Das Going-Concern-Prinzip in der Jahresabschlussprüfung (Auditing and Accounting Studies)

Silke Adam Das Going-Concern-Prinzip in der Jahresabschlussprüfung

GABLER EDITION WISSENSCHAFT Auditing and Accounting Studies Herausgegeben von Prof. Dr. Annette Köhler, Handelshochschule Leipzig, Prof. Dr. Kai-Uwe Marten, Universität Ulm, Prof. Dr. Reiner Quick, Technische Universität Darmstadt, Prof. Dr. Klaus Ruhnke, Freie Universität Berlin, Prof. Dr. Matthias Wolz, Universität Dortmund

Silke Adam

Das Going-Concern-Prinzip in der Jahresabschlussprüfung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Reiner Quick

Deutscher Universitäts-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dissertation Technische Universität Darmstadt, 2006 D 17

1. Auflage März 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Brigitte Siegel / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0693-5

Geleitwort Die Selbstverständlichkeit und Allgemeingültigkeit des Going Concern Prinzips wurden in den vergangenen Jahren oftmals auf Grund der anscheinend unvorhersehbaren Unternehmensinsolvenzen oder Bilanzmanipulationen in Frage gestellt, da in solchen Fällen meist ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt worden war. Die strikte Anwendung des Prinzips wurde angezweifelt und der wirtschaftsprüfende Berufsstand kritisiert. Der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme kommt wegen der allgemein zu beobachtenden Tendenz einer ständig zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung, der wachsenden Entscheidungskomplexität und der nicht abschließend zu beurteilenden Folgen eine immer größere Bedeutung zu. Die Entscheidung selbst hat durch den Prüfer bei einer hinreichenden Sicherheit mit einem möglichst geringen Mitteleinsatz zu erfolgen. Die Dissertation von Frau Adam beschäftigt sich mit den bestehenden Normen und deren Wirkung für den Prüfer. Die Darstellung des Forschungsstandes geht bis zu den Anfängen der methodengestützten Verfahren zur Urteilsbildung zurück und umfasst zusätzlich die empirischgestützten Entscheidungsansätze. Im Rahmen der empirischen Studie werden Faktoren und deren Bedeutung für die Meinungsbildung, die Beeinflussungsmöglichkeiten durch Externe sowie die theoretische Eignung und die praktische Anwendung von mathematisch-statistischen Verfahren durch die Studienteilnehmer untersucht. Eine empirische Studie mit entsprechender Themenstellung wurde im deutschsprachigen Raum bis jetzt noch nicht durchgeführt. Als wesentliche Aspekte der vorliegenden Arbeit sind hervorzuheben: -

Rechnungslegungsübergeifende Untersuchung der Normen im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme

-

Umfangreicher Überblick über den aktuellen Forschungsstand hinsichtlich der methodengestützten und empirischgestützten Entscheidungsansätze

-

Selbstständig entwickelte empirische Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme in der deutschen Wirtschaftsprüferpraxis

Die Verfasserin macht für die Auswertung ihrer empirischen Studie in angemessener Art und Weise Gebrauch von statistischen Methoden und sie gelangt zu wesentlichen und sowohl aus dem Blickwinkel der Forschung als auch aus praktischer Sicht relevanten Erkenntnissen. Ihre Ergebnisse und Analysen fasst sie in profunden Anregungen und Lösungsvorschlägen zusammen und sie zeigt großes Forschungspotenzial auf.

V

Zu den Zielgruppen dieser Arbeit zählen Praktiker und Theoretiker. Auf der einen Seite werden Angehörige des Berufsstandes über das Verhalten von Kollegen informiert und über gewonnene Erkenntnisse für die praktische Tätigkeit sensibilisiert. Auf der anderen Seite werden insbesondere aus der empirischen Studie Sachverhalte und Zusammenhänge herausgearbeitet, die einen Dialog zwischen Berufsverbänden und Wissenschaftlern über das Thema der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme eröffnen bzw. intensivieren.

Prof. Dr. Reiner Quick

VI

Vorwort Die vorliegende Arbeit entspricht meiner Dissertation „Das Going Concern Prinzip in der Jahresabschlussprüfung“, die im Sommersemester 2006 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt angenommen wurde. Es wurden Entwicklungen bis zum Frühjahr 2006 berücksichtigt. Herr Prof. Dr. Reiner Quick gab mir die Möglichkeit der externen Promotion an seinem Lehrstuhl. Dabei unterstützte und betreute er mich umfassend. Herr Prof. Dr. Dr. Oskar Betsch übernahm das Zweitgutachten und die Prüfungskommission setzte kurzfristig einen Prüfungstermin an. Die Lehrstuhlmitarbeiter von Herrn Prof. Dr. Reiner Quick an der Universität Essen, der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Technischen Universität Darmstadt halfen mir bei Literaturrecherchen und beim organisatorischen Ablauf, insbesondere beim Versand und Rücklauf der Fragebögen. Mein Arbeitgeber KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat durch arbeitsvertragliche Regelungen zur Erstellung meiner Dissertation beigetragen. Die Herren WP StB Edmund Eichelberg, WP Karl-Heinz Conrad sowie WP Lothar Möllenbrink gaben Anregungen bei der Entwicklung des Fragebogens. Meine Eltern Ulla und Dipl.-Ing. Klaus Adam sowie meine Schwester Dr. med. Birgit Adam haben mich stets motiviert und intensiv Korrektur gelesen. Mein Freund Dipl.-Kfm. Gregor Zimmermann war mir ein ständiger Diskussionspartner und Experte für die elektronische Datenverarbeitung. Für meine empirische Studie haben viele Berufsangehörige den Fragebogen vollständig sowie gewissenhaft bearbeitet und so die in dieser Arbeit vorgestellten Erkenntnisse erst möglich gemacht. Allen Genannten danke ich gleichermaßen von ganzem Herzen. Ohne sie wäre dieses Vorwort noch nicht geschrieben.

Silke Adam

VII

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis...............................................................................................IX Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................XV Abbildungsverzeichnis.................................................................................... XXI Tabellenverzeichnis......................................................................................XXIII A.

Einleitung ..................................................................................................... 1

A. 1.

Begriffsabgrenzung: Going Concern Prinzip.......................................................1

A. 2.

Problemstellung ...................................................................................................4

A. 3.

Gang der Untersuchung .......................................................................................8

B.

Normen im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken .......................... 11

B. 1.

Klassifikation von Normen und deren Funktionen ............................................11

B. 2.

Nationale und internationale Gesetzgeber und Verordnungsgeber von Normen und deren Bindungswirkung für den Prüfer.........................................12

B. 2.1.

Nationale Gesetzgeber und Verordnungsgeber von Normen und deren Bindungswirkung für den Prüfer........................................................................12

B. 2.1.1. B. 2.1.2.

Normen des Gesetzgebers und deren Bindungswirkung für den Prüfer ............12 Normen des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer in Deutschland und deren Bindungswirkung für den Prüfer..............................................................12 Normen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e.V. und deren Bindungswirkung für den Prüfer.......................................................16 Normen der Rechtsprechung und deren Bindungswirkung für den Prüfer........17

B. 2.1.3. B. 2.1.4. B. 2.2.

Internationale Verordnungsgeber von Normen und deren Bindungswirkung für den Prüfer ............................................................................................17

B. 2.2.1.

Normen des International Auditing and Assurance Standards Board und deren Bindungswirkung für den Prüfer..............................................................17 Normen des International Accounting Standards Board und deren Bindungswirkung für den Prüfer .............................................................................19 Normen der Securities Exchange Commission und deren Bindungswirkung für den Prüfer ............................................................................................21

B. 2.2.2. B. 2.2.3. B. 2.3.

Zusammenfassung der Untersuchung über die Normen und deren Bindungswirkung für den Prüfer .............................................................................23

B. 3.

Inhalte der nationalen und internationalen Normen im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken......................................................................................24

B. 3.1.

Inhalte der nationalen Normen im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme...................................................................................24

B. 3.1.1. B. 3.1.1.1. B. 3.1.1.2.

Das Going Concern Prinzip in der nationalen Rechnungslegung ......................24 Prüfungspflicht und Einordnung ins Normengefüge .........................................24 Die Annahme des Going Concern Prinzips .......................................................27

IX

B. 3.1.1.2.1. B. 3.1.1.2.2. B. 3.1.1.3. B. 3.1.1.3.1. B. 3.1.1.3.2. B. 3.1.1.3.2.1. B. 3.1.1.3.2.2. B. 3.1.1.4. B. 3.1.1.5. B. 3.1.1.6. B. 3.1.1.7. B. 3.1.2. B. 3.1.2.1. B. 3.1.2.2. B. 3.1.2.2.1.

Anwendungs- und Prognosezeitraum ................................................................27 Zu berücksichtigende Ereignisse .......................................................................28 Die Nicht-Annahme des Going Concern Prinzips .............................................29 Entgegenstehende tatsächliche und rechtliche Gegebenheiten ..........................29 Bestandsgefährdung auf Grund von Insolvenz ..................................................32 Insolvenzverfahren und Antragstellung .............................................................32 Insolvenzeröffnungsgründe................................................................................34 Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit und Prüfungsplanung...........................37 Urteilsbildung über die Going Concern Annahme.............................................38 Zusätzliche Prüfungshandlungen bei bestandsgefährdenden Tatsachen............40 Bewertung ..........................................................................................................41 Der Lagebericht .................................................................................................42 Aufstellung eines Lageberichts..........................................................................42 Inhalt eines Lageberichts ...................................................................................44 Inhalt eines Lageberichts nach § 289 Abs. 1 HGB (Allgemeine Berichtspflichten)..........................................................................44 B. 3.1.2.2.1.1. Wirtschaftsbericht ..............................................................................................44 B. 3.1.2.2.1.2. Chancen- und Risikobericht...............................................................................45 B. 3.1.2.2.2. Inhalt eines Lageberichts nach § 289 Abs. 2 HGB (Spezielle Berichtspflichten)..............................................................................48 B. 3.1.2.3. Prüfung eines Lageberichts................................................................................49 B. 3.1.3. Das Risikofrüherkennungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG ................................51 B. 3.1.3.1. Maßnahmen zur Risikofrüherkennung...............................................................51 B. 3.1.3.2. Prüfung der Maßnahmen zur Risikofrüherkennung...........................................54 B. 3.1.4. Berichterstattung im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme ............................................................................................................55 B. 3.1.4.1. Berichterstattung in Form eines Prüfungsberichts .............................................55 B. 3.1.4.2. Berichterstattung in Form eines Bestätigungsvermerks.....................................57 B. 3.1.4.2.1. Berichterstattung in Form eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks......57 B. 3.1.4.2.2. Berichterstattung in Form eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks..........60 B. 3.1.4.2.3. Berichterstattung in Form eines Versagungsvermerks ......................................60 B. 3.1.4.3. Bedingte Erteilung von Bestätigungsvermerken................................................62 B. 3.1.4.4. Tatsachen nach Erteilung von Bestätigungsvermerken .....................................62 B. 3.1.4.5. Self-fulfilling Prophecy .....................................................................................62 B. 3.2.

Inhalte der internationalen Normen im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme.............................................................................63

B. 3.2.1. B. 3.2.1.1. B. 3.2.1.2.

Das Going Concern Prinzip in der internationalen Rechnungslegung...............63 Das Going Concern Prinzip in den International Standards on Auditing ..........63 Das Going Concern Prinzip in den International Financial Reporting Standards............................................................................................................63 Das Going Concern Prinzip in den United States-General Accepted Accounting Principles ........................................................................................65 Lagebericht, Risikofrüherkennungssystem und Berichterstattung in der internationalen Rechnungslegung ......................................................................66

B. 3.2.1.3. B. 3.2.2. B. 3.3.

Vergleich der nationalen und internationalen Rechnungslegung hinsichtlich des Going Concern Prinzips........................................................................67

X

C.

Analyse des Status Quo der Entscheidungsansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung....................... 68

C. 1.

Entscheidungsansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung................................................................................................68

C. 2.

Methodengestützte Ansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung................................................................................................69

C. 2.1.

Die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung mathematisch-statistischer Ansätze ...................................................................69

C. 2.1.1. C. 2.1.2.

Einführung in die mathematisch-statistischen Ansätze......................................69 Theoretische Grundlagen der mathematisch-statistischen Ansätze und deren kritische Würdigung.................................................................................72 Theoretische Grundlagen der einfachen mathematisch-statistischen Verfahren und deren kritische Würdigung...............................................................72 Einzelkennzahlen und Kennzahlensysteme .......................................................72 Quicktest ............................................................................................................74 Saarbrücker Modell............................................................................................76 RSW-Verfahren .................................................................................................78 Kritische Würdigung der einfachen mathematisch-statistischen Verfahren ......79 Theoretische Grundlagen der komplexen mathematisch-statistischen Verfahren und deren kritische Würdigung...............................................................81 Diskriminanzanalyse..........................................................................................81 Das Verfahren der Diskriminanzanalyse ...........................................................81 Univariate Diskriminanzanalyse ........................................................................84 Multivariate Diskriminanzanalyse .....................................................................84 Nearest-Neighbor-Verfahren .............................................................................86 Kritische Würdigung der Diskriminanzanalyse .................................................86 Künstliches neuronales Netz..............................................................................87 Das Verfahren des künstlichen neuronalen Netzes............................................87 Kritische Würdigung des künstlichen neuronalen Netzes .................................90 Regressionsanalyse ............................................................................................91 Das Verfahren der Regressionsanalyse..............................................................91 Kritische Würdigung der Regressionsanalyse ...................................................94 Entscheidungsbaum ...........................................................................................94 Das Verfahren des Entscheidungsbaums ...........................................................94 Kritische Würdigung des Entscheidungsbaums.................................................95 Status Quo in der Forschung bei den komplexen mathematischstatistischen Verfahren.......................................................................................96 Fitz Patrick (1932) .............................................................................................96 Merwin (1942) ...................................................................................................97 Beaver (1966).....................................................................................................98 Altman (1968)....................................................................................................99 Deakin (1972) ..................................................................................................101 Beermann (1976) .............................................................................................102 Weinrich (1978) ...............................................................................................105

C. 2.1.2.1. C. 2.1.2.1.1. C. 2.1.2.1.2. C. 2.1.2.1.3. C. 2.1.2.1.4. C. 2.1.2.1.5. C. 2.1.2.2. C. 2.1.2.2.1. C. 2.1.2.2.1.1. C. 2.1.2.2.1.2. C. 2.1.2.2.1.3. C. 2.1.2.2.1.4. C. 2.1.2.2.1.5. C. 2.1.2.2.2. C. 2.1.2.2.2.1. C. 2.1.2.2.2.2. C. 2.1.2.2.3. C. 2.1.2.2.3.1. C. 2.1.2.2.3.2. C. 2.1.2.2.4. C. 2.1.2.2.4.1. C. 2.1.2.2.4.2. C. 2.1.3. C. 2.1.3.1. C. 2.1.3.2. C. 2.1.3.3. C. 2.1.3.4. C. 2.1.3.5. C. 2.1.3.6. C. 2.1.3.7.

XI

C. 2.1.3.8. C. 2.1.3.9. C. 2.1.3.10. C. 2.1.3.11. C. 2.1.3.12. C. 2.1.3.13. C. 2.1.3.14. C. 2.1.3.15. C. 2.1.3.16. C. 2.1.3.17.

Gebhardt (1980) ...............................................................................................108 Mutchler (1985) ...............................................................................................111 Baetge/Huß/Niehaus (1986 und 1988).............................................................115 Odom/Sharda (1990)........................................................................................118 Tam (1991).......................................................................................................120 Feidicker (1992)...............................................................................................123 Blochwitz/Eigermann (2000)...........................................................................125 Kuruppu/Laswad/Oyelere (2003) ....................................................................129 Koh (2004) .......................................................................................................131 Zusammenfassende kritische Würdigung der komplexen mathematischstatistischen Ansätze ........................................................................................133

C. 2.2.

Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung modelltheoretischer Ansätze ............................................................................136

C. 2.2.1.

Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung grafischer Verfahren ........................................................................................136 Theoretische Grundlagen der grafischen Verfahren und deren kritische Würdigung .......................................................................................................136 Status Quo in der Forschung bei den grafischen Verfahren ............................138 Moriarity (1979)...............................................................................................138 Moriarity und Altman im Vergleich ................................................................141 Kritische Würdigung der grafischen Verfahren...............................................142 Die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung des katastrophentheoretischen Ansatzes ..........................................................144 Theoretische Grundlagen des katastrophentheoretischen Ansatzes.................144 Status Quo in der Forschung beim katastrophentheoretischen Ansatz ............147 Kritische Würdigung des katastrophentheoretischen Ansatzes .......................151

C. 2.2.1.1. C. 2.2.1.2. C. 2.2.1.2.1. C. 2.2.1.2.2. C. 2.2.1.2.3. C. 2.2.2. C. 2.2.2.1. C. 2.2.2.2. C. 2.2.2.3. C. 2.3.

D.

Zusammenfassung des Status Quo der methodengestützten Ansätze für die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung............................152

Empirische Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung ......................................................................... 155

D. 1.

Empirischgestützte Ansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung..............................................................................................155

D. 2.

Theoretische Grundlagen der empirischgestützten Ansätze ............................156

D. 2.1.

Einführung in die empirischgestützten Ansätze...............................................156

D. 2.2.

Richtung, Art, Menge und Aussagekraft der Informationen............................157

D. 2.3.

Reihenfolge der Informationen ........................................................................158

D. 2.4.

Antwortmodi ....................................................................................................159

D. 2.5.

Aufgabenstellung .............................................................................................160

D. 3.

Die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung empirischgestützter Ansätze ............................................................................160

D. 3.1.

Allgemeiner Überblick.....................................................................................160

D. 3.2.

Status Quo in der Forschung bei den empirischgestützten Ansätzen...............161

XII

D. 3.2.1. D. 3.2.1.1. D. 3.2.1.2. D. 3.2.1.3. D. 3.2.2. D. 3.2.2.1. D. 3.2.2.2. D. 3.2.2.3. D. 3.2.2.4. D. 3.2.2.5. D. 3.2.2.6. D. 3.2.2.7.

Status Quo in der Forschung über die Wichtigkeit der Informationen ............161 Mutchler (1984) ...............................................................................................161 Mutchler (1986) ...............................................................................................164 LaSalle/Anandaranjan (1996) ..........................................................................169 Status Quo in der Forschung über die Präsentation der Informationen ...........173 Ashton/Ashton (1988)......................................................................................173 Tubbs/Messier/Knechel (1990)........................................................................177 Messier (1992) .................................................................................................180 Cushing/Ahlawat (1996) ..................................................................................183 Ahlawat (1999) ................................................................................................186 Arnold/Collier/Leech/Sutton (2000) ................................................................189 Ashton/Kennedy (2002)...................................................................................192

D. 3.3.

Zusammenfassung und kritische Würdigung des Status Quo der empirischgestützten Ansätze für die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung..............................................................................................195

D. 4.

Aufbau und Durchführung der empirischen Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung .......................................................199

D. 4.1.

Untersuchungsziele der empirischen Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken .......199

D. 4.2.

Das Analyseinstrument „Fragebogen“.............................................................199

D. 4.2.1. D. 4.2.2.

Überlegungen zur Auswahl des Analyseinstruments „Fragebogen“ ...............199 Entwicklung und Aufbau des Fragebogens .....................................................200

D. 4.3.

Durchführung der empirischen Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken ..................206

D. 4.3.1. D. 4.3.2. D. 4.3.3. D. 4.3.3.1. D. 4.3.3.2.

Grundgesamtheit und Auswahl der Stichprobe................................................206 Versendung und Rücklauf der Fragebögen......................................................207 Nonresponse Bias.............................................................................................209 Grundlagen des Nonresponse Bias ..................................................................209 Überprüfung auf Nonresponse Bias.................................................................212

D. 5.

Auswertung der Studie.....................................................................................215

D. 5.1.

Grundlegende Informationen zur Auswertung der Studie ...............................215

D. 5.2.

Auswertung des ersten Fragebogenabschnitts .................................................217

D. 5.2.1. D. 5.2.2. D. 5.2.3.

Demografische Angaben..................................................................................217 Branche ............................................................................................................219 Bestätigungsvermerke......................................................................................220

D. 5.3.

Auswertung des zweiten Fragebogenabschnitts...............................................221

D. 5.3.1. D. 5.3.2. D. 5.3.2.1. D. 5.3.2.2. D. 5.3.3. D. 5.3.3.1.

Entscheidungsfaktoren .....................................................................................221 Kennzahlen ......................................................................................................224 Wichtigkeit und Insolvenzgrund der Kennzahlen............................................224 Weitere Kennzahlen.........................................................................................227 Sachverhalte.....................................................................................................229 Wichtigkeit und Tendenz zum Testat der Sachverhalte...................................229

XIII

D. 5.3.3.2. D. 5.3.4. D. 5.3.4.1. D. 5.3.4.2. D. 5.3.4.3. D. 5.3.4.3.1. D. 5.3.4.3.2. D. 5.3.4.3.3. D. 5.3.4.3.4.

Weitere Sachverhalte .......................................................................................232 Informationsreihenfolge...................................................................................234 Würdigung der Anmerkungen der Teilnehmer ................................................234 Auswertung der Fragen unabhängig von der Reihenfolge...............................235 Bildung und Überprüfung der Annahmen .......................................................237 Theoretische Grundlagen zur Bildung und Überprüfung der Annahmen ........237 Bildung und Überprüfung der ersten Annahme ...............................................238 Aufstellung und Überprüfung der zweiten Annahme ......................................239 Aufstellung und Überprüfung der dritten Annahme ........................................240

D. 5.4.

Auswertung des dritten Fragebogenabschnitts ................................................241

D. 5.4.1. D. 5.4.2. D. 5.4.2.1. D. 5.4.2.2.

Überblick..........................................................................................................241 Theoretische Eignung methodengestützter Ansätze ........................................241 Einzelantworten der theoretischen Eignung methodengestützter Ansätze ......241 Antwortkombinationen zur theoretischen Eignung methodengestützter Ansätze.............................................................................................................243 Gründe für bzw. gegen die theoretische Eignung methodengestützter Ansätze.............................................................................................................244 Praktische Anwendung methodengestützter Ansätze ......................................247 Einzelantworten der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze ...247 Antwortkombinationen der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze.............................................................................................................249 Gründe für bzw. gegen die praktische Anwendung methodengestützter Ansätze.............................................................................................................250 Vergleich zwischen der theoretischen Eignung und der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze.............................................................253 Häufigkeit der praktischen Anwendung und Zuverlässigkeit methodengestützter Ansätze ............................................................................................254 Anwendung der methodengestützten Ansätze bei der Jahresabschlussprüfung sowie Gründe der Nichtanwendung ...................................................256

D. 5.4.2.3. D. 5.4.3. D. 5.4.3.1. D. 5.4.3.2. D. 5.4.3.3. D. 5.4.4. D. 5.4.5. D. 5.4.6. D. 6.

E.

Vergleich der Auswertungsergebnisse der vorliegenden Arbeit mit den Untersuchungsergebnissen aus dem englischsprachigen Raum.......................260

Zusammenfassung und Ausblick ........................................................... 262

E. 1.

Zusammenfassung der Arbeit ..........................................................................262

E. 2.

Kritische Würdigung dieser Arbeit und künftiges Forschungspotenzial .........264

Literaturverzeichnis......................................................................................... 269 Anhang .............................................................................................................. 295

XIV

Abkürzungsverzeichnis A a.A. Abb.

anderer Ansicht Abbildung

ABl. Abs. ADS AG AIC AICPA AktG Anm. APB ARB Art. ASR Aufl.

Amtsblatt Absatz Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt Aktiengesellschaft Accounting Interpretations Committee American Institute of Certified Public Accountants Aktiengesetz Anmerkung Accounting Principles Board Accounting Research Bulletin Artikel Accounting Series Release Auflage

% Bd. BGB BGBl. BilKoG

BMJ BT-Drucksache bzw.

Band Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bilanzkontrollgesetz (Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen) Bilanzrechtsreformgesetz (Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung) Bundesministerium der Justiz Bundestags-Drucksache beziehungsweise

C CPA

Certified Public Accountant

BilReG

XV

D dgl. d.h. DM DRS DRSC DSR DStR

dergleichen das heißt Deutsche Mark (Währung) Deutscher Rechnungslegungsstandard Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee Deutscher Standardisierungsrat Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)

E EBIT E - DRS e.V. EG EoS et al. EU EUR Euro-EG EWG

Jahresüberschuss vor Zinsen und Steuern Entwurf - Deutscher Rechnungslegungsstandard eingetragener Verein Europäische Gemeinschaft End-of-Sequence und andere Europäische Union Euro (Währung) EURO-Einführungsgesetz Europäische-Wirtschafts-Gemeinschaft

F f.

folgende

FAR FASB ff. FKQ Fn.

Fachausschuss Recht Financial Accounting Standards Board fortfolgende Fremdkapitalquote Fußnote

G GAS GASC GenG GG ggf. GmbH GmbH & Co. KG GmbHG GoB

German Accounting Standards German Accounting Standards Committee Genossenschaftsgesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co. Kommanditgesellschaft Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

XVI

H HFA FG HGB Hrsg.

Fachgutachten des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer e.V. Handelsgesetzbuch Herausgeber

I i.S.d. i.e.S. i.V.m. i.w.S. IAASB IAS IASB IASC ID IDW IDW IPS IDW PH IDW PS IDW RH IDW RS IDW S

im Sinne des im engeren Sinne in Verbindung mit im weiteren Sinne International Auditing and Assurance Standards Board International Accounting Standard International Accounting Standards Board International Accounting Standards Committee Iterative Dichotomiser (Entscheidungsbaumverfahren) Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. IDW PS zur ISA-Ergänzung IDW Prüfungshinweise IDW Prüfungsstandards IDW Rechnungslegungshinweise IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung IDW Standards

IFAC IFRIC IFRS INFORMS InsO ISA ISAs Iss.

International Federation of Accountants International Financial Reporting Interpretation Committee International Financial Reporting Standards Institute for Operations Research and the Management Sciences Insolvenzordnung International Standard on Auditing International Standards on Auditing Issue

J Jg. Jr.

Jahrgang Junior

XVII

K k.A. K.O. KG KGaA KonTraG KPMG KWG M MD&A

keine Angabe Knock Out Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Kreditwesengesetz

Mio.

Management’s Discussion & Analysis of Financial Condition and Results of Operation Millionen

N n.F. No. Nr.

neue Fassung Numero Nummer

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ohne Jahrgang ohne Verfasser

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Offene Handelsgesellschaft

P Pos. PS PublG

Posten Prüfungsstandard Publizitätsgesetz

R RIC RL RoI Rn. RSW

Rechnungslegungs Interpretations Committee Reichmann/Lachnit Return on Investment Randnummer/n Rendite, Sicherheit, Wachstum

XVIII

S S. SAS SbS SEC SFAC SFAS SIC sog. Sp. StückAG

Seite/n Statement on Auditing Standards Step-by-Step Securities Exchange Commission Statement of Financial Accounting Concepts Statement of Financial Accounting Standards Standard Interpretations Committee so genannt(e) Spalte Gesetz zur Zulassung von Stückaktien

T Tab. Tz.

Tabelle Textziffer

U u.a. UK-GAAP USA US-GAAP usw.

unter anderem United Kingdom-Generally Accepted Accounting Principles United States of America (Vereinigte Staaten von Amerika) United States-Generally Accepted Accounting Principles und so weiter

V VAG vgl. Vol.

Versicherungsaufsichtsgesetz vergleiche Volume

W Washington D.C. WestLB WPG WP Handbuch WPK WPK-Mitteilungen WPO

Z z.B. ZPO ZVEI

Washington - District of Columbia (Hauptstadt der USA) Westdeutsche Landesbank Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Wirtschaftsprüfer-Handbuch Wirtschaftsprüferkammer Wirtschaftsprüferkammer-Mitteilungen (Zeitschrift) Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung)

zum Beispiel Zivilprozessordnung Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie e.V.

XIX

Abbildungsverzeichnis Abb. 1:

Arten des Insolvenzverfahrens ....................................................................................32

Abb. 2:

Arten der Diskriminanzanalyse...................................................................................82

Abb. 3:

Aufbau eines künstlichen neuronalen Netzes..............................................................89

Abb. 4:

Lineare und nichtlineare Regressionsbeziehung .........................................................92

Abb. 5:

Kleinste-Quadrate-Methode ........................................................................................93

Abb. 6:

Verlauf einer logistischen Funktion ............................................................................93

Abb. 7:

Definition des qualitativen Deckungsgrades.............................................................127

Abb. 8:

Beispiele von Flury/Riedwyl-Gesichtern (von links nach rechts: Minimalgesicht, Durchschnittsgesicht, Maximalgesicht) .........................................137

Abb. 9:

Beispiele von asymmetrischen Flury/Riedwyl-Gesichtern........................................143

Abb. 10: Horn-Katastrophenmodell.........................................................................................146 Abb. 11: Darstellungsbeispiel einer Katastrophe im Horn-Modell..........................................148 Abb. 12: Interpretation des Horn-Katastrophenmodells ..........................................................150 Abb. 13: Das Horn-Katastrophenmodell am Beispiel eines Automobilkonzerns ....................151 Abb. 14: Beispielhafte Darstellung von Gruppenunterschieden in Form einer Fischflosse ....191 Abb. 15: Grafiken der Fragen mit signifikanten Gruppenunterschieden .................................214 Abb. 16: Einzelverteilungen der drei wichtigsten Kennzahlen ................................................225 Abb. 17: Einzelverteilungen der drei unwichtigsten Kennzahlen ............................................225

XXI

Tabellenverzeichnis Tab. 1:

Entwicklung der Insolvenzen in Europas im Zeitraum 2001 bis 2005 .........................6

Tab. 2:

Eröffnungsgründe des Insolvenzverfahrens nach der InsO.........................................34

Tab. 3:

Kennzahlen und Beurteilungsskala des Schnelltests...................................................75

Tab. 4:

Beurteilungsskala des Quicktests für Kennzahlentrends.............................................75

Tab. 5:

Kennzahlen und Beurteilungsskala des Saarbrücker Modells.....................................76

Tab. 6:

Interpretation der Gesamtpunktzahl des Saarbrücker Modells ...................................77

Tab. 7:

Darstellung und Interpretation des RSW-Modells ......................................................78

Tab. 8:

Zusammensetzung der Stichprobe (Merwin 1942) .....................................................97

Tab. 9:

Fehlklassifikationsraten in Prozent (Beaver 1966) .....................................................99

Tab. 10: Ergebnisse für ein Jahr bzw. zwei Jahre vor Eintritt der Insolvenz (Altman 1968) ...........................................................................................................100 Tab. 11: Fehler 1. Art für bis zu fünf Jahren vor Eintritt der Insolvenz (Altman 1968) .........100 Tab. 12: Fehlerraten der univariaten Diskriminanzanalyse (Klammerangaben enthalten Ergebnisse von Beaver; Deakin 1972)........................101 Tab. 13: Fehlerraten der Diskriminanzfunktionen (Deakin 1972) ..........................................102 Tab. 14: Auswahl von Klassifikationsergebnissen bei Minimierung des Gesamtfehlers (Beermann 1976).......................................................................................................104 Tab. 15: Fehlklassifikationen der Diskriminanzanalyse mit Median als Trennwert (Beermann 1976).......................................................................................................104 Tab. 16: Katalog der getesteten Kennzahlen (Weinrich 1978)................................................107 Tab. 17: Klassifikationsergebnisse der Trainingsstichprobe mit linearer multivariater Diskriminanzanalyse (Weinrich 1978)......................................................................107 Tab. 18: Fehlklassifikationen des Punktbewertungsschemas (Weinrich 1978) ......................108 Tab. 19: Fehlklassifikationen in Prozent bei der Stichprobe „AktG 1937“ (Gebhardt 1980) ........................................................................................................109 Tab. 20: Fehlklassifikationen in Prozent bei der Stichprobe „AktG 1965“ (Gebhardt 1980) ........................................................................................................110 Tab. 21: Vergleich zwischen multivariater und univariater Diskriminanzanalyse (Gebhardt 1980) ........................................................................................................111 Tab. 22: Sachverhalte zur Identifikation von problembehafteten Unternehmen (Mutchler 1985) ........................................................................................................112 Tab. 23: Kennzahlen der Diskriminanzanalyse (Mutchler 1985)............................................112 Tab. 24: Gute und schlechte Unternehmensnachrichten (Mutchler 1985) ..............................113 Tab. 25: Ergebnisse der vier verschiedenen Diskriminanzanalysen in Prozent (Mutchler 1985) ........................................................................................................114 Tab. 26: Diskriminanzfunktion bestehend aus vier Kennzahlen (Baetge/Huß/Niehaus 1986)......................................................................................116

XXIII

Tab. 27: Diskriminanzfunktion bestehend aus drei Kennzahlen (Baetge/Huß/Niehaus 1988)......................................................................................117 Tab. 28: Klassifikationsergebnisse der Teststichprobe (Baetge/Huß/Niehaus 1988)..............117 Tab. 29: Klassifikationsergebnisse der Validierungsstichprobe (Baetge/Huß/Niehaus 1988)......................................................................................118 Tab. 30: Ergebnisvergleich der Verfahren multivariate Diskriminanzanalyse und künstliches neuronales Netz (Odom/Sharda 1990) ...................................................119 Tab. 31: Ergebnisvergleich der Verfahren multivariate Diskriminanzanalyse und künstliches neuronales Netz beim Test auf Robustheit (Odom/Sharda 1990) ..........119 Tab. 32: Überblick der verwendeten Kennzahlen (Tam 1991) ...............................................121 Tab. 33: Übersicht der Ergebnisse aller angewandten Verfahren (Tam 1991) .......................122 Tab. 34: Klassifikationsergebnisse der Stichprobe (Feidicker 1992) ......................................124 Tab. 35: Klassifikationsfähigkeit der Kennzahlen (Feidicker 1992).......................................124 Tab. 36: Klassifikationsergebnisse der Validierungsstichprobe (Feidicker 1992) ..................125 Tab. 37: Klassifikationsergebnisse der Validierungsstichprobe „HGB 1986“ (Feidicker 1992) ........................................................................................................125 Tab. 38: Übersicht über die angewandten Kennzahlen (Blochwitz/Eigermann 2000)............128 Tab. 39: Angewandte Diskriminanzfunktionen (Blochwitz/Eigermann 2000) .......................128 Tab. 40: Ergebnisse der verschiedenen Diskriminanzfunktionen (Blochwitz/Eigermann 2000) ....................................................................................129 Tab. 41: Klassifikationsergebnisse (Kuruppu/Laswad/Oyelere 2003) ....................................131 Tab. 42: Klassifikationsergebnisse der Validierungsstichprobe (Koh 2004) ..........................133 Tab. 43: Zusammenfassung der wichtigsten Kritikpunkte bei dargestellten komplexen mathematisch-statistischen Verfahren.......................................................................135 Tab. 44: Gesichtsmerkmale bei Flury/Riedwyl-Gesichtern.....................................................137 Tab. 45: Zuordnung von Kennzahlen zu Gesichtsmerkmalen (Moriarity 1979).....................139 Tab. 46: Klassifikationsergebnisse der Studie mit Studenten (Moriarity 1979)......................140 Tab. 47: Klassifikationsergebnisse der Studie mit Buchhaltern (Moriarity 1979) ..................141 Tab. 48: Anwendung der Daten Moriarity´s auf das Modell von Altman (Moriarity 1979)........................................................................................................141 Tab. 49: Grundsätze der Anwendung bei methodengestützten Verfahren ..............................152 Tab. 50: Einflussfaktoren durch Informationen auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme.....................................................................................................158 Tab. 51: Auswertungsergebnisse des ersten Fragebogenabschnitts (Mutchler 1984) .............162 Tab. 52: Auswertungsergebnisse des zweiten Fragebogenabschnitts (Mutchler 1984) ..........163 Tab. 53: Auswertungsergebnisse des dritten Fragebogenabschnitts (Mutchler 1984) ............163 Tab. 54: Auswahlkategorien für die Stichprobe (Mutchler 1986)...........................................164 Tab. 55: Übersicht von Unternehmensnachrichten (Mutchler 1986) ......................................165

XXIV

Tab. 56: Verteilung der Unternehmen über die Anzahl der Kriterien in Abhängigkeit des erhaltenen Testats (Mutchler 1986)...........................................................................166 Tab. 57: Klassifikation der Unternehmen in Abhängigkeit des erteilten Testats und der Unternehmensgröße nach der Kriterienanzahl (die Klammerangaben enthalten den Grad der finanziellen Schwierigkeiten in Form des Diskriminanzwertes; Mutchler 1986)........................................................167 Tab. 58: Durchschnittliche Anzahl an Unternehmensnachrichten (Mutchler 1986) ...............167 Tab. 59: Zusammenfassung von Kriterien für (Non) Big8-WPG der zweiten Unternehmensklasse (Mutchler 1986) ......................................................................168 Tab. 60: Auswertungsergebnisse der 69 Sachverhalte (LaSalle/Anandaranjan 1996) ............171 Tab. 61: Zusammenfassung der Ergebnisse der fünf Hypothesen (Ashton/Ashton 1988)......173 Tab. 62: Auswertungsergebnisse des dritten Experiments (Ashton/Ashton 1988) .................177 Tab. 63: Ergebnisse der Manipulationschecks des ersten und zweiten Experiments (Tubbs/Messier/Knechel 1990) .................................................................................179 Tab. 64: Ergebnisse der Manipulationschecks des dritten und vierten Experiments (Tubbs/Messier/Knechel 1990) .................................................................................180 Tab. 65: Auswertungsergebnisse des ersten Experiments (Messier 1992)..............................182 Tab. 66: Auswertungsergebnisse des zweiten Experiments (Messier 1992)...........................183 Tab. 67: Zusammenfassung der Ergebnisse (Cushing/Ahlawat 1996)....................................185 Tab. 68: Zusammenfassung der Ergebnisse (Ahlawat 1999) ..................................................187 Tab. 69: Zusammenfassung der Ergebnisse hinsichtlich der Order Effects (Ahlawat 1999)..........................................................................................................188 Tab. 70: Zusammenfassung der Wahrscheinlichkeitsangaben (Arnold et al. 2000) ...............190 Tab. 71: Zusammenfassung der Ergebnisse (Arnold et al. 2000)............................................191 Tab. 72: Zusammenfassung der Ergebnisse (Klammerangaben enthalten anfängliche Wahrscheinlichkeit; Ashton/Kennedy 2002) ............................................................194 Tab. 73: Erteilte eingeschränkte Bestätigungsvermerke differenziert nach Gruppen und Informationsreihenfolge (Ashton/Kennedy 2002) ....................................................194 Tab. 74: Unstimmigkeiten zwischen Teilnehmerangaben und ihren endgültigen Entscheidungen (Ashton/Kennedy 2002)..................................................................195 Tab. 75: Kennzahlenkatalog des Fragebogens ........................................................................202 Tab. 76: Sachverhaltskatalog des Fragebogens einschließlich Klassifizierung ......................204 Tab. 77: Sachverhaltssets zur Überprüfung von Reihenfolgeeffekten ....................................204 Tab. 78: Aufteilung der Teilnehmer nach Geschlecht und Tätigkeitsart.................................206 Tab. 79: Gründe der Absagen..................................................................................................208 Tab. 80: Rücklauf der vollständig ausgefüllten und fristgerecht zurückgesandten Fragebögen .........................................................................................................................209 Tab. 81: Überprüfung auf Nonresponse Bias: Fragen mit signifikanten Gruppenunterschieden.....................................................................................................................213 Tab. 82: Geschlecht und Berufsqualifikation der Teilnehmer sowie Berufsstand ..................216

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Tab. 83: Berufs- und Zusatzqualifikation der Teilnehmer ......................................................217 Tab. 84: Struktur des Alters der Teilnehmer ...........................................................................217 Tab. 85: Struktur der Arbeitgeber der Teilnehmer ..................................................................218 Tab. 86: Struktur der Positionen im Unternehmen der Teilnehmer ........................................218 Tab. 87: Struktur der Berufserfahrung in der Unternehmensposition der Teilnehmer............218 Tab. 88: Struktur der Berufserfahrung der Teilnehmer bei Bildung von Erfahrungsgruppen......................................................................................................................219 Tab. 89: Zusammenfassung der Angaben der Branchen der Teilnehmer................................220 Tab. 90: Struktur der erteilten Testate der Teilnehmer............................................................220 Tab. 91: Zusammenfassung der Unternehmensfaktoren .........................................................221 Tab. 92: Zusammenfassung der Angaben zu den sonstigen Faktoren.....................................223 Tab. 93: Auswertungsergebnisse der Kennzahlenbeurteilung.................................................224 Tab. 94: Zusammenfassung der zusätzlich angegebenen Kennzahlen ....................................228 Tab. 95: Reihenfolge der Sachverhalte nach zugeordneter Bedeutung ...................................230 Tab. 96: Zusammenfassung der zusätzlich angegebenen Sachverhalte ..................................233 Tab. 97: Erteilte Testate unabhängig von der Reihenfolge der Informationen .......................236 Tab. 98: Gesamturteile der Fragebögen A und B ....................................................................238 Tab. 99: Übersicht über die Meinungsänderungen..................................................................240 Tab. 100: Anteile von methodengestützten Ansätzen an einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme..........................................................................................241 Tab. 101: Angabe sonstiger Ansätze mit theoretischer Eignung...............................................242 Tab. 102: Antwortkombinationen zur Frage der theoretischen Eignung methodengestützter Ansätze .........................................................................................................243 Tab. 103: Gründe für bzw. gegen die theoretische Eignung methodengestützter Ansätze .......246 Tab. 104: Gründe für die fehlende theoretische Eignung methodengestützter Ansätze............247 Tab. 105: Angabe sonstiger Ansätze mit praktischer Anwendung............................................248 Tab. 106: Antwortkombinationen zur Frage der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze .........................................................................................................249 Tab. 107: Gründe für bzw. gegen die praktische Anwendung verschiedener methodengestützter Ansätze .........................................................................................................252 Tab. 108: Gründe für die fehlende praktische Anwendung methodengestützter Ansätze.........252 Tab. 109: Häufigkeit der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze und ihre durchschnittliche Zuverlässigkeit..............................................................................254 Tab. 110: Anwendungshäufigkeit methodengestützter Ansätze ...............................................256 Tab. 111: Gründe der Nichtanwendung methodengestützter Ansätze ......................................257

XXVI

A. Einleitung A. 1. Begriffsabgrenzung: Going Concern Prinzip Das Going Concern Prinzip ist ein zentrales Grundprinzip der Rechnungslegung1, das bei der Aufstellung eines Jahresabschlusses am Ende eines jeden Geschäftsjahres berücksichtigt werden muss. Die gesetzlichen Vertreter des Unternehmens haben die Pflicht, die Fortführung der Unternehmenstätigkeit einzuschätzen. Der Prüfer hat diese Beurteilung nachzuvollziehen. Der Grundsatz der Unternehmensfortführung wurde durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz erstmalig im deutschen Handelsrecht kodifiziert. Nach diesem Prinzip ist „bei der Bewertung […] von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen […], sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.“ (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Seither wird dieser Grundsatz als ein unbestimmter Rechtsbegriff angesehen. Seine inhaltliche Interpretation ist durch viele Unbekannte oder Ungenauigkeiten gekennzeichnet, so dass hier der Begriff „Unternehmensfortführung“ definiert wird. Der Begriff „Unternehmensfortführung“ kann sowohl im rechtlichen Sinne als auch hinsichtlich der unternehmensspezifischen Tätigkeit ausgelegt werden. Es ist zu untersuchen, welche Auslegung der Gesetzgeber gewollt hat. Im Rahmen einer rechtlichen Interpretation ist eine Abkehr vom Grundsatz der Unternehmensfortführung nur möglich, wenn die Liquidation des Unternehmens abgeschlossen und das Unternehmen aus dem Handelsregister gelöscht worden ist (§§ 157 Abs. 1 HGB, 273 Abs. 1 AktG, 74 Abs. 1 GmbHG, 78 Abs. 2 GenG).2 Gegen eine rechtliche Auslegung im Rahmen des Going Concern Prinzips sprechen zwei Gründe. Zum einen besagt die Fortführung der Unternehmenstätigkeit, dass das Unternehmen seine Tätigkeit dauernd sowie dem Unternehmenszweck entsprechend betreibt und daher aktiv am wirtschaftlichen Leben teilnimmt. Die Liquidationsphase stellt die letzte Zeitspanne vor der Löschung des Unternehmens aus dem Handelsregister dar. Diese aktive Teilnahme ist nicht mit einer ständigen aktiven Teilnahme vergleichbar. Obwohl Mantelgesellschaften oder rein vermögensverwaltende Unternehmen ihre dem Unternehmenszweck entsprechende Tätigkeit nicht fortlaufend ausüben, gelten für sie die gleichen Rechnungslegungsgrundsätze, somit auch der Grundsatz der Unternehmensfortführung, wie für ständig aktiv tätige Unternehmen.3 Eine Abkehr vom Going Concern Prinzip ist bei diesen besonderen Unternehmen ebenfalls erst dann erlaubt, wenn dem tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Die Einstellung

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Vgl. Storey, Reed K. (1959): Revenue realization, going concern and measurement of income. In: The Accounting Review, Vol. 34, Iss. 2, April 1959, S. 232-238, hier S. 232; Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003): Wirtschaftsprüfung: Grundlagen des betriebswirtschaftlichen Prüfungswesens nach nationalen und internationalen Normen, 2. Aufl., Stuttgart 2003, S. 387. Vgl. Wetzel, Eckart (1990): Bedeutung und Probleme des Going-Concern-Prinzips für die Rechnungslegung und Abschlussprüfung notleidender Unternehmen - Eine Untersuchung unter Berücksichtigung amerikanischer und internationaler Entwicklungen, Dissertation der Universität Mannheim 1990, S. 7. Vgl. ADS (2002): Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen - Rechnungslegung nach internationalen Standards (ADS CD-ROM; ohne Autorenverzeichnis), 6. Ausgabe, Stuttgart 2002, § 252 HGB, Tz. 27.

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der Tätigkeit erfolgt mit Abwicklung oder Liquidation, wobei Ziel und Zweck des Unternehmens dann die Unternehmensbeendigung ist. Zum anderen ist gegen die rechtliche Begriffsauslegung die Existenz von Rechnungslegungsvorschriften für die Abwicklung und die Liquidation zu nennen. Hier finden spezielle Rechnungslegungsnormen Anwendung4, so dass im Abwicklungs- und Liquidationsfall die Annahme des Going Concern Prinzips nicht mehr angemessen ist. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Begriff der Unternehmensfortführung im Sinne der spezifischen Unternehmenstätigkeit auszulegen ist.5 Demnach wird die Unternehmensfortführung an der Tätigkeit des Unternehmens ausgerichtet. Solange das Unternehmen aktiv am wirtschaftlichen Leben teilnimmt und keine tatsächlichen und/oder rechtlichen Sachverhalte erkennbar sind, die diese Zusammenarbeit beeinträchtigen können, ist die Fortführung des Unternehmens gegeben. Folglich sind die Rechnungslegungsgrundsätze, somit auch der Grundsatz der Unternehmensfortführung, anzuwenden. Dies gilt ebenfalls für Mantelgesellschaften oder rein vermögensverwaltende Unternehmen, die die ihrem Unternehmenszweck entsprechende Tätigkeiten nicht fortlaufend ausüben. Selbst hinsichtlich der verwendeten Begrifflichkeiten bestehen große Unterschiede. Eine Durchsicht der Literatur offenbart den Gebrauch einer Vielzahl von verschiedenen Termini für ein und denselben Sachverhalt. Unabhängig von der Schreibweise wird dieser Grundsatz auch als Prämisse, Postulat, Prinzip oder Annahme bezeichnet. Nachstehend ist eine Auswahl von Formulierungen wiedergegeben, die im Rahmen dieser Arbeit synonym verwendet werden:

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Vgl. u.a. §§ 270 Abs. 2 Satz 3 AktG, 71 Abs. 2 Satz 3 GmbHG. Hiernach sind Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie Umlaufvermögen zu bewerten, soweit ihre Veräußerung innerhalb eines übersehbaren Zeitraumes beabsichtigt ist oder diese Vermögensgegenstände nicht mehr dem Geschäftsbetrieb dienen. Für weitere Informationen zu Bilanzansatz, Bewertung und Ausweis wird verwiesen auf IDW RS HFA 17 (2006): IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Auswirkungen einer Abkehr von der Going-Concern-Prämisse auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss. In: Die Wirtschaftsprüfung, 59. Jg., 2006, S. 40-44. Vgl. Wetzel, Eckart (1990), S. 8.

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Going-Concern-Prinzip6, Going concern-Grundsatz7, Going Concern Concept8 bzw. Konzept9, Grundsatz der Unternehmensfortführung bzw. Unternehmensfortführungsgrundsatz10, Prinzip der Unternehmensfortführung bzw. Fortführungsprinzip11, Fortführungshypothese12 bzw. Hypothese13, Postulat der Bewertung unter der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit14 bzw. Postulate of permanence15 bzw. Postulat16, Going-Concern-Status17, going-concern assumption18 bzw. Going Concern Annahme19, Prämisse20 bzw. going-

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Vgl. z.B. Platzer, Walter (1982): Jahresabschluss und Insolvenzgefahr, Informationsgehalt und Prüfung der externen Rechnungslegung bestandsgefährdeter Unternehmen, Wien 1982, S. 5; Luik, Hans (1985): Das Going-Concern-Prinzip im deutschen Bilanzrecht. In: Gross, Gerhard (Hrsg.), Der Wirtschaftsprüfer im Schnittpunkt nationaler und internationaler Entwicklungen, Düsseldorf 1985, S. 61-72, hier S. 61; Farr, Wolf-Michael (1986): Insolvenzprophylaxe durch Wirtschaftsprüfung Untersuchung über die Aufgaben und Stellung des Wirtschaftsprüfers nach dem BilanzrichtlinieGesetz, Frankfurt am Main 1986, S. 164; Hirsch, Harald (1997): Stichtagsprinzip und Goingconcern-Prinzip in Handels- und Steuerbilanz, Dissertation der Technischen Hochschule Darmstadt 1997, S. 1. Vgl. z.B. Crezelius, Georg (2000): § 42a GmbHG. In: Scholz, Franz (Hrsg.): Kommentar zum GmbH-Gesetz: mit Anhang Konzernrecht, 9. Aufl., Bd. 1, Köln 2000, Anhang § 42a, Rn. 42-43; Lück, Wolfgang/Henke, Michael (2004): Going-Concern - auch von Bedeutung für Controlling und Interne Revision? In: Seicht, Gerhard (Hrsg.), Jahrbuch für Controlling und Rechnungswesen 2004, Wien 2004, S. 93-105, hier S. 102. Vgl. z.B. Janssen, Friedrich Carl (1984): Überlegungen zum „Going concern concept“. In: Die Wirtschaftsprüfung, 37. Jg., 1984, S. 341-348, hier S. 341; Killough, Larry N./Koh, Hian Chye (1986): The going-concern concept. In: The CPA Journal, July 1986, S. 24-33, hier S. 24; Leffson, Ulrich (1987): Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 7. Aufl., Düsseldorf 1987, S. 181. Vgl. z.B. Fey, Dirk (1987): Imparitätsprinzip und GoB-System im Bilanzrecht, Berlin 1987, S. 107. Vgl. z.B. Scherrer, Gerhard/Heni, Bernhard (1996): Liquidationsrechnungslegung, 2. Aufl., Düsseldorf 1996, S. 108; Federmann, Rudolf (2000): Bilanzierung nach Handelsrecht und Steuerrecht, 11. Aufl., Berlin 2000, S. 144. Vgl. z.B. Moxter, Adolf G. (1980): Ist bei drohendem Unternehmenszusammenbruch das bilanzrechtliche Prinzip der Unternehmensfortführung aufzugeben? In: Die Wirtschaftsprüfung, 33. Jg., 1980, S. 345-351, hier S. 345; Müller, Welf (1987): Zur Rangordnung der in § 252 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 HGB kodifizierten allgemeinen Bewertungsgrundsätze. In: Havermann, Hans (Hrsg.), Bilanz- und Konzernrecht (Festschrift Goerdeler), Düsseldorf 1987, S. 397-410, hier S. 407; Achleitner, AnnKristin (1988): Going Concern-Prinzip vor dem Hintergrund der Corporate Governance-Debatte Neue Anforderungen an die Abschlussprüfung und Berichterstattung. In: Der Schweizer Treuhänder, 68. Jg., 1995, S. 881-890, hier S. 884. Vgl. z.B. Euler, Roland (1996): Das System der Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung, Stuttgart 1996, S. 137. Vgl. z.B. Bretzke, Wolf-Rüdiger (1979): Inhalt und Prüfung des Lageberichts: Anmerkungen zur gegenwärtigen und zukünftigen Praxis der Prognosequalität. In: Die Wirtschaftsprüfung, 32. Jg., 1979, S. 337-349, hier S. 347. Vgl. z.B. Leffson, Ulrich (1987), S. 187 und 225. Vgl. z.B. Storey, Reed K. (1959), S. 233. Vgl. z.B. Leffson, Ulrich (1987), S. 187. Vgl. z.B. Bausback, Mathias (1997): Die Erwartungslücke unter dem speziellen Aspekt der Unternehmensfortführung in Deutschland und der Schweiz, Frankfurt am Main 1997, S. 13. Vgl. z.B. Storey, Reed K. (1959), S. 232; Fremgen, James M. (1968): The going concern assumption: a critical appraisal. In: The Accounting Review, 43. Vol., October 1968, S. 649-656, hier S. 649; Martin, Roger Dean (1996): The effects of going-concern uncertainty information structures: an international perspective, Dissertation of the University of Texas at Austin 1996, S. 1. Vgl. z.B. Frühauf, Werner (1991): Die Urteilsbildung bei der Jahresabschlussprüfung, Dissertation der Wirtschaftsuniversität Wien 1991, S. 97. Vgl. z.B. Sarx, Manfred (1987): Einzelprobleme des Grundsatzes der Unternehmensfortführung. In: Albacht, Horst/Foster, Karlheinz (Hrsg.), Beiträge zum Bilanzrichtlinien-Gesetz - Das Recht in Theorie und Praxis, Wiesbaden 1987, S. 25-49, hier S. 27; Wetzel, Eckart (1990), S. 6.

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concern-Prämisse21 bzw. Prämisse des Going Concern22, Annahme der Fortführung23 bzw. Fortführungsannahme24, Grundsatz der Fortführung der Unternehmenstätigkeit25 bzw. Grundsatz der Fortführung26 bzw. Fortführungsgrundsatz27, Fortführungsfiktion28, Fortführungsprämisse29 oder Fortbestehensprognose30.

A. 2. Problemstellung Die anscheinende Selbstverständlichkeit und Allgemeingültigkeit des Going Concern Prinzips sind in den vergangenen Jahren auf Grund der Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen und der vermehrten Anzahl von aufgedeckten Bilanzmanipulationen negativ beeinflusst worden. Den meisten Insolvenzen ist ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk vorausgegangen. Auch bei den Bilanzmanipulationen waren eingeschränkte Testate nicht die Regel. Fraglich ist, ob das Going Concern Prinzip in diesen Fällen richtig angewandt worden ist. Die nachfolgenden Ausführungen über Unternehmensinsolvenzen und Bilanzmanipulationen sollen einen Eindruck vermitteln, wie groß die Gefahr einer zu spät bzw. nicht erkannten Bestandsgefährdung oder Manipulation und damit einer fehlerhaften Annahme des Going Concern Prinzips ist. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen für das Jahr 2005 beläuft sich in Gesamtdeutschland auf 37.900. Dies entspricht einem Rückgang von 3,50% zum Vorjahr (39.270). Die Tendenz einer rückläufigen Insolvenzentwicklung hat sich nun im zweiten Jahr bestätigt. In den letzten elf Jahren hat sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen mehr als verdoppelt. Mit Ausnahme der Jahre 1998 bis 2000 stiegen die Insolvenzen stets an und verzeichneten in 2003 ihren Höhepunkt mit 39.740 betroffenen Betrieben. Nachdem Westdeutschland in den Jahren 2003 und 2004 deutliche Zuwächse bei den Unternehmensinsolvenzen zu verzeichnen hatte, waren diese 21

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Vgl. z.B. Janssen, Friedrich Carl (1984), S. 345; Farr, Wolf-Michael (1986), S. 168; Ruhnke, Klaus (1997): Internationale Normen der Abschlussprüfung. In: Richter, Martin (Hrsg.), Theorie und Praxis der Wirtschaftsprüfung: Abschlussprüfung - Interne Revision - Kommunale Rechnungsprüfung, Berlin 1997, S. 109-152, hier S. 131; Lück, Wolfgang/Henke, Michael (2004), S. 93; IDW RS HFA 17 (2006), S. 40. Vgl. z.B. Leffson, Ulrich (1988): Wirtschaftsprüfung, 4. Aufl., Wiesbaden 1988, S. 227. Vgl. z.B. Behr, Giorgio (1990): Grundsätze ordnungsmäßiger Rechnungslegung im internationalen Vergleich. In: Behr, Giorgio/Zünd, André (Hrsg.), Grundsätze ordnungsmäßiger Rechnungslegung, Bd. 97, Zürich 1990, S. 55-61, hier S. 57. Vgl. z.B. IDW RS HFA 17 (2006), S. 42. Vgl. z.B. Coenenberg, Adolf G. (2003): Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse: Betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche, steuerrechtliche und internationale Grundsätze - HGB, IAS/IFRS, USGAAP, DRS, 19. Aufl., Stuttgart 2003, S. 45. Vgl. z.B. Regli, Werner (1990): Grundsätze ordnungsmäßiger Rechnungslegung: Unternehmensfortführung, Stetigkeit. In: Behr, Giorgio/Zünd, André (Hrsg.), Grundsätze ordnungsmäßiger Rechnungslegung, Bd. 97, Zürich 1990, S. 109-113, hier S. 110. Vgl. z.B. Müller, Welf (1987), S. 401. Vgl. z.B. Müller-Dahl, Frank P. (1979): Betriebswirtschaftliche Probleme der handels- und steuerrechtlichen Bilanzierungsfähigkeit, Berlin 1979, S. 68. Vgl. z.B. Drukarczyk, Jochen (1993): Insolvenzbilanz. In: Chmielewicz, Klaus/Schweitzer, Marcell (Hrsg.), Handwörterbuch des Rechnungswesens, 3. Aufl., Stuttgart 1993, Sp. 920-926, hier Sp. 921. Vgl. z.B. Groß, Paul J./Amen, Matthias (2002): Die Fortbestehensprognose - Rechtliche Anforderungen und ihre betriebswirtschaftlichen Grundlagen. In: Die Wirtschaftsprüfung, 55. Jg., 2002, S. 225240, hier S. 225.

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in Ostdeutschland abnehmend. Ungewöhnlich ist daher die aktuelle Entwicklung in Ostdeutschland, da hier nach zwei Jahren Rückgang ein sehr geringer Anstieg um 0,10% von 9.190 auf 9.200 Insolvenzen ermittelt worden ist. In Westdeutschland ist in 2005 erstmalig eine Verringerung um 4,60% von 30.080 auf 28.700 Insolvenzen zu verzeichnen. 31 In Westeuropa sank zum ersten Mal nach vier Jahren die Zahl der Unternehmensinsolvenzen von 150.312 im Jahr 2004 auf 147.239 im Folgejahr. Dies entspricht einem Rückgang von 2,00%. Die Entwicklung der Insolvenzstatistiken für Westeuropa sowie ausgewählte Staaten aus Osteuropa findet sich in den Tabellen 1 und 2.32

Westeuropa34 Portugal Norwegen Schweiz Frankreich Deutschland Österreich Belgien Italien Schweden Dänemark Griechenland Niederlande Finnland Luxemburg Großbritannien Spanien Irland

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2005/200433 -2,00% +5,70% -14,50% -4,10% +5,10% -3,50% +15,30% -0,60% +2,80% -11,80% -7,50% +10,90% -5,60% -10,50% +0,50% -19,30% -2,10% -21,50%

Veränderung 2004/2003 2003/2002 +1,00% +3,90% +4,00% +42,40% -13,30% +18,30% +9,20% +13,40% +4,60% +6,50% +0,30% +5,50% +11,20% +5,40% +4,50% +3,30% +7,70% +3,20% -7,40% +3,10% +2,70% -0,20% +20,20% -1,80% +2,90% -2,10% -11,10% -2,60% +2,40% -7,80% -13,40% -8,30% -11,80% -13,40% -7,20% -16,60%

2002/2001 +11,40% +31,20% +19,70% +10,80% +8,90% +16,10% +2,00% +2,30% +2,00% +5,20% +12,80% -17,30% +49,90% +38,90% -7,30% +9,80% +87,80% -11,20%

Vgl. Creditreform (2006b): Insolvenzen, Neugründungen, Löschungen, Jahr 2005. Im Internet unter: http://www.creditreform.de/angebot/Downloads_Analysen/Wirtschaftsanalysen/insolvenzen_neugrue ndungen_loeschungen_2005.pdf, S. 1 und 3. Vgl. Creditreform (2003): Insolvenzen in Europa, Jahr 2002/2003. Im Internet unter: http://www.cre ditreform.de/Ressourcen/Creditreform_Analysen/Insolvenzen_in_Europa/Ausgabe_2002, S. 4; Creditreform (2004): Insolvenzen in Europa, Jahr 2003/2004. Im Internet unter: http://www.credit reform.de/Ressourcen/Creditreform_Analysen/Insolvenzen_in_Europa/Ausgabe_2003, S. 3 und 22; Creditreform (2005): Insolvenzen in Europa, Jahr 2004/2005. Im Internet unter: http://www.creditre form.de/Ressourcen/Creditreform_Analysen/Insolvenzen_in_Europa/Ausgabe_2004, S. 3 und 21; Creditreform (2006a), S. 2 und 21. Bei den Werten für das Jahr 2005 handelt es sich um vorläufige Ergebnisse der Creditreform-Untersuchung. Die Vergleichbarkeit der Zahlen ist begrenzt, da in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Voraussetzungen und Regelungen im Rahmen des Insolvenzrechts vorliegen.

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Osteuropa35 Ungarn Slowenien Lettland Tschechien Slowakei Polen Litauen

Tab. 1:

-1,20% +2,00% +7,00% -34,50% +4,30% -4,30% -30,40% +8,30%

-2,10% +0,80% +8,30% -40,60% -8,10% +2,60% -1,30% +14,60%

+3,00% +23,70% +10,40% +9,30% > -0,10% -11,30% -13,10% -26,20%

k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A.

Entwicklung der Insolvenzen in Europas im Zeitraum 2001 bis 2005

Insolvenzgründe werden in unternehmensexterne und -interne aufgeteilt. Zu den externen Faktoren zählen z.B. Branchenkonjunktur und gesetzliche Rahmenbedingungen, zu den internen z.B. Managementfehler und Finanzierungsschwierigkeiten. Eine Befragung von 56 Insolvenzverwaltern machte deutlich, dass Managementfehler bei 71,40% der Insolvenzen als Ursache bestimmt worden sind. Auswirkungen auf Grund von Marktsättigung, Branchenkonjunktur oder politischen Rahmenbedingungen wurden nur bei einem Fünftel der Unternehmensinsolvenzen als ausschlaggebend angesehen.36 Im Rahmen der Beziehung zwischen dem Going Concern Prinzip und der Insolvenzentwicklung ist zu bedenken, dass Bestandsgefährdungen nicht nur in Insolvenzen sondern auch in Restrukturierungen, Unternehmensübernahmen oder gerichtlichen Vergleichen enden können. Die effektive Zahl bestandsgefährdeter Unternehmen ist somit weitaus höher einzuschätzen. In den letzten Jahren schienen Bilanzaffären lediglich ein US-amerikanisches Problem zu sein.37 Hier sollen die Aufsehen erregenden Fälle von Enron, Worldcom, American International Group, Time Warner, Refco und Tyco International Erwähnung finden.38 Aber auch in Europa sind Bilanzbetrügereien in Millionenhöhe keine Ausnahmen mehr, so dass dies ein global vorherrschendes Problem darstellt. Der Fall Parmalat mit seiner Insolvenz und der resoluten Sanie-

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36 37

38

Diese Zahlen stellen nur die Spitze des Eisbergs dar. In diesen Ländern funktioniert das Insolvenzrecht häufig nur unzureichend und somit sind Unternehmen am Markt tätig, die nach westlichen Standards bereits Insolvenz hätten beantragen müssen. Vgl. Creditreform (2006a): Insolvenzen in Europa, Jahr 2005/2006. Im Internet unter: http://www.creditreform.de/Ressourcen/Creditreform_Ana lysen/Insolvenzen_in_Europa/Ausgabe_2005, S. 21. Vgl. http://www.creditreform.de/angebot/analysen/0046/03.php. In den USA erreichte die Welle der Mega-Insolvenzen mit Enron 2001 und Worldcom 2002 ihren Höhepunkt und flaut seitdem ab. Sieben der neun größten US-amerikanischen Insolvenzen in der USGeschichte wurden in diesem Zeitraum angezeigt. Vgl. o.V. (2004a): Enron-Abwickler wollen richtig abkassieren. In: Die Welt, 23. Dezember 2004. Vgl. Bayer, Tobias/Buchter, Heike (2005): Time Warner vor Ende des Bilanzskandals. In: Financial Times Deutschland, 24. November 2004; Buchter, Heike (2005): Langjährige Haftstrafe für Koslowski. In: Financial Times Deutschland, 19. September 2005; Buchter, Heike/Fromme, Herbert (2005): US-Versicherer AIG bestätigt Bilanzfälschung. In: Financial Times Deutschland, 30. März 2005; Dowideit, Anette (2005b): Refco meldet Insolvenz an. In: Die Welt, 19. Oktober 2005; Dowideit, Anette (2005a): Verurteilte Manager. In: Die Welt, 21. September 2005; Höfinghoff, Tim (2005): Ebbers muss für 25 Jahre ins Gefängnis. In: Die Welt, 13. Juli 2005; o.V. (2005c): Enron-Skandal: Urteil gegen Arthur Andersen aufgehoben. In: Die Welt, 01. Juni 2005.

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rung machte nicht nur in Italien Schlagzeilen.39 Die Aufdeckungen bei Ahold und der Credit Lyonnaise wurden europaweit bekannt.40 In Deutschland gibt es ebenfalls eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Bilanzmanipulationen. Hier sei auf die undurchsichtigen MillionenTransaktionen des Duisburger Stahlhändlers Klöckner, die riskanten Auslandsgeschäfte der Düsseldorfer WestLB oder die dubiosen Vorgänge bei Babcock Borsig AG verwiesen.41 Den Managern von Ision, EM.TV, Senator, Kinowelt Medien AG oder auch Bausparkasse Badenia werden Untreue, Bilanzbetrug und/oder Insolvenzverschleppung zur Last gelegt. Einige Angeklagte sind bereits rechtskräftig verurteilt.42 Diese Ausführungen zeigen, dass die Annahme des Going Concern Prinzips nicht die Regel sein darf und auf deren Prüfung eine wachsende Bedeutung zukommen muss. Die Urteilsbildung hat zusätzlich auf Grund der allgemein zu beobachtenden Tendenz einer ständig zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung und der größer werdenden Entscheidungskomplexität mit nicht immer abschätzbaren Konsequenzen an Gewicht zugenommen. Das Prüfungsziel, die Abgabe eines hinreichend sicheren Urteils über die Fähigkeit der Unternehmensfortführung, hat aus Sicht des Prüfers dennoch mit einem möglichst geringen Mitteleinsatz zu erfolgen. Das Problem bei der endgültigen Entscheidung ist die Bildung eines Gesamturteils aus einer Vielzahl an Einzelurteilen, denen unterschiedliche Wichtigkeiten und Einflussnahmen zugeordnet sind. Da es für dieses Aggregationsproblem keine Vorschriften gibt, muss sich der Prüfer allein auf sein fachliches Urteilsvermögen verlassen. Dabei hat er zum einen Beurteilungsspielräume zu bestimmen, indem er Grenzen für Fehler und Ungenauigkeiten festlegt. Zum anderen hat er über Ermessensspielräume zu entscheiden, indem er die Gewichtung der einzelnen Teilurteile und somit die Struktur des Gesamturteils vorgibt. Diese Problematik begleitet den Prüfer in allen Prüfungsphasen. Die Auswahl seiner Prüfungshandlungen liegt unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit ebenfalls in seinem Ermessen. Im Rahmen dieser Arbeit soll kein Modell zur Urteilsbildung entwickelt werden, das allgemeingültige Regelungen enthält. Es kann weder im Sinne des Prüfers noch des Mandanten sein, vorgegebenen Vorschriften Folge leisten zu müssen, die das fachliche Urteilsvermögen des Prüfers in den Hintergrund treten lassen und die speziellen Gegebenheiten jedes zu prüfenden Unterneh39

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42

Vgl. o.V. (2004c): Parmalat: Ermittler suchen fieberhaft nach verschwundenen Milliarden. In: Die Welt, 03. Januar 2004; o.V. (2004b): „Größter Betrug der Geschichte“. In: Die Welt, 07. Januar 2004; Wörmann, Barbara (2004): Parmalat produzierte nur Schulden. In: Die Welt, 24. Juli 2004; Fromm, Thomas (2005): Agenda: Parmalat - Kühe zu Bullen. In: Financial Times Deutschland, 04. Oktober 2005. Vgl. Wetzel, Daniel (2004): Die Wirtschaftsprüfer haben aus den Skandalen offenbar gelernt. In: Die Welt, 13. Januar 2004; o.V. (2005a): Ahold entschädigt Anleger. In: Die Welt, 29. November 2005. Vgl. Seidlitz, Frank (2004): Mannesmann war erst der Anfang. In: Die Welt, 19. Juli 2004; o.V. (2005b): Der Fall Babcock. In: Die Welt, 20. Dezember 2005. Vgl. Riering, Burkhard (2004): Betrug, Untreue, Insolvenzverschleppung. In: Die Welt, 15. April 2004; Späth, Nikos (2004): Der letzte Vorhang. In: Die Welt, 18. April 2004; Goldschmitt, Wolf H. (2004): Ermittlungen gegen Ex-Mitarbeiter der Badenia wegen Verdachts auf Betrug. In: Die Welt, 21. Oktober 2004; Shinde, Sonia (2004): Das lange Warten hat ein Ende. In: Die Welt, 28. November 2004.

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mens nur unvollständig berücksichtigen. Daher ist beabsichtigt, für den Prüfer Hilfestellungen zur Urteilsbildung herauszuarbeiten. Darunter sind einerseits Informationen oder Kennzahlen zu verstehen, die entweder einzeln oder durch die Anwendung von komplexen methodengestützten Ansätzen wie Diskriminanzanalyse und künstliches neuronales Netz die Arbeit des Prüfers erleichtern. Insbesondere der Gebrauch von Computern unterstützt die Urteilsbildung, da diese den Verfahrenseinsatz vereinfachen und somit die Ergebnisse als Hilfsmittel zügiger vorliegen können. Die Aufdeckung von Sachverhalten, die eventuell zu einer Bestandsgefährdung des Unternehmens führen können, soll damit schneller und besser erfolgen. Andererseits sollen Kenntnisse über das menschliche Entscheidungsverhalten sowie mögliche Beeinflussungen untersucht und analysiert werden. Der Prüfer soll Hinweise darüber erhalten, wie er seine Urteilsbildung effizienter gestalten und sich vor möglichen bewussten oder unbewussten externen Einflussnahmen schützen kann.

A. 3. Gang der Untersuchung Im Kapitel B werden zunächst das Going Concern Prinzip betreffende nationale sowie internationale Normen vorgestellt und auf ihre Bindungswirkung auf den nationalen Prüfer untersucht. Die Analyse des Verpflichtungsgrades ist ein wichtiger Aspekt. Ohne eine exakte Festlegung der Verbindlichkeit besteht die Gefahr, dass ein Prüfer für einen zu klärenden Sachverhalt stets die Bestimmungen anwendet, deren Regelung für ihn am günstigsten ist (sog. Opinion shopping).43 Bei den nationalen Normen wird zwischen gesetzlichen, berufsständischen und privatinstitutionellen Vorschriften sowie der Rechtsprechung unterschieden. Bei den berufsständischen Regelungen werden die Verordnungsgeber Wirtschaftsprüferkammer (WPK) und Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) berücksichtigt. Die privat-institutionellen Regelungen beziehen sich auf das private Rechnungslegungsgremium Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC). Die von den Organisationen International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB), International Accounting Standards Board (IASB) und Securities Exchange Commission (SEC) erlassenen Regelungen bilden den internationalen Bereich. Des Weiteren enthält Kapitel B die detaillierte Darstellung der verschiedenen Normen. Der Schwerpunkt im ersten Abschnitt liegt auf der Diskussion von Inhalten des Going Concern Prinzips in der nationalen Rechnungslegung. Auf die Insolvenzordnung wird in einem Exkurs eingegangen, wobei insbesondere die drei Insolvenzeröffnungsgründe Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung thematisiert werden. Der nächste Teil beschäftigt sich mit dem Inhalt und der Prüfung eines Lageberichts. Dem schließen sich Ausführungen über das Risikofrüherkennungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG sowie über die Berichterstattung in Form des Prüfungsberichts und der verschiedenen Bestätigungsvermerke an. Zum

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Vgl. Ruhnke, Klaus (2000b): Normierung der Abschlussprüfung, Stuttgart 2000, S. 115.

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Schluss erfolgt eine kurze Darstellung der Inhalte des Going Concern Prinzip in der internationalen Rechnungslegung. Im Kapitel C wird der Status Quo der Entscheidungsansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken im Rahmen der Jahresabschlussprüfung ermittelt und analysiert. Es werden hauptsächlich die methodengestützten Ansätze erläutert. Hierzu zählen mathematisch-statistische und modelltheoretische Verfahren. Die mathematisch-statistischen Ansätze werden in einfache und komplexe Modelle untergliedert. Einzelkennzahlen und Kennzahlensysteme gehören zu den einfachen, Diskriminanzanalyse, künstliches neuronales Netz, Regressionsanalyse und Entscheidungsbaum zu den komplexen Ansätzen. Zusätzlich werden drei in Deutschland entwickelte Verfahren vorgestellt, die sich durch ihre unkomplizierte Handhabung sowie kurze Durchführungszeit auszeichnen und ebenfalls den einfachen Methoden zuzurechnen sind. Den modelltheoretischen Ansätzen werden das grafische und das katastrophentheoretische Verfahren zugerechnet. Anschließend erfolgt eine Darstellung nationaler und internationaler Studien aus dem Zeitraum 1932 bis 2004 zur Feststellung des Forschungsstandes inklusive einer kritischen Würdigung. Dieses Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der Erkenntnisse ab. Kapitel D setzt sich aus zwei Bereichen zusammen. Zum einen befasst es sich mit der Anwendung empirischgestützter Ansätze, zum anderen enthält es die Ausführungen zur empirischen Untersuchung dieser Arbeit. Die Darstellung der empirischgestützten Methoden erfolgt in analoger Vorgehensweise des Kapitels C, indem zunächst auf die theoretischen Grundlagen und anschließend auf verschiedene Studien eingegangen wird. Die Arbeiten werden anhand der Kriterien „Wichtigkeit der Informationen“ sowie „Präsentation der Informationen“ eingeteilt. Die erste Gruppe beschäftigt sich mit der Selektion der für die Urteilsbildung der Going Concern Annahme relevanten Sachverhalte und deren Wichtigkeit. Die zweite Gruppe thematisiert die Auswirkungen der unterschiedlichen Präsentationsreihenfolge von Hinweisen auf die Entscheidungsfindung des Prüfers. Der Abschnitt endet mit der kritischen Würdigung der Studien und deren Ergebnisse. Der Aufbau und die Durchführung der in dieser Arbeit durchgeführten empirischen Studie sind wie folgt gegliedert. Zunächst werden die Ziele der Untersuchung herausgearbeitet. Anschließend wird die Entwicklung und der Aufbau des Analyseinstruments, hier des Fragebogens, erläutert. Ein weiterer Abschnitt beschäftigt sich mit der Überprüfung auf einen möglichen Nonresponse Bias. Die Auswertung des Fragebogens orientiert sich am Fragebogenaufbau. Im Rahmen der Analyse der Beeinflussbarkeit des Prüfers durch eine unterschiedliche Präsentationsreihenfolge der Informationen werden drei Hypothesen aufgestellt und überprüft. Der Abschnitt D endet mit einem kritischen Vergleich der gewonnenen Auswertungsergebnisse mit detailliert vorgestellten Studienresultaten.

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Die Arbeit schließt mit Kapitel E, das eine Zusammenfassung und kritische Würdigung der wichtigsten Arbeitsergebnisse enthält. Ferner wird auf die Grenzen der vorliegenden empirischen Studie eingegangen und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gegeben.

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B. Normen im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken B. 1. Klassifikation von Normen und deren Funktionen Die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken hat entscheidenden Einfluss auf die Jahresabschlussprüfung und deren Berichterstattung. Um die Urteilsbildung erläutern und analysieren zu können, ist es notwendig, einen Rahmen hinsichtlich verschiedener Normen abzugrenzen. Hierbei wird zwischen Prüfungsnormen und Rechnungslegungsnormen differenziert. Prüfungsnormen sollen das Verhalten des Prüfers steuern, Rechnungslegungsnormen hingegen geben die ökonomische Realität im Jahresabschluss vor, d.h. sie bilden ein Soll-Objekt der Prüfung.44 Prüfungsnormen erfüllen unabhängig von ihrem Anwendungsbereich oder ihrer Bindungswirkung verschiedene Funktionen.45 Sie haben eine präskriptive Funktion, wenn sie direkt an den Prüfer gerichtet sind und ihm gewisse Tätigkeiten vorgeben oder verbieten. Die Wirksamkeit dieser Aufgabe hängt ab von der Widerspruchsfreiheit der Vorschrifteninhalte zueinander und zu den gesetzlichen Prüfungszielen, von deren Vollständigkeit und deren Handhabbarkeit. Die bei einem Normenverstoß drohenden Sanktionen stellen eine weitere Beeinflussung der Tätigkeit des Prüfers dar. Eine deskriptive Funktion üben Vorschriften aus, indem sie die Art und den Umfang einer Prüfung anzeigen und Jahresabschlussadressaten bei der Interpretation des Prüfungsurteils, hier vor allem des Bestätigungsvermerks, Hilfestellungen geben. Die Standardisierungsfunktion leitet sich aus den beiden vorherigen Funktionen ab, da durch ein einheitliches Vorgehen der Prüfer im Rahmen einer Prüfung die Vergleichbarkeit und damit die Glaubwürdigkeit der geprüften Informationen gestärkt werden. Prüfungsnormen entfalten zusätzlich eine vorbeugende Wirkung sowohl beim Mandanten als auch beim Prüfer. Auf Grund der Kenntnis des Mandanten über den Ablauf der Prüfung und über eventuelle Konsequenzen aus der Nichteinhaltung geltender Vorschriften können Fehler in der Rechnungslegung zum Teil im Vorhinein vermieden werden. Haftungsnormen46 und reine Anreiznormen47 helfen, das normenkonforme Verhalten des Prüfers zu gewährleisten. Regelungen haben zudem eine schützende Funktion für den Prüfer. Insbesondere in Konfliktsituationen hat der Prüfer mit Hilfe von konkreten und verbindlichen Vorschriften ein wirksames Argument, um den unter Umständen nicht den Normen entsprechenden Mandantenwünschen ohne Negativfolgen entgegentreten zu können.48 44 45 46

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Vgl. Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 76-77. In Anlehnung an Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 76. Ein Prüfer hat sich im Fall einer nichtkonformen Prüfung für einen hieraus entstandenen Schaden zu verantworten (Schadensersatz). Siehe dazu insbesondere §§ 323 HGB, 823, 826 BGB, 16, WPK (2004b): Satzung der Wirtschaftsprüferkammer über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers. Im Internet unter: http://www.wpk. de/pdf/BS-WPvBP.pdf, hier § 17 sowie Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung). Im Internet unter: www.wpk.de/pdf/WPO.pdf, hier § 54. Unabhängig vom eingetretenen Schaden muss sich der Prüfer auf Grund einer nicht normenkonformen Prüfung den berufs-, straf- und ordnungsrechtlichen Normen unterwerfen. Er kann durch Geldstrafe, Rüge oder Ausschluss vom Berufsstand zur Verantwortung gezogen werden. Vgl. Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 76-77.

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In Deutschland existieren sowohl nationale als auch internationale Vorschriften, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Anwendung finden. Es wird nun überprüft, welche Normen bei der nationalen gesetzlichen Jahresabschlussprüfung zu beachten sind und welche Bindungswirkung diese für den Prüfer haben.

B. 2. Nationale und internationale Gesetzgeber und Verordnungsgeber von Normen und deren Bindungswirkung für den Prüfer B. 2.1. Nationale Gesetzgeber und Verordnungsgeber von Normen und deren Bindungswirkung für den Prüfer B. 2.1.1.

Normen des Gesetzgebers und deren Bindungswirkung für den Prüfer

Als relevante gesetzliche Normen für eine Jahresabschlussprüfung sind vor allem das Handelsgesetzbuch (HGB) sowie die Wirtschaftsprüferordnung (WPO)49 zu nennen. Daneben sind wirtschaftszweig- und rechtsformspezifische Gesetze zu beachten.50 Zusätzlich finden bestehende gesellschaftsbezogene Vorschriften, satzungsmäßige oder gesellschaftsvertragliche Normen Berücksichtigung.51 Die Bindungswirkung der durch staatliche Autoritäten erlassenen Gesetze ist eindeutig. Jeder Prüfer hat sich zwingend nach den für seine Prüfung relevanten gesetzlichen Normen zu richten. Ausnahmeregelungen existieren nicht. Gleiches gilt für Normen, die in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag eines Unternehmens verankert sind.

B. 2.1.2.

Normen des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer in Deutschland und deren Bindungswirkung für den Prüfer

Der deutsche Berufsstand der Wirtschaftsprüfer wird durch die Organisationen WPK und IDW repräsentiert. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Existenz von deutschen berufsständischen Vorschriften diese die nationalen gesetzlichen Regelungen spezifizieren.52 Die WPK wurde zur Erfüllung der beruflichen Selbstverwaltungsaufgaben des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer gebildet (§ 4 Abs. 1 WPO). Die Mitgliedschaft ist für Wirtschaftsprüfer in der Bundesrepublik Deutschland zwingend.53 Die der WPK obliegenden Aufgaben sind in § 57 WPO aufgeführt und enthalten u.a. die Entwicklung allgemeiner und besonderer Berufspflichten 49

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52 53

Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer in der Fassung vom 05. November 1975, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. August 2002. Hierzu zählen u.a. das Kreditwesengesetz (KWG), das Aktiengesetz (AktG) oder das GmbH-Gesetz (GmbHG). Des Weiteren sind Sondergesetze wie das Umwandlungsgesetz oder das Wertpapierhandelsgesetz zu würdigen. Vgl. Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 82. Vgl. WPK (2004a): Satzung der Wirtschaftsprüferkammer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Im Internet unter: http://www.wpk.de/pdf/Satzung_WPK.pdf, hier § 2 Abs. 1.

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(§ 57 Abs. 4 WPO). Die Berufsorganisation hat auf Grund ihrer gesetzlichen Befugnis eine Berufssatzung54 herausgegeben, die die WPO vorwiegend hinsichtlich der Berufspflichten (§ 43 WPO) konkretisiert.55 Diese stellt eine untergesetzliche Norm dar, die Bereiche regelt, in denen der WPK vom Gesetzgeber Ermächtigungsspielraum gestattet worden ist.56 Für die Mitglieder hat die Berufssatzung im Rahmen einer gewissenhaften Prüfung (§ 43 Abs. 1 WPO) materiellrechtlichen Charakter und ist zu befolgen, sofern sie für die Prüfung anwendbare Regeln beinhaltet.57 Aus der Pflichtmitgliedschaft für Wirtschaftsprüfer leitet sich eine zwingende Berücksichtigung der Verlautbarungen der WPK für deren Mitglieder ab.58 Wie bei den nationalen gesetzlichen Normen hat somit der gesamte Berufsstand diese Vorschriften während seiner Tätigkeit anzuwenden. Auch wenn keine gesonderten Veröffentlichungen von der WPK bezüglich der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme vorliegen, ist ein Hinweis auf die Berufssatzung zweckmäßig, da diese die in § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO normierte Berufspflicht der Gewissenhaftigkeit konkretisiert. Diese Berufspflicht hat auf Grund des Fehlens von detaillierten Normen für die Prüfung der Going Concern Annahme eine entscheidende Bedeutung. Das IDW ist gemessen an den Mitgliederzahlen die zweitgrößte berufsständische Organisation und hat verschiedene Verlautbarungen publiziert, die nach Meinung des IDW die Berufsauf54

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Satzung der Wirtschaftsprüferkammer über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers (Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/ vereidigte Buchprüfer) vom 11. Juni 1996 unter Berücksichtigung der Änderungen der Satzung vom 07. November 1997, vom 29. November 2001 und vom 24. November 2004. Vgl. § 57 Abs. 4 WPO. Das zuständige Organ für den Beschluss der Berufssatzung ist der Beirat der WPK. Vgl. WPK (2004a), § 7 Abs. 1 (l). Vgl. WP Handbuch (2000): Handbuch für Rechnungslegung, Prüfung und Beratung (Hrsg. IDW), Bd. 1, 12. Aufl., Düsseldorf 2000, A 227. Dies gilt nicht für enthaltene Vorschriften, die ohne Ermächtigungsgrundlage aufgestellt worden sind, über diese hinausgehen oder gegen Gesetze verstoßen. Vgl. Buchner, Robert (1997): Wirtschaftliches Prüfungswesen, 2. Aufl., München 1997, S. 89; Bundesverfassungsgericht (2000): Urteil vom 14. Dezember 1999. In: WPK-Mitteilungen, 39. Jg., 2000, S. 63-66, hier S. 63; WP Handbuch (2000), A 227. Die WPK hat gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 5 WPO darüber hinaus die Aufgabe, nach Anhörung der Arbeitsgemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungswesen die allgemeine Auffassung über Fragen der Ausübung des Berufs in Richtlinien festzuhalten. Auf dieser Rechtsgrundlage wurden erstmals 1964 „Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer“ erlassen und in der Folgezeit mehrfach überarbeitet. Diese dienen der Auslegung und Erläuterung der in der WPO und der Berufssatzung enthaltenen Berufspflichten. Die Berufsrichtlinien werden in Grundsätze und richtungsweisende Feststellungen unterteilt. Die Grundsätze werden in originäre und hieraus abgeleitete Berufsgrundsätze unterschieden. Die Feststellungen spezifizieren die Grundsätze, indem sie Hinweise für das berufliche Verhalten geben. Die Richtlinien haben eine tendenziell geringere Bindungswirkung als die Berufssatzung, da bei gegensätzlichen Aussagen der höherrangigen, der Berufssatzung, zu folgen ist. Seit Inkrafttreten der Berufssatzung besitzen die Berufsrichtlinien keine Gültigkeit mehr. Im Rahmen von berufsrechtlichen Verfahren dienen sie jedoch immer noch als Anhaltspunkt für berufswürdiges Verhalten, so dass ihnen inoffiziell weiter Beachtung geschenkt werden sollte. Vgl. WPK (1996): Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe des Wirtschaftsprüfers und des vereidigten Buchprüfers (einschließlich Begründung). In: WPK-Mitteilungen, 35. Jg., 1996, S. 176-196, hier S. 176; WPK (1999): Bericht über die 13. ordentliche Wirtschaftsprüferversammlung am 17. Juni 1999 in Berlin. In: WPK-Mitteilungen, 38. Jg., 1999, S. 162-171, hier S. 164. Für weitere Ausführungen siehe Buchner, Robert (1997), S. 35-74; WP Handbuch (2000), A 227-344. Vgl. WPK (2004a), § 4 Abs. 3.

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fassung der Wirtschaftprüfer zu fachlichen Fragen der Rechnungslegung und Prüfung sowie zu sonstigen Gegenständen und Inhalten der beruflichen Tätigkeit darlegen oder zu ihrer Entwicklung beitragen.59 Einige Publikationen thematisieren direkt oder indirekt die Urteilsbildung der Going Concern Annahme, worauf später eingegangen wird. Da die Gründung des IDW im Gegensatz zur WPK auf keiner gesetzlichen Vorgabe erfolgt ist, soll im Folgenden die Bindungswirkung der IDW Verlautbarungen für den Prüfer untersucht werden. Gesetzliche Normen, die auf die Verlautbarungen des IDW verweisen und somit eine Bindungswirkung für den gesamten Berufsstand schaffen könnten, existieren nicht. Daher ist anhand des Kriteriums „Mitgliedschaft“ eine mögliche Bindungswirkung auf den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer abzuleiten. Eine ordentliche Mitgliedschaft beim IDW ist nur für Wirtschaftsprüfer sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPG) möglich und im Gegensatz zur Mitgliedschaft bei der WPK freiwillig.60 Zum 01. Januar 2005 zählte das IDW 10.717 Wirtschaftsprüfer als freiwillige Mitglieder, dies entsprach 87,53% des Berufsstandes.61 Die Satzung des IDW gibt vor, dass das Institut für einheitliche Grundsätze der unabhängigen, eigenverantwortlichen und gewissenhaften Berufsausübung einzutreten sowie deren Einhaltung durch die Mitglieder sicherzustellen hat.62 Ordentliche Mitglieder haben im Rahmen ihrer beruflichen Eigenverantwortlichkeit abzuwägen, ob die Verlautbarungen des IDW ihre Tätigkeit betreffen. Abweichungen sind schriftlich ausführlich zu begründen.63 Diese Verpflichtung ist jedoch nur für die Mitglieder des IDW bindend und findet somit nicht auf den gesamten Berufsstand Anwendung.64 Es ist zu prüfen, ob eine Bindungswirkung für Nichtmitglieder anhand der Kriterien „Rechtsprechung“ und „Gewissenhafte Berufsausübung“ hergeleitet werden kann. Verschiedene Gerichtsurteile haben gezeigt, dass sich Gerichte im Rahmen der Beurteilung einer gewissenhaften Berufsausübung an den Verlautbarungen des IDW orientieren. Einem Berufsangehörigen muss stets bewusst sein, dass ein unbegründetes Abweichen von den IDW Veröffentlichungen 59

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Vgl. IDW (2004a): Satzung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.. Im Internet unter: https://www.idw.de/idw/generator/id=379162.html, hier § 4 Abs. 9 Satz 1. Zu den IDW Verlautbarungen zählen IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Standards (IDW S), IDW Prüfungshinweise (IDW PH), IDW Rechnungslegungshinweise (IDW RH) sowie sonstige Verlautbarungen. Die prüfungsspezifischen Veröffentlichungen sind solange gültig, bis sie ganz oder teilweise durch neue Verlautbarungen ersetzt werden. Vgl. IDW (2004a), § 3 Abs. 1 Satz 1. Regelungen für außerordentliche Mitglieder und Ehrenmitglieder finden sich in § 3 Abs. 2 und 3. Vgl. http://www.idw.de/idw/generator/id=379162.html. Vgl. IDW (2004a), § 2 Abs. 2b. Die Ausführungen zur Begründung von Abweichungen können z.B. im Prüfungsbericht erfolgen. Vgl. IDW (2004a), § 4 Abs. 9. Die Satzung sieht vor, dass ein schwerwiegender Verstoß gegen die Mitgliedspflichten des § 4 der Satzung des IDW einen Ausschluss aus dem Verein rechtfertigt (§ 5 Abs. 4 Satz 3). Dieser Ausschluss erfolgt durch den Vorstand auf Grund eines Vorschlages des Ehrenrates oder nach dessen Anhörung (§ 5 Abs. 4 Satz 2). Es ist zu bezweifeln, dass dieser Sanktion ein präventiver Charakter hinsichtlich des Verhaltens des Vereinsmitgliedes zugesprochen werden kann, da dessen Berufsausübung durch einen Ausschluss aus dem Verein keine Einschränkungen widerfährt. Angaben über den Zeitraum des Ausschlusses und die Möglichkeit des Wiedereintritts finden sich in der Satzung des IDW nicht.

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zivil- und berufsrechtlich zu seinem Nachteil ausgelegt werden kann.65 Dies gilt unabhängig von der Mitgliedschaft beim IDW, so dass faktisch der gesamte Berufsstand an die Verlautbarungen gebunden ist. Ein weiterer Versuch zur Bestimmung der Bindungswirkung ist durch die Verpflichtung der gewissenhaften Berufsausübung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Berufssatzung möglich.66 Nach diesem Paragrafen haben Wirtschaftsprüfer die fachlichen Regeln zu beachten. Obwohl aus dem Gesetzestext und dessen Begründung keine Definition für den Begriff „Fachliche Regeln“ vorliegt, werden im Schrifttum teilweise die IDW Verlautbarungen darunter subsumiert.67 Diese weite Auslegung ist umstritten, da ein privatrechtlich eingetragener Verein, dessen Gründung vom Gesetzgeber nicht gefordert war68, die Aufgaben eines gesetzlich berufenen Selbstverwaltungsorgans übernimmt. Die Satzung der WPK enthält keinen Hinweis darauf, ob die WPK ihre Aufgaben an das IDW delegieren darf bzw. delegiert hat. Es kann daher nicht vollständig geklärt werden, ob die Verlautbarungen des IDW unter die in der Berufssatzung angesprochenen fachlichen Regeln fallen oder nicht. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass eine eindeutige Entscheidung hinsichtlich der Verbindlichkeit für die Verlautbarungen des IDW nicht getroffen werden kann. Es ist jedoch der Bindungswirkung auf Grund der Rechtsprechung der Vorrang zu geben, da ein Wirtschaftsprüfer nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Berufssatzung einer Fortbildungspflicht unterliegt. Im Rahmen dieser Verpflichtung sind die Verlautbarungen des IDW auf jeden Fall zu berücksichtigen, da diese im Schrifttum als fachlich fundiert angesehen werden.69 Hieraus lässt sich eine grundsätzliche faktische Bindungswirkung ableiten, die für den gesamten Berufsstand Gültigkeit besitzt, unabhängig von jedweder Mitgliedschaft in einer berufsständischen Organisation, obwohl die Verlautbarungen des IDW keine gesetzlichen Normen darstellen.

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Vgl. Amtsgericht Duisburg (1995): Urteil vom 11. Februar 1993. In: WPK-Mitteilungen, 34. Jg., 1995, S. 210; WP Handbuch (2000), A 282; IDW PS 201: Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze für die Abschlussprüfung (IDW PS 201). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 13. Die Berufssatzung wurde von der WPK im Rahmen ihrer durch das Gesetz vorgegebenen Funktionen veröffentlicht, so dass ihr quasi-gesetzlicher Charakter zukommt. Vgl. Biener, Herbert (1997): Wäre die Übernahme der Prüfungsgrundsätze der IFAC oder anderer Berufsorganisationen geeignet, die Qualität der Abschlussprüfung in Deutschland zu verbessern? In: Fischer, Thomas R./Hömberg, Reinhold (Hrsg.), Jahresabschluss und Jahresabschlussprüfung (Festschrift Baetge), Düsseldorf 1997, S. 639-666, hier S. 649. Im Gegensatz zur WPK und dem DRSC. Siehe dazu die Kapitel B. 2.1.2. und B. 2.1.3. Vgl. ADS (2002), § 323 HGB, Rn. 10.

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B. 2.1.3.

Normen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee e.V. und deren Bindungswirkung für den Prüfer

Das DRSC70 besteht seit März 1998.71 Seine Gründung wurde wie bei der WPK durch den Gesetzgeber vorgegeben.72 Die Rechtsgrundlage bildet § 342 Abs. 1 HGB. Diese Institution verfolgt u.a. die Entwicklung von Empfehlungen von Grundsätzen der Konzernrechnungslegung (Deutscher Rechnungslegungs Standard - DRS73), die Beratung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) bei Gesetzgebungsvorhaben zur Rechnungslegung sowie die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in internationalen Standardisierungsgremien (§ 342 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 HGB). Diese Aufgaben werden durch das zentrale unabhängige Standardisierungsgremium, dem Deutschen Standardisierungsrat (DSR), ausgeführt.74 Es gilt zu klären, welche Bindungswirkung die Verlautbarungen des DRSC für den Prüfer haben. Das DRSC soll Empfehlungen aussprechen, was keiner Gesetzgebungsbefugnis entspricht. Diese Empfehlungen werden zwar vom DRSC selbstständig herausgegeben, sind jedoch nur als Sachverständigengutachten zu interpretieren. Es kommt ihnen die Vermutung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)-Konformität nach § 342 Abs. 2 HGB erst dann zu, wenn sie vom BMJ bekannt gemacht worden sind. Hierdurch ist erkennbar, dass das staatliche Organ eine Ergebniskontrollfunktion übernimmt.75 Für die Verbindlichkeit lässt sich ableiten, dass Prüfer die Verlautbarungen des DRSC erst dann zwingend berücksichtigen müssen, wenn die Veröffentlichung im Bundesanzeiger durch das BMJ erfolgt ist.76

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Das DRSC tritt international als German Accounting Standards Committee (GASC) auf. Durch den Standardisierungsvertrag zwischen dem Bundesministerium der Justiz und dem DRSC vom 03. September 1998 ist der Deutsche Standardisierungsrat als Rechnungslegungsgremium anerkannt worden. „Zur Erfüllung der beruflichen Selbstverwaltungsaufgaben wird eine Kammer der Wirtschaftsprüfer gebildet; […] Sie führt die Bezeichnung „Wirtschaftsprüferkammer“.“ § 4 Abs. 1 WPO. Vgl. DRSC (2003): Satzung des Vereins „DRSC - Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee“ vom 28. November 2003. Im Internet unter: http://www.standardsetter.de/drsc/docs/charter.html, § 8 Abs. 9. Bis jetzt wurden 23 DRS veröffentlicht. Vgl. http://www.standardsetter.de/drsc/docu ments.php?do=show&doc_typ=1&language=german. Vgl. DRSC (2003), § 6. Vgl. Hucke, Anja (2000): Entstehung von Rechnungslegungsvorschriften. In: Lachnit, Laurenz/Freidank, Carl-Christian (Hrsg.), Investororientierte Unternehmenspublizität: Neue Entwicklungen von Rechnungslegung, Prüfung und Jahresabschlussanalyse, Wiesbaden 2000, S. 61-90, hier S. 84; Baetge, Jörg/Krumnow, Jürgen/Noelle, Jennifer (2001): Das „Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee“ (DRSC). In: Der Betrieb, 53. Jg., 2001, S. 769-774, hier S. 770 und 773. Baetge/Krumnow/Noelle weisen darauf hin, dass die Arbeit auf die Akzeptanz durch das BMJ und der an der Rechnungslegung beteiligten Kreise angewiesen ist. Daher hat sich das DRSC nach § 4 Abs. 1 Standardisierungsvertrag dazu verpflichtet, die Öffentlichkeit über seine Tätigkeit hinsichtlich der Erarbeitung von Standards und verabschiedeten Entwürfen usw. zu informieren. Vgl. Baetge, Jörg/Krumnow, Jürgen/Noelle, Jennifer (2001), S. 769. Ebenso Hucke, Anja (2000), S. 84; Ossadnik, Wolfgang/Barklage, David (2000): Zum Aufgabenbereich eines Rechnungslegungsgremiums und eines Rechnungslegungsbeirats gemäß § 342 f. HGB. In: Lachnit, Laurenz/Freidank, Carl-Christian (Hrsg.), Investororientierte Unternehmenspublizität: Neue Entwicklungen von Rechnungslegung, Prüfung und Jahresabschlussanalyse, Wiesbaden 2000, S. 91-122, hier S. 103-104.

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B. 2.1.4.

Normen der Rechtsprechung und deren Bindungswirkung für den Prüfer

Als weitere Normenquelle ist die Rechtsprechung anzusehen. Hierzu zählen die nationalen und europäischen Gerichtsbarkeiten. Obwohl die gesprochenen Urteile grundsätzlich nur die Verfahrensbeteiligten binden und auf Grundlage eines konkreten Sachverhaltes entschieden worden ist, kann eine Verpflichtung für den gesamten Berufsstand der Wirtschaftsprüfer nicht direkt ausgeschlossen werden. Die richterliche Entscheidung, insbesondere hinsichtlich handelsrechtlicher Fragen, kann auf künftige Prüfungen prophylaktische Wirkung haben. Folglich ist der Rechtsprechung eine faktische Bindungswirkung für den Berufsstand zuzusprechen.77

B. 2.2. Internationale Verordnungsgeber von Normen und deren Bindungswirkung für den Prüfer B. 2.2.1.

Normen des International Auditing and Assurance Standards Board und deren Bindungswirkung für den Prüfer

Die International Standards on Auditing (ISAs) gehören zu den internationalen berufsständischen Normen, die vom International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) verabschiedet werden.78 Die ISAs haben zum Inhalt grundlegende Prinzipien und wesentliche Prüfungshandlungen, im Text durch Fettdruck gekennzeichnet, sowie entsprechende Leitfäden in Form von erläuternden und sonstigen Materialien, in Normaldruck. Diese Standards sind nur bei wesentlichen Sachverhalten zu berücksichtigen. Deren Nichtanwendung ist lediglich in zu begründenden Ausnahmefällen erlaubt. Da die International Federation of Accountants (IFAC) und somit auch das IAASB keine Gesetzgebungsbefugnis in Deutschland besitzen, sind die ISAs kein geltendes deutsches Recht. Es existiert grundsätzlich keine Bindungswirkung für deutsche Prüfer. Die Mitglieder der IFAC sind jedoch auf Grund ihrer Mitgliedschaft verpflichtet, die ISAs entweder als nationale Standards anzuerkennen oder diese soweit wie möglich in nationale Regeln zu transformieren.79 Erfolgte eine sachgerechte Übertragung in nationale Vorschriften, so finden diese auch Anwendung. Diese Dominanz nationaler Normen lässt sich aus der Verfassung der IFAC ableiten, nach der besonders die auf ISAs basierenden Prinzipien in nationale Verlautbarungen aufzunehmen sind.80 Das IDW kommt der Verpflichtung zur Transformation der ISAs in nationales Recht

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Ebenso Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 89; IDW PS 201, Tz. 8. Das IAASB ist ein Ausschuss der International Federation of Accountants (IFAC). Die IFAC strebt mit ihren berufsständischen Normen eine weltweite Gültigkeit an. Neben den ISAs existieren weitere Prüfungsnormen, die unter www.ifac.org/Guidance abgerufen werden können. Vgl. IFAC (2004a): Constitution der International Federation of Accountants in der Fassung vom November 2004. Im Internet unter: www.ifac.org/About/IFAC_Constitution.pdf, Teil 2 Abs. 4 c. Sofern die Mitgliedsorganisationen ihrer Verpflichtung zur Transformation oder Anerkennung nicht nachkommen, kann die Mitgliedschaft entzogen oder ausgesetzt werden. Siehe IFAC (2004a), Teil 5 Abs. 31m. Mitglieder können keine natürlichen Personen sondern nur nationale berufsständische Organisationen sein, die den Berufsstand der Wirtschaftprüfer im Heimatland vertreten. Die deutschen Berufsorganisationen WPK und IDW sind Mitglieder der IFAC. Vgl. IFAC (2004a), Abs. 4c i.V.m. IFAC (2004b): Statements of membership obligations 1-7. Im Internet unter: http://www.ascasociety.org/data/d3886506829vn0a_SMO_Final.pdf.

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nach, indem es IDW PS erlässt, die mit den jeweiligen ISAs korrespondieren. Dafür wird an die PS ein Abschnitt über die inhaltliche „Übereinstimmung mit ISA“ angehängt, in dem kleinere Abweichungen, Ergänzungen sowie Klarstellungen aufgezeigt sind. Eine Kongruenz in allen wesentlichen Punkten ist nach Aussage des IDW gewährleistet.81 Die Transformation ist keine reine Übersetzung sondern eine Formulierung „in einer dem deutschen Denken und Sprachgebrauch entsprechenden, systematisierten Form“.82 Sämtliche die Abschlussprüfung betreffenden gültigen ISAs sind seit 2004 durch IDW PS abgedeckt. Gemäß dem Entwurf der 8. EU-Richtlinie83 soll die Anwendung der ISAs künftig bei jeder gesetzlichen Abschlussprüfung in der EU verpflichtend sein. Die EU-Kommission wird dazu die entsprechenden ISAs in deutscher Fassung im Amtsblatt der EU veröffentlichen, so dass diese Gesetzescharakter erhalten und für alle Prüfer obligatorisch sind. Eine Transformation der ISAs wird somit entbehrlich. Sofern nationale Besonderheiten in den einzelnen Mitgliedsländern existieren und diese nicht bzw. nur teilweise durch die internationalen Normen abgedeckt sind, ist der Erlass von zusätzlichen nationalen gesetzlichen Regelungen erlaubt. In Deutschland zählen dazu u.a. Vorschriften zum Risikofrüherkennungssystem oder zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Ergänzungen werden in IDW PS zur ISA-Ergänzung (IDW IPS) zusammengefasst, nationale Besonderheiten sind in IDW PS enthalten.84 Die Bindungswirkung der IDW IPS und IDW PS entspricht der der bisherigen IDW PS.85 Die deutschen Berufsgrundsätze sehen die Anwendung der ISAs auch bei freiwilligen Prüfungen vor. Bis zur endgültigen Umsetzung der 8. EU-Richtlinie sind die deutschen Prüfer nicht unmittelbar an internationale Verlautbarungen gebunden,86 da diese nur an die zur Umsetzung dieser in

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Gemäß IDW PS 201, Tz. 23 ist bisher ein Testat, das lediglich eine Bescheinigung der Übereinstimmung mit den ISAs enthält, nur im Rahmen von freiwilligen Prüfungen zulässig. Die Erteilung dieser Bestätigung ist bei handelsrechtlichen Pflichtprüfungen untersagt. Das IDW unterstellt somit, dass sich die Unterschiede zwischen den IDW Verlautbarungen und den ISAs auf Besonderheiten auf Grund weitergehender deutscher Prüfungsgrundsätze und zwingender gesetzlicher Vorschriften beschränken. Hierdurch werden Differenzen wegen weitergehender Anforderungen der ISAs, die nicht in Widerspruch zu gesetzlichen nationalen Vorschriften stehen, und Unterschiede, die sich nicht auf zwingende gesetzliche Vorschriften zurückführen lassen sondern lediglich auf einer abweichenden Berufsauffassung des IDW gegenüber den ISAs beruhen, abgelehnt. Ein ausdrücklicher Hinweis, wann die deutschen Verlautbarungen auf Grund bindender gesetzlicher Regelungen und die ISAs divergieren und wann Abweichungen nur auf unterschiedlichen berufsständischen Auffassungen bestehen, fehlt. Vgl. Böcking, Hans-Joachim/Orth, Christian/ Brinkmann, Ralph (2000): Die Anwendung der International Standards on Auditing (ISA) im Rahmen der handelsrechtlichen Konzernabschlussprüfung und deren Berücksichtigung im Bestätigungsvermerk. In: Die Wirtschaftsprüfung, 53. Jg., 2000, S. 216-234, hier S. 223-224. IDW (2004b): Die künftige Pflicht zur Anwendung der ISAs. In: Die Wirtschaftsprüfung, 57. Jg., 2004, S. 1281-1333, hier S. 1281. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2004): Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates. Im Internet unter: http://europa. eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/site/de/com/2004/com2004_0177de01.pdf. Vgl. IDW (2004b), S. 1281. Siehe zur Bindungswirkung der IDW PS Kapitel B. 2.1.2. Vgl. HFA FG 1/1988 Grundsätze ordnungsmäßiger Durchführung von Abschlussprüfungen. In: Die Wirtschaftsprüfung, 42. Jg., 1989, S. 9-19, hier C. IV. Anm. 2; IDW PS 201, Tz. 19.

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nationales Recht verpflichteten Mitgliedsorganisationen gerichtet sind.87 Sofern die Anerkennung oder Transformation einer internationalen Prüfungsnorm noch nicht erfolgt ist, gilt es zu klären, ob eine direkte Anwendung unzulässig ist, wenn ein Prüfer dadurch einen Schaden hätte vermeiden können.88 Auf Grund des Gebots der gewissenhaften Berufsausübung sind alle fachlichen Regeln zu berücksichtigen. Dazu gehören auch nicht transformierte bzw. anerkannte internationale Prüfungsnormen, sofern nationale öffentlich-rechtliche Rechnungslegungsnormen wie das HGB nicht missachtet werden,89 da diese durch die Veröffentlichung in den IDW Fachnachrichten jedem Berufsangehörigen zugänglich gemacht worden sind. Eine Anwendung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein nach international anerkannten Rechnungslegungsnormen erstellter Abschluss zu prüfen ist.90 Abweichungen sind grundsätzlich nur bei begründeten Ausnahmen möglich. Die ISAs sind nicht anzuwenden, wenn die geregelten Sachverhalte nicht auf deutsche Verhältnisse übertragen werden können.91

B. 2.2.2.

Normen des International Accounting Standards Board und deren Bindungswirkung für den Prüfer

Die International Financial Reporting Standards (IFRS)92 werden vom International Accounting Standards Board (IASB) entwickelt. Dies ist das wichtigste Organ der International Accounting Standards Committee (IASC).93 Zu dessen Aufgaben gehören die Geschäftsführung, die 87 88

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Vgl. IDW PS 201, Tz. 32; WP Handbuch (2000), B 61. Vgl. Niehus, Rudolf J. (1992): Zur Weiterentwicklung der Grundsätze ordnungsmäßiger Durchführung von Abschlussprüfungen - Anregungen aus nationaler und internationaler Sicht -. In: Moxter, Adolf/Müller, Hans-Peter/Windmöller, Rolf/von Wysocki, Klaus (Hrsg.), Rechnungslegung: Entwicklung bei der Bilanzierung und Prüfung von Kapitalgesellschaften (Festschrift Forster), Düsseldorf 1992, S. 489-506, hier S. 502. Vgl. Ruhnke, Klaus (2002): Internationale Einflüsse auf die deutsche Prüfungspraxis. In: Zeitschrift für kapitalmarktorientierte Rechnungslegung, 2. Jg., 2002, S. 155-165, hier S. 158-159. Ebenso Ruhnke, Klaus (2000a): Entwicklungen in der internationalen Wirtschaftsprüfung. In: Lachnit, Laurenz/Freidank, Carl-Christian (Hrsg.), Investororientierte Unternehmenspublizität: Neue Entwicklungen von Rechnungslegung, Prüfung und Jahresabschlussanalyse, Wiesbaden 2000, S. 329361, hier S. 334-335; Ruhnke, Klaus (2000b), S. 116. Vgl. Ruhnke, Klaus (2000b), S. 116. Bis zur Einführung des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) war im Bereich der Erteilung von Bestätigungsvermerken der Disclaimer of opinion gemäß ISA 700, Tz. 44 ein Beispiel für einen auf eine deutsche Abschlussprüfung nicht anzuwendenden Sachverhalt. Kann ein Prüfer bestimmte Umstände nicht umfassend beurteilen und ist dies nicht vom zu prüfenden Unternehmen zu vertreten, so ist kein Testat sondern ein Disclaimer of opinion zu erteilen. Das bedeutet die Verweigerung des Prüfungsurteils. Ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk oder ein Versagungsvermerk waren damit nicht vergleichbar. Die Abgabe eines solchen Urteils ist nun in § 322 Abs. 2 Satz 4 HGB vorgesehen, wonach die Beurteilung des Prüfungsergebnisses zweifelsfrei ergeben muss, „ob der Bestätigungsvermerk deshalb versagt wird, weil der Abschlussprüfer nicht in der Lage ist, ein Prüfungsurteil abzugeben.“ Vgl. Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz). In: BGBl. I (2004), 56. Jg., S. 3166-3182; ISA 700: The auditor’s report on financial statements (ISA 700). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Category.tmpl?Category=Auditing%2C%20 Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart=1142689100342377, hier Tz. 45-46; Eine tabellarische Übersicht aller durch das BilReG entstandenen Änderungen findet sich bei Meyer, Claus (2005): Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) und Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) - Die Änderung im Überblick. In: Deutsches Steuerrecht, 43. Jg., 2005, S. 41-44, hier S. 41-43. Im Folgenden werden hierunter auch die bisher verabschiedeten IAS subsumiert, sofern nichts anderes angegeben ist. Das IASC wurde am 29. Juni 1973 gegründet und hat seinen Sitz in London. Vgl. www.iasc.com.

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Verabschiedung von Standards und Interpretations sowie die Kontaktaufnahme zu nationalen Rechnungslegungsinstitutionen (sog. Standardsettern).94 Das IASB besitzt keine Gesetzgebungsbefugnis in Deutschland, so dass keine unmittelbare Bindungswirkung für den Prüfer besteht. Die Anwendung der IFRS ist von der Anerkennung durch den nationalen Gesetzgeber meist durch ein Gesetz vorgegeben, so dass dann die IFRS nationale Normen ersetzen können. Die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards im Juli 200295 verpflichtet alle kapitalmarktorientierten Unternehmen mit Sitz in der EU ihre Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2004 beginnen, nach IFRS aufzustellen. Die Definition der kapitalmarktorientierten Unternehmen beschränkt sich auf die Fälle, in denen die Konzernmutter als Wertpapieremittentin auftritt. Das Auftreten einer Konzerntochter als Emittentin löst keine Pflicht zur Rechnungslegung nach IFRS aus. Die IFRS decken nicht sämtliche Bereiche der nationalen Rechnungslegung ab. Als Beispiele sind Vorschriften für die Definition von konzernabschlusspflichtigen Unternehmen, für den Konzernlagebericht oder für die Offenlegung zu nennen. Für diese Sachverhalte haben ausgewählte HGBVorschriften weiterhin Gültigkeit (§ 315a Abs. 1 HGB). Jeder Mitgliedsstaat darf darüber hinaus selbstständig bestimmen, ob den übrigen Unternehmen für Konzern- und/oder Jahresabschlüsse die Anwendung der IFRS gestattet oder vorgeschrieben wird. Die Bundesrepublik Deutschland hat von dieser Option Gebrauch gemacht, in dem sie gemäß § 315a Abs. 3 HGB Satz 1 HGB allen Unternehmen die Anwendung der IFRS ermöglicht. Bei Ausübung des Wahlrechts sind von den Unternehmen die Standards sowie die HGB-Vorschriften vollständig zu erfüllen (§ 315a Abs. 3 Satz 2 HGB). Für Zwecke der Ausschüttungs- und Steuerbemessung ist zusätzlich eine Aufstellung des Jahresabschlusses nach den handelsrechtlichen Vorschriften vorgesehen. Es gilt zu klären, ob innerhalb der IFRS unterschiedliche Bindungswirkungen vorliegen. Die IFRS sind ein typischer Vertreter des angelsächsischen Case Law, dessen Regelungen einzelfallbezogen entwickelt wurden und somit nur für bestimmte Fälle gelten.96 Neben dem Case Law System existieren verschiedene Standards, Interpretations und das Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements (Framework IFRS). Standards und Interpretations sind direkt verbindlich,97 wobei die Standards bis zu ihrem endgültigen Inkrafttreten

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Die Bundesrepublik Deutschland ist beim IASC durch die WPK, das IDW sowie das DRSC vertreten. Vgl. Europäisches Parlament und Europäischer Rat (2002): Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards. In: ABl. der EG, L 243, 2002, S. 1-4. Der Vorteil des Case Law Systems besteht in der Ausführlichkeit der Regelung einzelner Sachverhalte. Nachteilig ist anzumerken, dass auf Grund von nicht auszuschließenden Wiederholungen die Vorschriften sehr umfangreich sind. Siehe Buchholz, Rainer (2003): Internationale Rechnungslegung. Die Vorschriften nach IAS, HGB und US-GAAP im Vergleich - mit Aufgaben und Lösungen, 3. Aufl., Berlin 2003, S. 20. Es wurden bis jetzt 41 IAS, 5 IFRS und 33 Interpretations veröffentlicht. Vgl. www.standardsetter.de /drsc/docs/iasb_standards.pdf sowie http://www.standardsetter.de/drsc/docs/iasb_interpretations.html.

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einen mehrjährigen Entwicklungsprozess („Due process“) durchlaufen.98 Der Anwendungsbereich der einzelnen Standards wird zu Beginn festgelegt (sog. „Scope“).99 Sollten bei der praktischen Tätigkeit mit den Standards Unklarheiten oder Unvollständigkeiten auftreten, kann durch die Verabschiedung von Interpretations schnell reagiert und der Mangel behoben werden.100 Interpretations haben die Aufgabe, bestehende Standards auszulegen oder zu ergänzen, indem sie noch speziellere Sachverhalte als die Standards regeln. Das den Standards vorangestellte Framework hat hingegen nur Empfehlungscharakter. Es enthält Rahmengrundsätze und Leitlinien, die als Hilfestellung bei der Anwendung der IFRS dienen sollen101 und stellt selbst keinen Standard dar.102 Bei eventuell gegensätzlichen Aussagen zwischen Framework und einzelnen Standards sind die Regelungen der Standards grundsätzlich vorzuziehen.103 Die Vorschriften der IFRS gelten rechtsform- und größenunabhängig, so dass der Prüfer diese bei jeder Prüfung eines nach IFRS aufgestellten Jahresabschlusses vollständig berücksichtigen muss.104

B. 2.2.3.

Normen der Securities Exchange Commission und deren Bindungswirkung für den Prüfer

Die staatliche amerikanische Wertpapieraufsichtsbehörde SEC105 beaufsichtigt das Börsengeschehen und erlässt Rechnungslegungsvorschriften. Sie hat im Zeitverlauf die Entwicklung von Rechnungslegungsnormen an verschiedene private Institutionen delegiert, wobei lediglich die Kompetenz zur Veröffentlichung übertragen worden ist. Die Einflussnahme und Überprüfung bleibt der SEC vorbehalten (ASR Nr. 150).106 Seit 1973 ist das Financial Accounting Standards 98

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Während des Prozesses hat die interessierte Öffentlichkeit mehrfach Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. Mitarbeit. Vgl. Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 53. Die einzelnen Standards beschäftigen sich mit Einzelfragen der Rechnungslegung, z.B. dem Ansatz oder der Bewertung eines einzelnen Bilanzpostens, mit Problemen einzelner Unternehmen oder bestimmter Branchen. Es liegt keine einheitliche Systematik vor. Der jeweilige Erlass resultierte u.a. aus der Dringlichkeit zur Problemlösung. Wegen der laufenden Überarbeitung entspricht die heutige Reihenfolge der Standards nicht mehr der bei Erscheinung. Bei Auslegungsfragen stehen die Standards grundsätzlich gleichrangig nebeneinander. Bei widersprüchlichen Aussagen ist zu prüfen, in welchem historischen Kontext bzw. in welcher Reihenfolge die Standards entstanden sind, so dass im Zweifel der später erlassene oder der speziellere Standard Vorrang hat. Vgl. Achleitner, Ann-Kristin/ Behr, Giorgio (2003): International accounting standards: ein Lehrbuch zur internationalen Rechnungslegung, 3. Aufl., München 2003, S. 88-90. Die Interpretations wurden bisher vom Standard Interpretations Committee (SIC), einem speziellen Organ des IASC, veröffentlicht. Auf Grund der Umstrukturierung ist dieses Organ durch das International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) abgelöst worden. Vgl. Buchholz, Rainer (2003), S. 21-22; Achleitner, Ann-Kristin/Behr, Giorgio (2003), S. 87. Vgl. Achleitner, Ann-Kristin/Behr, Giorgio (2003), S. 87. Vgl. Framework IFRS, Tz. 2. Vgl. Framework IFRS, Tz. 3. Selbst bei Fragen, die durch Standards nicht geregelt sind, besitzt das Framework keine Verbindlichkeit. Vgl. Achleitner, Ann-Kristin/Behr, Giorgio (2003), S. 87. Ausnahmen bestehen bei den IAS 14, IAS 33 und IAS 34, die zur Anwendung die Inanspruchnahme eines Kapitalmarktes durch das Unternehmen voraussetzen. Vgl. Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 53. Die SEC wurde im Jahr 1934 gegründet und hat ihren Sitz in Washington D.C.. Vgl. Haller, Axel (1994): Grundlagen der externen Rechnungslegung in den USA, 4. Aufl., Stuttgart 1994, S. 34-35; Hucke, Anja (2000), S. 73; Pellens, Bernhard (2001): Internationale Rechnungslegung, 4. Aufl., Stuttgart 2001, S. 112.

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Board (FASB) von der SEC befugt, der Aufgabe zur Erarbeitung neuer Rechnungslegungsvorschriften nachzukommen.107 Deren Verlautbarungen sind Statement of Financial Accounting Standards (SFAS) sowie andere Vorschriften.108 Zusätzlich gibt es wie bei den IFRS auch einen Conceptual Framework (Framework US-GAAP), der sich aus sechs gültigen Statements of Financial Accounting Concepts (SFAC) zusammensetzt.109 Er bildet die unverbindliche theoretische Grundlage für bestehende und zukünftige SFAS. Die SFAS befassen sich mit speziellen Rechnungslegungsproblemen und durchlaufen den Standard Setting Process.110 Mögliche Unklarheiten in den SFAS werden durch Interpretations ausgeräumt, deren Veröffentlichung nicht durch den Standard Setting Process bestimmt wird.111 Daneben existieren die von der SEC selbst erlassenen Regulations S-X und S-K. Die Regulation S-X beinhaltet die Vorschriften für die „Financial statements requirements“. Es werden u.a. Form, Inhalt, Prüfung und Offenlegung von Abschlüssen geregelt. Die Regulation S-K gibt die Vorschriften zur Erläuterung der Abschlüsse bzw. der Unternehmensentwicklung wieder („Nonfinancial statements requirements“).112 Die Darstellung zeigt, dass die US-GAAP verschiedene Rechnungslegungsnormen umfassen. Schwierigkeiten ergeben sich bei der genauen Abgrenzung der verbindlichen Regeln, da keine allgemeingültigen, gesetzlich verankerten Vorschriften in den USA existieren. Die SEC verpflichtet weltweit alle Unternehmen, deren Aktien an der New Yorker Börse gehandelt werden, unabhängig vom Sitz des Unternehmens zur Aufstellung ihres Abschlusses nach US-

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Das FASB wurde im Jahr 1972 gegründet. Zwischen 1938 und 1959 veröffentlichte das Committee on Accounting Procedures 51 Accounting Research Bulletins (ARB). Als nächste Organisation entwickelte das Accounting Principles Board (APB) zwischen 1959 und 1973 31 APB Opinions. Es wurden bis jetzt 154 SFAS, 7 SFAC und über 46 Interpretations verabschiedet. Vgl. www.fasb. org/st/. Nominell sind es sieben SFAC. Da SFAC No. 3 durch SFAC No. 6 ersetzt worden ist, bilden effektiv sechs SFAC den Framework. Vgl. Niehus, Rudolf J./Thyll, Alfred (2000): Konzernabschluss nach US-GAAP: Grundlagen und Gegenüberstellung mit den deutschen Vorschriften. 2. Aufl., Stuttgart 2000, Rn. 34; Pellens, Bernhard (2001), S. 131. Näheres zum Standard Setting Process siehe bei Haller, Axel (1994), S. 46-47; Pellens, Bernhard (2001), S. 108-109; KPMG (2003): Rechnungslegung nach US-amerikanischen Grundsätzen Grundlagen der US-GAAP und SEC-Vorschriften, 3. Aufl., Düsseldorf 2003, S. 9-10. Darüber hinaus existieren noch Technical Bulletins. Dies sind Stellungnahmen vom Research and Technical Activities Staff, die sich auf Rechnungslegungsprobleme einzelner Unternehmen oder spezieller Branchen beziehen. Ihr Adressatenkreis ist daher relativ klein. Die Technical Bulletins stellen keine SFAS dar und dürfen bestehenden grundlegenden Rechnungslegungsprinzipien nicht widersprechen. Sie durchlaufen nicht den Standard Setting Process. Vgl. Pellens, Bernhard (2001), S. 112. Weitere Veröffentlichungen der SEC sind unter www.sec.gov abrufbar.

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GAAP.113 Hierunter sind die US-GAAP i.e.S. zu verstehen. Dazu zählen die SFAS, die Interpretations, die ARB, die APB Opinions sowie die von der SEC erlassenen Rechnungslegungsvorschriften.114 Anderen Regelungen, wie z.B. den Statements of Position vom Berufsstand der amerikanischen Wirtschaftsprüfer, wird keine direkte Verbindlichkeit zugeschrieben. Sie weisen nur Empfehlungscharakter auf und werden bei Sachverhalten angewendet, die von den US-GAAP i.e.S. nicht behandelt werden. Sie stellen die US-GAAP i.w.S. dar.115 Trotz der Vorgabe durch die SEC ist eine direkte Anwendung der US-GAAP von deutschen Unternehmen nicht diskutabel. Es sind zunächst das HGB und Spezialgesetze zu beachten. Erst durch die Anerkennung der US-GAAP durch den deutschen Gesetzgeber ist eine Anwendung auf Grund des seit dem 01. Januar 2005 gültigen § 315a HGB möglich.116 Verpflichtend sind die US-GAAP dann, wenn ein Prüfer eine Prüfungsleistung für ein deutsches Unternehmen erbringt, dessen Aktien an der New Yorker Börse gelistet sind.

B. 2.3. Zusammenfassung der Untersuchung über die Normen und deren Bindungswirkung für den Prüfer Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass es eine Vielzahl von Normen gibt, die im Rahmen einer Prüfung berücksichtigt werden müssen. Bei Prüfung von nach dem Handelsgesetz aufgestellten Jahresabschlüssen ist das Hauptinteresse auf die deutschen Rechnungslegungs- und Prüfungsnormen zu richten. Hierzu zählen insbesondere das HGB, die Spezialgesetze sowie berufsständische Verlautbarungen und die derzeitige Rechtsprechung.

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Da die US-GAAP keine Gesetzesqualität besitzen und von der SEC nicht definiert worden sind, resultiert ihre Verbindlichkeit aus der Forderung der SEC. Hinzu kommen diejenigen Unternehmen, die auf Grund vertraglicher oder sonstiger Anforderungen freiwillig einen US-GAAP konformen Jahresabschluss erstellen. Vgl. Scheffler, Eberhard (1999): Internationale Rechnungslegung und deutsches Bilanzrecht. In: Deutsches Steuerrecht, 37. Jg., 1999, S. 1285-1292, hier S. 1285; Pellens, Bernhard (2001), S. 126; Born, Karl (2002): Rechnungslegung international: Einzel- und Konzernabschlüsse nach IAS, US-GAAP, HGB und EG-Richtlinien, 3. Aufl., Stuttgart 2002, S. 258. Eine rechtliche Verbindlichkeit erhalten die US-GAAP i.e.S. zudem dadurch, dass eine Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks (Unqualified opinion) nur bei Einhaltung der Normen durch das Unternehmen erlaubt ist. Vgl. Born, Karl (2002), S. 258; KPMG (2003), S. 2. „Weiterhin binden Regeln 202 und 203 des Code of Professional Conduct des American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) alle Wirtschaftsprüfer an die Verlautbarungen des FASB, so dass sich ihre Bindungswirkung auf alle geprüften Unternehmen erstreckt.“ Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 63. Der Sarbanes-Oxleys-Act of 2002 trat am 30. Juli 2002 in Kraft und hat die Verpflichtung durch die SEC abgelöst, da durch ihn eine weltweit gesetzliche Prüfungspflicht für Unternehmen eingeführt worden ist, deren Wertpapiere bei der SEC registriert sind. Zusätzlich wurde das Public Company Accounting Oversight Board gegründet, das mit weitreichenden Standard-Setting- und Enforcement-Befugnissen gegenüber Unternehmen und Wirtschaftsprüfern ausgestattet ist. Hierzu zählen insbesondere die Entwicklung oder Anerkennung von Prüfungsstandards und Bilanzierungsregeln sowie der für die Wirtschaftsprüfer geltenden Berufsgrundsätze. Vgl. KPMG (2003), S. 2, 5 und 14. Es besteht das Problem, dass in der Literatur keine einheitliche Zuordnung der Vorschriften zu den US-GAAP i.e.S. erfolgt. Für die weitergehende Untersuchung wird dies vernachlässigt und ein Hinweis auf verschiedene Autoren gegeben. Vgl. Pellens, Bernhard (2001), S. 123; Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 85; KPMG (2003), S. 3. Vgl. Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 85. Siehe hierzu die Ausführungen im Kapitel B. 2.2.2.

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Die internationalen Rechnungslegungsnormen sind anzuwenden, wenn eine Konzernmutter als Wertpapieremittentin auftritt oder wenn Unternehmen freiwillig nach diesen Regelungen bilanzieren. Bei den US-GAAP ist ein zusätzlicher Aspekt zu berücksichtigen, da ein Prüfer einen nach US-GAAP aufgestellten Jahresabschluss nur testieren darf, wenn er das Examen des Certified Public Accountant (CPA) erfolgreich abgelegt hat. Für nach IFRS bilanzierende Unternehmen ist keine Zusatzqualifikation erforderlich. Im folgenden Abschnitt werden die Inhalte der nationalen und internationalen Normen dargestellt, die einen direkten bzw. indirekten Zusammenhang zur Urteilsbildung der Going Concern Annahme aufweisen.

B. 3. Inhalte der nationalen und internationalen Normen im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken B. 3.1. Inhalte der nationalen Normen im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme B. 3.1.1. B. 3.1.1.1.

Das Going Concern Prinzip in der nationalen Rechnungslegung Prüfungspflicht und Einordnung ins Normengefüge

Kapitalgesellschaften, die nicht kleine Gesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 1 HGB sind, müssen ihren Jahresabschluss nach § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB durch einen Abschlussprüfer prüfen lassen. Gegenstand der Prüfung ist gemäß § 317 Abs. 1 Satz 2 HGB die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung, womit auch das Going Concern Prinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB zu beachten ist. Eine indirekte Prüfungspflicht ist aus den §§ 317 Abs. 2 und 4, 321 Abs. 1 Satz 2 und 3, 322 Abs. 2 Satz 3 sowie Abs. 6 Satz 2 HGB ableitbar. Diese Paragrafen enthalten besondere Prüfungs- und Berichterstattungspflichten bezüglich bestehender Chancen und Risiken sowie Bestandsgefährdungen, die eine Überprüfung der Angemessenheit des Grundsatzes der Unternehmensfortführung voraussetzen.117 Die gesetzlichen Vertreter des zu prüfenden Unternehmens haben bei der Aufstellung des Jahresabschlusses einzuschätzen, ob das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit fortführen

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Vgl. Krawitz, Norbert (2002): Going Concern. In: Ballwieser, Wolfgang/Coenenberg, Adolf G./ Wysocki, Klaus von (Hrsg.), Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 3. Aufl., Stuttgart 2002, S. 1007-1016, hier S. 1014. Auf Grund des neu verabschiedeten BilReG ist nun nach § 317 Abs. 2 Satz 2 HGB neben den Risiken explizit auch auf die Chancen einzugehen. Vgl. BilReG (2004), S. 3169.

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kann.118 Bei prüfungspflichtigen Unternehmen gehört die Beurteilung dieser Vorgabe zum Prüfungsgegenstand. Die gesetzlichen Vertreter haben die für ihre Feststellung unterstützenden Tatsachen bei bestehenden Zweifeln darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, da die Prüfung auf die Richtigkeit der Annahme ausgelegt ist. Eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast tritt nur ein, wenn der Prüfer auf Grund von ihm selbst behaupteter Gegebenheiten zu einer Nicht-Annahme des Going Concern Prinzips kommt. Das rechtzeitige Erkennen des Zeitpunktes, zu dem die Unternehmensfortführung in Frage gestellt und eventuell verworfen wird, gehört zu den schwierigsten Bilanzierungsfragen überhaupt, da eine Beurteilung künftiger Ereignisse stets mit Prognosen verbunden ist.119 Im Gesetz finden sich keine Details zur Trennung zwischen der Annahme und der Ablehnung des Going Concern Prinzips oder Regeln für die Prüfungsdurchführung.

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Vgl. IDW PS 270: Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 270). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 9. Ebenso IAS 1, Tz. 23 sowie ISA 570: Going concern (ISA 570). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Category.tmpl?Category=Auditing %2C %20Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart=1142689100342377, hier Tz. 4; Lück, Wolfgang (2001): Das Going-Concern-Prinzip in Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung. In: Der Betrieb, 54. Jg., 2001, S. 1945-1949, hier S. 1947. Vgl. Luik, Hans (1985), S. 67; Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gerd (1999): § 252 HGB. In: Beck´scher Bilanz-Kommentar, Handels- und Steuerrecht - §§ 238 bis 339 HGB -, 4. Aufl., München 1999, Rn. 13; Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 388. Die Schwierigkeit der Beurteilung der Going Concern Annahme wurde bereits in verschiedenen Studien untersucht. Die Autoren Taffler/Tseung (1984) analysierten 86 insolvente Unternehmen für den Zeitraum von 1977 bis 1983. Sie fanden heraus, dass nur 21 Unternehmen, d.h. weniger als 25,00%, einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk im letzten Jahresabschluss vor der Insolvenz erhalten hatten. Andere Studien brachten ähnliche Ergebnisse. In der Studie von Menon/Schwartz (1986) wurden lediglich 63 von 147 Unternehmen, d.h. weniger als 43,00%, als Going Concern-Unternehmen im Jahr vor der Insolvenz identifiziert. Koh/Brown (1991) untersuchten eine Grundgesamtheit von 40 Unternehmen. Hier wurden 16 Unternehmen, d.h. 40,00%, von den Prüfern richtig erkannt. Bei den Autoren Raghunandan/Rama (1995) hatten 46,00% der Unternehmen, d.h. 90 von 195 Unternehmen, einen Going Concern Report im Jahr vor der Insolvenz erhalten. Venuti analysierte 202 von den 257 an der Börse notierten Insolvenzen des Jahres 2001 in den USA. Nur bei 96 Unternehmen enthielt der Prüfungsbericht einen gesonderten Abschnitt, in dem der Prüfer seine Zweifel über die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens ausdrückte. Dies entspricht 48,00%. Vgl. Taffler, Richard J./Tseung, M. (1984): The audit going concern qualification in practice - exploding some myths. In: Accountant’s Magazine (Scotland), July 1984, S. 263-269, hier S. 263; Menon, Krishnagopal/Schwartz, Kenneth B. (1987): An empirical investigation of audit qualification decisions in the presence of going concern uncertainties. In: Contemporary Accounting Research, Vol. 3, No. 2, 1987, S. 302-315, hier S. 313; Koh, Hian Chye/Brown, Robert M. (1991): Probit predictions of going and non-going concerns. In: Managerial Auditing Journal, Vol. 6, Iss. 3, 1991, S. 18-23, hier S. 22; Raghunandan, Kannan/Rama, Dasaratha V. (1995): Audit reports for companies in financial distress: before and after SAS No. 59. In: Auditing: A Journal of Practice & Theory, Vol. 14, Spring 1996, S. 50-63, hier S. 58; Venuti, Elizabeth K. (2004): The going-concern assumption revisited: assessing a company’s future viability. In: The CPA Journal, Vol. 74, May 2004, S. 40-43, hier S. 40. Geiger/Raghunandan weisen darauf hin, dass die Insolvenz jedes Unternehmens, das einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erhalten hat, nicht auf das Versagen der Abschlussprüfer zurückzuführen ist. Beispielsweise können strategische Unternehmenszusammenbrüche auf Grundlage von vertraglichen Vereinbarungen plötzlich und unvorhersehbar sein. Daher kann nicht erwartet werden, dass solche Ereignisse durch ein eingeschränktes Testat angezeigt werden können. Vgl. Geiger, Marshall A./ Raghunandan, Kannan (2002): Auditor tenure and audit reporting failures. In: Auditing: A Journal of Practice and Theory, Vol. 21, No. 1, March 2002, S. 67-78, hier S. 68.

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Der Grundsatz der Unternehmensfortführung ist in § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB geregelt: „Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.“120 Die Bewertungsvorschriften der §§ 253-256 HGB sind als Ableitung dieses Prinzips zu verstehen.121 Das Going Concern Prinzip ist gemäß § 243 Abs. 1 HGB für alle Kaufleute verbindlich.122 Die verpflichtende Beachtung der GoB bei der Jahresabschlusserstellung ermöglicht die Sicherstellung der informativen Rechenschaftslegung auch in den Fällen, in denen gesetzliche Detailbestimmungen fehlen.123 Die Vorschrift § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB enthält zwei widersprüchliche Informationen. Auf der einen Seite wird die Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit unterstellt, auf der anderen Seite enthält die Norm Ausnahmetatbestände, so dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Annahme keine Allgemeingültigkeit besitzt.124 Das IDW hat im Jahr 2003 den IDW PS 270 „Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung“125 veröffentlicht. Dass für diesen Themenkomplex ein eigener PS erlassen wird, zeigt die grundlegende Bedeutung dieses Prinzips. 120

121 122 123

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Diese Vorschrift stellt die erstmalige Kodifizierung des Going Concern Prinzips in den deutschen Prüfungsnormen dar und erfolgte im Rahmen des Bilanzrichtlinien-Gesetzes. Durch dessen Verabschiedung wurden neben der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) die 7. (Konzernrichtlinie) und die 8. Richtlinie (Prüferrichtlinie) in deutsches Recht transformiert. Die 4. EG-Richtlinie war eine Maßnahme zur Harmonisierung des Gesellschaftsrechts in der Europäischen Gemeinschaft (jetzt Europäische Union). Nach herrschender Meinung hatte dieser Grundsatz bereits vorher den Rang eines GoB inne, so dass der Aufnahme des Grundsatzes in § 252 HGB nur deklaratorische Wirkung zukommt. Vgl. Hofbauer, Max A. (1982): Die Grundzüge der Bilanzierungsvorschriften des Bilanzrichtlinie-Gesetzes. In: Deutsches Steuerrecht, 20. Jg., 1982, Sonderbeilage zu Heft Nr. 15, S. 14; Janssen, Friedrich Carl (1984), S. 341; Luik, Hans (1985), S. 63; Wohlgemuth, Michael (2004): § 252 HGB. In: Hofbauer, Max A./Kupsch, Peter (Hrsg.), Bonner Handbuch der Rechnungslegung, Loseblattsammlung, Stand November 2004, Bonn 2004, Rn. 14; Lutter, Marcus (1986): Fortführung der Unternehmenstätigkeit. In: Leffson, Ulrich/Rückle, Dieter/Großfeld, Bernhard (Hrsg.), Handbuch unbestimmter Rechtsbegriffe im Bilanzrecht des HGB, Köln 1986, S. 185-191, hier S. 185; Müller, Welf (1988): Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung und ihre Kodifizierung nach neuem Bilanzrecht. In: Mellwig, Winfried/Moxter, Adolf/Ordelheide, Dieter (Hrsg.), Einzelabschluss und Konzernabschluss, Beiträge zum neuen Bilanzrecht, Wiesbaden 1988, S. 3-26, hier S. 16; Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 45; ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 6. A.A. Leffson, Ulrich (1984): Die Going-Concern-Prämisse bei Unsicherheit über den Fortbestand der Unternehmung. In: Die Wirtschaftsprüfung, 37. Jg., 1984, S. 604-606, hier S. 604. Leffson geht davon aus, dass die Entwicklung des Going Concern Prinzips zu einem GoB noch nicht abgeschlossen ist. Der Begriff GoB wird zwar an mehreren Stellen im Gesetz verwendet, es findet sich jedoch keine Definition. Hier liegt ein unbestimmter Rechtsbegriff vor. Die herrschende Meinung in der Praxis und in der Theorie besagt, dass unter den GoB allgemein anerkannte Regeln über die Führung der Handelsbücher sowie die Erstellung des Jahresabschlusses von Unternehmen zu verstehen sind. Vgl. Lang, Joachim (1986): Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung I - Begriff, Bedeutung, Rechtsnatur -. In: Leffson, Ulrich/ Rückle, Dieter/Großfeld, Bernhard (Hrsg.), Handbuch unbestimmter Rechtsbegriffe im Bilanzrecht des HGB, Köln 1986, S. 221-240, hier S. 222; Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 36. Vgl. Lutter, Marcus (1986), S. 185. Vgl. ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 6; Pellens, Bernhard (2001), S. 126. Vgl. Leffson, Ulrich (1980): Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, 5. Aufl., Düsseldorf 1980, S. 164. Vgl. Wetzel, Eckart (1990), S. 6. IDW PS 270: Die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 270). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999.

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Zusätzlich wird in vielen anderen IDW PS Bezug auf die Urteilsbildung der Going Concern Annahme genommen. Nationale Prüfer haben daneben den IDW PS 800 sowie das FAR 1/1996 zu berücksichtigen, da hier die Prüfung der Insolvenzeröffnungsgründe behandelt wird.126

B. 3.1.1.2. B. 3.1.1.2.1.

Die Annahme des Going Concern Prinzips Anwendungs- und Prognosezeitraum

Der Anwendungszeitraum des Going Concern Prinzips beginnt mit der Eröffnungsbilanz jedes Unternehmens und endet zu dem Zeitpunkt, an dem die Annahme der Unternehmensfortführung nicht mehr erfolgen darf, soll oder kann. Eine Abkehr von der Going Concern Annahme kann entweder durch den Gesetzgeber, z.B. durch gesetzliche Gründe zur Auflösung eines Unternehmens, durch die gesetzlichen Vertreter selbst, z.B. durch einen Liquidationsbeschluss, oder durch das negative Gesamturteil des Prüfers bestimmt sein.127 Die Nicht-Annahme des Going Concern Prinzips ist abhängig von dem Vorhandensein entgegenstehender Gegebenheiten, auf die im Abschnitt B. 3.1.1.3. eingegangen wird. Die Bestimmung des Prognosezeitraumes wird in der Literatur häufig diskutiert. Nach Meinung des ADS ist der Prognosezeitraum als übersehbarer Zeitraum definiert.128 Die Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit wird bei jedem Unternehmen durch andere Ereignisse und Sachverhalte beeinflusst, die wiederum u.a. von der Branche, der Unternehmensgröße oder dem Unternehmensalter abhängen. Es gibt folglich eine unendliche Zahl von Kombinationsmöglichkeiten, so dass kein allgemeingültiger Zeitraum für die Prognose bestimmbar ist.129 Um eine gewisse Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse gewährleisten zu können, sind den gesetzlichen Vertretern, denen die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme obliegt, Mindestangaben an die Hand zu geben. Für Prüfer stellen sie ebenfalls eine Hilfestellung im Rahmen der Beurteilung der Entscheidung der gesetzlichen Vertreter dar.130 Die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ist stets mit Risiken verbunden, so dass nur ein Zeitraum von wenigen Monaten zuverlässig übersehen werden kann. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass die Beurteilung des

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IDW PS 800: Empfehlungen zur Prüfung eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit bei Unternehmen (IDW PS 800). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999; FAR 1/1996: Empfehlungen zur Überschuldungsprüfung bei Unternehmen. In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999. Vgl. Müller-Dahl, Frank P. (1979), S. 69; Lutter, Marcus (1986), S. 187. In Anlehnung an IAS 1, Tz. 24 und Framework IFRS, Tz. 23: „foreseeable future“. Wohlgemuth schreibt, dass es sich um einen weitreichenden Prognosezeitraum zu handeln hat. Eine weitere Spezifizierung findet sich hier nicht. Vgl. Wohlgemuth, Michael (2004), Rn. 18. Vgl. ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 24. Vgl. Lutter, Marcus (1986), S. 187.

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Prognosezeitraumes bei der Annahme des Grundsatzes der Unternehmensfortführung hinreichend sicher sein muss.131 Der prüfungsrelevante Prognosezeitraum richtet sich für die Einschätzung durch den Prüfer in erster Linie nach der von den gesetzlichen Vertretern zu Grunde gelegten Bezugsperiode.132 Das IDW vertritt die Meinung, dass der Prognosezeitraum ausgehend vom Bilanzstichtag mindestens einen Zeitraum von 12 Monaten zu umfassen hat, das gesamte folgende Geschäftsjahr.133 Unternehmensspezifische Tätigkeiten erlauben Abweichungen in beide Richtungen, die jedoch immer begründet werden müssen.134 Nach Ansicht von Budde/Geißler kann eine Verkürzung des Prognosezeitraumes auf wenige Monate nur akzeptiert werden, wenn der Beginn des Zeitraumes der Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ist, da insbesondere bei fortführungsgefährdeten Unternehmen die Aufstellung der Bilanz erst erheblich nach dem Bilanzstichtag erfolgt.135

B. 3.1.1.2.2.

Zu berücksichtigende Ereignisse

Die Beurteilung einer Prognose ist stets mit Unsicherheiten verbunden, so dass die allgemein vorherrschende Unsicherheit kein vertretbarer Grund für die Nicht-Annahme der Unternehmensfortführung darstellt.136 Bestimmen oder beabsichtigen die gesetzlichen Vertreter die Schließung einzelner Unternehmensteile, so hat dies keine Auswirkungen auf die Anwendung des Going Concern Prinzips, da die Beurteilung der Fortführungsfähigkeit das gesamte Unternehmen betrifft.137 Solange mit einer Einstellung der Geschäftstätigkeit nur zu rechnen ist, diese aber noch nicht erfolgt ist, muss das Going Concern Prinzip angewendet werden.138 Grundsätzlich sind die Verhältnisse am Abschlussstichtag maßgeblich.139 Die zu berücksichtigenden Ereignisse sind in wertaufhellende und wertbegründende zu unterteilen. Wertaufhellende Ereignisse werden dem zu prüfenden Unternehmen und dem Prüfer erst nach dem Abschlussstichtag bekannt, obwohl sie bis dahin aufgetreten sind. Nachträglich begründen sie ein besseres Verständnis der Verhältnisse am Abschlussstichtag. Solche Ereignisse 131 132 133

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Vgl. ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 24; Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gerd (1999), Rn. 11. Vgl. IDW PS 270, Tz. 8. Ebenso ISA 570, Tz. 18. Vgl. IDW PS 270, Tz. 8 und IDW PS 800, Tz. 12. Ebenso Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gerd (1999), Rn. 11; Hopt, Klaus J. (2000): Handelsgesetzbuch mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bankund Börsenrecht, Transportrecht (ohne Seerecht), 30. Aufl., München 2000, § 252 HGB, Tz. 7; Lück, Wolfgang (2001), S. 1947; Arbeitskreis „Externe und Interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. (2003): Probleme der Prognoseprüfung. In: Der Betrieb, 56. Jg., 2003, S. 105-111, hier S. 109; Buchholz, Rainer (2003), S. 41. Beispielsweise können die Fertigungsdauer und/oder die Umschlaghäufigkeit des Warenlagers von entscheidender Bedeutung sein (Langfristfertigung; saisonabhängiger Warenabsatz). Vgl. Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gerd (1999), Rn. 11; Sarx, Manfred (1987), S. 29. Wetzel hingegen verneint eine mögliche Verlängerung des Prognosezeitraumes, da an jedem Bilanzstichtag eine neue Überprüfung der Going Concern Annahme erfolgen muss. Vgl. Wetzel, Eckart (1990), S. 153. Vgl. Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gerd (1999), Rn. 11. Vgl. Leffson, Ulrich (1984), S. 604; Lutter, Marcus (1986), S. 187. Vgl. Leffson, Ulrich (1984), S. 604-605; Luik, Hans (1985), S. 67; Lutter, Marcus (1986), S. 187. Vgl. Moxter, Adolf G. (1980), S. 349; Janssen, Friedrich Carl (1984), S. 346. Vgl. Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gerd (1999), Rn. 12; ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 25; Hopt, Klaus J. (2000), Tz. 7.

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sind unabhängig von ihrer Auswirkung auf die Prüfung, seien sie positiv oder negativ, mit einzubeziehen.140 Wertbegründende Ereignisse hingegen zeigen nach dem Abschlussstichtag neue, wertverändernde Verhältnisse auf und dürfen nach IDW PS 203141 nicht berücksichtigt werden.142 Gleichwohl befürwortet IDW PS 270 für die Prüfung der Going Concern Annahme die Beachtung sowohl wertaufhellender als auch wertbegründender Ereignisse.143 Einigkeit zwischen den beiden IDW PS herrscht beim Zeitpunkt, bis zu dem die Ereignisse zu beachten sind. Hier wird die Erteilung des Bestätigungsvermerks als Stichtag angenommen.144

B. 3.1.1.3. B. 3.1.1.3.1.

Die Nicht-Annahme des Going Concern Prinzips Entgegenstehende tatsächliche und rechtliche Gegebenheiten

Die Abkehr vom Going Concern Prinzip ist in § 252 Abs. 2 HGB geregelt. Hiernach darf nur in begründeten Ausnahmefällen vom ersten Abschnitt des § 252 HGB, also auch vom Grundsatz der Unternehmensfortführung, abgewichen werden. Folglich sind die in § 252 Abs. 1 HGB aufgeführten Bewertungsgrundsätze zwar die Regel, sie sollen aber keine Allgemeingültigkeit besitzen. Der Gesetzgeber schreibt damit vor, dass Abweichungen von diesen Grundsätzen Sonderfälle darstellen und erläutert werden müssen. In § 252 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz HGB ist ebenfalls eine Ausnahmeregelung für die Anwendung des Going Concern Grundsatzes enthalten. Demnach ist eine Aufstellung des Jahresabschlusses unter der Going Concern Annahme nicht mehr angemessen, wenn ihm tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Es gilt zu klären, ob diese beiden Regelungen für verschiedene Ausnahmetatbestände Gültigkeit besitzen. Da sich diese Vorschriften hinsichtlich des Konkretisierungsgrades der Formulierung unterscheiden, kann die Regelung des § 252 Abs. 1 HGB unter der allgemeiner gehaltenen Regel des zweiten Absatzes subsumiert werden. Es ist zu untersuchen, ob für § 252 Abs. 2 HGB Sachverhalte existieren, die nicht unter die tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten des ersten Absatzes des § 252 HGB fallen. Ein Beispiel ist die Insolvenz eines Hauptkunden, mit dem das zu prüfende Unternehmen über 50,00% des Umsatzes generiert. Sofern in naher Zukunft kein neuer Abnehmer gefunden wird, ist die Fortführung der Unternehmenstätigkeit gefährdet, so dass dieser Sachverhalt einen Ausnahmetatbestand gemäß § 252 Abs. 2 HGB darstellt. Gleichzeitig kann dieser Umstand als

140 141

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144

Vgl. Born, Karl (2002), S. 495; Buchholz, Rainer (2003), S. 41. IDW PS 203: Ereignisse nach dem Abschlussstichtag (IDW PS 203). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 8. Ebenso ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 26; Born, Karl (2002), S. 495. Vgl. IDW PS 270, Tz. 48: „Klarstellend wird […] über ISA 570 hinaus festgestellt, dass das Stichtagsprinzip für die Beurteilung der Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit nicht gilt, d.h. dass eine Unterscheidung nach wertaufhellenden oder wertbegründenden Ereignissen, die nach dem Abschlussstichtag eintreten, unerheblich ist.“ Siehe auch ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 26. Hiernach finden auch wertbegründende Tatsachen Berücksichtigung beim Prüfungsurteil. Ebenso bereits Müller, Welf (1988), S. 17. Vgl. IDW PS 203, Tz. 2; IDW PS 270, Tz. 8.

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tatsächliche, dem Going Concern Prinzip entgegenstehende Gegebenheit eingestuft werden. Diese Überprüfung von Sachverhalten kann unzählige Male durchgeführt werden. Man wird stets zu dem Ergebnis kommen, dass der zu untersuchende Umstand entweder zu den entgegenstehenden tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten gezählt werden kann. Als Ergebnis dieser Analyse bleibt festzuhalten, dass im Hinblick auf den Grundsatz der Unternehmensfortführung nach § 252 Abs. 2 HGB Ausnahmen zwar zulässig, aber neben § 252 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz HGB nicht mehr nötig sind.145 Bei entgegenstehenden Tatsachen ist es unerheblich, ob diese selbst verschuldet oder auf Grund von unternehmensexternen und nicht beeinflussbaren Faktoren entstanden sind. Entscheidend sind die Folgen für die Zukunft des Unternehmens.146 Der Prüfer hat besondere Aufmerksamkeit bei Vorliegen von Indizien walten zu lassen, die auf eine Ablehnung der Going Concern Annahme deuten könnten.147 In Zweifelsfällen, z.B. bei nachhaltigen Jahresfehlbeträgen oder ständig steigenden Kreditaufnahmen, haben Kapitalgesellschaften im Anhang die weitere Anwendung des Going Concern Prinzips zu begründen, da ansonsten das nach § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB geforderte Bild der tatsächlichen Verhältnisse nicht vermittelt wird.148 Bei Feststellung von hinreichend sicheren Unternehmensschwierigkeiten hat der Prüfer von einer NichtAnnahme auszugehen, selbst wenn die gesetzlichen Vertreter auf Grund von mangelnder Verantwortung oder Unfähigkeit keine entsprechenden Beschlüsse gefasst haben.149 Sofern die gesetzlichen Vertreter trotz drohendem Unternehmenszusammenbruchs an der Annahme des Going Concern Prinzips festhalten und dies mit dem Einverständnis von z.B. wichtigen Kreditgebern geschieht, ist darauf zu achten, dass nicht die subjektive Beurteilung der gesetzlichen Vertreter sondern eine objektivere Betrachtungsweise als Grundlage herangezogen wird.150 Wann die Aufgabe des Going Concern Prinzips definitiv erforderlich ist oder wird, lässt sich mangels gesetzlicher Kennzahlen oder Grenzwerten als Indikatoren nicht eindeutig bestimmen. Es sind zwar eine Reihe von Sachverhalten bekannt, deren Vorliegen die Unternehmensfortführung als gefährdet erscheinen lassen, jedoch konnten bis jetzt keine prüfbaren Kausalbeziehungen derart festgestellt werden, dass bei bestimmten Gegebenheiten von einer Unternehmensfortführung grundsätzlich nicht mehr ausgegangen werden kann.151 Die nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz HGB der Going Concern Annahme entgegenstehenden tatsächlichen

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151

Siehe auch Hopt, Klaus J. (2000), Tz. 7; Selchert, Friedrich Wilhelm (2003): § 252 HGB. In: Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (Hrsg.), Handbuch der Rechnungslegung: Einzelabschluss, Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung, Loseblattsammlung, Stand Juli 2003, 5. Aufl., Stuttgart 2003, Rn. 59. Vgl. ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 28. Vgl. ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 25. Eine Bestandsgefährdung erhöht das inhärente Risiko, so dass zusätzliche Einzelprüfungen erforderlich sind, um das Prüfungsrisiko auf ein angemessenes Niveau zu reduzieren bzw. eine vorgegebene Prüfungssicherheit zu erreichen. Vgl. Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 389. Vgl. Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gert (1999), Rn. 15. Vgl. ADS (2002), § 252 HGB, Rn. 28; Hopt, Klaus J. (2000), Rn. 7. Im Gesetzestext wird von Gegebenheiten und nicht von Auffassungen gesprochen. Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB. Vgl. Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gert (1999), Rn. 15.

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Gegebenheiten werden weder im Gesetzestext noch in der Gesetzesbegründung näher erläutert. Häufig werden im Wesentlichen wirtschaftliche Schwierigkeiten darunter verstanden. Hierzu zählen z.B. die übermäßige kurzfristige Finanzierung langfristiger Vermögenswerte, das Aussetzen von Ausschüttungen oder die Unfähigkeit, Darlehenskonditionen einzuhalten.152 Die Existenz wirtschaftlicher Tatbestände bedeutet nicht zwingend eine Abkehr vom Grundsatz der Unternehmensfortführung.153 Die Sachverhalte sind als Anhaltspunkte zu verstehen, bei deren Vorliegen Zweifel an der Fortführungsfähigkeit des zu prüfenden Unternehmens aufkommen können. Diese Vermutung ist mit hinreichender Sicherheit zu konkretisieren oder zu beseitigen. Es besteht die Möglichkeit, dass negative Faktoren durch positive Sachverhalte teilweise oder vollständig kompensiert werden und somit die Zweifel ausgeräumt werden können.154 In der Literatur existiert eine Vielzahl von Studien, die die Identifikation von Sachverhalten zum Thema haben, die Zweifel an der Fortführung der Geschäftstätigkeit aufkommen lassen können bzw. die Krisenursachen herausfiltern. Eine weitergehende Darstellung dieser Arbeiten wird im Kapitel D. 3.2.1. vorgenommen. Neben den entgegenstehenden tatsächlichen Gegebenheiten werden in § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB auch rechtliche Sachverhalte angesprochen, die eine Ablehnung des Going Concern Prinzips begründen können. Als Beispiele sind die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und ein beantragter Abwicklungsvergleich zu nennen. Des Weiteren zählen dazu gesetzliche oder satzungsmäßige Vorschriften, die die Auflösung und Abwicklung eines Unternehmens zur Folge haben.155 Ein Auflösungsbeschluss allein ist kein Grund für die Abkehr vom Grundsatz der Unternehmensfortführung. Entscheidend sind in diesem Zusammenhang die Absicht der Auflösung sowie das entsprechende Vorgehen.156 Im Rahmen der rechtlichen Gegebenheiten ist die Bestandsgefährdung des Unternehmens auf Grund von Insolvenz wegen ihrer enormen praktischen Bedeutung hervorzuheben.157 Daher werden nachfolgend das Insolvenzverfahren sowie die drei Insolvenzeröffnungsgründe Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung in einem Exkurs näher erläutert.

152 153 154

155 156

157

Weitere Beispiele finden sich im IDW PS 270, Tz. 11. Der IDW PS 270 spricht von Umständen. Vgl. IDW PS 270, Tz. 11 und 16. Vgl. IDW PS 270, Tz. 11 und 28; Lück, Wolfgang (2001), S. 1947. Ebenso Budde, Wolfgang Dieter/ Geißler, Gert (1999), Rn. 10: „Die Hypothese über die Fortführung der Unternehmenstätigkeit kann an der Wirklichkeit scheitern und ist deshalb in jedem Einzelfall auf ihre Realitätsnähe zu untersuchen.“ Vgl. ADS (2002), § 252 HGB, Tz. 29; Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gert (1999), Rn. 16. Vgl. ADS(2002), § 252 HGB, Tz. 30; Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gert (1999), Rn. 16; Hopt, Klaus J. (2000), Rn. 7. Siehe ebenso Wohlgemuth, Michael (2004), Rn. 1. „Entgegenstehende rechtliche Gegebenheiten sind Auflösungsgründe, auch wenn sie rechtlich noch nicht vorliegen, aber tatsächlich zu erwarten sind.“ Siehe Kapitel A. 2. dieser Arbeit.

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B. 3.1.1.3.2. B. 3.1.1.3.2.1.

Bestandsgefährdung auf Grund von Insolvenz Insolvenzverfahren und Antragstellung

Nach der Insolvenzordnung (InsO)158 stehen sich zwei Verfahrensarten gegenüber: das reguläre Verfahren und das Verbraucher- bzw. Kleinverfahren.159 Das reguläre Verfahren wird vor allem bei Unternehmensinsolvenzen angewandt und unterteilt sich in das Regelverfahren sowie das Insolvenzplanverfahren. Beim Regelverfahren erfolgt die Masseverwertung und -verteilung nach gesetzlichen Vorschriften, beim Insolvenzplanverfahren entsprechend der Einigung zwischen Gläubiger und Schuldner.160 Arten des Insolvenzverfahrens

Verbraucher- bzw. Kleinverfahren

Reguläres Verfahren

Abb. 1:

Regelverfahren

Insolvenzplanverfahren

Masseverwertung und -verteilung nach gesetzlichen Vorschriften

Masseverwertung und -verteilung entsprechend der Einigung zwischen Gläubiger und Schuldner

Arten des Insolvenzverfahrens161

Die sachliche Zuständigkeit für Insolvenzverfahren liegt unabhängig von der Höhe der Schulden bei der Abteilung Insolvenzgericht der Amtsgerichte, sofern im Bezirk des Amtsgerichts ein Landgericht seinen Sitz hat.162 Die formelle Voraussetzung für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist der Antrag eines Berechtigten. Folglich kann ein Verfahren nicht von Amts wegen eröffnet werden.163 Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 InsO ist jeder Schuldner antragsberechtigt, wobei eine Glaubhaftmachung nicht erforderlich ist. Ist der Schuldner eine juristische Person, so ist das Gesuch eines Vertreters, d.h. eines Mitgliedes des Vertretungsorgans, ausreichend. Bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist ebenso jeder persönlich haftende

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163

Die InsO samt Einführungsgesetz zur InsO aus dem Jahr 1994 trat am 01. Januar 1999 in Kraft, löste insgesamt drei Gesetze in West- und Ostdeutschland ab und sorgte damit für ein bundeseinheitliches Insolvenzrecht. Vgl. Foerste, Ulrich (2004): Insolvenzrecht, München 2004, S. 15-16. Das Verbraucher- und Kleinverfahren gilt für Schuldner, die eine natürliche Person sind, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder deren Vermögensverhältnisse trotz früherer Selbstständigkeit überschaubar sind. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 14. Auf dieses Verfahren wird im Folgenden kein Bezug mehr genommen. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 15; Pirntke, Gunter (2003): Das neue Insolvenzrecht, der Leitfaden für die Praxis, 2. Aufl., Renningen 2003, S. 96. In Anlehnung an Foerste, Ulrich (2004), S. 15. Vgl. Zimmermann, Walter (2003): Insolvenzrecht, 5. Aufl., Heidelberg 2003, S. 2; Foerste, Ulrich (2004), S. 22. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 5; Pirntke, Gunter (2003), S. 86.

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Gesellschafter allein zur Stellung des Antrages berechtigt.164 Eine Glaubhaftmachung ist gemäß § 15 Abs. 2 InsO notwendig, wenn nur ein Teil der Mitglieder eines Vertretungsorgans bzw. der persönlich Haftenden Antragsteller ist. Bei einer GmbH & Co. KG ist der Insolvenzantrag nach § 15 Abs. 3 InsO durch einzelne oder alle Geschäftsführer der persönlich haftenden GmbH möglich. Gläubiger sind bei Vorliegen von drei Voraussetzungen auch antragsberechtigt. Sie müssen ihre Forderung und einen Insolvenzgrund glaubhaft machen können sowie an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein rechtliches Interesse haben.165 Bei der Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen gegenüber Banken, sonstigen Kreditinstituten, Bausparkassen, Kapitalanlagegesellschaften sowie Versicherungen Einschränkungen, da hier gemäß § 46b Satz 4 KWG sowie § 88 Abs. 1 VAG die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht antragsberechtigt ist.166 Der Pflicht zur Antragstellung unterliegen nur die Vertreter juristischer Personen,167 natürliche Personen hingegen nicht.168 Insolvenzfähig ist jede natürlich Person169 (§ 11 Abs. 1 Satz 1 InsO), jede juristische Person des privaten Rechts, z.B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft und Genossenschaft, oder des öffentlichen Rechts (§ 11 Abs. 1 Satz 1 InsO), nicht rechtsfähige Vereine (§ 11 Abs. 1 Satz 2 InsO), Offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften sowie BGBGesellschaften nach § 705 BGB.170 Ausgenommen sind der Staat (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO), bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO) wie Körperschaften, Anstalten, Gemeinden, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wegen Art. 5 Abs. 2 GG, anerkannte Kirchen und ihre öffentlich-rechtlichen Körperschaften wegen Art. 4 Abs. 2, 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 Weimarer Verfassung.171 Die materielle Eröffnung eines Insolvenzverfahrens setzt zwingend einen Eröffnungsgrund voraus (§ 16 InsO). Allgemeiner Eröffnungsgrund für juristische und natürliche Personen ist die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), bei juristischen Personen zusätzlich die Überschuldung (§ 19InsO). Stellt der Schuldner einen Eigenantrag, so reicht die drohende Zahlungsunfähigkeit

164 165

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Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 5; Pirntke, Gunter (2003), S. 98. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 6; Pirntke, Gunter (2003), S. 91. Die Glaubhaftmachung setzt sich aus allen Beweismitteln einschließlich der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers (§ 4 InsO i.V.m. § 294 Abs. 2 ZPO), Urkunden sowie Bescheinigungen zusammen. Die Bundesämter für das Kreditwesen, für das Versicherungswesen und für den Wertpapierhandel sind seit dem 01. Mai 2002 mit ihren Aufgaben in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zusammengefasst. Für die AG siehe §§ 92 Abs. 2 und 268 Abs. 2 AktG, für die KGaA §§ 278 Abs. 3 und 283 Nr. 14 AktG, für die GmbH §§ 64 Abs. 1 und 71 Abs. 4 GmbHG, für die Genossenschaft § 99 Abs. 1 GenG, für die OHG § 130a HGB sowie für die KG § 177a HGB. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften ist unterschiedlich geregelt. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 7; Pirntke, Gunter (2003), S. 93-94. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 7. Darunter fallen neben Kaufleuten auch Kinder, Geisteskranke, Betreute oder Ausländer. Des Weiteren zählen dazu die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO), Partnerschaftsgesellschaften, der Nachlass (§§ 11 Abs. 2 Nr. 2, 315 ff. InsO), das Gesamtgut der Gütergemeinschaft nach Maßgabe von § 11 Abs. 2 Nr. 2 InsO sowie die Vor-GmbH. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 9; Pirntke, Gunter (2003), S. 94.

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(§ 18 InsO) aus.172 Die Tabelle 2 fasst die wesentlichen Punkte hinsichtlich Antragsteller und Insolvenzeröffnungsgrund in Abhängigkeit des Schuldners zusammen. Schuldner Natürliche Person

Gläubiger Zahlungsunfähigkeit

Juristische Person

Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung

OHG, KG, BGB-Gesellschaft

Zahlungsunfähigkeit

Tab. 2:

Antragsteller Schuldner Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit

Eröffnungsgründe des Insolvenzverfahrens nach der InsO173

B. 3.1.1.3.2.2.

Insolvenzeröffnungsgründe

Der Insolvenzeröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit ist bei natürlichen sowie juristischen Personen anwendbar und wird als allgemeiner Insolvenzeröffnungsgrund bezeichnet. Nach § 17 Abs. 2 InsO liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Diese Definition setzt den Mangel an Zahlungsmitteln stillschweigend voraus,174 so dass die Zahlungsfähigkeit und nicht die fehlende Zahlungsbereitschaft ausschlaggebend ist.175 Der Gesetzgeber hat bewusst auf quantitative Vorgaben zur Bestimmung der Zahlungsunfähigkeit verzichtet. Nach herrschender Literaturmeinung wird Zahlungsunfähigkeit angenommen, wenn mindestens 5,00% der Gesamtschulden nicht gedeckt sind.176 Es handelt sich um eine Zeitpunkt-Illiquidität und nicht um eine ZeitraumIlliquidität, so dass die künftige geschäftliche Entwicklung des Schuldners unberücksichtigt bleibt.177 Die Zahlungsbereitschaft bezieht sich auf die volle Erfüllung der Außenstände, Teilrückstände berechtigen zum Insolvenzantrag.178 Zimmermann ist der Meinung, dass bereits Zahlungsstockungen, angeblich vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (Liquiditätseng172

173 174 175 176

177

178

Vgl. Mönning, Rolf-Dieter (2003a): § 16 InsO. In: Nerlich, Jörg/Römermann, Volker (Hrsg.), Insolvenzordnung, München 2003, Rn. 5; Foerste, Ulrich (2004), S. 55. Unter der formellen Insolvenz versteht man die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 1. In Anlehnung an Zimmermann, Walter (2003), S. 10. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 10. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 55. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 56. A.A. Mönning, Rolf-Dieter (2003b), § 17 InsO. In: Nerlich, Jörg/ Römermann, Volker (Hrsg.), Insolvenzordnung, München 2003, § 16 InsO, Rn. 18. Mönning geht davon aus, dass die Grenze bezogen auf die Gesamtverbindlichkeiten bei unter 5,00% anzusiedeln ist. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 10; Mönning, Rolf-Dieter (2003b), Rn. 14. Die ZeitpunktIlliquidität entspricht dem Tag der Gerichtsentscheidung und nicht dem Tag des Antrages zur Insolvenzeröffnung. Einer Veränderung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners wird daher wenigstens bis zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung Rechnung getragen. Nach herrschender Meinung gebietet es der Insolvenzzweck, den letzten Erkenntnisstand zu Grunde zu legen. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 55. A.A. Häsemeyer, Ludwig (2003): Insolvenzrecht, 3. Aufl., Köln 2003, Rn. 7.20 a.E. Bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit dürfte nach Ansicht des IDW der rechtlich bedeutsame Planungshorizont einen Zeitraum von etwa drei Monaten umfassen. Vgl. IDW PS 800, Tz. 12. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 10; Foerste, Ulrich (2004), S. 56; Mönning, Rolf-Dieter (2003b), Rn. 18. Ebenso IDW PS 800, Tz. 13 „Die Begleichung kleinerer Schulden schließt die Zahlungseinstellung und damit die Zahlungsunfähigkeit nicht aus.“

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pässe), als Zahlungsunfähigkeit gelten.179 Nach dem Willen des Gesetzgebers ist eine momentane Zahlungsstockung vom Insolvenzgrund abzugrenzen, wenn der Schuldner kurzfristig binnen zwei oder drei Wochen wieder liquide ist.180 Die Beweislast der Zahlungsstockung liegt bei strittiger Zahlungsunfähigkeit beim Antragsteller. Beruft sich der Schuldner auf Zahlungsstockung, ist er zum Nachweis verpflichtet.181 Bei Feststellung der Zahlungsunfähigkeit sind, wie der Gesetzestext es vorgibt, nur die fälligen Zahlungspflichten zu beachten. Somit darf ein Gläubiger, der seine Schuld gestundet hat, keinen Insolvenzantrag stellen.182 Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO ist die Zahlungseinstellung ein widerlegbares Indiz für Zahlungsunfähigkeit. Eine erkennbar gewordene Zahlungseinstellung wirkt sofort, bis die Zahlungen allgemein wieder aufgenommen werden.183 Sie besteht, wenn der Schuldner wegen andauernden Geldmangels nach außen erkennbar nicht in der Lage ist, einen wesentlichen Teil seiner fälligen und eingeforderten Schulden zu bezahlen.184 Die Zahlungsunfähigkeit ist ein verborgener, nicht offensichtlicher Insolvenzindikator, da realistische Aussagen über die Lage des Schuldners nur möglich sind, wenn dessen Zukunft eindeutig dargestellt werden könnte. In der Praxis gehört es zur Ausnahme, dass ein Gläubiger die tatsächliche Situation seines Schuldners kennt.185 Die drohende Zahlungsunfähigkeit kann als Insolvenzeröffnungsgrund nach § 18 Abs. 1 InsO lediglich geltend gemacht werden, wenn der Schuldner einen Eröffnungsantrag stellt. Ein Gläubiger ist dazu nicht berechtigt, da die Gefahr besteht, dass dieser den Schuldner bereits im Vorfeld mit einem vage begründeten Insolvenzantrag unter Druck setzt.186 Erfolgt der Antrag durch Gesellschaften, so muss dieser entweder von allen Mitgliedern der Vertreterorgane oder allen persönlich haftenden Gesellschaftern gestellt werden oder der Antragsteller muss vertretungsberechtigt sein (§ 18 Abs. 2 InsO). Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist anzunehmen, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Es handelt sich hierbei um die Bestimmung einer Prognose.187 Bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit wird von einer Zeitraum179 180

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Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 10. Vgl. Burger, Anton/Schellberg, Bernhard (1995): Zur Vorverlagerung der Insolvenzauslösung durch das neue Insolvenzrecht. In: Konkurs, Treuhand, Sanierung, 56. Jg., 1995, S. 563-577, hier S. 567; Bundesgerichtshof (2005): Urteil vom 24. Mai 2005 (IX ZR 123/04). In: Der Betrieb, 58. Jg., 2005, S. 1787. Das IDW vertritt die Meinung, dass eine Zahlungsstockung vorliegt, wenn der Schuldner seine Gläubiger in weniger als einem Monat wieder befriedigen kann. Ein Insolvenzgrund ist unter diesen Umständen noch nicht gegeben. Vgl. IDW PS 800, Tz. 14. Die frühere Rechtsprechung ging von vier Wochen aus. Vgl. Bundesgerichtshof (2001): Urteil vom 20. November 2001 (IX ZR 48/01). In: Der Betrieb, 54. Jg., 2001, S. 267-269, hier S. 268; Bundesgerichtshof (1999): Urteil vom 03. Dezember 1998 (IX ZR 313/97). In: Der Betrieb, 52. Jg., 1999, S. 688. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 56. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 11. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 56; IDW PS 800, Tz. 14. Folgende Verhaltensweisen vermitteln den Eindruck einer Zahlungseinstellung: Bitte um längerfristige Stundung, Nichtzahlung wichtiger laufender Betriebskosten, gehäufte Wechselproteste oder Vollstreckungsmaßnahmen, abrupte Geschäftsschließung, Flucht des Schuldners sowie Haftbefehle. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 56; IDW PS 800, Tz. 13; Pirntke, Gunter (2003), S. 92-93. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 57. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 58; Zimmermann, Walter (2003), S. 11; Mönning, Rolf-Dieter (2003c): § 18 InsO. In: Nerlich, Jörg/Römermann, Volker (Hrsg.), Insolvenzordnung, München 2003, § 18 InsO, Rn. 8; Pirntke, Gunter (2003), S. 99. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 11; Mönning, Rolf-Dieter (2003c), Rn. 6.

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Illiquidität ausgegangen, die durch die Aufstellung eines Finanzplans für den Prognosezeitraum belegt werden soll.188 Der Gesetzgeber hat den Prognosezeitraum nicht begrenzt. Je länger aber der Zeitraum gewählt wird, desto ungenauer werden die Voraussagen und desto schwieriger ist der Nachweis für eine Insolvenz zu erbringen.189 Der dritte Insolvenzeröffnungsgrund ist die Überschuldung. Diese ist neben der Zahlungsunfähigkeit bei juristischen Personen190 und bei GmbH & Co. KG191 zusätzlicher Eröffnungsgrund,192 ferner auch bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (§ 19 Abs. 3 InsO).193 Nach § 19 Abs. 2 InsO liegt Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Die Überschuldung wird anhand einer Überschuldungsbilanz festgestellt, wobei die Bewertung der Aktiva und Passiva von der Prognose über die Fortführung des Unternehmens abhängig ist (§ 19 Abs. 2 Satz 2 InsO). Die Aussicht auf Unternehmensfortführung setzt voraus, dass die entsprechende Bereitschaft besteht und mittelfristig, bis Ende des folgenden Geschäftsjahres, keine Zahlungsunfähigkeit droht. Insofern ist eine ZeitraumLiquidität zu untersuchen.194

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194

Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 57. Nach IDW PS 800 ist anhand der Fälligkeit bestehender Zahlungspflichten und den künftig verfügbaren Finanzmitteln das voraussichtliche Zahlungsunvermögen zu beurteilen. Vgl. IDW PS 800, Tz. 28-33. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 58. Das IDW ist der Ansicht, dass der Prognosezeitraum grundsätzlich durch die letzte Fälligkeit der bestehenden Verbindlichkeiten determiniert wird. In der Praxis wird der zu untersuchende Zeitraum in der Regel durch das laufende und das kommende Geschäftsjahr begrenzt sein, da ansonsten die Höhe und der Zeitpunkt der Zahlungen nicht hinreichend sicher bestimmbar sind. Vgl. IDW PS 800, Tz. 12. Sowie beim Nachlass §§ 19 Abs. 1, 320 Satz 1 InsO. Vgl. § 19 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO. Diese Erweiterung der Insolvenzeröffnungsgründe, wenn keine natürliche Person haftet, wird mit der beschränkten Haftung der Kapitalgesellschaften begründet. Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 59. Dieser Eröffnungsgrund ist bei natürlichen Personen sowie bei OHG und KG ausgeschlossen. Vgl. Zimmermann, Walter (2003), S. 11. Dieser Eröffnungsgrund ist nicht auf Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit anwendbar, falls einer ihrer persönlich haftenden Gesellschafter eine Gesellschaft ist, in der eine natürliche Person persönlich haftet (§ 19 Abs. 3 Satz 2 InsO). Vgl. Foerste, Ulrich (2004), S. 61.

36

B. 3.1.1.4.

Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit und Prüfungsplanung

Der Prüfer ist verpflichtet, sich Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit sowie über das wirtschaftliche und rechtliche Unternehmensumfeld zu verschaffen, die die Grundlage für eine gewissenhafte Prüfungsplanung und -durchführung195 nach pflichtgemäßem Ermessen des Prüfers bilden. Ereignisse, Geschäftsvorfälle und -praktiken, die nach seiner persönlichen Einschätzung wesentliche Auswirkungen auf den Abschluss haben, sollen so besser erkannt und verstanden werden.196 Des Weiteren ist das Erkennen von ungewöhnlichen Umständen wahrscheinlicher. Dazu zählen Hinweise auf Täuschungen oder Gesetzesverstöße, die Einfluss auf die Urteilsbildung der Going Concern Annahme haben können.197 Der Umfang der Kenntnisse ist abhängig vom Prüfer und kann nicht denen der gesetzlichen Vertreter des Unternehmens entsprechen, da der Prüfer niemals sämtliche den gesetzlichen Vertretern zur Verfügung stehenden Informationen zusammentragen kann.198 Die Aneignung des Wissens erfolgt in einem kontinuierlichen Prozess, in dem sich der Prüfer bereits vor Auftragsannahme ein vorläufiges Bild über das Unternehmen macht, das nach der Auftragsannahme und im Prüfungsverlauf anhand der hinzugewonnenen Kenntnisse stetig überprüft, aktualisiert und weiterentwickelt wird.199

195

196

197

198 199

Die Prüfungsdurchführung hat unter Berücksichtigung aller Aufträge ziel- und zeitgerecht sowie wirtschaftlich zu erfolgen, um einen angemessenen Prüfungsablauf unter sachlichen, personellen und zeitlichen Gesichtspunkten gewährleisten zu können. Die risikoorientierte Prüfungsstrategie ist hinsichtlich verschiedener Sachverhalte zu entwickeln. Hierbei sind Unternehmens- und Geschäftstätigkeitskenntnisse, Verständnis für das rechnungslegungsbezogene interne Kontrollsystem, Risiko- und Wesentlichkeitseinschätzungen, Art, Ablauf und Ausmaß der Prüfungshandlungen sowie Koordination, Leitung, Überwachung und Nachschau der Prüfung zu beachten. Des Weiteren ist zu beurteilen, ob die Going Concern Annahme gegeben ist. Vgl. IDW PS 240: Grundsätze der Planung von Abschlussprüfungen (IDW PS 240). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 7 und 17. Vgl. IDW PS 240, Tz. 16. Der Abschluss umfasst hier den Jahresabschluss, den Lagebericht, die Prüfung sowie die Berichterstattung. Vgl. IDW PS 230: Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit sowie das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des zu prüfenden Unternehmens im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 230). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 5. Vgl. IDW PS 230, Tz. 7. Auch IDW PS 210 schreibt vor, dass der Prüfer sich ein Grundverständnis über den rechtlichen Rahmen anzueignen hat, um dessen Einhaltung nachvollziehen zu können. Besondere Aufmerksamkeit ist auf die Vorschriften zu legen, von denen die Unternehmensfortführung wesentlich bestimmt wird, z.B. Auflagen für den Geschäftsbetrieb oder das Gemeinnützigkeitsrecht für gemeinnützige Unternehmen. Vgl. IDW PS 210: Zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 210). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 32. Vgl. IDW PS 230, Tz. 5 und 8. Vgl. IDW PS 230, Tz. 9-11. Zu dessen Informationsquellen zählen Gespräche mit Unternehmensmitarbeitern einschließlich der gesetzlichen Vertreter sowie mit Prüferkollegen der gleichen Branche, die Wirtschaftspresse oder vom Unternehmen bereitgestellte Unterlagen. Vgl. IDW PS 230, Tz. 14.

37

Problemfelder sind zu identifizieren und Prüfungsnachweise zu beurteilen. In Bezug auf die Prüfung der Unternehmensfortführung bilden sie die Basis für die Würdigung von Unternehmensrisiken und der diesbezüglichen Reaktionen der gesetzlichen Vertreter, die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems sowie die Untersuchung der Schätzungen der gesetzlichen Vertreter, die sich im Jahresabschluss und im Lagebericht niederschlagen. Eine Stellungnahme des Prüfers zur Beurteilung der Annahme der Unternehmensfortführung und der Risiken der künftigen Entwicklung durch die gesetzlichen Vertreter ist dabei eingeschlossen.

B. 3.1.1.5.

Urteilsbildung über die Going Concern Annahme

Die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme ist anhand von gewonnenen Erkenntnissen durchzuführen. So kann z.B. bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes die Entscheidung eindeutig und zügig getroffen werden, dass der Going Concern Annahme rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen und damit eine Abkehr vom Grundsatz der Unternehmensfortführung zu erfolgen hat. Bei tatsächlichen Gegebenheiten kann die Annahme des Going Concern Prinzips nicht immer unmissverständlich geklärt werden. Zur Urteilsbildung können dann u.a. analytische Prüfungshandlungen herangezogen werden. Entscheidungen, die ausnahmslos auf analytischen Prüfungshandlungen basieren, dürfen nur bei unwesentlichen Posten Anwendung finden. Wesentliche Posten sind weitergehend zu analysieren.200 Analytische Prüfungshandlungen sind Plausibilitätsüberlegungen von Verhältniszahlen und Trends, durch die ungewöhnliche Abweichungen oder Veränderungen sowie Beziehungen von prüfungsrelevanten Unternehmensdaten zu anderen Daten erkannt werden sollen.201 Solche unterstellten Datenzusammenhänge gelten solange, bis etwas Gegenteiliges bekannt wird.202 Den Plausibilitätsüberlegungen liegen einfache Vergleiche oder komplexe Untersuchungen zu Grunde, deren Auswahl im Ermessen des Prüfers liegt.203 Es ist zu bedenken, dass die Qualität und die Aussagefähigkeit der Ergebnisse von analytischen Prüfungshandlungen stets von der Zuverlässigkeit der Informationen abhängen, auf denen diese basieren. Wurden fehlerhafte Angaben in die Urteilsbildung miteinbezogen, besteht die Gefahr einer Falschaussage und damit einer Fehlentscheidung.204 Angesichts der grundlegenden Bedeutung der Prüfung der Going Concern Annahme sollten die Resultate von analytischen Prüfungshandlungen lediglich als Hilfestellung bei der endgültigen Entscheidung oder zum Erkennen von bestandsgefährdenden Sachverhalten berücksichtigt werden. Die Urteilsbildung ist als Entscheidungsprognose

200

201 202 203

204

Vgl. IDW PS 312: Analytische Prüfungshandlungen (IDW PS 312). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 12. Vgl. IDW PS 312, Tz. 5. Vgl. IDW PS 312, Tz. 6. Als komplexe Analysen gelten z.B. mathematisch-statistische Verfahren wie Diskriminanzanalyse oder künstliches neuronales Netz. Vgl. IDW PS 312, Tz. 9. Für Erläuterungen zu diesen Verfahren wird auf Kapitel C. 2.1.2.2. verwiesen. Vgl. IDW PS 312, Tz. 13.

38

anzusehen, die unter Heranziehung aller für den Fortbestand des Unternehmens relevanten Gegebenheiten getroffen wird.205 Gemäß § 320 Abs. 2 Satz 1 HGB kann der Prüfer alle Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind. Er darf grundsätzlich von der Echtheit der Dokumente und Buchungsunterlagen sowie der Richtigkeit der ihm zur Verfügung gestellten Informationen ausgehen, wenn eine nach den berufsüblichen Grundsätzen durchgeführte Prüfung unter Voraussetzung einer kritischen Grundhaltung206 keine gegenteiligen Anhaltspunkte erbracht hat.207 Der Prüfer stützt sein Urteil auf Prüfungsfeststellungen, die er aus den während der Prüfung erlangten Nachweisen ableitet.208 Vor der endgültigen Entscheidung ist eine Gesamtdurchsicht mit Hilfe analytischer Prüfungshandlungen durchzuführen.209 Es existieren keine Prüfungsnormen, die dem Prüfer vorschreiben, wie Einzelurteile zu einem Gesamturteil zusammengefasst werden können oder müssen. Die Verlässlichkeit von Prüfungsnachweisen ist abhängig von deren Art.210 Aussagen der gesetzlichen Vertreter können stets als Prüfungsnachweis verwendet werden.211 Es ist eine Vollständigkeitserklärung der gesetzlichen Vertreter einzuholen, in der die Vollständigkeit der erteilten Aufklärungen und Nachweise bestätigt wird.212

205 206

207 208

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210

211

212

Vgl. Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gert (1999), Rn. 15. Vgl. IDW PS 200: Ziele und allgemeine Grundsätze der Durchführung von Abschlussprüfungen (IDW PS 200). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 17; IDW PS 210, Tz. 14; ISA 200: Objective and general principles governing an audit of financial statements (ISA 200). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Cate gory.tmpl?Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart=1142689 100342377, hier Tz. 6 und 7 sowie ISA 240: The auditor’s responsibility to consider fraud and error in an audit of financial statements (ISA 240). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Catego ry.tmpl?Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart=114268910 0342377, hier Tz. 13. Vgl. IDW PS 210, Tz. 41. Vgl. IDW PS 300: Prüfungsnachweise im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 300). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 1 und 6; ISA 700, Tz. 2. Vgl. IDW PS 312, Tz. 23; ISA 520: Analytical procedures (ISA 520). Im Internet unter: http://www. ifac.org/Store/Category.tmpl?Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Servic es&Cart=1142689100342377, hier Tz. 13. Vgl. IDW PS 300, Tz. 36; ISA 500: Audit evidence (ISA 500). Im Internet unter: http://www.ifac. org/Store/Category.tmpl?Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Services& Cart=1142689100342377, hier Tz. 15. Vgl. IDW PS 303: Erklärungen der gesetzlichen Vertreter gegenüber dem Abschlussprüfer (IDW PS 303). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, hier Tz. 7-9; ISA 580: Management representation (ISA 580). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Category.tmpl?Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Relate d%20Services&Cart=1142689100342377, hier Tz. 20. Vgl. IDW PS 303, Tz. 20-24 und 27; ISA 580, Tz. 11-14.

39

B. 3.1.1.6.

Zusätzliche Prüfungshandlungen bei bestandsgefährdenden Tatsachen

Bei Zweifeln an der Angemessenheit der Going Concern Annahme ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Entwicklungsbeeinträchtigende Tatsachen können während der Prüfungsplanung und der -durchführung offenkundig werden. Ihre Beurteilung ist im Verlauf der Prüfung fortzusetzen. Sofern Anhaltspunkte für eine Bestandsgefährdung festgestellt werden, sind anhand von geeigneten Prüfungshandlungen die tatsächliche Bedrohung sowie ihr Ausmaß zu bestimmen.213 Hierbei müssen die geplanten (Gegen-)Maßnahmen der gesetzlichen Vertreter sowie die Gefährdung durch reduzierende bzw. kompensierende Sachverhalte kritisch berücksichtigt werden. Der Prüfer hat sich die tatsächliche Durchführung dieser Maßnahmen durch die gesetzlichen Vertreter schriftlich bestätigen zu lassen.214 Durch Befragungen sind seit der Einschätzung über die Going Concern Annahme eventuell zusätzliche Sachverhalte in Erfahrung zu bringen. Grundsätzlich sind ausreichende und angemessene Nachweise darüber zu erhalten, ob die Planungen der gesetzlichen Vertreter umsetzbar, zuverlässig und hinsichtlich der Gefährdung auch wirksam sind.215 Sind Ereignisse oder Vorgänge als bestandsgefährdend anzusehen, ist bestimmten Prüfungshandlungen eine zusätzliche Bedeutung beizumessen.216 Es muss ein Urteil über die Verlässlichkeit des Prognosemodells sowie über die Plausibilität der zu Grunde liegenden Annahmen getroffen werden. Sofern der Jahresabschluss unter der Annahme der Unternehmensfortführung aufgestellt worden ist, obwohl zu diesem Zeitpunkt davon nicht ausgegangen werden konnte, hat der Prüfer mit Hilfe von Prüfungsnachweisen sicherzustellen, dass die bisher erfolgten Maßnahmen die Bestandsgefährdung behoben haben und damit die Aufstellung unter der Going Concern Annahme rechtmäßig war. Hierbei sind alle für die Beurteilung entscheidenden, zum Prognosezeitpunkt eingetretenen Informationen einzubeziehen.217 Ist auf Grund der Prüfungshandlungen eine Gefahr für eine Insolvenz zu vermuten, hat der Prüfer im Rahmen seiner Berichtspflicht die gesetzlichen Vertreter auf ihre insolvenzrechtlichen Verpflichtungen hinzuweisen.218 Eine weitergehende Verantwortung besteht für ihn nicht.

213

214

215

216

217 218

Beispielsweise können interne Planungsunterlagen herangezogen werden. Vgl. IDW PS 270, Tz. 18 und 26-31 sowie ISA 570, Tz. 12 i.V.m. ISA 570, Tz. 26-29. Verweigern die gesetzlichen Vertreter diese vom Prüfer für notwendig erachtete Bescheinigung, so ist Tz. 19 des IDW PS 303 zu beachten. Danach liegt dann ein Prüfungshemmnis vor, das zu einem eingeschränkten Testat oder einem Versagungsvermerk führen kann. Unabhängig von den Auswirkungen auf den zu erteilenden Bestätigungsvermerk ist darauf zusätzlich im Prüfungsbericht hinzuweisen. Vgl. IDW PS 450: Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen (IDW PS 450). In: Die Wirtschaftsprüfung, 59. Jg., 2006, S. 113-128, hier Tz. 59. Vgl. IDW PS 270, Tz. 28 und 30 sowie IDW EPS 350 n.F. (2005): Entwurf einer Neufassung des IDW Prüfungsstandards: Prüfung des Lageberichts. In: Die Wirtschaftsprüfung, 58. Jg., 2005, S. 1224-1228, hier Tz. 21 bei Berücksichtigung des Lageberichts sowie ISA 570, Tz. 26. Dazu zählen u.a. die Analyse und Diskussion der Zahlungsströme mit den gesetzlichen Vertretern oder das kritische Lesen von Sitzungsprotokollen. Vgl. IDW PS 270, Tz. 29 sowie ISA 570, Tz. 27 und 28. Vgl. IDW PS 270, Tz. 31. Für Ausführungen zu den dem Going Concern Prinzip entgegenstehenden rechtlichen Gegebenheiten und dem Insolvenzverfahren siehe Kapitel B. 3.1.1.3.

40

B. 3.1.1.7.

Bewertung

Die Annahme oder Ablehnung der Going Concern Prämisse hat Auswirkungen auf die Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden. Eine Regelung, wie bei der Nicht-Annahme im Einzelnen zu bewerten ist, enthält § 252 HGB nicht. Der IDW RS HFA 17 hingegen behandelt verschiedene Beispiele zum Bilanzansatz, zur Bewertung und zum Ausweis bei einer Abkehr von der Going Concern Annahme.219 Den Vermögensgegenständen eines Unternehmens ist im Fall der Unternehmensfortführung ein anderer Wert beizumessen als z.B. bei dessen Veräußerung oder Liquidation.220 Ist die Annahme des Prinzips angemessen, so sind bei der Bewertung der Verbleib der Vermögensgegenstände im Unternehmen und deren künftiger Nutzen zu berücksichtigen. Bei der Nicht-Annahme des Going Concern Prinzips ist z.B. der Einzelveräußerungswert anzusetzen, sofern das Anschaffungs- und Herstellungsprinzip eingehalten wird.221 Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens, die zum Verbrauch oder zur Veräußerung bestimmt sind, wird erst durch die Annahme des Going Concern Prinzips die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Vermögensgegenstände ohne Zeitdruck verbraucht (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe), fertig gestellt (unfertige Erzeugnisse) oder veräußert (fertige Erzeugnisse) werden können. Bei einer Nicht-Annahme ändern sich die Werte in Abhängigkeit von den verbliebenen Verwendungsmöglichkeiten, so dass unter Umständen nicht mehr benötigte Vermögensgegenstände mit Verlusten verkauft oder verschrottet werden. Bei anderen Vermögensgegenständen hat die Ermittlung ihrer Zeitwerte unabhängig von der Fortführung des Unternehmens zu erfolgen. Dazu gehören vor allem liquide Mittel und Vermögensgegenstände mit hoher Liquidität, z.B. Wertpapiere oder kurzfristige Forderungen.222 Die Veräußerungserlöse spielen nur eine Rolle, wenn die ermittelten Zeitwerte unter den bisherigen Buchwerten liegen, da das Niederstwertprinzip nicht außer Kraft ist.223 Dieses ist so lange beizubehalten, bis anstelle eines Jahresabschlusses nach §§ 242-245 HGB eine Insolvenzoder Liquidationsbilanz (§ 270 AktG) aufgestellt werden muss. Die Zerschlagungswerte werden dort unabhängig von den derzeitigen Werten angesetzt. Des Weiteren müssen eventuell spezifische Verpflichtungen, z.B. Aufwendungen auf Grund eines erstellten Sozialplans oder Vertragsstrafen auf Grund der nicht mehr zu erwartenden Vertragserfüllung, berücksichtigt werden.224

219 220

221 222 223 224

Vgl. IDW RS HFA 17 (2006), S. 40-44. Generell werden bei einer Unternehmensfortführung höhere Werte ermittelt als bei einer Zerschlagung oder Liquidation eines Unternehmens. Vgl. Wohlgemuth, Michael (2004), Rn. 15. Vgl. Budde, Wolfgang Dieter/Geißler, Gerd (1999), Rn. 9. Vgl. Wohlgemuth, Michael (2004), Rn. 17. Vgl. Wohlgemuth, Michael (2004), Rn. 21; IDW RS HFA 17 (2006), Tz. 23. Vgl. Müller, Welf (1988), S. 16; Wohlgemuth, Michael (2004), Rn. 22; IDW RS HFA 17 (2006), Tz. 15.

41

B. 3.1.2. B. 3.1.2.1.

Der Lagebericht Aufstellung eines Lageberichts

Im Lagebericht wird die im Jahresabschluss dargestellte Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verdichtet. Zusätzlich werden wichtige Informationen aufgenommen, die aus dem Zahlenwerk des Jahresabschlusses nicht erkennbar sind und dieses ergänzen.225 Im Gegensatz zum Jahresabschluss berücksichtigt der Lagebericht prognostische Informationen stärker, da hier keine Einschränkung der Berichterstattung durch die GoB, insbesondere durch das Stichtagsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB, erfolgt.226 Die Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts ist im HGB und in Spezialgesetzen geregelt.227 Für Kapitalgesellschaften, die nicht kleine i.S.d. § 267 Abs. 1 HGB sind, ist die Aufstellung eines Lageberichts nach § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB obligatorisch.228 Verantwortlich dafür sind die gesetzlichen Vertreter des Unternehmens (§ 264 Abs. 1 Satz 2 HGB), wobei die Erstellung delegiert werden kann. Wer als gesetzlicher Vertreter einer Kapitalgesellschaft die Verhältnisse der Gesellschaft im Lagebericht unrichtig wiedergibt oder verschleiert, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 331 Nr. 1 HGB). DRS 15 enthält die Grundsätze ordnungsmäßiger Erstellung eines Lageberichts: Grundsatz der Vollständigkeit, Grundsatz der Richtigkeit sowie Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit. Der Grundsatz der Vollständigkeit besagt, dass alle für die Gesamtbeurteilung der wirtschaftlichen Lage, des Geschäftsverlaufes einschließlich des Geschäftsergebnisses und die voraussichtliche Entwicklung erforderlichen oder nach § 289 Abs. 2 HGB verpflichtenden Angaben enthalten sein müssen. Es ist ein zutreffendes Bild von der Gesamtlage des Unternehmens und seiner künftigen Entwicklung mit ihren Chancen und Risiken zu vermitteln.229 Diese Vollständigkeit bezieht sich lediglich auf wesentliche Geschäftsvorfälle, die das Bild des Unternehmens beeinflussen können (Grundsatz der Wesentlichkeit). Die Auswahl sowie der Umfang der 225 226

227

228

229

Vgl. Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 876. Vgl. DRSC (2005): DRS 15 Lageberichterstattung. In: Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (Hrsg.): Deutsche Rechnungslegungsstandards (DRS) - German Accounting Standards (GAS) Rechnungslegungs Interpretationen (RIC) - Accounting Interpretations (AIC), Loseblattsammlung, Stand Oktober 2005, Stuttgart 2005, Abs. 47; Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 875-876. Gemäß § 335 HGB muss das Registergericht die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft zur Aufstellung und zur Veranlassung der Prüfung des Lageberichts durch Festsetzung von Zwangsgeldern bis zu 5.000 EUR anhalten, sofern Dritte dies ans Gericht herantragen. Bei Nichtbeachtung des § 325 HGB zur Offenlegung des Lageberichts ist nach § 335a HGB auf Antrag ein Ordnungsgeld von mindestens 2.500 EUR und höchstens 25.000 EUR festzusetzen. Die Vorschriften der §§ 331 - 335a HGB gelten nach § 335b HGB ebenfalls für Personengesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB. Vgl. für AG und GmbH auch § 170 Abs. 1 AktG und § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Für die übrigen Unternehmen sind u.a. folgende Gesetzesnormen zu beachten: § 264a Abs. 1 i.V.m. § 264 Abs. 1 HGB (Personengesellschaften, die die Größenkriterien für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften nach § 267 Abs. 2 und 3 HGB erfüllen), § 336 Abs. 1 und 2 HGB (Genossenschaften, die die Größenkriterien für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften nach § 267 Abs. 2 und 3 HGB erfüllen), § 290 Abs. 1 und 2 HGB (Konzerne), § 5 Abs. 2 PublG i.V.m. §§ 1 und 3 PublG (u.a. Vereine, rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts sowie Körperschaften), § 340a Abs. 1 HGB (Kreditinstitute), § 341a Abs. 1 HGB und § 55 Abs. 1 VAG (Versicherungsunternehmen). Vgl. DRSC (2005), Abs. 2; IDW EPS 350 n.F. (2005), Tz. 5.

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berichtspflichtigen Sachverhalte haben sich an den Interessen der Lageberichtsadressaten zu orientieren und bestimmen sich durch die Unternehmensverhältnisse.230 Die Art der Darstellung geben die Grundsätze ordnungsmäßiger Erstellung eines Lageberichts nicht vor, so dass sich die gesetzlichen Vertreter nach ihrem Ermessen für eine Berichtsform entscheiden können.231 Wesentliche positive und negative Sachverhalte sind trotz eventuell auftretender Kompensationseffekte zu erläutern.232 Der Grundsatz der Richtigkeit verlangt, dass sowohl die gesetzlich geforderten als auch die freiwilligen Angaben intersubjektiv nachprüfbar, glaubhaft233 sowie in sich schlüssig234 sind. Nach dem Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit müssen die Angaben des Lageberichts in klarer, eindeutiger und verständlicher Form enthalten sein.235 Des Weiteren sind bei wesentlichen zahlenmäßigen Angaben Vorjahreszahlen erforderlich.236 Die Anwendung der Grundsätze ordnungsmäßiger Erstellung des Lageberichts ist aus der gewissenhaften Berufsausübung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 WPO) abzuleiten, da in keiner gesetzlichen Norm direkt darauf Bezug genommen wird. Sie können als Hilfestellung und Anregung angesehen werden.237 Die gesetzlichen Vorschriften geben einen Berichtsrahmen vor, konkretisieren bzw. begrenzen diesen jedoch weder in formaler noch in inhaltlicher Sicht, so dass die Gestaltung des Lageberichts großen Ermessensspielräumen unterliegt.238 Nach herrschender Meinung wird von einer analogen Anwendung der für den Anhang geltenden Schutzklausel des § 286 Abs. 1 HGB ausgegangen.239 Eine Analogie ist für die übrigen Absätze dieses Paragrafen nicht zulässig.240 Die Berichterstattungspflicht wird nicht eingeschränkt, auch wenn Nachteile für das berichtende oder ein anderes Unternehmen zu befürchten sind.241 Sofern der Lagebericht unter der Nicht-

230 231

232 233 234 235

236

237

238 239

240 241

Dazu zählen u.a. die Größe, die Branche oder die Unternehmenslage. Vgl. DRSC (2005), Abs. 11. Es sind z.B. exakte Zahlenangaben, Kennzahlen, verbale Erläuterungen und Schaubilder möglich. Vgl. Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 877; Lück, Wolfgang (2003): § 289 HGB. In: Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (Hrsg.), Handbuch der Rechnungslegung, Einzelabschluss, Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung, 5. Aufl., Stuttgart 2003, Rn. 22. Vgl. DRSC (2005), Abs. 12. Hierunter sind Plausibilität und Widerspruchsfreiheit zu verstehen. Die Angaben müssen rechnerisch und sachlich richtig sowie willkürfrei ausgewählt sein. Ähnlich bei Lück: Grundsatz der Wahrheit einschließlich Richtigkeit, Grundsatz der Vollständigkeit einschließlich Wesentlichkeit, Grundsatz der Klarheit einschließlich Verständlichkeit, Genauigkeit, Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit. Vgl. Lück, Wolfgang (2003), Rn. 15-28. Siehe auch Leffson, Ulrich (1987), S. 179; WP Handbuch (2000), F 791. Bei wesentlichen ökonomischen Größen sind Mehrjahresvergleiche anzustreben. Vgl. DRSC (2005), Abs. 26-27. Ebenso Selchert, Friedrich Wilhelm/Erhardt, Martin/Fuhr, Annette/Greinert, Markus (2000): Prüfung des Lageberichts: einschließlich Konzernlagebericht nach deutschem und internationalem Recht, Bielefeld 2000, S. 34-35 und 45. Vgl. Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 877; Lück, Wolfgang (2003), Rn. 15. Siehe Ellrott, Helmut (1999): § 289 HGB. In: Beck´scher Bilanz-Kommentar, Handels- und Steuerrecht - §§ 238 bis 339 HGB -, 4. Aufl., München 1999, Rn. 12; WP Handbuch (2000), F 794; ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 54; Krawitz, Norbert (2004): § 289 HGB. In: Hofbauer, Max A./Kupsch, Peter (Hrsg.), Bonner Handbuch der Rechnungslegung, Loseblattsammlung, Stand November 2004, Bonn 2004, hier Rn. 87. Demnach besteht eine Unterlassungspflicht, wenn nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder durch Angaben im Lagebericht gefährdet ist. Ellrott, Helmut (1999), Rn. 12; ADS (2002), § 289 HGB, Tz. 54. Vgl. Lück, Wolfgang (2003), Rn. 29.

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Annahme des Grundsatzes der Unternehmensfortführung aufgestellt worden ist, hat dies deutlich und mit Begründung zu erfolgen. Des Weiteren ist der Zeitraum anzugeben, in dem voraussichtlich das Vermögen liquidiert und die Schulden beglichen sind, sowie die Art und Weise der Unternehmenseinstellung unter Nennung der abschätzbaren finanziellen Auswirkungen.242 Die wichtigste Norm für den Inhalt eines Lageberichts ist § 289 HGB.243 Im folgenden Abschnitt über den Lageberichtsinhalt stehen hauptsächlich Aspekte mit Bezug zur Going Concern Prämisse im Vordergrund.

B. 3.1.2.2. B. 3.1.2.2.1.

B. 3.1.2.2.1.1.

Inhalt eines Lageberichts Inhalt eines Lageberichts nach § 289 Abs. 1 HGB (Allgemeine Berichtspflichten) Wirtschaftsbericht

Der Wirtschaftsbericht hat Angaben zum Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses244 und zur Lage der Kapitalgesellschaft (§ 289 Abs. 1 Satz 1 HGB) zu enthalten. In § 289 Abs. 1 Satz 1 HGB wird die Formulierung „Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ aus der Generalnorm des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht erneut aufgegriffen, sondern es wird von der Lage der Gesellschaft gesprochen. In Folge dessen erfolgt die Berichterstattungspflicht umfassender als im Jahresabschluss, da im Lagebericht ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der gesamten Lage des Unternehmens vermittelt werden soll.245 Eine klare Abgrenzung der Begriffe Geschäftsverlauf und Lage erscheint auf Grund der fehlenden gesetzlichen Definition schwierig, da im Rahmen des Geschäftsverlaufes zu erläuternde Ereignisse Einfluss auf die Lage der Gesellschaft haben.246 Grundsätzlich ist ein vergangenheitsorientierter, zeitraumbezogener Überblick zum Geschäftsverlauf zu vermitteln.247 Für den Leser des Lageberichts müssen die Entwicklung, deren verursachende Umstände und die Einschätzung der Entwicklung durch die gesetzlichen Vertreter ersichtlich sein.248

242 243

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245 246 247

248

Vgl. IDW RS HFA 17 (2006), Tz. 41. Für den Konzernlagebericht ist § 315 HGB heranzuziehen, auf den im Folgenden nicht näher eingegangen wird. Der Begriff „Geschäftsergebnis“ wird gesetzlich nicht definiert. Für ein umfassendes Verständnis ist das Jahresergebnis i.S.d. § 275 Abs. 5 Nr. 20 bzw. Abs. 3 Nr. 19 HGB zu Grunde zu legen. Zusätzlich sind die Komponenten, die Strukturen und die Trends zu erläutern. Vgl. IDW RH HFA 1.007 (2005): IDW Rechnungslegungshinweis: Lageberichterstattung nach § 289 Abs. 1 und 3 HGB bzw. § 315 Abs. 1 HGB in der Fassung des Bilanzrechtsreformgesetzes. In: Die Wirtschaftsprüfung, 58. Jg., 2005, S. 1234-1235, hier Tz. 6. Vgl. Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 875; Krawitz, Norbert (2004), Rn. 21. Vgl. Lück, Wolfgang (2003), Rn. 33. Vgl. Kirsch, Hans-Jürgen/Scheele, Alexander (2004): Die Auswirkungen der Modernisierungsrichtlinie auf die (Konzern-)Lageberichterstattung -unter Berücksichtigung von E-DRS 20 und des Entwurfs eines Bilanzrechtsreformgesetzes vom 15.12.2003-. In: Die Wirtschaftsprüfung, 57. Jg., 2004, S. 1-12, hier S. 6; WP Handbuch (2000), F 797; ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 66. Vgl. DRSC (2005), Abs. 85 und 89.

44

Die Erläuterung der Lage soll die Einflüsse offenkundig machen, die keinen Niederschlag im Jahresabschluss gefunden haben. In der Literatur wird der Begriff „Lage“ nicht einheitlich verwendet. Einige Autoren verstehen darunter die Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt, so dass keine Angaben über die künftige Entwicklung erforderlich sind.249 Andere Autoren hingegen sind der Meinung, dass die Verhältnisse zu einem Stichtag durch die Umstände zu diesem Zeitpunkt und durch die zukünftige Entwicklung bestimmt werden.250 Die Streitfrage, ob die Berichterstattung über die Lage des Unternehmens lediglich stichtagsbezogen oder auch zukunftsorientiert sein muss, erübrigt sich durch die Klarstellung in § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB. Hiernach ist die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zusätzlich zu berücksichtigen. Es ist unerheblich, auf Grund welcher Vorschrift die Angaben gemacht werden. Entscheidend ist, dass die Berichterstattung erfolgt. Die Darstellung beinhaltet „eine ausgewogene und umfassende, dem Umfang und der Komplexität der Geschäftstätigkeit entsprechende Analyse des Geschäftsverlaufes und der Lage der Gesellschaft“ (§ 289 Abs. 1 Satz 2 HGB). Durch das BilReG erfolgte somit eine Erweiterung des Berichtsumfangs, da eine Analyse über eine Darstellung hinausgeht.251

B. 3.1.2.2.1.2.

Chancen- und Risikobericht

Gemäß § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB „ist im Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern; zugrunde liegende Annahmen sind anzugeben.“ Obwohl die Begriffe Chancen und Risiken im Gesetz nicht definiert sind, ist auf Grund der bisherigen Gesetzesauslegung unstrittig, dass diese als gegensätzliche Formulierungen zu verstehen sind.252 Der Hinweis im Gesetz auf die Wesentlichkeit ist als Hervorhebung und Klarstellung anzusehen, da bereits die Grundsätze ordnungsmäßiger Erstellung eines Lageberichts dies vorgeben. Die durch die Einführung des BilReG ausgelösten Gesetzesänderungen erweitern die Berichtspflicht um wesentliche Chancen. Grundsätzlich war dies bereits möglich, so dass diese Modifikation deklaratorische Wirkung hat. Die einseitige Risikoberichterstattung wird durch eine unsaldierte Darstellung von negativen und positiven künftigen Entwicklungen ersetzt, um eine ausgewogene Berichterstattung zu gewährleisten. Im Prognosebericht erfolgt die Darstellung zwar ebenfalls unter Abwägung der aufgezeigten Chancen und Risiken, jedoch ist eine Verrechnung derselben erlaubt. Die früheren Formulierungen „ist […] einzugehen auf“ sowie „soll auch eingehen auf“ wurden durch „ist […] zu beurteilen und zu erläutern“ ersetzt, so dass

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Vgl. Ellrott, Helmut (1999), Rn. 15 und 17; Selchert, Friedrich Wilhelm et al. (2000), S. 152; Kirsch, Hans-Jürgen/Scheele, Alexander (2004), S. 6. Vgl. WP Handbuch (2000), F 797; Lück, Wolfgang (2003), Rn. 38; ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 85. Vgl. Kirsch, Hans-Jürgen/Scheele, Alexander (2004), S. 8. Diese Auslegung entspricht dem DRSC (2004): DRS 5 Risikoberichterstattung. In: Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (Hrsg.): Deutsche Rechnungslegungsstandards (DRS) German Accounting Standards (GAS) Rechnungslegungs Interpretationen (RIC) - Accounting Interpretations (AIC), Loseblattsammlung, Stand März 2004, Stuttgart 2004, Abs. 9.

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der Gesetzeswortlaut präzisiert worden ist. Gleichwohl war es herrschende Meinung, dass zuvor eine bloße Aufzählung der Risiken nicht als ausreichend galt.253 Die berichtspflichtigen Chancen und Risiken müssen Auswirkungen auf die voraussichtliche Entwicklung haben. Hiermit erfolgt die Abgrenzung zum Wirtschafts- und Nachtragsbericht. Diese enthalten alle Chancen und Risiken des laufenden Geschäftsjahres bzw. des Zeitraumes bis zur Aufstellung des Lageberichts. Die Chancen- und Risiko-Berichterstattung hingegen schließt nur Sachverhalte ein, die künftig ein Abweichen von der erwarteten Unternehmensentwicklung verursachen können. § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB schreibt eine Beurteilung der Chancen und Risiken vor. Es ist eine qualitative verbale Darstellung verpflichtend, in der auf die Eintrittswahrscheinlichkeiten sowie die potenziellen Auswirkungen der Chancen und Risiken auf die künftige Entwicklung einzugehen ist. Zusätzlich wäre die Bildung einer Rangreihenfolge von Chancen und Risiken denkbar. Sofern möglich, ist eine quantitative Bewertung mit Hilfe von Kennzahlen oder Angaben von Bandbreiten anzustreben.254 Das größte Problem bei der Festlegung berichtspflichtiger wesentlicher Chancen und Risiken ist die Ermittlung von Eintrittswahrscheinlichkeiten, da diese meist nicht objektiv feststellbar sind. Sie müssen als subjektive Erwartungen der gesetzlichen Vertreter entweder verbal beschrieben oder zahlenmäßig dargestellt werden,255 wobei eine Quantifizierung nicht grundsätzlich gefordert werden kann. Dennoch ist zu gewährleisten, dass sich der Leser auf Grund der Darstellung der wesentlichen Chancen und Risiken ein eigenes Urteil über die Eintrittswahrscheinlichkeiten bilden kann.256 Die gesetzlichen Vertreter sind nicht verpflichtet, über wesentliche Chancen und Risiken mit einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit zu berichten.257 Dieses Vorgehen wäre aber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Vollständigkeit wünschenswert. Neben der Beurteilung wird auch eine Erläuterung der Chancen und Risiken verlangt, so dass eine über die Beurteilung hinausgehende Kommentierung der berichtspflichtigen Sachverhalte erforderlich ist. Hierunter werden beispielsweise die Darstellung von Ursachen, Wirkungen oder Interdependenzen sowie die Beschreibung von ergriffenen bzw. geplanten Maßnahmen zur Behandlung von Chancen und Risiken verstanden. Auf Grund des sachlichen Zusammenhanges wird in der Literatur eine Integration der Darstellung der Chancen und Risiken im Prognose-

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Es wurde darunter eine angemessene verbale Risikobeschreibung, eine Nennung der Eintrittswahrscheinlichkeiten und der dadurch entstehenden Konsequenzen verstanden. Vgl. DRSC (2004), Abs. 18-19; Selchert, Friedrich Wilhelm et al. (2000), S. 215-216. Vgl. Ellrott, Helmut (1999), Rn. 35; WP Handbuch (2000), F 817; ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 107. Vgl. Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 879; Krawitz, Norbert (2004), Rn. 83. Vgl. Baetge, Jörg/Schulze, Dennis (1998): Möglichkeiten der Objektivierung der Lageberichterstattung über Risiken der künftigen Entwicklung - Ein Vorschlag zur praktischen Umsetzung der vom KonTraG verlangten Berichtspflichten -. In: Betriebs-Berater, 53 Jg., 1998, S. 937-948, hier S. 943. Sofern eine Quantifizierung vorgenommen worden ist, sind die angewendeten Modelle und deren Annahmen im Lagebericht anzugeben. Vgl. DRSC (2004), Abs. 20. Vgl. ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 14.

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bericht diskutiert.258 Dem ist zu widersprechen, da Klarheit und Übersichtlichkeit beeinträchtigt würden.259 Der frühere Risikobericht hatte eine Warnfunktion zu erfüllen. Um dieser Funktion gerecht werden zu können, waren nur wesentliche Risiken zu erläutern, „die mit einer erheblichen, wenn auch nicht notwendigerweise überwiegenden Wahrscheinlichkeit erwartet werden“.260 Zu den wesentlichen Risiken zählten solche, die entweder einen entscheidenden Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens hatten oder bestandsgefährdend waren.261 Dies hat auch beim Chancen- und Risikobericht weiter Bestand. Laut Gesetzestext sollen wesentliche Chancen aufgezeigt werden. Bestandsgefährdende Risiken sind vor den Risiken mit wesentlichem Einfluss zu nennen und als solche zu bezeichnen.262 In diesem Zusammenhang ist die Frage nach dem Fortbestand des Unternehmens von grundlegender Bedeutung, da die gesetzlichen Vertreter zum Abschlussstichtag eine auf die Chancenund Risikosituation des Unternehmens beruhende, zukunftsbezogene Einschätzung der Unternehmensfortführung vorzunehmen haben.263 Aus dem Chancen- und Risikobericht muss eine Einschätzung der Unternehmensfortführung möglich sein. Ob diese Beurteilung auch eine Negativerklärung über das Nichtvorhandensein von wesentlichen Risiken sein darf, ist strittig.264 Auf Grund der Bedeutung der gesetzlichen Verpflichtung und dem Grundsatz der Klarheit darf die Berichterstattung über wesentliche Risiken nicht fehlen, selbst wenn keine wesentlichen Risiken vorliegen.265 Erscheint die Going Concern Annahme gesichert, ist kein gesonderter Hinweis notwendig. Befürchtungen des Unternehmens hinsichtlich Konkurrenz, Imageschäden oder der Gefahr einer Self-fulfilling Prophecy (Selbstbestätigungseffekt) begründen keine Unterlassung der Darstellung wesentlicher Chancen und Risiken.266 Eine weitere Frage ist die Bestimmung, welche Chancen und Risiken durch die Früherkennung für Zwecke der Darstellung im Chancen- und Risikobericht erfasst, erkannt und prognostiziert werden müssen. Hierbei ist auf den Prognosezeitraum abzustellen, der sich am zu berücksich-

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Eine gemeinsame Berichterstattung befürworten Ellrott, Helmut (1999), Rn. 35; Dörner, Dietrich/Bischof, Stefan (1999): Zweifelsfragen zur Berichterstattung über die Risiken der künftigen Entwicklung im Lagebericht. In: Die Wirtschaftsprüfung, 52. Jg., 1999, S. 445-455, hier S. 450. A.A. ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 29; DRSC (2004), Abs. 30; Lück, Wolfgang (2003), Rn. 86. Vgl. DRSC (2004), Abs. 30; DRSC (2005), Abs. 91. IDW RS HFA 1: Aufstellung des Lageberichts. In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, Tz. 29. Vgl. DRSC (2005), Abs. 3; Selchert, Friedrich Wilhelm et al. (2000), S. 200-204. Vgl. DRSC (2004), Abs. 15. Vgl. DRSC (2005), Abs. 85. Vgl. bejahend Baetge, Jörg/Schulze, Dennis (1998), S. 942. A.A. Dörner, Dietrich/Bischof, Stefan (1999), S. 450. Vgl. ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 28. Vgl. Baetge, Jörg/Schulze, Dennis (1998), S. 943. A.A. Gelhausen, Hans Friedrich (1997): Reform der externen Rechnungslegung und ihrer Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer. In: Die Aktiengesellschaft, Sonderheft August, 42. Jg., 1997, S. 73-82, hier S. 74.

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tigenden Zeitraum im Rahmen der Prüfung des Going Concern Prinzips orientieren könnte. Dementsprechend ist von einer Zeitspanne von wenigstens 12 Monaten nach dem Abschlussstichtag auszugehen.267 Nach ADS Meinung ist dieser Betrachtungszeitraum zu kurz, um eine dauerhafte Bestandssicherung und eine vollständige Information der Adressaten sicherstellen zu können. Als Begründung wird angeführt, dass bestandsgefährdende Risiken im Zeitraum der dem Abschlussstichtag sich anschließenden 12 Monate bereits im Jahresabschluss berücksichtigt sind.268 Im Lagebericht soll auf die Chancen und Risiken eingegangen werden, die nach dieser Frist auftreten werden und mit denen kein bilanzieller Einfluss verknüpft ist. Je weiter der Zeitraum jedoch gefasst wird, desto schwieriger ist die Wesentlichkeit der zu erläuternden Chancen und Risiken zu bestimmen. ADS schlagen für Chancen und Risiken mit wesentlichem Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einen Berichtszeitraum von zwei Jahren nach Abschlussstichtag vor.269 Sofern eine verlässliche Prognose für diesen Zeitraum möglich ist, sollte im Lagebericht darüber berichtet werden.270 Der Prognosezeitraum für wesentliche berichtspflichtige Chancen und Risiken im Lagebericht ist somit nicht eindeutig bestimmbar. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im Chancen- und Risikobericht über alle bestehenden und potenziell entstehenden Risiken sowie Risiken, die bereits im Jahresabschluss abgebildet worden sind, zu berichten ist, um ein den tatsächlichen Verhältnissen angemessenes Gesamtbild des Unternehmens gewährleisten zu können.271 Chancen hingegen sind zukunftsorientiert und werden nicht im Jahresabschluss abgebildet. Auf Grund dessen sind alle wesentlichen Chancen, die nach dem Abschlussstichtag erkennbar sind, im Lagebericht zu berücksichtigen.

B. 3.1.2.2.2.

Inhalt eines Lageberichts nach § 289 Abs. 2 HGB (Spezielle Berichtspflichten)

§ 289 Abs. 2 HGB enthält weitere zu berücksichtigende Sachverhalte, die im Rahmen der Going Concern Annahme insbesondere in einem Nachtragsbericht dargestellt werden. Die Formulierung „soll auch eingehen auf“ ist nach herrschender Meinung nicht als Wahlrecht auszulegen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Sachverhalte grundsätzlich darzustellen

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Vgl. WP Handbuch (2000), F 812; Buchholz, Rainer (2003), S. 41; DRSC (2004), Abs. 23-24. Nach § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB haben die gesetzlichen Vertreter den Jahresabschluss und den Lagebericht in den ersten drei Monaten nach Ende des Geschäftsjahres aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften gemäß § 267 Abs. 1 HGB „dürfen den Jahresabschluss auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, jedoch innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres“. Die Offenlegung muss bei Kapitalgesellschaften unabhängig von der Unternehmensgröße spätestens 12 Monate nach Bilanzstichtag erfolgt sein (§ 325 Abs. 1 Satz 1 HGB). Vgl. ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 23. Vgl. ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 25; Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 879; DRSC (2004), Abs. 24; DRSC (2005), Abs. 87. Als Beispiele sind Großprojekte zu nennen, die über einen Zeitraum von zwei Jahren laufen. Vgl. DRSC (2004), Abs. 24. Vgl. Lück, Wolfgang (2003), Rn. 64. A.A. ADS (2002), § 289 HGB, Rn. 20; DRSC (2004), Abs. 22.

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sind, sofern entsprechende wesentliche Tatsachen vorliegen.272 Form und Inhalt der verschiedenen Berichte legen die gesetzlichen Vertreter nach pflichtgemäßem Ermessen fest. Der Nachtragsbericht gemäß § 289 Abs. 2 Nr. 1 HGB beinhaltet Angaben zu Vorgängen von besonderer Bedeutung nach Ablauf des Geschäftsjahres. Die gesetzlichen Vertreter haben Ereignisse zu schildern, die zwischen dem Ende des Geschäftsjahres und der Feststellung des Jahresabschlusses aufgetreten sind.273 Hierbei ist speziell auf die die Going Concern Annahme in Frage stellenden Sachverhalte einzugehen.274 Befragungen der Unternehmensleitung und anderer Auskunftspersonen durch den Prüfer sollen die Richtigkeit der Angaben sowie das Ausmaß eventueller Auswirkungen dieser Ereignisse auf den Jahresabschluss und den Lagebericht offen legen. Es ist zwischen wertbegründenden und wertaufhellenden Sachverhalten zu unterscheiden. Letztere werden nicht im Nachtragsbericht berücksichtigt.275 Bei den wertbegründenden Sachverhalten sind neben negativen Tatsachen auch positive zu erläutern, wobei auf Grund des Vorsichtsprinzips den negativen, beunruhigenden Entwicklungen größere Bedeutung zugeschrieben wird.276 Die Verhältnisse des einzelnen Unternehmens bestimmen die Bedeutung der Sachverhalte. Im Rahmen einer aktuellen Berichterstattung sind wesentliche Vorgänge bis zur Vorlage des Lageberichts in der Hauptversammlung zu aktualisieren.277

B. 3.1.2.3.

Prüfung eines Lageberichts

Die Prüfungspflicht des Lageberichts für Kapitalgesellschaften, die nicht kleine i.S.d. § 267 Abs. 1 HGB sind, resultiert aus § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB.278 Der Prüfer hat sich zu vergewissern, ob die bestehenden gesetzlichen Normen bei der Erstellung des Lageberichts durch die 272

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Vgl. Küting, Karlheinz/Hütten, Christoph (2000): Darstellung und Prüfung der künftigen Entwicklungsrisiken und -chancen im Lagebericht. In: Lachnit, Laurenz/Freidank, Carl-Christian (Hrsg.), Investororientierte Unternehmenspublizität: neue Entwicklungen von Rechnungslegung, Prüfung und Jahresabschlussanalyse, Wiesbaden 2000, S. 399-431, hier S. 416; Lück, Wolfgang (2003), Rn. 31. Maul spricht sich für ein Wahlrecht aus. Vgl. Maul, Karl-Heinz (1984): Der Lagebericht nach der 4. EG-Richtlinie und dem Entwurf des Bilanzrichtlinie-Gesetzes. In: Die Wirtschaftsprüfung, 37. Jg., 1984, S. 187-193, hier S. 187-188. Vgl. Ellrott, Helmut (1999), Rn. 33-34; ADS (2002), § 289 HGB, Tz. 102; Lück, Wolfgang (2003), Rn. 81. Vgl. IDW PS 203, Tz. 14. Erläuterungen zu den zu berücksichtigenden Ereignissen finden sich im Kapitel B. 3.1.1.2.2. Vgl. Ellrott, Helmut (1999), Rn. 32; Lück, Wolfgang (2003), Rn. 82. Vgl. WP Handbuch (2000), F 816; Lück, Wolfgang (2003), Rn. 85. Nach Inkrafttreten des Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz am 24. Februar 2000 erstreckt sich die Prüfungspflicht auch auf Personengesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB, sofern nicht die Ausnahmeregelung in § 264b HGB in Anspruch genommen wird. Auf die in § 264a HGB konkretisierten Personenhandelsgesellschaften waren die §§ 316 ff. HGB erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1999 begonnen haben, zwingend anzuwenden. Eine Ausnahme von der Prüfungspflicht des Lageberichts enthält § 264 Abs. 3 HGB. Vgl. Gesetz zur Durchführung der Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Änderung der Bilanz- und Konzernbilanzrichtlinie hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs (90/605/EWG), zur Verbesserung der Offenlegung von Jahresabschlüssen und zur Änderung anderer handelsrechtlicher Bestimmungen (Kapitalgesellschaftenund Co-Richtlinie-Gesetz). In: BGBl. I (2000), 52. Jg., S. 154-162.

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gesetzlichen Vertreter beachtet worden sind.279 Die Prüfung des Lageberichts und des Jahresabschlusses stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang,280 da bei fehlender Prüfung einer der beiden Gegenstände keine Feststellung des Jahresabschlusses erfolgen darf (§ 316 Abs. 1 Satz 2 HGB). Ein weiterer Grund für die enge Verbindung ist die Anführung beider Prüfungsobjekte, Jahresabschluss und Lagebericht, in verschiedenen Prüfungsnormen.281 Hinsichtlich der Prüfungsintensität und der anzuwendenden Grundsätze unterscheiden sich die beiden Prüfungen nicht.282 Es sind sämtliche Angaben innerhalb des Lageberichts uneingeschränkt prüfungspflichtig, auch wenn diese über den in § 289 HGB geforderten Katalog hinausgehen.283 Sofern erforderlich, ist der Lagebericht zudem erneut zu prüfen, wenn dieser nach Vorlage des Prüfungsberichts geändert wird. Es wird dann eine Ergänzung des Bestätigungsvermerks notwendig (§ 316 Abs. 3 HGB). Der Prüfer hat gemäß § 317 Abs. 2 Satz 1 HGB zu untersuchen, ob der Lagebericht mit dem Jahresabschluss und mit seinen bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen im Einklang steht. Eine Prüfung der Übereinstimmung der prognostischen Informationen des Lageberichts mit den Angaben im Jahresabschluss durch den Prüfer ist nicht möglich. Daher ist alternativ kritisch zu hinterfragen, ob die zukunftsgerichteten Daten des Lageberichts und die Jahresabschlussangaben plausibel erscheinen und ob die von den gesetzlichen Vertretern zu Grunde gelegten Annahmen und Wirkungszusammenhänge, die Art der Schätzungen sowie deren Zeithorizont hinreichend erläutert wurden.284 Es ist die Zuverlässigkeit und Funktionsfähigkeit des unternehmensinternen Planungssystems zu analysieren. Die nach § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB zu Grunde liegenden Annahmen über die künftige Entwicklung sind auf Plausibilität, Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit zu untersuchen.285 Bei Prognosen und Wertungen ist darauf zu achten, dass diese als solche erkennbar und realitätsnah sind. Des Weiteren hat sich der Prüfer eine Meinung darüber zu verschaffen, ob das angewandte Prognosemodell für die vorliegende Problemstellung sachgerecht und richtig gehandhabt worden ist.286 Die wesentlichen Chancen und Risiken sowie die ergriffenen und geplanten Gegenmaßnahmen sind auf Vollständigkeit zu kontrollieren.287 Nach § 317 Abs. 2 HGB sind die zutreffende Vorstellung von der Lage der Gesellschaft sowie die richtige Darstellung der Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung zu überprüfen.288 Bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des zu prüfenden Unternehmens sind prognostische und wertende Angaben besonders intensiv zu untersuchen. Eventuell ist bei der

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Sofern die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag zusätzliche Vorgaben für die Aufstellung des Lageberichts enthalten, sind diese zwingend sowohl vom Mandanten als auch vom Prüfer zu berücksichtigen. Vgl. Selchert, Friedrich Wilhelm et al. (2000), S. 5. Es sei darauf hingewiesen, dass der Lagebericht im Gegensatz zum Anhang (§ 242 Abs. 3 i.V.m. § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB) kein Bestandteil des Jahresabschlusses ist. U.a. §§ 264 Abs. 1, 316 Abs. 1 und 3, 317 Abs. 2, 320 Abs. 1, 321 Abs. 1 und 2 HGB. Vgl. IDW EPS 350 n.F. (2005), Tz. 11; Küting, Karlheinz/Hütten, Christoph (2000), S. 426. Vgl. IDW EPS 350 n.F. (2005), Tz. 8 und 11. Vgl. IDW EPS 350 n.F. (2005), Tz. 8. Vgl. IDW EPS 350 n.F. (2005), Tz. 22. Vgl. IDW EPS 350 n.F. (2005), Tz. 23. Vgl. Küting, Karlheinz/Hütten, Christoph (2000), S. 425. Hier erfolgt eine Abgrenzung zum Gegenstand und Umfang der Jahresabschlussprüfung (§ 317 Abs. 1 Satz 2 HGB).

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Planung, die der Aufrechterhaltung der Going Concern Annahme als Grundlage dient, erhöhte Sorgfalt walten zu lassen.289 Der fehlende Hinweis in § 317 Abs. 2 Satz 1 HGB auf die Prüfung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften begründet nicht die Auffassung, dass die Normenkonformität insbesondere mit § 289 HGB nicht gegeben sein muss. Dies lässt sich aus wenigstens drei Gesetzesstellen ableiten. Erstens gibt § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB die Prüfungspflicht vor. Zweitens sind nach § 317 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aussagen des Lageberichts zu prüfen, was nur bei einem den gesetzlichen Anforderungen unter Berücksichtigung des § 289 HGB genügenden Lageberichts sinnvoll ist. Drittens ist gemäß § 321 Abs. 2 Satz 1 HGB im Hauptteil des Prüfungsberichts auf die Entsprechung des Lageberichts mit den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden satzungs- oder gesellschaftsvertragsgemäßen Bestimmungen einzugehen. Auf Grund dessen ist die in § 317 Abs. 2 Satz 2 HGB geforderte Prüfung der zutreffenden Chancenund Risikodarstellung überflüssig, da diese Forderung bereits in § 289 Abs. 1 Satz 4 HGB enthalten ist, so dass der Risikodarstellung nach dem Willen des Gesetzgebers erhöhte Aufmerksamkeit zuteil werden soll.290

B. 3.1.3. B. 3.1.3.1.

Das Risikofrüherkennungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG Maßnahmen zur Risikofrüherkennung

Risikomanagement umfasst die Gesamtheit aller organisatorischen Regelungen und Maßnahmen291 zur Erkennung von Risiken sowie zum Umgang mit den Risiken unternehmerischer Betätigung einschließlich der Reaktion des Vorstandes auf die erfassten, analysierten und kommunizierten Risiken. Die Risikoerfassung, die -analyse, die -bewertung sowie die Weiterleitung risikobezogener Daten an den zuständigen Entscheidungsträger sind zu gewährleisten.292 Gemäß § 91 Abs. 2 AktG hat der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die den Fortbestand der Gesellschaft gefährdenden Entwicklungen rechtzeitig erkannt werden.293 Dies

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Vgl. IDW EPS 350 n.F. (2005), Tz. 15. Ebenso vgl. Selchert, Friedrich Wilhelm et al. (2000), S. 19. Diese Regelungen und Maßnahmen können auf die Bewältigung oder die Akzeptanz der Risiken abzielen. Vgl. IDW PS 340: Die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems nach § 317 Abs. 4 HGB (IDW PS 340). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999, Tz. 4. Vgl. IDW PS 340, Tz. 4. Die Besonderheiten der Maßnahmen bei Konzernen werden hier nicht berücksichtigt. Siehe dafür IDW PS 340, Tz. 34-37; Hommelhoff, Peter/Mattheus, Daniela (2000): Risikomanagement im Konzern - ein Problemaufriss. In: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 52. Jg., 2000, S. 217-230 sowie Dörner, Dietrich/Wollmert, Peter/Bischof, Stefan (2003): Risikoberichterstattung im Konzernlagebericht. In: Wollmert, Peter/Schönbrunn, Norbert/Jung, Udo/Siebert, Hilmar/Henke, Michael (Hrsg.), Wirtschaftsprüfung und Unternehmensüberwachung (Festschrift Lück), Düsseldorf 2003, S. 305-333.

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soll vor allem durch die Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems erfolgen,294 das einen Teilbereich des Risikomanagements darstellt. Eine Bestandsgefährdung eines Unternehmens kann durch Risiken, deren Veränderung sowie deren Zusammenwirken untereinander entstehen. Das System muss diese Risiken so früh erfassen, dass angemessene Informationen an die zuständigen Personen und an den Vorstand rechtzeitig weitergeleitet sowie geeignete Maßnahmen getroffen werden können.295 Mit Hilfe des Risikofrüherkennungssystems sollen im Rahmen einer langfristig orientierten Früherkennung alle mittelbaren und unmittelbaren vermögenswirksamen Entwicklungen Berücksichtigung finden. Aus soziologischer Perspektive ist der Bestand eines Unternehmens jedoch nie starr, weil verschiedene externe und interne Unternehmensfaktoren laufend Veränderungen unterworfen sind. Durch Fusionen oder Umfirmierungen wirkt ein Wandel auch aus juristischer Sicht auf ein Unternehmen ein. Wichtigste Aufgabe ist somit nicht die Erhaltung des aktuellen Unternehmensstatus sondern die Vermeidung der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.296 Der Gesetzestext und seine Begründung machen eine Forderung nach einem Risikomanagement und einem Risikofrüherkennungssystem deutlich.297 In welchem Verhältnis diese Elemente zu einem internen Überwachungssystem oder der Internen Revision stehen, ist nicht ersichtlich.

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Diese aktienrechtliche Regelung strahlt auch auf den Pflichtenrahmen für Geschäftsführer von Gesellschaften anderer Rechtsformen je nach Größe und Komplexität der Unternehmensstruktur aus. Vgl. IDW PS 340, Tz. 1; Ernst, Christoph/Seibert, Ulrich/Stuckert, Fritz (1998): KonTraG, KapAEG, StückAG, Euro-EG (Gesellschafts- und Bilanzrecht). Textausgabe mit Begründungen der Regierungsentwürfe, Stellungnahmen des Bundesrates mit Gegenäußerungen der Bundesregierung, Berichten des Rechtsausschusses des deutschen Bundestages, Düsseldorf 1998, S. 53. Explizit für die GmbH siehe Daum, Thomas (2001): Ausstrahlungswirkung des § 91 Abs. 2 AktG auf das RiskManagement in der GmbH. In: Lange, Knut Werner/Wall, Friederike (Hrsg.), Risikomanagement nach dem KonTraG: Aufgaben und Chancen aus betriebswirtschaftlicher und juristischer Sicht, München 2001, S. 423-437, hier S. 434: „§ 91 Abs. 2 AktG soll nach überwiegender Auffassung nicht auf sämtliche GmbHs anwendbar sein, sondern nur auf solche, die der Aktiengesellschaft hinsichtlich Größe und Struktur entsprechen. Hier sind zwei Hauptrichtungen zu erkennen. Zum einen die Abgrenzung nach der reinen Größe der GmbH und zum anderen die Abgrenzung nach der Struktur, wobei auch hier Strukturgleichheiten mit Aktiengesellschaften nur bei größeren GmbHs zu erwarten sind.“ Bestandsgefährdende Risiken sind Risiken, die in der jeweiligen Situation des Unternehmens dessen Fortbestand gefährden können. Vgl. IDW PS 340, Tz. 5. Vgl. Schäfer, Joachim G. (2001): Das Überwachungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG unter Berücksichtigung der besonderen Pflichten des Vorstands, Lohmar 2001, S. 73-74; Lück, Wolfgang/Henke, Michael (2004), S. 93-105. Seit der Einführung des BilReG ist der Lagebericht um das Informationselement „Chancen“ erweitert worden. Es besteht jedoch keine Verpflichtung des Vorstandes, ein System für die Erkennung und Nutzung von Chancen einzurichten. Dennoch ist die Risikofokussierung durch eine chancenspezifische Komponente zu ergänzen. Ein Gleichlauf bei der Chancen- und Risikobetrachtung scheint auch unangemessen, da das Bedrohungspotenzial von bestandsgefährdenden Risiken ungleich höher ist als die Gefahr aus der Nicht-Nutzung von Chancen. Vgl. Kaiser, Karin (2005): Erweiterung der zukunftsorientierten Lageberichtserstattung: Folgen des Bilanzrechtsreformgesetzes für Unternehmen. In: Der Betrieb, 58. Jg., 2005, S. 345-353, hier S. 345.

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Die Literatur enthält eine Reihe von Interpretationsansätzen über die Integration der Elemente eines Risikomanagementsystems nach § 91 Abs. 2 AktG für das Unternehmen.298 Die nach § 91 Abs. 2 AktG geforderten Maßnahmen werden wie folgt aufgeteilt. Da Risiken in allen Unternehmensbereichen möglich sind,299 sind die Risikofelder zu bestimmen, aus denen sich bestandsgefährdende Risiken entwickeln können. Unternehmensbereiche, die durch derartige Risiken bedroht sind oder aus denen solche Risiken vorwiegend resultieren, sind abzugrenzen.300 Anschließend sind die Risiken bzw. Risikoarten zu definieren. In einem laufenden Prozess muss das Unternehmen diese Begriffsabgrenzungen sowie die festgelegten Risikofelder auf ihre Aktualität und Wirksamkeit überprüfen.301 Risikoerkennung und Risikoanalyse bilden die Risikoerfassung. Ein Risikofrüherkennungssystem ist nur dann effektiv, wenn neben den abgegrenzten Risiken auch undefinierte Risiken erkannt werden. Dies setzt ein angemessenes Risikobewusstsein, besonders bei den Mitarbeitern in risikoanfälligen Unternehmensbereichen, voraus.302 Im Rahmen der Risikoanalyse werden die Eintrittswahrscheinlichkeiten und Auswirkungen der Risiken beurteilt. Dabei ist zu hinterfragen, ob Einzelrisiken, deren Zusammenwirken oder deren Wirkungsverstärkung im Zeitablauf zu einer Bestandsgefährdung führen können. Es ist zu untersuchen, ob die bereits durchgeführten Reaktionen auf erkannte Risiken ausreichend sind oder ob zusätzlicher Handlungsbedarf besteht.303 Die Risikokommunikation erfolgt in Form der Weiterleitung von Informationen über nicht bewältigte Risiken in nachweisbarer Form an die zuständigen Entscheidungsträger. Auf jeder Stufe der Risikokommunikation sind Schwellenwerte oder andere Kriterien zu bestimmen, deren Überschreiten eine Berichtspflicht auslöst.304 Die Berichtsempfänger und die Häufigkeit der Berichterstattung sind von der Risikoart und ihrer Wichtigkeit abhängig.305 Sofern bestandsgefährdende Risiken nicht im Risikomanagementprozess von nachgeordneten Stellen geklärt werden können, sind diese bis zum Vorstand weiterzuleiten.306 In jedem Unternehmensbereich sind Verantwortliche für die Bewältigung des Risikofrüherkennungssystems oder für die Weiterleitung entsprechender Informationen zu benennen. Aggregationen, Wechselwirkungen oder eventuelle Kompensationen von Risiken sollen somit durch die Berichterstattung zwischen einzelnen Bereichen früh erkannt werden.307 Das Überwachungssystem kontrolliert die Einhaltung der erforderlichen Maßnahmen zur Erfassung und Kommunikation.308 Damit eine dauerhafte und personenunabhängige Funktionsfähigkeit der getroffenen Maßnahmen gewährleistet sowie die Pflichtenerfüllung durch den Vorstand nachgewiesen werden kann, ist ein Risikohandbuch zu erstellen, in dem die Maß298

299

300 301 302 303 304 305 306 307 308

Auf weitere Ausführungen wird an dieser Stelle verzichtet. Eine Übersicht der verschiedenen Ansätze bzw. weiterführende Informationen finden sich bei Schäfer, Joachim G. (2001), S. 66-69. Hierunter ist das gesamte Unternehmen zu verstehen, einschließlich aller betrieblichen Prozesse und Funktionsbereiche sämtlicher Hierarchiestufen und Stabsfunktionen. Vgl. IDW PS 340, Tz. 7. Vgl. IDW PS 340, Tz. 6. Vgl. IDW PS 340, Tz. 8. Vgl. IDW PS 340, Tz. 9. Vgl. IDW PS 340, Tz. 10. Diese Schwellenwerte und Kriterien sind ebenfalls laufend zu überprüfen. Vgl. IDW PS 340, Tz. 11. Vgl. IDW PS 340, Tz. 12. Vgl. IDW PS 340, Tz. 4. Vgl. IDW PS 340, Tz. 13. Vgl. IDW PS 340, Tz. 15. Die Maßnahmen nach § 91 Abs. 2 AktG werden durch die interne Revision geprüft. Vgl. IDW PS 340, Tz. 16.

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nahmen angemessen dokumentiert werden.309 Die Unternehmensgröße und -komplexität determinieren die Art sowie den Umfang der Dokumentation.310

B. 3.1.3.2.

Prüfung der Maßnahmen zur Risikofrüherkennung

Gemäß § 317 Abs. 4 HGB hat ein Prüfer bei börsennotierten Aktiengesellschaften zu beurteilen, ob der Vorstand die ihm nach § 91 Abs. 2 AktG obliegenden Regeln in einer geeigneten Form beachtet hat und ob das danach einzurichtende Überwachungssystem seine Aufgaben erfüllen kann.311 Die Reaktionen des Vorstandes bzw. der zuständigen Entscheidungsträger auf kommunizierte Risiken sowie deren Wirksamkeit sind keine Prüfungsgegenstände.312 Hierbei handelt es sich nicht um eine Prüfung im Sinne eines Soll/Ist-Vergleichs sondern um eine gutachterliche Beurteilung, da sich der Prüfer lediglich auf seine Kenntnisse der Geschäftstätigkeit berufen kann.313 Die von der Unternehmensleitung getroffenen Maßnahmen sind nach den allgemeinen Grundsätzen der Systemprüfung stichprobenartig auf ihre Funktionalität und ihre kontinuierliche Anwendung im zu prüfenden Geschäftsjahr zu untersuchen.314 Dabei sind die während der Prüfung gewonnenen Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit sowie über das wirtschaftliche und rechtliche Unternehmensumfeld wichtig.315 Des Weiteren hat sich der Prüfer ein ausreichendes Verständnis für die durch das Unternehmen getroffenen Maßnahmen zu erarbeiten. Dazu zählen u.a. das Risikobewusstsein der Unternehmensleitung und der Mitarbeiter sowie die Grundeinstellung der Unternehmensleitung zur Risikosteuerung.316 Der Prüfer hat sich zu vergewissern, dass die unternehmensintern erstellte Dokumentation für die Prüfung angemessen ist, da er an ihr die getroffenen Maßnahmen festzustellen hat.317 Abschließend sind die Maßnahmen auf Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen zu analysieren, ob potenziell bestandsgefährdende Risiken so rechtzeitig erfasst und kommuniziert werden, dass eine Reaktion der zuständigen Entscheidungsträger möglich ist, und ob das Überwachungssystem die Einhaltung der getroffenen Maßnahmen sicherstellen kann.318 Der Prüfer hat über die 309

310 311

312 313

314

315 316 317 318

Vor allem ist auf die Bedeutung der frühzeitigen Risikoerkennung für das Unternehmen, auf die Definition der Risikofelder, auf die Grundsätze für die Risikofrüherkennung, -analyse sowie -kommunikation, auf die Bestimmung von Verantwortlichkeiten und Aufgaben, auf Regeln der Berichterstattung sowie auf die wesentlichen integrierten Kontrollen und Aufgaben der internen Revision Bezug zu nehmen. Vgl. IDW PS 340, Tz. 17. Vgl. IDW PS 340, Tz. 17. Gesellschaften, bei denen dieser Paragraf nicht zur Anwendung kommt, können eine Prüfung des Risikofrüherkennungssystems im Rahmen einer vertraglichen Erweiterung des Prüfungsauftrages vereinbaren. Vgl. IDW PS 340, Tz. 2. Vgl. IDW PS 340, Tz. 6. Vgl. Schindler, Joachim/Rabenhorst, Dirk (2001): Prüfung des Risikofrüherkennungssystems im Rahmen der Abschlussprüfung. In: Lange, Knut Werner/Wall, Friederike (Hrsg.), Risikomanagement nach dem KonTraG: Aufgaben und Chancen aus betriebswirtschaftlicher und juristischer Sicht, München 2001, S. 160-175, hier S. 161. Dies kann durch das Nachvollziehen von erfolgten Vorgängen, Befragungen oder Beobachtungen geschehen. Vgl. IDW PS 340, Tz. 31. Vgl. IDW PS 340, Tz. 20. Vgl. IDW PS 340, Tz. 22. Vgl. IDW PS 340, Tz. 23-24. Vgl. IDW PS 340, Tz. 26.

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Risikosituation des Unternehmens zu entscheiden, inwieweit alle wesentlichen Risikofelder durch die definierten Risiken abgedeckt sind.319 Anhand der Dokumentation ist zu bestimmen, ob verständliche sowie umsetzbare Handlungsanweisungen und eindeutige Kompetenzregelungen vorliegen.320

B. 3.1.4.

B. 3.1.4.1.

Berichterstattung im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme Berichterstattung in Form eines Prüfungsberichts

Die in § 321 HGB enthaltenen Regelungen beziehen sich auf den Prüfungsbericht im Rahmen von Pflichtprüfungen. Dennoch werden diese bei freiwilligen Prüfungen analog angewendet. Adressaten des Prüfungsberichts sind in der Regel die Mitglieder eines Aufsichtsorgans und bei der GmbH die Gesellschafter. Die Ausgestaltung des Prüfungsberichts hat der Prüfer zu verantworten, der sich an den berufsständischen Prüfungsnormen orientieren kann. Nach § 321 Abs. 1 Satz 2 HGB ist im Prüfungsbericht vorweg zur Beurteilung der Unternehmenslage durch die gesetzlichen Vertreter Stellung zu nehmen (sog. Vorwegstellungnahme). Hierbei ist insbesondere auf die Einschätzung des Fortbestandes und der künftigen Entwicklung des Unternehmens einzugehen, soweit die geprüften Unterlagen einschließlich des Lageberichts eine solche Beurteilung erlauben. Damit soll die problemorientierte Sicht des Prüfungsberichts deutlich werden.321 Der Prüfer hat keine eigenständige Beurteilung vorzunehmen322 sondern die Lagebeurteilung der gesetzlichen Vertreter zu bewerten. Zusätzlich hat er bei der Beurteilung der Lage die Möglichkeit, „eigene Akzente zu setzen und auf ihm wesentlich erscheinende Punkte ggf. ausführlicher einzugehen, als dies im zu veröffentlichenden Lagebericht gefordert werden muss“.323 Eine Stellungnahme zur Beurteilung der künftigen Unternehmensentwicklung ist nur bei einer Annahme des Going Concern Prinzips erforderlich, wobei dann die wesentlichen Risiken und Chancen darzustellen sind.324 Nach § 321 Abs. 2 Satz 1 HGB ist darauf einzugehen, ob u.a. „der Lagebericht […] den gesetzlichen Vorschriften und den ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung“ entspricht.

319 320 321

322 323 324

Vgl. IDW PS 340, Tz. 27. Vgl. IDW PS 340, Tz. 28. Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) mit Begründung (Anlage 1) und Vorblatt. In: BT-Drucksache 13/0712, Bonn 1998, S. 1-37, hier S. 28. Vgl. IDW PS 450, Tz. 29 und 33. IDW EPS 350 n.F. (2006), Tz. 30. Vgl. Stolberg, Klaus/Zieger, Martin (2000): Neuerungen beim Prüfungsbericht und beim Bestätigungsvermerk nach § 321 f. HGB. In: Lachnit, Laurenz/Freidank, Carl-Christian (Hrsg.), Investororientierte Unternehmenspublizität: Neue Entwicklungen von Rechnungslegung, Prüfung und Jahresabschlussanalyse, Wiesbaden 2000, S. 433-464, hier S. 442.

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In einem gesonderten Abschnitt ist gemäß § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB einleitend festzuhalten, ob bei der Prüfungsdurchführung Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften,325 bestandsgefährdende oder entwicklungsbeeinträchtigende Tatsachen sowie schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder Arbeitnehmer gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Satzung hinweisende Sachverhalte festgestellt worden sind (sog. Redepflicht). Hierbei sind solche Tatsachen zu berücksichtigen, die Verstöße bereits erkennen lassen. Schon eingetretene Verstöße sind nicht gemeint. Wurden keine berichtspflichtigen Tatsachen offenkundig, ist eine Negativfeststellung obligatorisch.326 Die Berichtspflicht besteht unabhängig davon, ob die Tatsachen den Jahresabschlussadressaten bereits bekannt gemacht worden sind oder sich aus dem Lagebericht ergeben.327 Die Angabe, ob der Abschluss insgesamt unter Beachtung der GoB oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt, ist nach § 321 Abs. 2 Satz 3 HGB verpflichtend. Dieser Hinweis auf die Einhaltung der GoB sowie sonstiger wesentlicher Grundsätze stellt sicher, dass die Berichtspflicht nicht über die in § 264 Abs. 2 HGB für die Jahresabschlusserstellung enthaltene Anforderung hinausgeht und der Prüfer keine eventuellen Informationslücken zu schließen hat.328 Es soll folglich auf die Übereinstimmung mit der Generalnorm hingewiesen werden. Kann diese nicht festgestellt werden, ist dies zu erklären und zu begründen sowie eine Analyse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in den Prüfungsbericht aufzunehmen.329 In einem gesonderten Abschnitt im Prüfungsbericht sind Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung zu erläutern (§ 321 Abs. 3 HGB). Gegenstände der Prüfung sind die Buchführung, der Jahresabschluss, der Lagebericht, angewandte Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze sowie eventuell das Risikofrüherkennungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG (§ 321 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 317 Abs. 4 HGB). Erweiterungen des Prüfungsumfangs auf Grund von verschiedenen Rechtsformen, Branchen oder individuellen Vertragsabsprachen sind zu nennen.330 Art und

325

326 327 328 329

330

Die gesetzlichen Vorschriften umfassen auch die GoB, die „die für den Jahresabschluss geltenden Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften sowie die Angabe- und Erläuterungspflichten für den Anhang und Lagebericht einschließlich ergänzender Bestimmungen in Gesellschaftsvertrag oder Satzung“ enthalten. Stolberg, Klaus/Zieger, Martin (2000), S. 444. Vgl. IDW PS 450, Tz. 35 und 39. Vgl. IDW PS 450, Tz. 34. ADS (2002), § 321 HGB, Tz. 108. Vgl. Stolberg, Klaus/Zieger, Martin (2000), S. 447. Die Erläuterung besteht meist aus einer Gegenüberstellung wichtiger Kennzahlen mit Vorjahresangaben sowie deren verbale Erklärung. Wesentliche Änderungen sowie deren Ursachen sind zu benennen. In einigen Fällen sind Ausführungen zu besonderen Themengebieten, z.B. stille Reserven oder sachverhaltsgestaltende Maßnahmen, erforderlich. Vgl. IDW PS 450, Tz. 74-76. Vgl. IDW PS 450, Tz. 54.

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Umfang der Prüfung befassen sich mit den Prüfungsnormen, auf denen die Prüfungsdurchführung beruht.331 Obwohl nach § 91 Abs. 2 AktG der Vorstand jeder Aktiengesellschaft ein Risikofrüherkennungssystem einzurichten hat, sind nur Aktiengesellschaften, die Aktien mit amtlicher Notierung ausgegeben haben, verpflichtet, dies durch einen Prüfer beurteilen zu lassen (§ 317 Abs. 4 HGB). Es ist ausdrücklich über die Eignung und die Funktionsfähigkeit sowie über eventuelle Schwachstellen des Systems zu berichten.332 Eine Darstellung des Systems selbst ist nicht notwendig.333 Bei freiwilligen Prüfungen von Risikofrüherkennungssystemen hat der Prüfer Beanstandungen im Zusammenhang mit der Angabe von Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften (hier § 91 Abs. 2 AktG) durch die gesetzlichen Vertreter vorzunehmen.334 Der Prüfungsbericht ist an die gesetzlichen Vertreter weiterzuleiten. Sofern der Aufsichtsrat den Prüfungsauftrag erteilt hat, ist ihm der Bericht vorzulegen (§ 321 Abs. 5 Satz 2 HGB).

B. 3.1.4.2. B. 3.1.4.2.1.

Berichterstattung in Form eines Bestätigungsvermerks Berichterstattung in Form eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks

Der Bestätigungsvermerk beschreibt die Aufgabe des Prüfers und grenzt diese gegenüber der Verantwortlichkeit der Vertreter des Unternehmens für die Buchführung, den Jahresabschluss und den Lagebericht ab. Er gibt Gegenstand, Art und Umfang der Prüfung sowie die angewandten Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze, insbesondere die GoB oder sonstige maßgebliche Rechnungslegungsgrundsätze (§ 322 Abs. 3 Satz 1 HGB), wieder und fasst das endgültige Prüfungsergebnis in einer Beurteilung zusammen.335 In § 322 HGB werden Form und Inhalt von Bestätigungsvermerken vorgegeben.336 Die Beurteilung des Prüfungsergebnisses hat nach § 322 Abs. 2 Satz 2 HGB allgemeinverständlich und problemorientiert sowie unter Berücksichtigung des Umstands zu erfolgen, dass die Verantwortung für den Abschluss bei den gesetzlichen Vertretern liegt. Der Bestätigungsvermerk beinhaltet ein klares und schriftlich fixiertes Gesamturteil über das Ergebnis der nach geltenden Berufsgrundsätzen pflichtgemäß durchgeführten Prüfung. Es ist die Übereinstimmung der Buchführung, des Jahresabschlusses 331

332 333 334 335

336

Hierzu zählen die §§ 316-324 HGB und die Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung. Zusätzlich sind Angaben über die Prüfungsstrategie, die Prüfungsschwerpunkte im Zuge eines mehrjährigen Prüfungsplans, das Interne Kontrollsystem, angewandte Stichprobenverfahren und computergestützte Prüfungsinstrumente, die Vorgehensweise bei der Einholung von Bestätigungen Dritter (z.B. Saldenbestätigung), die Erläuterung zur Verwertung von Feststellungen Dritter (z.B. Pensionsgutachten), vorgenommene Inventurbeobachtungen, eventuelle Prüfungserschwernisse/ -hindernisse sowie den Zeitraum der Prüfung bzw. der Vorprüfung zu machen. Vgl. Stolberg, Klaus/ Zieger, Martin (2000), S. 450. Konkrete Verbesserungsvorschläge hat der Prüfer nicht auszuarbeiten. Vgl. IDW PS 450, Tz. 106. Vgl. IDW PS 450, Tz. 104. Vgl. IDW PS 450, Tz. 107. Vgl. IDW PS 400: Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen (IDW PS 400). In: Die Wirtschaftsprüfung, 58. Jg., 2005, S. 1382-1402, hier Tz. 2. Im Nachfolgenden wird unter dem Begriff „Bestätigungsvermerk“ der Versagungsvermerk subsumiert, sofern nichts anderes angegeben ist.

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und des Lageberichts mit den jeweiligen für das geprüfte Unternehmen geltenden Normen zu überprüfen. Im Bestätigungsvermerk wird u.a. über die zutreffende Darstellung der wirtschaftlichen Unternehmenslage sowie der Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung im Jahresabschluss und im Lagebericht unter Beachtung der für das Unternehmen zu berücksichtigenden Vorschriften ein Urteil abgegeben. Dies ist nicht mit einer unmittelbaren Beurteilung der beiden Sachverhalte vergleichbar.337 Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Aussagekraft eines geprüften Abschlusses auf die Erkenntnismöglichkeiten begrenzt ist, die aus einem ordnungsgemäß aufgestellten Jahresabschluss zu gewinnen sind (sog. Erwartungslücke).338 Der Bestätigungsvermerk ist für die Öffentlichkeit bestimmt. Bei der Ausgestaltung der verschiedenen Bestandteile nach dem Wegfall des Formeltestats kann sich der Prüfer an den Verlautbarungen des Berufsstandes orientieren. Testate setzen sich aus verschiedenen Grundbestandteilen zusammen: der Überschrift, dem einleitenden und beschreibenden Abschnitt sowie der Beurteilung durch den Prüfer. Je nach Einzelfall sind ein Hinweis zur Beurteilung des Prüfungsergebnisses oder ein Hinweis auf Bestandsgefährdungen hinzuzufügen.339 Bestätigungsvermerke sind unter Angabe von Ort und Tag zu unterzeichnen (§ 322 Abs. 7 Satz 1 HGB) und zu siegeln. Sie sind „unabhängig vom Prüfungsbericht und zeitgleich mit diesem zu erteilen“.340 Ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk enthält eine uneingeschränkte positive Gesamtaussage darüber, dass die Prüfung zu keinen Einwendungen geführt hat, dass der Jahresabschluss unter Beachtung der GoB oder sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt, dass der Lagebericht insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Lage der Gesellschaft gibt sowie die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind (§ 322 Abs. 3 Satz 1 HGB). Des Weiteren wird zum Ausdruck gebracht, dass die für die Rechnungslegung des geprüften Unternehmens geltenden gesetzlichen Vorschriften einschließlich des Stetigkeitsgebots und eventuelle dem Gesellschaftsvertrag bzw. der Satzung zu Grunde liegende Vorschriften eingehalten wurden.341 Die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks setzt voraus, dass keine wesentlichen Beanstandungen gegen die Buchführung, den Jahresabschluss und den Lagebericht zu

337 338

339 340 341

Vgl. IDW PS 400, Tz. 8. Für detaillierte Ausführungen zum Thema Erwartungslücke sei exemplarisch verwiesen auf Forster, Karl-Heinz (1994): Zur „Erwartungslücke“ bei der Abschlussprüfung. In: Die Wirtschaftsprüfung, 47. Jg., 1994, S. 789-795; Störk, Ulrich Viktor (1999): Die Erwartungslücke und Ansätze zu ihrer Reduktion: Informationsgewinnung, -verarbeitung und -weitergabe im Rahmen der Jahresabschlussprüfung im Hinblick auf die Reduktion der Erwartungslücke unter Berücksichtigung der Entwicklung in den USA, München 1999, sowie Bahr, Andres (2003): Vertrauen in Wirtschaftsprüfer: konzeptioneller Bezugsrahmen für eine realwissenschaftliche Theorie der Erwartungslücke, Wiesbaden 2003. Vgl. IDW PS 400, Tz. 17. IDW PS 400, Tz. 80. Vgl. IDW PS 400, Tz. 44.

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erheben sind und dass keine Prüfungshemmnisse vorliegen.342 Bei der Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks bedarf es in der Regel keiner weiteren Beurteilung. In Ausnahmefällen kann das Testat um einen Hinweis ergänzt werden (§ 322 Abs. 3 Satz 2 HGB). Darin wird auf bei der Prüfung festgestellte aber ordnungsgemäß dargestellte Besonderheiten aufmerksam gemacht, denen wesentliche Unsicherheiten anhaften, die vom Ergebnis künftiger Ereignisse abhängen und vom Unternehmen nicht direkt beeinflussbar sind. Dieser Hinweis ersetzt keine Einschränkung oder Versagung und ist an das Prüfungsurteil anzuschließen.343 Sofern die Annahme des Going Concern Prinzips angemessen ist und keine Zweifel hinsichtlich der Unternehmensfortführung während der Prüfung aufgetreten sind, ist ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk ohne Hinweis zu erteilen.344 Wenn der Prüfer die Anwendung des Grundsatzes der Unternehmensfortführung unterstützt, dabei jedoch gewisse Unsicherheiten bestehen, sind weitere Prüfungshandlungen durchzuführen. Es ist zu überprüfen, ob die Darstellung der bestandsgefährdenden Tatsachen sowie der geplanten (Gegen-)Maßnahmen der gesetzlichen Vertreter im Lagebericht angemessen dargelegt sind und der Leser erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Unternehmensfortführung eindeutig erkennen kann.345 Liegt eine ordnungsgemäße Erläuterung der Unsicherheit im Jahresabschluss und im Lagebericht vor, so ist ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk zu erteilen. Dieser hat einen deutlichen Hinweis nach § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB zu enthalten, der den Adressaten über bestehende wesentliche Zweifel aufklärt.346 In einem gesonderten Abschnitt des Bestätigungsvermerks ist dann die Art des bestehenden Risikos und dessen Darstellung im Lagebericht zu erläutern. Dieser Hinweis ersetzt keine Einschränkung, obwohl eine unangemessene Formulierung der Gefährdung im Jahresabschluss oder im Lagebericht vorliegt, und auch keine Versagung. Ist die Gesellschaft von der Aufstellung eines Lageberichts befreit, besteht keine Verpflichtung für eine Bemerkung auf bestehende bestandsgefährdende Risiken durch den Prüfer.347 Sofern der Jahresabschluss unter der Nicht-Annahme der Unternehmensfortführung aufgestellt und dies sowohl im Anhang als auch im Lagebericht durch die gesetzlichen Vertreter angemessen dargestellt worden ist, ist ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk zu erteilen. Zusätzlich ist auf die Nicht-Annahme in einem gesonderten Abschnitt im Prüfungsbericht einzugehen.348 In den nachfolgenden Abschnitten wird lediglich auf Unterschiede zwischen den uneingeschränkten und eingeschränkten bzw. versagten Testaten eingegangen.

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Prüfungshemmnisse sind besondere Umstände, auf Grund derer bestimmte abgrenzbare oder nicht abgrenzbare Teile der Rechnungslegung nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden können. Vgl. IDW PS 400, Tz. 42. Solche Sachverhalte können z.B. schwebende Prozesse, Risiken aus langfristiger Auftragsfertigung oder steuerliche Risiken sein. Vgl. IDW PS 400, Tz. 75. Ebenso ISA 570, Tz. 30-31. Vgl. IDW PS 270, Tz. 34. Ebenso ISA 570, Tz. 32 und 33. Vgl. IDW PS 400, Tz. 79. Vgl. IDW PS 400, Tz. 77 sowie IDW PS 270, Tz. 40. Ebenso ISA 570, Tz. 36.

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B. 3.1.4.2.2.

Berichterstattung in Form eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks

Eine eingeschränkt positive Gesamtaussage in Form eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks ist zu erteilen, wenn der Prüfer zu dem Schluss kommt, dass Prüfungshemmnisse vorliegen, aber gleichzeitig für wesentliche Teile der Rechnungslegung mit hinreichender Sicherheit noch ein positives Urteil erteilt werden kann.349 Voraussetzung dafür ist, dass die Beanstandungen oder der nicht beurteilbare Bereich nicht wesentlich sind. Wesentlichkeit liegt nach der Meinung des IDW vor, wenn festgestellte Mängel oder die nicht hinreichend sichere Beurteilbarkeit abgrenzbarer Teile der Rechnungslegung auf Grund ihrer relativen Bedeutung zu einer unzutreffenden Beurteilung der Rechnungslegung führen können. Die relative Sicherheit ist durch das in Beziehungsetzen des Mangels oder des nicht beurteilbaren Bereichs zu geeigneten Größen und durch Schätzung der Auswirkungen auf die Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage festzustellen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass mehrere unwesentliche Mängel oder nicht beurteilbare Bereiche in ihrer Gesamtheit wesentlich sein können.350 Festgestellte Einschränkungen sind gemäß § 322 Abs. 4 Satz 3 und 4 HGB zu begründen und so darzustellen, dass deren Tragweite erkennbar wird. Sofern die Annahme des Going Concern Prinzips angemessen ist und erhebliche Unsicherheiten bestehen, ist über die Darstellung der bestandsgefährdenden Tatsachen sowie der geplanten (Gegen-)Maßnahmen der gesetzlichen Vertreter im Lagebericht zu urteilen. Liegt keine ordnungsgemäße Wiedergabe durch die gesetzlichen Vertreter vor und werden Chancen und Risiken sowie ihre wahrscheinlichen Auswirkungen nicht ausführlich genug erläutert, ist das Testat einzuschränken.351 Gleichzeitig ist dieses Vorgehen zu begründen352 und im Prüfungsbericht darzustellen. Dabei muss auf die bestehenden Chancen und Risiken sowie auf deren mögliche Auswirkungen eingegangen werden.353

B. 3.1.4.2.3.

Berichterstattung in Form eines Versagungsvermerks

Mit einem Versagungsvermerk wird eine negative Gesamtaussage erteilt. Es wird zwischen Versagungsvermerken auf Grund von Einwendungen (§ 322 Abs. 2 Nr. 3 HGB) und Versagungsvermerken auf Grund der fehlenden Möglichkeit zur Abgabe eines Prüfungsurteils (§ 322 Abs. 2 Nr. 4 HGB) unterschieden.

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350 351 352 353

Dies gilt auch, wenn mit analytischen Prüfungshandlungen Nachweise für oder gegen die Ordnungsmäßigkeit abgrenzbarer Rechnungslegungsteile gefunden werden, diese aber für ein mit hinreichender Sicherheit zu fällendes Prüfungsurteil nicht ausreichend sind. Es ist dabei unerheblich, ob der Grund für das Prüfungshemmnis im Wirkungskreis der gesetzlichen Vertreter liegt oder durch andere Umstände verursacht ist. Vgl. IDW PS 400, Tz. 50. Vgl. IDW PS 400, Tz. 51. Vgl. IDW PS 400, Tz. 77-78. Ebenso ISA 570, Tz. 34. Vgl. § 322 Abs. 4 Satz 3 HGB. Vgl. IDW PS 400, Tz. 78; IDW PS 270, Tz. 37. Ebenso ISA 570, Tz. 34.

60

Bei einem Versagungsvermerk auf Grund von Einwendungen sind wesentliche Beanstandungen, die sich auf den Jahresabschluss insgesamt auswirken, zu erheben. Diese sind so bedeutend oder zahlreich, dass nach Einschätzung des Prüfers ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk unzureichend ist, um noch von einer verständlichen und vollständigen Darstellung im Jahresabschluss ausgehen zu können.354 Nach § 322 Abs. 4 Satz 3 HGB sind alle wesentlichen Gründe der Versagung im ersten Abschnitt des Prüfungsberichts zu nennen und zu erläutern. Kommt der Prüfer zu dem Urteil, dass die Aufstellung des Jahresabschlusses nicht unter der Annahme der Unternehmensfortführung hätte erfolgen dürfen, hat er den Bestätigungsvermerk zu versagen.355 Die Versagung ist zu begründen und zu erläutern.356 Damit soll die missverständliche oder unvollständige Darstellung im Jahresabschluss unterstrichen werden, auch wenn die Bestandsgefährdung im Lagebericht zutreffend abgebildet ist.357 Des Weiteren ist ein Versagungsvermerk gemäß § 322 Abs. 5 HGB zu erteilen, „wenn der Abschlussprüfer nach Ausschöpfung aller angemessenen Möglichkeiten zur Klärung des Sachverhalts nicht in der Lage ist […].“ Dies liegt u.a. vor, falls die gesetzlichen Vertreter eine Einschätzung über die Unternehmensfortführung verweigern oder sich diese Einschätzung auf einen unangemessenen Zeitraum erstreckt, so dass der Prüfer über das Vorliegen von Prüfungshemmnissen zu entscheiden hat. Kann der Prüfer auf Grund einer fehlenden Feststellung der gesetzlichen Vertreter kein hinreichend sicheres Urteil mit (eingeschränkter) positiver Gesamtaussage über den Jahresabschluss treffen, sind die Auswirkungen des Prüfungshemmnisses wesentlich. Die Auskunftsverweigerung der gesetzlichen Vertreter ist ein Verstoß gegen deren Auskunftspflicht gemäß § 320 Abs. 2 HGB und muss im Prüfungsbericht angegeben werden (§ 321 Abs. 1 Satz 3 HGB). Der Prüfer hat in diesem Fall nicht die Pflicht, fehlende Informationen eigenständig einzuholen, da er deren Vollständigkeit nicht gewährleisten kann.358 Er hat einen Versagungsvermerk zu erteilen und die entsprechende Darstellung im Prüfungsbericht sicherzustellen.359

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355 356 357 358

359

Vgl. IDW PS 400, Tz. 65. Der Versagungsvermerk darf nicht mehr als Bestätigungsvermerk gekennzeichnet sein. Vgl. § 322 Abs. 4 Satz 2 HGB. Ebenso ISA 570, Tz. 35. Vgl. § 322 Abs. 4 Satz 3 HGB i.V.m. IDW PS 400, Tz. 67. Vgl. IDW PS 400, Tz. 65-69 sowie IDW PS 270, Tz. 41. Vgl. IDW PS 270, Tz. 43. Bei fehlender Einschätzung durch die gesetzlichen Vertreter kann der Prüfer dennoch zu einem abschließenden Urteil gelangen, wenn der Fall offensichtlich ist oder er bereits durch verschiedene Prüfungshandlungen keine der Going Concern Annahme widersprechenden Nachweise erlangt hat: nachhaltige Gewinnerzielung in der Vergangenheit, leichter Rückgriff auf finanzielle Mittel sowie fehlende Drohung einer bilanziellen Überschuldung. Vgl. IDW PS 270, Tz. 44. Mit diesen Kriterien wird zwar ein Großteil der Unternehmensfehlentwicklungen abgedeckt, plötzliche Zusammenbrüche jedoch nicht. Für weitere Ausführungen siehe Kapitel C. 2.2.2. Vgl. IDW PS 270, Tz. 42. Dieser Vermerk entspricht dem Disclaimer of opinion gemäß ISA 700, Tz. 44.

61

B. 3.1.4.3.

Bedingte Erteilung von Bestätigungsvermerken

Erfolgt die Bilanzierung unter der Going Concern Annahme, obwohl z.B. bestimmte Sanierungsmaßnahmen wie Forderungsverzichte erst im neuen Geschäftsjahr stattfinden, so sind nur dann keine Einwendungen zu erheben, wenn diese Maßnahmen bis zur Erteilung des Bestätigungsvermerks eingetreten sind. Geschieht dies nicht, muss der Bestätigungsvermerk entweder eingeschränkt oder versagt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Ankündigung des Bestätigungsvermerks.360 Eine bedingte Erteilung kommt in Betracht, wenn der Inhalt der Sanierungsmaßnahme feststeht und deren Rechtswirksamkeit lediglich noch von der Erfüllung formaler Voraussetzungen abhängt.361

B. 3.1.4.4.

Tatsachen nach Erteilung von Bestätigungsvermerken

Eine Weiterverfolgung von Sachverhalten hinsichtlich des geprüften Abschlusses und des Lageberichts nach der Erteilung des Bestätigungsvermerks durch den Prüfer ist nicht gefordert. In Ausnahmefällen können dem Prüfer jedoch Sachverhalte bekannt werden, die bereits vor der Testatserteilung bestanden haben und eine Einschränkung oder Versagung begründet hätten. Der Prüfer hat darauf hinzuwirken, dass die gesetzlichen Vertreter den Jahresabschluss ändern. Sobald diese Anpassung selbstständig oder auf Anregung des Prüfers vorgenommen wurde, ist eine Nachtragsprüfung verpflichtend. Ein Widerruf des erteilten Bestätigungsvermerks ist in Betracht zu ziehen, wenn eine Korrektur des Abschlusses nach Meinung des Prüfers unausweichlich ist und die gesetzlichen Vertreter deren Durchführung verweigern oder die Gefahr besteht, dass die neuen Informationen verspätet den Personen zugehen, die bereits vom Bestätigungsvermerk Kenntnis erlangt haben.362

B. 3.1.4.5.

Self-fulfilling Prophecy

Die Berichterstattung über die Prüfung der Going Concern Annahme ist eng verknüpft mit der Frage nach der Existenz einer „Self-fulfilling Prophecy“. Diese selbsterfüllende Prophezeiung besteht, wenn durch das Bekannt werden einer Voraussage das angekündigte Ereignis eintritt. Im deutschen Sprachraum lehnen viele Prüfer einen gesonderten Abschnitt im Bestätigungsvermerk ab, der auf bestehende Going Concern Probleme hinweist. Wegen dieser Information würde die Öffentlichkeit dem betroffenen Unternehmen kein Vertrauen mehr entgegenbringen (z.B. durch Kürzung von Kreditlinien) und somit die negative Unternehmensentwicklung fördern. Prüfern wurde von der Erteilung solcher Hinweise abgeraten, um einer eventuellen Mitverantwortung für den Unternehmenszusammenbruch zu entgehen.

360

361 362

Da ein Bestätigungsvermerk erst nach Abschluss der Prüfung ausgegeben werden darf, ist eine vorherige Mitteilung über die Absicht der Erteilung keine Erteilung. Eine Erteilung kann vor Abschluss der materiellen Prüfungshandlungen nicht ohne Vorbehalt angekündigt werden. Vgl. IDW PS 400, Tz. 14. Vgl. IDW PS 400, Tz. 103. Vgl. IDW PS 400, Tz. 104.

62

Verschiedene Studien haben dieses Phänomen untersucht. Ihre Ergebnisse zeigten, dass Krisenunternehmen mit einem Hinweis auf eine Bestandsgefährdung nicht häufiger zusammengebrochen sind als vergleichbare Unternehmen, die keinen Zusatz im Bestätigungsvermerk erhalten haben.363

B. 3.2. Inhalte der internationalen Normen im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme B. 3.2.1. B. 3.2.1.1.

Das Going Concern Prinzip in der internationalen Rechnungslegung Das Going Concern Prinzip in den International Standards on Auditing

Im Rahmen der ISAs wurde der ISA 570 „Going Concern“ veröffentlicht, dessen Zweck die Aufstellung von Prüfungsstandards und eines Leitfadens zur Frage der Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers bei der Prüfung in Bezug auf die Angemessenheit der Annahme der Unternehmensfortführung als Grundlage der Abschlusserstellung ist.364 Dieser entspricht dem IDW PS 270. Der deutsche Prüfungsstandard enthält auf Grund deutscher Gesetzesbesonderheiten zusätzliche Regelungen zur Prüfung des Lageberichts, des Risikofrüherkennungssystems und zum Prüfungsbericht. Im IDW PS 270 existiert eine Klarstellung bezüglich der Nichtberücksichtigung des Stichtagsprinzips für die Beurteilung des Going Concern Prinzips. Folglich ist die Differenzierung in wertbegründende und wertaufhellende Ereignisse unerheblich.

B. 3.2.1.2.

Das Going Concern Prinzip in den International Financial Reporting Standards

Die grundlegenden Annahmen der Rechnungslegung nach IFRS sind im Framework und im IAS 1 „Presentation of financial statements“ festgelegt. Auf Grund der direkten Verbindlichkeit der Standards erlangen diese Annahmen durch deren wiederholte Nennung im Standard eine größere Bedeutung als die nur im Framework enthaltenen qualitativen Merkmale.365 Die beiden wesentlichen Bilanzierungsprinzipien sind das Going Concern Prinzip und der Grundsatz der

363

364 365

Vgl. u.a. Citron, David B./Taffler, Richard J. (1992): The audit report under going-concern uncertainties: an empirical analysis. In: Accounting and Business Research, Vol. 22, No. 88, 1992, S. 337345, hier S. 344; Louwers, Timothy J./Messina, Frank M./Richard, Michael D. (1999): The auditor’s going-concern disclosure as a self-fulfilling-prophecy: a discrete-time survival analysis. In: Decision Sciences, Vol. 30, Iss. 3, 1999, S. 805-823, hier S. 814; Citron, David B./Taffler, Richard J. (2001): Ethical behaviour in the U.K. audit profession: the case of the self-fulfilling prophecy under goingconcern uncertainties. In: Journal of Business Ethics, Vol. 29, Iss. 4, 2001, S. 353-363, hier S. 360. Vgl. ISA 570, Tz. 1. Vgl. Achleitner, Ann-Kristin/Behr, Giorgio (2003), S. 88. Daher haben die grundlegenden Annahmen auch Vorrang vor den qualitativen Merkmalen. Zu den qualitativen Merkmalen zählen der Grundsatz der Verständlichkeit, der Grundsatz der Relevanz, der Grundsatz der Verlässlichkeit (einschließlich Richtigkeit, Willkürfreiheit, wirtschaftliche Betrachtungsweise, Vorsicht sowie Vollständigkeit), der Grundsatz der Vergleichbarkeit und Stetigkeit. Da eine vollständige Beachtung dieser Grundsätze nicht immer möglich ist, sind Informationen unter bestimmten Einschränkungen zu vermitteln. Es ist auf die Rechtzeitigkeit, den Ausgleich zwischen Nutzen und Kosten sowie den Ausgleich zwischen den qualitativen Merkmalen Rücksicht zu nehmen. Vgl. Buchholz, Rainer (2003), S. 39, 55 und 56.

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periodengerechten Erfolgsermittlung.366 Die Bilanzierung und die Bewertung haben grundsätzlich unter der Annahme der Unternehmensfortführung zu erfolgen, solange ihr keine rechtlichen oder tatsächlichen Gründe entgegenstehen.367 Im Rahmen der jährlichen Erstellung des Jahresabschlusses haben die gesetzlichen Vertreter zu prüfen, ob das Unternehmen fortgeführt werden kann (IAS 1, Tz. 23 und Framework IFRS, Tz. 23).368 Von der Going Concern Annahme ist abzuweichen, wenn die gesetzlichen Vertreter beabsichtigen, das Unternehmen aufzulösen, die Geschäftstätigkeit einzustellen oder keine wirklichkeitsnahe Alternative zu diesen beiden Punkten besteht (IAS 1, Tz. 23). Die Annahme der Unternehmensfortführung ist nicht erst dann aufzugeben, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder die Liquidation des Unternehmens bereits begonnen hat.369 Andererseits kann auch bei eröffnetem Insolvenzverfahren von der Unternehmensfortführung auszugehen sein, wenn sie hinreichend wahrscheinlich erscheint.370 Erfolgt die Jahresabschlusserstellung nicht mehr unter der Going Concern Annahme, ergeben sich in der Regel Konsequenzen für Ansatz und Bewertung, da die Bilanzierung nach IFRS durch Liquidationsüberlegungen bestimmt wird.371 Zwar enthalten die IFRS, abgesehen von bestimmten Angabepflichten, keine speziellen Regelungen für diesen Fall, jedoch kann nach IAS 1.22(a) auf den vergleichbaren Sachverhalt der Einstellung von Geschäftsbereichen zurückgegriffen werden. IAS 35.17 f. verweist insoweit auf die in den einzelnen IFRS vorhandenen Regelungen. Weiterhin kann sich beispielsweise die Notwendigkeit zur Erfassung von Rückstellungen nach IAS 37, u.a. für Sozialplanverpflichtungen, ergeben (IAS 37, Tz. 18). Gemäß IAS 1.23 ist eine Abkehr vom Going Concern Prinzip anzuzeigen, zu begründen und die alternativ gewählten Ansatz- und Bewertungsgrundlagen anzugeben. Bekannte Unsicherheiten im Hinblick auf die Unternehmensfortführung sind nach IAS 1, Tz. 23 ebenfalls zu nennen. Der Prognosezeitraum muss nach IAS 1, Tz. 24 die „foreseeable future“ umfassen. Es ist wenigstens das nächste Geschäftsjahr zu berücksichtigen. Maßgeblich sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag. Die Beurteilung hat alle Entscheidungen und Ereignisse, die zu diesem Zeit-

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Vgl. Buchholz, Rainer (2003), S. 39; Framework IFRS, Tz. 22-23. Als Beispiel eines rechtlich entgegenstehenden Sachverhalts sei auf die Insolvenz hingewiesen. Auf Grund der fehlenden Zahlungsfähigkeit ist das Unternehmen gesetzlich gezwungen, seine Tätigkeit einzustellen. Bei bestehenden tatsächlichen Gegebenheiten existiert kein gesetzlicher Zwang der Unternehmensaufgabe. Hier wird auf die Entscheidung der gesetzlichen Vertreter abgestellt. Vgl. Born, Karl (2002), S. 78; Buchholz, Rainer (2003), S. 39-40. Vgl. Born, Karl (2002), S. 78. Vgl. Wollmert, Peter/Achleitner, Ann-Kristin (1997): Konzeptionelle Grundlagen der IAS-Rechnungslegung (Teil II). In: Die Wirtschaftsprüfung, 50. Jg., 1997, S. 245-256, hier S. 246. Vgl. ADS (2002), Konzeptionelle Grundlagen (Framework, IAS 1), Tz. 51. Vgl. ADS (2002), Konzeptionelle Grundlagen (Framework, IAS 1), Tz. 50.

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punkt getroffen wurden oder eingetreten sind, mit einzuschließen. Ebenfalls müssen wertaufhellende Ereignisse gewürdigt werden.372

B. 3.2.1.3.

Das Going Concern Prinzip in den United States-General Accepted Accounting Principles

Die qualitativen Merkmale der US-amerikanischen Rechnungslegung werden durch die beiden grundlegenden Annahmen, den Grundsatz der Periodenabgrenzung und das Going Concern Prinzip, gestützt und unterlegt.373 Obwohl das Going Concern Prinzip im Framework lediglich in einer Fußnote Erwähnung findet, bildet es eine wesentliche Basis für die Rechnungslegung nach US-GAAP (SFAC 1, Tz. 42, Fn. 10).374 Bei der Erstellung von Jahresabschlüssen ist das Going Concern Prinzip einzuhalten. Die Bilanzierung richtet sich solange danach, bis tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten dem entgegenstehen (AU 341, SAS No. 59).375 Das Going Concern Prinzip stellt auch hier die Voraussetzung zur sinnvollen Interpretation anderer Rechnungslegungsgrundsätze dar.376 Die Anwendung der periodengerechten Abgrenzung ist nur bei Annahme des Prinzips zweckmäßig. Des Weiteren besteht ein enger Zusammenhang zwischen diesem Grundsatz und den Bewertungsgrundsätzen, da bei Nicht-Annahme die Vermögensgegenstände mit Liquiditätswerten anzusetzen wären.377 Eine Unterscheidung nach wertaufhellenden und wertbegründenden Ereignissen erfolgt ebenfalls bei den US-GAAP. Nach SAS 1 sind wertaufhellende Sachverhalte bei der Aufstellung des Jahresabschlusses zu berücksichtigen, wertbegründende Tatsachen hingegen nicht. Unter besonderen Umständen kann eine Angabe jedoch angebracht sein, um eine Irreführung der Jahresabschlussadressaten zu vermeiden.378

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Vgl. Buchholz, Rainer (2003), S. 40. Die IFRS enthalten zwar keine speziellen Aufstellungsfristen, jedoch muss der Jahresabschluss innerhalb von sechs Monaten nach Bilanzstichtag veröffentlicht worden sein. Vgl. Hayn, Sven/Waldersee, Georg (2003): IAS, US-GAAP, HGB im Vergleich: synoptische Darstellung für den Einzel- und Konzernabschluss, 4. Aufl., Stuttgart 2003, S. 36. Vgl. Niehus, Rudolf J./Thyll, Alfred (2000), Rn. 43; Pellens, Bernhard (2001), S. 131. Zu den qualitativen Merkmalen der US-GAAP, die zum Teil im SFAC 2 geregelt sind, zählen der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, der Grundsatz der Relevanz (einschließlich Vorhersagetauglichkeit, Erwartungsüberprüfung, Rechtzeitigkeit), der Grundsatz der Verlässlichkeit (einschließlich Nachprüfbarkeit, Willkürfreiheit, Richtigkeit) sowie der Grundsatz der Vergleichbarkeit und Stetigkeit. Grenzen der Informationsvermittlung werden durch den Grundsatz der Wesentlichkeit, den Ausgleich zwischen Nutzen und Kosten sowie den Grundsatz der gegenseitigen Abwägung bei Zielkonflikten bestimmt. Vgl. KPMG (2003), S. 16-17; Niehus, Rudolf J./Thyll, Alfred (2000), Rn. 43-49. Vgl. Haller, Axel (1994), S. 259; Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 67. Vgl. AICPA (1988): AU Section 341 The Auditor’s Consideration of an Entity´s Ability to Continue as a Going Concern (SAS 59). Im Internet unter: http://www.pcaobus.org/standards/interim_stand ards/auditing_standards/au_341.html. Vgl. Pellens, Bernhard (2001), S. 166. Vgl. ARB 43, Kapitel 3A, Abschnitt 2; Niehus, Rudolf J./Thyll, Alfred (2000), Rn. 48. Vgl. Born, Karl (2002), S. 351-352. Nach SFAS 5, Tz. 11 kann die Aufnahme solcher Informationen so bedeutend sein, dass sie unter der Annahme anzugeben sind, dass sie sich bereits zum Bilanzstichtag ereignet hätten. Vgl. FASB (1975): SFAS 5 Accounting for contingencies. Im Internet unter: www.fasb.org/pdf/fas5.pdf.

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Die Bewertung hat sich in der Regel an der Annahme des Going Concern Prinzips zu orientieren. Dies ergibt sich zwangsläufig aus dem Grundsatz der Stetigkeit und der Pflicht zur periodengerechten Erfolgsermittlung.379 Die Vorschriften geben keinen Prognosezeitraum für das Going Concern Prinzip vor. Der vom Prüfer abzuschätzende Beurteilungszeitraum soll nach AU Section 341.02 nicht über ein Jahr hinausgehen. Prüfungsnormen für den Fall der Nicht-Annahme existieren in den US-GAAP nicht. Eine Abkehr von der Annahme ist nicht explizit anzugeben. Jedoch lässt sich dies zum einen aus der allgemeinen Vorschrift APB 22 (Angabe der angewandten Rechnungslegungsmethoden) und zum anderen aus dem Grundsatz der „Fair presentation“ der Unternehmenssituation ableiten.380

B. 3.2.2.

Lagebericht, Risikofrüherkennungssystem und Berichterstattung in der internationalen Rechnungslegung

Nach den Vorschriften der IFRS und der US-GAAP existiert kein Rechnungslegungsinstrument, das dem handelsrechtlichen Lagebericht gänzlich entspricht. Ein vollständiger Abschluss umfasst nach IFRS die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, eine Eigenkapitalveränderungsrechnung, eine Kapitalflussrechnung, Angaben zu Bilanzierungsund Bewertungsmethoden sowie erläuternde Anhangangaben.381 Berichte von gesetzlichen Vertretern oder Analysen des Managements können im Geschäftsbericht enthalten sein, gehören jedoch nicht zum Jahresabschluss.382 Die IFRS schreiben einige Informationen vor, die mit den Inhalten des handelsrechtlichen Lageberichts korrespondieren. Dazu zählen die Empfehlung zur Aufstellung eines Financial Review by Management, die Möglichkeit der Offenlegung von zusätzlichen Informationen sowie Berichtspflichten, u.a. zur Geschäftstätigkeit mit Hauptaktivitäten und Anzahl der Mitarbeiter.383 Des Weiteren sind die wesentlichen Ereignisse nach dem Bilanzstichtag zu berücksichtigen384 sowie Angaben zu Ausgaben im Bereich Forschung und Entwicklung zu machen.385 Nach den US-GAAP sind ebenfalls verschiedene Informationen des handelsrechtlichen Lageberichts nachweispflichtig. Diese sind insbesondere im Bericht nach Form 10-K für inländische US-amerikanische Unternehmen bzw. nach Form 20-K für ausländische Unternehmen enthalten. Diese Berichte sind bei der SEC einzureichen. Vergleichbare Angaben sind die Darstellung der Geschäftstätigkeit insbesondere nicht-finanzielle Angaben, die Beschreibung von Anlagen und Betriebsstätten sowie Informationen zu Management’s Discussion and Analysis of Finan379 380 381 382 383 384 385

Vgl. Born, Karl (2002), S. 344. ADS (2002), Konzeptionelle Grundlagen (Framework, IAS 1), Tz. 57. Vgl. IAS 1, Tz. 7. Vgl. Framework IFRS, Tz. 7. Vgl. IAS 1, Tz. 8, 9 und 102. Vgl. IAS 10, Tz. 20. Vgl. IAS 38, Tz. 115.

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cial Condition and Results of Operations (MD&A).386 Darunter werden zusammengefasst die Analyse der Finanzlage, der Veränderung der Finanzlage und der Veränderung des Erfolgs, die Diskussion zu den Berichtskategorien Liquidität, Kapitalausstattung und Ergebnis der Unternehmenstätigkeit sowie die Darstellung von Faktoren, die zum Verständnis der Finanzlage, deren Veränderung und der Ertragslage notwendig sind.387 Des Weiteren besteht eine Aufstellungspflicht für Kapitalflussrechnungen nach SFAS 95.388 Für den Jahresabschlussadressaten entscheidungsrelevante und wertbegründende Ereignisse nach dem Bilanzstichtag sind in den „Notes“ (Anhang) anzugeben.389 Die Prüfung eines Risikofrüherkennungssystems existiert in den beiden angesprochenen internationalen Rechnungslegungen nicht. Im Rahmen der Berichterstattung gibt es keine wesentlichen Differenzen zwischen der nationalen und internationalen Rechnungslegung.

B. 3.3. Vergleich der nationalen und internationalen Rechnungslegung hinsichtlich des Going Concern Prinzips Diese kurzen Ausführungen machen deutlich, dass zwischen den verschiedenen Prüfungs- und Rechnungslegungsnormen hinsichtlich des Going Concern Prinzips grundsätzlich keine Unterschiede bestehen. Abweichungen wurden bei den Themen „Lagebericht“ und „Früherkennungssystem“ herausgearbeitet. Auf Grund der geringen Vorgaben in den Prüfungs- und Rechnungslegungsnormen für die Prüfung der Going Concern Annahme beschäftigt sich der nächste Abschnitt mit möglichen Hilfestellungen. Es werden verschiedene nationale und internationale methodengestützte und empirischgestützte Studien dargestellt, die weiterführende Informationen enthalten. Als Beispiel seien die der Annahme entgegenstehenden tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten genannt. IDW PS 270 enthält eine Auflistung möglicher Umstände. Es ist die Frage zu klären, ob diese in der Praxis von den Prüfern als gleichwertig angesehen werden und ob bestimmte mathematisch-statistische Verfahren existieren, die eine Prüfung des Grundsatzes der Unternehmensfortführung vorab grob einschätzen können.

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Vgl. SEC (2004): Regulation S-K. Im Internet unter: www.sec.gov/divisions/corpfin/forms/regsk. htm, hier Item 101 bis 103. Vgl. SEC (2004), Item 103. Hieraus lässt sich ableiten, dass der MD&A die gleichen Aufgaben wie der deutsche Lagebericht erfüllt: Verdichtungs-, Erläuterungs- und Ergänzungsfunktionen. Vgl. Krawitz, Norbert/Hartmann, Christina (2003): Internationalisierung der Lageberichterstattung. In: Wollmert, Peter/Schönbrunn, Norbert/Jung, Udo/Siebert, Hilmar/Henke, Michael (Hrsg.), Wirtschaftsprüfung und Unternehmensüberwachung (Festschrift Lück), Düsseldorf 2003, S. 287-303, hier S. 299. Vgl. FASB (1984): SFAC 5 Recognition and measurement in financial statements of business enterprises. Im Internet unter: http://www.fasb.org/pdf/con5.pdf, hier Tz. 13. Vgl. AICPA (1981): AU Section 530 Dating of the independent auditor’s report (SAS 1). Im Internet unter: http://www.aicpa.org/download/members/div/auditstd/AU-00530.PDF, hier Tz. 5.

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C. Analyse des Status Quo der Entscheidungsansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung C. 1. Entscheidungsansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung Seit jeher werden Unternehmen und deren Bilanzen analysiert. Die angewandten Verfahren und Vorgehensweisen variieren über den Zeitablauf. Ein Untersuchungsziel war und ist die frühzeitige Erkennung von Symptomen, die auf Fehlentwicklungen oder Bestandsgefährdungen hinweisen können. Im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme ist diese Zielsetzung von höchster Priorität. Fehlentwicklungen und Bestandsgefährdungen können der Annahme über die Unternehmensfortführung entgegenstehen. Eine frühzeitige und zuverlässige Beurteilung des Unternehmens könnte eine rechtzeitige und angemessene Reaktion durch die gesetzlichen Vertreter ermöglichen. Auf Grund der oft fehlenden und ungenauen Prüfungsnormen hat der Prüfer einen erheblichen Ermessensspielraum hinsichtlich der Beurteilung der Going Concern Annahme. Es ist nicht möglich, für das zu prüfende Unternehmen ein zuverlässiges Soll-Objekt zu ermitteln, das mit dem Ist-Objekt, d.h. der Einschätzung durch die gesetzlichen Vertreter, verglichen werden kann. Trotz dieser Unsicherheit hat der Prüfer die vom Unternehmen aufgestellte Fortführungsprognose zu prüfen. Eine Hilfestellung enthalten die Gesetzestexte nicht.390 In der Literatur existiert eine Vielzahl von Studien, die mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren versuchen, sich ein Bild über ein zu prüfendes Unternehmen zu machen. Hierbei wird zwischen methodengestützten und empirischgestützten Verfahren differenziert. Zu den methodengestützten Modellen zählen die mathematisch-statistischen sowie die modelltheoretischen Ansätze. Das Hauptaugenmerk bei den methodengestützten Verfahren im Rahmen der vorliegenden Arbeit liegt bei den mathematisch-statistischen Ansätzen. Zu den modelltheoretischen Verfahren zählen u.a. die grafische und die katastrophentheoretische Methode. Unter den empirischgestützten Verfahren werden Fragebögen, Interviews und Fallstudien subsumiert. Hier werden verschiedene Teilnehmergruppen zu ihrer Meinung und Erfahrung über entscheidungsrelevante quantitative und qualitative Faktoren bei der Urteilsbildung befragt. Diese Ergebnisse könnten als Grundlage der methodengestützten Ansätze basieren. Aber auch das Verhalten des Entscheidungsträgers, hier des Prüfers, ist Gegenstand von Studien. Es wird die Beeinflussbarkeit des Prüfers durch bestimmte Sachverhalte wie die unterschiedliche Reihenfolge von Informationen analysiert. Da der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit auf den empirischgestützten Verfahren liegt, werden weitere Ausführungen dazu im Zusammenhang mit der eigenen empirischgestützten Auswertung im Kapitel D. zusammengefasst. In diesem Abschnitt werden ausgewählte verschiedene mathematisch-statistische Verfahren theoretisch dargelegt und kritisch gewürdigt. Danach folgt eine detaillierte Darstellung mehrerer Studien, beginnend in den 30er Jahren, zur Feststellung des Status Quo und eine Beurteilung der 390

Vgl. Janssen, Friedrich Carl (1984), S. 346.

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Untersuchungsergebnisse.391 Die Dokumentation der modelltheoretischen Verfahren erfolgt in Anlehnung an die mathematisch-statistischen mit dem Unterschied, dass jeweils nur eine Studie ausgewählt und erläutert wird.

C. 2. Methodengestützte Ansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung C. 2.1. Die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung mathematisch-statistischer Ansätze C. 2.1.1.

Einführung in die mathematisch-statistischen Ansätze

Die Verknüpfung zwischen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme und den mathematisch-statistischen Verfahren ist das bereits angesprochene Ziel der frühzeitigen Erkennung von Faktoren, die Fehlentwicklungen bzw. Bestandsgefährdungen von Unternehmen verursachen können. In diesem Zusammenhang wurde in den meisten Studien das Kriterium der Insolvenz herangezogen. Bei erschwerter bzw. unmöglicher Datenbeschaffung halfen sich die Autoren mit ähnlichen Definitionen wie dem Vergleich. Für die Berücksichtigung des Kriteriums der Insolvenz sind zwei Annahmen erforderlich. Zum einen muss sich die drohende Insolvenz in der wirtschaftlichen Lage und damit im Jahresabschluss des Unternehmens abbilden, zum anderen müssen signifikante und feststellbare Unterschiede zwischen den Unternehmen bestehen, die eine Tendenz zur Insolvenz aufweisen, und denen, die sich gesund entwickeln. Problembehaftete Unternehmen werden im Rahmen dieser Arbeit mit den synonym verwendeten Begriffen „krank“, „insolvent“, „schwarz“ oder „schlecht“ bezeichnet. Unternehmen, die keine negativen Entwicklungen aufzeigen, werden als „gesund“, „solvent“, „weiß“ oder „gut“ charakterisiert. Die mathematisch-statistischen Verfahren können grundsätzlich in einfache und komplexe unterteilt werden. Zu den einfachen Methoden zählt die Anwendung von Einzelkennzahlen sowie von Kennzahlensystemen. Die Zuordnung dieser Ansätze basiert zum einen auf dem sehr großen Bekanntheitsgrad, zum anderen auf der leichten und schnellen Handhabbarkeit, worauf im Rahmen der kritischen Würdigung ausführlich Bezug genommen wird. Zusätzlich werden drei im deutschen Sprachraum entwickelte Modelle dargestellt. Die Verfahren Diskriminanzanalyse, Regressionsanalyse, künstliches neuronales Netz und Entscheidungsbaum werden als komplex bezeichnet. In den detaillierten Darstellungen wird auf verschiedene Unterverfahren eingegangen. Die Durchführung der mathematisch-statistischen Verfahren lässt sich wie folgt beschreiben. Verfügbares Material ist zu sammeln und zu sichten. Dazu werden der aktuelle Jahresabschluss sowie mindestens die Jahresabschlüsse der zwei vorangegangenen Jahre zusammengetragen. 391

Es wird jeweils auf die für diese Arbeit relevanten Angaben eingegangen. Weitergehende Informationen sind den einzelnen Studien direkt zu entnehmen.

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Der Prüfer hat sich ein allgemeines Verständnis über das zu prüfende Unternehmen zu verschaffen. Neben Unternehmensinformationen können auch Angaben von Konkurrenten oder der Branche nützlich sein. Anschließend ist eine Aufbereitung des Datenmaterials zur Erstellung einer Strukturbilanz erforderlich, um bilanzpolitische Maßnahmen zu bereinigen.392 Nun sind Analysen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage durchführbar, die bei mathematischstatistischen Verfahren mit Hilfe von Kennzahlen erfolgen. Es werden die aussagekräftigsten und intersubjektiv nachprüfbarsten Kennzahlen herausgefiltert, die die momentane und künftige wirtschaftliche Lage eines Unternehmens sehr realistisch abbilden. Die Ergebnisse der Teilanalysen sind in einer endgültigen Entscheidung über das Unternehmen zusammenzufassen. Das Gesamturteil ist meist eine Klassifikation des Unternehmens in eine der beiden Gruppen: solvent oder insolvent. Die Ausführungen über die theoretischen Grundlagen der mathematisch-statistischen Verfahren sowie deren kritischer Würdigung werden kurz aber prägnant gehalten, da das Hauptaugenmerk auf der Ermittlung des Status Quo liegt. Die Darstellung der nationalen und internationalen Studien erfolgt in der zeitlichen Reihenfolge der Veröffentlichung. Eine Kategorisierung der Untersuchungen nach den einzelnen angewandten Verfahren war nicht überschneidungsfrei möglich, da in jüngeren Arbeiten oftmals mehrere Methoden parallel in Form eines Vergleichs zur Anwendung kamen. Es wird darauf hingewiesen, dass nur Studien Berücksichtigung finden, die komplexe mathematisch-statistische Verfahren thematisieren. Im Rahmen der Feststellung des aktuellen Standes der Entwicklung wurde auf Grund der großen Anzahl an verfügbaren Studien keine Vollständigkeit angestrebt. Gleichzeitig wurde bei der Auswahl nach subjektivem Ermessen darauf geachtet, dass stets eine nächste Stufe der Verfahrensanwendung erkennbar ist. Die ersten einfachen jedoch entscheidenden Studien der univariaten Diskriminanzanalyse stammen von Fitz Patrick (1932) und Merwin (1942), die erstmalig insolvente und solvente Unternehmen berücksichtigten. Ferner konnten sie zeigen, dass Hinweise auf eine mögliche Insolvenz bereits bis zu sechs Jahren vorher in den Unternehmenszahlen erkennbar waren. In der nächsten Untersuchung von Beaver (1966) wurde die Qualität der ermittelten Ergebnisse mit Hilfe einer Validierungsstichprobe getestet. Altman (1968) wandte als erster die multivariate Methode an und konnte nur zwei Jahre vor Eintritt einer Insolvenz gute Klassifikationsraten erzielen. Deakin´s (1972) Untersuchung führte Beaver´s Arbeit fort, indem er die von Beaver angewandten Kennzahlen in einer multivariaten Diskriminanzanalyse berücksichtigte und zahlreiche frühere Ergebnisse bestätigte. Dafür bildete er für jedes Jahr vor der Insolvenz eine eigene Diskriminanzfunktion. Als Pionier der Insolvenzprognose im deutschsprachigen Raum gilt Beermann (1976), der sowohl die univariate als auch die multivariate Diskriminanzanalyse durchführte und der multivariaten Diskriminanzanalyse eine bessere Eignung bescheinigte. 392

Für detaillierte Informationen zum Konflikt zwischen Bilanzanalyse und Bilanzpolitik sowie zur Strukturbilanz sei u.a. verwiesen auf Born, Karl (2001): Bilanzanalyse international. Deutsche und ausländische Jahresabschlüsse lesen und beurteilen, 2. Aufl., Stuttgart 2001, S. 283-306; Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 923-934; Baetge, Jörg (2004): Bilanzanalyse, 2. Aufl., Düsseldorf 2004, S. 16162 und insbesondere Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004): Die Bilanzanalyse. Lehrbuch zur Beurteilung von Einzel- und Konzernabschlüssen, 7. Aufl., Stuttgart 2004, S. 55-76.

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Weinrich (1978) stellte fest, dass unter den in einer Diskriminanzfunktion enthaltenen Kennzahlen große Korrelationen vorherrschten. Seine Versuche zur Reduzierung der Anzahl und zur Verlängerung des vierjährigen Prognosezeitraumes scheiterten. In der Arbeit von Gebhardt (1980) wurde die kleine Aktienrechtsreform von 1965 untersucht. Er berücksichtigte Unternehmen mit alter sowie neuer Bilanzierung und konnte Klassifikationsunterschiede feststellen. Mutchler (1985) analysierte als eine der ersten neben reinen Kennzahlen auch qualitative Sachverhalte. Sie entwickelte verschiedene Modelle, wobei die Ergebnisse entgegen der Erwartung nur geringe Abweichungen aufwiesen. Die Autoren Baetge/Huß/Niehaus (1986 sowie 1988) arbeiteten mit einem Kreditinstitut zusammen und hatten somit im Vergleich zu den anderen aufgeführten Studien eine sehr große Grundgesamtheit. Des Weiteren wurde ein Graubereich für Unternehmen eingeführt, die nicht eindeutig anhand des Cut-off-Wertes zugeordnet werden konnten. Der erste interessante Vergleich zwischen den Verfahren multivariate „Diskriminanzanalyse“ und „Künstliches neuronales Netz“ kommt von Odom/Sharda (1990). Ihre Resultate zeigen, dass das künstliche neuronale Netz in allen Durchgängen der multivariaten Diskriminanzanalyse überlegen war. Tam (1991) stellte in seiner Studie fünf verschiedene Ansätze gegenüber und auch hier schnitt das künstliche neuronale Netz als beste Methode ab. Die Arbeit von Feidicker (1992) ist eine der ersten Arbeiten in Deutschland über den Einsatz eines Bonitätsindikators mit Hilfe eines künstlichen neuronalen Netzes. Die Berücksichtigung von qualitativen Merkmalen in der deutschsprachigen Literatur erfolgte durch die Autoren Blochwitz/Eigermann (2000), die im Gegensatz zu Mutchler Steigerungen der Klassifikationsraten auf Grund der qualitativen Sachverhalte erzielen konnten. Altman´s Studie wurde seit ihrer Veröffentlichung auf Grund ihrer guten Ergebnisse von sehr vielen Wissenschaftlern als Benchmark herangezogen. Die Studie von Kuruppu/Laswad/Oyelere (2001) wurde beispielhaft ausgewählt, da diese Studie keine Insolvenzen sondern Liquidationen untersuchte. Ihr Modell übertraf die Ergebnisse von Altman. Koh (2004) arbeitete mit drei verschiedenen Verfahren. Er konnte die sehr gute Leistung von künstlichen neuronalen Netzen im Vergleich zum Entscheidungsbaummodell und der logistischen Regression nicht bestätigen. Die Durchführung der Ansätze setzt die Beachtung verschiedener Grundsätze voraus.393 Das Objektivierungs- bzw. Unabhängigkeitsprinzip verlangt, dass intersubjektiv nachprüfbare Gesamturteile gebildet werden. Dies ist gegeben, wenn ein Dritter mit derselben Methode und denselben Daten zum gleichen Ergebnis kommt. Die Anwendung des Verfahrens hat demnach personenunabhängig zu sein. Das Neutralisierungsprinzip besagt, dass die ausgewählten Kennzahlen jahresabschlusspolitische Maßnahmen weitestgehend neutralisieren müssen, um eine Verzerrung des Ergebnisses zu verhindern bzw. zu minimieren. Das Ganzheitlichkeitsprinzip fordert, dass die Kennzahlen möglichst alle Informationsbereiche des Jahresabschlusses und damit der wirtschaftlichen Lage des zu untersuchenden Unternehmens abdecken, um ein vollständiges Bild des Unternehmens gewährleisten zu können. Das Vollständigkeitsprinzip bezieht sich auf die Datenerfassung. Sämtliche jahresabschlussrelevanten Informationen sollen erfasst

393

In Anlehnung an Baetge, Jörg (2004), S. 586-589.

71

und einheitlich aufbereitet werden. Abweichungen in den Jahresabschlüssen verschiedener Unternehmen oder Perioden können somit behoben und geeignete Zeit-, Unternehmens- sowie Soll-Vergleiche durchgeführt werden. Diese Prinzipien sind nicht ausreichend, um eine gute Ergebnisqualität sicherstellen zu können. Zusätzlich ist die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens zu untersuchen. Der zeitliche Aufwand zur Durchführung und die aufzubringenden Kosten dürfen den zu erlangenden Nutzen nicht übersteigen. Im Rahmen der Ergebnisinterpretation ist die Transparenz ein wesentlicher Sachverhalt. Das endgültige Resultat kann bereits einen wichtigen Hinweis für das weitere Vorgehen insbesondere hinsichtlich der Prüfungsschwerpunkte und -intensitäten geben. Informationen über das Zustandekommen bzw. der Gewichtung einzelner Einflussfaktoren können zusätzlich entscheidende Anhaltspunkte liefern. Ein ebenfalls nicht zu vernachlässigender Sachverhalt ist die Anwenderfreundlichkeit des Verfahrens und damit einhergehend die Akzeptanz in der Praxis. Die Handhabung des Verfahrens muss so gestaltet sein, dass Personen mit durchschnittlicher Erfahrung in diesem Bereich nach angemessener Einarbeitungszeit eine erfolgreiche Anwendung ohne große Probleme durchführen können. Als letzter Punkt ist die Verfügbarkeit der notwendigen Daten zu nennen. Je einfacher die Datenbeschaffung ist, desto positiver werden sich das Kosten-/Nutzen-Verhältnis und die Akzeptanz entwickeln.

C. 2.1.2.

Theoretische Grundlagen der mathematisch-statistischen Ansätze und deren kritische Würdigung

C. 2.1.2.1.

C. 2.1.2.1.1.

Theoretische Grundlagen der einfachen mathematisch-statistischen Verfahren und deren kritische Würdigung Einzelkennzahlen und Kennzahlensysteme

Die Kennzahlenrechnung wird in ihrem Geburtsland, den USA, allgemein als „the relationship, or proportion, that one amount bears to another“ definiert.394 Die Kennzahlen der quantitativen Jahresabschlussanalyse lassen sich in absolute und relative einteilen.395 Absolute Kennzahlen sind direkt aus der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung ersichtlich396 und „geben unmittelbar Auskunft über die Größe des Sachverhaltes“.397

394

395

396 397

Guthman, Harry George (1964): Analysis of Financial Statements, 4. Aufl., Englewood Cliffs 1964, S. 102. Vgl. Staehle, Wolfgang H. (1969): Kennzahlen und Kennzahlensysteme als Mittel der Organisation und Führung von Unternehmen, Wiesbaden 1969, S. 52; Botta, Volkmar (1997): Kennzahlensysteme als Führungsinstrumente: Planung, Steuerung und Kontrolle der Rentabilität im Unternehmen, 5. Aufl., Berlin 1997, S. 18; Reichmann, Thomas (2001): Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 6. Aufl., München 2001, S. 21. „Diese Einteilung nach statistisch-methodischen Gesichtspunkten deckt den größten Teil, nicht aber das gesamte Spektrum der Kennzahlenanalyse ab. So lassen sich z.B. Produkte, Wurzelausdrücke, Potenzen und dgl. nicht einordnen.“ Meyer, Claus (1994): Betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Kennzahlensysteme, 2. Aufl., Stuttgart 1994, S. 6. Vgl. Gräfer, Horst (1997): Bilanzanalyse, 7. Aufl., Herne/Berlin 1997, S. 89. Reichmann, Thomas (2001), S. 9. Ähnlich Botta, Volkmar (1997), S. 16.

72

Sie werden dargestellt als:398 -

Einzelkennzahlen (z.B. Beschäftigtenzahl),

-

Summen (z.B. Bilanzsumme),

-

Differenzen (z.B. Working capital als Differenz zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigem Fremdkapital),

-

Mittelwerte (z.B. durchschnittlicher Lagerbestand).

Bei der Bildung von Verhältniszahlen ist auf sachliche, zeitliche und wertmäßige Entsprechung von Zähler und Nenner zu achten. Die relativen Kennzahlen werden folglich aus zwei in Beziehung gesetzten absoluten Größen gebildet und kommen in drei verschiedenen Formen vor:399 -

Gliederungszahlen (Quoten- oder Anteilszahlen) Eine Teilgröße wird in Relation zur zugehörigen Gesamtgröße betrachtet (z.B. Eigenkapital zu Bilanzsumme).

-

Beziehungszahlen Wesensverschiedene absolute Kennzahlen, zwischen denen ein Ursache-WirkungsZusammenhang besteht, werden zueinander in Beziehung gesetzt (z.B. Eigenkapital zum Anlagevermögen).

-

Indexzahlen Eine absolute Größe wird für einen Zeitpunkt in Relation zur gleichen Größe gesetzt, die zeitlich, sachlich oder räumlich von der absoluten Größe abweicht (z.B. prozentuales Wachstum des Umsatzes).400

Unter Kennzahlensystemen wird im Allgemeinen eine Zusammenstellung von quantitativen Variablen verstanden, wobei die einzelnen Kennzahlen in einer sachlich sinnvollen Beziehung zueinander stehen, einander ergänzen oder erklären und insgesamt auf ein gemeinsames übergeordnetes Ziel ausgerichtet sind.401 Diese lassen sich nach der Art der Verknüpfung in Rechensysteme und Ordnungssysteme unterteilen.402 Eine Spitzenkennzahl wird bei Rechensystemen nach mathematischen Regeln in weitere Größen zerlegt.403 Zusammenhänge und Verhältnisse 398 399

400

401

402 403

Vgl. Staehle, Wolfgang H. (1969), S. 52; Gräfer, Horst (1997), S. 89-90. Vgl. Staehle, Wolfgang H. (1969), S. 53; Buchner, Robert (1985): Finanzwirtschaftliche Statistik und Kennzahlenrechnung, München 1985, S. 71-93; Gräfer, Horst (1997), S. 90-91; Botta, Volkmar (1997), S. 16-17; Littkemann, Jörn/Krehl, Harald (2000): Kennzahlen der klassischen Bilanzanalyse. In: Hauschildt, Jürgen/Leker, Jens (Hrsg.), Krisendiagnose durch Bilanzanalyse, 2. Aufl., Köln 2000, S. 19-32, hier S. 20-21; Reichmann, Thomas (2001), S. 21-22. Gräfer nennt als vierte Form der Verhältniszahlen die Richtzahl. Hier werden Kennzahlenergebnisse des zu analysierenden Unternehmens mit branchentypischen Durchschnittszahlen, die ein repräsentatives Branchenmittel widerspiegeln (Richtzahl), verglichen. Der Kapitalmarktzins kann z.B. als Maßstab bei der Beurteilung der Eigenkapitalrentabilität herangezogen werden. Vgl. Gräfer, Horst (1997), S. 91. Bei Staehle werden Richtzahlen nur beim zwischenbetrieblichen Vergleich angeführt, so dass keine genaue Klassifizierung erfolgt. Vgl. Staehle, Wolfgang H. (1969), S. 61. Vgl. Reichmann, Thomas/Lachnit, Laurenz (1977): Kennzahlensysteme als Instrument zur Planung, Steuerung und Kontrolle von Unternehmungen. In: Maschinenbau, o. Jg., 1977, Heft 9, S. 43-53, hier S. 45; Groll, Karl-Heinz (2004): Das Kennzahlensystem zur Bilanzanalyse: Ergebniskennzahlen Aktienkennzahlen - Risikokennzahlen, 2. Aufl., München 2004, S. 14. Vgl. Buchner, Robert (1985), S. 36; Meyer, Claus (1994), S. 10; Baetge, Jörg (2004), S. 501. Vgl. Meyer, Claus (1994), S. 11; Baetge, Jörg (2004), S. 501; Groll, Karl-Heinz (2004), S. 14.

73

zwischen den Kennzahlen lassen sich auf Grund vieler Einflussfaktoren nur bedingt erkennen.404 Ordnungssysteme werden mit Hilfe eines Systematisierungsgesichtspunktes, z.B. nach der betrieblichen Funktion, ermittelt, bei denen nur die Elemente selbst und nicht deren Beziehungen quantifiziert werden.405

C. 2.1.2.1.2.

Quicktest

Das Ergebnis des Schnelltests (Quicktest) kann besonders bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen als erste Orientierung dienen.406 Hierbei werden mit Hilfe von vier aussagekräftigen Kennzahlen Erläuterungen zur wirtschaftlichen Lage abgegeben. Diese Kennzahlen sind nicht

404

405

406

Vgl. Meyer, Claus (1994), S. 11. Groll sieht keine Einschränkungen bei der Bestimmung von Kennzahlenbeziehungen: „Durch die Zerlegung werden die Kennzahlen analysiert; man erkennt, dass Beziehungen zwischen den Kennzahlen bestehen und welcher Art diese Beziehungen sind.“ Groll, Karl-Heinz (2004), S. 14. Vgl. Meyer, Claus (1994), S. 12; Baetge, Jörg (2004), S. 502. Die drei wichtigsten Kennzahlensysteme werden der Vollständigkeit halber kurz vorgestellt. a) Das bekannteste Kennzahlensystem ist das DuPont-System of Financial Control. Es wurde 1919 von dem amerikanischen Chemieunternehmen Du Pont de Nemours & Co. entwickelt. An dessen Kennzahlenpyramide steht der Return on Investment (RoI). Dessen ausnahmslos rechentechnisch verknüpften Elemente werden aufgespalten. Die schrittweise Analyse des RoI ermöglicht die Bestimmung der Haupteinflussfaktoren und der Schwachstellen eines Unternehmens sowie bei Bedarf die Steuerung entsprechender Gegenmaßnahmen. Für die Ermittlung von aussagensicheren Ergebnissen und Prognosewerten im Rahmen der Analyse und Kontrolle sind mindestens die Werte der letzten fünf Jahre zu berücksichtigen. Vgl. Staehle, Wolfgang H. (1969), S. 71; Buchner, Robert (1985), S. 39; Meyer, Claus (1994), S. 118-119; Botta, Volkmar (1997), S. 35; Perridon, Louis/ Steiner, Manfred (1999): Finanzwirtschaft der Unternehmung, 10. Aufl., München 1999, S. 555-557; Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001): Kennzahlen für Geschäftsführer: das Handbuch für Praktiker; Analyse-Methoden, Frühwarnsysteme, Aufdeckung von Gewinnpotenzialen, Unternehmensbewertung, Balanced scorecard, Fallbeispiele, 4. Aufl., Wien/Frankfurt am Main 2001, S. 190-191. b) Der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie e.V. (ZVEI) veröffentlichte 1970 das sehr detaillierte und umfangreiche ZVEI-Kennzahlensystem. Es besteht aus einer Wachstums- und einer Strukturanalyse. Die pyramidenförmige Ableitung der übrigen Kennzahlen von der Spitzenkennzahl der Eigenkapitalrendite gleicht trotz einiger Verbesserungen dem Aufbau des DuPontSystems. Das ZVEI-Kennzahlensystem setzt sich zum größten Teil aus Verhältniszahlen mit rechentechnischer Verknüpfung zusammen. Zusätzlich gibt es Hilfskennzahlen, die keine eigene Aussagefähigkeit besitzen. Der überwiegende Einbezug von Verhältniszahlen und die weitgehende Kennzahlendifferenzierung durch Formblätter vom ZVEI ermöglichen im Vergleich zum DuPontSystem eine bessere Darstellung von Ursache-Wirkung-Zusammenhängen. Problematisch ist, dass nach mehreren Stufen nicht mehr alle wechselseitigen Abhängigkeiten festgestellt werden können. Vgl. Buchner, Robert (1985), S. 42; Meyer, Claus (1994), S. 123-126; Botta, Volkmar (1997), S. 28; Perridon, Louis/Steiner, Manfred (1999), S. 557; Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001), S. 191-193; Reichmann, Thomas (2001), S. 30-31. c) Das Rentabilitäts-Liquiditäts-Kennzahlensystem (RL) wurde von Reichmann/Lachnit entwickelt. Es ist ein Ordnungssystem und setzt sich aus einem Rentabilitätsteil mit der zentralen Größe „Ordentliches Ergebnis“ und dem Liquiditätsteil mit der zentralen Größe „Liquide Mittel“ zusammen. Neben diesen beiden unabhängig voneinander stehenden Teilsystemen existiert ein modifiziertes RLBilanz-Kennzahlensystem. Hier gibt es keine Abhängigkeiten von rechentechnischen Beziehungen und es wird kein Gesamturteil über ein Unternehmen geliefert. Vgl. Botta, Volkmar (1997), S. 28; Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001), S. 193-195; Reichmann, Thomas (2001), S. 72-73; Baetge, Jörg (2004), S. 502-503. Die Anwendung von mehr als vier Kennzahlen hat den Vorteil, dass mögliche Fehlerquellen oder Ursachen für bestimmte Entwicklungen schneller erkannt werden. Die Grundaussage des Quicktests bleibt jedoch erhalten. Vgl. Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001), S. 75.

74

störanfällig und schöpfen das gesamte Informationspotenzial der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung maximal aus, da sie den zentralen Analysebereichen Finanzierung, Rentabilität, Erfolg und Liquidität entstammen.407

Ertragskraft

Finanzielle Stabilität

Bewertungsskala (Noten)408 Kennzahl Eigenkapitalquote in % (Kapitalkraft) Schuldentilgungsdauer in Jahren (Verschuldung)

Definition Eigenkapital / Gesamtkapital × 100

1 > 30

2 > 20

3 > 10

4 < 10

5 Negativ

Bereich Finanzierung

(Fremdkapital Flüssige Mittel) / Jahres Cash Flow × 100

< 3

< 5

< 12

> 12

> 30

Liquidität

Cash Flow in % zu Betriebsleistung (Finanzielle Leistungsfähigkeit) Gesamtkapitalrentabilität in % (Rendite)

Cash Flow409 / Betriebsleistung × 100

> 10

> 8

> 5

< 5

Negativ

Erfolg

(Betriebsergebnis + Fremdkapitalzinsen) / Bilanzsumme × 100

> 15

> 12

> 8

< 8

Negativ

Rentabilität

Tab. 3:

Kennzahlen und Beurteilungsskala des Schnelltests410

Die Benotung setzt sich aus zwei Teilurteilen zusammen. Der arithmetische Notendurchschnitt aus Eigenkapitalquote und Schuldentilgungsdauer betrachtet die finanzielle Stabilität, der aus Gesamtkapitalrentabilität und Cash Flow in Prozent zu Betriebsleistung (Cash Flow-Leistungsrate) die Ertragskraft. Die Gesamtnote ergibt sich als ungewichteter Notendurchschnitt aus allen vier Kennzahlen.411 Bei einer Anwendung über verschiedene Untersuchungszeiträume ist die Entwicklung der Quicktestnote ebenfalls zu berücksichtigen.412 Wenn die Quicktestnote steigt oder fällt … + 0,25 + 0,50 + 0,75 + 1,00 > + 1,00 - 0,25 - 0,50 - 0,75 - 1,00 < - 1,00

Tab. 4: 407 408

409

410 411 412

… spricht man von folgendem Trend Leicht günstig Recht günstig Günstig Sehr günstig Extrem günstig Leicht ungünstig Recht ungünstig Ungünstig Sehr ungünstig Extrem ungünstig

Beurteilungsskala des Quicktests für Kennzahlentrends

Vgl. Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001), S. 77-78. Die Bewertungsskala lautet 1 = „Sehr gut“, 2 = „Gut“, 3 = „Mittel“, 4 = „Schlecht“ und 5 = „Insolvenzgefährdet“. Definition von Cash Flow = Abschreibungen + Dotierung der Pensionsrückstellung + Gewinn (vor Einkommensteuer). Vgl. Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001), S. 77-78. Vgl. Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001), S. 78. Vgl. Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001), S. 83.

75

C. 2.1.2.1.3.

Saarbrücker Modell

Das Saarbrücker Modell413 ist eine Kombination aus qualitativer und quantitativer Analyse.414 Die Jahresabschlusspolitik des zu untersuchenden Unternehmens wird in die Einschätzung einbezogen, um bilanzpolitische Einflüsse auf die den Kennzahlen zu Grunde liegenden Jahresabschlussdaten zu vermindern. Die traditionelle quantitative Kennzahlenanalyse wird zur Identifizierung bilanzpolitischer Maßnahmen um eine qualitative Analyse des Anhangs erweitert. Im Rahmen der quantitativen Analyse werden vier Kennzahlen herangezogen (Tabelle 5). Eigenkapitalquote Korrigiertes Eigenkapital415 / Korrigiertes Gesamtkapital416 EKQ ” 0,0 0,0 < EKQ ” 8,0 8,0 < EKQ ” 15,0 15,0 < EKQ ” 22,0 22,0 < EKQ ” 28,0 28,0 < EKQ ” 37,0 37,0 < EKQ ” 45,0 45,0 < EKQ ” 55,0 55,0 < EKQ ” 70,0 70,0 < EKQ ” 85,0 EKQ > 85,0

Tab. 5:

Kennzahlen Return on Cash Flow zu Investment Umsatz Cash Flow418 / Korrigierter Jahresüberschuss417 / Nettoumsatzerlöse Korrigiertes Gesamtkapital RoI ” 0,0 CFU ” 0,0 0,0 < RoI ” 2,0 0,0 < CFU ” 4,0 2,0 < RoI ” 4,5 4,0 < CFU ” 6,5 4,5 < RoI ” 6,0 6,5 < CFU ” 8,5 6,0 < RoI ” 8,0 8,5 < CFU ” 10,5 8,0 < RoI ” 11,0 10,5 < CFU ” 13,0 11,0 < RoI ” 14,0 13,0 < CFU ” 17,0 14,0 < RoI ” 17,0 17,0 < CFU ” 21,0 17,0 < RoI ” 20,0 21,0 < CFU ” 30,0 20,0 < RoI ” 27,0 30,0 < CFU ” 48,0 RoI > 27,0 CFU > 48,0

Punkte Cash Flow zu Kapital Cash Flow / Korrigiertes Gesamtkapital

0,0 4,0 8,0 10,0 12,0 14,0 16,0 19,5 23,0

CFK ” < CFK ” < CFK ” < CFK ” < CFK ” < CFK ” < CFK ” < CFK ” < CFK ” < CFK ” CFK >

0,0 4,0 8,0 10,0 12,0 14,0 16,0 19,5 23,0 28,0 28,0

0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250

Kennzahlen und Beurteilungsskala des Saarbrücker Modells

Tabellenlegende: EKQ = Eigenkapitalquote RoI = Return on Investment CFU = Cash Flow zu Umsatz CFK = Cash Flow zu Kapital 413

414

415

416

417

418

Vgl. Kralicek, Peter/Böhmdorfer, Florian/Kralicek, Günther (2001), S. 235-236; Küting, Karlheinz/ Weber, Claus-Peter (2004), S. 414-429. Erstmals wurde dieses Verfahren im Jahr 1993 anhand von 150 Konzernabschlüssen in der Zeitschrift „Blick durch die Wirtschaft“ veröffentlicht. Definition von Korrigiertes Eigenkapital = Eigenkapital laut Bilanz - Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital + 60,00% des Sonderpostens mit Rücklageanteil - Dividendenausschüttung des Mutterunternehmens - Restbuchwerte aktivierter Geschäfts- oder Firmenwerte - Nicht gedeckte Pensionsverpflichtungen. Definition von Korrigiertes Gesamtkapital = Bilanzsumme - Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital + Erhaltene Anzahlungen, soweit offen von den Vorräten abgesetzt - Restbuchwert aktivierter Geschäfts- oder Firmenwerte. Definition von Korrigierter Jahresüberschuss = Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag + Fremdkapitalzinsen + Abschreibungen des Geschäftsjahres auf Geschäfts- oder Firmenwerte + Außerordentliche Aufwendungen - Außerordentliche Erträge. Definition von Cash Flow = Jahresüberschuss vor Steuern vom Einkommen und vom Ertrag + Abschreibungen des Geschäftsjahres - Zuschreibungen des Geschäftsjahres ± Veränderungen der Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen ± Veränderungen des Sonderpostens mit Rücklageanteil + Außerordentliche Aufwendungen - Außerordentliche Erträge.

76

Zunächst wird die Ertragsstärke des Unternehmens anhand der Kennzahlen ermittelt. Jedem Kennzahlenergebnis wird eine Punktzahl zwischen den Werten 0 und 250 zugeordnet.419 Die Gesamtpunktzahl beträgt somit maximal 1.000 Punkte und ergibt sich aus der Summe der Kennzahlenausprägungen ohne Gewichtung. Die Interpretation der Gesamtpunktzahl enthält die folgende Tabelle 6. Ausprägung der Gesamtpunktzahl Gesamtpunktzahl ” 250 250 < Gesamtpunktzahl ” 400 400 < Gesamtpunktzahl ” 600 600 < Gesamtpunktzahl ” 800 800 < Gesamtpunktzahl = 1.000

Tab. 6:

Ertragsstärkeklasse Außergewöhnlich ertragsschwach Unterdurchschnittlich ertragsstark Durchschnittlich ertragsstark Überdurchschnittlich ertragsstark Außergewöhnlich ertragsstark

Interpretation der Gesamtpunktzahl des Saarbrücker Modells

Im Rahmen der qualitativen Analyse des bilanzpolitischen Instrumentariums werden Hinweise auf die Bildung bzw. Auflösung stiller Reserven erkannt. Die deutsche Normbilanzierung dient als Vergleichsmaßstab.420 Festgestellte Abweichungen werden mit Hilfe einer Checkliste durch subjektiv gewichtete Kennzeichnungen in progressive und konservative bilanzpolitische Maßnahmen eingestuft. Die Anzahl der ermittelten Normabweichungen entscheidet über die Benotung. Es werden fünf Stufen unterschieden. Divergenzen liegen „Nie“, „Sehr selten“, „Selten“, „Oft“ bzw. „Sehr oft“ vor. Bei der Analyse des Verhaltens wird nach „Ausschließlich“, „Eindeutig überwiegend“, „Überwiegend“ oder „Nicht eindeutig“ progressivem bzw. konservativem Verhalten differenziert. Die semiotische Bilanzanalyse wird in drei Ebenen unterteilt. Auf der pragmatischen Ebene erfolgt die Analyse der Intensität, d.h. Grad und Umfang, der freiwilligen Berichterstattung. Bei der Bestimmung des Umfangs ist kritisch vorzugehen, indem stets die Beziehung der Informationen zur Jahresabschlusspolitik hinterfragt wird.421 Auf der syntaktischen Ebene wird der Bestimmtheitsgrad der Inhalte untersucht. Der Präzisionsgrad unterscheidet sich bei Punkt- oder Intervallaussagen sowie bei komparativen oder qualitativen Aussagen. Auch nicht zu klassifizierende Angaben sind zu berücksichtigen. Die semantische Ebene steht für die Analyse der Wortwahl. Hier wird der Bedeutungsinhalt bestimmter Wörter untersucht.422

419 420 421

422

Diese Zuordnung beruht auf langjährigen Erfahrungswerten. Ein Überblick der deutschen Normbilanzierung findet sich im Anhang 1. Erfolgt eine Nennung aller notwendigen Angaben, so muss dies kein schlechtes Zeichen sein. Gibt es über die Mindestangaben hinaus keine weiteren Informationen, ist zu vermuten, dass keine informelle Darstellung der wirtschaftlichen Lage durch die gesetzlichen Vertreter angestrebt ist. Bei freiwillig veröffentlichten Informationen kann meist von einer großen Realitätstreue ausgegangen werden. Einige Beispiele für eine Differenzierung zwischen negativen und positiven Äußerungen finden sich im Anhang 2.

77

C. 2.1.2.1.4.

RSW-Verfahren

Das RSW-Verfahren ist ein Scoring- oder Punktbewertungsmodell, das Aktiengesellschaften auf Grundlage veröffentlichter Konzernabschlüsse in den drei Bereichen Rendite, Sicherheit und Wachstum beurteilt.423 Die Analyse erfolgt aus Sicht des Aktionärs nach vier Branchengruppen und soll Anlageentscheidungen unterstützen. Die Einschätzung des Unternehmens basiert auf sechs Kennzahlen (Tabelle 7). Bereich Rendite

Kennzahl Eigenkapitalrendite Cash Flow-Rendite (branchenabhängig)

Sicherheit

Eigenkapitalquote

Liquiditätsquote (branchenabhängig)

Wachstum

Tab. 7:

Wachstumsrate Bilanzsumme Wachstumsrate Umsatz (branchenabhängig)

Vergleichsgruppe für Standardisierung Alle Unternehmen Industrie/Handel/Verkehr Verwaltungsgesellschaften Geschäftsbanken Hypothekenbanken Schaden- und Rückversicherer Lebensversicherer Industrie/Handel/Verkehr Verwaltungsgesellschaften Banken/Versicherungen Industrie/Handel/Verkehr Verwaltungsgesellschaften Geschäftsbanken Hypothekenbanken Schaden- und Rückversicherer Lebensversicherer Alle Unternehmen Industrie/Handel/Verkehr Verwaltungsgesellschaften Banken/Versicherungen

Gewicht 0,444 0,222

0,111

0,056

0,111 0,056

Darstellung und Interpretation des RSW-Modells424

Das Gesamturteil setzt sich aus den sechs Werten gemäß der durch die Verfahrensentwickler vorgegebenen Gewichtung zusammen. Es gibt die Abweichung des untersuchten Unternehmens vom Durchschnitt der sich in der Vergleichsgruppe befindenden Unternehmen wieder. Je höher das Gesamturteil ausfällt, desto besser ist die Einschätzung.

423

424

Im Jahr 1987 wurden erstmals 304 Aktiengesellschaften der Branchen Industrie, Handel und Verkehr analysiert. Seitdem wird diese Untersuchung jährlich durchgeführt und in der Zeitschrift „ManagerMagazin“ veröffentlicht. Eine Erweiterung der Analyse um die Aktienperformance an der Börse erfolgte 1994. Seit 1997 wurden alle deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften sämtlicher Branchen berücksichtigt. Ein Jahr darauf wurden die Aktiengesellschaften europaweit untersucht (Euro-Ranking), wobei die Ergebnisse der 500 größten Unternehmen publiziert werden. Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 388.

78

C. 2.1.2.1.5.

Kritische Würdigung der einfachen mathematisch-statistischen Verfahren

Die kritische Würdigung der Kennzahlen nimmt eine sehr wichtige Stellung bei den mathematisch-statistischen Verfahren ein, da alle Methoden mit Kennzahlen arbeiten. Folglich sind die nachstehenden Ausführungen zum großen Teil auch für die komplexen Ansätze relevant. Ob einige Probleme durch verschiedene Techniken gemindert oder sogar gelöst werden können, ist an entsprechender Stelle zu klären. Ein entscheidender Vorteil von Einzelkennzahlen ist, dass gute Ergebnisse ohne großen zeitlichen und arbeitstechnischen Aufwand möglich sind.425 Ferner sind spezielle außerbetriebliche Kenntnisse bezüglich der Kennzahlenauswertung mit computerbasierten Programmen nicht erforderlich. Die Bildung von Kennzahlen ist im Allgemeinen mit keinen großen Komplikationen verbunden. Sie sollte aber stets auf ausführlichen Überlegungen beruhen, damit eine sinnvolle Interpretation gewährleistet ist. Die Analyse von Einzelkennzahlen birgt ein großes Potenzial an Fehlinterpretationen.426 Das zu Grunde liegende Zahlenmaterial ist veraltet. Zum einen ist das Handelsrecht auf Grund der hohen Stellung des Vorsichtsprinzips grundsätzlich vergangenheitsorientiert,427 zum anderen ist der Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und Veröffentlichung des Jahresabschlusses zu beachten. Die Daten können richtig ermittelt worden sein, jedoch sind sie stichtagsbezogen, so dass kein aktuelles Bild des Unternehmens darstellbar ist.428 Ein Jahresabschluss enthält nicht alle für eine Unternehmensanalyse erforderlichen Informationen.429 Qualitative Sachverhalte wie die Qualität des Managements oder Hinweise über offene Kreditlinien werden dort nicht abgebildet, obwohl sie von entscheidender Bedeutung sein können.430 Sofern solche Sachverhalte vorliegen sollten, scheitert deren Berücksichtigung häufig an den erheblichen Schwierigkeiten der Quantifizierung.431 Nur mit Hilfe eines Vergleichsmaßstabes sind vor allem absolute Kennzahlen uneingeschränkt aussagefähig.432 Da sich in der Literatur keine Soll-Werte für Kennzahlen entwickelt haben,433 muss der Beurteiler diese subjektiv bestimmen. Verschiedene Soll-Werte führen zu unterschiedlichen Interpretationen.434 Bei Verhältniszahlen müssen die zu Grunde liegenden absoluten Kennzahlen bekannt sein, da sonst nicht ersichtlich ist, ob eine Änderung 425 426

427

428 429 430

431 432

433

434

Vgl. Groll, Karl-Heinz (2004), S. 13. Auf Konzernabschlüssen oder unterschiedlichen Rechnungslegungen basierende Schwierigkeiten wird hier nicht näher eingegangen. Nur wenige Sachverhalte, wie z.B. Rückstellungen und die Festlegung von Nutzungsdauern, berücksichtigen Zukunftsaspekte. Vgl. Gräfer, Horst (1997), S. 24; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 48. Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 48. Vgl. Quick, Reiner (1985): Die Verwendbarkeit von Jahresabschlussinformationen für die Bilanzanalyse. In: Betrieb und Wirtschaft, 48. Jg., 1995, S. 629-631, hier S. 629; Gräfer, Horst (1997), S. 24; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 49. Vgl. Littkemann, Jörn/Krehl, Harald (2000), S. 21; Reichmann, Thomas (2001), S. 22. Vgl. Gräfer, Horst (1997), S. 90; Littkemann, Jörn/Krehl, Harald (2000), S. 20; Reichmann, Thomas (2001), S. 22. Vgl. Rößler, Joachim (1988b): Krisendiagnose unter Verwendung prognostizierter Jahresabschlüsse. In: Hauschildt, Jürgen (Hrsg.), Krisendiagnose durch Bilanzanalyse, Köln 1988, S. 153-173, hier S. 155. Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 49.

79

oder Gleichheit des Ergebnisses auf Veränderungen im Zähler und/oder Nenner beruhen.435 Ferner müssen die Bilanzposten eindeutig definiert sein, um Fehlinterpretationen vorzubeugen.436 Das Datenmaterial wird durch das Ausnutzen von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten sowie stichtagsbezogenen Gestaltungen wie sale-and-lease-back-Transaktionen durch den Bilanzersteller manipuliert. Verschiedene sachverhaltsgestaltende Verhaltensweisen führen zu anderen Ansätzen von Bilanzposten. Durch die Aufbereitung des Datenmaterials muss der Versuch unternommen werden, die bilanzpolitischen Maßnahmen weitestgehend auszuschließen sowie die angewandte Bilanzpolitik in die Interpretation einzubinden.437 Ferner liegt eine vereinfachte Darstellung der Unternehmensentwicklung vor. Daten werden in Form von Kennzahlen verdichtet und zusammengefasst, so dass ein Verlust von Informationen nicht zu vermeiden ist.438 Einzelkennzahlen können nur kleine Teilbereiche eines Unternehmens berücksichtigen, so dass Zusammenhänge nicht erkannt werden oder einzelpostenbezogene Hinweise untergehen können. Das Bild des Unternehmens ist unvollständig.439 Der Vergleich von Ergebnissen einzelner Kennzahlen kann zu widersprüchlichen Interpretationen führen, die das Unternehmensbild zusätzlich verfälschen.440 Bei der Anwendung von Einzelkennzahlen sind ebenfalls der Wirtschaftlichkeits- und der Wesentlichkeitsgrundsatz zu beachten. Die Beschaffung und Aufbereitung des Datenmaterials sollte in angemessener Zeit durchführbar sein, so dass ein akzeptables Kosten-Nutzen-Verhältnis vorliegt. Dies hat vorzugsweise bei der Durchführung von Zeit- oder Betriebsvergleichen eine hohe Priorität. Der Wesentlichkeitsgrundsatz besagt, dass jede verwendete Kennzahl den Einblick in die Lage des Unternehmens zu verbessern hat. Bei Nichtberücksichtigung dieses Grundsatzes leiden die Qualität und die Übersichtlichkeit der Auswertung.441 Obwohl Kennzahlen mit vielen zum Teil auch gravierenden Nachteilen behaftet sind, können sie im Rahmen einer Unternehmensanalyse nicht ersetzt werden. Bei einer Kennzahlenanalyse ist es von größter Bedeutung, dass der Prüfer sich dieser Grenzen bewusst ist und seine Untersuchungsergebnisse darauf ausrichtet.442 Mit Hilfe von Kennzahlensystemen ist ein Abbild größerer Unternehmensteile möglich. Komplexere Sachverhalte können vor allem mit Rechensystemen dargestellt werden, so dass verschiedene quantitative Beziehungen zwischen vor- und nachgelagerten Kennzahlen bestimmbar sind. Die Untersuchung von Zusammenhängen wird dadurch unterstützt. Nachteilig wird bei Rechensystemen angesehen, dass zur Ermittlung der Hauptkennzahlen oft viele Hilfsgrößen benötigt werden, die keine Aussage besitzen. Eine fehlerhafte Identifizierung dieser Kennzahlen 435 436 437 438

439 440 441 442

Vgl. Staehle, Wolfgang H. (1969), S. 67; Groll, Karl-Heinz (2004), S. 12. Vgl. Quick, Reiner (1985), S. 631; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 50-51. Vgl. Quick, Reiner (1985), S. 630-631; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 49-50. Zusätzlich erschweren bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen die größenabhängigen Erleichterungen nach §§ 266 und 275 HGB die Analyse. Vgl. Quick, Reiner (1985), S. 630; Littkemann, Jörn/ Krehl, Harald (2000), S. 21. Vgl. Groll, Karl-Heinz (2004), S. 13; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 50. Vgl. Staehle, Wolfgang H. (1969), S. 66; Littkemann, Jörn/Krehl, Harald (2000), S. 21. Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 53. Vgl. Gräfer, Horst (1997), S. 25; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 53.

80

kann dennoch zu Verzerrungen von Analyseergebnissen führen. Die Stärken und Schwächen sind bei Rechen- und Ordnungssystemen entgegengesetzt. Als zusätzlicher Vorteil bei Ordnungssystemen wird deren große Flexibilität bei einer Veränderung des Informationserfordernisses angesehen. Dieser Vorzug wandelt sich in einen Nachteil um, wenn auf Grund des größeren Systemumfangs dem Grundsatz der Übersichtlichkeit nicht genüge getan wird.443 Beim Quicktest, dem Saarbrücker Modell und dem RSW-Verfahren ist positiv anzumerken, dass für diese Verfahren ausführliche Beurteilungs- und Interpretationsvorgaben vorliegen. Ob diese das Kriterium der Allgemeingültigkeit erfüllen, ist individuell zu überprüfen. Ursachen für Entwicklungstendenzen oder besondere Fehlerquellen können nur in einem geringen Umfang erkannt werden. Beim Saarbrücker Modell ist hervorzuheben, dass neben den quantitativen auch qualitative Sachverhalte berücksichtigt werden, so dass hier umfassendere Unternehmensinformationen der Analyse zu Grunde liegen als bei den bisher vorgestellten Verfahren. Sowohl Einzelkennzahlen und Kennzahlensysteme als auch die drei Kurzverfahren sind als alleiniger Ansatzpunkt für ein hinreichend sicheres Urteil über die zukünftige Unternehmensentwicklung nicht geeignet. Wie jedoch die Bezeichnung Schnelltest besagt, ist eine Anwendung als Vortest zweckmäßig, in dem eine erste Beurteilung des Unternehmens erfolgen soll. Auf Grund der geringen Anzahl der verwendeten Kennzahlen ist der zeitliche Aufwand begrenzt. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden dann die Basis für eine tiefergehende Analyse.

C. 2.1.2.2.

C. 2.1.2.2.1. C. 2.1.2.2.1.1.

Theoretische Grundlagen der komplexen mathematisch-statistischen Verfahren und deren kritische Würdigung Diskriminanzanalyse Das Verfahren der Diskriminanzanalyse

Zunächst wird das allgemeine Verfahren der Diskriminanzanalyse beschrieben, dem sich die Darstellung der Besonderheiten der univariaten und der multivariaten Diskriminanzanalyse sowie der Nearest-Neighbor-Methode anschließt.

443

Vgl. Groll, Karl-Heinz (2004), S. 17 und 19.

81

Verfahren der multivariaten Diskriminanzanalyse

verteilungsfreie (non-parametrische) Verfahren

verteilungsabhängige (parametrische) Verfahren

KendallVerfahren

quadratische Verfahren

LinhartVerfahren

lineare Verfahren

Nearest-NeighborVerfahren KernVerfahren

Abb. 2:

Arten der Diskriminanzanalyse444

Als mathematisch-statistisches Verfahren ordnet die Diskriminanzanalyse reale Daten anhand bestimmter Merkmale und einer vorab entwickelten Zuordnungsregel mehreren verschiedenen Gruppen zu.445 Den Ausgangspunkt bildet eine Grundgesamtheit von Daten, die mittels vorgegebener Kriterien den Gruppen zugeteilt wird.446 Aus dieser Grundgesamtheit werden zwei Stichproben gebildet: eine Test- und eine Validierungsstichprobe.447 Die Teststichprobe enthält die zur Ermittlung der Diskriminanzfunktion erforderlichen Informationen. Diese Funktion wird mit Hilfe der Elemente der Validierungsstichprobe auf ihre Klassifikationsfähigkeit überprüft. Im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken bzw. der Insolvenzprognose besteht die Datengrundgesamtheit aus Jahresabschlüssen von Unternehmen, die z.B. anhand des Kriteriums Insolvenz in zwei Gruppen aufgeteilt werden: insolvent und solvent. Die Unternehmen werden in einem vorher bestimmten Verhältnis zufällig und meist gleichmäßig hinsichtlich der Gruppen den beiden Stichproben zugeordnet. Zusätzlich hat eine auf theoretischen und sachlogischen Überlegungen basierende Auswahl von Kennzahlen zu erfolgen, für die eine gute Trennfähigkeit zwischen den beiden Gruppen erwartet wird. Auf Grundlage der Jahresabschlussdaten der Unternehmen der Teststichprobe werden Kennzahlenkombinationen ermittelt, die zu einer Diskriminanzfunktion zusammengefasst werden. Anhand dieser Zuordnungsregel werden die Unternehmen der 444 445

446 447

Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 353 Vgl. Hüls, Dagmar (1995): Früherkennung insolvenzgefährdeter Unternehmen, Düsseldorf 1995, S. 19-20. Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 347. Vgl. Born, Karl (2001), S. 432; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 347.

82

Teststichprobe möglichst fehlerfrei auf die beiden gebildeten Gruppen aufgeteilt. Die für die Teststichprobenelemente ermittelten Kennzahlenwerte sind so in der Funktion abzubilden, dass ein optimaler Trennwert (Cut-off-Wert) bestimmt werden kann, der Fehlklassifikationen minimiert.448 Liegt der Kennzahlenwert eines Unternehmens oberhalb des Trennwertes, wird das Unternehmen der einen, liegt er unterhalb des Grenzwertes, der anderen Gruppe zugeordnet. Diese Festlegung des Cut-off-Wertes erfolgt üblicherweise durch Ausprobieren, so dass eine große Anzahl von Diskriminanzfunktionen und damit Kennzahlenkombinationen durchgespielt werden muss.449 Die Daten der Validierungsstichprobe werden ausschließlich zur Überprüfung der ermittelten Diskriminanzfunktion herangezogen, indem die endgültige Zuordnungsregel auf die unbekannten Informationen der Validierungsstichprobe angewendet wird. Die ermittelte Qualität der Klassifikationsleistung wird an den Fehlerraten bestimmt.450 Bei der Diskriminanzanalyse sowie anderen Klassifikationsverfahren wird zwischen zwei Fehlerarten unterschieden. Am Beispiel der Insolvenz bedeutet dies, dass bei einem Fehler 1. Art (Į-Fehler) ein tatsächlich insolventes Unternehmen fälschlicherweise als solvent, bei einem Fehler 2. Art (ȕ-Fehler) ein tatsächlich solventes Unternehmen irrtümlich als insolvent klassifiziert wird.451 Ein Fehler 1. Art kann für den Prüfer schwerwiegendere Folgen haben als ein Fehler 2. Art. Tatsächlich insolvente Unternehmen, die durch den Prüfer eine solvente Unternehmenslage bescheinigt bekommen, können zum einen als Mandat wegfallen und so Prüfungseinnahmen reduzieren. Gleichzeitig ist das vom Prüfer abgegebene Urteil Entscheidungsgrundlage für Außenstehende wie Aktionäre, Lieferanten, Kunden oder Banken. Sollten diese auf Basis des Prüfungsurteils wesentliche Investitionen tätigen bzw. dem Unternehmen bedeutendere Kreditvolumina als geplant zur Verfügung stellen, sind Schadenersatzansprüche gegen den Prüfer denkbar, sofern das Unternehmen insolvent wird. Des Weiteren ist mit einem enormen Reputationsverlust zu rechnen, der Auswirkungen auf die Akquisition neuer Mandate bzw. auf bestehende Mandatsbeziehungen haben kann.452

448

449 450 451

452

Vgl. Buchner, Robert (1985), S. 358; Feidicker, Markus (1992): Kreditwürdigkeitsprüfung -Entwicklung eines Bonitätsindikators, dargestellt am Beispiel von Kreditversicherungsunternehmen-, Düsseldorf 1992, S. 151-153. Vgl. Hüls, Dagmar (1995), S. 23. Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 348. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1988): Die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens mit Hilfe der statistischen Jahresabschlussanalyse. In: Lücke, Wolfgang (Hrsg.), Betriebswirtschaftliche Steuerungs- und Kontrollprobleme: wissenschaftliche Tagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. an der Universität Göttingen 1987, Wiesbaden 1988, S. 19-31, hier S. 25; Hüls, Dagmar (1995), S. 23; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 349. Vgl. Carcello, Joseph V./Palmrose, Zoe-Vonna (1994): Auditor litigation and modified reporting on bankrupt clients. In: Journal of Accounting Research, Vol. 32, Supplement 1994, S. 1-30, hier, S. 3; Geiger, Marshall A./Raghunandan, Kannan/Rama, Dasaratha V. (1998): A note on going-concern modified audit reports and subsequent bankruptcies before and after SAS No. 59. In: Accounting Enquiries, Vol. 8, No. 1, August 1998, S. 1-34, hier S. 3-4.

83

C. 2.1.2.2.1.2.

Univariate Diskriminanzanalyse

Das Verfahren der univariaten Diskriminanzanalyse bedient sich einer einzelnen Kennzahl, die anhand der aus den Jahresabschlüssen vorliegenden Informationen errechnet wird. Durch Austesten wird der Kennzahlenwert festgelegt, der die Zahl der falsch klassifizierten Unternehmen minimiert. Die Diskriminanzfunktion besteht somit nur aus einer Kennzahl, deren Ergebnis dem Diskriminanzwert entspricht. Diese Methode ist nicht mit der Anwendung von Einzelkennzahlen zu verwechseln. Im Rahmen der statistischen Analyse werden nur Größen eines Unternehmens zum gleichen Zeitpunkt oder Zeitraum ohne Vergleichsmaßstäbe betrachtet. Es wird zwischen mehrperiodigen Zeitvergleichen, Soll-Ist-Vergleichen und zwischenbetrieblichen Vergleichen unterschieden, wobei eine Kombination der Auswertungsmethoden möglich ist. Hier erfolgt weder eine Klassifizierung von Elementen noch eine Überprüfung der Trenneigenschaft der Kennzahl. Die univariate Diskriminanzanalyse ist als eines der ersten Verfahren im Rahmen der Insolvenzprognose zur Anwendung gekommen. Sie wurde aber auf Grund ihrer oft hohen Fehlklassifikationsraten und den zuweilen aufgetretenen unplausiblen Ergebnissen bei wiederholter Durchführung kritisiert.453 Schwierigkeiten bei der Interpretation der Klassifizierung entstanden, wenn ein Unternehmen auf Grund der Kennzahl A als insolvent auf Grund der Kennzahl B jedoch als solvent eingeordnet werden musste.454 Diesen beiden Hauptkritikpunkten kann mit Hilfe einer Art Mehrheitsentscheid oder mit der Bildung eines Risikoindexes entgegengewirkt werden. Aber auch diese Verfahren müssen sich Vorwürfen stellen, da beim Mehrheitsentscheid die Trenneigenschaft missachtet wird und beim Risikoindex eine subjektive Kennzahlengewichtung einfließt.455 Ungeachtet der erheblichen Einwände gegen die univariate Diskriminanzanalyse hat sie eine Basis für die Insolvenzforschung geschaffen, die stetig weiterentwickelt worden ist und wird. Da eine Insolvenz in den seltensten Fällen auf nur einen Unternehmensfaktor zurückzuführen war, wurden Untersuchungen mit mehreren miteinander mathematisch verknüpften Kennzahlen durchgeführt, um verschiedene Sachverhalte und deren Beziehungen darstellen zu können. Hieraus entwickelte sich die multivariate Diskriminanzanalyse.456

C. 2.1.2.2.1.3.

Multivariate Diskriminanzanalyse

Die multivariate Diskriminanzanalyse ist an mehrere Voraussetzungen geknüpft, die mittels statistischer Verfahren während der Analyse zu untersuchen sind. Die Kennzahlen müssen normalverteilt, trennfähig und unabhängig sein sowie gleiche Varianz-Kovarianz-Matrizen auf453

454

455 456

Vgl. Rehkugler, Heinz/Poddig, Thorsten (1998): Bilanzanalyse, 4. Aufl., München 1998, S. 323; Zopounidis, Constantin/Dimitras, Augustinos I. (1998): Multicriteria decision aid methods for the prediction of business failure, Boston 1998, S. 8. Vgl. Rehkugler, Heinz/Poddig, Thorsten (1998), S. 323; Zopounidis, Constantin/Dimitras, Augustinos I. (1998), S. 8. Vgl. Rehkugler, Heinz/Poddig, Thorsten (1998), S. 323. Vgl. Zopounidis, Constantin/Dimitras, Augustinos I. (1998), S. 8.

84

weisen.457 Ziel dieses Ansatzes ist es, mehrere Kennzahlen so in einer gewichteten Summe zusammenzufassen, dass alle Unternehmen möglichst fehlerfrei den beiden Gruppen insolvent oder solvent zugeordnet werden können.458 Die Klassifikation erfolgt somit nicht anhand einer Einzelkennzahl wie bei der univariaten Diskriminanzanalyse sondern mittels einer Kennzahlenkombination, die sich in einer allgemeinen Diskriminanzfunktion darstellen lässt:459 Y = b0 + b1 X1 + b2 X2 + … + bJ XJ Mit

Y

= Diskriminanzwert

Xj

= Merkmalsvariable j (j = 1, 2, … J)

bj

= Diskriminanzkoeffizient für Merkmalsvariable j

b0

= Konstantes Glied

Jede Kennzahl wird mit ihrem Diskriminanzkoeffizienten multipliziert. Die Summe aus diesem Produkt und dem konstanten Glied ergibt den Diskriminanzwert. Die gebildeten Gruppen lassen sich durch ihren mittleren Diskriminanzwert aus verschiedenen Durchgängen beschreiben. Der Cut-off-Wert liegt zwischen den beiden Ergebnissen. Je größer der Abstand zwischen den beiden Gruppendiskriminanzwerten ist, desto genauer fällt eine Trennung aus. Sofern die Elemente der Gruppen große Streuungen aufweisen, wird die Standardabweichung ermittelt. Anwendungsvoraussetzungen dafür sind die Verwendung von nur zwei Gruppen und eine annähernd gleiche Streuung für beide Gruppen. Diese Prämissen können durch die Nutzung der Streuung zwischen den Gruppen im Verhältnis der Streuung in den Gruppen aufgehoben werden. Die Streuung zwischen den Gruppen wird durch die quadrierten Abweichungen der Gruppendiskriminanzwerte vom Gesamtmittel gemessen, die Streuung in den Gruppen wird durch die quadrierte Abweichung der Gruppenelemente vom jeweiligen Gruppenmittelpunkt bestimmt. Die Streuung zwischen den Gruppen wird auch als erklärte Streuung, die Streuung in den Gruppen als nicht erklärte Streuung bezeichnet. Das Diskriminanzkriterium als Maß für die Unterschiedlichkeit zwischen den Gruppenmittelwerten lässt sich damit auch als Verhältnis von erklärter zu nicht erklärter Streuung interpretieren. Durch Ausprobieren der Koeffizienten werden unterschiedliche Gruppenzusammensetzungen und somit verschiedene Streuungen ermittelt, die zu anderen Diskriminanzkriterien führen. Die endgültige Diskriminanzfunktion wird auf Basis des maximalen Diskriminanzkriteriums ermittelt und mit Hilfe der Validierungs-

457

458

459

Vgl. Mutchler, Jane F. (1985): A multivariate analysis of the auditor’s going-concern opinion decision. In: Journal of Accounting Research, Vol. 23, No. 2, Autumn 1985, S. 668-682, hier S. 676; Gebhardt, Günther (1980): Insolvenzprognosen aus aktienrechtlichen Jahresabschlüssen: eine Beurteilung der Reform der Rechnungslegung durch das Aktiengesetz 1965 aus der Sicht unternehmensexterner Adressaten, Wiesbaden 1980, S. 243; Erxleben, Karsten/Baetge, Jörg/Feidicker, Markus/ Koch, Heidi/Krause, Clemens/Mertens, Peter (1996): Klassifikation von Unternehmen - ein Vergleich von Neuronalen Netzen und Diskriminanzanalyse. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 62. Jg., 1992, S. 1237-1262, hier S. 1238. Vgl. Niehaus, Hans-Jürgen (1987): Die Informationsgewinnung für die Frühwarnfunktion des Abschlussprüfers durch die Jahresabschlussanalyse mit mathematisch-statistischen Verfahren, Düsseldorf 1987, S. 86. Vgl. Backhaus, Klaus/Erichson, Bernd/Plinke, Wulff/Weiber, Rolf (2003): Multivariate Analysemethoden: Eine anwendungsorientierte Einführung, 10. Aufl., Berlin 2003, S. 161.

85

stichprobe überprüft, wobei die Elemente möglichst fehlerfrei klassifiziert werden.460 Eine Diskriminanzfunktion bedarf einer ständigen Überprüfung, um eine unverzichtbare Anpassung an mögliche neue Gegebenheiten durchführen zu können.461

C. 2.1.2.2.1.4.

Nearest-Neighbor-Verfahren

Das Nearest-Neighbor-Verfahren ist ein verteilungsfreies Verfahren der Diskriminanzanalyse. Die Informationen des zu untersuchenden Objekts werden hier ebenfalls mit anderen Datensätzen verglichen. Die Datenbasis enthält Jahresabschlüsse verschiedener Unternehmen aus mehreren aufeinander folgenden Jahren, so dass die Unternehmensentwicklung für den Untersuchungszeitraum bekannt ist. Die Klassifikation erfolgt nach der Ermittlung des ähnlichsten Vergleichsfalls. Das Unternehmen aus der Grundgesamtheit, das mit dem zu analysierenden Objekt die größten Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Informationen aufweist, wird als Vergleichsunternehmen bestimmt. Voraussetzung für die Verfahrensanwendung ist, dass sich das zu klassifizierende Unternehmen genauso entwickelt wie sein Vergleichsunternehmen. Konnte letzteres für den zu prüfenden Zeitraum eine positive Entwicklung aufweisen, so wird dies auf das zu bewertende Unternehmen übertragen.462

C. 2.1.2.2.1.5.

Kritische Würdigung der Diskriminanzanalyse

Bei der univariaten Diskriminanzanalyse werden nur Ausschnitte des Jahresabschlusses berücksichtigt, so dass das Informationspotenzial unvollständig ausgeschöpft wird. Komplexe Sachverhalte wie eine Insolvenz können in der Regel nicht mit Hilfe einer Einzelkennzahl abgebildet werden. Fehlentscheidungen sind dann möglich. Bei der Verwendung von mehreren Kennzahlen werden bestehende Interdependenzen sowie deren positive oder negative Auswirkungen nicht berücksichtigt. Mehrere Einzelkennzahlen können, wie bereits bei der kritischen Würdigung der einfachen mathematisch-statistischen Verfahren beschrieben, zu gegensätzlichen Entscheidungen führen. Das Bilden eines Gesamturteils ist dann problembehaftet.463 Die Anwendung der multivariaten Diskriminanzanalyse ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft, die selten erfüllt sind. Hierzu zählen u.a. die Normalverteilung der Variablen sowie gleiche Kovarianz-Matrizen, d.h. die zu vergleichenden Gruppen weisen die gleiche Streuung

460 461

462

463

In Anlehnung an Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 155-199. Anpassungsgründe dafür können u.a. die Verletzung der theoretischen Datenvoraussetzungen, mögliche Gesetzesänderungen und Veränderungen von ökonomischen Rahmenbedingungen sein. Vgl. Tam, Kar Yan/Kiang, Melody Y. (1996): Predicting bank failures: a neural network approach. In: Trippi, Robert R./Turban, Efraim (Hrsg.), Neural networks in finance and investing: using artificial intelligence to improve real-world performance, New York 1996, S. 267-301, hier S. 271; Füser, Carsten (2001): Intelligentes Scoring und Rating: moderne Verfahren zur Kreditwürdigkeitsprüfung, Wiesbaden 2001, S. 65; Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 353. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 242; Wehrheim, Michael/Schmitz, Thorsten (2001), S. 58.

86

der Werte um den Erwartungswert auf.464 Fehlerhafte und unvollständige Daten können bei der Diskriminanzanalyse Ergebnisverzerrungen bewirken, da das Verfahren dagegen nicht robust ist. Es bestehen somit erhöhte Ansprüche an die Datenaufbereitung. Oft wird für jedes Jahr vor Eintritt der Insolvenz eine eigene Diskriminanzfunktion ermittelt.465 Eine solche Art der Insolvenzprognose ist fraglich. Ein Analyst müsste das Jahr vor Eintritt der Insolvenz kennen, um die richtige Diskriminanzfunktion anwenden zu können. Sofern er dies jedoch weiß, ist eine weitergehende Untersuchung überflüssig. Im Vergleich zu den künstlichen neuronalen Netzen ist die Verarbeitung von qualitativen Daten schwieriger. Positiv hervorzuheben ist das leichte Ablesen von Ergebnissen anhand der Diskriminanzkoeffizienten.466 Beim Nearest-Neighbor-Verfahren ist insbesondere die Anwendungsvoraussetzung zu kritisieren. Nur weil zwei Unternehmen ähnliche Sachverhalte und Symptome aufweisen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich beide Unternehmen auch gleich entwickeln. Der Fortbestand eines Unternehmens ist durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die in anderer Kombination, Ausprägung oder zeitlichen Verzögerungen zu unterschiedlichen Entwicklungen führen können. Ferner ist die zu Grunde liegende Gesetzmäßigkeit fraglich, nach der die Entwicklung eines Unternehmens auf ein anderes zu einem späteren Zeitpunkt projiziert wird. In verschiedenen Jahren können z.B. geänderte gesetzliche oder politische Rahmenbedingungen vorliegen, die unterschiedliche Wirkungen auf die Unternehmensfortführung haben können.

C. 2.1.2.2.2. C. 2.1.2.2.2.1.

Künstliches neuronales Netz Das Verfahren des künstlichen neuronalen Netzes

Analog zur Informationsübermittlung und Informationsspeicherung in einem biologischen System von Nervenzellen sind künstliche neuronale Netze Systeme zur Informationsverarbeitung. Sie bestehen aus einer Vielzahl von einfachen Zellen, sog. Neuronen. Diese übermitteln und speichern Daten durch das Aktivieren von Zellen und von Verbindungen.467 Künst-

464

465 466

467

Vgl. Sung, Tae Kyung/Chang, Namsik/Lee, Gunhee (1999): Dynamics of modeling in data mining: interpretive approach to bankruptcy prediction. In: Journal of Management Information Systems, Vol. 16, No. 1, Summer 1999, S. 63-85, hier S. 69; Wehrheim, Michael/Schmitz, Thorsten (2001), S. 59. Die Nichterfüllung der Gleichheit der Varianz-Kovarianz-Matrizen kann durch die Anwendung einer quadratischen Diskriminanzfunktion kompensiert werden. Jedoch wurden mit diesen Funktionen meist schlechtere Klassifikationsergebnisse erzielt als mit linearen Funktionen, so dass von einer Anwendung abgeraten wird. Vgl. Altman, Edward I./Haldeman, Robert G./Narayanan, Paul (1977): ZETATM ANALYSIS: a new model to identify bankruptcy risk of corporations. In: Journal of Banking and Finance, Vol. 1, 1977, S. 29-54, hier S. 31; Gebhardt, Günther (1980), S. 268. Vgl. u.a. Beermann, Klaus (1976) und Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000). Lineare Diskriminanzfunktionen mit fünf oder mehr Variablen können nicht immer sinnvoll interpretiert werden. Vgl. Weinrich, Günter (1978): Kreditwürdigkeitsprognosen - Steuerung des Kreditgeschäfts durch Risikoklassen, Wiesbaden 1978, S. 122-123 und 126-127 sowie Gebhardt, Günther (1980), S. 268. Vgl. Zell, Andreas (1994): Simulation neuronaler Netze, Bonn 1994, S. 23; Wehrheim, Michael/ Schmitz, Thorsten (2001): Jahresabschlussanalyse, Stuttgart 2001, S. 62.

87

liche neuronale Netze finden auf vielen Gebieten Anwendung,468 so dass eine allgemeingültige Definition derselben nicht existiert.469 Sie können u.a. Klassifikationsaufgaben wahrnehmen, bei denen Objekte einer begrenzten Klassenanzahl zugeordnet werden,470 so dass innerhalb einer Klasse eine möglichst große Homogenität, zwischen den Klassen jedoch eine Heterogenität vorherrscht.471 Als typische Klassifikationsprobleme werden u.a. die Bilanzanalyse sowie die Insolvenzprognose im Rahmen einer Kreditwürdigkeitsprüfung genannt.472 Die Abbildung 3 zeigt den Aufbau eines künstlichen neuronalen Netzes. Es setzt sich in Anlehnung an biologisch neuronale Netze aus miteinander verbundenen Neuronen zusammen, die sich in mehreren Schichten befinden.473 Im Allgemeinen nehmen die Neuronen der Eingabeschicht (Input Layer) die Werte der Merkmale auf, hier Kennzahlen, und leiten diese an die Neuronen in den nachfolgend versteckten Schichten (Hidden Layer) weiter.474 Dort werden sie verarbeitet und abschließend an die Neuronen der Ausgabeschicht (Output Layer) weitergegeben.475

468

469

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472

473 474

475

Künstliche neuronale Netze werden u.a. in der Medizin, der Physik, der Mathematik, der Informatik und der Biologie eingesetzt. Vgl. Zell, Andreas (1994), S. 24. Für Ausführungen zu betriebswirtschaftlichen Sachverhalten vgl. u.a Corsten, Hans/May, Constantin (Hrsg.) (1996a): Neuronale Netze in der Betriebswirtschaft: Anwendung in Prognose, Klassifikation und Optimierung, Wiesbaden 1996; Scherer, Andreas (1997): Neuronale Netze: Grundlagen und Anwendungen, Braunschweig 1997, S. 223-233; Lackes, Richard/Mack, Dagmar (2000): Neuronale Netze in der Unternehmensplanung: Grundlagen, Entscheidungsunterstützung, Projektierung, München 2000, S. 191-253. Vgl. Krause, Clemens (1993): Kreditwürdigkeitsprüfung mit Neuronalen Netzen, Düsseldorf 1993, S. 35; Wittkemper, Hans-Georg (1994): Neuronale Netze als Hilfsmittel zur Rendite- und Risikoeinschätzung von Aktien, Köln 1994, S. 5. Zahedi, Fatemeh (1993): Intelligent Systems for Business: Expert Systems with Neural Networks, Belmont 1993, S. 30. Künstliche neuronale Netze haben zwei weitere Aufgaben. Prognoseaufgaben beinhalten Sachverhalte, bei denen Vergangenheitsdaten in Zukunftswerte generiert werden (z.B. Kursprognose von Wertpapieren und Devisen, Absatz- und Kostenprognosen). Optimierungsaufgaben können ebenfalls gelöst werden. Hier werden für einen funktional beschreibbaren Zusammenhang ein Minimal- oder Maximalwert gesucht, indem ohne Vorgabe eines Lösungsweges die optimale Lösung oder ein Näherungswert gefunden werden müssen (z.B. Reihenfolgeplanung, Transportoptimierung). Vgl. Corsten, Hans/May, Constantin (1996b): Anwendungsfelder Neuronaler Netze und ihre Umsetzung. In: Corsten, Hans/May, Constantin (Hrsg.): Neuronale Netze in der Betriebswirtschaft: Anwendung in Prognose, Klassifikation und Optimierung, Wiesbaden 1996, S. 1-13, hier S. 3. Vgl. Kammerer, Stephan C. (1999): Rating von Volkswirtschaften mit künstlich-neuronalen Netzen, Wiesbaden 1999, S. 87. Vgl. Corsten, Hans/May, Constantin (1996b), S. 3; Jafar-Shaghaghi, Fariba (1996): Maschinelles Lernen, Neuronale Netze und Statistische Lernverfahren zur Klassifikation und Prognose: Theoretische Analyse und ökonomische Anwendung, Aachen 1996, S. 202. Vgl. Baetge, Jörg (2004), S. 553. Die Anzahl der Hidden Layer ist nicht vorgeschrieben. Krause und Glormann haben in ihren Untersuchungen nur eine verborgene Schicht verwendet. Krause hat jedoch darauf hingewiesen, dass komplexere Probleme mit Netzen, die aus mehreren verborgenen Schichten bestehen, effizienter gelöst werden können. Vgl. Krause, Clemens (1993), S. 140; Glormann, Frank (2001): Bilanzrating von US-GAAP Abschlüssen, Düsseldorf 2001, S. 206. „Die Anzahl der verborgenen Schichten mit einer Vielzahl an Knoten ist bei komplexen Netzen beliebig.“ Leker, Jens (1994): Beurteilung von Ausfallrisiken im Firmenkundengeschäft. In: Bank-Archiv, 42. Jg., 1994, S. 599-609, hier S. 605. Vgl. Krause, Clemens (1993), S. 140; Wehrheim, Michael/Schmitz, Thorsten (2001), S. 61; Baetge, Jörg (2004), S. 553.

88

Ausgabeschicht (Output Layer)

6

Verdeckte Schicht (Hidden Layer)

Eingabeschicht (Input Layer)

Abb. 3:

4

1

5

2

3

Aufbau eines künstlichen neuronalen Netzes476

Eine wesentliche Eigenschaft der künstlichen neuronalen Netze ist deren Generalisierungsfähigkeit. Klassifikationsprobleme werden ohne explizite Programmierung selbstständig aus Trainingsbeispielen erlernt.477 Die am besten geeignete Methode zur Lösung von Klassifikationsproblemen ist der Backpropagation-Algorithmus (Fehlerrückführungs-Methode).478 Hier erfolgt zuerst die Eingabe der Merkmale in das künstliche neuronale Netz, das die ermittelten Ergebnisse mit den gewünschten Zuständen, hier solvent oder insolvent, gegenüberstellt.479 Anschließend werden beginnend mit dem Output Layer die Verbindungsgewichte der verschiedenen Schichten rückwärtsgerichtet so angeglichen, dass die Differenz zwischen dem ermittelten und dem tatsächlichen Ausgabewert minimiert wird.480 Bei künstlichen neuronalen Netzen werden die zur Verfügung stehenden Daten drei Stichproben zugeordnet: Lern-, Test- und Validierungsstichprobe.481 In der Lernstichprobe wird anhand der ermittelten Merkmale für die solventen bzw. insolventen Objekte eine möglichst genaue Klassi476 477

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480

481

In Anlehnung an Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 741. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990): A neural network model for bankruptcy prediction. In: Proceedings of the International Joint Conference Neural Networks, Vol. 2, San Diego 1990, S. 163-168, hier S. 163; Zell, Andreas (1994), S. 23; Baetge, Jörg/Hüls, Dagmar/Uthoff, Carsten (1996): Früherkennung der Unternehmenskrise. In: Corsten, Hans/May, Constantin (Hrsg.), Neuronale Netze in der Betriebswirtschaft: Anwendung in Prognose, Klassifikation und Optimierung, Wiesbaden 1996, S. 151-168, hier S. 152. Vgl. Nauck, Detlef/Klawonn, Frank/Kruse, Rudolf (1996): Neuronale Netze und Fuzzy-Systeme, Grundlagen des Konnektionismus, Neuronaler Fuzzy-Systeme und der Kopplung mit wissensbasierten Methoden, 2. Aufl., Wiesbaden 1996, S. 17; Kammerer, Stephan C. (1999), S. 88. Dittmar/Steiner sprechen fälschlicherweise von Backprogatation-Netzen. Dittmar, Thomas/Steiner, Manfred (2000): Quantitative Verfahren zur Unternehmensklassifikation: eine vergleichende Analyse. In: Johanning, Lutz/Rudolph, Bernd (Hrsg.), Handbuch Risikomanagement, Bd. 1, Risikomanagement für Markt-, Kredit- und operative Risiken, Bad Soden im Taunus 2000, S. 433-457, hier S. 449. Vgl. Baetge, Jörg/Manolopoulos, Peter Rüdiger (1999): Bilanz-Ratings zur Beurteilung der Unternehmensbonität - Entwicklung und Einsatz des BBR Baetge-Bilanz-Rating® im Rahmen des Benchmarking. In: Die Unternehmung, 53. Jg. (1999), S. 351-371, hier S. 354-355; Baetge, Jörg (2004), S. 555. Vgl. Nauck, Detlef/Klawonn, Frank/Kruse, Rudolf (1996), S. 74; Rojas, Raúl (1996): Theorie der neuronalen Netze, Berlin 1996, S. 164; Baetge, Jörg (2004), S. 555. Vgl. Krause, Clemens (1993), S. 124-125; Wehrheim, Michael/Schmitz, Thorsten (2001), S. 64; Baetge, Jörg (2004), S. 555-556. Bei der Diskriminanzanalyse wird das Datenmaterial nur in zwei Stichproben aufgeteilt. Siehe Kapitel C. 2.1.2.2.1.1.

89

fizierung der Unternehmen in beide Klassen vorgenommen.482 Mit Hilfe der Teststichprobe wird u.a. die optimale Zahl der Lernschritte festgelegt. Sobald die Klassifikationsfehler das bisher erreichte Minimum überschreiten, ist der Vorgang abzubrechen.483 Ferner dient die Testphase sowohl der Bestimmung von Netzparametern, wie Neuronenzahl oder Stärke der Verbindungsgewichte, als auch der Überprüfung des Einflusses der angewandten Variablen.484 Damit das Ergebnis die beste Merkmalskombination darstellt, werden Attribute mit einem geringen Einfluss auf die Klassifikationsleistung ausgetauscht. Informationen mit einem hohen und damit entscheidenden Einfluss werden weiter berücksichtigt (sog. Pruning).485 Die Validierungsstichprobe, deren Daten dem künstlichen neuronalen Netz bis jetzt noch nicht gezeigt wurden, dient wie bei der Diskriminanzanalyse zur Qualitätsüberprüfung der erlernten Zusammenhänge und steht für andere Aufgaben nicht zur Verfügung.486

C. 2.1.2.2.2.2.

Kritische Würdigung des künstlichen neuronalen Netzes

Künstliche neuronale Netze haben gegenüber der Diskriminanzanalyse und der Regressionsanalyse verschiedene Vorteile. Es bestehen keine expliziten Restriktionen für die zu berücksichtigenden Variablen.487 Ferner können eine größere Anzahl an Faktoren verarbeitet werden. Ergebnisverzerrungen bzw. -fehler sind auf Grund der Robustheit gegen verfälschte oder fehlende Daten fast vollständig ausgeschlossen. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Eigenschaft des Lernens. Wegen der hohen technischen und personellen Anforderungen bezüglich der Entwicklung und Durchführung des Verfahrens sind der Bekanntheitsgrad sowie die Akzeptanz in der Praxis deutlich geringer als bei der Diskriminanzanalyse. Der anfangs häufig genannte Nachteil 482 483

484

485

486

487

Zu den Fehlerarten siehe die Ausführungen im Kapitel C. 2.1.2.2.1.1. Vgl. Baetge, Jörg (2004), S. 555-556. Die vorzeitige Beendigung der Lernphase ist notwendig, wenn das Problem des Überlernens aufgetreten ist. Das künstliche neuronale Netz kann durch zu starkes Lernen seine Generalisierungsfähigkeit vermindern, im Extremfall sogar verlieren. Die Eigenschaften der Lernstichprobe werden dabei vollständig auswendig gelernt, so dass eine Anwendung des erworbenen Wissens auf fremde Datensätze insbesondere der Validierungsstichprobe keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefert. Vgl. Krause, Clemens (1993), S. 124-125; Altman, Edward I./ Marco, Giancarlo/Varetto, Franco (1994): Corporate distress diagnosis: Comparisons using linear discriminant analysis and neural networks (the italian experience). In: Journal of Banking and Finance, Vol. 18, 1994, S. 505-529, hier S. 515; Zimmermann, Hans-Georg (1994): Neuronale Netze als Entscheidungskalkül. In: Rehkugler, Heinz/Zimmermann, Hans-Georg (Hrsg.). Neuronale Netze in der Ökonomie: Grundlagen und finanzwirtschaftliche Anwendungen, München 1994, S. 1-87, hier S. 58-59; Scherer, Andreas (1997), S. 77; Dittmar, Thomas/Steiner, Manfred (2000), S. 449-450; Wehrheim, Michael/Schmitz, Thorsten (2001), S. 64. Vgl. Altman, Edward I./Marco, Giancarlo/Varetto, Franco (1994), S. 514; Baetge, Jörg/Kruse, Ariane/Uthoff, Carsten (1996): Bonitätsklassifikationen von Unternehmen mit Neuronalen Netzen. In: Wirtschaftsinformatik, Juni 1996, S. 273-281, hier S. 275-276. Vgl. Baetge, Jörg (2004), S. 557. Zu den verschiedenen Pruning-Verfahren vgl. u.a. Baetge, Jörg/ Hüls, Dagmar/Uthoff, Carsten (1996), S. 157-160; Wehrheim, Michael/Schmitz, Thorsten (2001), S. 62. Vgl. Burger, Anton/Buchhart, Anton (1998): Rating und Risikokosten im Kreditgeschäft. In: Die Bank, o. Jg., 1998, S. 409-411, hier S. 410; Wehrheim, Michael/Schmitz, Thorsten (2001), S. 64. „Die Klassifizierungsleistung […] des Netzes wird also an Daten gemessen, die nicht für die Entwicklung […] des Netzes benutzt wurden. Dies ist notwendig, da die Klassifikatoren bei der Anwendung ebenfalls unbekannte Daten klassifizieren sollen.“ Baetge, Jörg (2004), S. 558. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990), S. 163; Sung, Tae Kyung/Chang, Namsik/Lee, Gunhee (1999), S. 69.

90

der fehlenden Ursachenanalyse konnte z.B. beim eingestellten Baetge-Bilanz-Rating (BBR) durch die Sensitivitätsanalyse entkräftet werden. Der Black-Box-Charakter wurde ausgeschaltet, da Ergebnisveränderungen auf einzelne Faktoren zurückgeführt werden konnten.488

C. 2.1.2.2.3. C. 2.1.2.2.3.1.

Regressionsanalyse Das Verfahren der Regressionsanalyse

Mit Hilfe der Regressionsanalyse soll der funktionale Zusammenhang zwischen einer abhängigen Variablen und einer oder mehreren unabhängigen Variablen spezifiziert werden.489 Im Rahmen einer Insolvenzprognose wird dem Unternehmen ein empirischer Beobachtungswert anhand einer Skala zugeteilt.490 Die Festlegung der abhängigen und unabhängigen Variablen beruht auf einer Vermutung, die mit Hilfe von Experimenten auf ihre Plausibilität untersucht wird.491 Bei der Regressionsanalyse müssen die Variablen ein metrisches Skalenniveau haben.492 Die einfache lineare Regression mit nur einer erklärenden Variablen wird wie folgt abgebildet: y=a+b×x Mit

y = abhängige Variable x = erklärende Variable (z.B. bestimmte Kennzahl) a = konstantes Glied b = Regressionskoeffizient493

Die Funktion der Mehrfachregression lautet: y = a + b1 × x1 + … + bn × Xn

488 489 490 491 492 493

Vgl. Füser, Karsten (2001), S. 71. Vgl. Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 284. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 419. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 47. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 50. Vgl. Füser, Karsten (2001), S. 60; Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 46.

91

Abb. 4:

Lineare und nichtlineare Regressionsbeziehung494

Die Regressionskoeffizienten werden üblicherweise mit Hilfe der Kleinste-Quadrate-Methode geschätzt (Abbildung 5). Hierbei werden die Koeffizienten so bestimmt, dass die Summe der quadrierten Abweichungen der Beobachtungswerte von den zugehörigen Werten auf der Regressionsfunktion minimiert wird,495 d.h. es werden die am nächsten zur Regressionsgeraden liegenden Werte berücksichtigt. Dem Unternehmen soll direkt eine Insolvenzwahrscheinlichkeit zugeordnet werden. Dabei wird vorausgesetzt, dass die abhängige Variable, die Fähigkeit zur Unternehmensfortführung, nur zwei Ausprägungen annehmen kann: Annahme bzw. NichtAnnahme des Going Concern Prinzips. Es wird eine gewichtete Kombination von Kennzahlen gesucht, die die abhängige Variable bestmöglichst darstellt und die Fehlklassifikationen wie bei den übrigen Verfahren minimiert.496

494 495 496

In Anlehnung an Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 81. Vgl. Auer, Ludwig von (2005), S. 52-53. Vgl. Füser, Karsten (2001), S. 61.

92

Regressionsgerade

Abb. 5:

Kleinste-Quadrate-Methode497

Abb. 6:

Verlauf einer logistischen Funktion498

497 498

In Anlehnung an Auer, Ludwig von (2005): Ökonometrie, eine Einführung, Berlin 2005, S. 53. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 424.

93

Der Unterschied zwischen der Regressionsanalyse und der logistischen Regressionsanalyse besteht im Skalenniveau der Variablen. Bei der logistischen Regression weisen die abhängigen Variablen kein metrisches sondern ein nominales Skalenniveau auf.499 Die logistische Regression bestimmt die Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen sowie die Wahrscheinlichkeit beeinflussender Faktoren. Die einfachste Darstellung ist bei Annahme von Komplementärereignissen: P (y = 0) = 1 - P (y = 1).500 Die Wahrscheinlichkeitsverteilung ist in diesem Fall nicht linear sondern s-förmig (Abbildung 6).501

C. 2.1.2.2.3.2.

Kritische Würdigung der Regressionsanalyse

Eine Gegenüberstellung mit der Diskriminanzanalyse macht deutlich, dass die logistische Regressionsanalyse an weitaus weniger Anwendungsvoraussetzungen gebunden und damit wesentlich robuster ist. Die Prämissen der normalverteilten unabhängigen Variablen und die Gleichheit der Varianz-Kovarianz-Matrizen sind nicht erforderlich. Positiv ist hervorzuheben, dass mit Hilfe der Dummy-Variablen-Technik qualitative nominalskalierte Faktoren in binäre umgewandelt werden können. Deren Behandlung entspricht dann der bei den metrischen Variablen.502 Nachteilig ist, dass die Interpretation der Ergebnisse wegen des nicht linearen Zusammenhanges eingeschränkt ist. Der Regressionskoeffizient zeigt lediglich die Richtung des Einflusses an.503 Vom Wert des Koeffizienten kann nicht auf die Wichtigkeit der Variablen geschlossen werden. Ein Vergleich von Ergebnissen ist nur sinnvoll, wenn die Variablen in gleichen Einheiten gemessen werden.504 Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Auswahl der zu prüfenden Größe und der unabhängigen Variablen auf subjektiven Entscheidungen beruht.505

C. 2.1.2.2.4. C. 2.1.2.2.4.1.

Entscheidungsbaum Das Verfahren des Entscheidungsbaums

Entscheidungsbäume oder Klassifikationsbäume stellen aufeinander folgende, hierarchische Entscheidungen (Regeln) dar. Sie beginnen mit einem Stamm, an dessen Ende sich eine Verzweigung befindet. Von dieser gehen Äste ab, die mit Wahrscheinlichkeiten versehen sind. Jeder Endpunkt des Baumes ist durch einen eindeutigen Weg erreichbar. Die Äste bilden eine Serie von Fragen. Diese Serie ergibt ein Resultat, das durch eine Regel bestimmt ist. Die Serie ist eindeutig ablesbar, wenn man von der Wurzel den Ästen des Baumes bis zu einem

499 500 501 502 503 504 505

Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 418-419. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 418. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 426. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 50. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 433. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 61. Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 426; Marten, Kai-Uwe/Quick, Reiner/Ruhnke, Klaus (2003), S. 284.

94

bestimmten Blatt folgt, das das Resultat der Fragen darstellt.506 Entscheidungsbäume trennen Daten in mehrere Gruppen, die jeweils durch eine Regel mit mindestens einer Bedingung bestimmt werden. Entscheidungsbäume werden meist im Top-Down-Prinzip generiert.507 Nach jeder Verzweigung, d.h. bei jedem Schritt, wird das Merkmal gesucht, mit dem die Informationen am besten klassifiziert werden. Diese Variable wird zur Aufteilung der Angaben gebraucht, so dass man die verbliebenen noch nicht klassifizierten Daten in weiteren Schritten separat betrachten kann.508

C. 2.1.2.2.4.2.

Kritische Würdigung des Entscheidungsbaums

Entscheidungsbäume sind einfach, verständlich präsentierbar und schnell zu entwickeln. Die Größe von Klassifikationsbäumen kann sich negativ auswirken. Jede einzelne Regel ist zwar leicht abzulesen, jedoch ist der Gesamtüberblick häufig unübersichtlich. Mit Hilfe von PruningMethoden werden Bäume auf eine vernünftige Größe gebracht, indem u.a. die maximale Tiefe der Verzweigungen im Voraus beschränkt oder eine Mindestanzahl an zu klassifizierenden Objekten je Knoten vorgegeben wird.509 Vorteilhaft sind ihre gute Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit. Ergebnisse können auf Grund dessen leicht ausgewertet und Schlüsselmerkmale ohne großen Aufwand erkannt werden. Dies ist von entscheidender Bedeutung, wenn die zu Grunde liegende Datenqualität nicht bekannt ist. Ihre Nutzung setzt keine besonderen mathematischen oder computerbasierten Kenntnisse voraus, da Entscheidungsbäume in vielen Anwendungsprogrammen implementiert sind.510

506

507 508

509

510

Vgl. Quinlan, J. Ross (1986): Induction of decision trees. In: Machine Leasing, Vol. 1, No. 1, 1986, S. 81-106, hier S. 86; Quinlan, J. Ross (1999): Simplifying decision trees. In: International Journal of Human-Computer Studies, Vol. 51, 2005, S. 497-510, hier S. 503. Vgl. Quinlan, J. Ross (1986), S. 83. Vgl. Street, W. Nick (2005): Oblique multicategory decision trees using nonlinear programming. In: INFORMS Journal on Computing, Vol. 17, No. 1, Winter 2005, S. 25-31, hier S. 26. Vgl. Windeatt, Terry/Ardeshir, Gholamreza (2004): Decision tree simplification for classifier ensembles. In: International Journal of Pattern Recognition and Artificial Intelligence, Vol. 18, No. 5, 2004, S. 749-776, hier S. 751. Vgl. Rokach, Lior/Maimon, Oded (2005): Feature set decomposition for decision trees. In: Intelligent Data Analysis, Vol. 9, 2005, S. 131-158, hier S. 131; Street, W. Nick (2005), S. 25.

95

C. 2.1.3.

C. 2.1.3.1.

Status Quo in der Forschung bei den komplexen mathematisch-statistischen Verfahren Fitz Patrick (1932)

Die erste beachtenswerte Studie im Rahmen der univariaten Diskriminanzanalyse ist auf Fitz Patrick511 aus dem Jahr 1932 zurückzuführen, in der er als erster neben insolventen auch solvente Unternehmen untersuchte.512 Der Autor wählte 19 insolvente Unternehmen aus, die er solventen Unternehmen gegenüberstellte, die hinsichtlich Branche, Unternehmensgröße und Standort möglichst ähnlich waren. Die Unternehmensdaten stammten aus den Jahren 1918 bis 1928 und wurden zur Bildung von 13 Kennzahlen verwendet. Fitz Patrick analysierte paarweise den Zeitraum von drei Jahren vor Insolvenzeintritt mit Hilfe der Änderungen dieser Kennzahlen. Dabei zeigten vor allem die beiden Kennzahlen „Jahresüberschuss / Eigenkapital“ und „Eigenkapital / Fremdkapital“ in den drei Jahren vor der Insolvenz entscheidende Unterschiede.513 Die Kennzahlen „Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital“ und „(Vorräte Umlaufvermögen) / Kurzfristiges Fremdkapital“ wiesen nur geringe Differenzen auf.514 Fitz Patrick ordnete seine Unternehmen nicht in Gruppen ein. Auf Grund der kleinen Grundgesamtheit und der sehr guten Vergleichsunternehmen können die Ergebnisse nicht verallgemeinert werden.515 Die Untersuchung war sehr einfach, da keine Mittel- oder Trennwerte für die Kennzahlen ermittelt wurden und keine Überprüfung der Ergebnisse stattfand.516 Dennoch konnte er beweisen, dass sich eine Insolvenz bereits mehrere Jahre vor ihrem Eintritt in den Zahlen der Bilanz widerspiegelt.517

511

512

513

514

515 516

517

Fitz Patrick, Paul J. (1932): A comparison of ratios of successful industrial enterprises with those of failed firms. In: Certified Public Accountant, Vol. 2, October, November and December 1932, S. 598-605, 656-662 and 727-731. Die Veröffentlichung selbst konnte nicht eingesehen werden, da eine Lieferung der Literaturquelle über die Bibliothek nicht möglich war. Bis zu dieser Veröffentlichung wurden stets nur insolvente Unternehmen analysiert und deren kennzeichnende Eigenschaften ermittelt. Vgl. Elam, Rick (1975): The effect of lease data on the predictive ability of financial ratios. In: The Accounting Review, Vol. 50, January 1975, S. 25-42, hier S. 27; Rehkugler, Heinz/Poddig, Thorsten (1998), S. 332. Vgl. Elam, Rick (1975), S. 27; Weinrich, Günter (1978), S. 42; Zdrowomyslaw, Norbert (2001): Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse: Praxis und Theorie der Erstellung und Beurteilung von handels- und steuerrechtlichen Bilanzen sowie Erfolgsrechnungen unter Berücksichtigung des internationalen Bilanzrechts, München 2001, S. 667. Vgl. Rößler, Joachim (1986): Bilanzanalyse durch den Vergleich von projizierten mit realisierten Jahresabschlüssen: eine empirische Untersuchung über Projektionstechniken in der Bilanzauswertung und ihre Einschätzmöglichkeiten, Kiel 1986, S. 43. Vgl. Zdrowomyslaw, Norbert (2001), S. 667. Vgl. Rößler, Joachim (1988a): Die Entwicklung der statistischen Insolvenzprognose. In: Hauschildt, Jürgen (Hrsg.), Krisendiagnose durch Bilanzanalyse, Köln 1988, S. 102-114, hier S. 105; Rehkugler, Heinz/Poddig, Thorsten (1998), S. 322. Vgl. Beaver, William H. (1966): Financial ratios as predictors of failure. In: Journal of Accounting Research, Vol. 4, Supplement 1966, S. 71-111, hier S. 81.

96

C. 2.1.3.2.

Merwin (1942)

Von Merwin518 stammt die nächste interessante Studie. Seine Stichprobe beinhaltete insgesamt 939 Unternehmen, die etwa gleichmäßig auf fünf Branchen verteilt waren.519 Die als insolvent zu klassifizierenden Unternehmen mussten zwischen 1926 und 1936 aus dem Handelsregister gelöscht worden sein.520 Zusätzlich wählte er solvente Vergleichsunternehmen mit einem Gesamtkapital zwischen 50.000 US-Dollar und 150.000 US-Dollar aus.521 Der Autor untersuchte den Zeitraum von sechs Jahren vor Insolvenzeintritt.522 Branche Backhandwerk Herrenbekleidung Möbelindustrie Stein/Ton-Handwerk Maschinenbau Summe

Tab. 8:

Stichprobe insgesamt 185 191 194 184 185

Insolvente Unternehmen 47 41 38 43 31

939

200

Solvente Unternehmen 81 46 66 70 118

Insolvente Unternehmen insgesamt 104 145 128 114 67

381

558

523

Zusammensetzung der Stichprobe (Merwin 1942)

Neben Fusions- und Konzernunternehmen wurden Unternehmen ausgeschlossen, deren Daten über den Untersuchungszeitraum unvollständig waren.524 Merwin führte als erster einen paarwiesen Vergleich der arithmetischen Mittelwerte von Kennzahlen durch. Die drei Kennzahlen „(Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme“, „Eigenkapital / Fremdkapital“ und „Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital“ wiesen die größte Trennfähigkeit auf.525 Merwin hat im Vergleich zu Fitz Patrick eine größere Datenbasis verarbeitet. Der längere Untersuchungszeitraum hat gezeigt, dass nicht nur drei sondern bereits sechs Jahre vor einer Handelsregisterlöschung erkennbare Unterschiede zwischen den Unternehmenszahlen vorlagen. Diese steigerten sich, je näher das Jahr der Registerlöschung kam.526 Zudem hat er Bereiche der 518

519

520

521

522 523

524 525

526

Merwin, Charles L. (1942): Financing small corporations in five manufacturing industries 1926-36, New York 1942. Die Branchen waren „Nahrungsmittelindustrie“, „Bekleidungsindustrie“, „Holzverarbeitende Industrie“, „Stein-, Ton- und Glasverarbeitende Industrie“, „Metallverarbeitende Industrie“. Vgl. Merwin, Charles L. (1942), S. 16. Diese Handelsregisterlöschung musste nicht auf Grund einer Insolvenz erfolgt sein. Vgl. Merwin, Charles L. (1942), S. 16 und 18. Einige Unternehmen wiesen ein Gesamtkapital von mehr als 200.000 US-Dollar auf. Vgl. Merwin, Charles L. (1942), S. 100. Anzumerken ist hier, dass Unternehmen mit einer solch geringen Kapitalausstattung in nachfolgenden Studien stets ausgeschlossen wurden. Vgl. Elam, Rick (1975), S. 27; Rehkugler, Heinz/Poddig, Thorsten (1998), S. 332. Vgl. Merwin, Charles L. (1942), S. 91 und 113. Bei Zdrowomyslaw wird versehentlich von 538 insolventen Unternehmen ausgegangen. Vgl. Zdrowomyslaw, Norbert (2001), S. 667. Vgl. Merwin, Charles L. (1942), S. 18. Eine große Anzahl an Kennzahlen wurde durch Ausprobieren untersucht. Die drei ausgewählten Kennzahlen wurden für die Jahre vor der Insolvenz errechnet und mit den entsprechenden Kennzahlen der gesunden Unternehmen verglichen. Vgl. Merwin, Charles L. (1942), S. 92; Zopounidis, Constantin/Dimitras, Augustinos I. (1998), S. 8. Vgl. Beaver, William (1966), S. 83.

97

Kennzahlenwerte für die beiden Unternehmensgruppen ermittelt.527 Fitz Patrick hatte zehn Jahre zuvor explizit die Insolvenz als Auswahlkriterium angenommen. Merwin’s Studie kann nicht unter dem Oberbegriff „Insolvenzprognose“ subsumiert werden, da eine Handelsregisterlöschung nicht immer eine Insolvenz zur Folge haben muss.

C. 2.1.3.3.

Beaver (1966)

Beaver528 legte seine Arbeit im Jahr 1966 vor. Seine Definition für „Failure“ war: „a firm is said to have failed when any of the following events have occurred: bankruptcy, bond default, an overdrawn bank account or nonpayment of a preferred stock dividend“.529 Im Rahmen seiner univariaten Klassifikation stellte er 79 Industrieunternehmen, die zwischen 1954 und 1964 insolvent wurden, eine gleiche Anzahl von solventen Unternehmen anhand der Kriterien „Branche“ und „Unternehmensgröße“ gegenüber.530 Beaver untersuchte für beide Unternehmensgruppen den Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Insolvenz anhand von Jahresabschlussdaten. Den Ausgangspunkt bildeten 30 Kennzahlen, die nach den Kriterien Anerkennung in der Literatur, gute Trennfähigkeit in anderen Studien und bestehendem Cash Flow Bezug ermittelt wurden.531 Diese Kennzahlen teilte er in sechs Gruppen ein, aus denen er je eine auswählte.532 Die 158 Unternehmen wurden per Zufall gleichmäßig auf eine Trainings- und eine Validierungsstichprobe verteilt. In der Trainingsstichprobe errechnete Beaver durch Probieren den Wert jeder Einzelkennzahl, der als Trennwert innerhalb der Gruppe die geringsten Fehlklassifikationen verursachte. Anhand der Validierungsstichprobe testete er die Prognosefähigkeit dieser Cut-off-Werte.533 Die Kennzahl „Cash Flow / Fremdkapital“ erzielte die besten Klassifikationsergebnisse in jedem der fünf Jahre vor der Insolvenz. Ein Jahr vor Eintritt der Insolvenz lag die Fehlklassifikationsrate bei nur 13,00%.534

527

528

529

530

531 532

533 534

Vgl. Rößler, Joachim (1986), S. 43. Merwin wies darauf hin, dass die Kennzahlenwerte lediglich aufzeigen, dass derzeit eine ungesunde Unternehmensentwicklung vorherrscht. Sofern diese nicht korrigiert werden sollte, könnte dies zur Insolvenz führen. Vgl. Merwin, Charles L. (1942), S. 105. Beaver, William H. (1966): Financial ratios as predictors of failure. In: Journal of Accounting Research, Vol. 4, Supplement 1966, S. 71-111. Beaver, William H. (1966), S. 71. Im Nachfolgenden wird diese Definition unter dem Oberbegriff „Insolvenz“ verwendet. Das Gesamtkapital der ausgewählten Unternehmen betrug maximal sechs Mio. US-Dollar. „Of the 79 failed firms studied, 59 were bankrupt; 16 involved in nonpayment of preferred stock dividends; 3 were bond defaults; and 1 was an overdrawn bank account.“ Beaver, William H. (1966), S. 71. In der Übersicht von Rösler wird fälschlicherweise von einem Untersuchungszeitraum zwischen 1945 und 1964 ausgegangen. Vgl. Rösler, Joachim (1988a), S. 106. Vgl. Beaver, William H. (1966), S. 78-79. Der Kennzahlenkatalog ist im Anhang 3 enthalten. Weinrich führt in seiner Studienbeschreibung unrichtigerweise nur fünf Kennzahlengruppen an. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 44. Vgl. Beaver, William H. (1966), S. 84-85. Vgl. Beaver, William H. (1966), S. 85-86.

98

1 2 3 4 5 6

Kennzahlen Cash Flow / Fremdkapital Jahresüberschuss / Bilanzsumme Fremdkapital / Bilanzsumme (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital (Guthaben bei Kreditinstituten - Kurzfristiges Fremdkapital) / Investitionsausgaben

Tab. 9:

5 22 28 28 41

Jahr(e) vor Insolvenz 4 3 2 24 23 21 29 23 21 27 34 25 45 33 34

1 13 13 19 24

45 37

38 38

20 23

36 43

32 38

Fehlklassifikationsraten in Prozent (Beaver 1966)535

Beaver versuchte, mit Hilfe der Kennzahlengruppen viele Bereiche eines Unternehmens abzudecken, um ein möglichst vollständiges Bild darzustellen. Er arbeitete erstmalig mit einer Validierungsstichprobe, um die Ergebnisqualität zu bestimmen. Des Weiteren ermittelte der Autor Klassifikationsraten, die mit einem Fehleranteil von 13,00% ein Jahr vor Eintritt der Insolvenz relativ gut waren.

C. 2.1.3.4.

Altman (1968)

Altman536 wählte 33 Industrieunternehmen in seiner Studie aus dem Jahr 1968 aus, die in den Jahren von 1946 bis 1965 Insolvenz angezeigt hatten. Diese wiesen Bilanzsummen zwischen einer und 25 Mio. US-Dollar auf537 und wurden wie folgt definiert: “manufacturer that filed a bankruptcy petition under Chapter X of the National Bankruptcy Act“. In paarweiser Selektion wurden diesen solvente Unternehmen gegenübergestellt, die bezüglich Branche und Unternehmensgröße größtmögliche Ähnlichkeiten aufwiesen.538 Der Autor entwickelte aus einer Grundgesamtheit von 22 Kennzahlen eine multivariate Diskriminanzfunktion bestehend aus fünf Kennzahlen:539

535 536

537 538

539

Vgl. Beaver, William H. (1966), S. 85. Altman, Edward I. (1968): Financial ratios, discriminant analysis and the prediction of corporate bankruptcy. In: Journal of Finance, Vol. 23, Iss. 4, 1968, S. 589-609. Vgl. Altman, Edward I. (1968), S. 593. Als Zuordnungskriterium bei den solventen Unternehmen galt, dass diese im Jahr 1966 immer noch existieren mussten. Vgl. Altman, Edward I. (1968), S. 593. Altman wählte die anfänglich 22 Kennzahlen auf Grund ihrer Anwendungshäufigkeit in der Literatur und ihrer möglichen potenziellen Relevanz für seine Studie aus. Dieser Katalog wurde in seinem Aufsatz nicht veröffentlicht. Die Kennzahlenkategorien waren „Liquidität“, „Profitabilität“, „Verschuldungsgrad“, „Zahlungsfähigkeit“ und „Tätigkeitskennzahlen“. Die in der Diskriminanzfunktion berücksichtigten fünf Kennzahlen wurden u.a. wegen ihrer statistischen Signifikanz, ihrer Korrelationen zu den übrigen Variablen, ihrer Prognosegenauigkeit und des subjektiven Urteils des Autors ermittelt. Vgl. Altman, Edward I. (1968), S. 594.

99

Z = 0,021 x1 + 0,014 x2 + 0,033 x3 + 0,006 x4 +0,999 x5 Mit

Z = Gesamtindex x1 = (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme x2 = Einbehaltener Gewinn / Bilanzsumme x3 = Gewinn vor Zinsen und Steuern / Bilanzsumme x4 = Eigenkapital zum Marktwert / Buchwert des Fremdkapitals x5 = Umsatzerlöse / Bilanzsumme

Die Ergebnisse für das erste und zweite Jahr vor Eintritt der Insolvenz zeigt Tabelle 10.

1 Jahr vor Insolvenz Fehler 1. Art Fehler 2. Art Summe 2 Jahre vor Insolvenz Fehler 1. Art Fehler 2. Art Summe

Fehlerrate in %

Richtig klassifiziert

Richtig klassifiziert in %

Größe der Stichprobe

31 32 63

94 97 95

6 3 5

33 33 66

23 31 54

72 94 83

28 6 17

32 33 65

Tab. 10: Ergebnisse für ein Jahr bzw. zwei Jahre vor Eintritt der Insolvenz (Altman 1968)540 Jahr(e) vor Insolvenz 1 2 3 4 5

Stichprobe (insolvent)541

Richtig klassifiziert

Richtig klassifiziert in %

33 32 29 28 25

31 23 14 8 9

95 72 48 29 36

Tab. 11: Fehler 1. Art für bis zu fünf Jahren vor Eintritt der Insolvenz (Altman 1968)542 Die Validierungsstichprobe enthielt 25 insolvente und 66 solvente bis dahin noch nicht berücksichtigte Unternehmen. Es wurden 24 insolvente und 52 solvente Unternehmen richtig klassifiziert. Dies entspricht einem Fehler 1. Art von 4,00% und einem Fehler 2. Art von 21,00%.543 Die multivariate Diskriminanzfunktion lieferte bis zwei Jahre vor Eintritt der Insolvenz akzeptable Ergebnisse. Danach stiegen die Fehlerraten stark an, was der Autor nicht begründen konnte.544

540 541

542 543 544

Vgl. Altman, Edward I. (1968), S. 599-600. Der Umfang der Stichprobe war für den Untersuchungszeitraum inkonsistent, da nicht alle Unternehmen Jahresabschlüsse für bis zu fünf Jahren vor Eintritt der Insolvenz vorlegen konnten. Vgl. Altman, Edward I. (1968), S. 604. Vgl. Altman, Edward I. (1968), S. 602. Vgl. Altman, Edward I. (1968), S. 604.

100

C. 2.1.3.5.

Deakin (1972)

Die Studie des Autors Deakin545 ähnelt Beaver´s aus dem Jahr 1966, da er den gleichen Analysezeitraum von fünf Jahren untersuchte und 14 Kennzahlen aus Beaver´s Katalog auswählte. Wesentlicher Unterschied war, dass er die Kennzahlen auf eine multivariate Diskriminanzanalyse anwendete.546 Seine Insolvenzdefinition war enger als bei Beaver: „firms which experienced bankruptcy, insolvency, or were otherwise liquidated for the benefit of creditors“.547 Es wurden 32 insolvente Unternehmen aus dem Zeitraum 1964 bis 1970 berücksichtigt. Die Vergleichsunternehmen wurden nach den Kriterien Branche, Jahr des Jahresabschlusses und Unternehmensgröße ausgewählt.548 Die Gegenüberstellung der Ergebnisse der univariaten Diskriminanzanalyse zeigte, dass Beaver´s Beobachtungen mit Ausnahme der Kennzahl Nr. 14 „Kasse / Umsatzerlöse“ trotz des späteren Analysezeitraumes bestätigt wurden (Tabelle 12).549

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Angaben in % Cash Flow / Fremdkapital Jahresüberschuss / Bilanzsumme Fremdkapital / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Bilanzsumme Flüssige Mittel / Bilanzsumme (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme Kasse / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital Flüssige Mittel / Kurzfristiges Fremdkapital Kasse / Kurzfristiges Fremdkapital Umlaufvermögen / Umsatzerlöse Flüssige Mittel / Umsatzerlöse (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Umsatzerlöse Kasse / Umsatzerlöse

5 27 (22) 38 (28) 33 (28) 47 (49) 52 (40)

Jahr(e) vor Insolvenz 4 3 2 24 (24) 28 (23) 16 (21) 43 (29) 30 (23) 20 (21) 33 (27) 22 (34) 22 (25) 45 (47) 41 (48) 47 (48) 52 (48) 47 (36) 53 (42)

1 20 (13) 27 (13) 20 (19) 36 (38) 34 (38)

34 (41)

39 (45)

34 (33)

28 (34)

30 (24)

47 (38) 41 (45) 44 (37) 41 (38) 50 (51) 53 (44)

44 (36) 36 (38) 39 (34) 45 (38) 56 (49) 59 (52)

47 (30) 25 (36) 41 (40) 36 (36) 52 (48) 55 (45)

42 (29) 27 (32) 28 (32) 28 (28) 61 (51) 59 (47)

33 (28) 28 (20) 30 (24) 36 (22) 48 (44) 52 (46)

47 (40)

52 (46)

45 (42)

31 (33)

28 (26)

48 (45)

53 (43)

52 (36)

42 (24)

47 (34)

Tab. 12: Fehlerraten der univariaten Diskriminanzanalyse (Klammerangaben enthalten Ergebnisse von Beaver; Deakin 1972)550 Im Rahmen der multivariaten Diskriminanzanalyse, bei der für jedes Jahr vor Eintritt der Insolvenz eine Diskriminanzfunktion entwickelt wurde, beinhaltete eine zweite Stichprobe

545

546 547

548 549

550

Deakin, Edward B. (1972): A discriminant analysis of predictors of business failure. In: Journal of Accounting Research, Vol. 10, Spring 1972, S. 167-179. Vgl. Deakin, Edward B. (1972), S. 167-168. Beaver hatte eine weitergehende Definition gewählt, da er auch Unternehmen mit einbezog, die „defaulted on loan obligations or missed preferred dividends payments“ aufwiesen. Beaver, William H. (1966), S. 71. Vgl. Deakin, Edward B. (1972), S. 168. Eine mögliche Erklärung war, dass Unternehmen in den späten 60-er Jahren wegen des niedrigen Zinsniveaus mehr Barreserven investiert hatten. Ein geringer Kennzahlenwert stand für gutes Finanzmanagement. Vgl. Deakin, Edward B. (1972), S. 171. Vgl. Deakin, Edward B. (1972), S. 169.

101

32 solvente Unternehmen aus der Zeit zwischen 1962 und 1966.551 Die Validierungsstichprobe bestand aus elf insolventen und 23 solventen Unternehmen, die zufällig aus den Jahren 1963 und 1964 ausgewählt wurden. Den hohen durchschnittlichen Fehler von 22,00% im ersten Jahr konnte der Autor nicht erklären.552 Absolut Stichprobe Test Krank Krank

Jahr(e)

Fehlerraten Prozentual Stichprobe Test Krank Krank

Durchschnitt Stichprobe Test Krank Krank

1

Gesund Krank

1 1

2 6

3 3

18 23

3,0

22,0

2

Gesund Krank

1 2

1 1

3 6

8 4

4,5

6,0

3

Gesund Krank

2 1

2 2

6 3

8 6

4,5

12,0

4

Gesund Krank

5 8

3 3

16 25

33 9

21,0

23,0

5

Gesund Krank

8 3

2 2

25 9

22 13

17,0

15,0

Tab. 13: Fehlerraten der Diskriminanzfunktionen (Deakin 1972)553 Die Diskriminanzfunktionen hatten stets bessere Ergebnisse geliefert als die Einzelkennzahlen. Dies gilt auch für das vierte und fünfte Jahr, in denen hohe Fehlerraten festgestellt wurden.

C. 2.1.3.6.

Beermann (1976)

Die erste deutsche Untersuchung, die sich mit der Frage der Insolvenzprognose auf Grund von Bilanzkennzahlen auseinandersetzte, wurde 1976 von Beermann554 vorgelegt. Ausgangspunkt der Analyse waren 21 Aktiengesellschaften mit Bilanzsummen bis zu 150 Mio. DM, die in den Jahren 1966 bis 1971 Insolvenz beantragt hatten, saniert wurden oder erhebliche Kapitalverluste555 verzeichneten.556 Diesen wurde anhand der Kriterien „Branchenzugehörigkeit“557 und „Unternehmensgröße“ je ein Vergleichsunternehmen gegenübergestellt. Unternehmen wurden 551

552 553 554

555

556

557

Die Unternehmensdaten entstammten dem Moody´s Industrial Manual. Der Zeitraum der zweiten Stichprobe stimmte mit dem der ersten Stichprobe überein. Vgl. Deakin, Edward B. (1972), S. 172. Vgl. Deakin, Edward B. (1972), S. 176. Vgl. Deakin, Edward B. (1972), S. 176 und 177. Beermann, Klaus (1976): Prognosemöglichkeiten von Kapitalverlusten mit Hilfe von Jahresabschlüssen, Düsseldorf 1976. Ein erheblicher Kapitalverlust lag vor, wenn ein Unternehmen in einem Geschäftsjahr einen Jahresfehlbetrag zuzüglich der Erträge aus Verlustübernahme durch andere Unternehmen in Höhe von 33,30% des Grundkapitals und der offenen Rücklagen ausgewiesen hatte. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 50. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 49-50, 52 und 54. Im Rahmen der Darstellung der Beermann Studie werden diese drei Auswahlkriterien unter dem Begriff „Insolvenz“ zusammengefasst. Die Branchen waren „Land- und Forstwirtschaft“, „Kunststoffverarbeitung“, „Maschinenbau“, „Feinmechanik, Optik und Uhrenherstellung“, „Gummi- und Asbestverarbeitung“, „Zellstoff- und Papiererzeugung“, „Textilgewerbe“, „Übriges Nahrungsmittelgewerbe“ sowie „Baugewerbe“. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 53.

102

ausgeschlossen, wenn deren Abschlüsse im Folgejahr nicht erhältlich waren558 und wenn sie im Jahr der Insolvenz des entsprechenden Vergleichsunternehmens ein negatives Ergebnis ausgewiesen hatten.559 Der Autor analysierte einen Zeitraum von vier Jahren vor Eintritt der Insolvenz. Für die Durchführung seiner Studie wählte er zehn Kennzahlen aus560, deren Trennfähigkeit er zunächst univariat untersuchte. Anschließend verwendete er eine lineare multivariate Diskriminanzanalyse, wobei er keine Reduktion der Anzahl der Kennzahlen anstrebte, sondern sämtliche Kennzahlen fest vorgab.561 Es wurden Diskriminanzfunktionen für jedes Jahr vor Eintritt der Insolvenz aufgestellt. Vier Jahre vor Eintritt der Insolvenz wies keine Kennzahl auf wesentliche Besonderheiten zwischen den beiden Unternehmensgruppen hin.562 In den übrigen drei Jahren zeigten die Kennzahlen „(Jahresüberschuss + Steuern ± Außerordentliches Ergebnis) / Umsatz“ (Nr. 5), „(Jahresüberschuss + Steuern ± Außerordentliches Ergebnis) / Bilanzsumme“ (Nr. 6), „Bankverbindlichkeiten / Verbindlichkeiten“ (Nr. 7) sowie „(Jahresüberschuss + Steuern ± Außerordentliches Ergebnis) / Verbindlichkeiten“ (Nr. 10) signifikante Unterschiede auf. Die Kennzahl „Cash Flow / Verbindlichkeiten“ (Nr. 2) erzielte im Jahr vor der Insolvenz akzeptable Ergebnisse.563

558

559 560

561 562 563

Stattdessen wurde das Unternehmen ausgewählt, dessen Bilanzsumme dem scheiternden Unternehmen am zweitnächsten kam. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 51. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 50-51. Folgende zehn Kennzahlen wurden selektiert: 1) „Abschreibungen Sachanlagevermögen / (Sachanlagevermögen Anfangsbestand + Zugänge)“ (x1); 2) „Cash Flow / Verbindlichkeiten“ (x2); 3) „Zugang Sachanlagevermögen / Abschreibungen Sachanlagevermögen“ (x3); 4) „Verbindlichkeiten / Bilanzsumme“ (x4); 5) „(Jahresüberschuss + Steuern ± Außerordentliches Ergebnis) / Umsatz“ (x5); 6) „(Jahresüberschuss + Steuern ± Außerordentliches Ergebnis) / Bilanzsumme“ (x6); 7) „Bankverbindlichkeiten / Verbindlichkeiten“ (x7); 8) „Umsatz / Bilanzsumme“ (x8); 9) „Vorräte / Umsatz“ (x9); 10) „(Jahresüberschuss + Steuern ± Außerordentliches Ergebnis) / Verbindlichkeiten“ (x10), Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 57-58. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 66. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 61. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 63.

103

Jahr(e) vor Insolvenz 1 Kennzahl 6 10 5 2

Absolut I II 3 2 4 2 1 6 4 3

2 Gesamt % 11,9 14,3 16,7 16,7

Absolut I II 3 6 4 5 1 7 5 8

3 Gesamt % 21,4 21,4 19,0 31,0

Absolut I II 7 3 8 4 6 4 3 13

4 Gesamt % 26,2 28,6 23,8 38,1

Absolut I II 9 5 9 5 5 9 8 9

Gesamt % 33,3 33,3 33,3 40,5

Tab. 14: Auswahl von Klassifikationsergebnissen bei Minimierung des Gesamtfehlers (Beermann 1976)564 Tabellenlegende: I = Fehler 1. Art II = Fehler 2. Art

Die Ergebnisse sämtlicher Diskriminanzfunktionen bis zu vier Jahren vor Eintritt der Insolvenz enthält Tabelle 15. Jahr(e) vor Insolvenz 1565 2 3 4

Fehleranzahl 4 8 12 16

Fehlerrate in % 9,5 19,0 28,6 38,1

Tab. 15: Fehlklassifikationen der Diskriminanzanalyse mit Median als Trennwert (Beermann 1976)566 Galt der Median als Cut-off-Wert, klassifizierte die Einzelkennzahl „Umsatz / Bilanzsumme“ (Nr. 8) die wenigsten Unternehmen falsch. Sechs Unternehmen entsprachen einer Fehlerrate von 14,30%. Die Diskriminanzfunktion ein Jahr vor der Insolvenz wies ein besseres Ergebnis auf. Grundsätzlich stellte der Autor fest, dass Diskriminanzfunktionen weniger Fehlklassifikationen verursachten als Einzelkennzahlen. Eine Reduzierung der Anzahl der Kennzahlen führte u.a. zu einer wesentlichen Erhöhung des Gesamtfehlers, so dass Beermann diesen Versuch abbrach.567 Insgesamt hatte die Kennzahl „(Jahresüberschuss + Steuern ± Außerordentliches Ergebnis) / Bilanzsumme“ (Nr. 6) in den vier entwickelten Diskriminanzfunktionen stets die besten Ergebnisse erzielt, die Kennzahl „Zugang Sachanlagevermögen / Abschreibungen Sachfanlagevermögen“ (Nr. 3) war die Kennzahl mit der schlechtesten Trennfähigkeit.568

564

565

566 567 568

Für die Kennzahlendefinitionen siehe f 560. Bei der Kennzahl Nr. 6 ist Beermann im dritten Jahr vor der Insolvenz ein Fehler unterlaufen. Auf der einen Seite gibt er elf falsch klassifizierte Unternehmen für diese Kennzahl an. Auf der anderen Seite schreibt er, dass sieben Unternehmen den Fehler 1. Art und drei Unternehmen den Fehler 2. Art verursachen. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 84 und 89. Die Diskriminanzfunktion lautete: Z = 0,21705 x1 - 0,06276 x2 + 0,01218 x3 + 0,07741 x4 0,10477 x5 + 0,81270 x6 + 0,16454 x7 + 0,06135 x8 + 0,26832 x9 + 0,12368 x10. Die Kennzahlendefinitionen stehen in Fußnote 560. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 102. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 110. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 112.

104

Die Funktionen wurden anhand von 12 insolventen Aktiengesellschaften aus sieben Branchen getestet.569 Der Median stellte erneut den Cut-off-Wert dar. Zehn Unternehmen, dies entsprach 83,30%, wurden richtig klassifiziert.570

C. 2.1.3.7.

Weinrich (1978)

Eine 1978 von Weinrich571 vorgelegte Untersuchung umfasste 44 Unternehmenspaare aus dem Ruhrgebiet,572 wovon 32 die Trainingsstichprobe und 12 die Teststichprobe bildeten. Bei der Auswahl der insolventen Unternehmen lag ein engerer Insolvenzbegriff zu Grunde als bei vorangegangenen Untersuchungen. Weinrich verstand hierunter nur Konkurs, Vergleich, Beitreibung einer Pfändung oder Pfandverwertung auf gerichtlichem Wege.573 Der Analysehorizont erstreckte sich auf zwei bis vier Jahre vor Eintritt der Insolvenz, da drei aufeinander folgende Jahresabschlüsse untersucht wurden.574 Die Jahresabschlüsse stammten aus den Jahren 1969 bis 1975. Die solventen Vergleichsunternehmen wurden anhand der Kriterien „Branche“, „Unternehmensgröße“ und „Konjunkturphase“ ausgewählt.575 Die erste Variablengruppe beinhaltete Einzelkennzahlen, die zweite Gruppe die Trendentwicklungen dieser Kennzahlen.576 Die Auswahl der Kennzahlen erfolgte anhand der Ergebnisse bisheriger Untersuchungen zur Insolvenzprognose und Gesprächen mit Praktikern.577 Die Analyse basierte anfänglich auf 28 Kennzahlen, die nach Ermessen des Autors selbstgebildeten Kennzahlengruppen zugeordnet wurden (Tabelle 16).578

569 570 571

572 573

574

575

576 577 578

Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 118. Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 119. Weinrich, Günter (1978): Kreditwürdigkeitsprognosen - Steuerung des Kreditgeschäfts durch Risikoklassen, Wiesbaden 1978. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 59-60. Bei den letztendlich in die Untersuchung eingegangenen 44 insolventen Unternehmen waren nur der Konkurs und der Vergleich von Bedeutung. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 60. Das Jahr vor der Insolvenz blieb unberücksichtigt, da oftmals für dieses Jahr keine Bilanz vorlag. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 59 und 65. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 60. Die Branche „Bauhauptgewerbe“ stellte 18 Unternehmenspaare, „Ausbau- und Bauhilfsgewerbe“ acht, „Großhandel“ vier, „Textilgewerbe“ und „Verlagswesen“ je drei, „Maschinenbau“, „Einzelhandel“ und „Speditionen“ je zwei sowie „Feinmechanik“ und „Holzverarbeitung“ je eins. Die Unternehmensgröße betrug bis zu 20 Mio. DM Gesamtleistung. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 62-63. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 66. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 67. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 78.

105

Nr. 1 2 3 4 5 6

7 8

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

579

580

581

Kennzahl Eigenkapital / Fremdkapital Eigenkapital / Kurzfristiges Fremdkapital (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Gesamtkapital Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital Bald verfügbare Geldmittel / Kurzfristiges Fremdkapital (Eigenkapital + Langfristiges Fremdkapital) / (Anlagevermögen + 50,00% der Vorräte) Liquide Mittel / Gesamtkapital (Bald verfügbare Geldmittel Kurzfristiges Fremdkapital) / Betriebsaufwand vor Abschreibungen Unternehmensgewinn / Eigenkapital (Unternehmensgewinn + Fremdkapitalzinsen) / Gesamtkapital Betriebsgewinn / Umsatz Cash Flow / Umsatz Eigenkapital / Umsatz Umsatz / Gesamtkapital581 Umsatz / Liquide Mittel (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Gesamtleistung Vorräte / Gesamtleistung Forderungen / Umsatz Vorräte / Materialaufwand Kurzfristiges Fremdkapital / Cash Flow Fremdkapital / Cash Flow (Fremdkapital - Bald verfügbare Geldmittel) / Cash Flow Kurzfristiges Fremdkapital / Betriebliche Nettoeinnahmen Fremdkapital / Betriebliche Nettoeinnahmen

Herkunft579 A, B, C, T, W E A, B

Hypothese580 S
Struktur

B, W, T

S
Struktur

E

S
Struktur

C, K

S
Sonstige Liquidität Sonstige Liquidität

C B, W

S
Rentabilität Rentabilität

B, K A, C

S
Rentabilität Rentabilität Umschlag Umschlag Sonstige Liquidität Umschlag

T Z E A C C, E, T

SG S
Umschlag Umschlag Umschlag Umsatzüberschuss Umsatzüberschuss Umsatzüberschuss

E, T K, T W E, W B Z

S>G S>G S>G S>G S>G S>G

Umsatzüberschuss

Z

S>G

Umsatzüberschuss

Z

S>G

Kennzahlengruppe Struktur Struktur Struktur

Folgende Studien wurden berücksichtigt: A = Altman, B = Beaver, C = Chesser, E = Edminster, K = Keiser, T = Tamari, W = Weibel, Z = zusätzliche interessante Kennzahlen. Vgl. Altman, Edward I. (1968); Beaver, William H. (1966); Chesser, Delton L (1972): Improving the evaluation process of commercial loan applications through utilization of scoring models and financial ratio analysis, Dissertation of the University of Arkansas 1972; Edminster, Robert O. (1972): An empirical test of financial ratio analysis for small business failure prediction. In: Journal of Financial and Quantitative Analysis, Vol. 8, 1972, S. 1477-1493; Keiser, Horst (1965): Betriebswirtschaftliche Analyse von Insolvenzen bei mittelständischen Einzelhandlungen, Dissertation der Universität zu Köln 1965; Tamari, Meir (1966): Financial ratios as a means of forecasting bankruptcy. In: Management International Review, Vol. 4, 1966, S. 15-21 sowie Weibel, Peter F. (1973): Die Aussagefähigkeit von Kriterien zur Bonitätsbeurteilung im Kreditgeschäft der Banken: eine empirische Untersuchung, Bern 1973. Das „S“ stand für schlechte, das „G“ für gesunde Unternehmen. S > G bedeutete daher, dass kranke Unternehmen tendenziell einen höheren Kennzahlenwert aufwiesen als gesunde Unternehmen. In der Darstellung der Studie bei Zdrowomyslaw wird diese Kennzahl nicht aufgeführt. Vgl. Zdrowomyslaw, Norbert (2001), S. 668.

106

25

26 27 28

(Fremdkapital - Bald verfügbare Geldmittel) / Betriebliche Nettoeinnahmen (Verbindlichkeiten + Schuldwechsel) / Wareneinkauf Cash Flow / Ersatzinvestitionen Betriebliche Nettoeinnahmen

Umsatzüberschuss

Z

S>G

Umschlag

W

S>G

Umsatzüberschuss Umsatzüberschuss

K Z

S
Tab. 16: Katalog der getesteten Kennzahlen (Weinrich 1978)582 Die vom Autor selbst geschaffenen Gruppen bildeten eher ein grobes Muster, da eine eindeutige Zuordnung der Kennzahlen nicht möglich war.583 Im Rahmen der linearen multivariaten Diskriminanzanalyse wurden für das zweite bis vierte Jahr vor Eintritt der Insolvenz unterschiedliche Diskriminanzfunktionen aufgestellt, wobei zunächst keine Reduktion der Kennzahlen erfolgte.584 Jahre vor Insolvenz 2 3 4

Tatsächlich Zustand Gesund Krank Gesund Krank Gesund Krank

Gesamtfehler 10,94% 15,63% 21,88%

Prognostizierter Zustand Gesund Krank 29 4 28 6 26 8

(90,63%) (12,50%) (87,50%) (18,75%) (81,25%) (25,00%)

3 28 4 26 6 24

(9,37%) (87,50%) (12,50%) (81,25%) (18,75%) (75,00%)

Tab. 17: Klassifikationsergebnisse der Trainingsstichprobe mit linearer multivariater Diskriminanzanalyse (Weinrich 1978)585 Weinrich erkannte das Problem der hohen Korrelationen der Kennzahlen untereinander und versuchte, die Anzahl der zu berücksichtigenden Kennzahlen zu reduzieren. Er beschränkte sich auf fünf Kennzahlen, wobei die darauf basierende Diskriminanzanalyse nicht immer sinnvoll interpretiert werden konnte. Der Autor brach seine Bemühungen ab und entwickelte ein Punktbewertungsschema bestehend aus acht Kennzahlen.586 Damit erzielte er folgende Ergebnisse:

582

583 584 585 586

Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 70-73. Für die Bildung der Kennzahlen Nr. 23 bis 28 sind zwei aufeinander folgende Jahresabschlüsse erforderlich. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 123. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 86. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 107. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 108. Er bildete drei Risikoklassen: 1) potenziell gute Kredite (keine Warnzeichen erkennbar); 2) gefährdete Kredite (aus dem Jahresabschluss oder außerhalb des Jahresabschlusses sind Warnzeichen erkennbar); 3) stark gefährdete Kredite (aus dem Jahresabschluss und außerhalb des Jahresabschlusses sind Warnzeichen erkennbar). Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 157, 162-163, 186.

107

Jahre vor Insolvenz 2

3

Art der Stichprobe Trainingsstichprobe Teststichprobe Gesamtfehler Trainingsstichprobe Teststichprobe Gesamtfehler

Fehleranzahl(-rate) Solvente Unternehmen Insolvente Unternehmen 7 (21,88%) 4 (12,50%) 5 (41,67%) 0 (0,00%) 12 (27,27%) 4 (9,09%) 4 (12,50%) 13 (40,63%) 5 (41,67%) 4 (33,33%) 9 (20,45%) 17 (36,64%)

Tab. 18: Fehlklassifikationen des Punktbewertungsschemas (Weinrich 1978)587 Weinrich konnte keine angemessene multivariate Diskriminanzfunktion herleiten. Der Versuch zur Reduktion der Kennzahlen und die Verlängerung des Prognosezeitraumes verursachten jeweils eine Verschlechterung der Klassifikationsergebnisse.

C. 2.1.3.8.

Gebhardt (1980)

Gebhardt588 untersuchte 1980 durch die Reform des AktG von 1965 sich ergebende Änderungen gegenüber den Vorschriften von 1937 anhand einer Insolvenzprognose. Hierfür analysierte er Aktiengesellschaften, die nach AktG 1937 bzw. nach der kleinen Aktienrechtsreform AktG 1965 bilanziert hatten.589 Insolvenz wurde definiert als Eintritt eines gerichtlichen Vergleichs- oder Konkursverfahrens, wobei der Zeitpunkt des Eintritts das Datum des Antrages auf Eröffnung des Verfahrens festlegte.590 Der Untersuchungszeitraum betrug fünf Jahre, so dass die Unternehmen mindestens drei aufeinander folgende Jahresabschlüsse für die letzten fünf Bilanzstichtage vor Insolvenzeintritt vorweisen sollten. Für die Jahre 1963 bis 1974 wurden insgesamt 85 insolvente Aktiengesellschaften ermittelt, wovon 44 auf Grund von Nichterfüllung der Anforderungen aussortiert wurden. Den 41 verbliebenen insolventen Aktiengesellschaften wurden Vergleichsunternehmen nach den Kriterien „Geschäftstätigkeit“, „Unternehmensgröße“ und „Wirtschaftliche Selbstständigkeit“ sorgfältig ausgewählt.591 13 Unternehmenspaare bilanzierten nach AktG 1937, 28 nach AktG 1965.592 Die meist kleinen bis mittelgroßen Unterneh-

587

588

589

590 591

592

Es wurden die Kennzahlen „Eigenkapital / Fremdkapital“ (Nr. 1), „Liquide Mittel / Gesamtkapital“ (Nr. 7), „(Bald verfügbare Mittel - Kurzfristiges Fremdkapital) / Betriebsaufwand vor Abschreibungen“ (Nr. 8), „(Unternehmensgewinn + Fremdkapitalzinsen) / Gesamtkapital“ (Nr. 10), „Umsatz / Gesamtkapital“ (Nr. 14), „Fremdkapital / Cash Flow“ (Nr. 21), „(Fremdkapital - Bald verfügbare Geldmittel) / Betriebliche Nettoeinnahmen“ (Nr. 22) sowie „(Verbindlichkeiten + Schuldwechsel) / Wareneinkauf“ (Nr. 26) berücksichtigt. Vgl. Weinrich, Günter (1978), S. 154 und 161. Gebhardt, Günther (1980): Insolvenzprognosen aus aktienrechtlichen Jahresabschlüssen: eine Beurteilung der Reform der Rechnungslegung durch das Aktiengesetz 1965 aus der Sicht unternehmensexterner Adressaten, Wiesbaden 1980. Die Auswahl der Unternehmen erfolgte anhand der Zeitschrift „Die Aktiengesellschaft“, dem Handbuch der deutschen Aktiengesellschaften sowie Hinweisen in der Wirtschaftspresse und anderen Publikationen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 103. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 105-106. Neben Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen, die wegen ihrer besonderen Rechnungslegung unberücksichtigt blieben, wurden Konzernunternehmen ebenfalls ausgeschlossen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 111. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 108.

108

men gehörten 15 Branchen an.593 Die Grundlage des 80 Kennzahlen umfassenden Katalogs bildeten frühere Studien, Kennzahlen vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen, der Deutschen Bundesbank sowie einer Großbank.594 Sämtliche Kennzahlen errechneten sich aus den Zahlen zweier aufeinander folgender Jahresabschlüsse.595 Für das zweite bis fünfte Jahr vor Eintritt der Insolvenz wurde je eine Diskriminanzfunktion ermittelt. Der Untersuchungszeitraum umfasste somit vier Jahre.596 Der Autor führte eine univariate Diskriminanzanalyse durch.597 Die Ergebnisse, differenziert nach der angewandten Rechnungslegung und unter Nichtbeachtung der Fehlklassifikationskosten, enthalten die Tabellen 19 und 20. Nr. 20 22 23 47 54 67 68 75 76 80 81 83

Kennzahl Fremdkapital / Gesamtkapital Gewinnrücklagen / Gesamtkapital Eigenkapital / Grundkapital Kurzfristiges Geldvermögen / Kurzfristige Geldverbindlichkeiten Eigenkapital / Risiko-Aktiva Jahresergebnis / Gesamtvermögen Ordentliches Jahresergebnis / Fremdkapital Jahresergebnis / Durchschnittliches kurzfristiges Fremdkapital Jahresergebnis vor Steuern / Durchschnittliche Geldverbindlichkeiten Cash Flow I / Fremdkapital Cash Flow III / Fremdkapital Kurzfristiges Netto-Geldvermögen / Betriebliche Ausgaben

5 27,27 22,73 22,73 22,73

Jahre vor Insolvenz 4 3 19,23 19,23 15,38 15,38 11,54 15,38 19,23 19,23

2 20,00 20,00 25,00 30,00

31,82 22,73 22,73 k.A.

26,92 34,62 34,62 22,73

19,23 26,92 26,92 19,23

20,00 20,00 20,00 20,00

k.A.

22,73

15,38

20,00

27,27 k.A. 27,27

30,77 23,73 19,23

23,08 26,92 23,08

20,00 20,00 35,00

Tab. 19: Fehlklassifikationen in Prozent bei der Stichprobe „AktG 1937“ (Gebhardt 1980)598 593

594 595 596

597

598

Diese waren „Textil- und Bekleidungsgewerbe“ (neun Unternehmen), „Gewinnung und Verarbeitung von Steinen, Erden, Glas sowie Feinkeramik“ (sechs Unternehmen), „Stahl-, Leichtmetall- und Maschinenbau“ (vier Unternehmen). Die übrigen 12 Branchen waren höchstens dreimal vertreten. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 107. Dieser Kennzahlenkatalog findet sich im Anhang 4. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 134 und 137. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 131. Bei der Gruppe „AktG 1937“ setzte sich die Diskriminanzfunktion für das vierte Jahr vor Eintritt der Insolvenz aus fünf, die übrigen drei Funktionen aus je zwei Kennzahlen zusammen. Für die Gruppe „AktG 1965“ hingegen bildeten je zwei Kennzahlen für das vierte und fünfte Jahr, je drei Kennzahlen für das zweite und dritte Jahr vor Eintritt der Insolvenz die jeweilige Diskriminanzfunktion. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 174, 258 und 263. Dieses Verfahren greift nicht auf Annahme über die Verteilung der Kennzahlen zurück, sondern setzt nur voraus, dass die betrachteten Objekte, hier AG, anhand der Messwerte dieser Variablen in eine Rangfolge gebracht werden können. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 207. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 216. Diese Ergebnisse der über die Jahre gleichmäßig erfolgreichen Kennzahlen werden in einzelnen Jahren von den Einzelergebnissen der Kennzahlen „(Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Umsatz“ (Nr. 94; fünf Jahre vor Eintritt der Insolvenz), „Ordentliches Jahresergebnis / Umsatz“ (Nr. 96; zwei und drei Jahre vor Eintritt der Insolvenz), „Kurzfristige Außenfinanzierung / Brutto-Mittelbedarf aus laufenden Operationen“ (Nr. 44), „Jahresergebnis vor Steuern / Ordentliche Erträge“ (Nr. 77), „Jahresergebnis / Außerordentliche Erträge“ (Nr. 78) sowie „Überschuss aus laufenden Operationen / Fremdkapital“ (Nr. 86) übertroffen. Die Fehlklassifikationen lagen hier zwischen 9,09% sowie 18,75% und wurden im Wesentlichen zwei Jahre vor der Insolvenz ermittelt. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 217 und 220. Für die Kennzahlendefinitionen siehe Anhang 4.

109

Nr. 23 28 40 43 48 65 84 96

Kennzahl Eigenkapital / Grundkapital Geldverbindlichkeiten / Gesamtkapital Ordentlicher Cash Flow / Mittelzufluss Mittelbedarf im kurzfristigen Investitionsbereich / Ordentlicher Cash Flow Zahlungsmittel / Kurzfristige Geldverbindlichkeiten EEV-Steuern / Durchschnittliches Gesamtkapital Ausschüttung / Durchschnittliches Eigenkapital Ordentliches Jahresergebnis / Umsatz

5 40,00 32,50 k.A. k.A.

Jahre vor Insolvenz 4 3 28,00 30,36 34,00 30,36 40,00 30,00 34,62 25,00

2 29,63 31,48 29,63 27,27

30,00

32,00

30,36

33,33

k.A.

30,00

36,00

27,78

k.A. 30,30

42,50 27,91

24,00 35,42

24,07 28,57

Tab. 20: Fehlklassifikationen in Prozent bei der Stichprobe „AktG 1965“ (Gebhardt 1980)599 In jedem Untersuchungsjahr wurden andere Kennzahlen mit einem niedrigen Fehleranteil beobachtet. Dennoch konnte sowohl bei der Untersuchung nach AktG 1937 als auch bei der nach AktG 1965 eine begrenzte Anzahl von Kennzahlen identifiziert werden, die in allen betrachteten Jahren besonders gute Zuordnungsraten aufwiesen.600 Die Unternehmen nach dem AktG 1937 wurden immer besser klassifiziert.601 Vier Bilanzkennzahlen zeigten als erste deutliche Unterschiede zwischen den beiden Unternehmensgruppen auf: „Gewinnrücklagen / Gesamtkapital“ (Nr. 22), „Eigenkapital / Grundkapital“ (Nr. 23), „Geldverbindlichkeiten / Gesamtkapital“ (Nr. 28) sowie „Zahlungsmittel / Kurzfristige Geldverbindlichkeiten“ (Nr. 48). Ab dem dritten Jahr vor Eintritt der Insolvenz verzeichneten die auf der Kapitalflussrechnung basierenden Kennzahlen gute Klassifikationsleistungen: „Ordentlicher Cash Flow / Mittelzufluss“ (Nr. 40) und „Ausschüttung / Durchschnittliches Eigenkapital“ (Nr. 84). Zwei Rentabilitätskennzahlen („Jahresergebnis / Gesamtvermögen“ (Nr. 67) und „Jahresergebnis vor Zinsen und Steuern / Durchschnittliches Gesamtvermögen“ (Nr. 74)) sowie zwei Kennzahlen zur Schuldentilgungskraft („Jahresergebnis / Durchschnittliches kurzfristiges Fremdkapital“ (Nr. 75) und „Jahresergebnis vor Steuern / Durchschnittliche kurzfristige Geldverbindlichkeiten“ (Nr. 76)) wiesen erst sehr spät, dann aber offensichtlich auf Differenzen hin. Im Rahmen der multivariaten Diskriminanzanalyse wurden sämtliche Kennzahlen berücksichtigt, die bereits bei der univariaten zur Anwendung gekommen waren. Die besten Ergebnisse erzielten nun Kennzahlen, denen beim dichotomen Klassifikationstest lediglich mittelmäßige Klassifikationsfähigkeiten zugeschrieben worden waren. Diese Tatsache kann dadurch erklärt 599

600 601

Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 221. Diese Ergebnisse werden nur im vierten Jahr vor der Insolvenz übertroffen vom insgesamt besten Klassifikationsergebnis von 22,00% der Kennzahl Nr. 26 („Bankverbindlichkeiten / Fremdkapital“), mit der jedoch im dritten und insbesondere im zweiten Jahr vor Insolvenz keine guten Ergebnisse erzielt worden sind. Für die Kennzahlendefinitionen siehe Anhang 4. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 237. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 238.

110

werden, dass bei der multivariaten Methode auch die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Kennzahlen einbezogen werden, so dass eine Kennzahl isoliert betrachtet eine gute Trenneigenschaft haben kann, im Zusammenspiel mit anderen hingegen nicht.

Jahre vor Insolvenz

Vergleichbare niedrigste Fehlklassifikationsanteile (in Prozent) unter Verwendung der multivariaten der univariaten Diskriminanzanalyse Diskriminanzanalyse

AktG 1937 5 4 3 2

13,64 7,69 11,54 15,00

22,73 11,54 15,38 15,00

AktG 1965 5 4 3 2

45,00 22,00 25,00 25,93

30,00 22,00 30,36 24,07

Tab. 21: Vergleich zwischen multivariater und univariater Diskriminanzanalyse (Gebhardt 1980)602 Bei Unternehmen nach AktG 1937 lagen stets geringere Fehlklassifikationen vor. Die besten Ergebnisse der univariaten Diskriminanzanalyse konnten hier zum Teil leicht übertroffen werden.603 Die Normalverteilung der Kennzahlen lag nicht vor.604 Es wurde für jedes Jahr eine eigene Funktion ermittelt, so dass keine wirkliche Prognose durchgeführt werden konnte.605 Die Auswertung der Kennzahlen zeigte, dass bis zu zwei Jahre vor der Insolvenz Bilanzkennzahlen eher gute Resultate lieferten. Ab dem dritten Jahr vor der Insolvenz kamen Kennzahlen aus Zahlungssalden zur Anwendung.606

C. 2.1.3.9.

Mutchler (1985)

Die Autorin Mutchler607 analysierte in ihrer Studie den Einfluss von qualitativen Variablen auf die Klassifikationsergebnisse einer multivariaten Diskriminanzanalyse.608 Die Stichprobe 1 bil-

602 603 604 605 606 607

608

Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 260 und 262. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 265. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 243. A.A. Gebhardt, Günther (1980), S. 286. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 286. Mutchler, Jane F. (1985): A multivariate analysis of the auditor’s going-concern opinion decision. In: Journal of Accounting Research, Vol. 23, No. 2, Autumn 1985, S. 668-682. Die quantitativen und qualitativen Faktoren wurden im Jahr 1984 mit Hilfe von Interviews und Fragebögen ausgewählt. Sämtliche Teilnehmer waren Prüfer. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), Auditors perceptions of the going-concern opinion decision. In: Auditing, A Journal of Practice & Theory, Vol. 3, No. 2, Spring 1984, S. 17-30, hier S. 19.

111

deten 238 insolvente Unternehmen mit insgesamt ähnlichen Problemen.609 Dennoch erhielt eine Hälfte der Unternehmen einen uneingeschränkten, die andere Hälfte einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk. Die Autorin stellte daraus eine Unterstichprobe von 84 Unternehmen zusammen. 42 Unternehmen hatten zum ersten Mal einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erhalten, die andere Hälfte entsprach den gegenübergestellten insolventen Unternehmen aus Stichprobe 1, die keine Einschränkung des Testats erfahren hatten. Die Auswahl der Unternehmen mit uneingeschränktem Bestätigungsvermerk erfolgte aus 2.855 Industrieunternehmen anhand der Kriterien fünf bis elf der Tabelle 22, wobei wenigstens ein Sachverhalt zutreffen musste.610 Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Sachverhalte Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter Sanierung des Unternehmens (Reorganisation) Unfähigkeit zum Nachkommen von Zinszahlungen Eingeschränkter Bestätigungsvermerk im Vorjahr Unternehmen befindet sich in Liquidation Negatives Eigenkapital Negativer Cash Flow Negatives Ergebnis der Geschäftstätigkeit Negative Kennzahl „Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital“ Jahresfehlbetrag (einschließlich Unternehmen mit Jahresfehlbeträgen in mehreren aufeinander folgenden Jahren) Negatives Betriebsergebnis (einschließlich Unternehmen mit negativen Betriebsergebnissen in mehreren aufeinander folgenden Jahren)

Tab. 22: Sachverhalte zur Identifikation von problembehafteten Unternehmen (Mutchler 1985)611 Nr. 1 2 3 4 5 6

Kennzahlen Cash Flow aus Geschäftstätigkeit / Fremdkapital Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital Eigenkapital / Fremdkapital Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme Fremdkapital / Bilanzsumme Gewinn vor Steuern / Umsatzerlöse

Tab. 23: Kennzahlen der Diskriminanzanalyse (Mutchler 1985)612 Des Weiteren wurden die Unternehmen auf gute und schlechte Nachrichten untersucht. Sofern wenigstens ein positiver Faktor vorlag, wurde das Unternehmen mit dem Wert 1 kodiert, andernfalls mit dem Wert 0. Das Vorgehen wurde analog bei den negativen Unternehmensnach-

609

610 611 612

Die Unternehmen mussten Jahresabschlussdaten über einen Zeitraum von drei Jahren vorweisen. Das Ende der Geschäftsjahre lag zwischen dem 31. März 1981 und dem 28. Februar 1982. Investmentberaterfirmen, Immobiliengesellschaften sowie Öl- und Gasbohrfonds wurden ausgeschlossen. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 670. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 671. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 672. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 671-672. Diese stellten die sechs wichtigsten Kennzahlen aus der Studie von 1984 dar.

112

richten angewandt. Der Wert 1 zeigte an das Vorliegen, der Wert 0 das Fehlen negativer Hinweise.613 Schlechte Unternehmensnachrichten Verzug bei Schuldenbegleichung Veralteter Lagerbestand Verlust eines Hauptkunden Forderungsverkauf Rückstände bei Vorzugsdividenden Mitarbeiterstreik Bundessteuerpfandrecht Verlust von Einkaufsrabatten bei Lieferanten Sanierung des Unternehmens (Reorganisation) Veraltete Produkte Verlust aus einem Festpreisvertrag

Gute Unternehmensnachrichten Offene Kreditlinie Erfolgreiches neues Produkt Anstieg der Forschungs- und Entwicklungsausgaben Verkauf von Stammaktien Ausgabe einer neuen Anleihe Schuldenerlass einschließlich Vorzugsdividenden Umstrukturierung von Schulden Erhaltene Zugeständnisse von Angestellten/Lieferanten Erhaltene Verzichtserklärung für die Verletzung von Schuldverpflichtungen

Tab. 24: Gute und schlechte Unternehmensnachrichten (Mutchler 1985)614 Zusätzlich wurden die Variable „Unternehmensergebnis“ in Form der Kennzahl und die Variable „Vorjahrestestat“ berücksichtigt. Die Kennzahl „(Jahresergebnis aktuelles Geschäftsjahr / Bilanzsumme zum Ende des aktuellen Geschäftsjahres) - (Jahresergebnis Vorjahr / Bilanzsumme zum Ende des Vorjahres)“ bildete die Unternehmensleistung ab. Ein positiver Wert stand für eine Verbesserung, ein negativer für eine Verschlechterung des Unternehmensergebnisses. Die Variable „Vorjahrestestat“ drückte den Einfluss des Vorjahrestestats auf die aktuelle Testatserteilung aus. Die Autorin nahm an, dass bei Erhalt eines eingeschränkten Testats im Vorjahr im Berichtsjahr das gleiche Testat wieder erteilt werden würde. Unternehmen mit einem eingeschränkten Vorjahrestestat wurden mit dem Wert 1 versehen,615 die übrigen mit dem Wert 0. Die Quantifizierung dieser Variablen galt nur für die Stichprobe 2. Unternehmen der ersten Stichprobe hatten im ersten Jahr einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erhalten. Die Autorin entwickelte vier Diskriminanzanalysen bestehend aus sechs Kennzahlen, sechs Kennzahlen und Unternehmensnachrichten, sechs Kennzahlen und der Variablen „Unternehmensergebnis“ sowie sechs Kennzahlen und der Variablen „Vorjahrestestat“. Insgesamt wurden je zehn Durchläufe ausgeführt. Bei jedem Durchgang wurde die eine Hälfte der Grundgesamtheit zur Schätzung, die andere Hälfte zur Validierung der Ergebnisse herangezogen. Das Endergebnis bildete den Durchschnitt der zehn Zwischenresultate.616

613 614

615 616

Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 674. Es wurde angenommen, dass positive Nachrichten zu einem uneingeschränkten, negative zu einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk führen. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 675. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 675. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 676.

113

Tatsächlich EBV UBV Gesamtfehler Tatsächlich EBV UBV Gesamtfehler Tatsächlich EBV UBV Gesamtfehler Tatsächlich EBV UBV Gesamtfehler

Stichprobe 1 (N = 238) Klassifiziert als Sechs Kennzahlen EBV UBV 72,4 27,6 15,0 85,0

Stichprobe 2 (N = 84) Klassifiziert als EBV 79,1617 16,7

82,8 Sechs Kennzahlen und Unternehmensnachrichten EBV UBV EBV 72,7 27,3 71,4 17,5 82,5 19,1

UBV 20,9 83,3 83,0

80,7 80,2 Sechs Kennzahlen mit der Variablen „Unternehmensergebnis“ EBV UBV EBV 74,1 25,9 79,0 15,5 84,5 18,2

UBV 28,6 80,9

UBV 21,0 81,8

82,6 81,8 Sechs Kennzahlen mit der Variablen „Vorjahrestestat“ EBV UBV EBV UBV 71,0 29,0 Keine Anwendung 5,9 94,1 89,9

Tab. 25: Ergebnisse der vier verschiedenen Diskriminanzanalysen in Prozent (Mutchler 1985)618 Tabellenlegende: EBV = Unternehmen mit eingeschränktem Bestätigungsvermerk UBV = Unternehmen mit uneingeschränktem Bestätigungsvermerk N = Stichprobenumfang

Entgegen den Erwartungen fielen die Klassifikationsergebnisse unter Berücksichtigung der Variablen „Unternehmensnachrichten“ schlechter aus als bei der rein quantitativen Funktion. Eine Schlussfolgerung war, dass Prüfer diese Hinweise bei einer Urteilsbildung nicht berücksichtigten.619 Eine andere Erklärung war, dass diese Variable keine Trennkraft hatte, da die positiven Unternehmensnachrichten bei den Unternehmen unabhängig vom erteilten Testat fast gleichverteilt waren.620

617

618 619 620

Hier hatte die Autorin eine geringere Fehlerrate erwartet, da in Stichprobe 2 nur Unternehmen mit einem erstmalig eingeschränkten Testat enthalten waren. Ein Prüfer hatte somit eindeutig Schwierigkeiten festgestellt. Bei der Stichprobe 1 hingegen nicht, da ein Unternehmen solange einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erhält, bis die Probleme vollständig behoben worden sind, selbst wenn zwischendurch eine Verbesserung der Unternehmensleistung verzeichnet werden konnte. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 673. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 677-678. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 677. Eine Überprüfung der relativen Gewichtung der unterschiedlichen Informationen wurde nicht durchgeführt, da der Autorin kein geeignetes Vorgehen dafür bekannt war. Eine Möglichkeit wäre die Durchsicht der Arbeitspapiere. Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 678.

114

Die Diskriminanzfunktion bestehend aus sechs Kennzahlen und der Variablen „Unternehmensergebnis“ zeigte nur geringe Ergebnisdifferenzen zur rein quantitativen Diskriminanzfunktion auf (Tabelle 25). Die Klassifikationsergebnisse der Analyse sechs Kennzahlen und Variable „Vorjahrestestat“ konnten im Vergleich zur ersten Diskriminanzanalyse verbessert werden. Es schien, dass das vorangegangene Testat einen entscheidenden Einfluss auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme hatte.621

C. 2.1.3.10.

Baetge/Huß/Niehaus (1986 und 1988)

Die Autoren Baetge/Huß/Niehaus622 führten eine Untersuchung in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Vereinsbank AG, München, mit Hilfe einer linearen multivariaten Diskriminanzanalyse durch, um die oft berechtigten Nachteile der mangelnden Repräsentativität und der fehlenden praktischen Anwendbarkeit zu widerlegen.623 Als Grundgesamtheit wurden die Firmenkunden des Kreditinstituts herangezogen.624 Der Anteil der drei Jahre vor dem Eintritt einer Leistungsstörung richtig als gefährdet erkannten Unternehmen sollte mindestens 80,00% betragen. Der Fehler 1. Art sollte geringer sein als der Fehler 2. Art.625 Schlechte Unternehmen lagen vor, wenn während der Laufzeit des Kreditverhältnisses eine Leistungsstörung eingetreten war. Diese wurde definiert als endgültiger Ausfall oder als wesentlicher zeitlicher Aufschub der vertraglich vereinbarten Leistungen. Hierunter fielen rechtliche Tatbestände (u.a. Insolvenz, Vergleich), Hilfestellungen des Kreditinstituts (u.a. Tilgungsaussetzung, Forderungs- oder Zinsverzicht) sowie das Ergreifen von Maßnahmen (u.a. Einzelwertberichtigung, Sicherheitenverwertung).626 Die Leistungsstörungen mussten in der wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmen zwischen 1982 und Mitte 1985 begründet sein. Gute Unternehmen wiesen keine Leistungsstörungen auf.627 Beide Untersuchungsgruppen enthielten je 141 Unternehmen, die bezüglich Branche, Rechtsform und Größenklasse für ihre jeweilige Grundgesamtheit hoch repräsentativ waren.628 Die Jahresabschlüsse der Gruppen hatten die gleiche zeitliche Verteilung, so dass Verzerrungen durch unterschiedliche konjunkturelle Rahmenbedingungen ausgeschlossen werden konnten.

621 622

623 624

625 626 627 628

Vgl. Mutchler, Jane F. (1985), S. 679. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1986): Die statistische Auswertung von Jahresabschlüssen zur Informationsgewinnung bei der Abschlussprüfung. In: Die Wirtschaftsprüfung, 39. Jg., 1986, S. 605-613 und Baetge, Jörg/Niehaus, Hans-Jürgen (1989): Moderne Verfahren der Jahresabschlussanalyse. In: Baetge, Jörg (Hrsg.), Bilanzanalyse und Bilanzpolitik - Vorträge und Diskussionen zum neuen Recht -, Düsseldorf 1989, S. 139-174. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1986), S. 606. Ausgeschlossen wurden konzernabhängige Unternehmen, Unternehmen in überwiegend staatlichem Besitz, Unternehmen mit einer Gesamtleistung von unter 500.000 DM sowie Kreditinstitute und Versicherungsgesellschaften. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1986), S. 606. Strafrechtlich relevante Tatbestände blieben unberücksichtigt. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1986), S. 606-607. Die Unternehmen der Stichprobe mussten wenigstens drei aufeinander nach deutschem Recht aufgestellte vollständige Jahresabschlüsse vorweisen.

115

Die Ausgangsbasis bildeten 80 Kennzahlen.629 Für jede Kennzahl, mit Ausnahme der Kennzahl zur Aufwandsstruktur, bildeten die Autoren eine Arbeitshypothese. Schlussendlich verblieben 42 Kennzahlen, aufgeteilt in die sieben Gruppen „Rentabilität“, „Finanzlage“, „Liquidität“, „Kapitalstruktur“, „Anlagendeckung“, „Kurzfristige Verschuldung“ sowie „Zahlungsverhalten“. Nach Durchführung einer univariaten Diskriminanzanalyse verblieben 35 Kennzahlen. Die Kennzahl „Eigenkapitalquote“ wies die höchste Trennfähigkeit auf. Anschließend wurden die Arbeitshypothesen sowie die Anwendungsvoraussetzungen der multivariaten Diskriminanzanalyse überprüft.630 Die endgültige Diskriminanzfunktion bestand aus vier Kennzahlen. Nr. Bereich 1 Rentabilität 2 Zahlungsverhalten

3

Finanzlage

4

Kapitalstruktur

Kennzahl Cash Flow I631 / Gesamtkapital (Akzepte + Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen) × 360 / Gesamtleistung Cash Flow II632 / Kurzfristiges Fremdkapital Wirtschaftliches Eigenkapital / Gesamtkapital

Erklärung des Ergebnisses 60,00% 20,00%

10,00% 10,00%

Tab. 26: Diskriminanzfunktion bestehend aus vier Kennzahlen (Baetge/Huß/Niehaus 1986)633 Die Validierung der Diskriminanzfunktion anhand der mehr als 40.000 Jahresabschlüsse aus den Jahren 1981 bis 1983 ergab, dass der Fehler 2. Art kaum von dem der Stichprobe abwich. Der Fehler 1. Art lag jetzt zwischen 9,70% und 12,80%. Die Jahresabschlüsse waren für die Diskriminanzfunktion unbekannt und enthielten auch Abschlüsse von den zu Beginn ausgeschlossenen Unternehmen,634 so dass Klassifikationsergebnisse folglich nicht stichprobenspezifisch waren.635 Die Autoren Baetge/Huß/Niehaus modifizierten zwei Jahre später ihre Testbedingungen.636 Es wurden keine Unternehmen in die Stichprobe gewählt, die ein negatives Eigenkapital aus-

629

630 631

632

633

634 635 636

Die Auswahlkriterien waren häufige praktische Anwendungen sowie die herrschende Literaturmeinung über eine sehr gute Trennfähigkeit. Kennzahlen mit identischem Informationsgehalt wurden selektiert. Der Kennzahlenkatalog war in den Publikationen nicht enthalten. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1986), S. 608-609. Definition von Erfolgsindikator Cash Flow I = Betriebsergebnis + Normalabschreibungen + Zuführungen zu Pensionsrückstellungen. Definition von Finanzindikator Cash Flow II = Finanzwirksame Erträge (einschließlich Außerordentlicher Erträge) - Finanzwirksame Aufwendungen (einschließlich Außerordentlicher Aufwendungen). Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1986), S. 610. Die Koeffizienten wurden nicht publiziert, um auszuschließen, dass Unternehmen mit Hilfe von bilanzpolitischen Maßnahmen oder Manipulationen eine Zugehörigkeit zu der Gruppe der guten Unternehmen vortäuschen konnten. Siehe Fußnote 624. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1986), S. 610. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1988): Die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens mit Hilfe der statistischen Jahresabschlussanalyse. In: Lücke, Wolfgang (Hrsg.), Betriebswirtschaftliche Steuerungs- und Kontrollprobleme: wissenschaftliche Tagung des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V. an der Universität Göttingen 1987, Wiesbaden 1988, S. 19-31.

116

wiesen. Die Zielsetzung sowie die Grundaussagen blieben unverändert, die Ergebnisse variierten im Detail.637 Die drei trennfähigsten Kennzahlen waren nun: Nr. Bereich 1 Kapitalstruktur 2 3

Rentabilität Finanzlage

Kennzahl Wirtschaftliches Eigenkapital638 / (Gesamtkapital - Flüssige Mittel - Immobilien) Cash Flow I639 / Gesamtkapital Cash Flow II640 / Kurzfristiges Fremdkapital

Erklärung des Ergebnisses 69,00% 24,00% 7,00%

Tab. 27: Diskriminanzfunktion bestehend aus drei Kennzahlen (Baetge/Huß/Niehaus 1988)641 Als entscheidende Veränderung ist die Einführung des Graubereichs zu nennen. Dieser galt für Unternehmen, deren Diskriminanzwert nicht deutlich ober- oder unterhalb des Cut-off-Wertes lag und deren Klassifizierung damit nur unter Unsicherheit vorgenommen werden konnte. Klassifikation als642 Tatsächlicher Zustand Weiß643 Schwarz

Weiß Grau 3 Jahre vor Leistungsstörung 53,30% 23,30% 5,60% 13,30%

Schwarz

Weiß Schwarz

2 Jahre vor Leistungsstörung 52,20% 24,40% 0,00% 11,10%

23,30%644 88,90%

Weiß Schwarz

1 Jahr vor Leistungsstörung 48,90% 25,60% 0,00% 4,40%

25,60% 95,60%

23,30% 81,10%

Tab. 28: Klassifikationsergebnisse der Teststichprobe (Baetge/Huß/Niehaus 1988)645

637 638

639

640

641 642 643

644

645

Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1988), S. 25. Definition von Wirtschaftliches Eigenkapital = Haftendes Eigenkapital (= Gezeichnetes Kapital + Rücklagen + Ergebnisvortrag) + Sonderposten mit Rücklageanteil + Gesellschafterdarlehen - Forderungen an nicht persönlich haftende Gesellschafter - Ausstehende Einlagen. Definition von Cash Flow I (Erfolgsindikator) = Betriebsergebnis + Normalabschreibungen + Zuführungen zu Pensionsrückstellungen. Definition von Cash Flow II (Finanzindikator) = Finanzwirksame Erträge (einschließlich Außerordentlicher Erträge) - Finanzwirksame Aufwendungen (einschließlich Außerordentlicher Aufwendungen). Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1988), S. 25. „Weiß“ stand für gute, „Schwarz“ für kranke und „Grau“ für nicht direkt zuordbare Unternehmen. Die tatsächlich nicht leistungsgestörten Unternehmen befanden sich definitionsgemäß nicht ein, zwei oder drei Jahr(e) vor dem Eintritt einer Leistungsstörung. Die Autoren hatten aber die zeitliche Struktur der Jahresabschlüsse dieser Unternehmen an die der tatsächlich leistungsgestörten so angepasst, dass in beiden Gruppen in den Jahren vor der Leistungsstörung jeweils die gleiche Zahl von Jahresabschlüssen mit einem bestimmten Stichtag vorlag. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, HansJürgen (1988), S. 26. In einer späteren Veröffentlichung wird für den gleichen Sachverhalt der Wert dieser Zelle mit 23,20% angegeben. Vgl. Baetge, Jörg/Niehaus, Hans-Jürgen (1989), S. 155. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1988), S. 27.

117

Als Validierungsstichprobe wurden sämtliche Jahresabschlüsse der Firmenkunden bestimmt. Es wurden für den Zeitraum 1981 bis 1985 gute Klassifikationsergebnisse erzielt. Klassifikation als Weiß Grau Klassifikation nicht leistungsgestörter Unternehmen 50,70% 22,40% 51,00% 21,70% 51,90% 21,20% 50,10% 22,50% 48,30% 23,10%

Jahr 1981 1982 1983 1984 1985 3 2 1

Schwarz 26,90% 27,30% 26,90% 27,40% 28,50%

Klassifikation leistungsgestörter Unternehmen / Jahr(e) vor Leistungsstörung 7,30% 10,30% 82,40% 6,60% 9,70% 83,70% 5,30% 4,90% 89,80%

Tab. 29: Klassifikationsergebnisse der Validierungsstichprobe (Baetge/Huß/Niehaus 1988)646 Die von den Autoren entwickelte Diskriminanzfunktion konnte ihre Klassifikationsleistung hinsichtlich sämtlicher Jahresabschlüsse der Bank behaupten. Sie bewies somit eine relative Stabilität über den gesamten Untersuchungszeitraum.647

C. 2.1.3.11.

Odom/Sharda (1990)

Eine der ersten Studien zur Unternehmensklassifikation mit künstlichen neuronalen Netzen geht auf Odom/Sharda648 aus dem Jahr 1990 zurück, in der sie einen Vergleich mit der multivariaten Diskriminanzanalyse durchführten.649 Die Grundgesamtheit setzte sich aus 129 Unternehmen zusammen, wovon 65 Unternehmen zwischen 1975 und 1982 insolvent geworden waren.650 Die übrigen 64 solventen Unternehmen wurden nach den Kriterien „Branche“ und „Jahr“ den insolventen gegenübergestellt. Die Trainingsstichprobe umfasste 38 insolvente und 36 solvente, die Validierungsstichprobe 27 insolvente und 28 solvente Unternehmen.651 Für die Untersuchung zogen die Autoren von den insolventen Unternehmen die Daten ein Jahr vor Eintritt der Insolvenz heran. Als Vergleichsverfahren der multivariaten Diskriminanzanalyse diente die Studie Altman’s aus dem Jahr 1968,652 deren fünf Kennzahlen auf beide Ansätze angewandt wurden. Das von den

646 647 648

649 650

651 652

Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1988), S. 28. Vgl. Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1988), S. 27. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990): A neural network model for bankruptcy prediction. In: Proceedings of the International Joint Conference Neural Networks, Vol. 2, San Diego 1990, S. 163168. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990), S. 163. Zdrowomyslaw geht irrtümlich nur von 64 Unternehmen aus. Vgl. Zdrowomyslaw, Norbert (2001), S. 669. Die Jahresabschlüsse wurden der Datenbank Moody´s Industrial Manuals entnommen. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990), S. 164. Für weitere Informationen zur Studie von Altman siehe Kapitel C. 2.1.3.4.

118

Autoren entwickelte künstliche neuronale Netz bestand aus drei Schichten653 und wurde mit dem Backpropagation-Algorithmus trainiert. Die Kodierung lautete für den Wert 0 insolvent und für den Wert 1 solvent. Der Cut-off-Wert lag bei 0,5.654 Die Ergebnisse der multivariaten Diskriminanzanalyse und des künstlichen neuronalen Netzes werden in Tabelle 30 dargestellt. Trainingsstichprobe Validierungsstichprobe

Verfahren MDA KNN MDA KNN

Fehler 1. Art 5 (13,16%) 0 (0,00%) 11 (40,74%) 5 (18,52%)

Fehler 2. Art 0 (0,00%) 0 (0,00%) 3 (10,71%) 5 (17,86%)

Gesamtfehler 5 (6,76%) 0 (0,00%) 14 (25,45%) 10 (18,18%)

Tab. 30: Ergebnisvergleich der Verfahren multivariate Diskriminanzanalyse und künstliches neuronales Netz (Odom/Sharda 1990)655 Tabellenlegende: MDA = Multivariate Diskriminanzanalyse KNN = Künstliches neuronales Netz

Zusätzlich testeten die Autoren die Robustheit der beiden Verfahren. Sie bildeten nacheinander drei Stichproben. In der ersten Stichprobe wurde die Grundgesamtheit hälftig aufgeteilt.656 Die zweite Stichprobe bestand aus 80,00% solventen (36) und 20,00% insolventen Unternehmen (9). Die letzte Stichprobe hatte ein Verhältnis von 90,00% solventen (36) zu 10,00% insolventen Unternehmen (4). Die Ergebnisse variierten leicht. Insgesamt erzielte das künstliche neuronale Netz sowohl bei den Originaldaten als auch bei der Validierungsstichprobe im Vergleich zur multivariaten Diskriminanzanalyse stets bessere Klassifikationsergebnisse.657 50,00% Insolvent

50,00%

Trainingsstichprobe 20,00% 80,00%

10,00%

90,00%

Solvent

Tatsächlich Insolvent Solvent

Insolvent

Solvent

Klassifiziert als Insolvent 16 (59,26%) Solvent 3 (10,71%)

Multivariate Diskriminanzanalyse 11 (40,74%) 19 (70,37%) 8 (29,63%) 16 (59,26%) 25 (89,29%) 4 (14,29%) 24 (85,71%) 6 (21,43%)

Insolvent Solvent

5 (18,51%) 23 (82,14%)

22 (81,48%) 5 (17,86%)

Künstliches neuronales Netz 21 (77,78%) 6 (22,22%) 6 (21,43%) 22 (78,57%)

21 (77,78%) 4 (14,29%)

11 (40,74%) 22 (78,57%) 6 (22,22%) 24 (85,71%)

Tab. 31: Ergebnisvergleich der Verfahren multivariate Diskriminanzanalyse und künstliches neuronales Netz beim Test auf Robustheit (Odom/Sharda 1990)658

653

654 655 656 657 658

In der Eingabe- und der versteckten Schicht entsprachen sich jeweils die Anzahl der Knoten und die der Kennzahlen. Ein Knoten bildete die Ausgabeschicht. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990), S. 165. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990), S. 164-166. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990), S. 165. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990), S. 167. Vgl. Odom, Marcus D./Sharda, Ramesh (1990), S. 166.

119

C. 2.1.3.12.

Tam (1991)

Ein Jahr später veröffentlichte Tam659 eine Studie, in der ein künstliches neuronales Netz für die Insolvenzfrüherkennung bei Kreditinstituten entwickelt und dessen Ergebnisse mit anderen statistischen Verfahren sowie computergestützten Techniken verglichen wurde. Die Schwerpunkte dieser Untersuchung lagen bei den Kriterien „Robustheit“, „Prognose-“, „Anpassungs-“ und „Erklärungsfähigkeit“ der Verfahren.660 Der Autor berücksichtigte das künstliche neuronale Netz661, die lineare multivariate Diskriminanzanalyse, die faktorlogistische Regressionsanalyse662, das k Nearest-Neighbor-Verfahren und das Entscheidungsbaumverfahren (ID 3).663 Die Daten der Stichprobe stammten von texanischen Kreditinstituten, die im Zeitraum von 1985 bis 1987 insolvent geworden waren. Die Auswertung umfasste die Informationen der letzten beiden Jahre vor Eintritt der Insolvenz. Die Trainingsstichprobe enthielt für jede Periode jeweils 118 Kreditinstitute, 59 insolvente und 59 solvente. Die solventen Banken wurden anhand der Kriterien „Unternehmensgröße“, „Anzahl der Zweigstellen“, „Unternehmensalter“ und „Art der Konzession“ als solvent bewertet.664 Der Kennzahlenkatalog beinhaltete 19 Kennzahlen, die bereits in früheren Studien angewandt und in vier Kategorien eingeteilt wurden.

659

660 661

662

663

664

Tam, Kar Yan (1991): Neural network models and the prediction of bank bankruptcy. In: OMEGA International Journal of Management Science, Vol. 19, Iss. 5, 1991, S. 429-445. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 430. Das hier verwendete feedforward künstliche neuronale Netz wurde anhand des BackpropagationAlgorithmus trainiert. Bei einer „feedforward“-Verarbeitung sind Verbindungen zwischen Knoten innerhalb einer Schicht und Verbindungen von einer Schicht zu einer vorangegangenen Schicht (sog. Rückkopplung) ausgeschlossen. Bei der Informationsweitergabe ist das Überspringen von Schichten aber möglich. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 433-435. Der Begriff „Backpropagation-Algorithmus“ steht für eine rückwärtsgerichtete Modifikation der Gewichte (von der Ausgabe- zur Eingabeschicht). Im Rahmen einer Fehlerfunktion wird der Fehler zwischen Soll-Ausgabe und der vom Netz berechneten Ausgabe ermittelt. Ausgangspunkt hierfür ist die Ausgabeschicht, so dass nur der Beitrag der Verbindung direkt bestimmt werden kann, die unmittelbar zur Ausgabeschicht führt. Für die anderen Gewichte wird eine Fortführung (propagation) des Fehlers von der Ausgabeschicht zur Eingabeschicht unterstellt, so dass die Veränderung der Gewichte rückwärtsgerichtet verläuft (back). Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 764. Bei der faktorlogistischen Regressionsanalyse wurde zunächst eine Faktoranalyse durchgeführt, um die trennfähigsten Faktoren zu erkennen. Im zweiten Schritt wurden die Kennzahlen nicht direkt verwendet, sondern jede Beobachtung wurde anhand eines Faktorwertes beschrieben. Diese transformierten Beobachtungen dienten zur Schätzung der Koeffizienten des logistischen Modells. Jeder Bank wurde eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet, mit der sie ein Probleminstitut darstellte. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 432. Das ID3 ist ein univariates Entscheidungsbaumverfahren, bei dem ein Klassifikationsbaum entwickelt wird, der die Gruppen am besten trennt. Das Teilungskriterium ist die Maximierung der Inhomogenität zwischen den Untergruppen. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 432; Windeatt, Terry/Ardeshir, Gholamreza (2004), S. 750. Zu den computergestützten Verfahren zählen das künstliche neuronale Netz und das Entscheidungsbaumverfahren. Die multivariate Diskriminanzanalyse, die faktorlogistische Regressionsanalyse und das k Nearest-Neighbor-Verfahren stellen die statistischen Verfahren dar. Mit Ausnahme der Diskriminanzanalyse lagen verteilungsfreie Verfahren vor. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 430-432. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 435.

120

Nr. Beschreibung 1 Eigenkapital / Bilanzsumme 2 (Kredite für landwirtschaftliche Betriebe + landwirtschaftliche Hypothekendarlehen nebst Grundschulden) / Darlehensbestand 3 Firmenkundenkredite / Darlehensbestand 4 Privatkundenkredite / Darlehensbestand 5 Immobiliendarlehen / Darlehensbestand 6 Seit mindestens 90 Tagen überfällige Darlehen / Darlehensbestand 7 Nicht rückstellungspflichtige Darlehen / Darlehensbestand 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

Rückstellungen für Darlehensausfälle / Durchschnittlicher Darlehensbestand Wertberichtigungen / Durchschnittlicher Darlehensbestand Rendite aus Durchschnittsaktiva Zinsaufwand auf Bankguthaben / Bankguthaben Gesamtaufwand / Bilanzsumme Gesamteinkommen / Bilanzsumme (Darlehenszinsen und -gebühren + Einkommen aus Leasingverhältnissen) / Darlehensbestand Jahresergebnis / Gesamtaufwand (Kasse + Schatzbriefe) / Bilanzsumme (Verkaufte Bundesgelder + Sicherheiten) / Bilanzsumme Darlehensbestand / Bilanzsumme Darlehensbestand / Bankguthaben

Kategorie Anwendung Kapitalausstattung DA6, DA7, ID2 Aktivaqualität DA7

Aktivaqualität Aktivaqualität Aktivaqualität Aktivaqualität Aktivaqualität

DA6, ID1 DA6 ID1, ID2 DA6, DA7, ID1, ID2

Aktivaqualität Aktivaqualität Aktivaqualität Ertragslage Ertragslage Ertragslage Ertragslage Ertragslage Liquidität Liquidität Liquidität Liquidität

ID1, ID2 ID2 DA6, ID1, ID2 DA7

DA7, ID2 DA7 ID2 ID1

Tab. 32: Überblick der verwendeten Kennzahlen (Tam 1991)665 Für die Diskriminanzanalyse bildeten die 19 Kennzahlen die Ausgangsbasis.666 Für die 1Jahres-Periode wurden einschließlich des konstanten Faktors sechs (DA6), für die 2-Jahres-Periode sieben Variablen (DA7) bestimmt. Eine vereinfachte Diskriminanzfunktion mit nur vier Kennzahlen (DA4) wurde zusätzlich für jede Periode erstellt. Die faktorlogistische Regression (Faktorlog) lieferte die besten Ergebnisse mit neun Variablen.667 Es wurden zwei k NearestNeighbor-Verfahren entwickelt. Beim Verfahren K1 mit k = 1 wurde das zu untersuchende Kreditinstitut der Gruppe zugeordnet, in der das nächst ähnliche Institut enthalten war. Beim Ansatz K3 mit k = 3 erfolgte die Gruppenzuordnung, wenn die Gruppe die Mehrheit der drei nächst ähnlichen Institute beinhaltete. Beim Entscheidungsbaumverfahren kamen von den 19 Kennzahlen in der 1-Jahres-Periode (ID1) lediglich sechs, in der 2-Jahres-Periode (ID2) acht Kennzahlen zur Anwendung, wobei vier Variablen in beiden Modellen enthalten waren. Ferner wurden zwei künstliche neuronale Netze gebildet, die sich in der Anzahl der Knoten in der versteckten Schicht unterschieden. NN0 enthielt keine Knoten in der versteckten Schicht, so 665 666

667

Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 435. Die Normalverteilung der Kennzahlen konnte lediglich für vier Kennzahlen in der 1-Jahres-Periode und eine Kennzahl in der 2-Jahres-Periode bestätigt werden. Eine Transformation der übrigen Kennzahlen in den natürlichen Logarithmus führte zu keiner wesentlichen Verbesserung, so dass die Originalkennzahlen im Rahmen der Diskriminanzanalyse beibehalten wurden. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 435-436. Der Aufsatz erhält keine Angaben über die ausgewählten Kennzahlen.

121

dass sich das Netz aus lediglich zwei Schichten zusammensetzte. Beim NN10 hingegen waren zehn Knoten in der versteckten Schicht eingebaut (3-Schichten-Netz).668 Fünf verschiedene Gewichtungen wurden zufällig für jede Methode ermittelt. Die Klassifikationsgenauigkeit eines jeden Durchganges wurde anhand der Gesamtfehlerrate gemessen. Das Endergebnis stellte den Median der Durchläufe dar.669 In % 1-Jahres-Periode 2-Jahres-Periode Verfahren Fehler 1. Art Fehler 2. Art Gesamtfehler Fehler 1. Art Fehler 2. Art Gesamtfehler Trainingsstichprobe 6,80 18,60 12,70 k.A. k.A. k.A. DA6 6,80 23,70 15,30 20,30 23,70 22,00 DA4 k.A. k.A. k.A. 10,20 18,60 14,40 DA7 11,90 13,50 12,70 16,90 11,90 14,40 Faktorlog 37,30 23,70 30,50 32,20 32,20 32,20 K1 35,60 25,40 30,50 37,30 32,20 34,80 K3 10,20 5,10 7,70 13,50 5,10 9,30 ID3 5,00 11,00 8,00 10,20 11,90 11,00 NN0 0,00 7,60 4,10 6,70 10,20 8,50 NN10 Validierungsstichprobe670 40,90 9,10 25,00 k.A. k.A. k.A. DA6 18,20 36,40 27,30 25,00 40,00 32,50 DA4 k.A. k.A. k.A. 25,00 5,00 15,00 DA7 36,40 9,10 22,70 30,00 0,00 15,00 Faktorlog 40,90 4,60 22,80 20,00 25,00 22,50 K1 36,40 9,10 22,80 30,00 10,00 20,00 K3 22,70 18,20 20,50 40,00 5,00 22,50 ID3 31,80 4,50 18,20 20,00 12,60 16,30 NN0 18,20 11,40 14,80 2,50 20,00 11,30 NN10

Tab. 33: Übersicht der Ergebnisse aller angewandten Verfahren (Tam 1991)671 Im Rahmen der Trainingsstichprobe wies die Funktion DA4 im Vergleich zu den Diskriminanzfunktionen DA6 und DA7 in beiden Untersuchungsperioden höchstens gleich gute, meist jedoch schlechtere Klassifikationsraten auf. Bei den k Nearest-Neighbor-Modellen war das K1 bei der 2-Jahres-Periode besser als das K3. In der 1-Jahres-Periode hatten beide Modelle die gleiche Gesamtfehlerrate, die Fehler 1. und 2. Art unterschieden sich jedoch. Das NN10 klassifizierte in beiden Untersuchungsperioden die Unternehmen stets besser als das NN0. Zudem wies NN10 immer den geringsten Fehler 1. Art und die niedrigste Gesamtfehlerrate im Vergleich zu allen anderen Verfahren auf. Die geringsten Fehler 2. Art ergaben sich in beiden Untersuchungen beim Entscheidungsbaumverfahren. Hinsichtlich der Gesamtfehlerraten hatten die k NearestNeighbor-Modelle deutlich die schlechtesten Ergebnisse erzielt. Auch bei der Validierungsstich668 669 670

671

Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 436. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 437. Eine Validierungsstichprobe wurde für beide Untersuchungsperioden ermittelt. In der 1-JahresPeriode wurden insgesamt 44, in der 2-Jahres-Periode 40 Kreditinstitute zusammengefasst. Beide Stichproben setzten sich zu je einer Hälfte aus solventen und insolventen Instituten zusammen. Die paarweise Selektion erfolgte wie bei der Grundgesamtheit. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 441. Vgl. Tam, Kar Yan (1991), S. 440-441.

122

probe dominierte NN10 alle Ansätze bezogen auf den Fehler 1. Art und die Gesamtfehlerrate. Das NN0 hatte zwar einen geringeren Fehler 1. Art, jedoch eine höhere Gesamtfehlerrate als DA7 und die faktorlogistische Regressionsanalyse.

C. 2.1.3.13.

Feidicker (1992)

Der Autor Feidicker672 entwickelte im Rahmen seiner Untersuchung im Jahr 1992 mit der Allgemeinen Kreditversicherung AG, Mainz, einen Bonitätsindikator. Kennzahlen sollten so kombiniert und gewichtet werden, dass die Klassifikation von Unternehmen geringere Fehlerraten aufwies als bei der traditionellen Jahresabschlussanalyse. Sein Auswahlkriterium für insolvente Unternehmen fasste die Insolvenz, den Vergleich, die Haftanordnung gegen einen Einzelunternehmer zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, bekannt gewordene Scheckoder Wechselproteste sowie das Einberufen eines Stundungsvergleichs zusammen.673 Die Studie erstreckte sich auf die Jahre 1984 bis Ende 1987 und auf die Rechnungslegung nach HGB 1985.674 Die Grundgesamtheit umfasste 8.129 Unternehmen, 655 insolvente und 7.474 solvente.675 Die Stichprobe enthielt pro Jahr 112 solvente und 112 insolvente Unternehmen,676 die nach den drei Größenklassen gemäß § 267 HGB, nach der Rechtsform sowie nach Branchen sortiert wurden.677 Die Auswahl der Kennzahlen unterlag verschiedenen Restriktionen. Es wurden nur Verhältniszahlen verwendet, die sich aus den Daten der Jahresabschlüsse errechnen ließen. Es sollte eine unternehmensgrößenunspezifische Darstellung gewährleistet werden. Zudem sollte der Nenner nicht leicht den Wert 0 oder Zähler und Nenner einen negativen Wert annehmen können.678 Im

672

673 674

675

676

677

678

Feidicker, Markus (1992): Kreditwürdigkeitsprüfung - Entwicklung eines Bonitätsindikators, dargestellt am Beispiel von Kreditversicherungsunternehmen, Düsseldorf 1992. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 37 Vor 1984 konnten keine Jahresabschlüsse berücksichtigt werden, da die maschinelle Datenerfassung bei der Kreditversicherung erst seitdem durchgeführt wurde. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 40. Die Grundgesamtheit enthielt keine Jahresabschlüsse von Rumpfgeschäftsjahren. Zudem musste wenigstens ein Jahresabschluss vollständig elektronisch erfasst sein. Die Unternehmen hatten eine Gesamtleistung (definiert als „Umsatzerlöse ± Bestandsveränderung + Aktivierte Eigenleistung“) von mindestens 500.000 DM in allen drei Jahren. Jahresabschlüsse von Kreditinstituten, Versicherungen, Unternehmen mit einem Staatsanteil von über 75,00%, konzernabhängige Unternehmen sowie eindeutige Betrugsfälle wurden von der Untersuchung ausgeschlossen. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 41-42. Repräsentativitätstests ergaben, dass die solventen und insolventen Unternehmen bezüglich der Rechtsform sehr charakteristisch für ihre jeweilige Grundgesamtheit waren. Für die solventen Unternehmen galt dies auch für die Kriterien „Branche“ und „Größenklasse“. Bei den insolventen Unternehmen war die Branche des verarbeitenden Gewerbes leicht überdurchschnittlich vertreten. Hinsichtlich der Unternehmensgröße waren in der Stichprobe durchschnittlich weniger kleine und mehr große Unternehmen enthalten. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 45-47. Die damals gültigen Werte für den Posten „Umsatz“ hinsichtlich der Größenklassen waren für kleine Kapitalgesellschaften bis acht Mio. DM, für mittelgroße zwischen acht und 32 Mio. DM sowie für große über 32 Mio. DM. Bei der Rechtsform wurde zwischen Kapitalgesellschaft und Nichtkapitalgesellschaft unterschieden. Bei der Branche erfolgte eine Vierteilung: Verarbeitendes Gewerbe, Handel, Baugewerbe und sonstige Branchen. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 47. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 56-57.

123

Rahmen der Clusteranalyse wurden acht Kennzahlengruppen gebildet.679 Mit einer schrittweisen Diskriminanzanalyse wurde die trennfähigste Kennzahl jedes Clusters ausgewählt. Im weiteren Verlauf wurden alle übrigen Kennzahlen dieses Clusters ausgesondert. Dieses Verfahren wurde so lange durchgeführt bis für jeden Cluster eine Kennzahl ausgewählt war.680 Der Autor ermittelte eine Diskriminanzfunktion bestehend aus vier Kennzahlen für einen Zeitraum von drei Jahren.681 Die Kennzahl „Eigenkapital / Bilanzsumme“ war die trennschärfste.682 Tatsächlich Insolvent

Solvent

Jahr(e) vor Insolvenz 3 2 1 3 2 1

Weiß 16,10% 12,50% 3,60% 74,10% 70,40% 73,20%

Schwarz 83,90% 87,50% 96,40% 25,90% 29,60% 26,80%

Tab. 34: Klassifikationsergebnisse der Stichprobe (Feidicker 1992)683 Kennzahl Cash Flow I684 / Kurzfristiges Fremdkapital Wirtschaftliches Eigenkapital II685 / Bilanzsumme (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen + Akzepte + Kurzfristige Bankverbindlichkeiten) / Fremdkapital Gesamtverschuldung686 / Umsatz

Erklärung des Ergebnisses 25,51% 31,14% 13,78% 29,57%

Tab. 35: Klassifikationsfähigkeit der Kennzahlen (Feidicker 1992)687

679

680 681

682 683 684

685

686

687

Die Cluster hießen „Kapitalstruktur“, „Liquidität“, „Finanzkraft“, „Rentabilität“, „Kapitalumschlag im Umlaufvermögen“, „Kurzfristige Verschuldung“, „Zahlungsverhalten“ sowie „Sonstige“. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 129. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 131. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 90. Die Koeffizienten wurden aus Wettbewerbsgründen nicht veröffentlicht. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 220. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 164. Definition von Cash Flow I (Ertragswirtschaftlicher Cash Flow) = Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag + Abschreibungen - Erträge aus dem Abgang von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens Erträge aus der Zuschreibung von Forderungen - Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen Erträge aus der Auflösung von Sonderposten mit Rücklageanteil + Verluste aus dem Abgang von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens + Verluste aus dem Abgang von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens + Einstellung in Sonderposten mit Rücklageanteil + Steuern vom Einkommen und vom Ertrag - (Zufließendes) Ergebnis aus Unternehmensverträgen + Außerordentliche Aufwendungen - Außerordentliche Erträge. Definition von Haftendes Eigenkapital = Gezeichnetes Kapital + Rücklagen + Gewinn- bzw. Verlustvortrag + Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag (oder Bilanzgewinn bzw. -verlust) - Aufwendungen für Ingangsetzung und Erweiterung. Definition von Wirtschaftliches Eigenkapital I = Haftendes Eigenkapital - Ausstehende Einlagen + 50,00% des Sonderpostens mit Rücklageanteil + Nicht haftende Gesellschafterdarlehen. Definition von Wirtschaftliches Eigenkapital II = Wirtschaftliches Eigenkapital I + 50,00% des Sonderpostens mit Rücklageanteil. Definition von Gesamtverschuldung = Gesamtes Fremdkapital ohne lang- und mittelfristige Rückstellungen - Wertberichtigungen im Umlaufvermögen - Passiver Rechnungsabgrenzungsposten Flüssige Mittel (Kasse, Bank, Wechsel, Scheck). Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 63, 67 und 69.

124

Die Validierung dieser Diskriminanzfunktion erfolgte mit Hilfe von 526 insolventen und 5.340 solventen Unternehmen. Klassifiziert als Tatsächlich Schwarz

Weiß

Jahr(e) vor Insolvenz 3 2 1 1983 1984 1985 1986

Weiß 14,20% 10,80% 12,40% 65,20% 62,50% 60,70% 63,20%

Schwarz 85,80% 89,20% 87,60% 34,80% 37,50% 39,30% 36,80%

Tab. 36: Klassifikationsergebnisse der Validierungsstichprobe (Feidicker 1992)688 Eine weitere Validierung wurde anhand von 214 insolventen und 1.150 solventen Unternehmen durchgeführt, die nach HGB 1986 bilanzierten. Klassifiziert als Tatsächlich Schwarz Weiß

Jahr(e) vor Insolvenz 2 1

Weiß 10,40 5,80

Schwarz 89,60 94,20

1987 1988 1989

67,70 65,00 65,40

32,30 35,00 34,60

Tab. 37: Klassifikationsergebnisse der Validierungsstichprobe „HGB 1986“ (Feidicker 1992)689

C. 2.1.3.14.

Blochwitz/Eigermann (2000)

Die Autoren Blochwitz/Eigermann690 veröffentlichten im Jahr 2000 eine Studie, in der sie neben quantitativen auch zwei qualitative Faktoren „Bilanzierungsverhalten“ und „Deckungsgrad des Anlagevermögens“ im Rahmen einer Diskriminanzanalyse berücksichtigten.691 Die Verarbeitung von qualitativen Hinweisen setzt deren Quantifizierung voraus. Dabei erfolgt eine Zuordnung reeller Zahlen zu verschiedenen Ausprägungen des qualitativen Merkmals.692

688 689 690

691 692

Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 170. Vgl. Feidicker, Markus (1992), S. 172. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000): Unternehmensbeurteilung durch Diskriminanzanalyse mit qualitativen Merkmalen. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 52. Jg., Februar 2000, S. 58-73. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 59 und 62. Hierbei waren die Festlegung der Anzahl der Abstufungen sowie die Bestimmung des am besten geeigneten mathematischen Verfahrens für eine optimale Zuordnung von großer Bedeutung. Als mathematisches Verfahren wurde die Lancester-Skalierung herangezogen. Hier wird die Korrelation zwischen der Skalenvariablen (qualitatives Merkmal) und der Kriteriumsvariablen (Eigenschaft, ob zugehöriges Unternehmen insolvent oder solvent ist) maximiert. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 59-61. Für weitere Informationen zur Lancester-Skalierung siehe Hartung, Joachim/ Elpelt, Bärbel (1995): Multivariate Statistik: Lehr- und Handbuch der angewandten Statistik, 5. Aufl., München 1995, S. 284-288.

125

Das Bilanzierungsverhalten wurde anhand der Analyse von Anhangangaben in progressiv (gewinnsteigernd) und konservativ (gewinnmindernd) unterteilt.693 Das Datenmaterial stammte von Küting, der 200 solvente Konzerne aus den Jahren 1994 und 1996 nach dem Saarbrücker Modell ausgewertet und veröffentlicht hatte.694 Die Grundlage bildete die empirisch bestätigte Regel, dass sich gesunde Unternehmen durch konservative Bilanzpolitik tendenziell ärmer und sich kranke durch progressives Bilanzierungsverhalten reicher rechnen.695 Die Variable „Bilanzierungsverhalten“ wurde in sieben Kategorien abgestuft.696 Das von Küting ermittelte Bilanzierungsverhalten des Konzerns wurde auf den aussagefähigsten Einzelabschluss übertragen.697 Insgesamt wurden 150 Einzelabschlüsse bestimmt. Diesen stellten die Autoren eine entsprechende Anzahl an insolventen Unternehmen mit Jahresabschlüssen aus dem gleichen Jahr oder dem Vorjahr gegenüber.698 Da über das genaue Bilanzierungsverhalten der kranken Unternehmen keine Informationen vorlagen, wurde die Einstufung eines jeden Unternehmens gemäß der Datenaufteilung des jeweiligen Modells per Zufallsauswahl festgelegt.699 Die Autoren entwickelten fünf Modelle:700

693 694 695 696

697

698

699 700 701

702

703

704

705

-

Modell ausschließlich progressiv bilanzierender Unternehmen701

-

Modell tendenziell ausschließlich progressiv bilanzierender Unternehmen702

-

Modell progressiv bilanzierender Unternehmen703

-

Modell nicht konservativ bilanzierender Unternehmen704

-

Modell tendenziell nicht konservativ bilanzierender Unternehmen705.

Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 62. Vgl. die Ausführungen zum Saarbrücker Modell im Kapitel C. 2.1.2.1.3. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 62. Die Kategorien waren „Ausschließlich konservativ“, „Konservativ überwiegt eindeutig“, „Konservativ überwiegt nicht eindeutig“, „Progressiv überwiegt“, „Progressiv überwiegt eindeutig“ sowie „Ausschließlich progressiv“. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 62. Die Jahresabschlüsse von Konzernmüttern wurden ausgeschlossen. Erfahrungsgemäß entsprach die Bilanzpolitik im Einzelabschluss der des Konzernabschlusses. Der Einzelabschluss musste den Hauptgeschäftsbereich des Konzerns am besten abbilden. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 62. Auf Grund des geringen Stichprobenumfangs wurde von einer Differenzierung nach Kriterien, wie z.B. Branche, abgesehen und Vorjahresabschlüsse wurden zugelassen. Diese wurden in der Regel zwei oder drei Jahre vor dem Insolvenzjahr aufgestellt, so dass der Prognosehorizont der Ergebnisse in diesem Bereich lag. Alle Daten wurden der Bundesbank-Datenbank entnommen. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 62. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 64. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 63. Allen insolventen Unternehmen wurde ein ausschließlich progressives Bilanzierungsverhalten unterstellt. Allen insolventen Unternehmen wurde ein progressives Bilanzierungsverhalten unterstellt, wobei das Verhältnis der Unternehmen in den drei Bilanzierungsklassen „Ausschließlich progressiv“, „Progressiv überwiegt eindeutig“ und „Progressiv überwiegt“ 3:2:1 betrug. Alle Unternehmen bilanzierten progressiv. Die Anzahl der Unternehmen in jeder Bilanzierungsklasse war gleich. Alle Unternehmen bilanzierten nicht konservativ. Auf jede der drei progressiven Bilanzierungsklassen und der Klasse „Konservativ überwiegt nicht eindeutig“ entfiel die gleiche Anzahl von Unternehmen. Alle Unternehmen bilanzierten nicht konservativ. Auf die Klasse „Konservativ überwiegt nicht eindeutig“ entfiel die Hälfte der Unternehmen. Die restlichen Unternehmen wurden auf die drei Klassen progressiver Bilanzierung gleichmäßig verteilt.

126

Die zweite qualitative Variable war „Deckungsgrad des Anlagevermögens“. Dies ist die klassische Kennzahl der bestandsorientierten Liquiditätsanalyse und üblicherweise keine qualitative Kennzahl.706 Dennoch wurde sie herangezogen. Auf der einen Seite nimmt die Aussage der Kennzahl bei einer Überdeckung ab, da die Qualität des Kapitals nicht mehr zu erkennen ist, mit dem die Überdeckung des Anlagevermögens erreicht wird. Auf der anderen Seite ist eine sehr feine Skalierung eines so definierten Wertes für ein stark unterdecktes Anlagevermögen unnötig, da in der Praxis solche Fälle nur bei sehr schlechten Unternehmen beobachtet werden.707 Bei diesem Faktor wurde keine lineare qualitative Skala verwendet. Bei Deckungsgraden über 100,00% wurde der Kapitalbestand erfasst, der zur Überdeckung beigetragen hatte.708 Kennzahlenwerte zwischen 80,00% und 100,00% wurden in drei Abstufungen unterteilt. Deckungsgrade mit einem Wert zwischen 25,00% und 80,00% wurden in weitere drei Klassen differenziert.709

Abb. 7:

706

707

708 709 710

Definition des qualitativen Deckungsgrades710

Definition von Deckungsgrad des Anlagevermögens = (Eigenkapital + Langfristiges Fremdkapital) / Anlagevermögen. Diese Kennzahl könnte eine wesentliche Information dafür sein, ob das Anlagevermögen nur durch Eigenkapital oder auch durch Pensionsrückstellungen gedeckt ist. Es ist aber unwesentlich, zu welchem Prozentsatz das Anlagevermögen gedeckt ist. Definition von Kapitalstand = Eigenkapital + Pensionsrückstellungen + Sonstige Rückstellungen. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 64. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 65.

127

Zudem wurden folgende 15 Standardkennzahlen der Deutschen Bundesbank eingesetzt. Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Name Umsatzveränderung Umsatzrendite Einnahmenüberschussquote Schuldentilgungsfähigkeit Eigenkapitalquote Kapitalrückflussquote Kapitalrendite vor Steuern Eigenkapital- und Rückstellungsquote Betriebsrendite Eigenkapitalrendite Nettozinsaufwandsquote Investitionsquote Eigenkapital- und Pensionsrückstellungsquote Abschreibungsquote Zinsdeckung

Kennzahlendefinition Nettoveränderung der Umsatzerlöse gegenüber dem Vorjahr Unternehmensergebnis vor Gewinnsteuern / Umsatz Cash Flow / Umsatzerlöse Cash Flow / (Verbindlichkeiten - Flüssige Mittel) Eigenkapital / Bilanzsumme Cash Flow / Investiertes Kapital Unternehmensergebnis vor Gewinnsteuern / Eigenkapital (Eigenkapital + Rückstellungen) / Bilanzsumme Betriebsergebnis / Umsatz Unternehmensergebnis vor Gewinnsteuern / Eigenkapital Zinssaldo / Umsatz Sachanlagenzugang / Sachanlagevermögen (Eigenkapital + Pensionsrückstellungen) / Bilanzsumme Sachanlagenabschreibungen / Sachanlagevermögen Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit / Zinsaufwand

Tab. 38: Übersicht über die angewandten Kennzahlen (Blochwitz/Eigermann 2000)711 Die Diskriminanzfunktion mit drei Variablen zeigte das beste Ergebnis. Der Tabelle 40 sind die entsprechenden Kennzahlennummern, der Tabelle 38 die Kennzahlendefinitionen zu entnehmen. Diese Funktion wurde für die Untersuchung als Ausgangsbasis und Benchmark festgelegt (Nr. 1 der Tabelle 39). Weitere vier Funktionen wurden ermittelt. Nr. 1 2

3 4 5

Diskriminanzfunktion (Abkürzung) 3 Kennzahlen (3) 2 Kennzahlen + Bilanzierungsverhalten (2 + BV) 2 Kennzahlen + Deckungsgrad (2 + k DG) 2 Kennzahlen + qualitativer Deckungsgrad (2 + q DG) 2 Kennzahlen + qualitativer Deckungsgrad + Bilanzierungsverhalten (2 + q DG + BV)

Bedeutung Drei Kennzahlen (Benchmark) Kennzahl mit geringstem Trennbeitrag wird durch die qualitative Variable „Bilanzierungsverhalten“ ersetzt. Kennzahl mit geringstem Trennbeitrag wird durch konventionell definierten Deckungsgrad ersetzt. Kennzahl mit geringstem Trennbeitrag wird durch die qualitative Variable „Deckungsgrad“ ersetzt. Kennzahl mit geringstem Trennbeitrag wird durch die qualitativen Variablen „Deckungsgrad“ und „Bilanzierungsverhalten“ ersetzt.

Tab. 39: Angewandte Diskriminanzfunktionen (Blochwitz/Eigermann 2000)712

711 712

Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 66. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 67-68.

128

Jahr

Diskriminanzfunktion

1993 3 2 + BV 2 + k DG 2 + q DG 2 + q DG + BV 1994 3 2 + BV 2 + k DG 2 + q DG 2 + q DG + BV 1995 3 2 + BV 2 + k DG 2 + q DG 2 + q DG + BV

Kennzahlen- Fehler 1. Art Fehler 2. Art nummern in % in % 8-1-3 11,2 12,8 8,2 10,5 8-1 11,2 14,3 10,4 13,5 8,2 9,8 8-3-9 8-3

7,9 5,9 11,8 8,6 3,9 10,5 9,0 11,2 11,2 9,0

8 - 10 - 11 8 - 10

13,9 18,5 15,9 17,2 17,2 14,3 11,3 13,6 12,8 10,5

Gesamtfehler in % 12,0 9,4 12,7 12,0 9,0 10,9 12,2 13,9 12,9 10,6 12,4 10,1 12,4 12,0 9,7

Tab. 40: Ergebnisse der verschiedenen Diskriminanzfunktionen (Blochwitz/Eigermann 2000)713 Die als Benchmark festgelegte Diskriminanzfunktion variierte in jedem Jahr, so dass eine Projektion der Ergebnisse in die Zukunft nicht möglich war. Die Anzahl der Fehlklassifikationen konnte durch den Einbezug der qualitativen Faktoren gesenkt werden. Die Kategorisierung der Variablen „Bilanzierungsverhalten“ in sieben Klassen war sehr detailliert. Die Autoren fanden heraus, dass mit einer Einteilung in drei Klassen gleich gute Ergebnisse erzielt werden konnten. Es war auffällig, dass der Fehler 1. Art stets geringer war als der Fehler 2. Art. Blochwitz/Eigermann erklärten dies damit, dass solvente Unternehmen auf Grund der Vorgaben des Saarbrücker Modells tendenziell größer und in der Praxis bekannter waren. Große Unternehmen galten im Allgemeinen als weniger insolvenzgefährdet. Folglich existierten mehr große solvente Unternehmen, die die Merkmale von kleinen insolventen Unternehmen aufwiesen und umgekehrt.714

C. 2.1.3.15.

Kuruppu/Laswad/Oyelere (2003)

Die Autoren Kuruppu/Laswad/Oyelere715 entwickelten 2003 ein Vorhersagemodell für Liquidationen. Sie wollten der Literaturmeinung entgegentreten, nach der die Insolvenz der beste Indikator zur Unterscheidung zwischen Going Concern- und Non-Going Concern-Unternehmen war, obwohl die Insolvenz nur einen möglichen Ausgang für die Nichtanwendung des Going

713

714 715

Für das Bilanzierungsverhalten der insolventen Unternehmen wurde Modell 5 zu Grunde gelegt. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 68. Vgl. Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000), S. 69. Kuruppu, Nirosh/Laswad, Fawd/Oyelere, Peter (2003): The efficiency of liquidation and bankruptcy prediction models for assessing going concern. In: Managerial Auditing Journal, Vol. 18, No. 6, 2003, S. 577-590.

129

Concern Prinzips darstellt.716 Im Rahmen dieser Studie wurden drei Hypothesen überprüft. Die Hypothese 1 besagt, dass ein Vorhersagemodell, das auf Liquidationen basiert, bessere Ergebnisse bei der Trennung zwischen liquidierten und fortgeführten Unternehmen erzielt als ein Benchmarkmodell, dem Insolvenzen als Grundlage dienen.717 Als Benchmark wurde der ZScore von Altman herangezogen, da dieses Modell in mehreren Studien als Vergleichsmaßstab und bereits von einigen Autoren für unterschiedliche Branchen oder Staaten verwandt worden ist. Dabei hatte es stets gute Ergebnisse geliefert.718 Mit den Hypothesen 2 und 3 wird untersucht, ob der Fehler 1. Art bzw. 2. Art beim Liquidationsprognosemodell geringer ist als beim Benchmarkmodell. In diese Untersuchung wurden Unternehmen einbezogen, die liquidiert und zwischen 1987 und 1993 aus dem neuseeländischen Unternehmensregister gestrichen worden waren. Insgesamt konnten 85 Unternehmen berücksichtigt werden. Zusätzlich wurden 50 Unternehmen ausgewählt, die zwar fortgeführt aber im gleichen Zeitraum auf Grund finanzieller Schwierigkeiten ihre Börsenzulassung verloren hatten. Die Grundgesamtheit bestand aus 135 Unternehmen.719 Für jedes ermittelten die Autoren 174 Informationen aus Bibliotheken oder Archiven. In die Untersuchung wurden 63 Hinweise einbezogen, wobei nur einige auf Grund von früheren Studien ausgesucht worden waren. Die übrigen wurden auf Basis von Literaturrecherchen zum Thema Jahresabschlussanalyse selektiert.720 Das Modell entwickelte aus 63 Variablen eine end-

716

717 718

719

720

Nach Aussage der Verfasser ist in Neuseeland die Liquidation ein häufigerer Ausgang aus finanziellen Schwierigkeiten als die Insolvenz. Vgl. Kuruppu, Nirosh/Laswad, Fawd/Oyelere, Peter (2003), S. 577. Vgl. Kuruppu, Nirosh/Laswad, Fawd/Oyelere, Peter (2003), S. 580. Diese Behauptung ist nicht stichhaltig, da in verschiedenen Studien gegenteilige Ergebnisse ermittelt worden sind. Die Autoren Begley/Ming/Watts untersuchten Altman’s Modell hinsichtlich der Anwendbarkeit auf andere Zeiträume einschließlich der Neuberechnung auf Grundlage aktueller Daten. Als Ergebnis blieb festzuhalten, dass das Modell die Originalresultate nicht erreichen konnte und auch vom Ohlson Modell übertroffen worden war. Vgl. Begley, Joy/Ming, Jin/Watts, Susan (1996): Bankruptcy classification errors in the 1980s: an empirical analysis of Altman’s and Olson’s models. In: Review of Accounting Studies, Vol. 1, No. 4, 1996, S. 267-284, hier S. 267-268. Die Autoren Grice/Ingram bestätigten, dass das Altman Modell auch bei Berücksichtigung von anderen Sachverhalten als der Insolvenz, hier finanzielle Schwierigkeiten, gute Ergebnisse erzielte. Jedoch stellten sie fest, dass eine Anwendung auf andere Zeiträume oder auf andere Unternehmen als Industrieunternehmen einen negativen Einfluss auf die Resultate hatte. Vgl. Grice, John Stephen/Ingram, Robert W. (2001): Tests of the generalizability of Altman’s bankruptcy prediction model. In: Journal of Business Research, Vol. 54, 2001, S. 53-61, hier S. 53. Die Anzahl war in Bezug auf die in Neuseeland gelisteten Unternehmen sehr hoch. Kreditinstitute und Immobilienunternehmen wurden auf Grund der Branchenunterschiede von der Studie ausgeschlossen. Die Informationen selbst wurden nicht angeführt. Vgl. Kuruppu, Nirosh/Laswad, Fawd/Oyelere, Peter (2003), S. 583.

130

gültige Diskriminanzfunktion, die aus 12 Faktoren bestand.721 Ein Vergleich mit der Funktion mit Altman’s Modell findet sich in Tabelle 41.

Kuruppu/Laswad/ Oyelere Altman722

Tatsächlich Solvent Insolvent Solvent Insolvent

Solvent 19 (38,00%) 7 (8,20%) 27 (54,00%) 50 (58,80%)

Klassifiziert als Insolvent 31 (62,00%) 78 (91,80%) 23 (46,00%) 35 (41,20%)

Summe 50 85 50 85

Tab. 41: Klassifikationsergebnisse (Kuruppu/Laswad/Oyelere 2003)723 Die Ergebnisse zeigten, dass die Hypothese 1 für Neuseeland bestätigt wurde, da das Liquidationsmodell bessere Ergebnisse erzielte als Altman’s Modell. Auch die Hypothese 2 traf zu, da der Fehler 1. Art beim Liquidationsmodell geringer war. Des Weiteren konnte auch der Hypothese 3 zugestimmt werden, da der Fehler 2. Art beim Liquidationsmodell nicht geringer war.724

C. 2.1.3.16.

Koh (2004)

Der Autor Koh (2004)725 prüfte anhand von drei Verfahren die Trennung zwischen Going Concern- und Non-Going Concern-Unternehmen. Dazu wählte er ein künstliches neuronales Netz, ein Entscheidungsbaummodell sowie eine logistische Regression. Alle Methoden werden unter dem Begriff „Data mining techniques“ geführt, wobei die logistische Regression auch als traditionelles statistisches Verfahren angesehen werden kann.726 Die Daten für diese Untersuchung übernahm er aus einer eigenen im Jahr 1991 durchgeführten Studie.727 Über den Zeit721

722

723 724 725

726 727

Die Kennzahlen waren 1) „Umsatzerlöse / Sachanlagevermögen“; 2) „Flüssige Mittel / Bilanzsumme“; 3) „Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital“; 4) „Umsatzerlöse / Durchschnittliche Bilanzsumme“; 5) „Jahresüberschuss / Durchschnittliche Bilanzsumme“; 6) „Fremdkapital / Bilanzsumme“; 7) „Jahresüberschuss / Eigenkapital“; 8) „(Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Umsatzerlöse“; 9) „Umsatzerlöse / Durchschnittlicher Forderungsbestand“; 10) „Umsatzerlöse / Durchschnittliches Working Capital“ (definiert als „Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital“); 11) „Jahresüberschuss / Fremdkapital“; 12) „Eigenkapital / Bilanzsumme“. Vgl. Kuruppu, Nirosh/Laswad, Fawd/Oyelere, Peter (2003), S. 584. Das Modell arbeitete mit den von Altman ursprünglich ermittelten fünf Kennzahlen. Siehe Kapitel C. 2.1.3.4. Vgl. Kuruppu, Nirosh/Laswad, Fawd/Oyelere, Peter (2003), S. 586. Vgl. Kuruppu, Nirosh/Laswad, Fawd/Oyelere, Peter (2003), S. 586-587. Koh, Hian Chye (2004): Going concern prediction using data mining techniques. In: Managerial Auditing Journal, Vol. 19, No. 3, 2004, S. 462-476. Vgl. Koh, Hian Chye (2004), S. 462. Vgl. Koh, Hian Chye (1991): Model predictions and auditor assessments of going concern status. In: Accounting and Business Research, Vol. 21, No. 84, 1991, S. 331-338. Diese Studie wurde nicht detailliert dargestellt, da hier kein Vergleich sondern nur eine Probit Regression durchgeführt worden war. Dieses Verfahren wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht betrachtet.

131

raum 1980 bis 1987 verglich Koh 165 Going Concern- und ebenso viele Non-Going ConcernUnternehmen,728 die anhand der Branche, der Unternehmensgröße und des Jahres des Jahresabschlusses gegenübergestellt worden waren. Folgende sechs Kennzahlen kamen zur Anwendung:729 -

„Flüssige Mittel / Kurzfristiges Fremdkapital“ (Nr. 1);

-

„Eigenkapital / Bilanzsumme“ (Nr. 2);

-

„Fremdkapital / Bilanzsumme“ (Nr. 3);

-

„Zinsaufwendungen / Gewinn vor Zinsen und Steuern“ (Nr. 4);

-

„Jahresüberschuss / Bilanzsumme“ (Nr. 5);

-

„Einbehaltener Gewinn / Bilanzsumme“ (Nr. 6).

Die Grundgesamtheit der Unternehmen wurde in eine Trainingsstichprobe (70,00% oder 230 Unternehmen) und in eine Validierungsstichprobe (30,00% oder 100 Unternehmen) aufgeteilt. In jeder Stichprobe waren sowohl Going Concern- als auch Non-Going Concern-Unternehmen enthalten. Im Rahmen des Trainings klassifizierte das Verfahren der logistischen Regression 95,22% der Unternehmen richtig, wobei die Kennzahlen „Fremdkapital / Bilanzsumme“ (Nr. 3) und „Einbehaltener Gewinn / Bilanzsumme“ (Nr. 6) den größten Einfluss auf die Entscheidung hatten. Das künstliche neuronale Netz verarbeitete seine Daten feedforward.730 Mit dieser Methode wurde eine Klassifikationsrate von 95,65% erreicht.731 Mit Hilfe einer Sensitivitätsanalyse wurde festgestellt, dass auch hier die Kennzahlen „Fremdkapital / Bilanzsumme“ (Nr. 3) und „Einbehaltener Gewinn / Bilanzsumme“ (Nr. 6) die wichtigsten waren. Der endgültige Entscheidungsbaum setzte sich aus elf Knoten zusammen und ordnete 97,39% der in der Trainingsstichprobe enthaltenen Unternehmen richtig zu. Wie bei den vorangegangenen Methoden waren die beiden oben genannten Kennzahlen entscheidungsrelevant, lediglich in umgekehrter Reihenfolge.732 Mit Hilfe der Validierungsstichprobe erzielten die drei Verfahren folgende Ergebnisse.

728

729 730 731 732

Die Unternehmensdaten wurden der Datenbank Predicast´s Funk & Scott Index of Corporate Changes entnommen. Diese Kennzahlen stammten ebenfalls aus früheren Studien. Das Backpropagation-Modell enthielt einen Knoten in der versteckten Schicht. Vgl. Koh, Hian Chye (2004), S. 470. Vgl. Koh, Hian Chye (2004), S. 471.

132

Tatsächlich Going Concern Non-Going Concern Summe Going Concern Non-Going Concern Summe Going Concern Non-Going Concern Summe

Klassifiziert als Klassifikationsrate in % Going Concern Non-Going Concern Summe Logistische Regression 47 3 50 3 47 50 50 50 Künstliches neuronales Netz 44 6 3 47 47 53 Entscheidungsbaum 47 3 2 48 49

51

100

94,00

50 50 100

91,00

50 50 100

95,00 733

Tab. 42: Klassifikationsergebnisse der Validierungsstichprobe (Koh 2004)

Das künstliche neuronale Netz schnitt mit 91,00% am schlechtesten ab, da hier ein Fehler 2. Art von 12,00% vorlag. Die anderen beiden Verfahren wiesen einen Fehler 1. Art von 6,00% auf. Das Verfahren Entscheidungsbaummodell konnte den ersten Platz aus dem Training behaupten.

C. 2.1.3.17.

Zusammenfassende kritische Würdigung der komplexen mathematischstatistischen Ansätze

Die meisten Studien ziehen als Untersuchungskriterium die Insolvenz heran, obwohl diese nur ein möglicher Ausweg auf Grund einer verschlechterten wirtschaftlichen Lage ist.734 Die Autoren bilden häufig nur zwei Unternehmensgruppen: solvent und insolvent.735 Diese Einteilung ist oft unzureichend, so dass keine realitätsgetreue Abbildung gewährleistet ist und die Klassifikationsergebnisse unter diesem Gesichtspunkt ausgewertet werden müssen.736 Sowohl für die einfachen als auch für die komplexen mathematisch-statistischen Verfahren fehlen anerkannte Theorien und Gesetzmäßigkeiten. Es besteht die Gefahr, dass Ergebnisse durch verschiedene Analysten unterschiedlich interpretiert werden. Insbesondere bei der Diskriminanzanalyse waren die Anwendungsvoraussetzungen in den seltensten Fällen erfüllt.737 Obwohl zum Teil gute Ergebnisse erzielt worden sind, ist es nicht zweckmäßig, Prämissen außer Acht zu lassen, 733 734

735

736

737

Vgl. Koh, Hian Chye (2004), S. 474. Ein Vergleich der Untersuchungsergebnisse wird dadurch erschwert, dass jeder Autor eine eigene Definition von Insolvenz oder andere Auswahlkriterien wie Handelsregisterlöschung (Merwin 1942) bzw. Kapitalverlust (Beermann 1976) heranzieht. Es werden nur Komplementärereignisse zugelassen, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten sich in der Summe zum Wert 1 ergänzen (binäre Ereignisse). Vgl. Backhaus, Klaus et al. (2003), S. 418. Ausnahmen bilden u.a. das Saarbrücker Modell mit fünf Kategorien und das von Baetge entwickelte Baetge-Bilanz-Rating aus 14 Kennzahlen mit zehn Risikoklassen. Vgl. Kapitel C. 2.1.2.1.3. sowie Baetge, Jörg (2004), S. 574. Für eine Unterteilung in mehr als zwei Klassen plädieren u.a. auch Zopounidis, Constantin/Dimitras, Augustinos (1998), S. 6-7. Beispielsweise wurde die Prämisse der Normalverteilung bei Gebhardt verneint. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 192.

133

da ansonsten ihre Berechtigung in Frage gestellt wird. Der Status Quo zeigt eine leichte und durch subjektive Entscheidungen beeinflusste Tendenz zur Berücksichtigung von qualitativen Faktoren im Rahmen der Analyse.738 Diese Entwicklung ist unbefriedigend. Eine repräsentative Darstellung dieser Informationen sollte angestrebt werden, damit deren tatsächlicher Einfluss angemessene Berücksichtigung finden kann. Alle Verfahren verarbeiten in ihrer Analyse die Symptome des Auswahlkriteriums, hier der Insolvenz.739 Entscheidend sind jedoch die Ursachen, die eine solche Entwicklung auslösen. Sofern diese nicht erkannt werden, ist eine erforderliche und effektive Gegensteuerung kaum möglich. Auch wenn das künstliche neuronale Netz als einziges Verfahren die Eigenschaft des Lernens aufweist, ist diese Funktion zu schwach ausbildet. Auf Grund einer immer schnelllebigeren Zeit ist die Ausrichtung der Ansätze auf sich ändernde Sachverhalte notwendig. Modifikationen in der Rechnungslegung740 oder verschiedene Konjunkturzyklen dürfen Ergebnisse nicht beeinflussen oder verzerren. Den bisher ermittelten Funktionen konnte in den meisten Fällen keine Dauerhaftigkeit bescheinigt werden, da sich die Resultate bei der Anwendung alter Funktionen auf neue Daten stets deutlich verschlechterten. Eine hohe Qualität und Aktualität der Feststellungen kann daher nur zum Zeitpunkt der Analyse gewährleistet werden. Hinsichtlich der Verfahrensanwendungen ist anzumerken, dass die Datenbasis einen ausschlaggebenden Faktor darstellt. Im Vergleich zu den USA ist in Deutschland ein unverhältnismäßig großer Zeit- und Arbeitsaufwand erforderlich, um eine ausreichende Anzahl von Jahresabschlüssen von verschiedenen Unternehmen zusammenzutragen. Auf Datenbanken vom Statistischen Bundesamt, Großbanken oder anderen Einrichtungen haben Dritte nur eingeschränkt Zugriff, so dass die frei verfügbare Datenbasis sehr gering ist.741 Des Weiteren werden zur Analyse zu viele insolvente Unternehmen herangezogen. Das Verhältnis zwischen solventen und insolventen Unternehmen sowie die Größe der Grundgesamtheit und der Validierungsstichprobe können vor allem wegen der fehlenden Informationen nicht realitätsnah abgebildet werden. Die Auswahl der Variablen ist bei vielen Studien zu kritisieren. Entweder lässt sie sich gar nicht nachvollziehen, da die Selektion auf verschiedenen Annahmen basiert, oder Variablen werden ohne Anpassung komplett aus früheren Studien übernommen. Diese Vorgehensweisen enthalten einen großen Anteil an Subjektivität, der Einfluss auf die Klassifikationsleistung der Methode haben kann. Als letzter Nachteil der mathematischstatistischen Verfahren ist festzuhalten, dass nur langsame, über mehrere Jahre sich andeutende

738

739 740

741

Qualitative Merkmale berücksichtigende Studien waren u.a. Mutchler, Jane F. (1985) und Blochwitz, Stefan/Eigermann, Judith (2000). Ebenso Feidicker, Markus (1992), S. 195. Hierunter fallen Gesetzesänderungen hinsichtlich neuer Vorgehensweisen bei z.B. bilanzpolitischen Maßnahmen oder der Einführung neuer Rechnungslegungsinstrumente wie die Kapitalflussrechnung und die Entwicklung der Bedeutung von internationalen Rechnungslegungen in Deutschland. Gebhardt arbeitete z.B. lediglich mit 42 Unternehmen. Siehe Kapitel C. 2.1.3.8.

134

Verschlechterungen der wirtschaftlichen Lage untersucht werden können. Plötzliche Unternehmenszusammenbrüche werden von diesen Ansätzen nicht erkannt.742 Ein Vergleich der kritischen Würdigung von Einzelkennzahlen und mathematisch-statistischen Methoden hat gezeigt, dass sich letztere lediglich vom Kritikpunkt der Möglichkeit divergierender Teilurteile befreien konnten. Mit Ausnahme der univariaten Diskriminanzanalyse ist stets ein eindeutiges Ergebnis möglich, auch wenn Baetge/Huß/Niehaus in ihren Studien einen Graubereich eingeführt haben. Dieser galt für Unternehmen, deren Diskriminanzwert nicht deutlich ober- oder unterhalb des Cut-off-Wertes lag und eine Klassifizierung nur unter Unsicherheit vorgenommen werden konnte.743 Die übrigen bei den Einzelkennzahlen aufgeführten Einwände konnten nicht entkräftet werden, da Einzelkennzahlen und mathematisch-statistischen Verfahren die gleiche Datenbasis, der Jahresabschluss, zu Grunde liegt. Die nachstehende Tabelle 43 beinhaltet eine grobe Zusammenfassung von Kritikpunkten der vorgestellten Studien. Eine überschneidungsfreie und ausführliche Auflistung aller Sachverhalte ist nicht angestrebt. Es soll deutlich werden, dass einige Einwände bei mehreren Untersuchungen gelten und dass jede Studie zusätzlich eigene Problembereiche offenbart. Nr. 1 2 3

4 5 6 7 8 9 10

Kritik Fehlende oder unzureichende Validierung der Ergebnisse Vergleich mit Altman als Validierung Keine Berücksichtigung qualitativer Variablen

Studie Fitz Patrick, Mutchler, Beermann, Gebhardt

Odom/Sharda, Kuruppu/Laswad/Oyelere Fitz Patrick, Merwin, Beaver, Deakin, Altman, Beermann, Weinrich, Gebhardt, Baetge/Huß/Niehaus, Odom/Sharda, Tam, Feidicker, Kuruppu/Laswad/Oyelere, Koh Sehr kleine Grundgesamtheit bzw. Fitz Patrick, Beaver, Deakin, Altman, Beermann, Stichprobe (unter 100 Elementen) Weinrich, Gebhardt, Odom/Sharda Entwicklung von Diskriminanzfunktionen Deakin, Beermann, Gebhardt, Blochwitz/Eigermann für einzelne Jahre Gebhardt Erhebliche Einschränkung bei der Auswahl der Unternehmen Keine Sicherstellung der Vollständigkeit Gebhardt, Beerman, Kuruppu/Laswad/Oyelere der Informationen Deakin, Odom/Sharda Ungeprüfte Übernahme von fremden Kennzahlen Verwendung von Tendenzaussagen Blochwitz/Eigermann Insolvenz ist nicht Auswahlkriterium Merwin, Kuruppu/Laswad/Oyelere

Tab. 43: Zusammenfassung der wichtigsten Kritikpunkte bei dargestellten komplexen mathematisch-statistischen Verfahren

742 743

Vgl. Beermann, Klaus (1976), S. 121; Wehrheim, Michael/Schmitz, Thorsten (2001), S. 59. Vgl. Kapitel C. 2.1.3.10.

135

C. 2.2. Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung modelltheoretischer Ansätze C. 2.2.1.

C. 2.2.1.1.

Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung grafischer Verfahren Theoretische Grundlagen der grafischen Verfahren und deren kritische Würdigung

Die grafischen Verfahren sind in einfache Standardverfahren und in komplexe Verfahren unterteilt. Unter den einfachen Standardverfahren wird die Darstellung grundlegender Informationen mit Hilfe von Linien-, Balken- und Kreisdiagrammen verstanden. Diese Art der Dokumentation ist weit verbreitet und sehr verständlich.744 Die Darstellung von komplexen Informationssachverhalten kann u.a. durch Andrews-Plots oder die multidimensionale Skalierung erfolgen. Da aber keine empirischen Arbeiten zur Trennung von solventen und insolventen Unternehmen existieren, wird hier nur auf die Flury/Riedwyl-Gesichter Bezug genommen.745 Als komplexes grafisches Verfahren wird die Darstellung von multivariaten Daten mit Hilfe von Gesichtern erläutert. Dieses Vorgehen wurde von Chernoff746 entwickelt und von Flury/ Riedwyl747 verbessert. Die Grundlage bildet ein Gesicht, das aus verschiedenen Einzelteilen wie Augen, Nase, Ohren, Mund besteht.748 Für die Präsentation der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens wird jedem Gesichtsmerkmal eine Kennzahl zugeordnet. Voraussetzung ist, dass sich diese Merkmale kontinuierlich verändern können, so dass jede Änderung einer Kennzahlausprägung eine Anpassung des zugeordneten Gesichtsmerkmals bewirkt.749 Für jede Variable müssen ein Minimal- und ein Maximalwert bestimmt werden, zwischen denen sämtliche Abbildungen liegen. Die Anzahl der zu untersuchenden Unternehmen bestimmt die Anzahl der Gesichter. Flury/Riedwyl haben die Gesichter wie folgt definiert.

744

745

746

747

748

749

Vgl. Schade, Rainer (1993): Graphische Verfahren zur Darstellung der wirtschaftlichen Lage von Unternehmen unter besonderer Berücksichtigung der Multidimensionalen Skalierung, Aachen 1993, S. 61. Für weitergehende Informationen siehe Schade, Reiner (1993), S. 190-276 sowie Backhaus et al. (2003), S. 605-670. Chernoff, Herman (1973): The uses of faces to represent point in k-dimensional space graphically. In: Journal of the American Statistical Association, Vol. 68, 1973, S. 361-368. Flury, Bernhard/Riedwyl, Hans (1981): Graphical representation of multivariate data by means of asymmetrical faces. In: Journal of the American Statistical Association, Vol. 76, 1981, S. 757-765. Diese Gesichtspartien können weiter unterteilt werden. Augen können in Augenform, Pupille und Augenbrauen differenziert werden. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 122. Für die Größe der Nase könnte eine Zuordnungsregel lauten: Je größer die Kennzahlausprägung desto größer wird die Nase generiert.

136

Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

Gesichtsmerkmal Größe der Augen Größe der Pupillen Stellung der Pupillen Schräge der Augen (Augen können um ihren Mittelpunkt gedreht werden) Waagerechte Position der Augen Senkrechte Position der Augen Krümmung der Augenbrauen Dichte der Augenbrauen Waagerechte Position der Augenbrauen Senkrechte Position der Augenbrauen Obere Begrenzungslinie der Haare Untere Begrenzungslinie der Haare Untere Begrenzung des Gesichts Helligkeit der Haare (gekennzeichnet durch die Dichte der Schraffur) Form der Haare (entspricht Schräge der Schraffur) Nase Öffnung des Mundes (Lippenstärke) Krümmung des Mundes

Tab. 44: Gesichtsmerkmale bei Flury/Riedwyl-Gesichtern Diese Aufstellung ist erweiterbar. Verschiedene Attribute sind voneinander abhängig. Beispielsweise muss die Position der Pupille stets in den Augen enthalten sein. Dies erfordert, dass der der Pupille zugeordnete Kennzahlenwert erst nach Festlegung der Augen ermittelt werden kann.

Abb. 8:

Beispiele von Flury/Riedwyl-Gesichtern (von links nach rechts: Minimalgesicht, Durchschnittsgesicht, Maximalgesicht)750

Bei den Gesichtsmerkmalen sind drei Klassen zu unterscheiden. Die erste Variablengruppe hat keine Wirkung auf den Gesamteindruck eines Gesichts. Dazu zählt u.a. die Haarform. Des Weiteren existieren Attribute, die als beeinflussend gelten und das Gesicht um so freundlicher wirken lassen, je günstiger der zugeordnete Kennzahlenwert ist (z.B. Mundkrümmung). Die dritte Kategorie bilden die Merkmale, die zwar Einfluss haben, aber deren Wirkung nicht 750

Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 135.

137

gleichmäßig in Relation zum Variablenwert ist. Als Beispiel gilt die Schräge der Augen. Sofern der optimale Kennzahlenwert geraden Augen zugeordnet ist, wird jede kleine Änderung sowohl noch oben als auch nach unten vom Betrachter als negativ empfunden, da schräge Augen in der Realität nur selten vorkommen. Eine Abweichung von der Durchschnittsnorm resultiert oftmals in einer ablehnenden Haltung. Das Zahlenverhältnis zwischen Kennziffern und Gesichtsmerkmalen ist zu untersuchen, da eine Übereinstimmung zwischen diesen beiden Variablen kaum vorliegt. Nur in Ausnahmefällen wird die Anzahl der Kennzahlen größer sein als die zur Verfügung stehenden Merkmale. Daher ist das Hauptaugenmerk auf die Variante zu lenken, bei der weniger Kennzahlen als Gesichtsattribute vorliegen. Es werden drei Lösungswege diskutiert. Als erstes können weitere Kennzahlen ausgewählt werden. Dafür müssen jedoch solche Kennzahlen gefunden werden, die zusätzlichen Informationsnutzen liefern und kein negatives Zusammenwirken mit den bereits vorhandenen Kennzahlen verursachen. Als zweite Möglichkeit können mehrere Gesichtsmerkmale durch eine Kennzahl bestimmt werden.751 Eine Kennziffer variiert den Augenbereich, zu dem Augengröße, Augenposition und Pupillengröße gehören. Bei dieser Vorgehensweise wird der Einfluss einer Kennzahl auf den Gesamteindruck verstärkt. Dem ist zuzustimmen, wenn ein Gesichtsmerkmal eine geringe Bedeutung bezogen auf das gesamte Gesicht hat oder wenn eine Kennzahl eine wichtige Stellung im Rahmen der Analyse einnehmen soll. Als letztes bleiben nicht zugeordnete Gesichtsmerkmale unverändert und damit neutral.752

C. 2.2.1.2. C. 2.2.1.2.1.

Status Quo in der Forschung bei den grafischen Verfahren Moriarity (1979)

Der Autor Moriarity753 (1979) stellte die wirtschaftliche Lage verschiedener Unternehmen mit Hilfe von Gesichtern dar. Diese wurden unerfahrenen Studenten vorgelegt, um deren Entscheidungssicherheit zu überprüfen. Zusätzlich wandte er Altman’s Modell auf seine Daten an und verglich die Ergebnisse. Die ausgewählten Objekte für den ersten Teil seiner Studie waren Warenhäuser, entstammten dem Wall Street Journal Index der Jahre 1974 sowie 1975 und fielen unter das US-amerikanische Insolvenzrecht. Zusätzlich mussten Unternehmensinformationen für den Zeitraum von 1969 bis 1974 vorliegen. Die Grundgesamtheit bildeten sieben insolvente und 15 solvente Unternehmen, so dass insgesamt 22 Gesichter generiert wurden.754

751 752 753

754

Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 140. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 141. Moriarity, Shane (1979): Communicating financial information through multidimensional graphics. In: Journal of Accounting Research, Vol. 79, No. 1, Spring 1979, S. 205-224. Das Kriterium „solvent“ wurde dadurch bestimmt, dass diese Warenhäuser drei Jahre später zum Zeitpunkt der Experimentdurchführung im Jahr 1977 immer noch solvent waren. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 207.

138

Die Studenten erhielten die aufbereiteten Daten in vier Varianten. -

Es wurden nur die Gesichter zur Verfügung gestellt. Es erfolgte keine Erläuterung über die Herkunft der Daten und über die Zuordnung zwischen Kennzahlen und Gesichtsmerkmal (Gesichter ohne Erläuterung).

-

Es wurden die Gesichter einschließlich einer kurzen Beschreibung der Variablenzuordnung herausgegeben (Gesichter mit Erläuterung).

-

Es wurden keine Grafiken sondern ausgewählte Bilanzposten der Unternehmen über einen Sechs-Jahreszeitraum bereitgestellt (Bilanzposten).

-

Es wurden keine Grafiken sondern einige Kennzahlen für den Untersuchungszeitraum erläutert (Kennzahlen).

Die Reihenfolge der Unternehmenspräsentation war bei jedem Versuch gleich.755 Den Studenten war die Verteilung von solventen bzw. insolventen Unternehmen unbekannt.756 Je Durchgang hatten die Teilnehmer 20 Minuten Zeit. Diese Bearbeitungszeit wurde bestimmt. Zusätzlich wurden dem Studenten mit dem besten Ergebnis fünf US-Dollar versprochen.757 Der Autor ordnete wie folgt verschiedene Kennzahlen bestimmten Gesichtsmerkmalen zu.758 Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Kennzahl Jahresüberschuss / (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) Jahresüberschuss / Umsatzerlöse Jahresüberschuss / Eigenkapital Kurzfristiges Fremdkapital / Eigenkapital Fremdkapital / Eigenkapital Langfristiges Fremdkapital / (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) Umsatzerlöse / Vorräte Anlagevermögen / Eigenkapital Umsatzerlöse / Eigenkapital Umsatzerlöse / (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital Vorräte / (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) Kurzfristiges Fremdkapital / Vorräte

Gesichtsmerkmal Lage des Mundes Breite des Mundes Krümmung des Mundes Position der Pupille Augengröße Durchmesser der Ohren Breite des Gesichts Lage der Ohren Größe des Gesichts Kopfform (Stirn) Kopfform (Kinn) Länge der Nase Breite der Nase

Tab. 45: Zuordnung von Kennzahlen zu Gesichtsmerkmalen (Moriarity 1979)759

755 756

757 758 759

Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 208. Hierzu wurde der Hinweis eingefügt, dass die Anzahl der insolventen Unternehmen zufällig war, so dass die Antworten des Nachbarn mit den eigenen Antworten nicht übereinstimmen mussten. Da alle Studenten die gleichen Informationen zu bearbeiten hatten, war die Aussage des Satzes nicht richtig. Es sollten damit Verzerrungen bzw. Manipulationen vorgebeugt werden. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 210. Die zur Bearbeitung benötigte Zeit wurde mit der erreichten Trefferquote in Beziehung gesetzt. Die Zuordnung der Variablen erfolgte auf Grund der subjektiven Entscheidung des Autors. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 210 und 213.

139

Die Auswertung der Ergebnisse der Studenten ergab folgendes. Art der Präsentation Gesichter ohne Erläuterung

Art des Fehlers 1. Art 2. Art

Anzahl der Fehler 79 411

Durchschnittlicher Fehler 1,179 6,134

Anzahl der Teilnehmer 67 67

Gesichter mit Erläuterung

Summe 1. Art 2. Art

490 81 302

7,313 1,500 5,593

67 54 54

Bilanzposten

Summe 1. Art 2. Art

383 236 341

7,092 3,065 4,429

54 77 77

Kennzahlen

Summe 1. Art 2. Art

577 217 464

7,494 2,747 5,873

77 79 79 79

Durchschnittliche Zeiten Gesichter ohne Erläuterung Gesichter mit Erläuterung Bilanzposten Kennzahlen

Summe

681

8,620

Minuten/ Sekunden 3:39 6:12 7:20 8:01

Stunden

Durchschnittliches Endergebnis 11,617 6,814 5,833 5,211

0,0608 0,1033 0,1222 0,1336

Tab. 46: Klassifikationsergebnisse der Studie mit Studenten (Moriarity 1979)760 Der hohe Fehleranteil bei der Bearbeitung „Kennzahlen“ zeigte, dass die Studenten die Kennzahlen nicht interpretieren konnten.761 Dies bestätigte die von den Autoren gewünschte Unerfahrenheit der Teilnehmer. Die Bearbeitung „Gesichter ohne Erläuterung“ beanspruchte die geringste Zeit, da hier das Aussehen entscheidend war und keine Analyse durchgeführt werden konnte. Die Resultate ließen eine gewisse Tendenz erkennen. Die Ergebnisse bei „Gesichtern mit Erläuterung“ waren genauer und schneller als bei „Bilanzposten“. Diese wiederum waren fehlerfreier und umgehender bearbeitet worden als „Kennzahlen“.762 Um Beeinflussungen hinsichtlich der Reihenfolge der vier Bearbeitungsarten auszuschließen, wurden in einem Studierendenseminar die verschiedenen Vorgehensweisen gleichzeitig durchgeführt. Je ein Viertel der Teilnehmer bekam eine der vier Ausarbeitungen. Die Ergebnisse dieses Versuchs unterschieden sich nicht von den in Tabelle 46 dargestellten Resultaten.763 Dieses Experiment wurde zusätzlich mit erfahrenen Buchhaltern wiederholt.764 Deren Aufgabe war die Bestimmung der insolventen Unternehmen, wobei nur der Faktor „Genauigkeit“ zählte. Der Faktor „Zeit“ sowie ein monetärer Anreiz blieben unberücksichtigt. Es kamen die Varianten „Kennzahlen“ und „Gesichter mit Erläuterung“ zur Anwendung. Die 22 Unternehmen wurden in zwei Gruppen unterteilt. Die eine Hälfte der Teilnehmer analysierte die Kennzahlen der 760 761 762 763 764

Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 217. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 214. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 215. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 216-217. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 218.

140

ersten Unternehmensgruppe, die andere Hälfte die der zweiten. Danach erfolgte eine kurze mündliche Erklärung zu den Gesichtern. Nun bekamen die Teilnehmer die jeweils noch nicht bearbeitete Unternehmensgruppe in Form von „Gesichtern mit Erläuterungen“ vorgelegt, wobei ebenfalls der Faktor „Genauigkeit“ ausschlaggebend war.765 Die Ergebnisse der Buchhalter sind in Tabelle 47 zusammengefasst. Sie zeigen, dass Buchhalter sowohl bei „Kennzahlen“ (6,5 zu 8,6) als auch bei „Gesichter mit Erläuterung“ (4,7 zu 7,1) bessere Ergebnisse als die Studenten erzielten. Art der Präsentation Gesichter mit Erläuterung

Art des Fehlers 1. Art 2. Art

Anzahl der Fehler 6 41

Anzahl der Teilnehmer 10 10

Durchschnittlicher Fehler 0,60 4,10

Kennzahlen

Summe 1. Art 2. Art

47 17 48

10 10 10

4,70 1,70 4,80

Summe

65

10

6,50

Tab. 47: Klassifikationsergebnisse der Studie mit Buchhaltern (Moriarity 1979)

C. 2.2.1.2.2.

766

Moriarity und Altman im Vergleich

Der Autor Moriarity verglich zudem sein Experiment mit dem von Altman767 entwickelten ZScore-Modell. Während die endgültige Entscheidung bei der Gesichterdarstellung den Betrachtern oblag, beruhte das Altman-Verfahren auf der multivariaten Diskriminanzanalyse, die die Einteilung automatisch vornahm. Dazu berücksichtigte Moriarity die Unternehmensdaten aus dem Jahr 1974. Bei dem von Altman ermittelten Z-Score von 2,675 wurden elf Unternehmen von 20 falsch klassifiziert, wovon acht in den Graubereich fielen. Bei der Verwendung eines Z-Scores von 2,365, der sich als Mittelwert aus den Z-Scores der solventen und insolventen Unternehmen ergab, wurden neun Unternehmen nicht richtig zugeordnet. Cut-Off-Wert (2,675) Mittelwert (2,365)

Fehler 1. Art 3 Unternehmen 4 Unternehmen

Fehler 2. Art 8 Unternehmen 5 Unternehmen

Gesamtfehler 11 Unternehmen 9 Unternehmen

Tab. 48: Anwendung der Daten Moriarity´s auf das Modell von Altman (Moriarity 1979)768 Die Klassifikationen der Studenten und Buchhalter waren im Durchschnitt wesentlich besser als die Zuordnung durch das Altman-Modell. Moriarity führte verschiedene Gründe für das starke Abweichen der Ergebnisse an. Ein Nachteil von statistischen Entscheidungsmodellen war bzw. ist die schlechte Klassifizierungsleistung bei instabilen Variablenbeziehungen. Die Datenbasis von Altman stammte aus dem Zeitraum von 1946 bis 1965, Moriarity´s aus dem Jahr 1974. Des Weiteren beruhte Altman’s Modell nicht auf Warenhäuser sondern auf Industriebetrieben. Altman betrachtete im Rahmen seiner Studie Unternehmen mit einer Bilanzsumme zwischen 765 766 767 768

Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 219. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 220. Vgl. hierfür Kapitel C. 2.1.3.5. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 221.

141

einer und 25 Mio. US-Dollar. Bei Moriarity erfüllten lediglich vier Unternehmen dieses Kriterium.769 Auf Grund der bereits von Moriarity vorgebrachten Kritik, bezweifelte auch Altman die Anwendbarkeit seines Verfahrens mit Moriarity´s Daten. Daraufhin kam ein von Altman770 entwickeltes neueres Modell zum Einsatz, das die Ergebnisse von Moriarity übertraf.771

C. 2.2.1.2.3.

Kritische Würdigung der grafischen Verfahren

Die grafische Darstellung weist verschiedene Vorteile auf. Die Analyse der Gesichter nimmt sehr wenig Zeit in Anspruch, da im Rahmen der Beurteilung das Gesicht als ganzes zählt.772 Es wird kein Gesichtsmerkmal einzeln analysiert oder nachgemessen. Die Merkmale setzen sich beim Betrachter unbewusst zu einem Gesamtbild zusammen.773 Es können bei den Flury/ Riedwyl-Gesichtern bis zu 36 Sachverhalte berücksichtigt werden, was in den meisten Fällen als ausreichend angesehen wird.774 Wichtige Variablen können auffälligen Gesichtsmerkmalen zugeordnet werden, um deren Bedeutung hervorzuheben. Es bestehen kaum Berührungsängste, da Gesichter allen Menschen vertraut sind.775 Außerdem sind mit Hilfe von asymmetrischen Gesichtern Vergleiche mit Durchschnitts- oder Branchenführern möglich. Eine Gesichtshälfte bezieht sich dann z.B. auf den Branchendurchschnitt und bleibt unverändert.776 Starke Asymmetrien zwischen den Gesichtshälften weisen auf eine große Abweichung vom Durchschnitt hin.777 Mit Hilfe von grafischen Verfahren können Ähnlichkeits-, Ordnungs- oder Proportionalitätsbeziehungen zwischen verschiedenen Sachverhalten dargestellt werden.778

769 770 771

772

773 774

775 776 777

778

Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 222. Vgl. Altman, Edward I./Haldeman, Robert G./Narayanan, Paul (1977), S. 29-54. Vgl. Altman, Edward I. (1983): Multidimensional graphics and bankruptcy predictions: a comment. In: Journal of Accounting Research, Vol. 21, 1983, S. 297-299, hier S. 298. Ein Gesichtsaudruck ist normalerweise selbsterklärend. Ein lächelndes Gesicht steht für ein solventes, ein trauriges Gesicht für ein insolventes Unternehmen. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 206; Schade, Rainer (1993), S. 124-125. 18 Sachverhalte sind je Gesichtshälfte zuordbar, wobei entstehende Gesichtsasymmetrien als zusätzliche Information angesehen werden. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 206. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 136. Da Abweichungen auch positiv sein können, ist hier eine eindeutige Erläuterung erforderlich, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 137 und 152. Vgl. Bertin, Jacques (1982): Graphische Darstellungen und die graphische Verarbeitung von Informationen, Berlin 1982, S. 176.

142

Abb. 9:

Beispiele von asymmetrischen Flury/Riedwyl-Gesichtern779

Nachteilig ist, dass die Qualität der Entscheidungen und somit der Interpretation von den übermittelten Informationen sowie von der Art der Zuordnung abhängt. Eine unterschiedliche Zuordnung kann zu völlig verschiedenen Gesichtern und folglich zu differenzierten Entscheidungen führen.780 Die Zusammenstellung von Kennzahlen und Gesichtsattributen erfolgt subjektiv und sollte stets auf ausführlichen Überlegungen basieren. Sie ist daher sehr zeitintensiv.781 Anhand der Gesichter ist eine Rekonstruktion von Kennzahlenwerten bzw. -beziehungen nicht möglich.782 Da für jedes zu untersuchende Unternehmen ein Gesicht generiert wird, ist die Grundgesamtheit unter Berücksichtigung der Übersichtlichkeit begrenzt und auch die Abstände zwischen den Unternehmen sind nicht interpretierbar.783 Die Interpretation der Gesichter wird durch die (Lebens-)Erfahrung des Betrachters bestimmt.784 Eine detaillierte Analyse der Untersuchungsobjekte ist ohne weitere Erläuterungen zu den Gesichtern nicht möglich.785 Auf Grund der geringen Verbreitung und Anwendung dieses Verfahrens kann abschließend nicht geklärt werden, ob mit Hilfe von Gesichtern gleich hohe Klassifizierungsraten erreicht werden können wie mit anderen mathematisch-statistischen Verfahren.786

779 780 781 782 783 784 785 786

Vgl. Schade, Reiner (1993), S. 137. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 125. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 151-153. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 205; Schade, Rainer (1993), S. 150. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 152 und 190. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 151. Vgl. Schade, Rainer (1993), S. 152. Vgl. Moriarity, Shane (1979), S. 206.

143

C. 2.2.2.

C. 2.2.2.1.

Die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung des katastrophentheoretischen Ansatzes Theoretische Grundlagen des katastrophentheoretischen Ansatzes

Den bisher vorgestellten Studien liegt die Hauptannahme zu Grunde, dass eine Bestandsgefährdung oder die Zeit bis dahin ein kontinuierlicher Prozess ist, der sich in den vorangegangenen Jahresabschlüssen widerspiegelt, anhand derer die Unternehmen analysiert werden. Die Katastrophentheorie hingegen betrachtet den Fall, dass die Beeinträchtigung der Unternehmensfortführung nicht stetig sondern plötzlich auftritt.787 Solche Zusammenbrüche sind selten. Dennoch gibt es verschiedene Gegebenheiten, die ein Unternehmen kurzfristig stark beeinflussen und damit die Fähigkeit zur Unternehmensfortführung in Frage stellen können. Dazu gehören z.B. Umweltkatastrophen wie Hochwasser oder Schneefall. Aber auch instabile politische Verhältnisse in verschiedenen Regionen können Auswirkungen haben, sofern intensive und wichtige Handelsbeziehungen mit dort ansässigen Unternehmen gepflegt werden. Auf Grund dessen ist eine detaillierte Darstellung von Interesse. Die Katastrophentheorie befasst sich mit der Darstellung und Analyse diskontinuierlicher sowie divergierender Ereignisse.788 Sie basiert auf Erkenntnissen der Mathematik, insbesondere der Topologie, die sich mit den Eigenschaften mehrdimensionaler Oberflächen beschäftigt. Es werden Kräfte analysiert, die sich durch gleichwertige und ebene Flächen darstellen lassen. Beim Zusammenbruch eines Gleichgewichts kommt es zur Katastrophe.789 Gleichwertige Oberflächen entsprechen Prozessen, die sich durch die Minimierung oder Maximierung einer Funktion bestimmen. Verschiedene Kontrollvariablen definieren diese Funktion. Im Rahmen der Suche nach den Punkten des Funktionsanfangs oder -endes werden die Kontrollvariablen angepasst, die dadurch zu Systemveränderungen führen können. Charakteristisch ist dabei, dass die Verhaltensänderungen abrupt auftreten, ohne dass bei den Kontrollvariablen eine plötzliche und umfangreiche Bewegung stattgefunden hat. Es wird angenommen, dass das Erreichen bestimmter Schwellenwerte den plötzlichen Wechsel des Verhaltens von einem Extrem ins andere auslöst. Die Darstellung aller möglichen Formen von Oberflächen zur Bestimmung unebener Flächen ist problematisch. Anhand dieser unebenen Flächen können Bereiche lokalisiert und Bedingungen ermittelt werden, unter denen Kontrollvariablen die plötzlichen Veränderungen und Katastrophen auftreten lassen. Thom hat mathematisch nachgewiesen, dass unter der

787

788

789

Vgl. Ho, Thomas/Saunders, Anthony (1980): A catastrophe model of bank failure. In: The Journal of Finance, Vol. 35, Iss. 5, 1980, S. 1189-1207, hier S. 1189. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982): Katastrophentheorie und der Going-ConcernStatus einer Unternehmung. Eine modelltheoretische Betrachtung. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 34. Jg., 1982, S. 485-509, hier S. 493. Die Katastrophentheorie wurde Ende der sechziger Jahre von Thom entwickelt und erstmals 1972 in Frankreich veröffentlicht. Thom´s Hauptinteresse galt der Anwendbarkeit in der Biologie und der Embryologie. Sie fand aber schnell auf vielen anderen naturwissenschaftlichen Gebieten sowie in den Sozialwissenschaften ihre Anerkennung. Vgl. Thom, René (1972): Stabilité structurelle et morphogénèse: essai d´une théorie générale des modèles, Reading 1972. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 494.

144

Prämisse von höchstens vier Kontrollfaktoren790 nur sieben Oberflächen möglich sind, die Ungleichgewichte aufweisen können. Diese Oberflächen werden als „elementare Katastrophen“ bezeichnet. Sofern kontinuierliche Modifikationen der Kontrollvariablen zu abrupten Veränderungen in den Verhaltensvariablen führen, kann dieses durch eine der sieben Oberflächen erklärt werden.791 Es sind vier Kontroll- und zwei Verhaltensvariablen realisierbar. Klassifiziert man die sieben Katastrophen nach der Anzahl ihrer Verhaltensvariablen, so werden bei der Berücksichtigung einer Verhaltensvariablen vier Oberflächen abgebildet: Falten-, Horn-, Schmetterling- und Schwalbenschwanz-Katastrophe. Diese werden auch „Cuspoids“ genannt. Die übrigen drei Katastrophen, so genannte „Umbilics“, leiten sich bei der Analyse der zweiten Verhaltensvariablen ab. Der Horn-Katastrophe wurde in der Literatur bisher die größte Aufmerksamkeit zuteil, da sie die ranghöchste, grafisch noch abbildbare Katastrophe darstellt. Hier wirken zwei Kontrollvariablen und eine Verhaltensvariable. Die Horn-Katastrophe hat fünf Charakteristika:792 -

Bimodalität,

-

Unzugänglichkeit,

-

Divergenz,

-

Abrupter plötzlicher Wandel,

-

Hysterese.

Die Kontrollvariablen x und y bilden eine horizontale Fläche, die als Katastrophen- oder Kontrollebene bezeichnet wird. Die Verhaltensvariable z formt eine Oberfläche, die Katastrophen- oder Verhaltensmanifold genannt wird. Die Horn-Katastrophe zeichnet sich durch die beiden Oberflächenbereiche I´ und II´ aus, die je eine Verhaltensnorm erklären. Des Weiteren ist die Manifoldsfalte charakteristisch. Hier wird zwischen der oberen III´ und der unteren III´´ Fläche unterschieden. Die Falte F´2 liegt zwischen diesen beiden Teilflächen und stellt den Unzugänglichkeitsbereich dar (Abbildung 10).793

790

791 792 793

Ho/Saunders gehen von einem Maximum von fünf Kontrollvariablen aus. Vgl. Ho, Thomas/Saunders, Anthony (1980), S. 1193. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 494. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 495. Vgl. Ho, Thomas/Saunders, Anthony (1980), S. 1192; Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 496.

145

Abb. 10: Horn-Katastrophenmodell794 Die Katastrophen- oder Kontrollebene wird in drei Bereiche aufgeteilt. Die Bimodalität besagt, dass die Wirkung von zwei Kontrollvariablen x und y im Bereich III zwei Verhaltensnormen zur Folge hat. Punkte dieses Bereichs erzeugen zwei Punkte auf dem darüberliegenden Verhaltensmanifold, einen im oberen und einen im unteren Bereich der Falten III´ und III´´ (Punkte Z1´ und Z2´). Punkte der Bereiche I und II der Kontrollebene hingegen bilden nur einen Punkt auf dem Verhaltensmanifold ab. Auf Grund der Annahme, dass im Unzulänglichkeitsbereich zwei Verhaltensnormen gleichzeitig vorliegen müssen und dies als sehr unwahrscheinlich eingestuft wird, enthält dieser Bereich keine Punkte. Die Verhaltenspunkte werden durch „dynamische Energie“ auf der Oberfläche gehalten. Im Bereich der Bimodalität springen die Verhaltenspunkte zwischen den Flächen III´ und III´´ hin und her. Die Namensgebung der Fläche F2´ ist aus der Eigenschaft ableitbar, dass diese unerreichbar ist (Abbildung 10).795 Das Merkmal der Divergenz wird anhand der Punkte K´ und K+´ erläutert. Während die Bewegung von K´ nach L´ im Bereich III´´ der unteren Faltenfläche endet, liegt das Ergebnis der Veränderung von K+´ nach L+´ im Bereich III´ der oberen Faltenfläche. Gleichgerichtete Anpassungen können bei nah aneinander liegenden Punkten zu unterschiedlichen Verhaltensergebnissen führen (Abbil794 795

Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 495. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 496.

146

dung 10).796 Die Auswirkung von plötzlich abrupten Veränderungen der Verhaltensnorm zeigt sich an der Entwicklung des Punktes Z1´ auf der oberen Fläche I´. Wegen der Modifikation der Kontrollvariablen (siehe Z1 zu Z2) wandert Z1´ in Richtung Oberflächenfalte und gelangt in den Bereich III´ (Punkt Z2´). Obwohl nach der Bimodalität auch der Bereich III´´ möglich gewesen wäre, führt die Energie den Punkt in den Bereich III´, so dass die Verhaltensnorm der Fläche I´ weiter Gültigkeit besitzt. Eine Veränderung der Verhaltensnorm wird erst durch das Rutschen über den Faltenrand bewirkt (Punkt Z3´), wo dann die andere Verhaltensnorm der Fläche II´ vorliegt. Der Sprung von der oberen Fläche über die Falte auf die untere Fläche wird als Katastrophensprung oder als Katastrophe bezeichnet (Abbildung 11).797 Die Eigenschaft der Hysterese bedeutet, dass der Rückweg nicht dem Hinweg entspricht. Eine Rückkehr zur Verhaltensnorm der Fläche I´ ist somit nicht über den Hinweg (von Z3´ nach Z2´) möglich. Die Energie hält den Punkt Z3´ auf der Fläche II´ und bedingt dadurch, dass der Rückweg über die Fläche III´´ erfolgt, bevor der Punkt Z4´ auf der Fläche I´ durch einen Sprung erreicht werden kann (Abbildung 11).798 Die Randlinien der Falten III´ und III´´, an denen Verhaltenswechsel erfolgen, bilden auf der Kontrollebene die trichterförmige Fläche III (Bifurcation Set; Abbildung 12). Nur innerhalb dieses Bereichs sind plötzliche Verhaltensänderungen möglich. In den Flächen I und II treten lediglich kontinuierliche und kleine Sprünge auf.799

C. 2.2.2.2.

Status Quo in der Forschung beim katastrophentheoretischen Ansatz

Das Horn-Katastrophenmodell definiert sich aus der horizontalen Ebene, gebildet durch zwei Kontrollvariablen, und der vertikalen Achse, der Verhaltensvariablen. Im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme stellt die Verhaltensvariable das Potenzial zur Unternehmensfortführung dar. Als Kontrollvariablen sind die allgemeinen Faktoren „Finanzlage“ und „Geschäftsentwicklung“ anzusehen.800 Die Beziehungen zwischen den Variablen werden durch die Lage der Kontrollachsen festgelegt (Abbildung 11).801 Die Achse der Geschäftsentwicklungsfaktoren ist mit dem Grad der Hoffnung in die Fortführung des Unternehmens vergleichbar. Je mehr Aussichten erfüllt werden, desto eher rehabilitiert sich die schlechte finanzielle Unternehmenslage.802

796

797 798 799 800

801 802

Vgl. Ho, Thomas/Saunders, Anthony (1980), S. 1190; Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 496. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 496. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 496-497. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 497. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 498. Die Autoren haben die Variablen „Finanzlage“ und „Geschäftsentwicklung“ nicht weiter erläutert. Die Definition obliegt dem Anwender. Als Beispiel können für beide Aspekte Kennzahlen ausgewählt werden, deren Ergebnisse mit durch den Nutzer ermittelten Soll-Vorgaben verglichen werden. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 499. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 501.

147

Abb. 11: Darstellungsbeispiel einer Katastrophe im Horn-Modell803 Die Fläche I´ bildet den unbedingten Going Concern Bereich. Hier besteht kein Zweifel an der Unternehmensfortführung. Die Fläche II´ hingegen steht für den Non-Going Concern Bereich. Das Unternehmen steht kurz vor dem Zusammenbruch. Der bedingte Going Concern Bereich ist durch den nach oben gerichteten Faltenteil III´ und durch die Schräge zwischen den Flächen I´ und II´ definiert. Die Einteilung der Kontrollebene in vier Quadranten steht für eine einfachere Darstellung nach den Himmelrichtungen (Nordost, Südost, Südwest und Nordwest), deren Ausdehnung auf das Verhaltensmanifold übertragen wird. Der Nordost-Bereich bedeutet den höchsten Grad an Zahlungsfähigkeit und die vielversprechenste Geschäftsentwicklung. Daher spiegelt sich dieser Bereich vollständig in der Fläche I´ wider. Das Gegenstück bildet der Südwest-Quadrant. Bei beiden Kontrollvariablen liegen hier die ungünstigsten Ausgestaltungen vor. Dieser Quadrant wird auf die Non-Going Concern Fläche II´ übertragen.804 Bei Unternehmen im Nordwest-Bereich ist keine plötzliche Veränderung zu erwarten, wobei sukzessive Verschlechterungen oder Verbesserungen nicht ausgeschlossen sind. Auf Grund der guten finanziellen Situation können jedoch andere negative Entwicklungen für einen gewissen Zeitraum über-

803 804

Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 503. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 499.

148

brückt werden. Im Südost-Quadranten ist sowohl eine positive als auch eine negative Entwicklung möglich. Unternehmen, die eher zum Nordost-Bereich tendieren, haben eine suboptimale Finanzlage. Die positiven Aussichten bezüglich der Geschäftsentwicklung scheinen aber hoffnungsvoll, so dass bei einem kurzfristigen Liquiditätsengpass das Unternehmen wieder in den Nordost-Bereich gelangt. Die Zuversicht auf eine Unternehmensfortführung schwindet, je näher das Unternehmen zum Südwest-Quadranten rückt. Die vorliegende schlechte Finanzlage wird nur durch wenige positive Geschäftsentwicklungsfaktoren kompensiert (Abbildung 12). Das Modell macht deutlich, dass auf Grund der Hysterese eine Umkehr der für die Katastrophe verantwortlichen Faktoren kein Zurückdrehen der Unternehmenssituation bewirkt. Es führen zwei Wege zurück auf die Fläche I´. Entweder man geht nördlich um die Falte herum (R1´) oder man geht zum Faltenrand und gelangt mit Hilfe des Katastrophenrücksprungs in den gewünschten Bereich (F2´ und R2´). Für den ersten Weg ist die Verbesserung der finanziellen Lage, z.B. durch Beschaffung liquider Mittel, das oberste Ziel. Der zweite Weg setzt eine enorme und zeitlich festgelegte Verbesserung der Geschäftsentwicklungsfaktoren voraus (Abbildung 12).805 Dieses Verfahren wurde von den Autoren am Beispiel eines Automobilkonzerns veranschaulicht. In Abbildung 13 werden die Stellungnahmen der Wirtschaftsprüfer seit 1978 in das HornKatastrophenmodell übertragen. 1978 erhielt der Automobilhersteller ein uneingeschränktes Testat (Fläche I´). Die Ereignisse ein Jahr später ließen die Wirtschaftsprüfer ihr Urteil aus dem Jahr 1978 korrigieren, so dass ein eingeschränktes Testat erteilt worden ist (Fläche III´). Ende 1979 hätte erneut ein eingeschränktes Testat erteilt werden müssen (Fläche II´). Auf Grund einer bestehenden Anleihengarantie wurde jedoch ein bedingtes uneingeschränktes Testat ausgegeben (Fläche I´).806 Die große Anzahl der für eine Sanierung erforderlichen Maßnahmen ließen Ende 1980 den Punkt an den Faltenrand wandern. Nur bei Umsetzung der meisten Anforderungen war ein Überleben gesichert und der Punkt könnte auf der Fläche III´ verweilen, ansonsten würde er auf die Fläche II´ herabrutschen.

805 806

Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 500. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 504.

149

Abb. 12: Interpretation des Horn-Katastrophenmodells807 Tabellenlegende: FB = Faktoren der Geschäftsentwicklung FF = Faktoren der Finanzlage NO = Nordost-Quadrant NW = Nordwest-Quadrant SO = Südost-Quadrant SW = Südwest-Quadrant

807

Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 499.

150

Abb. 13: Das Horn-Katastrophenmodell am Beispiel eines Automobilkonzerns

C. 2.2.2.3.

Kritische Würdigung des katastrophentheoretischen Ansatzes

Beim katastrophentheoretischen Ansatz ist positiv hervorzuheben, dass die Variablen nicht genau quantifiziert werden müssen. Eine Einteilung in positiv, neutral und negativ ist ausreichend, so dass der Einbeziehung von qualitativen Merkmalen nur ein geringer Aufwand entgegensteht. Jedoch werden die Ergebnisse um so besser je detaillierter die angewandte Skalierung ist.808 Das hier vorgestellte Beispiel enthielt nur die Variable des Bestätigungsvermerks. Bei diesem Verfahren können mehrere Variablen angewendet werden.809 Jedoch darf der Grundsatz der Übersichtlichkeit nicht vernachlässigt werden. Problematisch ist im Rahmen der Ergebnisinterpretation die sehr allgemein gehaltene Darstellung aller Faktoren. Krisenursachen oder defizitäre Unternehmensbereiche können nicht analysiert werden. Zudem liegen keine eindeutig definierten Faktoren der Finanzlage und der Geschäftsentwicklung vor, so dass bei verschiedenen Anwendern unterschiedliche Resultate möglich sind. Wegen der sehr geringen Bedeutung in der Literatur ist eine Kenntnis bzw. Akzeptanz in der Wirtschaftsprüfungspraxis nicht gegeben. 808 809

Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 507. Vgl. Chandler, John S./Schönbrunn, Norbert (1982), S. 507-508.

151

C. 2.3. Zusammenfassung des Status Quo der methodengestützten Ansätze für die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung Eine Zusammenfassung der Analyse hinsichtlich der zu Beginn dieses Kapitels dargelegten Grundsätze für die Anwendung von methodengestützten Ansätzen findet sich in Tabelle 49.

Objektivität/ Unabhängigkeit Neutralisierung Ganzheitlichkeit Vollständigkeit Wirtschaftlichkeit Transparenz Anwenderfreundlichkeit/Akzeptanz Datenverfügbarkeit

Diskriminanzanalyse Ò

KNN Ò

Regressionsanalyse Ò

Grafisches Verfahren Î

Katastrophentheorie Ô

Ò Ò Ò Ò Ò Ò

Ò Ò Ï Ò Ï Ò

Ò Ò Ò Ò Î Î

Ò Ò Ò Ô Î Ð

Ò Ô Ð Ô Ô Ð

Î

Î

Î

Î

Î

Tab. 49: Grundsätze der Anwendung bei methodengestützten Verfahren Objektivität und Unabhängigkeit sind an verschiedene Voraussetzungen gebunden. Sofern bei den mathematisch-statistischen Verfahren stets der gleiche Kennzahlenkatalog und die gleiche Grundgesamtheit von Unternehmen verwendet werden, sind diese gegeben. Obwohl keine empirisch fundierten Sollwerte vorliegen, haben sich in der Literatur unterschiedliche Interpretationstrends gebildet, so dass Ergebnisunterschiede zwar möglich sind, jedoch nur in vertretbarem Rahmen erwartet werden. Beim grafischen Verfahren ist zusätzlich die Zuordnung der Kennzahlen zu den Gesichtsmerkmalen entscheidend. Beim katastrophentheoretischen Modell müssen die Faktoren für die Finanzlage und die Geschäftsentwicklung definiert sein, da ansonsten verschiedene Sachverhaltskombinationen unterschiedlich bewertet werden und sich somit der Weg über die Modellebenen unterscheidet. Der Grundsatz der Neutralisierung ist bei allen angeführten Verfahren im Allgemeinen eingehalten, wenn als Grundlage der Analyse eine Strukturbilanz erstellt wird, mit der die meisten bilanzpolitischen Maßnahmen ausgeschaltet werden können. Die ganzheitliche Abdeckung aller Informationsbereiche eines Unternehmens kann mit Ausnahme des katastrophentheoretischen Ansatzes theoretisch angenommen werden. Jedoch ist erneut die Schwierigkeit der Quantifizierung von qualitativen Faktoren in der Praxis zu berücksichtigen. Des Weiteren darf der Grundsatz der Übersichtlichkeit nicht außer Acht gelassen werden. Im Rahmen der kritischen Würdigung des auf der Katastrophentheorie basierenden Verfahrens wurde bereits auf das Problem der Verwendung von mehreren Variablen hingewiesen. Der Grundsatz der Datenvollständigkeit ist bei künstlichen neuronalen Netzen am ehesten erfüllt. Diskriminanzanalyse und Regressionsanalyse sind empfindlicher gegenüber fehlerhaftem oder unvollständigem Informationsmaterial. Bezogen auf die Anzahl der zu verarbeitenden

152

Variablen ist mit Ausnahme des katastrophentheoretischen Modells die Ganzheit der Angaben grundsätzlich gegeben. Die Wirtschaftlichkeit kann bei den mathematisch-statistischen Verfahren angenommen werden, da in der Praxis ausreichend computerbasierte Programme verfügbar sind, für die in der Regel keine Hochleistungsrechner benötigt werden. Für das graphische Verfahren sowie das Modell der Katastrophentheorie sind keine Programme bekannt, so dass eine eigenständige Entwicklung erforderlich ist. Ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis scheint somit fraglich. Die Transparenz ist bei mathematisch-statistischen Verfahren auf Grund der Durchführbarkeit von Sensitivitätsanalysen ausgeprägter. Bei Vorliegen der Zuordnung der verschiedenen Kennzahlen zu den einzelnen Gesichtsmerkmalen können auch beim grafischen Verfahren weitergehende, jedoch nicht so detaillierte Informationen ermittelt werden. Beim katastrophentheoretischen Ansatz hingegen ist nur eine unzureichende Transparenz gegeben, da nur eine begrenzte Anzahl von Variablen zur Anwendung kommen kann. Die Anwenderfreundlichkeit bzw. Akzeptanz der mathematisch-statistischen Verfahren ist grundsätzlich aus den vorgestellten Studien zur Ermittlung des Status Quo ableitbar. Die modelltheoretischen Verfahren stellen in der Literatur lediglich ein Randthema, obwohl die grafische Methode zur Vorabeinschätzung eines Unternehmens durchaus geeignet scheint. Die bereits angesprochene Problematik der Datenverfügbarkeit bezüglich einer ausreichend großen Grundgesamtheit liegt bei allen Verfahren gleichermaßen vor. Für externe Analysten sind auf den Jahresabschluss basierende Informationen grundsätzlich erhältlich. Qualitative Hinweise, z.B. über das Management, sind in der Regel nicht frei zugänglich, so dass eine umfassende Unternehmensanalyse kaum realisierbar ist (siehe Grundsatz der Ganzheitlichkeit). Das grafische Verfahren sowie das katastrophentheoretische Modell befinden sich auf Grund ihrer geringen Bedeutung und ihrer erheblichen Nachteile außer Konkurrenz. Sie stellen interessante Ansätze dar, werden jedoch wahrscheinlich niemals den Stellenwert der anderen Vorgehensweisen erreichen. Trotzdem können sie Anregungen für die Weiterentwicklung der mathematisch-statistischen Verfahren liefern, in dem sie z.B. mit anderen Methoden kombiniert werden. Ergebnisse eines künstlichen neuronalen Netzes, die in Form von Gesichtern dargestellt werden, können einem Analytiker die Arbeit erleichtern und angenehmer machen, indem unübersichtliche Zahlenkolonnen ansprechender aufgearbeitet werden. Die Kennzahl „Cash Flow / Fremdkapital“ klassifizierte in den Studien von Beaver und Deakin für ein Jahr bzw. zwei Jahre vor Eintritt der Insolvenz nur 13,00% bzw. 16,00% der Unternehmen falsch. Die von Deakin verwandte multiple Diskriminanzanalyse wies zwei Jahre vor Eintritt der Insolvenz lediglich 6,00% unrichtig zugeordnete Unternehmen auf, bei Beerman waren es ein Jahr vor Eintritt der Insolvenz 7,10%. Altman´s multivariate Diskriminanzanalyse ermittelte eine Fehlklassifikationsrate von nur 5,00%. Bei Weinrich und Gebhardt hingegen erga-

153

ben sich zwei Jahre vor Eintritt der Insolvenz Fehlklassifikationsraten von 10,94% und 15,00%. Die rein quantitative Diskriminanzfunktion von Mutchler klassifizierte 82,80% der Unternehmen richtig. Die Ergebnisse von Baetge/Huß/Niehaus waren noch besser. In der Validierungsstichprobe wurden von der multivariaten Diskriminanzfunktion in den drei Jahren vor Eintritt der Insolvenz nur zwischen 5,30% und 7,30% falsch erkannt. Multivariate Diskriminanzfunktionen erzielten auch bei Feidicker (zwischen 83,90% und 96,40%) und Kuruppu/Laswad/ Oyelere (91,80%) gute Ergebnisse. In den Studien von Odom/Sharda und Tam wiesen die künstlichen neuronalen Netze stets die besseren Resultate als die multivariate Diskriminanzanalyse auf. Bei Koh schnitt das künstliche neuronale Netz mit 91,00% Klassifikationsrate im Vergleich zur logistischen Regression und dem Entscheidungsbaum am schlechtesten ab. Diese kurze Zusammenfassung einiger Studienergebnisse zeigt, dass ein direkter Vergleich von Untersuchungen kaum möglich ist. Die Definition der Kriterien zur Auswahl der insolventen Unternehmen unterliegt subjektiven Einflüssen, so dass zwar Ähnlichkeiten aber keine Übereinstimmungen vorliegen. Hierzu zählen z.B. die Unternehmensgröße oder die Branchenzugehörigkeit. Die Begriffsbestimmungen zur Gruppenbildung „Solvent“ und „Insolvent“ werden nicht einheitlich verwandt. Ein Autor orientiert sich an der Gesetzesdefinition, ein anderer entwickelt eine eigenständige Abgrenzung. Auf Grund der häufig fehlenden Stabilität der verschiedenen Funktionen wären gleiche Untersuchungszeiträume vorteilhaft. Zusätzlich müssen die Faktoren „Anzahl der Unternehmen“ sowie „Definition und Anzahl der Kennzahlen“ bei einer Gegenüberstellung Berücksichtigung finden. Dies gilt insbesondere für die mathematisch-statistischen Verfahren. Bezüglich dieser Verfahren ist zusätzlich erkennbar, dass multivariate Diskriminanzanalysen und künstliche neuronale Netze am weitesten verbreitet sind und letztere tendenziell bessere Klassifikationsraten erzielen (mit Ausnahme der Studie von Koh). Trotz der vielen und häufig berechtigten Kritik gegenüber den einzelnen mathematisch-statistischen Verfahren kann auf eine Anwendung derselben als Hilfestellung im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme mangels Alternativen nicht verzichtet werden. Sofern die diversen Einschränkungen bei der Interpretation der Ergebnisse nicht vernachlässigt werden, ist eine Nutzung dieser Ansätze zu empfehlen. Sie können wichtige Hinweise für eine tiefergehende Analyse des zu prüfenden Unternehmens liefern. Diese Auswertungen machen nur einen Teil der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme aus. Ein weiterer relevanter Faktor ist das Verhalten des Entscheidungsträgers selbst und die Einflussnahme auf diesen durch Außenstehende. Dieser Aspekt wird im nächsten Kapitel erläutert.

154

D. Empirische Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung D. 1. Empirischgestützte Ansätze zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung Der Prüfer hat alle für die Erteilung des Bestätigungsvermerks entscheidungsrelevanten Informationen vom Mandanten anzufordern, um mit hinreichender Sicherheit ein Urteil über die von den gesetzlichen Vertretern des zu prüfenden Unternehmens getroffene Einschätzung über die Going Concern Annahme abgeben zu können. Das Einholen von Daten erfolgt gewöhnlich zu verschiedenen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Weise. Es gibt keine Vorgaben darüber, wann und wie der Prüfer Informationen verlangen kann, darf oder muss. Bereits vor der Auftragsannahme hat sich der Prüfer über die Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie dessen Umfeld zu informieren. Diese Faktoren werden anschließend analysiert.810 Während der Prüfung treten immer wieder Fragen und Probleme auf, die nur mit Hilfe des Mandanten, mit dessen Wissen, beantwortet werden können. Ansprechpartner sind zuständige Sachbearbeiter, Abteilungsleiter oder die gesetzlichen Vertreter des zu prüfenden Unternehmens. Die meisten Fragen werden in persönlichen Gesprächen oder per Telefon beantwortet. Falls dies nicht möglich ist, ist eine schriftlich fixierte Aufstellung der offenen Fragen und Probleme erforderlich, die an die verantwortlichen Entscheidungsträger weitergeleitet wird. Der Prüfer bittet in solchen Fällen um eine Stellungnahme bis zu einem festgelegten Zeitpunkt. Der zuständige Mitarbeiter antwortet schriftlich oder mündlich. Dabei spielt die jeweilige Situation die entscheidende Rolle. Es ist zu untersuchen, ob die Bearbeitung zeitgerecht, ausreichend, vollständig und richtig erfolgt, sowie zu hinterfragen, ob weitere Informationen notwendig sind. Der Prüfer hat auf vieles zu achten, wenn er die offenen Fragen hinreichend sicher beantworten will. Im Rahmen der Bereitstellung von Prüfungsunterlagen zum Prüfungsbeginn oder bei während der Prüfung auftretenden Fragen bestimmt der Mandant bewusst oder unbewusst die Richtung, die Art, die Menge, die Aussagekraft sowie die Reihenfolge der Informationen. Für die Beantwortung einer Frage werden eventuell mehr positive Informationen bereitgestellt, während die wichtigen negativen Sachverhalte nur vereinzelt eingestreut und/oder durch positive Hinweise gleichzeitig abgeschwächt werden. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass entweder bereits bekannte oder nicht entscheidungsrelevante Daten vom Mandanten weitergeleitet werden. Der Prüfer hat in kurzer Zeit darüber zu entscheiden, ob die erhaltene Antwort ausreichend oder ob eine erneute Anfrage notwendig ist. Dabei können bedeutende Tatsachen im Informationsüberfluss übersehen oder unrichtig interpretiert werden. Sofern für die Lösung eines Problems der Verantwortliche Rücksprache mit anderen Kollegen oder Externen halten muss, ist eine Verzögerung der Bearbeitung möglich. Der Prüfer setzt in der Zwischenzeit die Prüfung fort und konzentriert sich auf andere Prüfungsthemengebiete, die die zu bearbeitende Frage unberechtigt in den Hintergrund treten lassen können.

810

Vgl. IDW PS 230, Tz. 9.

155

Während einer Jahresabschlussprüfung gibt es viele Situationen, die nur vom Mandanten und nicht vom Prüfer beeinflusst werden können. Ob der Mandant diese Einflussmöglichkeiten bewusst oder unbewusst zu seinem Vorteil nutzt, kann nur in Ausnahmefällen festgestellt werden. Hiervon sind Mandanten zu unterscheiden, die mutwillig gefälschte bzw. manipulierte Daten freigeben oder andere wichtige Informationen bewusst zurückhalten. Der Prüfer muss sich stets darüber im Klaren sein, dass diese Einflussnahme auf seine Urteilsbildung nicht ausgeschlossen werden kann. Die Ausführungen werden zeigen, dass der Prüfer in seiner Entscheidung in großem Maße vom Mandanten abhängig ist. Empirische Untersuchungen zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken sind in Deutschland bis jetzt noch nicht durchgeführt worden. Im folgenden Abschnitt werden daher einige ausgewählte Studien aus dem englischsprachigen Raum detailliert vorgestellt. Hierzu gehören insbesondere die Offenlegung der verschiedenen Forschungsmethoden und deren Ergebnisse. Diese Vorgehensweise verschafft einen genauen Einblick über den aktuellen internationalen Forschungsstand dieses Themengebietes. Des Weiteren können die im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse mit ähnlichen bereits durchgeführten Untersuchungen verglichen werden. Diese basieren auf Fragebögen811 und/oder persönlichen Interviews. Da viele Studien beide Ansätze gleichzeitig anwenden, ist eine überschneidungsfreie Darstellung nicht möglich. Für eine eindeutige Zuordnung wird das Kriterium „Untersuchungsziel der Studie“ zur Klassifizierung herangezogen. Es wird zwischen „Wichtigkeit der Informationen“ und „Präsentation der Sachverhalte“ differenziert. Zuvor werden jedoch die theoretischen Grundlagen der empirischgestützten Ansätze vorgestellt.

D. 2. Theoretische Grundlagen der empirischgestützten Ansätze D. 2.1. Einführung in die empirischgestützten Ansätze Die Grundlage der Urteilsbildung im Allgemeinen sowie im Speziellen über die Going Concern Annahme ist die Fähigkeit des Prüfers zur steten Aktualisierung der eigenen derzeitigen Meinung („Belief updating“). Die derzeitige Auffassung wird durch jeden neu hinzukommenden Hinweis überdacht und gegebenenfalls revidiert. Die anfängliche Meinung wird Anker, die Abweichungen davon werden (Meinungs-)Anpassungen genannt.812 Neue Informationen können den bisherigen Standpunkt weiterentwickeln, beibehalten oder wieder auf eine frühere Meinungsebene zurückführen. Dieses Vorgehen ist allgegenwärtig und unverzichtbar, damit Entscheidungen immer zu den aktuell vorliegenden Gegebenheiten getroffen werden können.813 Die Richtung und das Ausmaß der Meinungsänderung werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Hierzu zählen Charakteristika von Informationen, die Präsentationsreihenfolge der Informationen, der Antwortmodus sowie die Fragestellung an sich. 811

812 813

Die Verwendung von Fallstudien wird im Rahmen dieser Arbeit dem Bereich der Fragebögen zugeordnet. Vgl. Eisenführ, Franz (2003): Rationales Entscheiden, Berlin 2003, S. 179. Vgl. Hogarth, Robin/Einhorn, Hillel J. (1992): Order effects in belief updating: the belief-adjustment model. In: Cognitive Psychology, Vol. 24, 1992, S. 1-55, hier S. 3.

156

D. 2.2. Richtung, Art, Menge und Aussagekraft der Informationen Eine Meinungsanpassung wird durch die Kriterien „Richtung“ und „Ausmaß“ definiert. Die Richtung wird allein durch die Art der Information, das Ausmaß hingegen durch die vier Faktoren Informationsrichtung, Informationsart, Informationsmenge sowie Informationsaussagekraft beeinflusst. Im Nachfolgenden werden die verschiedenen Elemente erläutert. Es wird zwischen drei Tendenzen einer Information unterschieden: positiv, negativ und neutral. Die zweifelsfreie Auslegung eines Hinweises hängt von der Genauigkeit der Formulierung ab. Eine Nachricht darüber, dass ein Umsatz von 1 Mio. EUR erzielt worden ist, lässt keine Rückschlüsse zu, ob diese Information positiv oder negativ ist. Es ist ein Vergleichsmaßstab notwendig. Eine Gegenüberstellung des ermittelten Umsatzes z.B. zu den Vorjahreswerten bestimmt die Richtung. Wurde im Vorjahr ein Umsatz von 8 Mio. EUR erzielt, so ist der Sachverhalt tendenziell negativ einzustufen, da sich der Umsatz deutlich verringert hat. Jede Informationsrichtung geht mit einer bestimmten Meinungsanpassung einher. Es ist auf das Ausmaß der Unterstützung des aktuellen Meinungsbildes durch diesen Hinweis abzustellen. Positive Hinweise unterstützen die derzeitige Ansicht. Sie bestärken den Standpunkt für eine bestimmte Tatsache. Negative Hinweise hingegen widersprechen der gegenwärtigen Auffassung. Sie mindern den Standpunkt. Neutrale Hinweise haben keinen Einfluss auf die Meinungsauslegung und lösen daher keine Meinungsanpassung aus. Im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken hat der Prüfer die Frage nach der Fortführung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf Grundlage der Einschätzung durch die gesetzlichen Vertreter zu beantworten. So können z.B. die erfolgreiche Einführung eines neuen Produkts eine positive Information und der Verlust eines Hauptkunden eine negative Information hinsichtlich der Fragestellung darstellen.814 Bei der Art der Information existieren zwei Ausprägungen. Im Rahmen einer Informationsbereitstellung können nur gleichartige Hinweise, positive bzw. negative, oder gemischte Hinweise gegeben werden. Der Einfluss auf das Ausmaß einer Meinungsanpassung ist durch die eventuell unterschiedliche Datengewichtung begründet. Sofern der Informationsart A eine höhere Bedeutung zugeschrieben wird als der Informationsart B, ist das Ausmaß der Anpassung bei der wichtigeren Informationsart in der Regel größer. Als weiterer Aspekt ist die Menge der zu verarbeitenden Faktoren zu berücksichtigen. Eine Frage kann mit Hilfe einer einzigen kurzen Information beantwortet werden. Meistens ist jedoch eine ausführliche Erläuterung des Sachverhalts erforderlich, so dass eine große Anzahl an Hinweisen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden muss. Die Informationsmenge wird entweder als klein oder groß angegeben. Eine kleine Informationsmenge besteht aus zwischen zwei und 12 Hinweisen, eine große aus mehr als 17.815 Die Aussagekraft von Informationen kann zwei Merkmalsausprägungen annehmen: stark oder schwach. Daten können daher unabhängig von 814

815

In der Praxis ist selbstverständlich die Gesamtsituation des zu prüfenden Unternehmens zu berücksichtigen. Dennoch ist der Begriff „Verlust“ eher mit etwas Negativem und der Begriff „Erfolgreich“ mit etwas Positivem assoziiert. Dies gilt unabhängig vom Zusammenhang und der Intensität. Hat ein Unternehmen mehrere Hauptkunden, wiegt der Verlust eines Hauptkunden nicht so schwer, als wenn das Geschäft des Mandanten nur von zwei Hauptkunden bestimmt wird. Vgl. Hogarth, Robin/Einhorn, Hillel J. (1992), S. 5-6.

157

ihrer Art starken oder schwachen Einfluss auf die Meinungsanpassung nehmen. Im Vergleich zu Faktoren mit schwacher Aussagekraft fällt die Meinungsänderung bei Sachverhalten mit starker Aussagekraft größer aus. Die Aussagekraft wird ebenfalls von der Präzision der Formulierung bestimmt. Die negative Nachricht des Verlustes eines Hauptkunden kann schwerwiegender sein, also stärkeren Einfluss auf die Urteilsbildung nehmen, als die ebenfalls negative Information über den Anstieg der Produktionskosten. Die Formulierungen der Hinweise sind hier ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Der Zusatz bei der Aussage über den Verlust des Hauptkunden „… mit dem über 30,00% des Umsatzes generiert werden.“ bewirkt eine deutliche Veränderung in der Wichtigkeit und der Aussagekraft. Eine Zusammenfassung der bis jetzt dargelegten Einflussfaktoren zeigt Tabelle 50. Charakteristika von Informationen Richtung Art Menge Aussagekraft

Merkmalsausprägungen negativ, positiv, neutral gleichgerichtet, gemischt klein, groß stark, schwach

Tab. 50: Einflussfaktoren durch Informationen auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme Die Situation des jeweiligen Unternehmens beeinflusst die Bedeutung von Hinweisen. Des Weiteren ist es selbstverständlich, dass ein Mandant für die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme nicht nur eine Information an den Prüfer ausgibt. Die zwischen den einzelnen Faktoren bestehenden Wechselbeziehungen müssen in der Praxis betrachtet werden. Negative Sachverhalte können durch positive Tatsachen teilweise kompensiert werden. Auf der anderen Seite können positive Hinweise unbeachtet bleiben, falls negative Gegebenheiten zu schwerwiegend sind.

D. 2.3. Reihenfolge der Informationen Die Reihenfolge, in der der Prüfer die benötigten Informationen vorgelegt bekommt, kann auch einen entscheidenden Einfluss auf dessen Urteilsbildung haben. Es wird zwischen Primacy Effects und Recency Effects unterschieden, die unter dem Oberbegriff der Order Effects (Reihenfolgeeffekte) zusammengefasst werden.816 Reihenfolgeeffekte können auf der Informationsart und der Informationsaussagekraft beruhen. Dem Prüfer werden verschiedene Hinweise vorgelegt, anhand derer er eine endgültige Entscheidung hinsichtlich des Grundsatzes der Unternehmensfortführung zu treffen hat. Es ist die Frage zu klären, ob eine geänderte Reihenfolge der präsentierten Informationen den Prüfer zu einem 816

Für die Begriffe „Primacy Effects“ und „Recency Effects“ finden sich in der deutschsprachigen Literatur keine geeigneten Übersetzungen. Primacy Effects könnten mit „Wirkung des früheren Hinweises“ und Recency Effects mit „Wirkung des letzteren Hinweises“ übersetzt werden. Um keine Begriffsdefinitionen zu verwenden, die von den ursprünglichen abweichen, werden im Rahmen dieser Arbeit die englischen Formulierungen beibehalten.

158

anderen Urteil kommen lässt. Es wird unterstellt, dass Prüfer 1 im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme zuerst Hinweis A und anschließend Hinweis B vorgelegt bekommt. Nach der Bearbeitung beider Sachverhalte gibt Prüfer 1 sein Ergebnis bekannt. Prüfer 2 dagegen erhält die Daten in geänderter Reihenfolge, zuerst Hinweis B, dann Hinweis A. Unter der Annahme, dass beide Prüfer über das gleiche Grundwissen verfügen, müssten sie zur gleichen Entscheidung kommen, da ihnen dieselben Informationen zur Verfügung standen. Stimmen die Ergebnisse nicht überein, liegen Reihenfolgeeffekte vor, da anscheinend die unterschiedliche Informationsanordnung die Urteilsbildung beeinflusst hat.817 Nun gilt es zu überprüfen, ob die Reihenfolgeeffekte auf Primacy Effects oder Recency Effects beruhen. Bei Primacy Effects haben Faktoren, die am Anfang bearbeitet werden, eine größere Wirkung auf die Urteilsbildung als Hinweise, die zum Schluss vorgelegt werden. Dieses Phänomen ist bei Recency Effects umgekehrt. Die zuletzt gezeigten Sachverhalte beeinflussen den Prüfer mehr als die vorher präsentierten. Es ist daher zu untersuchen, unter welchen Bedingungen welcher Effekt auftritt bzw. die Datenreihenfolge keine Relevanz hat.818

D. 2.4. Antwortmodi Es gibt zwei Antwortmodi: Step-by-Step (SbS) oder End-of-Sequence (EoS). Bei SbS werden die Informationen einzeln zur Verfügung gestellt. Nach jedem neuen Hinweis wird eine Zwischenentscheidung getroffen. Eine endgültige Meinung ist nach Verarbeitung aller Sachverhalte zu bilden. Beim EoS-Verfahren ist kein Zwischenfazit erlaubt. Hier wird erst nach Einschätzung aller Informationen ein endgültiges Urteil gefällt.819 Der Mandant kann dem Prüfer den Antwortmodus vorgeben, da er den zeitlichen Rahmen der Beantwortung über eine vollständige oder schrittweise Bearbeitung einer Fragestellung bestimmen kann. Der Prüfer hat jedoch die Gelegenheit, darauf zu reagieren und seinen Antwortmodus selbst festzulegen. Werden vom Mandanten alle Informationen zur gleichen Zeit geliefert, liegt das weitere Vorgehen im Ermessen des Prüfers. Er kann sämtliche Hinweise gleichzeitig durchsehen und anschließend sein Urteil fällen oder jeden Sachverhalt einzeln in seine Entscheidung einfließen lassen. Auch bei eventuellen Informationsteillieferungen durch den Mandanten hat der Prüfer die Möglichkeit, über die weitere Vorgehensweise eigenständig zu entscheiden. Entweder revidiert er nach jeder einzelnen Information seine Meinung oder er wartet das vollständige Eintreffen der Antworten ab und entscheidet erst dann. Diese kurzen Ausführungen sollen deutlich machen, dass der Prüfer im Bezug auf den Antwortmodus in der Regel unabhängig vom Mandanten arbeiten kann, sofern ihm dieser Umstand bewusst ist. Der Prüfer hat jedoch zusätzlich zu gewährleisten, dass durch die Wahl des Antwortmodus die Prüfungstätigkeit nicht beeinträchtigt wird.

817 818 819

Vgl. Hogarth, Robin/Einhorn, Hillel J. (1992), S. 3. Vgl. Hogarth, Robin/Einhorn, Hillel J. (1992), S. 2. Vgl. Hogarth, Robin/Einhorn, Hillel J. (1992), S. 4-5.

159

D. 2.5. Aufgabenstellung Eine Aufgabe wird durch drei Bestandteile definiert: Komplexität, Anzahl der Informationen sowie Antwortmodus. Jeder Prüfer bestimmt zunächst die Komplexität einer Aufgabe und legt darauf aufbauend die Strategie der Informationsverarbeitung fest. Durch die Vorgabe der Aufgabenkomplexität ist der Antwortmodus des Prüfers beeinflussbar. Die Komplexität einer Aufgabenstellung wird durch die Menge der zu verarbeitenden Sachverhalte und durch die Vertrautheit der Aufgabe definiert. Je mehr Informationen berücksichtigt werden müssen und je unbekannter die Fragestellung für den Entscheidungsträger ist, desto komplexer wird diese eingestuft.820 Als zweiter Bestandteil ist die Menge der zu verarbeitenden Informationen zu berücksichtigen. Eine Erhöhung der Informationsmenge birgt zwei mögliche Gefahrenquellen. Zum einen kann der Prüfer in seiner Konzentration nachlassen, wenn sehr viele Daten verarbeitet werden müssen. Zum anderen kann die Reaktionssensibilität auf neue Hinweise wegen der Informationsüberflutung abnehmen. Die Meinungsanpassungen fallen dann geringer aus, wenn der Einfluss jeder weiteren neuen Information stetig sinkt und diese somit nur einen sehr geringen Anteil an der bereits verarbeiteten Datenmenge ausmacht.821 Für detaillierte Erläuterungen zur Informationsmenge und zum Antwortmodus wird auf die Gliederungspunkte D. 2.2. und D. 2.4. verwiesen.

D. 3. Die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unter Anwendung empirischgestützter Ansätze D. 3.1. Allgemeiner Überblick Die Studien beschäftigen sich generell mit der möglichen Einwirkung auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme durch die Art der Informationen sowie durch die Art ihrer Bereitstellung. Es wird zwischen verschiedenen Einflussfaktoren unterschieden, die im Rahmen dieser Arbeit in zwei Gruppen eingeteilt werden. Die eine Gruppe untersucht die Möglichkeit der Beeinflussung durch nicht im Wirkungskreis des Prüfers liegende Gegebenheiten. Hierzu zählen speziell die unterschiedliche Reihenfolge der Präsentation von Informationen sowie deren Richtung. Die andere Gruppe hingegen analysiert relevante qualitative oder quantitative Sachverhalte sowie deren Wichtigkeit. Daraus werden Tatsachen ermittelt, die eine Hilfestellung für einen Prüfer bei der Entscheidung sein können. Im Rahmen der Einflussnahme auf den Prüfer ist es unerheblich, ob diese beabsichtigt oder unbeabsichtigt geschieht und durch wen sie erfolgt. Das unbewusste Verhalten eines Prüfers auf bestimmte Sachverhalte wird ausgenutzt. Solche kaum kontrollierbaren Situationen kommen während einer Jahresabschlussprüfung häufig vor, wobei alle Beteiligten des Prüfungsteams unabhängig von ihrer Berufserfahrung davon betroffen sein können. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung sowie kritischen Würdigung der Untersuchungen ab.

820 821

Vgl. Hogarth, Robin/Einhorn, Hillel J. (1992), S. 4. Vgl. Hogarth, Robin/Einhorn, Hillel J. (1992), S. 5-6.

160

D. 3.2. Status Quo in der Forschung bei den empirischgestützten Ansätzen D. 3.2.1. D. 3.2.1.1.

Status Quo in der Forschung über die Wichtigkeit der Informationen Mutchler (1984)

Die Autorin Mutchler822 war eine der ersten, die eine Studie bezüglich der Wichtigkeit verschiedener Einflussfaktoren im Zusammenhang mit der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme veröffentlicht hat. Ihr Beitrag aus dem Jahr 1984 stellte den Beginn einer langfristigen Untersuchung über die Wahrnehmung der Rolle des Prüfers und über Unsicherheiten im Rahmen der Going Concern Entscheidung mit Hilfe der Auswertung von Interviews und Fragebögen dar. Des Weiteren sollten Sachverhalte bestimmt werden, anhand derer der Prüfer ein Unternehmen mit potenziell bestandsgefährdenden Risiken erkennen und die Art des zu erteilenden Bestätigungsvermerks bestimmen könnte.823 Neben den Interviews zur Rolle des Prüfers824 wurde ein Fragebogen erarbeitet, der drei Themengebiete abdeckte. Im ersten Teil wurden 14 Charakteristika von Unternehmen untersucht,

822

823 824

Mutchler, Jane F. (1984): Auditors’ perceptions of the going-concern opinion decision. In: Auditing: A Journal of Practice & Theory, Vol. 3, No. 2, Spring 1984, S. 17-30. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 17-18. Zusätzliche Interviewergebnisse mit Bezug zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme werden kurz vorgestellt: - Alle 16 Teilnehmer gaben an, dass die endgültige Entscheidung über die Art des zu erteilenden Testats der für das Mandat verantwortliche Partner trifft. - Acht Teilnehmer waren der Meinung, dass ein Prüfer durch seine Urteilsbildung in der Lage ist, Jahresabschlussadressaten ein Signal über die Lebensfähigkeit des Unternehmens in Form eines Bestätigungsvermerks zu geben. - Die meisten Mitwirkenden befolgten keine besonderen Regeln zur Aufdeckung von Unsicherheiten hinsichtlich der Going Concern Annahme. Sich vergrößernde Probleme würden durch allgemeine Prüfungshandlungen einschließlich der Kennzahlenanalyse aufgedeckt. - Sämtliche Teilnehmer bejahten grundsätzlich, dass der Großteil der zur Urteilsbildung über das Going Concern Prinzip zu berücksichtigenden Informationen dem Jahresabschluss entstammt. Zusätzlich wurden die Leistung des Managements und die Existenz von Planungsdaten genannt. Informationen über die Managementqualität wurden als wichtig eingestuft. Es herrschte Einigkeit darüber, dass diese Daten trotz ihrer möglichen Entscheidungsrelevanz nicht im Jahresabschluss abgebildet würden. Die Prüfung der Planungsdaten bezog sich auf deren Plausibilität sowie deren zu Grunde liegenden Annahmen. Eine verlässliche aber negative Planung oder eine fehlende bzw. unverlässliche Planung können in Verbindung mit negativen Informationen zu einer Einschränkung des Testats führen, selbst wenn der aktuelle Jahresabschluss eine gute Unternehmenslage darstellt. Auf der anderen Seite kann eine glaubwürdige positive Planung eine Testatseinschränkung auf Grund einer bestehenden schlechten Unternehmenslage verhindern. - Sechs Partner konnten keinen Fall nennen, bei dem ein Mandant auf Grund des erteilten Testats die Zusammenarbeit mit der Prüfungsgesellschaft beendet hätte. Bei zehn Teilnehmern wurde nach langen Diskussionen mit dem Management über das zu erteilende Testat das Mandat verloren. Keinem der Teilnehmer war ein Mandant bekannt, der trotz eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks nicht insolvent geworden war und die WPG verklagt hätte. Klagen wurden vom Management des Mandanten häufig angedroht, jedoch nicht umgesetzt. - Die selbsterfüllende Prophezeiung lehnten zehn Mitwirkende ab, da grundsätzliche Probleme in den Unternehmen bereits vorherrschen würden und das erteilte Testat keinen Einfluss auf den Zusammenbruch des Unternehmens hätte. Die übrigen sechs Teilnehmer waren von diesem Phänomen überzeugt. Drei von ihnen kannten Mandate, bei denen das Testat der entscheidende Auslöser für den Unternehmenszusammenbruch war. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 19-24.

161

die aus Sicht des Prüfers Probleme bei der Unternehmensfortführung aufzeigen könnten.825 Anhand des zweiten Abschnitts wurden zehn Sachverhalte analysiert, mit deren Hilfe der Prüfer ein Unternehmen, das ein eingeschränktes Testat erhalten hat, aus einer Gruppe von problembehafteten Unternehmen auswählen konnte.826 Der dritte Teil des Fragebogens beschäftigte sich mit elf Kennzahlen. Für jede Kennzahl sollten die Teilnehmer deren Wichtigkeit im Rahmen einer Prüfung der Going Concern Annahme nach ihrer persönlichen Einschätzung bestimmen.827 Für die ersten beiden Teile des Fragebogens wurde eine Fünf-Punkte-Bewertungsskala festgelegt.828 Die Teilnehmer829 sollten ihre Bewertung mit einem Ankreuzen der dazugehörigen Zahl kenntlich machen. Alle Sachverhalte sollten zudem einzeln, also unabhängig von den anderen Hinweisen, beurteilt werden. In den nachfolgenden Tabellen werden die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst dargestellt. Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Sachverhalte Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter Sanierung des Unternehmens (Reorganisation) Unfähigkeit zum Nachkommen von Zinszahlungen Erhebliches negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen drei Jahren Erheblicher Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren Negatives Reinvermögen Eingeschränkter Bestätigungsvermerk im Vorjahr Erheblicher Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren Erhebliches negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen zwei Jahren Negatives Ergebnis der Kennzahl „Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital“ Negativer Cash Flow aus Geschäftstätigkeit Erheblicher Jahresfehlbetrag im Vorjahr Erhebliches negatives Betriebsergebnis im Vorjahr Verkauf von rentablen Vermögensgegenständen für Liquidität

Mittelwert830 4,88 4,63 3,88 3,81 3,81 3,75 3,56 3,25 3,19 3,06 3,06 2,75 2,44 2,38

Tab. 51: Auswertungsergebnisse des ersten Fragebogenabschnitts (Mutchler 1984)831 Eindeutig war, dass die Sachverhalte „Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter“ und „Sanierung des Unternehmens (Reorganisation)“ mit deutlichem Abstand als die Umstände bestimmt wurden, die am ehesten auf Probleme bei der Annahme des Going Concern Prinzips hindeuten könnten.832 825 826 827

828

829

830

831 832

Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 19. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 20. Die Grundlage für sämtliche im Fragebogen verwendeten Sachverhalte und Kennzahlen bildeten im Vorhinein durchgeführte Interviews, frühere Studien und andere Literaturquellen. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 19-20. Die Skala lautete 5 = „Selbsterklärend“, 4 = „Sehr wichtig“, 3 = „Wichtig“, 2 = „Weniger wichtig“, 1 = „Unwichtig“. Eine dichotome Skala mit den beiden Antwortmöglichkeiten „Wichtig“ und „Unwichtig“ hinsichtlich der Entscheidungsrelevanz hätte eine reale Entscheidungssituation nicht widergespiegelt. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 20. Die Untersuchung basierte auf Antworten von 16 Personen, je zwei Partnern der Big8-WPG. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 19. Für die ersten beiden Fragebogenabschnitte galt: Je höher der arithmetische Mittelwert desto wichtiger wurde der Sachverhalt von den Teilnehmern eingestuft. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 25. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 25.

162

Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Sachverhalte Cash Flow Prognosen Sachverhalte, die eine Bestandsgefährdung gemäß SAS No. 34 mindern833 Leistung des Managements Pläne des Managements Kennzahlentrend für die vorangegangenen drei Jahre Kennzahlentrend für die vorangegangenen zwei Jahre Unternehmenskennzahlen im Vergleich zur Branche Alter des Unternehmens Unternehmensgröße nach Bilanzsumme Unternehmensgröße nach Umsatz

Mittelwert 3,88 3,43 3,06 3,00 2,81 2,50 2,13 1,62 1,38 1,25

Tab. 52: Auswertungsergebnisse des zweiten Fragebogenabschnitts (Mutchler 1984)834 Der schwache Einfluss des Faktors „Alter des Unternehmens“ war erwartet worden. Jedoch lag hier die größte Unstimmigkeit bei den Teilnehmern vor, da neben dem Wert „1 = Unwichtig“ auch der Wert „4 = Sehr wichtig“ angekreuzt worden war. Eine plausible Erklärung konnte die Autorin dafür nicht finden. 835 Die Teilnehmer sollten im dritten Teil des Fragebogens die fünf wichtigsten Kennzahlen auswählen (Tabelle 53).836 Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Kennzahlen Cash Flow / Fremdkapital Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital Reinvermögen / Fremdkapital Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme Fremdkapital / Bilanzsumme Gewinn vor Steuern und Zinsen / Umsatzerlöse Kasse / Bilanzsumme (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme Gewinn vor Steuern und Zinsen / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Bilanzsumme Umsatzerlöse / Bilanzsumme

Mittelwert 5,44 5,44 4,81 3,13 3,00 2,69 1,63 1,56 1,50 1,38 1,06

Tab. 53: Auswertungsergebnisse des dritten Fragebogenabschnitts (Mutchler 1984)837

833

834 835 836

837

Der SAS No. 34 „The Auditor’s Considerations When a Question Arises About an Entity’s Continued Existence“ wurde im April 1981 vom amerikanischen Berufsverband American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) veröffentlicht und im Jahr 1988 vom SAS No. 59 abgelöst. Vgl. AICPA (1988). Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 20 und 26. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 27. Zusätzlich sollten die Kennzahlen angekreuzt werden, die in der Praxis nicht zur Anwendung kamen. Keine Markierung erhielten Kennzahlen, die zwar in der Praxis verwendet, jedoch nicht zu den fünf Wichtigsten zählten. Im Rahmen der Auswertung wurden den vergebenen Rangplätzen sowie den (fehlenden) Kreuzen Punktzahlen zugeordnet. Rang 1 erhielt sieben Punkte, Rang 2 sechs Punkte usw. bis Rang 5 mit drei Punkten. Ein fehlendes Kreuz wurde mit zwei Punkten, ein vorhandenes mit nur einem Punkt kodiert. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 21 und 27. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 20-21 und 28.

163

Die Auswertung der Kennzahlenergebnisse zeigte, dass drei Kennzahlengruppen entstanden sind: Kennzahlen auf den Rängen Nr. 1 bis 3, den Rängen Nr. 4 bis 6 sowie auf den letzten fünf Rängen.838 Es war auffallend, dass bei den fünf wichtigsten Kennzahlen entweder im Zähler oder im Nenner der Bilanzposten „Fremdkapital“ stand. Die Unternehmensverbindlichkeiten stellen unabhängig von ihrer Fälligkeit aus Sicht des Prüfers einen entscheidenden Faktor bezüglich der Aufdeckung von Problemen bei der Überlebensfähigkeit eines Unternehmens dar.839

D. 3.2.1.2.

Mutchler (1986)

Die Autorin Mutchler840 veröffentlichte zwei Jahre später eine weitere Arbeit, in der sie die im Jahr 1984 gewonnene Auflistung auf Vollständigkeit hin untersucht und gegebenenfalls um neue Sachverhalte ergänzt hat.841 Die Industrieunternehmen wurden anhand von 14 Sachverhalten der Studie aus dem Jahr 1984 (Tabelle 51) sowie dem Kriterium „Negatives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ ausgewählt.842 Kategorie Industrieunternehmen mit … … eingeschränktem Testat 1 … uneingeschränktem Testat, obwohl ein 2 Sachverhalt vorliegt … uneingeschränktem Testat und es liegt 3 kein Sachverhalt vor Ausschluss, da keine Bedingung erfüllt 4 Summe

Grundgesamtheit 119 534

Auswahl für Studie 119 119

1.704

238

498

---

2.855

476

Tab. 54: Auswahlkategorien für die Stichprobe (Mutchler 1986)843

838 839 840

841 842

843

Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 27. Vgl. Mutchler, Jane F. (1984), S. 28. Mutchler, Jane F. (1986): Empirical evidence regarding the auditor’s going-concern decision. In: Auditing: A Journal of Practice & Theory, Vol. 6, No. 1, Fall 1986, S. 148-163. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 148. Der zusätzliche Tatbestand wurde aufgenommen, da er bei 65,50% der berücksichtigten Unternehmen vorlag. Ferner mussten die Unternehmen für die letzten drei Jahre einen Jahresabschluss vorwiesen. Der Stichtag des ältesten Abschlusses sollte zwischen dem 31. März 1981 und dem 28. Februar 1982 liegen. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 150. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 152.

164

Im Rahmen dieser Studie wurden die Unternehmen mit Hilfe von vier verschiedenen Faktoren analysiert: a) Ausmaß der finanziellen Schwierigkeiten anhand eines Diskriminanzwertes844 b) Existenz von guten und schlechten Unternehmensnachrichten845 Es war bei der Datenzusammenstellung aufgefallen, dass Unternehmen mit einem relativ hohen Grad an finanziellen Schwierigkeiten und einem erteilten uneingeschränkten Bestätigungsvermerk eine große Anzahl an guten Unternehmensnachrichten veröffentlicht hatten. Das Gleiche galt auch umgekehrt.846 Nr. Gute Nachrichten 1 Anstieg der Forschungs- und Entwicklungskosten 2 Erfolgreiches neues Produkt 3 Offene Kreditlinien 4 Verkauf von Stammaktien 5 Ausgabe einer neuen Anleihe 6 Schuldenerlass einschließlich Vorzugsdividende 7 Umschuldung der Darlehen 8 Unternehmen erhält Besserungsvereinbarung 9 Zugeständnisse von Arbeitnehmern/Lieferanten 10 11

Schlechte Nachrichten Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Veraltete Vorräte Verlust eines Hauptkunden Forderungsverkauf Rückständige Dividendenzahlungen Arbeitnehmerstreik Bundessteuerpfandrecht Veraltete Produkte Verlust aus Pauschalpreisvertrag Nichtgewährung von Lieferantenrabatten Sanierung des Unternehmens (Reorganisation)

Tab. 55: Übersicht von Unternehmensnachrichten (Mutchler 1986)847 c) Abschlussprüfer war eine Big8- oder eine Non Big8-WPG d) Unternehmensgröße Obwohl die Studienergebnisse aus 1984 nur einen geringen Einfluss der Unternehmensgröße auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme festgestellt hatten, wurde dieser Sachverhalt erneut berücksichtigt.848 Unternehmen mit eingeschränkten Testaten waren in der Regel kleiner als Unternehmen mit uneingeschränkten Testaten und Non Big8-WPG prüften mehr kleinere Unternehmen als Big8-WPG.849

844

845

846 847 848 849

Der Diskriminanzwert wurde mit Hilfe von sechs Kennzahlen errechnet. Es handelt sich um die Kennzahlen mit den Nummern eins bis fünf sowie Nummer neun aus der Studie von 1984 (siehe Tabelle 53). Für den Diskriminanzwert galt: Je geringer der Wert war, desto höher war der Grad der finanziellen Schwierigkeiten. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 158. Für weitere Informationen zum Diskriminanzwert siehe Kapitel C. 2.1.2.2.1.3. Die Bezugsquellen für diese Informationen waren der 8-K Report sowie der MD&A. Der 8-K Report entspricht der Ad-hoc-Publizität nach deutschem Recht. Es sind acht Sachverhalte stets unverzüglich zu veröffentlichen. Dazu zählen Veränderungen in der Unternehmenskontrolle, Erwerb bzw. Veräußerung von bedeutsamen Vermögensgegenständen, Insolvenz- oder Vergleichsanträge, Wechsel des Wirtschaftsprüfers, sonstige Ereignisse, Rücktritt von Mitgliedern des Board, Jahresabschlüsse erworbener und veräußerter Unternehmen, Änderung des Geschäftsjahres sowie Emission bestimmter Teilhaberpapiere. Für weitergehende Informationen wird auf Pellens, Bernhard (2001), S. 372-375 verwiesen. Eine kurze Erläuterung des MD&A findet sich im Kapitel B. 3.2.2. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 153. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 154. Siehe dazu Kapitel C. 2.1.3.9. dieser Arbeit. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 154.

165

Die Auswertung machte deutlich, dass bei den Unternehmensfaktoren „Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter“, „Sanierung des Unternehmens (Reorganisation)“, „Unfähigkeit zum Nachkommen von Zinszahlungen“ und „Liquidation des Unternehmens“ eine besonders große Vorsicht geboten war.850 Alle Unternehmen mit einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk wiesen wenigstens ein Kriterium für finanzielle Schwierigkeiten auf, z.B. „Wiederkehrende negative Betriebsergebnisse“. Es gab keine Hinweise darauf, dass eine Testatseinschränkung lediglich auf nicht-finanziellen Sachverhalten basierte.851 Bei Unternehmen mit einem eingeschränkten Testat wurden durchschnittlich 7,9 Kriterien, bei Unternehmen ohne Einschränkung hingegen im Mittel 4,6 Kriterien festgestellt.852 Sämtliche Unternehmen konnten grundsätzlich mit fünf Sachverhalten beschrieben werden, die eine hohe Korrelation untereinander aufwiesen: -

Negatives Betriebsergebnis im laufenden Jahr,

-

Jahresfehlbetrag im laufenden Jahr,

-

Negatives Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit,

-

Negatives Ergebnis der Kennzahl „Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital“

-

Liquidation.853

Testat EBV UBV

1 0 4

2 0 9

3 2 19

4 3 27

5 5 32

Anzahl der Kriterien 6 7 8 9 18 18 23 26 11 11 6 1

10 18 0

11 4 0

12 1 0

13 0 0

Summe

4

9

21

30

37

29

18

4

1

0

29

29

27

™ 118 120 238

Tab. 56: Verteilung der Unternehmen über die Anzahl der Kriterien in Abhängigkeit des erhaltenen Testats (Mutchler 1986)854 Tabellenlegende: EBV = Unternehmen mit eingeschränktem Bestätigungsvermerk UBV = Unternehmen mit uneingeschränktem Bestätigungsvermerk

850 851

852 853 854

Eine Aufstellung der Sachverhalte findet sich in Tabelle 51 im Kapitel D. 3.2.1.1. U.a. zählen dazu „Verlust von Mitarbeitern in Schlüsselpositionen“, „Arbeitnehmerstreiks und andere Schwierigkeiten“ oder „Unwirtschaftliche Langzeitverträge“. Die Spannweiten lagen zwischen drei und 12 Kriterien bzw. einem Kriterium und neun Kriterien. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 156. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 157. Bei der Datenübertragung scheint der Autorin ein Fehler unterlaufen zu sein. Gemäß Tabelle 57 wurden zwei gleichgroße Stichproben für Unternehmen mit eingeschränktem und uneingeschränktem Testat erstellt. In Tabelle 56 zählt die Gruppe der Unternehmen mit eingeschränktem Bestätigungsvermerk jedoch 118 und die andere Unternehmensgruppe 120 Unternehmen. Die fehlende Übereinstimmung ist auf die Gruppe „8 und mehr Kriterien“ der Unternehmen mit eingeschränktem Testat und auf die Gruppe „5 oder weniger Kriterien“ der Unternehmen mit uneingeschränktem Testat zurückzuführen (Tabelle 56). Diese unrichtige Zuordnung macht sich bei der Auswertung jedoch erst bei der dritten Nachkommastelle bemerkbar, so dass keine verfälschten Ergebnisse zu erwarten sind.

166

Die Unternehmen wurden drei Klassen zugeordnet.

EBV Unternehmensgröße855 UBV Unternehmensgröße Summe

5 oder weniger 10 (-1,06) 55 90 (56,91) 393 100

Anzahl der Kriterien 6 oder 7 8 oder mehr 36 (4,87) 73 (-65,05) 85 93 22 (-2,49) 7 (-64,56) 11 3 58

Summe 119

80

119 238

Tab. 57: Klassifikation der Unternehmen in Abhängigkeit des erteilten Testats und der Unternehmensgröße nach der Kriterienanzahl (die Klammerangaben enthalten den Grad der finanziellen Schwierigkeiten in Form des Diskriminanzwertes; Mutchler 1986)856 Die Auswertung der vier Untersuchungsfaktoren ergab folgendes: Zu a)

Es verwunderte, dass Unternehmen der Kategorie „5 oder weniger“ größere finanzielle Schwierigkeiten hatten als Unternehmen mit sechs oder sieben Kriterien. Unternehmen mit acht und mehr vorliegenden Hinweisen wiesen unabhängig vom erteilten Testat das gleiche Ausmaß einer schlechten Finanzlage auf. Anders war dies bei Unternehmen der Gruppe „6 oder 7“. Hier hatten die Unternehmen mit einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk weniger Finanzprobleme als Unternehmen mit einem uneingeschränkten Testat. Folglich hatten die finanziellen Schwierigkeiten nicht den alleinigen Ausschlag für die Art des zu erteilenden Testats gegeben.

Zu b)

In % EBV UBV

Anzahl der Kriterien 5 oder weniger 6 oder 7 8 oder mehr Gute Schlechte Gute Schlechte Gute Schlechte Nachrichten Nachrichten Nachrichten Nachrichten Nachrichten Nachrichten 60 20 61 47 48 41 48 10 68 18 71 41

Tab. 58: Durchschnittliche Anzahl an Unternehmensnachrichten (Mutchler 1986)857 In der Kategorie „5 oder weniger“ hatten Unternehmen mit einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk im Durchschnitt mehr positive und negative Unternehmensnachrichten veröffentlicht. Bei diesen Unternehmen war die Finanzlage wichtiger als die Anzahl der Nachrichten. Unternehmen mit einem uneingeschränkten Testat der anderen beiden Gruppen wiesen mehr positive oder zumindest gleich viele schlechte Informationen auf als ihre Vergleichsunternehmen mit einem eingeschränkten Testat. Daraus folgerte die Autorin, dass Prüfer beide Arten von Unternehmensnachrichten insbesondere bei vergleichbaren finanziellen Schwierigkeiten mit in die Urteilsbildung einfließen ließen.858 855 856

857 858

Die Angabe erfolgte in Mio. US-Dollar. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 158 und 160. Zur Erläuterung des Diskriminanzwertes siehe Fußnote 844. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 159. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 158.

167

Zu c)

Non Big8-WPG erteilten tendenziell mehr eingeschränkte Testate als Big8-WPG, wobei die größte Differenz bei den Unternehmen der zweiten Kategorie „6 oder 7“ auftrat.859 Des Weiteren betreuten sie relativ gesehen mehr Unternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten. 86,00% der Non Big8-WPG Mandate wiesen sechs oder mehr Kriterien auf. Bei den Mandaten der Big8-WPG waren es nur 53,00%. Unterstützt wurde diese Argumentation durch die Aufschlüsselung der verschiedenen erklärenden Faktoren zwischen Non Big8- und Big8-WPG für Unternehmen der zweiten Kategorie (Tabelle 59). Unternehmen der Big8-WPG mit eingeschränkten Testaten wiesen im Durchschnitt einen geringeren Diskriminanzwert auf, wobei weniger positive als negative Unternehmensnachrichten veröffentlicht worden waren. Bei durch Non Big8-WPG geprüften Unternehmen besaßen hingegen Unternehmen mit uneingeschränkten Bestätigungsvermerken im Mittel größere finanzielle Schwierigkeiten, d.h. einen geringeren Diskriminanzwert. Unabhängig von ihrer Art hatten Unternehmensnachrichten grundsätzlich keinen Einfluss auf das zu erteilende Testat. Hier war die Unternehmensgröße der entscheidende Faktor. Unternehmen mit eingeschränktem Testat waren erheblich größer als Unternehmen mit uneingeschränktem Testat.860 ‡ Diskriminanzwert

Unternehmensgröße in Mio. US-Dollar

Gute Nachrichten

Schlechte Nachrichten

EBV UBV

7,32 -9,61

Non Big8-WPG 171.700 2.151

33,33% 0,00%

33,33% 33,33%

EBV UBV

3,27 9,93

Big8-WPG 23.928 13.736

66,67% 93,70%

47,60% 12,50%

Tab. 59: Zusammenfassung von Kriterien für (Non) Big8-WPG der zweiten Unternehmensklasse (Mutchler 1986)861 Tabellenlegende: EBV = Unternehmen mit eingeschränktem Bestätigungsvermerk UBV = Unternehmen mit uneingeschränktem Bestätigungsvermerk

Zu d)

859 860 861

Die Autorin konnte keine Beziehung zwischen der Unternehmensgröße und der Art des erteilten Testats ableiten. Unternehmen mit uneingeschränkten Testaten der ersten Kategorie waren größer und hatten geringere finanzielle Schwierigkeiten. Sie erhielten keine Testatseinschränkung, da die Finanzlage ausschlaggebend war. In den anderen beiden Kategorien war es andersherum. Die Unternehmen mit uneingeschränkten Bestätigungsvermerken waren kleiner und wiesen zusätzlich mindestens gleichgroße, wenn nicht größere, Finanzprobleme auf als Unternehmen mit eingeschränkten Testaten. Dennoch

Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 161. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 162. Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 162.

168

wurden keine Einschränkungen in Betracht gezogen, so dass die monetäre Notlage hier keinen entscheidenden Einfluss auf die Art des Testats hatte.862

D. 3.2.1.3.

LaSalle/Anandaranjan (1996)

Eine andere Studie stammt von den Autoren LaSalle/Anandaranjan863 aus dem Jahr 1996. Hier wurde mit Hilfe eines Fragebogens die Wichtigkeit verschiedener Faktoren für eine Entscheidung über die Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks oder eine Verweigerung des Prüfungsurteils untersucht. Die mit Hilfe des amerikanischen Berufsverbandes American Institute of Certified Public Accountants (AICPA) ermittelte Stichprobe von 1.000 Partnern, die eine gültige Mitgliedschaft aufwiesen, wurde zufällig in zwei gleichgroße Gruppen aufgeteilt. Gruppe 1 erhielt einen Fragebogen für eine Prüfung, die mit der Verweigerung des Testats abgeschlossen worden war. Die zweite Gruppe bearbeitete denselben Fragebogen, jedoch mit dem Hinweis, dass das Unternehmen ein eingeschränktes Testat erhalten hatte.864 Im Fragebogen wurden 69 Unternehmensinformationen in fünf Kategorien berücksichtigt.865 Insgesamt werteten die Autoren 208 Fragebögen aus.866 Den Teilnehmern stand eine Fünf-Punkte-Skala zur Bewertung der Hinweise zur Verfügung.867

862 863

864

865

866

867

Vgl. Mutchler, Jane F. (1986), S. 159. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996): Auditor’s views on the type of audit report issued to entities with going concern uncertainties. In: Accounting Horizons, Vol. 10, No. 2, June 1996, S. 51-72. Die Teilnehmer bestimmten das zu prüfende Unternehmen selbst, indem sie ein ihnen bekanntes Unternehmen als Grundlage für die Beantwortung der Fragen wählten. Die Realitätsnähe konnte so gewährleistet und eine Verallgemeinerung möglich gemacht werden. Die Partner waren folglich mit den Unternehmensdaten vertraut und konnten diese komplexe Aufgabe in kürzerer Zeit beantworten, so dass ein umfangreicherer Fragebogen von den Autoren entwickelt wurde. Differenzen bei den Antworten waren zum Teil durch die unterschiedlichen Mandate begründet. Vgl. LaSalle, Randall E./ Anandaranjan, Asokan (1996), S. 53. Diese Sachverhalte wurden auf Grund von Interviews und einer kritischen Durchsicht früherer Studien zusammengetragen und mit Hilfe zweier Partner sowie zweier Kollegen überarbeitet. Es bestand zusätzlich die Möglichkeit, weitere im Fragebogen nicht aufgenommene Umstände anzugeben. Im Aufsatz gab es dazu keine weiteren Informationen. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 53. Die Autoren versandten ein Erinnerungsschreiben und erhielten insgesamt 612 Antworten. Viele Fragebögen waren unvollständig bearbeitet worden, so dass letztlich nur 208 Fragebögen die Grundgesamtheit der Auswertung bildeten. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 54. Die Bewertungsskala entsprach der von Mutchler (1984): 5 = „Selbsterklärend“, 4 = „Sehr wichtig“, 3 = „Wichtig“, 2 = „Weniger wichtig“, 1 = „Unwichtig“. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 55.

169

Nr.

Schlechte Nachrichten

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

Unternehmen unterliegt Insolvenzverwaltung (Sanierung) Sanierung des Unternehmens (Reorganisation) Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren Erhebliches negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen drei Jahren Versagungsvermerk im Vorjahr Unfähigkeit zum Nachkommen von Zinszahlungen Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren Eingeschränkter Bestätigungsvermerk im Vorjahr Negativer Cash Flow aus Geschäftstätigkeit Negatives Ergebnis der Kennzahl „Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital“ Erhebliches negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen zwei Jahren Jahresfehlbetrag im Vorjahr Veraltete Produkte Verkauf von rentablen Vermögensgegenständen Verlust eines Hauptkunden Bundessteuerpfandrecht Verluste aus Festpreisverträgen Verlust von Personen in Schlüsselpositionen Veraltetes Inventar Erhebliches negatives Betriebsergebnis im Vorjahr Mitarbeiterstreik Rückständige Dividendenzahlungen Forderungsverkauf Nichtgewährung von Händlerrabatten

26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 868

869

Durch- Rang869 schnitt868 4,48 1 4,19 2 4,06 3 3,99 4 3,85 5 3,85 6 3,69 8 3,65 9 3,55 10 3,36 13 3,33 14 3,31 3,25 3,14 3,13 3,10 2,94 2,84 2,62 2,60 2,59 2,56 2,43 2,15 1,91

17 20 25 26 27 34 39 46 47 48 51 58 61 64

Gute Nachrichten Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung Unternehmen erhält Besserungsvereinbarung Umschuldung der Darlehen Zukünftige Gehaltsentwicklung des Managements festgelegt Offene Kreditlinien Zugeständnisse von Arbeitnehmern oder Lieferanten Ausgabe von neuen Anleihen Erlass von Schulden und Vorzugsdividenden Erfolgreich abgeschlossene Produkteinführung Ausgabe von Stammaktien Zunahme der Forschungs- und Entwicklungskosten

3,70 3,33 3,32 3,07 2,91 2,86 2,79 2,79 2,57 2,55 1,99

7 15 16 28 35 37 41 42 50 52 62

Sachverhalte der Internen Kontrolle Kompetenz des Managements Kompetenz des Betriebspersonals Interesse bezüglich der Befolgung externer Regularien Kompetenz des Personals des Rechnungswesens Bündelung von Entscheidungen

3,29 3,00 2,82 2,79 2,71

18 31 40 43 44

Auf Grund der ordinalen Skala war das arithmetische Mittel die aussagefähigste Messgröße, um die wichtigsten Tendenzen zu ermitteln. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 55. Diese Spalte enthält den Rang über alle fünf Kategorien.

170

42 Interesse des Managements am Internen Kontrollsystem 43 Aufgabentrennung 44 Einstellung zur Internen Revision Finanzkennzahlen Klassifizierung Kapitalausstattung 45 Reinvermögen / Fremdkapital Liquiditätskennzahl 46 Cash Flow der Geschäftstätigkeit / Fremdkapital Liquiditätskennzahl 47 Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital Verschuldungsgrad 48 Fremdkapital / Bilanzsumme Kapitalausstattung 49 Änderung der Kennzahl „Reinvermögen / Fremdkapital“ Liquiditätskennzahl 50 Änderung der Kennzahl „Cash Flow der Geschäftstätigkeit / Fremdkapital“ Rentabilitätskennzahl 51 Jahresergebnis vor Steuern / Nettoumsatzerlöse Verschuldungsgrad 52 Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme Liquiditätskennzahl 53 Änderung der Kennzahl „Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital“ Rentabilitätskennzahl 54 Änderung der Kennzahl „Jahresergebnis vor Steuern / Nettoumsatzerlöse“ Verschuldungsgrad 55 Änderung der Kennzahl „Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme“ Liquiditätskennzahl 56 (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme Liquiditätskennzahl 57 Änderung der Kennzahl „Umlaufvermögen Kurzfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme“ Rentabilitätskennzahl 58 Jahresergebnis vor Steuer / Bilanzsumme Rentabilitätskennzahl 59 Änderung der Kennzahl „Jahresergebnis vor Steuer / Bilanzsumme“ Liquiditätskennzahl 60 Kasse / Bilanzsumme Rentabilitätskennzahl 61 Einkünfte pro Aktie Rentabilitätskennzahl 62 Änderung der Kennzahl „Einkünfte pro Aktie“ Rentabilitätskennzahl 63 Änderung der Kennzahl „Dividende pro Aktie“ Rentabilitätskennzahl 64 Dividende pro Aktie Sachverhalte der Prüfer-Mandanten-Beziehung 65 Auffassung des Prüfers über das Risiko, von einem Mandanten oder einen Dritten verklagt zu werden 66 Auffassung des Prüfers, ob ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk vor einer Klage schützt 67 Besorgnis des Mandanten, dass ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk die Wahrscheinlichkeit des Unternehmenszusammenbruchs erhöht 68 Meinung des Mandanten über die Arten des Bestätigungsvermerks 69 Einsatz des Prüfer, den Mandanten zu behalten

2,53 2,25 1,88

53 60 65

3,55 3,53 3,28 3,25 3,24

11 12 19 21 23

3,22

24

3,06 3,04 2,97

29 30 33

2,87

36

2,85

38

2,71

45

2,59

49

2,48 2,46

56 57

2,41 1,76 1,74 1,44 1,41

59 66 67 68 69

3,25

22

2,99

32

2,50

54

2,49 1,98

55 63

Tab. 60: Auswertungsergebnisse der 69 Sachverhalte (LaSalle/Anandaranjan 1996)870 Die Auswertung zeigte, dass die sechs wichtigsten Faktoren der Kategorie „Schlechte Nachrichten“ entstammten. Über 90,00% der Teilnehmer stuften den Sachverhalt „Unternehmen unterliegt Insolvenzverwaltung (Sanierung)“ als mindestens „Sehr wichtig (4)“ ein. Es herrschte unter den Teilnehmern trotz der unterschiedlichen zu Grunde gelegten Unternehmen und Bran-

870

Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 56, 59, 61-64 und 67.

171

chen eine große Einigkeit.871 Ein Vergleich der Studie mit den Ergebnissen von Mutchler (1984) machte deutlich, dass die beiden wichtigsten ermittelten Faktoren jeweils übereinstimmten. Die Bedeutung bei der Untersuchung von Mutchler (1984) war jedoch für die beiden Tatsachen „Unternehmen unterliegt Insolvenzverwaltung (Sanierung)“ sowie „Sanierung des Unternehmens (Reorganisation)“ noch höher ausgefallen.872 Sogar die fünf bedeutendsten Faktoren dieser Studie fanden sich bei Mutchler in einer anderen Reihenfolge wieder.873 Es war auffällig, dass unter den zehn einflussreichsten Sachverhalten nur eine gute Nachricht, „Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel der Unternehmensfortführung“ (Rang 7), geführt wurde.874 Drei von acht Hinweisen bezüglich der Internen Kontrolle beinhalteten subjektive Urteile des Prüfers über die Kompetenz des Managements, des Betriebspersonals und des Personals des Rechnungswesens. Es war nicht überraschend, dass der wichtigste der genannten Faktoren in dieser Kategorie und auch insgesamt von den fünf Kategorien der Sachverhalt „Kompetenz des Managements“ (Rang 18) war.875 Der objektivste Faktor „Aufgabentrennung“ wurde von den Teilnehmern mit „Unwichtig (1)“ klassifiziert.876 Diese Sachverhalte wurden im Vergleich zu den Hinweisen anderer Gruppen durchschnittlich für nicht so bedeutend eingestuft, da sich keiner unter den zehn wichtigsten Faktoren befand. Hieraus durfte aber nicht geschlossen werden, dass diese Informationen keinen Einfluss auf die endgültige Urteilsbildung über die Going Concern Annahme haben könnten.877 Die Ergebnisse bei den Finanzkennzahlen ergaben, dass mit Ausnahme von „Dividende pro Aktie“ die Wichtigkeit der Veränderung einer Kennzahl geringer eingestuft worden war als die absolute Kennzahl, die Differenzen jedoch marginal waren. Die sechs bedeutsamsten Kennzahlen waren auch von den Teilnehmern bei Mutchler (1984) ermittelt worden.878 Diese Ergebnisse ließen den Schluss zu, dass Prüfer für die Entscheidungen, ob Going Concern Probleme vorliegen und welches Testat erteilt werden muss, die gleichen Kennzahlen heranziehen. Auf Einkünften oder Dividenden beruhende Kennzahlen wurden mit Abstand am niedrigsten bewertet. Diese Kennzahlen schienen bei der Entscheidung über die Art des Testats keinen relevanten Einfluss zu haben, obwohl sie sehr häufig in der Literatur genannt wurden.879

871 872 873

874

875

876 877

878

879

Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 55. Siehe dazu Tabelle 52. Die Studie von LaSalle/Anandaranjan enthielt den Sachverhalt „Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen)“, der bei Mutchler (1984) nicht aufgeführt war. Dieser Sachverhalt wies bei den „Gute Unternehmensnachrichten“ die geringsten Unstimmigkeiten auf. 6,90% der Teilnehmer gaben diesem Faktor die Bewertung „Selbsterklärend (5)“, 60,00% der Teilnehmer die Bewertung „Sehr wichtig (4)“. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 58 und 60. Der Faktor „Kompetenz des Managements“ der Gruppe „Sachverhalte der Internen Kontrolle“ war der einzige, der u.a. als „Sehr wichtig (4)“ eingestuft worden war. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S 60. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 60. Der Einfluss könnte situationsabhängig sein. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 62. Hierbei blieben die Veränderungskennzahlen unberücksichtigt, da diese von Mutchler nicht untersucht worden waren. Siehe Tabelle 53 im Abschnitt D. 3.2.1.1. Vgl. LaSalle, Randall E./Anandaranjan, Asokan (1996), S. 63.

172

D. 3.2.2. D. 3.2.2.1.

Status Quo in der Forschung über die Präsentation der Informationen Ashton/Ashton (1988)

Die Autoren Ashton/Ashton880 waren 1988 die ersten, die den Einfluss der Informationspräsentation auf das Gebiet der Wirtschaftsprüfung übertragen hatten. Sie führten insgesamt fünf Experimente mit 211 Prüfern durch, für die folgende Hypothesen aufgestellt worden waren.881 Die Experimente 1a und 1b testeten die Prognose, dass keine Order Effects bei konsistent positiven oder negativen Informationen auftreten. Die Experimente 2a und 2b prüften die Prognose von Recency Effects bei gemischten Hinweisen. Das Experiment 3 untersuchte den Effekt von abgeschwächten Meinungsanpassungen zur Feststellung der befürwortenden, abneigenden oder neutralen Haltung gegenüber ausschließlich positiven oder negativen Hinweisen. Experiment 1a

Design882 Variable Reihenfolge Anker

1b

Reihenfolge Anker

2a

Reihenfolge Anker

2b

Reihenfolge Anker

3

Richtung der Hinweise Präsentationsmodus

Level ssww (+), wwss (+) 20,00%, 50,00%, 80,00% ssww (-), wwss (-) 20,00%, 50,00%, 80,00% ++--, --++ 20,00%, 50,00%, 80,00% ++--, --++ 20,00%, 50,00%, 80,00% ++++, ----

Hypothese Bestätigt Ja Keine Order Effects bei konsistent positiven Hinweisen Ja Niedrige Anker nehmen bei positiven Hinweisen mehr zu als hohe Anker Ja Keine Order Effects bei konsistent negativen Hinweisen Ja Hohe Anker nehmen bei negativen Hinweisen mehr ab als niedrige Anker Recency Effects bei gemischten Hinweisen Ja Siehe 1a und 1b Ja Recency Effects bei gemischten Hinweisen Siehe 1a und 1b

Ja Ja

Wechselwirkung zwischen Richtung der Hinweise und Präsentationsmodus

Ja

Nacheinander folgend, gleichzeitig

Tab. 61: Zusammenfassung der Ergebnisse der fünf Hypothesen (Ashton/Ashton 1988)883 Experiment 1a: Die Fallstudie stellte eine Prüfung der Gehaltsliste des Mandanten dar. Eine Vorprüfung durch die Interne Revision hatte ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit der Verhinderung oder Aufdeckung eines materiellen Fehlers bei 20,00%, 50,00% bzw. 80,00% liegen würde. Diese Zah-

880

881

882

883

Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988): Sequential belief revision in auditing. In: The Accounting Review, Vol. 63, No. 4, October 1988, S. 623-641. Die durchschnittliche Berufserfahrung lag bei 2,90 Jahren, die Bearbeitungszeit im Mittel bei 20 Minuten. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 628-630. In allen Experimenten wurden vier zusätzliche Hinweise verwendet: Das „+“ stand für positive, das „-“ für negative, das „s“ für aussagestarke und das „w“ für aussageschwache Hinweise. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 631. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 631.

173

lenangaben dienten als anfänglicher Meinungsanker, der nach jedem positiven Kontrollhinweis aufgewertet wurde. Es galt zu untersuchen, ob bei niedrigen Meinungsankern größere Anpassungen erfolgten als bei hohen Ankern.884 Die vier positiven Faktoren setzten sich aus zwei aussagestarken und zwei aussageschwachen Informationen zusammen.885 Ziel dieses Experiments war die Bestätigung der Hypothese, dass bei durchgängig positiven Sachverhalten keine Order Effects auftreten. Die Sachverhalte wurden in zwei Reihenfolgen vorgelegt: Den beiden aussagestarken Hinweisen folgten die beiden aussageschwachen (ssww) und umgekehrt (wwss).886 Nach jedem Sachverhalt wurden die Teilnehmer nach der Wahrscheinlichkeit gefragt, mit der das Interne Kontrollsystem einen materiellen Fehler verhindern oder entdecken würde.887 Abschließend erfolgte ein Manipulationscheck, bei dem insgesamt 100 Punkte auf die vier Hinweise in der Reihenfolge (swsw) zu verteilen waren. Hiermit wurde die Wahrnehmung der Teilnehmer bezüglich der Aussagekraft überprüft.888 Die Auswertung der verschiedenen anfänglichen Meinungsanker zeigte, dass beim niedrigsten Anker die Meinungsanpassung nach oben am größten war. Im Umkehrschluss bedeutete dies, je höher der anfängliche Meinungsanker war, desto geringer fiel die Meinungsanpassung aus.889 Experiment 1b: Das Experiment 1b unterschied sich vom Experiment 1a lediglich darin, dass durchgängig negative Hinweise verwendet wurden. Ziel dieses Experiments war die Bestätigung der Hypothese, dass bei konstant negativen Sachverhalten ebenfalls keine Order Effects auftraten. Mit Hilfe der anfänglichen Meinungsanker wurde die Hypothese überprüft, dass hohe Meinungsanker bei negativen Informationen stärker abnahmen als niedrige Meinungsanker. Die vier Hinweise des ersten Experiments wurden alle verneint und stellten somit die negativen Gegeben-

884 885

886

887 888

889

Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 632. Hinweis 1: Die Aufgaben der Zeiterfassung und der Gehaltszahlungen an die Mitarbeiter waren ausreichend von der Aufgabe der Erstellung der Gehaltsliste getrennt. Hinweis 2: Die Aufgaben der Erstellung der Gehaltslisten und der Gehaltszahlungen an die Mitarbeiter waren ausreichend von der Aufgabe der Abstimmung der Gehaltskonten getrennt. Hinweis 3: Bei Neueinstellungen wurden Anfragen bezüglich der Berufserfahrung, der Vorbildung sowie ehemaliger Arbeitgeber gestellt. Hinweis 4: Die interne Prüfung der Gehaltsliste wurde während der Vorprüfung für zufriedenstellend erklärt. Jedem Hinweis folgte der Satz „Du betrachtest dies als Stärke des Systems.“. Die Informationen entstammen der Studie von Ashton, Robert H./Brown, Paul R. (1980): Descriptive modeling of auditors´ internal control judgments: Replication and extension. In: Journal of Accounting Research, Vol. 18, Iss. 1, Spring 1980, S. 269-277, die die subjektive Stärke von Sachverhalten untersucht hatten. Auf dieser Grundlage wurden die Hinweise in aussagestark und -schwach eingeteilt. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 632. Die Untersuchung von Ashton/ Brown wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt, da das Hauptaugenmerk auf der Einflussnahme von einzelnen Faktoren lag und nicht auf Primacy und Recency Effects. Die aussagestarken Hinweise wurden durch die Auswahl besonderer Worte für die Teilnehmer hervorgehoben. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 632. Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100 und wurde in Fünfer-Schritte eingeteilt. Die Ergebnisse des Manipulationschecks zeigten, dass die aussagestarken und -schwachen positiven Hinweise durch die Teilnehmer richtig bestimmt wurden. Die aussagestarken Sachverhalte erhielten durchschnittlich 40 bzw. 30 Punkte, die aussageschwachen hingegen im Mittel zehn und 20 Punkte. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 633.

174

heiten dar.890 Alle übrigen Unterlagen sowie der Manipulationscheck waren identisch.891 Die Auswertung der verschiedenen anfänglichen Meinungsanker ergab, dass nach dem höchsten Anker die Meinungsanpassung nach unten am größten ausgefallen war. Im Umkehrschluss bedeutete dies, je höher der anfängliche Meinungsanker war, desto größer war die Meinungsanpassung.892 Experiment 2a: Beim Experiment 2a wurden zwei positive und zwei negative Hinweise in den Reihenfolgen (++--) und (--++) vorgelegt.893 Die Hypothese besagte, dass ein negativer Sachverhalt, der nach positiven Hinweisen vorgelegt wird, eine größere Meinungsanpassung nach unten und dass ein positiver Faktor, der nach negativen Informationen erhalten wird, eine größere Meinungsanpassung nach oben bewirken. Begründet wurde dies mit dem großen Kontrast zwischen den beiden Informationsarten. Die Autoren testeten anhand der anfänglichen Meinungsanker, ob hohe Anker durch negative Hinweise eher beeinflusst werden als schwache und ob schwache Anker durch positive Sachverhalte eher gestützt werden als hohe. Die Fallstudie sowie die Werte der Meinungsanker wurden beibehalten. Den Teilnehmern wurde vorgegeben, dass das Vorhandensein von internen Kontrollfaktoren ihre Meinung dahingehend stärken sollte, dass das System einen materiellen Fehler verhinderte oder aufdeckte. Das Fehlen von internen Kontrollfaktoren sollte das Gegenteil bewirken.894 Im Rahmen des Manipulationschecks wurden die Sachverhalte in der Reihenfolge (+-+-) angegeben. Die Teilnehmer sollten bestimmen, welcher Hinweis eine Stärke oder eine Schwäche der internen Kontrollen widerspiegelt.895 Die Auswertung der verschiedenen anfänglichen Meinungsanker zeigte, dass hohe Meinungsanker mehr

890

891

892 893

894

895

Jedem Hinweis folgte der Satz „Du betrachtest dies als Schwäche des Systems.“. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 633-634. Für die Hinweise des ersten Versuchs wird auf die Fußnote 885 verwiesen. Die Ergebnisse des Manipulationschecks zeigten, dass die aussagestarken und -schwachen negativen Hinweise durch die Teilnehmer ebenfalls richtig bestimmt wurden. Die aussagestarken Sachverhalte erhielten durchschnittlich 30 bzw. 35 Punkte, die aussageschwachen hingegen im Mittel zehn und 20 Punkte. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 634. Hinweis 1 (+): Die Namen der Gehaltsliste wurden regelmäßig mit der aktuellen Mitarbeiterliste der Personalabteilung abgestimmt. Hinweis 2 (+): Die Zuständigkeiten der Mitarbeiter, die die Gehaltslisten erstellen, wechselten in einem gleichmäßigen Turnus. Hinweis 3 (-): Es existierte kein formales Vorgehen bei Namensänderungen, Gehaltszahlungen und Gehaltsabzügen. Hinweis 4 (-): Die Gehaltsliste wurde nicht regelmäßig durch die Interne Revision überprüft. Diese Sachverhalte waren annähernd gleich wichtig. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 634. Bei den negativen Hinweisen wurde die Verneinung hervorgehoben. Zusätzlich folgte jedem Sachverhalt in Abhängigkeit der Zuordnung der Satz „Du betrachtest dies als Stärke (Schwäche) des Systems.“. Die Ergebnisse des Manipulationschecks zeigten, dass neun von 384 Antworten (vier Antworten mal 96 Teilnehmer) unrichtig waren, wovon acht Fehler auf den zweiten Hinweis zurückgeführt werden konnten, da dieser Sachverhalt als negativ eingestuft wurde. Auf Grund der geringen Fehlerquote wurde der Manipulationstest von den Autoren als erfolgreich angenommen. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 635.

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von negativen Informationen beeinflusst wurden als niedrige. Hinsichtlich der Präsentationsreihenfolge der Faktoren wurden wie vorhergesagt Recency Effects festgestellt.896 Experiment 2b: Das Experiment 2b untersuchte ebenfalls die Auswirkungen der Präsentationsreihenfolge bei gemischten Hinweisen. Die Fallstudie basierte dieses Mal auf einer Prüfung der internen Kontrollen im Bereich der Forderungen mit vier Informationen. Alle Sachverhalte bezogen sich auf die Trennung von Zuständigkeiten. Auf Grund der Natur der Faktoren in den Experimenten 2a und 2b wurden stärkere Recency Effects im Experiment 2b erwartet als im Experiment 2a.897 Abschließend wurde ein Manipulationscheck durchgeführt.898 Hinsichtlich der Präsentationsreihenfolge der Informationen wurden erwartungsgemäß Recency Effects festgestellt.899 Experiment 3: Mit Hilfe des dritten Versuchs wurde der Aspekt der Abschwächung von Meinungsanpassungen analysiert. Sofern die Teilnehmer eine befürwortende (ablehnende) Haltung gegenüber den konsistent positiven (negativen) Hinweisen hätten, würden die Meinungsanpassungen bei einer gleichzeitigen Bearbeitung der Hinweise geringer ausfallen als bei einer nacheinander folgenden Durchsicht. Hätten die Teilnehmer keinen Trend zu einer bestimmten Haltung, so würden unabhängig vom Präsentationsmodus keine Unterschiede bei den Meinungsanpassungen erwartet. Es wurde hier die Beziehung zwischen der Richtung der Hinweise und dem Präsentationsmodus untersucht.900 Im Rahmen der Fallstudie zur Bilanzierung von Forderungen hatte eine interne Prüfung ergeben, dass die Forderungen zu 50,00% richtig bilanziert waren. Diese Angabe bestimmte für alle Teilnehmer den gleichen anfänglichen Anker. Zusätzlich wurde vorgegeben, dass 15 Kunden Waren auf Kredit gekauft hätten und diesen eine Saldenbestätigung zugeschickt worden sei. In diesem Experiment wurden die Hinweise und der Präsentationsmodus variiert. Die Ausprägungen der Sachverhalte waren entweder positiv, d.h. alle 15 Kunden hatten ihren Kontensaldo bestätigt, oder negativ, d.h. kein Kunde stimmte dem vorgegebenen Kontensaldo zu. Die Hinweise wurden den Teilnehmern gleichzeitig (EoS) oder nacheinander vorgelegt (SbS). Bei EoS wurde den Teilnehmern gesagt, dass bis jetzt vier Antworten eingegangen wären. Alle Antwor896 897

898

899 900

Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 635. Hinweis 1 (+): Während der Bearbeitung von Kundenbestellungen war die Kreditprüfung sowohl von der Rechnungserstellung als auch von der Buchführung und dem Verkauf getrennt. Hinweis 2 (+): Die Abrechnung erfolgte gesondert vom Geldeingang. Hinweis 3 (-): Der Geldeingang war nicht von der Buchführung der Forderungen separiert. Hinweis 4 (-): Für Retouren und Gutschriften bestand keine eindeutige Kompetenzregelung. Jedem Hinweis folgte in Abhängigkeit der Zuordnung der Satz „Du betrachtest dies als Stärke (Schwäche) des Systems.“. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 635. Die Ergebnisse des Manipulationschecks zeigten, dass zehn von 384 Antworten (vier Antworten mal 96 Teilnehmer) unrichtig waren, was auf keinen bestimmten Hinweis zurückgeführt werden konnte. Auf Grund der geringen Fehlerquote wurde der Manipulationstest von den Autoren als erfolgreich angenommen. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 637. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 635. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 636.

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ten enthielten eine Zustimmung bzw. Ablehnung. Die Teilnehmer sollten die Wahrscheinlichkeit des richtigen Ausweises der Forderungen festlegen. Beim anderen Präsentationsmodus trafen die vier Antworten erst nach und nach ein, so dass nach jedem Hinweis eine Wahrscheinlichkeitsangabe erfolgen sollte.901 Die Auswertung ergab, dass Teilnehmer, die ausschließlich positive Hinweise erhalten hatten, ihre Wahrscheinlichkeitsangabe im Durchschnitt von 50,00% auf 56,90% erhöht hatten, während die Angabe bei negativen Sachverhalten von 50,00% auf 33,00% sank. Die durchschnittliche Wahrscheinlichkeitsangabe bei simultaner Durchsicht aller Hinweise betrug 47,10%, bei nacheinander folgender Bearbeitung 42,70%. Die Ergebnisse in Bezug auf die Untersuchung des Effekts der Abschwächung von Meinungsanpassungen zeigt Tabelle 62. Präsentationsmodus Nacheinander folgend (SbS) Gleichzeitig (EoS)

Meinungsanpassung … … nach unten … nach oben -23,2 +8,6 -10,9 +5,1

Tab. 62: Auswertungsergebnisse des dritten Experiments (Ashton/Ashton 1988)902 Die aufgestellte Hypothese wurde bestätigt, dass die Meinungsanpassungen sowohl bei den positiven als auch bei den negativen Informationen geringer ausfielen, wenn die Teilnehmer die Hinweise gleichzeitig bearbeitet hatten. Bei negativen Angaben wurden größere Meinungsanpassungen festgestellt, d.h. diesen wurde mehr Gewichtung zuteil als den positiven Hinwiesen.903

D. 3.2.2.2.

Tubbs/Messier/Knechel (1990)

Die Autoren Tubbs/Messier/Knechel904 veröffentlichten 1990 eine Studie, die die Arbeit von Ashton/Ashton erweiterte, indem komplexere und realitätsnähere Experimente zur Untersuchung von Order Effects entwickelt wurden.905 Sie erarbeiteten zwei Szenarien.906 Bei der Prüfung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen wird untersucht, wie wahrscheinlich der Forderungseingang der Großkunden ist. Bei der Prüfung der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen wird ermittelt, wie wahrscheinlich die richtige Bilanzierung der Verbindlichkeiten ist. Zuerst sollten die Teilnehmer die anfängliche Problemstellung für das jeweilige Experiment lesen und einen Wahrscheinlichkeitswert hinsichtlich der zu beantwortenden Frage bestim-

901 902 903 904

905 906

Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 637. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 637. Vgl. Ashton, Alison Hubbard/Ashton, Robert H. (1988), S. 639. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990): Recency effects in the auditor’s belief-revision process. In: The Accounting Review, Vol. 65, No. 2, April 1990, S. 452-460. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 454. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 455.

177

men.907 Anschließend führten sie vier Experimente durch.908 Im ersten Versuch wurden nur positive, im zweiten nur negative Hinweise in der Reihenfolge (sw) oder (ws) vorgelegt.909 Dem dritten und vierten Experiment lagen gemischte Hinweise in der Reihenfolge (+-) oder (-+) zu Grunde. Zusätzlich kamen zwei Antwortmodi zur Anwendung: Beim Antwortmodus SbS sollte nach jedem Sachverhalt eine neue Wahrscheinlichkeit bestimmt werden. Beim Antwortmodus EoS hingegen war eine Anpassung der Wahrscheinlichkeitseinschätzung erst nach Bearbeitung sämtlicher Sachverhalte erforderlich.910 Im Rahmen des Manipulationschecks sollten die Teilnehmer die Informationen als positiv oder negativ identifizieren und deren Aussagekraft feststellen.911 Die 251 Teilnehmer wurden den verschiedenen Experimenten per Zufall zugeordnet.912 Die Ergebnisse zeigten, dass die Wahrscheinlichkeitsangaben nach Bearbeitung der Hintergrundinformationen bei allen vier Experimenten relativ stabil waren.913 Experiment 1: Die Hypothese 1 besagte, dass keine Order Effects auftreten, sofern durchgängig positive Informationen bearbeitet werden müssen. In jedem Szenario wurden zwei Hinweise in der Reihenfolge (sw) und (ws) vorgelegt. Es kamen beide Antwortmodi zur Anwendung. Experiment 2: Das Experiment 2 unterschied sich vom ersten Experiment nur dahingehend, dass hier negative Sachverhalte bearbeitet wurden.

907

908

909

910

911

912

913

Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Je höher der gewählte Wert, desto größer war die Wahrscheinlichkeit. Diese Experimente wurden zuvor an 140 Studenten und 118 Praktikern getestet, um u.a. die relative Aussagekraft der Hinweise zu überprüfen. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 455. Die Sachverhalte wurden verschiedenen Studien entnommen. Das „s“ stand für aussagestarke, das „w“ für aussageschwache Hinweise. Die beiden Antwortmodi sollten verschiedene Prüfungssituationen darstellen. Mit SbS wurde die eigentlich kontinuierliche Entscheidung symbolisiert. EoS drückte ein Urteil aus, das nach Durchsicht aller Unterlagen getroffen wurde (z.B. im Rahmen eines Reviews). Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 454. Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Sehr aussageschwach“, der Wert 100 für „Sehr aussagestark“. Unter Berücksichtigung der Vorzeichen und der Aussagekraft konnten die Hinweise auf einer Skala von -100 bis +100 bewertet werden. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 456. Die ersten drei Fallstudien wurden von zwei, die vierte Fallstudie von einer Big8-WPG bearbeitet. Bei einer Firma erfolgte die Bearbeitung im Rahmen einer Fortbildung direkt vor Ort. Bei der anderen Gesellschaft wurden die notwendigen Unterlagen an einen Ansprechpartner gesandt, der als Verteiler fungierte. Die unterschiedliche Vorgehensweise hatte keinen Einfluss auf die Ergebnisse. Die durchschnittliche Berufserfahrung der Teilnehmer lag bei 3,06 Jahren. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 454. Es wurden jeweils die Differenzen zwischen der anfänglichen Meinung und der endgültigen Angabe betrachtet. Beim Forderungsszenario lagen diese Werte zwischen 59,28 und 68,40, beim Verbindlichkeitenszenario zwischen 60,78 und 69,62.

178

Die Ergebnisse des Manipulationschecks dieser beiden Experimente zeigt Tabelle 63. Experiment 1 Aussageschwach positiv Aussagestark positiv Experiment 2 Aussageschwach negativ Aussagestark negativ

Szenario Forderungen

Szenario Verbindlichkeiten

34,31 88,17

41,12 74,74

-23,48 5,62

17,07 0,61

Tab. 63: Ergebnisse der Manipulationschecks des ersten und zweiten Experiments (Tubbs/Messier/Knechel 1990)914 Im Rahmen des Manipulationschecks hatten alle Teilnehmer die Hinweise im ersten Versuch als positiv eingeordnet und auch die jeweilige Aussagekraft richtig erkannt. Es wurden keine Order Effects festgestellt, d.h. die Hypothese 1 wurde bestätigt.915 Für das zweite Experiment gab es widersprüchliche Ergebnisse für den Manipulationscheck. Beim Verbindlichkeitenszenario wurde der aussagenschwache negative Hinweis mit 17,07 höher eingestuft als der aussagenstarke mit 0,61. Die Autoren vermuteten, dass diese Abweichung auf Schwierigkeiten bei der Handhabung mit den unterschiedlichen Skalen insbesondere für den negativen Abschnitt zurückzuführen war. Eine weitere Mutmaßung war, dass der negative Messabschnitt komplizierter zu bearbeiten war, wenn nicht alle Hinweise zugleich vorlagen.916 Es wurden dennoch keine Order Effects ermittelt, d.h. die Hypothese 2 wurde ebenfalls bestätigt.917 Experiment 3: Die Hypothese 3 gab vor, dass bei gemischten Hinweisen Recency Effects vorherrschten. Es wurden die beiden aussagekräftigen Sachverhalte aus den ersten beiden Experimenten herangezogen. Die Reihenfolgen waren (+-) und (-+). Das übrige Vorgehen entsprach den vorangegangenen Tests.918

914 915 916

917 918

Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 456-457. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 456. Zwei Ergebnisse unterstützten die Vermutung, dass bei der Handhabung der Skala Schwierigkeiten aufgetreten waren. 1) Bei den Urteilen der Teilnehmer wurden große Meinungsanpassungen nach unten zwischen -21,14 und -39,78 festgestellt, d.h. die Reaktion war den Hinweisen angemessen. 2) Eine Untersuchung der Teilnehmer des SbS-Modus hatte gezeigt, dass die Meinungsanpassung nach dem Erhalt des ersten negativen Hinweises mit der geänderten Aussagekraft der Informationen übereinstimmte. Ein Vergleich zeigte, dass im Forderungsszenario die Teilnehmer, die zuerst den aussagestarken negativen Hinweis bekommen hatten, ihre Meinung um -30,80 gesenkt hatten. Die Teilnehmer, die hingegen erst den aussageschwachen negativen Faktor bearbeitet hatten, ihre Meinung lediglich um -10,00 gesenkt hatten. Die Änderung beim aussagestarken Hinweis war signifikant größer als beim aussageschwachen. Beim Verbindlichkeitenszenario lagen die Werte bei -31,90 und -12,70. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 457. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 458.

179

Experiment 4: Nach der Hypothese 4 sollten bei gemischten und langen Informationsserien (hier vier Hinweise) Recency Effects vorliegen. Es wurden von jeder Informationsart ein aussagekräftiger und ein aussageschwacher Faktor verwandt. Die Reihenfolge war (++--) bzw. (--++), wobei der aussagenstarke Sachverhalt stets an erster Position kam. Experiment 3 Negativ Positiv Experiment 4 Negativ Positiv

Forderungen Szenario

Verbindlichkeiten Szenario

-29,67 78,60

-5,33 71,64

32,57 -21,37 72,11 26,05

-20,60 0,32 75,85 19,14

Tab. 64: Ergebnisse der Manipulationschecks des dritten und vierten Experiments (Tubbs/Messier/Knechel 1990)919 Bei den Experimenten 3 und 4 waren keine Unstimmigkeiten hinsichtlich der Manipulationschecks ersichtlich. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse des dritten Versuchs, dass Recency Effects lediglich beim SbS-Modus nicht aber beim EoS-Modus vorlagen. Als Ergebnis des vierten Experiments konnte festgehalten werden, dass Recency Effects bei beiden Antwortmodi aufgetreten waren.920 Bei dieser Studie waren zwei Einschränkungen zu berücksichtigen. Im Experiment 2 konnte nicht eindeutig geklärt werden, ob das Ergebnis des Manipulationschecks repräsentativ war oder ob es auf die fehlerhafte Skalennutzung zurückgeführt werden musste. Des Weiteren konnte nicht analysiert werden, ob die Recency Effects auf der Aussagekraft der Hinweise oder auf der Art der Informationen beruhten.921

D. 3.2.2.3.

Messier (1992)

Der Autor Messier922 veröffentlichte 1992 eine weitere Studie zum Thema Order Effects. Es wurden folgende Hypothesen aufgestellt, die anhand von zwei Experimenten überprüft worden waren.923 Nach Hypothese 1 treten bei der Reihe nach beurteilten (SbS) komplexen gemischten Hinweisen Recency Effects auf. Hypothese 2 besagt, dass bei der Reihe nach beurteilten (SbS) komplexen gemischten Hinweisen die Reihenfolge der Sachverhalte Einfluss auf den Prüfungsumfang und das zu erteilende Testat hat. 919 920 921 922

923

Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 458. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 458. Vgl. Tubbs, Richard M./Messier Jr., William F./Knechel, W. Robert (1990), S. 459. Messier, William F. (1992): The sequencing of audit evidence: its impact on the extent of audit testing and report formulation. In: Accounting and Business Research, Vol. 22, No. 86, 1992, S. 143150. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 145.

180

Experiment 1: Im Rahmen dieses Experiments sollten die Teilnehmer den Bilanzposten „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen“ hinsichtlich des normenkonformen Ausweises prüfen.924 Die Unterlagen zur Fallstudie enthielten verschiedene Informationen zur laufenden Prüfung sowie vier weitere für das Jahresende geplante Prüfungshandlungen, wovon zwei die Normenkonformität unterstützten (positive Hinweise) und zwei diese widerlegten (negative Hinweise).925 Zusätzlich wurden folgende Angaben gemacht: -

Stundenbudget sowie bereits verbrauchte Stunden für den gesamten Bilanzposten,

-

Stundenbudget der einzelnen vier Prüfungshandlungen,

-

noch benötigte Stunden für die Beendigung der jeweiligen Prüfungshandlungen: Bei Prüfungshandlungen, die den normenkonformen Ausweis bestätigten, entsprach das noch erforderliche Stundenaufkommen zur Beendigung der Prüfungshandlung dem vorgegebenen Stundenbudget. Bei der Durchführung von Prüfungshandlungen, die auf einen nicht normenkonformen Ausweis hinwiesen, überschritten die noch zu benötigenden Stunden die Zeitvorgaben um 50,00%.926

Bei jeder Prüfungshandlung, hier bei jedem neuen Faktor, sollte die Wahrscheinlichkeitsangabe über den normenkonformen Ausweis neu bestimmt werden. Nachdem alle Informationen bearbeitet waren, sollte eine Aussage über die bei Abschluss der Prüfung eventuell über Budget anfallenden Stunden gemacht werden. Abschließend wurden persönliche Daten in Form eines Fragebogens abgefragt und ein Manipulationscheck durchgeführt.927 Die Grundgesamtheit der Teilnehmer wurde zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 erhielt die vier Zusatzinformationen in der Reihenfolge (++--)928, Gruppe 2 in der Reihenfolge (--++). Die Auswertung für das Experiment 1 enthielt 50 Antworten.929 Im Rahmen des Manipulationschecks wiesen die positiven Hinweise Abweichungsraten von 8,80% und 4,40% auf, die negativen Hinweise hingegen

924

925

926

927

928 929

Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Unwahrscheinlich, dass Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen richtig dargestellt sind.“, der Wert 100 für „Sehr wahrscheinlich, dass Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen richtig dargestellt sind.“. Vorangestellt wurde ein kurzes Einführungsschreiben, in dem den Teilnehmern ihre Anonymität zugesichert wurde. Diese Zeitaufteilung stellte die Aufgabe realitätsgetreu dar und machte die Unterschiede zwischen den positiven und negativen Hinweisen offensichtlich. Es wurde nach der Berufserfahrung, der Position im Unternehmen und der beruflichen Qualifikation gefragt. Im Rahmen des Manipulationschecks sollten die Teilnehmer die einzelnen Sachverhalte unabhängig voneinander dahingehend beurteilen, welcher Hinweis positiv oder negativ war. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 146. Das „+“ stand für einen positiven, das „-“ für einen negativen Faktor. Die Autoren hatten bei drei der Big6-WPG um die Nennung von Mitarbeitern mit ein bis fünf Jahren Berufserfahrung gebeten. Kontaktpersonen der Gesellschaften leiteten die Fragebögen per Email an die Teilnehmer weiter und übermittelten den Autoren die Antworten. Die 50 Antworten entsprachen einer Rücklaufquote von 70,00%. Die durchschnittliche Berufserfahrung lag bei 2,5 Jahren. Lediglich vier Personen waren in diesem Bereich weniger als 12 Monate tätig. Zu den Teilnehmern zählten 19 Angestellte, 27 Seniors und vier Manager. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 145-146.

181

nur von 2,20% und 4,40%.930 Die Ergebnisse des ersten Experiments sind in Tabelle 65 dargestellt. Hiernach wurde die Hypothese 1 bestätigt, die Hypothese 2 verworfen.931 H1 H2

Ausmaß der Meinungsänderung Zusätzlich geplante Stunden

Gruppe 1 (++--) -9,63 7,82

Gruppe 2 (--++) 15,65 8,87

Bestätigt Ja Nein

Tab. 65: Auswertungsergebnisse des ersten Experiments (Messier 1992)932 Tabellenlegende: H1 = Hypothese 1 H2 = Hypothese 2

Experiment 2: Das zweite Experiment beschäftigte sich mit der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit über das nächste Jahr hinaus fortführen würde.933 Die Unterlagen zur Fallstudie enthielten detaillierte Informationen zum Jahresabschluss sowie die Erläuterung der Finanzlage eines in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Unternehmens.934 Der Prüfungsbericht wurde nicht beigelegt. Zusätzlich waren erneut vier Gegebenheiten zu bearbeiten. Zwei Sachverhalte widersprachen der Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks, die anderen beiden befürworteten sie.935 Nach jedem Faktor sollte die Fortführungswahrscheinlichkeit neu bestimmt werden (SbS). 930

931

932 933

934

935

Die Ergebnisse des Manipulationschecks zeigten, dass 28 von 200 Beurteilungen (vier Antworten mal 50 Teilnehmer) nicht der vorgegebenen Einstufung entsprachen. Die Durchsicht der Fragebögen machte deutlich, dass fünf Teilnehmer jeweils drei oder vier abweichende Beurteilungen abgegeben hatten. Diese unterschieden sich hinsichtlich der Berufserfahrung nicht von den übrigen Mitwirkenden. Deren Ausschluss hätte keinen Einfluss auf die Ergebnisse gehabt, so dass sämtliche Antworten ausgewertet wurden. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 146-147. Die Reihenfolge der Informationen war bei Hypothese 1 aber nicht bei Hypothese 2 statistisch signifikant. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 147. Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Die Unternehmensfortführung ist sehr unwahrscheinlich.“, der Wert 100 für „Die Unternehmensfortführung ist sehr wahrscheinlich.“. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 147. Vorangestellt wurde ein kurzes Einführungsschreiben. Die Unterlagen stammten von einem an der New Yorker Börse gelisteten Unternehmen, das zum ersten Mal ein eingeschränktes Testat von einer Big8-WPG erhalten hatte. Hinweis 1 (-): Vier Textabschnitte berichteten über die Leistung des Managements bezüglich Kostensenkungen, die Einstellung unrentabler Produkte und die Fortschritte bei neuen Produkten. Hinweis 2 (-): Ein weiterer Textabschnitt handelte vom neuen Präsidenten und Geschäftsführer, der bereits Unternehmen in ähnlichen Situationen in die Gewinnzone zurückgeführt hat. Er unterstützte die in Hinweis 1 gemachten Maßnahmen und war der Meinung, dass das Unternehmen wieder profitabel arbeiten könnte. Hinweis 3 (+): Über eine vorgeschlagene Einigung in einem wichtigen und großen Rechtsstreit informierten drei Textabschnitte. Diese Vereinbarung hätte grundlegende Restriktionen für das Unternehmen zur Folge. Das Management war unsicher darüber, ob es einwilligen und der regulären Geschäftstätigkeit nachgehen soll. Hinweis 4 (+): Der letzte Textabschnitt beschäftigte sich mit den Verletzungen des Unternehmens bei Schuldverträgen. Das Management und der Rechtsanwalt wussten nicht, ob eine Vollstreckung erfolgen würde, was nachteilige Konsequenzen für das Unternehmen mit sich bringen würde. Die Fallstudie wurde von zwei Managern einer Big8-WPG überarbeitet, woraufhin Änderungen insbesondere bei den Sachverhalten erfolgten, die aus dem Prüfungsbericht der Gesellschaft entwickelt worden waren. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 147.

182

Abschließend sollte die Wahrscheinlichkeit angegeben werden, mit der ein eingeschränktes Testat erteilt werden würde.936 Zudem wurde ein Manipulationscheck durchgeführt.937 Die Grundgesamtheit der Teilnehmer wurde zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 erhielt die vier Zusatzinformationen in der Reihenfolge (++--)938, Gruppe 2 in der Reihenfolge (--++). Die Auswertung für das Experiment 2 beruhte auf 49 Antworten.939 Die Ergebnisse des zweiten Experiments sind in Tabelle 66 dargestellt. Hiernach wurde die Hypothese 1 bestätigt, die Hypothese 2 verworfen.940 H1 H2

Ausmaß der Meinungsänderung Wahrscheinlichkeit für Erteilung eines eingeschränkten Testats

Gruppe 1 (++--) -12,55 88,32

Gruppe 2 (--++) 11,07 80,33

Bestätigt Ja Nein

Tab. 66: Auswertungsergebnisse des zweiten Experiments (Messier 1992)941 Tabellenlegende: H1 = Hypothese 1 H2 = Hypothese 2

D. 3.2.2.4.

Cushing/Ahlawat (1996)

Die Autoren Cushing/Ahlawat942 überprüften in ihrer Studie aus dem Jahr 1996, ob die Dokumentation der Gedankenschritte für eine Urteilsbildung über die Going Concern Annahme Recency Effects mindern könnte. Als Aufzeichnung diente ein Entwurf einer Niederschrift des Prüfers für den Engagement Partner.943 Im Rahmen dieses Experiments wurden zwei Gruppen gebildet, eine Dokumentationsgruppe und eine Kontrollgruppe. Die Autoren entwickelten fol936

937

938 939

940

941 942

943

Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Der Bestätigungsvermerk wird nicht eingeschränkt.“, der Wert 100 für „Der Bestätigungsvermerk wird eingeschränkt.“. Die Skala wurde in Fünfer-Schritte unterteilt. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 147-148. Die Teilnehmer sollten die vier Hinweise in die Kategorien positiv oder negativ einordnen. Des Weiteren wurde nach der für die Bearbeitung der Fallstudie benötigten Zeit und einigen demografischen Angaben gefragt. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit betrug 45 Minuten. Die Ergebnisse des Manipulationschecks zeigten, dass 24 von 196 (vier Antworten mal 49 Teilnehmer) nicht der vorgegebenen Einstufung entsprachen. Die Durchsicht der Fragebögen machte deutlich, dass vier Teilnehmer jeweils drei oder vier abweichende Beurteilungen abgegeben hatten. Die Teilnehmer waren Manager mit einer durchschnittlichen Berufserfahrung von 6,25 Jahren, was im Vergleich zum Gesamtdurchschnitt der Manager von 7,9 Jahren gering war. Die Differenzen beruhten im Wesentlichen auf dem meist als neutral eingestuften zweiten Hinweis. Ein Ausschluss dieser Teilnehmer hätte keinen Einfluss auf die Ergebnisse gehabt, so dass sämtliche Antworten ausgewertet wurden. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 148. Das „+“ stand für einen positiven, das „-“ für einen negativen Hinweis. Die Autoren hatten die Unterlagen zu Kontaktpersonen bei allen Big6-WPG per Email geschickt, die diese an die Teilnehmer weiterleiteten. Die Antworten gingen direkt an sie zurück. Die 49 Antworten entsprachen einer Rücklaufquote von 62,00%. Die Teilnehmer waren 18 Partner und 31 Manager, die durchschnittlich 17,3 bzw. 7,9 Jahre Berufserfahrung hatten. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 147. Die Reihenfolge der Informationen war bei Hypothese 1, aber nicht bei Hypothese 2 statistisch signifikant. Vgl. Messier, William F. (1992), S. 148. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996): Mitigation of recency bias in audit judgment: the effect of documentation. In: Auditing: A Journal of Practice & Theory, Vol. 15, No. 2, Fall 1996, S. 110122. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 110 und 114.

183

gende Hypothesen.944 Nach Hypothese 1 werden Teilnehmer der Kontrollgruppe, die die Hinweise in der Reihenfolge (+-)945 erhalten, größere Meinungsanpassungen nach unten bzw. kleinere nach oben aufweisen als Teilnehmer der gleichen Gruppe, die die Informationen in anderer Reihenfolge (-+) vorgelegt bekommen. Hypothese 2 besagt, dass die Teilnehmer der Dokumentationsgruppe, die die Hinweise in der Reihenfolge (+-) erhalten, dieselben Meinungsanpassungen aufweisen wie die Teilnehmer der gleichen Gruppe, die die Informationen in anderer Reihenfolge (-+) vorgelegt bekommen. Die Fallstudie enthielt Hintergrund- und Finanzinformationen über ein fiktives Unternehmen. Die Teilnehmer nahmen an, dass sie ein Review für die bisherigen Prüfungsergebnisse durchführen müssten. Die Fallstudie wurde von Asare (1992)946 übernommen und hinsichtlich der Dokumentationsaufgabe modifiziert. Die Studie bestand aus vier Teilen, die in der vorgegebenen Reihenfolge bearbeitet werden sollten. Der erste Abschnitt enthielt die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre sowie den aktuellen Jahresabschluss zusammen mit einer Beschreibung der Geschäftstätigkeit des Mandanten, dessen Produkten und Dienstleistungen, der internen Kontrollen, der Branche und der Art der letzten beiden erhaltenen Testate. Nach Durchsicht der Unterlagen sollten die Teilnehmer die Wahrscheinlichkeit angeben, mit der das Unternehmen bis zum Ende des aktuellen Geschäftsjahres weitergeführt wird.947 Des Weiteren sollten die Teilnehmer die Art des Testats benennen, das sie erteilen würden. Im zweiten Teil hatten die Teilnehmer der Dokumentationsgruppe die Aufgabe, ein Schriftstück zu verfassen, in dem so viele Hinweise wie möglich genannt werden, die ihre Meinung unterstützten und in der Fallstudie enthalten waren. Um die Bedeutung dieser Aufgabe hervorzuheben, wurde den Teilnehmern mitgeteilt, dass ihre Ausarbeitung als Vorlage für das Review des Engagement Partners dienen und dem Mandanten bei Diskussionen über mögliche Going Concern Probleme vorgelegt werden würde. Ihnen war nicht bekannt, dass sie keine weiteren Erläuterungen abgeben konnten.948 Teilnehmer der Kontrollgruppe mussten diese Zusammenfassung nicht anfertigen.949 Im weiteren Verlauf wurden zusätzlich zwei positive und zwei negative Hinweise im SbSModus vorgelegt. Nach jedem Sachverhalt sollten die Teilnehmer ihre Meinung überdenken und eventuell anpassen. Abschließend war eine erneute Nennung des zu erteilenden Testats erforderlich. Die Faktoren wurden in der Reihenfolge (+-) oder (-+) vorgelegt.950 Der vierte Ab944 945 946

947

948 949 950

Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 114. Das „+“ stand für die positiven, das „-“ für die negativen Hinweise. Vgl. Asare, Stephen Kwaku (1992): The auditor’s going-concern decision: Interaction of task variables and the sequential processing of evidence. In: The Accounting Review, Vol. 67, April 1992, S. 379-393. Die Studie von Asare (1992) blieb im Rahmen dieser Arbeit unberücksichtigt, da sie der Untersuchung von Messier (1992) ähnelt und keine neuen Erkenntnisse mit sich bringt. Des Weiteren wird sie von verschiedenen Autoren als Grundlage verwandt (siehe auch Ashton/Kennedy (2002) im Kapitel D. 3.2.2.7.), so dass auf eine ausführliche Darstellung verzichtet wird. Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Das Unternehmen wird nicht bis zum Ende des aktuellen Geschäftsjahres weitergeführt.“, der Wert 100 für „Das Unternehmen wird bis zum Ende des aktuellen Geschäftsjahres weitergeführt.“. Die Skala wurde in Zehner-Schritte unterteilt. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 116. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 115. Die Reihenfolge innerhalb der Informationsarten blieb unverändert. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 115.

184

schnitt enthielt Daten für einen Manipulationscheck. Hier mussten alle Informationen einschließlich der vier zusätzlichen den Kategorien positiv oder negativ zugeordnet werden. Zum Schluss sollten die Teilnehmer einen Wahrscheinlichkeitsschwellenwert angeben, zu dem sie dem Unternehmen einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilen würden.951 Es nahmen 75 Manager und Partner von drei Big6-WPG an der Studie teil.952 Die Ergebnisse der Manipulationschecks waren zufriedenstellend. Von den 300 negativen Hinweisen wurden 289 richtig zugeordnet. Dies entsprach 96,30%. Die 147 positiven Informationen wurden zu 84,40% korrekt bestimmt, d.h. 124 Zuordnungen waren fehlerfrei. Die schriftlichen Ausführungen hatten im Mittel 23 Zeilen, mit einer Spannweite von fünf bis 47 Zeilen. Im Durchschnitt wurden 7,9 Begründungen angegeben mit einer Spannweite von vier bis 18 Nennungen. Diese Werte bestätigten das Pflichtbewusstsein der Teilnehmer hinsichtlich der Aufgabenstellung.953 Reihenfolge (-+) (+-) (-+) (+-) Summe

Dokumen- Anzahl der tation Teilnehmer Nein Nein Ja Ja

18 20 18 19

J0954 64,17 73,25 68,08 65,00

J1 43,89 75,90 37,61 71,16

Mittelwerte J2 39,89 72,80 28,89 71,68

J3 45,94 52,25 34,17 51,16

J4 53,17 42,10 41,11 42,37

75

Tab. 67: Zusammenfassung der Ergebnisse (Cushing/Ahlawat 1996)955 Teilnehmer der Kontrollgruppe, die die Hinweise in der Reihenfolge (+-) erhalten hatten, passten ihre Meinung von 73,25 auf 42,10 an. Die Differenz betrug 31,15 Punkte. Die Anpassung der Teilnehmer in der Reihenfolge (-+) hingegen betrug nur elf Punkte. Es lagen folglich Recency Effects vor. Die Hypothese 1 wurde bestätigt.956 Im Rahmen der Dokumentationsgruppe wurden Änderungen bei den Teilnehmern der (+-) Reihenfolge von 22,63 und bei den Teilnehmern der (-+) Reihenfolge von 26,95 ermittelt, d.h. es lagen minimale Primacy Effects vor. Trotzdem konnte auch die Hypothese 2 bestätigt werden, da Recency Effects verhindert werden konnten.957

951 952

953 954

955 956 957

Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 115-116. Die Unterlagen wurden Vertretern der WPG zugesandt, die diese an zufällig ausgewählte Manager und Partner weiterleiteten. Die Autoren sicherten den Teilnehmern Anonymität zu und baten um selbstständige Bearbeitung. Die Antworten wurden von den Vertretern an die Autoren weitergegeben. Die 75 verwendbaren Antworten entsprachen einer Rücklaufquote von 58,00%. Die durchschnittliche Berufserfahrung lag bei 8,5 Jahren mit einer Spannweite von vier bis 16 Jahren. 68 Teilnehmer gaben an, dass sie bereits an Prüfungen teilgenommen hatten, bei denen eingeschränkte Testate diskutiert oder erteilt worden waren. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 116. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 117. J0 bezeichnet die Wahrscheinlichkeitsangabe nach Durchsicht der Hintergrundinformationen. J1 bis J4 stellen die Nennungen nach dem entsprechenden zusätzlichen Hinweis dar. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 118. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 117. Vgl. Cushing, Barry E./Ahlawat, Sunita S. (1996), S. 119.

185

D. 3.2.2.5.

Ahlawat (1999)

Eine weitere Studie aus dem Jahr 1999 stammt von der Autorin Ahlawat958, die Recency Effects in Bezug auf Einzel- und Gruppenentscheidungen von Managern untersuchte. Hypothese A1 besagt, dass Recency Effects auftreten, sofern Einzelpersonen den SbS-Antwortmodus verwenden. Nach Hypothese A2 treten geringere oder gar keine Recency Effects auf, sofern Gruppen den SbS-Antwortmodus verwenden. Gemäß Hypothese B1 sind Erinnerungen von Gruppen genauer als bei ihren jeweiligen Mitgliedern. Gruppenmitglieder haben bessere Erinnerungen als Einzelpersonen. Hypothese C1 nimmt an, dass je höher das anfängliche Vertrauen in das Testat ist, desto geringer fallen die Meinungsanpassungen aus. Mit Hypothese C2 wird untersucht, ob das vorhergesagte Vertrauen in die eigenen Erinnerungen bei Gruppen größer ist als bei Einzelpersonen.959 Insgesamt nahmen 91 Teilnehmer einer Big6-WPG teil.960 Es wurden 28 Manager als Einzelpersonen bestimmt. Zusätzlich wurden mit je einem Manager und zwei Seniorprüfern 21 Gruppen gebildet.961 In den vier Experimenten wurden stets zwei Faktoren variiert: „Reihenfolge der Hinweise“ (+- bzw. -+)962 sowie „Einzelperson bzw. Gruppe“.963 Die Arbeitsmaterialien beinhalteten eine Einführung, Informationen zur Fallstudie sowie vier verschiedene Aufgaben.964 Jedem Teilnehmer wurden die Unterlagen persönlich ausgehändigt. Sie nahmen an, dass sie die laufende Prüfung reviewen müssten. Zusätzlich sollten die Fragen in der vorgegebenen Reihenfolge bearbeitet werden.965 Im Rahmen der ersten Aufgabe sollten die Teilnehmer die anfängliche Wahrscheinlichkeit angeben, mit der das Unternehmen bis zum Ende des Geschäftsjahres fortgeführt, welches 958

959 960

961 962

963

964

965

Ahlawat, Sunita S. (1999): Order effects and memory for evidence in individual versus group decision making in auditing. In: Journal of Behavioral Decision Making, Vol. 12, 1999, S. 71-88. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 74-76. Von den 91 Teilnehmern waren 49 Manager und 42 Seniorprüfer. Die durchschnittliche Berufserfahrung der Manager lag bei 8,37 Jahren, die der Seniorprüfer bei 3,26 Jahren. Etwa 89,00% der Teilnehmer hatten bereits ähnliche Aufgabenstellungen gelöst. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 76. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 76. Es gab drei negative und drei positive Hinweise. Hinweis 1 (-): Auslauf eines Patentes, mit dem ca. 25,00% der Gesamtumsätze generiert worden sind. Hinweis 2 (-): Weggang eines führenden Vertriebsmanagers. Hinweis 3 (-): Kreditlinien wurden noch nicht erneuert. Hinweis 1 (+): Günstiger Marktforschungsbericht für eine neue Produktlinie. Hinweis 2 (+): Erfolgreiche Stundung von Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen über einen Zeitraum von drei Jahren. Hinweis 3 (+): Erfolgreiche Vertragsverhandlungen mit einem Labor. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 78. Die Durchführung der Experimente erfolgte in den Räumen der WPG über einem Zeitraum von vier Wochen. Innerhalb der Gruppen sollten die Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 77. Die Fallstudie enthielt eine ausführliche Beschreibung des Unternehmens und dessen Branche. Zu den Unternehmensinformationen gehörten Erläuterungen zur Geschäftstätigkeit, zum wirtschaftlichen Umfeld, zur Art der in den letzten beiden Jahren erteilten Testate sowie zur vergleichenden Darstellung des Jahresabschlusses für das aktuelle Jahr und die zwei vorangegangenen Jahre. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 77. Die nächste Aufgabe durfte erst begonnen werden, wenn die Unterlagen der vorangegangenen in einen vorgesehenen Briefumschlag gesteckt worden waren. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 77.

186

Testat erteilt werden würde und wie viel Vertrauen sie in das Testat hätten.966 Zu diesem Zeitpunkt wussten die Teilnehmer nicht, dass ihnen weitere Informationen zur Verfügung gestellt werden. Im zweiten Teil legte die Autorin zusätzlich drei positive und drei negative Hinweise vor. Nach jedem Sachverhalt sollte die Wahrscheinlichkeitsangabe für die Fortführung des Unternehmens überdacht werden. Abschließend sollten die Angaben bezüglich des Testats und des Vertrauens revidiert werden.967 Die dritte Aufgabe beinhaltete einen Fragebogen über demografische Angaben sowie Prüfungserfahrungen und wurde von allen Teilnehmern einzeln beantwortet, unabhängig davon, ob sie einer Gruppe angehörten oder nicht. Diese Bearbeitung sollte die Teilnehmer von der eigentlichen Themenstellung ablenken und so deren Kurzzeitgedächtnis löschen. Danach wurden insgesamt 40 zufällig ausgewählte falsche und richtige Hinweise vorgelegt, die den Kategorien „Bekannt“ oder „Nicht bekannt“ zugeordnet werden sollten.968 Zum Schluss sollte jeder Teilnehmer seine persönliche Zufriedenheit über die von ihm gemachten Angaben festlegen.969 Die vierte Aufgabe entsprach dem zweiten Teil des dritten Abschnitts mit der Ausnahme, dass die Bearbeitung in Gruppen stattfand.970 G (-+) G (+-) E (-+) E (+-)

J0 69,55 68,50 66,92 70,67

T1 9/2 7/3 8/5 11/4

V1 78,18 72,70 64,23 63,00

J1 59,55 71,50 41,92 76,53

J2 47,72 73,50 34,85 76,73

J3 38,82 78,50 23,46 81,00

J4 42,73 64,50 36,92 60,00

J5 45,91 54,20 52,07 41,80

J6 51,36 47,10 52,85 34,27

T2 6/5 4/6 4/9 2/13

V2 81,82 78,50 73,08 69,67

Tab. 68: Zusammenfassung der Ergebnisse (Ahlawat 1999)971 Tabellenlegende: G = Gruppe E = Einzelperson T1 = Wahl des Testats nach Durchsicht der Hintergrundinformationen (Anzahl uneingeschränkter Testate/Anzahl eingeschränkter Testate) T2 = Wahl des Testats nach Bearbeitung aller zusätzlichen Hinweise (Anzahl uneingeschränkter Testate/Anzahl eingeschränkter Testate) V1 = Angabe des Vertrauens nach Durchsicht der Hintergrundinformationen V2 = Angabe des Vertrauens nach Bearbeitung aller zusätzlichen Hinweise J0 = Wahrscheinlichkeitsangabe nach Durchsicht der Hintergrundinformationen J1 bis J6 = Wahrscheinlichkeitsangabe nach jeweiligem Hinweis

966

967 968

969

970 971

Die Bewertungsskala für die Bestimmung der Unternehmensfortführung reichte von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Das Unternehmen wird nicht weitergeführt.“, der Wert 100 für „Das Unternehmen wird weitergeführt.“. Bei der Angabe des Testats konnte zwischen „Uneingeschränkt“, „Eingeschränkt“ und „Verweigert“ gewählt werden. Die Bewertungsskala für die Bestimmung des Vertrauens ging ebenfalls von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Die Daten sind nicht vertrauenswürdig.“, der Wert 100 für „Die Daten sind vertrauenswürdig.“. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 78. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 78. Ein „richtiger“ Hinweis war eine Information, die bereits in der Fallstudie verarbeitet worden war, ein „falscher“ Hinweis war in den Unterlagen nicht enthalten. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 79. Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Meine Angaben sind nicht zufriedenstellend.“, der Wert 100 für „Meine Angaben sind zufriedenstellend.“. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 79. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 79. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 79.

187

Gruppe Anzahl der Gruppen Einzelpersonen Anzahl der Einzelpersonen

Reihenfolge der Informationen (-+) (+-) -21,50% -18,18%972 11 10 -14,08% 13

-36,40% 15

Signifikante Order Effects Nein

Ja

Tab. 69: Zusammenfassung der Ergebnisse hinsichtlich der Order Effects (Ahlawat 1999)973 Die Ergebnisse der Einzelpersonen aus Tabelle 69 zeigten, dass Teilnehmer, die die Hinweise in der Reihenfolge (+-) erhalten hatten, mit 36,40% eine durchschnittlich größere Meinungsanpassung durchführten als Teilnehmer, denen die Informationen in der Reihenfolge (-+) vorgelegt worden waren (14,08%). Die Hypothese A1 wurde bestätigt, da bei Einzelpersonen Recency Effects festgestellt worden sind. Die Gruppenantworten wiesen mit 18,18% bei (-+) und mit 21,50% bei (+-) nur geringe Differenzen bei den Meinungsanpassungen auf Grund der geänderten Reihenfolge auf. Die Recency Effects konnten durch die Teamarbeit minimiert werden, so dass auch die Hypothese A2 bestätigt wurde. Für die Ergebnisse der Aufgabe der Hinweiszuordnung erfolgt im Rahmen dieser Arbeit keine tabellarische Auswertung. Gruppen ordneten die Informationen genauer zu als Einzelpersonen. Gruppenmitglieder erzielten ebenfalls bessere Klassifikationserfolge als Einzelpersonen. Insgesamt waren die Gruppenergebnisse besser als die der Gruppenmitglieder insbesondere in der Einstufung der „richtigen“ Hinweise. Folglich wurde die Hypothese B1 bestätigt.974 Die Auswertung der Fragen nach dem Vertrauen in das zu erteilende Testat ergab, dass eine große anfängliche Zuversicht zu geringen Meinungsanpassungen führte. Gruppen hatten stets mehr Vertrauen in ihre Entscheidung als Einzelpersonen, da der Gruppendurchschnitt bei 75,57% und das Mittel der Einzelpersonen bei 63,57% lag. Die revidierten Angaben betrugen im Mittel bei den Gruppen 80,24%, bei den Einzelpersonen 71,25%. Damit wurde die Hypothese C1 bestätigt. Die Analyse der Frage nach der Verlässlichkeit in die eigene Erinnerung machte deutlich, dass Gruppen sich eher auf ihre Erinnerung verließen als einzelne Gruppenmitglieder. Letztere hatten erneut auch größeres Vertrauen in ihre Gedanken als Einzelpersonen. Hiermit wurde die Hypothese C2 bestätigt.975

972

973 974 975

Der Wert -18.08 errechnet sich aus den Werten 69,55 (J0) abzüglich 51,36 (J6) aus Tabelle 68. Die Differenz von 0,01 ist auf Rundungsfehler zurückzuführen. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 80. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 82. Vgl. Ahlawat, Sunita S. (1999), S. 83.

188

D. 3.2.2.6.

Arnold/Collier/Leech/Sutton (2000)

Die von den Autoren Arnold/Collier/Leech/Sutton976 verwandte Fallstudie977 aus dem Jahr 2000 enthielt Informationen zweier realer Unternehmen. Eines hatte ein uneingeschränktes, das andere ein eingeschränktes Testat erhalten.978 Die Unternehmensfaktoren wurden zusammengefasst und variiert, um die Komplexität und Realitätstreue darzustellen. Die Unterlagen beinhalteten insgesamt acht Informationen zum Hintergrund des Unternehmens, zur Bilanz, zu entscheidungsrelevanten Sachverhalten sowie zur Empfehlung des Abschlussprüfers, einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erteilen. Zusätzlich wurden den Teilnehmern Hinweise vorgelegt, die vom Abschlussprüfer für potenziell bedeutsam eingestuft worden waren. Hierbei handelte es sich um zwei Informationssets aus jeweils fünf positiven bzw. negativen Hinweisen, die gebündelt den Teilnehmern präsentiert wurden (EoS).979 Es sollte zu drei verschiedenen Zeitpunkten die Frage beantwortet werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Unternehmen einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erhalten würde.980 Die erste Einschätzung erfolgte nach Durchsicht der Hintergrund- sowie Bilanzinformationen und bildete den anfänglichen individuellen Meinungsanker. Die zweite Angabe war nach Bearbeitung der ersten fünf Sachverhalte erforderlich. Die endgültige Entscheidung trafen die Teilnehmer nach der Prüfung des zweiten Informationssets. Die Mitwirkenden sollten ihre bis dahin getroffene Meinung auf Grund der jeweils neuen Informationen überdenken und gegebenenfalls anpassen.981 Die Autoren stellten vier Hypothesen auf.982 Nach Hypothese 1 ist der Wert der Veränderung der geschätzten Wahrscheinlichkeit, mit der ein eingeschränktes Testat erteilt wird, von der Informationsreihenfolge abhängig. Es soll untersucht werden, ob Teilnehmer unterschiedliche Urteile in Abhängigkeit von der Reihenfolge der vorgelegten Informationen bilden (Order Effects). Die Hypothese 2 besagt, dass der Wert der Veränderung der zuletzt geschätzten Wahrscheinlichkeit, d.h. dem Urteil zwischen dem ersten und zweiten Informationsblock, größer ist als der Wert der Veränderung der zuerst abgegebenen Wahrscheinlichkeitseinschätzung, hier dem Urteil zwischen den Hintergrundinformationen und dem ersten Informationsblock. Es ist

976

977

978

979

980

981 982

Arnold, Vicky/Collier, Phillip A./Leech, Stewart A./Sutton, Steve G. (2000): The effect of experience and complexity on order and recency bias in decision making by professional accountants. In: Accounting and Finance, Vol. 40, 1992, S. 109-134. Diese Studie enthielt ein weiteres Experiment mit Insolvenzverwaltern als Teilnehmern, auf das hier nicht näher eingegangen wird. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 109. Die Fallstudie, die mit 12 Personen zweier international tätiger WPG durchgeführt worden ist, wurde zusammen mit einer Einleitung und Informationen zur Rücksendung der Antworten den Teilnehmern direkt per Email zugeschickt. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 116. Positive Hinweise unterstützten die Erteilung eines uneingeschränkten Testats, negative hingegen die eines eingeschränkten Testats. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 117. Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Der Wert 0 stand für „Es wird kein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt.“, der Wert 100 für „Es wird ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt.“. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 116. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 117. Es wurden die Unterschiede in den Wertveränderungen und nicht die Unterschiede in den tatsächlichen Werten der Wahrscheinlichkeitsschätzung untersucht. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 115.

189

zu überprüfen, ob die zuletzt verarbeiteten Informationen einen größeren Einfluss auf das Ergebnis haben als die am Anfang vorgelegten Informationen (Recency Effects). Mit der Hypothese 3 wird analysiert, ob der Wert der Veränderung der geschätzten Wahrscheinlichkeit, der auf die Verarbeitung einer bestimmten Art von Informationen zurückzuführen ist, bei der zuletzt vorgelegten Informationsart größer sein wird. Es soll festgestellt werden, ob das das Ausmaß der durch eine bestimmte Informationsart bedingten Veränderung von der Reihenfolge der präsentierten Informationen abhängt (Beziehung zwischen Recency Effects und der Informationsart). Die Hypothese 4 hinterfragt, ob der Wert der Veränderung der geschätzten Wahrscheinlichkeit, der auf negative Informationen zurückzuführen ist, größer sein wird als bei positiven Informationen. Es soll ermittelt werden, ob die Anpassungen bei negativen Informationen unabhängig vom Vorlagezeitpunkt größer sind (Beziehung zwischen Recency Effects und Sensitivität der Informationen). Die Grundgesamtheit der Teilnehmer betrug 344 Personen, die zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt wurden.983 In den Unterlagen der Gruppe 1 wurden zuerst die positiven und anschließend die negativen Hinweise angeführt (+-).984 Bei der zweiten Gruppe wurde die Reihenfolge der Sachverhalte umgekehrt (-+). Es konnten 205 Antworten bei der Auswertung berücksichtigt werden.985 Wahrscheinlichkeitsangaben in % Anfänglicher Anker nach 8 Hinweisen Nach Vorlage der ersten 5 Hinweise Nach Vorlage der zweiten 5 Hinweise/endgültige Entscheidung

Gruppe 1 (+-) 36,1 27,3 (+) 53,9 (-)

Gruppe 2 (-+) 33,7 56,9 (-) 44,0 (+)

Tab. 70: Zusammenfassung der Wahrscheinlichkeitsangaben (Arnold et al. 2000)986 Obwohl zwischen den beiden Gruppen nach Bearbeitung der Hintergrundinformationen lediglich eine Differenz von 2,40% vorlag, gab es einen durchschnittlichen Unterschied bei der endgültigen Entscheidung von 9,90%. Grafisch stellt dieser Sachverhalt eine Fischflosse dar (Abbildung 14). Die Überprüfung der Hypothesen wird in der Tabelle 71 zusammengefasst.

983

984 985

986

Diese Teilnehmer wurden den Autoren von verschiedenen WPG auf Nachfrage genannt. Unter der Annahme, dass das notwendige Wissen zur Beantwortung der Aufgaben vorhanden war, erfolgte keine Überprüfung der Berufserfahrung. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 116. Das „+“ stand für die fünf positiven, das „-“ für die fünf negativen Hinweise. Insgesamt erhielten die Autoren 220 Antworten. Dies entsprach einer Rücklaufquote von 64,00%. 15 Antworten waren unvollständig ausgefüllt und konnten nicht weiter berücksichtigt werden. 105 Teilnehmer zählten zur Gruppe 1, 100 Teilnehmer zur Gruppe 2. 91,00% der Personen arbeiteten bei einer Big6-, die übrigen bei einer regional tätigen WPG. Die Grundgesamtheit setzte sich aus 87 Managern und 118 Partnern zusammen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 35,5 Jahre, die Berufserfahrung lag im Mittel bei 12,4 Jahren. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 116. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 116-118.

190

Gruppe 1 Gruppe 2

Anfänglicher Meinungsanker

Erste Durchsicht

Endgültige Entscheidung

Abb. 14: Beispielhafte Darstellung von Gruppenunterschieden in Form einer Fischflosse Hypothesen H 1 Order Effects

H 2 Recency Effects H 3 Recency Effects bei den Informationsarten H 4 Sensibilität der Informationsarten

Feststellungen Endgültige Wahrscheinlichkeitsschätzung war abhängig von der Informationsreihenfolge Zweite Meinungsanpassung war größer als erste Meinungsanpassung Positive Informationen: zweite Meinungsanpassung war größer; Negative Informationen: keine Differenzen Negative Informationen führten zu größeren Meinungsanpassungen

Ergebnisse Bestätigt

Bestätigt Positive Informationen: Bestätigt; Negative Informationen: (Marginal) bestätigt Bestätigt für beide Gruppen

Tab. 71: Zusammenfassung der Ergebnisse (Arnold et al. 2000)987 Tabellenlegende: H1 = Hypothese 1 H2 = Hypothese 2 H3 = Hypothese 3 H4 = Hypothese 4

Im Rahmen von Hypothese 1 sollte untersucht werden, ob sich der Wert der Veränderung der geschätzten Wahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von den Zwischenergebnissen relativ zu den Informationsarten unterschied, die bei der zweiten Anpassung geprüft wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Reihenfolge verschiedener Informationsarten den Wert der Veränderung beeinflusst. Es war aber nicht erkennbar, ob dies durch Primacy Effects oder durch Recency Effects begründet war.988

987 988

Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 119. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 118.

191

Mit Hypothese 2 sollte überprüft werden, ob die durchschnittliche Anpassung nach der zweiten Urteilsbildung größer war als nach der ersten. Die zweite Entscheidung resultierte in einer absoluten durchschnittlichen Veränderung der geschätzten Wahrscheinlichkeit von 19,90%, während für die erste Entscheidung ein Wert von 15,90% ermittelt wurde.989 Es schienen Recency Effects vorzuliegen, da die zuletzt vorgelegten Informationen einen größeren Einfluss auf die Entscheidung hatten. Mit Hilfe von Hypothese 3 sollte analysiert werden, ob die erste Anpassung einer Gruppe, die auf eine bestimmte Art von Information zurückzuführen war, geringer war als die zweite Veränderung einer Gruppe, die auf dem gleichen Informationstyp basierte. Bei positiven Sachverhalten betrugen die erste Anpassung der ersten Gruppe 8,80% und die zweite Anpassung der zweiten Gruppe 12,90%. Bei negativen Hinweisen lagen die erste Anpassung der Gruppe 2 bei 23,30% und die zweite Anpassung der Gruppe 1 bei 26,60%. Bei beiden Informationsarten schienen Recency Effects vorzuherrschen.990 Mit Hypothese 4 sollte festgestellt werden, ob negative Informationen unabhängig vom Untersuchungszeitpunkt einen Einfluss auf die Entscheidung hatten. In der ersten Anpassung lag der Wert der Veränderung bezogen auf die negativen Informationen bei 23,20%, bei den positiven lediglich bei 8,80%. Bei der zweiten Anpassung wurden Werte von 26,60% bzw. 12,90% ermittelt. In beiden Fällen wurde auf negative Sachverhalte unabhängig vom Präsentationszeitpunkt stärker reagiert.991

D. 3.2.2.7.

Ashton/Kennedy (2002)

Die Autoren Ashton/Kennedy992 untersuchten in ihrer im Jahr 2002 veröffentlichten Studie, ob Recency Effects im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme durch eine eigenständige Selbstprüfung verhindert oder wenigstens minimiert werden könnten.993 Die aufgestellte Hypothese besagt, dass bei den Ergebnissen von Prüfern, die im EoS-Modus antworten oder die Möglichkeit eines Eigenreviews haben, deutlich weniger Recency Effects auftreten als bei Prüfern, die unter SbS-Bedingungen arbeiten.994

989 990 991 992

993 994

Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 119. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 120. Vgl. Arnold, Vicky et al. (2000), S. 120. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002): Eliminating recency with self-review: The case of auditor’s going concern judgments. In: Journal of Behavioral Decision Making, Vol. 15, 2002, S. 221-231. Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 221. Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 224.

192

Die Fallstudie handelte von einem börsennotierten Unternehmen der Telekommunikationsbranche.995 Die Autoren fügten Kapitalflussrechnungen und weitere Informationen über mögliche Going Concern Probleme hinzu. Die Teilnehmer sollten Vorjahresarbeitspapiere reviewen, die Probleme hinsichtlich der Unternehmensfortführung aufgeworfen hatten. Nach der Durchsicht der Unterlagen, die den aktuellen Jahresabschluss und die drei vorangegangenen Jahresabschlüsse umfassten, sollte die Wahrscheinlichkeit angegeben werden, mit der das Unternehmen seine Geschäfte nicht fortführen würde.996 An dieser Studie nahmen 135 Prüfungsassistenten einer Big5-WPG teil, da diese in der Praxis die Hinweise, die die Entscheidungsgrundlage für Wirtschaftsprüfer darstellen, sammeln und dokumentieren. Solche Unterlagen enthalten bereits vorläufige Empfehlungen hinsichtlich der Urteilsbildung.997 Die Teilnehmer wurden in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe bearbeitete die Unterlagen im SbS-Antwortmodus, die zweite im EoS-Modus und die dritte im Review-Modus.998 In jeder Gruppe erhielt die eine Hälfte der Teilnehmer zuerst sechs positive und anschließend sechs negative Hinweise (+-).999 Der anderen Hälfte wurden die Sachverhalte in der Reihenfolge (-+) vorgelegt. Zunächst sollten die Hintergrundinformationen gelesen und der aktuelle Jahresabschluss einem Review unterzogen werden. Es musste die anfängliche Wahrscheinlichkeit bestimmt werden, mit der das Unternehmen nicht weiter fortgeführt würde. Dann wurden insgesamt 12 Informationen in der beschriebenen Reihenfolge ausgeteilt. Die SbS- und die Review-Gruppe gaben nach jedem einzelnen Hinweis eine Meinung ab. Die Teilnehmer der EoS-Gruppe hingegen bildeten ihre Wahrscheinlichkeitsangabe erst nach Erhalt aller Angaben.1000 Die Gruppen SbS und EoS sprachen nun eine Testatsempfehlung aus. Die Sachverhalte waren in die Kategorien positiv oder negativ einzuordnen. Zusätzlich sollte für jede Information deren Wichtigkeit in Bezug auf die Urteilsbildung festgelegt werden.1001 Zum Schluss sollten die Teilnehmer einen Schwellenwert für die Entscheidung zwischen einem uneingeschränkten und einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk angeben. Bei den Teilnehmern der Review-Gruppe wurde die Vorgehensweise geändert. Nachdem sämtliche Faktoren einzeln bearbeitet wurden, war die 995

996 997 998

999

1000 1001

Dieses Unternehmen wurde von einer Big5-WPG geprüft. Die grundlegenden Finanzdaten entstammen der Studie von Asare (1992). Diese Studie blieb im Rahmen dieser Arbeit unberücksichtigt, da sie der Untersuchung von Messier (1992) ähnelt und keine neuen Erkenntnisse mit sich bringt. Des Weiteren wurde sie bereits bei Cushing/Ahlawat (1996) berücksichtigt (siehe Kapitel D. 3.2.2.4.), so dass auf eine ausführliche Darstellung verzichtet wird. Die Bewertungsskala reichte von 0 bis 100. Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 226. Beim Review-Modus ist zu berücksichtigen, dass es den Teilnehmern während der Bearbeitung erlaubt ist, Veränderungen vorzunehmen. Das „+“ stand für die sechs positiven, das „-“ für die sechs negativen Hinweise. Die negativen Hinweise waren „Verluste aus der Geschäftstätigkeit“, „Negativer Cash Flow“, „Fehlende Prolongation für Kreditlinien“, „Langsame Umschlagshäufigkeit des Inventars“, „Problematische Produktqualität“ und „Auslauf eines Patents für ein Hauptprodukt“. Zu den positiven Hinweisen gehörten „Schnell wachsender Kundenstamm“, „Verbesserung des Cash Flows von Großkunden“, „Großzügigere Rückzahlungsbedingungen für Kredite“, „Gesunkene Betriebskosten“, „Eine wahrscheinliche Eigenkapitalerhöhung“ und „Bereitschaft der Gesellschafter zur Verschiebung der Auszahlung der Bardividende“. Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 224. Hier wurde erwartet, dass sämtliche Effekte ausgeschaltet würden. Die Bewertungsskala reichte von 1 = „Am wichtigsten“ bis 12 = „Am unwichtigsten“.

193

Wahl des Testats noch nicht erforderlich. Zuvor sollten die Angaben in die Klassen positiv und negativ eingestuft sowie deren Wichtigkeit im Rahmen der Entscheidungsfindung bestimmt werden. Anschließend wurden die Teilnehmer gebeten, ihre Entscheidungen hinsichtlich der Zuordnung sowie der Bedeutung erneut zu überprüfen und bei Bedarf zu revidieren. Es durften insgesamt 13 Entscheidungen abgegeben werden. Erst jetzt musste die Review-Gruppe ihre Testatswahl bekannt geben. Schließlich sollten ebenfalls Schwellenwerte ermittelt werden.1002 Im Rahmen der Auswertung wurde deutlich, dass erwartungsgemäß keine Unterschiede zwischen den drei Gruppen in Bezug auf die erste Wahrscheinlichkeitsangabe nach Durchsicht der Hintergrundinformationen aufgetreten waren. Die endgültigen Wahrscheinlichkeitsangaben der SbS-Gruppe hingegen wiesen entscheidende Recency Effects auf, da die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit mit 49,10% signifikant höher war, wenn negative Hinweise als letzte vorgelegt worden waren, als mit 39,80%, wenn die positiven Sachverhalte die zweite Informationsgruppe darstellten. Bei der EoS-Gruppe konnten keine, bei der Review-Gruppe lediglich geringe Recency Effects festgestellt werden.

Mittelwert Anzahl der Teilnehmer

SbS-Gruppe (+-) (-+) (51,3) 49,1 (56,9) 39,8 23

21

EoS-Gruppe (+-) (-+) (46,9) 42,1 (52,3) 47,0 23

22

Review-Gruppe (+-) (-+) (47,2) 42,5 (50,2) 46,7 26

20

Tab. 72: Zusammenfassung der Ergebnisse (Klammerangaben enthalten anfängliche Wahrscheinlichkeit; Ashton/Kennedy 2002)1003 Die Begutachtung der eigenen Ergebnisse war für die Verringerung der Recency Effects verantwortlich, da sich die Wahrscheinlichkeitsangaben für beide Reihenfolgen zwischen den Gruppen „SbS“ und „Review“ vor dem Self-Review nicht unterschieden hatten.1004 Es galt zu untersuchen, ob die Wahl des zu erteilenden Testats durch Recency Effects bei der Gruppe „SbS“ beeinflusst worden war bzw. ob der Self-Review der Review-Gruppe Recency Effects ausschalten bzw. minimieren konnte.1005 Reihenfolge (+-) (-+)

SbS-Gruppe 87,00% 71,00%

EoS-Gruppe 65,00% 68,00%

Review-Gruppe 58,00% 68,00%

Tab. 73: Erteilte eingeschränkte Bestätigungsvermerke differenziert nach Gruppen und Informationsreihenfolge (Ashton/Kennedy 2002)1006

1002 1003

1004

1005 1006

Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 225. Die Klammerangaben betreffen die anfänglichen Wahrscheinlichkeiten. Vgl. Ashton, Robert H./ Kennedy, Jane (2002), S. 227. Insgesamt 34 der 36 Teilnehmer der Review-Gruppe änderten ihre Meinung nach dem Self-Review. Elf der 36 (+-)-Teilnehmer erhöhten ihre Wahrscheinlichkeitsangaben, während elf der 15 (-+)Teilnehmer ihre Angaben senkten. Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 227-228. Bei der EoS-Gruppe wurden keine Recency Effects festgestellt. Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 228.

194

Diese These konnte bestätigt werden. Auf Grund der Recency Effects erteilten in der SbSGruppe mehr Teilnehmer mit der Reihenfolge (+-) einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk. Bei den anderen beiden Gruppen hingegen fiel die Wahl auf ein eingeschränktes Testat bei der Informationsreihenfolge (-+) größer aus. Während die Gruppenunterschiede zwischen SbS und EoS nicht kennzeichnend waren, wurde zwischen SbS und Review eine marginale Signifikanz festgestellt.1007 Gruppe SbS EoS Review Summe

Anzahl der Teilnehmer 44 45 451010 134

Unstimmigkeiten Informationsgewinn1008

Informationsdefizit1009

20 (45,00%) 11 (24,00%) 8 (18,00%)

17 11 6

3 0 2

39

34

5

Tab. 74: Unstimmigkeiten zwischen Teilnehmerangaben und ihren endgültigen Entscheidungen (Ashton/Kennedy 2002)1011 Bei 39 Teilnehmern (29,00%) wurden Unstimmigkeiten zwischen der abschließenden Entscheidung, den eigenen Schwellenangaben und der endgültigen Wahrscheinlichkeitsangabe festgestellt (Tabelle 74). 34 Teilnehmer (87,00%) hatten zwar ein eingeschränktes Testat ausgewählt, ihre Schwellenwerte und Wahrscheinlichkeitsangaben hätten jedoch als Ergebnis zu einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk führen müssen. Diese Teilnehmer hätten den Jahresabschlussadressaten mehr mitgeteilt als sie vorgesehen hätten (Informationsgewinn). Bei den übrigen fünf Teilnehmern (13,00%) lag ein Informationsdefizit vor, da sie einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hatten, jedoch einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk nach ihren Angaben hätten wählen müssen.

D. 3.3. Zusammenfassung und kritische Würdigung des Status Quo der empirischgestützten Ansätze für die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung Mutchler belegte erstmals im Rahmen von empirischen Studien, dass die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme von einer Vielzahl von Unternehmensfaktoren und Kennzahlen bestimmt wird. Die Teilnehmer maßen den verschiedenen Sachverhalten unterschiedliche Bedeutungen bei, um den variierenden Einfluss deutlich zu machen. Die Autorin stellte einen Zusammenhang zwischen der Anzahl der vorliegenden negativen Sachverhalte und der Art des Bestätigungsvermerks fest. Unternehmen mit einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk wiesen mehr potenziell bestandsgefährdende Unternehmensfaktoren auf als Unternehmen mit uneingeschränktem Testat. Des Weiteren wurden Kennzahlen mit dem Bilanzposten „Fremdkapital“ von den Teilnehmern überdurchschnittlich häufig als entscheidungsrelevant eingestuft. 1007 1008 1009 1010

1011

Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 228. Es wurden mehr Informationen bereitgestellt als vorgesehen. Es wurden weniger Informationen bereitgestellt als vorgesehen. Ursprünglich bestand diese Gruppe aus 46 Teilnehmern. Ein Teilnehmer machte jedoch keine Angaben über das zu erteilende Testat. Vgl. Ashton, Robert H./Kennedy, Jane (2002), S. 228.

195

Die Verbindlichkeiten eines Unternehmens spielen auch in der praktischen Tätigkeit eine sehr wichtige Rolle, um eine mögliche Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit zu prüfen. Solche Studien können als Anregungen für die praktische Tätigkeit von Wirtschaftsprüfern dienen. Aber auch auf Gesetz- und Verordnungsgeber können solche Studienergebnisse einen gewissen Einfluss haben. Im IDW PS 270 ist z.B. eine Liste verschiedener Faktoren enthalten, die auf mögliche Bestandsgefährdungen hinweisen können. Sofern Studien weitergehende Sachverhalte identifizieren oder andere Erkenntnisse für spezielle Hinweise erlangen, ist es denkbar, dass diese Ergebnisse in diesen Sachverhaltskatalog aufgenommen bzw. eingearbeitet werden. LaSalle/Anandaranjan bestätigten verschiedene Ergebnisse von Mutchler, wie die fünf wichtigsten Sachverhalte und die sechs Kennzahlen unter Vernachlässigung der Reihenfolge. Zusätzlich fanden sie heraus, dass negativ eingestufte Sachverhalte stets einflussreicher eingeschätzt worden sind als positive. Trotz einer berufsbedingten kritischen Grundhaltung sollten Prüfer in der Praxis ihr Bewusstsein für positive Unternehmenseigenschaften schärfen, da Wechselwirkungen zwischen den Faktoren zu erwarten sind. Die Autoren Ashton/Ashton fanden heraus, dass bei konsistenten Informationen keine Order Effects auftraten. Bei gemischten Hinweisen wurden Recency Effects festgestellt. Des Weiteren konnte bekräftigt werden, dass sich die Teilnehmer eher von Sachverhalten beeinflussen ließen, die ihre Fragestellung widerlegten. Hier wurde eine positiv formulierte Aufgabe beantwortet, so dass die negativen Hinweise den entscheidenden Einfluss ausmachten und die größeren Meinungsanpassungen auslösten. Die Studie von Tubbs/Messier/Knechel ähnelte der von Ashton/ Ashton, beinhaltete jedoch eine komplexere Aufgabenstellung. Die Ergebnisse unterstützten die Aussage über das Fehlen von Order Effects bei konsistenten Sachverhalten. Mit Ausnahme eines Experiments hatte der Antwortmodus keinen Einfluss auf die Urteilsbildung der Teilnehmer. Ob der ausschlaggebende Grund für diesen Sonderfall die sich unterscheidende Anzahl von zu verarbeitenden Informationen war, konnte nicht ermittelt werden. Analog zu Ashton/ Ashton bestätigte Messier die Aussage bezüglich der Recency Effects. Jedoch konnte kein erkennbarer Zusammenhang zwischen Recency Effects und dem zu erteilenden Testat festgestellt werden. Im Rahmen der Studie von Cushing/Ahlawat wird aufgezeigt, dass eine Dokumentation eigener Arbeitsergebnisse Recency Effects mindert. Bei einem Vergleich zwischen zwei Teilnehmergruppen, wovon eine ihre Entscheidung in Bezug auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme schriftlich festhielt, stellten die Autoren fest, dass die Ergebnisse der Gruppe mit Niederschrift keinen Recency Effects unterlagen. Obwohl die zeitnahe und gewissenhafte Anfertigung von Arbeitspapieren für die Gewährleistung der Nachvollziehbarkeit des Prüfungsvorgehens mit einem sehr hohen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden ist, wurde dargelegt, dass sich diese Investition auszahlt. Somit wird das Vorgehen in der Praxis ausdrücklich bestätigt. Die Unterlagen dienen Wirtschaftsprüfern als Entscheidungsgrundlage, so dass weniger Beeinflussungen befürchtet und eine geringere Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Verlustes von

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wichtigen Informationen angenommen werden muss. Fehlentscheidungen kann so entgegengewirkt werden. Ahlawat machte deutlich, dass Teamarbeit ein weiterer Weg zur Reduzierung von Recency Effects darstellt. Ein Vergleich zwischen Ergebnissen von Einzelpersonen und von Gruppen bei einem vorgegebenen SbS-Antwortmodus und der Bearbeitung von gemischten Hinweisen zeigte, dass Recency Effects nur bei Einzelpersonen auftraten. Für die Praxis hat dies entscheidende Bedeutung. In der Regel werden verschiedene Prüfungsgebiete von unterschiedlichen Prüfern bearbeitet. Jedes Teammitglied fasst für seinen Bereich die ausschlaggebenden Faktoren und Ergebnisse zusammen. Im Rahmen eines Abschlussgesprächs werden alle Zwischenergebnisse zusammengetragen und im Team diskutiert. Dieser Gedankenaustausch verhindert, dass Ungereimtheiten unentdeckt bleiben und so viele relevante Faktoren wie möglich Berücksichtigung finden. Die Bearbeitung erfolgt intensiver und genauer. Hierdurch ergänzen sich die Mitglieder unbewusst in ihren Arbeiten und stärken so ihre Prüfungsergebnisse sowie ihr Selbstbewusstsein gegenüber dem Mandanten. Der Engagement Partner fasst anschließend die verschiedenen Teilergebnisse zum endgültigen Prüfungsergebnis zusammen. Es stellt sich nun die Frage, ob eine optimale Größe des Prüfungsteams abgeleitet werden kann. Je kleiner das Prüfungsteam ist, desto weniger Informationen werden eventuell bearbeitet. Bei einem sehr großen Prüfungsteam besteht die Gefahr, dass man zu sehr in Details geht, wesentliche Gesichtspunkte aus den Augen verliert und somit zu einem Fehlurteil gelangt. Für die Klärung dieser Fragen sind weitergehende Studien erforderlich. Arnold/Collier/Leech/Sutton untersuchten die Wirkung der Prüfungserfahrung auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme. Im Rahmen ihrer Studie stellten sie fest, dass trotz einer durchschnittlichen Berufserfahrung von 12,4 Jahren die vorhergesagten Effekte erkennbar waren. Es wird deutlich, dass auch bei einer gewissen Vertrautheit mit der Aufgabenstellung, Beeinflussungen nicht ausgeschlossen werden können. Die Urteilsbildung scheint eine sehr schwierige Angelegenheit zu sein, da diese u.a. keinen genauen Regeln unterliegt. Im Rahmen einer praktischen Prüfung ist dieses Ergebnis fragwürdig. Je mehr Entscheidungen von einem Prüfer bereits getroffen wurden, desto größer müsste seine Erfahrung auf diesem Gebiet sein, die bei neuen Mandanten zur Anwendung kommen kann. Es ist hervorzuheben, dass offenbar selbst erfahrene Prüfer vor der bewussten oder unbewussten Einflussnahme durch den Mandanten im Rahmen der Informationsbereitstellung nicht gefeit sind. Als weiteres Ergebnis dieser Studie wurde erneut bestätigt, dass negative Sachverhalte größere Meinungsanpassungen verursachten als positive, so dass ersteren eine größere Bedeutung zugesprochen wird. Ashton/Kennedy verfolgten mit ihrer Studie das gleiche Ziel wie Cushing/Ahlawat, die Reduzierung von Recency Effects. Sie nahmen ein Selbstreview der Teilnehmer als Grundlage. Diese bekamen die Gelegenheit, ihre bisherigen Antworten Revue passieren zu lassen und bei Bedarf zu korrigieren, bevor sie ihre eigene endgültige Entscheidung abzugeben hatten. Die Autoren unterstellten, dass ein Selbstreview wie der EoS-Antwortmodus Recency Effects mindern. Sie behielten Recht und ihre Auswertungen zeigten es deutlicher als erwartet. Die Ergebnisse von

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Teilnehmern, die im EoS-Modus geantwortet hatten, unterlagen annahmegemäß nur geringen Einflüssen durch die Änderung der Informationsreihenfolge. Die Beeinflussungen bei den Teilnehmern mit Selbstreview fielen noch unbedeutender aus. Diese Erkenntnisse könnten wichtige Impulse für die Wirtschaftsprüfungspraxis insbesondere für Prüfungsassistenten mit sich bringen, da diese in der Regel im Rahmen der Prüfung in den Arbeitspapieren die Hinweise dokumentieren, die wiederum vom Engagement Partner als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden. Cushing/Ahlawat hatten herausgefunden, dass die Dokumentation von Gedanken im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unverzichtbar ist. Ein Reflektieren der Aufzeichnungen unterstützt die Minderung von Recency Effects. Für alle dargestellten Studien gelten nachstehende Kritikpunkte. Auf Grund der geringen Grundgesamtheiten können selten uneingeschränkte Verallgemeinerungen vorgenommen werden. Sofern Studienergebnisse sich untereinander ähneln oder bestätigt worden sind, sind lediglich gewisse Vermutungen ableitbar, auch wenn das Untersuchungsdesign und die Anzahl der Teilnehmer sehr unterschiedlich waren. Des Weiteren ist eine Darstellung von realen Prüfungssituationen im Rahmen von Interviews oder Fragebögen kaum möglich. Zwar sind Differenzen in der Komplexität bei den Aufgabenerstellungen erkennbar, doch ist das nicht ausreichend, um eine wirklichkeitsnahe Praxis abzubilden. Bei der Bearbeitung von quantitativen und qualitativen Unternehmensfaktoren sind in Abhängigkeit des Antwortmodus Wechselwirkungen untereinander nicht immer greifbar, so dass ein weiterer Forschungsbedarf für dieses Themengebiet besteht. Die Vollständigkeit der berücksichtigten Faktoren kann in keinem Fall gewährleistet sein, da jedes Unternehmen seine Eigenarten hat, so dass nicht sämtliche Sachverhalte auf jedes Untersuchungsobjekt zutreffen. Trotz allem kann ein Übertrag von Studienergebnissen auf die praktische Tätigkeit unter Vorbehalt erfolgen. Sofern den Beteiligten die herausgearbeiteten Schwierigkeiten bewusst sind, können Hilfestellungen und Anregungen daraus gewonnen werden, die den beruflichen Alltag erleichtern und planbarer machen. Die individuelle Prüfungstätigkeit kann bestärkt werden, wenn ein Wirtschaftsprüfer sich mit den gewonnenen Studienergebnissen identifizieren kann bzw. sich seine Tätigkeit darin widerspiegelt. Die Untersuchungen können das Bewusstsein des Prüfers für mögliche Beeinflussungen schärfen und die kritische Grundhaltung gegenüber der Prüfung und insbesondere der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme fördern. Die ausgewählten Sachverhalte und Kennzahlen der Studien liefern Anhaltspunkte, bei deren Vorliegen der Prüfer besondere Vorsicht walten lassen sollte. Die Studien haben Möglichkeiten aufgezeigt, sich vor den Beeinflussungen zu schützen oder diese zu minimieren. Die Unabhängigkeit des Prüfers gegenüber dem Mandanten in Bezug auf die Informationsbereitstellung wird gestärkt. Studien über die Wichtigkeit verschiedener Unternehmensfaktoren und Kennzahlen können auch zu Manipulationen durch die zu prüfenden Unternehmen führen, die sich an solchen Sachverhaltsaufstellungen orientieren und negativen Entwicklungen mit allen Mitteln entgegenwirken. Diese Gefahr muss sich ein Prüfer stets vor Augen halten.

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D. 4. Aufbau und Durchführung der empirischen Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken in der Jahresabschlussprüfung D. 4.1. Untersuchungsziele der empirischen Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken Für die Ausarbeitung der empirischen Untersuchung wurden folgende Ziele festgelegt. Als erstes soll bestimmt werden, welche Arten von Faktoren eine Urteilsbildung über die Going Concern Annahme beeinflussen. Es ist festzustellen, ob nur quantitative Sachverhalte berücksichtigt bzw. zu welchen Teilen qualitative Hinweise oder sonstige Faktoren eingebunden werden. Im nächsten Schritt sollen die Faktoren selbst untersucht werden. Es sollen die Kennzahlen ermittelt werden, die von vielen Prüfern in der Praxis im Rahmen der Entscheidung herangezogen und für wichtig erachtet werden. Des Weiteren ist zu analysieren, ob die gewonnenen Informationen auch für qualitative Sachverhalte oder sonstige Hinweise gelten. Es soll untersucht werden, ob Informationen herausgearbeitet werden können, die trotz ihres Vorliegens keinen Einfluss auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme haben. Anschließend soll der Effekt der unterschiedlichen Reihenfolge der Informationspräsentation auf die Going Concern Annahme analysiert werden. Sofern eine Beeinflussung vorliegt, ist ihre Ursache dafür zu klären. Als letztes Ziel dieser Arbeit ist das Gewinnen von Erkenntnissen über die theoretische Eignung und die praktische Anwendung von mathematisch-statistischen Verfahren zu nennen. Es soll hinterfragt werden, ob es bestimmte Methoden gibt, die unabhängig von der Branche oder anderen Faktoren in der Theorie als geeignet angesehen werden, ein Hilfsmittel im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme zu sein. Es soll festgestellt werden, ob von der theoretischen Eignung auf die Praxis geschlossen werden kann. Grundsätzlich ist zudem die Frage zu klären, ob methodengestützte Ansätze überhaupt bei Jahresabschlussprüfungen eingesetzt werden oder sich der Prüfer auf seine Intuition verlässt. Im deutschsprachigen Raum wurden diese Fragestellungen noch nicht untersucht. Es ist zu klären, ob Parallelen zu internationalen Studien erkennbar sind.

D. 4.2. Das Analyseinstrument „Fragebogen“ D. 4.2.1.

Überlegungen zur Auswahl des Analyseinstruments „Fragebogen“

Neben dem Fragebogen standen weitere Instrumente, wie persönliche Befragungen oder Telefoninterviews, zur Auswahl. Die nachstehenden Ausführungen geben einen kurzen Überblick über deren Vor- und Nachteile. Persönliche Interviews und Telefonbefragungen haben den Vorzug, dass die Antworten sofort vorliegen und Verständnisprobleme in der Regel nicht entstehen können. Diese Instrumente weisen jedoch viele Nachteile auf. Es können wegen des hohen Zeitaufwandes hinsichtlich Reisezeit und Befragung nur wenige Teilnehmer ausgewählt werden. In den meisten Fällen sind Terminabsprachen erforderlich, die weitere Verzögerungen entstehen lassen können. Die Anonymität beruht lediglich auf dem Vertrauen der Teilnehmer

199

gegenüber dem Interviewer. Bei persönlichen Gesprächen besteht zusätzlich die Gefahr, dass sich die Befragten bei bestimmten Fragestellungen unter Druck gesetzt fühlen. Bevor sie die Beantwortung einer Frage verweigern, tendieren sie eher zu einer Falschaussage oder zu einer vom Interviewer erwarteten Antwort. Dies könnte zu Ergebnisverzerrungen führen. Eine Befragung über das Internet wäre ebenfalls denkbar. Um jedoch einen Zugriff von externen Nutzern zu verhindern, hätten Zugangsberechtigungen erteilt werden müssen, die die Anonymität der Teilnehmer eventuell hätten in Frage stellen können. Sofern die Teilnehmer den Fragebogen nicht postwendend bearbeitet hätten bzw. kein sofortiger Internetzugang zur Verfügung gestanden hätte, müssten sie ihre Zugangscodes stets bei sich haben. Des Weiteren wären für die Zeit der Bearbeitung Internetgebühren angefallen. Diese Überlegungen ließen die Wahl auf das Analyseinstrument „Fragebogen“ fallen. Mit einem angemessenen Aufwand hinsichtlich Arbeit, Zeit und Kosten kann eine große Anzahl von Personen angeschrieben werden. Die Anonymität der Teilnehmer ist gewährleistet. Die Gefahr von Missverständnissen wurde durch einen Vortest mit drei Personen sowie einer jederzeitigen Verfügbarkeit der Autorin per Telefon und per Email minimiert. Dieses Angebot wurde von mehreren Teilnehmern wahrgenommen. Nachteilig ist, dass ein Erinnerungsschreiben an sämtliche Personen gerichtet werden muss, da die eingegangenen Fragebögen nicht zugeordnet werden können. Des Weiteren kann nicht nachgehalten werden, ob der Fragebogen auch von dem angeschriebenen Teilnehmer selbst beantwortet worden ist. Mutwillige Falschaussagen oder nicht ernst gemeinte Antworten können ebenso wenig erkannt werden.1012 Trotz allem ist der Fragebogen ein geeignetes Analyseinstrument und wurde daher als solches eingesetzt. Die Entwicklung und der Aufbau der im Rahmen dieser Studie versandten Fragebögen werden im folgenden Abschnitt erläutert.

D. 4.2.2.

Entwicklung und Aufbau des Fragebogens

Die Auswertung der vorliegenden empirischen Untersuchung basiert auf Fragebögen, die aus drei Teilen bestehen. Der erste Abschnitt (Fragen 1-10) beinhaltet Fragen zu demografischen Daten der Teilnehmer. Neben der Berufsqualifikation werden u.a. der Arbeitgeber, die Berufserfahrung, das Geschlecht sowie die Anzahl der durch die Teilnehmer erteilten Testate erfragt. Anhand ausgewählter Angaben soll untersucht werden, ob die gewonnenen Ergebnisse auf die Grundgesamtheit des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer übertragen werden können. Mögliche Besonderheiten bei Auswertungsergebnissen lassen sich eventuell auf bestimmte Eigenschaften oder Personengruppen zurückführen. Der zweite Teil (Fragen 11-22) analysiert mit Hilfe der Fragen 11 bis 14 die Zusammensetzung des Urteils über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken. Es soll hinterfragt werden, welchen Anteil die quantitativen und qualitativen Unternehmensfak-

1012

Während der Eingabe der Fragebogendaten in das statistische Auswertungsprogramm wurden keine Hinweise auf vorsätzliche Manipulationen festgestellt.

200

toren in der Theorie und in der Praxis haben. Ferner soll festgestellt werden, ob und wenn ja welche sonstigen Faktoren berücksichtigt werden. Methodengestützte Ansätze verarbeiten zum größten Teil nur quantitative Sachverhalte. Ein entscheidender Kritikpunkt ist daher die Nichtbeachtung bzw. geringe Berücksichtigung von qualitativen Unternehmensfaktoren.1013 Um Verwechslungen der beiden Faktorenarten zu verhindern, wurde jeweils ein Beispiel zur Verdeutlichung angeführt. Bei den sonstigen Faktoren erfolgte keine Erläuterung, da in den Fragen 12 und 14 die Teilnehmer um eine kurze Definition derselben gebeten wurden. So sollten Beeinflussungen ausgeschlossen werden. Die Reihenfolge der Nennung der Informationsarten quantitativ, qualitativ und sonstige ist durch den weiteren Aufbau des Fragebogens im dritten Abschnitt begründet. Die folgenden Fragen beschäftigen sich mit dem Thema Kennzahlen, die den quantitativen Unternehmensfaktoren zugerechnet werden. Anschließend werden verschiedene qualitative Sachverhalte untersucht. Für die Ermittlung der 15 verwendeten Kennzahlen in Frage 15 wurden über 100 Studien aus dem angelsächsischen Sprachraum durchgearbeitet, die die Trennung von Going Concern- und Non-Going Concern Unternehmen mit Hilfe von einzelnen Kennzahlen oder methodengestützten Ansätzen zum Thema hatten. Die Kennzahlen basieren somit auf US-GAAP bzw. UKGAAP Rechnungslegung.1014 Der Erläuterungsteil dieser Aufgabe enthielt die Informationen über die Herkunft der Kennzahlen, so dass kein expliziter Hinweis über die eventuell nur bedingte Anwendbarkeit auf handelsrechtliche Jahresabschlüsse notwendig war. Die Kennzahlen wurden anhand des Kriteriums „Häufigkeit der Nennung“ ausgewählt.1015 Dies war den Teilnehmern nicht bekannt, um Beeinflussungen zu vermeiden. Bewusst wurde nicht das Merkmal „Relevanz“ herangezogen, die Bedeutung der Kennzahlen sollte den Teilnehmern nicht vorgegeben werden. Im Bereich der Kennzahlenbildung gibt es eine kaum überschaubare Anzahl an Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen Bilanz- sowie Gewinn- und Verlustrechnungs-Posten, deren Aussagekraft nicht immer direkt erkennbar ist. Die Teilnehmer sollten eigenständig über den Nutzen der einzelnen Kennzahlen, d.h. deren Wichtigkeit im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme und deren Eigenschaft als Warnhinweis für eine Insolvenz, bestimmen. Die Bewertungsskala für die Frage nach der Wichtigkeit nimmt Werte zwischen

1013

1014 1015

Siehe hierzu die kritische Würdigung der mathematisch-statistischen Verfahren im Kapitel C. 2.1.3.17. Die Kennzahlendefinitionen wurden ins Deutsche übersetzt. Die Auswahl berücksichtigt die Relevanz der Kennzahlen. Jeder Autor wählt die in seiner Studie vorkommenden Kennzahlen nach intensiver Überlegung aus, d.h. nur für ihn wichtige finden Anwendung. Ein weiterer Nachweis für ihre Bedeutung ist, dass sie in mehreren Untersuchungen herangezogen werden. Die Kennzahl ist um so wichtiger, je öfter sie Berücksichtigung findet. Die Kennzahlen sollten auf Basis der englischsprachigen Literaturmeinung selektiert werden, die dann durch die hiesigen Teilnehmer bestätigt oder abgelehnt wird. Zusätzlich wurde die Möglichkeit eingeräumt, weitere Kennzahlen anzugeben.

201

eins und fünf an und orientiert sich an Schulnoten.1016 Je geringer der angegebene Wert, desto wichtiger ist die Kennzahl für die Teilnehmer. Die Berücksichtigung der Insolvenzgründe resultiert aus der Tatsache, dass ein Prüfer im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme gleichzeitig auf Insolvenzindizien achten muss, da bei Nicht-Annahme des Going Concern Prinzips eine mögliche Folge die Einleitung eines Insolvenzverfahrens sein kann. Es sollte untersucht werden, mit welchen Kennzahlen die verschiedenen Insolvenzeröffnungsgründe tendenziell bestimmt werden bzw. welche Kennzahlen ein Indiz für einen Insolvenzgrund sein können.1017 Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Kennzahl Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital Jahresüberschuss / Bilanzsumme (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Bilanzsumme Kasse / Bilanzsumme Einbehaltener Gewinn / Bilanzsumme Liquide Mittel / Kurzfristiges Fremdkapital Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) / Bilanzsumme Fremdkapital / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Umsatzerlöse Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme Reinvermögen / Fremdkapital Cash Flow / Bilanzsumme Kurzfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme Liquide Mittel / Bilanzsumme

Tab. 75: Kennzahlenkatalog des Fragebogens1018 Da die Kennzahlen aus dem angelsächsischen Raum stammen, wurde den Teilnehmern in der Frage 16 die Möglichkeit zur Angabe weiterer Kennzahlen gegeben, um eine vollständige Auflistung der in Deutschland relevanten Kennzahlen anzustreben.

1016

1017

1018

Folgende Bewertungsskala wurde zu Grunde gelegt: 1 = „Ausschlaggebend“, 2 = „Sehr wichtig“, 3 = „Wichtig“, 4 = „Weniger wichtig“, 5 = „Ohne Bedeutung“. Sämtliche im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Bewertungsskalen waren höchstens fünfstufig, deren Staffelungen stets bezeichnet waren. Untersuchungen haben ergeben, dass eine übersichtliche Skala, deren Abstufungen definiert sind, die Genauigkeit der Ergebnisse verbessert. Vgl. Krosnick, Jon A./Berent, Matthew K. (1993): Comparisons of party identification and policy preferences: the impact of survey question format. In: American Journal of Political Science, Vol. 37, Iss. 3, August 1993, S. 941-964, hier S. 961. Dem Insolvenzgrund „Wirtschaftliche Überschuldung“ wurde der Buchstabe A, „Drohende Zahlungsunfähigkeit“ der Buchstabe B und „Zahlungsunfähigkeit“ der Buchstabe C zugeordnet. Eine Durchsicht der deutschsprachigen Literatur hat gezeigt, dass alle Kennzahlen mit Ausnahme von „Jahresüberschuss / Bilanzsumme“ (Nr. 2), „Kasse / Bilanzsumme“ (Nr. 5) und „Einbehaltener Gewinn / Bilanzsumme“ (Nr. 6) mit ähnlichen Definitionen vorzufinden sind. Vgl. hierzu Wöhe, Günter (1997): Bilanzierung und Bilanzpolitik: betriebswirtschaftlich, handelsrechtlich, steuerrechtlich; mit einer Einführung in die verrechnungstechnischen Grundlagen, 9. Aufl., München 1997, S. 31, 815818; Schierenbeck, Henner (1999): Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 14. Aufl., München 1999, S. 619; Zdrowomyslaw, Norbert (2001), S. 718, 723, 728, 776; Coenenberg, Adolf G. (2003), S. 948, 950, 955, 967, 969.

202

In der Frage 17 wird der Einfluss verschiedener Sachverhalte auf die Art des zu erteilenden Bestätigungsvermerks untersucht. Die Antwortmöglichkeiten stellen Neigungen dar, die durch das Wort „grundsätzlich“ ausgedrückt werden, da bei einigen Hinweisen ohne zusätzliche Informationen keine eindeutige Zuordnung möglich ist; z.B. kann der Unternehmensfaktor „Verlust eines Hauptkunden“ bei weiteren verfügbaren Hinweisen unterschiedlich interpretiert werden. Ist bekannt, dass das zu prüfende Unternehmen nur zwei Hauptkunden hat, ist eine sehr negative Richtung gegeben. Diese wird durch das Wissen über eine steigende Anzahl von Hauptkunden relativiert. Dennoch ist die Tatsache „Verlust eines Hauptkunden“ stets mit negativen Entwicklungen unterschiedlicher Tragweite behaftet.1019 Insgesamt wurden 30 Sachverhalte aus englischsprachigen Studien ermittelt. Die jeweiligen Autoren stuften 15 „negativ“, elf „positiv“ und vier „neutral“ ein. Negativ bedeutet, dass der Hinweis grundsätzlich eine Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks bzw. eines Versagungsvermerks unterstützt. Positive Informationen begründen im Allgemeinen die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks. Als neutral eingestufte Sachverhalte haben keinen Einfluss auf das Testat. Die ausgewählten Sachverhalte waren die von den Autoren am häufigsten genannten bzw. als sehr bedeutend eingestuften.1020 Diese Information wurde nicht an die Teilnehmer weitergegeben, um eine Beeinflussung auszuschließen. Die Teilnehmer sollten auch hier eigenständig die Bedeutung der einzelnen Sachverhalte bestimmen. Für die Auswertung gilt, je niedriger der Wert desto höher ist die Wichtigkeit des Hinweises.1021 Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

1019

1020 1021

Sachverhalt Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren Sanierung des zu prüfenden Unternehmens (Reorganisation) Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Erfolgreich abgeschlossene Produkteinführung Liquidation des Unternehmens hat begonnen Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr bei zwei Wettbewerbern Negativer Cash Flow aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit Unternehmensrechtsform ist die Aktiengesellschaft Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen drei Jahren Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter (Sanierer) Ausgabe neuer Anleihen Zukünftige Gehaltsentwicklung des Managements festgelegt Unternehmen erhält Besserungsvereinbarung Jahresfehlbetrag im Vorjahr Verlust eines Hauptkunden Zunahme der Forschungs- und Entwicklungskosten Eingeschränktes Vorjahrestestat

Tendenz Negativ Positiv Negativ Positiv Negativ Negativ Negativ Neutral Negativ Negativ Positiv Positiv Positiv Negativ Negativ Positiv Negativ

Ein Teilnehmer merkte bei diesem Sachverhalt an, dass auch eine Einordnung in die Kategorie „positiv“ zu vertreten wäre, wenn in der Kundenbeziehung seit längerem durch den Kunden verursachte Spannungen vorlägen. Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich dann nicht um einen „Verlust“ aus der Sicht des zu prüfenden Unternehmens handelt, sondern um eine Kündigung oder eine Beendigung der Beziehung. „Verlust“ besagt, dass die Gegenseite, hier das zu prüfende Unternehmen, das Verhältnis nicht beenden wollte. Die Sachverhalte wurden ins Deutsche übersetzt. Die vierstufige Bewertungsskala lautet: 1 = „Entscheidende Bedeutung“, 2 = „Erhebliche Bedeutung“, 3 = „Mittlere Bedeutung“, 4 = „Geringe Bedeutung“.

203

18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

350 Unternehmensmitarbeiter Negatives Eigenkapital Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung Unternehmensgründung in 1958 Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr Teilweiser Erlass der Schulden Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren Nicht voll ausgeschöpfte Kreditlinie Hauptsitz in Koblenz, Niederlassung in Düsseldorf Negatives Working Capital Erfolgreiche Umschuldung der Darlehen Ausgabe von Stammaktien Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen zwei Jahren

Neutral Negativ Positiv Neutral Negativ Positiv Negativ Positiv Neutral Negativ Positiv Positiv Negativ

Tab. 76: Sachverhaltskatalog des Fragebogens einschließlich Klassifizierung In Frage 18 wurde den Teilnehmern die Gelegenheit eingeräumt, weitere noch nicht aufgeführte Faktoren anzugeben, um eine Berücksichtigung aller relevanten Hinweise im Rahmen der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme in Deutschland zu erhalten. Mit Hilfe der Fragen 19 bis 22 wurde die Einflussnahme auf die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme der Teilnehmer durch eine geänderte Reihenfolge von Informationen und durch unterschiedliche Informationsarten untersucht. Aus diesem Grund wurden Fragebögen versandt,1022 die sich in den Fragen 19 und 20 unterschieden. In diesen beiden Fragen variierte die Reihenfolge der angeführten Sachverhalte. Fragebogen A Sachverhalte Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren Eingeschränktes Vorjahrestestat

Fragebogen B Kategorie Sachverhalte Negativ Nicht voll ausgeschöpfte Kreditlinie Negativ

Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Verlust eines Hauptkunden

Negativ

Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter (Sanierer) Unternehmensgründung in 1958 Hauptsitz in Koblenz, Niederlassung in Düsseldorf

Negativ

Negativ

Neutral Neutral

Erfolgreich abgeschlossene Produkteinführung Ausgabe neuer Anleihen

Positiv

Unternehmen erhält Besserungsvereinbarung Zunahme der Forschungs- und Entwicklungskosten 350 Unternehmensmitarbeiter Unternehmensrechtsform ist die Aktiengesellschaft

Positiv

Tab. 77: Sachverhaltssets zur Überprüfung von Reihenfolgeeffekten

1022

Kategorie Positiv

Die Fragebögen A und B sind den Anhängen 6 und 7 zu entnehmen.

204

Positiv

Positiv Neutral Neutral

Beim Fragebogen A wurden in Frage 19 fünf negative und zwei neutrale Sachverhalte angeführt, in Frage 20 fünf positive und zwei neutrale (Tabelle 77).1023 Beim Fragebogen B erfolgte die Auflistung in umgekehrter Reihenfolge. In Frage 19 wurden zunächst die positiven und neutralen Informationen angegeben, in Frage 20 die negativen und neutralen. Innerhalb der Fragen blieb die Reihenfolge der Hinweise unverändert. Die hier verwendeten Sachverhalte sind der Frage 17 entnommen. Die beiden Informationssets waren als Ganzes und im Einzelnen unabhängig voneinander zu beurteilen. Abschließend waren die beiden Teilergebnisse zu einem Gesamtergebnis zusammenzufassen. Wegen des bereits großen Fragebogenumfangs konnte keine zeitintensive Fallstudie, wie sie in verschiedenen englischsprachigen Studien zur Anwendung gekommen war, durchgeführt werden. Es wurde eine eigenständige Fragestellung erarbeitet. Eine direkte Vergleichsmöglichkeit zwischen der eigenständig erarbeiteten Fragestellung und anderen Studien ist somit nicht gegeben, jedoch ist eine Gegenüberstellung von Tendenzen angestrebt. Der dritte und letzte Fragebogenabschnitt umfasst die Fragen 23 bis 29. Die ersten vier Fragen beschäftigen sich mit der theoretischen Eignung und der praktischen Anwendung von methodengestützten Ansätzen als Hilfestellung im Rahmen einer Urteilsbildung. Zu den Antwortmöglichkeiten zählen „Einzelne Kennzahlen“, „Kennzahlensystem“, „Diskriminanzanalyse“, „Regressionsanalyse“, „Künstliches neuronales Netz“, „Sonstige“ und „Kein Ansatz ist theoretisch geeignet.“. Diese Verfahren werden in einfache, „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“, sowie komplexe, „Diskriminanzanalyse“, „Regressionsanalyse“ und „Künstliches neuronales Netz“, unterteilt. Die Antwort „Sonstige“ ist für Teilnehmer vorgesehen, die eigene oder weitere nicht angeführte Ansätze für geeignet halten. Diese zusätzlichen Ansätze konnten in der darauf folgenden Frage benannt und erläutert werden. Es wurden stets die Oberbegriffe der Ansätze verwendet. Unter „Einzelne Kennzahlen“ können eine Vielzahl von verschiedenen Kennzahlen subsumiert werden. Auch beim Begriff „Diskriminanzanalyse“ kann mindestens zwischen der univariaten und der multivariaten Diskriminanzanalyse differenziert werden. Weitergehende Analysen hinsichtlich der Unterscheidung übersteigen den Umfang dieser Arbeit. In diesem Fragebogenabschnitt waren teilweise Mehrfachantworten möglich. In den Fragen 27 und 28 werden nach der durchschnittlichen Zuverlässigkeit und der Anwendungshäufigkeit bei Jahresabschlussprüfungen der vorher bestimmten Ansätze gefragt. Die abschließende Frage des Fragebogens behandelt die möglichen Gründe der Nichtanwendung von methodengestützten Ansätzen im Rahmen von Jahresabschlussprüfungen. Folgende Antwortmöglichkeiten stehen zur Verfügung: „Nicht ausreichend bekannt“, „Fehlende Daten“, „Schlechte Erfahrungen“, „Zu zeitaufwendig“, „Zu teuer“, „Nicht erforderlich“ sowie „Sonstige“. Es waren Mehrfachantworten erwünscht.

1023

Diese Sachverhaltsgruppen enthielten jeweils zwei neutrale Hinweise, um die Aufmerksamkeit und die Konzentration der Teilnehmer zu fördern. Die Testpersonen gaben an, dass sie durch diese Faktoren die Aufgabenstellung intensiver gelesen und bereits gegebene Antworten reflektiert hätten.

205

D. 4.3. Durchführung der empirischen Studie zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken D. 4.3.1.

Grundgesamtheit und Auswahl der Stichprobe

Die Grundgesamtheit für die Teilnehmer dieser Untersuchung bildete das WirtschaftsprüferVerzeichnis online.1024 Das Mitgliederverzeichnis der WPK enthielt am Anfang des Jahres 2004 11.349 eingetragene Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer.1025 Aus dem Wirtschaftsprüfer-Verzeichnis online wurden 1.177 Personen per reiner Zufallsauswahl ausgewählt. Dies entspricht 10,00% des Verzeichnisses und 10,37% des gesamten Berufsstandes.1026 Die Stichprobe setzte sich aus 1.015 Männern (86,24%) und 162 Frauen (13,76%) zusammen, die zufällig nach den Kriterien „Geschlecht“ und „Tätigkeitsart“ auf die beiden Fragebögen A und B verteilt worden sind (Tabelle 78).

Männer Frauen Summe A

Selbstständige Wirtschaftsprüfer1027

Summe

341 43

508 81 589

Unselbstständige Wirtschaftsprüfer Fragebogen A 167 38

384

205 Fragebogen B

Männer Frauen Summe B

340 43

167 38

383

205

507 81 588

Insgesamt Männer Frauen Summe A und B

681 86

334 76

767

410

1.015 162 1.177

Tab. 78: Aufteilung der Teilnehmer nach Geschlecht und Tätigkeitsart WPGs sowie einzelne Niederlassungen von WPGs wurden aus verschiedenen Gründen, die im Folgenden erläutert werden, nicht zusätzlich in die Grundgesamtheit mit einbezogen. Eine WPG wird u.a. nur dann als solche anerkannt, wenn Wirtschaftsprüfer die geschäftsführende Tätigkeit innehaben (§ 28 Abs. 1 Satz 1 WPO). Da das Mitgliederverzeichnis als einziges Aufnahme1024

1025

1026

1027

Dieses Verzeichnis ist über die Homepage der WPK abrufbar: www.wpk.de. Eine geeignetere Ausgangsbasis wäre das Berufsregister (§ 37 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 WPO), das sämtliche Berufsangehörige erfasst. Dies wird jedoch nur in Berlin geführt. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 WPO ist die WPK zur Veröffentlichung eines Mitgliederverzeichnisses berechtigt. Zum 01. Januar 2004 hatte das Berufsregister 11.767 Einträge. Berufsangehörige sind nicht zur Registrierung im Wirtschaftsprüfer-Verzeichnis online verpflichtet (§ 37 Abs. 3 WPO), so dass die Anzahl der Einträge im Berufsregister nicht mit dem Wirtschaftsprüfer-Verzeichnis online übereinstimmt. Die im Internet verfügbare Liste enthielt zum Jahresbeginn 2004 mit 11.349 Einträgen 96,45% der Berufsangehörigen. 418 Berufsangehörige konnten somit nicht in die Stichprobe gelangen. Ein negativer Einfluss auf die Rücklaufquote oder auf die möglichen Antworten ist dadurch nicht zu erwarten. In den beiden Verzeichniskategorien „Wirtschaftsprüfer, selbstständig tätig“ und „Wirtschaftsprüfer, unselbstständig tätig“ wurde bei einer zufällig bestimmten Zahl begonnen und in gleichmäßigen Abständen fortgeschrieben. Sofern keine weiteren Angaben gemacht werden, umfasst der Begriff „Wirtschaftprüfer“ Männer und Frauen.

206

kriterium die erfolgreiche Ablegung des Wirtschaftsprüferexamens verlangt und nicht eine bestimmte Position im Unternehmen, z.B. Niederlassungsleiter, anzeigt, hätte die Gefahr einer doppelten Erfassung vieler ihr angehörenden Wirtschaftsprüfer bestanden. Eine Überlegung war, das Anschreiben an die Geschäftsführung der WPG bzw. der Niederlassung zu richten, und diese um Weitergabe der mitgeschickten Fragebögen an ihre Mitarbeiter und Kollegen zu bitten. Bei dieser Vorgehensweise wären mehrere Probleme aufgetreten. Zum einen hätte nicht gewährleistet werden können, dass die Geschäftsführer bzw. Niederlassungsleiter trotz einer Information im Anschreiben die Fragebögen ausschließlich an Wirtschaftsprüfer weitergeleitet hätten, so dass auch Mitarbeiter die Unterlagen hätten bearbeiten können, die nicht der Zielgruppe dieser Untersuchung angehörten. Des Weiteren wäre die Rücklaufquote nicht eindeutig bestimmbar gewesen, weil bei vielen WPGs und Niederlassungen die derzeit beschäftigte Anzahl von Wirtschaftsprüfern unbekannt war. Selbst wenn diese Information vorgelegen hätte, wäre eine Sicherstellung der Weitergabe an sämtliche potenziellen Teilnehmer nicht möglich gewesen. Die Grundgesamtheit dieser Untersuchung hätte auf Grund dieser beiden angeführten Gründe nicht hinreichend sicher definiert werden können. Zusätzlich sprach ein wirtschaftlicher Aspekt gegen dieses Vorgehen. Um die Kosten der Vervielfältigung und Versendung der Fragebögen nicht zu groß werden zu lassen, hätten maximal drei Fragebögen je Anschreiben beigelegt werden können. Wären mehr Wirtschaftsprüfer in der WPG bzw. Niederlassung zur Teilnahme bereit gewesen, hätten entweder die Fragebögen vor Ort vervielfältigt werden oder es hätte eine Anfrage für die Zusendung weiterer Fragebögen erfolgen müssen. Die daraus resultierende Zeitverzögerung hätte einen negativen Einfluss auf die Antwortbereitschaft haben können. Als letztes Argument gegen die Berücksichtigung von WPGs und Niederlassungen ist die fehlende Möglichkeit des persönlichen Anschreibens zu nennen. Aus den dargelegten Gründen wurden die Wirtschaftsprüfer unabhängig von ihrer Position ausgewählt. Vereidigte Buchprüfer dürfen handelsrechtliche Prüfungen nach § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB nur bei mittelgroßen Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Personengesellschaften i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB durchführen (§ 319 Abs. 1 Satz 2 HGB). Da der größte Teil der handelsrechtlichen Prüfungen somit Wirtschaftsprüfern vorbehalten ist, wurden vereidigte Buchprüfer nicht zur Zielgruppe gezählt. Auf Buchprüfungsgesellschaften finden die Argumente der WPG analoge Anwendung (§§ 128 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz, 134 Abs. 2 WPO).

D. 4.3.2.

Versendung und Rücklauf der Fragebögen

Die Anschreiben waren an die berufliche Anschrift der Teilnehmer1028 adressiert.1029 Das persönliche Anschreiben enthielt eine kurze Darstellung der Ziele der Studie und die Bitte um Mitarbeit.1030 Den Teilnehmern wurde ein anonymer und vertraulicher Umgang mit ihren Daten 1028

1029

1030

Unter dem Begriff „Teilnehmer“ werden Männer und Frauen zusammengefasst, sofern nichts anderes angegeben ist. Es konnte so ein einheitliches Vorgehen gewährleistet werden, da bei den unselbstständig tätigen Wirtschaftsprüfern im Wirtschaftsprüfer-Verzeichnis online nur in Einzelfällen Privatanschriften verfügbar waren. Ein Versand per Email wurde wegen der unvollständigen Angaben abgelehnt. Das Anschreiben zu den versandten Fragebögen ist im Anhang 5 enthalten.

207

zugesichert. Beigefügt waren ein Fragebogen, ein Coupon für die Anforderung von Auswertungsergebnissen der Studie1031 sowie ein adressierter unfrankierter Umschlag für die Rückantwort. Rückfragen waren jederzeit per Telefon oder Email möglich. Sämtliche Unterlagen wurden am 02. April 2004 (15. Kalenderwoche) versandt. Die Rücksendung der ausgefüllten Fragebögen sollte bis zum 05. Mai 2004 (Datum des Poststempels, 19. Kalenderwoche) erfolgen. Die Wahl dieses Zeitraumes beruht auf der Tatsache, dass sich Anfang April die Busy-Season der Wirtschaftsprüfer in der Regel dem Ende zuneigt. In dieser Zeitspanne hatten alle Bundesländer Osterferien.1032 Unter der Annahme, dass ein Teilnehmer während der gesamten Ferien Urlaub gemacht hätte, wären im ungünstigsten Fall noch immer 14 Tage Zeit zur Beantwortung des Fragebogens gewesen. Diese Frist ist für die Bearbeitung des Fragebogens ausreichend, so dass ein negativer Einfluss auf die Rücklaufquote auf Grund des gewählten Versendungszeitraumes nicht zu erwarten war. Tabelle 78 ist zu entnehmen, dass insgesamt 589 Fragebögen A und 588 Fragebögen B verschickt wurden. Innerhalb der vorgegebenen Bearbeitungsfrist wurden 233 Rückantworten verzeichnet.1033 Dies entspricht einer Rücklaufquote von 19,80%. Bei der Auswertung konnten 88 Fragebögen nicht berücksichtigt werden. 42 Fragebögen waren unvollständig beantwortet,1034 ein Fragebogen war von einem Prüfungsassistenten bearbeitet worden. Außerdem enthielten die Rückantworten 45 Absagen, deren Gründe in der nachstehenden Tabelle 79 zusammengefasst sind. Gründe der Absagen Der Teilnehmer war aus Altersgründen nicht mehr als Prüfer tätig. Der Teilnehmer machte keine weiteren Angaben. Der Teilnehmer war schwerpunktmäßig in einem anderen Aufgabengebiet tätig (hier Steuerberatung). Der Teilnehmer hatte nach eigenen Angaben zu wenig Erfahrung in diesem Aufgabengebiet. Der Teilnehmer hielt den Fragebogen für praxisfremd. Der Teilnehmer war krank. Summe

Anzahl der Nennungen 28 6 5

Anteil (in %) 62,23 13,33 11,11

4

8,89

1 1

2,22 2,22

45

100,00

Tab. 79: Gründe der Absagen Über 60,00% der Teilnehmer gaben für die Nichtbearbeitung altersbedingte Gründe an. Weitere Hauptgründe waren andere Tätigkeitsschwerpunkte sowie fehlende Erfahrung im Bereich der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme.

1031 1032 1033

1034

Mit Hilfe des Coupons konnte die Anonymität zusätzlich gewährleistet werden. Die Osterferien dauerten maximal 14 Tage. Für eine Übersicht der Ferientage siehe Anhang 8. Unbeantwortet blieben 944 Fragebögen. Kein Fragebogen kam mit dem Vermerk „Unzustellbar“ zurück. Der Fragebogen unterteilt sich in einen allgemeinen (Angaben zur Person) und einen fachlichen Abschnitt. Sofern der fachliche Abschnitt (ab Frage 11) nicht vollständig ausgefüllt worden war, wurde der Fragebogen von der weiteren Bearbeitung ausgeschlossen.

208

Der Rücklauf pro Woche der vollständig ausgefüllten und fristgerecht zurückgesandten Fragebögen wird in Tabelle 80 dargestellt. 02. - 08. April 2004 09. - 15. April 2004 16. - 22. April 2004 23. - 29. April 2004 30. April - 06. Mai 2004 Summe

Anzahl der Fragebögen 24 35 33 23 30 145

Anteil (in %) 16,55 24,14 22,76 15,86 20,69

Kumulierte Angabe (in %) 16,55 40,69 63,45 79,31 100,00

100,00

Tab. 80: Rücklauf der vollständig ausgefüllten und fristgerecht zurückgesandten Fragebögen Bis zum 15. Mai 2004 kamen weitere 25 Fragebögen zurück. Von diesen Nachzüglern waren fünf Fragebögen nur teilweise bearbeitet, so dass sie in der Auswertung keine Berücksichtigung fanden. Auf ein Erinnerungsschreiben wurde aus mehreren Gründen verzichtet. Zum einen war die Rücklaufquote zufriedenstellend.1035 Zum anderen hätte das Problem der Doppelerfassung bestanden. Da den Teilnehmern absolute Anonymität zugesichert worden war, konnte nicht festgestellt werden, wer bereits geantwortet hatte.1036 Es hätten sämtliche 1.177 Teilnehmer erneut angeschrieben werden müssen. Einerseits hätte dies einen erhöhten Kosten- sowie Zeitaufwand bedeutet. Andererseits hätte die Gefahr bestanden, dass eventuell Teilnehmer den Fragebogen erneut ausgefüllt und zurückgesandt hätten.1037

D. 4.3.3. D. 4.3.3.1.

Nonresponse Bias Grundlagen des Nonresponse Bias

Der Unterschied in den Antworten der nicht antwortenden Teilnehmer, d.h. den möglichen Angaben, und den der antwortenden Teilnehmer, auf denen die Auswertungen beruhen, nennt man Nonresponse Bias.1038 Diesem Phänomen muss besondere Beachtung geschenkt werden, wenn signifikante Differenzen zwischen den tatsächlichen Antworten der Teilnehmer und den möglichen Antworten der Nichtteilnehmer angenommen werden müssen. Nonresponse Bias wird nicht erwartet, wenn von einer gleichgerichteten Interessenlage der gesamten Stichprobe, d.h. Teilnehmer und Nichtteilnehmer, ausgegangen werden kann.1039 Im Rahmen dieser Studie 1035

1036

1037

1038

1039

Vgl. Colombo, Richard (2000): A model for diagnosing and reducing nonresponse bias. In: Journal of Advertising Research, Vol. 40, January/April 2000, S. 85-93, hier S. 85. Dennoch haben viele Teilnehmer ihren Absender vermerkt bzw. den Coupon zusammen mit dem Fragebogen zurückgesandt. Dieses Verhalten kann u.a. dadurch motiviert sein, dass der Fragebogen nach Ansicht des Teilnehmers auf dem Postweg verloren gegangen ist. Vgl. Pearl, Dennis K./Fairley, David (1985): Testing for the potential for nonresponse bias in sample survey. In: Public Opinion Quarterly, Vol. 49, Iss. 4, 1985, S. 553-560, hier S. 553; Colombo, Richard (2000), S. 85. Vgl. Suchman, Edward A./McCandless, Boyd (1940): Who answers questionnaires? In: Journal of Applied Psychology, Vol. 24, 1940, S. 758-769, hier S. 768; Barton, Judith/Bain, Christopher/ Hennekens, Charles H./Rosner, Bernard/Belanger, Charlene/Roth, Aleda/Speizer, Frank E. (1980): Characteristics of respondents and non-respondents to a mailed questionnaire. In: American Journal of Public Health, Vol. 70, No. 8, August 1980, S. 823-825, hier S. 825.

209

darf ohne weitere Untersuchungen eine einheitliche Meinung des gesamten Berufsstandes nicht vermutet werden, da wenigstens zwei gegensätzliche Anliegen denkbar wären. Eine Gruppe des Berufsstandes könnte die Suche nach neuen Informationen zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme unterstützen, um bessere Hilfestellungen für die eigene praktische Arbeit zu erhalten. Die andere Gruppe hingegen könnte daran kein Interesse haben, da sie ihre Prüfungstätigkeit möglicherweise an neue Erkenntnisse anpassen müsste. Des Weiteren könnten auf Grund der Weiterentwicklung der gesetzlichen und berufsständischen Normen eine größere individuelle Verantwortung befürchtet werden. Die einfachste Vorgehensweise zur Behandlung des Nonresponse Bias ist dessen Nichtberücksichtigung. Dabei wird die gleichgerichtete Interessenlage der antwortenden und nicht antwortenden Teilnehmer ohne zusätzliche Analysen vorausgesetzt. Dies ist ein akzeptables Verfahren, sofern keine Informationen über mögliche Differenzen zwischen den Antworten dieser Gruppen sowie über die Grundgesamtheit bekannt sind. Diese Vorgehensweise schwächt die Untersuchungsergebnisse hinsichtlich des Interpretationsspielraumes und sollte schriftlich fixiert werden. Zur Verringerung des Nonresponse Bias existieren verschiedene Modelle. Ergebnisse einer Studie können mit bereits bekannten Werten der zu Grunde liegenden Grundgesamtheit verglichen werden.1040 Sofern im Rahmen dieser Gegenüberstellung bedeutsame Unterschiede zwischen den Antworten der Grundgesamtheit und den der Untersuchungsteilnehmer festgestellt werden, ist der Einsatz von Gewichten mit Hilfe von geometrischen Modellen bei der Auswertung zu empfehlen.1041 Hierdurch können Unter- bzw. Überrepräsentationen von Antworten im Vergleich zur Grundgesamtheit kompensiert werden. Für die hier verwendete Grundgesamtheit der Wirtschaftsprüfer in Deutschland zum 01. Januar 2004 liegen wenige Informationen vor. Die WPK stellt Daten u.a. zur Struktur des Geschlechts und der Berufsqualifikation zur Verfügung.1042 Im Rahmen von Chi-Quadrat-Anpassungstests wurden keine signifikanten Abweichungen zwischen der Grundgesamtheit und den in der Auswertung berücksichtigten Fragebögen hinsichtlich der Kriterien „Geschlecht“ und „Berufsqualifikation“ festgestellt,1043 so dass eine Gewichtung von Antworten nicht notwendig war.1044 Für den Fall, dass keine Informationen über die Grundgesamtheit einer Studie vorliegen, können Angaben aus anderen Untersuchungen herangezogen werden. Es sind dabei verschiedene Restriktionen zu beachten, da zwischen den zu vergleichenden Arbeiten nur geringe Unterschiede bezüglich der Faktoren „Grundgesamtheit“, „Fragestellung“ und „Durchführungszeitpunkt“ bestehen sollten. 1040

1041 1042 1043 1044

Vgl. Armstrong, J. Scott/Overton, Terry S. (1977): Estimating nonresponse bias in mail surveys. In: Journal of Market Research, Vol. 14, August 1977, S. 396-402, hier S. 396. Vgl. Colombo, Richard (2000), S. 86 und 88-90. Abrufbar unter www.wpk.de. Informationen dazu finden sich im Kapitel D. 5.1. Eine Nichtberücksichtigung von Nonresponse Bias ist nur bei Fehlen jeglicher Informationen über die Grundgesamtheit erlaubt. Vgl. Colombo, Richard (2000), S. 86.

210

Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer in Deutschland bildete in verschiedenen Untersuchungen die Grundgesamtheit, jedoch wurden stets andere Fragestellungen bearbeitet. Es ist nicht anzunehmen, dass eine Studie gleichen Inhalts in nah beieinander liegenden Zeiträumen mit gleicher Grundgesamtheit durchgeführt wurde. Untersuchungen über die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme sind bisher nur im englischsprachigen Raum vorhanden, so dass eine direkte Übertragung auf den deutschen Berufsstand nicht sinnvoll erscheint. Das Nonresponse Bias kann auch mit Hilfe von Extrapolationen bestimmt und bei Bedarf verringert werden. Hier gilt die Annahme, dass Teilnehmer, die nicht sofort antworten, eher den Nichtantwortenden entsprechen als den Antwortenden. „Nicht sofort“ ist definiert als später Antworten oder als Antworten nach mehreren Aufforderungen.1045 Es werden drei Vorgehensweisen unterschieden.1046 1) Die meistangewandte Praxis arbeitet mit mehreren aufeinander folgenden Aufforderungsstimuli, die zu einer baldigen Antwort führen sollen. Hierzu zählt u.a. das Erinnerungsschreiben. Es wird davon ausgegangen, dass Teilnehmer, die in späteren Rücklaufwellen antworten, dies allein wegen des Stimulus getan haben. Dadurch ähnelt ihr Verhalten dem der Nichtantwortenden. 2) Im Rahmen des zweiten Verfahrens wird der gleiche Fragebogen zur selben Zeit an Teilnehmer von zufällig ausgewählten Unterstichproben versandt. Viele verschiedene Anreize sollen eine hohe Rücklaufquote in diesen Unterstichproben sicherstellen. Durch Extrapolationen sind Schätzungen über eine 100%-ige Rücklaufquote möglich. 3) Die letzte Methode arbeitet mit Zeittrends. Es wird der Zeitraum zwischen dem Erhalt des Fragebogens und dessen Bearbeitung bestimmt. Teilnehmer, die zu spät antworten, entsprechen dabei den Nichtantwortenden. Diese Handhabung hat gegenüber den beiden anderen den Vorteil, dass keine Verzerrungen durch Aufforderungsstimuli vorliegen. Für die Untersuchung des Nonresponse Bias in dieser Arbeit kommt keine der bisher vorgestellten Möglichkeiten in Betracht. Die Nichtbeachtung von Nonresponse Bias stellt eine zu große Einschränkung für die empirische Studie dar. Die auf Grundlage von Explorationen durchgeführten Praktiken sollen ebenfalls nicht angewendet werden. Die erste Vorgehensweise setzt Anforderungsstimuli voraus, von denen aus Wirtschaftlichkeitsgründen abgesehen worden ist. Die Bildung von Unterstichproben ist ebenfalls aus wirtschaftlichen Aspekten nicht weiter verfolgt worden. Beim dritten Verfahren ist die Messung der Zeit von der Kenntniserlangung des Fragebogens durch die Teilnehmer bis zur Bearbeitung mit erheblichen Ungenauigkeiten behaftet. Es kann nicht überprüft werden, ob der Teilnehmer nach Bearbeitung des Fragebogens diesen sofort oder erst mehrere Tage später zurückgesandt hat oder ob die Bearbeitung direkt nach Posteingang bzw. ohne Unterbrechungen erfolgt ist.

1045

1046

Vgl. Pace, Robert C. (1939): Factors influencing questionnaire returns from former university students. In: Journal of Applied Psychology, Vol. 23, June 1939, S. 388-397, hier S. 391; Ferber, Robert (1948): The problem of bias in mail returns: a solution. In: Public Opinion Quarterly, Vol. 12, Winter 1948-1949, S. 667-676, hier S. 671. Vgl. Armstrong, J. Scott/Overton, Terry S. (1977), S. 397.

211

Eine vielversprechende Methode beschäftigt sich mit der Analyse der zurückgekommenen Fragebögen. Diese werden bezüglich ihres Rücklaufdatums in verschiedene Gruppen unterteilt. Es ist zu überprüfen, ob durch eine Analyse der Antworten Rückschlüsse auf die potenziellen Antworten der Teilnehmer möglich sind, die nicht geantwortet haben (Nichtantwortende). Im Rahmen von Trendprojektionen zur Verringerung des Nonresponse Bias wurde nachgewiesen, dass verspätet Antwortende eher Nichtantwortenden entsprechen, weil beide ihre Antwort herauszögern.1047

D. 4.3.3.2.

Überprüfung auf Nonresponse Bias

Für diese Untersuchung wurden die 165 vollständig ausgefüllten Fragebögen in zwei Gruppen eingeteilt. Die Gruppe „fristgerecht“ beinhaltete alle 145 fristgerecht zurückgesandten, die Gruppe „verspätet“ hingegen die 20 Fragebögen, die nach dem 05. Mai 2004 (Datum des Poststempels) eingegangen waren.1048 Die Fragestellungen unterlagen verschiedenen Skalenniveaus. Die Normalverteilung musste meistens abgelehnt werden, so dass eine Anwendung eines einzigen statistischen Verfahrens nicht möglich ist. Die Antworten wurden daher mit Hilfe von Balkendiagrammen oder Boxplots grafisch dargestellt.1049 Bei augenscheinlichen Unstimmigkeiten erfolgten weitergehende Untersuchungen. Tabelle 81 und Abbildung 15 enthalten die Ergebnisse zu Fragestellungen mit signifikanten Gruppendifferenzen.1050

1047

1048

1049

1050

Vgl. Ognibene, Peter (1971): Correcting nonresponse bias in mail questionnaires. In: Journal of Marketing Research, Vol. 8, May 1971, S. 233-235, hier S. 234. Der Stichprobenumfang der Gruppe „verspätet“ war sehr klein. Auch wenn in der Statistik kein Mindeststichprobenumfang vorgegeben wird, sind gewisse Trends erkennbar. Bei einer Stichprobe von 30 Elementen kann eine approximative Standardnormalverteilung angenommen werden, die für viele statistische Verfahren Anwendungsvoraussetzung ist. Je größer eine Stichprobe ist, desto geringer sind die Varianz und der Standardfehler, desto genauer sind die Ergebnisse. Folglich können nur gewisse Tendenzen aufgezeigt werden können. Ein Boxplot besteht aus einer Box, die vom ersten und dritten Quartil (25. bzw. 75. Perzentil) begrenzt wird. Die innere Linie repräsentiert den Median. Des Weiteren werden mit Whisker-Enden der kleinste und größte Wert angegeben, sofern diese keine Ausreißer oder Extremwerte darstellen. Ein Kreis kennzeichnet die Werte, die um mehr als anderthalb Kastenlängen außerhalb liegen (Ausreißer). Extremwerte, die um mehr als drei Kastenlängen außerhalb liegen, werden mit einem Stern markiert. Vgl. Jacoby, William G. (1997): Statistical graphics for univariate and bivariate data, Thousand Oaks 1997, S. 38-43; Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002): SPSS 11, Einführung in die moderne Datenanalyse unter Windows, 8. Aufl., München 2002, S. 218-219. Offene Fragestellungen bleiben unberücksichtigt. Auf Grund der geringen Stichprobenumfänge werden die Fragen 19 bis 22 nicht untersucht, da hier eine weitere Unterteilung in Fragebogen A und B erforderlich gewesen wäre. Die Grafiken für die übrigen Fragestellungen sind im Anhang 9 enthalten.

212

Nr. 1

2

3

Sachverhalt Gruppe „fristgerecht“ Gruppe „verspätet“ Wichtigkeit der Kennzahl „Cash Flow / Bilanzsumme“ Mittelwerte 2,620 2,100 Standardabweichung 1,081 0,788 t-Test1051 0,039 Insolvenzgrund der Kennzahl „Umlaufvermögen / Umsatzerlöse“ Mittelwerte 1,890 2,150 Standardabweichung 0,529 0,366 t-Test 0,035 Praktische Anwendung „Einzelne Kennzahlen“ Mittelwerte (Anzahl der Nennungen) 46,210% (67) Chi-Quadrat1052 0,005

4 Mittelwerte

80,000% (16)

Durchschnittliche Zuverlässigkeit „Regressionsanalyse“ 52,780% 0,000%

Tab. 81: Überprüfung auf Nonresponse Bias: Fragen mit signifikanten Gruppenunterschieden Cash Flow Bilanzsumme Wichtigkeit 5,0





4,0

3,0

2,0



1,0

fristgerecht

1051

1052

verspätet

Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten des t-Tests vgl. Bühl, Achim/ Zöfel, Peter (2002), S. 274-275. Es wurde hier der Chi-Quadrat-Test nach Pearson angewandt. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten vgl. Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 239-241.

213

Praktische Anwendung „Einzelne Kennzahlen“ fristgerecht

verspätet

75%

75%

50%

50%

25%

25%

0%

0% Praktische Nichtanwendung

Praktische Anwendung

Insolvenzgrund:

verspätet

50%

50%

25%

25%

0%

0% Zahlungsunfähigkeit

Wirtschaftliche Überschuldung

75%

Drohende Zahlungsunfähigkeit

75%

Zahlungsunfähigkeit

fristgerecht

Wirtschaftliche Überschuldung

Praktische Anwendung

Umlaufvermögen Umsatzerlöse

Drohende Zahlungsunfähigkeit

Praktische Nichtanwendung

Abb. 15: Grafiken der Fragen mit signifikanten Gruppenunterschieden Es konnten verschiedene Schlussfolgerungen gezogen werden. Zu 1) Die Teilnehmer, die verspätet geantwortet hatten, hatten die Kennzahl „Cash Flow / Bilanzsumme“ im Durchschnitt wichtiger eingestuft als die Teilnehmer, die fristgerecht geantwortet hatten. Zu 2) Beide Gruppen hatten der Kennzahl „Umlaufvermögen / Umsatzerlöse“ mehrheitlich den Insolvenzgrund „Drohende Zahlungsunfähigkeit“ zugeordnet, wobei auf Grundlage der ermittelten Durchschnittswerte eine Tendenz zu anderen Insolvenzgründen erkennbar war. Die Abbildung 15 macht deutlich, dass die Gruppe „verspätet“ den Insolvenzgrund „Wirtschaftliche Überschuldung“ nicht angekreuzt hatte. Ob dieser Umstand zur Signifikanz geführt hatte, konnte nicht abschließend geklärt werden.

214

Zu 3) Teilnehmer, die verspätet geantwortet hatten, verwendeten bei ihrer praktischen Tätigkeit „Einzelne Kennzahlen“ fast doppelt so häufig wie Teilnehmer der Gruppe „fristgerecht“. Zu 4) Da kein Teilnehmer der Gruppe „verspätet“ die Regressionsanalyse in der Praxis nutzte, betrug die durchschnittliche Zuverlässigkeit dieses Verfahrens 0,00%. Teilnehmer der Gruppe „fristgerecht“ waren in über 50,00% der Fälle mit den Verfahrensergebnissen der Regressionsanalyse zufrieden. Auf Grund der fehlenden Werte für die Gruppe „verspätet“ konnten keine weitergehenden Analysen durchgeführt werden. Unter Annahme des 5,00%-Signifikanzniveaus wurde deutlich, dass sich die Antworten der verspätet antwortenden Teilnehmer nur in Ausnahmefällen von den Antworten der Teilnehmer unterschieden, die ihren Fragebogen fristgerecht zurückgesandt hatten. Fraglich ist, welche Auswirkungen dieses Ergebnis auf die Analyse des Nonresponse Bias hat. Die Hypothese besagt, dass die Antworten der Gruppe „verspätet“ eher denen entsprechen, die nicht geantwortet hatten. Die Untersuchung zeigte, dass die Antworten der Gruppen „fristgerecht“ und „verspätet“ im Wesentlichen übereinstimmten. Folglich glichen die möglichen Antworten der nicht teilgenommenen, aber angeschriebenen Personen den gegebenen Antworten der Teilnehmer der Gruppe „fristgerecht“. Eine Anpassung der Daten hinsichtlich Nonresponse Bias war nicht erforderlich. Im Rahmen einer kritischen Würdigung dieser gewählten Vorgehensweise bleibt festzuhalten, dass der Vergleich von rechtzeitig und verspätet eingetroffenen Fragebögen normalerweise kein ausreichend sensibler Test zur Ermittlung des Ausmaßes von Nonresponse Bias ist. Dennoch stellt er ein einfaches Verfahren dar, mit dem die mögliche Richtung des Nonresponse Bias bestimmt werden kann.1053 Ferner ist die (weitere) Anwendung von statistischen Verfahren auf Grund der geringen Datenmenge, der Dateneigenschaften sowie der nicht immer sinnvoll interpretierbaren Ergebnisse abzulehnen.

D. 5. Auswertung der Studie D. 5.1. Grundlegende Informationen zur Auswertung der Studie Bis einschließlich 15. Mai 2004 wurde eine Rücklaufquote von insgesamt 21,92% erreicht. Nach Abzug der unvollständig ausgefüllten Fragebögen und der erteilten Absagen stellten 165 ausgefüllte Fragebögen die Grundgesamtheit1054 dieser Auswertung dar. Dies entsprach 14,02% aller angeschriebenen Teilnehmer. Von den 165 Fragebögen wurden 152 von Männern (92,12%) und 13 von Frauen (7,88%) beantwortet. Die Rücklaufquote der männlichen Teilneh-

1053

1054

Vgl. Pace, Robert C. (1939), S. 397. Bezogen auf die Bestimmung des Nonresponse Bias unabhängig vom angewandten Verfahren siehe Armstrong, J. Scott/Overton, Terry S. (1977), S. 397: Nonreponse Bias kann nicht endgültig ausgeschlossen werden, da kein Vergleich mit sämtlichen Faktoren (hier z.B. Berufserfahrung zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit) möglich ist. Ebenso Semon, Thomas T. (2004): Nonresponse bias affects all survey research. In: Marketing News, Vol. 38, Iss. 12, July 2004, S. 7: Es muss klar sein, dass alle Umfragen mal mehr und mal weniger durch Nonresponse Bias beeinflusst sind. Auch wenn die Umfragen in Stichproben nicht perfekt sind, ist es gewöhnlich das bestmögliche. Im Nachfolgenden beziehen sich die Begriffe „Teilnehmer“ und „Grundgesamtheit“ stets auf die 165 Antworten, sofern nichts anderes angegeben ist.

215

mer lag bei 14,98%, die der weiblichen bei 8,02%. Obwohl eine gleichmäßige Aufteilung der Stichprobe auf die beiden Fragebögen A und B vorgenommen worden war, wurden 79 Fragebögen A (47,88%) und 86 Fragebögen B (52,12%) zurückgesandt. Zuerst soll untersucht werden, ob sich die Grundgesamtheit der 165 Teilnehmer signifikant vom Berufsstand der Wirtschaftsprüfer zum 01. Januar 2004 bezüglich der Kriterien „Geschlecht“ und „Berufsqualifikation“ unterscheidet.

Männer Frauen Summe

Grundgesamtheit Studie Berufsstand der Wirtschaftsprüfer Absolut Prozentual Absolut Prozentual Geschlecht 152 92,12 10.482 89,08 13 7,88 1.285 10,92 165

WP WP/RA WP/RA/StB

156 2 7

11.767 Berufsqualifikation 94,55 11.148 1,21 109 4,24 510

Summe

165

11.767

94,74 0,93 4,33

Tab. 82: Geschlecht und Berufsqualifikation der Teilnehmer sowie Berufsstand Tabellenlegende: WP = Wirtschaftsprüfer/in RA = Rechtsanwalt/Rechtsanwältin StB = Steuerberater/in

Die Untersuchung mittels des Chi-Quadrat-Anpassungstests zeigt, dass die Struktur der Geschlechter zwischen den Teilnehmern der Studie und des gesamten Berufsstandes nicht signifikant voneinander abweicht (p = 0,210). Auch in Bezug auf die Berufsqualifikation kann kein charakteristischer Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden (p = 0,928). Diese Resultate ermöglichen eine Verallgemeinerung der zu gewinnenden Erkenntnisse der Studie, d.h. die Antworten der Teilnehmer können auf den gesamten Berufsstand der Wirtschaftsprüfer in Deutschland übertragen werden. Die Auswertung erfolgt nach den Kriterien „Erfahrung“, „Arbeitgeber“ sowie „Geschlecht“. Es wird darauf hingewiesen, dass nur bei Auffälligkeiten auf die Ergebnisse Bezug genommen wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies, sofern keine weiteren Angaben gemacht werden, liegen keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der zu untersuchenden Merkmale vor.

216

D. 5.2. Auswertung des ersten Fragebogenabschnitts D. 5.2.1.

Demografische Angaben

Alle Teilnehmer waren Wirtschaftsprüfer bzw. Wirtschaftsprüferinnen. Qualifikationen nach anderen Rechtsnormen bzw. Zusatzqualifikationen gaben 37 Teilnehmer (22,42%) an. Diese werden in Tabelle 83 dargestellt.1055 WP 156 davon 26 Peer Review davon 8 CPA davon 1 Peer Review und Umweltbetriebsprüfer

WP/RA 2 davon 1 Peer Review davon 1 CPA

WP/RA/StB 7

Summe 165 27 9 1

Tab. 83: Berufs- und Zusatzqualifikation der Teilnehmer Tabellenlegende: WP = Wirtschaftsprüfer/in RA = Rechtsanwalt/Rechtsanwältin StB = Steuerberater/in

Die Grundgesamtheit der 165 Teilnehmer setzte sich aus 92,12% Männern und 7,88% Frauen zusammen. Informationen bezüglich der Altersstruktur sind Tabelle 84 zu entnehmen. Anzahl der Nennungen Männer Frauen

152 13

Summe

165

Minimum Jahre 31 33

Maximum Jahre 77 53

"

Mittelwert Jahre 47,53 43,23

10,169 5,847

47,19

9,953

Tab. 84: Struktur des Alters der Teilnehmer Rund 49,00% der Grundgesamtheit dieser Untersuchung waren bei einer Big4- bzw. Non Big4WPG angestellt. Weitere 29,00% waren selbstständig tätig. Die übrigen Teilnehmer arbeiteten in einer Sozietät. Die Tabellen 85 bis 87 geben einen Überblick über den Arbeitgeber, die Position im Unternehmen sowie deren Erfahrung in dieser Position.

1055

Die Kombination Wirtschaftsprüfer/Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüferin/Steuerberaterin konnte nicht eindeutig bestimmt werden. Dies wird an einem Beispiel erläutert. Von den 162 angeschriebenen Frauen waren lediglich elf Teilnehmerinnen nach den Angaben des WirtschaftsprüferVerzeichnisses online Voll-Wirtschaftsprüferinnen. Die Auswertung der Daten zeigt jedoch, dass 12 Teilnehmerinnen Voll-Wirtschaftsprüferinnen waren. Unter der Annahme, dass das Wirtschaftsprüfer-Verzeichnis online richtige Daten enthält, lässt sich folgern, dass die Zusatzqualifikation Steuerberaterin von mindestens einer Teilnehmerin nicht angegeben worden ist. Daher wurden alle Teilnehmerinnen, die als Zusatzqualifikation Steuerberaterin angegeben haben, direkt der Kategorie Wirtschaftsprüferin zugeordnet. Die Kombination Wirtschaftsprüfer/Rechtsanwalt kam 13-mal bei den 1.177 angeschriebenen Teilnehmern vor, von ihnen haben zwei geantwortet. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 15,38%. Von den 49 Teilnehmern, die die Kombination Wirtschaftsprüfer/ Steuerberater/Rechtsanwalt hatten, antworteten sieben. Die Rücklaufquote beträgt 14,29%. Beide Rücklaufquoten scheinen plausibel gegenüber der gesamten Rücklaufquote von 14,02%.

217

Big4-WPG - davon auch als Selbstständiger tätig Non Big4-WPG - davon auch in einer Sozietät als Geschäftsführer/Vorstand tätig - davon auch als Selbstständiger tätig

Anzahl der Nennungen 28 1 53 5

Prozentual 16,97 32,12

1 36

Sozietät - davon auch als Selbstständiger tätig

21,82 4

Selbstständiger Summe

48

29,09

165

100,00

Tab. 85: Struktur der Arbeitgeber der Teilnehmer Anzahl Prozentual Anteil an der NenGrundgenungen samtheit 41 5,04 24,85 Geschäftsführer/Vorstand 47 40,17 28,48 Partner 23 19,66 13,94 Manager 6 5,13 3,64 Sonstige Position 1171058 Summe 100,00 70,91

Big4WPG

Non Big4WPG

k.A. 9 18 11056

35 8 5 51057

28

53

Sozietät

6 30 k.A. k.A. 36

Tab. 86: Struktur der Positionen im Unternehmen der Teilnehmer Anzahl der Nennungen Geschäftsführer/Vorstand Partner Manager Sonstige Position Selbstständiger Summe

41 47 23 6 48

Minimum Jahre 1 1 1 1 1

Maximum Jahre 30 50 14 7 30

Mittelwert Jahre 10,99 11,49 5,20 3,33 11,71

" 8,942 10,231 3,215 2,251 8,147

165

Tab. 87: Struktur der Berufserfahrung in der Unternehmensposition der Teilnehmer Für die Auswertung nach dem Kriterium „Erfahrung“ wurden die Angaben der Teilnehmer über ihre Berufserfahrung als Wirtschaftsprüfer in sechs Klassen unterteilt. Die wichtigsten Daten dazu enthält Tabelle 88. Die Spannbreite der Angaben lag zwischen einem Jahr und 50 Jahren, der Durchschnitt bei 12,46 Jahren.

1056 1057

1058

Als sonstige Position wurde Senior Manager genannt. Sonstige Positionen sind hier angestellter Wirtschaftsprüfer mit drei Nennungen sowie Prokurist und Leiter einer Wirtschaftsprüfungsabteilung einer Niederlassung mit jeweils einer Angabe. Teilnehmer ohne Selbstständige.

218

0 - 4 Jahre 5 - 9 Jahre 10 - 14 Jahre 15 - 19 Jahre 20 - 24 Jahre Über 25 Jahre Summe

Anzahl der Nennungen 36 37 36 20 15 21

Prozentual 21,82 22,42 21,82 12,12 9,09 12,73

165

100,00

Mittelwert 2,81 6,77 11,75 16,70 21,27 29,90

" 1,078 1,315 1,628 1,342 1,486 5,157

Tab. 88: Struktur der Berufserfahrung der Teilnehmer bei Bildung von Erfahrungsgruppen

D. 5.2.2.

Branche

Die Teilnehmer gaben eine Vielzahl von Branchen an, in denen ihre Mandanten tätig sind. Aus Gründen der Übersichtlichkeit war eine Zusammenfassung erforderlich. 22 Kategorien wurden dafür gebildet. Mehrfachnennungen waren erlaubt, so dass durchschnittlich 2,46 Angaben auf jeden Teilnehmer entfielen. Tabelle 89 enthält eine komprimierte Aufstellung. Nr. Kategorie

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 1059 1060

1061 1062

1063 1064 1065

1066

1067

1068

1069 1070 1071

Anzahl der Nennungen

Handel1059 Dienstleistungsbereich1060 Maschinen-/Anlagenbau1061 Industrie1062 Bauwirtschaft1063 Automobilindustrie1064 Montanindustrie1065 Büro-/Telekommunikation1066 Konsumgüterindustrie1067 Öffentlicher Bereich1068 Bank/Versicherung1069 Medienwirtschaft1070 Spedition/Logistik1071

36 31 31 30 29 25 22 21 21 19 17 17 17

Anteil an Nennungen (in %) 8,87 7,64 7,64 7,39 7,14 6,16 5,42 5,17 5,17 4,68 4,19 4,19 4,19

Anteil an Grundgesamtheit (in %) 21,82 18,79 18,79 18,18 17,58 15,15 13,33 12,73 12,73 11,52 10,30 10,30 10,30

Einzelhandel, Großhandel, Handel, Import-/Exporthandel. Consumer, Dienstleister, Freiberufler, Handwerk, Hotel, Touristik, Unternehmensberatung, Verbände. Anlagenbau, Maschinenbau, Rüstung. Edelsteinindustrie, feuerfeste Produkte, Glas, Holzindustrie, Industrie, Kunststoffindustrie, Optik, Papierindustrie, Sägewerk, Werften. Bau, Baustoffindustrie, Hoch- und Tiefbau. Automobil, Automobilhandel, Automobilindustrie, Automobilzulieferer, Automotive. Bergbau, Eisen/Stahl, Gießerei, Metallverarbeitung, Montanindustrie, Schraubenhandel, Werkzeugindustrie. Bürotechnik, elektronische Datenverarbeitung, Elektronik, Internet, Informationstechnologie, Mobilfunk, Telekommunikation. Konsumgüterindustrie, Kosmetik, Leuchten, Möbel/-zulieferer, Mode, Porzellan, Schuhindustrie, Textil. Arbeitsvermittlung, Bäder, gemeinnützige Unternehmen, kommunale Unternehmen, öffentliche Betriebe, Stiftungen, Theater. Banking & Finance, Finanzdienstleister, Immobilienfonds, Kreditinstitute, Leasing, Versicherungen. Buchhandel, Medien, Rundfunk, Tonträgerhandel, Verlagswesen, Werbung. Eisenbahnbereich, Frachtführer, Logistik, Spedition, Verkehr.

219

14 15 16 17 18 19 20 21 22

Lebensmittel/Landwirtschaft1072 Gesundheitswesen1073 Entsorgungs-/Versorgungswirtschaft1074 Immobilien/Wohnungswirtschaft1075 Produzierendes Gewerbe1076 Chemie1077 Forschung/Bildung1078 Keine Angabe Sonstiges1079 Summe

16 15 11 9 9 7 3 10 10 406

3,94 3,69 2,71 2,22 2,22 1,72 0,74 2,46 2,46 100,00

9,70 9,09 6,67 5,45 5,45 4,24 1,82 6,06 6,06

Tab. 89: Zusammenfassung der Angaben der Branchen der Teilnehmer Etwa 6,00% der Teilnehmer machten zu dieser Frage keine Angabe. Folgende fünf Branchen wurden mit einem relativ deutlichem Abstand am häufigsten genannt: Handel, Dienstleistungsbereich, Maschinen-/Anlagenbau, Industrie und Bauwirtschaft.

D. 5.2.3.

Bestätigungsvermerke

Die beiden letzten Fragen des Fragebogenabschnitts „Angaben zur Person“ betrafen neben der Anzahl und der Art der bisher erteilten Bestätigungsvermerke auch die Häufigkeit der Abweichung des Teilnehmers von der Einschätzung über die Going Concern Annahme durch die gesetzlichen Vertreter. Tabelle 90 enthält die Ergebnisse dieser Fragenauswertung.

Teilnehmer Anzahl Mittelwert "

UBV

EBV

165 34.193 207,23 305,496

113 1.088 9,63 14,724

Abweichung EBV 82 535 6,52 8,345

VV 23 72 3,13 3,279

Abweichung VV 16 48 3,00 2,608

Tab. 90: Struktur der erteilten Testate der Teilnehmer Tabellenlegende: EBV = Eingeschränkter Bestätigungsvermerk UBV = Uneingeschränkter Bestätigungsvermerk VV = Versagungsvermerk

Die Teilnehmer hatten insgesamt 35.353 Testate ausgegeben, wovon 3,08% eingeschränkte Bestätigungsvermerke und 1,51% Versagungsvermerke waren. Jeder Teilnehmer hatte im Mittel 214,26 Testate unterzeichnet. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Berufserfahrung wurden pro Jahr mehr als 17 Testate erteilt. Während ihrer Berufstätigkeit unterschrieben 1072 1073 1074 1075 1076 1077 1078 1079

Brauerei, Fleischverarbeitung, Getränke, Landwirtschaft, Lebensmittel, Spirituosen. Biotechnologie, Gesundheitswesen, Krankenhaus, Medizin, Medizintechnologie, Pharma. Energieversorgung, Entsorgung, Stadtwerke, Versorgung, Wasserversorgung. Immobilien, Wohnungswirtschaft. Investitionsgüter, Produktion, verarbeitende Betriebe. Chemie, Öl. Forschung und Entwicklung, privates Schulwesen. Armaturen, Automatisierungstechnik, Ladenbau, Mittelstandsbetriebe, Profi-Sportverein, Umwelt.

220

68,48% der Teilnehmer mindestens einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk, wobei etwa Dreiviertel (72,57%) wenigstens einmal der Einschätzung der gesetzlichen Vertreter hinsichtlich der Going Concern Annahme nicht gefolgt waren. Diese Teilnehmer hatten im Durchschnitt 9,63 eingeschränkte Testate in der Praxis zu verantworten. Der Median machte deutlich, dass die Mehrzahl dieser Gruppe tatsächlich nicht mehr als fünf eingeschränkte Bestätigungsvermerke unterschrieben hatte. Der Anteil der Teilnehmer, die ein Testat bereits verweigert hatten, lag bei 13,94%. Wenigstens eine einmalige Abweichung von der Einschätzung der gesetzlichen Vertreter gaben 69,75% an. Die Teilnehmer dieser Gruppe hatten im Durchschnitt 3,13 Versagungsvermerke in ihrer beruflichen Tätigkeit erteilt. Der Median zeigte, dass die Mehrzahl dieser Teilnehmer absolut nicht mehr als einen Versagungsvermerk zu verantworten hatte.

D. 5.3. Auswertung des zweiten Fragebogenabschnitts D. 5.3.1.

Entscheidungsfaktoren

Die Teilnehmer hatten das Verhältnis verschiedener Unternehmensfaktoren einer theoretischen und praktischen Urteilsbildung über die Going Concern Annahme angegeben. Tabelle 91 enthält die Übersicht. Theorie

Quantitative Faktoren Qualitative Faktoren Sonstige Faktoren

Mittelwerte der %-Angaben 61,10 33,51 15,79

Praxis

Quantitative Faktoren Qualitative Faktoren Sonstige Faktoren

68,28 30,29 13,95

Tab. 91: Zusammenfassung der Unternehmensfaktoren Es ist interessant, dass nach den Angaben zwischen den Mittelwerten der Anteile der verschiedenen Unternehmensfaktoren für alle Teilnehmer in der Theorie und in der Praxis keine auffallenden Unterschiede bestehen. Dieses Resultat ist erfreulich, da hiernach die Teilnehmer ihre durchschnittliche Soll-Vorstellung auch in der Praxis umsetzen. Die Ergebnisse der Faktorenanteile an einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme in der Theorie spiegeln die internationale Literaturmeinung wieder. Die quantitativen Unternehmensfaktoren fließen zu über 60,00%, die qualitativen zu über 30,00% in die Entscheidung ein. Sonstige Faktoren bilden den Rest.1080 Entscheidend sind somit die quantitativen Sachverhalte, jedoch dürfen die qualitativen und auch die sonstigen nicht außer Acht gelassen werden. Im Rahmen von Interviews und Fallstudien hatten mehrere Autoren festgestellt, dass quantitative Faktoren stets wichtiger eingestuft wurden als qualitative Sachverhalte.1081 Die quantitativen Gegebenheiten machten den Großteil der Urteilsbildung aus. Auch unter Berücksichtigung der Anwendung von methodengestützten Ansätzen ist diese Entwicklung ableitbar, da diese 1080 1081

Die sonstigen Faktoren werden in Tabelle 92 erläutert. Als Beispiel sei auf das Kapitel D. 3.2.1.1. verwiesen.

221

Verfahren in der Regel nur quantitative Größen verarbeiten können.1082 Trotz der guten Ergebnisse der methodengestützten Verfahren sahen die Autoren für eine hinreichend sichere Urteilsbildung über die Going Concern Annahme diese nie als einziges Kriterium, anhand dessen allein eine Entscheidung getroffen wurde.1083 In diesem Zusammenhang wurde auf die geringere aber nicht zu vernachlässigende Relevanz der qualitativen Faktoren hingewiesen. Im Rahmen der Auswertung nach dem Kriterium „Arbeitgeber“ wurde eine signifikante Differenz festgestellt. Teilnehmer von Non Big4-WPG gaben den Anteil der quantitativen Faktoren in der Theorie mit 56,68% an, Beschäftige bei Sozietäten mit 65,26%.1084 Die übrigen beiden Faktorengruppen wurden von den Non Big4-WPG Mitarbeitern im Mittel höher eingeschätzt als von Teilnehmern, die in Sozietäten tätig waren.1085 Die Überlegung, dass Mitarbeiter von Non Big4-WPG größere finanzielle und zeitliche Möglichkeiten zur Analyse von qualitativen und sonstigen Faktoren hätten, ist nicht anwendbar, da bei diesen beiden Sachverhaltskategorien die Gruppe „Selbstständige“ stets höhere Anteile angegeben hatte als Mitarbeiter von Sozietäten. Die Ergebnisse zwischen allen vier Gruppen wiesen bei den qualitativen bzw. sonstigen Unternehmenshinweisen Differenzen von nur 1,27 bzw. 0,02 auf. Eine endgültige Klärung dieses Sachverhalts ist mit den vorliegenden Daten nicht möglich. Eine zu untersuchende Besonderheit waren die unterschiedlichen Angaben zwischen den Geschlechtern hinsichtlich der sonstigen Faktoren in der Theorie. Die männlichen Teilnehmer gaben an, dass durchschnittlich 14,79% der Entscheidungen in der Theorie durch sonstige Gegebenheiten beeinflusst wurden. Bei den weiblichen Teilnehmern hingegen lag der Durchschnittswert bei 32,50%.1086 Eine Erklärung ließ sich hierfür auf den ersten Blick nicht ableiten. Vielleicht können später Rückschlüsse auf Grund der Auswertung der Fragestellungen über die methodengestützten Ansätze erfolgen.1087

1082

1083

1084

1085

1086

1087

Die Berücksichtigung von qualitativen Merkmalen scheitert häufig an der mit Problemen behafteten Quantifizierung dieser Faktoren. Sonstige Faktoren haben bei der Anwendung von methodengestützten Ansätzen einen zu vernachlässigenden Einfluss. Vgl. u.a. Altman, Edward I./Haldeman, Robert G./Narayanan, Paul (1977), S. 50; Baetge, Jörg/Huß, Michael/Niehaus, Hans-Jürgen (1986), S. 613; Anandarajan, Murugan/Anandarajan, Asokan (1999): A comparison of machine learning techniques with a qualitative response model for auditor’s going concern reporting. In: Expert Systems with Applications, Vol. 16, No. 4, 1999, S. 385-392, hier S. 391. Diese Daten waren nicht normalverteilt. Unter Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Auf dem 5,00%-Niveau wurde ein signifikanter Unterschied ermittelt (p-Wert = 0,036). Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten vgl. Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275. Das Minimum bei den qualitativen Unternehmensfaktoren lag bei den Sozietäten mit 30,57%, das Maximum bei den Selbstständigen mit 35,07%. Die sonstigen Hinweise wurden zu 12,86% von Sozietäten und zu 17,52% von den Non Big4-WPG berücksichtigt. Diese Daten waren nicht normalverteilt. Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Auf dem 5,00%-Niveau wurde ein signifikanter Unterschied ermittelt (p-Wert = 0,033). Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten vgl. Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275. Dafür wird auf die Kapitel D. 5.4.2.1. und D. 5.4.3.1. verwiesen.

222

Die Erläuterungen der sonstigen Faktoren in Theorie und Praxis durch die Teilnehmer waren sehr vielfältig, so dass eine Zusammenfassung notwendig erschien. Insgesamt wurden zehn Oberbegriffe gebildet.1088 Über 75,00% der Aussagen konnten neun Kategorien zugeordnet werden. Die übrigen Hinweise mit höchstens je zwei Angaben wurden unter dem Begriff „Sonstige“ zusammengefasst. Die Anzahl der Nennungen differenziert nach Theorie und Praxis zeigt Tabelle 92.1089

Marktumfeld Branchenumfeld Unternehmensmanagement Allgemeine Konjunkturlage Rechtliche Rahmenbedingungen Finanzierungsmöglichkeiten Konkurrenzsituation Unternehmensumfeld Chancen/Ertragsaussichten Sonstige Summe

Anzahl der Nennungen Theorie Praxis 20 14 19 12 14 12 12 6 10 8 7 5 6 4 5 1 --4 281090 181091 121

84

Prozentual Theorie Praxis 16,53 16,67 15,70 14,29 11,57 14,29 9,92 7,14 8,26 9,52 5,79 5,95 4,96 4,76 4,13 1,19 --4,76 23,14 21,43 100,00

100,00

Tab. 92: Zusammenfassung der Angaben zu den sonstigen Faktoren Beim Oberbegriff „Marktumfeld“ wird vor allem auf Absatz und Beschaffung, Marktsegmente, -stärke sowie -stellung hingewiesen. Im Zusammenhang mit dem „Branchenumfeld“ ist insbesondere die Branchenentwicklung, z.B. Schrumpfindustrie und Übernahmen, zu nennen. Unter den Begriff „Unternehmensmanagement“ fallen im Wesentlichen die Faktoren Gefahr von Verstrickungen auf der Managementebene, Organbeschlüsse, die Persönlichkeit und die privaten Verhältnisse der handelnden Personen, die Flexibilität hinsichtlich Veränderungen sowie die Nachfolgeregelung. Die Nennungen der sonstigen Faktoren in Theorie und Praxis wichen geringfügig voneinander ab. Dennoch waren rund 43,00% der Teilnehmer der Meinung, dass die theoretische Urteilsbildung über die Going Concern Annahme überhaupt durch sonstige Faktoren beeinflusst wurde. Für die Praxis waren nur noch 34,00% dieser Ansicht. Folglich mussten Teilnehmer bei den Angaben für die Praxis höhere Werte genannt haben, da sich die Mittelwerte kaum voneinander unterschieden. Sofern sonstige Gegebenheiten im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung trotz 1088

1089 1090

1091

Es ist zu beachten, dass eine eindeutige Begriffsdefinition und eine überschneidungsfreie Zuordnung innerhalb der sonstigen Faktoren sowie zwischen qualitativen und sonstigen Faktoren auf Grund der teilweise sehr allgemein gehaltenen Antworten nicht möglich waren. Dennoch gibt diese Auflistung einen Anhaltspunkt darüber, welche Bereiche grundsätzlich zu den sonstigen Faktoren zählen und welche Gegebenheiten von den Teilnehmern für entscheidungsrelevant angesehen werden. Es waren Mehrfachnennungen erlaubt. Angegeben wurden „Mitarbeiter“, „Behördliche Aktivitäten“, „Institutionelle Rahmenbedingungen“, „Technische Entwicklung“, „Ereignisse nach dem Stichtag“, „Steuerliche Rahmenbedingungen“, „Kundenbeziehungen“, „Politische Rahmenbedingungen“. Hierzu zählen „Mitarbeiter“, „Produkte“, „Institutionelle Rahmenbedingungen“, „Technische Entwicklung“, „Steuerliche Rahmenbedingungen“, „Produktionsprogramm“.

223

schwieriger Informationsbeschaffung zusammengetragen wurden, flossen diese zu einem hohen Maß in die Beurteilung ein. Es ist der Trend erkennbar, dass eine Berücksichtigung zwar gewünscht, aber nicht immer möglich war.

D. 5.3.2. D. 5.3.2.1.

Kennzahlen Wichtigkeit und Insolvenzgrund der Kennzahlen

In Frage 15 sollten die Teilnehmer neben der Wichtigkeit der aufgelisteten Kennzahlen auch deren Potenzial zur Insolvenzaufdeckung bestimmen. Ein Überblick über die Auswertung der Antworten ergibt sich aus Tabelle 93. "1092

Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Liquide Mittel / Kurzfristiges Fremdkapital Fremdkapital / Bilanzsumme Reinvermögen / Fremdkapital Cash Flow / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital Kurzfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme Liquide Mittel / Bilanzsumme Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Umsatzerlöse (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme Jahresüberschuss / Bilanzsumme Umlaufvermögen / Bilanzsumme Einbehaltener Gewinn / Bilanzsumme Kasse / Bilanzsumme

Mittelwert1093 Insolvenzgrund1094

1,066 0,908 0,941 1,061 0,927 0,872 0,876 1,152 1,090

2,42 2,52 2,52 2,56 2,66 2,84 3,01 3,14 3,21

Zahlungsunfähigkeit Überschuldung Überschuldung Zahlungsunfähigkeit Zahlungsunfähigkeit Zahlungsunfähigkeit Überschuldung Zahlungsunfähigkeit Überschuldung

0,884 0,899

3,24 3,33

Zahlungsunfähigkeit Zahlungsunfähigkeit

1,092 0,864 0,970 1,014

3,35 3,58 3,63 4,22

Überschuldung Zahlungsunfähigkeit Überschuldung Zahlungsunfähigkeit

Tab. 93: Auswertungsergebnisse der Kennzahlenbeurteilung Die Kennzahl „Liquide Mittel / Kurzfristiges Fremdkapital“ wurde von den Teilnehmern als wichtigste der vorgegebenen Kennzahlen angesehen. Die Einzelangaben verdeutlichen, dass 20,00% der Teilnehmer dieser Kennzahl den Wert 1 „Ausschlaggebend“ zugeordnet hatten. Weitere 64,30% stuften sie als „Sehr wichtig“ oder „Wichtig“ ein. Bei dieser Kennzahl herrschte eine sehr große Übereinstimmung, obwohl die Teilnehmer unterschiedliche Mandate in 1092 1093

1094

Für die Voraussetzungen der Standardabweichung siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 118. Folgende Bewertungsskala wurde verwendet: 1 = „Ausschlaggebend“, 2 = „Sehr wichtig“, 3 = „Wichtig“, 4 = „Weniger wichtig“, 5 = „Ohne Bedeutung“. Es wurde das arithmetische Mittel errechnet. Je geringer der Wert ist, desto wichtiger wurde die Kennzahl von den Teilnehmern eingestuft. Die Skala lautete: A = „Wirtschaftliche Überschuldung“, B = „Drohende Zahlungsunfähigkeit“ sowie C = „Zahlungsunfähigkeit“. Für die Auswertung wurden die Buchstaben in Zahlenwerte transformiert. Dem Buchstaben A wurde der Wert 1, dem Buchstaben B der Wert 2 und dem Buchstaben C der Wert 3 zugeordnet. Anschließend wurden die arithmetischen Mittelwerte ermittelt. Für eindeutigere Tendenzaussagen sind die Insolvenzgründe „Zahlungsunfähigkeit“ und „Drohende Zahlungsunfähigkeit“ unter ersterem zusammengefasst worden. Bei Mittelwerten zwischen 1 und 1,5 wurde die Kennzahl dem Bereich „Wirtschaftliche Überschuldung“, bei Mittelwerten über 1,6 hingegen dem Sachverhalt „Zahlungsunfähigkeit“ zugeteilt.

224

verschiedenen Branchen betreuten. Die Kennzahl schien branchenübergreifend relevant für die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme zu sein. Die Einzelverteilungen der drei wichtigsten Kennzahlen geben die nachstehenden Diagramme wieder. Wichtigkeit

20%

10%

10%

10%

0%

0%

0%

Ausschlaggebend

Ohne Bedeutung

Ohne Bedeutung

20%

Ohne Bedeutung

30%

20%

Weniger wichtig

30%

Wichtig

30%

Sehr wichtig

40%

Ausschlaggebend

40%

Weniger wichtig

40%

Wichtig

50%

Sehr wichtig

50%

Ausschlaggebend

50%

Weniger wichtig

Reinvermögen Fremdkapital

Wichtig

Fremdkapital Bilanzsumme

Sehr wichtig

Liquide Mittel Kurzfristiges Fremdkapital

Abb. 16: Einzelverteilungen der drei wichtigsten Kennzahlen Die Kennzahl „Kasse / Bilanzsumme“ hatte den höchsten Mittelwert mit 4,22 und nahm mit Abstand den letzten Rang ein. Sie schien von allen 15 aufgeführten Kennzahlen im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme die unwichtigste zu sein. Dies war auch aus den Einzelangaben der Teilnehmer ableitbar. Über 50,00% der Antworten wählten die Beurteilung „Ohne Bedeutung“ und über 30,00% die Kategorie „Weniger wichtig“. Für die drei unwichtigsten Kennzahlen enthalten die nachstehenden Grafiken die Einzelverteilungen. Wichtigkeit

10%

0%

0%

0%

Abb. 17: Einzelverteilungen der drei unwichtigsten Kennzahlen

225

Ohne Bedeutung

10%

Weniger wichtig

10%

Ohne Bedeutung

20%

Weniger wichtig

20%

Wichtig

20%

Sehr wichtig

30%

Ausschlaggebend

30%

Ohne Bedeutung

30%

Weniger wichtig

40%

Wichtig

50% 40%

Sehr wichtig

50% 40%

Ausschlaggebend

50%

Wichtig

Kasse Bilanzsumme

Sehr wichtig

Einbehaltener Gewinn Bilanzsumme

Ausschlaggebend

Umlaufvermögen Bilanzsumme

Die gegenläufigen Antwortverteilungen bei den Kennzahlen auf den ersten drei und letzten drei Rängen waren klar erkennbar. Die Rangordnung der letzten vier Kennzahlen ist auch aus der Literatur abzuleiten. In der Erläuterung des Fragebogens im Kapitel D. 4.2.2. wurde darauf hingewiesen, dass drei Kennzahlen nicht im deutschen Schrifttum erläutert waren. Da nur die wichtigsten und aussagekräftigsten Kennzahlen beschrieben werden, ist es plausibel, dass die nicht in der Literatur genannten Kennzahlen auf den hinteren Rängen liegen, d.h. von den Teilnehmern als unwichtig eingestuft worden sind. Dem Bilanzposten „Fremdkapital“ schienen die Teilnehmer unabhängig von dessen Fristigkeit im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung die größte Aufmerksamkeit zu widmen. Dies ließ sich aus den sieben wichtigsten Kennzahlen schlussfolgern, da hiervon sechs diesen Posten entweder im Zähler oder im Nenner beinhalteten. Die Auswertung der Wichtigkeit von Kennzahlen ergab für das Kriterium „Arbeitgeber“ Differenzen bei den Kennzahlen „Umlaufvermögen / Umsatzerlöse“ (Rang 10) sowie „Kasse / Bilanzsumme“ (Rang 15). Die Gruppe „Selbstständige“ stufte die Kennzahl „Umlaufvermögen / Umsatzerlöse“ mit 2,94 wichtiger ein als die übrigen drei Gruppen. Deren Mittelwerte lagen zwischen 3,32 und 3,46. Die Kennzahl „Kasse / Bilanzsumme“ bewerteten die Teilnehmer „Selbstständige“ mit 4,48 schlechter als die Gruppen „Big4-WPG“ und „Non Big4-WPG“ mit 4,04 bzw. 4,02.1095 Die Analyse nach dem Kriterium „Erfahrung“ brachte nur eine Differenz bei der Kennzahl „(Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme“ (Rang 11). Die Gruppe „Über 25 Jahre“ schätzte die Wichtigkeit dieser Kennzahl mit 3,71 weniger bedeutend ein als die Gruppen „0 - 4 Jahre“ und „10 - 14 Jahre“ mit 3,22 bzw. 3,19.1096 Obwohl keine stichhaltigen Gründe für diese Sachverhalte gefunden werden konnten, sind zwei Aspekte festzuhalten. Zum einen lagen im Rahmen der gesamten Auswertung nur bei drei Kennzahlen Differenzen vor, die nicht alle Erfahrungsgruppen betrafen. Zum anderen wurden diese Unterschiede erst ab dem 10-ten Rang festgestellt. Bei den neun wichtigsten Kennzahlen lagen keine Unstimmigkeiten vor. Die Auswertung der Antworten über den Insolvenzgrund zeigte eine offensichtliche Uneinigkeit darüber, für welchen Insolvenzgrund eine Kennzahl ein Indiz sein könnte. Für eine brauchbare Analyse wurden die Angaben „Drohende Zahlungsunfähigkeit“ und „Zahlungsunfähigkeit“ zusammengefasst. Bei der durch die Teilnehmer als wichtigste gewählte Kennzahl „Liquide Mittel / Kurzfristiges Fremdkapital“ lag eine Übereinstimmung von über 93,00% beim Insolvenzgrund „Zahlungsunfähigkeit“ vor. Diese Kennzahl hatte offenbar eine besondere Stellung inne, da sich die Teilnehmer hinsichtlich Wichtigkeit und Insolvenzgrund in einem sehr hohen Maße einig waren. Knapp 90,00% der Antworten stimmten bei den Kennzahlen „Cash Flow / Bilanzsumme“ (Rang 4; 89,70%) sowie „Liquide Mittel / Bilanzsumme“ (Rang 8; 91,52%) überein. Eine Kongruenz von weniger als 70,00% unter den Teilnehmern bezüglich der Zuordnung des Insolvenzgrundes konnte bei den Kennzahlen „Fremdkapital / Bilanzsumme“ 1095

1096

Die Signifikanzen waren bei der Kennzahl „Umlaufvermögen / Umsatzerlöse“ zwischen 0,012 und 0,022, bei der Kennzahl „Kasse / Bilanzsumme“ bei 0,002 und 0,004. Die Signifikanzen waren zwischen 0,030 und 0,039.

226

(Rang 2), „Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme“ (Rang 7), „Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) / Bilanzsumme“ (Rang 9), „(Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme“ (Rang 11) sowie „Umlaufvermögen / Bilanzsumme“ (Rang 13) festgestellt werden. Die Kennzahl „Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme“ (Rang 7) wies mit 58,20% den größten Widerspruch auf. Die Auswertung des Merkmals „Erfahrung“ machte deutlich, dass bei neun Kennzahlen eine bzw. zwei Differenzen vorlagen.1097 Insgesamt wurden 14 signifikante Unterschiede bestimmt, d.h. es waren 28 Beteiligte (14 multipliziert mit je zwei betroffenen Erfahrungsgruppen). Die Hälfte davon waren den Gruppen „0 - 4 Jahre“ und „5 - 9 Jahre“ zuzuordnen. Die Abweichungen zeigten keine eindeutige Tendenz für einen bestimmten Insolvenzgrund. Dennoch war ableitbar, dass Teilnehmer mit geringerer Berufserfahrung häufiger anderer Meinung waren als Teilnehmer mit längerer praktischer Tätigkeit. Beim Kriterium „Arbeitgeber“ wurden Differenzen bei den Kennzahlen „Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital“ (Nr. 5) und „Kasse / Bilanzsumme“ (Nr. 15) beobachtet. Beide Differenzen lagen zwischen den Gruppen „Non Big4“ und „Selbstständige“ vor. Die Mittelwerte der Teilnehmer von „Non Big4“ betrugen 2,09 bzw. 1,81 und von „Selbstständige“ 1,81 und 1,92. Dies konnte anhand der vorliegenden Daten nicht sinnvoll interpretiert werden.1098

D. 5.3.2.2.

Weitere Kennzahlen

Neben den vorgegebenen Kennzahlen konnten zusätzlich weitere Kennzahlen angeführt werden. Die Angaben mussten aus verschiedenen Gründen aufbereitet werden. Zum einen waren einige Kennzahlen bereits in der Fragestellung 15 enthalten, zum anderen wurden anstelle von Kennzahlen Sachverhalte, z.B. Nachfolgeregelung, aufgezählt. Schlussendlich verblieben von 62 Teilnehmern genannte 99 Antworten. Diese konnten zu mehr als der Hälfte in sieben Kennzahlen zusammengefasst werden. Die Auswertung dieser Frage zeigt Tabelle 94.

1097

1098

Eine Differenz liegt vor, wenn zwischen zwei Erfahrungsgruppen Ungleichheiten entdeckt werden. Zwei Differenzen bestehen, wenn zwischen den Erfahrungsgruppen mindestens drei, maximal vier Gruppen Unterschiede zueinander aufweisen. Die Signifikanzen lagen insgesamt zwischen 0,003 und 0,046. Die Signifikanzen beliefen sich auf 0,016 bei der Kennzahl „Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital“ und 0,044 bei der Kennzahl „Kasse / Bilanzsumme“.

227

Kennzahl

Anzahl der WichtigNennungen keit1099

Cash Flow / Fremdkapital1100 Eigenkapital / Bilanzsumme Betriebsergebnis / Umsatzerlöse Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit ³ Forderungsbestand  365 / Umsatz Jahresergebnis / Eigenkapital Jahresergebnis / Umsatzerlöse

18 11 7 6 4 4 4

Summe

54

2,06 1,82 1,86 1,17 2,25 2,00 2,25

Insolvenzgrund

Anteil an Antworten in % Überschuldung 18,18 Überschuldung 11,11 Überschuldung 7,07 Zahlungsunfähigkeit 6,06 Zahlungsunfähigkeit 4,04 Zahlungsunfähigkeit 4,04 Überschuldung 4,04 54,54

Tab. 94: Zusammenfassung der zusätzlich angegebenen Kennzahlen Die übrigen Kennzahlen wurden maximal zweimal genannt.1101 Diese blieben unberücksichtigt, da eine Verallgemeinerung auf Grund der seltenen Nennungen nicht möglich war. Die Kennzahl „Cash Flow / Fremdkapital“ wurde insgesamt 18-mal angegeben. Die durchschnittliche Wichtigkeit betrug 2,06. Es war erneut erkennbar, dass der Bilanzposten „Fremdkapital“ eine wichtige Rolle im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme spielte. Die 11-malige Nennung der Kennzahl „Eigenkapital / Bilanzsumme“ (EKQ) korrespondierte mit der Auswertung der Frage 15. Dort wurde als zweitwichtigste Kennzahl „Fremdkapital /Bilanzsumme“ (FKQ) angesehen. Diese beiden Kennzahlen waren rechnerisch eng miteinander verbunden, da EKQ + FKQ = 1 gilt. Die Analyse dieser Ergebnisse veranschaulicht, dass alle von den Teilnehmern zusätzlich angegebenen Kennzahlen wichtiger eingestuft worden sind als die aufgeführten. Dies erscheint logisch, da eine bereits akzeptable Kennzahlenzusammenstellung den Teilnehmer nicht zu weiteren und unbedeutenden Angaben veranlasst. Obwohl die Möglichkeit zur Kennzahlennennung nur von etwa einem Drittel der Teilnehmer wahrgenommen wurde, lässt sich die 1099

1100

1101

Folgende Bewertungsskala wurde verwendet: 1 = „Ausschlaggebend“, 2 = „Sehr wichtig“, 3 = „Wichtig“, 4 = „Weniger wichtig“, 5 = „Ohne Bedeutung“. Es wurde das arithmetische Mittel gebildet. Je geringer der Wert ist, desto wichtiger wurde die Kennzahl von den Teilnehmern eingestuft. Nachstehende Kennzahlen wurden zusammengefasst: „Cash Flow / Fremdkapital“ (vier Nennungen), „Cash Flow / Kurzfristiges Fremdkapital“ (fünf Nennungen), „Fremdkapital / Cash Flow“ (sieben Nennungen), „Cash Flow / (Kurzfristiges + Mittelfristiges Fremdkapital)“ sowie „Cash Flow / (Kurzfristiges Fremdkapital + Offene Kreditlinien)“ (je eine Nennung). Diese Kennzahlen wurden je zweimal genannt: „Auftragsbestand / Umsatzerlöse“, „Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) / Eigenkapital“, „Eigenkapital / Fremdkapital“, „Offene Kreditlinien / Fremdkapital“, „Investitionsquote“. Je einmal angegeben wurden: „Abschreibung für Abnutzung Tilgung“, „Anlagenabnutzungsgrad“, „Cash Flow / Eigenkapital“, „(Eigenkapital + Langfristiges Fremdkapital) / Kurzfristiges Fremdkapital“, „Erwarteter Zahlungsausgang / Erwarteter Zahlungseingang“, „Fremdkapital / Flüssige Mittel“, „Fremdkapitalzins / Skonto“, „Kurzfristiges Fremdkapital / Umsatzerlöse“, „Return on Capital Employed“, „Unfertige Erzeugnisse / Auftragsbestand“, „Anlagevermögen / Eigenkapital“, „Deckungsbeitrag I / Fixkosten“, „Liquide Mittel / (Kurzfristiges Fremdkapital + Haftungsverhältnisse)“, „(Materialaufwand + Mehrwertsteuer) / Durchschnittliche Kreditoren“, „Personalaufwand / Umsatzerlöse“, „Rohertrag“, „Rückstellungen / Bilanzsumme“, „Veränderung der stillen Reserven / Eigenkapital“, „Zahlungseingang / Umsatzerlöse“, „Notwendiges Betriebsvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital“, „Plangewinne / Planergebnisse“, „Veränderung Auftragsbestand / Eigenkapital“, „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen / Aufwand für Material“.

228

Tendenz ableiten, dass die in der englischsprachigen Literatur am häufigsten genannten Kennzahlen nicht ohne Vorbehalt sinnvoll bei einem handelsrechtlichen Jahresabschluss angewendet werden sollten. Es ist deutlich geworden, dass verschiedene Rechnungslegungen unterschiedliche Anforderungen an den Prüfer stellen, die dieser durch den Gebrauch verschiedenartiger Kennzahlen handhabt.

D. 5.3.3. D. 5.3.3.1.

Sachverhalte Wichtigkeit und Tendenz zum Testat der Sachverhalte

Die durchschnittliche Wichtigkeit der 30 im Fragebogen zu bearbeitenden Sachverhalte ist Tabelle 95 zu entnehmen. Der Sachverhalt „Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel der Unternehmensfortführung“ mit einem Mittelwert von 1,55 wurde von den Teilnehmern als wichtigster angesehen. Dies könnte aussagen, dass im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme zuverlässige Planungsdaten von allerhöchster Bedeutung sind. Die vier neutral eingestuften Sachverhalte1102 belegten erwartungsgemäß die letzten vier Ränge. Die Mittelwerte für die Wichtigkeit betrugen mindestens 3,72. Es war auffällig, dass unter den ersten zehn Sachverhalten nur die drei positiv eingestuften Gegebenheiten „Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung“ (Rang 1), „Teilweiser Erlass von Schulden“ (Rang 7) und „Unternehmen erhält Besserungsvereinbarung“ (Rang 10) zu finden waren. Begründet werden könnte dies eventuell durch die stärkere Gewichtung der negativ behafteten Sachverhalte durch den Prüfer im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme. Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 1102 1103

Sachverhalt Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung Negatives Eigenkapital Liquidation des Unternehmens hat begonnen Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter (Sanierer) Sanierung des zu prüfenden Unternehmens (Reorganisation) Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Teilweiser Erlass der Schulden Eingeschränktes Vorjahrestestat Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr bei zwei Wettbewerbern Unternehmen erhält Besserungsvereinbarung Negativer Cash Flow aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit Verlust eines Hauptkunden Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren Negatives Working Capital Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen zwei Jahren

Bedeutung1103 1,55 1,66 1,75 1,76 1,92 1,98 2,12 2,15 2,18 2,22 2,24 2,30 2,42 2,44 2,50

Siehe hierzu das Kapitel D. 4.2.2. Folgende Bewertungsskala wurde verwendet: 1 = „Entscheidende Bedeutung“, 2 = „Erhebliche Bedeutung“, 3 = „Mittlere Bedeutung“, 4 = „Geringe Bedeutung“. Es wurde das arithmetische Mittel gebildet. Je geringer der Wert ist, desto bedeutender wurde die Kennzahl von den Teilnehmern eingestuft.

229

16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren Erfolgreiche Umschuldung der Darlehen Erfolgreich abgeschlossene Produkteinführung Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr Nicht voll ausgeschöpfte Kreditlinie Jahresfehlbetrag im Vorjahr Zunahme der Forschungs- und Entwicklungskosten Ausgabe neuer Anleihen Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen drei Jahren Ausgabe von Stammaktien Zukünftige Gehaltsentwicklung des Managements festgelegt Unternehmensrechtsform ist die Aktiengesellschaft 350 Unternehmensmitarbeiter Unternehmensgründung in 1958 Hauptsitz in Koblenz, Niederlassung in Düsseldorf

2,56 2,67 2,96 2,96 2,99 3,00 3,08 3,09 3,34 3,36 3,49 3,72 3,72 3,76 3,90

Tab. 95: Reihenfolge der Sachverhalte nach zugeordneter Bedeutung Bei einer Gegenüberstellung der Mittelwerte aller positiven und negativen Tatbestände war erkennbar, dass die positiven Hinweise mit einem Gesamtdurchschnitt von 2,67 weniger wichtig eingestuft wurden als die negativen mit einem Mittelwert von 2,35. Negativen Faktoren wurden damit mehr Aufmerksamkeit und Bedeutung beigemessen als den positiven. Der Gesamtdurchschnitt der neutralen Tatsachen zeigte mit 3,78 einen deutlichen Abstand zu den übrigen Sachverhalten. Ein Vergleich der Bewertungen von Kennzahlen und Sachverhalten ergab, dass Sachverhalte stets höher gewichtet wurden als Kennzahlen.1104 In Verbindung mit den bereits ausgewerteten Anteilen von Faktoren an einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme schien dies widersprüchlich. Im Abschnitt D. 5.3.1. wurde festgestellt, dass die quantitativen Sachverhalte mit durchschnittlich 68,28% in der Praxis Einfluss auf die Urteilsbildung nahmen, die qualitativen hingegen nur mit 30,29%. Diese Angabe resultierte vielleicht daraus, dass die Teilnehmer in der Praxis schwieriger an qualitative Hinweise gelangten und diese daher einen geringeren Anteil ausmachten. Diese Vermutung wurde jedoch durch die Auswertung der Faktorenanteile in der Theorie widerlegt, da die Mittelwerte für Theorie und Praxis nur geringfügig voneinander abwichen. Eine endgültige Klärung kann durch die vorliegenden Daten nicht erfolgen. Ein Manipulationscheck wurde mit Hilfe der Sachverhalte bezüglich des Jahresfehlbetrages und des Betriebsergebnisses durchgeführt. Die Gegebenheiten „Jahresfehlbetrag im Vorjahr“, „Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren“ bzw. „Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren“ lagen auf den Rängen 13, 16 und 21. Diese Reihenfolge war schlüssig. Je häufiger ein Unternehmen einen Jahresfehlbetrag in aufeinander folgenden Jahren ausweist, desto gefährdeter ist dessen Zukunft. Gleiches wird für den Sachverhalt in Bezug auf das Be1104

Für die Ergebnisse bei der Auswertung der Kennzahlen wird auf Kapitel D. 5.3.3.1. verwiesen.

230

triebsergebnis angenommen. Hier war aber ein anderes Bild erkennbar. Auf Rang 15 lag der Hinweis für einen Zeitraum von zwei Jahren, auf Rang 19 für das Vorjahr. Der Sachverhalt „Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen drei Jahren“ belegte jedoch Rang 24. Diese Abfolge schien unklar. Es ist nicht eindeutig nachvollziehbar, warum ein Unternehmen, das in den drei vorangegangenen Jahren ein negatives Betriebsergebnis auswies, weniger gefährdet sein sollte als ein Unternehmen, das lediglich im Vorjahr ein negatives Betriebsergebnis erwirtschaftet hatte. Näherer Aufschluss über diese Einstufung ist auf Grund der Informationsbasis nicht möglich. Der Einfluss der Sachverhalte auf den Bestätigungsvermerk war sehr uneinheitlich, da nicht überall eindeutige Tendenzen erkennbar waren. Bei den vier neutral eingestuften Gegebenheiten fiel das Ergebnis ähnlich aus. Jeweils 13 Teilnehmer legten sich auf einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk fest und weitere ein bzw. drei Teilnehmer entschieden sich für ein eingeschränktes Testat bzw. einen Versagungsvermerk. Die übrigen 149 bzw. 151 Teilnehmer gaben an, dass diese Sachverhalte keinen Einfluss auf das zu erteilende Testat hatten, womit deren geringe Bedeutung bestätigt wurde. Die Sachverhalte „Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren“ und „Negatives Eigenkapital“ wiesen mit keiner Nennung bzw. fünf Nennungen beim uneingeschränkten Bestätigungsvermerk die geringste Zahl auf. 104 Teilnehmer gaben an, dass „Negatives Eigenkapital“ grundsätzlich zu einem eingeschränkten oder versagten Testat führt. Die Auswertung der Sachverhalte hinsichtlich Bedeutung und Einfluss auf den Bestätigungsvermerk nach den Merkmalen „Erfahrung“ und „Arbeitgeber“ war sehr unübersichtlich. Beim Kriterium „Arbeitgeber“ wurden 17 Differenzen bei der Wichtigkeit und vier beim Einfluss auf den Bestätigungsvermerk beobachtet.1105 Es lagen maximal zwei Signifikanzen je Sachverhalt vor, was unter Berücksichtigung der sechs Kombinationsmöglichkeiten bei diesem Merkmal sehr gering schien. Insgesamt waren drei bzw. elf Faktoren betroffen. Es wird nicht auf jede Differenz einzeln eingegangen. Trotzdem konnte festgestellt werden, dass bei 66,66% der Unterschiede die Gruppe „Selbstständige“ beteiligt war und diese die Sachverhalte in der Regel unwichtiger eingeschätzt hatte. Die Vermutung, dass „Selbstständige“ qualitative Unternehmensfaktoren im Verhältnis zu den anderen Arbeitgebergruppen unbedeutender einschätzten und damit seltener im Rahmen einer Urteilsbildung berücksichtigten, konnte durch die vorliegenden Daten nicht bekräftigt werden, da bei den Fragen nach der Zusammensetzung von Entscheidungen in der Theorie und Praxis die Gruppe „Selbstständige“ keine signifikanten Unterschiede aufwies. Die Differenzen beim Einfluss auf den Bestätigungsvermerk zeigten keine eindeutige Richtung auf.

1105

Die Signifikanzen lagen bei der Wichtigkeit zwischen p = 0,003 und p = 0,048 sowie beim Einfluss auf den Bestätigungsvermerk zwischen p = 0,004 und p = 0,037.

231

Die Analyse nach dem Kriterium „Erfahrung“ ergab, dass hier 29 Differenzen bei der Wichtigkeit und 22 beim Einfluss auf den Bestätigungsvermerk vorlagen.1106 Im Vergleich zu den obigen Ausführungen schien es, dass nicht der Arbeitgeber sondern die Berufserfahrung einen Prüfer hinsichtlich seiner Wertigkeit und Einschätzung beeinflusst. Bei den Sachverhalten „Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter (Sanierer)“ (Rang 4), „Verlust eines Hauptkunden“ (Rang 12) und „Jahresfehlbetrag im Vorjahr“ (Rang 21) wurden jeweils vier Signifikanzen bezüglich der Bestimmung der Wichtigkeit identifiziert. Bei den übrigen Faktoren lagen stets weniger Unterschiede vor. Es war auffällig, dass sich neun dieser 12 Differenzen auf die Gruppen „0 - 4 Jahre“ und „5 - 9 Jahre“ bezogen hatten. Diese Teilnehmer hatten die drei Gegebenheiten im Vergleich zu den Teilnehmern mit mehr Berufserfahrung stets wichtiger eingestuft. Gründe dafür konnten den vorliegenden Informationen nicht entnommen werden. Beim Einfluss auf den Bestätigungsvermerk hatte sich keine Erfahrungsgruppe entscheidend von den übrigen abgehoben. Die höchste Anzahl von Differenzen wurde mit fünf bei den Sachverhalten „Negativer Cash Flow der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ (Rang 11) und „Jahresfehlbetrag im Vorjahr“ (Rang 21) festgestellt. Weitere drei Faktoren wiesen drei bzw. vier, die übrigen ein oder zwei signifikante Unterschiede auf. Es konnte weder eine Tendenz zu einem bestimmten Bestätigungsvermerk noch eine besonders auffällige Erfahrungsgruppe ermittelt werden.

D. 5.3.3.2.

Weitere Sachverhalte

Die Teilnehmer hatten erneut die Möglichkeit zur Angabe zusätzlicher Sachverhalte. Auf Grund der vielfältigen Antworten war eine Aufarbeitung notwendig, wobei eine überschneidungsfreie und eindeutige Zusammenfassung nicht möglich war. Es verblieben 74 Nennungen von 39 Teilnehmern (Tabelle 96).

1106

Die Signifikanzen lagen bei der Wichtigkeit zwischen p = 0,002 und p = 0,044 sowie beim Einfluss auf den Bestätigungsvermerk zwischen p = 0,002 und p = 0,048.

232

Sachverhalt Unternehmensplanung Produkte Wichtige Verträge Liquiditätsausstattung Managementwechsel Verhältnis zu Fremdkapitalgebern Sonstige1108 Summe

Prozentual 18,92 10,81 10,81 10,81 9,46 8,11

Wichtigkeit1107 1,07 1,50 1,75 1,75 1,57 1,50

23

31,08

---

74

100,00

Anzahl der Nennungen 14 8 8 8 7 6

Tab. 96: Zusammenfassung der zusätzlich angegebenen Sachverhalte Über 50,00% der Antworten konnten unter den ersten vier Sachverhalten zusammengefasst werden. Wie bei den Kennzahlen wurden die von den Teilnehmern selbst angegebenen Sachverhalte stets wichtiger eingestuft als die im Fragebogen aufgeführten. Dies war verständlich, da bei einer für einen Teilnehmer vollständigen Auflistung aller relevanten Umstände keine weiteren Nennungen erforderlich gewesen wären. Beim Begriff „Unternehmensplanung“ wurde auf eine plausible bzw. schlüssige oder auf eine fehlende bzw. negative Planung der Geschäftsführung mit einem Prognosezeitraum von etwa drei Jahren abgestellt. Diese Antwort korrespondierte mit der Wahl des wichtigsten Sachverhalts der Frage 17. „Insolvenzplan mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung“ war als besonderer Unternehmensplan anzusehen. Unter dem Punkt „Produkte“ wurden Fragen nach Gewährleistung und Haftung, Produkt- und Lebenszyklus sowie Prozesskosten zusammengefasst. Der Sachverhalt „Wichtige Verträge“ beinhaltete Auflagen, Patente oder Lizenzen von grundlegender Bedeutung. Der Begriff „Liquiditätsausstattung“ war von zwei Seiten zu betrachten, zum einen vom Unternehmen selbst, zum anderen war, falls vorhanden, das Mutterunternehmen mit einzubeziehen. Die Teilnehmer unterschieden beim „Managementwechsel“ zwischen bereits erfolgtem und notwendigem. Es war insbesondere auf dadurch einhergehende Veränderungen im Unternehmensumfeld und -inneren zu achten. Der Sachverhalt „Verhältnis zu Fremdkapitalgebern“ berücksichtigte hauptsächlich die Beziehung zu Kreditinstituten und die damit verbundenen gekündigten bzw. offenen Kreditlinien.

1107

1108

Folgende Bewertungsskala wurde verwendet: 1 = „Entscheidende Bedeutung“, 2 = „Erhebliche Bedeutung“, 3 = „Mittlere Bedeutung“, 4 = „Geringe Bedeutung“. Es wurde das arithmetische Mittel gebildet. Je geringer der Wert ist, desto bedeutender wurde die Kennzahl von den Teilnehmern eingestuft. Folgende Sachverhalte wurden höchstens zweimal angegeben: „Gesetzesverstöße“, „Übernahme von Bürgschaften“, „Negatives Beteiligungsergebnis“, „Fehlende Patronatserklärung bei schwierigem Geschäftsumfeld“, „Wechsel des Abschlussprüfers“, „Branchenentwicklung“, „Überproportionaler Anstieg an Lieferantenkrediten“, „Entwicklung der Einzelwertberichtigungen“, „Debitorenstruktur“, „Zu hohe Gesellschafterentnahmen“.

233

D. 5.3.4. D. 5.3.4.1.

Informationsreihenfolge Würdigung der Anmerkungen der Teilnehmer

Diese Auswertung zur Informationsreihenfolge gliedert sich in drei Abschnitte. Die komplexe Fragestellung hatte die Teilnehmer im Vergleich zu den übrigen Fragen häufiger zu zusätzlichen und ausführlicheren Anmerkungen veranlasst. Hierauf wird im ersten Teil eingegangen. Anschließend erfolgt eine Analyse zunächst des positiven, dann des negativen Informationssets unabhängig vom Fragebogen. Der dritte Abschnitt beinhaltet die Ausarbeitung von drei Annahmen sowie deren Überprüfung. Obwohl in Frage 22 die Möglichkeit zur Begründung der Antworten gegeben worden war, wurden von den Teilnehmern viele Zwischenkommentare hinzugefügt, die hier näher erläutert werden. Neun Teilnehmer waren der Meinung, dass die Antwortmöglichkeiten der Simulation einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme anhand von zwei mal sieben Sachverhalten „nicht korrekt“ bzw. „wenig sinnvoll“ war. Sie wiesen in diesem Zusammenhang explizit auf IDW PS 400, Tz. 77 hin, wonach ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk zu erteilen ist, wenn alle entscheidenden Sachverhalte durch die gesetzlichen Vertreter im Jahresabschluss und im Lagebericht richtig dargestellt worden sind. Dies hat unabhängig davon zu erfolgen, ob der Umstand positive oder negative Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Unternehmens hat. Ausschlaggebend ist die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des zu prüfenden Unternehmens. Bei der Auswertung der Antworten dieser neun Teilnehmer wurde festgestellt, dass sowohl bei den Einzelfragen als auch beim Gesamturteil eine Tendenz zur Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks vorlag, d.h. jeweils die erste Antwortmöglichkeit angekreuzt worden war. Der Argumentationsstruktur dieser Teilnehmer wurde zugestimmt. Unter Berücksichtigung der im Anschreiben erfolgten Erläuterung der mit dieser Studie verfolgten Ziele ist jedoch anzumerken, dass es nicht die Absicht war, Wissen über IDW Prüfungsstandards oder andere Prüfungsnormen abzufragen, sondern die Beeinflussbarkeit des Prüfers durch die Art der Sachverhalte sowie deren Bearbeitungsreihenfolge zu untersuchen. Die Auswertung sämtlicher Antworten zeigte, dass dieser Interpretation rund 90,00% der Teilnehmer gefolgt waren. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass in der Praxis bei richtiger Darstellung von relevanten Sachverhalten durch die gesetzlichen Vertreter ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk zu erteilen ist. Dennoch sollte ein Prüfer daran interessiert sein, zu wissen, durch welche Vorgehensweisen der Mandant die Urteilsbildung des Prüfers bewusst oder unbewusst beeinflussen kann. Zwei andere Teilnehmer spezifizierten ihre Bedenken hinsichtlich der Fallstudie. Die Gegebenheiten „350 Unternehmensmitarbeiter“ und „Unternehmensrechtsform ist die Aktiengesellschaft“ wurden von ihnen als praxisfremd bezeichnet.1109 Ihrer Meinung nach hatten diese beiden Sachverhalte keinen Einfluss auf den zu erteilenden Bestätigungsvermerk. Dieser Aus1109

Diese Teilnehmer hatten den Fragebogen dennoch vollständig ausgefüllt und zählten somit nicht zu den unter Kapitel D. 4.3.2. angeführten Absagen.

234

sage wurde auch durch den Fragebogen entsprochen, da im Abschnitt D. 4.2.2. beide Umstände im Vorhinein als neutral eingestuft wurden. Dem Vorwurf „Praxisfremd“ war entgegenzuhalten, dass die insgesamt vier neutralen Tatsachen lediglich zur Steigerung der Aufmerksamkeit aufgenommen wurden. Die Testpersonen im Rahmen der Fragebogenerstellung gaben an, nach Kenntnisnahme dieser neutralen Hinweise ihre Antworten sorgfältig überdacht zu haben, um sich bezüglich ihrer bereits gemachten Angaben zu vergewissern. Falschantworten wegen Konzentrationsschwäche oder Zeitdruck sollten dadurch reduziert bzw. verhindert werden. Die hohe Anzahl der im Sinne der Untersuchungsziele ausgefüllten Fragebögen bestätigten dieses Ziel.

D. 5.3.4.2.

Auswertung der Fragen unabhängig von der Reihenfolge

Die Auswertung der Fragen unabhängig von der Reihenfolge der beiden Informationssets erfolgte nach den Informationsarten positiv und negativ. Es wurde angenommen, dass positive Sachverhalte tendenziell zu einem uneingeschränkten und negative zu einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk bzw. einem Versagungsvermerk führten. Die Teilnehmer des Fragebogens A fanden in Frage 19 die fünf negativen und zwei neutralen Sachverhalte vor. Frage 20 enthielt fünf positive und zwei neutrale Merkmale. Diese Reihenfolge wurde beim Fragebogen B vertauscht, so dass in Frage 19 die fünf positiven sowie zwei neutrale Hinweise und in Frage 20 fünf negative sowie zwei neutrale Tatsachen vorlagen. Die Faktoren innerhalb der Fragestellungen blieben unverändert. Insgesamt wurden bei der Auswertung 165 Fragebögen, 79 Fragebögen A und 86 Fragebögen B, berücksichtigt. 71 Teilnehmer des Fragebogens A (89,87%) wollten nach dem Lesen der negativen Sachverhalte prinzipiell einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilen.1110 Nach Bearbeitung der positiven Hinweise sprachen sich 75 Teilnehmer (94,94%) prinzipiell für einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk aus. Bei der Zusammenfassung der Ergebnisse erteilten 48 Teilnehmer des Fragebogens A (60,76%) ein uneingeschränktes und nur 31 Teilnehmer (39,24%) ein eingeschränktes Testat. Bei den Teilnehmern des Fragebogens B entschieden sich nach Durchsicht der positiven Sachverhalte 80 Teilnehmer (93,02%) für einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk. Nach Vorlage der negativen Hinweise wollten 76 Teilnehmer (88,37%) grundsätzlich einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk bzw. einen Versagungsvermerk erteilen. Bei der Zusammenfassung der Ergebnisse wählten nur 21 Teilnehmer des Fragebogens B (24,42%) ein uneingeschränktes und 65 Teilnehmer (75,58%) ein eingeschränktes Testat bzw. einen Versagungsvermerk. In der Tabelle 97 werden die Ergebnisse zusammengefasst.

1110

Da bei den negativen Sachverhalten der Versagungsvermerk 19-mal, beim Gesamturteil lediglich einmal angekreuzt worden war, wurden die Antworten „Beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks.“ sowie „Beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines Versagungsvermerks.“ unter ersterem zusammengefasst.

235

Sachverhalt Negativ Positiv Gesamturteil

Fragebogen A UBV EBV/VV 10,13 89,87 94,94 5,06 60,76 39,24

Fragebogen B UBV EBV/VV 11,63 88,37 93,02 6,98 24,42 75,58

Fragebogen gesamt UBV EBV/VV 10,90 89,10 93,94 6,06 41,82 58,18

Tab. 97: Erteilte Testate unabhängig von der Reihenfolge der Informationen Tabellenlegende: Fragebogen A = Negative Sachverhalte [Frage 19] - positive Sachverhalte [Frage 20] Fragebogen B = Positive Sachverhalte [Frage 19] - negative Sachverhalte [Frage 20] UBV = Uneingeschränkter Bestätigungsvermerk EBV = Eingeschränkter Bestätigungsvermerk VV = Versagungsvermerk

Die Auswertung der beiden Informationsarten zeigt, dass die Teilnehmer die Sachverhalte richtig verstanden und bestimmt bzw. bewertet hatten. Fasst man die Ergebnisse der beiden Fragebögen zusammen, ist erkennbar, dass wenigstens 89,00% der Teilnehmer offensichtlich im Sinne der Aufgabenstellung geantwortet hatten. Nach Bearbeitung der positiven Sachverhalte wollten unabhängig von der Reihenfolge der Informationssets 155 Teilnehmer (93,94%) grundsätzlich einen uneingeschränkten, bei den negativen Sachverhalten 147 Teilnehmer (89,09%) einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilen. Trotz allem hatten einige wenige Teilnehmer die Antworten entgegen der angenommenen Interpretation gewählt. Hierunter wurden die Wahl eines eingeschränkten Testats bzw. eines Versagungsvermerks nach der Durchsicht der positiven Sachverhalte und die Wahl eines uneingeschränkten Testats nach der Bearbeitung der negativen Sachverhalte verstanden. Es ist zu untersuchen, ob die vorliegenden Daten Gründe für dieses uneinheitliche Verhalten aufzeigen. Auf Grund der negativen Sachverhalte hatten sich 18 Teilnehmer die Antwort „Beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks.“ entschieden. Diese setzten sich aus acht Teilnehmern des Fragebogens A und zehn des Fragebogens B zusammen. Deren Vorgehensweise konnte zum Teil durch ihre eigenen zusätzlichen Angaben in Frage 22 nachvollzogen werden. Die Hälfte dieser Gruppe gab in ihren Ausführungen an, die Aufgabenstellung im Sinne des IDW PS 400 bearbeitet zu haben.1111 Diese neun Teilnehmer hatten bei allen drei Fragen den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk ausgewählt. Weitere sieben hatten ebenfalls stets das uneingeschränkte Testat angegeben. Auf Grund einer fehlenden Begründung konnte daher nur vermutet werden, dass auch diese im Sinne des IDW PS 400 geantwortet hatten. Über die Beweggründe der übrigen beiden Teilnehmer konnte kein Aufschluss gewonnen werden. Ein Teilnehmer hatte beim ersten Informationsset ein eingeschränktes, beim zweiten ein uneingeschränktes und beim Gesamturteil ein eingeschränktes Testat gewählt (Kurzform: „eingeschränkt, uneingeschränkt, eingeschränkt“). Der zweite Teilnehmer hatte die Antwortkombination „eingeschränkt, uneingeschränkt, uneingeschränkt“. 1111

Siehe die Ausführungen im Gliederungspunkt D. 5.3.4.1.

236

Die andere zu untersuchende Gruppe waren die zehn Teilnehmer, die nach dem Lesen der positiven Sachverhalte einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk bzw. einen Versagungsvermerk erteilt hatten. Vier Teilnehmer hatten den Fragebogen A und sechs den Fragebogen B bearbeitet. Die Teilnehmer des Fragebogens A hatten sämtlich die Antwortkombination „eingeschränkt, eingeschränkt, uneingeschränkt“ gewählt. Die verfügbaren Daten ließen keine Klärung zu. Vier Teilnehmer des Fragebogens B hatten bei allen drei Möglichkeiten das eingeschränkte Testat angekreuzt. Es kann nur gemutmaßt werden, dass diese Teilnehmer selbst die positiven Sachverhalte mit einer negativen Auswirkung für das jeweilige Unternehmen verbanden und sich somit generell für ein eingeschränktes Testat entschieden haben. Die Antwortkombinationen „eingeschränkt, uneingeschränkt, eingeschränkt“ sowie „eingeschränkt, uneingeschränkt, uneingeschränkt“ der beiden anderen Teilnehmer des Fragebogens B konnten nicht nachvollzogen werden.

D. 5.3.4.3. D. 5.3.4.3.1.

Bildung und Überprüfung der Annahmen Theoretische Grundlagen zur Bildung und Überprüfung der Annahmen

Wie bereits im Abschnitt D. 4.2.2. erläutert worden ist, wurden zwei unterschiedliche Fragebögen versandt. Die Teilnehmer wurden gleichmäßig per Zufall auf die beiden Fragebögen verteilt und waren über die Existenz der unterschiedlichen Fragebögen nicht informiert. Die Rücklaufquoten des Fragebogen A lagen bei 47,88% und für den Fragebogen B bei 52,12%. 79 Fragebögen A sowie 86 Fragebögen B bildeten die Grundgesamtheit dieser Studie und dieser Auswertung. Insgesamt sollten in den Fragen 19 bis 21 drei Antworten gegeben werden. Die beiden Einzelentscheidungen der Fragen 19 und 20 sollten unabhängig voneinander erfolgen. Aus diesen beiden Einzelentscheidungen sollte abschließend ein Gesamturteil gebildet werden. In Frage 22 bestand die Möglichkeit der Erläuterung des eigenen Vorgehens. Die unabhängige Beantwortung der Fragen 19 und 20 ermöglichte die Durchführung eines Manipulationschecks. Die Ergebnisse aus Abschnitt D. 5.3.4.2. zeigten, dass es keine nennenswerten Unstimmigkeiten bei der Beantwortung der einzelnen Fragen gegeben hat. Die Teilnehmer hatten die Aufgabenstellung im Sinne der Fragestellung beantwortet. Die Daten waren als Grundlage für eine Auswertung geeignet und hatten keine negative Wirkung auf die Ergebnisse. Dieser Fragebogenabschnitt untersuchte die Beeinflussbarkeit der Urteilsbildung eines Prüfers durch die Vorlage von Informationen in geänderter Reihenfolge. Hierfür wurden drei Annahmen aufgestellt.

237

D. 5.3.4.3.2.

Bildung und Überprüfung der ersten Annahme

Unabhängig von der bisher getroffenen Prämisse, dass positive Sachverhalte tendenziell zu einem uneingeschränkten und negative zu einem eingeschränkten Testat bzw. einem Versagungsvermerk führen, müssten die Gesamturteile der beiden Fragebögen die gleiche Antwortstruktur aufweisen, da sämtliche Teilnehmer identische Sachverhalte zu beurteilen hatten. In Studien verschiedener Autoren wurde gezeigt, dass die Präsentationsreihenfolge von Informationen Einfluss auf das Gesamturteil der Teilnehmer haben kann.1112 Annahme 1: Die Gesamturteile der beiden Fragebögen weisen keine gleichartige Struktur auf, d.h. es werden Order Effects vorhergesagt. Gesamturteil UBV EBV/VV Summe

Fragebogen A (-+)1113 48 (60,76%) 31 (39,24%) 79

Fragebogen B (+-) 21 (24,42%) 65 (75,58%) 86

Insgesamt (A und B) 69 (41,82%) 96 (58,18%) 165

Tab. 98: Gesamturteile der Fragebögen A und B Tabellenlegende: UBV = Beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks. EBV/VV = Beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks bzw. beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines Versagungsvermerks.

Aus Tabelle 98 lässt sich entnehmen, dass die Gesamturteile differenziert nach den Fragebögen ein uneinheitliches Ergebnis aufwiesen. 60,76% der Teilnehmer des Fragebogens A hatten als Gesamturteil den uneingeschränkten, 39,24% den eingeschränkten Bestätigungsvermerk bzw. den Versagungsvermerk angegeben. Bei den Teilnehmern des Fragebogens B hingegen wurde ein Verhältnis von 24,42% zu 75,58% ermittelt. Selbst die ganzheitliche Betrachtung des Gesamturteils unabhängig vom Fragebogen machte deutlich, dass unter der Annahme von übereinstimmenden Sachverhalten keine gleichmäßige Aufteilung der Antworten zu einem uneingeschränkten und eingeschränkten Bestätigungsvermerk sowie Versagungsvermerk vorlag. Hier betrug das Verhältnis 41,82% zu 58,18%.1114 Da die einzelnen Sachverhalte und deren Gruppierung in beiden Fragebögen identisch waren, schien es, dass die Reihenfolge der Sachverhaltsgruppen eine entscheidende Wirkung auf die Bildung des Gesamturteils der Teilnehmer hatte. Die Annahme 1 wurde damit bestätigt.

1112 1113 1114

Siehe dafür die Ausführungen des Kapitels D. 3.2.2. Das „-“ steht für die negativen Sachverhalte, das „+“ für die positiven Sachverhalte. Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Der Unterschied war nicht statistisch signifikant. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275.

238

D. 5.3.4.3.3.

Aufstellung und Überprüfung der zweiten Annahme

Auf Grund der Feststellung, dass die Reihenfolge der Sachverhalte das Gesamturteil beeinflusste, stellte sich nun die Frage, welche Position in der Reihenfolge ausschlaggebend war. Es wurde zwischen Primacy Effects und Recency Effects differenziert. Es sollte untersucht werden, ob die anfänglich vorgelegten Informationen den entscheidenden Einfluss ausgeübt haben (Primacy Effects) oder die zuletzt bearbeiteten Sachverhalte (Recency Effects). Verschiedene Studien hatten bewiesen, dass bei einem EoS-Antwortmodus1115 Recency Effects vorlagen, so dass die am Schluss vorgelegten Hinweise eine größere Auswirkung auf das Gesamturteil hatten. Begründet wurde dies mit der noch vorherrschenden Präsenz der Sachverhalte im Vergleich zu den am Anfang vorgelegten. Annahme 2: Die Gesamturteile entsprechen eher der zuletzt bearbeiteten Informationsgruppe. Folglich gilt nach der Bearbeitung der negativ eingestuften Sachverhalte ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk bzw. ein Versagungsvermerk und nach den positiven Faktoren ein uneingeschränktes Testat als erwartete Antwort. Da im Rahmen dieser Fragestellungen beide Informationsarten zur Anwendung kamen, wurde für jede Art eine Annahme aufgestellt. Die Annahme 2a gilt für die positiven Informationen (Fragebogen A). Es wird unterstellt, dass beim Fragebogen A in Frage 21 mehr Antworten „Ich erteile insgesamt einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk.“ gegeben werden, da die positive Sachverhaltsgruppe aus Frage 20 ausschlaggebend ist. Die Annahme 2b wird für die negativen Sachverhalte aufgestellt (Fragebogen B). Beim Fragebogen B werden mehr „Ich erteile insgesamt einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk.“ bzw. „Ich erteile insgesamt einen Versagungsvermerk.“ vorliegen, da die zweite Sachverhaltsgruppe negativ beurteilt wird. Tabelle 98 zeigt, dass beim Fragebogen A im Ganzen 48 uneingeschränkte und 31 eingeschränkte Bestätigungsvermerke bzw. Versagungsvermerke vorlagen. Da die zuletzt vorgelegten Sachverhalte aus Frage 20 positiver Art waren, wurden überwiegend uneingeschränkte Bestätigungsvermerke angekreuzt. Die Annahme 2a wurde durch die Ergebnisse des Fragebogens A für die positiven Informationen bestätigt.1116 Teilnehmer des Fragebogens B vergaben 21-mal einen uneingeschränkten und 65-mal einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk bzw. Versagungsvermerk. Die in Frage 20 genannten Sachverhalte waren hier negativ, so dass eindeutig mehr eingeschränkte Bestätigungsvermerke bzw. Versagungsvermerke erteilt wurden. Die Annahme 2b wurde durch die Ergebnisse des Fragebogens B für die negativen Informationen ebenfalls bestätigt.1117

1115 1116

1117

Für eine Erläuterung der Antwortmodi siehe Kapitel D. 2.4. Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Der Unterschied war nicht statistisch signifikant. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275. Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Der Signifikanzwert betrug p = 0,012. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275.

239

Als Zwischenfazit bleibt festzuhalten, dass die Entscheidungen der Teilnehmer zum einen durch die abweichende Reihenfolge (Order Effects) und zum anderen durch die zuletzt vorgelegten Sachverhalte (Recency Effects) beeinflusst worden waren. Recency Effects lagen sowohl bei positiven als auch bei negativen Informationen vor.

D. 5.3.4.3.4.

Aufstellung und Überprüfung der dritten Annahme

Im Rahmen der dritten Annahme gilt es zu untersuchen, ob die beiden Sachverhaltsarten von den Teilnehmern als gleichgewichtig angesehen wurden. In vielen Studien einschließlich dieser (siehe Kapitel D. 5.3.3.1.) wurde festgestellt, dass negative Hinweise einen größeren Einfluss auf die Urteilsbildung hatten als positive. Teilnehmer maßen den negativen Informationen eine größere Bedeutung bei als positiven. Nachdem bei den vorangegangenen Annahmen 1 und 2 stets die absoluten Werte berücksichtigt wurden, wurden hier die Antwortänderungen zwischen der Frage 19 bzw. 20 und der Frage 21 analysiert. Eine Meinungsänderung liegt vor, wenn die Antwort für das Testat, bei den Fragen 19 und 21 bzw. Fragen 20 und 21 nicht übereinstimmt. Wählt ein Teilnehmer in Frage 19 ein uneingeschränktes Testat und in Frage 21 einen Versagungsvermerk, so wird dies als Anpassung gewertet. Annahme 3: Die Zahl der Meinungsänderungen wird bei den zuerst genannten positiven Sachverhalten größer sein als bei den negativen. Hiermit wird ausgedrückt, dass positive Hinweise weniger aussagestark sind, um einen Teilnehmer in seiner derzeitigen Meinung zu unterstützen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass den negativen Hinweisen eine größere Bindungswirkung und damit eine höhere Bedeutung zugesprochen wird.

Fragebogen A Fragebogen B

Negative Sachverhalte 0 UBV 40 EBV/VV 12 UBV 1 EBV/VV

Positive Sachverhalte 4 UBV 31 EBV/VV 1 UBV 60 EBV/VV

Tab. 99: Übersicht über die Meinungsänderungen Tabellenlegende: UBV = Beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks. EBV/VV = Beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines eingeschränkten Bestätigungsvermerks bzw. beim Unternehmen […] tendiere ich zur Erteilung eines Versagungsvermerks.

Fasste man die Ergebnisse beider Fragebögen in Tabelle 99 zusammen, war erkennbar, dass bei den positiven Sachverhalten insgesamt 96 Meinungsänderungen (58,18%) vorlagen. Bei den negativen Tatsachen waren es lediglich 53 (32,12%). Hieraus ließ sich folgern, dass die nega-

240

tiven Sachverhalte einen stärkeren Einfluss auf die Bildung des Gesamturteils hatten als die positiven. Die Annahme 3 wurde damit bestätigt.1118

D. 5.4. Auswertung des dritten Fragebogenabschnitts D. 5.4.1.

Überblick

Bei den Angaben über die theoretische Eignung und die praktische Anwendung ausgewählter methodengestützter Ansätze waren Mehrfachantworten möglich. Die nachfolgende Tabelle 100 gibt die Auswertung nach Theorie und Praxis sowie die durchschnittliche Zuverlässigkeit der vorgegebenen Ansätze zusammengefasst wieder. Theorie Anzahl der Anteil an Nennungen Grundgesamtheit (in %) Einzelne KZ KZS DA Reg-A KNN Sonstige Kein Ansatz

68 104 50 22 28 12 24

Summe

308

41,21 63,03 30,30 13,33 16,97 7,27 14,55

Praxis ³ Anzahl der Anteil an Nennungen Grundgesamt- Zuverlässigkeit heit (in %) (in %) 83 50,30 60,96 88 53,33 54,40 21 12,73 59,76 9 5,45 52,78 11 6,67 80,00 16 9,70 70,00 45 27,27 --273

Tab. 100: Anteile von methodengestützten Ansätzen an einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme Tabellenlegende: Einzelne KZ = Einzelne Kennzahlen KZS = Kennzahlensystem DA = Diskriminanzanalyse Reg-A = Regressionsanalyse KNN = Künstliches neuronales Netz Kein Ansatz = Ich verwende keinen methodengestützten Ansatz.

D. 5.4.2. D. 5.4.2.1.

Theoretische Eignung methodengestützter Ansätze Einzelantworten der theoretischen Eignung methodengestützter Ansätze

Bei der Frage zur theoretischen Eignung von methodengestützten Ansätzen entfielen durchschnittlich 1,87 Antworten auf jeden Teilnehmer. 41,21% der Teilnehmer waren der Meinung, dass „Einzelne Kennzahlen“ ein theoretisches Hilfsmittel zur Unterscheidung zwischen Going Concern- und Non-Going Concern-Unternehmen darstellen. Der Ansatz „Kennzahlensystem“ wurde von 63,03% der Teilnehmer als theoretisch geeignet angesehen. Das Verfahren „Diskriminanzanalyse“ wurde mit 30,30% auf den dritten Platz gewählt. Die Methoden „Künstliches 1118

Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Der Signifikanzwert betrug p = 0,042. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275.

241

neuronales Netz“ und „Regressionsanalyse“ erhielten mit lediglich 16,97% bzw. 13,33% der Nennungen weniger Zuspruch. Die ermittelten Anteile der Ansätze ließen zwar einen gewissen Trend erkennen, jedoch schien sich kein Ansatz entscheidend gegen die übrigen durchsetzen zu können. Die Zusammenfassung der Ergebnisse zeigte ferner, dass 14,55% der Teilnehmer der Ansicht waren, dass kein methodengestützter Ansatz theoretisch geeignet war, eine Urteilsbildung über die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestätigungsvermerken zu unterstützen. Auf die Gründe wird im Abschnitt D. 5.4.2.3. eingegangen. Die Möglichkeit zur Angabe weiterer im Fragebogen nicht aufgeführter methodengestützter Ansätze nahmen 12 Teilnehmer wahr. Anzahl der Nennungen Unternehmensplanung Baetge-Bilanz-Rating Prüferischer Gesamteindruck Gespräche / Einschätzung der Geschäftsleitung / der Banken Discounted Cash Flow (Unternehmensbewertung) Analyse des Internen Kontrollsystems Szenarioanalyse Summe

4 2 2 1

Anteil an Grundgesamtheit (in %) 2,41 1,21 1,21 0,61

1

0,61

1 1

0,61 0,61

12

7,27

Tab. 101: Angabe sonstiger Ansätze mit theoretischer Eignung Die Darstellung machte deutlich, dass hier keine überschneidungsfreien Antworten vorlagen. Das „Baetge-Bilanz-Rating“ hätte unter „Künstliches neuronales Netz“ subsumiert werden können. Ob der „Prüferische Gesamteindruck“ als methodengestützter Ansatz angesehen werden kann, bleibt offen. Da sich kein Ansatz eindeutig herauskristallisierte, haben das Gefühl des Prüfers und Informationen direkt von der Geschäftsleitung einen festen Platz im Rahmen einer Urteilsbildung. Diese Sachverhalte können nicht durch methodengestützte Ansätze ersetzt werden. Weitere Überlegungen, warum ein Ansatz von den Teilnehmern besser oder schlechter eingeschätzt wurde, können möglicherweise den Auswertungen der Fragen 24 und 29 entnommen werden.1119 Beim Merkmal „Erfahrung“ liegen zwei Signifikanzen vor. Die Gruppe „20 - 24 Jahre“ gab an, zu 40,00% von der theoretischen Eignung des Verfahrens „Kennzahlensystem“ überzeugt zu sein. Dieser relativ geringe Wert wurde von den Gruppen „0 - 4 Jahre“, „5 - 9 Jahre“ und „15 19 Jahre“ mit mindestens 29,44% übertroffen.1120 Da aber die Teilnehmer mit einer Berufserfahrung von über 25 Jahren wie die jüngeren Teilnehmer geantwortet hatten, konnte diese Differenz nicht auf Erfahrung an sich zurückgeführt werden: je mehr Wissen ein Teilnehmer hat, 1119 1120

Siehe dafür die Kapitel D. 5.4.2.3. sowie D. 5.4.6. Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Die Signifikanzwerte betrugen p = 0,028 und p = 0,031. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275.

242

desto geringer fällt die Einschätzung der theoretischen Eignung für „Kennzahlensystem“ aus. Eine abschließende Klärung ist nicht möglich. Die Auswertung nach dem Merkmal „Geschlecht“ zeigte, dass die Nennungen durch die weiblichen Teilnehmer bei den methodengestützten Ansätzen immer geringer ausgefallen waren als die der männlichen Teilnehmer. Es stimmten der Antwort „Theoretisch ist kein methodengestützter Ansatz geeignet.“ 38,46% der Frauen, jedoch nur 12,50% der Männer zu.1121 Begründet werden kann dies vielleicht mit den Ergebnissen aus Frage 111122, bei denen die Frauen den Anteil der sonstigen Faktoren mehr als doppelt so hoch angaben wie die männlichen Teilnehmer. Unter der Annahme, dass methodengestützte Ansätze im Wesentlichen quantitative und nur im geringen Ausmaß qualitative Faktoren verarbeiten können, schien es plausibel, dass diese Verfahren eher von Männern als von Frauen als Hilfsinstrument angesehen wurden.

D. 5.4.2.2.

Antwortkombinationen zur theoretischen Eignung methodengestützter Ansätze

Die Antwortkombinationen zur theoretischen Eignung methodengestützter Ansätze enthält Tabelle 102. Einzelne KZ KZS DA Reg-A KNN Sonstige

Einzelne KZ 68 47 19 7 4 6

KZS 104 38 19 16 6

DA 50 14 19 2

Reg-A 22 10 1

KNN 28 1

Sonstige 12

Tab. 102: Antwortkombinationen zur Frage der theoretischen Eignung methodengestützter Ansätze Tabellenlegende: Einzelne KZ = Einzelne Kennzahlen KZS = Kennzahlensystem DA = Diskriminanzanalyse Reg-A = Regressionsanalyse KNN = Künstliches neuronales Netz

Teilnehmer, die „Einzelne Kennzahlen“ in der Theorie für geeignet hielten, hatten zu 69,12% auch das „Kennzahlensystem“ befürwortet.1123 Die umgekehrte Kombination „Kennzahlensystem“ / „Einzelne Kennzahlen“ kam lediglich auf 45,20%.1124 „Einzelne Kennzahlen“ schaff1121

1122 1123

1124

Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Der Signifikanzwert betrug p = 0,048. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275. Es wird auf das Kapitel D. 5.3.1. verwiesen. Der Prozentwert errechnet sich aus der Zeile „KZS“ und der Spalte „KZ“ aus Tabelle 102 = 47 / 68  100 = 69,12%. Der Prozentwert errechnet sich aus der Zeile „KZS“ und der Spalte „KZS“ aus Tabelle 102 = 47 / 104  100 = 45,20%.

243

ten offenbar eine gute Urteilsgrundlage, jedoch wurde in fast 70,00% der Fälle eine Bestätigung des Ergebnisses durch das „Kennzahlensystem“ angestrebt. Bei der Anwendung des „Kennzahlensystem“ hingegen wurden nur zu 45,00% weitere Kennzahlen herangezogen, um zu einer hinreichend sicheren Urteilsbildung über die Going Concern Annahme zu gelangen. Ein für die Kombination „Einzelne Kennzahl“ / „Kennzahlensystem“ sprechendes Argument war, dass einzelne Kennzahlen die Basis eines jeden Kennzahlensystems bildeten und sich durch die Verknüpfung von mehreren Kennzahlen Kennzahlensysteme entwickelt hatten. Von den 28 Teilnehmern, die sich für das Verfahren „Künstliches neuronales Netz“ als theoretisch geeignet ausgesprochen hatten, hatten 67,86% auch die „Diskriminanzanalyse“ als Ansatz gewählt.1125 Diese Beziehung schien nachvollziehbar, da in der Literatur eine Vorauswahl der Kennzahlen für ein „Künstliches neuronales Netz“ oftmals mit Hilfe einer „Diskriminanzanalyse“ durchgeführt wurde. Zusätzlich könnte die Entwicklung der methodengestützten Ansätze richtungsweisend gewesen sein, weil aus der Kritik an der „Diskriminanzanalyse“ das „Künstliche neuronale Netz“ für die Betriebswirtschaftslehre wieder entdeckt und spezifiziert worden ist. Es war auffällig, dass die von den Teilnehmern selbst angegebenen Ansätze meist nur noch mit „Einzelnen Kennzahlen“ oder „Kennzahlensystem“ verbundenen wurden. Entweder lieferten die sonstigen Ansätze so gute Ergebnisse, dass das Heranziehen von einfachen Verfahren ausreichend war oder die Teilnehmer standen den methodengestützten Ansätzen grundsätzlich skeptisch gegenüber.

D. 5.4.2.3.

Gründe für bzw. gegen die theoretische Eignung methodengestützter Ansätze

Die Fragestellung nach den Argumenten für bzw. gegen die theoretische Eignung der einzelnen methodengestützten Ansätze war offen formuliert. Die Teilnehmer gaben eine Vielzahl an Antworten, die in Tabelle 103 zusammengefasst dargestellt werden.1126

1125

1126

Der Prozentwert errechnet sich aus der Zeile „KNN“ und der Spalte „DA“ aus Tabelle 102 = 19 / 28  100 = 67,86%. Wegen der großen Anzahl an Angaben konnten die Antworten nicht eindeutig und überschneidungsfrei wiedergegeben werden. Dennoch waren verschiedene Aussagen möglich.

244

Einzelne Kennzahlen (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 10) Kontra (Summe 15) Sind vergangenheitsorientiert und zu 1 Geben Überblick, zeigen Tendenzen über Zustand des Unternehmens auf, zeigen Prüzeitaufwändig (4) fungsschwerpunkte / Rückfragen auf (2) Zukunftsaussichten sind entscheidend (4) 2 Sind praktikabel, einfach, verständlich und vergleichbar (2) 3 Wenn unternehmensbezogener Aufbau, dann in Als Hinweis geeignet, alleine nicht ausreichend Ordnung (2) (3) Erfahrungen und Umfeld sind entscheidend (2) 4 Schnell und kostengünstig (1) Kenntnisse über das Unternehmen, das Mana5 Für (meine) Unternehmensgröße geeignet (1) gement und die Hausbank sind entscheidend (1) Nicht aussagekräftig genug (1) 6 Für Mittelstand ausreichend (1) 7 Liefern eindeutige Ergebnisse auf Basis verlässlicher Informationen (1) Kennzahlensystem (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 25) Kontra (Summe 18) 1 Gibt Überblick, zeigt Tendenzen über Zustand Als Hinweis geeignet, alleine nicht ausreichend des Unternehmens auf, zeigt Prüfungsschwer(3) punkte / Rückfragen auf (9) Nur Überblick, zukünftige Entwicklung ist 2 Ist praktikabel, einfach, verständlich und vergleichbar (überschaubar) (3) entscheidend (3) Qualitative Faktoren fehlen (3) 3 Langzeitprognosen möglich (2) Ist vergangenheitsorientiert (3) 4 Entwicklung wird zuverlässig abgebildet (2) 5 Wenn unternehmensbezogener Aufbau, dann in Erfahrungen und Umfeld sind entscheidend (2) Ordnung (1) Unkenntnis (1) 6 Für Mittelstand ausreichend (1) Zu zeitaufwändig (1) 7 Vorselektion, Verständlichkeit (1) Nur Mix ist aussagefähig (1) 8 Unterstützen Einschätzung (1) Gesamtbetrachtung ist entscheidend (1) 9 Jahresabschlussanalyse möglich (1) 10 Gute Erfahrung (1) 11 Statistisch belegbar (1) 12 Für (meine) Unternehmensgröße geeignet (1) 13 Liefert eindeutige Ergebnisse auf Basis verlässlicher Informationen (1) Diskriminanzanalyse (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 13) Kontra (Summe 8) 1 Gibt Überblick, zeigt Tendenzen über Zustand Unkenntnis, keine praktischen Erfahrungen (2) des Unternehmens auf, zeigt Prüfungsschwerpunkte / Rückfragen auf (4) Praktisch nicht anwendbar (2) 2 Gute Erfahrungen (2) Black Box (1) 3 Objektive Urteilsfindung möglich (1) 4 Schlüsse über Fortführungschancen möglich (1) Plus Urteilsvermögen (1) Nur Mix ist aussagefähig (1) 5 Mit Vergleichszahlen fremder Unternehmen gleicher Art ist ein relativ sicheres Urteil möglich (1) 6 Wenn unternehmensbezogener Aufbau, dann in Gesamtbetrachtung ist entscheidend (1) Ordnung (1) 7 Vorselektion, Verständlichkeit (1) 8 Statistisch belegbar (1) 9 Liefert eindeutige Ergebnisse auf Basis verlässlicher Informationen (1)

245

Regressionsanalyse (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 6) Kontra (Summe 7) Unkenntnis, keine praktischen Erfahrungen (3) 1 Auswertungen von Trends möglich (2) Praktisch nicht anwendbar (1) 2 Objektive Urteilsfindung möglich (1) 3 Wenn unternehmensbezogener Aufbau, dann in Plus Urteilsvermögen (1) Ordnung (1) Nur Mix ist aussagefähig (1) 4 Generelle Wahrscheinlichkeiten können aufgezeigt werden (1) Gesamtbetrachtung ist entscheidend (1) 5 Gute Erfahrung (1) Künstliches neuronales Netz (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 9) Kontra (Summe 12) 1 Baetge-Bilanz-Rating (Objektivierung, losgelöst Unkenntnis, keine praktischen Erfahrungen (4) von bilanzpolitischen Instrumenten) (3) Praktisch nicht anwendbar (1) 2 Gute Erfahrung (2) Plus Urteilsvermögen (1) 3 Kennzahlen werden vernetzt (1) 4 Wenn unternehmensbezogener Aufbau, dann in Saubere historische Datenbasis fehlt (1) Ordnung (1) 5 „Lernendes System“, gibt Schwachstellen und Zukunftsaussichten sind entscheidend (1) Ausfallwahrscheinlichkeiten an (1) Gesamtbetrachtung ist entscheidend (1) 6 Mischung aus dynamischen und statischen Kennzahlen (1) Offensichtlich nicht erfolgversprechend (1) 7 Vergangenheitsorientiert (1) 8 Black Box (1) 9

Tab. 103: Gründe für bzw. gegen die theoretische Eignung methodengestützter Ansätze1127 Insgesamt 12 Teilnehmer hatten die Möglichkeit des Aufzeigens von Tendenzen des Unternehmenszustandes und die einfache Handhabung des Ansatzes „Kennzahlensystem“ unterstrichen. Diese Argumente wurden für „Einzelne Kennzahlen“ nur von vier Teilnehmern genannt. Die geringe Aussagekraft und -sicherheit von Ergebnissen der Methode „Einzelne Kennzahlen“ wurde durch den Einsatz des Verfahrens „Kennzahlensystem“ bestätigt. Daraus ließ sich eine höhere Kombination „Einzelne Kennzahlen“ / „Kennzahlensystem“ als „Kennzahlensystem“ / „Einzelne Kennzahlen“ ableiten. Die Teilnehmer, die eigene Ansätze angegeben hatten, begründeten ihre Wahl nur in zwei Fällen. Beim „Baetge-Bilanz-Rating“ wurde die Wichtigkeit der qualitativen Faktoren und bei der „Unternehmensplanung“ die Berücksichtigung der Gesamtheit des Unternehmens explizit hervorgehoben. Für 24 Teilnehmer stand fest, dass kein methodengestützter Ansatz als Hilfestellung zur Urteilsbildung über die Going Concern Annahme dienen könnte. Die Begründungen dazu enthält Tabelle 104.

1127

Die Reihenfolge der Sachverhalte erfolgte nach Anzahl der Nennungen. Die Ordnung der Angaben mit gleicher Anzahl ist willkürlich ausgewählt und spiegelt keine Bevorzugung einzelner Gründe wider.

246

Kein Ansatz ist theoretisch geeignet. (Anzahl der Nennungen in Klammern; Summe 13) 1 Das Gesamtbild eines Unternehmens ist nicht abbildbar. Insbesondere qualitative Faktoren werden vernachlässigt. (7) 2 Ansätze sind untauglich, um tatsächliche Sachverhalte abzubilden. (2) 3 Einzelentscheidungen sind nicht systematisierbar. Ausschlaggebend ist die konkrete Kenntnis des Prüfers über das zu prüfende Unternehmen im speziellen Umfeld. (2) 4 Methodengestützte Ansätze unterstellen das Versagen der Gesellschafter. Dies entspricht nicht den Erfahrungen des Teilnehmers. (1) 5 Die Zukunftsperspektive ist ausschlaggebend. (1)

Tab. 104: Gründe für die fehlende theoretische Eignung methodengestützter Ansätze Diese Aussagen korrespondieren mit den im Kapitel C. 2.1.2.1.5. herausgearbeiteten Ergebnissen. Im Rahmen der kritischen Würdigung der einfachen methodengestützten Ansätze wurde festgestellt, dass deren Datengrundlage vergangenheitsorientiert ist. Qualitative Faktoren bleiben meist unberücksichtigt und die Darstellung des Unternehmens erfolgt in schematisierter Form. Eine Analyse der komplexen methodengestützten Ansätze ergab, dass durch eine Anwendung derselben diese Kritikpunkte nicht entkräftet werden konnten. Diese negative Beurteilung veranlasste anscheinend Teilnehmer, methodengestützte Ansätze im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung nicht anzuwenden. Leider hatte kein Teilnehmer, der methodengestützten Verfahren die theoretische Eignung absprach, die Möglichkeit der Angabe von Alternativen unter der Antwortmöglichkeit „Sonstige“ genutzt. Ohne zukünftige Untersuchungen ist die Folgerung, dass tatsächlich keine Alternative dazu in der Praxis angewandt wurde, nicht möglich. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die ausschlaggebende Beanstandung für eine eingeschränkte bzw. wohlüberlegte Anwendung methodengestützter Ansätze in der Theorie die fehlende Eigenschaft zur Abbildung eines Gesamtbildes eines Unternehmens ist, insbesondere auf Grund der Nichtberücksichtigung von qualitativen Faktoren.

D. 5.4.3. D. 5.4.3.1.

Praktische Anwendung methodengestützter Ansätze Einzelantworten der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze

Insgesamt wurden 273 Antworten gezählt, d.h. jeder Teilnehmer hatte durchschnittlich 1,65 Antworten abgegeben (für weitere Ausführungen siehe Tabelle 100). Die methodengestützten Ansätze wurden sehr deutlich in zwei Kategorien eingeteilt: praktikabel und nicht praktikabel. Zur ersten Gruppe zählten die einfachen Methoden, zur zweiten die komplexen. Gründe hierfür könnten vielleicht aus der Auswertung anderer Fragen gewonnen werden.1128 Die beiden methodengestützten Ansätze, die von den Teilnehmern am häufigsten in der Praxis angewendet wurden, waren mit 50,30% bzw. 53,33% „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“. 12,73% der Teilnehmer bauten ihre Urteilsbildung auf das Verfahren der „Diskriminanzanalyse“. Die übrigen drei Ansätze waren nur bei jeweils maximal rund 10,00% der 1128

Dafür wird auf das Kapitel D. 5.4.3.3. verwiesen.

247

Teilnehmer in der praktischen Tätigkeit anzutreffen. 27,27% der Antworten besagten, dass methodengestützte Ansätze in der Praxis nicht geeignet sind, Urteilsbildungen über die Going Concern Annahme zu unterstützen. Im Vergleich zur theoretischen Eignung hatte sich die Anzahl der Nichtanwender verdoppelt. Hierbei war auffällig, dass von den 24 Teilnehmern, die methodengestützte Ansätze bereits theoretisch als ungeeignet eingestuft hatten, 22 dieses auch für die Praxis vertraten, d.h. bei ihrer Meinung blieben. Diese grundsätzlich ablehnende Haltung ist nicht direkt erklärbar. Die Möglichkeit zur Angabe weiterer hier nicht aufgeführter Ansätze nahmen 15 Teilnehmer wahr. Anzahl der Nennungen Unternehmensplanung Kapitalflussrechnung Baetge-Bilanz-Rating Prüferischer Gesamteindruck Gespräche/Einschätzung der Geschäftsleitung/der Banken Analyse des Internen Kontrollsystems Szenarioanalyse Checkliste qualitativer Faktoren Brancheninformation, Auftragsbestand Summe

5 2 2 1 1

Anteil an Grundgesamtheit (in %) 3,03 1,20 1,20 0,61 0,61

1 1 1 1

0,61 0,61 0,61 0,61

15

9,09

Tab. 105: Angabe sonstiger Ansätze mit praktischer Anwendung Es lagen erneut Überschneidungen vor, da das „Baetge-Bilanz-Rating“ unter das Verfahren „Künstliches neuronales Netz“ hätte eingeordnet werden können. Als weiterer Ansatz im Vergleich zur Frage der theoretischen Eignung von „Sonstige“ wurde die Kapitalflussrechnung genannt. Die „Unternehmensplanung“ nahm hier ebenfalls den ersten Rang ein. Es stellte sich erneut die Frage, ob z.B. „Prüferischer Gesamteindruck“ als methodengestützter Ansatz anzusehen war. Auf Grund der offenen Fragestellung waren eindeutige Zuordnungen nicht immer möglich. Dennoch ließen sich sowohl an dieser Stelle als auch im Abschnitt zur theoretischen Eignung Tendenzen der Teilnehmer erkennen. Keine signifikanten Unterschiede jedoch eine Tendenz war insbesondere bei der Anwendung des Verfahrens „Künstliches neuronales Netz“ zu sehen. 17,86% der Teilnehmer von Big4WPG gaben an, diese Methode im Rahmen ihrer praktischen Tätigkeit einzusetzen. Zu den anderen Gruppen bestanden Differenzen von mindestens 10,31% und maximal 15,77%. Es wäre interessant zu wissen, ob diese Antworten sich auf eine Big4-WPG beziehen bzw. ob der Ansatz mit Lizenz erworben oder selbst entwickelt worden ist. Leider konnten mit Hilfe der Begründungen aus Frage 26 keine Rückschlüsse gezogen werden.

248

Das Merkmal „Erfahrung“ wies zwei Signifikanzen beim Ansatz „Kennzahlensystem“ auf. Der Anteil mit 75,00% der Gruppe „15 - 19 Jahre“ stellte das Maximum dieser Frage dar. Die beiden angrenzenden Gruppen hingegen wandten dieses Verfahren nur zu 44,44% bzw. 40,00% an.1129 Eine Begründung dafür kann den vorliegenden Informationen nicht entnommen werden. Die Auswertung nach dem „Geschlecht“ machte deutlich, dass 53,85% der weiblichen und 25,00% der männlichen Teilnehmer keinen methodengestützten Ansatz in der Praxis anwandten. Diese Entwicklung wurde bereits bei der Frage zur theoretischen Eignung festgestellt.1130 Frauen vertrauten anscheinend sowohl in der Theorie als auch in der Praxis den Verfahrensergebnissen weniger. Auffällig war, dass „Regressionsanalyse“ und „Künstliches neuronales Netz“ von keinem weiblichen Teilnehmer angekreuzt wurde. „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ wurden von Frauen zu je 30,77% in der Praxis verwendet. Bei Männern lag die Nutzung bei 51,97% bzw. 55,26%. „Sonstige Ansätze“ wurden von 23,08% der Frauen und von 8,55% der Männer verfolgt. Eine endgültige Klärung dieses Sachverhalts ist nicht möglich.

D. 5.4.3.2.

Antwortkombinationen der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze

Die Antwortkombinationen zur praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze können Tabelle 106 entnommen werden. Einzelne KZ KZS DA Reg-A KNN Sonstige

Einzelne KZ 83 57 14 4 4 11

KZS 88 17 8 4 12

DA 21 3 4 4

Reg-A 9 0 0

KNN 11 0

Sonstige 16

Tab. 106: Antwortkombinationen zur Frage der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze Tabellenlegende: Einzelne KZ = Einzelne Kennzahlen KZS = Kennzahlensystem DA = Diskriminanzanalyse Reg-A = Regressionsanalyse KNN = Künstliches neuronales Netz

1129

1130

Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Die Signifikanzwerte betrugen p = 0,017 und p = 0,020. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275. Es wird auf das Kapitel D. 5.4.2.1. verwiesen

249

Von den 83 Teilnehmern, die „Einzelne Kennzahlen“ in der Praxis anwandten, stimmten auch 68,67%1131 für den Ansatz „Kennzahlensystem“. Die umgekehrte Kombination „Kennzahlensystem“ / „Einzelne Kennzahlen“ kam etwa gleich häufig vor. Sich für die „Diskriminanzanalyse“ aussprechende Teilnehmer nutzten zusätzlich zu 80,95% den Ansatz „Kennzahlensystem“ und zu 66,66% „Einzelne Kennzahlen“.1132 Die Analyse der Kombinationen zeigte, dass die „Regressionsanalyse“ stets in Verbindung mit anderen Verfahren, hier „Einzelne Kennzahlen“, „Kennzahlensystem“ sowie „Diskriminanzanalyse“, eingesetzt wurde. Eine alleinige Anwendung schien in der Praxis für eine hinreichend sichere Urteilsbildung über die Going Concern Annahme nicht geeignet zu sein. Elf Teilnehmer hatten „Künstliches neuronales Netz“ genannt, zwei von ihnen ausschließlich dieses Verfahren, die übrigen in Kombination mit „Einzelne Kennzahlen“, „Kennzahlensystem“ und „Diskriminanzanalyse“. Die von den Teilnehmern selbst angegebenen Ansätze wurden wie bei der Frage nach der theoretischen Eignung eher mit „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ kombiniert, nicht hingegen mit „Künstliches neuronales Netz“ und „Regressionsanalyse“. Ob als Begründung eine hohe Zuverlässigkeit der sonstigen Ansätze angenommen werden kann, ist nicht eindeutig ableitbar.1133 Insgesamt zeigt die Auswertung, dass es bei der Fragestellung nach der praktischen Anwendung sehr viel weniger Antwortkombinationen gab als bei der Frage nach der theoretischen Eignung. Es scheint, dass die Teilnehmer, wenn überhaupt, nur ein Verfahren in ihrer praktischen Tätigkeit anwandten. Dies könnte durch den ansonsten hohen Zeit- und Kostenfaktor begründet sein. Eine abschließende Klärung dieser Annahme kann an dieser Stelle nicht erfolgen.

D. 5.4.3.3.

Gründe für bzw. gegen die praktische Anwendung methodengestützter Ansätze

Die Frage nach den Argumenten für bzw. gegen die praktische Anwendung der einzelnen methodengestützten Ansätze war ebenfalls frei formuliert. Die Teilnehmer hatten oft auf die Antworten aus Frage 24 (Gründe für bzw. gegen die theoretische Eignung) verwiesen. Da auch zusätzliche Antworten gegeben wurden und die Häufigkeit der Nennungen einzelner Antworten variierten, werden diese in Tabelle 107 dargestellt. Eine eindeutige und überschneidungsfreie Zuordnung ist nicht möglich, jedoch sind Tendenzen ableitbar.

1131

1132

1133

Der Prozentwert errechnet sich aus der Zeile „KZS“ und der Spalte „KZ“ aus Tabelle 106 = 57 / 83  100 = 68,67%. Die Prozentwerte errechnen sich aus der Zeile „DA“ und der Spalte „KZS“ bzw. „KZ“ aus Tabelle 106 = 17 / 21  100 = 80,95% bzw. 14 / 21  100 = 66,66%. Dafür wird auf das Kapitel D. 5.4.5. verwiesen.

250

Einzelne Kennzahlen (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 14) Kontra (Summe 12) Nicht aussagekräftig genug (4) 1 Schnell und kostengünstig (3) 2 Für Mittelstand ausreichend (da enger Kontakt Als Hinweis geeignet, alleine nicht ausreichend zur Geschäftsleitung) (3) (3) Kenntnisse über das Unternehmen, das 3 Leicht anwendbar (Fünf-Jahresentwicklung kann aufgezeigt werden) (3) Management und die Hausbank (1) Sind vergangenheitsorientiert und zu 4 Geben Überblick, zeigen Tendenzen über Zustand des Unternehmens auf, zeigen zeitaufwändig (1) Prüfungsschwerpunkte/Rückfragen auf (1) Zukunftsaussichten sind entscheidend (1) 5 Im Prüfungsbericht enthalten (1) 6 Wenn unternehmensbezogener Aufbau, dann in Oft zufällig und stichtagsbedingt (1) Ordnung (1) Erfahrungen und Umfeld (1) 7 Sind praktikabel, einfach, verständlich und vergleichbar (1) 8 Anhaltspunkte für Liquiditätsentwicklung, wirtschaftliche Überschuldung (1) Kennzahlensystem (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 19) Kontra (Summe 15) 1 Gibt Überblick, zeigt Tendenzen über Zustand Als Hinweis geeignet, alleine nicht ausreichend des Unternehmens auf, zeigt (6) Prüfungsschwerpunkte/Rückfragen auf (3) Ist vergangenheitsorientiert (2) 2 Ist praktikabel, einfach, verständlich und vergleichbar (3) 3 Langzeitprognosen, interne/externe Vergleiche Erfahrungen und Umfeld (2) möglich (3) Nur Überblick, zukünftige Entwicklung ist 4 Zeitreihen werden zuverlässig abgebildet (2) entscheidend (1) Gesamtbetrachtung ist entscheidend (1) 5 Einfach anzuwenden, kostengünstig (1) Zu zeitaufwändig (1) 6 Für Mittelstand ausreichend (1) Schematische Formen werden komplexen 7 Entwicklung wird zuverlässig abgebildet (1) Ansprüchen nicht gerecht (1) Nur Mix ist aussagefähig (1) 8 Unterstützt Einschätzung (1) 9 Jahresabschlussanalyse möglich (1) 10 Objektive Urteilsfindung möglich/Gesamtbild wird erstellt (1) 11 Vertrauter Umgang (1) 12 Schnell (1) Diskriminanzanalyse (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 3) Kontra (Summe 6) 1 Gibt Überblick, zeigt Tendenzen über Zustand Praktisch nicht anwendbar (2) des Unternehmens auf, zeigt Prüfungsschwerpunkte/Rückfragen auf (1) Eigene Datenbasis zu klein (1) 2 Gute Erfahrungen (1) 3 Schlüsse über Fortführungschancen möglich (1) Unkenntnis, keine praktischen Erfahrungen (1) Zu aufwändig (1) 4 Nur Mix ist aussagefähig (1) 5

251

Regressionsanalyse (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 3) Kontra (Summe 7) Unkenntnis, keine praktischen Erfahrungen (2) 1 Auswertungen von Trends möglich (2) 2 Gibt Überblick, zeigt Tendenzen über Zustand Praktisch nicht anwendbar (2) des Unternehmens auf, zeigt Prüfungsschwerpunkte/Rückfragen auf (1) Eigene Datenbasis zu klein (1) 3 Nur Mix ist aussagefähig (1) 4 Zu aufwändig (1) 5 Künstliches neuronales Netz (Anzahl der Nennungen in Klammern) Pro (Summe 5) Kontra (Summe 7) Unkenntnis, keine praktischen Erfahrungen (2) 1 Baetge-Bilanz-Rating (Objektivierung, losgelöst von bilanzpolitischen Instrumenten) (3) Praktisch nicht anwendbar (2) 2 Gute Erfahrung (1) Eigene Datenbasis zu klein (1) 3 Größte Aussagekraft (1) Zu aufwändig (1) 4 Offensichtlich nicht erfolgversprechend (1) 5

Tab. 107: Gründe für bzw. gegen die praktische Anwendung verschiedener methodengestützter Ansätze1134 Es konnten zwei wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden. Zum einen waren bei den Methoden „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ der geringe Zeit- und Kostenaufwand sowie die einfache Handhabung hervorzuheben. Nachteilig wurde die häufig unzureichende Aussagekraft angemerkt. Zum anderen wurde bei den drei übrigen Ansätzen die negative Eigenschaft betont, dass eine Anwendung auf Grund verschiedener Voraussetzungen kaum möglich war.1135 Zusätzlich verfügten viele Teilnehmer über nicht ausreichende Kenntnisse dieser Verfahren, was vielleicht die geringe Anzahl von Teilnehmern erklärte, die „Regressionsanalyse“ bzw. „Künstliches neuronales Netz“ in der Praxis anwenden. In Bezug auf die sonstigen Ansätze wird auf die Auswertung zur theoretischen Eignung im Abschnitt D. 5.4.2. verwiesen. Zur Kapitalflussrechnung sei angemerkt, dass nach Meinung eines Teilnehmers bei deren Anwendung Aufschlüsse über die Geldströme im Unternehmen gewonnen werden können. 45 Teilnehmer waren der Ansicht, dass kein methodengestützter Ansatz in der Praxis zur Anwendung kommen sollte. Die selbsterklärenden Begründungen dazu enthält Tabelle 108. Kein Ansatz ist praktisch geeignet. (Anzahl der Nennungen in Klammern; Summe 5) 1 Bei mittelständischen Unternehmen sind solche Ansätze nicht praktizierbar. (3) 2 Das Gesamtbild eines Unternehmens ist nicht abbildbar. Insbesondere qualitative Faktoren werden vernachlässigt. (1) 3 Der Teufel steckt im Detail. (1)

Tab. 108: Gründe für die fehlende praktische Anwendung methodengestützter Ansätze

1134

1135

Die Reihenfolge der Sachverhalte erfolgte nach Anzahl der Nennungen. Die Ordnung der Angaben mit gleicher Anzahl ist willkürlich ausgewählt und spiegelt keine Bevorzugung einzelner Gründe wider. Für die theoretischen Grundlagen der verschiedenen Ansätze siehe Kapitel C. 2.1.2.

252

D. 5.4.4.

Vergleich zwischen der theoretischen Eignung und der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze

Obwohl der Ansatz „Einzelne Kennzahlen“ nur von 68 Teilnehmern als theoretisch geeignet eingestuft wurde, wandten ihn 83 Teilnehmer in der Praxis an. Entgegengesetztes zeigte sich bei den Methoden „Diskriminanzanalyse“, „Regressionsanalyse“ und „Künstliches neuronales Netz“, da sich hier die Anzahl der Nennungen für die praktische Anwendung im Vergleich zur theoretischen Eignung mehr als halbiert hatte. Eine ähnliche, obgleich nicht so extreme, Tendenz war beim Verfahren „Kennzahlensystem“ zu beobachten, da der theoretische Anwenderanteil 10,00% höher war als der praktische. In der Praxis unterschieden sich die Ansätze „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ absolut nur durch fünf Nennungen, bei der theoretischen Eignung hingegen durch 36. Ein Grund dafür kann sein, dass der Ansatz „Einzelne Kennzahlen“ allgemein bekannt war, jedoch wegen seiner Vergangenheitsorientierung in der Theorie häufig kritisiert wurde. Die problemlose Anwendung und der geringe Kosten- sowie Zeitaufwand machten ihn in der Praxis besonders beliebt. Beim „Kennzahlensystem“ hingegen war die Akzeptanz für die praktische Tätigkeit größer, da die Aussagekraft durch die Verknüpfung mehrerer Kennzahlen gesteigert wurde und Entwicklungstendenzen ermittelt werden konnten. Des Weiteren schien der Gebrauch des Ansatzes „Kennzahlensystem“ ohne gravierende Schwierigkeiten möglich, da seine Nutzungshäufigkeit mit der des Verfahrens „Einzelne Kennzahlen“ fast übereinstimmte. Die Umsetzung und Anwendung von komplexen methodengestützten Ansätzen bereitete in der Praxis vermutlich Schwierigkeiten, da zum einen die Teilnehmer 34 Angaben weniger zum praktischen Einsatz als zur theoretischen Eignung gemacht hatten und zum anderen sich die Anzahl der Teilnehmer an der Grundgesamtheit bei den Verfahren „Diskriminanzanalyse“, „Regressionsanalyse“ und „Künstliches neuronales Netz“ für die praktische Verwendung mehr als halbiert hatte. Die Teilnehmer, die keinen Ansatz nutzten, hatten sich demgegenüber fast verdoppelt. „Diskriminanzanalyse“, „Regressionsanalyse“ und „Künstliches neuronales Netz“ leiden unter einer Zweiklassengesellschaft. Auf der einen Seite war die Mehrheit der Teilnehmer entweder mit diesen Methoden nicht vertraut oder sie kannten diese gar nicht. Auf der anderen Seite hielten die Teilnehmer, die über diese Ansätze ausreichend Wissen und Erfahrung verfügten, diese für sehr geeignet. Auf Grund der unterschiedlich hohen Anwendungsvoraussetzungen, u.a. ausreichende Datenbasis, war eine Handhabung jedoch nur in seltenen Fällen durchführbar. War diese möglich, schienen die gewonnenen Ergebnisse nach Meinung der Teilnehmer sehr aussagestark zu sein. Die Gründe für bzw. gegen die Eignung und die Anwendung von methodengestützten Ansätzen zeigten deutliche Unterschiede auf. Während für die Verfahren „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ mindestens jeweils 25 Angaben vorlagen, waren es bei den übrigen Methoden bei der theoretischen Eignung höchstens 21 und bei der praktischen Anwendung maximal 12. Dies ließ ebenfalls den Schluss zu, dass die einfachen methodengestützten Ansätze

253

bekannter waren und die Teilnehmer dazu eher eine Meinung abgeben konnten als zu den übrigen Verfahren. Der Rückgang der Nennungen für das Verfahren „Diskriminanzanalyse“ im Vergleich zwischen der theoretischen Eignung und der praktischen Tätigkeit war bei sämtlichen Arbeitgebergruppen gegeben, jedoch lagen keine wesentlichen Unterschiede vor. Die Anteile der Teilnehmer, die eine theoretische Eignung der Verfahren ausschlossen, lagen bei Auswertung der Arbeitgeber zwischen 10,71% bei den Big4-WPG und 20,83% bei den Selbstständigen. Eine Gegenüberstellung zur Frage 25 zeigte, dass die Anzahl der Teilnehmer stieg, die die Antwort „Ich verwende keinen methodengestützten Ansatz.“ angekreuzt hatten. Aber nur bei den Gruppen „Big4-WPG“ und „Non Big4-WPG“ war mehr als eine Verdoppelung zu verzeichnen. Vielleicht ist dies auf die bessere Ausbildung dieser Teilnehmer zurückzuführen. Sie kennen sich in Bezug auf die methodengestützten Ansätze theoretisch und praktisch gut aus, haben aber in der Praxis keine Möglichkeit zur Anwendung. Beim Kriterium „Erfahrung“ war nur bei der Hälfte der Gruppen mehr als eine Verdoppelung der Angaben festzustellen, die sich auf die Nichteignung und Nichtanwendung bezogen hatten. Eine geringe Anpassung wiesen die Gruppen „5 - 9 Jahre“, „20 - 24 Jahre“ sowie „Über 25 Jahre“ auf. Für die letzten beiden konnte angemerkt werden, dass je länger die Berufserfahrung, desto geringer der Anteil der Nichtanwender war. Bei ihrer praktischen Tätigkeit konnten die Teilnehmer gelernt haben, dass ein Methodeneinsatz grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden sollte, selbst unter der Bedingung, dass eventuell nicht alle Anwendungsvoraussetzungen erfüllt werden konnten. Dennoch können diese Ansätze als Unterstützung dienen. Die Angaben der Gruppe „5 - 9 Jahre“ sind nicht eindeutig nachvollziehbar.

D. 5.4.5.

Häufigkeit der praktischen Anwendung und Zuverlässigkeit methodengestützter Ansätze

Die Tabelle 109 enthält eine Zusammenfassung der Angaben zur Häufigkeit der praktischen Anwendung und der daraus resultierenden durchschnittlichen Zuverlässigkeit. Anzahl der Nennungen1136 ³ Zuverlässigkeit1137 Einzelne Kennzahlen Kennzahlensystem Diskriminanzanalyse Regressionsanalyse Künstliches neuronales Netz Sonstige Ich verwende keinen methodengestützten Ansatz.

83 88 21 9 11 16 45

Summe

60,96% 65,40% 59,76% 52,78% 80,00% 70,00% ---

273

Tab. 109: Häufigkeit der praktischen Anwendung methodengestützter Ansätze und ihre durchschnittliche Zuverlässigkeit 1136 1137

Dies entsprach den Angaben über die praktische Anwendung der methodengestützten Ansätze. Es wurde das arithmetische Mittel der Prozentangaben ermittelt.

254

Die durchschnittliche Zuverlässigkeit der methodengestützten Ansätze lag nach Aussage der Teilnehmer bei jeweils über 50,00%. Die am häufigsten verwendeten Ansätze „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ lieferten zu über 60,00% richtige Hinweise für die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme. „Künstliches neuronales Netz“ und die sonstigen von den Teilnehmern angeführten Methoden schnitten mit einer durchschnittlichen Zuverlässigkeit von 80,00% bzw. 70,00% am besten ab. Die „Regressionsanalyse“ schien in der Praxis unbedeutend zu sein, da dieses Verfahren sehr selten genannt wurde und zusätzlich die geringste Zuverlässigkeit aufwies. Die Ansätze „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ waren zwar am weitesten verbreitet, jedoch war die ihnen zugeschriebene durchschnittliche Zuverlässigkeit mit 60,96% bzw. 65,40% im Vergleich zu einer Wahrscheinlichkeit von 50,00% durch einfaches Raten nicht überzeugend. Die im Abschnitt D. 5.4.3.2. angesprochenen geringen Antwortkombinationen für die praktische Anwendung bei „Sonstige“ wurden hier bestätigt. Mit einer Zuverlässigkeit von 70,00% stellten sie nach „Künstliches neuronales Netz“ das Verfahren mit den zweitbesten Ergebnissen, die durch den Einsatz zusätzlicher Methoden nur noch geringfügig gesteigert werden konnten. Bevorzugte ergänzende Ansätze waren die einfachen Verfahren und die „Diskriminanzanalyse“. Im Rahmen der Analyse nach dem Kriterium „Geschlecht“ konnten keine Signifikanzen für die durchschnittliche Zuverlässigkeit der Verfahren „Diskriminanzanalyse“ und „Künstliches neuronales Netz“ ermittelt werden, da Frauen zu diesen Methoden keine Angaben gemacht hatten, so dass die vorliegenden Daten den Männern zuzuordnen waren. Die Auswertung nach den Erfahrungsgruppen zeigte, dass zwischen der Gruppe „20 - 24 Jahre“ sowie den Gruppen „5 - 9 Jahre“ und „15 - 19 Jahre“ wesentliche Differenzen vorlagen. Die durchschnittliche Zuverlässigkeit von „Einzelne Kennzahlen“ betrug bei den erfahrenderen Teilnehmern 78,50%, bei den jüngeren 54,21% bzw. 55,00%.1138 Eine plausible Begründung kann nicht gefunden werden, da das Gesamtmittel 60,96% ist, so dass diese Gruppen das Minimum und das Maximum darstellen. Insgesamt ließ sich festhalten, dass kein methodengestützter Ansatz in der Praxis überzeugte. Die Zuverlässigkeiten waren mit Ausnahme von „Künstliches neuronales Netz“ und „Sonstige“ eher akzeptabel als beweiskräftig. Da diese Verfahren jedoch nicht weit verbreitet sind, kann geschlussfolgert werden, dass bei ihrer Anwendung die ermittelten Ergebnisse auch zufriedenstellend sind. Selbst wenn die Korrektheit der Verfahren besser sein könnte, war erkennbar, dass methodengestützte Ansätze zur Hilfestellung herangezogen wurden, um die eigene Meinung zu stützen bzw. zu widerlegen oder Hinweise auf neue Prüfungsschwerpunkte zu erlangen. Sämtlichen Teilnehmern war bewusst, dass die Urteilsbildung über die Going Concern Annahme

1138

Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Die Signifikanzwerte betrugen p = 0,012 und p = 0,008. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275.

255

nicht vollständig durch methodengestützte Ansätze ersetzt werden konnte. Die endgültige Entscheidung des Prüfers ist unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte zu treffen.

D. 5.4.6.

Anwendung der methodengestützten Ansätze bei der Jahresabschlussprüfung sowie Gründe der Nichtanwendung

Die Auswertung der Frage über die Anwendung der Ansätze bei der Jahresabschlussprüfung sowie der Gründe für die Nichtanwendung berücksichtigte 120 Fragebögen. Die Differenz zur Grundgesamtheit von 165 ergab sich aus Frage 25, nach der 45 Teilnehmer keine methodengestützten Ansätze im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung einsetzten.

Einzelne KZ KZS DA Reg-A KNN Sonstige Insgesamt

³ Anwendung bei Jahresabschlussprüfung 61,35 54,23 63,33 55,00 48,18 52,63

100%-ige Anwendung

54,31

Anteil der 100%-igen Anwender

27 24 8 3 1 6

32,53% 27,27% 38,10% 33,33% 9,09% 37,50%

34

28,33%

Tab. 110: Anwendungshäufigkeit methodengestützter Ansätze Tabellenlegende: Einzelne KZ = Einzelne Kennzahlen KZS = Kennzahlensystem DA = Diskriminanzanalyse Reg-A = Regressionsanalyse KNN = Künstliches neuronales Netz

Der Mittelwert aller Antworten unabhängig vom Verfahren betrug 54,31%, d.h. durchschnittlich kommen in mehr als 50,00% der Prüfungen methodengestützte Ansätze als Hilfsmittel zur Anwendung. Die Standardabweichung von 37,696 wies auf eine große Streuung hin, so dass die Methodennutzung entweder nur bei ausgewählten Prüfungen oder immer erfolgte. 34 Teilnehmer verwendeten in sämtlichen Prüfungen methodengestützte Ansätze zur Unterstützung. „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ wurden am häufigsten separat eingesetzt. Sechs der 16 Teilnehmer, die „Sonstige“ präferiert hatten, nutzten die von ihnen selbst angegebenen Methoden in jeder Jahresabschlussprüfung. Diese Antwort schien plausibel, da eine durchschnittliche Ergebniszuverlässigkeit von 70,00% eine gute Ausgangsbasis für eine Urteilsbildung über die Going Concern Annahme darstellte.1139 Warum hingegen nur ein Teilnehmer von elf das Verfahren „Künstliches neuronales Netz“ bei einer Zuverlässigkeit von 80,00% stets in Gebrauch hatte, konnte nicht eindeutig geklärt werden. Da dieser Teilnehmer bei einer Big4-WPG tätig war, wird vermutet, dass der Arbeitgeber eine Lizenz zur Anwendung erworben bzw. eine eigene Methode entwickelt hatte. 1139

Siehe dazu die Ausführungen im Kapitel D. 5.4.5.

256

Die Auswertung nach dem Kriterium „Arbeitgeber“ ergab, dass die Selbstständigen bei 72,03% der Jahresabschlussprüfungen methodengestützte Ansätze anwenden. Damit lagen sie 17,72% über dem Gesamtdurchschnitt. Die übrigen drei Gruppen gaben Werte zwischen 41,23% und 50,68% an.1140 Eine Vermutung für dieses Ergebnis war, dass Selbstständige überwiegend allein arbeiten und nur wenig Zeit haben und sich eher auf Hilfestellungen sowie analytische Prüfungshandlungen stützen. Die anderen Teilnehmer arbeiten in Teams, so dass sie die Möglichkeit haben, die Unterlagen eingehender zu analysieren. Ihr Urteil basiert auf analytischen Prüfungshandlungen und auf Einzelfallprüfungen. Eine andere Begründung könnte sein, dass Selbstständige tendenziell kleinere Betriebe als Mandanten haben, so dass die Prüfung übersichtlicher ist. Sofern keine außergewöhnlichen Sachverhalte vorliegen, sind analytische Prüfungshandlungen bzw. die Anwendung solcher Methoden ausreichend und stellen eine sehr große Erleichterung dar. Teilnehmer der Gruppe „15 - 19 Jahre“ hatten keine Angaben zur durchschnittlichen Zuverlässigkeit der Verfahren „Regressionsanalyse“ und „Künstliches neuronales Netz“ und die Gruppe „20 - 24 Jahre“ zu „Sonstige“ gemacht. Frage 29 beschäftigte sich mit den Gründen, warum methodengestützte oder sonstige Ansätze bei keiner Jahresabschlussprüfung bzw. bei nicht allen Jahresabschlussprüfungen herangezogen wurden. Es waren Mehrfachantworten möglich. Nicht ausreichend bekannt Fehlende Daten Schlechte Erfahrungen Zu zeitaufwendig Zu teuer Nicht erforderlich Sonstige Summe

Anzahl der Nennungen 31 40 15 55 23 52 35

Anteil an Grundgesamtheit (in %) 18,79 24,24 9,09 33,33 13,94 31,52 21,21

251

Tab. 111: Gründe der Nichtanwendung methodengestützter Ansätze Bei 251 Angaben entfielen auf jeden Teilnehmer im Schnitt 1,52 Nennungen. Die Antwort „Schlechte Erfahrungen“ wurde am seltensten, hier 15-mal, genannt. 18,79% der Teilnehmer fühlten sich über methodengestützte Ansätze nicht ausreichend informiert. Von diesen 31 Teilnehmern verwendeten elf kein methodengestütztes Verfahren bei einer Jahresabschlussprüfung. Weitere 14 hatten als Methode lediglich „Einzelne Kennzahlen“, „Kennzahlensystem“ oder beide gemeinsam angegeben. Die übrigen sechs Teilnehmer hatten andere als die beiden angeführten Ansätze bzw. deren Kombinationen gewählt. Die Methoden „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ schienen den größten Bekanntheitsgrad zu haben, so dass sich die Begrün-

1140

Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Die Signifikanzwerte betrugen zwischen p = 0,003 und p = 0,018. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275.

257

dung „Nicht ausreichend bekannt“ insbesondere auf die Nichtanwendung der übrigen Verfahren bezog. Die Gruppe von 40 Teilnehmern mit der Begründung „Fehlende Daten“ hatte elfmal „Ich verwende keinen methodengestützten Ansatz“ in Frage 25 angekreuzt. Die übrigen 29 Teilnehmer hatten ebenfalls „Einzelne Kennzahlen“, „Kennzahlensystem“ oder beide Ansätze zusammen gewählt. Andere Verfahren wurden lediglich von acht Teilnehmern genannt. Diese Ergebnisse zeigten, dass die methodengestützten Ansätze grob in eingesetzte und nicht eingesetzte eingeteilt werden konnten. Die sonstigen Gründe für eine Nichtanwendung methodengestützter Ansätze im Rahmen von Jahresabschlussprüfungen bei 35 Teilnehmern konnten wie folgt zusammengefasst werden. Acht Teilnehmer waren der Auffassung, dass eine vollständige Datenerfassung nicht möglich war. Aus dieser Angabe war leider nicht ersichtlich, ob die Daten nicht verfügbar waren, ob das Zusammentragen zu zeitaufwändig bzw. zu teuer war oder ob es andere Gründe für diese Antwortwahl gab. Sieben Teilnehmer hielten einen Einsatz dieser Verfahren auf Grund ihrer Mandatsstruktur nicht für erforderlich. Es wurde insbesondere auf Existenzgründungen, Kleinunternehmen sowie Unternehmen mit Langzeitauftragsfertigung hingewiesen. Andere fünf Teilnehmer griffen die bereits mehrfach festgestellte und kritisierte Vergangenheitsorientierung der Methoden auf. Von vier Teilnehmern wurde die Ansicht vertreten, dass wegen der bisher guten Stellung ihrer Mandanten keine Probleme vorlägen und somit eine Berücksichtigung von methodengestützten Verfahren überflüssig wäre. Zwei Teilnehmer beklagten, dass es nach dem Wegfall des Baetge-Bilanz-Ratings als methodengestützten Ansatz keine Alternative gäbe, so dass sie kein Verfahren mehr einsetzten. Die Auswertung der 45 Teilnehmer, die keinen methodengestützten Ansatz in der Praxis nutzten,1141 zeigte, dass fast 36,00% dies nicht für erforderlich hielten. Explizit begründet wurde diese Aussage leider nicht. Jeweils ein Viertel dieser Gruppe gab an, dass die Ansätze nicht ausreichend bekannt wären bzw. dass für die Anwendung die erforderlichen Daten fehlten. Die hohe Anzahl der Nichtanwender ließ sich nicht durch die eventuell geringe Zuverlässigkeit der Ansätze ableiten, da lediglich 8,00% keine Methoden auf Grund von schlechten Erfahrungen in der Praxis anwandten. Die einzige Besonderheit bei der Analyse der Arbeitgeber lag zwischen den Teilnehmern von Big4-WPG und Non Big4-WPG. Während nur 3,57% der Big4-WPG Teilnehmer die Nichtanwendung auf die Antwort „Nicht ausreichend bekannt“ zurückführten, waren es bei der Vergleichsgruppe 32,08%.1142 Es liegt die Vermutung nahe, dass die großen WPG mehr Zeit und 1141 1142

Siehe hierzu das Kapitel D. 5.4.3.1. Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Der Signifikanzwert betrug p = 0,022. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275.

258

Kosten in die Fortbildung ihrer Mitarbeiter investieren. Diese Argumentation würde jedoch im Vergleich zu Sozietäten und Selbstständigen eher passen, da diese ihre Qualifizierung vielleicht auf ausgewählte relevante Aufgabengebiete fokussieren. Da aber die Non Big4-WPG Teilnehmer auch im Vergleich zu den übrigen Gruppen diese Antwort häufiger ausgewählt hatten,1143 kann keine abschließende Erklärung gefunden werden. Beim Merkmal „Geschlecht“ zeigte sich, dass für die Antwort „Zu teuer“ auf Grund der fehlenden Angabe bei den Frauen keine Analyse möglich war. Weitere gravierende Unterschiede waren nicht zu erkennen. Bemerkenswert waren aber die Antworten „Zu zeitaufwendig“, die von 19,48% mehr männlichen Teilnehmern, und „Nicht erforderlich“, die von 15,13% mehr Frauen angekreuzt worden waren.1144 Die Auswertung nach dem Kriterium „Erfahrung“ machte Unterschiede beim Bekanntheitsgrad der Verfahren deutlich. Während die Gruppe „0 - 4 Jahre“ die Nichtanwendung der Ansätze zu 30,56% mit fehlendem Wissen begründete, lagen die Anteile der Gruppen „20 - 24 Jahre“ und „Über 25 Jahre“ bei lediglich 6,67% bzw. 9,52%.1145 Eine mögliche Erklärung ist, dass wegen der kurzen Berufstätigkeit die jüngeren Teilnehmer noch nicht so intensiv mit verschiedenen methodengestützten Verfahren in Berührung gekommen sind. Auf Grund der Fragestellung kann die Antwort jedoch keinem bestimmten Ansatz zugeordnet werden. Zusätzlich ist nicht bekannt, dass die Anwendung eines Verfahrens im Rahmen der Jahresabschlussprüfung dem Wirtschaftsprüfer selbst vorbehalten ist, so dass die jüngeren Teilnehmer bereits als Prüfungsassistenten hätten Erfahrungen sammeln können. Dennoch ist die Tendenz über alle Gruppen erkennbar, je größer die Berufserfahrung der Teilnehmer ist, desto seltener wird der Grund der Nichtanwendung durch die Antwort „Nicht ausreichend bekannt“ spezifiziert. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mehr als die Hälfte der Nichtanwender eine Arbeit mit methodengestützten Ansätzen unter anderen Bedingungen wahrscheinlich nicht ablehnen würde. Voraussetzungen dafür sind das Wissen, das fehlende Datenmaterial, der Zeitaufwand und die Kosten. Das Interesse der Praxis an einem Einsatz von methodengestützten Ansätzen ist vorhanden. Es ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft anzustreben, um die erkannten Defizite zu verringern sowie die Anwendung der methodengestützten Ansätze in der praktischen Tätigkeit voranzutreiben.

1143

1144 1145

Die Unterschiede waren nicht signifikant und lagen bei 12,64% zu den Sozietäten und bei 19,58% zu den Selbstständigen. Es wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt. Unter der Annahme, dass zwei unabhängige Stichproben vorliegen, wurde ein t-Test durchgeführt. Die Signifikanzwerte betrugen p = 0,009 und p = 0,012. Zu den Anwendungsvoraussetzungen und Interpretationsmöglichkeiten siehe Bühl, Achim/Zöfel, Peter (2002), S. 274-275.

259

D. 6. Vergleich der Auswertungsergebnisse der vorliegenden Arbeit mit den Untersuchungsergebnissen aus dem englischsprachigen Raum In diesem Abschnitt soll ein kurzer Vergleich der Auswertungsergebnisse des Fragebogens mit im Rahmen dieser Arbeit detailliert vorgestellten Studien erfolgen. Der Fragebogenabschnitt über die Angaben zu den Personen bleibt unberührt. Bei der Gegenüberstellung werden insbesondere die Bestimmung der Wichtigkeit von Kennzahlen und Sachverhalten sowie die Fallstudie bezüglich der Beeinflussung der Urteilsbildung durch eine geänderte Präsentationsreihenfolge von entscheidungsrelevanten Informationen berücksichtigt. Da der vorliegende Fragebogen selbstständig erstellt worden ist, stimmen die Fragestellungen der in den Kapiteln C. und D. vorgestellten Arbeiten nicht vollständig mit denen des dieser Arbeit zu Grunde liegenden Fragebogens überein, so dass neben absoluten Ergebnissen auch Tendenzaussagen miteinander verglichen werden. In ihren Studien legten Mutchler (1984 und 1986) und LaSalle/Anandaranjan (1996) ihren Teilnehmern eine Auswahl von Kennzahlen vor, deren Wichtigkeit im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme individuell bestimmt werden sollte. Bei Mutchler (1984) enthielten die fünf wichtigsten Kennzahlen den Bilanzposten „Fremdkapital“ unter Vernachlässigung der Fristigkeit. In der Studie von LaSalle/Anandaranjan (1996) waren es sogar die ersten sechs Kennzahlen. Dieser Bilanzposten spielt anscheinend eine entscheidende Rolle bei der Kennzahlenbildung im Rahmen der Überprüfung der Going Concern Annahme. Unter Berücksichtigung der Begriffsdefinition „Insolvenz“ ist diese Aussage nachvollziehbar. Diese Feststellung wird mit der vorliegenden Analyse bestätigt, da von den sieben wichtigsten Kennzahlen sechs den Bilanzposten „Fremdkapital“ beinhalten. Die von den Teilnehmern als wichtigste zusätzlich angegebene Kennzahl „Cash Flow / Fremdkapital“ entspricht ebenso dieser Ansicht. In den Arbeiten von Mutchler (1984) und LaSalle/Anandaranjan (1996) wurden die Sachverhalte „Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren“, „Jahresfehlbetrag in den zwei vorangegangenen Jahren“ und „Jahresfehlbetrag im Vorjahr“ untersucht. Zusätzlich galten diese Zeitangaben auch für „Negatives Betriebsergebnis“. In beiden Studien konnten plausible Rangreihenfolgen ermittelt werden. Je länger der angegebene Zeitraum, desto wichtiger wurde dieser Hinweis von den Teilnehmern eingestuft. Im Rahmen der Auswertung dieser Arbeit konnte dieses Ergebnis nur für den Sachverhalt „Jahresfehlbetrag“ festgestellt werden. Die Informationen zu „Negatives Betriebsergebnis“ wurden hinsichtlich der Bedeutung von den Teilnehmern in die Reihenfolge zwei Jahre, ein Jahr und drei Jahre gebracht. Eine Erklärung konnte hierfür nicht gefunden werden. Bei den Faktoren wurde nach den Informationsarten positiv und negativ unterschieden. Die Studien von Mutchler (1984) und LaSalle/Anandaranjan (1996) stellten fest, dass den negativen Gegebenheiten mehr Bedeutung zugesprochen wurde als den positiven. Bei LaSalle/Anandaranjan (1996) konnte sich unter den zehn wichtigsten Sachverhalten lediglich der positive Hinweis „Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung“ (Rang 7) etablieren. Die Tendenz zur höheren Wichtigkeit von negativen Hinweisen wird be-

260

kräftigt, jedoch platzierten sich in Frage 17 nur drei positive Sachverhalte unter den ersten zehn Rängen.1146 Die bisher festgestellte Dominanz von negativen Tatsachen wird dadurch nicht in Frage gestellt. Der Gesamtdurchschnitt der positiven Hinweise von 2,67 zeigt, dass negative Faktoren auf Grund ihres Mittelwerts von 2,35 als bedeutender eingestuft worden sind. LaSalle/ Anandaranjan (1996) fanden heraus, dass Sachverhalten eine durchschnittlich höhere Bedeutung beigemessen worden ist als Kennzahlen. Dieses Ergebnis wird mit der vorliegenden Studie bestätigt.1147 Die Beeinflussung von Entscheidungen durch geänderte Präsentationsreihenfolgen von Informationen wurde in mehreren Studien untersucht. Arnold et al. (2000) stellten fest, dass beim EoS-Antwortmodus und gemischten Informationen Order Effects auftreten, wenn die Reihenfolge von Sachverhalten unterschiedlich ist. Diese Order Effects wurden als Recency Effects spezifiziert, da die zuletzt vorgelegten Informationen den größeren Einfluss auf die Urteilsbildung hatten als die vorher bearbeiteten. Das gleiche Ergebnis wiesen das zweite Experiment von Ashton/Ashton (1988), das vierte Experiment von Tubbs/Messier/Knechel (1992) sowie die Arbeit von Ashton/Kennedy (2002) auf. Die ermittelten Recency Effects waren bei negativen Informationen in der Untersuchung von Arnold et al. (2000) ausgeprägter als bei positiven. Das Vorliegen von Order Effects, insbesondere von Recency Effects, konnte im Rahmen der Fallstudie des Fragebogens ebenfalls nachgewiesen werden. Zusätzlich konnte der unterschiedliche Einfluss der negativen und positiven Hinweise bestätigt werden. Die Autoren Tubbs/Messier (1992) hingegen gaben beim EoS-Antwortmodus an, keine Recency Effects ermittelt zu haben. Untermauern konnten sie diese Aussage nicht. Dieser Vergleich macht deutlich, dass zwischen den Teilnehmern dieser Studie und anderen hier vorgestellten Arbeiten keine wesentlichen Unterschiede in der Sichtweise von verschiedenen Aspekten sowie im Verhalten von Prüfern bestehen. Mit Ausnahme der nicht erklärbaren Reihenfolge bei einem Sachverhalt konnten mit diesem Fragebogen sämtliche in der englischsprachigen Literatur festgestellten Annahmen bestätigt werden.

1146

1147

„Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung“ (Rang 1), „Teilweiser Erlass der Schulden“ (Rang 7) und „Unternehmen erhält Besserungsvereinbarung“ (Rang 10). Für weitere Ausführungen siehe Kapitel D. 5.3.3.1. Für weitere Ausführungen siehe die Kapitel D. 5.3.2.1 sowie D. 5.3.3.1.

261

E. Zusammenfassung und Ausblick E. 1. Zusammenfassung der Arbeit Die Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen dieser Arbeit erfolgt in Thesenform: -

Dem Thema Going Concern Prinzip wird in der Literatur zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet, obwohl es als zentrales Grundprinzip der Rechnungslegung immer berücksichtigt werden muss. Dies gilt sowohl bei freiwilligen Prüfungen als auch bei Pflichtprüfungen. Die Aktualität resultiert aus in der Tagespresse behandelten Unternehmensinsolvenzen und Bilanzmanipulationen.

-

Die Vorschrift § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB sowie der IDW PS 270 behandeln den Grundsatz der Unternehmensfortführung. Von vielen anderen Prüfungsnormen wird auf diese Textstellen verwiesen, was ihre hervorgehobene Stellung untermauert. Die HGB-Norm ist zwar kurz gefasst, in der Literatur jedoch in den wesentlichen Punkten einheitlich kommentiert. Der IDW PS 270 lehnt sich an den ISA 570. Zu den internationalen Prüfungsnormen der IFRS und der US-GAAP bestehen keine wesentlichen Differenzen. Eine weitere Harmonisierung ist durch das BilReG hinsichtlich der Versagung des Testats auf Grund der fehlenden Möglichkeit der Abgabe eines Prüfungsurteils erfolgt.

-

Zur Hilfestellung im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme werden in der Literatur überwiegend mathematisch-statistische Ansätze herangezogen. Die einfacheren Verfahren wie „Einzelne Kennzahlen“ und „Kennzahlensystem“ wurden im Laufe der Zeit durch komplexere Methoden zurückgedrängt. Hierzu zählen insbesondere „Diskriminanzanalyse“, „Regressionsanalyse“ sowie „Künstliches neuronales Netz“. Kritikpunkte der einfachen Ansätze können durch die Anwendung der komplexeren Verfahren nur teilweise gemindert werden. Zwar liefern letztere vergleichsweise bessere Ergebnisse und besitzen größere Auswertungsmöglichkeiten, jedoch sind zusätzliche Nachteile, z.B. Anwendungsvoraussetzungen, zu berücksichtigen.

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Im Rahmen dieser Arbeit wurden zusätzlich weniger bekannte Verfahren im Zusammenhang mit der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme dargestellt. Das grafische Verfahren arbeitet hauptsächlich mit Gesichtern. Jedem Gesichtsteil wird ein bestimmtes Unternehmensmerkmal, hier eine Kennzahl, zugeordnet. Die verschiedenen Kennzahlenergebnisse lassen unterschiedliche Gesichtsausdrücke entstehen, die die Grundlage der Analyse bilden. Im Rahmen einer kritischen Würdigung konnte festgehalten werden, dass dieses Verfahren verschiedene nützliche Eigenschaften aufweist, die in Kombination mit den traditionellen Verfahren einen positiven Effekt bewirken können.

262

-

Mit Hilfe des katastrophentheoretischen Ansatzes ist die Abbildung von abrupten Änderungen in der Unternehmensentwicklung möglich. Auf Grund der Kritik, dass nur eine begrenzte Anzahl von Variablen verarbeitet werden kann, ist die Eignung des Ansatzes als Hilfestellung unbefriedigend.

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Ein weiterer wesentlicher Punkt dieser Arbeit ist die Analyse des Einsatzes von empirischgestützten Ansätzen in zweierlei Hinsicht. Zum einen werden Kennzahlen und Sachverhalte ermittelt, die im Rahmen einer Urteilsbildung über eine Going Concern Annahme als entscheidungskräftig angesehen werden. Zum anderen wird die Möglichkeit der Beeinflussung des Prüfers durch die Präsentationsreihenfolge von relevanten Informationen untersucht. Viele Studien filterten verschiedene wichtige Kennzahlen, jedoch kann keine Spitzenkennzahl oder K.O.-Kennzahl ermittelt werden. Auffällig ist, dass der Bilanzposten „Fremdkapital“ in sehr hohem Maße bei der Kennzahlenbildung Berücksichtigung findet. In Bezug auf die Sachverhalte wurden weitere interessante Tatsachen entdeckt. Negativen Informationen werden in der Regel mehr Aufmerksamkeit und damit mehr Bedeutung zugesprochen als positiven, so dass erstere einen größeren Einfluss auf Entscheidungen haben. Begründet wird dies u.a. mit der kritischen Grundhaltung des Prüfers.

-

Die Untersuchungen zur Beeinflussung des Entscheidungsverhaltens des Prüfers haben gezeigt, dass die geänderte Vorlage von Informationen unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen kann. In Abhängigkeit des Antwortmodus des Prüfers können Recency Effects oder Primacy Effects auftreten. Bei Recency Effects haben die letzten Informationen den größeren Einfluss auf das Gesamturteil, bei Primacy Effects die ersten. Diese Feststellung hat verschiedene Autoren dazu veranlasst, nach Strategien für Prüfer zu suchen, die dieser Entwicklung entgegentreten. Dabei stellten sie fest, dass Gruppenarbeit, eine detaillierte Dokumentation der Entscheidungsfindung oder ein Selbstreview dieses Phänomen der Beeinflussung minimieren können. Fazit ist, dass dem Prüfer diese Einflussmöglichkeit und speziell davor schützende Verhaltensweisen bewusst sein müssen.

-

Der selbstentwickelte Fragebogen der vorliegenden Arbeit hat mehrere Untersuchungsziele. Dazu zählen die Zusammensetzung einer Entscheidung, die Analyse quantitativer und qualitativer Unternehmensfaktoren sowie die Bedeutung methodengestützter Ansätze in der Theorie und in der Praxis. Die Entscheidung über die Going Concern Annahme bestimmt sich aus quantitativen, qualitativen und sonstigen Unternehmensfaktoren, deren Verhältnis in der Theorie und der Praxis sehr ähnlich ist. Der SollZustand wird anscheinend in die Praxis übertragen. Die quantitativen Faktoren stellen einen Anteil von über 60,00%. Qualitative Faktoren fließen zu 30,00% und sonstige zu 10,00% in die Urteilsbildung ein. Bei den Kennzahlen hat der Bilanzposten „Fremdkapital“ im Rahmen einer Urteilsbildung über die Going Concern Annahme einen sehr

263

hohen Stellenwert. Es werden zwei Entwicklungen deutlich. Negative Informationen sind für die Teilnehmer wichtiger als positive. Sachverhalte werden insgesamt stets wichtiger eingeschätzt als Kennzahlen. Mit einer Fallstudie wurde ermittelt, dass eine geänderte Reihenfolge der Vorlage von Informationen unterschiedliche Ergebnisse bringt, wobei negative Tatsachen größere Meinungsanpassungen begründeten. Die Fragen zu den methodengestützten Ansätzen bestätigen mehrere in der Literatur herausgearbeitete Aspekte. In der Praxis kommen überwiegend die einfachen methodengestützten Ansätze zur Anwendung. Dies ist durch verschiedene Faktoren bedingt. Zum einen sind diese Methoden leicht anwendbar und unterliegen kaum Restriktionen. Zum anderen wird festgestellt, dass einige Teilnehmer mit den komplexen methodengestützten Ansätzen bisher nur wenig Erfahrungen gemacht haben oder sie ihnen unbekannt sind. Häufig sind verschiedene Anwendungsvoraussetzungen in der Praxis nicht vorhanden oder der Einsatz unterliegt einem unverhältnismäßig hohen Zeit- sowie Arbeitsaufwand.

E. 2. Kritische Würdigung dieser Arbeit und künftiges Forschungspotenzial Die Studie hat gezeigt, dass die Anwendung von methodengestützten Verfahren zweigeteilt ist. Auf der einen Seite stehen die Teilnehmer, die einen Einsatz für nicht erforderlich bzw. geeignet halten, auf der anderen Seite diejenigen, die einen Gebrauch befürworten. Die letztere Gruppe wird unterschieden in Nutzer mit sehr guten Erfahrungen und in Interessenten, die mit diesen Methoden arbeiten würden, sofern sie mehr Informationen darüber und im Rahmen einer Prüfung mehr Zeit hätten. Für die Praxis bedeutet dies, dass ein Wunsch nach Hilfestellungen vorhanden ist, der jedoch künftig optimiert werden muss. Eine Anwendung von einfachen und komplexen methodengestützten Verfahren wird empfohlen, sofern diese als Unterstützung im Rahmen einer Urteilsbildung über eine Going Concern Annahme angesehen und interpretiert werden. Der Anteil quantitativer Unternehmensfaktoren wurde sowohl in der Theorie als auch in der Praxis mit je etwa 60,00% angegeben. Widersprüchlich scheint dann die Erkenntnis zu sein, dass Sachverhalte im Vergleich zu Kennzahlen stets wichtiger eingeschätzt werden. Für die Praxis bedeutet dies, dass Kennzahlen zwar den größten Anteil darstellen, davon aber nicht auf ihre Bedeutung geschlossen werden kann. Die Berücksichtigung von qualitativen Unternehmensfaktoren darf im Rahmen einer Prüfung nicht vernachlässigt werden. Solche Faktoren können Analysebereiche abdecken, die quantitativ nicht eindeutig abbildbar sind. Zusätzlich sind die Planung des Einsatzes und die Auswahl geeigneter Kennzahlen von sehr hoher Relevanz. Prüfer sollten aus der Literatur oder von anderen Mandaten und Branchen empfohlene Kennzahlen nicht uneingeschränkt übernehmen sondern für jede einzelne Überlegungen anstellen, ob ein nützliches und sinnvoll interpretierbares Ergebnis ermittelt werden kann.

264

Die Arbeit hat deutlich gemacht, dass ein Prüfer bei seiner Tätigkeit sehr vielen Einflüssen unterworfen ist, die u.a. wesentliche Wirkung auf Entscheidungen haben können. Dem Prüfer muss bewusst sein, dass er dieser Gefahr durch den Mandanten bewusst oder unbewusst ständig ausgesetzt ist und er sich davor schützen kann, indem er sein Prüfverhalten der jeweiligen Situation anpasst. Ein weiteres Ergebnis der empirischen Studie ist, dass die Teilnehmer den Schwerpunkt häufig auf negative Sachverhalte legen, da diese zum einen wichtiger eingestuft worden sind und zum anderen im Rahmen der Fallstudie größere Meinungsanpassungen begründet haben als positive. Dieser Aspekt ist grundsätzlich zu begrüßen, da die negativen Entwicklungen für ein Unternehmen schwerwiegendere Auswirkungen haben können als positive. Dennoch ist in der praktischen Arbeit darauf zu achten, dass dieses Verhalten nicht überwiegt, da immer ein Zusammenspiel zwischen den Informationsarten vorliegt, das nicht vernachlässigt werden darf. Die Ergebnisse sollen verschiedene Personengruppen ansprechen. Wirtschaftsprüfer können Kenntnis erlangen, welche Meinung ihre Kollegen haben und diese dann mit ihren Anschauungen sowie Arbeitsweisen vergleichen. Gesetzliche Vertreter können sich ein Bild über die Komplexität der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme machen und über wichtige quantitative und qualitative Unternehmensfaktoren informieren. Des Weiteren ist eine persönliche Gegenüberstellung zwischen der Sicht des Prüfers und des Unternehmers möglich. Es ist anzumerken, dass in dieser Arbeit andere Rechnungslegungen nur unvollständig Berücksichtigung finden. Es ist zwar ein Vergleich der gängigsten Vorschriften wie dem HGB, den ISAs, den IFRS und dem US-GAAP erfolgt, jedoch hätte eine Erweiterung um z.B. UK-GAAP oder Japan-GAAP zusätzliche Erkenntnisse liefern können. Auf Grund des Arbeitsaufwandes und -umfangs konnte sich nur auf die wichtigsten Rechnungslegungen konzentriert werden. Des Weiteren könnte der Fragebögen als zu kurz bzw. zu unspezifisch ausgelegt werden, da verschiedene Sachverhalte nicht abschließend erklärt werden konnten.1148 Dem ist entgegenzuhalten, dass es das Anliegen war, grundlegende Informationen zu den bereits erläuterten Zielen zu gewinnen. Für die Zukunft gilt es, für jedes Themengebiet eigene Fragebögen bzw. Fallstudien zu entwickeln, um die Problemstellungen tiefergehend analysieren zu können und ermittelte Tendenzen sowie Ergebnisse zu bestätigen. Die breiter gefächerten Inhalte ließen den Umfang des Fragebogens stark ansteigen, so dass die selbst erstellte Fallstudie kurz, aber ausreichend war. Obwohl verwandte Daten nicht von realen Unternehmen stammen bzw. keine tatsächliche Prüfungssituation widerspiegeln, konnten interessante Resultate abgeleitet werden, die gleichzeitig bestehende Literaturmeinungen bekräftigten. Zur Ermittlung des Status Quo bezogen auf die methodengestützten und empirischgestützten Ansätze erfolgte die Artikelauswahl nach persönlicher Meinung. Ziel war es, bei den methodengestützten Verfahren eine eindeutige Entwicklung der wesentlichen Schritte darzustellen. Im Rahmen der empirischgestützten Methoden wurden ein bis zwei Studien für Sachverhalte ausgewählt, die auch die vorliegende Studie unter-

1148

Als Beispiele wird auf die Kapitel D. 4.3.3.2. sowie D. 5.4.3.2. verwiesen.

265

sucht. Die Aufstellungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Autorin ist bewusst, dass weitere geeignete Literaturquellen existieren. Nachfolgend werden zusätzlich verschiedene Grenzen insbesondere für die empirische Studie dieser Arbeit stichwortartig aufgezeigt. Ob und wenn ja in welchem Umfang diese Aspekte einen Einfluss auf die Datenqualität und damit auf das Auswertungsergebnis haben, kann nicht abschließend geklärt werden. -

Als Analyseinstrument wurde der Fragebogen ausgewählt.

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Die Ausgangsbasis für die Ermittlung der Grundgesamtheit bildete das Wirtschaftsprüfer-Verzeichnis online, das zum Erhebungszeitpunkt nicht den gesamten Berufsstand der Wirtschaftsprüfer beinhaltete.

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Die Teilnehmer wurden per Zufallsauswahl selektiert.

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Die Fragestellungen waren uneinheitlich. Neben vorgegebenen Antworten gab es offene Fragen sowie Fragen mit Mehrfachantwortmöglichkeit.

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Die verwandten Skalierungen sind inkonsistent, da zwischen drei bis fünf Abstufungen gewählt worden ist, von denen sämtliche einzeln bezeichnet worden sind.

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Sowohl die Fallstudie als auch die übrigen Fragestellungen bildeten keine realistische Prüfungssituation.

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Es wurde aus Wirtschaftlichkeitsgründen kein Erinnerungsschreiben versandt.

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Die Einteilung der Fragebögen im Rahmen der Nonresponse Bias Untersuchung in die Gruppen „fristgerecht“ und „verspätet“ erfolgte nach subjektivem Ermessen. Die Stichprobe „verspätet“ war mit 20 Elementen sehr klein.

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Die Auswertung des Fragebogens orientierte sich nicht an allen demografischen Angaben. Von der Kombination mehrerer Analysekriterien wurde abgesehen.

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Nicht alle signifikanten Unterschiede konnten im Rahmen der Auswertung sinnvoll interpretiert werden.

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Auf Grund der häufig fehlenden Anwendungsvoraussetzungen für verschiedene statistische Verfahren wurden Prämissen aufgestellt, die bei der Auswertung der Ergebnisse zu berücksichtigen waren.

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Es war nicht nachvollziehbar, ob die angeschriebenen Teilnehmer ihre Fragebögen wahrheitsgemäß, eigenständig, ohne fremde Hilfe und ohne Unterbrechungen beantwortet hatten. Des Weiteren waren die Reihenfolge der Bearbeitung sowie die erforderliche Zeit nicht messbar.

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Die Zusammenfassung von Angaben, z.B. Fragen acht, 12 und 14, entspricht der Meinung der Autorin.

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Die zu beurteilenden Kennzahlen und Sachverhalte aus den Fragen 15 und 17 entstammten englischsprachigen Literaturquellen, die ausschließlich Bezug zu den USGAAP und den UK-GAAP haben.

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Die Einordnung der vorgegebenen Sachverhalte in Frage 17 wurde aus der englischsprachigen Literatur unverändert übernommen.

266

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In den Fragen 23 und 25 wurden nur die Oberbegriffe der methodengestützten Ansätze verwandt. Zur Verringerung der Komplexität des Fragebogens wurde auf die Aufspaltung in Unterverfahren verzichtet.1149

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In Frage 27 wurde nach der Häufigkeit der Anwendung von methodengestützten Ansätzen gefragt, wobei nicht zwischen den einzelnen Methoden differenziert wurde. Eine eindeutige Antwort war möglich, wenn Teilnehmer in Frage 25 nur ein Verfahren angekreuzt hatten.

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Die Gründe der Nichtanwendung in Frage 29 konnten ebenfalls nicht den einzelnen Ansätzen zugeordnet werden.

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Die erhaltenen Antworten können zwar grundsätzlich auf den gesamten Berufsstand übertragen werden, jedoch sind Rückschlüsse auf eine bestimmte Rechnungslegung nicht möglich. Es wird eine Tendenz zur HGB-Rechnungslegung vermutet, da zum Zeitpunkt des Fragebogenversandes die Bilanzierung nach internationaler Rechnungslegung nur für kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften verpflichtend war. Auch eine Zuordnung zu einer Branche war nicht eindeutig, da die meisten Teilnehmer mehr als eine Angabe in Frage acht gemacht hatten. Auf Grund dessen wurde auf eine ausführliche Auswertung verzichtet.

Ein künftiges Themengebiet ist die Analyse der Anzahl von Entscheidungsfaktoren. Nachdem quantitativen und qualitativen Tatsachen eine jeweilige Bedeutung zugeordnet worden ist, ist es interessant zu erfahren, ob eine durchschnittliche Zahl von ausschlaggebenden Sachverhalten ermittelt werden kann. Es kann untersucht werden, ob die Menge an Informationen von bestimmten Voraussetzungen, wie z.B. Unternehmensgröße, Branche oder allgemeine Wirtschaftslage, abhängig ist. Die Auswertung von Kennzahlen kann dahingehend erweitert werden, dass ein Zeitvergleich durchgeführt wird, indem die Bedeutung von Kennzahlen zu unterschiedlichen Zeitpunkten analysiert wird. Sofern unterschiedliche Wichtigkeiten festgestellt worden sind, ist nach Faktoren zu forschen, die diese Veränderung verursacht haben. Es ist zu hinterfragen, ob im Laufe der Zeit neue Kennzahlen hinzugekommen sind und andere in ihrem Rang abgelöst haben. Ferner ist zu klären, ob Ursachen ermittelt werden können, die für die Bildung dieser neuen Kennzahlen verantwortlich sind. Diese Ausführungen gelten analog für Sachverhalte. Der Einfluss von Kennzahlen und Sachverhalten kann zusätzlich für mehrere aufeinander folgende Jahre untersucht werden. Eine Fragestellung kann sein, ob die ausschlaggebenden Tatsachen aus der Vorjahresprüfung derzeit ebenfalls gültig sind oder ob ein Prüfer im Vorjahr mit einzelnen Faktoren schlechte Erfahrungen gemacht und nun seine Vorgehensweise geändert hat und die frühere Meinung als Meinungsanker nutzt. 1149

Als Beispiel wird die Diskriminanzanalyse betrachtet. Das univariate Verfahren gilt als anwenderfreundlich, das multivariate als aussagekräftiger. Anhand der vorliegenden Angaben kann nicht geschlossen werden, welches Unterverfahren die Teilnehmer für ihre Antwort herangezogen haben, so dass eine Vermischung der Daten angenommen werden muss.

267

Eine Analyse über einen Zeitraum kann auch für einzelne Prüfer erfolgen, um z.B. Erfahrungen herausarbeiten zu können. So kann untersucht werden, ob die Antworten eines Prüfers übereinstimmen, wenn zwischen den Befragungen eine bestimmte Zeit liegt. Sofern dies nicht zutrifft, kann versucht werden, bestimmte Situationen oder Erfahrungen herauszuarbeiten, die die Meinungsänderungen des Prüfers begründen. Des Weiteren können mehrere Zielgruppen gebildet werden, deren Ergebnisse verglichen werden. Als Beispiel sei ein Vergleich der unterschiedlichen Sichtweisen bei der Einstufung von Sachverhalten und Kennzahlen von Studenten und Berufsanfängern zu nennen. Die Entscheidungsrelevanz von Intuition und Berufserfahrung ist zu analysieren. Auch eine Gegenüberstellung von gesetzlichen Vertretern und Wirtschaftsprüfern kann neue interessante Erkenntnisse bringen. Es ist die Frage zu stellen, ob die Einschätzung der gesetzlichen Vertreter für die Fortführung des Unternehmens auf den gleichen oder ähnlichen Faktoren beruht wie der Prüfer. Da die ISAs in naher Zukunft europaweit anwendbar sind, ist eine Untersuchung der nationalen Sichtweisen und Erfahrungen im Rahmen der Urteilsbildung von großer Bedeutung. Da gleiche Rechnungslegungsnormen gelten, ist zu überprüfen, ob Wirtschaftsprüfer aus anderen europäischen Ländern Sachverhalte und Kennzahlen anders einschätzen. Bei Differenzen sind deren Gründe zu erforschen. Diese Analyse ist jedoch erst in einigen Jahren möglich, wenn überall Erfahrungen hinsichtlich der ISAs vorhanden sind. Diese Arbeit hat aufgezeigt, dass dem Thema der Urteilsbildung über die Going Concern Annahme mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte als es bisher in der deutschsprachigen Literatur geschehen ist und dass diese Fragestellung aus vielen verschiedenen Facetten besteht, deren Analyse sich erst in den Anfängen befindet. Die durchgeführten Untersuchungen haben bestehende Kenntnisse bestätigt, aktualisiert und weiterentwickelt. Die gewonnenen Antworten sind als Grundlage für die weitere Forschung anzusehen.

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IDW PS 300: Prüfungsnachweise im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 300). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999 IDW PS 303: Erklärungen der gesetzlichen Vertreter gegenüber dem Abschlussprüfer (IDW PS 303). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999 IDW PS 312: Analytische Prüfungshandlungen (IDW PS 312). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999 IDW PS 340: Die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems nach § 317 Abs. 4 HGB (IDW PS 340). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999 IDW PS 350: Prüfung des Lageberichts (IDW PS 350). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999 IDW PS 400: Grundsätze für die ordnungsmäßige Erteilung von Bestätigungsvermerken bei Abschlussprüfungen (IDW PS 400). In: Die Wirtschaftsprüfung, 58. Jg., 2005, S. 13821402 IDW PS 450: Grundsätze ordnungsmäßiger Berichterstattung bei Abschlussprüfungen (IDW PS 450). In: Die Wirtschaftsprüfung, 59. Jg., 2006, S. 113-128 IDW PS 800: Empfehlungen zur Prüfung eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit bei Unternehmen (IDW PS 800). In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999 IDW RH HFA 1.007 (2005): IDW Rechnungslegungshinweis: Lageberichterstattung nach § 289 Abs. 1 und 3 HGB bzw. § 315 Abs. 1 HGB in der Fassung des Bilanzrechtsreformgesetzes. In: Die Wirtschaftsprüfung, 58. Jg., 2005, S. 1234-1235

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IDW RS HFA 1: Aufstellung des Lageberichts. In: IDW Prüfungsstandards (IDW PS), IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung (IDW RS), IDW Standards (IDW S): einschließlich der dazugehörigen Entwürfe IDW Prüfungs- und IDW Rechnungslegungshinweise (IDW PH und IDW RH), Loseblattsammlung, Stand August 2004, Düsseldorf 1999 [Der HFA hat in seiner 198. Sitzung am 07. Juli 2005 beschlossen, die IDW RS HFA 1 vor dem Hintergrund der Regelungen zum Lagebericht in DRS 15 „Lageberichterstattung“ und DRS 5 „Risikoberichterstattung“ aufzuheben.] IDW RS HFA 17: IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Auswirkungen einer Abkehr von der Going-Concern-Prämisse auf den handelsrechtlichen Jahresabschluss. In: Die Wirtschaftsprüfung, 59. Jg., 2006, S. 40-44 IFAC (2004a): Constitution der International Federation of Accountants in der Fassung vom November 2004. Im Internet unter: www.ifac.org/About/IFAC_Constitution.pdf. Stand vom 30. Dezember 2004 IFAC (2004b): Statements of membership obligations 1-7. Im Internet unter: http://www.asca society.org/data/d3886506829vn0a_SMO_Final.pdf. Stand vom 30. Dezember 2004 ISA 200: Objective and general principles governing an audit of financial statements (ISA 200). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Category.tmpl?Category=Auditing%2C%20 Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart=1142689100342377. Stand vom 30. Dezember 2005 ISA 240: The auditor’s responsibility to consider fraud and error in an audit of financial statements (ISA 240). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Category.tmpl?Category =Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart=11426891003423 77. Stand vom 30. Dezember 2005 ISA 500: Audit evidence (ISA 500). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Category.tmpl ?Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart=114268 9100342377. Stand vom 30. Dezember 2005 ISA 520: Analytical procedures (ISA 520). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Catego ry.tmpl?Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart= 1142689100342377. Stand vom 30. Dezember 2005 ISA 570: Going concern (ISA 570). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/Category.tmpl? Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Services&Cart=114268 9100342377. Stand vom 30. Dezember 2005 ISA 580: Management representation (ISA 580). Im Internet unter: http://www.ifac.org/Store/ Category.tmpl?Category=Auditing%2C%20Assurance%20%26%20Related%20Services &Cart=1142689100342377. Stand vom 30. Dezember 2005

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294

Anhang Anhang 1: Deutsche Normbilanzierung ................................................................................296 Anhang 2: Beispiele für die Wortwahlanalyse im Rahmen des Saarbrücker Modells .....297 Anhang 3: Kennzahlen von Beaver 1966...............................................................................298 Anhang 4: Kennzahlen von Gebhardt 1980 ..........................................................................299 Anhang 5: Anschreiben zum versandten Fragebogen..........................................................304 Anhang 6: Fragebogen A ........................................................................................................305 Anhang 7: Fragebogen B.........................................................................................................313 Anhang 8: Übersicht Feiertage...............................................................................................321 Anhang 9: Überprüfung auf Nonresponse Bias (Grafiken).................................................322

295

Anhang 1: Deutsche Normbilanzierung1150 1 2 3 4 5

6

7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

1150

Typisches Bilanzierungsverhalten Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen werden nicht aktiviert. Ein Geschäfts- oder Firmenwert aus der einzelgesellschaftlichen Rechnungslegung wird sofort als Aufwand gebucht. Ansatz der Herstellungskosten erfolgt mit der steuerlichen Wertuntergrenze. Fremdkapitalzinsen werden nicht in die Herstellungskosten einbezogen. Die Abschreibung auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird nach der gebrochenen Abschreibungsmethode vorgenommen (erst geometrisch degressiv, dann linear). Von der Vereinfachungsregel, wonach von den in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres angeschafften beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens die volle und von den in der zweiten Jahreshälfte angeschafften Gütern die halbe Jahresabschreibung abgesetzt werden kann, wird Gebrauch gemacht. Es werden weder außerordentlich kurze noch außerordentlich lange Nutzungsdauern bei der Abschreibungsermittlung zu Grunde gelegt. Steuerliche Sonderabschreibungen übersteigen nicht 15,00% der gesamten Jahresabschreibung. Geringwertige Wirtschaftsgüter werden sofort abgeschrieben. Abschreibungen auf den nahen Zukunftswert werden nicht in Ansatz gebracht. Verzicht auf Anwendung der Lifo-Methode; allerdings zunehmende Tendenz erkennbar. Verzicht auf Anwendung der Festbewertung. Keine Vornahme von Bewertungswechseln im Zeitablauf. Im Rahmen der Langfristfertigung findet die Completed-contract-Methode Anwendung. Im Rahmen der einzelgesellschaftlichen Rechnungslegung werden keine aktivischen latenten Steuern erfasst. Pensionsverpflichtungen werden in voller Höhe passiviert. Der Zinssatz für Pensionsrückstellungen beträgt 6,00%. Es werden keine Aufwandsrückstellungen gemäß § 249 Abs. 2 HGB gebildet. Volle (einmalige) Verrechnung des Geschäfts- oder Firmenwerts aus der Konsolidierung gegen die Konzerneinlagen.

Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter (2004), S. 418.

296

Anhang 2: Beispiele für die Wortwahlanalyse im Rahmen des Saarbrücker Modells1151 Negative Äußerungen

Positive Äußerungen

Abnehmen Beeinträchtigen Benachteiligen Fällt Gekürzt Gering Gesunken Knapp Leider Minderung Negativ Niedrig Rückgang Rückläufig Schlecht Schwierig Stagnation Unbefriedigend Ungünstig Verhindert Verringert Verschlechterung Wenig Weniger Zurück Zurückgegangen

Ausbauen Befriedigen Erfolg Erfolgreich Erfreulich Erhöhen Gelungen Gesteigert Gewinnen Größere Großen Günstiger Günstiges Gut Höher Plus Positiv Stärkung Steigern Steigerung Steigerungsrate Überdurchschnittlich Verbessert Zufriedenstellend Zunahme Zuwachs

1151

Vgl. Zdrowomyslaw, Norbert (2001), S. 798.

297

Anhang 3: Kennzahlen von Beaver 19661152 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12)

Cash Flow / Umsatzerlöse Cash Flow / Bilanzsumme Cash Flow / Eigenkapital Cash Flow / Fremdkapital Nettoeinkommen / Umsatzerlöse Nettoeinkommen / Bilanzsumme Nettoeinkommen / Eigenkapital Nettoeinkommen / Fremdkapital Kurzfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme Langfristiges Fremdkapital / Bilanzsumme (Kurzfristiges Fremdkapital + Langfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme (Kurzfristiges Fremdkapital + Langfristiges Fremdkapital + Vorzugsaktien) / Bilanzsumme 13) Kasse / Bilanzsumme 14) Flüssige Mittel / Bilanzsumme 15) Kurzfristiges Umlaufvermögen / Bilanzsumme 16) (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Bilanzsumme 17) Kasse / Kurzfristiges Fremdkapital 18) Flüssige Mittel / Kurzfristiges Fremdkapital 19) Umlaufvermögen / Kurzfristiges Fremdkapital 20) Kasse / Umsatzerlöse 21) Forderungen aus Lieferungen und Leistungen / Umsatzerlöse 22) Vorratsvermögen / Umsatzerlöse 23) Flüssige Mittel / Umsatzerlöse 24) Umlaufvermögen / Umsatzerlöse 25) (Umlaufvermögen - Kurzfristiges Eigenkapital) / Umsatzerlöse 26) Eigenkapital / Umsatzerlöse 27) Bilanzsumme / Umsatzerlöse 28) Kasse / Geplante Ausgaben für die Geschäftstätigkeit 29) Langfristiges Umlaufvermögen / Aufwendungen für die Geschäftstätigkeit 30) (Langfristiges Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) / Aufwendungen für die Geschäftstätigkeit

1152

Vgl. Beaver, William H. (1966), S. 78.

298

Anhang 4: Kennzahlen von Gebhardt 19801153

10 11 12 13 14 15 16 17 20 21

1153 1154

1155 1156

1157

1158

1159

1160

1161

1162

1163

Bilanzkennzahlen Kennzahlen zur Vermögensstruktur Zahlungsmittel / Gesamtvermögen1154 Kurzfristiges Geldvermögen1156 / Gesamtvermögen Liquides Umlaufvermögen II1157 / Gesamtvermögen Net working capital1158 / Gesamtvermögen Kurzfristiges Netto-Geldvermögen1159 / Gesamtvermögen Risiko-Aktiva1160 / Gesamtvermögen Anlagevermögen / Gesamtvermögen Bewegliches Sachanlagevermögen1161 / Gesamtvermögen Kennzahlen zur Kapitalstruktur Fremdkapital1162 / Gesamtkapital1163 Fremdkapital / Bilanzsumme

%1155 % % % % % % % % %

Herkunft Beaver (1996) Beaver (1996) Beaver (1996) Beaver (1996)

Meyer/Pifer

Beaver (1966) Beermann

Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 311-313. Definition von (Bereinigtes) Anlagevermögen = Summe Anlagevermögen - Wertberichtigungen zum Anlagevermögen. Definition von Risiko-Aktiva = (Bereinigtes) Anlagevermögen - Immobilien + Vermietete Erzeugnisse + Summe Vorräte + Übrige Umlaufvermögenswerte. Definition von Gesamtvermögen = Risiko-Aktiva + Immobilien + Kurzfristiges Geldvermögen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 138. Diese Kennzahl wurde durch Multiplikation mit dem Faktor 100 auf eine Prozentzahl umgerechnet. Definition von Zahlungsmittel = Schecks + Kassenbestand, Bundesbank- und Postscheckguthaben + Guthaben bei Kreditinstitutionen. Definition von Liquide Mittel = Zahlungsmittel + Wertpapiere + Wechsel. Definition von Kurzfristiges Geldvermögen = Liquide Mittel + Forderungen aus Lieferungen und Leistungen - Wertberichtigungen zum Umlaufvermögen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 126. Definition von Liquides Umlaufvermögen I = Kurzfristiges Geldvermögen + Fertige Erzeugnisse und Waren. Definition von Liquides Umlaufvermögen II = Liquides Umlaufvermögen I + Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe + Unfertige Erzeugnisse. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 138. Definition von Net working capital = Liquides Umlaufvermögen II - Summe kurzfristiges Fremdkapital. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 143. Definition von Kurzfristiges Netto-Geldvermögen = Kurzfristiges Geldvermögen - Kurzfristige Geldverbindlichkeiten - Bilanzgewinn. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 143. Definition von Summe Anlagevermögen = Summe Sachanlagen + Summe Finanzanlagen. Definition von (Bereinigtes) Anlagevermögen = Summe Anlagevermögen - Wertberichtigung zum Anlagevermögen. Definition von Risiko-Aktiva = (Bereinigtes) Anlagevermögen - Immobilien + vermietete Erzeugnisse + Summe Vorräte + Übrige Umlaufvermögenswerte. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 138. Definition von Bewegliches Sachanlagevermögen = Maschinen und maschinelle Anlagen / Betriebsund Geschäftsausstattung. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 138. Definition von Summe langfristige Verbindlichkeiten = Anleihen + Langfristige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten + Sonstige längerfristige Verbindlichkeiten + Weitere langfristige Verbindlichkeiten + Verbindlichkeiten aus Lastenausgleichsgesetz-Abgaben. Definition von Langfristige Geldverbindlichkeiten = Langfristige Verbindlichkeiten + Lastenausgleichsgesetz-Gegenwartswert. Definition von Langfristiges Fremdkapital = Langfristige Geldverbindlichkeiten + Pensionsrückstellungen. Definition von Fremdkapital = Langfristiges Fremdkapital + Summe kurzfristiges Fremdkapital. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 141. Definition von Kurzfristiges Kapital = Summe kurzfristiges Fremdkapital + Bilanzgewinn. Definition von Langfristiges Kapital = Langfristiges Fremdkapital + Eigenkapital - Bilanzgewinn. Definition von Gesamtkapital = Kurzfristiges Kapital + Langfristiges Kapital. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 142.

299

22 23 24 25 26 27 28 46 47 48 49 50 51 52 53 54 a) aa) 30 31 33

1164

1165

1166

1167

1168 1169

1170

1171

1172

Gewinnrücklagen1164 / Gesamtkapital Eigenkapital1165 / Grundkapital („Bilanzkurs“) Kurzfristiges Fremdkapital1166 / Eigenkapital Fremdkapital / Eigenkapital Bankverbindlichkeiten / Fremdkapital Langfristiges Kapital1167 / Gesamtkapital Geldverbindlichkeiten / Gesamtkapital Horizontale Deckungsrelationen Liquides Umlaufvermögen II / Kurzfristiges Fremdkapital Kurzfristiges Geldvermögen / Kurzfristige Geldverbindlichkeiten1168 Zahlungsmittel / Kurzfristige Geldverbindlichkeiten Eigenkapital / Anlagevermögen Eigenkapital / Sachanlagevermögen Langfristiges Kapital / Langfristige Anlagen1169 Liquides Umlaufvermögen I1170 / Kurzfristiges Fremdkapital Liquide Mittel / Kurzfristige Geldverbindlichkeiten Eigenkapital / Risiko-Aktiva Kennzahlen aus Veränderungsrechnungen Kennzahlen aus der aktienrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung Kennzahlen zur Ertrags-, Aufwands-, Ergebnisstruktur Ordentliche Erträge1171 / Gesamtertrag Rohertrag / Gesamtertrag Ordentlicher Aufwand1172 / Gesamtaufwand

% %

Altman (1968) Perlitz Edminster

% % %

Beermann

Beaver (1966)

Perlitz Bundesbank Weibel Perlitz Perlitz

% % %

Definition von Gewinnrücklagen = Andere Rücklagen + Lastenausgleichsgesetz-Rücklage + Sonderposten mit Rücklageanteil (50,00% Eigenkapitalanteil) + Bilanzgewinn - Bilanzverlust. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S 141. Definition von Eigenkapital = Gewinnrücklagen + Grundkapital + Gesetzliche Rücklage + Verbindlichkeiten gegenüber Aktionären - Ausstehende Einlagen - Eigene Aktien - LastenausgleichspostenLastenausgleichsgesetz-Gegenwartswert. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 141. Definition von Kurzfristige Leistungsverbindlichkeiten = Erhaltene Anzahlungen + Rechnungsabgrenzungsposten. Definition von Kurzfristige Rückstellungen = Andere Rückstellungen + Sonderposten mit Rücklageanteil (50,00% Steueranteil). Definition von Kurzfristige Geldverbindlichkeiten = Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen + Wechselverbindlichkeiten + Kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten + Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen + Sonstige Verbindlichkeiten + Weitere kurzfristige Verbindlichkeiten. Definition von Summe kurzfristiges Fremdkapital = Kurzfristige Geldverbindlichkeiten + Kurzfristige Rückstellungen + Kurzfristige Leistungsverbindlichkeiten. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 141. Definition von Langfristiges Kapital = Langfristiges Fremdkapital + Eigenkapital - Bilanzgewinn. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 142. Siehe Kurzfristiges Fremdkapital. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 141. Definition von Langfristige Anlagen = (Bereinigtes) Anlagevermögen + Summe Vorräte (50,00% langfristig gebunden). Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 143. Definition von Liquides Umlaufvermögen I = Kurzfristiges Geldvermögen + Fertige Erzeugnisse, Waren. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 138. Definition von Ordentliche Erträge = Rohertrag bzw. Rohaufwand + Erträge aus Gewinnabführung + Erträge aus Beteiligungen + Erträge aus anderen Finanzanlagen + Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge + Sonstige Erträge. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 146. Definition von Ordentlicher betrieblicher Aufwand = Personalaufwand + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sach- und immaterielle Anlagen + Sonstige Steuern + Sonstige Aufwendungen. Definition von Ordentlicher Aufwand = Ordentlicher betrieblicher Aufwand + Aufwendungen aus Verlustübernahme. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 146.

300

34 36 37 38 Ab) 60 61 62 Ac) 77 78 96 Ad) 79 b) Ba) 39

1173

1174

1175

1176

1177

1178

1179

1180

1181

1182

1183

Personalaufwand1173 / Ordentlicher Aufwand Ordentliches Ergebnis1174 / Jahresergebnis vor Zinsen und EEVSteuern1175 Ordentliches Betriebsergebnis1176 / Jahresergebnis vor Zinsen und EEV-Steuern Ordentliches betriebsfremdes Ergebnis1177 / Jahresergebnis vor Zinsen und EEV-Steuern Aufwandsintensitäten Ordentlicher betrieblicher Aufwand / Rohertrag Ordentlicher Aufwand / Ordentlicher Ertrag Personalaufwand / Ordentlicher Ertrag Ertragsrenditen Jahresergebnis vor Steuern / Ordentliche Erträge1178 Jahresergebnis1179 / Außerordentliche Erträge Ordentliches Jahresergebnis1180 / Umsatz Kennzahl zur Aufwandsdeckung Wertschöpfung1181 / Personalaufwand Kennzahlen aus Finanzflusssalden Kennzahlen aus einzelnen Finanzflusselementen Cash Flow I1182 / Festgelegte Zahlungen1183 (Fixed charges)

%

Altman (1971)

Altman (1971) Altman (1971) Beermann

Altman (1971)

Definition von Personalaufwand = Löhne, Gehälter + Sozialabgaben + Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 146. Definition von Ordentliches Ergebnis = Ordentliches betriebsfremdes Ergebnis - Ordentliches betriebliches Ergebnis. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 146. EEV-Steuern = Steuern vom Einkommen, vom Ertrag und vom Vermögen (§ 157 Abs. 1 Pos. 24a AktG 1965). Definition von Jahresergebnis vor EEV-Steuern = Jahresergebnis + Steuern vom Einkommen, vom Ertrag und vom Vermögen. Definition von Jahresergebnis vor Zinsen und EEV-Steuern = Jahresergebnis vor EEV-Steuern + Zinsen und ähnliche Aufwendungen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 147. Definition von Ordentliches betriebliches Ergebnis = Rohertrag bzw. Rohaufwand - Ordentlicher betrieblicher Aufwand. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 146. Definition von Ordentliches Betriebsergebnis = Erträge aus Gewinnabführung + Erträge aus Beteiligungen + Erträge aus anderen Finanzanlagen + Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge + Sonstige Erträge - Aufwendungen aus Verlustübernahme. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 146. Definition von Außerordentliche Erträge = Erträge aus Abgang und Zuschreibung beim Anlagevermögen + Erträge aus der Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung zu Forderungen + Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen + Erträge aus der Auflösung von Sonderposten mit Rücklageanteil. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 147. Definition von Jahresergebnis = Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag + Abgeführte Gewinne - Erträge aus Verlustübernahme. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 147. Definition von Ordentliches Jahresergebnis = Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag + Steuern von Einkommen, Ertrag, Vermögen - Erträge aus Abgang und Zuschreibung beim Anlagevermögen Erträge aus der Herabsetzung der Pauschalwertberichtigung zu Forderungen - Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen - Sonstige Erträge (50,00% außerordentlicher Anteil) + Verluste aus Wertminderungen oder Abgang von anderem Umlaufvermögen, Pauschalwertberichtigung + Verluste aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 147. Definition von Wertschöpfung = Rohertrag bzw. Rohaufwand + Sonstige Erträge - Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sach- und immaterielle Anlagen - Verluste aus Wertminderungen oder Abgang von anderem Umlaufvermögen, Pauschalwertberichtigung - Sonstige Steuern - Sonstige Aufwendungen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 146. Definition von Cash Flow I = Jahresergebnis + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sachund immaterielle Anlagen + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Finanzanlagen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 152. Definition von Festgelegte Zahlungen = Zinsen und ähnliche Aufwendungen + Lastenausgleichsgesetz-Vermögensangabe. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 153.

301

45 bb) 40 41 42 43 44

a) aa) 56 57 58 95 ab) 59 66 67 1184

1185

1186

1187

1188

1189

Cash Flow II1184 / Anlagenzugang Kennzahlen aus einer geschlossenen Kapitalflussrechnung Ordentlicher Cash Flow1185 / Mittelzufluss Außenfinanzierung / Investitions-Mittelbedarf Eigen- und langfristige Außenfinanzierung / Mittelbedarf im langfristigen Investitionsbereich1186 Mittelbedarf im kurzfristigen Investitionsbereich / Ordentlicher Cash Flow Kurzfristige Außenfinanzierung1187 / Brutto-Mittelbedarf aus laufenden Operationen1188 Kombinierte Kennzahlen Vermögens- und Kapitalrentabilitäten Bruttorenditen (Umschlagshäufigkeiten) Rohertrag / Durchschnittliches Sachanlagevermögen1189 Ordentliche Erträge / Durchschnittliches Sachvermögen Ordentliche Erträge / Durchschnittliches Gesamtkapital Umsatz / Bilanzsumme Rentabilitätskennzahlen auf der Basis von Ergebnis- oder Wertschöpfungsgrößen Wertschöpfung / Durchschnittliches Sachvermögen Ordentliches Jahresergebnis / Bilanzsumme Jahresergebnis / Gesamtvermögen

Weibel %

Altman (1971)

Beermann

% %

Beermann Beaver (1966)

Definition von Cash Flow II = Ordentliches betriebliches Ergebnis + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sach- und immaterielle Anlagen - Zinsen und ähnliche Aufwendungen Lastenausgleichsgesetz-Vermögensabgabe. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 152. Definition von Gesamtleistung = Umsatzerlöse + Veränderung der Bestände an fertigen und unfertigen Erzeugnissen + Andere aktivierte Eigenleistungen. Definition von Rohertrag bzw. Rohaufwand = Gesamtleistung - Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Waren. Definition von Ordentliches betriebliches Ergebnis = Rohertrag bzw. Rohaufwand - Personalaufwand - Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sach- und immaterielle Anlagen - Sonstige Steuern Sonstige Aufwendungen. Definition von Ordentlicher betrieblicher Cash Flow vor Zinsen und EEV-Steuern = Ordentliches betriebliches Ergebnis + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sach- und immaterielle Anlagen. Definition von Ordentlicher Cash Flow vor Zinsen und EEV-Steuern = Ordentlicher betrieblicher Cash Flow vor Zinsen und EEV-Steuern + Ordentliches betriebsfremdes Ergebnis. Definition von Ordentlicher Cash Flow = Ordentlicher Cash Flow vor Zinsen und EEV-Steuern Zinsen und ähnliche Aufwendungen - Steuern vom Einkommen, vom Ertrag und vom Vermögen Lastenausgleichsgesetz-Vermögensabgabe. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 156-158. Definition von Mittelbedarf im langfristigen Investitionsbereich = +Überschuss/-Mittelbedarf aus laufenden Operationen - Bruttozugang bei Sachanlagen - Bruttozugang bei Finanzanlagen + Ergebnis aus Anlagenabgängen und Zuschreibung. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 163. Definition von Brutto-Überschuss(+)/-Mittelbedarf(-) aus laufenden Operationen = Mittelbedarf(-)/ Mittelzufluss(+) durch Erhöhung bzw. Verminderung kurzfristiger Vermögenswerte = Ordentlicher Cash Flow - Veränderung der Vorräte - Veränderung der vermieteten Erzeugnisse - Veränderung der übrigen Umlaufvermögenswerte. Definition von Finanzierung aus Rückstellungen = Brutto-Überschuss(+)/-Mittelbedarf(-) aus laufenden Operationen + Veränderung der anderen Rückstellungen + Veränderung der Pensionsrückstellungen + Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen. Definition von Kurzfristige Außenfinanzierung = Finanzierung aus Rückstellungen + Veränderung der kurzfristigen Geldverbindlichkeiten + Veränderung der kurzfristigen Leistungsverbindlichkeiten. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 162. Definition von +Überschuss/-Mittelbedarf aus laufenden Operationen = Kurzfristige Außenfinanzierung + Tilgung der Vermögensabgabe + Korrektur zur Bilanzierung der Sonderposten mit Rücklageanteil. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 162. Definition von Sachvermögen = Summe Sachanlagen + Vermietete Erzeugnisse + Summe Vorräte. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 168.

302

69 70 71 72 73 74 Ac) 65 Ad) 84 b) Ba) 68 75 76 bb) 80 81 85 86 87 c) Ca) 82 83 88 Cb) 63 cc) 64 cd) 90 91 92 93 94

1190

1191

1192

1193

1194

Ordentliches Betriebsergebnis / Durchschnittliches Gesamtvermögen Ordentliches Ergebnis / Durchschnittliches Gesamtvermögen Wertschöpfung / Durchschnittliches Gesamtvermögen Jahresergebnis vor Steuern / Durchschnittliches Eigenkapital Jahresergebnis vor Steuern / Durchschnittliches Gesamtvermögen Jahresergebnis vor Zinsen und Steuern / Durchschnittliches Gesamtvermögen Steuerrentabilität EEV-Steuern / Durchschnittliches Gesamtkapital Ausschüttungsrendite Ausschüttung / Durchschnittliches Eigenkapital Kennzahlen zur Schuldentilgungskraft Ergebnisorientierte Kennzahlen Ordentliches Jahresergebnis / Fremdkapital Jahresergebnis / Durchschnittliches kurzfristiges Fremdkapital Jahresergebnis vor Steuern / Durchschnittliche kurzfristige Geldverbindlichkeiten Zahlungsorientierte Kennzahlen Cash Flow I / Fremdkapital Cash Flow III1190 / Fremdkapital Ordentlicher Cash Flow / Fremdkapital Überschuss aus laufenden Operationen / Fremdkapital Netto-Verschuldung1191 / Ordentlicher Cash Flow Weitere kombinierte Kennzahlen Auf betrieblichen Zahlungsströmen aufbauende Kennzahlen Anlagenzugang1192 / Abschreibungen Kurzfristiges Netto-Geldvermögen / Betriebliche Ausgaben1193 (No credit interval) Betriebliche Ausgaben / Ordentliche Erträge Sachanlagenabschreibungsquote Sachanlagenabschreibungen / Brutto-Sachanlagevermögen Fremdkapitalkosten Zinsaufwand / Durchschnittlich zu verzinsendes Fremdkapital1194 Umsatzkennzahlen Liquides Umlaufvermögen II / Umsatz Kurzfristiges Geldvermögen / Umsatz Zahlungsmittel / Umsatz Vorräte / Umsatz Net working capital / Umsatz

%

Meyer/Pifer

% % % % %

Meyer/Pifer Meyer/Pifer Edminster Perlitz Altman (1968)

% %

% % %

Beermann

Beaver (1966) Beermann

Beermann Beaver (1966)

%

Beermann

% Beaver (1966) Beaver (1966) Beaver (1966) Beermann Beaver (1966)

Definition von Cash Flow III = Ordentliches Jahresergebnis + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sach- und immaterielle Anlagen + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Finanzanlagen - Steuern von Einkommen, Ertrag, Vermögen + Veränderung der Pensionsrückstellungen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 152. Definition von Netto-Verschuldung = Fremdkapital - Kurzfristiges Geldvermögen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 169. Definition von Anlagenzugang = Veränderung der Sachanlagen + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sach- und immaterielle Anlagen + Veränderung der Finanzanlagen + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Finanzanlagen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 153. Definition von Betriebliche Ausgaben = Ordentlicher Aufwand II + Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sach- und immaterielle Anlagen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 170. Definition von Zu verzinsendes Fremdkapital = Summe langfristige Verbindlichkeiten + Kurzfristige Geldverbindlichkeiten - Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Vgl. Gebhardt, Günther (1980), S. 170.

303

Anhang 5: Anschreiben zum versandten Fragebogen

WESTFALISCHE W I L H E L M S - U N I V E R S I T AT

MtJNSTER

Institut fiir Revisionswesen Westfalische Wilhelms-Universitat Miinster Institut fiir Revisionswesen • Universitatsstr. 14 - 16 • D-48143 Mtinster

Prof. Dr. Reiner Quick D-48143 Munster Universitatsstr. 14-16 Vermittlung: Telefax: Durchwahl:

(02 51)83-0 (0251)83-28601 (02 51) 83 - 2 86 00

Munster, den 2. April 2004 Fragenbogen zur Entscheidung iiber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken Sehr geehrter Herr .. ./geehrte Frau ..., im Rahmen meiner Dissertation bei Prof. Dr. Reiner Quick flihre ich eine Studie zur Entscheidung iiber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken durch. Ziele dieser Studie sind: • moghche Faktoren bei der Entscheidung iiber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken zu bestimmen, • den Einfluss verschiedener Faktoren auf den Prufer bei der Entscheidung iiber die Going Concern Annahme zu untersuchen, • die Eignung methodengestutzter Ansatze zur Unterstiitzung bei der Entscheidung iiber die Going Concern Annahme zu ermitteln. Ihr Name wurde zufalhg aus dem WP-Verzeichnis Onhne ermitteh. Um moglichst gesicherte Ergebnisse zu erlangen, bedarf es einer hohen Anzahl ausgefiillter Fragebogen. Ihre Mitarbeit ist somit fiir den Erfolg meiner Studie von groBer Wichtigkeit. Ich bitte Sie daher, den als Anlage beigefiigten Fragebogen auszufullen. Fiir die Bearbeitung benotigen Sie ca. 30 Minuten. Schicken Sie ihn bitte bis zum .... an die o.g. Adresse zuruck. Benutzen Sie dazu den beigefiigten Adressaufkleber. Auch konnen Sie mir per Fax antworten. Ihre Angaben werden selbstverstandlich vertraulich und anonym behandelt, die Antworten werden aggregiert und statistisch ausgewertet. Solhen Sie Interesse an den Ergebnissen der Studie haben, nutzen Sie bitte den beigefiigten Coupon. Fiir Fragen bin ich telefonisch oder per Mail zu erreichen. Fiir die Unterstiitzung meiner Studie danke ich Ihnen herzlich. Mit freundlichen GruBen

Prof Dr. Reiner Quick

Silke Adam

Anlagen

304

Anhang 6: Fragebogen A Dissertation von Diplom-Kauflrau Siike Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken Bearbeitunqshinweis: Bitte beantworten Sie jede Frage unabhangig von der vorherigen, sofern dies nicht besonders angegeben ist. Bitte bearbeiten Sie den Fragebogen vollstandig.

Angaben zur Person 1.

Welche Berufsqualifil
Zusatzqualifil
2.

Sie arbeiten n in einer Big4-Wirtschaftsprufungsgesellschaft (PricewaterhouseCoopers, Ernst & Young, KPMG, Deloitte & louche) n in einer Non-Big4-Wirtschaftsprufungsgesellschaft n in einer Sozietat D als Selbststandiger {-^ Bitte weiter mit Frage 4)

3.

Welche Position haben Sie im Unternehmen? n Geschaftsfuhrer/Vorstand n Partner n Manager n Sonstige:

4.

Wie lange haben Sie diese Position bereits inne?

5.

Geschlecht:

6.

Wiealtsind Sie?

Jahre

7.

Wie viele Jahre Berufserfahrung haben Sie als WP/vBP?

Jahre

8.

Bitte nennen Sie die Branchen Ihrer wichtigsten Mandate:

9.

Wie viele Bestatigungsvermerl<e haben Sie bisher bei Ihrer pral
10.

D weiblich

D mannlich

ca.

uneingeschranl
ca.

eingeschranl
ca.

Versagungsvermerl<e

Wie haufig sind Sie bei der Erteilung von Bestatigungsvermerl<en bei Ihrer pral
eingeschranl
ca.

Versagungsvermerl<e

305

Dissertation von Diplom-Kauf^rau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

Fragen zu den verwendeten Entscheidungsfaktoren Die Unternehmensfuhrung des Mandanten hat daruber zu entscheiden, ob die Aufstellung des Jaiiresabschlusses unter Annaiime des Going Concern Prinzips erfolgen soil oder niciit. Der Absciilussprufer fiat die Vorgabe der Unternefimensfufirung zu prufen. In die Urteilsbildung uber die Going Concern Annafime flielien im Wesentlicfien quantitative Unternehmensfal
Welcfie Anteile soiiten die quantitativen und qualitativen Unternefimensfal
%

Qualitative Unternefimensfal
%

Sonstige Fal
%

Summe

100

%

12.

Bitte eriautern Sie Ifire Angabe unter „Sonstige Fal
13.

Welcfie Anteile liaben die quantitativen und qualitativen Unternefimensfal
%

Qualitative Unternehmensfal
%

Sonstige Fal
%

Summe 14.

100

Bitte eriautern Sie Ihre Angabe unter „Sonstige Fal
306

%

Dissertation von Diplom-Kauflrau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerker

Anhand der Fragen 15 und 16 werden quantitative Unternelimensfal
Ausschlaggebend Sehr wichtig Wichtig Weniger wichtig Ohne Bedeutung

A Wirtschaftliche Uberschuldung B Drohende Zahlungsunfahigl<eit C Zahlungsunfahigl<eit

Wichtigkeit

Umlaufvermogen / Kurzfristiges Fremdkapital Jahresuberschuss / Bilanzsumme (Umlaufvermogen - Kurzfr. Fremdl
insoivenzgrund

1

2

3

4

5

A B C

D D D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D D D

Kennen Sie weitere Kennzahien, die Sie im Rahmen einer Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme angewendet haben bzw. anwenden wurden? Bitte nennen Sie diese und beurteilen Sie diese nach den Skalierungen aus Frage 15. Wichtigi<eit 1 2

D D D D D D

307

D D D D D D

insoivenzgrund

3

4

5

D D D D D D

D D D D D D

D D D D D D

A B C

D D D D D D

nan n n n D n D

n n n

Dissertation von Diplom-Kauffrau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung Uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

Der nachste Abschnitt (Fragen 17 und 18) enthalt 30 Sachverhalte, die ebenfalls aus englischsprachigen Studien ermittelt wurden. Der Einfluss dieser Sachverhalte auf die Art des zu erteilenden Bestatigungsvermerl<s sowie deren Bedeutung bei einer Urteilsbildung Ciber die Going Concern Annahme werden hier untersucht. Bearbeitunqshinweis: Bitte bewerten Sie jeden Sachverhalt fiJr sich und sehen diesen nicht im Kontext zu den anderen aufgefuhrten SachverhaltenI 17.

Beurteilen Sie bitte jeden Sachverhalt auf seinen Einfluss auf die Art des zu erteilenden Bestatigungsvermerks. Benutzen Sie daftir die nachfolgend aufgefuhrten Kriterien. Ordnen Sie bitte jedem Sachverhalt einen Buchstaben nach den folgenden Definitionen zu . A

Der angefuhrte Sachverhalt spricht grundsatzlich fur die Erteilung eines uneingeschrankten Bestatigungsvermerks

B

Der angefuhrte Sachverhalt spricht grundsatziich fiir die Erteilung eines eingeschrankten Bestatigungsvermerks

C

Der angefuhrte Sachverhalt sprichit grundsatzlich fiir die Erteilung eines Versagungsvermerks

D

Der angefuhrte Sachverhalt hat grundsatzlich keinen Einfluss auf die Art des zu erteilenden Bestatigungsvermerks

Bestimmen Sie ferner bitte die Bedeutung jedes Sachverhalts im Rahmen einer Urteilsbildung Liber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken nach der folgenden Bewertungsskala: 1

Entscheidende Bedeutung

2

Erhebliche Bedeutung

3

Mittlere Bedeutung

4

Geringe Bedeutung

Bestatigungs-

Wichtigkeit

vermerk

Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren Sanierung des zu prtifenden Unternehmens (Reorganisation) Vorubergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Erfolgreich abgeschlossene Produkteinfuhrung Liquidation des Unternehmens hiat begonnen Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr bei zwei Wettbewerbern Negativer Cash Fiow aus gewdhniicher Geschaftstatigkeit Unternehmensrechtsform ist die Aktiengeseiischaft Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen drei Jahren Unternehmen unterliegt insoivenzverwaiter (Sanierer) Ausgabe neuer Anieihen Zukunftige Gehaitsentwicklung des [\ylanagements festgeiegt Unternehmen erhait Besserungsvereinbarung

308

A

B

D D D D

D D D D

c D D D D a D n D n

1

2

3

4

D D D D D a D D D a D D D D D D

n n n n n n n n D D D n D n D D D D D n D n D D D D D n D n D D D D D n D D D D D D D n D a D D D D D n D D D D n n n n n n n n D D D n D n D D

Dissertation von Diplom-Kauflrau Siike Adam ir Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung v 1 Bestatigungsvermerker

Bestatigungsvermerk B

C

D

1

2

3

4

D D D D D D

D n D D D D D n D D D n

D D D D D D

D D D D D D

D D D D D D

D D D D D D

Negatives Eigenkapital Voriiegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortfuhrung

D D D

Unternehmensgrundung in 1958

D D D n D D D D D D D n

Verlust eines Hauptkunden Zunahme der Forschungs- und Entwicklungskosten Eingeschranktes Vorjahrestestat 350 Unternehmensmitarbeiter

Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr Teiiweiser Eriass der Schulden

n n n

D D D

D D D D D D D n D D D

Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren

n n nn n n n n

Nicht voll ausgeschdpfte Kreditlinie

Ausgabe von Stammaktien

D D D D D

Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen zwei Jahren

n n nn n n n n

Hauptsitz in Koblenz, Niederlassung in Dusseldorf Negatives Working Capital Erfolgreiche Umschuldung der Darlehen

18.

A

D D D D D D

Jahresfehlbetrag m Vorjahr

Wichtigkeit

D D D D D

D D D n D D D n D D

D D n D D D n D D D

D D D D D

D D D D D

Kennen Sie weitere Sachverhalte, die Sie im Rahmen einer Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme berucksichtigt haben bzw. berucksichtigen wurden? Bitte nennen Sie diese und beurteilen Sie diese nach den Skalierungen aus Frage 17. Bestatigungsvermerk A

B

C

D

D D D D D D D D

Wichtigkeit 1 2

3

4

D D D D D D D D

n n n n n n n n D D D D D D D D

309

D D D D D D D D

Dissertation von DJplom-Kauffrau SJIke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung Qber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

In diesem Abschnitt (Fragen 19 bis 22) wird anhand von z w e i Beispielen eine Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken simuliert. Im Rahman einer JahresabschlussprCifung des Unternehmens A sind die 7 nachfolgend aufgefuhrten Sachverhalte festgestellt worden. Unternehmensgrundung in 1958 Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren Eingeschranktes Vorjahrestestat Hauptsitz in Koblenz, Niederlassung in Dusseldorf Vorubergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Verlust Bines Hauptkunden Unternehmen unterliegt InsolvenzverwaJter (Sanierer) Bitte beurteilen Sie dieses Ergebnis insgesamt.

20.

n

Beim Unternehmen A tendiere ich zur Erteilung eines uneingeschrankten Bestatigungsvermerks.

n

Beim Unternehmen A tendiere ich zur Erteilung eines eingeschrankten Bestatigungsvermerks.

n

Beim Unternehmen A tendiere ich zur Erteilung eines Versagungsvermerks.

Hier wird ein Unternehmen B anhand von 7 Sachverhalten dargestellt. Nicht voll ausgeschdpfte Kreditlinie 350 Unternehmensmitarbeiter Erfolgreich abgeschlossene ProdukteinfiJhrung Ausgabe neuer Anieihen Unternehmen erhalt Besserungsvereinbarung Zunahme der Forschungs- und Entwicklungskosten Unternehmensrechtsform ist die Aktiengesellschaft Bitte bewerten Sie auch dieses Ergebnis insgesamt und unabhangig von Frage 19.

21.

22.

n

Beim Unternehmen B tendiere ich zur Erteilung eines uneingeschrankten Bestatigungsvermerks.

n

Beim Unternehmen B tendiere ich zur Erteilung eines eingeschrankten Bestatigungsvermerks.

n

Beim Unternehmen B tendiere ich zur Erteilung eines Versagungsvermerks.

Fassen Sie bitte Ihre Ergebnisse aus den Fragen 19 und 20 zu einem Gesamturteil zusammen. n

Ich erteile insgesamt einen uneingeschrankten Bestatigungsvermerk.

n

Ich erteile insgesamt einen eingeschrankten Bestatigungsvermerk.

n

Ich erteile insgesamt einen Versagungsvermerk.

Bitte begrtinden Sie kurz Ihre Antwort zu Frage 2 1 :

310

Dissertation von Dipiom-Kauffrau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

Fragen zur Anwendung methodengestutzter Ansatze Methodengestijtzte Ansatze, z.B. Diskriminanzanalyse, kunstliches neuronales Netz, konnen eine Urteilsbildung iiber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken unterstutzen, indem sie Problembereiche hinsichtlich des Fortbestands des Unternehmens aufdecken. Diese Sachverhalte sind einer weitergehenden Prijfung zu unterziehen, bevor ein endgiJltiges Urteil uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken getroffen werden kann. Mit Hilfe der Fragen 23 bis 29 Vi/erden die Anwendungshaufigkeit dieser methodengestutzten Ansatze und deren Ergebnisqualitat ermittelt. 23.

Welche methodengestutzten Ansatze sind Ihrer Meinung nach theoretisch geeignet, als Hilfestellung fur eine Unterscheidung zwischen Going Concern-Unternehmen und Non-Going Concern-Unternehmen im Rahman einer Urteilsbildung tiber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken zu dienen? •

Einzelne Kennzahlen

l~l

Kennzahlensystem

•

Disl
•

Regressionsanalyse

•

Kunstliches neuronales Netz

•

Sonstige:

•

Theoretisch ist kein methodengestutzter Ansatz geeignet

24.

Bitte begrunden Sie kurz Ihre Antwort zu Frage 23:

25.

Welche methodengestutzten Ansatze haben Sie bei Ihrer praktischen Tatigkeit ais Hilfestellung zur Unterscheidung zwischen Going Concern-Unternehmen und Non-Going Concern-Unternehmen bisher angewendet? •

Einzelne Kennzahlen

•

Kennzahlensystem

•

Diskhminanzanalyse

r~l

Regressionsanalyse

l~l

Kunstliches neuronales Netz

O

Sonstige:

n

Ich venA'ende keinen methodengestutzten Ansatz {-^ BItte weiter mit Frage 29)

26.

Bitte begrunden Sie kurz Ihre Antwort zu Frage 25:

27.

Bei wie vielen JahresabschlussprCifungen wenden Sie methodengestijtzte Ansatze als Hilfestellung zur Unterscheidung zwischen Going Concern-Unternehmen und Non-Going Concern-Unternehmen an?

311

Dissertation von Diplom-Kauf^rau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

28.

Wie hoch ist die durchschnittiiche Zuverlassigkeit der Ergebnisse der von Ihnen als Hilfestellung eingesetzten methodengestutzten Ansatze? Einzelne Kennzahien Kennzahlensystem Diskriminanzanalyse Regressionsanalyse Kunstliches neuronales Netz Sonstige

29.

ca. ca. ca. ca. ca. ca.

% % % % % %

Warum finden bei Ihnen methodengestutzte Ansatze nicht bei alien Jahresabschlussprufungen bzw. bei l<einer Jahresabschlussprufung als Hilfestellung zur Unterscheidung zwischen Going ConcernUnternehmen und Non-Going Concern-Unternehmen Anwendung? n n n n n n

Nicht ausreichend bekannt Fehlende Daten Schlechte Erfahrungen Zu zeitaufwendig Zu teuer Nicht erforderlich

D

Sonstige:

Ruckantwort bitte bis zum 5. Mai 2004

Vielen Dank fur Ihre Mitarbeit!

Munster, im Marz 2004

312

Anhang 7: Fragebogen B Dissertation von Diplom-Kauflrau Siike Adam Fragebogen zur Urteiisbildung uber die Going Concern Annatnme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

Fragebogen zur Urteiisbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken Bearbeitunqshinweis: Bitte beantworten Sie jede Frage unabhangig von der vorherigen, sofern dies nicht besonders angegeben ist. Bitte bearbeiten Sie den Fragebogen vollstandig.

Angaben zur Person 1.

Welche Berufsqualifil
Zusatzqualifil
2.

Sie arbeiten n in einer Big4-Wirtschaftsprufungsgesellscliaft (PricewaterhouseCoopers, Ernst & Young, KPIVIG, Deloitte & louche) n in einer Non-Big4-Wirtschaftsprufungsgesellschaft n in einer Sozietat D als Selbststandiger {—y Bitte weiter mit Frage 4)

3.

Welche Position haben Sie im Unternehmen? n Geschaftsfuhrer/Vorstand n Partner n Manager n Sonstige:

4.

Wie lange haben Sie diese Position bereits inne?

5.

Geschlecht:

6.

Wie altsind Sie?

Jahre

7.

Wie viele Jahre Berufserfahrung haben Sie als WP/vBP?

Jahre

8.

Bitte nennen Sie die Branchen Ihrer wichtigsten Mandate:

9.

Wie viele Bestatigungsvermerke haben Sie bisher bei Ihrer praktischen Tatigkeit erteilt?

10.

D weiblich

D mannlich

ca.

uneingeschrankte Bestatigungsvermerke

ca.

eingeschrankte Bestatigungsvermerke

ca.

Versagungsvermerke

Wie haufig sind Sie bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken bei Ihrer praktischen Tatigkeit von der Entscheidung der Unternehmensfuhrung des Mandanten abgewichen? ca.

eingeschrankte Bestatigungsvermerke

ca.

Versagungsvermerke

313

Dissertation von Diplom-Kauflrau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermeri<en

Fragen zu den verwendeten Entscheidungsfaktoren Die Unternehmensfuhrung des Mandanten hat daruber zu entscheiden, ob die Aufstellung des Jahresabschlusses unter Annahme des Going Concern Prinzips erfolgen soil oder nicht. Der Abschlussprufer hat die Vorgabe der Unternehmensfuhrung zu prufen. In die Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme flieUen im Wesentlichen quantitative Unternehmensfal
Welche Anteile soiiten die quantitativen und qualitativen Unternehmensfal
%

Qualitative Unternehmensfal
%

Sonstige Fal
%

Summe

100

%

12.

Bitte eriautern Sie Ihre Angabe unter „Sonstige Fal
13.

Welche Anteile liaben die quantitativen und qualitativen Unternehmensfal
%

Qualitative Unternehmensfal
%

Sonstige Fal
%

Summe 14.

100

Bitte eriautern Sie Ihre Angabe unter „Sonstige Fal
314

%

Dissertation von Diplom-Kauflrau Siike Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerker

Anhand der Fragen 15 und 16 werden quantitative Unternelimensfal
Ausschlaggebend Sehr wichtig Wichtig Weniger wichtig Ohne Bedeutung

A Wirtschaftliche Uberschuldung B Drohende Zahlungsunfahigl<eit C Zahlungsunfahigl<eit

Wiclitigl<eit

Umiaufvermdgen / Kurzfristiges Fremdkapital Jahresuberschuss / Bilanzsumme (Umiaufvermdgen - Kurzfr. Fremdl
2

3

4

5

A B C

D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D

n n n n n

Kurzfristiges Fremdl
D D D D D

Liquide Mittel / Bilanzsumme 16.

insoivenzgrund

1

D D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D D

n n n D D D

Kennen Sie weitere Kennzaliien, die Sie im Rahmen einer Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme angewendet haben bzw. anwenden wurden? Bitte nennen Sie diese und beurteilen Sie diese nach den Skalierungen aus Frage 15. Wiclitigi<eit 1 2

4

insoivenzgrund 5

A B C

D D D D D

D D D

n n n n n

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D D D D

315

3

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D D D D

D D D D

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D D D D D D

n nn

Dissertation von Diplom-Kauffrau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung Gber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

Der nachste Abschnitt (Fragen 17 und 18) enthalt 30 Sachverhalte, die ebenfalls aus englischsprachigen Studien ermittelt wurden. Der Einfluss dieser Sachverhalte auf die Art des zu erteilenden Bestatigungsvermerl<s sowie deren Bedeutung bei einer Urteilsbildung Ciber die Going Concern Annahme werden hier untersucht. Bearbeitunqshinweis: Bitte bewerten Sie jeden Sachverhalt fiJr sich und sehen diesen nicht im Kontext zu den anderen aufgefuhrten SachverhaltenI 17.

Beurteilen Sie bitte jeden Sachverhalt auf seinen Einfluss auf die Art des zu erteilenden Bestatigungsvermerks. Benutzen Sie daftir die nachfolgend aufgefuhrten Kriterien. Ordnen Sie bitte jedem Sachverhalt einen Buchstaben nach den folgenden Definitionen zu . A

Der angefuhrte Sachverhalt spricht grundsatzlich fiir die Erteilung eines uneingeschrankten Bestatigungsvermerks

B

Der angefuhrte Sachverhalt spricht grundsatziich fiir die Erteilung eines e i n g e s c h r a n k t e n Bestatigungsvermerks

C

Der angefuhrte Sachverhalt sprichit grundsatzlich fiir die Erteilung eines Versagungsvermerks

D

Der angefuhrte Sachverhalt hat grundsatziich keinen Einfiuss auf die Art des zu erteilenden Bestatigungsvermerks

Bestimmen Sie ferner bitte die Bedeutung jedes Sachverhalts im Rahmen einer Urteilsbildung Liber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken nach der folgenden Bewertungsskala: 1

Entscheidende Bedeutung

2

Erhebliche Bedeutung

3

Mittlere Bedeutung

4

Geringe Bedeutung

Bestatigungs-

Wichtigkeit

vermerk

Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren Sanierung des zu prtifenden Unternehmens (Reorganisation) Vorubergehende Zahlungsschwierigkeiten {Zahlungsstockungen) Erfolgreich abgeschlossene Produkteinfiihrung Liquidation des Unternet^mens hiat begonnen Negatives Betriebsergebnis im Vorjalir bei zwei Wettbewerbern Negativer Cash Fiow aus gewdhniicher Geschaftstatigkeit Unternehmensrechtsform ist die Aktiengeseiischaft Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen drei Jahren Unternehmen unteriiegt insolvenzverwaiter (Sanierer) Ausgabe neuer Anieihen Zukunftige Gehaltsentwickiung des [Vlanagements festgeiegt Unternehmen erhait Besserungsvereinbarung

316

A B c D D D D D D a D a D a D D n D n

•

1

2

3

4

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Dissertation von Diplom-Kauffrau Silke Adam ir Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung v 1 Bestatigungsvermerker

Bestatigungsvermerk B

D D D D D D

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D

1

2

3

4

D D D D D D

D D D D D D

D D D D D D

D D D D D D

D D D D D D

Negatives Eigenkapital

D D D D D D

Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortfuhrung

D D D D

D D D D

Unternehmensgrundung in 1958

D D D D D D D D D D D D

D D D D D D D D D D D D

Jahresfehlbetrag m Vorjahr Verlust eines Hauptkunden Zunahme der Forschungs- und Entwicklungskosten Eingeschranktes Vorjahrestestat 350 Unternehmensmitarbeiter

Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr Teilweiser Eriass der Schulden Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren

n n n n n n n n

Nicht voll ausgeschdpfte Kreditlinie

Ausgabe von Stammaktien

D D D D D

Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen zwei Jahren

n n n n n n n n

Hauptsitz in Koblenz, Niederlassung in Dusseldorf Negatives Working Capital Erfolgreiche Umschuldung der Darlehen

18.

A

Wichtigkeit

D D D D D

D D D D D

D D D D D

D D D D D

D D D D D

D D D D D

D D D D D

Kennen Sie weitere Sachverhalte, die Sie im Rahmen einer Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme berucksichtigt haben bzw. berucksichtigen wurden? Bitte nennen Sie diese und beurteilen Sie diese nach den Skalierungen aus Frage 17. Bestatigungsvermerk A

B

C

D

D D D D D D D D

Wichtigkeit 1 2

3

4

D D D D D D D D

n n n n n n n n n n n n n n n n n n n n n n n n

317

Dissertation von Dipiom-Kauffrau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung Uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

In diesem Abschnitt (Fragen 19 bis 22) wird anhand von zwei Beispielen eine Urteilsbildung Ciber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken simuliert. 19.

Im Rahmen einer Jahresabschlussprtifung des Unternehmens A sind die 7 nachfolgend aufgefuhrten Sachverhalte festgestellt worden. Nicht voll ausgeschdpfte Kreditlinie 350 Unternehmensmitarbeiter Erfolgreich abgeschlossene Produkteinfuhrung Ausgabe neuer Anieihen Unternehmen erhalt Besserungsvereinbarung Zunahme der Forschungs- und Entwicklungskosten Unternehmensrechtsform ist die Aktiengesellschaft Bitte beurteilen Sie dieses Ergebnis insgesam t

20.

n

Beim Unternehmen A tendiere ich zur Erteilung eines uneingeschrankten Bestatigungsvermerks.

•

Beim Unternehmen A tendiere ich zur Erteilung eines eingeschrankten Bestatigungsvermerks.

n

Beim Unternehmen A tendiere ich zur Erteilung eines Versagungsvermerks.

Hier wird ein Unternehmen B anhand von 7 Sachverhalten dargestellt. Unternehmensgrtindung in 1958 Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren Eingeschranktes Vorjahrestestat Hauptsitz in Koblenz, Niederlassung in Dusseldorf Vorubergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Verlust eines Hauptkunden Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter (Sanierer) Bitte bewerten Sie auch dieses Ergebnis insgesamt und unabhangig von Frage 19.

21.

22.

n

Beim Unternehmen B tendiere ich zur Erteilung eines uneingeschrankten Bestatigungsvermerks.

n

Beim Unternehmen B tendiere ich zur Erteilung eines eingeschrankten Bestatigungsvermerks.

n

Beim Unternehmen B tendiere ich zur Erteilung eines Versagungsvermerks.

Fassen Sie bitte Ihre Ergebnisse aus den Fragen 19 und 20 zu einem Gesamturteil zusammen. •

Ich erteile insgesamt einen uneingeschrankten Bestatigungsvermerk.

n

Ich erteile insgesamt einen eingeschrankten Bestatigungsvermerk.

n

Ich erteile insgesamt einen Versagungsvermerk.

Bitte begrunden Sie kurz Ihre AntA'ort zu Frage 2 1 :

31J

Dissertation von Dipiom-Kauffrau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

Fragen zur Anwendung methodengestutzter Ansatze Methodengestijtzte Ansatze, z.B. Diskriminanzanalyse, kunstliches neuronales Netz, konnen eine Urteilsbildung iiber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken unterstutzen, indem sie Problembereiche hinsichtlich des Fortbestands des Unternehmens aufdecken. Diese Sachverhalte sind einer weitergehenden Prijfung zu unterziehen, bevor ein endgiJltiges Urteil uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken getroffen werden kann. Mit Hilfe der Fragen 23 bis 29 Vi/erden die Anwendungshaufigkeit dieser methodengestutzten Ansatze und deren Ergebnisqualitat ermittelt. 23.

Welche methodengestutzten Ansatze sind Ihrer Meinung nach theoretisch geeignet, als Hilfestellung fur eine Unterscheidung zwischen Going Concern-Unternehmen und Non-Going Concern-Unternehmen im Rahman einer Urteilsbildung tiber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken zu dienen? •

Einzelne Kennzahlen

l~l

Kennzahlensystem

•

Disl
•

Regressionsanalyse

•

Kunstliches neuronales Netz

•

Sonstige:

•

Theoretisch ist kein methodengestutzter Ansatz geeignet

24.

Bitte begrunden Sie kurz Ihre Antwort zu Frage 23:

25.

Welche methodengestutzten Ansatze haben Sie bei Ihrer praktischen Tatigkeit ais Hilfestellung zur Unterscheidung zwischen Going Concern-Unternehmen und Non-Going Concern-Unternehmen bisher angewendet? •

Einzelne Kennzahlen

•

Kennzahlensystem

•

Diskhminanzanalyse

r~l

Regressionsanalyse

l~l

Kunstliches neuronales Netz

O

Sonstige:

n

Ich venA'ende keinen methodengestutzten Ansatz {-^ BItte weiter mit Frage 29)

26.

Bitte begrunden Sie kurz Ihre Antwort zu Frage 25:

27.

Bei wie vielen JahresabschlussprCifungen wenden Sie methodengestijtzte Ansatze als Hilfestellung zur Unterscheidung zwischen Going Concern-Unternehmen und Non-Going Concern-Unternehmen an?

319

Dissertation von Diplom-Kauffrau Silke Adam Fragebogen zur Urteilsbildung uber die Going Concern Annahme bei der Erteilung von Bestatigungsvermerken

28.

Wie hoch ist die durchschnittliche Zuverlassigkeit der Ergebnisse der von Ihnen als Hilfestellung eingesetzten methodengestutzten Ansatze? Einzelne Kennzahlen Kennzahlensystem Diskriminanzanalyse Regressionsanalyse Kunstliches neuronales Netz Sonstige

29.

ca. ca. ca. ca. ca. ca.

% % % % % %

Warum finden bei Ihnen methodengestutzte Ansatze nicht bei alien Jahresabschlussprufungen bzw. bei l<einer Jahresabschlussprufung als Hilfestellung zur Unterscheidung zwischen Going ConcernUnternelnmen und Non-Going Concern-Unternehmen Anwendung? n n n n n n

Nicht ausreichend bel
D

Sonstige:

Ruckantwort bitte bis zum 5. Mai 2004

Vielen Dank fur Ihre Mitarbeit!

Munster, im Marz 2004

320

Anhan g 8: Ubersicht Feiertage O

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Anhang 9: Überprüfung auf Nonresponse Bias (Grafiken) Frage 2 Arbeitgeber fristgerecht

verspätet

30%

30%

20%

20%

10%

10%

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0% Big4WPG

Big4WPG

Non Big4- Sozietät Selbstständiger WPG

Non Big4SelbstSozietät WPG ständiger

Frage 3 Position im Unternehmen fristgerecht

verspätet

50%

50%

40%

40%

30%

30%

20%

20%

10%

10%

Geschäftsführer/ Partner Vorstand

Manager

Sonstige Position

Geschäftsführer/ Partner Vorstand

322

Manager

Sonstige Position

Frage 4 Jahre in der Position fristgerecht

Jahre

Jahre

50

50

40

40

30

30

20

20

10

10

0

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verspätet

Frage 5 Geschlecht fristgerecht

verspätet

75%

75%

50%

50%

25%

25%

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weiblich

männlich

weiblich

männlich

Frage 6 und 7 Alter

Jahre

Jahre

Berufserfahrung

50 70

40

60

30

50

20

40

10 0

30

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

323

verspätet

Frage 9 Erteilung von Bestätigungsvermerken Uneingeschränkte Bestätigungsvermerke 1000

/



Eingeschränkte Bestätigungsvermerke

60

Versagungsvermerke 12,5



/  

750

40

10,0

/



 

7,5

500 20

5,0

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verspätet

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Frage 11 Entscheidungsfaktoren (in der Theorie) Quantitative Faktoren 100%

Qualitative Faktoren

Sonstige Faktoren

80% 30% 60%

75%

20% 40% 50% 10% 20% 25%

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Frage 13 Entscheidungsfaktoren (in der Praxis) Quantitative Faktoren

Qualitative Faktoren

Sonstige Faktoren

100%

100%

40%

75%

75%

30%

50%

20%

25%

10%

50%

25% 0%

fristgerecht

verspätet

0%

fristgerecht

324

verspätet

fristgerecht

verspätet

Frage 15 Umlaufvermögen Kurzfristiges Fremdkapital Wichtigkeit 5,0

Insolvenzgrund



3,0

4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

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1,0

1,0

fristgerecht

verspätet

/

/

/

/

fristgerecht

verspätet

Jahresüberschuss Bilanzsumme Wichtigkeit

Insolvenzgrund

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3,0

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1,0

1,0



fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

(Umlaufvermögen - Kurzfristiges Fremdkapital) Bilanzsumme Wichtigkeit

Insolvenzgrund

5,0

3,0

4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0



fristgerecht

/

verspätet

/

fristgerecht

325

verspätet

Frage 15 Umlaufvermögen Bilanzsumme Wichtigkeit

Insolvenzgrund

5,0

3,0

4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0



fristgerecht

verspätet

/

fristgerecht

verspätet

Kasse Bilanzsumme Wichtigkeit

Insolvenzgrund

5,0

3,0

4,0

2,5

3,0

2,0

2,0



1,5

1,0



1,0

fristgerecht

verspätet

/

/

fristgerecht

/

verspätet

Einbehaltener Gewinn Bilanzsumme Wichtigkeit

Insolvenzgrund

5,0

3,0

4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0



fristgerecht

verspätet

fristgerecht

326

verspätet

Frage 15 Liquide Mittel Kurzfristiges Fremdkapital Wichtigkeit 5,0



Insolvenzgrund 3,0



4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) Bilanzsumme Wichtigkeit

Insolvenzgrund

5,0

3,0

4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Fremdkapital Bilanzsumme Wichtigkeit 5,0



Insolvenzgrund 3,0



4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

327

verspätet

Frage 15 Umlaufvermögen Umsatzerlöse Wichtigkeit

Insolvenzgrund

5,0

3,0

4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

/

1,0



fristgerecht

verspätet

/

/

fristgerecht

verspätet

Langfristiges Fremdkapital Bilanzsumme Wichtigkeit

Insolvenzgrund

5,0

3,0

4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Reinvermögen Fremdkapital Wichtigkeit 5,0

Insolvenzgrund 3,0



4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

/

/

1,0

1,0

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

328

verspätet

Frage 15 Cash Flow Bilanzsumme Wichtigkeit 5,0

Insolvenzgrund 3,0



4,0

2,5



3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0



fristgerecht

/

verspätet

/

fristgerecht

verspätet

Kurzfristiges Fremdkapital Bilanzsumme Wichtigkeit 5,0

Insolvenzgrund 3,0



4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0

fristgerecht

verspätet

/

fristgerecht

verspätet

Liquide Mittel Bilanzsumme Wichtigkeit 5,0

Insolvenzgrund 3,0



4,0

2,5

3,0

2,0

2,0

1,5

1,0

1,0

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

329

verspätet

Frage 17 Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen drei Jahren Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

/

2

1

/

1

fristgerecht

verspätet

/

/

fristgerecht

verspätet

Sanierung des zu prüfenden Unternehmens (Reorganisation) Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet



/

/

fristgerecht

verspätet

Vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten (Zahlungsstockungen) Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet



/

/

fristgerecht

330

verspätet

Frage 17 Erfolgreich abgeschlossene Produkteinführung Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

/

1

fristgerecht

1

verspätet

fristgerecht

verspätet

Liquidation des Unternehmens hat begonnen Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet





fristgerecht

verspätet

Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr bei zwei Wettbewerbern Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

/

3

2

/

2

1

/

fristgerecht

/

1

verspätet



fristgerecht

331

verspätet

Frage 17 Negativer Cash Flow aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Unternehmensrechtsform ist die Aktiengesellschaft Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit 4

4

3

/

2

1

/

fristgerecht

/

3

/

2

/

1

/

verspätet

fristgerecht

verspätet

Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen drei Jahren Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

/

/

fristgerecht

332

verspätet

Frage 17 Unternehmen unterliegt Insolvenzverwalter (Sanierer) Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2



1

1

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Ausgabe neuer Anleihen Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

/

3

2

/

2

1

/

fristgerecht

/

1

verspätet



fristgerecht

verspätet

Zukünftige Gehaltsentwicklung des Managements festgelegt Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

/

1

/

fristgerecht

2

/

1

verspätet



fristgerecht

333

verspätet

Frage 17 Unternehmen erhält Besserungsvereinbarung Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Jahresfehlbetrag im Vorjahr Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

/

4

3

/

3

2

/

2

1

/

fristgerecht

/

/

1

verspätet

fristgerecht

verspätet

Verlust eines Hauptkunden Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2



1

fristgerecht

1

verspätet

fristgerecht

334

verspätet

Frage 17 Zunahme der Forschungsund Entwicklungskosten Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit 4

4

3

/

3

2

/

2

1

/

fristgerecht

/

1

verspätet



fristgerecht

verspätet

Eingeschränktes Vorjahrestestat Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

/

3

3

/

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

/

fristgerecht

verspätet

350 Unternehmensmitarbeiter Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit 4

4

3

/

2

1

/

/

fristgerecht

verspätet

3

/

2

/

1

/

fristgerecht

335

/

/

verspätet

Frage 17 Negatives Eigenkapital Bestätigungsvermerk 4

Wichtigkeit 4



3

3

2

2





fristgerecht

verspätet

1

1

fristgerecht

verspätet

Vorliegen eines Insolvenzplans mit dem Ziel einer Unternehmensfortführung Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet



fristgerecht

verspätet

Unternehmensgründung in 1958 Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

/

3

/

2

/

2

/

1

/

fristgerecht

1

verspätet

/

fristgerecht

336

/

verspätet

Frage 17 Negatives Betriebsergebnis im Vorjahr Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

1

/

/

fristgerecht

/

2

/

1

verspätet

fristgerecht

verspätet

Teilweiser Erlass der Schulden Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

/

3

3

/

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

/

fristgerecht

verspätet

Jahresfehlbetrag in den vorangegangenen zwei Jahren Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

/

2

1

/

1

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

337

verspätet

Frage 17 Nicht voll ausgeschöpfte Kreditlinie Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Hauptsitz in Koblenz, Niederlassung in Düsseldorf Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

/

2

/

1

/

2

/

1

/

fristgerecht

/

verspätet

fristgerecht

verspätet

Negatives Working Capital Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

338

verspätet

Frage 17 Erfolgreiche Umschuldung der Darlehen Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

verspätet

Ausgabe von Stammaktien Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

/

1

/

fristgerecht

2

/

1

verspätet



fristgerecht

verspätet

Negatives Betriebsergebnis in den vorangegangenen zwei Jahren Bestätigungsvermerk

Wichtigkeit

4

4

3

3

2

2

1

1

fristgerecht

verspätet

fristgerecht

339

verspätet

Frage 25 Praktische Anwendung

fristgerecht verspätet

100% 100%

80% 80%

60% 60%

40% 40%

20% 20%

340

Kein Ansatz geeignet

20%

Kein Ansatz angewandt

20%

Sonstige

40%

Sonstige

40%

Künstliches neuronales Netz

60%

Regressionsanalyse

60%

Künstliches neuronales Netz

80%

Diskriminanzanalyse

80%

Regressionsanalyse

fristgerecht

Diskriminanzanalyse

100%

Kennzahlensystem

Einzelne Kennzahlen

Kein Ansatz geeignet

Sonstige

Künstliches neuronales Netz

Regressionsanalyse

Diskriminanzanalyse

Kennzahlensystem

Einzelne Kennzahlen

100%

Kennzahlensystem

Einzelne Kennzahlen

Kein Ansatz angewandt

Sonstige

Künstliches neuronales Netz

Regressionsanalyse

Diskriminanzanalyse

Kennzahlensystem

Einzelne Kennzahlen

Frage 23 Theoretische Eignung verspätet

Frage 27 Anteil der Jahresabschlussprüfungen unter Anwendung methodengestützter Ansätze fristgerecht

verspätet

100%

100%

80%

80%

60%

60%

40%

40%

20%

20%

Frage 28 Durchschnittliche Zuverlässigkeit

20%

Sonstige

341

Sonstige

20%

Künstliches neuronales Netz

40%

Regressionsanalyse

40%

Einzelne Kennzahlen

60%

Künstliches neuronales Netz

60%

Regressionsanalyse

80%

Diskriminanzanalyse

80%

Kennzahlensystem

100%

Einzelne Kennzahlen

100%

Diskriminanzanalyse

verspätet

Kennzahlensystem

fristgerecht

30% 30%

20% 20%

10% 10%

342 Sonstige

40%

Nicht erforderlich

40%

Zu teuer

50%

Zu zeitaufwendig

fristgerecht

Schlechte Erfahrungen

50%

Fehlende Daten

Nicht ausreichend bekannt

Sonstige

Nicht erforderlich

Zu teuer

Zu zeitaufwendig

Schlechte Erfahrungen

Fehlende Daten

Nicht ausreichend bekannt

Frage 29 Gründe der Nichtanwendung verspätet