TERRA ASTRA Computer der blauen Rebellen von Harald Buwert und P.R. Jung 61
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TERRA ASTRA Computer der blauen Rebellen von Harald Buwert und P.R. Jung 61
l. "Tramps!" Sie saßen im RATHAUS, wie sie den Konferenzraum der ANABIS II nannten. Flimmernde und gleißende Rechen- und Speicheranlagen umga ben sie. Masseorter, Energie orter und Strukturtaster sprachen laufend an. Hätte die sechs Mann starke Besatzung nicht gerade eine Besprechung abgehalten, hätte sie das RATHAUS schlicht Zentrale genannt. "Es war unser Wunsch und Wille, tiefer in die unbekannte Galaxis einzu dringen", sagte Kai Aplos. "Dreihundert Lichtjahre war das Limit der Rei se. Zweihundertfünfzehn Lichtjahre liegen hinter uns. Bisher nichts Unge wöhnliches entdeckt, hieß es immer. Dafür scheinen wir jetzt vor der Ent deckung des Jahrhunderts zu stehen. Von einem Stern der Sol-Klasse gehen Funkimpulse aus, die nur von intelligenten Lebewesen stammen können." "Wissen wir ja", brummte Mick Ronda ungeduldig. "Wir wollen Ergebnisse hören", fügte Haag Zborr hinzu. Die anderen murmelten zustimmend. Die ergebnislose Reise hatte sie alle ungeduldig werden lassen, und nun packte sie die Forscherneugier. "Nun, viel mehr weiß ich auch noch nicht", meinte der Planetologe der ANABIS II. "Die Sonne ist relativ jung. Zwei Millionen Kilometer Durch messer, sechstausend Grad Kelvin heiß. Drei Planeten. Der innere wie der äußere dürften für Leben ungeeignet sein. Hier ein paar Daten über den mittleren: 145 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt. 50 000 Kilometer Durchmesser. 450 Tage Sonnenum lauf. Rotation in 36 Stunden. Dichte beträgt 4,5. Durchschnittstemperatur plus 35 Grad Celsius. Der Planet besitzt zwanzig winzige Monde, bei de nen es sich auch um künstliche Satelliten handeln könnte. Aber das weiß ich noch nicht genau." "Eine hochtechnisierte Zivilisation?" staunte der Pilot. "Wahrscheinlich. Denn unsere Energieorter haben zwischen den Planeten Emissionen festgestellt, die von Raumschiffen stammen könnten. Stellt sich also die Frage, ob wir den Leuten einen Besuch abstatten oder umkehren und den Fund melden."
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"Was sagen denn die neuen Bestimmungen dazu?" wollte Kubus John, der Pilot, wissen. "Nichts Eindeutiges", stellte Haag Zborr fest. "Nachdem wir voriges Jahr die erste fremde Intelligenz entdeckt hatten, gab die Terra-Regierung ein paar Gummi-Paragraphen heraus, die uns die Entscheidung praktisch über lassen. Ich schlage vor, wir versuchen, Kontakt aufzunehmen." Mick Ronda fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. "Und wenn die nun auch so kriegslüstern sind wie die Quallen? Ich habe keine Lust, den muti gen Helden zu spiele n." "Das sagt gerade er!" rief Harlan Reginald Isaac Klim. Er spielte damit auf Rondas mutiges Verhalten auf dem PSYCHO-Planeten an. Dort waren sie auf die Quallen gestoßen. Diese Rasse entpuppte sich zwar als liebens würdig und zuvorkommend, wollte aber mit allen und jedem Krieg spielen - soweit es sich um Abschreckungswaffen und Defensivtaktiken handelte. Diese Wesen lebten in dauernder Angst vor einem heimtückischen Überfall fremder Invasoren. "Paranoid", lautete die terranische Analyse ihrer Ver haltensmuster. Ihr Ziel war es, dabei eine Abschreckungstechnik optimaler Brisanz zu entwickeln, die eine Invasion gewaltlos zurückschlagen konnte. "Ich bin ein Held. Ich lande", meinte Harlan, der Neue an Bord der ANA BIS II. "Solange ich noch der 1. Vorsitzende auf diesem Schiff bin, wird nichts unüberlegt getan. Verstanden?" erwiderte Haag. "Die Sache will gründlich überlegt sein, auch wenn unserem Lehrling der nötige Grips dazu fehlt, den man da oben braucht." Haag tippte sich nachdrücklich an die Stirn "Die Griechen nannten das Gehirn einfach das Ding im Kopf", kommen tierte Harlan. "Aber wer hat dem 1. Vorsitzenden eigentlich erlaubt, einen hilfreichen Menschen, der Mut und Heldentum bewiesen hat, so abzuquali fizieren?" Der Schiffsarzt und Kosmobiologe Caspar Brixlas setzte sich für ihn ein. "Denken wir daran, daß wir seinem Wunsch entsprechen und ihn bei uns aufgenommen haben, weil seine Initiative und die seines befreundeten Staatsbeamten das Rätsel des Psycho-Planeten gelöst hat. Man hielt uns damals für verrückt. Durch ihr Engagement wurden wir rehabilitiert." Er fummelte an seiner alten Nickelbrille herum. "Natürlich ist er noch Lehr ling an Bord", fügte er belustigt hinzu. "Aber wir sollten seine Verdienste zu würdigen wissen." Die Mannschaft akklamierte laut , "Meine Ehre ist wieder hergestellt", sagte Harlan beruhigt.
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"Zur Sache!" forderte Haag Zborr. "Gehen wir das Risiko ein?" Die Frage war überflüssig, denn alle stimmten lauthals zu. Es war nicht nur eine Frage des Erfolges und der Abenteuerlust, sondern auch eine Frage der Wißbegierde. Schließlich - weil sie auf neue Informationen angewiesen waren, denn auf dem Umweg über Terra konnte es Jahre dauern, bis freie Tramps zu Forschungsergebnissen kamen. Abgeschnitten von Informatio nen zu sein hieß, abgeschnitten werden von weiteren Geldquellen. Haag Zborr blätterte in einigen Plastikfolien herum und trug etwas ein. "Kubus", sagte er, "du bist der Pilot." Kubus ging hinüber zu seinem Pilotensitz. Mick Ronda folgte ihm. Beide machten sich an die Kursberechnungen, die sie dem Autopiloten einfüttern sollten. Lautes Gemurmel drang zu den anderen herüber. Mick wollte wis sen: "Welchen Planeten steuern wir an?" . Kai Aplos schlug vor: "Zuerst den Äußeren. Sehen wir uns erst einmal die unbewohnten Welten an." Haag Zborr stimmte zu. "Gut. Ich überwache Massetaster und Metallo graphen. Doc macht die Medo-Kits einsatzbereit. Schließlich wollen wir aussteigen, nicht wahr? Harlan - ja, was könntest du tun?" "Er mißtraut schon wieder meinen Qualitäten", klagte der. "Obwohl er genau weiß, daß ich mich zum Psychoanalytiker ausbilden will, daß ich der Bord Berichterstatter bin und überhaupt alles mache, das heißt, machen muß." "Ein Schiffsjunge ist nun mal Mädchen für alles", erklärte der Doc. Harlan zog beleidigt die Mundwinkel herab und schüttelte seinen Kopf mit den langen Haaren. Er setzte sich eine überdimensionale Gelbfilterbril le auf die Nase und fixierte Caspar. "Rühr nicht an meine schwachen Punkte, Doc. Du weißt, wie schädlich das für einen sensiblen Menschen sein kann." "Ich meinte, die Erlebnisse auf dem Psycho-Planeten hätten uns alle psy chisch geläutert? Ach richtig, du warst ja nicht dabei. Armer Junge!" "Doppelt schlimm für mich", erklärte Harlan. "Das kann ja nicht gut ge hen. Ein normaler Mensch unter fünf hemmungslosen Männern. Wo soll das hinführen?" "In neue Abenteuer", erläuterte Doc Brixlas. "Der Psycho-Planet wurde zum Grab unserer Komplexe. Hoffentlich wird es diese neue Welt vor uns für dich, mein junger Freund. Gehen wir in die Küche, komm!" Die beiden begaben sich in das zweigeteilte Laboratorium der ANABIS II, das sie Küche nannten. Im vorderen Teil standen die Apparaturen für
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chemische Analysen und physikalische Versuche. Im hinteren befanden sich ein Unterkühlungszylinder und der Sezie rtisch mit den Fächern für die Instrumente. Stunden , reger Geschäftigkeit vergingen. H.R.I. Klim bereitete sich auf seine Rolle als Berichterstatter vor. Er kam damit einer Auflage der Terra nischen Forschungsinitiative nach, die besagte, daß Forschungsergebnisse nicht nur systematisch gesammelt werden sollten, sondern durch das Fest halten aller Vorgänge und angewandten Forschungsmethoden in Bild und Ton die Expedition chronologisch zu registrieren seien. Forschungsunterlagen und Berichte von Tramps begannen sich zu sta peln, und man befürchtete, der Informationsflut nicht mehr Herr zu werden. Um die Forschungsexpeditionen der Sucher, wie sich eine Gruppe von Tramps nannte, nicht immer erst rekonstruieren zu müssen, forderte man bildliche Reports. Im Falle der Entdeckung einer fremden Intelligenz, wie sie gerade bevorstand, wurde diese Bestimmung voll verständlich. Als Doc Brixlas die Medikamente in den Medo-Kits aufgefrischt und luftdicht abgeschlossen hatte, trat Haag in den Raum. "Ich denke, wir bewaffnen uns nur mit den kleinen Nadelstrahlern", sagte er. "Nicht auszudenken, in wieviel Arten von Energie uns diese Fremden verpuffen lassen könnten, wenn wir als schwerbewaffnete Soldaten aus unserer ANABIS klettern." "Das erste, was wir ihnen klar machen müssen, ist, daß wir harmlos sind", entschied Haag. "Ich untersuche schnell die Funktionstüchtigkeit der Translatoren. Der Terminologie -Computer muß noch auf die Geräte einge stimmt werden. Bitte sorge du dafür, Harlan. Oder bitte Kubus darum." Harlan begab sich in die Zentrale, wo die drei anderen in ein Gespräch vertieft dasaßen. Kubus wandte sich Harlan zu und half ihm den Computer programmieren. Zu Kai Aplos sagte er dabei: "Du hast recht. Wir dürfen uns nicht in ihren Funkverkehr einmischen. Sie verstehen uns doch nicht, und wir verursa chen durch die Störung höchstens Unfälle." . Harlan Reginald Isaac Klim mischte sich in die Unterhaltung ein. "Wann werden wir den äußeren Planeten erreichen?" "In wenigen Stunden. Zeit genug, um dich auf deine Aufgabe vorzuberei ten." "Meine Herren, bitte auf die Plätze!" rief der hinzutretende 1. Vorsitzen de. Doc Brixlas folgte ihm. "Die zweite Sitzung beginnt." "So ein Bürokrat", ereiferte sich Harlan. "So ein Formalist. Dazu muß
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man nun unbedingt am Ratstisch sitzen?" Sie setzten sich. Diagramme und Meßscheiben wurden herumgereicht, Ergebnisse beraten. Wenige Minuten später faßte der Planetologe die Re sultate zusammen. "Die Lebensbedingungen des mittleren Planeten - nennen wir ihn einmal Das Reich der Mitte - entsprechen fast denen unserer Erde. Kurz: Sauer stoffatmosphäre, tropisches Klima, Schwerkraft annähernd l g, vier Konti nente. Die vier Kontinente liegen alle im Äquatorbereich. Keine Landver bindungen. Es könnte aber Brücken geben. Landmassen nehmen zwei Drittel des Planeten ein. Rege Industrie ist zu beobachten, obwohl fast das ganze Land von Dschungel überwuchert ist. Träge Vulkantätigkeit, wenig Erdbeben. Jeder Kontinent besitzt eine Super-Hauptstadt im Mittelpunkt, von der drei Kanäle zum Meer führen." "Das sind Nachrichten!" rief Harlan. "Der äußere und der innere Planet dienen als Rohstofflieferanten. Die zwanzig Satelliten um das Reich der Mitte sind künstliche Gebilde. Meiner Meinung nach wäre es reine Zeitverschwendung, wenn wir die Hilfsplane ten anfliegen." Haag Zborr nickte. "Sie besitzen eine fortgeschrittene Zivilisation. Sie werden es nicht gerne sehen, wenn Fremde ihre Rohstoffplaneten untersuchen. Was denkt ihr?" "Richtig!" "Ja." "Natürlich!" "Welche Erkenntnis!" "Wer war das? Ich verbitte mir solche Anspielungen. Unser Ziel muß also eine Art Handelsvertrag im Namen der Terranischen Regierung sein. Ein wände?" Es kamen keine. "Die Sitzung ist geschlossen." * Sie leiteten die aufgefangenen Funkimpulse über den Bordcomputer in die Translatoren. Ohne Erfolg. Es war schon schwierig genug für den Compu ter, die Sprache einer fremden Rasse verständlich zu übersetzen, aber Funk impulse zu entschlüsseln, die vielleicht sogar codiert waren, das war un-
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möglich. Der interplanetarische Raumverkehr war nicht so umfangreich, wie es den Anschein gehabt hatte. Zur Zeit durchquerten etwa drei Raumschiffe das System. Energieschirme, wie die ANABIS II sie hatte, schien man nicht zu kennen. Auch die Geschwindigkeit der Schiffe lag weit unter dem terranischen Durchschnitt. Etwas begann ihnen Sorgen zu machen. "Jemand stört uns", sagte der Pilot. "Wobei?" "Beim Navigieren." "Aber das macht doch der Autopilot." "Dann wird der eben gestört. Im Computer ist jemand. Er rast wie ein Funke hin und her und verändert meine Angaben. Er ändert den Kurs!" "Wo will er denn hin?" fragte Doc Brixlas erstaunt. "Das weiß ich noch nicht. Ich muß warten, bis er fertig ist, und dann nachrechnen." "Können wir ihn denn nicht herausholen?" fragte Harlan. "Einen Funkimpuls, der so etwas fertigbringt, kann man nicht einfach abstellen. Ihre Technik muß hochspezialisiert sein. Zumindest im Bereich der Funktechnik sind sie weiter als wir. Wir müssen uns auf Überraschun gen gefaßt machen." "Die ANABIS ist eins der modernsten Schiffe", meinte Haag. "An Hand ihrer technischen Ausstattung lassen sich gute Vergleiche anstellen." Ver sonnen fuhr er fort: "Man sollte versuchen, die ANABIS II zu vervoll kommnen. Vielleicht verraten sie uns diesen Trick, wenn wir ihnen erklä ren, wie Energieschirme hergestellt werden." "Es gibt Ärger mit dem Syndikat, wenn wir den Kulturhändlern ins Handwerk pfuschen", warnte Mick Ronda, von einer Sternenkarte hoch blickend, in der er das Fragezeichen hinter dem Sonnensystem, das sie an flogen, löschte und erste Eintragungen machte. "Diesen Betrügern wische ich gern eins aus", antwortete Haag wütend. Das Syndikat der Tramps und Händler nahm die Interessen von drei Gruppen wahr, die im Auftrag der Terranischen Forschungsinitiative das All erforschten. Die Sucher, zu denen die Mannschaft der ANABIS II ge hörte, leisteten die Vorarbeit. Sie erforschten neue Systeme und brachten Proben aller Werte mit, die für Terra von Belang sein konnten. Die Robber übernahmen die Ausbeutung der Materialquellen. Die Kulturhändler flogen nur Welten an, die von intelligenten Eingeborenen bewohnt waren, und
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handelten mit ihnen. Ihr Ruf war nicht der beste. Ihnen war es zu verdan ken, daß die gesamte Gilde der Tramps darunter zu leiden hatte. Das Reich der Mitte kam näher. Kubus und Mick hingen über den Re chen- und Speicheranlagen des Autopiloten und übertrugen die neuen Da ten in den unabhängigen Computer. Einige Minuten später kehrten sie ihm den Rücken. "Die Landung ist in einer der Superstädte vorgesehen", konstatierte Ku bus. "Damit steht fest, daß wir erwartet werden. Wir brauchen keinen Handschlag mehr zu tun, sie tun es für uns." "Dann gehen alle auf ihren Posten. Genaue Planeten-Beobachtung", be fahl Haag. "Frontschirm öffnen. Harlan überwacht die Tele -Monitoren. Denk an die Aufnahmen." Harlan trat an den Frontschirm. Er brauchte nichts weiter zu tun, als den Bildabnehmer zu aktivieren. Automatisch wurde die Annäherung an den Planeten auf Filmmaterial gebannt. Das galt nicht nur für die Totalprojekti on des Frontschirmes, die Aufnahmen der Tele -Monitoren wurden genauso gespeichert. Er nahm im Zweitsitz des Piloten Platz. "Ein rosaroter Eindruck", sagte er. "Ein Planet im Baby-Dreß. Hoffent lich haben die Leute da unten auch ein kindliche? Gemüt;' "So wie du?" fragte Kubus. "Das fehlte uns noch. Dann lieber blutrünsti ge Bestien!" Die ANABIS II wurde in einen Orbit geleitet. Die Geschwindigkeit wur de gedrosselt, und die Strukturtaster begannen mit, der Arbeit. Sämtliche ortbare Daten über den Planeten wurden automatisch gespeichert, um von Kai Aplos begutachtet und an den Kosmographen Mick weitergeleitet zu werden; auf der anderen Seite wurden sie vom Computer sofort verarbeitet und dem allgemeinen Programm angepaßt. Das rosarote Reich der Mitte kam näher. Auf den Tele -Monitoren waren jetzt die Kontinente zu erkennen, die dem violetten Weltmeer einen breiten rosa Gürtel anlegten. "Terras Kontinente, sagt man. werden von der Midgardschlange umrin gelt - dem Weltmeer", erinnerte Haag. "Hier ist es umgekehrt. Hier bilden die Kontinente die Schlange, die den Planeten umringelt." Die Pole des Planeten waren leicht abgeflacht, und in ihren Mulden lag ewiges Eis. Kleinere Wolkenbänke verhinderten eine klare Sicht auf den unter ihnen liegenden Kontinent. Der nachfolgende in? Sichtfeld geratende Kontinent war klar zu erkennen. Die Strukturtaster meldeten riesige Wälder
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und buschbewachsene Ebenen. Die ANABIS II trudelte. Das Raumschiff stürzte auf den Kontinent nieder. Verkrampft klammer ten sich die Männer fest, wo immer sie Halt fanden. Im selben Moment war die Gefahr auch schon gebannt, die ANABIS II bremste wieder ab. sicher von einem Leitimpuls geführt. Jetzt ging alles sehr schnell. Während das Schiff sich in Landeposition drehte, starrten die Männer fasziniert auf die Tele -Monitoren. Es bestätigte sich optisch, daß die Flora des Reichs der Mitte nur wenig grüne Farbe hervorbrachte. Viele Farben stachen hervor, überwiegend jedoch Rot und Braun. Durchgängig zeigten quadratische Flächen rote und gelbe Farben, bei denen es sich um Felder und Farmen handeln mußte. Jetzt geriet eine Stadt in ihren Sichtbereich. Weiße Gebäude leuchteten in der Sonne auf. Zwischen ihnen zogen sich breite blaue Bänder dahin, auf denen sich in beide Richtungen helle Flecken fortbewegten. "Das sind keine Straßen", wunderte sich Mick. "Das sind Kanäle." "Also doch Straßen", meinte Doc Brixlas überzeugt. "Wieso?" "Noch nichts von Wasserstraßen gehört?" Am Rande der urbanisierten Fläche vereinigten sich viele Kanäle zu ei nem. Dies mußte einer jener Kanäle sein, die sich durch den ganzen Konti nent zogen und im Weltmeer endeten. "Es ist doch widersinnig, nur eine Stadt -- noch dazu mitten im Kontinent - zu errichten", äußerte Harlan. "Warum verteilt sich die Bevölkerung nicht rings herum an den Ufern der Meere, so wie es bei uns üblich ist?" "Sie werden ihre Gründe haben", antwortete Kai. "Es ist zum Beispiel gut möglich, daß sie von Sumpfland umgeben sind und keine Möglichkeit zur Entwässerung entdeckt haben." "Bei diesem Stand der Technik?" "Was glaubst du, wie lange man braucht, um einen Kontinent zu entwäs sern?" Unter ihnen tauchte ein Raumhafen auf. Die ANABIS II senkte sich sacht nieder Wenige Minuten später stand sie still inmitten hunderter Raumschif fe, denen man es ansah, daß- sie hauptsächlich Lasten transportierten. Raumschiffe für Touristen konnten sie nicht entdecken. Kubus John passivierte den Autopiloten.
"Das ist geschafft", sagte er. "Das ist wirklich eine tolle Sache, oder?"
"Ist es", bestätigte Haag. "Bleibt bitte noch auf euren Posten. Ich möchte
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keine unliebsamen Überraschungen erleben." Haag gab letzte Anordnungen. "Kai und Harlan, überprüft bitte die Ergebnisse noch einmal. Wenn wir aus steigen, wollen wir auf jede Möglichkeit vorbereitet sein." Mick Ronda schlenderte zum Frontschirm und betrachtete das Panorama. Ein kleines Gefährt schwebte auf die ANABIS II zu, hielt in einiger Entfer nung an Daraufhin öffnete sich die eine Seite des Schwebers, indem das Dach hochklappte. Aus dem rotgemusterten Innenraum stiegen bla uhäutige Wesen. In recht menschlicher Weise sprangen sie auf den hellen Boden hinab und starrten herüber. "Wir erhalten Besuch", murmelte Mick. Die anderen liefen zu ihm, beugten sich zum Tele -Monitor hinab. "Hominiden", flüsterte Kai. "Eine blauhäutige hominide Rasse. Nicht so verwunderlich, meine ich. Und es erleichtert uns den Kontakt." Lange Zeit beobachteten sie interessiert die Wesen, die langsam näher kamen und die ANABIS II von allen Seiten in Augenschein nahmen. Ihre Gewänder waren zwar in allen Farben gehalten, aber die dunklen, bläuli chen Nuancen stachen besonders hervor, hoben sich vorteilhaft vom hellen Blau ihrer Haut ab. Gesichter und Hände wiesen kaum Unterschiede zu den menschlichen Äquivalenten auf. Nur die gelben Augen und die violetten und grünen Haare muteten eigenartig an. "Nun, meine Herren", äußerte Haag, "sind wir wohl an der Reihe. Harlan - die Translatoren!" Harlan langte zum Ratstisch, auf dem die Übersetzungs-Traggeräte lagen. Er überreichte jedem ein Gerät und wechselte zuletzt seine Gelbfilterbrille gegen die Kamerabrille aus. Durch das linke Auge sah er nicht nur, was jedes Auge von der Umgebung wahrnahm, sondern auf einen Knopfdruck hin sah er durch die Linse das Bild, das die kleine, schwebende Kamera über seinen Kopf aufnahm. Das runde, mit drei Linsen ausgestattete Gerät erhob sich in die Luft, nahm dicht über seinem Kopf seine Position ein und surrte leise. Der 1. Vorsitzende aktivierte seinen Translator, den er am Plastgurt sei ner blauen Planetenkombination befestigte. "Soweit ich feststellen konnte", sagte Kai, "lauern keine Viren auf uns. Die Luft ist sehr gesund, und die Sonnenbestrahlung wird uns allen guttun. Also - nichts wie 'raus hier!" Sie schritten gespannt hinüber zur Schleuse. Haag betätigte den Öff nungsmechanismus. Und während draußen jetzt der Metallgittersteg aus-
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fuhr, glitt vor ihnen lautlos das Schott beiseite. "Gehen wir!" befahl der 1. Vorsitzende ungeduldig. 2. Beide Parteien betrachteten sich neu gierig. Obwohl beide das Neue unsi cher machte, kamen doch keine Spannungen oder feindliche Gefühle auf. Vier Blauhäutige ließen ruhelos ihre gelben Augen hin- und herwandern. Ihre Kleider schimmerten samtig; das Oberteil mit den bauschigen Ärmeln war orange und durchsetzt von grünen und schwarzen Quadraten, gliederte sich auf in eine Hose und einen Rock. Der Rock endete oberhalb der Knie und hob sich von der Hose durch farbliche Umkehrung ab: olivgrüner Un tergrund mit großen blauvioletten und orangenen Quadraten. Haag war überzeugt, daß es sich, um Kunststoffkleidung handelte. Einige Stellen waren verschmiert, so wie die Hände der Blauen. Eine farbenpräch tige Arbeitskleidung also, dachte er. Einer der vier unterschied sich von den anderen durch eine rote Kappe. Aber dieser Mann trug noch andere Kennzeichen. Seine Haare waren hell grün bis rosaviolett und hingen nur seitlich am Kopf, noch vor den Ohren, hin ab auf die Brust. In Brustmitte prangte eine goldene Rakete, und seine Schuhe leuchteten blendendweiß, im Gegensatz zu den Schuhen seiner Kameraden, die schmutzverschmiert waren. Haag war sicher, drei Raumhafentechnikern und einem Vorgesetzten gegenüberzustehen. "Wir sollten anfangen zu sprechen", flüsterte er Mick Ronda zu, der seit lich vor ihm stand. "Der Computer braucht Material." "Ich glaube, die Blauen tun uns schon den Gefallen." Der Gekennzeichnete hatte einen Schritt nach vorn getan und die Arme vorgestreckt. Sichtlich nervös zog er sie wieder zurück und warf einen schnellen Blick auf seine Kameraden hinter ihm. Sie nickten ihm anschei nend aufmunternd zu. Haag Zborr trat ebenfalls einen Schritt vor, streckte die Arme in die Ric h tung des anderen, zog sie zurück und blickte kurz hinter sich, wo die Män ner der ANABIS II standen. Haag hielt das für eine kontaktfördernde Geste. So mußten die Fremden nach und nach davon überzeugt werden, daß sie es fast mit ihresgleichen zu tun hatten. Die Reaktion bestätigte seine Taktik. Der andere begann zu sprechen. Es war ein beeindruckender Singsang, der den Männern der
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ANABIS II den Atem verschlug. Es konnte keine Sprache im eigentlichen Sinne sein; sie ähnelte eher ei nem Kolatur-Tenor der Erde. Seine Tremolotiraden endeten in einem lang atmigen Stakkato, dann wiederholte sich dieser Ablauf, als hätte man es mit der zweiten Strophe eines Liedes zu tun. Krächzende Tönte mischten sich in den Gesang. "Was ist das?" "Dein Translator", antwortete Mick. "Ach, der Dolmetscher. Dann kann es nicht mehr lange dauern, bis die Übersetzung beginnt", brummte Haag zurück. Haag entschloß sich, den Blauen zu unterbrechen. Aus dem Mono log mußte ein motivbezogener Dialog werden, damit der Computer an Bord der ANABIS II Vergleiche anstellen konnte. "Wir haben eine helle Haut", sagte Haag und zeigte auf sein Gesicht und seine Handflächen. Daraufhin trat er auf den Blauen zu, dessen Gesang abrupt geendet hatte, und zeigte auf dessen Gesicht und Hände. "Ihr habt eine dunkle Haut." Er wiederholte es noch ein paarmal, indem er sich am Ende auf die Be griffe hell und dunkel beschränkte. Er wurde verstanden. Der Grünhaarige mit der goldenen Rakete an seiner Brust wiederholte das Spiel in seiner Sprache. Haag nickte heftig und ging dann zu einem anderen Thema über. Diese Lehrdialoge zogen sich über eine halbe Stunde hin, dann versuchte Haag, die Gespräche abstrakter wer den zu lassen und bediente sich dabei der Mimik und Gestik, was auf bei den Seiten lautes Gelächter hervorrief. Sein Gegenüber aber verstand diese Kunst nicht weniger gut. Der Dolmetscher, wie sie den Translator bezeichneten, war inzwischen zu annähernd richtigen Übersetzungen übergegangen. Als Haag dann wieder auf konkrete und materielle Dinge zu sprechen kam, zeigte sich, daß die Fremden das Pfeifen und Singen des Dolmetschers verstanden. Umgekehrt verhielt es sich genauso. "Ihr seid mit dem Ding geflogen?" fragt der Blaue. "Mmh" knurrte Haag. "Er will wohl wissen, woher wir kommen." Mick stimmte nervös zu "Könnt ihr eure Unterhaltung denn nicht woanders fortführen?" fragte er. "Es ist unwahrscheinlich heiß hier." Haag bemerkte es erst jetzt Es herrschte eine wahrhaft tropische Glut Haag betrachtete die anderen. Kai und Kubus stützten sich gegenseitig. Harlan schien durchgedreht zu sein, denn er ließ seine Kamera vor seinem Gesicht schweben und machte eine Porträtaufnahme. Doc Brixlas keuchte
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schwer. Es sah aus, als sei sein fülliger Körper gerade aus dem Wasser gefischt worden. Anders fühlte sich Haag auch nicht. "Ich sehe", antwortete er. "Harlan, bleib bei der Sache." Es sollte ein Befehl sein, aber es klang mehr nach einer nicht ernst ge meinten Bitte, so schwach klang Haags Stimme "Ich sehe schon, wir sind am Ende", murmelte er. "Die Sonne ...", stöhnte Caspar. "Gefährlich - so lange ..." Er plusterte sich auf und versuchte, seiner Stimme einen lauteren Klang zu geben. Doch etwas ganz anderes passierte. In genau diesem Moment schnappte er für drei Sekunden über. Er fühlte sich leicht und unbeschwert, fand alles lä cherlich und lustig, benahm sich ganz so, als sei er alleine, und lachte laut hals. Er preßte seinen linken Zeigefinger gegen die Stirn, drehte ihn und versuchte dabei, die Singsang-Sprache der Blauen nachzuahmen. Es dauerte nur drei Sekunden. Danach fühlte er sich schlecht. Nicht nur das - er schämte sich. Es war ihm peinlich, Und er entschuldigte sich. "Ich - das war die Sonne. Zu stark, wir können das nicht vertragen", stot terte er. "Keine Absicht gewesen. Haag, so mach doch endlich Schluß, mein Gott!" Sie brachen in Gelächter aus. Nur die Blauen standen still da und beo bachteten Caspar aufmerksam. "Schluß!" antwortete der Dolmetscher; genauer - der Blaue. "Folgt uns. Die ... kreisch ... wird euch schon erwarten." "Was ist denn?" fragte Mick besorgt. "Ein Begriff, der zu schwer für den Computer war", erwiderte Haag. Es war möglich, daß der Computer im Nachhinein noch einen zutreffenden Begriffsvergleich anstellen konnte. "Haag veranlaßte also den Translator, die Antwort des Blauen noch einmal zu wiederholen. Die Antwort kam vollständig. "Schluß! Folgt uns. Die Blaue Obrigkeit wird euch schon erwarten." "Blaue Obrigkeit? Der Dolmetscher ist verrückt, sich so hochtrabend auszudrücken", beschwerte sich Harlan. Sie erreichten das ovale Gefährt der Blauen. Es war Platz genug für alle darin. Das Dach schloß sich, und das Gefährt erhob sich lautlos. Mit er staunlicher Geschwindigkeit flitzte es zwischen den Raumschiffen über den Boden. Sie stoppten vor einem flachen, weißen Gebäude, an dem nichts Fremdartiges festzustellen war, abgesehen von den riesengroßen, ovalen Fenstern und dem ovalen Grundriß der Gemäuer. Sie verließen den Schweber und durchquerten mit ihren Führern einen
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Hallengang des Gebäudes. Hier herrschte ebenfalls die orangene Farbge bung vor. Die Wände wurden von scheinbar im Boden wurzelnden Pfla n zen flankiert. Das Geäst war dunkelbraun. Die kreisrunden kleinen Blätter glänzten goldgelb. Vor dem Gebäude floß ein breiter Kanal. Ein großer, ovaler Schweber wartete am Ufer. Die Blauen führten sie in den einzigen Raum des Schwe bers, an dessen Fenstern sich rundherum Sitzbänke befanden. ' Während der Fahrt schwiegen die Blauen. Sie beantworteten keine Fra gen. Ihr Blick wirkte demütig. "Wir werden wahrscheinlich beobachtet", nahm Mick an. Seine Hand fuhr über seinen Bürstenhaarschnitt. Harlan war damit beschäftigt, die in teressantesten und wichtigsten Motive ihrer Umgebung für sein Kameraau ge auszuwählen. Es gab viel zu sehen. Gebäude, die alle irgendwie gleichartig und doch individuell wirkten, jedes mit einer eigenen kunstvollen Prägung. Die Fahr zeuge waren fast alle Schweber, und auch sie unterschieden sich alle von einander. Die Menschen - oder Hominiden -, bunt und fröhlich gekle idet, den unterschiedlichsten Tätigkeiten nachgehend, wirkten unbeschwert. "Mir kommt das wie ein Paradies vor", meinte Harlan. Der Planetologe sah es nüchterner. "Laß es regnen, sagte er, "und schon sieht auch hier alles trist und düster aus." * Die Klimakontrolle ihrer Planetenanzüge arbeiteten auf Hochtouren. Im Palast der Blauen Obrigkeit herrschten nur noch rund vierzig Grad Celsius. Im Gegensatz zu den sechzig Grad draußen in der Sonne stellten die Klima regler hier eine erträgliche Temperatur her. Ein kühler Luftzug umfächelte aus winzigen Öffnungen am Halskragen ihre Köpfe. Harlan und Kubus hatten wohl noch die größten Unannehmlichkeiten zu ertragen. Laß es Winter werden, dachte Harlan, dann ist es umgekehrt. Ihre blauen Führer geleiteten sie in einen Palast und forderten sie dort zum Warten auf. Sie standen in einer, weiten, blau und rosa ausstaffie rten Halle. Pflanzen schienen den Blauen großes ästhetisches Vergnügen zu bereiten. Es gab kaum einen Platz oder einen Winkel, in dem nicht Pfla n zen aus dem Boden sprossen. Aber nur hier in dieser weiten Halle wuchsen grüne Pfla nzen. Sie mußten, so nahmen die Terraner an, recht selten sein,
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daß nur der Herrscher sich dieses Vergnügen leisten konnte. Der Boden war glatt und fugenlos. Unter einer spiegelnden Schicht fun kelten große bunte Steine. Dasselbe an der Decke. Die Wände dagegen bestanden einzig und allein aus Stukkaturen, Reliefs und Friesen. Die Tü ren zierten symbolartige Fresken. An der Wand gegenüber den Fenstern stand ein Stuhl. Er war aus Holz, schlicht und einfach. Im Zusammenhang mit seiner prächtigen Umgebung wirkte er lächerlich primitiv. Harlan ließ sein Kameraauge in jeden Winkel spähen. Dann schaltete er ab. Niemand sprach ein Wort. Alle waren in die Schönheit des Raumes vertieft. Dann geschah etwas Seltsames. Gerade als Harlan Reginald Isaac Klim einen berühmt-berüchtigten Spruch aus der altterranischen Literatur losließ, drang etwas in ihre Gehirne ein. "Da staunen sie und reiben sich die Stirn - dies alles faßt ein menschli ches Gehirn! So sagt eine alte Bauernweis ..." Es kroch hinein, rumorte darin und verlangsamte die Gehirntätigkeit. Doc Brixlas ließ gerade seinen Blick auf einer der Türen ruhen. In seinem Gehirn schien etwas zu kochen und zu schmoren. Er fühlte sich bewe gungsunfähig. Sein Blick registrierte jedoch, wie sich die Tür öffnete und prächtig gekleidete Blaue eintraten. Während die Funktionsstörung ihrer Gehirne anhielt, verteilten sich die Personen ringsherum an den Wänden der Halle, flüsterten miteinander. Doc Brixlas sah einen ganz in Weiß ge kleideten Blauen mit einem goldenen Turban auf den Stuhl zuschreiten. Er setzte sich. Das Rumoren ließ nach. "Was war das?" krächzte Haag. Der Blaue mit dem goldenen Turban streckte seine Arme nach vorn. "Ihr seid uns willkommen. Berichtet!" Niemand war überrascht. Die Blaue Obrigkeit - um sie mußte es sich handeln - war zuvor sicher gut unterrichtet worden, hegte nun nur noch ein großes Interesse. Haag sah sich unruhig um. Seine Kameraden nickten aufmunternd. Haag trat vor und begann zu erzählen. Er berichtete von Terra und von der großen Entfernung, die zwischen der Erde und dem Reich der Mitte lag. Die Blaue Obrigkeit unterbrach ihn und teilte ihm freundlich mit, wie ihre Welt benannt sei. Der Dolmetscher hu stete nur. Haag versuchte es mit einer Wiederholung. Der Bordcomputer hatte inzwischen eine annähernde Bezeichnung ausgewählt. Der Planet hieß
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schlicht Wunder. Die Blaue Obrigkeit unterbrach Haag oft, stellte Detailfragen, zeigte sich, höchst verwundert ob der seltsamen Organisation der menschlichen Gesell schaft. Sein Kommentar zum Bericht über die Weltraumforschung und der Funktion, die die ANABIS II dabei erfüllte, fiel positiv aus. Er begrüßte die terranische Expeditionsfreudigkeit und fügte hinzu, er hoffe, in absehbarer Zeit eigene Weltraumexpeditionen finanzieren zu können. Als Haag sich höflich zurückzog, gab die Blaue Obrigkeit einer an der Wand stehenden Person ein Zeichen. "Ich werde verrückt!" rief Harlan. Die Person, die jetzt vortrat, war eine unbeschreiblich schöne Frau. "Still!" fauchte Haag. Er wies auf seinen Translator. Harlan vergaß, sein Kameraauge zu aktivieren, was ein unverzeihlicher Fehler war. Die Frau trug die gleiche Kleidung wie ihre männlichen Kollegen. Ihre Schönheit wäre auch nicht zu vervollkommnen gewesen. Lange viole tte Haare fielen auf den Rücken und über ihre Brust. Sie war eine sehr menschliche Erscheinung. Nur in einem Punkt unterschied sie sich wesent lich von den anderen anwesenden Frauen. Sie besaß drei Brüste. Harlan registrierte es überrascht. Doch ihre Schönheit vermittelte ihm das Gefühl, daß es nur natürlich sei, daß sie mehr von der Natur mitbekommen hatte, ja sogar, daß dieses Mehr ihre Figur erst vollendete. "Ich heiße Cara", sagte sie. "Ich werde euch von Wunder beric hten." "Harlan - die Kamera!" herrschte Haag ihn an. Harlan reagierte blitzschnell. "Unsere Geschichte" fuhr die Schöne fort, "beginnt mit der Niederkunft der Blauen Erscheinung. Sie erlöste unser Volk vor vielen Jahrtausenden von der Sünde unserer Ahnen. Sie gab uns das Wissen, das wir brauchten, um rein zu werden. Sie gab uns das Wissen, das wir brauchten, um Wunder zu beherrschen. Sie gab uns das Wissen. Sie sprach sehr lange. Jeden Satz begann sie mit der gleichen Redewen dung. Es stand außer Zweifel, daß sie eine religiöse Überlieferung rezitie r te, die im Leben der Blauen eine große Rolle spielen mußte. Es stellte sich heraus, daß jene Blaue Erscheinung ihnen auch das Wissen um eine geeig nete Staatsführung mitgegeben hatte. So bestimmte die Überlieferung bis ins Detail genau, wie das Volk zu regieren sei, in welche Form die Hierar chie der Herrscher gegliedert werden solle und setzte sogar die Amtszeit der jeweiligen Blauen Obrigkeit auf umgerechnet zwanzig irdische Jahre
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fest. Kategorisch hieß es: Sie gab uns das Wissen, das wir brauchten, um das gemeine Volk auf den rechten Weg zu führen, zum Glück der Arbeit und zum Glück des Gehorsams. Es war mehr als eindeutig. Das gemeine Volk schuftete und gehorchte blindlings den Befehlen. Das gehobene Volk fraß sich satt und gab die Be fehle aus. Das ist nicht unsere Sache, dachte Haag. Die Schönheit trat in die Reihe zurück. Stille herrschte. Haag grübelte. Verlangte man jetzt, daß sie die Zeremonie fortsetzen würden? Er erinnerte sich, den Grund ihrer Landung auf diesem Planeten nur angedeutet zu ha ben. Es war ihre Sache, mit den Verhandlungen zu beginnen. Haag bedank te sich für den geschichtlichen Vortrag und formulierte vorsichtig ihre Ab sichten. Er gab klar zu erkennen, daß es ihnen vorrangig um Informationen über Schätze und Werte dieses Planeten ging, daß es um Tausch und Han del zu beiderseitigem Nutzen ging, daß andere den Handel übernehmen würden - mit einer Ausnahme. Die ANABIS II sollte nicht mit leerem La deraum zurückkehren - sie machte den ersten Transport. Haag kleidete seine Wünsche in umschreibende Worte, die der Dolmetscher wahrschein lich nur begrenzt wiedergeben konnte. Zum Schluß formulierte er unmiß verständlich: "Handel und Wandel, Austausch der Güter zu eurem und unserem Nutzen. Beide Zivilisationen werden davon profitieren." Seine Worte wurden von heftigen Kopfbewegungen der Blauen begleitet. Der 1. Vorsitzende wertete das als Zustimmung. Seine abschließende Fra ge, drehte sich um den entsprechenden Vertrag, der abgeschlossen werden müsse. Einer der Blauen erhielt von der Blauen Obrigkeit einen Wink. Er begann langatmig zu palavern. Die Verhandlungen traten in ein akutes Stadium, und Haag hoffte, daß sie schnell abgewickelt werden konnten, denn die letzten Stunden zehrten an seinen Kräften. Sie hatten alle eine Erholungspause verdient. Der Dolmetscher spuckte krächzende Laute aus. Er war eindeutig überfordert. Die sprachlichen Termini für die materie l len Schätze und Güter, die natürlich auch auf dieser Welt spezielle Idiome zum Kern hatten, konnten nicht übersetzt werden. Auch aus den beigefüg ten Erläuterungen war nicht zu entnehmen, wovon der Blaue sprach. Als der Blaue seine Aufzählung schloß, klärte ihn Haag über die Grenzen des Translators auf.
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"So kommen wir nicht weiter, denke ich. Es ist auch nicht notwendig, die eventuellen Handelsgüter genau zu bestimmen. Wir sind sicher, daß auf beiden Seiten brauchbare Werte vorhanden sind. Formulieren wir lieber den Vertrag. Welche Bedingungen stellen Sie, wenn überhaupt?" Die Blaue Obrigkeit lächelte versonnen. Haags Verhandlungspartner erwiderte: "Ihr seid unsere Gäste. Ihr bean sprucht Gastrecht und wir gewähren es gerne. Wollen unsere Gäste etwas haben, dann müssen sie etwas dafür geben. Aber sie müssen mehr geben als sie nehmen, da sie bereits das Gastrecht in Anspruch nehmen. Dafür haben sie eine entsprechende Leistung zu erbringen." "Der Kerl ist verrückt!" ereiferte sich Kai. "Oder liegt das an dem Dol metscher. Ist er..." "Was fordert ihr für das in Anspruch genommene Gastrecht?" wollte Haag wissen. "Eines eurer Raumschiffe", antwortete der Blaue. "Was?" Die Männer der AN ABIS II pfiffen erschrocken durch die Zähne. Diese Forderung war geradezu unverschämt. Haag überlegte. Vielleicht handelte es sich nur um einen Bluff, um einen ihnen angenehmen Vertrag auszuhan deln. Aber das war regelwidrig. H.R.I. Klim versuchte den Blauen einzu schüchtern. Als hätte sich der Blaue durch seine Forderung in eine interes sante und ungewöhnliche Position begeben, schickte ihm Harlan die Kame ra . auf den Hals. Sie schwebte auf sein Gesicht zu, verharrte dort und machte von ihm eine Großaufnahme. Dann ging sie noch näher heran, bei nahe so, als wolle sie Einblick in die Gedanken des Blauen nehmen. Aber der Blaue zeigte sich ungerührt. Haag machte einen zaghaften Ver such. "Eure Gäste wissen es zu schätzen, daß sie gut aufgenommen wurden. Aus diesem Grund boten sie euch das Handelsrecht an, die Möglic hkeit, Mangel an gewissen Dingen zu beheben. Damit haben sie die notwendige Gegenleistung für das Gastrecht erbracht. Nachdem dies Problem gelöst ist, sollten wir einen Schritt weiter..." "Wir sind keineswegs genötigt, mit euch Handel zu treiben.". Die Blaue Obrigkeit lächelte immer noch. "Aber ihr seid genötigt, von uns das Gast recht zu erlangen. Wir erweisen es euch. Wir fordern ein Raumschiff als Gegenleistung." "Das ist ein deutlicher Hinweis", flüsterte Mick. "Wenn wir nicht darauf eingehen, werden sie uns das Gastrecht entziehen. Was dann?" Haag schaltete mit einer schnellen Bewegung den Translator aus. "Das
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sind Gauner", schimpfte er. "Die sind schlimmer als die Kulturhändler!" Harlan ließ die Kamera hinüber zur Blauen Obrigkeit schweben. Doc Brixlas versuchte umsonst, ihn von dem Vorhaben abzubringen. "Wir können zum Schein darauf eingehen und dann verschwinden. Wir können aber auch Unannehmlichkeiten auf uns nehmen." "Ich bin fürs erste", entschied Mick, und Kai stimmte zu. Caspar zuckte mit den Schultern, Harlan schüttelte seinen Kopf. Kubus nickte. "Also gut. Tun wir so als ob", beschloß der 3. Vorsitzende. Haag aktivierte den Dolmetscher und übermittelte den Blauen ihre Ent scheidung. Die Antwort war ein gefälliges Lächeln. Es herrschte eine gelö ste und fröhliche Siegesstimmung. Die Blaue Obrigkeit erhob sich von ihrem Stuhl. "Ich bin erfreut über die guten Ergebnisse unserer Verhandlungen. Ver schieben wir die Formalitäten auf später. Wir wollen unseren verehrten Gästen nun eine Führung durch unseren Fokus zuteil werden lassen. Gelobt sei die Blaue Erscheinung, da sie uns das Wissen gab, das Volk weise und gerecht regieren zu können. Nehmt Anteil an diesem Wissen. Bitte folgt mir." "Warum spricht der so geschwollen?" murrte Harlan. "Der überfordert noch unseren guten Dolmetscher." "Ist das nicht ein Risiko, wenn wir an ihrem Wissen teilhaben?" fragte Mick argwöhnisch. "Es könnte sein, daß sie nachher etwas dafür haben wollen Versteht ihr?" "Er hat recht", stimmte Haag zu. "Na und?" ereiferte sich Kai. Dann gehen wir darauf ein, haben die Film aufnahmen und dampfen ab." Allgemeines Kopfnicken besiegelte das Vorhaben. 3. Der schwarzhaarige, untersetzte Planetologe wollte es nicht wahrhaben. Er bedeutete dem 1. Vorsitzenden, den Translator abzustellen. "Sieh mal", sagte er, "wie paßt das zusammen? Eine archaisch religiöse Kultur und nebenbei eine solche technische Perfektion? Sie glauben an Erscheinungen, aber sie sind in der Lage, selbst Erscheinungen zu produ zieren. Da steckt etwas anderes dahinter glaube mir!" "Ich weiß nicht", murmelte Haag unsicher.
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Sie waren den Blauen gefolgt. Sie verließen den Raum auf demselben Weg wie sie ihn betreten hatten, und doch kamen sie nicht auf dem Hofgar ten des Palastes heraus, sondern in einem breiten hellen und mit Leben erfüllten Gang. Menschen huschten hin und her, Befehle wurden weitergegeben und Mel dungen ausgetauscht. Die Fenster im Thronsaal waren nicht echt gewesen. Nur Vorspiegelun gen, denn nichts hatte sich daran verändert. Als sie durch die Tür traten, durch die sie die Halle betreten hatten, standen sie in einem ihnen fremden Gang. Sie vermuteten, daß sich der Raum in der Zwischenzeit wie ein Lift in die Tiefe gesenkt hatte. Es gab keine andere Erklärung. Und diese per fekte und komplizierte Technik paßte nicht zu der religiösen Verklärung der Blauen. Der hohe Grad der Technisierung war Realität; ihre Religion dagegen war höchst irreal. Die Blauen - in ihrer Mitte die Männer der ANABIS II, die nach vorn geschoben wurden - verstopften den Gang, und der rege Betrieb erlahmte schlagartig. Haag aktivierte den Translator. "Sagen Sie, Blaue Obrigkeit, was verbirgt sich unter der Bezeic hnung ..." "Halt!" schrie ihn jemand an. Haag blickte zur Seite, wo einer der blauen Begleitmannschaft ihn erzürnt anstarrte. Auch das Gemurmel der anderen verstummte, die ihn strafend ansahen. "Sie dürfen das nie wieder tun", fuhr der Blaue fort. Er war noch sehr jung, und das ärgerte Haag am meisten. "Sagen Sie mal, Sie junger Schnösel", knurrte er, "wer sind Sie eigent lich? Und was wollen Sie von mir?" Es blieb unklar, wie der Dolmetscher die Beleidigung übersetzt hatte. Auf jeden Fall weiteten sich die Augen des Blauen. Doch nicht vor Wut, son dern vor Furcht. Er antwortete ruhig, um Verzeihung bittend. "Mein Name ist Blama", sagte er. "Sie müssen entschuldigen, daß ich vorlaut war. Und ich muß Ihnen verzeihen, denn Sie kennen unsere Ge bräuche nicht Bitte, nennen Sie die Obrigkeit in seiner Gegenwart nicht so. Das ist nur in der Ferne erlaubt und nur so leise, daß er es nicht hört. Zwar nennt er sich so, doch er repräsentiert nur die Blaue Obrigkeit, denn in ihm ist die Blaue Erscheinung, die sich nur ihm mitteilt - und uns durch ihn." "O je", stöhnte Haag. "Wie darf ein normaler Mensch ihn also in seiner Gegenwart anreden?" "Mit Obrigkeit, wenn ich bitten darf", schaltete sich die Blaue Obrigkeit
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ein. Der Mann lächelte amüsiert. Er wies auf die roten Kappen, die sein Gefolge trug. "Die Blaue Erscheinung schützt jeden, der die Kappe trägt", sagte er. Dann zeigte er auf seinen goldenen Turban. "Durch ihn trete ich in Verbin dung zur Blauen Erscheinung. Sie behaupten, es gäbe sie nicht?" Er lachte. Sein Lachen klang nicht gerade majestätisch und das antwortende Geläch ter seiner Gefolgschaft noch weniger. Er nahm den Turban ab und drehte ihn herum. Sein Arm griff hinein, etwas klickte. "Schauen Sie hinein", forderte er Haag auf. Haag blickte hinein, und was er sah, überforderte für einige Zeit seinen Verstand. Die Überraschung war gelungen. Die anderen von der ANABIS II drängten sich heran, warfen ebenfalls einen kurzen Blick hinein, weiteten erstaunt die Augen - blieben stumm. Das Gelächter der Blauen war reiner Spott. Der Blauen Obrigkeit kullerten Tränen über die lila anlaufenden Wangen. "Da staunen Sie, was...?" keuchte sie. Der Turban landete wieder auf ihrem Kopf, ihr Mund verlor die humorvollen Züge. "Ein Wunderwerk der Tech nik", schloß sie würdig. Den Turban füllten Schräubchen und Rädchen - eine Apparatur, deren Kompliziertheit nicht zu übersehen war. Aber der Grund? Was hatte es zu bedeuten? Haag überlegte. Technik und Religion ... Verbindung zur Blauen Erscheinung über eine Apparatur im Turban des Herrschers dieser Welt? War auch die Blaue Erscheinung aus Metall und Plastik? Beteten sie die Technik an? Das paßte nicht zusammen, denn man durfte den Zusammen hang nicht vergessen. Jene Blaue Erscheinung hatte ihnen einst die Technik erst gebracht, mit der sie ganz weltlich und frei von Hemmungen umgin gen. Da steckte noch etwas anderes dahinter. .Ja, ein Wunderwerk", bestätigte Haag. Er wagte zu fragen: "Wo befindet sich die Blaue Erscheinung?" "Er hat es noch nicht begriffen", brummte die Obrigkeit verstimmt. "Sa gen Sie es ihm." Ein Blauer, der bis jetzt nicht von der Seite der Obrigkeit gewichen war vielleicht war er ein Ratgeber -, delegierte den Befehl an den jungen Blama weiter. Dieser schien es sich als Ehre anzurechnen, denn er verbeugte sich dankbar vor dem Blauen und gleich zweimal vor der Obrigkeit. Er wandte sich Haag zu. "So sagen wir es dem Volk", begann er. "Wir sagen ihm, die Blaue Erscheinung sei in unserer Obrigkeit und gäbe ihm das Wissen, das wir Wunderaner brauchen, um gerecht regieren zu können.
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Die Blaue Erscheinung jedoch ist ein Werk vollendeter Technik." Also doch! Haag begriff den Zusammenhang. Es war so einfach. Die Macht des gehobenen Volkes von Wunder beruhte auf hochqualifizie rter Technik. Einfacher zu regieren war das gemeine Volk von Wunder jedoch durch Mythen, Religion und Technik in einem. Man brauchte in so einem Fall das Volk die Technik nicht zu lehren, kam also ganz allein in ihren Genuß. Das Volk ist da, um regiert zu werden. Wie sollte wohl die Zivilisation sonst funktionieren. Ist es nicht in eurer Welt ebenso?" "Sicher." "Jeden Fortschritt, den unsere Wissenschaftler und Forscher und Techni ker machen, übermitteln wir dem Volk in Form der religiösen Überliefe rung, so daß sie sich auf die kommenden Änderungen einstellen können und glauben können, daß die Blaue Erscheinung ewig ist und über ihr Wohl wacht. So ist alles viel einfacher." "Selbstverständlich." Sie traten durch eine Schiebetür in einen unendlich großen Saal. Er war je doch fast vollständig von einem mächtigen Ding ausgefüllt, das für seine Größe, so schien es. zu wenig Lärm machte Es war nur ein leises Summen zu hören das sich in einer leichten Vibration des Bodens fortsetzte. Zu sehen war nicht viel. Das Ding hatte ein quadratisches Format und war mit einer metallenen Wand vollständig verkleidet. An der ihnen zuge wandten Seite befanden sich unendlich viele Bildschirme, Tasten, Oszillographen, Schaltungen, Lichter und Programmierplattformen. Vor dieser Wand, die sicher hundert Meter breit war, tummelten sich arbeitsam etwa doppelt so viel Menschen. Sie sprachen wenig, so daß man den Ein druck vermittelt bekam in einem Operationssaal zu stehen "Das ist der KONSTRUKTOR.' murmelte Blama ergriffen. Nach einer verblüfften Atempause flüsterte Mick Haag ins Ohr: "Dann muß es dieses Ding gewesen sein, das uns herunter auf diese Welt gebracht hat, oder?" Haag gab die Frage weiter. Blama bestätigte Midis Vermutung. "Ja. Er überwacht die Flüge zu den anderen Planeten. Er hat ihr Raum schiff geortet und wußte nichts mit ihm anzufangen. Zur Sicherheit handel te nach der Möglichkeit daß es doch eines unserer Schiffe war und holte es zur Überprüfung herunter. Er kann alles." "Eine Art Autopilot", sagte Kubus. "Auf der Heimatwelt stationiert - steuert zentral alle Flüge. Auch eine Möglichkeit."
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Harlan drängte sich vor. "Ich habe eine Frage." Blama wandte sich ihm zu. "Als Sie vorhin den Saal betreten hatten, war etwas Merkwürdiges ge schehen. Wir fühlten uns alle überrumpelt, geizig überrumpelt. Etwas lahmte unseren Geist. Was war das?" "Das war er", antwortete Blama vergnügt. Er griff in das Oberteil seiner Kleidung, holte etwas hervor und blickte darauf. Dann steckte er es zurück. "In kurzer Zeit ist es wieder soweit." "Was geschieht dann?" "Jede Stunde informiert der KONSTRUKTOR das Volk über den neue sten Stand der Technik, berichtet über die Blaue Erscheinung, zitiert aus der Überlieferung, ermahnt die Menschen, weist sie auf ihre Pflichten und ihr Soll hin und so weiter. Er kann wirklich alles." Es war klar, daß der Dolmetscher die Zeitangabe gleich umgerechnet hatte, so daß es sich also um eine Stunde terranischer Uhrzeit handelte. "Ich verstehe das nicht..." Haag stieß H.R.I. Klim beiseite. "Aber ich verstehe", murmelte er leise. Dann wandte er sich wieder Blama zu. "Könnte man es Konditionierung des Volkes nennen?" "Ja. Das ist wohl richtig. So macht der KONSTRUKTOR es seit einhun dertfünfzig Jahren. Aber er und die Obrigkeit sind dabei, eine noch viel bessere Methode zu finden, wie man das Volk leiten kann." "Wissen Sie", griff die Obrigkeit traurig in das Gespräch ein, "man hat es manchmal schwer mit den Menschen. Sie wissen es einfach nicht zu schät zen, daß man ihnen die Verantwortung des Regierens abnimmt. Es gibt immer Querulanten, die es besser wissen wollen. Sie wiegeln einen Mob für ihre Ziele auf und zerstören, was sie können. Das ist doch furchtbar. Wenn wir sie zu fassen kriegen, übergeben wir sie natürlich ihm. Er glie dert sie nach der Heilung in die Armee ein. Aber leider finden wir sie nicht alle. Und er ist nicht in der Lage, zur gleichen Zeit alle Menschen zu über prüfen. Er kann nur Stichproben machen. Und unsere Feinde werden immer mehr. Die Gruppe der 637 851 macht uns mit ihren Terroranschlägen sehr zu schaffen." "Gruppe der 637 853?" "Nein: 637851; Der KONSTRUKTOR kennt _die genaue Zahl unserer Gegner Deswegen nennen wir die Aufrührer so." "Aha, ich verstehe. Welches ist nun ihr Plan?"
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"Der KONSTRUKTOR hat ihn gemacht. Er schlägt vor, das ganze Volk, alle gemeinen Menschen zu konditionieren, und zwar nachhaltig. Verstehen Sie? Kein Ärger mehr mit Abtrünnigen, kein stündliches Erinnern mehr an die Pflichten. Das ganze Volk arbeitet freiwillig am Glück und an der Zu kunft Wunders mit." "Gehirnwäsche!" rief Haag aus. Totale Manipulation einer ganzen Plane tenbevölkerung. Ausgenommen natürlich die kleine Schicht der Regieren den. Ein teuflischer Plan, aber doch ganz folgerichtig. "Natürlich, Gehirnwäsche", gab die Obrigkeit zu. "Wie soll man Ordnung und Sicherheit anders gewährleisten? Wir schweißen alle Menschen zu einem geschlossenen Block des Anti-Mobs zusammen." Haag schwieg schockiert. Kubus John hatte nicht weniger erschüttert gelauscht. Jetzt konnte er nicht mehr an sich halten. Demnach mußte diese Maschine ja tatsächlich fast alles können. Er versuchte, wieder auf die technische Seite zu sprechen zu kommen und dort einzuhaken. "Es ist - ein Wunderwerk der Technik", sagte er und versuchte, es mög lichst bewundernd klingen zu lassen. "Was kann der KONSTRUKTOR alles und aus welchen Teilen besteht er? Ich bin Techniker. Es wäre mein größter Wunsch, das zu erfahren." Blama antwortete an Stelle der Obrigkeit, die sich wieder ganz der Bewunderung der Maschine widmete, auf alle möglichen Dinge deutend und Eindrücke schildernd - so als wäre sie das erste Mal hier unten. Es ergab sich eine Schwierigkeit. Der Dolmetscher war außerstande, Bla mas Erläuterungen zu folgen. Kubus wußte sich jedoch zu helfen. "In diesem Fall", sagte er zu Haag, "ist das Problem einfach zu lösen. Wir geben dem Bordcomputer den Befehl, Blamas möglichst konkrete Be schreibungen der einzelnen Teile zu sammeln, die Funktionszusammen hänge an Hand seiner eigenen Funktionsweise zu vergleichen, die entspre chenden oder dazu passenden Bezeichnungen einzusetzen und diese dann durch den Translator zu schicken. So sparen wir Zeit und sehen dann ganz deutlich, welche Fähigkeiten die Maschine besitzt." "Eine gute Idee. Haag machte sich im Innern des Translators zu schaffen. Kubus half ihm. Schließlich gab er Blama ein Zeichen. Blama erging sich zwanzig Minuten lang mir Erklärungen und Veranschaulichungen. Der Dolmetscher schwieg, denn der Bordcomputer tat jetzt nichts anderes, als Erfahrungen zu sam meln und Vergleiche anzustellen. Die Männer der ANABIS II nutzten die
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Zeit, um der seltsamen Sprache der Wunderaner zu lauschen, dem herrli chen Gesang, der auf Terra der hohen Kunst angehörte. Haag war leicht enttäuscht, als er den Translator wieder umstellen mußte, denn er hörte lieber Blama singen als den Dolmetscher sprechen. • Blama begann noch einmal von vorn. Diesmal konnte er sich wesentlich kürzer fassen, denn der Dolmetscher würde wissen, wovon die Rede war und die richtigen Ausdrücke einsetzten "Der KONSTRUKTOR besteht aus einem Konglomerat der unterschie d lichsten Elektroniken und kombinierten Computern. Die Primärele ktronik setzt sich aus dem Koordinator und Umsetzer zusammen, das sind Beobachter-Stromkreise. Angeschlossen ist die Sekundärelektronik, bestehend aus Reaktionsschaltkreisen, Umsetzern und Modulatoren mit spezie llen Eigenschaften. Ein Reflektor ist über Satelliten in der Lage, an jedem ge wünschten Ort Bilder zu materialisieren - wie gesagt, nur Bilder. Ein Transmitter ermöglicht es Regierungsbeamten, lichtschnell in die großen Städte aller Kontinente zu gelangen. Ein Produktor berechnet die ökonomischen Faktoren, er plant die Wirtschaft Wunders. Ein Kultor kal kuliert jede technische und wissenschaftliche, also jede kulturelle Neuerung ein, plant ihre Anwendungen und überträgt die Konsequenzen über einen Temporator, das ist die Auswahl- und Entscheidungselektronik, auf den Produktor. Dazu gehört natürlich ein Dator, der Datenspeicher, und ein Visator, der sämtliche elektronischen Aktionen überwacht und an Hand der gesammelten Erfahrungen auf ihre Richtigkeit überprüft. Schließlich ist da noch der Spekulator, das ist der Gedankenwiederspiegler und die Nachric htenübermittler-Elektronik, die im Gehirnwellenbereich arbeitet. Dem KONSTRUKTOR angeschlossen ist noch ein kleiner elektronischer Bereich, den wir DESTRUKTOR nennen, da er zerstörerische Aufgaben erfüllt. Verbunden ist er über den Supervisator mit dem Visator des KON STRUKTORS. Der Temporator entscheidet über den Einsatz des DE STRUKTORS. Seine Sekundärelektroniken bestehen aus einem dreidimen sionalen Deflektor, der in der Lage ist materialisierte Bilder zu entmateria lisieren, also Projektionen aufzuspüren und auszuschalten, was nur im Hin blick auf Feinde anwendbar ist. Zum anderen gehört ein Manipula tor dazu. Er praktiziert die Umkehrung des Spekulators, das heißt, er führt über den Gehirnwellenbereich an jeder gewünschten Person eine Gehirnwäsche durch, zu jeder Zeit, wo sich die Person auch gerade befindet. Unser KONSTRUKTOR kann alles, ich sagte es ja. Jeder Mensch wäre ihm ausgeliefert, wenn es nicht die Kappen gäbe, die uns vor einem Ein-
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griff in unseren Geist bewahren." Kubus John war sprachlos. Die anderen schluckten mühsam. Sie konnten nicht umhin, ihre Zukunft weniger rosig zu sehen. Wenn diese Maschine eine solche Gewalt besaß, war es möglich, daß sie jeden Menschen zwingen konnte, das zu tun, was ihr gefiel. Oder was der Obrigkeit gefiel. Die Absicht, mit den Blauen einen Handelsvertrag einzugehen, rückte vor dem Wunsch, unbeschadet aus die ser Falle herauszukommen, in den Hintergrund. Aber sie hatten ihre Rechnung ohne die Obrigkeit gemacht. Sie hatte, so schien es, andere und ganz harmlose Pläne mit den eingefangenen Gästen. Die Blaue Obrigkeit wandte sich sichtlich mit Überwindung von der Su permaschine ab und den Männern der ANABIS II zu. "Sie werden müde sein", sagte sie ernsthaft. "Sie werden auch noch viel zu besprechen haben, denke ich. Blama wird Ihnen die Unterkünfte zei gen." Alle sechs schüttelten überzeugt den Kopf. "Nein, nein", lehnte Haag das Angebot ab. "Wir können leider nicht ble i ben. Unser Raumschiff bedarf der gründlichen Überwachung und Wartung. Leider müssen wir ihr großherziges Angebot ausschlagen. Aber wir hoffen, es ein andermal wahrnehmen zu können. Kann Blama uns zur ANABIS zurückbringen?" "Selbstverständlich, Die Blaue Obrigkeit schien sich nicht das geringste aus der Able hnung zu machen, eher konnte man meinen, es sei ihr lieber so. Der Mannschaft der ANABIS II war es überhaupt nicht egal. Aufatmend ließen sie die Blauen ihre Dankbarkeit für die Gastfreundschaft spüren und wandten ihnen den Rücken zu. "Allah sei Dank", murmelte Harlan. "Ich hab' das Gefühl, man will uns verschaukeln", sagte Kai. "Diesem Ding stehen wir machtlos gegenüber", fügte Kubus hinzu. "Die se Leute haben die Computerelektronik auf die Spitze getrieben. Und wahr scheinlich nur, um ihre Untertanen zu beherrschen. Da kommt Terra ja glücklicherweise nicht ganz mit, aber jetzt und hier wäre es mir lieber, wir wären weiter, um dem Ding entgehen zu können." "Wenn er nicht will, läßt er uns nicht fort", meinte auch Mick. "Was können wir also tun?" Haag legte resigniert seine Hände auf den Ratstisch, an den sie sich nach zehn Stunden erquickenden Schlafes gesetzt hatten.
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"Nun gut", begann der 1. Vorsitzende, "wir sind also vom KONSTRUK TOR abhängig. Überlegen wir doch mal kurz, inwieweit er uns gefährlich werden kann. Er könnte uns mit dreidimensionalen Bildern jederzeit eine falsche Wirklichkeit vorspiegeln. Das wäre nicht das Schlimmste. Was uns wirklich gefährlich werden kann, ist die Tele -Gehirnwäscherei." "Ich bin der Ansicht, daß der KONSTRUKTOR auf einer anderen Gehirn-Wellenlänge arbeitet. Denkt doch nur an die Momente, wenn er sein stündliches Konditionstraining abhält. Wir verstehen seine Mitteilungen nicht. Sein Eingriff in die Gehirnfunktionen trifft nur die Blauen. Wir füh len uns in dem Moment nur etwas gestört, etwas gelähmt. Wie will man uns so aufhalten?" "Ich bin ganz deiner Meinung. Die anderen ebenfalls? Gut, dann schlie ßen wir das Thema ab." Haag dachte scharf nach. "Das Reich der Mitte oder Wunder, wie man will - ist aufregender als man denkt. Dem Blauen Konstruktor, wenn ich einmal so sagen darf, trotzen immerhin 637851 Menschen. So hat's der KONSTRUKTOR errechnet. Vielleicht sind es heute schon 638852! Morgen sind es vielleicht 0.'' "Null?" "Die Obrigkeit will alle Blauen total versklaven, habt ihr das vergessen?" "Haben wir nicht die Pflicht, einzugreifen?" fragte Doc Brixlas leise. Es kam keine Antwort. Sie alle waren dieser Meinung. Doch was konnten sie schon tun? Hatten sie überhaupt das Recht, sich in die Angelegenheit der Blauen einzumischen? "Unsere Sache ist der Vertrag", murmelte Haag unlustig. "Wir haben die Pflicht, einen Vertrag zustande zu bringen. Weiter nichts." Es war ihm anzusehen, daß er nicht meinte, was er sagte. "Drei Mann begeben sich in den Palast und verhandeln weiter", schlug Harlan vor. "Dann ist dieser Pflicht genüge getan. Die anderen drei streifen durch die Stadt, suchen Kontakt zu der Gruppe der 6378 ..., na egal, und unterhalten sich mit ihnen. Dann werden wir es ganz genau wissen, auf welcher Seite wir stehen. Das mindeste, was wir tun müssen, ist, die Leute zu warnen." "Sieh an, der Sanguiniker spricht vernünftig. Ja, es wäre menschlich, so zu handeln. Aber sind die Blauen Menschen?" "In meinen Augen", platzte Doc Brixlas heraus, "sind sie genau das: Blaue Menschen!" "Wir sehen es wohl alle so", formulierte Haag befriedigt. Er hatte gehofft, daß es zu diesem Ergebnis kommen würde. "Also, dann machen wir genau
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das, was Harlan vorschlug. Wann brechen wir auf?" "Sofort", forderte Harlan. "Was das wohl zu bedeuten hat?" fragte Mick grinsend. "Der Klabauter mann will auf schnellstem Wege das Schiff verlassen!" "Kann ich dir sagen", kam die Antwort. "Ich schreibe nie mehr Romane. Nur noch Berichte über die Abenteuer der ANABIS II. Denn Taten sind die besten Worte! Und da ihr lieber hier im Kühlen sitzt und Besprechungen abhaltet, statt das Abenteuer zu suchen, muß ich eben alles tun, um..." "Schon gut, schon gut!" 4. Sie aßen Wunder-Geflügel und Wunder-Salat. Dazu gab es keinen Rot wein, wie Haag es sich gewünscht hätte, sondern ein Narkotikum, wie es der Dolmetscher formulierte. Sie scheuten sich, das Zeug zu trinken, aber sie wollten die Gastgeber nicht brüskieren. Krampfhaft schluckten sie, und die Welt um sie herum begann zu schwimmen. Grüne Wolken verschleie r ten die Blicke. Ein angenehmes Gefühl durchrieselte sie. "Auf meine Verantwortung", hatte Doc Brixlas gesagt. "Ich schätze das Zeug harmlos ein. Scheint Kurare ähnlich zu sein." Das war kein beruhigender Gedanke. Aber sie vertrauten auf die Tatsa che, daß noch kein Blauer davon gestorben war. Sie hockten auf bunten Kissen und schwelgten in kindlicher Freude. Die Blaue Obrigkeit hatte sich zu neuen Verhandlungen bereit erklärt. Er, der Herrscher - die schöne Cara und den jungen Blama immer neben sich -, führte sie in den Thronsaal, wo bereits ein niedriger Tisch, voll beladen mit herrlichen Speisen, auf sie wartete. Die Zeremonie erforderte es, daß erst gegessen und getrunken wurde, bevor man sich den Staatsgeschäften zu wandte. Und zu Staatsgeschäften hatte der Herrscher die Verhandlungen inzwischen erklärt. Im Hintergrund flötete ein Instrument, mit dessen Tönen man zu schwe ben schien. Der l. Vorsitzende, Caspar Brixlas und Mick Ronda glaubten, mit ihren Körpern den ganzen Saal auszufüllen, mit allem eins zu sein und eine Welt der Problemlosigkeit betreten zu haben. Alle Sorgen waren wie weggewischt. Sie bedauerten die anderen drei, die jetzt allein durch die Riesenstadt streiften und Mitglieder der Untergrundorganisation suchten. Welch blödsinnige Idee!
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Haag streckte sich behaglich. Das Zeug war gut. Davon mußten sie eine Schiffsladung mitnehmen. Das war ein großartiges Handelsobjekt. Dieser Gedanke erinnerte ihn an den Grund ihres Besuches. Er versuchte zu spre chen, aber er konnte nicht. Seine Zunge war wie gelähmt. Er brachte nur einen unartikulierten Laut heraus. Die Blauen sahen ihm zu. Haag hatte das Gefühl, daß sie sich über ihn amüsierten. Ja, tatsächlich, sie lachten. Sie lachten ihn aus. "Haben Sie sich unsere Bedingung noch einmal überlegt?" Die Illusion verschwand. Die Blauen lachten nicht, sie blickten ihn im Gegenteil ernst und herausfordernd an. Er wollte antworten, wollte sagen: "Wir können sie nicht annehmen. Sie müssen Ihre Erwartungen herunter schrauben. Natürlich wollen wir Ihnen entgegenkommen ..." Nicht ein Wort brachte er heraus. Erschrocken sah er zu seinen Kameraden hinüber. Sie blickten ihn interessiert an, gestikulierten schwach. "Wir haben uns entschlossen, Ihnen entgegenzukommen", sagte der junge Blama. "Wir fordern keine Raumschiffe. Der KONSTRUKTOR hat uns von einigen technischen Errungenschaften Ihres Volkes berichtet, die er in Ihrem Schiff vorfand. Wir möchten eine andere Bedingung formulieren. Der Handel soll zur beiderseitigen Zufriedenheit betrieben werden. Und unsere Gastfreundschaft könnten Sie mit mehreren Konstruktionsplänen befriedigen." Haag schüttelte die Angst. Er war hoffnunglos gelähmt., "Mit Plänen über ihre Strahl- und Atomwaffen, ihren Energieschirm und den Schiffsantrieb. Damit soll alles abgegolten sein." Haag keuchte. Die Blauen lächelten ihm freundlich zu. Das könnte euch so passen, dachte er. Ihr wollt das alles doch nur, um das Volk besser in Schach halten zu können! Die Sorgen und Probleme kehrten zurück. Die Wirkung: des Narkotikums ließ nach. Es ging sehr schnell. Der Körper prickelte und juckte. Endlich konnte Haag einen Arm bewegen und sich den Schweiß. von der Stirn wischen. Je mehr er sich entspannte, desto mehr sank er in sich zusammen. Die grünen Wolken im Raum verflüchtigten, sich, die Luft hörte auf zu schwimmen. Der 1. Vorsitzende richtete sich unter Stöhnen wieder auf. Seinen, Kame raden erging es ebenso. Doc Brixlas forderte sie auf, den erlittenen Kraft verlust wieder wett zu machen und verteilte Vitamin-Liquids und Konzen trate. "Hier." Er reichte Haag und Mick eine Anti-Halluzinogen-Kapsel, stopfte
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sich selber eine in den Mund. "Nur zur Sicherheit." Nachdem Haag seine Kapsel geschluckt hatte, sagte er: "Nein. Wir neh men diese Bedingung nicht an. Wir sind nicht befugt, irgendwelche Kon zessionen zu machen. Wir können dem Problem ein Ende setzen, wenn wir uns darauf einigen, daß Vertragsbedingungen später zwischen den terrani schen und wunderanischen Händlern ausgehandelt werden. Wir verzichten auf eine Ladung Güter für unser Schiff. Dürfen wir die Nachricht mit nach Hause nehmen, daß die Wunderaner bereit sind, mit Terra ein Handelsab kommen zu schließen? Nur das ist noch wichtig." Die Blauen flüsterten miteinander. Kurze Zeit schwiegen sie. Die Blaue Obrigkeit lauschte sicher der Meinung des KONSTRUKTORS. Dann spra chen sie wieder miteinander. "Ich verstehe das nicht", knurrte Mick, noch immer nach Luft ringend. "Was wollen sie denn nun noch? Damit können sie doch einverstanden sein." "Du vergißt ihren Egoismus", antwortete Haag. "Sie wollen mehr Macht. Und sie wissen, daß sie über uns dazu kommen können. Sie werden auch weiterhin Konstruktionspläne als Gegenleistung fordern." "Wofür?" "Nur für ihre Gastfreundschaft, nehme ich an. Wir werden uns aber wei gern.'' "Und wenn sie uns festsetzen und die ANABIS ausschlachten?" "Das wagen sie nicht. Sie wissen, daß wir bessere Waffen als sie besit zen. Sie müssen fürchten, daß Terra Vergeltung übt. Und wie schnell könn te auf diese Weise ihr KONSTRUKTOR zerstört werden!" "Wir nehmen Ihr Angebot an", sagte die schöne Cara. "Und wir freuen uns, Ihnen Gastfreundschaft zu gewähren." "Aha, jetzt kommt's." "Gewähren Sie uns Einblick in die Konstruktion Ihrer Waffen!" "Dachte ich es mir doch, verdammt noch mal", fluchte Haag. "Wir müs sen ablehnen. Wir sind nicht befugt, das zu tun. Zeigt Einsicht. Wir können euch kein technisches Geheimnis verraten. Wie -- wie wäre es mit Medi kamenten?" Die Blaue Obrigkeit schoß von ihrem Kissen hoch. Wut war in ihrem Gesicht zu lesen. Blama und Cara erhoben sich ebenfalls, und auch sie blickten nicht gerade freundlich auf die Männer der ANABIS II. "Ihr mißbraucht unser brüderliches Entgegenkommen. Ihr beleidigt uns, die Blaue Erscheinung und das Volk von Wunder. Ihr habt keine Gnade
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verdient, und deshalb strafen wir euch mit Verachtung. Verlaßt unsere Welt! Und kehrt nie wieder!" Die drei Blauen verließen hoch erhobenen Hauptes den Saal. Palastwächter erschienen, nahmen die Terraner in ihre Mitte und strebten dem Ausgang zu. Willig folgten die drei ihnen. Das Gefährt, das sie herge bracht hatte, brachte sie auf schnellstem Weg wieder zurück zum Schiff. Unterwegs berieten sie ihre nächsten Schritte. "Was tun, nachdem wir uns in die Nesseln gesetzt haben? Verschwin den?" "Ja und nein", beantwortete Mick Caspars Frage. "Hast du einen Vorschlag?" Haag war zerknirscht, und man sah es ihm an. "Ich weiß nicht mehr weiter." "Wir starten und bringen die ANABIS in einen Orbit um den Planeten. Ein Beiboot wird auf Anforderung von Kai, Kubus und Harlan hinabstoßen und sie abholen." "Sie sollen ihre Mission zu Ende führen? Denkst du auch an den KON STRUKTOR, der uns und dem Beiboot einen Strich durch die Rechnung machen kann?" Haag überlegte intensiv. Sollten sie ihre Kameraden einem solchen Risi ko aussetzen oder das gemeine Volk seinem Untergang preisgeben? "Bemerkt man, daß wir ohne sie starten, ist alles verloren. Bemerkt man es nicht, werden sie das Boot unbehelligt lassen, da sie wollen, daß wir alle verschwinden. Wir sollten es riskieren. Ein Verbesserungsvorschlag: Da wir nicht wissen, ob die drei von den Rebellen freundlich empfangen wer den, könnte es sein, daß sie ganz schnell verschwinden müssen. Lassen wir das Boot gleich unten." "Der KONSTRUKTOR wird das Manöver bemerken." "Das glaube ich nicht. Wir lassen das Beiboot außerhalb der Stadt über den Wäldern niedergehen. Das kann unbemerkt geschehen." * So als wüßten die Blauen über ihr Anliegen längst Bescheid, luden sie die Terraner zu kostenlosen Besichtigungsfahrten ein. Die Vorschläge überbo ten sich nur so. Kai winkte beschwichtigend ab. "Nein, danke. Wir möchten jenes Gebäude in Augenschein nehmen." Vier Blaue, denen je ein unbequemer kleiner Schweber zur Verfügung stand, stritten um die Ehre, die Fremden durch das Gebäude, das sie Auf-
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enthalt nannten, zu führen. Kai erklärte den Enttäuschten, daß sie es lieber allein täten, was bedrücktes Schweigen zur Folge hatte. Sie standen an der Kaimauer eines Hafens, oder besser gesagt, an der Anlegestelle für Schweber. Von der Anlegestelle des Raumhafens hatte sie hocherfreut ein Blauer mehrere Kilometer durch die Stadt gefahren. Dann entdeckten sie dieses mächtige Gebäude, dessen Dach aus vielen weißen Kuppeln bestand und dessen Wände transparent zu sein schienen. Rund um den Aufenthalt gruppierten sich gelbe Bäume mit roten Blüten. Es mußte sich um einen riesigen Park handeln, der mit einer Art weißem Marmor ausgelegt war. Langsam schritten sie hinüber. Es war kein Irrtum. Die Wände waren aus Glas, und man konnte das bun te Treiben im Innern beobachten. Ein großes Tor stand offen. Ohne zu ver weilen traten sie ein. Lärm umrauschte sie, und Gerüche ließen sie ihre Nasen rümpfen. Doch nur kurze Zeit später empfanden sie sie als Wohlge rüche. Alles leuchtete, alles war bunt. Lebendige Farben beherrschten die Atmosphäre. Doch es ließ sich nicht übersehen, daß die Stimmung der An wesenden nicht die allerbeste war. Fragende und warnende Blicke huschten hin und her, beobachteten alles und jeden. Im Eingang blieben sie stehen. Jetzt erkannten sie, wem das Mißtrauen galt. Offen und furchtlos spuckte ein Blauer einem in Schwarz gekleideten Mann, der sich neben das geöffnete Tor plaziert hatte, ins Gesicht. Dieser hatte ihn nicht kommen sehen, weil er die Terraner beobachtete. Er fuhr herum und jagte dem Frevler nach. Nach zwei Schritten stoppte er und blickte die Terraner an, als erinnere er sich an etwas. Der Geräuschpegel sank beträchtlich. Aller Augen richteten sich nun unverblümt auf die Fremdlinge. Der Schwarzgekleidete trat näher, streckte die Arme vor. "Darf ich Ihnen meinen Schutz anbieten?" fragte er mit hoffnungsvoller Stimme. Kubus lehnte ab. "Wir fühlen uns sicher." Der andere nickte und trat beiseite. Die Atmosphäre im Aufenthalt verän derte sich rapide. Ein Raunen ging durch die Gruppen, und freundliche Gesichter nickten den Terranern zu. Nur kurz, dann nahm das geschäftige Treiben seinen gewohnten Gang. Sie wandten sich nach rechts. An der Glaswand standen Liegen, auf de nen Menschen schliefen. Weiter zur Mitte hin stand ein Tisch neben dem
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anderen, und Menschen drängten sich in den schmalen Gängen. Ihre Blicke waren Bergen von Stoffen,, Werkzeugen und Lebensmitteln zugewandt. Weiter hinten türmten sich Schmuck und Fertigkleidung. Ein Verkäufer hielt ihnen bunte Gewänder entgegen, wollte sie ihnen schenken. Sie wehrten höflich ab. An der hinteren Glaswand turnten jugendliche Blaue an seltsamen Gerä ten, die der sportlicher Ertüchtigung dienlich waren. An Rängen, schmalen Tischen saßen Hunderte von Blauen, die von drei in lange, gelbe Gewänder bekleideten Blauen mit Essen und Getränken bedient wurden. Dahinter erhob sich eine Kanzel, von der herab ein violettgekleideter Mann aus der religiösen Überlieferung rezitierte. Über alle Tische und Stände breitete sich ein gelbes Blätterdach eines mächtigen, grauen Baumes, der in der Mitte des Aufenthalts stand, umge ben von einem tischhohen Ring, der Wärme ausstrahlte, Die Terraner nä herten sich ihm nicht, da ihnen heiß genug war. "Wie ein klassischer irdischer Markt", murmelte Harlan. "Überdacht und warm. Kaufhaus und Treffpunkt meinem." "Und mit einem unerwünschten Wärter", ergänzte Kubus leise. "Wie geht es weiter?" knurrte Kai unwirsch. "Warum hast du es so eilig?" "Weil wir auf diese Weise eine Ewigkeit suchen." "Wie wollen wir denn vorgehen?" "Einfach fragen", sagte Kai. Er näherte sich einem einzelnen Mann, der gerade dem Ausgang zustrebte "Geben Sie uns bitte eine Auskunft", sagte Kai. Der Mann lächelte freundlich und nickte zur Antwort. "Wir hörten, daß sich das Volk von Wunder in Schwierigkeiten befindet. Wir hörten weiter, daß es eine Gruppe gibt, die diese Schwierigkeiten orga nisiert bekämpfen will. Wir hätten mit einem Vertreter der Gruppe zu spre chen. Denn..." Er zögerte. Er kam jedoch nicht weiter. Das Gesicht des Blauen erstarrte zur Maske, und eine harte, unfreundliche Stimme antwor tete: "Davon weiß ich nichts!" Sie hätten schwören können, daß Kais Frage von niemandem hatte gehört werden können. Ein Raunen setzte ein, das sich wellenförmig durch den ganzen Raum fortsetzte. Aller Augen richteten sich verschreckt auf die Terraner. Irgendwo kreischte jemand. Am Ausgang geriet die Menschen menge in Bewegung - etwas geschah dort. Dann verstummten alle, die Ge sichter zeigten eine feindliche Einstellung, wandten sich empört ab. Der
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Mann, der Kai unfreundlich Antwort gegeben hatte, verschwand in der Menge. Kai wandte sich achselzuckend von . der Szene ab und bemerkte: "Nun wissen wir, wie man es nicht macht. Gehen wir." Draußen in der weißen Sonne fühlten sie sich wesentlich wohler. Sie folgten einem Marmorpfad durch den Park. Während sie die Schönheit der Natur in sich aufnahmen, überlegten sie, auf welche Art und Weise man zu einem besseren Ergebnis kommen könnte. Unbemerkt und fast vergessen von Harlan kreiste das Kameraauge über dessen Kopf. Zufällig achtete Harlan wieder auf die Wahl des PanoramaBildausschnitts, und was er sah, machte ihn wieder munter. "Wir werden verfolgt", sagte er. "Das mag ein gutes oder ein schlechtes oder gar kein Zeichen sein, aber es ist doch schon etwas." Kai prüfte die Umgebung. Außer dem Verfolger war weit und breit kein Mensch zu sehen. Er forderte die anderen auf zu warten. Sie unterhie lten sich leise, während Harlan vor seinem linken Auge das Näherkommen des Mannes beobachtete. Als er sie erreicht hatte, blieb er stehen und sah sie freundlich an. Es war derselbe, den Kai im Aufenthalt angesprochen hatte. Er streckte beide Ar me zum Gruß vor. Er trug bunte Arbeitskleidung, von der sich sein fast blutrotes Haar abhob. Sein blaues Gesicht war schon faltig. "Ihr fragtet nach der Gruppe?" "Ja", erwiderte Kai erregt. "Es geht um Leben und Tod. Wir kommen von einer anderen Welt, und wir verhandelten mit eurer Blauen Obrigkeit. Von ihr erfuhren wir die neuesten Pläne des KONSTRUKTORS. Es sind für euch tödliche Pläne. Das veranlaßte uns, einzugreifen. Es wäre wichtig, uns zu den Verantwortlichen der Gruppe der 637 851 zu führen." Der Alte nickte ernst. "Das mag ein wichtiger Grund sein. Ihr werdet unser Mißtrauen verste hen, wenn Ihr die Vorfälle im Aufenthalt bedenkt. Nicht, daß wir keinen Rückhalt in der Bevölkerung hätten, aber die Schwarze Armee bewacht uns überall, spürt uns nach, terrorisiert die Menschen und macht hin und wieder Stichproben. So wie der KONSTRUKTOR. Viele verschwanden schon in den Folterkellern der Schwarzen Armee oder nach einer Gehirnwäsche in der Armee als konditionierte Soldaten." "Ihr wißt über alles genau Bescheid!" wunderte sich Kubus. Der Alte lachte. "Natürlich wissen wir Bescheid. Jeder Mensch weiß es, doch was können wir tun gegen die Übermacht der Oberen?" Er schüttelte den Kopf.
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Dann fügte er hinzu: "Aber die Zeit kommt. Sie kommt!" "Ihr werdet euch beeilen müssen", mahnte Kai. "Schon morgen kann es zu spät sein. Wo finden wir also die Führer der Gruppe?" Der Alte nickte wieder. "Ihr folgt mir bis zur Straße, besteigt das Boot, das dort liegt. Der Steuermann wird euch an Ort und Stelle bringen." Damit drehte er sich um und schritt ihnen voran zurück zur gläsernen Markthalle, an ihr vorbei zur Wasserstraße und verschwand urplötzlich in einer Gruppe diskutierender Menschen ohne einen Wink oder Hinweis. Die drei standen vor dem kleinen Schweber. Ein jüngerer Blauer blickte durch die Seitenfenster und winkte ihnen zu. Sie betraten den Schweber. Im gleichen Augenblick setzte dieser sich in Bewegung. In wilder Fahrt kreuzten sie die Wasserstraßen, überholten gro ße und kleine Schweber. Die großen Bauten wurden jetzt seltener, bis schließlich nur noch kleine, unscheinbare Häuschen das Ufer säumten. Auch die Farben waren nicht mehr dieselben, alles sah heruntergekommen und düster aus. So klein die Bauten auch waren, weiße Dächer hatten sie alle. Aber keine Parks zierten hier die Straßenränder. Ein Elendsviertel ... Der Schweber verlangsamte die Geschwindigkeit, legte an einer beschä digten, zerbröckelnden Mole an. "Gehen Sie zu Droa", sagte der Steuermann, der unbemerkt hinter sie getreten war. "Das alte Haus dort drüben." Sie dankten und stiegen aus. Langsam und schaudernd liefen sie an ein paar verlassenen Ruinen vorbei. Dann standen sie vor Droas Haus. Die Tür öffnete sich. Ein Greis trat heraus. Seine gelben Augen glitzerten trübe. Er streckte die Arme vor und murmelte: "Folgen Sie dem Steg bis zu den Dächern." Die Tür klappte geräuschvoll hinter ihm zu. "Wer hat ihm Bescheid gegeben?" fragte Harlan. "Sie sind hier wohl alle an eine Art Telefonnetz angeschlossen", vermute te Kai. "Gehen wir." Sie folgten dem schmalen Steg zwischen den Häusern und der Wasser straße. In der Ferne glänzte eine weiße Fläche, vor der die Hauserfronten endeten. Als sie die Fläche erreicht hatten, erkannten sie, was die Dächer waren. Es war ein Teil der Stadt, dessen Grund abgesunken war. Die alten Ruinen standen schief und eingefallen im stinkenden Morast. Durch ihre glaslosen Fenster floß schmutziges Wasser. Nur die weißen Dächer schie nen noch der Witterung standgehalten zu haben. Die drei beobachteten ihre Umgebung aufmerksam. Nichts tat sich, bis
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Harlans Kameraauge den Hinweis entdeckte. "Auf den Dächern!" rief er. Weit draußen auf den Dächern stand ein Schweber. Davor wanderte eine grüne Gestalt auf und ab und winkte. Mit äußerster Vorsicht kletterten sie auf das nächstliegende Dach. An einigen Stellen war es morsch und gab nach. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis sie springend und rutschend den Schweber erreicht hatten. Keuchend erhoben sie sich vor der grün ge kleideten Gestalt. Es war eine Frau mit hübschen Zügen. Sie lächelte zuvorkommend und half ihnen beim Aufstehen. "Verzeihen Sie", sagte sie und hob die Arme. "Aber es war zu befürchten, daß die Schwarze Armee Sie durch Agenten beschatten lassen würde. Ha ben Sie einen Verfolger ausgemacht?" Sie verneinten erschöpft. Die Frau gab mit ihrem rechten Arm einen Wink nach hinten. Mehrere Männer sprangen hervor, grün gekleidet wie die Frau. Sie sahen wenig freundlich drein. In ihren Händen hielten sie schwarze, spitze Messer. Die Terraner wurden eingekreist. "Es ist nicht zu vermeiden", erklärte die freundliche Frau. "Wir müssen unbedingt sicher gehen. Ihnen wird nichts geschehen. Berichten Sie unse rem Kommando von den Plänen des KONSTRUKTORS, kehren Sie zu Ihren Freunden zurück und verlassen Sie Wunder. Das ist das Beste, was Sie für uns tun können." Sie gab den Männern einen Wink und stieg in den Schweber. Die Mes serspitzen drückten sich in die Rücken der Terraner, zwangen sie, in den Schweber zu klettern, wo sie total erschöpft auf die harten Wandbänke fielen. * Die Schubdüsen brüllten auf. Die ANABIS II erhob sich und ließ den Raumhafen mit den silbernen Raketen hinter sich. Zielstrebig durchstieß sie eine Wolkenbank. Schon jetzt schien sie in einen Orbit um den Planeten gehen zu wollen, ließ so mehrere Kilometer hinter sich, ging wieder tiefer, steuerte eine durch die Wolkenbarriere stoßende Bergspitze an, überflog sie knapp und zog eine weite Kurve über braune, bewaldete Hänge. "Eine wirklich schöne Welt", stieß Doc Brixlas hervor. "Man will sie uns vergällen. Ich verstehe dieses sture Volk nicht."
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"Nur nicht resignieren", erwiderte Mick. ; ! "Beiboot ausklinken!" rief Haag, der die Tele -Monitoren beobachtete. Mick, der die Funktion des Piloten ausübte, verlagerte seinen Körper nach rechts, um den Klinkmechanismus zu bedienen. Noch bevor er dazu kam, schlug die Alarmanlage an. Ein schriller Heulton belästigte die Trommelfelle. Die ANABIS II ruckte und schlingerte. Mick begriff, daß das Schiff in gefährliche Nähe des umrundeten Berges geraten war und jetzt ein Ausweichmanöver einleitete. Der Grund war ihm nicht klar. War die manuelle Steuerung ausgefallen? Er hatte das Schiff in die Nähe des Berges zurückgesteuert, aber Abstand gehalten. "Er hat unseren Plan durchschaut", vermutete Haag. Seine dunklen Au gen glitzerten wütend. "Der KONSTRUKTOR hat die Steuerung wieder übernommen, wenn ich mich nicht irre." Dann schrie er Mick an: "Klink doch das Beiboot aus, solange wir noch können!" Mick hatte es längst versucht. Müde zuckte er mit den Schultern. "Nicht mehr möglich." "Ein glatter Rausschmiß", murrte Doc Brixlas. "Aber was tun wir nun? Wir müssen die drei abholen." "Wir können sie nicht abholen. Jedenfalls nicht, solange ihre Anwesen heit nicht bemerkt worden ist", resonnierte Haag verzweifelt. "Bis dahin kann der KONSTRUKTOR uns längst aus dem System hinausexpediert haben." Aber es kam anders. Der KONSTRUKTOR hatte zu spät eingegriffen, und das rächte sich nun, indem das Ausweichmanöver der ANABIS II nicht mehr gelang. Die Geschwindigkeit war zu groß gewesen. Das Kugelschiff wurde quer zur gewölbten Flanke aufgerissen, was durch ein häßliches Knirschen und Wimmern hörbar wurde. Die Alarmanlage heulte wieder auf und verstummte kurz darauf, als der Energiegenerator ausfiel. "Wir stürzen ab!" Haags Schrei gellte in die plötzlic h aufkommende Stille hinein, die durch das Ausfallen der Antriebsaggregate bedingt war. Die drei Mannschafts mitglieder der ANABIS II überkam ein Frösteln. Das Antriebsaggregat begann zu blubbern, dann arbeitete es wieder. Das half jedoch nicht viel. Die ANABIS II stürzte unablässig dem nahen Boden zu. Mick umklammerte die Steuerplatte. Sie hätten eine Chance, wenn der KONSTRUKTOR seinen Leitstrahl ausschalten würde. Im Tele -Monitor raste dem Piloten der braune Wald entgegen. Die Bremsdüsen zündeten,
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und auch die Korrekturdüsen schalteten sich ein. Das Schiff versuchte den Fall zu bremsen, und kurioserweise gelang es kurzfristig, in eine schwe bende Lage zu kommen, bis die Schubdüsen einsetzten. "Wir sind frei", brachte Mick mühsam hervor. "Aber wir kommen nicht mehr hoch. Ich kann nur noch versuchen, eine weiche Bruchlandung zu stande zu bringen." "Und das ohne Kubus", stöhnte Haag unnötigerweise. Er war jetzt funkti onslos an Bord, und das entnervte ihn vollends. Während Mick sein Bestes gab, jammerte er und lief hin und her. Die Schubdüsen rissen das Schiff jetzt seitlich vom Berghang weg und tief in den rosa blühenden Wald hin ein. Haag ging zu Boden und riß Doc Brixlas mit sich. Mick gelang es noch einmal, das Schiff wenige Zentimeter über dem Waldboden in die Schwebe zu bringen. Bevor die unregelmäßig arbeiten den Bremsdüsen einen tiefen Krater in den Erdboden brennen konnten, mußte die ANABIS II landen oder abheben. Und beides war unmöglich. Mick gab auf und nahm das Unvermeidliche in Kauf. Mit einer Bewegung schaltete er den Energiegenerator ganz aus. Das Schiff prallte auf. Minuten später erhoben sich die drei stöhnend. Ihre Glieder waren nicht gebrochen, aber der Schock gab ihnen ein Gefühl der Unwirklichkeit. "Eine Ladung Schrott für den Raumschiff-Friedhof", kommentierte Haag zynisch. Und keiner da, der sie dorthin bringt." 5. Sie standen vor der abgestürzten silbernen Kugel, die sie ANABIS II ge nannt hatten, und sondierten die mit braunen Bäumen dicht bestandene Umgebung. Viel zu sehen gab es nicht, weil sie auf Rettung aus waren. Als Mitglieder einer Forschergruppe hätten sie Material für Jahre gehabt. Aber sie hatten weder soviel Zeit, noch brachten sie die entsprechende Lust und Neugierde auf, sich forschend zu betätigen. "Wollen wir Wurzeln schlagen?" fragte Haag säuerlich. "Oder vie lleicht Ferien machen oder einen Spaziergang? Wir könnten auch Urmenschen spielen oder die ANABIS untersuche«. Entschließt euch, Freunde, aber überlegt es euch genau." "Unsinn", knurrte Mick. Er stolperte zurück ins Schiff. Es war selbstverständlich, daß sie Wunder wieder verlassen wollten, und um das zu können, gab es nur eine Möglichkeit. Sie mußten das Schiff
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reparieren. Ob eine Reparatur möglich war, galt es als erstes herauszufin den. Das war allen dreien klar, also stürzten sich auch Haag und Caspar in die Arbeit. Es stellte sich heraus, daß der Riß in der Schiffswandung nicht allzu tief war. Der Schaden war durchaus und sogar schnell reparabel. Anders sah es im Schiff selbst aus. Dort hatte man es mit zerrissenen Kabeln und zerplatz ten Instrumenten zu tun, deren Reparatur längere Zeit in Anspruch nehmen würde. Aber die ANABIS II war wieder flott zu machen; das stand fest. Der Absturz hatte das Chaos in den Speicher- und Rechenanlagen zwar vergrößert, doch waren die. unersetzlichen Teile heil geblieben. Ihre Stim mung stieg wieder. Zu guter Letzt überprüften sie den Bordcomputer, dem sämtliche Energie entzogen worden war, da Mick den Energiegenerator abgeschaltet hatte. Es fehlte ihm nichts, er war einsatzbereit. "Ich werde verrückt!" schrie Mick auf. "Die Dolmetscher! Das nenne ich Glück im Unglück." "Was ist los?" wollte Haag wissen. "Unsere Freunde können sich zur Zeit nicht mit den Eingeborenen unter halten. Habt ihr schon daran gedacht? Der Computer muß sofort wieder arbeiten." "Allerdings, du hast recht." Mick schaltete den Computer ein und beobachtete mit wachsendem Un behagen, wie unregelmäßig die Energiestöße des Energiegenerators kamen. Man mußte damit rechnen, daß er jederzeit wieder aussetzte. Eine kurze Überprüfung ergab, daß ein Energiekabel eine Bruchstelle besaß, durch die die Energie abgelenkt wurde. Die Reparatur war schnell erledigt und das Problem gelöst. "Zweitens", sagte Haag, "müssen wir schnellstens die drei finden, denn ohne sie kommen wir nicht voran. Sie haben doch ihre Minifunk-Sets da bei?" "Selbstverständlich, Haag." Die Verbindung wurde sofort hergestellt. Die drei Kontaktler wurden über den Absturz informiert. Sie versprachen, diese Mitteilung an ihre Be wacher weiterzuleiten. Ihren Angaben zufolge waren sie von den Rebellen in die Wälder nördlich der Superstadt entführt worden, wo diese ein unter irdisches Versteck hatten, das Hunderte von Menschen und eine noch nicht identifizierbare technische Anlage beherbergen sollte. Nachdem ihre Trans latoren ausgefallen waren, hatte man sie in einem kleinen Raum festgesetzt.
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Näheres über die Aufständischen hatten sie noch nicht in Erfahrung bringen können. Einige Zeit später kam die Antwort. "Sie glauben uns anscheinend. Man versprach, sofort einen Suchtrupp auszusenden, der euch abholen will. Sie wollen nicht das Risiko eingehen, uns sofort zu euch zu bringen. Diesen Vorschlag haben sie abgelehnt." "Danke, Kai", antwortete Haag. "Wenigstens etwas.. Hoffentlich sind sie eher am Absturzort als die Suchtrupps der Blauen Obrigkeit und des KON STRUKTORS. Wenn nicht, müßt ihr eure Bewacher davon überzeugen, daß Sie euch freisetzen müssen. Einen anderen Weg gibt es nicht, wenn wir sie nicht verraten wollen. Das entspricht zwar einer Erpressung, aber ich vertraue auf eure Verhandlungsfähigkeiten." "Ob in diesem Fall Verhandlungen etwas nutzen, bezweifle ich", erwider te Kai nachdenklich. "Sie werden mit Recht eher an ihre Sicherheit denken als an unsere." "Laßt euch etwas einfallen", meinte Haag. Die Antwort erreichte die Überlebenden der Bruchlandung über das Minifunk-Set von H.R.I. Klim. "Die schwer zu lösende Aufgabe strebender Menschen ist", sägte er iro nisch, "die Verdienste älterer Mitlebender anzuerkennen und sich von ihren Mängeln nicht hindern zu lassen." Haag brauchte eine Minute, um zu antworten. Dann knurrte er: "So was muß man sich nun von einem Grünschnabel sagen lassen wie Harlan Regi nald Isaac Klim. Der Name sagt doch schon alles." "Richtig", antwortete Harlan ruhig. "Und nicht nur meiner. Der, der dies sagte, hieß Johann Wolfgang v. Goethe." "Kenne ich nicht", behauptete Haag grinsend und unterbrach die Verbin dung abrupt. Doc Brixlas stand dem Rundschirm am nächsten. Sein Ruf störte die anderen in ihren Betrachtungen auf. Eine Eskorte der Blauen bewegte sich auf die ANABIS II zu. "Nun werden wir ja sehen, welche Richtung uns das Schicksal weist", philosophierte Haag ungerührt. Zur Sicherheit stellte er die Funkverbin dung zu den Gefangenen wieder her. Mick begab sich inzwischen in die geöffnete Schleuse. Ein kurzer Disput erwies, daß es die Rebellen waren, die die Absturzstelle als erste gefunden hatten. Sie drängten zur Eile. Haag gab die gute Nachricht an die Gefange-
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nen weiter. Dann schlössen sie sich dem Suchtrupp an und verließen die in den Wald gebrannte Lichtung. Nach einstündigem Marsch durch den unwegsamen, dichten Wald über querten sie eine kleine Lichtung und strebten auf einen Hügel zu. Und hier geschah etwas Unglaubliches, was von einer hochgradigen Beherrschung der Technik durch die Abtrünnigen des KONSTRUKTOR-Staates zeugte. Dort, wo der Hügel sanft anstieg, ragte ein kurzer metallener Handgriff aus dem moosigen Boden. Haag glaubte an eine Sicherheitsmaßnahme, als einer der Blauen nach ihm griff. Möglicherweise sollte so ihr Kommen angemeldet werden... Doch, als handele es sich um eine Tür, zog der Blaue daran, und der gan ze Hügelrücken wurde angehoben. Ein breiter Spalt zeigte sich, und der Blick fiel auf einen mächtigen, den ganzen Hügel ausfüllenden Quader, zu dem eine breite Treppe hinabführte. Dort unten mußte sich ein Eingang zu dem Quader befinden. Der riesige Hügelrücken wurde von einer Hand des Blauen hochgehalten, während er die Terraner mit einer ungeduldigen Geste aufforderte, die Treppe hinabzusteigen. Hügel und Pflanzen darauf waren nur eine unwahr scheinlich gute Attrappe. Oder doch echt, und der Griff betätigte automa tisch ein Antischwerkraftfeld, das den Hügelrücken in die Höhe schob. Haag war unfähig, sich zu rühren. "Wie macht ihr das ?" fragte er. Die Blauen schoben ihn vorwärts. Mit weichen Knien stiegen sie die Treppe hinab, während sich der Spalt schloß und Flutlicht das Innere des ausgehöhlten Hügels sichtbar machte. Unten öffnete sich selbsttätig eine Tür, und sie betraten den Quader. Mehrere Gänge führten in das Innere. Sie blinkten metallen und sauber. Überall gingen Türen ab. Sie wurden in einen großen Raum geschoben, den ein mehrmals gewun dener Tisch ausfüllte, um den sich die Sitzgelegenheiten verteilten. Eine Abordnung von sechs Blauen und die drei gefangenen Terraner blic kten ihnen erwartungsvoll entgegen. "Bitte, nehmen Sie Platz", forderte sie ein Blauer in grüner Kle idung auf. "Wir wollen keine Zeit verlieren und Ihre wie unsere Probleme durchspre chen." Die Männer der ANABIS II begrüßten sich laut und tauschten erste In formationen aus. Es stellte sich heraus, daß die anderen den Hügelmecha nismus noch nicht kannten, da man ihnen bei ihrer Ankunft die Augen ver bunden hatte. Haag wertete es als ein gutes Zeichen, daß man diese Vor-
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sichtsmaßnahme bei ihnen unterlassen hatte. Er übernahm die erste Verhandlungsrunde. Er berichtete von ihrem Inter esse an einem Handelsabkommen mit Wunder und den ernsten Schwierig keiten, in die sie durch die Tricks und Absichten der Blauen Obrigkeit und des KONSTRUKTORS geraten waren. "Natürlich", sagte der Grüngekleidete. "Interessant für sie sind nur tech nische Neuerungen und wissenschaftliche Ergebnisse. An einem Handel mit euch ist ihnen nichts gelegen, denn es geht ihnen gut genug. Was sie brauchen, erhalten sie von der schwer arbeitenden Bevölkerung. Das Sklave-Herr-Verhältnis ist schon alt auf Wunder. Und die Waffen interessieren sie nur, weil sie mit der Möglichkeit rechnen, daß ihr Plan zur totalen Un terwerfung der Menschen nicht gelingen könnte. Sie schätzen die Möglic h keit sehr gering ein. Wir auch. Es handelt sich nur um einen Kampf gegen die Zeit." "Ihr wißt von dem Plan, das ganze Volk einer Gehirnwäsche zu unterzie hen, um es in treue und gehorsame Roboter zu verwandeln? Wir glaubten, der Plan sei streng geheim." "Natürlich haben wir unsere Verbindungsleute auch in der Regierung. Ich möchte mich noch einmal im Namen der Gruppe der 637869 entschuldigen. Wir mußten eure Ehrlichkeit erst einmal überpr ..." "Neunundsechzig", fragte Haag erstaunt; "Dann seid ihr inzwischen acht zehn Menschen mehr?" "Ja. Es klingt wie Zynismus, aber ..." Der Blaue verstummte und mit ihm jedes Gemurmel um ihn herum. Das scheußliche Rumoren in den Gehirnen der Terraner begann erneut. Inzwi schen wußten sie, was es damit auf sich hatte. Der KONSTRUKTOR in struierte das gemeine Volk einmal mehr über seine Pflichten gegenüber dem Staat. Nach wenigen Minuten ließ es nach. Die Blauen gingen darüber hinweg wie über das Umkippen eines Gefäßes. Der Grüngekleidete fuhr in seiner Rede fort. Die Terraner blickten sich unbehaglich an. Stündlich wur den diese blauen Menschen daran erinnert, daß sie Sklaven waren. Haag konnte ihre Opferbereitschaft verstehen. "In einer Gehirnberieselung wie dieser gibt der KONSTRUKTOR jedes mal die Stärke unserer Gruppe bekannt, die er bei einer Überprüfung eines Menschen aus dessen Gedächtnis entnimmt. Übrigens - jedesmal, wenn er eines unserer Mitglieder während seiner routinemäßigen Untersuchungen entdeckt, überprüft er sein Gedächtnis und nimmt dann eine Gehirnwäsche vor. Der Unglückliche landet daraufhin als Soldat bei der Schwarzen Ar-
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mee und bekämpft unsere Organisation." "Das ist ja entsetzlich. Aber weshalb kann der KONSTRUKTOR nicht alle Mitglieder aufspüren und eliminieren?" "Das ist bei einer Bevölkerung von fast zwei Milliarden ganz unmöglich. Er muß sich auf Stichproben beschränken. Da aber unsere Organisation trotzdem wächst, hat er sich den neuen Plan ausgedacht." "Ich bitte um ein paar Informationen. Wie sieht es auf den anderen Kon tinenten aus und wie steht es um euren Kampf?" "Die anderen Kontinente sind vor Jahrhunderten überfallen und unter jocht worden. Jetzt herrscht überall die Blaue Obrigkeit. Der KON STRUKTOR ist an jedem Ort auf dieser Welt einsatzfähig, da ihm zwanzig Satelliten zur Verfügung stehen. Unser Kampf muß sich deshalb auf diesen Kontinent, der Goldener Kreis genannt wird, konzentrieren. Alle Mitglieder verteilen sich zur Zeit rund um die Blaue Macht - so heißt diese Stadt. Un ser Ziel ist die Zerstörung des kombinierten Computers." "Ich verstehe. Nur einen Einwand. Wäre die Zerstörung dieser Maschine nicht falsch? Ich meine, sie könnte in euren Händen - nach entsprechenden Veränderungen - unschätzbare Dienste leisten, um den Lebensstandard der Bevölkerung zu heben." "Das wird auch geschehen. Denn es existiert noch ein zweiter KON STRUKTOR, von uns in jahrelanger Arbeit gebaut. Und der befindet sich in unserer Hand. Nur durch ihn sind wir in der Lage, den anderen zu zerstö ren." "Aha." Die Terraner wechselten Blicke miteinander. Sie waren alle im Einver ständnis. Sie fühlten sich verpflichtet, der Gruppe der nunmehr 673 869 zur Seite zu stehen. Haag teilte den Blauen ihren Entschluß mit. Der grüngekleidete Sprecher der Abordnung nahm das Angebot dankend an. "Wir sind zu der Überzeugung gelangt, daß eure Hilfe von großem Nut zen sein kann. Eure technischen Kenntnisse und Ideen könnten entschei dend sein. Nicht nur eure Waffen spielen bei unseren Überlegungen eine Rolle, sondern auch euer Raumschiff. Doch dazu später mehr. Sprechen wir jetzt über eure Sorgen." "Das Raumschiff stürzte ab, weil sich der KONSTRUKTOR genötigt sah, unseren Kurs zu bestimmen", erklärte Haag geduldig. "Unsere Unter suchungen haben ergeben, daß wir das Schiff wieder instandsetzen können. Dazu müssen wir aber alle dorthin. Das bedeutet, daß uns eure Gegner bei
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der Arbeit überwachen werden. Wir können nur versuchen, unseren alten Trick noch einmal anzuwenden. Ob es klappt, weiß ich nicht. Es gibt keine Garantie." Haag erläuterte den Blauen ihren Plan mit dem Beiboot, das sich beim Start über den Bäumen lösen und mit drei Mann an Bord im Wand landen sollte. Die anschließenden Beratungen dauerten nicht mehr lange. Die Blauen bauten Haags Plan in ihre Strategie ein, und es schien, als käme ein brauch bares Ergebnis dabei heraus. Das Lösen des Beiboots vom Mutterschiff sollte mit dem ersten Einsatz des eigenen, heimlich gebauten KON STRUKTORS zusammenfallen. Er würde versuchen, die Landung des Beiboots durch Bildprojektionen zu verdecken, so den RegierungsKONSTRUKTOR ablenken und zum Gegenangriff provozieren. Während sich die beiden KONSTRUKTOREN eine Schlacht, lieferten, sollte die ANABIS II einen Sturzflug auf den Palast der Blauen Obrigkeit simulieren, was zu einer Mehrbelastung des Regierungs-KONSTRUKTORS führen mußte. Dann würden die Rebellen mit ihm leichtes Spiel haben. Der Plan war dilettantisch, und Haag sagte es auch. Aber die Blauen schienen in ihrer verzweifelten Lage auch jedes noch so hohe Risiko einge hen zu wollen. Jeder Einwand war umsonst. Schließlich einigte man sich, den Versuch zu wagen. Sollte der Plan schiefgehen, kannte der RegierungsKONSTRUKTOR den Standort seines gegnerischen Äquivalents. Doch konnte man der Vernichtung aus dem Weg gehen, indem der Standort ge wechselt wurde: der KONSTRUKTOR der Aufständischen war flugfähig; das galt für den ganzen Quader. Es gab keine Garantie, daß der Standortwechsel nicht, mitverfolgt wurde. Es war ein riskantes Spiel. Doch vielleicht rechnete der Gegner nicht damit, überprüfte nicht den Luftraum, unternahm nichts, wartete ab ... * Der Sprecher der Blauen, er war auch der Führer der AufständischenGruppe, namens Gobal, hatte den Terranern einen jungen Blauen mitgege ben, der sie zurück zur ANABIS II führte. Dabei entpuppte sich der Trick mit dem Hügelmechanismus tatsächlich als eine Manipulation der Gravita tion. "Ihr KONSTRUKTOR", erklärte der Blaue, "würde die Energie orten, wenn wir einen anderen Mechanismus verwenden würden. So gibt es nichts
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zu orten. Auf diese Weise können wir unseren KONSTRUKTOR unbe merkt fortschaffen, wenn es nötig wird." "Es wird notwendig werden" sagte Haag. "Euer Plan, Devva, wird nicht funktionieren. Es kommt alles viel zu überstürzt. Ihr könnt doch eure Geg ner nicht mit einem Handstreich entmachten." "Es könnte gelingen - aber ich glaube auch nicht daran", zweifelte Devva. "Wir werden sehen." .Haag war bestürzt über die verzweifelte Unbekümmertheit und wandte sich ab. Es war sinnlos, gegen diese Entschlossenheit anzugehen. "Ich nehme an", sagte er zu Kubus gewandt, "daß man uns schon sehn süchtig erwartet. Wir haben "zwar versucht, uns zur Stadt durchzuschlagen, sind aber leider im Kreis gelaufen." "Das werden sie uns abkaufen müssen", bestätigte Haag grinsend. Ziemlich ermüdet vom vielen Laufen erreichten sie nach einer Stunde die Absturzstelle. Etwa hundert schwarzgekleidete Soldaten hatten das Schiff eingekreist und bewachten die verlassene Kugel. Als die Terraner - Devva hatte sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht - die ANABIS II umgingen, trat ihnen Blama, der junge Ratgeber der Blauen Obrigkeit, entgegen. "Wir haben Sie schon vermißt", sagte er freundlich. "Wo waren Sie?" "Wo waren Sie so lange?" konterte Haag. "Als Sie nicht kamen, wollten wir allein zur Stadt zurück. Aber wie Sie sehen, sind wir im Kreis gela u fen." "So?" Blama lächelte immer noch. "Nun, jetzt sind Sie wieder hier, also können Sie gleich daran gehen, den Schaden an Ihrem Raumschiff zu be heben." "So schnell geht das nicht. Bilden Sie sich das nicht ein, Blama. Außer dem sind wir hundemüde und müssen erst schlafen." "So?" Blama überlegte. "Gut. Schlafen Sie. Dann werden Sie das Schiff reparieren, und Wunder verlassen. Ein für allemal." Mit diesen Worten ließ er die Terraner stehen und verlief sich hinter eini gen angekohlten Bäumen. Die Männer der ANABIS II atmeten auf. Der erste Teil des Plans war geglückt. Sie mußten so viel Zeit herausschinden wie nur möglich, denn die Rebellen mußten sämtliche Mitglieder über ihre Offensive informieren. Und das mußte mündlich - durch Boten- - gesche hen, weil Draht- und Funkverbindungen grundsätzlich überwacht wurden. Auch codierte Meldungen hatten keine Chance durchzukommen. Sie zu entschlüsseln, war für den Supercomputer eine Kleinigkeit. Die ANABIS-Mannschaft hielt noch eine kurze Besprechung im RAT-
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HAUS ab, um die Details ihres morgigen Vorgehens zu besprechen und ging mit müden Augen und einem unguten Gefühl schlafen. Als sie erwachten, war draußen noch tiefe Nacht. Es hatte gedämmert, als sie schlafen gegangen waren. Nach erfrischenden neun Stunden Schlaf würde es aufgrund der langsameren Rotation dieses Planeten noch etwa vier Stunden dunkel bleiben. Sie ließen sich dadurch nicht stören und begannen mit den ReparaturArbeiten, um rege Geschäftigkeit vorzutäuschen und keinen Verdacht zu erregen. Scheinwerfer beleuchteten die schwarzverbrannte Lichtung, auf der die ANABIS II lag und die schwarzuniformierten Soldaten schliefen. Das Licht und die lauten Arbeitsgeräusche brachten sie bald auf die Beine, und man sah ihnen an, daß sie nicht davon begeistert waren. Wenige Minu ten später tauchte auch Blama auf, um sie bei der Arbeit zu beobachten. Kurz darauf ruhte die Arbeit für fünf Minuten. Der KONSTRUKTOR schlich sich mit für Menschensinne unartikulierten Nachrichten in ihr Ge hirn ein, unterband jede kontrollierte Bewegung. Haag begab sich zu Blama, als der Spuk vorüber war. Er baute sich dro hend vor ihm auf und sagte: "Wenn dieser Unsinn nicht aufhört, werden wir keinen Handschlag mehr machen. Teilen Sie das bitte Ihrem Superlaut sprecher mit." "Das geht nicht. Wenn Sie Wunder nicht verlassen, müssen Sie Ihr Leben in einem Kerker verbringen. So leid es mir tut!" "Es tut dir leid, du Ratgeber des Teufels?" Haag lachte. Schulterzuckend drehte er sich um und ging wieder zurück an die Arbeit. Drei Stunden später schalteten sie die Scheinwerfer aus; der neue Tag zog herauf, der Tag der Entscheidung. Der Tag verging in konzentrierter Langeweile. Sie arbeiteten angestrengt sechs Stunden und fielen danach erschöpft ins Bett. Draußen begann jetzt erst die zweite Tageshälfte. Sie schliefen acht Stunden und arbeiteten noch einmal vier am Schiff. Die restlichen zum Tag gehörenden sechs Stunden galten dem wahnwitzigen Kampf der Supercomputer, dem die Terraner mit wachsender Besorgnis entgegen sahen. Haag ging um die ANABIS II herum, begutachtete zufrieden ihr Werk und suchte Blama auf, der müde lächelnd zwischen den Bäumen stand und sichtlich nervös war. "Nicht ausgeschlafen, Blama?" "Ich fühle mich gut", antwortete dieser. "Denn Sie verlassen uns jetzt.
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Habe ich recht?" "Sie haben immer recht, Blama, nicht wahr?" fragte Haag verärgert zu rück. "Aber vielleicht doch nicht immer. Man wird sehen. Sagen Sie der Blauen Obrigkeit und ihrem Denker, daß sie uns unseren Kurs selbst bestimmen lassen sollen. Es könnte sein, daß wir sonst zum Abschied noch etwas fallen lassen." "Der KONSTRUKTOR rechnet damit, er wird eine Bombardierung zu verhindern wissen." Daran hatte Haag nicht gedacht. Er erwiderte zerknirscht: "Nun gut, es wird keinen Ärger mehr geben, denn wir tun nichts lieber, als Ihre un freundliche Welt zu verlassen!" Mit diesen Worten drehte er sich um, bestieg die silberne Kugel und gab das Startzeichen. Die Männer der ANABIS II waren auf dem Posten. Kai, Kubus und Harlan befanden sich angeschnallt im Beiboot, auf ihren Einsatz vorbereitet. Caspar, Mick und Haag übernahmen wieder das Raumschiff. Der 1. Vorsitzende nickte. Mick Ronda, in der Funktion des Piloten, drück te den Startknopf. Die Schubdüsen arbeiteten einwandfrei, die ANABIS II erhob sich vom verkrusteten Boden. Mick lauschte dem leise röhrenden Antriebsgeräusch. Zufrieden nickte er. "Schnurrt wie ein Kater", sagte er glücklich. Die ANABIS II zog einen weiten Bogen um den Berg, um sich über sei ner Spitze in den Himmel zu bohren. Sobald sie aus dem Sichtbereich der Blauen waren, verlangsamte Mick die Geschwindigkeit, um die Gegend vor ihnen zu beobachten. Natürlich war das nutzlos, denn wie sollten sie eine Bildprojektion von der Wirklichkeit unterscheiden, wenn diese Projektion genau die Wirklichkeit wiedergeben sollte? Sie sahen nichts. Ein Blick zur Uhr bestätigte, daß der KONSTRUKTOR der Rebellen seit etwa fünf Minuten arbeitete. Und das konnte heißen, daß inzwischen beide KONSTRUKTOREN miteinander im Kampf lagen, ja, daß vielleicht die Projektion, die ihr Manöver verdecken sollte, schon nicht mehr existierte. Das Risiko, das sie eingingen, war unheimlich hoch, und Haag schüttelte den Kopf. Aber sie mußten es versuchen. "Es wimmelt überall von Schwebern", berichtete Doc Brixlas, der die Tele-Monitoren und den Rundschirm beobachtete. "Sie wollen uns nicht mehr aus den Augen lassen, bis wir fort sind." Das war der Grund gewesen, weshalb der Einsatz des KONSTRUK TORS nötig geworden war. Die Blauen, oder vielmehr ihr KONSTRUK-
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TOR, wären unverzeihlich naiv gewesen, wenn sie das Manöver der ANA BIS II das zum Absturz geführt hatte, nicht mißtrauisch hätte werden la s sen. "Was ist?" rief Haag. "Hat er die Steuerung bereits übernommen?" Davon hing alles ab. Hatte der Supercomputer die Steuerung ihres Schif fes übernommen, war jede Chance verspielt. Hatte er nicht, weil er im Kampf mit seinem Gegner lag, dann konnte die ANABIS II ihr Manöver beginnen. Und dann, wie gesagt, hing alles davon ab, ob die Projektion das Manöver verdeckte. "Verflucht noch mal!" "Was ist los, Mick?" "Nichts. Das mußte mal heraus", kam die Antwort. "Wir sind frei. Aber noch sind wir außerhalb einer Projektion, denn die Schweber der Blauen sind weiterhin sichtbar." Während er sprach, verschwanden sie plötzlich, so als seien sie niemals da gewesen. An dem Bild der Landschaft hatte sich nicht das Geringste geändert. Aber die Männer wußten, daß sich ein materialisiertes Bild zwi schen sie und die reale Landschaft geschoben hatte. Der Moment, um das Manöver einzuleiten ... "Beiboot ausgeklinkt!" "Doc - beobachte es!" "Ich sehe es nicht. Doch, da ist es! Sie beherrschen es gut. Sie schweben in einer engen Spirale hinab. Jetzt verschwinden sie zwischen den Bäu men." "Schön. - Mick, Volldampf! Sturzflug auf den Palast der Blauen Macht!" Die ANABIS II schoß aus dem Schutz der Bild-Projektion heraus, hinauf in den violetten Himmel Wunders. Die Schubdüsen brachten das Schiff in eine ballistische Kurve. Ihr Endziel war der Palast, in dessen unterirdischen Gewölben der KONSTRUKTOR kämpfte. Er mußte annehmen, daß das Raumschiff entweder einen Selbstmordversuch unternahm, was auch sein Ende bedeuten würde, oder einen solchen vortäuschte. Wurde er nur vorge täuscht, so bestand immer noch die Möglichkeit, daß der Palast bombar diert wurde. Der Regierungs-KONSTRUKTOR wurde also gezwungen, sich dem Raumschiff zuzuwenden. Und das bedeutete, daß er die Energie, die er im Kampf gegen seinen Feind aufwandte, verringern mußte, um den neuen Gegner abzuwehren. Und das würde den Sieg der Rebellen bedeuten. Auch wenn die Terraner auf Seiten der Aufständischen standen und sie
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unterstützten, so hätten sie doch nie den Palast bombardiert. Es war eine Sache der Blauen. Die Schwachen waren im Recht, das wußten die Terra ner, aber ihre Hilfe durfte sich nur auf Geisteskräfte stützen - oder, das war zu vertreten, auf Scheinangriffe wie diesen. Noch waren sie dieser Mei nung. Unter ihnen glänzten die weißen Dächer der Blauen Macht. Caspar und Haag schnallten sich in ihren Sitzen fest. Mick konzentrierte sich auf den entscheidenden, den letzten Moment, um die ANABIS II wieder hoch zureißen. Auf den Tele -Monitoren schoß ihm der Palast der Blauen Obrig keit entgegen. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Das Bild des vorderen Tele -Monitors füllte sein Gesichtsfeld aus, so tief hatte er sich hinabgebeugt. Über den Bildschirm huschten gleichzeitig Zahlen. Sie waren es, was er beobachtete. Und als das Dach des Palastes, seine vielen kleinen Kuppeln und Verstre bungen, den Bildschirm ausfüllten, und die Ziffer Null sichtbar wurde, zuckte sein rechter Zeigefinger hinab, drückte die wichtigste Taste. Mick hatte das Gefühl, zu spät gedrückt zu haben. Die ANABIS II schoß in einer engen Kurve wieder aufwärts, streifte fast die Dächer des Palastes. Aber nur fast - das Manöver war geglückt. Und doch wurde Mick das Gefühl nicht los, zu spät gedrückt zu haben. Und dann wußte er weshalb. "Er hat uns wieder in seiner Gewalt", murmelte er verzweifelt. "Als ich den Auslöser drückte, hatte er den Ausbruch bereits eingeleitet. Im letzten Moment. Genau berechnet. Ich habe zu spät geschaltet. Versteht ihr? Er hat uns das Leben gerettet!" "Was?" Mick kicherte ironisch. Haag und Caspar trat nachträglich der Angstschweiß auf die Stirn. Ihr Gegner hatte ihnen das Leben gerettet. Natürlich nur, um das eigene Leben zu retten. "Na schön", meinte Haag ergeben. "Er hat uns gerettet. Gut für uns, gut für ihn. Aber schlecht für die Wunderaner und deshalb auch schlecht für uns." "Er hat den Angriff einwandfrei zurückgeschlagen. Damit ist für uns der Kampf zu Ende", murmelte Mick. "Ich werde mal nachrechnen, welchen Kurs er sich für uns ausgedacht hat. Ich wette, den kürzesten Weg, der aus diesem System hinausführt!"
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6.
Das Beiboot - eine kleine Nachbildung der ANABIS II, und für Erkun dungsflüge gedacht - landete im Unterholz des braunen Waldes, noch hinter der schützenden Bild-Projektion. Das Antriebsaggregat wurde sofort ausge schaltet. Ohne Hast, aber auch ohne zu verweilen, verließen die drei Terra ner das Boot und machten sich auf den Weg zum Hügel. Sie kannten die Richtung, und es dauerte nicht lange, bis sie den Pfad wiederfanden, den sie schon zweimal gegangen waren. Als sie den Hügel erreichten, bot sich ein seltsames Bild. Der Hügelrücken war nicht hochge klappt, sondern lag auf der kleinen Lichtung davor und gab den Blick auf den großen Quader frei, der den Hohlraum des Hügels ausfüllte. Kein Blauer war zu sehen. Sie rannten den Rest des Weges, da sie ahnten, daß etwas im Gange war. Als sie die Treppe hinunterkeuchten, öffnete sich unten die Tür zum Quader, und Devva trat heraus. Er winkte ihnen zu. "Beeilt euch. Ihr kommt im richtigen Augenblick. Unser Standort ist kein Geheimnis mehr. Wir müssen hier verschwinden." Sie stolperten in den Gang hinein, die Tür schloß sich. Dewa führte sie in jenen Raum, wo sie gestern von den Rebellen aufgeklärt worden waren. Dort hielt sich momentan das Kommando der Gruppe auf. Anwesend wa ren neben Gobal, dem Führer der Aufständischen, Devva und Jata noch vier Grüngekleidete, deren Kleidung wahrscheinlich ihre Funktion kennzeichne te. Jata, das Mädchen, das ihre Gefangennahme veranlaßt hatte, lächelte ihnen aufmunternd zu. Gobal forderte die Terraner auf, sich zu setzen und zuzuhören. "Der Angriff ist fehlgeschlagen", sagte er. "Der RegierungsKONSTRUKTOR hat sich als stärker erwiesen. An seiner Konstruktion kann es nicht liegen, eher an der Programmierung und den Erfahrungen von fast zwei Jahrhunderten. Aber aus unseren Fehlern haben wir gelernt, wor auf es ankommt. Jetzt müssen wir einen Standortwechsel vornehmen. Wir besitzen mehrere hohle Hügel, die jederzeit unsere Zentrale aufnehmen können." Kai nickte bewundernd. Welche Arbeit hatten sich diese Menschen ge macht. Er begann, nicht mehr so schwarz für die Rebellen zu sehen, und ihre Chancen höher einzuschätzen. "Wie hat er euch überwunden?" fragte Haag, indem er wieder auf den
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gegnerischen Supercomputer zu sprechen kam. "Nun, er hat das Manöver eures Raumschiffes vorherberechnet. So brauchte er nur wenig Energie auf seine Überwachung zu verschwenden und erst im letzten Moment einzugreifen. Auf diese Art stand ihm mehr Abwehrenergie zur Verfügung als unserem KONSTRUKTOR, der einen Teil seiner Energie für die Bild-Projektion verwenden mußte. Ihr seht, alles ist letztlich eine Frage der zur Verfügung stehenden Energie." "Was wird nun geschehen?" "Die Schwarze Armee dürfte auf dem Weg hierher sein. Unsere Flucht ist von keinen Energie -Emissionen begleitet. Wir sind daher nicht ortbar. Die Armee kommt von Süden, so daß unsere Flucht von ihr nicht gesehen wer den kann." "Aber andere Leute könnten diesen Quader sehen!" "Kaum. Wir haben das Gerücht verbreitet, daß im Sektor Nord ein Un wetter tobe. Hierher verirrt sich vorläufig niemand. Das hoffen wir." "Wir auch", sagte Harlan sarkastisch. Danach irrte sein Blick zu Jata ab, die ihm zublinzelte. "Wir sind bereits unterwegs", sagte Gobal. Auf ein Zeichen hin belebte sich eine Wand des Raumes, wurde zu einem gewaltigen Bildschirm, auf dem die Landschaft unter dem Quader hinweghuschte. Die Terraner bestürmten Gobal noch eine halbe Stunde lang mit unglä u bigem Fragen, denn die Maßnahmen der Rebellen erschienen ihnen fahrlä s sig. Gobal wußte ihre Bedenken vom Tisch zu wischen. Ihre Taktik richtete sich ganz nach den Erfahrungen, die sie während der Organisationszeit ihrer Gruppe mit den Menschen und mit ihren Gegnern gemacht hatten. So erfahren und klug der Regierungs-KONSTRUKTOR auch arbeitete, er war nur eine Maschine und arbeitete nach einem eingegebenen Programm. Spontane Schlüsse ziehen wie Menschen und mit Zufällen rechnen und sie ausnutzen, in Strategie und Taktik mit einbeziehen, konnte er nur begrenzt. Eine Stunde später verharrte der Quader über einem riesigen Loch, senkte sich langsam hinab. Über ihn schob sich ein neuer Hügelrücken, verwischte alle Spuren. Die Aufständischen hatten ihr neues Quartier bezogen. Nachdem sich die allgemeine Aufregung gelegt hatte, kehrte Ruhe ein. Die sieben Leiter der Gruppe verließen die Befehlszentrale. Den Terranern kam ein wichtiges Problem zu Bewußtsein. "Die ANABIS II dürfte sich also wieder in der Macht des Gegners befin den", sagte Kubus. "Das heißt, sie ist im Begriff, das System zu verlassen. Wißt ihr, was das bedeutet, Freunde?"
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"Die Dolmetscher werden ihre Arbeit niederlegen", antwortete Kai. "Das bedeutet, wir werden hier überflüssig." "Nicht doch", meinte Harlan strahlend. "Das Problem ist schnell gelöst." "Wie denn?" zweifelte Kai. "Solltest du mal eine gute Idee haben?" "Na - was fehlt uns denn? Nur ein Computer, der uns die nötige Energie liefert. Und den haben wir hier." "Quatsch! Hat dieser Computer das Gedächtnis unseres Bord-Computers, besitzt er einen Terminus-Speicher, in dem der terranische Wortschatz nur darauf wartet, verwertet zu werden?" "Dummkopf!" meinte auch Kubus.
Harlan fluchte zerknirscht vor" sich hin.
Devva trat in den Raum. Er forderte sie auf, ihm zu folgen. Er führte sie
in eine Kabine, ausgestattet mit drei Liegen, einem kleinen Tisch, drei Stühlen und einem geräumigen Wandschrank. Ein Fenster gab es hier nicht, dafür eine Fußbodenheizung, die ihnen sofort wieder den Schweiß aus den Poren trieb. Devva schaltete sie ab. Kai wandte sich an ihn: "Es ist ein scheußliches Gefühl, immer nur in den verschwitzten Kleidern herumzulaufen. Können sie irgendwo gewaschen werden?" "Selbstverständlich. Folgt mir bitte." Einen Gang weiter befanden sich mehrere Baderäume und sogar eine Sauna. Nachdem ihre Kleider und Planetenkombinationen in den Waschanlagen gesäubert worden waren, traten drei sehr leicht bekleidete Mädchen in den Raum. Die nackten Terraner suchten verzweifelt nach ihrer Kleidung; Die Mädchen lächelten. Es war nicht einfach für die Männer, sich an ihre unkomplizierte und natürliche Art zu gewöhnen. , Erst, als sie sich wieder halb angekleidet hatten, fiel ihnen auf, daß die Mädchen bunte Gewänder in den Händen hielten. Kleidungsstücke in jener Art, wie sie selbst sie trugen. Ein schlankes, hübsches Mädchen trat vor. "Jata!" rief Harlan erstaunt aus.
Sie lächelte.
"Tragt bitte diese Kleider", sagte sie. "Ihr wollt uns helfen. Dazu ist es
notwendig, daß ihr unerkannt bleibt. Wir können nicht die ganze Zeit über im Quartier bleiben." "Nicht?" fragte Harlan gedankenlos. "Na gut, aber wir haben eine andere Hautfarbe", gab er zu bedenken. "Wir werden sie ändern." "Oh."
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Die beiden anderen Mädchen traten an die Terraner heran und begannen ihnen beim Ausziehen zu helfen, was den Männern sichtlich peinlich war. Harlan wollte es nicht erst soweit kommen lassen und zog sich allein aus. Völlig nackt kletterten sie in eine Art Badewanne mit warmem Wasser. Die Mädchen schütteten einen Zusatz hinein. Das Wasser färbte sich dunkelblau. Mit Bürsten begannen sie das Wasser umzurühren und die Körper der Männer einzureihen. Der Farbzusatz schien noch eine andere Wirkung zu entwickeln. Ihre Haut wurde nicht nur zusehends blä ulich, sondern die Männer fühlten sich behaglich Und geborgen. Es mochte aber auch an der wohltuenden Wärme und der zarten Behandlung liegen. "Erzählt uns etwas über euch", schlug Harlan vor. Jata nickte bereitwillig. "Meine Freundinnen und ich teilen das gleiche Schicksal. Sie heißen übrigens Lask und Neral. Wir kennen uns schon von der Lehrstätte her. Nach fünf Jahren Ausbildung teilte uns der KONSTRUKTOR eine leichte Arbeit in den Lebensmittelfabriken zu. Jährlich schraubte er dann die Ar beitsklasse für uns höher. Die Arbeiten wurden immer schlechter und im mer schwerer." "Konnte niemand etwas dagegen unternehmen?" "Niemand. Wer sich dagegen ausspricht, wird dem KONSTRUKTOR gemeldet und erhält eine Gehirnwäsche. Wir konnten es schließlich nicht mehr ertragen und suchten Verbindung zur Gruppe. Meine Eltern ..." Sie stockte. "Meine Eltern hatten der Gruppe angehört. Innerhalb von vier Jahren hat der KONSTRUKTOR zufällig beide, überprüft. Sie wurden auf der Stelle für die Armee konditioniert." "Was denn?, entfuhr es Kai, "auch Frauen?" "Ja. Die Frauen übernehmen Schreib- und Hilfsdienste aller Art. Es ist schrecklich. Durch diese Maßnahme will man erreichen, daß die Frauen beschwichtigend auf die Männer einwirken." Die Mädchen forderten die Männer auf, sich abzutrocknen und anzukle i den. Danach behandelten sie die Haare der drei mit grünlichen Farben. Eine Creme wurde hineingestrichen, die sofort trocknete. Strahlend betrachteten die Mädchen ihr Werk. Eine Wand des gekachelten Raumes bedeckte ein rosa glänzender Spie gel. Die Terraner traten davor und betrachteten sich gegenseitig. "Ich werde verrückt!" entfuhr es Kai.
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"Aber warum denn", meinte Kubus gelassen, "Ich zum Beispiel bin ein Wunderaner geworden." Harlan sagte nichts. Er bewegte sich nicht, nur seine Augen tasteten die ungewöhnliche Farbskala seiner Erscheinung ab. Dann murmelte er über zeugt: "Ich bin es. Und ich bin sehr schön." "Natürlich", spottete Kubus. "Du findest dich auch noch schön, wenn ich dir das Fell über die Ohren ge ..." Ein entsetzlicher Schrei gellte. Sie fuhren herum. Das Mädchen namens Lask wand sich in Krämpfen am Buden Ihr Kopf zuckte wild hin und her, sie stöhnte und keuchte. Ihre Fäuste trom melten gegen den Boden, doch , die Schläge wurden immer schwächer. Das Kreischen verwandelte sich in Gurgeln. "Was ist geschehen?" fragte Harlan schockiert. Jata rannte zur Tür. Schreiend verließ sie den Raum. Neral kniete nieder, umklammerte Lasks Armgelenke. Dann drehte sie ihr von gelblichen Haa ren umrahmtes Gesicht den Terranern zu. "Ihr Gehirn wird gewaschen!" sagte sie heiser. "Was?" "Einmal erwischt es uns alle", raunte sie. Tiefe Trauer klang in ihrer Stimme mit. Dann übermannte sie Wut. "Wir werden es ihnen heimzahlen. Ihnen allen!" Die Tür wurde aufgerissen. Devva und Jata traten ein. Beide halfen Neral das überfremdete Mädchen hochzuheben. Sie trugen sie in einen Neben raum, streckten sie auf einer flachen Liege aus. "Eine routinemäßige Untersuchung des KONSTRUKTORS", sagte er mit Haß in der Stimme. "Wieder hat es einen von uns erwischt. Das kann jedem von uns passieren. In jedem Moment kann es soweit sein. Versteht ihr?" "Könnt ihr denn nicht helfen?" fragte Kubus verstört. "Ich meine, kann denn euer KONSTRUKTOR die Gehirnwäsche nicht wieder rückgängig machen?" "Das könnte er. Aber wenn wir es zulassen, ortet der Feind unser Quar tier, und dann ist alles aus. Nein, das Risiko ist zu groß. Wir müssen es zulassen, bis wir gesiegt haben. Dann allerdings ..." Er ballte die Fäuste. "... wenn wir die Blaue Brut besiegt haben, werden wir es tun. Dann werden alle Menschen dekonditioniert. Das ist einer unserer Programmpunkte." "Ich verstehe. Werdet ihr nach dem Sieg auch die Regierungsmitglieder auf diese Art behandeln?" "Das ist eine heikle Frage", antwortete Devva überlegend. "Wir werden das von allen Menschen auf demokratische Art und Weise entscheiden
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lassen. Aber erst, wenn die große Wut abgeflaut ist. Eine solche Behand lung bedeutet schließlich, daß die Leute wieder konditioniert werden. Ich glaube nicht, daß das nötig sein wird. Neunzig Prozent von ihnen sind nur Androiden." "Was?" schrie Kai. "Das hören wir zum ersten Mal." "Ja, es ist so. Früher hatten wir eine Androiden-Armee. Aber durch die vielen Gehirnwäschen entstand das Problem, wohin mit den vielen Kondi tionierten. Also setzte man die Androiden als Bedienstete und Angestellte ein und bildete die Konditionierten zu Soldaten aus." "Warum nicht umgekehrt?" "Man vertraut menschlichen Soldaten mehr. Sie sind zu spontanen Entschlüssen fähig, Androiden nicht. Und diese Fä higkeit hätte bei ihrem Einsatz als Bürokraten gestört. Androiden sind stur." "Ich verstehe. Was geschieht nun mit Lask?" "Wir setzen sie kurz vor der Stadt aus, so daß sie ihren Weg allein finden kann. Es wäre gefährlich, sie hierzubehalten. Sie würde auf Anfrage sofort unseren Standort verraten." "Aber der KONSTRUKTOR kennt ihn doch jetzt. Er hat doch ihr Ge dächtnis übernommen. Oder?" "Lask und alle anderen Mitglieder ohne Weisungsberechtigung wissen nie, wo wir uns gerade befinden. Deshalb haben wir auch nur sieben Leiter, die über alles Bescheid wissen. Trifft es einen von ihnen, dann heißt das, alles ist neu zu organisieren, neue Quartiere sind zu bauen. Es geschah bereits zweimal. Ich wünsche es uns nicht. Diesmal wären wir verloren, denn bevor wir von vorn beginnen könnten, hätte der Feind uns alle kondi tioniert." "Wir wissen nicht, wann der Plan: durchgeführt werden soll", sagte Ku bus. "Ihr müßt jeden Tag damit rechnen. Ich glaube, es wird Zeit, daß ihr uns erklärt, wie wir euch, helfen können." Devva nickte ernst. Einen Tag später saßen sie in der Zentrale zusammen. Nach Kubus Berechnungen mußten ihre Translatoren noch etwa sieben Stunden funktionieren, dann würde das Energie -Limit unterschritten sein und die Dolmetscher aussetzen. Das bedeutete, daß in sieben Stunden alles besprochen werden mußte, was mit den blauen Rebellen zu besprechen war. Und es war viel. "Was können wir also tun?" "Uns stehen zu wenig Techniker zur Verfügung. Ihr könnt helfen, den KONSTRUKTOR zu überwachen. Tullov, unser Chef-Techniker, wird
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euch zeigen, wie er programmiert und behandelt wird." "Gut", willigte Kubus ein, "wir übernehmen die Routinearbeiten. Aber, Gobal, wie wollt ihr den Regierungs-KONSTRUKTOR überwältigen, wenn er sich doch bereits als stärker erwiesen hat?" "Er ist stärker wegen seiner gesammelten Erfahrungen, ich sagte es schon. Ihm stehen Statistiken zur Verfügung und Hunderte von AndroidenTechnikern. Er besitzt einen Transmitter. Wir nicht, wir brauchen alle r dings auch keinen. Er hat einen Kultor und einen Produktor. Wir nicht, und wir brauchen diese Elektroniken auch nicht. Aber sie befähigen ihn jeder zeit, seine Handlungen mit der wirtschaftlichen und kulturellen Situation auf unserer Welt abzustimmen. Er kann jederzeit Vergleiche mit Dingen und Geschehnissen der Vergangenheit anstellen. Wir nicht. Das kann aber auch zu unserem, Vorteil werden, indem wir so handeln, daß er nicht in der Lage ist, es vorherzusehen. Das heißt, wir tun genau das, was er als un wahrscheinlich ansieht." "Ein Spiel mit dem Zufall?" "Nicht ganz. Unser KONSTRUKTOR kann die Berechnungen seines Gegners mitverfolgen. Und doch hast du recht, es hängt alles, davon ab, wer zuerst einen Fehler macht." "Er wird das wohl nicht sein, denkt man an die Gedächtnisbänke, die ihm zur Verfügung stehen." "Wir können berechnen, wieviel Zeit uns zur Verfügung steht, bis unser KONSTRUKTOR zwangsläufig einen Fehler macht. In dieser Zeit muß der Palast zerstört werden." "Aha. Wie soll das vor sich gehen?" - Gobal lächelte. "Du vergißt, daß wir flugtüchtig sind. Während die Computer gegeneinander kämpfen, wer den wir mit unserem Hauptquartier in die Stadt fliegen und den Palast bombardieren." Kubus überlegte konzentriert. "Das wäre besser mit unserem Beiboot zu erledigen, da es Bomben an Bord hat." "Nein, Kubus. Euer Beiboot übernimmt eine andere Aufgabe. Es muß hierher geschafft werden und als Zusatz-Energiequelle dienen. Mehr Ener gie bedeutet für uns, schneller und stärker als er zu sein. Wenn wir schnel ler sind, dann zögern wir die Toleranzzeit hinaus, die uns bleibt, bevor wir einen Fehler machen. Stärker sein versetzt uns in die Lage, seine Über fremdung und seine Projektionen zu überlagern oder gar auszuschalten. Und - das ist das Wichtigste - wir können die Satelliten außer Funktion setzen. Dann entspricht seine Reichweite nur noch der unseren."
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"Großartig. Ihr rechnet also damit, daß er im letzten Moment seinen Total-Konditionierungs-Plan in die Tat umsetzt!" "Er wird es versuchen. Eure Aufgaben sind also die Herbeischaffung des Beiboots, sein Anschluß an den KONSTRUKTOR, technische Wacht und Ideen zu haben. Um den Gegner zu überrumpeln, brauchen wir viele gute Ideen." "Danke für das Vertrauen in unsere Fähigkeiten. Wir werden uns an strengen", lächelte Kubus. Die kommenden Stunden verbrachten die Terraner unter der Obhut des Chef-Technikers Tullov, einem glatzköpfigen, alten Mann, dessen Vitalität ansteckend wirkte. Seine Erklärungen, im Eiltempo vorgebracht, entspra chen einem Kurzlehrgang in Computertechnik. Die Terraner verstanden viel, aber das meiste blieb ihnen doch ein Rätsel. Die Bedienung und War tung des KONSTRUKTORS lernten sie schnell. Aber ihre Verwirrung steigerte sich genauso schnell. Reaktionsschaltkrei se, Matrizengitter, Speichertrommeln, Energieumwandler, Funktionsgene ratoren und Beobachtungsstromkreise entzogen sich ihrer Einsicht. Kubus John, Pilot und Techniker der ANABIS II, brummte hier und da zustim mend, während die anderen schon vor Formulierungen ihres Translators wie Servorelaisladungen, Modulationsgitter und Erkennungselektronik kapitulierten. "Datenerlangungssysteme bilden also die Basis der Maschine", sagte Tullov. "Reziproke Transferierungen aktivieren die Projektorelektronik und den Reflektor." Harlan stöhnte. "Wo nimmt der Dolmetscher nur die Phantasie her", staunte er. "Der tut ganz so, als verstünde er jedes Wort." Drei Stunden später brachte sie ein seltsamer Antigrav-Schweber zu ih rem Versteck, in dem das Beiboot lag. Kubus steuerte es über eine Art Trichter des Schwebers. Er passivierte ängstlich das Antriebsaggregat, wunderte sich aber nicht, als das eintrat, was man ihnen versprochen hatte. Das Kugelboot schwebte in dem Trichter, rückte und rührte sich nicht. Auf diese Weise schafften sie es ungesehen in den ausgehöhlten Hügel der Auf ständischen zu kommen. Weitere zwei Stunden dauerte es, den Energiegenerator des Bootes an den KONSTRUKTOR anzuschließen. Es blieb ihnen nur noch eine Stunde für die Verständigung mit den Blauen. Die Rebellen verloren keine Zeit. Letzte Vorbereitungen wurden vorge-
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nommen, die fünfundfünfzig Besatzungsmitglieder des Quaders gingen auf ihre Posten. Die Terraner machten sich mit dem Öffnungsmechanismus im Gerätschaftsraum unterhalb der Gänge vertraut, durch die der MikroSprengstoff aus dem Beiboot auf den Palast regnen sollte. Schließlich tra fen sie sich wieder mit den Leitern des Kommandos in der Zentrale Gobal erläuterte den Vorgang des unumgänglichen Fluges in die Stadt, der durch eine Bild-Projektion um den Quader herum verdeckt werden sollte. Etwaige Beobachter des Himmels über Stadt und Land würden nur den violetten Himmel sehen, Schweber-Piloten das Panorama der Stadt, so wie sie es immer sahen. Dann setzten die Translatoren abrupt aus. Mit Zeichensprache machten die Terraner den blauen verständlich, daß sie nun ihre Posten im KONSTRUKTOR-Fokus, einzunehmen gedachten. Sie wurden von Jata und Neral begleitet. Die beiden Mädchen arbeiteten ebenfalls am Computer. Der KONSTRUKTOR der Rebellen war kleiner als der im Palast. Im merhin war auch er an die sechzig Meter lang. Zehn Techniker warteten gespannt auf ein Zeichen. Tullov winkte die Terraner an ihre Plätze und nahm neben ihnen Platz. Mit singender Stimme versuchte er ihnen etwas begreiflich zu machen. Die Terraner wiesen achselzuckend auf die Transla toren. Tullov verstand Die Minuten vergingen in Schweigen. Ein kurzer Summton erklang. Jeder von ihnen kannte die Handgriffe, auf die es ankam. Auf der Pro grammierplatte gerieten Skalen, Bildschirme und Meßzeiger in Bewegung. Funk- und Laser-Impulse griffen jetzt in die Relais and Schaltkreise der zwanzig Satelliten ein, die Wunder umkreisten, stellten nicht nur einen umfassenden Kurzschluß her, sondern schleuderten sie aus ihrer Bahn. An verschiedenen Punkten des Himmels dieser Welt erschienen leuchtende Bälle. Die Satelliten verglühten, bevor sie in den unteren Atmosphäre schichten verglühten. Das Gefecht hatte begonnen. Kubus beobachtete intensiv die Programmierplatte. Von den dreien verstand er noch das meiste von Computertechnik. Harlan und Kai küm merten sich mehr um das emsige Treiben um sie herum. Hin und wieder blickten sie auf die vor ihnen blinkenden Lämpchen. Sollte eines gelb blin ken, programmierten ein paar Handgriffe den Fehler um, und der KON-
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STRUKTOR sah sich wieder in der Lage, den Angriffen des Gegners auf optimaler Basis zu antworten. Bis jetzt hatte er keinen schwerwiegenden Fehler gemacht, so daß der entbrannte Kampf zwei gleichstarke Gegner hatte. Gelb blinkende Lämpchen warnten vor einem Fehler, der zweifellos ein treten würde, errechnete man nicht zuvor die Fehlerquelle und beseitigte sie, indem man dem Supercomputer ein neues taktisches Ausweic hmanöver einprogrammierte. Die Terraner aktivierten die aufnahmebereiten Schalt elemente, die Blauen gaben die neuen, notwendigen Informationen weiter an den KONSTRUKTOR. Harlans Blick suchte den Außenbildschirm. "Wir sind unterwegs", sagte er. Auf dem Bildschirm über ihren Köpfen zogen braune Wälder und gelbe Farmen vorüber. Die Geschwindigkeit des Quaders, der kurz nach dem Angriff auf die Satelliten seinen Hügel verlassen hatte, steigerte sich zuse hends. "Ich überlege", sagte Harlan, "ob es richtig war, das Kameraauge in unse rer Kabine zu lassen." "Es war richtig", brummte Kubus ohne aufzublicken. "Was ist wichtiger, die Aufnahmen oder daß du in der Lage bist, dich auf deine Aufgabe zu konzentrieren?" "Du hast recht." Mit einem Knopfdruck verscheuchte Harlan ein gefährliches, gelbes Flakkern auf der Platte. "Wie recht du wieder mal hast." "Ich wüßte zu gern, was jetzt gerade innerhalb des großen KONSTRUK TORS vorgeht", murmelte Kai, einen Knopf seines langen, grün gespren kelten Gewandes öffnend. "In unserem oder in dem anderen?" "In beiden", meinte Kai lachend. "Kurz und verständlich gesagt", begann Kubus zu erklären, "beide versu chen jetzt, die Reaktionsschaltkreise des Gegners lahmzulegen, die Ma gnetbänder zu entmagnetisieren, die Matrizengitter umzufunktionieren, die Servorelaisladungen zu mindern, die Beobachtungsschaltkreise zu verwir ren, die Funktionsgeneratoren lahmzulegen, die reziproke Transferierung umzuleiten, die Speicher ..." Die anderen hörten ihm nicht mehr zu. Gebannt sahen sie auf den Außen schirm, auf dem sich etwas Ungewöhnliches tat. Die braunen Wälder ver schwanden, machten dem Orkan über einem aufgewühlten Ozean Platz.
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Dann explodierte eine Sonne. Sie versengte alles Lebendige, schmolz jegli che Materie ein. Um den Quader herum bildete sich eine Mauer aus radio aktiv strahlenden Erdmassen. Dann sahen sie nichts mehr. Im KONSTRUKTOR-Fokus wurde es dun kel. Grünliche Säulen flackerten auf, die rasch hin und her flitzten. Es wa ren Skelette. Knochengerüste beugten sich gelenkig nieder, Knochenarme fuhren hin und her, Knochenfinger tasteten etwas ab, graue Schädel ohne Fleisch grinsten furchterregend. Dann verschwand der Spuk, machte einem Universum der Farben Platz. Die Supercomputer waren zu einer Projekti onsschlacht übergegangen. Beide setzten die ganzen Fähigkeiten ihrer Re und Deflektoren ein, die überall und besonders intensiv im Palast und im Quader Bilder materialisierten, um den Gegner abzulenken und ihn im ge eigneten Moment mit unerwarteter Kraft auszustechen. Die KONSTRUK TOREN kämpften um ihre Funktionstüchtigkeit. Während der Computerfokus ein Meer der Farben wurde, gellten wüten de Schreie, die sich an jeder Wand zu brechen schienen, um als tausendfa ches Echo die Sinne der Menschen zu verwirren. Es war nur ein Nebenef fekt der Energieimpulse, die versuchten, in die Relais des Gegners ein zugreifen und ihn zu einem entscheidenden Fehler zu provozieren. "Wir sind blind", keuchte Kai in das Singen der entsetzten Blauen hinein "Ich kann die Kontroller nicht mehr beobachten!" "Geh "runter!" brüllte ihm Kubus zu. "Den Kopf 'runter an die Pla tte, dann siehst du sie!" Kai und Harlan folgten unruhig seinem Rat. Und erst, als ihre Nasen fast die Programmierplatte berührten, sahen sie die Lämpchen wieder glühen. Fast alle blinkten gelb. Gefahr! warnten sie. Gefahr! ... Hastig machten sie die notwendigen Handgriffe. Es war einfach im Ver gleich zu der Arbeit, welche die Techniker der blauen Rebellen zu le isten hatten. Fast schlagartig verstummte ihr hysterisches Singen, Und zwischen den Pastellfarben, die schwadenartig den Raum vernebelten, huschten menschliche Schatten hin und her. Das monotone Summen des Supercom puters drang übernatürlich laut an die Ohren der Terraner. "Verdammt", zischte Harlan. "Wir müssen wissen, wo wir uns jetzt be finden. Wenn wir den Palast nicht finden, können wir die weiße Fahne hissen!" "Das werden unsere Freunde schon bedacht haben", hoffte Kubus. Das Farbenuniversum verblaßte. Schließlich war die Sicht so klar wie zuvor. Und noch etwas anderes hatte sich geändert. Gelbe Lämpchen blink-
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ten; doch bevor die Terraner eingreifen konnten, leuchtete wieder das beru higende blaue Licht auf, das Sicherheit verhieß. "Geschafft", murmelte Kubus erleichtert. "Der KONSTRUKTOR hat die Taktik und die Möglichkeit seines Gegners voll ausgewertet. Ab jetzt weiß er selber, was zu tun ist. Unsere Aufgabe ist erledigt, Freunde." "Ist es sicher, daß er die Gefahren ab jetzt automatisch erkennt und besei tigt?" zweifelte Kai, der dem plötzlich eingekehrten Erfolg nicht traute. "Das ist sicher, weil es sicher ist, daß der Regierungs-KONSTRUKTOR alle seine Möglichkeiten inzwischen zur Anwendung gebracht haben wird. Sollte er noch eine Überraschung für uns bereit halten, dann müssen die Blauen das übernehmen Wir müssen runter." Sie verließen hektisch den Raum und rannten zur Tür, hinter der eine kleine Treppe in den Gerätschaftsraum unter den Gängen führte. Dort hat ten sie einen genügend großen Vorrat an terranischen Mikro-Sprengstoff aufgebaut. Eine Taste aktivierte den Schacht, durch den sie den Sprengstoff abwerfen sollten. Der geschlossene Schacht wurde durchsichtig. Der Schacht war breit genug, um erkennen zu lassen, wo sic h der Quader zur Zeit befand: eindeutig über der Stadt, deren weiße Dächer zu den Ter ranern heraufblinkten. Der in kleine Würfel zusammengeballte Sprengstoff wurde verteilt. Wenn es soweit war, mußten sie ohne Zögern die benötigte Menge Sprengstoff über dem Palast abwerfen, bevor der Quader möglicherweise über ihn hin weggeschwebt war. Das war auch schon die einzige Gefahr, der man sich aussetzte, das heißt, der man den KONSTRUKTOR aussetzte; denn es kam auf Sekunden an, weil man nicht das Risiko eingehen wollte, daß der Su percomputer das unterste Fehler-Limit überschritt. Verbindungsleute im Palast hatten den Rebellen glaubhaft erklärt, daß dem Palast keine militärische Verteidigungsanlage zur Verfügung stand, da niemand mit der Möglichkeit rechnete, daß der Gegner einen - noch dazu flugfähigen - KONSTRUKTOR besaß. Einzig und allein eine schwerbe waffnete Garde Schwarzer Soldaten bewachte den Palast. Ihre Waffen würden dem Quader nicht schaden; die Wandung war dick genug. Die Terraner beobachteten nervös ein kleines Bildsprechgerät an der Wand. Wenn Devva auf dem Bildschirm erschien, wußten sie, war das Unternehmen abgeblasen worden, weil der KONSTRUKTOR einen ent scheidenden Fehler gemacht hatte. Und dann blieb ihnen nur noch die blin de Flucht ... Die Minuten verrannen in nervenaufreibender Langsamkeit. Den Terra-
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nern floß der Schweiß über die Gesichter. Sie wußten, daß es um Leben und Tod ging ... Der kleine Bildschirm flackerte zweimal, bevor das Gesicht Tullovs er schien und gleich wieder verschwand. Das war das Zeichen. Ohne zu zö gern oder das Zeichen zu beantworten stürzten sie zum Schacht. Die Kla p pe fuhr blitzschnell zur Seite, Kai beugte sich hinab. Zwei Würfel fielen durch den Schacht ... Kai erschrak. Dann zuckte sein Kopf beiseite, machte Kubus Pla tz. Ku bus sah nicht hinab. Harlan bildete den Abschluß; er hatte genügend Zeit, um die Würfel in einem brausenden Feuerorkan verschwinden zu sehen. "Nur eine Projektion", beruhigte er Kai, doch auch ihm saß der Schreck in den Knochen. Die Projektion war so echt gewesen, daß er geglaubt hatte, die Flammen wären in den Schacht hineingezüngelt und hätten seine Haare in Brand gesetzt. Bevor sie damit rechnen konnten, daß der Sprengstoff unten anlangte, begann die Hölle in ihren Gehirnen zu toben. Ein scheußliches Rumoren setzte ein, und irgend etwas versuchte dauernd ihr Gedächtnis zu löschen, und irgend etwas anderes versuchte es dauernd wieder aufzubauen. Unfähig, sich zu rühren und aus eigener Entscheidung den Gerätschafts raum zu verlassen, standen sie da und kämpften gegen den Fremdeingriff an. Inzwischen erreichten die Würfel die Kuppeln und Dächer des Palastes und rissen sie auf. Mit den Explosionen verschwanden der obere Teil des Palastes und die darunter gelegene Etage. Die Verschalung des RegierungsKONSTRUKTORS schmolz, das komplizierte Innere des Supercomputers wurde sichtbar - soweit es nicht von Projektionen überlagert wurde - und verwandelte sich langsam in dampfende Klumpen. Mit dem nahenden Tod des Supercomputers endeten die Eingriffe in die menschlichen Gehirne. Die Terraner fielen entkräftet zu Boden. Mit größter Willensanstrengung stemmten sie sich wieder hoch und rannten hinauf in den Fokus des KONSTRUKTORS. Der Raum war von den Besatzungsmitgliedern des Quaders überfüllt. Die Terraner drängten sich in die Gruppe hinein und blickten staunend zum Außenbildschirm auf. In unmittelbarer Nähe des jetzt still in der Luft schwebenden Quaders spielte sich ein ungewöhnliches Schauspiel ab. Aus der trichterförmigen Ruine und den dampfenden Trümmern des Palastes ragte ein unförmiges Ding hoch auf, das Eigenleben zu entwickeln schien. Verstrebungen und
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Reste der Verkleidung wellten und verformten sich, bevor sie sich in glü hende Klumpen verwandelten. Noch funktionierten Teile des Super-Computers. Der KONSTKUKTOR lag im Todeskampf. Als letzte Zuckungen waren die vereinzelt wieder aufbrandenden Eingriffe in die Gehirne der Menschen zu begreifen. Und als letztes Aufbäumen das Errichten einer Projektion, die sich wie schützend um den Palast der Blauen Macht legte. Der Palast er stand wieder auf. Plötzlich, ohne Übergang, stand er wieder, so mächtig und weiß blitzend wie zuvor. Der Garten, die vielfenstrigen Mauern und die glänzenden Kup peln und Dächer des monumentalen Gebäudes schienen jetzt noch schöner und prächtiger zu sein als jemals zuvor. Und nicht nur das ... Vor dem Pa last stand die Blaue Obrigkeit, umgeben von einem Pulk blauer Berater mit roten Kappen. Sie streckten ihre Arme vor, schienen den Palast zu bewun dern. Dann verblaßten die Mauern des Palastes, und die unförmige Gestalt des sterbenden KONSTRUKTORS schimmerte durch. Die Blauen sanken auf die Knie. Die Blaue Obrigkeit zitterte wie ein welkes Blatt, der goldene Turban fiel ihr vom Kopf, die ganze Projektion flackerte hell auf - sank in sic h zusammen. Zurück blieb eine Ruine. Zurück blieb ein Klumpen Metall. ' 7. Die Terraner trennten sich. Der kombinierte Computer war besiegt, die Blaue Obrigkeit und ihr Ge folge geflüchtet und die ANABIS II auf dem Rückflug, an dem sie niemand mehr hindern konnte. Diese Tatsachen versetzten Harlan, Kubus und Kai in fröhliche Stimmung. Kubus John blieb im KONSTRUKTOR-Fokus. Im Supercomputer mußten einige Sicherungen und Schaltelemente durchge brannt sein, denn die blauen Techniker öffneten hier und da die Verscha lung und krochen ins Innere. Kubus trat hinzu und fühlte sich ganz in sei nem Element. Hier verbrachte er mehrere Stunden. Kai Aplos hatte anderes zu tun gefunden. Seine Schritte hatten ihn beina he instinktiv in die Zentrale des Rebellen-Kommandos geführt, wo er die sieben Leiter der Aufständischen über Karten und Bilder gebeugt fand. Er
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nutzte die Gelegenheit und informierte sich eingehend über die Oberflä chenbeschaffenheit des Planeten; das heißt, über die Dinge, die er als Planetologe bisher der ungewöhnlichen Begebenheiten wegen hatte links liegen lassen müssen. Harlan Reginald Isaac Klim dagegen war gar nicht bei der Sache. Sein Kameraauge summte nicht, es schwebte auch nicht über seinem Kopf, son dern lag unbenutzt in der gemeinsamen Kabine der Terraner. Jata hätte es sich allerdings auch verbeten, daß er jetzt mit diesem Gerät die Umgebung sondierte. Die Umgebung war ein Swimmingpool, in dem sich beide mit fast kindlicher Freude amüsierten. Harlan war von Jatas Figur und ihrem ungehemmten Gemüt begeistert. Er war doch froh, daß nicht alle Frauen auf Wunder drei Brüste hatten. Er nahm sich vor, Jata nach diesem Wunder zu befragen, sobald die Translatoren wieder ansprachen. Danach wechselten sie den Aufenthaltsort und schwitzten in der Sauna nebenan. Kurz darauf faßten auch Kai und Kubus den Entschluß, die Auf regungen der letzten Stunden auszuschwitzen und führten ihr Begehren in Begleitung zweier hübscher Mädchen aus. Kubus hatte es verstanden, Neral durch Zeichensprache ihren Wunsch begreiflich zu machen. Neral schloß sich ein Mädchen namens Yafi an, das auf Kai sofort eine starke Anzie hungskraft ausübte. Ihr Vergnügen währte nur zehn Minuten, dann gellten Alarmglocken durch die Räume des Quaders. Fünf Minuten später betraten die Terraner und Jata den Kommandoraum. "Was ist geschehen?" rief Kubus. Er vergaß, daß es vorläufig keine Ver ständigungsmöglichkeit mit den Blauen ab. Gobal, der stämmig gebaute Führer der Rebellen mit den roten Haaren, winkte die Terraner zu sich. Seine Sprache war das eigentümliche Singen, das die Terraner schon kann ten. Doch seine Zeichensprache und die gekennzeichneten Orte auf der Landkarte erklärten ganz eindeutig, worum es ging und was geschehen sollte. Auf den Außenbildschirmen zeigten sich unter ihnen am vorüberrasenden Erdboden kleine Wolkenbälle. Es war deutlich auszumachen: sie wurden beschossen. Kubus entsetztem Blick begegnete ein betont lässiges Abwin ken Gobals. Keine Gefahr! Gobal fuhr in seinen Ausführungen fort, und Kai bemühte sich, die Zeichen und Kreise .auf der Landkarte zu deuten. "Wo er die Kreise eingezeichnet hat", ersuchte Kai den beiden anderen klar zu machen, "haben sich die Soldaten der schwarzen Armee konzen triert. Die Pfeile zeigen ihre Marschrichtung an. Aus ihnen ersehe ich, daß
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die Soldaten sich in einer Art Spirale um die Blaue Macht, also um die Stadt bewegen. Wo das Sumpfland zu gefährlich wird, bricht die Spirale ab. Von dort zeigt ein Pfeil direkt zur Stadt. Sie kehren von dort also zu rück ins Lager am südlichen Ende der Blauen Macht. Die grünen gestrichelten Linien sollen wohl zeigen, daß die Soldaten aus der Spirale einen dichten Ring bilden wollen, der die Stadt vollständig ein schließt." "Natürlich. Sie wollen niemand hinauslassen", ergänzte Harlan über zeugt. "Das ist noch das. wenigste. Sie ahnen, daß wir den Kontinent verlassen müssen. Sie wollen den Quader abfangen." "Wie sollen wir da hindurch kommen? Der Kreis ist doch schnell ge schlossen!" rief Kubus überrascht. "Du vergißt immer wieder die Möglichkeiten des KONSTRUKTORS, mein Lieber", antwortete Kai belustigt. "Du siehst ja an Hand der Striche, wo die Spirale aufbricht. Durch diese Öffnungen werden wir fliegen." "Na und?" konterte Kubus. "Wie ich sehe, kann das zweimal gelingen, aber dann ist der Kreis geschlossen. Wenn wir den Schlußpunkt der Spirale erreichen, ist genügend Zeit vergangen und der Kreis..." "Richtig. Deshalb sprach ich auch von den Fähigkeiten der Maschine. Die Soldaten haben doch keine Möglichkeit mehr, Projektionen zu durchschau en. Und der Quader wird als Armee-Schweber-Projektion über die ge schlossene Linie fliegen." "Verstehe. Und ich nehme an, hier beschießt man uns, weil man weiß, daß alle Armee-Schweber außerhalb der Stadt operieren?" "Ja. Der Beschuß ist harmlos. Dort können sie viel stärkere Waffen zum Einsatz bringen." "Der Plan ist gut", meinte Harlan. "Das müßten wir schaffen." Die Ausführungen Gobals wandten ach anderen Dingen zu, die von den Terranern nicht mehr faßbar waren. Sie würden es jedoch rechtzeitig erfah ren. Außerdem konnte man bald wieder mit dem Einsatz der Dolmetscher rechnen. Die Terraner blieben am mehrfach gewundenen Tisch sitzen. Sie beo bachteten gespannt den Flug des Quaders, der für die anderen Menschen wie ein normaler Armee-Schweber aussah. Unter ihnen huschten jetzt die äußeren Stadtränder vorüber, dann kleine Farmen und große Fabrikhallen. Schlie ßlich überflogen sie freie moosbewachsene Ebenen und dichte, braunrosa blühende Wälder. Die Geschwindigkeit des Quaders war erstaun-
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lich. Oftmals begegneten sie echten Armee-Schwebern, die sich jedoch nie um sie kümmerten. * Als sie in die Nachtzone des Planeten gerieten, wurden sie müde. Jetzt spürten sie die Anspannung, in der sie sich die ganze letzte Zeit über be funden hatten. Da sich nichts Neues ergeben hatte, gingen sie schlafen. Als sie erwachten, erfrischten sie sich ausgiebig in den Baderäumen. Danach stellten sie enttäuscht fest, daß die Translatoren noch immer ihren Dienst versagten, in der Zentrale machten sie die Entdeckung, daß der Quader in langsamer Fahrt über einige Gebirgsketten hinwegschwebte und sich weiten Mittelgebirgstälern näherte. Am violetten Himmel schien gera de die Sonne aufzugehen. "Mir scheint, das Ziel ist nahe", brummte Harlan verschlafen. "Und die ANABIS noch fern", ergänzte Kai verstimmt. "Wir werden es schon aushalten", sagte Kubus, und als die Mädchen den Raum betraten, waren auch die anderen davon überzeugt. Sie umarmten sich fröhlich und lachten einander zu. Das war eine Sprache, die sie alle verstanden. Harlan haderte mit sich selbst. "Was hast du?" fragte Kubus kopfschüttelnd. "Enttäusche Jata nicht, mein Freund. Das hat sie nicht verdient." "Ach was, du verkennst das Problem, Kubus. Pflicht oder Freude, das ist hier die Frage. Kameraauge oder Jata!" "Unsinn. Pflicht ist Freude." "Ich sehe das anders", antwortete Harlan bestimmt. "Freude ist Pflicht!" "Jetzt haben wir dich!" rief Kai dazwischen. "Wenn das dein Grundsatz ist, nach dem du handelst, dann macht dir deine Pflicht also Freude. Tu's doch!" "Du hast ja recht", behauptete Harlan. "Es macht mir ja auch Freude. Es geht mir nicht um mich, sondern um Jata. Sie hat es nun mal nicht gern, wenn uns dauernd jemand zuschaut." "Tja, dann...", zweifelte Kai. "Nichts einfacher als das, H.R.I.", behauptete der Pilot. "Ungetrübte Freude durch verjagte Zweifel. Jata wird das Kameraauge bedienen, dann kann sie es verhindern, daß euer ... äh, daß euer Tun beobachtet wird. Und die Pflicht ist trotzdem erfüllt."
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"Du Genie!" hauchte Harlan. "Ich werde dir ewig dankbar sein müssen." "Ich hab's nicht gern getan", winkte Kubus ab. Harlan verschwand und kehrte mit dem Kameraauge zurück. Kurze Zeit darauf war Jata in Funktion und Handhabung eingeweiht. Sie zeigte, daß sie Spaß daran hatte und diese Lösung des Problems akzeptierte. Der Quader umkreiste einen Talkessel, dessen Berghänge dicht mit Bü schen bestanden waren, Hin und wieder erhoben sich kleine Wäldchen auf den Bergrücken. Das Tal war von gelblichem Moos überzogen. Der Quader ging zwischen einem Wäldchen und dichtem Gehölz auf einer Böschung nieder. Noch einige Male erhob er sich und wechselte den Standort. Schließlich rutschte er unter hochaufragendes Gebüsch eines Hains, dessen Ausläufer tief ins Tal hineinreichten. Am Ende des Ausläufers stoppte der Quader. Ein kurzes Läuten der Alarmglocke ließ die Mädchen aufjubeln. "Ende der Fahrt. Alles aussteigen!" deutete Harlan die Freude. Es war fürchterlich heiß, als sie dem Quader entstiegen. Unter dem dic h ten Laubdach der Büsche, dessen Äste ineinander verschlungen waren, nutzte es nichts, daß man im Schatten stand. Die Pflanzen waren zu niedrig. Hier sammelte sich die Glut der Morgensonne. Die Terraner staunten. Als sie einen Blick zurückwarfen, war von dem Quader nichts mehr zu sehen, dafür ein undurchdringliches Gewirr von Ästen und goldgelben Blättern mit spitzen Dornen. Es war eine gute Projektion. Hier, dachte Har lan, werden keine Soldaten durchstoßen. Ihm war, als würde er von einer Fee durch einen Zauberwald geführt. Jata sprang ausgelassen vor ihm her und beschäftigte sich mit dem Aufnehmen der Umgebung. Sie beherrschte das Kameraauge perfekt. Trotz ihrer fröhlichen Unbekümmertheit schien sie ein bestimmtes Ziel zu haben. Als Harlan sich beschwerte, daß sie ihn ausgerechnet bergauf führte, lachte sie nur und schüttelte den Kopf. Ihr Arm wies nach oben, dann lief sie wieder behende voran. Harlan bedauerte es, sich auf die Veränderung seines Äußeren eingela s sen zu haben. Statt dessen könnte er jetzt einen Planetenanzug tragen, der mit einer Klimaanlage versehen war. Außerdem sah er keinen Grund mehr für die Maskerade. Der Kampf war so gut wie vorüber. Plötzlich öffnete sich vor seinen Blicken das Unterholz und gab einen Höhleneingang frei, der sich tief in den Berg zu bohren schien. Jata winkte und verschwand dann im Eingang. Nur ihr helles, singendes Lachen gab
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ihm die Gewißheit, daß sie sich noch immer vor ihm befand. Mit gemischten Gefühlen folgte er ihr. Kaum hatte er die Höhle betreten, atmete er erleichtert auf. Die Kühle, die, ihm entgegenwehte, tat ungemein gut. Der dünne Luftzug verursachte sogar eine Gänsehaut, die seinen Kör per hinabrann. Wohlig erregt und dankbar jagte Harlan Jata nach, deren dünnes Gewand er gerade um eine Ecke verschwinden sah. Er folgte ihr und sah sie wieder. Noch einmal lief er durch eine Biegung des breiten Ganges, Er schrak zusammen. Das mußte ein Märchen sein! Vor ihm tat sich eine gewaltige Höhle auf. Die gewölbte Decke erreichte erst nach tausend Metern wieder den Boden. In der Mitte der Grotte lag ein ruhiger See, blau und rot schäu mend. Wände und Decke der Tropfsteinhöhle waren dicht bei dicht be stückt mit Kristallen und leuchtenden Steinen, deren Glanz die Höhle in ein rosa Licht tauchte. Es war märchenhaft. Stalaktiten hingen von der Decke und schienen sich mit den hochaufra genden Stalagmiten zu vereinigen. Es entstand der Eindruck, als seien überall Tore, die sich dem fremden Wanderer geöffnet hatten. Mitten im See schwamm eine kleine Insel, in deren Mitte sich ein dünner Stalagmit erhob. Nach oben verbreiterte er sich merkwürdig und bildete dort eine gerade, glatte Fläche. Sie mußte künstlichen Ursprungs sein. Am Ufer des Sees saß Jata in einem kleinen Boot. Harlan folgte ihr wie im Traum. Er war geblendet von der Schönheit der Grotte. Auf Jatas Wink hin begann er zu rudern. Nach wenigen Ruderschlägen erreichten sie die Insel. Jata führte ihn um den seltsamen Stalagmit herum. Eine Treppe war in ihn hineingeschlagen worden. Gemeinsam erklommen sie sie. Dann standen sie auf der glatten Fläche und blickten sich neugierig um. Es war ein Traum. Harlan glaubte nicht mehr an die Wirklichkeit des Geschehens. Die Kristalle an den Wänden begannen zu blinken. An der Decke über ihnen ging eine rosa Sonne auf. Der See unter ihnen geriet in Wallung, Schaum spritzte zu ihnen hoch. Dann sang jemand. Die Besucher der Grotte umarmten sich ergriffen. Sie standen da und bestaunten das Wunder. Die Grotte lebte. Alles bewegte sich und tanzte. Dazu eine singende Stimme: Sie brandete mal hinter ihnen auf, mal vor ihnen. Dann war es Jata, die sang. Dann wieder die Sonne über ihnen. Dann die ganze Grotte. Der ganze Planet sang Das Kameraauge summte. Das Geräusch der Kamera störte Harlan. Er sah hinauf und bemerkte, daß ein Äuge auf ihn gerichtet war. Lächelnd blickte Harlan auf die träumende Jata
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in seinen Armen. Er wollte ihr die Freude lassen. Sein Blick wanderte jetzt an das Ufer des Sees. Am Ufer tanzten Blaue. Rund herum am Ufer des Sees standen sie dicht bei dicht, völlig nackt und in einen rhythmischen Tanz vertieft. Das Singen kam von ihnen. Harlan wollte Jata fragen, was das alles zu bedeuten hatte. Dann erinnerte er sich, daß es unmöglich war und bedauerte es. Abrupt endete das Spektakel. Die blauen Tänzer waren verschwunden, das Blinken der Kristalle hatte aufgehört, die rosa Sonne war erloschen and der See ruhte still wie zuvor. Jata küßte ihn. Stunden später befanden sie sich abermals in der Zentrale des Quaders. Die Terraner versuchten, Gobals Ausführungen zu verstehen. Freilich war es unmöglich. In die Konferenz hinein platzte ein Blauer, dessen Meldung Gobal zu befriedigen schien. Er richtete seine Blicke auf die Terraner Mit umfangreichen Gesten be mühte er sich, sie zu unterrichten, was so gut wie unmöglich blieb. Ein Tatbestand schalte sich jedoch unmißverständlich heraus. Die Schwarze Armee hatte, nachdem sie das Manöver der Rebellen durchschaut hatte, aufgrund von Ortungen Flug und Ziel des Quaders verfolgt Aus Gobals zufriedener Miene lasen die Terraner, daß man die Soldaten in eine Falle locken wollte. Die Soldaten wurden erwartet. Gobal aktivierte die Außenschirme, auf denen der Talkessel sichtbar wurde. Dort geschah etwas. Der Supercomputer materialisierte eine gewalt tätige Szene. Der Talkessel wimmelte von Soldaten, und in ihrer Mitte ent stand das Abbild des Quaders, in dem sich Rebellen und Terraner in Si cherheit wußten. Schwere Geschütze feuerten auf ihn. Harlan begriff. "Sie wollen den Soldaten weismachen, daß sich der Quader inmitten des Tals befände." "Schlaues Kind. Aber kannst du mir verraten, wie sie die Armee besiegen wollen?" fragte Kubus. "Soll es wirklich zu einer Schlacht zwischen Rebel len und Soldaten kommen?" Gobal begriff die Frage des Terraners. Er schüttelte lächelnd den Kopf. Seine Erklärungen blieben unverständlich, und damit mußten sich die Ter raner zufrieden geben. Es war nur zu hoffen, daß die ANABIS II bald in Reichweite kam, damit das Rätselraten endete. Die Projektionen draußen im Tal verblaßten. Zurück blieb allein der Pseudo-Quader, der die Schwarze Armee zu einer Attacke verleiten sollte.
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Die Konferenz der Aufständischen wurde fortgesetzt. Die Terraner lehn ten sich in ihren Sitzen zurück. Sie konnten die Vorgänge nur noch beo bachten und versuchen, sich auf alles einen Reim zu machen. Dabei verging die Zeit wie im Fluge. Als die Alarmglocken ertönten, wußten sie, daß der entscheidende Au genblick gekommen war. Gebannt verfolgten sie die Geschehnisse außer halb des Quaders. Auf dem Bildschirm vor ihnen lief alles wie ein Film ab. Man hatte den Eindruck, überhaupt nicht dazu zu gehören. Aber sie wuß ten, daß ihr Leben von einem Sieg abhing. Der Angriff der Soldaten begann ohne Warnung. Auf den Bergrücken nahmen sie Stellung. Ihre Geschütze wurden in günstige Positionen ge bracht, die Rohre auf die Projektion im Tal gerichtet. Hunderte, ebenfalls mit Geschützen bestückte Schweber hingen still über den Köpfen der Sol daten, bereit, im geeigneten Moment wie gefräßige" Aasgeier herabzustür zen. Die Rebellen waren eingeschlossen, jeder Fluchtweg abgeschnitten. Gobal gönnte den Soldaten keine Ruhe. Aus dem Pseudo-Quader schossen blitzende Projektile, die sich in die Berghänge bohrten und mäch tige, unhörbare Explosionen verursachten. Obwohl sie keine Schall- und Druckwellen erzeugten, schufen sie eine totale Konfusion. Steine und Erde spritzten hoch auf, ganze Berge sanken in sich zusam men. Es war ein wohlauskalkuliertes Chaos. Die Soldaten sahen sich ge zwungen, dem Angriff augenblicklich zu begegnen. Hier und da zogen sie sich zurück, anderswo stürmten sie vorwärts. Schweber sausten über das Tal hinweg, blindlings in die Projektion hinein schießend. Der Pseudo-Quader stellte seinen Beschuß ein, schwebte in die Höhe, versuchte durchzubrechen. Durch die dauernde Bewegung und durch die Projektion fürchterlicher Explosionen verwirrt und verunsichert, verlie ßen die Soldaten ihre Deckungen. Jemand versuchte, den Ablauf der ver hinderten Offensive zu retten und die Truppenbewegungen zu koordinieren. Es war vergeblich. Wo sich die Soldaten auch immer sammelten, standen sie auf einsamem Posten, waren sie der Verteidigung des Quaders voll kommen ausgesetzt. Hunderte von Soldaten wühlten im Sand, warfen sich zu Boden und schrieen entsetzt auf. Sie mußten den Eindruck haben, daß sie dem Inferno niemals entkommen konnten. Früher oder später mußten sie jedoch feststellen, daß sie einer Vorspiege lung falscher Tatsachen aufgesessen waren. Wie Gobal sich unter diesen
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Umständen einen Sieg vorstellte, war den Terranern völlig schleie rhaft. Wie sollte es weitergehen?" Die Sicht verschlechterte sich auf den Bildschirmen immer mehr, Und doch konnten die Terraner erkennen, daß etwas Seltsames passierte. Die Soldaten, die sich einer Hölle ausgesetzt sahen, warfen sich zu Boden, wälzten sich im Sand, rannten ziellos hin und her - die Konfusion war total. Und doch wurden sie von Minute zu Minute ruhiger. Die Zahl derer, die bewegungslos am Boden kauerten und auf das Ende warteten, erhöhte sich. An den Berghängen waren andere zu beobachten, die ihr Heil in der Flucht suchten. Aber über die Bergrücken stürmten jetzt buntgekleidete Rebellen. Ihnen rannten die Flüchtenden in die Arme. Sie wurden entwaff net. Ihre Konditionierung ließ jedoch ein Aufgeben, eine Unterwerfung als Möglichkeit zum Überleben nicht zu. Ihr Daseinszweck war der Kampf bis in den Tod. Die Rebellen verloren kostbare Zeit damit, die sic h wild wehrenden Sol daten zu fesseln. Trotzdem war es schnell geschehen, denn die sie umge benden Explosionen verwirrten die Soldaten mehr und mehr, zumal sie nicht begriffen, weshalb die Rebellen keine Furcht vor dem Beschuß zeig ten. Sie ahnten nicht, daß sie einer Täuschung aufgesessen waren - es war niemand da, der es ihnen sagte. Die Lautlosigkeit war kein Indiz für die Willenlosen. Die Armee-Schweber setzten ihr Vernichtungswerk fort. Sie allein bilde ten noch eine wirkliche Gefahr für die Rebellen. Kurze Zeit später brüllten die Geschütze der Armee wieder auf. Diesmal jedoch wurden sie von Rebellen bedient, und das Ziel war nicht mehr der Pseudo-Quader, sondern das Ziel waren die gefährlichen Schweber. Einer nach dem anderen fielen sie vom Himmel. Einige landeten unbehelligt im Talkessel. Ihr Geschützdonner setzte aus. Es dauerte nur zehn Minuten. Die Rauchschwaden über dem Tal verflüchtigten sich genauso schnell wie die Projektion des Pseudo-Quaders. Das Tal lag ruhig da. Gobal sprang in die Höhe. Mit wildem Singsang umarmte er die anderen. Auch die Terraner erhoben sich. Das schreckliche Schauspiel war vorbei. Im Tal kletterten die Rebellen ruhig die Berghänge hinab, Gefangene vor sich her stoßend. Mitten unter ihnen befanden sich Soldaten, die ungefesselt und freiwillig folgten. "Das kapiere ich einfach nicht", sagte Kubus. Dann weiteten sich plötz lich seine Augen. "Natürlich!" schrie er. "Natürlich, das sind Dekonditio-
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nierte!" Die anderen begriffen. Während die Schlacht getobt hatte - und schon vorher -, hatte der Rebellen-KONSTRUKTOR mit der Dekonditionierung der Armee begonnen. Jene Soldaten, die sich im Tal zu Boden geworfen hatten, um dort das Ende abzuwarten, und jene, die jetzt freiwillig den Rebellen hinab in das Tal folgten, waren die bereits vom Zwang Befreiten. Und auch die noch Gefes selten würden bald ihre geistige Freiheit wiedererlangen. Genauso verhielt es sich mit den Piloten der Schweber, die ihren Beschuß eingestellt hatten und einfach gelandet waren. »Jetzt begreife ich den Sinn der Falle", sagte auch Kai überrascht. "Nur eine Frage bleibt offen", meinte Harlan. "Weshalb die Schlacht sein mußte. Weshalb wir nicht solange versucht haben, der Armee auszuwei chen." "Wir werden es bald wissen." Kubus überprüfte seinen Translator und schüttelte dann bedauernd seinen Kopf. "Noch nichts." Im Quader wurde es lebendig. Die Türen wurden geöffnet, und die Rebel len stürzten ins Freie. Gobal ließ ihn hinterher wieder schließen. Der Qua der erhob sich vom Erdboden, durchbrach das schützende Blätterdach und schwebte hinaus in das Tal. Diesmal landete der echte Quader auf dem moosigen Boden. Auch die Terraner begaben sich nach draußen, um das weitere Geschehen zu verfolgen. Es war ein merkwürdiges und doch befriedigendes Gefühl, das sie beim fast unversehrten Anblick des schönen Tals überkam. Hier waren nur unbe deutende Zerstörungen angerichtet worden. Der Boden an der Stelle, an der der Pseudo-Quader gestanden hatte, war aufgewühlt. Vereinzelt lagen ab gestürzte Schweber herum, aus denen man die Piloten herauszuholen ver suchte, um zu retten, was zu retten war. Die Bergrücken, die das Tal ein schlossen, wiesen ebenfalls Einschußstellen auf, doch war das kein Ver gleich zu den Zerstörungen, die durch die Projektionsschlacht des KON STRUKTORS angerichtet worden waren, und die in Wirklichkeit nicht existierten. Die wenigen Gefangenen, etwa zweihundert, trieb man in einen Trichter, der von einem Beschuß durch die Armee-Schweber herrührte, und bewach te sie dort. Die Dekonditionierung ging schnell voran. Fast jede Minute brach einer der Gefangenen zusammen. Die Wachen zogen ihn sofort aus dem Trichter und befreiten ihn von den Fesseln. Mehrere Rebellen küm-
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merten sich um ihr Wohlergehen. Unter ihnen befanden sich drei Ärzte, die sofort ihre Kunst zur Anwendung brachten. Vier weitere Ärzte kümmerten sich um die wenigen Verletzten. Unter den diskutierenden Rebellen herrschte Hochstimmung. Sie schwenkten ihre Waffen über den Köpfen und jubelten lauthals. Die Terraner konnten sich dem nicht entziehen und jubelten mit. Nach und nach flaute der Trubel ab und wohltuende Ruhe kehrte ein. Erschöpft, wie die Kämpfer waren, ließen sie sich auf dem Erdboden nie der. Sie bildeten einen großen Kreis, in dem sich Gobal ihren Fragen und Erklärungen stellte. Dann sprach er lä ngere Zeit, woraufhin das Palaver wieder einsetzte. "Ich freue mich mit ihnen", sagte Kai ehrlich. "Den Sieg haben sie ver dient nach all der Schmach. Und doch - ich weiß nicht. Der ganze Plan war laienhaft, finde ich." "Aus unserer Sicht", verbesserte Kubus sachlich. "Diese Leute hatten keinerlei militärische Kenntnisse. Sie besaßen auch nicht das dazugehörige Waffenpotential. Was sollten sie also anderes tun? Natürlich hatten sie mehr oder weniger Glück." "Ich wandte mich um und sah, wie es unter der Sonne zugeht", dekla mierte Harlan. "'Das Laufen hilft nicht schnell sein, zum Streit hilft nicht stark sein, sondern es liegt alles an Zeit und Glück!' So sprach's der Predi ger Salomo." "Du kannst die Predigt ruhig für dich behalten, mein Sohn", stichelte Kubus mit gespieltem Ernst. "Es wäre besser, du tätest jeden Tag eine gute Tat, Bruderherz." "Weise sein ist schwieriger", konterte Harlan. "Ach, laß mich in Ruhe." Kai kicherte belustigt. "Hat unser Schiffsjunge wieder Humor gemacht?" "Urkomisch"; brummte Harlan boshaft. Kubus wandte sich ihm zu. Er legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Laß mal", meinte er, "du wirst auch noch erwachsen." "Jawohl", antwortete Harlan. "Und was ich selber tu', trau' ich anderen zu." Die anderen lachten und japsten nach Luft. Harlan versuchte, seinen Dol metscher zum Sprechen zu bringen, doch umsonst. Lange konnte es aber nicht mehr dauern, bis die Translatoren wieder ansprechen mußten. Die ANABIS mußte sich schon längst auf Anflugkurs Richtung Wunder befin den. Haag Zborr, Mick Ronda und Caspar Brixlas würden wohl schon vor
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vor Spannung und auch ehrlicher Sorge um die Kameraden fiebern. Es erwarteten sie gute Nachrichten. 8. Es gab keine Gefangenen mehr. Die Dekonditionierung war mit Erfolg abgebrochen worden. Die Rebellen und die befreiten Soldaten verließen das Tal in alle Richtungen. Wohin sie gingen und ob mit oder ohne Auf trag, wußten die Terraner nicht. Die fünfundfünfzig Besatzungsmitglieder des Quaders begaben sich wieder an Bord. Noch einmal umgab eine Schweber-Projektion den Quader, da mit verstreuten Armeeteilen zu rech nen war und mit deren unbeugsamem, todesmutigem Aufopferungswillen, den man ihnen eingepflanzt hatte. Der Quader erhob sich in die Luft, gefolgt von den erbeuteten ArmeeSchwebern. Der ganze Pulk zog westwärts. In der Zentrale erfuhren die Terraner von den weiteren Absichten der Rebellen. Gobals Hand wies auf die Hauptstadt dieses Kontinents und auf den eingezeichneten Palast in ihrer Mitte. Er beugte sich lief über die Landkarte und zeichnete auf die darüber gelegte transparente Folie eine menschliche Gestalt mit einem Turban. Dann wies er auf die Außenbild schirme, auf denen die Armee-Schweber, die ihnen folgten, sichtbar waren. Dann zog er einen Kreis um den Palast. Das bedeutete erneute Kämpfe. "Noch einmal", stöhnte Kubus. "Und wer ist dieser Kerl? Etwa eine zwei te Blaue Obrigkeit.'' "Nein", klärte ihn Kai auf. "Das ist die gleiche Obrigkeit, die wir kennen gelernt haben." "Woher willst du das wissen?" "Ganz einfach. Wie wir hörten, besaß der Regierungs-KONSTRUKTOR einen Transmitter, mit dem die Regierungsbeamten in der Lage waren, die drei anderen Städte zu besuchen." "Klar. Die Kerle sind geflohen. Aber weshalb gerade dorthin?" "Wir werden ja sehen." Kai wies auf die Städte der anderen Kontinente und sah Gobal fragend an. Dieser schüttelte den Kopf und zeigte wiederholt auf seine Zeic hnung. Schließlich lief er zur Funkanlage hinüber, die jetzt ständig besetzt war, und klopfte auf den Empfänger. "Aha, man hat die Obrigkeit dort schon aufgespürt", kommentierte Kai.
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"Und die Funksprüche können nicht mehr abgehört werden", setzte er noch hinzu. "Damit ist alles klar." Sie verließen die Zentrale und begaben sich in ihre Kabine, um sich zu erholen. Lange Zeit unterhielten sie sich über die Geschehnisse und das neuerliche und wahrscheinlich letzte Vorhaben. Blaue, die unterdessen an ihrer Kabine vorübergingen, wunderten sich über die fröhliche Ausgelassenheit, die bei den Terranern herrschen mußte, denn Kichern und Gelächter drang durch die Tür. Zweieinhalb Stunden später wurde die Tür aufgerissen, und drei Terraner stürzten heraus. Mit wildem Geschrei sprangen sie durch die Gänge. Sie platzten in die Zentrale, in der wie immer eine Besprechung im Gange war. Kai schloß leise die Tür hinter sich, dann setzten sich die Terraner still schweigend auf ihre Plätze. Sie lauschten der Unterredung mit größter Zu friedenheit. Die Translatoren hatten zu funktionieren begonnen. Mitten im Satz unterbrach sich Gobal. Überrascht blickte er zu den Ter ranern hinüber und lächelte. "Wie ich höre, funktioniert euer Translator wieder", sagte er. "Das ist gut. Wir besprechen gerade die Einzelheiten des Angriffs auf den kleinen Pa last. Er wird hart von Androiden verteidigt werden. Zwar könnten wir die Leute darin aushungern, aber sie besitzen sämtliche wichtigen Unterlagen, die für ein störungsfreies Weiterlaufen der wirtschaftlichen Vorgänge von nöten sind. Wir wollen nicht, daß es auch nur zu kleinsten Störungen kommt. Es würde nämlich bedeuten, daß die Nahrungsmittel rationiert werden müssen. Vielleicht kommt es sogar zu Hungersnöten." "Wäre das möglich?" fragte Harlan. "Wenn alle weiterarbeiten, könnte man doch annehmen ..." "Es arbeiten alle weiter. Aber der KONSTRUKTOR belieferte die unter irdischen Zuliefer- und Beförderungsanlagen - automatisierte Bahnen - mit Energie. Rohmaterial und Grundnahrungsmittel werden automatisch an beziehungsweise abgebaut. Aus jenen Plänen geht hervor, wo und wie wir unseren KONSTRUKTOR anschließen müssen und so weiter. Wenn wir danach suchen müßten, könnte es lange dauern - zu lange." "Ich verstehe", meinte Kai. Gobal wandte sich wieder den sieben Kommando-Leitern zu. "Also - die Androiden werden durch Projektionen herausgelockt und in einen Kampf verwickelt. Andere menschliche Projektionen schleichen sich in den Palast ein und lenken eventuelle andere Verteidiger ab. Währenddessen nähern
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sich vier von unserer Gruppe den Beamten, nehmen sie gefangen und su chen nach den Unterlagen. Ich halte das noch für den besten Plan." Die Terraner lauschten interessiert, nickten mit dem Kopf, grinsten zwi schendurch. Dann machten sie ihren Vorschlag. Gobal zog Tullov zu Rate, der nach und nach immer begeisterter wurde. Zeichnungen- wurden ange fertigt. Schließlich ging man in den KONSTRUKTOR-Fokus und experi mentierte. Der Erfolg war zunächst mäßig, aber kurze Zeit später entlock ten die Versuchs-Projektionen bereits den Blauen ein Stöhnen. Die Versu che wurden fortgesetzt. Der Erfolg war durchschlagend. Der Plan wurde abgeändert. Die Schweber-Staffel, vorweg der Quader, erreichte die Stadt dieses Kon tinents. Auf Befragen erklärten die Mädchen den Terranern, daß dieser Kontinent Silberner Kreis genannt werde und die Stadt Zweite Macht. Die Staffel überflog langsam einen riesigen Park. Ein mächtiger Hügel ragte direkt hinter dem Palast auf, dort gingen die Schweber kreisförmig nieder, und der Quader landete in ihrer Mitte. Der Palast war gut zu beo bachten. Dort tat sich offensichtlich nichts, aber das war nicht maßgebend. Viel blieb den Regierungsbeamten und der Blauen Obrigkeit auch nicht zu tun übrig, kein mächtiger Supercomputer beschützte sie mehr; sie waren machtlos, abgesehen von einem Dutzend Androiden, die ihnen als Leibgar de dienten. Ihr Rückzug wurde ihnen jetzt zur Falle, aus der auch die An droidengarde ihnen nicht heraushelfen konnte. Projektionen war eben nur ein Supercomputer gewachsen. Der Himmel war leicht bewölkt. Am Horizont ballten sich dunkle Wol ken zusammen; dort tobte jetzt ein Unwetter. Der Palast erstrahlte weiterhin im goldenen Licht der Sonne. Über den weiß funkelnden Wänden und Dä chern lag ein rosiger Hauch, der von der Reflexion des violetten Himmels herrührte. Der Palast der Zweiten Macht war kleiner als der ehemalige in der Haupt stadt Wunders. Die Architektur war dieselbe. Die ganze Konstruktion war dieselbe. Es handelte sich um den gleichen Palast in Kleinformat, nur stand in seiner Kelleretage kein KONSTRUKTOR. Die Türen und' Fenster waren geschlossen. Hinter den Fenstern regte sich nichts, obwohl Gesichter hinter dem Glas zu erkennen waren. Androiden wächter .... In der Kommando-Zentrale des Quaders saßen die Rebellenführer, die Terraner und Mitglieder der Besatzung. Ventilatoren fächelten lautlos kühle Luft über ihre Köpfe. Ihre Gesichter hatten sich gebannt dem Außenbild-
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schirm zugewandt, über den jetzt die im Palast ablaufenden Geschehnisse flimmerten, die von unsichtbaren Kameralinsen aufgenommen wurden. Projektionen schützten sie vor dem Gesichtet werden. Sie blickten durch jedes wichtige Fenster in jeden Raum des Palastes. Dort war der Teufel los ... Im Palast war der Teufel los, weil man auf die Idee gekommen war, die Teufel mit Beelzebub auszutreiben ... Auf den Bildschirmen spielte sich eine Teufelsaustreibung ab, wie es sie grauenhafter wohl nie gegeben hatte. Die Blaue Obrigkeit und ihre zwanzig Beamten saßen unruhig auf flachen, komfortablen Stühlen im Thronsaal und diskutierten erregt. Aus versteckten Winkeln drang indirektes Licht. Der Disput der Regierungsbeamten hatte etwas Deprimierendes an sic h. Man sah es ihnen an, daß sie sich mit der Entmachtung nicht .abgefunden hatten. Wut und Stolz, rissen sie zur Verteidigung hin; sich ergeben zu müssen, ging ihnen wider ihre Ehre. Sie trotzten der Realität, solange sie es vermochten. In den Winkeln des großen Raumes regte sich etwas. Schatten nahmen Umrisse an, wanden und ringelten sich. Schreckliche Gestalten formten sich, sprangen auf und nieder. Lautlos. Schallwellen zu produzieren, war der KONSTRUKTOR nicht in der Lage. In diesem Fall störte das nic ht. Im Gegenteil, die Szene wirkte um so gespenstischer. Unbemerkt von den in ihr Gespräch vertieften Beamten schlichen die materialisierten Geister-Projektionen durch den Saal und begannen auf teuflische Weise zu rasen. Schwarzbehaarte Körper mit langen roten Schwänzen und gelben Hörnern, grünen Augen und triefenden Mäulern sprangen auf Tische und Möbelstücke und zerschlugen, was zwischen ihre Krallen geriet. Sie rissen die wertvollen Mosaikkristalle aus Boden und Wänden, verschmierten die Fresken an den Türen, zerkratzten die bemalte Decke. Ein riesenhafter, panzerbewehrter Drache entstand auf dem Tisch, um den die Beamten saßen. Er plusterte sich auf und blies Feuer in die Gesic h ter der Erschrockenen. Sein Pfeil-Schwanz peitschte gegen ihre Brüste. Die Blaue Obrigkeit brüllte. Die entmachteten Herrscher des gehobenen Volkes stoben kreischend auseinander und sahen sich eingekesselt von fürchterlichen und entsetzli chen Gestalten der Unterwelt - einer Unterwelt, die nicht die ihre war. Scheußliche Phantasiegestalten aus terranischen Mythen hatten zu leben begonnen; trieben ihr Unwesen in den heiligen Gemächern der herrschen-
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den Kaste. Gehörnte, Satane, Drachen und Geister erschreckten die Blauen zu Tode. Ihre Phantasie hätte nie dazu ausgereicht, sich solc he Ungeheuer auszuden ken. Genau genommen entsprachen die Wesen nur existierenden Tiervor bildern, wie sie überall in der Galaxis vorkamen. Die Teufel zum Beispiel ... ihr Vorbild waren die friedlich wiederkäuenden Primaten des Planeten GRIMM, der einst von einer terranischen Forschungsexpedition entdeckt worden war. Oder die Drachen ... - eine Abart der Telleraugenwesen auf FAX. Die schattenhaften Geister... friedfertige Tiere von GOLDEN AXE mit transpa rentem Metabolismus. Über den geschändeten Boden des Saals kroch schleimiges Gewürm, mehr und mehr die Gestalt von Klapperschlangen annehmend. Die Gesichter der Entmachteten verzerrten sich vor Angst. Andererseits wurde ihnen langsam klar, daß sie es nur mit Bildern zu tun hatten. Sie rannten durch die gräßlichen Schemen hindurch, versuchten, in die Neben räume zu entfliehen. Aber die Gehörnten und das Gewürm folgten ihnen, überholten sie. Die tausend kleinen Teufel setzten ihren Schabernack mit den Einrichtungsgegenständen jedes Raumes fort. Die Schlangen zuckten hinter den Beinen der Flüchtenden her. Mehrere Drachen postierten sich vor den Türen und hielten Wacht. Die Flüchtlinge wagten einen Ausbruch. Zusammen drängten sie zur Tür, die zum Haupteingang führte. Doch hier wartete noch eine Überraschung auf sie. Mit geschlossenen Augen wankten sie durch den wütenden, feuerspeie n den Drachen, rissen die Tür auf und liefen in die Empfangshalle. Obwohl er wußte, daß es nichts nutzte, schlug ein Beamter die Tür hinter sich zu. Er blickte nach vorn. Entsetzt brüllte er auf. Etwa hundert menschliche Skelette drängten sich vor dem geschlossenen Portal. Mit blitzenden Schwertern bewaffnet, rückten sie in geschlossener Front auf die Flüchtlinge zu. Diese wandten sich erschreckt um, stockten mitten in der Bewegung. Von einer Balustrade äugten mächtige Aasgeier zu ihnen herab, halb von Flügelschlägen in die Luft erhoben, bereit, sich auf die Menschen zu stürzen, wenn die Knochenmänner ihr Werk getan hatten. Aber die Skelette umgingen die Beamten und drangen von hinten wieder auf sie ein. Der Fluchtweg war frei. Die Entmachteten trauten dem winkenden Frieden nicht. Die menschli-
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chen Gerippe trieben sie jedoch zum Portal voran. Der blaue Herrscher war schließlich der erste, der nach dem rettenden Knauf griff und das Portal öffnete. Die einundzwanzig Verwalter Wunders stolperten stöhnend ins Freie, überquerten fluchtartig den Vorplatz und fielen keuchend vor den wartenden Rebellen auf die Füße. Niemand der Aufständischen rührte sich. Die Entmachteten richteten sich mut- und kraftlos auf. Sie hatten sich ergeben - endgültig. Das war ihnen anzusehen. Die Blaue Obrigkeit blickte zu Boden. Mit beiden Händen nahm sie den goldenen Turban vom Kopf und über- reichte ihn einem Rebellen. Dieser nahm ihn entgegen, sah ihn lange prüfend an, warf ihn schließlich angewidert zu Boden und zertrat ihn. Im Innern des Turbans knirschte etwas laut. Die ehemaligen Regierungsbeamten wandten sich bei diesem Geräusch schweigend um. Ihr Widerstand war endgültig gebrochen. Vor ihnen entstanden noch einmal die grauenerregenden Gestalten, vor denen sie kapituliert hatten. Die Ungeheuer lachten. Man sah es nicht nur; die Kameras, die das Geschehen im Innern des Palastes aufgenommen hat ten, fungierten jetzt als Lautsprecher. Aus der Gruppe der Rebellen trat Gobal hervor. Er machte unwirsch eine Handbewegung, woraufhin die Projektionen erloschen. "Genug!" rief er. "Sie sind in unserer Hand." Er drehte sich der Obrigkeit, die keine mehr war, und dem ihr ergebenen Troß zu. "Bis ihr eine Unterkunft und eine Arbeit gefunden habt, werdet ihr im Palast leben. Von einer kommenden Regierung seid ihr ausgeschlossen. Vorläufig sorgen wir dafür, daß das Leben weitergehen kann." Die Entmachteten sagten kein Wort. Von den Rebellen in die Mitte ge nommen, kehrten die Gefangenen mit den Siegern in den Palast zurück. In der Zentrale des Quaders lachte niemand. Der Sieg war vollkommen. Es hatte keinen Kampf mehr gegeben. Das inszenierte Gruselstück konnte als gelungenes Finale betrachtet werden, und doch fand niemand so recht Spaß daran. Die Versuche waren komischer gewesen als die Realität. Den noch bereute es keiner. "So treibt man nun mal Teufel aus", beruhigte sich Kai. "Was sein muß, muß sein. Oder?" "Beruhige dich", erwiderte Kubus. "Auch Jesus hatte die traurige Pflicht, einen Tempel zu reinigen." "Das war unpassend", bemerkte Harlan. "Oder willst du uns mit dem großen ..."
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"Ach was, niemals", erregte sich Kubus. "Ich meinte ja bloß." "Ach so. "Wie steht es, Harlan?" fragte Kai. "Zur rechten Zeit ein rechter Spruch. Bevor die Unterhaltung unangenehm wird." "Bitte sehr: Wer weißes Weiß liebt, der säubert sauber!" "Brr! Wer hat denn das gesagt?" "Meister Proper im zwanzigsten Jahrhundert." "Kenne ich nicht." "Ist auch nicht berühmt geworden." Der zurückgeblie bene Teil der Quader-Mannschaft verließ jetzt das Gefährt. Endgültig, denn es gab keinen Grund mehr dafür, sich kämpferisch einzuigeln. Auch die Terraner räumten ihre kleine Kabine und zogen um in einen Seitenflügel des Palastes. Auf atmend öffnete Kubus die ovalen Fenster, während die anderen ihre Plane tenausrüstung in den Wandfächern unterbrachten, Danach setzten sie sich in weiche Sessel; sie verspürten Appetit auf Getränke und eine ausgedehnte Mahlzeit, die ihnen von den bereits umprogrammierten Androiden bereitet wurde. Wenige Zeit danach erschienen Neral und Yai. Kurz darauf folge Jata, und ein fröhliches Gespräch kam in Gang. Jata teilte ihnen mit, daß am Abend ein Ausschuß gewählter Volksvertreter zusammen mit den Rebellen eine provisorische Regierung bilden würden und die Terraner herzlich ein geladen seien. Die Terraner nahmen die Einladung dankbar an, in der Hoff nung, am Abend bereits mit den anderen von der ANABIS II wieder vereint zu sein. Jata und Harlan sonderten sich ab. Sie sprachen in einer Ecke lange Zeit. Das Gespräch sank schließlich zu einem Flüstern herab. Als sich die Mäd chen verabschiedeten, herrschte eine eigentümliche Ruhe und Nervosität im Raum. Nach und nach legten sich die drei nieder und schliefen ein. Es war ein unruhiger Schlaf. Als draußen die Dämmerung hereinbrach, erwachten sie. Schweigend holten sie ihre Planetenkombinationen hervor. Es lag kein Anlaß mehr vor, die bunten Kleider dieser Welt zu tragen. Im Spiegel stellten sie fest, daß sich die Färbung ihrer Haut und ihrer Haare langsam verflüchtigte. Von einem Androiden ließen sie sich in den bereits vollbesetzten Ver sammlungsraum im hinteren Teil des Palastes bringen. Gerade als sie in den Saal traten, drängte sich ein Blauer an ihnen vorbei und rief den Dele gierten der Stadt vorn auf dem Podium zu, daß ein Raumschiff gelandet sei, deren Besatzung nach drei ihrer Kameraden forsche.
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Kai wandte sich ihm zu und befragte ihn eingehend. Es stellte sich her aus, daß die ANABIS II zuerst auf dem Goldenen Kreis gelandet war, wo man den Terranern von den Ereignissen berichtet und sie danach hierher geschickt hatte. Ein Schweber war unterwegs, um sie vom Raumhafen zum Palast zu befördern. "Endlich", stöhnte Harlan. "Der Alte hat mir schon gefehlt." "Wie sprichst du von unserem 1. Vorsitzenden?" "Mir hat die Palastrevolution zu denken gegeben", konstatierte Harlan. "Ein Machtwechsel wäre angebracht." "Du siehst dich wohl schon als Administrator, was?" lachte Kubus. "Der 1. Sprüchemacher. Ich sehe es schon vor mir." Schmollend verzog sich Harlan. Man wies den Terranern Plätze zu. Drei weitere wurden freigehalten für die nahenden Mannschaftsmitglieder der ANABIS II. Gobal, den man zum Sprecher der Versammlung gewählt hatte, schlug vor, das Eintreffen der Terraner abzuwarten. Das Auditorium stimmte zu. Als Doc Brixlas, Haag und Mick den Saal betraten, schlug ihnen ohren betäubender Beifall entgegen. Aber er galt nicht nur ihnen, sondern allen sechs von der ANABIS II. Die Begrüßung war stürmisch. Daraufhin setzte man sich still. Die Terraner warfen sich bezeichnende Blicke zu, dann widmeten sie ihre Aufmerksamkeit ganz den Vorgängen im Saal. Sie konn ten abwarten. Die Liste der Redner war lang. Nachdem endlich die Zeremonie der Wahl einer provisorischen Regierung vorüber war, brandete noch einmal ein befreiender Beifall auf, dem sich auch die Terraner nicht entziehen konn ten. Die Rettung des Blauen Volkes hatte auch ihnen am Herzen gelegen, und sie waren froh über den Sieg der Aufständischen. Die Terraner zogen sich leise aus dem Saal zurück. Bei einer ausgedehn ten Mahlzeit teilten sie einander ihre Erlebnisse mit und diskutierten ihr Vorgehen in einzelnen Punkten. "Wunder hat eine neue Regierung", stellte Haag befriedigt fest. "Neuen Verhandlungen um einen Handelsvertrag steht demnach nichts mehr im Wege. Ich sehe bessere Zeiten kommen, Kameraden. Nehmen wir an, die Verhandlungen gehen positiv aus, dann bleibt uns nur noch wenig zu tun. Wir werden gewisse Güter und Materialien konservieren und unserer Kon servenbüchse anvertrauen. Sodann verabschieden wir uns - und ab geht die Post. Ich schließe hiermit die Sitzung." Zustimmendes Gemurmel antwortete ihm.
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"Das geht nicht", erklärte Harlan bedrückt. "Da ist noch was." "Wieso, hast du Kummer?" "Ja. Das heißt, nein. Da ist ein Problem. Ich weiß nur nicht, wie ich es sagen soll." "Geniere dich nicht. Klär uns auf." "Ich habe geheiratet!" Das Gemurmel erstarb. Erschrockene Gesichter wandten sich Harlan Reginald Isaac Klim zu; der in sich zusammengesunken dasaß und mühsam schluckte. Dann holte er tief Atem und legte los. "Eigentlich ist es ja anders. Ich wurde geheiratet. Ich schwöre euch, ich wußte nichts davon, überhaupt nichts." "Das wird ja immer besser." "Ja. Bevor die Schlacht im Talkessel stattfand, lotste mich Jata in eine Tropfsteinhöhle, in der seltsame Dinge geschahen. Ich hielt das Ganze für eine Art Schauspiel der Blauen, eine Art religiösen Kult. Es war überwälti gend. - Bevor wir heute schlafen gingen, gestand mir Jata, daß es sich um eine Heiratszeremonie gehandelt hätte, wie sie bei ihnen üblich ist. Ich war vollkommen niedergeschmettert." "So geht es uns auch." Die Überraschung war perfekt. Lange Zeit saßen sie da und sagten kein Wort. Dann grinsten sie vor sich hin, bis ihr Gelächter herausplatzte und sich wie ein Wasserfall über Harlan ergoß. Schließlich lachte Harlan lauter als sie und beruhigte sich auch nicht, als die anderen längst über das ent standene Problem ernsthaft diskutierten. Haag erhob sich. "Ich komme mir vor wie ein weiser Großvater. Aber was tun? Harlan ..." Seine Stimme hob sich feierlich. "Liebst du sie?" "Ja", kicherte Harlan. "Erledigt." Haag wandte sich an die anderen. "Was dagegen, daß unser Neuer geheiratet hat?" "Nein", war die einstimmige Antwort. "Was dagegen, daß er sein Weib an Bord bringt?" Auch dagegen hatte niemand etwas. Haag setzte sich zufrieden. Der Blick mit dem er Harlan fixierte, blieb noch lange Zeit undefinierbar. Bei den anderen herrschte seltsamerweise eine gemischte Stimmung, und das änder te sich erst am folgenden Tag. Die Verhandlungen mit der neuen Regierung stellten sich als reine Routi neangelegenheit heraus. Ein Handelsabkommen zu beiderseitigem Nutzen
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wurde abgeschlossen. Wissenschaftler und Techniker, berieten sich mit den Terranern über die auszutauschenden Güter, Proben wurden begutachtet und von den Terranern konserviert. Viele Rohstoffe, die auf Wunder mas senhaft vorkamen, wurden bevorzugtes Handelsobjekt der Terraner, wäh rend vor allem technische Produkte und Funktionspläne von den Wundera nern bevorzugt wurden. Nach diesen Besprechungen traten Gobal und ein unbekannter Blauer zu ihnen. Beide stellten vorläufig die verantwortlichen Regierungsbeamten dar. Gobal bedankte sich überschwenglich und überreichte den Terranern zum Dank die Pläne ihres KONSTRUKTORS. "Ich weiß zwar nicht, ob die Terraner damit etwas anfangen können", meinte er, "aber wir wissen nicht, was wir euch sonst anbieten könnten." "Wir nehmen es mit Dank an. Mehr verlangen wir gar nicht", erwiderte Haag. "Uns kommt es nur auf gute Beziehungen zwischen den beiden Zivi lisationen an." "Bevor ihr uns verlaßt, wollen wir euch noch eine Abschiedsfeier geben. Wann wollt ihr uns verlassen?" "Noch heute. Setzen wir die Feier für die Mittagsstunden an. Daraufhin ließen sich die Terraner , zurück zum Raumschiff befördern. Der 1. Vorsitzende berief neuerlich eine Sitzung ein. Bevor er jedoch zu Wort kam, legten der Planetologe und der Pilot seine Beichte ab. Sie erklä r ten, ebenfalls in die rosa Grotte entführt worden zu sein und dort - geheira tet worden zu sein. "Die Reaktion war ein einhelliges Schweigen. Haag zuckte ergeben mit den Schultern Er krächzte irgend etwas, was niemand verstand. Doc Brixlas erklärte schließlich, ein Eheleben hätte auch seine Vorzüge und niemand könne über das Sexualleben anderer bestimmen. Haag schloß: "Die Frauen werden also in unsere Mannschaft eingeglie dert. Platz ist wohl genügend vorhanden. Äh - viel Glück, Freunde." Harlan bemerkte noch, er hätte seinen Entschluß geändert. Er wolle statt Psychoanalyse nun Neurophysiologie studieren, um dahinter zu kommen, was im Gehirn außerirdischer Frauen vorginge. In den Mittagsstunden wurden sie von einem Androiden in den Palast gebracht, wo ihnen zu Ehren die Abschiedsfeier gegeben wurde. Der Palast quoll über von Blauen aus der Stadt und siegreichen Rebellen, die ihnen die Hände schütteln wollten. Eine Geste, die man den Terranern abgesehen hatte und die sich schnell einzubürgern schien. Die Tische flossen über von Speisen und Getränken. Niemand geizte mit
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dem Reichtum der entmachteten Herrscher-Clique. Befriedigt stellte Haag fest, daß die neuen Verantwortlichen keine Neigung zu den berauschenden Getränken faßten, die Haag hassen gelernt hatte. Gobal entrüstete sich dar über, als Haag von seinen Erfahrungen mit solch einem Getränk berichtete. "So etwas werden wir nicht einführen. Wir lieben die Gesundheit. Das werdet ihr verstehen, wenn ihr hört, welch unglaubliche Zustände zuvor geherrscht haben. Die ärmeren Bevölkerungsschichten hatten so gut wie keine ärztliche Betreuung. Aber all das wird sich jetzt ändern." Haag sprach im Namen der Vermählten das Problem der eingeborenen Frauen an. Gobal lachte nur. "Das geht uns nichts an", meinte er. "Da müßt ihr sie selber fragen, ob sie gewillt sind, Wunder zu verlassen." Haag brauchte eine halbe Stunde, um die Paare im Gewühl zu finden. Aber er kam zu spät. Fröhlich flöteten ihm drei Terraner zu, daß die Mäd chen gerne mitkämen. "Nicht nur wir waren ihr Traum", meinte Harlan überheblich, "sondern auch ein Flug ins All." Die Mädchen lachten Haag beglückt zu. Der 1. Vorsitzende wandte sich verlegen ab. Ihm war unbehaglich zumu te, aber er hoffte, daß sich das bald legen würde. Zwei Stunden später ergriff die Terraner Unruhe. Die Mädchen wurden fortgeschickt, damit sie ihre Sachen packen konnten. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie mit leichtem Handgepäck versehen wieder erschienen. Alle drei hatten vor Jahren die Eltern verloren, die entweder in den Fol terkellern der Schwarzen Armee verschwunden waren oder als Konditio nierte zu Soldaten ausgebildet worden waren. Sie fühlten sich nicht wohl bei dem Gedanken, ihre Welt zu verlassen, ohne nach ihnen geforscht zu haben. Aber ein Wiedersehen wäre für sie zur Qual geworden; als Dekondi tionie rte waren die Menschen nicht mehr dieselben, die sie einmal gewesen waren, und es war zweifelhaft, ob sie ihr Gedächtnis jemals hundertprozen tig wiederfinden würden. Es war besser, man ließ sie ein neues Leben be ginnen. Und das galt auch für die Mädchen. Die Raumfahrer verabschiedeten sich. Beide Seiten begnügten sich mit einem vielsagenden Kopfnicken. Ein Androide flog sie mit einem Schwe ber zum Raumhafen der Zweiten Macht. Die ANABIS II wartete.
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9.
Harlan Reginald Isaac Klim passivierte den Rundschirm, auf dem eben der dreidimensionale Film abgelaufen war, den sein Kameraauge aufgenom men hatte. "Das wird der Forschungsinitiative zu denken geben", kommentie rte Mick Ronda. "Für sehr lange Zeit." "Ich schlage vor", sagte Kai, "daß unsere Mädchen jede Szene aus ihrer Sicht ausführlich kommentieren und erklären und daß sie Sitten und Ge bräuche der Wunderaner in ein Ei diktieren. Sonst kann es nämlich passie ren, daß man sie uns für ein Jahr oder länger ausspannt. Und ich würde es nicht gerne sehen, wenn trockene Wissenschaftler sie zu Forschungsobje k ten degradieren." "Sehr richtig", meinte auch Caspar. Seine Hände strichen wohlwollend über seine Halbglatze. "Filme und Notizbandgeräte sollten wahrhaftig ge nügen." "Ich habe noch eine Frage zu den Ereignissen während unserer Abwesen heit", unterbrach der 1. Vorsitzende. "War die Talkesselschlacht eigentlich unbedingt erforderlich?" Jata meldete sich zu Wort. "Während unseres Fluges auf den anderen Kontinent begann unser KON STRUKTOR mit der Dekonditionierung der Soldaten. Die Armee konnte unser Manöver aber dessen ungeachtet durchschauen und uns verfolgen. Ihre Ortungsgeräte hätten uns überall gefunden, und sehr schnell hätte man uns eingekreist. Gerade weil wir uns durch Projektionen vor ihren Angrif fen hätten schützen müssen, hätte die Armee blindlings auf alles geschos sen, was sie als Projektion erkannt oder vermutet hätte. Das wären Zerstö rungen größten Ausmaßes geworden. So lockten wir sie in eine Falle. Sie wußten uns in jenem Tal und folgten uns dorthin. Bevor sie sich durch ihre Ortungsgeräte überzeugen konnten, daß sie nur eine Projektion vor sich hatten, starteten wir den Scheinangriff, der sie zum Handeln zwang. Währenddessen dekonditionie rten wir weiter. Das andere wißt ihr ja." "Ich verstehe." Haag holte tief Luft und prustete. "Nächster Punkt der Tagesordnung?" Mick meldete sich zu Wort. "Ein Problem sind die Pläne des KONSTRUKTORS. Übergeben wir sie der Initiative oder nicht?"
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"Sie bekommen sie ja doch", meinte Caspar. "Wenn nicht von uns, dann von den Blauen." "Das ist nicht der Fall." Haag richtete sich hoch auf. "Ich habe von Gobal erfahren, daß die Konstruktionspläne für den Gehirnwellen-Manipulator vernichtet werden. Man will damit nichts zu tun haben. Es geht lediglich um die konstruktiven Elektroniken." "Reflektor und Deflektor", erläuterte Kubus. Mick antwortete: "Diese Technik beherrscht Terra doch schon in ganz ähnlicher Form. Dabei handelt es sich um den sogenannten Psychoflektor der Quallen, in dessen Wirkungsbereich zu geraten wir das Vergnügen hatten." "Die anderen Elektroniken sind praktisch harmlos", fuhr Kubus fort. "Es handelt sich also nur um den Spekulator und den Manipulator. Soll Terra die Technik der Gehirnwellen-Beeinflussung beherrschen können oder nicht?" Haag forderte eine Abstimmung, und alle sprachen sich dagegen aus. Man schickte die genannten Pläne daraufhin in den Abfallschacht, in dem sie in einer Spezialanlage in die einzelnen Bestandteile aufgelöst wur den. Brauchbare Bestandteile wurden einem Gerät zugeführt, das Plastfoli en herstellte, unbrauchbare Bestandteile wurden sofort in den Raum ausge schieden. "Dann gehen wir jetzt an unsere Arbeit", befahl Haag. "Jata, Neral und Yafi kommentieren den Film und sprechen direkt auf ein Ei. Kai wertet seine Forschungsergebnisse aus. Ich kümmere mich um die Erzproben, schließlich bin ich nicht umsonst Metallograph und Metallurg. Kubus und Mick werten den Bordcomputer aus und lassen von ihm ein wunderani sches Wörterbuch zusammenstellen. Harlan und Caspar - ja, was könnt ihr denn tun?" "Jetzt geht das wieder von vorne los!" beschimpfte Harlan. "Er zweifelt wieder an meinen Fähigkeiten. Ich möchte euch einen viel besseren Vor schlag machen. Wir machen mal Pause und proben einstweilen ein gemüt liches Familienleben!" Verdutztes Schweigen - dann äußerte man überschwengliche Begeiste rung. Haag und Mick wurden überstimmt. Doc Brixlas verschwand kurze Zeit und kehrte mit einer Überraschung wieder "Hier, Freunde!" brüllte er. "Echter Vurguzz!" Die Mannschaft der ANABIS II brüllte vor Freude auf. Wenig später wurde das grelle Licht im RATHAUS des Raumschiffes gedämpft. Die Flasche mit dem harten, scharfen Schnaps ging die Reihe herum. Die Wun-
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der-Mädchen schluckten nur mühsam. Aber bald konnten auch sie dem Vurguzz nicht mehr widerstehen. Harlan schlug den Mädchen vor, ein Lied ihrer Heimatwelt zu singen Die Mädchen willigten begeistert ein. Ein feierlicher, aufregender Tanz auf dem Ratstisch begleitete ihren Gesang, der sich dann leider nicht als Genuß entpuppte. Eigentlich war es ganz logisch, aber niemand hatte daran gedacht, daß der Gesang der Mädchen ein abgehacktes, grunzendes Geräusch, das in der Lautbildung und Lautmodulation der menschlichen Stimme sehr ähnlich klang, sein würde. Diesem Nachteil war bald abgeholfen, indem man die Mädchen bat, nicht zu singen, sondern zu sprechen. Der Erfolg war durchschlagend. Gesang im irdischen Sinne tönte durch das Rathaus, und die Fröhlichkeit nahm zu. Doc Brixlas verweigerte eine zweite Flasche Vurguzz mit der Begrün dung, man befände sich schließlich nicht im Raumfahrerasyl, sondern an Bord eines Raumschiffes. Das Ende vom Lied war harte Arbeit, aber sie waren daran gewöhnt. Persönlicher Nachtrag von H.R.I. Klim: Drei Wochen später erreichten wir wohlbehalten Terra. Wohlbehalten deshalb, weil die ANABIS II durch ihre Bruchlandung doch erheblich mehr Schaden genommen hatte, als wir ursprünglich vermutet hatten. Die Gesichter der Wissenschaftler der Terranischen Forschungsinitiative müßte man gesehen haben! Es herrschte eine chaotische Stimmung. Wir waren die Helden des Jahrzehnts. Die Nachrichtenmedien lobten überschwenglich. Und dann kam der Tag, an dem die Regierung sich durch den Rummel gezwungen sah, uns ihre Dankbarkeit spüren zu lassen. Und da die Öffentlichkeit sich nicht mit ei ner Ordensverleihung zufriedengegeben hätte, übertraf sich die Regierung selbst. Sie machte uns ein Raumschiff zum Geschenk. Es war noch größer, noch schneller, noch besser und schöner als die ANABIS II. Jubelnd zogen wir um. Die ANABIS II konnte günstig abgestoßen werden, und von die sem Geld ließen wir uns nach den Wunder-Plänen einen Re- und Deflektor in die ANABIS III einbauen. Die ANABIS III: ein Prachtstück, das allen genug Platz bot. Es war so viel: Platz vorhanden, daß drei Junggesellen unserer Mannschaft ernsthaft terranischen Mädchen nachjagten. Wunder wurde katalogisiert und in das Planeten-Register eingetragen.
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Die Welt der Blauen wurde damit zu einem Begriff, den man groß schreibt: WUNDER. Das Syndikat der Tramps und Händler überreichte uns eine Urkunde FÜR HERVORRAGENDE DIENSTE UND FÖRDERUNG DES ANSE HENS DER TRAMPGILDE. Man legte uns sogar nahe, mehr in dieser Art zu tun, damit die Voreingenommenheit der erdgebundenen Terraner ab nehme, in deren Augen Tramps leider immer noch mit anarchistischen Pira ten identifiziert werden. Da es uns am Herzen lag, das Gegenteil zu bewei sen, waren wir zwei Wochen nach unserer Landung schon wieder draußen im All. Die Jagd auf Mädchen mußte natürlich unterbrochen werden. Inzwischen habe ich mich davon überzeugen können, daß der boshafte Caspar Brixlas im Unrecht ist. Jata ist keine Androidin! Genausowenig Neral und Yafi, das haben mir Kai und Kubus bestätigt. Sie sind aus Fleisch und Blut. Natürlich! Wie ich das herausgefunden habe? Nachdem Doc Brixlas diese schamlo se Behauptung aufgestellt hatte, konnte ich der Versuchung nicht widerste hen und habe - Röntgenaufnahmen herstellen lassen. Wie könnte man sich wohl anders davon überzeugen? ENDE
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