloitte Consulting (Hg.): Reorganisation des Standortmarketings auf Bundesebene, Studie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin 2002. Deutscher Akademischer Auslandsdienst (Hg.): Auf dem Weg zur internationalen Hochschule. Drittes Aktionsprogramm des DAAD 2004-2010, Bonn 2004. Deutsche Bank Research (Hg.): Deutschland im Jahr 2020, Frankfurt/M ain 2007.
Literatur
365
Deutscher Bundestag (Hg.): Unterrichtung durch die Deutsche Welle, Aufgabenplanung der Deutschen Welle 2007 bis 2010, Drucksache 16/1000, 16. Wahlperiode, Berlin 21.3.2006. Deutscher Bundestag (Hg.): Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Marieluise Beck (Bremen), Birgitt Bender, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Auswärtige Kulturpolitik, Drucksache 16/4024, 16. Wahlperiode, Berlin 11.1.2007. Deutscher Bundestag (Hg.): Neujustierung der Auswärtigen Kulturpolitik, Antrag der Abgeordneten Dr. Uschi Eid, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, Alexander Bonde, Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Winfried Nachtwei, Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Jürgen Trittin, Josef Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/6604, 16. Wahlperiode, Berlin 10.10.2007. Deutscher Bundestag (Hg.): Plenarprotokoll 14/212, 212. Sitzung, Bericht der Bundesregierung zur auswärtigen Kulturpolitik 2000; Auswärtige Kulturpolitik für das 21. Jahrhundert, Berlin 24.1.2003. Deutscher Bundestag (Hg.): Beschlussempfehlung und Bericht der Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Gauweiler, Monika Grütters, Eckart von Kläden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordeneten Monika Griefhahn, Lothar Mark, Niels Annen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, Drucksache 16/4132, 16. Wahlperiode, Berlin 25.1.2007. Deutscher Bundestag (Hg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffen Kampeter, Dietrich Austermann, Jochen Borchert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU, Drucksache 14/3420, 14. Wahlperiode, Berlin 18.5.2000. Deutscher Bundestag (Hg.): Antrag für eine zügige Umstellung auf Budgetierung beim Goethe-Institut, Drucksache 16/2090, 16. Wahlperiode, Berlin 29.6.2006. Deutscher Bundestag (Hg.): Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien (21. Ausschuss), Drucksache 15/3244, 15. Wahlperiode, Berlin 27.5.2004. Deutscher Bundestag (Hg.): Antrag: Neujustierung der Auswärtigen Kulturpolitik, Drucksache 16/6604, 16. Wahlperiode, Berlin 10.10.2007. Deutscher Bundestag (Hg.): Ausschuss für Kultur und Medien, Kurz- /Wortprotokoll, 11. öffentliche Sitzung, Protokoll Nr.: 16/11, 16. Wahlperiode, Berlin 17.5.2006. Deutscher Bundestag (Hg.): Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand der Entwicklung und Reformmaßnahmen bei der medialen Außenrepräsentanz, Drucksache 14/9502, 14. Wahlperiode, Berlin 30.5.2002. Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2006, Berlin 2006. Deutschland – Land der Ideen (Hg.): Ideen Made in Germany. Bilanz 2007, Berlin 2007. Elter, Lina / Hofmann, Max: Internationale Medienaktivitäten im Fernsehbereich, Deutsche Welle, DW-TV, Fernsehdirektion, Berlin 2006.
366
Literatur
Ernst & Young (Hg.): Globalisation Act II: Team Europe Defends Its Goals. Ernst&Young European Attractiveness Study, Paris 2006. Ernst & Young (Hg.): Kennzeichen D: Standortanalyse 2006, Attraktivität Deutschlands als Investitionsstandort, Essen 2006. Europäische Kommission (Hg.): Report on the State of Cultural Cooperation in Europe, Brüssel 2003. Europäische Kommission (Hg.): European Cultural Values, Special Eurobarometer 278, Brüssel September 2007. Expo 2000 Hannover GmbH (Hg.): Bislang teilnehmerstärkste Weltausstellung endet am 31. Oktober, Bilanz-Pressemitteilung, 15.10.2000. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 1999, London 2000. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2000, London 2001. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2001, London 2002. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2002, London 2003. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): UK International Priorities, A Strategy for the FCO, London Dezember 2003. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Business Plan 2003-6, London 2003. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): UK International Priorities, A Strategy for the FCO, London Dezember 2003. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Public Diplomacy Strategy, London Mai 2003. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2003, London 2004. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Public Diplomacy Review, London 2004. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2004, London 2005. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): „A Modern, Creative, Diverse and Relevant UK Reaches Out to the World“ – Report on the Public Diplomacy Challenge Fund 2004-2005, London 2005. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Autumn Performance Report 2005, London December 2005. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Annual Report 2005/6, Measuring Success, London 2006. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Active Diplomacy for a Changing World. The UK’s International Priorities, London März 2006. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Public Diplomacy, FCO Programmes and UK Trade & Investment, in: FCO Departmental Report 2006, London 2006, S. 67-72. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2005, London 2006. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): FCO Business Strategy: From Strategy to Delivery, London November 2006.
Literatur
367
Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2006/2007, London 2007, www.fco.gov.uk, Download: 18.11.2007. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Foreign & Commonwealth Office Departmental Report 2007, London 2008, www.fco.gov.uk, Download: 12.8.2008. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): What We Do. Public Diplomacy, www.fco.gov.uk, Download: 14.8.2008. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Our Directorates, www.fco.gov.uk, Download: 14.8.2008. Foreign & Commonwealth Office (Hg.): Better World, Better Britain, London 2008. Foreign and Commonwealth Office, Public Diplomacy Group (Hg.): Public Diplomacy Board. Terms of Reference, London April 2006, www.fco.gov.uk, Download: 28.8.2006. Gallup International (Hg.): Seven in Ten Britons have Positive Image of the UK, but Views are Divided on Other G7 Member Countries, Pressemitteilung zur Umfrage Voice of the People, London 4.2.2005. Gesellschaft für Konsumforschung (Hg.): Was ist deutsch? Das Image der Deutschen in Deutschland und Europa, Nürnberg 2006. Goethe-Institut (Hg.): Jahrbuch 2006/2007, München 2007. Goethe-Institut (Hg.): Jahrbuch 2007/2008, München 2008. GMI (Hg.): How the World Sees the World. The Anholt Nation Brands Index, Seattle, 4/2005. GMI (Hg.): Special Report: Denmark’s International Image. The Anholt Nation Brands Index, Seattle 1/2006. GMI (Hg.): Main Results from the Anholt Nation Brand Index, 2006 Quarter 1 in 35 Countries, Seattle, 1/2006. GMI (Hg.): Special Report: Europe’s International Image. The Anholt Nation Brands Index, Seattle 2/2006. GMI (Hg.): Anholt Nation Brands Index, 2006 Quarter 3, Results for Deutsche Zentrale für Tourismus, Seattle 2006. GMI (Hg.): Special Report: Israel’s International Image, The Anholt Nation Brands Index, Seattle, 3/2006. GMI (Hg.): The NBI Annual Report: How has Our World View Changed Since 2005?, The Anholt Nation Brands Index, Seattle, 4/2006. GMI (Hg.): Special Report Q1 2007, The Anholt Nation Brands Index, Seattle, 1/2007. House of Commons (Hg.): Committee on Foreign Affairs: Twelfth Report: Foreign and Commonwealth Office Annual Report 2001-2002, London 14.11.2002. House of Commons (Hg.): Twelfth Report: Foreign and Commonwealth Office Annual Report 2003, 4.12.2003. House of Commons (Hg.): Eighth Report: Foreign and Commonwealth Office Annual Report 2003-2004, London 23.9.2004. House of Commons (Hg.): Third Report: Public Diplomacy, London 7.4.2006. House of Commons (Hg.): First Report: Foreign and Commonwealth Office Annual Report 2006-2007, London 19.11.2007. IMD (Hg.): IMD World Competitiveness Yearbook 2006, Lausanne 2006. IMD (Hg.): IMD World Competitiveness Yearbook 2007, Lausanne 2007.
368
Literatur
Invest in Germany (Hg.): Deutschland: Tor nach Europa, Powerpointpräsentation, August 2005. Lord Carter of Coles: Public Diplomacy Review, London 2005. MacAskill, Ewan: World’s Youth Sees Britons as Racist Drunks, in: The Guardian, 10.11.2000, www.guardian.co.uk, Download: 9.8.2008. Mandelson, Peter / Liddle, Roger: The Blair Revolution: Can New Labour Deliver? London 1996. McLaughlin, Eugene: Re-branding Britain, in: BBC/OU open2.net, 2002, www.open2net./society/socialchange/, Download: 20.11.2007. Millenium Commission (Hg.): Marking the Millenium: A Speech by the Rt Hon Virginia Bottomley JP MP, Chairman of the Millenium Commission, 30.10.1995, London 1995. National Audit Office (NAO) (Hg.): Foreign and Commonwealth Office Grievance Review – Action Plan, London 18.10.2006. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hg.): Leitlinien zur politischen Öffentlichektsarbeit Ausland 2000, Berlin 2000. Purnell, James: Making Britain The World’s Creative Hub, Department for Culture, Median and Sport, London 16.6.2005. Reiffenstuel, Michael: Das Deutschlandbild im Ausland und Public Diplomacy, Powerpointpräsentation, Auswärtiges Amt, Abteilung Kommunikation, 21.5.2007. Reissenberger, Christl: Die offene Partnerschaft. Die deutsch-britischen Kulturbeziehungen, Bestandsaufnahme und Empfehlungen, in: ifa//dokumente 2/2007. Scholz & Friends (Hg.): Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung. Marketing Konzept, Powerpointpräsentation, April 2007, unveröffentlicht. Schwan, Anna: Strategiepapier für eine wirksame PÖA nach dem Irak-Krieg, Powerpointpräsentation, unveröffentlicht, Washington D.C. 2003. Singer, Otto: Auswärtige Kulturpolitik in der Bundesrepublik Deutschland, Konzeptionelle Grundlagen und institutionelle Entwicklung seit 1945, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Berlin 22.12.2003. Steinmeier, Frank-Walter: „Wir wollen die Köpfe und Herzen erreichen“, in: Kulturaustausch, 2/2006, http://cms.ifa.de/publikationen/zeitschrift-fuer-kulturaustausch/ interviews..., Download: 6.11.2007. Ders.: Eröffnungsrede der Konferenz Menschen bewegen –Kultur und Bildung in der deutschen Außenpolitik, Berlin 25.-26.10.2006. The German Information Center (Hg.): The Image of Germany in the U.S. – 2003 Update, New York 2003. The German Information Center (Hg.): Germany’s Image Among U.S. Americans, Washington, D.C. 2005. The German Information Center (Hg.): Perceptions Of Germany & The Germans Among The U.S. Population, Washington, D.C. 2007. The United Kingdom Parliament / Foreign Affairs Committee (Hg.): First Report of the Foreign Affairs Committee, Session 2007-2008, Foreign and Commonwealth Office Annual Report 2006-2007, London 2007.
Literatur
369
TNS Emnid (Hg.): Image von Deutschland. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in den Ländern Frankreich, Großbritannien, Polen, Schweden, Spanien und USA, Bielefeld 2003. TNS Emnid (Hg.): Image von Deutschland – Fußballweltmeisterschaft 2006 – Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in den Ländern Brasilien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Niederlande, Polen, Russland, Südafrika und USA, Bielefeld 2004. TNS Emnid (Hg.): Image von Deutschland 2006. Ergebnisse einer Repräsentativbefragung in den Ländern Brasilien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Niederlande, Polen, Russland, Südafrika und USA, Bielefeld 2007. Weth, Burkard: Deutsch-Zentralasiatischer Mediendialog, Protokoll des Treffens in Bischkek, 29.-31.3.2007.
Interviews Michael Bird, ehem. Leiter British Council Deutschland, Berlin 30.5.2008, unveröffentlicht. Email von Michael Bird: British Council Strategy, vom 4.9.2008, unveröffentlicht. Ben Bradshaw, Labour-Abgeordneter im House of Commons, London 6.2.2008, unveröffentlicht. Philip Fiske de Gouveia, Senior Research Associate, Foreign Policy Center, London 7.2.2008, unveröffentlicht. Ali Fisher, ehem. Direktor des Think-Tanks Counterpoint, London 8.2.2008, unveröffentlicht. Lucian Hudson, ehem. Direktor Kommunikation, Foreign and Commonwealth Office, London 8.2.2008, unveröffentlicht. Kurt-Jürgen Maaß, ehem. Geschäftsführer Institut für Auslandsbeziehungen e.V. (IfA), Berlin 4.5.2007, unveröffentlicht. Cord Meier-Klodt, ehem. Leiter des Referats für Strategie und Planung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, Auswärtiges Amt, Berlin 6.7.08, unveröffentlicht. Martina Nibbeling-Wriessnig, ehem. Leiterin Referat Deutschlandzentren, Auswärtiges Amt, Berlin 16.7.2007, unveröffentlicht. Wally Olins, Inhaber Safron, Berlin 30.8.2007, unveröffentlicht,. Michael Reiffenstuel, ehem. Leiter Referat Deutschlandbild, Auswärtiges Amt, Berlin 28.7.08, unveröffentlicht. Ulrich Sacker, ehem. Leiter des Goethe-Institut in Berlin, Berlin 19.6.2008, unveröffentlicht. Sebastian Turner, ehem. Vorstand Scholz&Friends, Berlin 25.4.2007, unveröffentlicht.
370
Literatur
Fachliteratur Artikel Albert, Hans: Probleme der Wissenschaftslehre in der Sozialforschung, in: R. König (Hg.): Handbuch der empirischen Sozialforschung, Bd. 1: Geschichte und Grundprobleme, Stuttgart 19733, S. 57-102. von Alemann, Ulrich / Marschall, Stefan: Parteien in der Mediendemokratie – Medien in der Parteiendemokratie, in: Ulrich von Alemann / Stefan Marschall: Parteien in der Mediendemokratie, Wiesbaden 2002, S. 15-40. Allison, Lincoln / Monnington, Terry: Sport, Prestige and International Relations, in: Government and Opposition, 37, 1/2002, S. 106-134. Alting von Geusau, Frans: Cultural Diplomacy and National Stereotypes: For Official Use Only?, in: Teresa Walas (Hg.): Stereotypes and Nations, Krakau 1995, S. 247251. Altmeppen, Klaus-Dieter / Karmasin, Matthias: Medienökonomie als transdisziplinäres Lehr- und Forschungsprogamm, in: Klaus-Dieter Altmeppen / Matthias Karmasin (Hg.): Medien und Ökonomie. Grundlagen der Medienökonomie: Kommunikations- und Medienwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Band 1, Wiesbaden 2003, S. 19-53. Anholt, Simon: Nation-brands of the Twenty-first Century, in: Journal of Brand Management, 5, 6/1998, S. 395-406. Ders.: Vorwort zur Sonderausgabe Nation Branding, in: Journal of Brand Management, 9, 4-5/2002, Nr. 4-5, S. 229-239. Ders.: Nation Branding: A Continuing Theme, in: Journal of Brand Management, 10, 1/2002, S. 59-60. Ders.: Elastic Brands, in: Brand Strategy, Februar 2003, S. 28-29. Ders.: Editor’s Foreword to the First Issue, in: Place Branding, 1, 1/2004, S. 4-11. Ders.: Some Important Distinctions in Place Branding, in: Place Branding, 1, 2/2005, S. 116-121. Ders.: Is Place Branding a Capitalist Tool?, in: Place Branding, 2, 1/2005, S. 1-4. Ders.: The Anholt-GMI City Brands Index. How the World Sees the World’s Cities, in: Place Branding, 2, 1/2005, S. 18-31. Ders.: Why brand? Some Practical Considerations for Nation Branding, in: Place Branding 2/2, 2006, S 97-107. Ders.: The Anholt Nation Brand Index 2006. Special Report on Europe’s International Image, Q2 2006, Plus an Update on the Status of ‚Brand Denmark’, in: Place Branding, 2, 3/2006, S. 263-270. Ders.: Public Diplomacy and Place Branding: Where’s the Link?, in: Place Branding, 2, 4/2006, S. 271-275. Ders.: Die Marke Europa, in: Kulturreport Fortschritt Europa, Stuttgart 2007, S. 18-26. Ders.: Countries Must Earn Better Images through Smart Policy, Interview, in: Council on Foreign Relations In Depth, 6.11.2007, www.cfr.org/publication/14719/anholt. html, Download: 18.11.2007.
Literatur
371
Anholt, Simon / van Gelder, Sicco: Branding for Good, in: Nicholas Ind (Hg.): Beyond Branding, How the New Values of Transparency and Integrity Are Changing the World of Brands, London 2005, S. 56-68. Balderjahn, Ingo: Markenführung für Städte und Regionen, in: Bruhn, Manfred (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 2, Wiesbaden 2004, S. 2357-2373. Ders.: Können Nationen wie Produkte und Unternehmen als Marken profiliert werden? Vortrag auf der Konferenz Building Reputation, Shaping Images: Place Branding and Public Diplomacy, unveröffentlicht, Berlin 30.8.2007. Baringhorst, Sigrid: Strategic Framing, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 75-87. Baumgarth, Carsten: Markenpolitik für Politikmarken, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 171-185. Becker, Jochen: Typen von Markenstrategien, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 1, Wiesbaden 2004, S. 637-675. Bennett, W. Lance: The Uncivic Culture: Communication, Identity, and the Rise of Lifestyle Politics, in: PS: Political Science and Politics, 31/1998, S. 741-761. Bentele, Günter: Politische Öffentlichkeitsarbeit, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Beiträge zur Kommunikationskultur, Bonn 1992, S. 124-145. Ders.: Öffentliches Vertrauen – normative und soziale Grundlage für Public Relations, in: Wolfgang Ambrecht / Ulf Zabel (Hg.): Normative Aspekte der Public Relations. Grundlagen und Perspektiven, Opladen 1994, S. 131-158. Ders.: Image, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 592-593. Bentele, Günter / Hoepfner, Jörg: Markenführung und Public Relations, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 3, Wiesbaden 2004, S. 1535-1564. Bentele, Günter / Seidenglanz, René: Vertrauen und Glaubwürdigkeit, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 346-361. Berekoven, Ludwig: Zum Verständnis und Selbstverständnis des Markenwesens, in: Markenartikel heute. Marke, Markt und Marketing, Wiesbaden 1978, S. 35-48. Bergler, Reinhold: Identität und Image, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 2008, S. 321-334. Berting, Jan / Villain-Gandossi, Christiane: The Role and Significance of National Stereotypes in International Relations: an Interdisciplinary Approach, in: Teresa Walas (Hg.): Stereotypes and Nations, Krakau 1995, S. 13-27. Beverland, Michael / Lindgreen, Adam: Using Country of Origin in Strategy: The Importance of Context and Strategic Action, in: Journal of Brand Management, 10, 2/2002, S. 147-167. Beyme, Klaus von / Weßler, Hartmut: Politische Kommunikation als Entscheidungskommunikation, in: Otfried Jarren / Ulrich Sarcinelli / Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen 1998, S. 312-323.
372
Literatur
Bird, Michael: Partnerschaft statt Repräsentation, in: Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.): Kulturreport Fortschritt Europa, Stuttgart 2007, S. 90-96. Bleicher, Joan / Hickethier, Knut: Medien, Markt und Rezipienten. Aufmerksamkeit als Grundbedingung medialer Kommunikation, in: Joan Bleicher / Knut Hickethier (Hg.): Aufmerksamkeit, Medien und Ökonomie, Münster 2002, S. 125-148. Blumler, Jay G. / Kavagh, Dennis: The Third Age of Political Communication: Influences and Features, in: Political Communication, 16/1999, 209-230. Bogner, Alexander / Menz, Wolfgang: Das theoriegenerierte Experteninterview. Erkenntnisinteresse, Wissensformen, Interaktion, in: Alexander Bogner / Beate Littig / Wolfgang Menz (Hg.): Das Experteninterview, Wiesbaden 20052, S.33-70. Bosold, David: Normen, Institutionalisierung und Vergesellschaftung in der Außenpolitik, , in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2007, 423-441. Boulding, Kenneth: National Images and International Systems, in: Wolfram Hanrieder (Hg.): Comparative Foreign Policy. Theoretical Essays, New York 1971, S. 90-107. Brautlecht, Nicholas: Der Tokio-Hotel-Effekt, in: Spiegel-Online vom 19.3.2008, www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,542212,00.html, Download:15.5.2008. Brown, Graham / Chalip, Laurence / Jago, Leo / Mules, Trevor: The Sydney Olympics and Brand Australia, in: Nigel Morgan / Annette Pritchard / Roger Pride (Hg.): Destination Branding: Creating the Unique Destination Proposition, Oxford 2001, S. 163-185. Bruhn, Manfred: Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 1, Wiesbaden 2004, S. 3-50. Ders.: Planung einer Integrierten Markenkommunikation, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 2, Wiesbaden 2004, S. 1441-1463. Bruhn, Manfred / Hennig-Thurau, Thorsten / Hadwich, Karsten: Markenführung und Relationship Marketing, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 1, Wiesbaden 2004, S. 391-417. Bruning, Stephen / Castle, Jenessa / Schrepper, Erin: Building Relationships between Organizations and Publics: Examining the Linkage between Organization-Public Relationships, Evaluations of Satisfaction, and Behavioural Intent, in: Communication Studies, 55, 3/2004, S. 435-446. Burkart, Roland / Probst, Sabine: Verständigungsorientierte Öffentlichkeitsarbeit: eine kommunikationstheoretisch begründete Persepektive, in: Publizistik, 36, 1/1991, S. 56-76. Busch-Janser, Sandra / Florian, Daniel: Die neuen Diplomaten? Public Diplomacy und die Rolle von Kommunikationsagenturen in der Außenpolitik, in: Tenscher, Jens / Viehrig, Henrike (Hg.): Politische Kommunikation in internationalen Beziehungen, Münster 2007, S. 215-233. Bussemer, Thymian: Medien als Kriegswaffe. Eine Analyse der amerikanischen Militärpolitik im Irak-Krieg, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 49-50/2003, S. 20-28. Calvo, Carmen: Opening Remarks, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 2-3.
Literatur
373
Chaix, Gérald: Die Reformation, in: Francois, Etienne / Schulze, Hagen (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte, Bonn 2005, S. 31-49. Cheney, George / Dionisopoulos, George N.: Public Relations? No, Relations with Publics: A Rhetorical-Organizational Approach to Contemporary Corporate Communications, in: Carl H. Botan / Vincent Hazleton (Hg.): Public Relations Theory, Hillsdale, N.J., S. 135-158. De Chernatony, Leslie / Dall’Olmo Riley, F.: Defining a Brand: Beyond the Literature with Experts’ Interpretations, in: Journal of Marketing Management, 14/5, 1998, S. 417-443. Christensen, Lars / Cheney, George: Self-Absorption and Self-Seduction in the Corporate Identity Game, in: Majken Schulz / Mary Jo Hatch / Mogens Holten Larsen (Hg.): The Expressive Organization. Linking Identity, Reputation, and the Corporate Brand, Oxford 2000, S. 247-270. Clarke, Michael: Foreign Policy, in: Anthony Seldon (Hg.): Blair’s Britain 1997-2007, Cambridge u.a. 2007, S. 593-614. Cooper, Robert: The Post-Modern State, in: Leonard, Mark (Hg.): Re-Ordering the World, London 2002. S. 11-20. Czempiel, Ernst-Otto: Vergesellschaftete Außenpolitik, in: Merkur 48/1994, S. 1-14. D’Hooghe, Ingrid: Public Diplomacy in the People’s Republic of China, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 88-105. Dinnie, Keith: Place Branding: Overview of an Emerging Literature, in: Place Branding, 1, 1/2004, S. 106-110. Dodd, Philip: The Challenge for New Labour, in: Mark Leonard / Phoebe Griffith (Hg.): Reclaiming Britishness, London 2002, S. 2-6. Donsbach, Wolfgang: Selektivität im Prozess der Medienwirkung. Methodischer Neuansatzu zu einem klassischen Thema, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 129-146. Dozier, David M. / Grunig, James E. / Grunig, Larissa A.: Das situative Modell exzellenter Public Relations. Schlussfolgerungen aus einer internationalen Studie, in: Günter Bentele / Horst Steinmann / Ansgar Zerfaß (Hg.): Dialogorientierte Unternehmenskommunikation. Grundlagen, Praxiserfahrungen, Perspektiven, Berlin 1996, S. 199-228. Düwell, Kurt: Zwischen Propaganda und Friedenspolitik – Geschichte der Auswärtigen Kulturpolitik im 20. Jahrhundert, in: Maaß, Kurt-Jürgen (Hg.): Kultur und Außenpolitik, Baden-Baden 2005, S. 53-84. Durie, Alastair / Yeoman, Ian / McMahon-Beattie, Una: How the History of Scotland Creates a Sense of Place, in: Place Branding, 2, 1/2006, S. 43-52. Ebert, Johannes: The Goethe Institute in Islamic Countries: Preventing Conflict Through Cultural and Educational Exchange, in: German Foreign Policy in Dialogue, 4, 11/2003, S. 5-10. Eder, Jens: Aufmerksamkeit ist keine Selbstverständlichkeit. Eine Diskurskritik und ein Klärungsvorschlag, in: Joan Bleicher / Knut Hickethier (Hg.): Aufmerksamkeit, Medien und Ökonomie, Münster 2002, S. 14-48.
374
Literatur
Enke, Margit / Geigenmüller, Anja: Markenführung für regionale Marken, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 3, Wiesbaden 2004, S. 2375-2389. Esch, Franz-Rudolf: Umsetzung von Markenidentitäten, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 1, Wiesbaden 2004, S. 771-798. Esch, Franz-Rudolf / Bräutigam, Sören / Möll, Thorsten / Nentwich, Eva: Gestaltung komplexer Markenstrategien, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 1, Wiesbaden 2004, S. 747-770. Esser, Frank: Gut, dass wir verglichen haben. Bilanz und Bedeutung der komparativen politischen Kommunikationsforschung, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, Wiesbaden 2007, S. 437-494. von Eschen, Penny M.: Enduring Public Diplomacy, in: American Quarterly, 57, 2/2005, S. 335-343. Dies: Satchmo Blows Up the World: Jazz, Race, and Empire during the Cold War, in: Reinhold Wagnleitner / Elaine Tyler May (Hg.): Here, There, and Everywhere: The Foreign Politics of American Popular Culture, London 2000, S. 168. Fabry, Nathalie / Zeghni, Sylvian: How Former Communist Countries of Europe may Attract Inward Foreign Direct Investmen? A Matter of Institutions, in: Communist and Post-communist Studies, 39, 2006, S. 201-219. Falk, Richard: State of Siege: Will Globalization Win Out?, in: International Affairs, 73, 1/1997, S. 123-136. Fan, Ying: Branding the Nation: What is being branded?, in Journal of Vacation Marketing, 12, 1/2006, S. 5-14. Ferguson, Neill: Power, in: Foreign Policy, 134/2005, S. 18-24. Firat, A.Fuat / Venkatesh, Alladi: Postmodernity: The Age of Marketing, in: International Journal of Research in Marketing, 10/3, 1993, S. 227-249. Fisher, Ali: Public Diplomacy in the United Kingdom, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 14-18. Ders.: Four Seasons in One Day: The Crowded House of Public Diplomacy in the UK, in: Nancy Snow / Philip M. Taylor: The Handbook of Public Diplomacy, New York 2008, S. 240-255. Fiske de Gouveia, Philip: The Future of Public Diplomacy, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 3-6. Ders.: Public Diplomacy and the Blair Effect, in: Real Instituto Elcano ARI, 111/2005, 7.9.2005, S. 1-4. Fitzpatrick, Kathy R.: Advancing the New Public Diplomacy: A Public Relations Perspective, in: The Hague Journal of Diplomacy, 2, 3/2007, S.187-211. Francois, Etienne / Siegrist, Hannes / Vogel, Jakob: Die Nation. Vorstellungen, Inszenierungen, Emotionen, in: Dies. (Hg.): Nation und Emotion, Göttingen 1995, S. 1337. Freire, Joao: ‚Other Tourists’: A critical Factor for a Geo-brand-building Process, in: Place Branding, 2, 1/2005, S. 68-83.
Literatur
375
Fröhlich, Romy: Die Problematik der PR-Definition(en), in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 95-109. Fuchs, Max: Deutschlands Bild in der Welt, in: Politik und Kultur, Juli-August/2006, S. 10-11. Galal, Injy: The History and Future of US Public Diplomacy, in: Global Media Journal, 4, 7/2005, Article 16, S. 1-18. Garton Ash, Timothy: Germany’s Choice, in: Foreign Affairs 73, 4/1994, S. 64-81. Gauger, Jörg-Dieter: Wie wollen wir mit uns selbst umgehen? Zum schwierigen Zusammenhang von Patriotismus und Identität, in: Matthias Rößler (Hg.): Einigkeit und Recht und Freiheit. Deutscher Patriotismus in Europa, Freiburg 2006, S. 11-37. Geese, Stefan / Zeughardt, Claudia / Gerhard, Heinz: Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 im Fernsehen, in: Media Perspektiven, 9/2006, S. 454-464. Gellner, Winand: Medien im Wandel, in: Hans Kastendiek / Karl Rohe / Angelika Volle (Hg.): Länderbericht Großbritannien, Bonn 1998, S. 543-561. Gerhards, Jürgen / Neidhardt, Friedhelm: Strukturen und Funktionen moderner Öffentlichkeit. Fragestellungen und Ansätze, in: Wolfgang R. Langebucher (Hg.): Politische Kommunikation. Grundlagen, Prozesse, Strukturen, Wien 1993, S. 52-89. Gerhards, Jürgen / Rössel, Jörg: Zur Transnationalisierung der Gesellschaft in der Bundesrepublik. Entwicklungen, Ursachen und mögliche Folgen für die europäische Integration, in: Zeitschrift für Soziologie, 28, 5/1999, S. 325-344. Gessler, Barbara: Europa und die Kultur oder: Kultur in der globalisierten Welt, in: Politik und Kultur, Mai-Juni 2003, S. 22. Gerz, Wolfgang: Public Diplomacy. Ein neues Konzept im Kampf gegen den Terrorismus?, in: Verwaltung und Fortbildung, 31, 1/2003, S. 54-60. Gibowski, Wolfgang G.: Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, in: Sven Gareis: Politische Kommunikation. Zum Problem der Verständigung zwischen Bürgern und Staat, Strausberg1994, S. 71-83. Gilboa, Eytan: Mass Communication and Diplomacy, a Theoretical Framework, in: Communication Theory, 10, 3/2000, S. 275-309. Gilmore, Fiona: A Country – Can It be Repositioned? Spain – The Success Story of Country Branding, in: Journal of Brand Management, 9, 4-5/2002, S. 281-293. Glaab, Manuela: Strategie und Politik: das Fallbeispiel Deutschland, in: Thomas Fischer / Gregor Peter Schmitz / Michael Seberich (Hg.): Die Strategie der Politik. Ergebnisse einer vergleichenden Studie, Gütersloh 2007, S. 67-115. Gnoth, Juergen: Leveraging Export Brands through a Tourism Destination Brand, in: Journal of Brand Management, 9, 4-5/2002, S.262-280. Gold, E. Richard: Intellectual Architecture as Place Brand, in: Place Branding, 2, 3/2006, S. 220-228. Gotta, Manfred: Branding – Prozess der Markenführung, in: Bruhn, Manfred (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 2, Wiesbaden 2004, S. 1157-1176. Greenland, Katy: Stereotypes in International Relations, in: Rainer Emig (Hg.): Stereotypes in Contemporary Anglo-German Relations, Basingstoke 2000, S. 15-30. Grolig, Wilfried: Die Köpfe und Herzen erreichen. Kultur- und Bildungsarbeit in der Außenpolitik, in: Politik und Kultur, Juli-August 2006, S. 13.
376
Literatur
Ders.: Zur Lage der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik, in: Politik und Kultur, Mai-Juni/2003, S. 4. Grolig, Wilfried / Schlageter, Rainer Eugen: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Public Diplomacy, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2007, 547-567. Groll, Michael: Wir sind Fußball. Über den Zusammenhang, zwischen Fußball, nationaler Identität und Politik, in: Jörg-Uwe Nieland / Jürgen Mittag (Hg.): Das Spiel mit dem Fußball, Essen 2007, S. 177-190. Grossman, Alan: Stereotypes and Projective Mechanisms: Forging Links between Psyche and Culture, in: Rainer Emig (Hg.): Stereotypes in Contemporary AngloGerman Relations, Basingstoke 2000, S. 31-46. Grunig, James E.: Public Relations and International Affairs: Effects, Ethics and Responsibility, in: Journal of International Affairs, 47, 1/1993, S. 137-162. Ders.: Symmetrical Presuppositions as a Framework for Public Relations, in: Carl H. Botan / Vincent Hazleton (Hg.): Public Relations Theory, Hillsdale, N.J. 1989, S. 17-44. Ders.: On the Effects of Marketing, Media Relations, and Public Relations: Images, Agendas, and Relationship, in: Wolfgang Ambrecht / Horst Avenarius / Ulf Zabel (Hg.): Image und PR: Kann Image Gegenstand einer Public Relations Wissenschaft sein? Opladen 1993, S. 263-295. Grunig, James E. / Repper, Fred C.: Strategic Management, Publics, and Issues, in: James Grunig (Hg.): Excellence in Public Relations and Comunication Management, Hillsdale, N.J. 1992, S. 117-157. Grunig, James E. / Vercic, Dejan / Grunig, Larissa A.: Global and Specific Principles of Public Relations: Evidence From Slovenia, in: Hugh M. Culbertson / Ni Chen (Hg.): International Public Relations. A Comparative Analysis. Mahwah, N.J. 1996, S. 31-65. Gurevitch, Michael / Blumler, Jay G.: Der Stand der vergleichenden politischen Kommunikationsforschung: Ein eigenständiges Feld formiert sich, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, Wiesbaden 2007, S. 371-392. Haedrich, Günther: Public Relations im System des Strategischen Managements, in: Horst Avenarius / Wolfgang Armbrecht (Hg.): Ist Public Relations eine Wissenschaft? Eine Einführung, Opladen 1992, S. 257-278. Hallin, Daniel C. / Mancini, Paolo: Amerikanisierung, Globalisierung und Säkularisierung: Zur Konvergenz von Mediensystemen und politischer Kommunikation in westlichen Demokratien, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, Wiesbaden 2007, S. 35-55. van Ham, Peter: The Rise of the Brand State: The Postmodern Politics of Image and Reputation, in: Foreign Affairs, 80/2001, Nr. 5, S. 2-6. Ders.: Winning Hearts and Minds – Wie public diplomacy überzeugen will, Rede auf dem Kongress „Shaping Images – Building Reputation: Place Branding and Public Diplomacy, Berlin, 30.8.2007. Ders.: Branding European Power, in: Place Branding, 1, 2/2005, S. 122-126.
Literatur
377
Ders.: Place Branding. Between Image and Realpolitik, Vortragspräsentation auf der Jahreskonferenz „Präsenz Schweiz“ 2006, 16.8.2006. Ders.: Place Branding: The State of the Art, in: Annals of the American Academy of Political and Social Science, 616, 1/2008, S. 126-149. Ders.: Power, Public Diplomacy, and the Pax Americana, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 48-64. Hamann, Matthias / Brehm, Thomas / Hoppe, Katja: Was ist deutsch? Zur Notwendigkeit einer Frage, in: Germanisches Nationalmuseum (Hg.): Was ist deutsch? Fragen zum Selbstverständnis einer grübelnden Nation, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, Nürnberg 2006, S. 12-21. Hamlin, Robert P. / Leith, Kevin J.: Studying the Country-of-Origin Cue in Action: An Experimental Examination of Wine Evaluations in the United Kingdom and New Zealand, in: Place Branding, 2, 4/2007, S. 311-320. Hammerschmidt, Gunnar: Über den CNN-Effekt hinaus. Ein interdisziplinärer Erklärungsansatz zum Einfluss der Medien in der internationalen Politik des 21. Jahrhunderts, in: Jens Tenscher / Henrike Viehrig (Hg.): Politische Kommunikation in internationalen Beziehungen, Münster 2007, S. 55-77. Hampton, Mary: Re-Creating the World: An Examination of Public Opinion, the Media, and Foreign Policy in the United States and Germany, in: AICGS (Hg.): The MediaPublic Opinion-Policy Nexus in German-American Relations, AICGS GermanAmerican Issues, 5, 1/2005, S. 31-37. Han, Min C.: Country Image: Halo or Summary Construct?, in: Journal of Marketing Research, 26, 2/1989, S. 222-229. Hazleton, Vincent / Botan, Carl H.: The Role of Theory in Public Relations, in: Carl H. Botan / Vincent Hazleton (Hg.): Public Relations Theory, Hillsdale, N.J. 1989, S. 315. Hazleton, Vincent: Toward a System Theory of Public Relations, in: Horst Avenarius / Wolfgang Armbrecht (Hg.): Ist Public Relations eine Wissenschaft?, Opladen 1992, S. 33-45. Heidemann, Ralph: Markenaufbau – Lehren aus den Wirtschaftswissenschaften für die Politik, in: Markus Karp / Udo Zolleis (Hg.): Politisches Marketing. Eine Einführung in das Politische Marketing mit aktuellen Bezügen aus Wissenschaft und Praxis, Münster 2004, S. 15-28. Hellmann, Kai-Uwe: Ausweitung der Markenzone: Zur Einführung, in: Kai-Uwe Hellmann / Rüdiger Pichler (Hg.): Die Ausweitung der Markenzone. Interdisziplinäre Zugänge zur Erforschung des Markenwesens, Wiesbaden 2005, S. 7-18. Hellmann, Günther / Wolf, Reinhard / Schmidt, Siegmar: Deutsche Außenpolitik in historischer und systematischer Perspektive, in: Dies. (Hg.): Handbuch zur Deutschen Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 15-46. Henrikson, Alan K.: Niche Diplomacy in the World Public Arena: the Global ‘Corners’ of Canada and Norway, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 67-87. Herger, Nikodemus: Public Relations im Kontext der Unternehmenskommunikation, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der Public Relati-
378
Literatur
ons. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 254-265. Hertz, John H.: Political Realism Revisited, in: International Studies Quarterly, 25/1981, S. 182-197. Hobsbawm, Eric: Introduction: Inventing Traditions, in: Eric Hobsbawm / Terence Ranger: The Invention of Tradition, Cambridge 19955, S: 1-14. Hocking, Brian: Rethinking the „New“ Public Diplomacy, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 28-46. Ders.: Multistakeholder Diplomacy: Foundations, Forms, Functions and Frustrations, Vortrag auf der International Conference on Multistakeholder Diplomacy, Malta 11.-13.2.2005. Höse, Alexander / Oppermann, Kai: Die öffentliche Meinung als Katalysator für transatlantische Kooperation und Konflikte, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Transatlantische Beziehungen, Wiesbaden 2005, S. 375-396. Hoffmann, Hilmar: „Dritte Säule“ der Außenpolitik. Zur aktuellen Diskussion um die auswärtige Kulturpolitik, in: Internationale Politik, März 1996, S. 15-20. Holtrup Mostert, Petra: Deutsche Umweltaußenpolitik: Der Gipfelstürmer und seine Grenzen, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 374-392. Hood, Christopher: The Risk Game and the Blame Game, in: Government and Opposition, 37, 1/2002, S. 15-38. Holz-Bacha, Christina: Massenmedien und Wahlen. Zum Stand der deutschen Forschung – Befunde und Desiderata, in: Christina Holz-Bacha / Lynda Lee Kaid (Hg.): Wahlen und Wahlkampf in den Medien, Opladen 1996, S. 9-44. Huber, Claudia / Weichert, Stephan: Regieren und Kommunizieren. Trends, Vergleiche, Perspektiven, in: Medienheft, 30.7.2007, www.medienheft.ch/kritik/bibliothek /k07_HuberWeichert.html, Download: 19.11.2007. Hullberg, Jon: Integrating Corporate Branding and Sociological Paradigms: A Literature Study, in: Journal of Brand Management, 14, 1-2/2006, S. 60-73. Hyde Smith, Pamela: The Hard Road Back to Soft Power, in: Georgetown Journal of International Affairs, 8, 1/2007, S. 113-121. Imhof, Kurt: Mediengesellschaft und Medialisierung, in: Medien & Kommunikationswissenschaft, 54, 2/2006, S. 191-215. Ingleson, Melvyn: Scotland the Brave? Brands as a Means of Economic Development, in: British Brands, 19, Spring/2004, S. 1-8. Jäger, Thomas: Außenpolitische Kommunikation, in: Jarren, Otfried / Sarcinelli, Ulrich / Saxer, Ulrich (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen 1998, S. 516-524. Jarren, Otfried / Donges, Patrick / Weßler, Hartmut: Medien und politischer Prozess. Eine Einleitung, in: Otfried Jarren / Heribert Schatz / Hartmut Weßler (Hg.): Medien und politischer Prozess. Politische Öffentlichkeitsarbeit und massenmediale Politikvermittlung im Wandel, Opladen 1996, S.9-37. Jarren, Otfried / Röttger, Ulrike: Public Relations aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der
Literatur
379
Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 19-36. Jesse, Eckhard: Berner Republik? Bonner Republik? Berliner Republik? Deutschland? Thesen zum Patriotismus in Deutschland, in: Matthias Rößler (Hg.): Einigkeit und Recht und Freiheit. Deutscher Patriotismus in Europa, a.a.O., S. 115-131. Jestaedt, Christoph: Verfassungspatriotismus. Eine deutsche Erfindung mit Zukunft in und für Europa?, in: Matthias Rößler (Hg.): Einigkeit und Recht und Freiheit. Deutscher Patriotismus in Europa, a.a.O., S. 132-146. Johnston, Karin L.: Revitalizing Public Diplomacy: Challenges for Germany and the United States, American Institute for Contemporary German Studies Issue Brief, 5, März 2006. Joffe, Josef: Who’s Afraid of Mr. Big?, in: The National Interest, 64, 2001, S. 45. Kahler, Tobias: Der echte Schein, Vom idenitätsorientierten Marketingansatz zur Inszenierung von Authenthizität, in: Karp, Markus / Zolleis, Udo (Hg.): Politisches Marketing. Eine Einführung in das Politische Marketing mit aktuellen Bezügen aus Wissenschaft und Praxis, Münster 2004, S. 184-199. Kaiser, Karl: Transnationale Politik, in: Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 1, 1969, S. 80-109. Kaiser, Wolfram: Die Welt im Dorf: Weltausstellungen von London 1851 bis Hannover 2000, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 22-23/2000, www.bpb.de/publikationen /YWWIK3.html, Download: 19.7.2007. Kamps, Klaus / Nieland, Jörg-Uwe: Weltschaufenster Fußball. Kampagnen aus Anlass der WM 2006, in: Jörg-Uwe Nieland / Jürgen Mittag (Hg.): Das Spiel mit dem Fußball, Essen 2007, S. 573-585. Dies.: Regieren und Kommunikation. Einleitende Anmerkungen zum Band, in: Dies. (Hg.): Regieren und Kommunikation. Meinungsbildung, Entscheidungsfindung und gouvernementales Kommunikationsmanagement – Trends, Vergleiche, Perspektiven. Köln 2006, S. 7-20. Kapferer, Stefan: Einmal Inszenierung und zurück? Zur Professionalisierung der politischen Kommunikation, in: Forum.Medien.Politik (Hg.): Trends der politischen Kommunikation, Beiträge aus Theorie und Praxis, Münster 2004, S. 38-46. Kavaratzis, Michalis: From City Marketing to City Branding: Towards a Theoretical Framework of Developing City Brands, in: Place Branding, 1, 1/2004, S. 58-73. Kavaratzis, Michalis / Ashworth, Greg J.: City Branding: An Effective Assertion of Identity or a Transitory Marketing Trick?, in: Place Branding, 2/3, 2006, S. 183-194. Kelman, Herbert C.: Sozialpsychologische Aspekte internationalen Verhaltens, in: Uwe Nerlich (Hg.): Krieg und Frieden im industriellen Zeitalter, Gütersloh 1966, S. 141182. Kelley, John Robert: The Limits of Public Diplomacy, in: Foreign Policy in Focus, 13.12.2006, www.fpif.org/fpiftxt/3797, Download: 11.1.2007. Keohane, Robert / Nye, Joseph: Power and Interdependence in the Information Age, in: Foreign Affairs, 77, 5/1998, S. 81-94. Kepplinger, Hans Mathias: Politische Kommunikation als Persuasion, in: Otfried Jarren/ Ulrich Sarcinelli, Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen 1998, S. 362-268.
380
Literatur
Ders.: Inszenierte Wirklichkeiten, in: Medien und Erziehung, 1/1996, S. 12-23. Ders.: Systemtheoretische Aspekte der politischen Kommunikation, in: Publizistik 30/1985, S. 247-264. Klaus, Daniela / Nauk, Bernhard: Vergleichende Länderstudien: Potentiale und Grenzen, in: Jürgen Straub / Arne Weidemann / Doris Weidemann (Hg.): Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz, Stuttgart / Weimar 2007, S. 293303. Klause, Karl Matthias: Bewährtes statt Slogans, in: KulturAustausch, 54, 3/2004, S. 6567. Klein, Naomi: Selling Uncle Sam – The Spectacular Failure of Brand USA, in: TomPain.Common sense, März 2002, www.tompaine.com/feature.cfm/ID/5233, Download: 13.2.2007. Dies.: Brand USA, in: AlterNet, 13.3.20022, www.alternet.org/module/printversion /12617, Download: 20.7.2006. Dies: Brand USA is in Trouble, so Take a Lesson from Big Mac, in: The Guardian, 14.3.2005, www.guardian.co.uk/print/0,,5147118-103390,00.html, Download: 13.2.2007. Kleinsteuber, Hans J.: Stereotype, Images und Vorurteile. Bilder und Feindbilder in den Köpfen der Menschen, in: Wissenschaft und Fortschritt, 42, 2/1992, S. 50-54. Ders.: Auslandsrundfunk in der Kommunikationspolitik. Zwischen globaler Kommunikation und Dialog der Kulturen, in: Andreas Hepp / Martin Löffelholz (Hg.): Grundlagentexte zur transkulturellen Kommunikation, Konstanz 2002, S. 345-372. Ders.: Markige Sprüche klopfen, in: Message, 1/2002, S. 24-27. Ders.: Tom Wolfe und der Mythos vom New Journalism, in: Joan Kristin Bleicher / Bernhard Pörksen (Hg): Grenzgänger: Formen des New Journalism. Wiesbaden 2004, S.193-221. Ders.: Der postmoderne Freund, in: KulturAustausch 54, 3/2004, S. 36-38. Ders.: TV-Debatten und Duelle, in: Axel Balzer / Marvin Geilich / Shamin Rafat (Hg.): Politik als Marke. Politikvermittlung zwischen Kommunikation und Inszenierung, Münster 2005, S. 247-254. Ders.: Medien und Kommunikation im internationalen Vergleich: Konzepte , Methoden und Befunde, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, Wiesbaden 2007, S. 78-103. Ders.: Deutsche Welle und German TV in den USA: Auswärtige Kulturpolitik auf einem schwierigen Markt, in: Josef Raab / Jan Wirrer (Hg.): Die deutsche Präsenz in den USA, Berlin 2008, S. 451-478. Ders.: Europäische Öffentlichkeit und europäische Auslandssender, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 11/2008, www.bpb.de/publikationen/9IQ3LD.html, Download: 31.7.2009. Kleinsteuber, Hans J. / Thomaß, Barbara: Politikvermittlung im Zeitalter von Globalisierung und medientechnischer Revolution, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Beiträge zur Kommunikationskultur, Bonn 1992, S. 209-229.
Literatur
381
Koo Kim, Chung / Young, Chung: Brand Popularity, Country Image and Market Share: An Empirical Study, in: Journal of International Business Studies, 28, 2/1997, S. 361-386. Korte, Karl Rudolf: Bild-Regime internationaler Politik – Euro-Identität und Deutschlandmuster, in: Diner, Dan (Hg.): Deutschlandbilder, Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, Band 26, Tel Aviv 1997, S. 251-264. Koschwitz, Hansjürgen: Diplomatie und Öffentlichkeit, Beiträge zur Konfliktforschung, 16, 1/1986, S. 53-68. Ders.: Internationale Publizistik und Massenkommunikation. Aufriss historischer Entwicklungslinien und gegenwärtiger Trends, in: Publizistik, 24, 4/1979, S. 458-483. Kotler, Philip / Gertner, David: Country as Brand, Product and Beyond: A place Marketing and Brand Management Perspective, in: Journal of Brand Management, 9, 45/2002, S. 249-261. Dies.: How Can a Place Correct a Negative Image?, in: Place Branding, 1, 1/2004, S. 5057. Kotler, Philip / Haider, Donald H. / Rein, Irving: There’s No Place Like Our Place! The Marketing of Cities, Regions, and Nations, in: The Futurist, NovemberDezember/1993, S. 14-21. Kotler, Philip / Kotler, Neil: Political Marketing, in: Bruce I. Newman (Hg.): Handbook of political marketing, Thousand Oaks/Kalifornien 1999, S. 3-18. Kotler, Philip / Mindak, William: Marketing and Public Relations: Should they be Partners or Rivals?, in: Journal of Marketing, 42, Oktober 1978, S. 13-20. Kotler, Philip / Levy, Sidney J.: Broadening the Concept of Marketing, in: Journal of Marketing, 33/1, 1969, S. 10-15. Kotler, Philip / Zaltman, Gerald: Social Marketing: An Approach to Planned Social Change, in: Journal of Marketing, 35/3, 1971, S. 3-12. Kreminski, Michael / Neck, Clemens: Einleitung, in: Dies. (Hg.): Praxis des Social Marketing. Erfolgreiche Kommunikation für öffentliche Einrichtungen, Vereine, Kirchen und Unternehmen, Frankfurt / Main 1994, S. 18. Kriesi, Hanspeter: Strategische politische Kommunikation: Bedingungen und Chancen der Mobilisierung öffentlicher Meinung im internationalen Bereich, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, Wiesbaden 2007, S. 208-239. Kuhn, Raymond: Media Management, in: Anthony Seldon (Hg.): Blair’s Britain 19972007, Cambridge u.a. 2007, S. 123-142. Kunczik, Michael: Public Relations für Staaten. Die Imagepflege von Nationen als Aspekt der internationalen Kommunikation: Zum Forschungsstand, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 30, 1989, S. 165-184. Ders.: Mediatisierung der Außenpolitik: Public Relations für Staaten, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 189-204. Ders.: Politische Kommunikation als Marketing, Historische Aspekte der Imagepflege von Staaten, in: Wolfgang Donsbach (Hg.): Public Relations in Theorie und Praxis: Grundlagen und Arbeitsweise der Öffentlichkeitsarbeit in verschiedenen Funktionen, München 1997, S. 55-69.
382
Literatur
Ders.: States, International Organizations, and the News Media. Problems of Image Cultivation, in: Philippe J. Maarek / Gadi Wolfsfeld (Hg.): Political Communication in a New Era, a cross-national Perspective, London 2003, S. 117-138. Langewiesche, Dieter: Nation, Nationalismus, Nationalstaat: Forschungsstand und Forschungsperspektiven, in: Neue Politische Literatur, 40/1995, S. 190-236. Ders.: Reich, Nation und Staat in der jüngeren deutschen Geschichte, in: Historische Zeitschrift, 254/1992, S. 341-381. Leonard, Mark: Diplomacy by Other Means, in: Foreign Policy, 132/2002, S. 48-56. Ders.: Living Together after 11 September and the Rise of the Right, in: Marl Leonard / Phoebe Griffith (Hg.): Reclaiming Britishness, London 2002, S. X-XX. Leonhard, Elke: Ziele und Grenzen auswärtiger Kulturpolitik, in: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.): Deutschland-Bilder, Berlin 2000, S. 30-35. Livingston, Steven: Beyond the CNN-Effect. The Media-Foreign Policy Dynamic, in: Pippa Norris (Hg.): Politics and the Press. The News Media and Their Influences, London 1997, S. 291-318. Lodge, Creenagh: Success and Failure – the Brand Stories of Two Countries, in: Journal of Brand Management, 9, 4-5/2002, S. 372-384. Löbler, Helge / Markgraf, Daniel: Markenführung und Werbung, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 2, Wiesbaden 2004, S. 1491-1511. Löffelholz, Martin: Von der Simplifikation zur Interpenetration, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 365-375. Lomax, Wendy / Mador, Martha: Corporate Re-branding: From Normative Models to Knowledge Management, in: Journal of Brand Management, 4, 1-2/2006, S. 82-95. Long, Larry W. / Hazleton, Vincent: Public Relations: A Theoretical and Practical Response, in: Public Relations Review, 13, 2/1978, S. 3-13. Maarek, Philippe J. : Government Communication to the Public and Political Communication, in: Philippe J. Maarek / Gadi Wolfsfeld (Hg.): Political Communication in a New Era, a Cross-national Perspective, London 2003, S. 157-169. Maarek, Philippe J./ Wolfsfeld, Gadi: Introduction, in: Dies. (Hg.): Political Communication in a New Era, a Cross-national Perspective, London 2003, S. 1-7. Maaß, Kurt-Jürgen: Plea for a European Foreign Cultural Policy Towards the Islamic World, in: German Foreign Policy in Dialogue, 4, 11/2003, S. 16-21. Ders.: Ziele und Instrumente der Auswärtigen Kulturpolitik, in: Maaß, Kurt-Jürgen (Hg.): Kultur und Außenpolitik, Baden-Baden 2005, S. 23-30. Ders.: Soft-Power-Kultur schafft Akzeptanz, in: Politik und Kultur, Juli-August 2006, S. 12-13. Machnig, Matthias: Politische Kommunikation unter Modernisierungsdruck. Medienund Gesellschaftswandel verlangen auch neue Medienstrategien der politischen Akteure, in: Forum.Medien.Politik (Hg.): Trends der politischen Kommunikation, Beiträge aus Theorie und Praxis, Münster 2004, S. 8-17. Maletzke, Gerhard: Interkulturelle Kommunikation und Publizistikwissenschaft, in: Publizistik 11, 1966, S. 318-328. Manheim, Jarol / Albritton, Robert B.: Changing National Images: International Public Relations and Media Agenda Setting, in: American Political Science Review, 78, 1984, S. 641-657.
Literatur
383
Marwick, Arthur: Mentalitätsstrukturen und soziokulturelle Verhaltensmuster, in: Hans Kastendiek / Karl Rohe / Angelika Volle (Hg.): Länderbericht Großbritannien, Bonn 1998, S. 116-145. Mavridis, Thomas: Propaganda und Public Relations – Synonyme im 21. Jahrhundert?, in: Volker Kreyher (Hg.): Handbuch Politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 35-62. McCombs, Maxwell / Shaw, Donald: The Agenda-Setting Function of Mass Media, in: Public Opinion Quarterly, 36/1972, S. 176-187. Mead, Walter Russell: Discovering Sticky Power, in: Foreign Policy 141, März-April 2004, S. 46-53. Meckel, Miriam / Kamps, Klaus: Regierungskommunikation und Marketing. Differenzen und Schnittstellen, in: Klaus Kamps / Jörg-Uwe Nieland (Hg.): Regieren und Kommunikation. Meinungsbildung, Entscheidungsfindung und gouvernementales Kommunikationsmanagement – Trends, Vergleiche, Perspektiven. Köln 2006, S. 54-72. Meffert, Heribert: Strategien zur Profilierung von Marken, in: Erwin Dichtl / Walter Eggers (Hg.): Marke und Markenartikel als Instrumente des Wettbewerbs, München 1992, S. 129-156. Ders.: Idenitätsorientierter Ansatz der Markenführung – eine entscheidungsorientierte Perspektive, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 1, Wiesbaden 2004, S. 293-320. Meffert, Heribert / Burmann, Christoph / Koers, Martin: Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagement, in: Dies.: Markenmanagement: Grundfragen der identitätsorientierten Markenführung, Wiesbaden 2002, S. 3-14. Melissen, Jan: The New Public Diplomacy: Between Theory and Practice, in: Ders. (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 3-27. Ders.: Public Diplomacy between Theory and Practice, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 6-10. Merten, Klaus: Begriff und Funktion von Public Relations, in: PRmagazin, 11/1992, S. 35-46. Ders.: Die Lüge vom Dialog. Ein verständigungsorientierter Versuch über semantische Hazards, in: Public Relations Forum, 6, 1/2000, S. 6-9. Ders.: Kommunikation und Persuasion, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 297-308. Ders.: Dialog (Dialogkommunikation), in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyszka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 585-586. Merten, Klaus / Westerbarkey, Joachim: Public Opinion und Public Relations, in: Klaus Merten / Siegfried J. Schmidt / Siegfried Weischenberg (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien, Opladen 1994, S. 188-211. Meyer, Thomas: Mediokratie – Auf dem Weg in eine andere Demokratie?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 15-16/2002, S. 7-14.
384
Literatur
Meyer zu Schwabedissen, Friederike / Miggelbrink, Judith: Wo der Standort trompetet, geht die Freiheit flöten: Bilder interurbanen Wettbewerbs am Beispiel der Bewerbung Leiptig zur „Candidate City“ für die Olympischen Spiele 2012, in: Social Geographic Discussion, 1/2005, S: 15-27. Metzl, Jamie F.: Network Diplomacy, in: Georgetown Journal of International Affairs, Winter/Frühjahr 2001, www.carnegieendowment.org/publications/index.cfm? fa= print&id=681, Download: 20.12.2007. Michalski, Anna: The EU as a Soft Power: the Force of Persuasion, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 124-146. Mihailovich, Philippe: Kinship branding: A Concept of Holism and Evolution for the Nation Brand, in: Place Branding, 2, 3/2006, S. 229-247. Dies: Destination Branding in Context, in: Nigel Morgan / Anette Pritchard / Roger Pride (Hg.): Destination Branding: Creating the Unique Destination Proposition, Oxford 20042, S. 3-16. Mihr, Christian: Metakommunikation als Trend, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 355-363. Millar, Stuart: Shoulder to Shoulder, Blair and Bush Nominated for Peace Prize, in: The Guardian, 5.2.2002, www.guardian.co.uk, Download: 16.8.2008. Miller, Jade: The World Cup: Global Unity and Nationalism, in: USC Center on Public Diplomacy Special Reports, 3.8.2006, http://uscpublicdiplomacy.com/index.php/ newsroom/specialreports_detail/1873, Download: 27.2.2007. Morgan, Nigel / Pritchard, Annette / Pride, Roger: New Zealand, 100% Pure: The Creation of a Powerful Niche Destination Brand, in: Journal of Brand Management, 9, 4-5/2002, S. 335-354. Müller, Helmut M.: Kreuzzüge, in: Ders. (Hg.): Schlaglichter der deutschen Geschichte, Leipzig / Mannheim 2002, S. 51. Müller-Vogg, Hugo: Werbung und PR: Unterschiede, Gemeinsamkeiten, Zusammenwirken, in: G. Kalt (Hg.): Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Instrumente, Strategien, Perspektiven, Frankfurt / Main 1990, S. 115-120. Muthesius, Herrmann: Die Werkbundarbeit der Zukunft. Vortrag auf der Werkbundtagung in Köln 1914, in: Wend Fischer (Hg.): Zwischen Kunst und Industrie: Der Deutsche Werkbund, München 1975, S.49-51. Norris, Pippa: Globale politische Kommunikation: Freie Medien, Gutes Regieren und Wohlstandsentwicklung, in: Frank Esser / Barbara Pfetsch (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, Wiesbaden 2007, S. 135-178. Noya, Javier: The Symbolic Power of Nations, in: Place Branding, 2, 1/2005, S. 53-67. Ders.: The United States and Europe: Convergence or Divergence in Public Diplomacy?, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 10-13. Ders.: New Propaganda: Public Diplomacy of the Authoritarian Remines in China and Venezuela, in: Real Instituto Elcano WP, 3/2008, www.realinstitutoelcano.org/wps/ portal/rielcano_eng Nye, Joseph: Soft Power, in: Foreign Policy, 80, Autumn/1990, S. 153-171.
Literatur
385
Ders.: The Changing Nature of World Power, in: Political Science Quarterly, 105, 2/1990, S. 177-192. Ders.: Think Again: Soft Power, in: Foreign Policy, 1, März/2006, abgedruckt in: Yale Global Online, http://yaleglobal.yale.edu/article.print?id=7059, Download: 8.6.2007. Olins, Wally: Why Companies and Countries are Taking on Each Other’s Roles, in: Corporate Reputation Review, 3/2000, S. 254-265. Ders.: Branding the Nation – the Historical Context, in: The Journal of Brand Management, 9, 4-5/2002, S. 241-248. Ders.: Making a National Brand, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 169-178. Ders.: Nation Branding in Europe, in: Business at Oxford, The Magazine of the Said Business School, Summer 2005, S. 1-4. O’Shaughnessy, Nicholas: Political Marketing and Political Propaganda, in: Bruce I. Newman (Hg.): Handbook of Political Marketing, Thousand Oaks/Kalifornien 1999, S. 725-740. Overhaus, Marco: Cultural Relations: Not Just Security Policy by Different Means, in: German Foreign Policy in Dialogue, 4, 11/2003, S. 2-4. Page, Benjamin I. / Shapiro, Robert Y.: Effects of Public Opinion on Policy, in: American Political Science Review, 77/1983, S. 175-190. Papadopoulos, Nikolas: Place Branding: Evolution, Meaning and Implications, in: Place Branding, 1, 1/2004, S. 36-49. Papadopoulos, Nikolas / Heslop, Louise.: Country Equity and Country Branding: Problems and Prospects, in: Journal of Brand Management, 9, 4-5/2002, S. 294-314. Parekh, Bikhu: Being British, in: Government and Opposition, 32, 3/2007, S. 301-315. Parsons, Talcott: General Theory in Sociology, in: Robert K. Merton / Leonard Bloom / Leonard Cotrell (Hg.): Sociology Today, Bd. 1, New York 1959, S. 3-38. Paswan, Audhesh K. / Kulkarni, Shailesh / Ganesh, Gopala: Nation Branding: Loyalty Towards the Country, the States and the Service Brands, in: Journal of Brand Management, 10, 3/2003, S. 233-251. Patzelt, Werner J.: Parlamentskommunikation, in: Otfried Jarren / Ulrich Sarcinelli / Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft . Ein Handbuch mit Lexikonteil, Opladen 1998, S. 431-441. Pfetsch, Barbara: Bürger – Publikum, in: Otfried Jarren / Ulrich Sarcinelli / Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. Ein Handbuch mit Lexikonteil, Opladen 1998, S. 406-414. Pfetsch, Barbara / Esser, Frank: Politische Kommunikation im internationalen Vergleich: Neuorientierung in einer veränderten Welt, in: Dies. (Hg.): Politische Kommunikation im internationalen Vergleich, Wiesbaden 2007, S. 9-34. Pundt, Christian: Vom Geben und Nehmen im Kleinen und Großen. Zu Georg Francks Ökonomie der Aufmerksamkeit, in: Joan Bleicher / Knut Hickethier (Hg.): Aufmerksamkeit, Medien und Ökonomie, Münster 2002, S. 49-74. Radunski, Peter / Wallrabenstein, Axel: Politik als Vorbild, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 427-438.
386
Literatur
Raffée, Hans / Wiedmann, Klaus-Peter / Abel, Bodo: Sozio-Marketing, in: Martin Irle (Hg.): Handbuch der Psychologie, Göttingen 1983, S. 469-490. Raffée, Hans / Wiedmann, Klaus-Peter: Corporate Identity als strategische Basis der Kommunikationspolitik, in: Ralph Berndt / Arnold Hermanns (Hg.): Handbuch der Marketing-Kommunikation, Wiesbaden 1993, S. 43-68. Raschke, Joachim: Politische Strategie. Überlegungen zu einem politischen und politologischen Konzept, in: Nullmeier, Frank / Saretzki, Thomas (Hg.): Jenseits des Regierungsalltags. Strategiefähigkeit politischer Parteien, Frankfurt/Main, New York 2002, S. 207-241. Rattinger, Hans: Öffentliche Meinung, in: Siegmar Schmidt / Gunther Hellmann / Reinhard Wolf (Hg.): Handbuch zur deutschen Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 313325. Reichertz, Jo: „Wir kümmern uns um mehr als Autos!“ Werbung als moralische Unternehmung, in: Soziale Welt, 46, 4/1995, S. 469-490. Ders.: Die Medien als selbstständige Akteure, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 12/2007, 19.3.2007, www.bundestag.de/dasparlament/2007/12/Beilage/005.html, Download: 20.5.2007. Rein, Irving / Shields, Ben: Place Branding Sports: Strategies for Differenciating Emerging, Transitional, Negatively Viewed and Newly Industrialised Nations, in: Place Branding and Public Diplomacy, 3, 1/2007, S. 73-85. Renan, Ernest: Was ist eine Nation?, in: Michael Jeismann / Henning Ritter (Hg.): Grenzfälle – Über neuen und alten Nationalismus, Leipzig 1993, S. 290-311. van Riel, Cees: Corporate Communication Orchestrated by a Sustainable Corporate Story, in: Majken Schultz / Mary Jo Hatch / Mogens Holten Larsen (Hg.): The Expressive Organization: Linking Identity, Reputation and the Corporate Brand, New York 2000, S. 157-171. Riordan, Shaun: Dialogue-based Public Diplomacy: A New Foreign Policy Paradigm?, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 180-195. Risse-Kappen, Thomas: Public Opinion, Domestic Structures, and Foreign Policy in Liberal Democracies, in: World Politics, 43, 4/1991, S. 479-512. Rittberger, Volker / Andrei, Verena: Macht, Profit und Interessen – Auswärtige Kulturpolitik und Außenpolitiktheorien, in: Kurt-Jürgen Maaß (Hg.): Kultur und Außenpolitik, Baden-Baden 2005, S. 31-52. Robin, Ron: Requiem for Public Diplomacy?, in: American Quarterly, 57, 2/2005, S. 345-353. Roy, Ishita Sinha: Worlds Apart: Nation-branding on the National Geographic Channel, in: Media, Culture and Society, 29, 4/2007, S. 569-592. Rühl, Manfred: Public Relations. Innenansichten einer emergierenden Kommunikationswissenschaft, in: Horst Avenarius / Wolfgang Armbrecht (Hg.): Ist Public Relations eine Wissenschaft?, Opladen 1992, S. 79-102. Sarcinelli, Ulrich: Mediatisierung und Wertewandel: Politik zwischen Entscheidungsprozess und politischer Regiekunst, in: Frank E. Böckelmann (Hg.): Medienmacht und Politik, Berlin 1989, S. 165-174.
Literatur
387
Ders.: Politikvermittlung im Blickfeld politischer Bildung. Ein Ansatz zur Analyse politischer Wirklichkeit, in: Ders. (Hg.): Politikvermittlung und politische Bildung, Bad Heilbrunn 1990, S. 11-86. Ders.: Politikvermittlung und Demokratie: Zum Wandel der politischen Kommunikationskultur, in: Ders. (Hg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Beiträge zur Kommunikationskultur, Bonn 1992, S. 11-23. Ders.: Mediale Politikdarstellung und politische Kultur, in: Ortwin Buchbender / Hansjoachim Mauch (Hg.): Verstehen wagen... Beiträge zur politischen Kommunikation, Strausberg 1996, S. 31-52. Ders.: Repräsentation order Diskurs? Zu Legitimität und Legitimitätswandel durch politische Kommunikation, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft, 8/1998, S. 549-569. Ders.: Themenperzeption und Meinungsbildung in der Öffentlichkeit, in: Sven B. Gareis / Rolf Zimmermann (Hg.): Sicherheitspolitische Kommunikation, Baden-Baden 1999, S. 94-104. Ders.: Seiltänzer an der institutionellen Leine? Zum kommunikativen Handlungsspielraum politischer Eliten in der Medienarena, in: Ronald Hitzler / Stefan Hornbostel / Cornelia Mohr (Hg.): Elitenmacht, Wiesbaden 2004, S. 225-237. Ders.: Öffentliche Meinung, in: Bundeszentrale für Politische Bildung (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Online-Lexikon, www.bpb.de/wissen/04128560687471568786516181652519,3,0,%D6ffentliche_Me inung.html, Download: 31.3.2008. Sarcinelli, Ulrich / Menzel, Marcus: Medien, in: Siegmar Schmidt / Gunther Hellmann / Reinhard Wolf (Hg.): Handbuch zur deutschen Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 326-335. Saxer, Ulrich: Mediengesellschaft: Verständnisse und Missverständnisse, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn 1998, S. 52-73. Schaefer, Hermann: Veränderung – Wie wandelte sich das Deutschland-Bild seit 1989, in: Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.): Deutschland-Bilder, Berlin 2000, S. 55-81. Schenk, Michael: Informationsgesellschaft: Entwicklung eines theoretischen Konzepts, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 173-188. Schlageter, Rainer: German Public Diplomacy, in: Real Instituto Elcano: The Present and Future of Public Diplomacy: A European Perspective, The 2006 Madrid Conference on Public Diplomacy, 30.11.2006, Transcripts der Beiträge, S. 18-19. Schmidt, Gustav: Großbritanniens internationale Position nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Hans Kastendiek / Karl Rohe / Angelika Volle (Hg.): Länderbericht Großbritannien, Bonn 1998, S. 381-404. Schneider, Beate: Mediensystem, in: Jarren, Otfried / Sarcinelli, Ulrich / Saxer, Ulrich (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen 1998, S. 422-430. Schneider, Cynthia: Culture Communicates: US Diplomacy That Works, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 147-168.
388
Literatur
Schultes, Norbert: Deutsche Außenwirtschaftsförderung, in: Thomas Jäger / Alexander Höse / Kai Oppermann (Hg.): Deutsche Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 333-353. Schulz, Werner: Deutsch, aber glücklich, in: Matthias Rößler (Hg.): Einigkeit und Recht und Freiheit. Deutscher Patriotismus in Europa, Freiburg 2006, S.80-97. Schulz, Winfried: Der Kommunikationsprozess – neubesehen, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 25-38. Ders.: Die Transformation des Mediensystems in den Achtzigern. Epochale Trends und modifizierende Bedingungen, in: Arnulf Kutsch / Christina Holtz-Bacha / Franz R. Stucke (Hg.): Rundfunk im Wandel: Beiträge zur Medienforschung, Berlin 1993, S. 155-171. Schulze, Gerhard: Was wird aus der Erlebnisgesellschaft?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 12/2000, www.bpb.de/publikationen/L0749F.html, Download: 19.7.2007. Schwan, Anna: Das Deutschlandbild in den amerikanischen Medien: Der Bundestagswahlkampf 2002 und die Irak-Frage im Spiegel der US-Presse, in: Josef Raab / Jan Wirrer (Hg.): Die deutsche Präsenz in den USA, Berlin 2008, S. 479-512. Dies.: Vom Schein zum Sein. Der internationale Wettbewerb bringt Staaten dazu, ihre Außenkommunikation zu professionalisieren, in: Liberal, 4 /2007, S. 23-27. Sharp, Paul: Revolutionary States, Outlaw Regimes and the Techniques of Public Diplomacy, in: Jan Melissen (Hg.): The New Public Diplomacy, Soft Power in International Relations, Basingstoke 2005, S. 106-123. Signitzer, Benno: Anmerkungen zur Begriffs- und Funktionswelt von Public Diplomacy, in: Wolfgang Ambrecht / Horst Avenarius / Ulf Zabel (Hg.): Image und PR: Kann Image Gegenstand einer Public Relations Wissenschaft sein? Opladen 1993, S. 199211. Ders.: Staaten im internationalen System, in: Otfried Jarren / Ulrich Sarcinelli / Ulrich Saxer (Hg.): Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft, Opladen 1998, S. 496-505. Ders.: Aspekte neuerer Public Relations Theorie und wissenschaftliche PR-Beratung, in: prmagazin, 20, 11/1989, S. 31-42. Signitzer, Benno / Coombs, Timothy: Public Relations and Public Diplomacy: Conceptual Divergences, in: Public Relations Review, 18/2, 1992, S. 137-147. Signitzer, Benno / Wamser, Carola: Public Diplomacy: A Specific Governmental Public Relations Function, in: Carl H. Botan / Vincent Hazelton (Hg.): Public Relations Theory II, Mahwah, N.J. 2006, S. 435-464. Simon, Herbert A.: Information 101: It’s not What You Know, It’s How You Know It, in: Journal for Quality and Participation, July-August/1998, S. 30-33. Sinclair, Roger: A Brand Valuation Methodology for Nations, in: Place Branding, 1, 1/2004, S. 74-79. Smith, Gordon S.: Reinventing Diplomacy: A Virtual Necessity, in: United States Institute of Peace, 25.2.1999, www.usip.org/virtualdiplomacy/publications/reports /gsmit..., Download: 18.11.2007. Speth, Rudolf: Strategiebildung in der Politik, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, 18, 2/2005, S.20-37.
Literatur
389
Staab, Joachim Friedrich: Entwicklungen der Nachrichtenwert-Theorie. Theoretische Konzepte und empirische Überprüfungen, in: Jürgen Wilke (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft, München 1990, S. 161-172. Stöber, Birgit: Von „brandneuen“ Stäten und Regionen – Place Branding und die Rolle der visuellen Medien, in: Social Geography Discussions, 2/2006, S. 215-251, www.soc-geogr-discuss.net/2/215/2006, Download: 12.6.2007 Sturm, Roland: New Labour – New Britain? Großbritannien nach dem Wahlsieg Tony Blairs, in: Hans Kastendiek / Karl Rohe / Angelika Volle (Hg.): Länderbericht Großbritannien, Bonn 1998, S.275-292. Supphellen, Magne / Nygardsvik, Irene: Testing Country Brand Slogans: Conceptual Development and Empirical Illustration of a Simple Normative Model, in: Journal of Brand Management, 9/2002, Nr. 4-5, S. 385-395. Swanson, David L.: Political News in the Changing Environment of Political Journalism, in: Philippe J. Maarek / Gadi Wolfsfeld (Hg.): Political Communication in a New Era, a Cross-national Perspective, London 2003, S. 11-31. Szondi, György: The Role and Challenges of Country Branding in Transition Countries: The Central and Eastern European experience, in: Place Branding and Public Diplomacy, 3, 1/2007, S. 8-20. Szyszka, Peter: Kommunikationswissenschaftliche Perspektiven des Dialogbegriffs, in: Günter Bentele / Horst Steinmann / Ansgar Zerfaß (Hg.): Dialogorientierte Unternehmenskommunikation, Berlin 1996, S. 81-108. Ders.: PR-Verständnis im Marketing, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 241-253. Tenscher, Jens: Politik für das Fernsehen – Politik im Fernsehen. Theorien, Trends, Perspektiven; in: Ulrich Sarcinelli (Hg.), Politikvermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn 1998, S. 184-208. Tomczak, Torsten: Strategische Markenführung, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 2, Wiesbaden 2004, S. 1349-1363. Umbach, Maiken: Made in Germany, in: Etienne Francois / Hagen Schulze (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte, Bonn 2005, S. 244-257. Verclas, Kirsten: Lost in Translation: The Impact of Culture on the Media in the United States and Germany, in: AICGS Issue Brief, 18, Oktober 2007. Vickers, Rhiannon: The New Public Diplomacy: Britain and Canada Compared, in: British Journal of Politics and International Relations, 6, 2/2004, S. 182-194. Voeth, Markus / Wagemann, Dominik: Internationale Markenführung, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Band 2, Wiesbaden 2004, S. 1071-1087. Vogel, Dirk: Warum Politik ideeller und professioneller kommunizieren muss, in: Kreyler, Volker (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 285293. Voltmer, Katrin / Stamper, Judith: Die innenpolitische Sprengkraft von Massenvernichtungswaffen. Zum Verhältnis von Regierung und öffentlichem Rundfunk in Großbritannien, in: Klaus Kamps / Jörg-Uwe Nieland (Hg.): Regieren und Kommunikation, Köln 2006, S. 285-304.
390
Literatur
Vitirello, Rosanna / Willcocks, Marcus: The Difference is in the Detail: Its Potential as a Place Branding Tool and Impact upon Perceptions and Responses, in: Place Branding, 2, 3/2006, S. 248-262. Vlahos, Michael: Culture and Foreign Policy, in: Foreign Policy, 82, Spring/1991, S. 5978. Vowe, Gerhard: Massenmedien, in: Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik, www.bpb.de/wissen/00829178508474929638007854602121.html, Download: 16.10.2007. Wang, Jian: Localising Public Diplomacy: The Role of Sub-national Actors in Nation Branding, in: Place Branding, 2, 1/2005, S. 32-42. Weischenberg, Siegfried: Gladiatoren oder Propagandisten? Die Akteure politischer Kommunikation in einer medialen Streitkultur, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Demokratische Streitkultur. Theoretische Grundpositionen und Handlungsalternativen in Politikfeldern, Opladen 1990, S. 101-120. Werner, Henry: Spotlight Nation Branding, in: media.net berlinbrandenburg, www.medianet-bb.de/Spotlights.798.0.html, erstellt am 22.2.2007, Download: 21.4.2007. Westerhoff, Horst-Dieter: Chancen und Perspektiven der Öffentlichkeitsarbeit öffentlicher Einrichtungen in der Informationsgesellschaft, in: Bernhard Rabert (Hg.): Herausforderung Informationsgesellschaft. Zukünftige Strukturen und Ziele bürgerlicher Information und Kommunikation, Strausberg 1997, S. 96-109. Wetzel, Felix: Brand England, in: Place Branding, 2, 2/2006, S. 144-154. Wiedemann, Heinrich: Selbstmediatisierung der Politik, in: Volker Kreyler (Hg.): Handbuch politisches Marketing, Baden-Baden 2004, S. 333-343. Wiedmann, Klaus-Peter: Markenführung und Corporate Identity, in: Manfred Bruhn (Hg.): Handbuch Markenführung, Bd. 2, Wiesbaden 2004, S. 1411-1437. Will, Markus: Public Relations aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften, in: Günter Bentele / Romy Fröhlich / Peter Szyzka (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln, Wiesbaden 20082, S. 62-77. Wills, Michael: What Defines British Values?, in: Leonard, Mark / Griffith, Phoebe (Hg.): Reclaiming Britishness, London 2002, S. 14-19. Yan, Jack: Nation Branding: Branding and the International Community, in: Journal of Brand Management, 10, 6/2003, S. 447-456. Zaharna, Rhonda S.: The Network Paradigm of Strategic Public Diplomacy, in: Foreign Policy in Focus, Policy Brief 10, 1/2005. Dies.: The Soft Power Differential: Network Communication and Mass Communication in Public Diplomacy, in: The Hague Journal of Diplomacy, 2, 3/2007, S. 213-228. Dies.: The U.S. Credibility Deficit, in: Foreign Policy in Focus, 13.12.2006, www.fpif.org/fpiftxt/3796, Download: 11.1.2007.
Literatur
391
Monografien Aaker, David: Building Strong Brands, New York u.a. 1996. Allport, Gordon W.: The Nature of Prejudice, Cambridge, M.S. 1954. Almond, Gabriel: The American People and Foreign Policy, New Haven 1950. Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Frankfurt / Main / New York 19962. Anholt, Simon: Brand New Justice, Oxford 2003. Ders.: Competitive Identity, The New Brand Management for Nations, Cities and Regions, London 2007. Anholt, Simon / Hildreth, Jeremy: Aufstieg und Fall der Marke USA. Amerikas Image zwischen Absicht und Wahrnehmung, Heidelberg 2005. Arnold, Dana: Culture Identities and the Aesthetics of Britishness, Manchester 2004. Avenarius, Horst: Public Relations. Die Grundform der gesellschaftlichen Kommunikation, Darmstadt 20002. Askegaard, Søren / Geer, Giliz: Product-Country Images as Stereotypes: A Comparative Study, Aarhus 1997. Baerns, Barbara: PR-Erfolgskontrolle, Frankfurt / Main 19972. Barber, Benjamin: Consumed! Wie der Markt Kinder verführt, Erwachsene infantilisiert und die Demokratie untegräbt, München 2007. Batora, Jozef: Public Diplomacy in Small and Medium-sized States: Norway and Canada, Den Haag 2005. Berndt, Carsten: Die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“. Darstellung und Analyse einer Standort- und Imagekampagne für Deutschland vor dem Hintergrund der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Diplomarbeit, Deutsche Sporthochschule Köln, Köln 2006. Bertelsmann Lexikon Institut (Hg.): Die Chronik der Olympischen Spiele, Gütersloh 2004. Besson, Nanette Aimée: Strategiche PR-Evaluation, Wiesbaden 20083. Beutler, Christian: Weltausstellungen im 19. Jahrhundert. Katalog zur Ausstellung in der Neuen Sammlung, Staatliches Museum für angewandte Kunst, München 1973. Bloom, William: Personal Identity, National Identity and International Relations, Cambridge 1993. Buchanan, William / Cantril, Hadley: How Nations See Each Other. A Study in Public Opinion, Westport 1972. Buchli, Hanns: 6000 Jahre Werbung. Geschichte der Wirtschaftswerbung und der Propaganda, Berlin 1966. Clarke, Peter: A Question of Leadership: From Gladstone to Blair, London 19992. Colley, Linda: Britons. Forging the Nation 1707-1837, New Haven/London 1992. Cull, Nicholas J.: ‚Public Diplomacy’ Before Gullion: The Evolution of a Phrase, Los Angeles 2005. Cutlip, Scott M. / Center, Allan H. / Broom, Glenn M.: Effective Public Relations, Upper Saddle River, N.J. 20008. Czempiel, Ernst-Otto: Weltpolitik im Umbruch, Bonn 2002.
392
Literatur
Davis, Aeron: Public Relations Democracy, Public Relations, Politics and the Mass Media in Britain, Manchester/New York 2002. Deutsch, Karl: Nationenbildung – Nationalstaat – Integration, Opladen 1972. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, Reinbek b. Hamburg 200718. Dinnie, Keith: Nation Branding. Concepts, Issues, Practice, Oxford 2008. Dozier, David M. / Grunig, James E. / Grunig, Larissa A.: Manager’s Guide to Excellence in Public Relations, Mahwah, N.J. 1995. Dies.: Excellent Public Relations and Effective Organizations: a Study of Communication Management in Three Countries, London 2002. Dröge, Franz: Publizistik und Vorurteil. Münster 1967. Düwell, Kurt: Deutschlands auswärtige Kulturpolitik 1918-1932. Grundlinien und Dokumente, Köln/Wien 1976. Edelman, Murray: Politik als Ritual. Die symbolische Funktion staatlicher Institutionen und politischen Handelns, Frankfurt/M. 1976. Entmann, Robert: Projections of Power: Framing News, Public Opinion, and U.S. Foreign Policy, Chicago 2004. Eitel, Meike / Spiekermann, Marie: Place Branding in der Praxis: Nation Branding – San Marino auf dem Weg zur Marke, Konzeption eines Identitätsmodells für Länder unter Ableitung eines Online-Briefings, Diplomarbeit, Berlin 2006. Faulstich, Werner: Grundwissen Öffentlichkeitsarbeit, München 2000. Fisher, Ali / Bröckerhoff, Aurélie: Options for Influence, London 2008. Fiske de Gouveia, Philip / Plumridge, Hester: European Infopolitik: Developing EU Public Diplomacy Strategy, London 2005. Franck, Georg: Ökonomie der Aufmerksamkeit, München 20072. Friebe, Wolfgang: Architektur der Weltausstellungen 1851 bis 1970, Leipzig / Stuttgart 1983. Fullerton, Jami / Kendrick, Alice: Advertising’s War on Terrorism, Spokane, Washington 2006. Gall, Lothar: Europa auf dem Weg in die Moderne, 1850-1890, München 1997. van Gelder, Sicco: General Strategies for Global Brands, Amsterdam 2002. Giddens, Anthony: Konsequenzen der Moderne, Frankfurt / Main 1995. Gilles, Martina: Il tedesco – perche?: Analysen zum Deutschlandbild italienischer Jugendlicher unter besonderer Berücksichtigung von nationalen Stereotypen, Bochum 1996. Gramberger, Marc: Wider den häßlichen Deutschen. Die verständnisorientierte Öffentlichkeitsarbeit der Bundesrepublik Deutschland in den USA, Münster / Hamburg / Berlin 1993. Grunig, James E. / Hunt, Todd: Managing Public Relations, New York 1984. Grunig, James, E. / Grunig, Larissa A.: Public Relations Research Annual, Hillsdale, N.J., 19913. Güldenpfennig, Sven: Olympische Spiele als Weltkulturerbe. Zur Neubegründung der Olympischen Idee, Sankt Augustin 2004.
Literatur
393
Guery, Iris: Bewertungsmethoden und Erfolgsfaktoren von Public Relations als Organisationsfunktion in Unternehmen und deren Einfluss auf den Unternehmenserfolg, Dissertation an der Universität Freiburg in der Schweiz, Freiburg i.Ü. 2007. Haas, Ernst: Nationalism, Liberalism, and Progress. The Rise and Decline of Nationalism, Bd. 1, Ithaca 1997. Ders.: Nationalism, Liberalism, and Progress. The Dismal Fate of New Nations, Bd. 2, Ithaca 1997. Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit, Frankfurt / Main 19965. Helmus, Todd C. / Paul, Christopher / Glenn, Russell W.: Enlisting Madison Avenue. The Marketing Approach to Earning Popular Support in Theaters of Operation, Rand Corporation, Santa Monica 2007. Henderson, Gregory: Public Diplomacy and Political Change, New York/Washington 1973. Henrikson, Alan K.: What Can Public Diplomacy Achieve?, Den Haag 2006. Hobsbawm, Eric: Nationen und Nationalismus, Mythos und Realität seit 1780, Bonn 2005. Hocking, Brian / Smith, Michael: World Politics, An Introduction to International Relations, New York u.a. 1990. Hollweg, Brenda: Ausgesellte Welt. Formationsprozesse kultureller Identität in den Texten zur Chicago World’s Columbian Exposition (1893), American Studies Series Bd. 91, Heidelberg 2001. Horkheimer, Max: Über das Vorurteil, Köln 1963. Hroch, Miroslav: Das Europa der Nationen, die moderne Nationsbildung im europäischen Vergleich, Göttingen 2005. Hübecker, Alexander: Die Public Diplomacy der deutschen Bundesregierung gegenüber den USA vor dem Golfkrieg 2003, Magisterarbeit, Universität Köln, Köln 2004. Iyengar, Shanto / Kinder, Donald R.: News that Matters. Television and American Opinion, Chigago 1987. Jaffe, Eugene. / Nebenzahl, Israel: National Image and Competitive Advantage: The Theory and Practice of Place Branding, Copenhagen 2006. Jervis, Robert: Perception and Misperception in International Politics, Princeton, N.J. 1976. Karatani, Rieko: Defining British Citizenship. Empire, Commonwealth and Modern Britain, London / Portland. O.R. 2003. Karten, Britt Inga: Wie bekommt ein Staat ein gutes Image? – Eine Analyse am Beispiel der Public Diplomacy des Auswärtigen Amtes, Magisterarbeit, Universität Köln, Köln 2006. Kattago, Siobhan: Ambigious Memory: the Nazi Past and German National Identity, Westport, Conneticut 2001. Kidder, Louise / Steward, Mary: Vorurteile. Zur Sozialpsychologie von Gruppenbeziehungen, Weinheim-Basel 1976. Kirchner, Karin: Integrierte Unternehmenskommunikation. Theoretische und empirische Bestandsaufnahme und eine Analyse amerikanischer Großunternehmen, Wiesbaden 2001.
394
Literatur
Klenk, Volker: Mega-Events als Instrument der Imagepolitik: Eine Mehrmethodenstudie zu Images und Imagewirkungen der universellen Weltausstellung Expo 92, Berlin 1999. Klineberg, Otto: Die menschliche Dimension in den internationalen Beziehungen, Bern / Stuttgart 1966. Klöckner, Thomas: Public Diplomacy – Auswärtige Informations- und Kulturpolitik der USA, Baden-Baden 1993. Koch-Hillebrecht, Manfred: Der Stoff, aus dem die Dummheit ist. Eine Sozialpsychologie der Vorurteile, München 1978. Kostecki, Michel / Naray, Oliver: Commercial Diplomacy and International Business, Den Haag 2006. Kotler, Philip / Hamlin, Michael / Rein, Irving / Haider, Donald H.: Marketing Asian Places: Attracting Investment, Industry and Tourism to Cities, States and Nations, Singapur 2002. Kunczik, Michael: Die manipulierte Meinung. Nationale Imagepolitik und internationale Public Relations, Köln/Wien 1990. Ders.: Images of Nations and International Public Relations, Mahwah/New Jersey 1997. Ders.: Globalization: News Media, Images of Nations and the Flow of International Capital with Special Regard to the Role of Rating Agencies, Hamburg 2001. Ders.: Public Relations, Konzepte und Theorien, Köln u.a. 2002. Langer, Roy: Place Images and Place Marketing, Kopenhagen 2001. Leonard, Mark: Britain TM. Renewing our identity, London 1997. Leonard, Mark / Small, Andrew: Norway’s Public Diplomacy Strategy, London 2003. Leonard, Mark / Small, Andrew / Rose, Martin: British Public Diplomacy in the ‚Age of Schisms’, London 2005. Leonard, Mark / Stead, Catherina / Smewing, Conrad: Public Diplomacy, London 2002. Lippmann, Walther: Public Opinion, New York 19323. Ders.: The Phantom Public, New York 1927. Löhr, Susanne: Der Einfluss von Mega-Events auf das Image der austragenden Städte, Diplomarbeit, LMU, München 2006. Luhmann, Niklas: Beobachtungen der Moderne, Wiesbaden 20062. Ders.: Soziologische Aufklärung 5, Konstruktivistische Perspektiven, Wiesbaden 20053. Ders.: Die Realität der Massenmedien, Opladen 19962. Macdonald, Scot: Propaganda and Information Warfare in the Twenty-First Century, Altered images and deception operations, London / New York 2007. Malone, Gifford: Political Advocacy and Cultural Communication. Oganizing the Nation’s Public Diplomacy, Lantham/New York/London 1988. Manheim, Jarol B.: All the People, all the Time. Strategic Communication and American Politics, New York 1991. Manz, Wolfgang: Der Stereotyp. Zur Operationalisierung eines sozialwissenschaftlichen Begriffs, Meisenheim 1968. Marten, Eckhard: Das Deutschlandbild in der amerikanischen Auslandsberichterstattung. Ein kommunikationswissenschaftlicher Beitrag zur Nationenbildforschung, Dissertation, LMU, Wiesbaden 1989.
Literatur
395
Martin, Dick: Rebuilding Brand America, New York 2007. Meffert, Heribert: Marketing. Grundlagen marktorientierte Unternehmensführung, Wiesbaden 20009. Melissen, Jan: Wielding Soft Power: The New Public Diplomacy, Den Haag 2005. Ders.: Summit Diplomacy Coming of Age, Den Haag 2006. Melissen, Jan / Gonesh, Ashvin: Public Diplomacy: Improving Practice, Den Haag 2005. Meng, Richard: Der Medienkanzler. Was bleibt vom System Schröder?, Frankfurt / Main 2002. Merten, Klaus: Einführung in die Kommunikationswissenschaft, Münster 1999. Meyer, Thomas: Mediokratie. Die Kolonialisierung der Politik durch die Medien, Frankfurt/Main 2001. Nacos, Brigitte L.: Terrorism and the Media, New York 1994. Nilson, Torsten H.: Competitive Branding, Chichester 1998. Noelle-Neumann, Elisabeth: Die Schweigespirale. Öffentliche Meinung – unsere soziale Haut, Frankfurt / Main 1982. Nye, Joseph S.: Soft Power: The Means to Success in World Politics, New York 2004. Nye, Joseph S. / Armitage, Richard L.: CSIS Commission on Smart Power. A Smarter, more Secure America, Washington, DC 2007. Olins, Wally: Trading Identities: Why Countries and Companies are Taking Each Others Roles, London 1999. Ders.: Marke, Marke, Marke, Den Brand stärken, Frankfurt / New York 2004. Peisert, Hansgert: Die Auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland: Sozialwissenschaftliche Analysen und Planungsmodells, Stuttgart 1978. Pells, Richard: Not Like Us. How Europeans Have Loved, Hated, and Transformed American Culture Since World War II, New York 1997. Pontzen, Daniel: Nur Bild, BamS und Glotze? Mediatisierung der Politik aus Sicht der Akteure, Münster 2006. Porter, Michael E..: The Competitive Advantage of Nations, New York 1997. Ders.: Wettbewerbsstrategie. Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten, Frankfurt/Main 199910. Protess, David / McCombs, Maxwell: Agenda Setting. Readings on Media, Public Opinion, and Policymaking, Hillsdale 1991. Quasthoff, Uta: Soziales Vorurteil und Kommunikation. Eine sprachwissenschaftliche Analyse des Stereotyps, Frankfurt 1973. Rabert, Bernhard: Herausforderung Informationsgesellschaft. Zukünftige Strukturen und Ziele bürgerlicher Information und Kommunikation, Strausberg 1997. Rainisto, Seppo: Success Factors of Place Marketing: A Study of Place Marketing Practices in Northern Europe and the United States, Dissertation, Helsinki 2003. Raschke, Joachim / Tils, Ralf: Politische Strategie: Eine Grundlegung, Wiesbaden 2007. Röttger, Ulrike: Public Relations – Organisation und Profession, Wiesbaden 2000. Röttger, Ulrike / Jarren, Otfried / Hoffmann, Jochen: Public Relations in der Schweiz, eine empirische Studie zum Berufsfeld Öffentlichkeitsarbeit, Konstanz 2003. Ronneberger, Franz: Legitimation durch Information, Düsseldorf / Wien 1977.
396
Literatur
Ronneberger, Franz / Rühl, Manfred: Theorie der Public Relations. Ein Entwurf, Opladen 1992. Rosenau, James N.: Public Opinion and Foreign Policy, New York 1961. Ders.: Linkage Politics. Essays on the Convergence of National and International Systems, New York 1969. Sand, Eva: Das Image Deutschlands im Vereinigten Königreich vor, während und unmittelbar nach der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006TM, Diplomarbeit Fachhochschule Worms, Worms 2007. Sarcinelli, Ulrich: Symbolische Politik. Zur Bedeutung symbolischen Handelns in der Wahlkampfkommunikation in der Bundesrepublik Deutschland. Opladen 1987. Schoenbaum, David / Pond, Elizabeth: The German Question and Other German Questions, Houndmills 1996. Schöneberger, Markus: Diplomatie im Dialog. Ein Jahrhundert Informationspolitik des Auswärtigen Amtes, München 1981. Schöpflin, George: Nations, Idenity, Power, The New Politics of Europe, London 2000. Scholz, Antje: Verständigung als Ziel interkultureller Kommunikation. Eine kommunikationswissenschaftliche Analyse am Beispiel des Goethe-Instituts. Münster u.a. 2000. Schulz, Winfried: Politische Kommunikation. Theoretische Ansätze und Ergebnisse empirischer Forschung zur Rolle der Massenmedien in der Politik, Opladen 1997. Shaffer, Marguerite S.: See America First. Tourism and National Identity, 1880-1940, Washington, D.C./London 2001. Sieckmann, Ragna: Die deutsche Public Diplomacy zur Fußball-WM 2006. Hat ein Sommer das Deutschlandbild verändert?, Saarbrücken 2007. Siegert, Gabriele / Brecheis, Dieter: Werbung in der Medien- und Informationsgesellschaft. Eine kommunikationswissenschaftliche Einführung, Wiesbaden 2005. Smith, Anthony: National Identity, London 1991. Speth, Rudolf: Die zweite Welle der Wirtschaftskampagnen. Von „Du bist Deutschland bis zur „Stiftung Marktwirtschaft“, Düsseldorf 2006. Stachowiak, Herbert: Allgemeine Modelltheorie, Wien 1973. Szondi, György: Public Diplomacy and Nation Branding: Conceptual Similarities and Differences, Den Haag 2008. Taylor, Philip M.: The Projection of Britain: British Overseas Publicity and Propaganda, Cambridge 1981. Tholey, Viktoria / Hoeth, Friedrich: Sozialstereotype. Analyse sozialser Wertvorstellungen unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die psychologische Diagnostik und die empirische-psychologische Umfrageforschung, Stuttgart 1983. Tuch, Hans: Communicating with the World. US Public Diplomacy Overseas, New York 1990. Vandekerckhove, Megan V.: Domestic Public Diplomacy, Public Relations Strategy and Foreign Policy during the Persion Gulf War – Implications for Democracy, Masterarbeit, University of Florida 2004. de Vicente, Jorge: State Branding in the 21st Century, Diplomarbeit, Fletcher School of Diplomacy, Tufts University 2004.
Literatur
397
Voss, Wolf D.: Modellgestützte Markenpolitik. Planung und Kontrolle markenpolitischer Entscheidungen auf der Grundlage computergestützter Informationssysteme, Wiesbaden 1983. Wagener, Sybil: Feindbilder, Berlin 1999. Ward, Paul: Britishness since 1870, London 2004. Ward, Stephen V.: Selling Places: The Marketing and Promotion of Towns and Cities 1850-2000, London 1998. Watzlawick, Paul / Beavin, Janet H. / Jackson, Don D.: Menschliche Kommunikation – Formen, Störungen, Paradoxien, Bern 1969. Weight, Richard: Patriots. National Identity in Britain 1940-2000, London 2002. Wehler, Hans-Ulrich: Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918, in: Deutsche Geschichte, Bd. 9, Göttingen 19947. Wheeler, Nicholas J. / Dunne, Tim: Moral Britannia? Evaluating the Ethical Dimension in Labour’s Foreign Policy, London 2007. Williams, Paul D.: British Foreign Policy under New Labour, 1997-2005, Basingstoke 2005. Winkler, Heinrich August: Der lange Weg nach Westen, Deutsche Geschichte 18061933, 2 Bände, München 2000. Wolf, Charles / Rosen, Brian: Public Diplomacy: How to Think About and Improve It, Santa Monica 2004. Wood, Steven: Germany, Europe and the Persistence of Nations: Transformation, Interests and Identity, 1989-1996, Aldershot 1998. Ders.: Germany, Europe and the persistence of nations: Transformation, interests and identity, 1989-2006, Aldershot 1998. Yun, Seong-Hun: Toward Theory Building for Comparative Public Diplomacy from the Perspecives of Public Relations and International Relations: A Macro-Comparative Study of Embassies in Washington, D.C., Dissertation, University of Maryland, College Park 2005. Zerfaß, Ansgar: Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit. Grundlegung einer Theorie der Unternehmenskommunikation und Public Relations, Opladen 1996.