Nr. 498
Das Parraxynt Ein Magier kämpft um die Macht von H. G. Francis
Die Herrschaft des Bösen über die Schwarze Gal...
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Nr. 498
Das Parraxynt Ein Magier kämpft um die Macht von H. G. Francis
Die Herrschaft des Bösen über die Schwarze Galaxis ist längst aufgehoben. Der Zusammenbruch der dunklen Mächte begann damit, daß Duuhl Larx, der verrückte Neffe, durch die Schwarze Galaxis raste und Unheil unter seinen Kollegen stiftete. Es hatte damit zu tun, daß die große Plejade zum Zentrum der Schwarzen Galaxis ge bracht wurde und nicht zuletzt auch damit, daß Atlan, der Arkonide, und Razamon, der Berserker, in ihrem Wirken gegen das Böse nicht aufsteckten. Dann löste die große Plejade den Lebensring um Ritiquian auf. Der Dunkle Oheim mußte seine bisher schlimmste Niederlage einstecken, und die Statthalter des Dunklen Oheims starben aus. Doch das Schicksal der dunklen Mächte scheint damit noch nicht endgültig besiegelt zu sein. Der Dunkle Oheim traf jedenfalls einschnei dende Maßnahmen, indem er die Dimensionsfahrstühle zusammenführte, mit ihnen startete und Kurs auf die Milchstraße nahm. Die Lage, die gegenwärtig auf Pthor herrscht, ist schwer überschaubar. Unheimli che Bedrohungen für Land und Leute wechseln einander ab, und die Verantwortli chen haben alle Hände voll zu tun, um das Unheil zu bannen. Eine große Rolle bei dem turbulenten Geschehen spielt DAS PARRAXYNT …
Das Parraxynt
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Die Hautpersonen des Romans:
Atlan - Der König von Atlantis soll gestürzt werden.
Sconnos - Ein Pthorer findet seine Bestimmung.
Aponax - Ein Schriftenmagier.
Heimdall - Der Odinssohn als Atlans Lebensretter.
Staff, Trux, Quarras und Estarr - Vertraute des Sconnos.
1. »Komm schnell«, sagte Trux, und er hatte Mühe, diese Worte über die Lippen zu brin gen. »Es ist etwas passiert.« Sconnos saß in einem Büro, von dem aus er die Aufbauarbeiten in Moondrag leitete. Von einer bösen Ahnung erfaßt, erhob er sich. Schon einmal war der Junge so zu ihm gekommen, um ihm zu sagen, daß ein Freund im Sterben lag. Ging es jetzt auch um den Tod? »Was ist passiert?« fragte Sconnos. Trux schüttelte den Kopf. Tränen stiegen ihm in die Augen, und er wandte sich rasch ab. Der neue Herrscher von Moondrag packte ihn an der Schulter. »Was ist los, Trux?« »Komm doch mit. Bitte.« Der Junge eilte davon, und Sconnos folgte ihm. Er war wie betäubt vor Angst und Sor ge, und es gelang ihm nicht, seine Gedanken zu ordnen. In den vergangenen Tagen hatte er nicht nur seinen Sieg über die bisherigen Herr scher von Moondrag gefeiert, sondern auch energisch mit der Aufbauarbeit begonnen. Jetzt lebte nicht nur eine kleine Gruppe von Menschen von den Nahrungsmitteln, die von außen geliefert, und die zum Teil auch in Moondrag erzeugt wurden, sondern alle Be wohner der Stadt. Die Zeit der Überfälle war vorbei. Niemand brauchte mehr zu hungern, und fast alle hatten eine menschenwürdige Unterkunft gefunden. Gewaltige Maschinen, die Freunde von Sconnos in subpthorischen Hallen entdeckt hatten, räumten in der Stadt auf. Die Hütten und Elendsquartiere verschwanden. Ruinen
wurden eingerissen, um Platz für Neubauten zu schaffen. Überall regte sich neues Leben. Die Sicherheit, die Sconnos als neuer Herr scher den Bewohnern der Stadt verlieh, gab starke Impulse für den Aufbau der Wirt schaft. Eine neue Zeit war angebrochen, und das düsterste Kapital in der Geschichte der Stadt war abgeschlossen. Und ausgerechnet jetzt, in einer Zeit vol ler Hoffnung, war etwas Schreckliches ge schehen, was Sconnos selbst betraf. Wurde dadurch alles in Frage gestellt? »Beeile dich doch«, rief Trux mit tränen erstickter Stimme. Er lief schneller, und Sconnos schloß zu ihm auf. Der Magier verzichtete darauf, Fra gen zu stellen, da er spürte, daß Trux ihm doch nicht antworten würde. Der Junge führte ihn über die zusammen gebrochene Schutzmauer hinaus, die der Tormeister am Eingang von Moondrag er richtet hatte. Schon von weitem sah Sconnos eine dichtgedrängt stehende Gruppe von Männern und Frauen. Und plötzlich glaubte er zu wissen, um wen es ging. Er wußte auch, weshalb er bisher nicht hatte klar denken können. Dies durfte nicht sein. Jeder andere, aber nicht sie! durchfuhr es ihn. Die Männer und Frauen traten zur Seite und öffneten ihm eine Gasse, an deren Ende eine schlanke Gestalt auf dem Boden lag. Sconnos blieb stehen, als sich seine Be fürchtungen bestätigten. Der Boden schien unter seinen Füßen zu schwinden, und plötz lich wußte er, daß er allein war. Die anderen Menschen um ihn herum schienen einer an deren Welt anzugehören. Es war, als wären sie durch eine unsichtbare Wand von ihm
4 getrennt. Sconnos sank neben der Toten auf den Boden. »Angy«, flüsterte er. »Warum?« Jemand hatte sie mit einem Messer nie dergestochen. Die Mordwaffe lag neben ih rer Schulter. Blut durchtränkte ihr Kleid über der Brust. Der Stich hatte sie direkt ins Herz getroffen. Sconnos fühlte, daß ihre Hand eiskalt war. Verzweifelt versuchte er, seine magischen Kräfte auf sie zu richten. Er umklammerte den Kristall, der ihm half, die ihm zufließen den Energien zu sammeln und zentriert auf ein Ziel zu lenken. Wie oft hatte er mittlerweile aus Resten das Ursprüngliche wiederhergestellt. Von einem abgenagten Knochen ausge hend, hatte er einen Braten gemacht, von dem mehrere satt werden konnten. Einem verletzten Wächter hatte er das verlorene Auge zurückgegeben. Er hatte eine riesige Mauer einstürzen las sen, indem er die Steine und den Mörtel in den Sand zurückverwandelt hatte, aus dem sie ursprünglich entstanden waren. Er hatte ein Burgtor, das mit brutaler Ge walt zerschmettert worden war, neu entste hen lassen. Er selbst hatte die auf dem Burg hof zerstreuten Splitter zurückwirbeln und sich zum Tor zusammenfügen sehen. Warum gelang es ihm nun nicht, Angy, die ihm alles bedeutete, wieder zu beleben? Du bist zu spät gekommen, flüsterte eine innere Stimme. Sie ist schon zu lange tot. Es sind keinerlei Spuren von Leben mehr in ihr. War das der Unterschied? Er konnte vieles in seinen Ursprungszu stand zurückverwandeln, aber er konnte kei ne Toten zum Leben erwecken. Dir sind Grenzen gesetzt, erkannte er. Der Schmerz über den Verlust übermann te ihn. Er preßte sein Gesicht an die Schulter der Frau, die ihn bei jedem Schritt zur Macht begleitet und ihm immer neue Impul se gegeben hatte. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte er niemals um die Macht über ganz Moondrag
H. G. Francis gekämpft. Darüber war er sich klar. Er wußte aber auch, daß es falsch gewe sen wäre, den Kampf vorzeitig zu beenden. Keiner der anderen Mächtigen in dieser Stadt hätte ihn auf Dauer geduldet. Das hatte sie klar erkannt. Und sie hatte ihm jeden Schritt vorge zeichnet. Aber jetzt war sie nicht mehr. Hatte einer von jenen sie ermordet, die er gestürzt hatte? War dies die Rache derer, die er um die Macht und ein bequemes Leben auf Kosten anderer gebracht hatte? Es kann nicht anders sein, dachte er. Nur das ergibt einen Sinn. Wer hätte ihr sonst et was tun sollen? In Gedanken ging er die Reihe derer durch, die er entmachtet hatte, aber er fand darunter keinen, der für eine solche Tat in Frage kam. Seine gefährlichsten Gegner wa ren tot. Die anderen hatten sich für ihn ent schieden. Oder doch nicht? Er richtete sich auf und sah sich um. Die Männer und Frauen, die um ihn her um standen, blickten ihn an. Ihre Gesichter waren von Entsetzen und Abscheu gezeich net. »Wer hat das getan?« fragte Sconnos. »Wer?« Keiner der Umstehenden antwortete ihm. »Jemand muß es doch beobachtet haben. Es muß doch Zeugen geben!« Sconnos vernahm ein leises Kichern hin ter sich. Erbost fuhr er herum. Wer wagte es, über seinen Schmerz zu la chen? Auf dem Boden kauerte ein buckliger, grauhaariger Mann. Seine Hände waren blu tig. Aus seinem Mund kam das Lachen eines Geisteskranken. »Quarras«, stöhnte Sconnos. Der schwachsinnige Bruder des Tormei sters blickte ins Leere. Sein Kopf wackelte hin und her wie der einer schlecht geführten Marionette. Sconnos versagte die Stimme. Die Kehle schnürte sich ihm zu. Mit einem Mal wußte
Das Parraxynt er, was geschehen war. Niemand brauchte ihm noch etwas zu erklären. Quarras hatte geglaubt, ein Anrecht auf Angy zu haben. Die verbrecherische Herr scherin des Stadtteils Quost hatte ihm ver sprochen, ihm Angy als Frau zu geben. Das hatte Sconnos nicht zugelassen, und auch Angy hatte ihn abgewiesen. Quarras aber hatte sich mit dieser Entscheidung nicht ab gefunden. Mit der einem Schwachsinnigen eigenen Logik hatte er versucht, Angy doch noch zu bekommen, und als ihm das nicht gelungen war, hatte er sie getötet, damit sie keinem anderen gehören konnte. Sconnos hatte in den vergangenen Tagen keinen einzigen Gedanken an diesen Mann verschwendet, da er überzeugt gewesen war, daß Quarras in Quost in sicherem Gewahr sam war, so wie er es angeordnet hatte. Jetzt war alles zu spät. Der Magier beherrschte sich nur mühsam. Am liebsten hätte er das Messer genommen und sich auf Quarras gestürzt, um sich zu rä chen. Das macht sie nicht wieder lebendig, dachte er. Und dieser Idiot wüßte noch nicht einmal, weshalb ich ihn angreife. Voller Bitterkeit kniete er sich neben An gy hin, schob die Arme unter sie und hob sie auf. »Wir wollen sie bestatten«, sagte er. * Zu dieser Zeit betrat Atlan in der von Moondrag weit entfernten FESTUNG einen Saal in der Hauptpyramide. Zögernd ging er auf das zu drei Vierteln zusammengesetzte Parraxynt zu, das einen an einer Stelle offenen Ring von zwei Me tern Durchmesser bildete. Der König von Pthor erkannte klar, daß die Innenseite des Ringes einst verschiedene Geräte enthalten hatte, da Anschlußstellen und Halterungen vorhanden waren. Unklar blieb ihm allerdings, welcher Art diese Ge räte gewesen waren, und welche Aufgabe sie gehabt hatten. Die Außenwand des Parraxynts war mit pthorischen Schriftzeichen und Bildsymbo len förmlich übersät. Auffallend war, daß
5 die Schriftzeichen regellos verliefen. Eine vorgegebene Ordnung schien es nicht zu ge ben. So waren manche Texte in waagerech ten Zeilen geschrieben, mußten von links oder von rechts gelesen werden, während andere senkrecht angebracht waren. Darüber hinaus gab es aber auch welche, bei denen eine seltsame Schräglage bevorzugt wurde, und da waren Zeilen, die von der Mitte an nach links und rechts gelesen werden muß ten, wenn man sie entziffern wollte. Jedes Feld des Parraxynts beanspruchte mehrere Bruchstücke für sich und schien sich mit einem anderen Thema zu beschäfti gen. Die einzige Ausnahme bildete jenes Teil, das Razamon einst mitgebracht hatte. Es enthielt einen vollständigen Text, der sich auf den Planeten Terra bezog. Erst jetzt, als der Arkonide das fast voll ständige Parraxynt vor sich sah, wurde ihm bewußt, daß Razamons Teilstück eine Aus nahme darstellte. Nur auf diesem Teilstück war von einem bestimmten Planeten die Rede, und nur auf ihm wurde auf die schreckliche Aufgabe, die der Dunkle Oheim den Weltenfragmenten zugedacht hatte, Bezug genommen. Fast könnte man meinen, daß dieses Bruchstück ursprünglich einen ganz anderen Text enthielt und erst später verändert wur de, dachte Atlan, damit Razamon während seiner Verbannung auf der Erde einen An haltspunkt darüber hatte, was Pthor und die anderen Dimensionsfahrstühle angerichtet hatten. Es gibt eine Gruppe, die für solche Mani pulationen in Frage käme, meldete der Ex trasinn. Die Magier. Sie sind relativ unsterb lich, und sie könnten sich sogar noch an ei ne solche Manipulation erinnern. Atlan wunderte sich, daß ihm dieser Ge danke nicht schon früher gekommen war. Er wandte sich ab und entschloß sich, die Magier zu sich zu rufen, oder zumindest mit Copasallior Verbindung aufzunehmen. In einem der sich dem Saal anschließen den Räumen stand ein Funkgerät, das die Herren der FESTUNG dem Weltenmagier
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vor langer Zeit aufgedrängt hatten, und das noch immer vorhanden war. Atlan wollte es benutzen, weil er hoffte, Copasallior auf die sem Wege am schnellsten erreichen zu kön nen. Als er den Saal verlassen und einen sich anschließenden Raum durchquert hatte, trat ihm überraschend ein winziger Mann entge gen. Verblüfft blieb der Arkonide stehen. Diesen Zwerg hatte er noch nie gesehen. »Atlan«, sagte der Fremde. »Gut, daß ich dich treffe. Ich bin Aponax.« Der Mann war nur etwa anderthalb Meter groß und so dick, daß er aus allen Nähten zu platzen schien. Er hatte ein Babygesicht, schütteres Haar und blaßblaue Augen. Listig lächelnd strich er sich mit den Fingerspitzen über sein Schmollmündchen. Seine Stimme schien nicht zu seiner Erscheinung zu pas sen, denn Aponax sprach mit tönender Baß stimme. »Ich weiß, daß du viele Fragen hast«, fuhr der Zwerg fort, während er zu einem Stuhl stolzierte. »Ich kann dir alle beantworten. Also bitte. Frage.« Vorsicht, signalisierte der Extrasinn. Er ist nicht so harmlos, wie er sich gibt.
* »Ich gebe auf«, sagte Sconnos, nachdem er sich auf den Stuhl hinter seinem Arbeit stisch gesetzt hatte. Sein Gesicht war von Trauer gezeichnet. Vor wenigen Minuten hatte er Angy beerdigt. Staff schüttelte den Kopf. Der Orxeyaner blieb stehen. »Ich war bei ihr, als sie starb«, erwiderte er. »Ich habe dir etwas auszurichten.« »Von ihr?« Sconnos blickte erstaunt auf. »Von ihr«, bestätigte Staff. »Wie konnte sie bei einer solchen Wunde noch reden? Sie muß sofort tot gewesen sein.« »Niemand ist sofort tot. Und Angy war voller Energie und Kraft. Sie wollte dir et
was sagen, und das hat sie getan.« Sconnos blickte den Mann, den man auch den Erbarmungslosen nannte, und der doch soviel Gefühl verriet, erwartungsvoll an. Staff war Herr einer Burganlage in Moon drag gewesen. »Was hat sie gesagt?« fragte er. Der Orxeyaner blickte ihn forschend an, als versuche er, seine Gedanken zu lesen. »Ihre letzten Worte waren: Er soll nicht aufgeben!« »Du lügst.« Sconnos stand erregt auf. Er ging zu einem der Fenster und blickte hin aus. Draußen arbeiteten zahlreiche Männer daran, die beim Kampf um das Haupttor der Stadt beschädigten Gebäude wieder herzu richten. »Ich verstehe dich ja«, entgegnete Staff mitfühlend. »Jeder glaubt, daß ein Sterben der einem etwas anderes mitzuteilen hat, et was, was einem viel wichtiger erscheint, vor allem etwas Persönliches. Aber das war es nicht. Sie wußte, wie du auf ihren Tod rea gieren würdest, und sie wollte nicht, daß du aufgibst.« Sconnos setzte sich wieder. Er vergrub das Gesicht in den Händen. Angy hatte ihn auf seinem Weg aus tief ster Armut begleitet bis hin zur Eroberung der Stadt Moondrag. Die Liebe zu ihr hatte etwas Unvergängliches gehabt, und zu kei nem Zeitpunkt hatte einer von ihnen daran gedacht, daß der Tod sie voneinander tren nen könnte. »Verstehst du denn nicht?« fragte Staff. Er stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch und blickte Sconnos beschwörend an. »In ihren letzten Worten steckt viel mehr, als du jetzt glaubst.« Sconnos ließ die Hände sinken. »Nein. Ich verstehe nicht«, gestand er. Staff lächelte begütigend. »Wenn sie wollte, daß du weitermachst, dann wollte sie, daß sie in deinen Taten und deinen Ideen weiterlebt. Sie wußte, daß ihr Weg zumindest körperlich zu Ende war, aber damit wollte sie sich nicht abfinden.« In dem Gesicht des Magiers arbeitete es.
Das Parraxynt Er hing mit seinen Blicken an den Lippen des Freundes. »Sie war es, die dir immer wieder klarge macht hat, daß du nicht auf halbem Wege stehenbleiben kannst«, fuhr Staff fort. »Es wäre sinnlos gewesen, nur meine Burg zu erobern und sich darin dann festzusetzen. Du hast selbst erlebt, wie schnell danach je mand aufgetaucht ist, um alles wieder zu vernichten, was du aufgebaut hast. Und ähn lich wäre es mit Quost gewesen. Hättest du den Tormeister nicht angegriffen, hättest du einen mächtigen Feind in der Stadt gehabt, der dich bei erst bester Gelegenheit beseitigt hätte.« »Ja, das ist richtig. Ich weiß es.« »Die Situation hat sich nicht grundlegend geändert. Das Problem hat lediglich größere Dimensionen angenommen. Du hast Moon drag erobert. Es war ein Sieg der guten Kräfte über das Böse. Ich weiß nicht, wie es auf ganz Pthor aussieht. Vielleicht sitzen in der FESTUNG Kräfte, die ebenfalls das Bö se verkörpern, vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall gibt es jemanden, der sich König von Pthor nennt.« »Ja. Ich weiß.« »Nun gut, wenn du das weißt, dann soll test du dir auch darüber klar sein, daß dieser König niemanden neben sich duldet, der so mächtig ist wie du. Wenn du in Moondrag bleibst und abwartest, ist es bald aus mit dir. Und das ist es, was Angy dir sagen wollte.« Die beiden Männer hingen schweigend ihren Gedanken nach. Sconnos blieb hinter seinem Arbeitstisch sitzen, und Staff, der Er barmungslose, trat an eines der Fenster und blickte hinaus, ohne allerdings wahrzuneh men, was draußen geschah. »Ich möchte wissen, warum man dich den Erbarmungslosen nennt oder genannt hat«, sagte Sconnos, als einige Minuten verstri chen waren. »Du kommst mir nicht vor wie ein Mann, der keine Gnade kennt. Du bist vielmehr sehr gefühlvoll, und du hast viel Einfühlungsvermögen. Das alles paßt ei gentlich gar nicht zu einem Orxeyaner.« »Die Welt da draußen war so hart, daß
7 man sich eine Maske anlegen mußte, um darin überleben zu können«, erwiderte Staff lächelnd. »Meine Maske war mein Bein ame.« Er fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund und zückte mit den Achseln, um dem Magier anzuzeigen, daß seine Worte nicht ganz so ernst zu nehmen waren, wie sie klangen. »Da ich mein Leben und das meiner Fa milie zu verteidigen hatte, waren allerdings einige Male Entscheidungen notwendig, die in einer weniger angestrengten Situation fragwürdig sein mögen.« Sconnos nickte. Diese Antwort genügte ihm. Staff hatte ihm zu verstehen gegeben, daß er seinen Beinamen durchaus verdiente, daß er un nachsichtig und grausam sein konnte, wenn es um das ging, was ihm alles bedeutete. Zu gleich aber war der Orxeyaner wie viele sei nes Schlages. Er konnte ins andere Extrem verfallen und das ausgesprochen weich und nachsichtig sein. Sconnos war froh, daß er ihn nie in seiner ganzen Härte kennengelernt hatte. Und er wußte jetzt, daß er ihm bedingungslos ver trauen konnte. Staff würde ihm nie verges sen, daß er seine Tochter Jay vor dem siche ren Tode gerettet hatte. »Du hast recht«, sagte er. »Angy wollte nicht, daß wir aufgeben. Sie hat die Situati on auf Pthor genau erkannt, und sie wußte viel besser als wir alle zusammengenom men, was zu tun war.« Staffs Augen leuchteten auf. »Also wirst du weitermachen? Wann bre chen wir zur FESTUNG auf? Wieviel Mann soll ich zusammenrufen? Wir haben einen Zugor. Fliegen wir damit, oder nehmen wir Dadare?« Sconnos wehrte ihn lächelnd ab. »Soweit sind wir noch lange nicht«, ent gegnete er. »Nicht?« fragte Staff enttäuscht. »Worauf wartest du denn noch? Es ist doch alles be reit. Und welcher Zeitpunkt könnte günsti ger sein als dieser?«
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»Wir ziehen bald los«, versprach Scon nos, »aber zunächst geht es noch nicht gegen die FESTUNG und den Mann dort, der sich König von Pthor nennt.« »Wohin dann?« fragte der Orxeyaner ver blüfft. »In die Senke der verlorenen Seelen«, antwortete Sconnos. »Mein erstes Ziel ist ein Glaspalast.« »Das verstehe ich nicht. Was willst du in einem Glaspalast?« »Dort gibt es sieben schwarze Schwerter, und ich muß sie haben.« »Ich verstehe überhaupt nichts.« Staff seufzte und ging zur Tür. »Ein guter Freund, der viel zu früh gestor ben ist, hat mir vorausgesagt, daß ich Großes erreichen werde, wenn ich diese sie ben Schwerter hole«, erläuterte Sconnos. »Deshalb ist es selbstverständlich für mich, daß ich vor meinem sicherlich schwersten Kampf gegen den König von Pthor in die Senke der verlorenen Seelen gehe. Ich wer de mir sieben Schwerter holen, und diese Waffen werden dafür sorgen, daß ich unbe zwingbar bin. Genügt dir das?« Staffs Augen leuchteten auf. »Das ist etwas anderes. Ich werde dich begleiten.« Sconnos nickte. »Alle meine Freunde werden mitkommen, und jeder wird eines dieser schwarzen Schwerter erhalten.« Er verriet Staff nicht, daß der sterbende Alpex eine wichtige Einschränkung gemacht hatte. Sconnos glaubte, die Worte seines Gön ners wieder zu hören: »… wenn es dir ge lingt, sie an dich zu bringen, wirst du vor dem ganz großen Glück stehen.« Es schien also nicht ganz einfach zu sein, in den Besitz dieser Schwerter zu kommen.
2. Die Schreie eines Verzweifelten hallten vom Haupttor von Moondrag herüber. Sconnos, der über Organisationsplänen
saß, horchte erstaunt auf. In den vergange nen Tagen war es ruhig in der Stadt gewe sen. Keinerlei Zwischenfälle hatten die Ruhe der Stadt gestört – abgesehen von dem Mord an Angy. Wenn jetzt Unruhe entstand, konnte das nur etwas mit diesem Verbrechen zu tun ha ben. Der Magier verließ das Haus, in dem er sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Als er ins Freie trat, hörte er die Schreie deutli cher. Sie kamen von dem Platz vor dem Haupttor. Dort schienen sich viele Men schen versammelt zu haben. Sconnos erkannte, daß er sich beeilen mußte, wenn er Unheil verhüten wollte. Er rannte los, stürmte an den Wächtern am Tor vorbei und sah eine Menschenmenge, die sich um ein primitives Katapult drängte. Dieses war etwa fünf Meter hoch. Auf ei nem scharf nach hinten gebogenen Balken lag die bucklige Gestalt des Mörders. Man hatte ihn an Händen und Füßen gefesselt, aber nur zwei lockere Schnüre hielten ihn an dem Balken. Sconnos erkannte auf einen Blick, daß ein leichter Seilzug genügte, die se Schnüre zu lösen. Wenn der Balken sich nach vorn schnell te, würde er Quarras weit über die steil ab fallende Felskante hinausschleudern. Der Mörder würde in den Abgrund stürzen und tief unter dem Tor zwischen den Felsen ster ben. Entschlossen schob Sconnos sich durch die Menge. »Nein«, rief er. »Hört auf damit.« Er hatte das Bild der zerschmetterten Lei ber von Senta, der ehemaligen Herrscherin von Quost, und von Bauque, dem Tormei ster von Moondrag, noch vor sich. Beide waren über diese Felskante in die Tiefe ge stürzt und hatten so ihr Ende gefunden. Doch ihr Tod war ein Unfall gewesen. Sconnos hatte nicht die Absicht gehabt, die beiden für ihre Untaten in dieser Weise zu bestrafen. Erst als er vor Staff am Katapult stand, wurde ihm bewußt, daß zwischen dem Tod
Das Parraxynt dieser beiden und dem von Quarras ein großer Unterschied bestand. »Warum werde ich nicht gefragt, wenn so etwas geschieht?« fuhr er den Freund an. »Ihr habt mich zum Obersten Richter von Moondrag gewählt, und das bedeutet, daß niemand ein Todesurteil vollstrecken darf, ohne mir zuvor ein Gnadengesuch vorzule gen.« »Du willst ihn begnadigen?« fragte der Orxeyaner verblüfft. Hilflos blickte er zu dem jammernden Quarras hinauf. »Du willst dem Mörder deiner Frau verzeihen?« In diesem Augenblick wünschte Sconnos, er wäre in seinem Büro geblieben, bis die Schreie verstummt waren. Willst du Angys Mörder wirklich begnadi gen? flüsterte eine Stimme in ihm. Willst du vergessen, was geschehen ist? Glaubst du, auf diese Weise Ruhe und Ordnung auf rechterhalten zu können? Wenn du eine sol che Tat ungesühnt läßt, werden andere auch morden und sich danach auf dich berufen. Er blickte zu Quarras hoch. Der Schwachsinnige kämpfte verzweifelt mit seinen Fesseln, ohne sie abwerfen zu können. Seine Augen flackerten vor Angst. Etwa zweihundert Männer und Frauen warteten schweigend ab. Sie machten Scon nos einen Rückzug unmöglich. Du hast einen Fehler gemacht, fuhr es ihm durch den Kopf. Mußt du dich denn in alles einmischen? Doch schon im nächsten Moment wurde er sich darüber klar, daß er das einzig Rich tige getan hatte. Er hätte niemals mehr vor sich selbst be stehen können, wenn er die Vollstreckung des Urteils zugelassen hätte. Und du hast genau gewußt, was die Schreie bedeuten! Vom ersten Schrei dieses Wahnsinnigen an warst du über das infor miert, was hier geschah, denn du hast darauf gewartet. Er sah die tote Angy wieder vor sich, und er spürte die Kraft, die selbst von der Toten noch ausgegangen war. Und ganz deutlich erinnerte er sich daran, daß er in seinem
9 Schmerz an Rache gedacht hatte. Ihm fiel wieder ein, daß er sich gewünscht hatte, ir gend jemand möge sich auf Quarras stürzen und seinem Leben ein Ende machen. »Es tut mir leid, wenn wir einen Fehler gemacht haben«, sagte Staff betroffen. »Wir dachten, in deinem Sinne zu handeln.« Die Menge wurde unruhig. »Die Strafe für Mord war schon immer der Tod«, rief ihm ein bärtiger Mann zu. »Wo kommen wir hin, wenn wir nicht von Anfang an durchgreifen?« fragte eine Frau, die direkt neben ihm stand. »Mörder dürfen nicht frei herumlaufen.« Sconnos hob beide Hände. Unwillig schüttelte er den Kopf. »Seid still«, rief er. »Ich muß euch etwas sagen.« Die Menge gehorchte augenblicklich. Sie respektierte und achtete ihn. »Den Fehler habe ich gemacht«, erklärte der Magier. »Es wäre falsch, Staff, Quarras oder irgendeinem anderen etwas vorzuwer fen.« »Entschuldige«, unterbrach ihn der Or xeyaner. »Aber das ist wirklich nicht ange bracht. Du trauerst zu sehr um Angy. Des halb solltest du lieber schweigen.« »Nein«, widersprach Sconnos. »Das muß geklärt werden. Quarras ist nicht richtig im Kopf. Man hat ihm eine Frau versprochen, und er hat sich eingebildet, daß es Angy war. Er hat sie schon in Quost belästigt, und ich habe ihn einsperren lassen.« »Das war auch in Ordnung so«, behaupte te Staff. »Nein, es war falsch. Ich hätte ihm helfen sollen. Ich hätte ihn heilen müssen, dann wäre alles andere danach nicht passiert. Er ist für den Mord an meiner Frau nicht ver antwortlich.« Seine Worte riefen ein lebhaftes Echo bei der Menge hervor. Viele der Männer und Frauen, die sich versammelt hatten, um der Vollstreckung des Todesurteils beizuwoh nen, waren nicht mit ihnen einverstanden. Sconnos gab Staff den Befehl, Quarras von dem Balken herunterzuholen. Widerwil
10 lig gehorchte der Orxeyaner. Seine Hände rückten dem Hebel bedenklich nahe, mit dem er das Katapult auslösen und Quarras in die Tiefe schleudern konnte. »Staff«, rief Sconnos mit schneidend scharfer Stimme. »Nein.« Schuldbewußt gehorchte der Orxeyaner. Sconnos glaubte, bis in sein Innerstes se hen zu können. Gar zu gern hätte Staff das Katapult abgeschossen und die Hinrichtung vollzogen. Danach hätte er sich ihm zuge wandt und den Zerknirschten gespielt, dem das große Unglück widerfahren war, Quar ras versehentlich getötet zu haben. »Eine solche Lösung ist mir zu billig«, flüsterte Sconnos ihm zu, als er Quarras her anführte. Der Schwachsinnige sprach leise vor sich hin. Er hatte die Augen offen, seine Blicke waren jedoch ins Leere gerichtet. Er nahm Sconnos nicht wahr. Der Magier senkte den Kopf, nahm den Kristall in die Hand und konzentrierte sich. Sekunden darauf seufzte Quarras laut auf. »Wo bin ich?« fragte er und blickte Scon nos mit wachen Augen an. »Was hat das hier zu bedeuten?« »Wer bist du?« fragte der Magier. »Quarras«, antwortete sein Gegenüber. »Ich bin der Bruder von Bauque dem Stadt diener.« »Wir werden dich an das Grab der Frau bringen, die du umgebracht hast«, erwiderte Staff zornig. Quarras fuhr heftig herum. »Was redest du da?« fragte er hitzig. »Kein weiteres Wort«, befahl Sconnos. »Ich will nichts mehr hören. Bringt ihn in mein Büro.« Die Männer und Frauen, die sich um sie drängten, flüsterten erregt miteinander. Dies war nicht die erste Tat des Magiers, die sie direkt beobachtet hatten, dennoch verblüffte sie sie mehr als jede andere zuvor. Sie nah men ohne große Aufregung zur Kenntnis, daß Quarras keinen Buckel mehr hatte, und daß seine Gestalt sich gestreckt hatte. Die meisten von ihnen glaubten jedoch nicht,
H. G. Francis daß er nun plötzlich ein geistig vollkommen gesunder Mensch war, der sich nicht an die Bluttat erinnerte. »Ich verlange eine Erklärung«, sagte Quarras zu Sconnos. »Du wirst sie bekommen.« »Wo ist Bauque, mein Bruder?« »Dort, wo du beinahe auch gelandet wärst«, antwortete Staff und zeigte auf den Abgrund. Quarras schien das Katapult erst jetzt zu bemerken, und erriet seine Bedeutung. Er er bleichte, und er zuckte sichtbar zusammen, als einige Männer und Frauen ihn Mörder nannten. Hilfesuchend blickte er Sconnos an. »Was ist los?« fragte er. »Ich erinnere mich an nichts. An gar nichts.« »Staff wird es dir erklären«, entgegnete der Magier. »Wir sehen uns dann in meinem Büro.« Damit schob er sich an Quarras vorbei und kehrte in sein Hauptquartier zurück.
* »Etwas Seltsames ist geschehen«, meldete Staff eine halbe Stunde später, als er zu Sconnos ins Büro kam. »Alle Technos sind aus Moondrag verschwunden.« »Alle?« fragte der Magier verblüfft. »Wo sind sie geblieben?« Staff zuckte mit den Achseln. »Das kann ich dir leider nicht beantwor ten. Es geht ein Gerücht um, nach dem die Technos die Stadt durch das Haupttor ver lassen haben und in die Wüste hinausgegan gen sind, aber das hat niemand so genau be obachtet, daß er sich dafür verbürgen wür de.« »Versuche das zu klären«, befahl ihm Sconnos. »In spätestens einer Stunde weiß ich Be scheid.« Staff verließ den Raum und führte wenig später Quarras herein. Der Bruder des gestürzten Tormeisters hielt den Kopf tief gesenkt, und er hob die Blicke auch nicht, als Sconnos ihn ansprach.
Das Parraxynt »Es tut mir leid«, sagte er leise. »Staff hat mir erklärt, was ich getan habe. Ich weiß nichts davon. Ich erinnere mich nicht einmal an deine Frau.« »Woran erinnerst du dich?« fragte der Magier. »Du kannst nicht dein ganzes Leben lang geistesgestört gewesen sein.« »Das war ich auch nicht. Ich weiß noch genau, wie wir meinen fünfzehnten Geburts tag gefeiert haben.« »Hattest du damals schon einen Buckel?« Quarras zuckte zusammen und richtete sich auf. Voller Erstaunen blickte er den Magier an. Er schien ihn nicht verstanden zu haben. »Also nicht«, stellte Sconnos fest und be schrieb seinem Gegenüber, wie er ausgese hen hatte, als er ihn kennengelernt hatte. Er fügte hinzu, daß er Heilungsfähigkeiten hat te. »Das hat mir Staff bereits gesagt. Ich bin dir zu tiefem Dank verpflichtet. Irgendwann muß ich einen Unfall gehabt haben«, erwi derte Quarras unsicher. Er betrachtete seine Hände. »Mir fehlen die meisten Jahre mei nes Lebens.« »Die kann ich dir leider nicht wiederge ben.« Für ihn ist es, als ob er nach einem jahr zehntelangen Schlaf aufgewacht wäre, er kannte der Magier. Man kann ihm keinen Vorwurf machen. Jetzt war er froh darüber, daß er die Hin richtung verhindert hatte. Sie wäre sinnlos gewesen. Der Weg, den ich eingeschlagen habe, ist wesentlich bes ser. Quarras ist geheilt. Der Mann, der Angy ermordet hat, existiert nicht mehr. In gewisser Hinsicht hatte er ihn ausge löscht. Dieser Quarras, der jetzt vor ihm stand, hatte mit dem Verbrechen nicht das geringste zu tun. Er war ein unbeschriebenes Blatt, und es wäre falsch gewesen, ihm einen Vorwurf zu machen. Richtig aber war es gewesen, ihn über das aufzuklären, was geschehen war, denn früher oder später hätte ihm irgend jemand doch etwas gesagt, ihn vielleicht angeklagt. Für diesen Fall war es
11 besser, wenn Quarras wußte, was jener an dere, geistesgestörte Quarras getan hatte. »Ich möchte etwas von meiner Schuld ab tragen«, erklärte der Genesene. »Staff hat mir gesagt, daß du einen Feldzug gegen den König von Pthor unternehmen und ihn stür zen willst.« »Das ist richtig.« »Bitte, nimm mich mit. Ich möchte für dich kämpfen, und ich möchte dir beweisen, daß ich nicht so bin wie jener andere, an den ich mich nicht erinnere.« Quarras blickte Sconnos flehend an. »Bitte.« Der Magier zögerte, seine Zustimmung zu geben. »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, erwi derte er, nachdem er überlegt hatte. »Kann man dir wirklich vertrauen?« »Du hast mich gesund gemacht«, sagte Quarras eindringlich. »Du hast mein Leben gerettet. Glaubst du, daß ich darauf mit einer Heimtücke antworte? Bestimmt nicht.« »Gut. Du bist dabei. Du wirst uns beglei ten.« Quarras Augen leuchteten auf. »Danke«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich werde dein treuester Diener sein.« Sconnos gab ihm mit einer freundlichen Geste zu verstehen, daß er ihn nun allein las sen sollte. Er folgte ihm mit seinen Blicken, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hat te. Hoffentlich war das richtig, fuhr es ihm durch den Kopf. Die Entscheidung war ihm nicht leichtge fallen, denn er wußte, daß Quarras ihn allein durch seine Anwesenheit immer wieder an Angys Tod erinnern würde. Aus diesem Grund hätte er ihn gern in Moondrag zurückgelassen. Doch er war unsicher. Er wußte nicht, ob er ihm wirklich vertrauen konnte, und er fürchtete, Quarras konnte seine Abwesenheit dazu nützen, ein eigenes Reich in Moondrag aufzubauen und ihm dadurch in den Rücken zu fallen. Wenn er sich schließlich dafür entschie den hatte, ihn mitzunehmen, dann nur, weil
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er meinte, ihn so am besten unter Kontrolle zu haben.
* Wenige Stunden später meldete Staff, daß alles zum Aufbruch bereit war. Sconnos blickte ihn erstaunt an. »Es ist schon Nachmittag«, sagte er. »Ist es nicht zu spät?« »Im Gegenteil.« Der Vertraute lächelte. »Wir müssen die Wüste Fylln durchqueren. Zur Zeit weht ein kühler Wind von der Eis küste her. Er begünstigt uns. Morgen kann schon alles ganz anders sein. Wir könnten in die Gluthitze kommen, und was das bedeu tet, ist dir sicherlich klar.« Sconnos erhob sich zögernd. Er blickte auf seine Arbeitspapiere. Es fiel ihm schwer, sich zu diesem Zeitpunkt von Moondrag zu trennen, wo noch alles im Aufbau begriffen war. Wiederum bewies Staff ein erstaunliches Einfühlungsvermögen. »Du wirst niemals dazu kommen, deinen Kampf so zu beenden, wie Angy es gewollt hat, wenn du alles vor dich herschiebst. Wir gehen jetzt. Später ist es zu spät.« »Du hast recht.« Sconnos verließ sein Bü ro. »Es wird immer etwas geben, was noch zu tun ist. Das sollen andere übernehmen.« Sconnos hatte bereits mehrere Männer und Frauen eingearbeitet, die genügend Or ganisationstalent hatten, und die ihn ablösen konnten. In Moondrag gab es viele befähigte Köpfe, denen er Spezialaufgaben übertragen konnte. Sie konnten ihn vertreten. Als der Magier ins Freie trat, sah er eine Gruppe von etwa hundert Männern, die sich am Haupttor versammelt hatte. Allerlei Aus rüstungsmaterial und Waffen waren bereits auf die dreißig Dadare verteilt worden, die seine Helfer in Moondrag hatten auftreiben können. Zahlreiche Zuschauer hatten sich einge funden, die den Aufbruch der Streitmacht verfolgen wollten. Sie hielten sich jedoch in respektvoller Entfernung, um die Männer
nicht zu stören. Einige klatschten begeistert in die Hände, als sie Sconnos sahen, und ei ne junge Frau trat mit ihrem Kind an ihn heran und bat ihn um Hilfe. »Meine Tochter ist krank«, erklärte sie. »Ich weiß nicht, was ihr fehlt, aber ich fürchte, sie stirbt.« Diesen Eindruck hatte der Magier auch, und es fiel ihm nicht schwer, dem Kind zu helfen. Weinend vor Glück zog sich die Mutter mit ihrem Kind zurück. Sconnos schwang sich auf den Rücken ei nes Dadars und ritt zum Tor hinaus, ohne sich noch einmal umzusehen. Er war über zeugt davon, daß er als Sieger nach Moon drag zurückkehren würde. Deutlich glaubte er, die Stimme Angys hören zu können. »Die Leute beten dich an. Bis zuletzt ha ben sie nicht daran geglaubt, daß du Erfolg haben würdest. Ich halte es für gut, wenn vorläufig noch unter uns bleibt, daß wir Quost verlassen.« Er brauchte Quost nur durch Moondrag zu ersetzen, und schon stimmten die Worte An gys mit ihrer Aussage überein. Für sie war selbstverständlich gewesen, daß es nirgend wo ein Halt gab, solange noch eine größere Macht auf Pthor existierte, die sich ihm und seinen Plänen entgegenstellen konnte. Also war nur konsequent, daß er seinen Weg ging. Angy ist nicht tot, dachte er, während er den steil abfallenden Weg vom Haupttor von Moondrag zur Wüste hinunterritt. Sie gibt mir auch weiterhin Kraft. Als er sein Dadar in die Wüste trieb, muß te er Staff recht geben. Der Zeitpunkt für den Aufbruch war gut gewählt. Sie hatten noch mehrere Stunden Zeit und konnten weit nach Südosten in Richtung der Senke der verlorenen Seelen vordringen. Er rech nete damit, daß sie etwa drei Tage benötigen würden, bis an ihr Ziel zu kommen, da der größte Teil seiner Streitmacht zu Fuß gehen mußte. Wenn alle beritten gewesen wären, wären sie rascher vorangekommen. Auch mit einem Zugor wäre alles leichter gewe
Das Parraxynt sen, doch Sconnos hatte sich gegen das Fluggerät entschieden, weil es ihm wenig genutzt hätte, wenn er die Senke der verlore nen Seelen mit einer Handvoll Männer we sentlich früher erreicht hätte als die anderen, oder wenn er später aufgebrochen wäre, um gleichzeitig mit den Fußgängern anzukom men. Er rechnete damit, daß ihnen allen auf dem Weg zur Senke Gefahren drohten, und denen wollte er mit der ganzen Streitmacht begegnen. Nur so glaubte er, schließlich auch mit geballter Kraft bis zur FESTUNG vorstoßen zu können. Als sich der Abend herabsenkte, war Sconnos mit seinen Männern so weit in die Wüste vorgedrungen, daß die Steilküste von Moondrag nicht mehr zu erkennen war. Sterne waren nicht zu sehen, ein Zeichen dafür, daß sich der Dimensionsfahrstuhl be wegte. Sconnos dachte flüchtig daran, daß es über dem König von Pthor noch eine Macht gab, deren Einfluß größer als sein Vorstel lungsvermögen war. Er schob diese Gedan ken jedoch bald wieder von sich. Ihn interes sierte vorläufig nur die Macht über Pthor. Wenn er sie errungen hatte, mußte sich alles weitere zwangsläufig ergeben. »Da brennt ein Feuer«, sagte Staff und deutete in die Dunkelheit hinaus. »Wir scheinen nicht allein zu sein.« Sconnos war unsicher. Er wußte nicht, wie er sich entscheiden sollte. Vorsichtig fragte er: »Meinst du, daß wir uns darum kümmern sollten?« Der in kriegerischen Dingen erfahrene Staff nickte. »Auf jeden Fall. Wir müssen wissen, wer da ist, denn sonst kommt er in der Nacht zu uns und überfällt uns womöglich.« »Gut«, entschied der Magier. »Wir reiten zu dem Feuer hin und übernachten dort. Wer auch immer da ist, er soll merken, daß es besser für ihn ist, sich nicht mit uns anzule gen.« Er trieb sein Dadar an und ritt zusammen mit Staff voraus. »Ein einzelner Mann lagert dort«, stellte der Orxeyaner bald darauf fest. »Er ist ent
13 weder unglaublich dumm, oder er weiß ge nau, daß ihm hier draußen nichts passieren kann.« »Richtig«, bestätigte Sconnos, »sonst würde er kein Feuer entzünden, das meilen weit zu sehen ist.« Er wurde sich dessen bewußt, daß er au ßerhalb von Moondrag strategisch umden ken mußte. Hier draußen in der Wüste war vieles ganz anders als in der Stadt, und dies war das erste Mal, daß er sich in die Einöde hinauswagte. Manches wird noch schwieriger werden, als du dir jetzt vorstellst, dachte er, aber du mußt damit fertig werden. Und wiederum glaubte er, die Stimme von Angy zu hören. Der Mann am Feuer sah verwildert aus. Er hatte langes, blondes Haar, das ihm bis auf die Schultern reichte. Ein dichter Bart bedeckte Kinn und Lippen. Sconnos ritt bis an das Feuer heran. Der Bärtige blickte so ruhig und gelassen auf, als habe er genau gewußt, daß Sconnos kam. »Hier ist Platz genug für euch alle«, sagte er. »Steigt ab und setzt euch zu mir.« Sconnos bemerkte, daß er das Feuer mit Dadarmist nährte. Er sprang auf den Boden herab und ließ sich dem Fremden gegenüber in den Sand sinken. Dabei stellte er sich vor. »Ich bin Unat«, erwiderte der andere. »Ich stamme vom Regenfluß.« Damit war klar, daß er früher zu den Pira ten gehört hatte, die an diesem Fluß gehaust und ihre Überfälle von dort aus unternom men hatten. »Was treibst du hier mitten in der Wü ste?« fragte Staff, der sich zu ihnen setzte, nachdem er die beiden Reittiere versorgt hatte. »Nichts weiter«, antwortete Unat. »Es zieht mich zurück zum Regenfluß. Ich kom me von der Eisküste.« Staff blinzelte Sconnos zu und gab ihm damit zu verstehen, daß er diese Erklärung akzeptierte. Er hatte trotz der Dunkelheit die Spur gesehen, die der Pirat im Sand hinter
14 lassen hatte. Sie kam aus nordöstlicher Rich tung und führte nach Süden. »Kennst du dich in der Wüste aus?« frag te der Orxeyaner. »Ich denke schon. Ich habe viele Karawa nen durch die Wüste geführt.« Unat blickte Staff ernst an. »Ich kann dich nur warnen, in der bisherigen Richtung weiterzugehen. Es würde dir nicht bekommen.« »Das mußt du schon begründen, wenn ich es glauben soll.« Unat lächelte. »Vor dir liegt ein Gebiet, das voller Treib sand ist. Wie ein Halbkreis angeordnet, lau ert ein Treibsandloch nach dem anderen auf dich. Wenn du keinen weiten Bogen ein schlägst, bist du verloren.« »Du willst mir einen Schreck einjagen.« »Ich will verhüten, daß du mit deinen Leuten in den sicheren Tod gehst. Die Wü ste hat ihre eigenen Gesetze. Niemand kann sie mißachten, ohne dafür bestraft zu wer den.« Unat blickte nicht auf, als die anderen Männer des Zuges hinzukamen. Er schien gewußt zu haben, daß Sconnos und Staff mit einer ganzen Streitmacht heranzogen. »Ich will wissen, ob da wirklich Treib sandlöcher sind«, sagte Staff, ohne sich um die wütenden Blicke des ehemaligen Piraten zu kümmern. »Bist du damit einverstanden, wenn wir ein Dadar opfern?« »Wenn es nicht anders geht, muß es wohl sein«, antwortete Sconnos zögernd. Es fiel ihm schwer, sich zu entscheiden, zumal es um das Leben eines Tieres ging. Er suchte nach einer anderen Möglichkeit, die Lage aufzuklären, fand jedoch keine. »Es genügt jedoch, wenn wir den Versuch morgen ma chen.« Damit war Staff einverstanden. Am nächsten Morgen nahm er zwei Seile und band sie an die Hinterläufe des Dadars. Dann trieb er es vor sich her. Als das Tier etwa dreißig Meter weit gekommen war, versanken seine Vorderläufe plötzlich im Sand, als ob es damit ins Wasser geraten wäre. Das Dadar stürzte nach vorn, und im
H. G. Francis nächsten Moment waren auch der Kopf und der Hals im Sand verschwunden. Zehn Männer eilten Staff zur Hilfe. Sie zerrten das Tier mit den Seilen aus dem Treibsandloch und zogen es auf sicheren Boden zurück, wo es keuchend zusammen brach. Bleich kehrte Staff zu Sconnos und Unat ans Feuer zurück. Mit einem solchen Aus gang des Experiments hatte er nicht gerech net. Er war überzeugt davon gewesen, daß Unat ein Schwindler war, der versuchte, ih nen Angst einzujagen, um sie dann herein zulegen. Unat blickte ihn fragend an. Er zeigte nicht, was er fühlte. Er bot das Bild eines Mannes, der vollkommene innere Ruhe ge funden hatte. »Tut mir leid«, sagte der Erbarmungslose, wobei er zwischen Verlegenheit und Trotz schwankte. »Du würdest uns auch nicht alles so ohne weiteres glauben.« »Schon gut. Ich nehme es euch nicht übel. Hoffentlich habt ihr die Warnung begrif fen.« Unat ging mit einem Achselzucken über die Prüfung hinweg, die Staff durchgeführt hatte. Sie schien ihn nicht zu berühren. Sconnos war ebenso unsicher geworden wie Staff. Beide wußten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Immerhin hatten sie be griffen, daß man sich in der Wüste nicht ge fahrlos bewegen konnte. In dieser Einsam keit gab es Fallen und Tücken, denen sie nicht gewachsen waren. Und auch in den andern Bereichen von Pthor gibt es welche, dachte der Magier. Wir werden noch manche Schwierigkeit zu über winden haben, und wir müssen Glück haben, wenn wir es bis zur FESTUNG schaffen wol len. Aufgeben kam jedoch nicht in Frage. Er war mehr denn je entschlossen, sein Ziel zu erreichen. »Wir brauchen jemanden, der uns hilft, heil durch die Wüste zu kommen«, erklärte er. »Jemanden, der sich hier auskennt.« »Jemanden wie mich.« Unat blickte gelas
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sen auf und lächelte. Für ihn schien ganz selbstverständlich zu sein, daß nur er ge meint war und niemand sonst. Er gab sich derart überlegen, daß Sconnos und Staff im mer unsicherer wurden. Beide bemühten sich, vor ihm zu verbergen, was sie empfan den. Während Staff jedoch aggressiv wurde und versuchte, seine Bedeutung herauszu streichen, blieb der Magier gelassen. Er sag te sich, daß früh genug eine Gelegenheit kommen würde, an der er seine Überlegen heit beweisen konnte. »Zum Beispiel«, bestätigte Sconnos. »Würdest du uns führen?« Unat war grundsätzlich zu einem solchen Dienst bereit. Nun ging es nur noch um eine angemessene Bezahlung seiner Dienste, aber auch in dieser Hinsicht wurden sie sich ei nig, nachdem sie eine Weile miteinander ge feilscht hatten. Sie besiegelten ihren Vertrag mit Hand schlag.
3. Atlan blickte skeptisch auf den kleinen, fülligen Mann hinab, der vor ihm saß. Er war ziemlich sicher, daß er es mit einem Aufschneider zu tun hatte, wußte jedoch, daß er sich mit ihm auseinandersetzen muß te, da nicht ausgeschlossen war, daß sein Gegenüber die Wahrheit sagte. Auf Pthor waren schon viele Dinge geschehen, die an ein Wunder grenzten, und niemand konnte sagen, ob dieser Besucher nicht auch zu Lei stungen fähig war, die außerhalb des Erklär lichen lagen. »Aponax heißt du, wie?« fragte er. »Und du kannst mir alle Fragen beantworten?« »Alle«, erwiderte der Kleine. »Woher kommst du? Ich habe dich noch nie gesehen.« »Ich bin auch noch nicht hier gewesen, je denfalls nicht in letzter Zeit«, antwortete Aponax. »Copasallior schickt mich in die FESTUNG, damit ich dich hier unterstütze.« »Von Copasallior kommst du.« Der Arko nide war hellwach. Er spürte, daß mit dem
Fremden irgend etwas nicht in Ordnung war. Aponax rutschte vom Stuhl und ging eini ge Schritte auf und ab, wobei er den Arkoni den nicht aus den Augen ließ. Diesem kam er vor wie ein Tier, das sein Opfer belauert. »Worin unterstütze?« fragte Atlan. Aponax hob die Hände mit rascher Gebär de, als werde er durch diese Frage völlig überrascht, da die Antwort doch auf der Hand lag, wie er zu glauben schien. »Ich bin ein Schriftenmagier«, erklärte er selbstbewußt. »Ich kann jeden Text, ganz gleich in welcher Sprache er verfaßt ist, ent ziffern. Und wenn er unvollständig ist, kann ich rekonstruieren, wie er gewesen ist.« Damit wäre er genau das, was du brauchst, stellte der Logiksektor fest. Ein Grund mehr, ihm zu mißtrauen. »So, und du meinst, daß ein solcher Schriftenmagier für mich zur Zeit so wichtig ist, daß ich nicht auf ihn verzichten kann?« Aponax blickte ihn an, als habe er etwas Unanständiges gesagt. »Etwa nicht? Du hast Probleme mit dem Parraxynt. Das ist bekannt. Ich werde versu chen, den fehlenden Teil der Botschaft auf dem Parraxynt zu ergründen. Dabei bin ich sicher, daß es mir gelingen wird.« »Da hast du mir einiges voraus«, spöttelte der Arkonide. »Ich bin es nicht.« Aponax blieb gelassen. Er stützte sich mit einer Hand am Stuhl ab und deutete mit der anderen über die Schulter auf die Tür, die zum Saal führte, in der das Parraxynt stand. »Ich werde dir beweisen, daß ich leiste, was ich verspreche«, erklärte er. »Wir gehen jetzt zum Parraxynt, und dann beweise ich dir, was ich kann.« Atlans Mißtrauen gegen den angeblichen Schriftenmagier vertiefte sich. Er konnte sei ne Ablehnung gegen diesen Mann nicht aus reichend begründen und war auf sein Gefühl angewiesen. Lieber wäre es ihm gewesen, sein Extrasinn hätte ihm einen unbestechli chen Hinweis gegeben, aber der Logiksektor schwieg. Es gab offensichtlich keine klaren Beweise dafür, daß Aponax in irgendeiner Weise gefährlich für ihn oder das Parraxynt
16 war. »Das geht jetzt nicht«, erwiderte der Ar konide. »Du kannst das Parraxynt nicht se hen. Du mußt etwas Geduld haben.« »Das gefällt mir nicht«, protestierte Aponax mit scharfer Stimme. »Ich bin ge kommen, um dir zu helfen. Ich werde mir überlegen, ob ich mein Angebot aufrechter halte.« »Daran kann ich dich nicht hindern. Zu nächst wirst du ein Quartier beziehen und dort bleiben. Vielleicht kann ich dich in ei ner Stunde zum Parraxynt führen. Vorher nicht. Und ich rate dir, dich an diese Anwei sung zu halten.« Atlan führte seinen seltsamen Besucher hinaus, obwohl dieser abermals lebhaft pro testierte. Er übergab ihn einem Dello, und dieser brachte Aponax zu einem Zimmer, das weit vom Parraxynt entfernt war. Heimdalls Miene verfinsterte sich, als At lan ihm von Aponax berichtete. »Für mich ist ganz klar, daß mit dem Wicht irgend etwas nicht in Ordnung ist«, rief er. »Ich werde ihn nicht aus den Augen lassen.« Bördo, der bei diesem Gespräch dabei war, schüttelte erregt den Kopf. »Diesem Kerl ist nicht zu trauen«, sagte er. »Jeder Fremde, der hier auftaucht, ist ei ne Gefahr für uns. Wir können gar nicht vor sichtig genug sein.« »Das sind bemerkenswerte Worte aus dei nem Mund«, sagte Atlan mit einem feinen Lächeln. Bördo war ein hitziger junger Mann, der von Vorsicht meist erst dann sprach, wenn es schon zu spät war. Die an gespannte Lage hatte aber offenbar auch bei ihm Spuren hinterlassen. »Mag sein, daß ich sonst leicht übers Ziel hinausschieße«, erwiderte der Junge, der sich ebenso plötzlich beruhigte, wie er sich erregt hatte. »Für mich ist in diesem Fall ganz klar, daß wir einen Beauftragten des Dunklen Oheims vor uns haben. Aponax ist eine Gefahr für uns alle. Wir dürfen ihn nicht aus den Augen lassen.« »Das werde ich auch nicht tun«, erklärte
H. G. Francis Heimdall energisch und eilte hinaus, um die Überwachung des angeblichen Schriftenma giers zu übernehmen. »Wenn das so ist, brauche ich mich zu nächst nicht um ihn zu kümmern«, stellte der Arkonide fest. »Ich melde mich später.« Er verließ den Raum auf der entgegenge setzten Seite. Atlan war keineswegs bereit, Aponax oh ne weiteres schalten und walten zu lassen. Er wollte ihn auch nicht ohne entsprechende Vorbereitungen und Vorsichtsmaßnahmen in die Nähe des Parraxynt lassen, um dieses nicht zu gefährden. Kurz vor der Vollen dung des Parraxynts durfte nichts mehr ge schehen. Alle Vorarbeiten wären vergeblich gewesen, wenn das Parraxynt zerstört wur de. Bördo kann durchaus recht haben, stellte der Logiksektor fest. Was könnte dem Dunklen Oheim willkommener sein, als ein Anschlag auf das Parraxynt. Es könnte so gar seine letzte Rettung sein. Völlig ausgeschlossen war jedoch nicht, daß Aponax die Wahrheit gesagt hatte. Er konnte durchaus von Copasallior kommen und den Auftrag haben, in der FESTUNG zu helfen. Das war zu klären. Atlan mußte Aponax früher oder später zum Parraxynt führen, denn noch war dieses nicht vollständig, und das Ziel konnte nur erreicht werden, wenn es ergänzt wurde, weil nur dann die darauf enthaltene Bot schaft entziffert werden konnte. Was kann dieser kleine Kerl schon gegen dich ausrichten? fragte er sich. Narr, antwortete der Extrasinn. Hochmut kommt vor dem Fall. Es ist reichlich über heblich, von seiner Körpergröße auf seine Kampfkraft zu schließen. Wenn du dir keine Niederlage einhandeln willst, sei vorsichti ger. Atlan horchte in sich hinein. Er hatte tatsächlich das Gefühl, von einem Gegner wie Aponax nicht besiegt werden zu können. Er war ihm körperlich weit überle gen, trug das Goldene Vlies und hatte dar
Das Parraxynt
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über hinaus den Zellaktivator. Wie hätte ein Zwerg wie Aponax ihn unter solchen Um ständen überwinden können? Narr, wiederholte der Extrasinn.
* »Wir wollen keine Zeit verlieren«, sagte Sconnos drängend. »Je früher wir in der Senke sind, desto besser für uns alle.« Die kleine Streitmacht war vor wenigen Minuten aufgebrochen. Unat schritt neben Sconnos her. Er gab ihm mit einem kurzen Heben seines Arms zu verstehen, daß er da mit einverstanden war, das Tempo zu be schleunigen. »Noch ist es kühl«, sagte Staff. »Das müssen wir ausnutzen. In der Hitze kommen wir nicht so schnell voran.« Er ritt bis an das Ende der Karawane, um die Männer anzutreiben und ihr Verständnis für den Befehl zu gewinnen. Er stieß nir gendwo auf Protest. Jeder war sich von An fang an darüber klar gewesen, daß der Mar sch zur FESTUNG mit Strapazen verbunden war. Alle hatten sich freiwillig gemeldet, und jeder war bereit, Beschwernisse auf sich zu nehmen, weil er hoffte, am Ende dabei zu sein, wenn Sconnos sich zum Herrscher über Pthor aufschwang. Die Karawane drang bald in einen Wü stenabschnitt ein, der nicht mehr flach war wie bisher, sondern in dem haushohe Dünen überwogen. Hier zeigte sich, daß es richtig gewesen war, während der kühlen Morgen stunden schneller zu gehen, denn nun kamen Sconnos und seine Gefolgschaft nur noch langsam voran. Die Hitze ließ die Luft flim mern, und immer wieder rutschte der locke re Sand unter den Füßen der Männer weg, so daß jeder Schritt zur Qual wurde. Unat bewegte sich ungemein leicht in der Wüste. Ihm war anzumerken, daß er oft hier gewesen war und sich auskannte. Einige Male eilte er weit voraus und wartete dann auf dem Kamm einer Düne, bis die anderen zu ihm aufschlossen. Sconnos und Staff glaubten, daß er das le
diglich tat, um sich zu orientieren und den günstigsten Weg zu suchen. Sie sollten eines anderen belehrt werden. Am Mittag, als die Temperaturen am höchsten waren, hatte sich der ehemalige Pi rat abermals von der Karawane entfernt. Er stand auf der Spitze einer Düne, als Sconnos mit seinen Männern durch ein langgestreck tes Tal zwischen zwei Dünen zog. Plötzlich winkte Unat mit beiden Armen. Sconnos wollte ihm schon auf gleiche Weise antworten, als die beiden Dünen zu seinen Seiten plötzlich durch eine Reihe von Explosionen aufgerissen wurden. Sandmas sen stürzten von beiden Seiten auf die Kara wane herab, und bevor der Magier und seine Krieger überhaupt begriffen, was geschah, steckten sie bis an die Schultern im Sand. Vergeblich versuchten sie, sich daraus zu befreien. Als die Staubwolken verwehten, näherten sich ihnen zwanzig abenteuerlich gekleidete Piraten. Staff schrie vor Wut und Enttäuschung über den Verrat, den Unat verübt hatte. Er tobte so wild, daß er immer tiefer im Sand versank. Als er die Gefahr erkannte, war es schon fast zu spät. Nur noch ein Arm und sein Kopf sahen aus dem Sand hervor. End lich verstummte er. Sconnos war nicht weniger enttäuscht und ärgerlich. Sein Zorn richtete sich aber weni ger gegen Unat, als vielmehr gegen sich selbst. Er warf sich vor, allzu vertrauensselig gewesen zu sein. König von Pthor willst du werden, fuhr es ihm durch den Kopf. Auf diese Weise wirst du es nie. Warum gibst du auf? flüsterte eine Stim me. Das hast du doch gar nicht nötig. Er sah das bleiche Gesicht und die aus drucksvollen Augen Angys vor sich, und er glaubte, ihre Stimme so deutlich zu hören, als ob sie neben ihm stünde. Die Piraten, die sich ihm und seiner klei nen Streitmacht näherten, grinsten ebenso höhnisch wie siegesbewußt. Sie hielten Skerzaals in den Händen, und ihre Haltung
18 machte deutlich, daß sie bereit waren, jeden niederzumachen, der ernsthafte Gegenwehr leistete. Lediglich Unat, der Verräter, lachte nicht. Sconnos hatte den Eindruck, daß er bereute, sie in eine Falle geführt zu haben. Du kannst alles in seinen ursprünglichen Zustand zurückverwandeln, erkannte der Magier. Also auch diese Dünen! Er steckte bis über die Hüften im Sand, da er vom Dadar gefallen war, als die Massen auf sie herabgestürzt waren. Seine Hand lag an der Hosentasche, und es gelang ihm mit einiger Mühe, sie in die Tasche zu bringen. Seine Fingerspitzen berührten die Kristall kugel. Er schloß die Augen und konzentrier te sich auf das Bild, das die beiden Dünen geboten hatten, als sie sich ihnen genähert hatten. Gleichzeitig spürte er den Strom der ma gischen Energie, der zu ihm floß und sich in ihm sammelte. Er wartete, bis er sich stark genug fühlte, dann schlug er mit geballter Kraft zu. Gleichzeitig öffnete er die Augen. Der Sand schien zu explodieren. Er spritz te nach allen Seiten hin weg und floß in Bruchteilen von Sekunden nach oben. Gleichzeitig wurden Sconnos und seine Männer frei, während die Piraten nun plötz lich vom Sand umgerissen und begraben wurden. »Auf sie«, brüllte Staff, der die neue Lage als erster von den Kämpfern erkannte. »Nehmt ihnen die Waffen weg.« Sconnos beobachtete, wie seine Männer die Dünen hinaufstürmten und sich auf die Piraten warfen, die sich aus dem Sand wühl ten. Einige der Männer vom Regenfluß flüchteten in panikartiger Angst in die Wü ste hinaus. Die meisten aber gerieten Staff und seinen Helfern in die Hände. Sie bezogen Prügel und durften den anderen erst folgen, als der Zorn des Erbarmungslosen verraucht war. Unat kroch von der Düne herunter, kämpfte sich an zwei Männern vorbei, und kam zu Sconnos. Mit angstverzerrtem Ge
H. G. Francis sicht blickte er zu ihm auf. »Du mußt Sconnos sein«, stammelte er. »Du bist der Mann, der Moondrag erobert hat.« »Ja«, antwortete der Magier. »Und du bist derjenige, der uns in eine Falle geführt hat. Du bist verantwortlich dafür, daß sich einige meiner Männer verletzt haben. Sollte je mand tot sein, wirst du dafür bezahlen.« Sconnos ließ ihn allein und ging zu Staff, der seine Wut an dem letzten noch greifba ren Piraten ausließ. »Hör auf«, rief er ihm zu. »Es ist vorbei.« Der Erbarmungslose fing sich augenblick lich. Plötzlich machte er wieder einen sanf ten und friedlichen Eindruck. Sconnos be merkte, daß zehn Piraten derartige Prügel bezogen hatten, daß sie nun bewußtlos im Sand lagen. »Ich denke, wir haben gezeigt, daß mit uns nicht gut Kirschen essen ist«, sagte er. »Das genügt jetzt. Kümmert euch lieber um die Verletzten und um die Dadare. Auch das Gepäck muß kontrolliert werden. Wir kön nen auf nichts verzichten.« Seine Gefolgschaft gehorchte. Glückli cherweise war niemand verletzt worden. Al le waren mit dem Schrecken davongekom men. Und während Staff und seine Leute die Dadare wieder einfingen und die Ausrü stungsgegenstände einsammelten, die herun tergefallen waren, flüchteten die Piraten ei ner nach dem anderen, bis nur noch Unat bei der Karawane war. Staff ging zu ihm hin, als er die ihm über tragenen Aufgaben erledigt hatte. Er holte zu einem Faustschlag aus, doch Sconnos rief ihn zurück. »Ich glaube nicht, daß Unat noch einmal so etwas versuchen würde«, sagte der Ma gier. »Er hat begriffen, daß er uns mit sol chen Mätzchen nicht aufhalten kann.« »Du willst ihn doch nicht mitnehmen?« fragte Staff verblüfft. »Warum nicht? Er kennt sich in der Wü ste aus.« Unat erhob sich. »Von jetzt an kannst du dich auf mich
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verlassen«, rief er beschwörend. »Was ich getan habe, war töricht. Ich möchte bei euch bleiben und mit euch kämpfen. Ich werde zeigen, daß ich wertvoll für euch sein kann.« »Du willst doch keinen Verräter bei dir aufnehmen?« fragte Staff empört. »Warum nicht? Unat hat seine Lektion begriffen. Wenn er abermals versuchen soll te, uns hereinzulegen, wird ihn das den Kopf kosten. Er kann froh sein, daß er noch nicht einmal Prügel bezogen hat, so wie seine bis herigen Freunde.« »Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, daß ich dir treu dienen werde«, sagte der Pi rat. Staff schnaubte verächtlich. »Bei allem, was ihm heilig ist! Hat man schon mal gehört, daß einem Piraten irgend etwas heilig ist? Ich nicht.« »Das wird sich zeigen«, erwiderte Scon nos gelassen. »Wir haben uns lange genug aufgehalten. Weiter.« »Ich darf also bei euch bleiben?« fragte Unat und blickte Sconnos angstvoll an. »Du darfst«, antwortete dieser. »Aber überlege dir genau, was du tust. Ich habe schon ganz andere Probleme gelöst als das, vor das ihr mich eben gestellt habt.« »Ich weiß, was ich riskiere, wenn ich noch einen Fehler mache«, beteuerte Unat. »Du kannst dich jedoch darauf verlassen, daß ich keinen weiteren Fehler mehr ma che.« Sconnos blickte ihm in die Augen, und er glaubte sicher sein zu können, daß Unat ihm ebenso treu dienen würde wie Staff oder die anderen. Es ist nicht nur die Angst vor einer Strafe, gegen die sie wehrlos wären, dachte er. Sie suchen die Nähe des Mächtigen, um in sei nem Schatten ebenfalls aufzusteigen. »Das geht zu weit«, sagte Staff ärgerlich. »Du bist einfach zu vertrauensselig. Das wird dich früher oder später teuer zu stehen kommen.«
4.
Am Abend des übernächsten Tages er reichte Sconnos mit seiner Gefolgschaft die Senke der verlorenen Seelen. Übergangslos endete die Wüste an einem Nadelbaumwald. Unat empfahl, an dieser Stelle das Nacht lager aufzuschlagen und erst am nächsten Morgen in die Senke einzudringen. Sconnos befolgte seinen Rat. Obwohl er geritten war, brauchte er eine Pause. Und auch seine Be gleiter waren am Ende ihrer Kräfte. Staff spürte eine Quelle auf und versorgte den Magier mit frischem Wasser. Am nächsten Tag zog Sconnos in die Sen ke der verlorenen Seelen ein. Voller Spannung sah er sich um. Er hatte schon einiges von der Senke gehört, deren Ausdehnung so groß war, daß er sie nicht übersehen konnte. Zahlreiche Paläste erho ben sich aus der Senke, die allerdings alle zerstört waren und kaum mehr als Ruinen darstellten. Dafür waren an anderer Stelle riesige Türme neu entstanden. Sie waren mit Rohrleitungssystemen, Pumpen und Schalt stationen verbunden. Bunkerähnliche Bauten umgaben sie. Ein eigenartig stechender Ge ruch hing in der Luft. Er ging von den Rohr leitungen aus, die schlecht abgedichtet zu sein schienen. Staff hielt sich angeekelt die Nase zu. »Was ist das für ein Gestank?« fragte er. »Ich dachte, hier stehen überall Glaspalä ste?« »Das dachte ich auch«, erwiderte Sconnos bedrückt. Wiederum fiel es ihm schwer, sich zu entscheiden. Am liebsten wäre er jetzt umgekehrt und wieder nach Moondrag gerit ten. Da er keinen einzigen Palast sah, der noch intakt war, konnte er sich nicht vorstel len, daß ausgerechnet jener noch heil sein sollte, um den es ihm ging. Er suchte einen Glaspalast, der das äußere Bild einer Orgel mit säulenartig aufsteigenden Gebäudeteilen bot. »Wir können von Glück reden, daß der Wind gestern aus der entgegengesetzten Richtung kam«, bemerkte Unat, »sonst hät ten wir eine ungemütliche Nacht gehabt.« »Laß uns weiterreiten«, drängte Staff.
20 »Vielleicht stinkt es nicht mehr so, wenn wir im Innern der Senke sind.« Für ihn bestand nicht der geringste Zwei fel daran, daß sie die Senke durchqueren und nach dem Glaspalast suchen würden, in dem die sieben Schwerter waren. Sconnos gab sich einen Ruck. »Also dann«, sagte er und drückte seinem Dadar die Hacken in die Seiten. Er wollte sich die neu errichteten Anlagen zumindest ansehen. Vielleicht finden wir die Schwerter doch noch, dachte er. Wir müssen zumindest da nach suchen. Nachdenklich fragte er sich, was sein ster bender Gönner gemeint hatte, als er davon gesprochen hatte, daß sich ihm das große Glück eröffnen werde, wenn es ihm gelinge, eines der Schwerter an sich zu bringen. Hatte Alpex an Macht gedacht? An Liebe, Reichtum und Erfüllung? Als Sconnos etwa zwei Kilometer weit geritten war, kam er an einer Anlage vorbei, in deren Innern es lautstark rumorte. Staff machte den Magier auf einen Tech no aufmerksam, der regungslos neben einem Turm lag. Sconnos stieg ab und ging zu ihm hin. »Er ist tot«, erklärte er, als er die gebro chenen Augen des Mannes sah. Gleichzeitig bemerkte er fünf weitere Tote vor einem verriegelten Schott. »Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu«, sagte Staff verstört. »Was ist hier los?« Sconnos öffnete das Schott, das in einer Höhe von etwa anderthalb Metern ange bracht war, und schloß es gleich wieder, nachdem er eine trübe Flüssigkeit gesehen hatte, die dahinter schwappte. Der Orxeyaner war blaß geworden. »Was hat das zu bedeuten?« fragte er. »Kannst du es mir erklären?« »Ich kann nur vermuten«, erwiderte der Magier. »Hast du schon mal davon gehört, daß es in der Schwarzen Galaxis Raumschif fe gibt, die zum Teil aus organischer Materie bestehen?« Staff kratzte sich hinter dem Ohr. Er ver
H. G. Francis zog das Gesicht. »Ja«, entgegnete er zögernd. »Ich glaube schon.« Sconnos deutete auf das Schott. »Vermutlich sind wir an einem Ort, an dem solche organischen Materiemassen her gestellt werden.« Staff rieb sich den Hals. Er würgte. »Und was haben die Technos damit zu tun?« »Aus allem, was wir hier gesehen haben, müssen wir wohl den Schluß ziehen, daß ge storbene Pthorer das Ausgangsmaterial bil den.« Staff verfärbte sich, würgte und eilte da von. Auch Sconnos hielt es nicht mehr an die sem Ort. Ihm wurde ebenfalls schlecht. Er kehrte zu seinem Dadar zurück und gab den Befehl, weiterzumarschieren. Wiederum dachte er flüchtig daran, nach Moondrag zurückzukehren und sich mit dem zufriedenzugeben, was er erreicht hatte. Lohnte es sich, Herrscher über ganz Pthor zu werden und damit für solche Dinge ver antwortlich zu sein? Wer hatte diese Maschinen errichtet? War es der König von Pthor? Oder ein anderer, der ihm Befehle erteilen konnte? Zum ersten Mal wurde Sconnos sich des sen bewußt, daß er noch unendlich viel ler nen mußte, bevor er wirklich über Pthor herrschen konnte. Wenn er den König von Pthor ablösen wollte, dann mußte er sich über alles informieren, was auf dem Dimen sionsfahrstuhl geschah. Er mußte jeden Win kel von Pthor kennenlernen, denn nur wenn er alles kannte, konnte er Mißstände abstel len. Offensichtlich gab es eine Reihe von Pro blemen, die gelöst werden mußten. Plötzliche Ungeduld erfaßte den Magier. Er wollte die Senke der verlorenen Seelen so schnell wie möglich verlassen. Sobald er die Schwerter hatte, wollte er zur FESTUNG ziehen. Deshalb drängte es ihn voran. Stän dig sah er sich um, weil er hoffte, den Glas palast zu finden, den Alpex ihm beschrieben
Das Parraxynt hatte. Jedoch der Tag verstrich, ohne daß Scon nos einen Palast entdeckte, der jenem auch nur annähernd ähnelte, den Alpex gemeint hatte. Die Karawane erreichte einen kleinen See, der am Rand eines Waldes lag. »Wir übernachten hier«, entschied der Magier. »Die nächsten Produktionsgebäude sind weit entfernt, und der Wind steht gün stig. Hoffen wir, daß es so bleibt.« Er rief Staff, Estarr, Kamma, Trux und Unat zu sich und befahl ihnen, die Umge bung nach dem Glaspalast abzusuchen. »Nehmt euch Dadare und schwärmt stern förmig aus. Wenn der Palast überhaupt noch existiert, werden wir ihn aufspüren.« Die anderen Männer schlugen das Nacht lager auf und entzündeten ein Feuer, um Fleisch daran zu garen. Lange nach Einbruch der Dunkelheit kehrten Staff, Estarr, Trux und Unat gemein sam zurück. »Der Palast liegt östlich von hier«, berich tete Trux. »Ich habe ihn. Wir brauchen unse re Richtung nicht zu ändern. Wenn wir zur FESTUNG wollen, kommen wir daran vor bei.« »Bist du im Palast gewesen?« fragte Sconnos erregt. Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich bin nur bis auf etwa zwei Kilometer an ihn herangekommen«, erwiderte er. »Da waren zehn Männer, die in der Nähe lager ten. Sie sahen ziemlich gefährlich aus, und da habe ich es vorgezogen, dir Bescheid zu sagen.« Sconnos lobte Trux für seinen Entschluß. »Hoffentlich kommen diese Burschen uns nicht zuvor«, gab Staff zu bedenken. »Das glaube ich nicht.« Der Magier lä chelte beruhigend. »Die Schwerter sind schon sehr lange in dem Palast. Vielleicht schon seit Jahrzehnten. Wenn sie bis jetzt keiner mitgenommen hat, wird es in dieser Nacht wohl auch keiner tun.« »Seltsam eigentlich«, bemerkte Estarr. »Warum sind sie noch dort? Ist es so
21 schwierig, sie herauszuholen? Oder ist sonst etwas nicht in Ordnung mit ihnen?« »Ich weiß nicht«, erwiderte Sconnos. »Das wird sich finden. Morgen reiten wir hin. Dann sehen wir ja, was los ist. Ich sehe jedoch keine großen Schwierigkeiten. Was hinter uns liegt, war sicherlich nicht leichter als das, was morgen kommt.« Er gab sich ruhiger und gelassener, als er tatsächlich war. Während der letzten Tage hatte er häufig über die Worte seines Freun des Alpex nachgedacht. Es mußte einen Grund dafür geben, daß die Schwerter noch immer in dem Glaspalast waren. Vielleicht sind diese Waffen so unschein bar, daß sich niemand für sie interessiert, dachte er, als er sich in eine Decke eingerollt hatte, um zu schlafen. Oder sie sind so gut versteckt, daß es schwer ist, sie zu finden. Möglicherweise sind sie eingemauert oder vergraben. Er versuchte, die Gedanken an die sieben Schwerter zu verdrängen, weil er sich sagte, daß er doch keine Antwort auf seine Fragen erhalten würde. Die anderen waren noch ungeduldiger und neugieriger als er. Als er erwachte, wa ren sie schon lange auf den Beinen und dis kutierten leise miteinander. Sie schienen nicht abwarten zu können, bis Sconnos end lich das Zeichen zum Aufbruch gab. Als sie sich dem Glaspalast näherten, stellte Sconnos überrascht fest, daß dieser der einzige war, der einen vollkommen un beschädigten Eindruck machte. Schon da durch wurde klar, daß er etwas Besonderes darstellte. »Von der Bande, die sich hier gestern her umgetrieben hat, ist nichts zu sehen«, be merkte Trux, der neben dem Magier ritt. »Sie ist weitergezogen.« Sconnos achtete nicht auf diese Worte. Er war mit seinen Gedanken nur bei dem Glas palast und den Schwertern, die er darin zu finden hoffte. Er war überzeugt davon, daß er auch dieses Mal Erfolg haben würde. Sein Weg schien klar vorgezeichnet zu sein. Die Männer, die ihn begleiteten, hatten
22 bisher lautstark miteinander geschwatzt und allerlei Vermutungen geäußert. Jetzt ver stummten sie, und die meisten gingen lang samer als vorher. Sie schienen eine gewisse Scheu vor dem Palast zu haben. Auch Sconnos spürte, daß von dem Ge bäude etwas ausging, was Achtung und Re spekt gebot. Er glitt von seinem Dadar, um die letzten Schritte zu Fuß zu gehen. Staff wich nicht von seiner Seite. »Wir sollten vorsichtig sein«, warnte der Erbarmungslose. »Weiß der Teufel, was hier für Fallen eingebaut sind.« Der Palast war etwa fünfzig Meter hoch. Er war kreisförmig und hatte an der Grund fläche einen Durchmesser von etwa dreißig Metern. Die Gebäudeteile, die wie Orgel pfeifen aussahen, stiegen schlank und glän zend auf, als würden sie jeden Tag sorgfältig gereinigt und poliert. Sconnos mußte das Gebäude zur Hälfte umrunden, bis er endlich einen Eingang fand. Eine gläserne Tür öffnete sich selbsttä tig vor ihm, als er sich ihr bis auf zwei Schritte genähert hatte. »Komm«, befahl er dem Orxeyaner, der nun doch zögerte, ihm zu folgen. »Oder willst du mich allein gehen lassen?« Sconnos lächelte. »Ich weiß, daß du mir nichts streitig ma chen willst. Also, komm.« Staff fuhr sich schnaufend mit dem Handrücken über den Mund. Er nahm sein Breitschwert in die Hand und folgte dem Magier. Sconnos schritt durch einen gläsernen Gang und kam in einen Saal, der nahezu den ganzen Innenraum des Gebäudes einnahm. Der Saal war ausgeräumt. Bis auf die sieben Schwerter, die in einer Höhe von etwa zehn Metern frei im Raum schwebten, enthielt er nichts. Die Schwerter bildeten einen Kreis, wobei die Spitzen der schwarzen Klingen zu einem gemeinsamen Mittelpunkt zeigten. »Da wären wir also am Ziel«, sagte Staff.
H. G. Francis »Aber wie holen wir die Schwerter da her unter?« Die anderen Männer drängten herein. Staunend blickten sie nach oben. Sie konn ten sich nicht erklären, daß die Waffen frei in der Luft schwebten. »Wir müssen eine Pyramide bauen«, schlug Unat vor. »Wir sind genügend Män ner.« »Eine gute Idee«, lobte Sconnos, »aber ein wenig zu gefährlich. Wir sehen uns zu nächst mal draußen nach Material um, aus dem wir ein Gerüst aufbauen können.« »Da draußen ist nichts«, bemerkte Staff. »Ich habe schon vorhin, als wir kamen, dar auf geachtet. Mir fiel auf, daß hier in der Nähe absolut nichts herumliegt. Da ist nur Sand.« »Was hast du gegen eine Pyramide?« fragte Quarras. »Sie ist am schnellsten er richtet, und wir brauchen keine Hilfsmittel dazu.« »Sie muß etwa zehn Meter hoch sein. Das bedeutet, daß wenigstens fünf Männer über einander stehen müssen. Wenn von oben ei ner herunterfällt, kann er sich das Genick brechen.« »Sconnos hat recht«, sagte Staff. »Wir ha ben mehrere Tage gebraucht, um hierher zu kommen. Warum sollten wir überhastet an diese Schwerter herangehen? Man kann sie bestimmt nicht einfach greifen und herab nehmen. Dazu gehört mehr. Deshalb brau chen wir eine stabile Plattform da oben, auf der wir arbeiten können. Ladet die Lasten ab. Wir reiten mit den Dadaren zurück zum Wald und holen uns Holz.« Er blickte Sconnos fragend an, und der Magier nickte zustimmend. Er war mit Staffs Befehl einverstanden. Ihm lag daran, daß sie die Aufgabe ruhig und besonnen an gingen.
* Die vorbereitenden Arbeiten nahmen mehrere Stunden in Anspruch. Dann aber stand ein Gerüst, das so stabil war, daß es
Das Parraxynt mehrere Männer zugleich erklettern konn ten. Sconnos schickte Staff, Quarras, Estarr und Kamma zu den Schwertern hinauf. Das Gerüst war so hoch, daß Staff, der kleinste dieser Männer, die Schwerter gera de mit den Fingerspitzen erreichen konnte. »Ihr werdet nichts dagegen haben, wenn ich es als erster versuche«, sagte er. »Immerhin bin ich der Ranghöchste.« Estarr und Kamma grinsten. »Von mir aus«, sagte Quarras. »Aber paß auf, daß dir nicht die Hand abgehackt wird.« »Blödsinn.« Staff streckte die Arme hoch und sprang. Er packte eines der Schwerter mit der Rech ten am Griff. Als er es berührte, erwachte es zu jähem Leben. Es fuhr gedankenschnell herum, wirbelte durch die Luft und trennte Staffs linke Hand vom Arm. Aufschreiend stürzte der Orxeyaner zu Boden, während das Schwert in seine alte Lage zurückglitt. Quarras kniete sich neben Staff hin und umklammerte den Armstumpf mit beiden Händen, um den Blutstrom anzuhalten. Die anderen ließen sich schreckensbleich zu Bo den sinken. Keiner von ihnen hatte damit ge rechnet, daß so etwas geschehen könnte. Sconnos und einige weitere Männer klet terten in rasender Eile zur Plattform hoch. Der Magier nahm die abgeschlagene Hand des Freundes und drückte sie gegen den Armstumpf. Dann schloß er die Augen und konzentrierte sich. Er spürte den Ener giestrom, der durch seinen Körper floß. Staff, der vorübergehend bewußtlos ge wesen war, erwachte. Er hob seufzend seine Hand und betrachtete sie verwundert. »Ich hätte schwören können, daß sie eben ab war«, sagte er. »Habe ich mich geirrt?« »Sie war ab«, erwiderte der Magier. »Aber du hast ja jemanden bei dir, der solch kleine Verletzungen rasch heilt.« »Du machst Witze«, seufzte der Orxeya ner. »Kleine Verletzungen. Mir ist der
23 Schreck derart in die Glieder gefahren, daß mir ganz schlecht geworden ist.« »Das gibt sich«, tröstete ihn Sconnos. Er blickte zu den Schwertern hoch. »Wir wis sen jetzt also, daß es wirklich nicht leicht ist, diese Waffen zu bergen.« »Das haben bestimmt schon andere vor uns versucht«, sagte Quarras. »Wahrscheinlich sind magische Kräfte in ih nen enthalten.« »Anders läßt sich wohl nicht erklären, was passiert ist«, stimmte Unat zu. »So et was habe ich noch nie gesehen.« »Nichts auf der Welt bringt mich dazu, ei nes von diesen verdammten Dingern anzu fassen«, sagte einer der Männer, die mit Sconnos zur Plattform geklettert waren, um Staff zu helfen. »Eher tanze ich mit dem Teufel persönlich.« »Wir könnten es mit einer Schlinge versu chen«, sagte Sconnos nachdenklich. »Du meinst, wir sollten eine Schlinge um eines der Schwerter legen und es damit her unterreißen?« fragte Quarras. »Das geht bestimmt«, begeisterte sich Staff. Er sprang auf. Seine Niederlage schien er bereits vergessen zu haben. Er schrie den anderen Männern, die am Fuß des Gerüsts warteten, zu, daß sie ihm einen Strick hoch werfen sollten. Einige von ihnen eilten hin aus, um das Gewünschte zu holen, und we nig später legte Staff vorsichtig eine Schlin ge um einen der Schwertgriffe. Nichts geschah. Er sah sich beifallheischend um, als sei es seine Idee gewesen, es auf diese Weise zu versuchen. »Paßt auf«, sagte er. »Jetzt reiße ich das schöne Stück herunter.« Er zog kräftig an dem Strick und riß das Schwert tatsächlich aus dem Kreis heraus. Im gleichen Augenblick aber schoß ein an deres Schwert auf ihn zu und schnitt das Seil an der Schlinge durch, so daß sich diese lös te. Staff stürzte so heftig, daß er beinahe vom Gerüst gefallen wäre. Quarras hielt ihn im letzten Moment fest.
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H. G. Francis
Wütend schleuderte der Orxeyaner den Strick von sich. »Die Schwerter können denken«, rief er erregt. »Sie können sehen, und sie wehren sich.« »Immerhin kann man sie aus dem Ring herausnehmen«, stelle Sconnos gelassen fest. »Alle guten Dinge sind drei«, sagte Quar ras. »Vielleicht klappt es beim dritten Ver such.« »Den nächsten, der sie anfaßt, bringen diese Teufelsdinger um«, prophezeite Staff düster. »Wahrscheinlich wollten schon viele vor uns diese Schwerter an sich nehmen. Wir sind nicht die ersten, die gescheitert sind.«
* Als Atlan den Raum betrat, den er Apon ax zugewiesen hatte, stritt sich sein seltsa mer Besucher mit Heimdall, weil dieser nicht bereit war, ihn auch nur für wenige Minuten allein zu lassen. »Er ist wahnsinnig«, erklärte der Zwerg zornig, als er Atlan bemerkte. Er zeigte erst auf Heimdall und griff sich dann stöhnend an den Kopf. »Muß ich diesen Menschen er tragen?« »Es wird Zeit, daß wir ihn hinauswerfen«, sagte Heimdall erregt. »Er hat hier nichts zu suchen, und er wird uns auch nicht helfen.« »Deshalb bin ich gekommen«, erwiderte der Arkonide mit ruhiger Stimme. »Du willst mir das Parraxynt zeigen?« fragte Aponax freudig erregt. »Das habe ich vor.« »Ich bin dagegen«, protestierte Heimdall. »Wir riskieren zuviel, wenn wir dieses Un geheuer auch nur in die Nähe des Parraxynts lassen. Was ist, wenn er es zerstört?« »Ich bin auch noch da«, entgegnete der Unsterbliche lächelnd. »Ich werde ihm auf die Finger sehen.« Aponax blickte Heimdall triumphierend an, spuckte vor ihm aus und ging an Atlan vorbei. Erregt griff der Sohn Odins nach sei
ner Khylda. Er riß die Streitaxt über den Kopf und folgte dem Zwerg, doch Atlan trat ihm entgegen und fiel ihm in den Arm. Aponax drehte sich um, kreuzte die Arme vor der Brust und blickte spöttisch zu Heim dall auf, als könne ihm überhaupt nichts ge schehen. »Man hat mir schon gesagt, daß er ein Wüterich ist«, spöttelte er. »Selbstbeherrschung scheint nicht gerade seine Stärke zu sein.« »Hüte deine Zunge«, fuhr Heimdall ihn an. »Oder ich schneide sie dir ab.« »Ausgerechnet du.« »Schluß jetzt«, befahl der Arkonide. »Es reicht. Wenn du nicht aufhörst, Heimdall zu provozieren, wirst du das Parraxynt niemals sehen.« Diese Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht. Aponax drehte sich um und verließ den Raum. »Du bleibst besser hier«, sagte Atlan zu dem Odinssohn. »Ich werde ihn auf die Pro be stellen. Er soll zeigen, was er kann.« »Sei vorsichtig«, mahnte Heimdall. »Natürlich. Ich gehe kein Risiko ein. Du kannst ja später hinzukommen, wenn du dich beruhigt hast.« Er folgte dem seltsamen Besucher, der den Saal schon fast erreicht hatte, in dem das Parraxynt stand. Aponax blieb stehen, als er den Arkoniden bemerkte, und wartete auf ihn. Ein eigenartiges Lächeln lag auf sei nen Lippen. Er machte einen ungemein selbstbewußten Eindruck. »Mir gefällt dieser Mensch nicht«, erklär te er. »Ein ausgewachsener Mann sollte sich besser beherrschen.« Atlan ging nicht auf diese Worte ein. Er öffnete die Tür und führte Aponax zum Par raxynt. »Du hast behauptet, daß du alle Schriften entziffern kannst. Also – was steht drauf? Welche Botschaft hat das Parraxynt für uns?« Der Zwerg trommelte sich schmunzelnd mit den Fingerspitzen gegen die Lippen. »Hast du gar keine Angst?« fragte er.
Das Parraxynt »Was soll das? Vor wem sollte ich Angst haben?« »Vor mir natürlich. Du hast recht, wenn du mich auf die Probe stellen wirst. Ich bin nicht hier, um dir irgend etwas von dem zu verraten, was uns das Parraxynt mitteilen will.« »Und das sagst du mir so offen?« »Warum sollte ich es nicht tun? Du bist machtlos gegen mich. Du kannst nicht ver hindern, daß ich das Parraxynt in Staub und Asche verwandle.« Er grinste den Arkoniden höhnisch an. Achtung! signalisierte der Extrasinn. Er meint es wirklich ernst. Packe ihn und wirf ihn hinaus, solange du es noch kannst. Atlan streckte die Hände nach Aponax aus, erreichte ihn jedoch nicht. Der Zwerg gestikulierte mit beiden Armen, und der Un sterbliche fühlte plötzlich, wie seine Finger taub wurden. Er drehte sich um, weil er zur Tür flüchten wollte, als sich ein Gefühl der Lähmung in seinem ganzen Körper ausbrei tete. Die Beine gaben unter ihm nach. Er stürzte zu Boden. Im Fallen drehte er sich noch herum. Er fiel auf die Schulter und blieb auf der Seite liegen. Seine Augen wa ren weit geöffnet. Daher sah er Aponax, der sich vergnügt über die Lippen strich und von einem Bein auf das andere hüpfte. »Ein mächtiger Mann liegt vor mir auf dem Boden und kann nichts tun«, stellte er mit dröhnender Baßstimme fest. »Wie fühlst du dich, Atlan?« Der Aktivatorträger konnte nicht antwor ten. Er versuchte, seine Lippen zu bewegen, doch es gelang ihm nicht. Er spürte, daß sich sein Herzschlag beschleunigt hatte. Du hast gedacht, dieser Zwerg kann dich nicht besiegen. Narr. Du mußt deinen Leichtsinn teuer bezahlen. »Beruhige dich, König von Pthor«, spöt telte Aponax. »Du bist nicht der erste, der vor mir auf die Knie gegangen ist, und du wirst nicht der letzte sein. Ich freue mich schon auf den düsteren Heimdall. Er kommt bestimmt, und er wird sich neben dich legen. Aber dann existiert das Parraxynt schon lan
25 ge nicht mehr.« Er wandte sich dem unvollständigen Ge bilde zu, begann jedoch noch nicht mit sei nem Vernichtungswerk, sondern widmete sich zunächst den Schriften.
5. »Wir könnten es dadurch versuchen, daß wir an alle Schwerter Stricke binden und al le gleichzeitig herunterziehen«, sagte Scon nos. »Kannst du mit deinen magischen Kräften nichts ausrichten?« fragte Staff, der von die sem Vorschlag nicht begeistert zu sein schi en. »Tut mir leid«, entgegnete der Magier. »Daran habe ich auch schon gedacht. Ich ha be es sogar schon versucht, aber es geht nicht. Wir müssen die Schwerter auf andere Weise herauslösen, und ich bin fest davon überzeugt, daß wir es schaffen werden, wenn wir uns Mühe geben.« Er ließ mehrere Stricke holen und an den Griffen der Schwerter festbinden. Dann klet terte er zusammen mit den anderen vom Ge rüst, befahl den Männern, sich kreisförmig unter den Waffen aufzustellen, und gab schließlich das Kommando. Sieben Männer zerrten mit ganzer Kraft an den Seilen. Die Schwerter schienen sich willig von der Decke herabzusenken, wirbel ten dann aber plötzlich herum, so das sich ein blitzendes Durcheinander bildete. Die Klingen trennten die Stricke durch, und dann schwebten die geheimnisvollen Waffen wieder an die Decke zurück und glitten in die gleiche Stellung, die sie vorher ange nommen hatten. »Gib es auf«, riet Staff dem Magier. »Es hat keinen Sinn.« »Hätte Angy aufgegeben?« Der Orxeyaner schnaufte wütend. »Das ist unfair«, protestierte er. »Du weißt, daß ich dagegen nichts sagen kann.« Sconnos lachte. »Das sollst du ja auch gar nicht. Wir ma chen weiter, bis wir die Schwerter hier unten
26 haben.« »Wie denn?« fragte Quarras. »Glaubst du wirklich, daß wir noch eine Möglichkeit ha ben?« »Es gibt noch eine, aber sie ist gefähr lich.« Sconnos machte eine Pause und blick te die Männer, die ihn umstanden, der Reihe nach an. »Ihr seid mutige und kräftige Män ner, und ihr habt gesehen, wie diese Waffen da oben reagieren. Sie helfen sich gegensei tig und bewegen sich, als ob sie lebten. Nun, wir müssen sie daran hindern, das zu tun.« »Das ist unmöglich«, rief Estarr. »Wir werden wieder nach oben steigen«, fuhr Sconnos unbeirrt fort, »und dann wer den wir alle gleichzeitig zupacken. Jeder er greift ein Schwert am Griff und an der Klin genspitze zugleich. Wir halten die Waffen auf diese Weise fest und ziehen sie an uns. Es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn wir es auf diese Weise nicht schaffen.« »Es geht mit dem Teufel zu«, behauptete Staff. »Das ist der Grund dafür, daß wir nichts erreicht haben.« »Die Klingen sind scharf«, stellte Quarras fest. »Wir werden uns die Hände zerschnei den.« »Wir wickeln uns Lederstücke um die Hände, um uns zu schützen«, erwiderte Sconnos. »Und wir binden uns an, damit wir nicht vom Gerüst fallen.« Staff und die anderen Männer hatten noch allerlei Einwände zu machen, aber Sconnos setzte sich ruhig mit ihnen auseinander und es gelang ihm schließlich, ihre Bedenken zu zerstreuen. Er kletterte mit Staff, Quarras, Unat, Estarr, Kamma und zwei weiteren Männern auf das Gerüst. Oben sicherten sie sich mit Stricken. Dann umwickelten sie sich die linke Hand, mit der sie die Klingen packen wollten, mit Lederstücken und stell ten sich im Kreis unter den Schwertern auf. Sconnos wartete, bis er spürte, daß alle konzentriert genug waren. Dann gab er das Kommando. Die sieben Männer griffen gleichzeitig zu. Sie umklammerten die Griffe und die Klin gen und hielten die geheimnisvollen Waffen
H. G. Francis fest. Sconnos spürte, wie das Schwert in sei nen Händen bebte. Er hatte das Gefühl, ein kraftstrotzendes Tier zu berühren, dessen an gespannte Muskeln vibrierten. »Die Schwerter werden sich wehren. Es wird nicht leicht«, warnte er, »aber wir kön nen es schaffen.« Dann gab er das nächste Kommando. Alle sieben Männer ließen sich zugleich fallen. Sie zogen die Waffen zu sich herab, und ein wilder Kampf gegen die zuckenden Klingen begann. Sconnos wurde von der Reaktion seiner Waffe zunächst überrascht. Sie versuchte nicht, sich ihm zu entwinden, sondern rich tete sich auf, so daß die messerscharfe Spit ze auf sein Herz zielte. Dann fuhr sie auf ihn zu, um ihn zu durchbohren. Mit aller Kraft stemmte er sich dagegen, und es gelang ihm schließlich, die Waffe Millimeter für Milli meter zurückzudrängen. Direkt neben ihm stürzte Staff in die Tie fe. Sconnos hörte ihn schreien. Das Gerüst schwankte unter ihm, als der Orxeyaner von der Sicherheitsleine abgefangen wurde. Jetzt zeigte sich, wie wichtig es gewesen war, diese Vorsichtsmaßnahme zu treffen, denn ohne das Seil wäre Staff verloren gewesen. Wenig später brüllte der Orxeyaner laut auf. »Sconnos!« schrie er. »Laß dich herunter fallen. Schnell. Ich habe das Schwert, und es gehorcht mir.« Der Magier begriff augenblicklich. »Hört ihr?« rief er den anderen zu. »Wir sollen uns fallen lassen. Staff hat es getan, und er hat gewonnen.« Danach rollte er sich über die Kante der Plattform, stürzte etwa zwei Meter tief, und wurde dann von dem Seil abgefangen. Es schnitt sich ihm schmerzhaft tief in die Brust, doch Sconnos achtete kaum darauf. Der Kampf des eigenwilligen Schwertes war zu Ende. Er konnte die Waffe frei bewe gen. Rasch schlug er das Seil damit durch und kletterte am Gerüst herab. Auch die anderen Männer hatten so ge
Das Parraxynt
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handelt wie Staff und er. Nun kamen sie nacheinander auf den Boden der Halle und zeigten stolz die Schwerter herum. Einer von ihnen hatte sich geringfügig verletzt. Er ließ sich von Sconnos helfen. Dieser blutete. Eine der kaum verheilten Wunden war wie der aufgebrochen, die er bei einem Kampf davongetragen hatte. »Wir haben gewonnen«, erklärte er und streckte sein Schwert in die Höhe. »Wir ha ben ein weiters Ziel erreicht. Jetzt geht es gegen die FESTUNG, und nach diesem Sieg bin ich fest davon überzeugt, daß wir sie er obern werden. Es gibt nichts auf Pthor, was uns aufhalten könnte.« Die Männer jubelten ihm begeistert zu.
* Atlan fühlte, daß der Zellaktivator in im mer schnellerer Folge Impulse aussandte und damit gegen die Lähmung kämpfte, die seinen ganzen Körper erfaßt hatte. Er hoffte, daß es ihm gelingen würde, die Lähmung bald zu überwinden. Der Extra sinn warnte ihn jedoch davor, sich zu bewe gen und damit zu verraten, daß der magische Bann an Kraft verlor. Immer wieder blickte Aponax zu ihm herüber, um sich zu verge wissern, daß er ihm nicht gefährlich werden konnte. Minutenlang beschäftigte sich der Zwerg mit den Schriften des Parraxynts. Dann be obachtete der Arkonide zu seinem Entset zen, daß Aponax ein Breitschwert mit tief schwarzer Klinge unter seiner Kleidung her vorholte. Jetzt beginnt das Zerstörungswerk, stellte der Extrasinn leidenschaftslos fest. Du hät test es verhindern können, wenn du vorsich tiger gewesen wärest. Aponax lächelte boshaft. »Mach die Augen weit auf, wenn du kannst«, forderte er den Arkoniden auf. »Und sieh zu, wie das Parraxynt in die Brü che geht.« Verzweifelt wälzte Atlan sich herum. Er spürte, wie das Blut in seinen Adern pulsier
te, aber noch hatte er die paralysierende Wirkung der magischen Gesten nicht ganz überwunden. Mühsam richtete er sich auf. Aponax blickte ihn erstaunt an. »Du wagst es tatsächlich, dich gegen mich zu erheben?« fragte er. »Du scheinst dich sicher zu fühlen, nur weil du das Gol dene Vlies trägst.« Genau das war es. Atlan glaubte tatsäch lich, daß ihm in dem Goldenen Vlies nicht viel passieren konnte. Das Schwert konnte es zumindest nicht durchstoßen, das hatte bisher noch keines vermocht. Der Arkonide schwankte leicht, weil ihm die Beine noch nicht wieder wie gewohnt gehorchten. Er befürchtete, daß Aponax ihn abermals mit magischen Gesten zu Boden werfen würde. Wenn das geschah, konnte er das Parraxynt nicht mehr retten. Wo bleibt Heimdall? fragte er sich. Hatte er nicht gesagt, daß er nachkommen würde? Aponax sprang Atlan überraschend an. Der Arkonide versuchte, ihn abzuwehren, hatte sich jedoch nicht ausreichend unter Kontrolle. Dem Zwerg gelang es, ihn mit ei ner Beinschere umzuwerfen. Dann schnellte er sich zurück. Höhnisch lachend blickte er auf den Ar koniden herab. »Bleib lieber liegen«, riet er ihm, »denn wenn du aufstehst, schicke ich dich gleich wieder auf den Boden zurück.« Er drehte sich um und stolzierte zum Par raxynt. Er legte sein Schwert ab, als bestün de nicht die geringste Gefahr für ihn, und hob die Hände. Dann gestikulierte er in ähn licher Weise vor dem Parraxynt wie zuvor bei Atlan. Der Arkonide beobachtete, daß ei nige Schriftzüge in Bewegung gerieten, als wollten sie zerfließen, dann aber wieder ihre alte Form annahmen. »Mit deinen magischen Kräften scheint es nicht weit her zu sein«, bemerkte Atlan, um ihn in seiner Konzentration zu stören und einen weiteren Angriff auf das Parraxynt zu verhindern. Aponax fuhr herum. Sein Gesicht rötete sich.
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»Sei vorsichtig«, drohte er, »sonst be kommst du mein Schwert zu spüren.« Atlan richtete sich auf, bis er sich hinkni en konnte. Er merkte, daß er sich nun schnell erholte. Ohne große Anstrengung hätte er auch aufstehen können, doch er war sich nicht sicher, ob er schon einen Angriff auf den Zwerg wagen durfte. Er wollte den gleichen Fehler, zu früh angegriffen zu ha ben, nicht noch einmal machen. »Maulhelden nennt man wohl sowas wie dich«, fuhr der Unsterbliche fort. »Sei endlich still«, herrschte Aponax ihn an. »Wozu? Ich habe einen kleinen Fehler ge macht, aber der wird mir nicht noch einmal unterlaufen. Den größeren Fehler aber hast du gemacht, als du hierhergekommen bist.« Das Gesicht des Magiers verzerrte sich. Aponax griff nach seinem Schwert und rich tete es drohend auf den Arkoniden. »Ich rate dir, nicht in meine Nähe zu kommen«, sagte dieser. »Es wäre dein En de.« Aponax lachte kurz auf, dann warf er sich ihm entgegen. Atlan wich ihm aus, war jedoch wiederum nicht schnell genug. Die schwarze Klinge berührte seinen Oberarm und fuhr durch das Goldene Vlies hindurch, als sei dieses nicht vorhanden. Blut schoß aus der Wunde. Aponax zog sich einige Schritte weit zu rück. Er richtete das Schwert mit der rechten Hand auf den Arkoniden und hob die linke zum Kopf. »Nimm Abschied von dieser Welt«, riet er seinem Gegner. »Der nächste Stoß geht dir mitten durchs Herz.«
* Der Sieg über die sieben Schwerter hatte die Männer begeistert. Sie folgten Sconnos nun mit blindem Gehorsam, und sie waren bereit, jede Schlacht für ihn zu schlagen. Einige hielten ihn nun gar für unbezwing bar. Sconnos entschied sich nach einigem
Überlegen dafür, die Nacht im Glaspalast zu verbringen, und bei Anbruch des Tages wei terzumarschieren. Staff ließ ein Feuer in der Halle entzünden, wozu er das Holz aus dem Gerüst verwendete, und die Männer setzten sich auf den Boden. Sconnos zog sich in ei ne Ecke der Halle zurück, breitete dort seine Decke aus und schlief fast augenblicklich ein. Er wachte erst wieder auf, als die mei sten Männer am nächsten Morgen die Halle schon verlassen hatten. Staff kam zu ihm und brachte ihm etwas Wasser und Brot. Während Sconnos sich noch wusch, er tönte wildes Geschrei vor der Halle. »Was ist los?« fragte er. »Ich habe keine Ahnung«, antwortete der Erbarmungslose. Er wollte nach draußen laufen, um nachzusehen, als einer der Män ner in die Halle stürzte und Alarm schrie. »Wir werden überfallen«, meldete er. »Trux sagt, daß es die Banditen sind, die vorgestern hier gelagert haben.« Dann eilte er wieder hinaus, um sich in die Schlacht zu werfen. »Warum überfallen sie uns?« fragte Scon nos erstaunt. Er schlang ein Stück Brot her unter. »Kannst du es dir nicht denken? Erstens sind wir gut ausgerüstet, aber darum geht es vermutlich gar nicht. Die Banditen werden beobachtet haben, was hier geschehen ist. Vielleicht wissen sie, daß wir die Schwerter haben, und sie wollen sie uns abnehmen.« »Das sollen sie bereuen.« Sconnos griff nach seinem Schwert, um ebenfalls in den Kampf einzugreifen, doch Staff fiel ihm in den Arm. »Nicht doch«, protestierte er. »Das kön nen wir uns wirklich nicht leisten.« »Ich lasse meine Männer nicht allein kämpfen.« »Das wirst du schon tun müssen«, erwi derte der Erbarmungslose lächelnd. »Mit dem Schwert bringst du nicht allzuviel zu stande, dafür um so mehr mit dem Kopf. Lassen wir es dabei, daß du mit dem Kopf kämpfst. Alles andere machen wir.« »Ich will zumindest sehen, was da drau
Das Parraxynt ßen vor sich geht. Und sicher muß ich dem einen oder anderen Verletzten helfen. Wir werden also nicht hier abwarten, sondern zu mindest zur Tür gehen.« Dagegen hatte der Orxeyaner nichts ein zuwenden. Er folgte Sconnos bis zum Aus gang. Von hier aus konnten sie sehen, daß eine wilde Schlacht im Gang war. Die An greifer waren in der Überzahl. Offenbar hat te Trux nur einen kleinen Teil dieser Bande beobachtet. Mit Schwertern, Messern und Skerzaals drangen sie auf die Männer des Magiers ein. Zahlreiche Verwundete von beiden Parteien lagen auf dem Boden. Als Staff erkannte, daß die eigenen Kräfte in starker Bedrängnis waren, vergaß er sei nen Vorsatz, bei Sconnos zu bleiben, son dern eilte hinaus. Laut brüllend warf er sich in den Kampf. Das schwarze Schwert in sei ner Hand schien wiederum eigenes Leben zu entwickeln. Es zuckte unglaublich schnell auf die Gegner zu und setzte einen nach dem anderen außer Gefecht. Sconnos suchte nach Quarras, Estarr, Kamma und den anderen, die ebenfalls ein solches Schwert hatten, und er machte sie schnell daran aus, daß in ihrer Nähe die mei sten Verwundeten auf dem Boden lagen. Er packte das Schwert und hielt es nach denklich in den Händen. Dies war ein unnö tiger Kampf, bei dem sie lediglich eine räu berische Bande abzuwehren hatten. Der war nicht nach seinem Geschmack, da es dabei nichts zu gewinnen gab. Plötzlich flog die Tür auf, und zwei or xeyanische Angreifer schreckten ihn aus sei nen Gedanken auf. Sconnos blickte hastig durch die Glasscheiben nach draußen. Keiner seiner Freunde hatte die beiden be merkt, die sich nun auf ihn stürzten. Sconnos wehrte ihren ersten Angriff ab. »Hört auf«, rief er ihnen dann zu. »Ihr könnt den Kampf nicht gewinnen. Hört auf, und ich sorge dafür, daß eure Verwundeten gerettet werden.« Sie lachten höhnisch, da sie sich nicht vorstellen konnten, daß er wirklich etwas für die Verwundeten tun konnte, und weil sie
29 glaubten, daß er zu feige zum Kämpfen war. Sie sprachen ihre nächste Attacke in aller Offenheit miteinander ab. »Wir nehmen ihn in die Zange«, sagte der eine, ein vierschrötiger, außerordentlich kräftiger Mann. »Ich gehe von links ran, du von rechts. Wir müssen das Schwert haben.« Sconnos erkannte, daß er nur eine Chance hatte, wenn er bis an eine Wand zurückwich. Er hatte kaum zwei Schritte rückwärts getan, als ihre Schwerter auf ihn zufuhren. Ver zweifelt wehrte er sich. Dabei war er so ungeschickt, daß er an der Schulter verletzt wurde. Die Schmerzen ließen ihn alle Vorsicht vergessen. Wut übermannte ihn, und er be schränkte sich nicht mehr nur darauf, sich zu verteidigen, sondern er griff an. Obwohl er im Schwertkampf ungeübt war, gelang es ihm auf Anhieb, die Deckung seines Gegners zu durchbrechen. Tödlich getroffen sank dieser zu Boden. Der Ausfall dieses Mannes machte den anderen vorsichtiger. Doch Sconnos gönnte ihm keine Atempause. Er drang auf ihn ein und brachte ihm eine Wunde an der Schulter bei. Das schwarze Schwert wirbelte durch die Luft, ohne daß Sconnos viel zu tun hatte. Und jedesmal, wenn sein Gegner zuschlug, rückte die schwarze Klinge in die richtige Position, so daß sie das Schwert des anderen abblockte. Schließlich sprang der Bandit einige Schritte weit zurück. »Hört auf«, keuchte er erschöpft. »Es hat keinen Sinn. Ich will nicht wieder da lie gen.« Er zeigte auf den Toten. Sconnos ließ das Schwert sinken. »Nimm ihn mit nach draußen und ver schwinde«, befahl er. »Beeile dich.« Der Mann gehorchte. Er hob den Getöte ten auf und trug ihn hinaus. Sconnos sah, wie er an den Kämpfenden vorbeilief und flüchtete. Nachdenklich blickte er auf das Schwert in seiner Hand. War es das ganz große Glück, wenn man
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einen anderen im Schwertkampf besiegen konnte? Staff kam in die Halle. Betroffen blickte er auf das Blut auf dem Boden und an der Kleidung des Magiers. »Wir haben sie vertrieben«, berichtete er und fügte zerknirscht hinzu: »Ich hätte wohl nicht nach draußen laufen dürfen.« »Es ist gut gegangen«, erwiderte Sconnos. Er verließ die Halle, um den Verwundeten zu helfen.
* Du hast Aponax in jeder Hinsicht unter schätzt, stellte der Extrasinn fest. Es wird Zeit, daß du ihn ernst nimmst. Der Zwerg griff erneut an. Dieses Mal aber schnellte sich Atlan zur Seite. Die schwarze Klinge fuhr an ihm vorbei, kam ihm aber so nahe, daß sie ihn beinahe streif te. Die nächste Attacke folgte augenblick lich. Aponax ließ keinen Zweifel daran, daß er den Arkoniden töten wollte, um danach das Parraxynt in aller Ruhe vernichten zu können. Abermals entging der Unsterbliche der unheimlichen Klinge nur ganz knapp. Dabei gelang es ihm aber, Aponax am Arm zu packen und herumzureißen. Der Zwerg überschlug sich in der Luft, löste sich dabei aus dem Griff des Arkoniden und landete ei nige Meter von ihm entfernt auf dem Boden. Nun griff Atlan an. Aponax aber kam mit unfaßbarer Geschwindigkeit wieder auf die Beine, und wieder durchdrang die Klinge das Goldene Vlies. Sie fuhr dem Arkoniden in den Unterarm. Bevor der Unsterbliche sich noch von seinem Schreck erholt hatte, raste ihm der Zwerg zwischen die Beine und brachte ihn zu Fall. Atlan war ein hochklassiger Kämpfer in verschiedenen Kampfarten. Sogar im Dagor gehörte er zu den absoluten Meistern. Hier aber hatte er es mit einem Gegner zu tun, der ihm überlegen war, und der darüber hinaus auch die Mittel der Magie nutzte, um ihn zu schwächen.
Mühsam wehrte er den nächsten Angriff ab. Dann rutschte seine Hand ab. Aponax riß triumphierend das Schwert hoch und holte zum tödlichen Schlag aus. In diesem überaus kritischen Augenblick flog die Tür auf, und Heimdall kam herein. »Zurück mit dir«, brüllte er. Aponax lachte selbstsicher. Er war ent schlossen, den Arkoniden zu töten und da nach Heimdall anzugreifen. Atlan genügte der winzige Vorteil, den er dadurch bekam, daß der Zwerg für einen kurzen Moment abgelenkt wurde. Er rollte sich zur Seite, und die schwarze Klinge ver fehlte ihn. Jetzt raste Heimdall heran. Er griff Apon ax wütend an. Er unterschätzte ihn nicht, und er versuchte auch nicht, ihn zu schonen. Bevor der Zwerg ihn mit magischen Mitteln oder dem Schwert abwehren konnte, er schlug er ihn mit der Khylda. Atlan blickte schockiert auf den Toten. Die gebrochenen Augen schienen ihn höh nisch anzustarren. »Das war nicht nur unnötig, sondern auch absolut falsch«, warf er Heimdall vor. »Du solltest dich bei mir bedanken«, er widerte dieser. »Hätte ich es nicht getan, dann lägest du jetzt da und wärest tot. Und mich hätte er womöglich hinzugeschickt.« »Verstehst du denn nicht? Es wäre wich tig gewesen, Aponax lebend zu fangen. Jetzt erfahren wir nichts. Wahrscheinlich bereiten unsere Gegner bereits den nächsten Angriff vor, der noch gefährlicher sein kann. Wir hätten Aponax verhören müssen.« Heimdall wischte die Vorwürfe mit ärger licher Geste zur Seite. »Ich werde mich mit den Magiern über diesen Vorfall unterhalten«, erklärte er er regt. »Sie sollen mir Rede und Antwort ste hen und mir erklären, wie es kommt, daß ei ner von ihnen uns angegriffen hat.« Er kann offenbar nicht vergessen, daß die Magier ihn und seine Brüder während des Schwarzschocks als Narren hingestellt ha ben, dachte der Arkonide. Er war keineswegs von dem Gedanken
Das Parraxynt angetan, daß Heimdall zu den Magiern ge hen und dort Krach schlagen würde, denn er befürchtete, daß der zornige Odinssohn in Oth mehr Porzellan zerschlagen würde, als die ganze Sache wert war. »Das hätte wenig Sinn«, wandte er ein. »Wir stehen kurz vor der Lösung des Pro blems. Einen Streit mit den Magiern können wir uns nicht leisten.« »Wer hat denn den Streit angefangen?« fauchte Heimdall zurück. Er zeigte auf die Leiche. »Sie haben uns diesen Zwerg ge schickt, der dich beinahe umgebracht hätte. Und das sollen wir so einfach übergehen, als wäre nichts gewesen? Das kommt nicht in Frage. Nicht mit mir.« »Bis jetzt ist durch nichts bewiesen, daß Aponax wirklich von den Magiern geschickt worden ist.« Heimdall lachte zornig auf. »Woher sollte er denn sonst gekommen sein?« »Das werden wir klären, aber das hat noch etwas Zeit.« »Irrtum. Es hat keine Zeit«, erwiderte Heimdall. »Ich gehe zu ihnen und stelle sie zur Rede.« Atlan versuchte, den Odinssohn mit wei teren Argumenten davon abzuhalten, nach Oth zu gehen, weil er davon überzeugt war, daß Heimdall dort nur Unheil anrichten wür de. Doch vergeblich. Heimdall stürmte hinaus. Während Atlan sich wenig später über den Toten beugte, trat Copasallior ein. Der Weltenmagier blickte den Arkoniden über rascht an. »Wer ist das?« fragte er. »Und wer hat ihn erschlagen?« Atlan begrüßte den Magier. Ihm war will kommen, daß er gerade jetzt erschien. Er be richtete ihm, was vorgefallen war, und in welcher Weise Aponax sich aufgeführt hat te. Copasallior hörte aufmerksam zu. Er stellte nur knappe Fragen, und seine steinern wirkenden Augen glühten einige Male kurz auf. Als er meinte, genug gehört zu haben, untersuchte er den Toten eingehend.
31 »Für mich ist das alles nicht weniger überraschend als für dich«, erklärte er da nach. »Aponax hat noch bis vor kurzem zu den Sterblichen gehört, die im westlichsten Zipfel der Barriere im Revier der Sterbli chen leben.« Atlan erinnerte sich daran, davon gehört zu haben, daß diese Sterblichen sozusagen den Nachwuchs der Magier darstellten, ob wohl eine direkte Verwandtschaft zwischen ihnen in den seltensten Fällen bestand. »Aponax kommt aus dem Revier der Sterblichen, sagst du«, bemerkte er nach denklich. »Soweit ich weiß, haben diese Leute aber keine magischen Fähigkeiten, sondern nur die Veranlagung dazu, welche zu erwerben.« Copasallior schien diese Worte nicht ge hört zu haben. Er untersuchte den Toten abermals, diesmal jedoch sehr flüchtig. Atlan wußte, daß der Nachwuchs der Ma gier immer dann die Möglichkeit hatte, ma gische Fähigkeiten auszubilden, wenn einer der etablierten Magier das Zeitliche segnete. Als Beigabe kam dann die relative Unsterb lichkeit hinzu. Seit alters her hatte es in der Barriere eine Polarisierung zwischen positiven und negati ven Mächten gegeben, wobei die Mehrzahl der Magier neutral veranlagt war. Nach der Verbannung der Liebesmagierin Jarsynthia und ihrer Spießgesellen, sowie dem Tod ih res letzten Anhängers, Lunnater, gab es in der Barriere lange Zeit keine negativen Ma gier mehr. Nun aber schien es, als sollten doch wieder welche heranwachsen, was zweifellos auf die Nähe des Dunklen Oheims zurückzuführen war. Atlan stellte eine entsprechende Frage, und Copasallior bestätigte seine Befürchtun gen. »Besonders unangenehm ist, daß diese ne gativen Magier auch außerhalb der Barriere aufgetaucht sind.« »Wie wäre das möglich?« fragte der Ar konide. »Wir haben festgestellt, daß magisch auf geladene Gesteinsadern von Oth bis hinauf
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zur Eisküste entstanden sind«, erklärte der Weltenmagier. »In Moondrag zum Beispiel, bei Heimdalls Lettro, in der Nähe der Stahl quelle und an einigen anderen Orten. Sie rei chen bis dicht unter die Oberfläche.« »Das würde bedeuten, daß überall neue Magier heranreifen könnten, von denen wir vielleicht erst etwas erfahren, wenn es schon zu spät ist?« »Die Gefahr besteht«, unterstrich Copa sallior. »Wir haben Informationen über einen Magier, der in Moondrag mit einer aufsteigenden Gesteinsader in Berührung gekommen und dadurch aktiviert worden ist. Wir wissen, daß er auf dem Weg hierher ist. Wahrscheinlich wird er Schwierigkeiten ma chen.« »Ein negativer Magier?« Copasallior zögerte lange mit seiner Ant wort. »Das ist noch unklar. Ich bin darüber in formiert worden, daß er in Moondrag eini ges getan hat, was überaus positiv ist und auf einen einwandfreien Charakter schließen läßt. Doch dabei hielt er sich ständig in der Nähe der Gesteinsader auf und war den von ihr ausgehenden Impulsen ausgesetzt. Jetzt hat er Moondrag verlassen, und ich kann nicht eindeutig sagen, wie er sich entwickeln wird. Es ist durchaus möglich, daß er cha rakterlich umkippt und negativ wird. Wenn das der Fall ist, könnte es für alle hier in der FESTUNG gefährlich werden.«
6. Sconnos blieb vor Entsetzen stehen, als er sah, wie viele Opfer der Kampf gefordert hatte. Er war nach draußen gegangen, um den Verwundeten zu helfen. Jetzt mußte er feststellen, daß es mehr Tote als Verletzte gab. Beide Parteien hatten schwere Verluste erlitten. Bei keinem Kampf zuvor waren so viele seiner Mitstreiter gefallen. Und du hast auch jemanden getötet, fuhr es ihm durch den Kopf. Kaum hattest du das schwarze Schwert, als du auch schon damit
gekämpft und einen anderen Menschen um gebracht hast. Er machte sich heftige Vorwürfe, obwohl er sich sagte, daß er keine andere Möglich keit gehabt hatte, als sich dem Kampf zu stellen. Er hatte versucht, die beiden Or xeyaner davon abzuhalten, sich mit ihm zu schlagen, aber sie hatten seine Worte igno riert. Sconnos hätte das schwarze Schwert am liebsten weit von sich geworfen. Zu keiner Zeit seit seinem Aufbruch aus der Hütte sei nes Gönners Alpex hatte er damit gerechnet, töten zu müssen. Vielmehr hatte es ihn mit einer tiefen Befriedigung erfüllt, daß er die Fähigkeit hatte zu heilen, und er hätte jeden einzelnen der Gefallenen zum Leben er weckt, wenn er es gekonnt hätte. Lohnte es sich, den Kampf um Pthor unter solchen Umständen fortzuführen? War die Macht über den Dimensionsfahrstuhl nur zu erringen, wenn er bereit war, Blut zu vergie ßen? »Was ist los mit dir?« fragte Staff ver wundert. »Freust du dich nicht über unseren Sieg?« »Ich muß mich um die Verwundeten kümmern«, antwortete der Magier auswei chend. Über zwanzig seiner Männer brauchten dringend Hilfe. Für fünfzehn kam er bereits zu spät. Sie konnten selbst durch Magie nicht mehr gerettet werden. Sconnos befahl, sie zu beerdigen, nachdem er die Wunden der anderen geheilt hatte. Als er eine kurze Ansprache über den Gräbern gehalten hatte, bat er seine Freunde, ihn für einige Minuten allein zu lassen. Er ging in den Glaspalast und setzte sich mitten in der Halle auf den Boden. Das Schwert legte er vor sich hin. Er wollte in Ruhe nach denken. Doch er kam nicht dazu. Plötzlich schien sich die Klinge seiner Waffe zu verändern. Ihm war, als sehe er ei ne Gruppe von acht Männern, die alle schwarze Schwerter hatten und die Tod und Verderben über das Land brachten. Der Or
Das Parraxynt xeyaner, den er getötet hatte, schien ihn an zusehen, und Sconnos glaubte zu beobach ten, daß sich seine Lippen bewegten. Er hör te keine Worte, aber er zweifelte nicht dar an, daß der andere ihn anklagte. Er preßte die Hände vor das Gesicht und fühlte einen Schauder des Entsetzens über seinen Rücken rinnen. War das das höchste Glück, das Alpex ge meint hatte? Das konnte nicht sein. Sconnos fragte sich, ob er wirklich frei in allen seinen Entscheidungen gewesen war, oder ob ihn irgend jemand zu seinem Werk zeug gemacht hatte, ohne daß er es gemerkt hatte. Stand hinter ihm ein anderer Magier, der noch viel besser mit seinen Fähigkeiten um gehen konnte als er? Steuerte er ihn und zwang ihn, all das zu tun, was er nicht selbst ausführen wollte? Er blickte wieder auf das schwarze Schwert, und abermals glaubte er, sich be wegende Bilder darauf zu sehen. Der Begriff der schwarzen Bruderschaft ging ihm plötz lich durch den Sinn. Er war mit Vorstellun gen verbunden, die so bedrückend waren, daß kaltes Grauen ihn erfaßte. In seinem ersten Entsetzen packte er das Schwert und wollte es weit von sich werfen. Das gelang ihm jedoch nicht. Die Waffe löste sich nicht aus seiner Hand, sondern blieb daran haften, als sei sie festgeklebt. Panik kam in ihm auf. Er zerrte mit der linken Hand an dem Schwert, während er es mit der rechten ab zuschütteln versuchte. Schließlich sank er erschöpft auf den Bo den und gab auf. Er schob die Waffe unter seinen Gürtel. Im gleichen Moment löste sich seine Hand ganz leicht vom Schwertgriff, so wie es bei jeder anderen Waffe auch gewesen wäre. Rasch löste er das Gürtel schloß, weil er hoffte, der Gürtel werde mit dem Schwert auf den Boden fallen. Doch er irrte sich. Es hing an seiner Hüfte, und dort blieb es auch, so wütend er auch an dem
33 Gürtel zog. Du bist nicht nur das Werkzeug eines an deren geworden, du bist ein Sklave, sagte er sich. Zu Anfang hast du getan, was Alpex woll te. Dabei war das nicht viel, sondern er bärmlich wenig. Dann hast du Angy Ent scheidungen überlassen, die du eigentlich selbst hättest treffen müssen. Er sprang auf und ging erregt bis zur Tür, weil er das Gefühl hatte, in der Halle er sticken zu müssen. Er wollte an die Luft und tief durchatmen. Zugleich sträubte er sich dagegen, Angy anders zu sehen, als er es bisher getan hatte. Er wollte sich den Glau ben an sie nicht zerstören. Möglicherweise lenkte ihn tatsächlich ir gend jemand aus dem Hintergrund. Angy aber konnte auf keinen Fall etwas damit zu tun gehabt haben. Sconnos verschloß den Gürtel wieder, um sich allzu neugierige Fragen zu ersparen, wenn er wieder zu den anderen Männern ging. Er blieb an der Tür stehen und spähte hinaus. Staff, Quarras und Kamma standen in sei ner Nähe. Keiner von ihnen machte einen unzufriedenen oder verunsicherten Ein druck. Sie trugen ihre Schwerter, als seien diese nichts Besonderes. Entweder haben sie noch nichts bemerkt, dachte der Magier, oder es macht ihnen nichts aus. Da er sich jedoch nicht denken konnte, daß die Schwerter sich bei anderen anders verhielten als bei ihm, ging er zur Tür und rief Staff zu sich herein. »Bitte, stelle jetzt keine Fragen«, sagte er. »Tu, was ich dir sage. Nimm dein Schwert und wirf es einige Meter weit weg. Du kannst es danach wieder aufheben.« Der Orxeyaner blickte ihn verwundert an, zögerte einige Sekunden, zuckte dann gleichgültig mit den Achseln und gehorchte. Klirrend schlug die Waffe auf den Boden und rutschte einige Meter weit weg. »Darf ich jetzt Fragen stellen?« fragte Staff.
34 »Noch nicht.« Sconnos nahm sein Schwert und hielt es unsicher in der Hand. »Was ist los?« fragte der Freund. »Nichts.« Der Magier warf das Schwert von sich, und es löste sich von ihm, wie es jede andere Waffe auch getan hätte. Verstört blickte Sconnos den Orxeyaner an. »Eben habe ich das gleiche versucht«, er läuterte er. »Es ist mir nicht gelungen.« Staff hob wortlos die beiden Schwerter auf, steckte seines in den Gürtel und reichte Sconnos das andere. »Du hast ein wenig zuviel Aufregung ge habt in letzter Zeit«, bemerkte er. »Sowas geht nicht spurlos an einem vorbei. Ich schlage vor, daß wir hier einige Tage blei ben, bis du dich wieder erholt hast. Es kommt nicht auf einen Tag an, wenn wir die FESTUNG erobern wollen.« Sconnos wies mit dem Daumen nach oben. »Ist dir schon aufgefallen, daß man nachts keine Sterne sehen kann?« »Natürlich. Ich habe lange Zeit nicht dar auf geachtet, weil ich genug damit zu tun hatte, am Leben zu bleiben. Aber in den letzten Nächten habe ich es gesehen. Was willst du damit andeuten?« »Nichts weiter. Ich kann nicht erklären, warum das so ist, aber ich bin sicher, daß ir gend etwas mit Pthor passiert ist, während wir in Moondrag waren. Pthor ist unterwegs zu einem unbekannten Ziel, und es wird bald dort ankommen. Ich weiß nicht, wie viele Tage die Reise schon dauert, aber ich spüre, daß wir die Sterne bald wieder sehen wer den. Dann ist die Reise zu Ende, und etwas wird geschehen, was die Lage ändert. Bis dahin muß ich in der FESTUNG sein. Bis dahin muß ich mehr Informationen haben als bisher. Nur dann habe ich eine Chance, mich durchzusetzen. Ich denke also nicht daran, einige Tage zu verschenken.« »Du willst also bald weiter?« »Noch heute.« Staff lächelte. Er legte Sconnos die Hand
H. G. Francis auf die Schulter. »Ein vernünftiger Entschluß. Es ist nicht gut, wenn die Männer zu lange in der Nähe der Gräber bleiben. Sie könnten sich dessen bewußt werden, daß sie nahe daran gewesen sind, auch in so einem Grab zu liegen, und daß jeder Schritt an deiner Seite mit Gefah ren verbunden ist, mit großen und unwägba ren Gefahren.« Sconnos gefiel nicht, daß Staff von den Gräbern und von Gefahren sprach. Doch er äußerte sich nicht dazu. Er versuchte, die düsteren Gedanken zu vertreiben, die ihn er füllten, und die Zweifel zu vergessen, die in ihm aufgekommen waren. Wahrscheinlich hat Staff recht, dachte er. Es war wirklich etwas viel für mich, was in letzter Zeit auf mich eingestürmt ist. Hinzu kommt, daß ich Angy nicht vergessen kann. Sie hätte mich in allem gestärkt, und sie hät te mir meine Zweifel genommen. Wenn sie noch lebte, würde ich mich durch die Schwerter nicht irritieren lassen. »Geh zu den Leuten und sage ihnen, daß wir aufbrechen«, befahl er. »Ich komme gleich nach.« Als Staff gegangen war, wollte er wissen, ob sich hinsichtlich des Schwertes etwas ge ändert hatte. Er zog es aus dem Gürtel und warf es von sich. Es hatte keinerlei Eigenleben, und es ver hielt sich wie eine ganz normale Waffe. Während Sconnos das Schwert wieder aufhob und in den Gürtel steckte, fragte er sich, was wohl geschehen würde, wenn er es liegenlassen und hinausgehen würde. Es würde hinter dir herkommen und dir von selbst in die Hand springen, flüsterte ei ne innere Stimme. Er war versucht, ein entsprechendes Ex periment zu machen, schreckte jedoch davor zurück, weil er fürchtete, daß genau eintre ten würde, was ihn am meisten entsetzen würde.
* Copasallior hatte seine Worte nur beiläu
Das Parraxynt fig gesprochen, so als ob sich in ihnen nicht eine Aussage von höchster Brisanz verberge. Atlan erkannte die Gefahr, die er meinte, jedoch sofort. Zweihundert Magier waren zu ersetzen. Wenn sie alle in Form von negativ einge stimmten Persönlichkeiten auftauchten, mußten sich chaotische Zustände auf Pthor ergeben, deren unter Umständen niemand mehr Herr werden konnte. Doch es würde nicht nur bei einer Horde von negativen Magiern bleiben. Diese Wesen, und besonders jene, deren Fähigkeiten jetzt erwachten, waren beson ders sensibel und reagierten schneller als die übrigen Pthorer auf die Ausstrahlung des Dunklen Oheims. Über kurz oder lang muß ten auch alle anderen Bewohner von Pthor diesem Einfluß zum Opfer fallen. Copasallior nickte nur, als der Arkonide diese Befürchtungen äußerte. Nachdenklich wandte sich der Arkonide dem Parraxynt zu. »Die Antwort auf alle Fragen liegt eigent lich auf der Hand«, bemerkte er. »Wir müs sen die noch fehlenden Teile des Parraxynts auftreiben. Nur dann können wir den Dunklen Oheim endgültig schlagen. Nur dann werden wir erfahren, welche Botschaft auf dem Parraxynt übermittelt werden soll.« »Wenigstens sechs bis acht Teile fehlen noch«, entgegnete der Magier. »Vielleicht auch mehr. Das kommt auf die Größe der Bruchstücke an. Es war schwierig genug, das Parraxynt so weit zu ergänzen. Woher nimmst du deinen Optimismus? Wieso glaubst du, daß wir in den letzten paar Ta gen oder Stunden, die noch bleiben, diese Teile finden?« Atlan erteilte einigen Dellos, die herein gekommen waren, den Befehl, die Leiche des Zwerges zu entfernen. Er setzte sich ne ben dem Parraxynt auf einen Hocker. »Mir fällt ein, daß auch auf Dorkh ein Stück vom Parraxynt aufbewahrt wurde«, sagte er. »In der Sonnenvitrine im dortigen Blutdschungel.« »Das ist nicht gerade eine ermutigende
35 Nachricht«, stellte der Magier fest. »Nein, ganz und gar nicht. Es wäre wirk lich fatal, wenn der Erbauer der Dimensi onsfahrstühle die Parraxynt-Teile auch über andere Weltenfragmente verteilt hätte«, er widerte der Arkonide. Copasallior teilte seine Bedenken. »Wenn es so wäre«, stellte er fest, »könnten wir das Parraxynt niemals vervoll ständigen. Dorkh ist als lebloser Felsbrocken im Ritiquian-System zurückgeblieben, und auch andere Dimensionsfahrstühle sind im Lauf der Zeit vernichtet worden, wie die vie len Lücken in der Schale dieses PseudoPlaneten verraten. Allerdings …« Atlan blickte überrascht auf. »Allerdings – was?« fragte er. »Siehst du doch noch eine Möglichkeit, zumindest eini ge der fehlenden Teile zu beschaffen?« »Möglicherweise«, entgegnete der Magier ausweichend. »Wie?« forschte der Arkonide. »Kann ich dir helfen? Sag doch etwas.« Doch Copasallior schwieg sich aus. Er ließ lediglich erkennen, daß sein Vorhaben nicht ungefährlich war. Er schlug Atlans Angebot, ihn zu begleiten, aus und verab schiedete sich. Dabei verhielt er sich ganz normal und verzichtete auf den Schritt durch das Nichts – zumindest solange er in Atlans Nähe war. Der Arkonide zweifelte nicht daran, daß er die FESTUNG im Teleportersprung verlas sen würde, so wie er es in fast allen Fällen getan hatte.
* Heimdalls Erregung legte sich auch dann noch nicht, als er sich in einem Zugor von der FESTUNG entfernte. Er war entschlossen, den Magiern auf den Zahn zu fühlen und eindeutig zu erklären, was das Erscheinen von Aponax in der FE STUNG zu bedeuten hatte. Seine Wut hätte sich sicherlich noch gesteigert, wenn er ge wußt hätte, daß Copasallior währenddessen bei Atlan war und diesen über die Zusam
36 menhänge informierte. Doch Heimdalls Erregung steigerte sich noch aus einem anderen Grund. Die Steuerung seines Zugors versagte. Die Maschine bewegte sich nicht auf die Barriere von Oth zu, sondern auf die Senke der verlorenen Seelen. So sehr sich der Odinssohn auch über die se Kursabweichung ärgerte, so wenig Sorge bereitete ihm der technische Fehler. Er meinte, ihn rasch beheben zu können, ohne landen zu müssen. So öffnete er während des Fluges die zentrale Steuerschaltung und entdeckte, daß sich zwei Kabel gelöst und gegen falsche Kontaktstellen gedrückt hat ten. Die Reparatur nahm nur etwa zwanzig Minuten in Anspruch. Während dieser Zeit hatte er sich jedoch viel weiter von der FESTUNG entfernt als angenommen. Er sah, daß sich der Taam berg links von ihm erhob, und er setzte die Geschwindigkeit sofort herab. Er wollte um den Taamberg herumfliegen und dann auf südlichen Kurs gehen. Da fiel ihm eine Karawane auf, die aus der Senke der verlorenen Seelen kam. Sie bestand aus etwa achtzig Fußgängern und fünfzehn Dadaren. Heimdall beschloß, sich die Karawane an zusehen, da sie in Richtung FESTUNG zog und möglicherweise auch für ihn bedeutsam war. Er drückte den Zugor tiefer herab, bis er nur noch etwa dreißig Meter über dem Boden dahinglitt. Gleichzeitig verringerte er die Geschwindigkeit. An der Spitze der Karawane ritt ein schlanker Mann mit wehendem, braunen Haar. Ihm folgten zwei Orxeyaner auf ihren Reittieren. Die anderen Dadare waren mit Lasten bepackt. Heimdall umflog die Karawane und nä herte sich dem Mann an ihrer Spitze, als ei ner der Orxeyaner plötzlich sein Schwert zog. Dem Odinssohn fiel auf, daß es eine schwarze Klinge hatte, und er fühlte sich an Aponax erinnert, dessen Waffe ebenso aus gesehen hatte. In seinem Zugor wähnte er sich nicht bedroht. Er hatte noch nie davon
H. G. Francis gehört, daß jemand einen Zugor mit dem Schwert angegriffen und gefährdet hatte. »Komm herunter«, brüllte der Orxeyaner ihm zu. »Wir brauchen deine Maschine.« Heimdall lachte. Er zog den Zugor herum und wollte zur Barriere von Oth fliegen. Doch der Orxeya ner dachte nicht daran, ihn entkommen zu lassen. Er wirbelte sein Schwert um den Kopf und schleuderte es nach ihm. Der Od inssohn sah es heranwirbeln und glaubte noch immer nicht an eine Gefahr. Dann aber schlug das Schwert gegen den hinteren Teil des Zugors, durchdrang die Außenhülle und traf das Antriebsaggregat. Heimdall hörte ei ne dumpfe Explosion. Der Zugor sackte so hart durch, daß der Odinssohn fast hinausge schleudert worden wäre. Er klammerte sich mit einer Hand am Sitz fest und schaltete mit der anderen auf stärkeren Auftrieb. Da mit erreichte er zwar nicht, daß die Maschi ne tatsächlich aufstieg, die Fallgeschwindig keit verringerte sich jedoch so stark, daß der Zugor nicht allzu heftig auf den Boden schlug. Heimdall brüllte vor Wut auf. An diesem Tag schien ihm buchstäblich nichts zu gelingen. Noch während die Ma schine über den Sand rutschte, schnellte er sich aus dem Wrack. In solchen Aktionen war er geübt. Daher rollte er sich geschickt über den Boden und war wieder auf den Beinen, während die Männer der Karawane den Volltreffer noch bejubelten, den der Schwertwerfer erzielt hatte. Er riß die Khylda hoch und stürmte auf die Fremden zu, die ihn attackiert hatten. Seine Blicke trafen sich mit denen des Mannes, der an der Spitze der Karawane ritt, und er erkannte augenblicklich, daß dies der Anführer der Männer war. Sconnos wußte ebenfalls sofort, mit wem er es zu tun hatte. Er erschrak, und er teilte die Freude seiner Männer nicht. Vielmehr hätte er Staff für seinen ungerechtfertigten Schwertwurf scharf gerügt, wenn noch Zeit dafür gewesen wäre. Heimdall griff jedoch an, ohne sich darum
Das Parraxynt zu kümmern, daß er es mit einer überwälti genden Übermacht zu tun hatte. Einer der Männer warf sich ihm entgegen. Er hatte kein schwarzes Schwert, sondern nur eine Lanze. Heimdall schlug hart und entschlossen zu. Er fegte die Lanze zur Seite und schlug den Mann mit der Khylda nieder, um sich da nach sogleich auf den nächsten Gegner zu stürzen. Dieses Mal hatte er sich Quarras ausgesucht, und ihn konnte er nicht so ohne weiteres ausschalten. Quarras blockte den ersten Hieb geschickt mit seinem schwarzen Schwert ab und trieb Heimdall danach mit einer gefährlichen At tacke zurück. Doch der Odinssohn ließ sich nur für einen kurzen Moment beeindrucken. Dann griff er wieder an. Ihn störte nicht, daß Estarr, Kamma, Unat und die anderen Schwertträger sich ihm entgegenstellten. Er kämpfte unverdrossen weiter, und er wehrte alle Schwerthiebe ab. Staff rannte an ihm vorbei zum Zugor, um sein Schwert zu holen. Und dann gesellte er sich zu den anderen, die Heimdall bedräng ten. Sconnos war wie gelähmt. Er saß auf seinem Dadar und konnte sich nicht entscheiden, in welcher Weise er ein greifen sollte. Heimdall war immerhin ein Mann, von dem er wußte, daß er zum enge ren Kreis der Mächtigen gehörte, zu jenem Kreis also, den er selbst zu seinen Feinden erklärt und in den er eindringen wollte. Er wollte die Mächtigen vom Thron stoßen, um selbst über Pthor zu herrschen. Mußte er daher nicht gegen Heimdall sein? Und mußte es ihm nicht willkommen sein, wenn seine Männer ihn töteten? Die Waffen klirrten und dröhnten. Heimdall, der jetzt deutlich in die Defen sive gedrängt wurde, kämpfte wild und ver bissen, ging jedoch kein unnötiges Risiko ein und versuchte, zumindest einen seiner Gegner auszuschalten. Doch jedesmal, wenn er fintierte und einen damit in eine Falle zu locken versuchte, warfen sich die anderen in die Lücke und trieben ihn zurück.
37 »Hört auf«, rief Sconnos. »Hört endlich auf.« Doch niemand gehorchte ihm. Heimdall verteidigte sich mit unerhörtem Kraftaufwand gegen seine sechs Gegner, während deren Angriffe immer druckvoller wurden. Staff versuchte, sie zu organisieren, um so den tödlichen Stoß vorzubereiten, der den Kampf allein beenden konnte. Es gelang ihm nicht. Der Odinssohn wuchs über sich selbst hinaus. Er entwickelte die Kampfkraft eines Ro boters mit blitzschnellen Reaktionen und schier unerschöpflichen Kraftreserven. Da neben aber kämpfte er taktisch so klug, daß er Staff und die anderen immer wieder mit gefährlichen Ausfällen überraschte. Sconnos ließ sich von seinem Dadar glei ten. Er wollte nicht zusehen, wie ein Mann wie Heimdall in einem solchen Kampf getö tet wurde. »Schluß jetzt«, befahl er. »Der Kampf ist zu Ende.« Der Odinssohn ließ sich ablenken. Staff jedoch nicht. Er schlug gedankenschnell zu und schmetterte seinem Gegner die gefährli che Khylda aus der Hand. Waffenlos stand Heimdall vor den schwarzen Schwertern. Quarras stieß zu, doch sein Schwert ver fehlte ihr Ziel, da Heimdall zur Seite aus wich. »Ich habe gesagt, daß Schluß ist«, rief Sconnos erregt. »Und dabei bleibt es. Wer jetzt noch weitermacht, bekommt mein Schwert zu spüren.« Endlich sanken die schwarzen Klingen nach unten. Die Männer umringten Heim dall, um ihn an einer Flucht zu hindern, doch dieser dachte gar nicht daran, sich ihnen zu entziehen. Ihm fehlte die Kraft dazu. Schwer atmend sank er auf die Knie. Jetzt wurde deutlich, daß er keine Minute länger durch gehalten hätte. »Du weißt, wer das ist?« fragte Staff tri umphierend. »Heimdall, der Sohn Odins.«
38
H. G. Francis
»Fesselt ihn«, befahl der Magier. »Wir nehmen ihn mit. Er wird uns in die FE STUNG führen.« »Das werdet ihr bereuen«, sagte Heimdall voraus. »Ihr habt keine Ahnung, was auf Pthor los ist, sonst hättet ihr das nicht getan. Wenn ihr in die FESTUNG geht, wird man euch …« Er verstummte und preßte ärgerlich die Lippen zusammen. »Sei still«, riet Staff ihm dennoch. »Es könnte sein, daß wir die Geduld verlieren.« Mit hartem Griff umklammerte er den Odinssohn, so daß die anderen ihn fesseln konnten. Dann zerrte er ihn zu einem der Dadare und band ihn daran fest, damit er nicht weglaufen konnte. Sconnos überprüfte währenddessen den Zugor. Die Maschine war nur noch ein Wrack.
7. In dieser Nacht fand Sconnos keine Ruhe. Er konnte nicht schlafen, obwohl ihm die Augen vor Müdigkeit brannten. Deshalb er hob er sich von seinem Nachtlager, das sie in einer hügeligen Landschaft errichtet hat ten, und ging in die Dunkelheit hinaus. Er stieg auf einen kleinen Hügel, der etwa zweihundert Meter vom Lager entfernt war, und setzte sich oben auf der Hügelkuppe ins Gras. Von tiefer Unruhe erfüllt, nahm er das Schwert in die Hände. Es fühlte sich warm an wie der Körper ei nes lebenden Wesens. Sconnos wußte, daß es mehr als nur eine Waffe war, doch er war nicht bereit, einfach nur anzunehmen, daß es mit magischen Mit teln verändert worden war. Ließ sich mit Magie alles erklären? Und wessen Magie hatte die Schwerter beeinflußt? Die sieben Waffen waren schon seit vie len Jahren, vielleicht gar Jahrhunderten in dem Glaspalast gewesen. Hatte also einer der unsterblichen Magier von Oth sie verän
dert? War längst in Vergessenheit geraten, zu welchem Zweck die Schwerter in den Glaspalast gebracht worden waren? Und warum waren sie in dem einzigen noch unzerstörten Glaspalast gewesen? Wa ren sie möglicherweise gar selbst dafür ver antwortlich, daß der Palast nicht abgerissen oder auch nur beschädigt worden war? Unwillkürlich schüttelte er den Kopf. Wenn er soweit ging, dann setzte er vor aus, daß die Schwerter intelligent waren. Das aber anzunehmen war er nicht bereit, weil er sich nicht vorstellen konnte, daß Stahl Intelligenz entwickeln konnte. Es könnte immerhin sein, daß die Schwer ter gar nicht aus Stahl sind, dachte er, wäh rend er die Waffe gegen einen imaginären Gegner richtete. Wer sagt denn, daß sie nicht aus einer organischen Masse bestehen, die auf eine Weise verändert worden ist, die mir völlig unbekannt ist? Er seufzte. Das waren alles nur Spekulationen. Sie führten zu nichts. Es war besser, wenn er diese Gedanken abschüttelte und sich ganz auf den Angriff auf die FESTUNG konzen trierte. Laute Schreie tönten vom Lager her und schreckten ihn aus seinen Gedanken auf. Er sah, daß die Flammen hoch aufflackerten. In ihrem Licht erkannte er zwei gedrungene Gestalten, die sich mit erhobenen Schwer tern gegenüberstanden. Sie waren es offen bar, die so wütend geschrien hatten. Während Sconnos noch glaubte, daß die beiden Streithähne sich rasch wieder beruhi gen würden, schlug der eine plötzlich auf den anderen ein. Weitere Männer erschienen im Lichtkreis des Feuers, griffen jedoch nicht in den Kampf ein. Sie umringten die Männer und nahmen Sconnos teilweise die Sicht. Er war so weit vom Lager entfernt, daß er nicht erkennen konnte, wer die beiden Kämpfer waren, er fürchtete jedoch, daß ausgerechnet Staff, den er als seinen Stell vertreter ansah, beteiligt war. Jetzt fochten die beiden so heftig mitein ander, daß Sconnos das Klirren und Klingen
Das Parraxynt der Schwerter hörte, und er begriff, daß es nicht um einen harmlosen Streit ging, son dern daß die beiden Männer aus seinem Ge folge um Leben und Tod kämpften. »Aufhören«, schrie er, obwohl er viel zu weit vom Lager weg war. Keiner von den Zuschauern fiel den bei den Männern in den Arm. Sie standen nur am Feuer und bildeten einen Kreis. Sconnos glaubte zu sehen, daß die Klin gen der Schwerter von blauen Flammen um geben wurden, sobald sie aufeinandertrafen, doch er sagte sich, daß er sich irrte. Eine solche Erscheinung hatte er noch nie beobachtet, und er konnte sich nicht vorstel len, daß sie ausgerechnet hier auftreten soll te. Er rannte auf das Lager zu, kam in der Dunkelheit jedoch nicht so schnell voran, wie er wollte. Er stolperte über herumliegen de Steine, fiel in ein Erdloch und kam end lich erst beim Feuer an, als der Kampf schon vorbei war. Leise miteinander flüsternd, machten die Männer ihm Platz. Am Feuer lag Unat. Das Schwert Staffs hatte ihn am Hals getroffen und getötet. Die eigene Waffe hielt er noch im Tode um klammert. Sconnos kniete sich neben ihm hin, ohne Fragen zu stellen. Da die Wunde nicht mehr blutete, wußte er, daß er zu spät gekommen war. Dennoch versuchte er, den ehemaligen Piraten zu retten, doch seine Anstrengungen wurden durch keinen Erfolg belohnt. Er konnte Unat nicht ins Leben zurückholen. Er nahm ihm das Schwert aus den Hän den. »Was ist passiert?« fragte er mit zornbe bender Stimme. Staff trat einen Schritt auf ihn zu. Er zeig te auf den Toten. »Ich habe ihn dabei erwischt, wie er die Fesseln von Heimdall durchschneiden woll te«, berichtete er. »Der Verräter wollte dem Odinssohn zur Flucht verhelfen.« »Das ist kein Grund, ihn zu töten«, tadelte der Magier. »Er hat gekämpft«, erwiderte der Orxeya
39 ner gelassen. Er tat, als sei mit diesen Wor ten alles erklärt. Sconnos wollte sich damit jedoch nicht zufrieden geben. »Ihr seid mehr als achtzig Männer«, rief er, »und ihr wollt zusammen nicht in der La ge gewesen sein, einen einzelnen Mann zu überwältigen? Warum habt ihr ihn nicht ent waffnet?« Staff zuckte mit den Achseln. »Da war nicht viel zu entwaffnen«, ant wortete er. »Unat griff mich sofort an. Ich wußte von Anfang an, daß er ein Verräter ist. Er hat uns einmal verraten, und er wollte uns abermals verraten. Ist dir klar, was pas siert wäre, wenn Heimdall uns entkommen wäre? Er hätte die FESTUNG alarmiert und dafür gesorgt, daß man uns einen gebühren den Empfang bereitet, der uns alle Kopf und Kragen gekostet hätte.« Sconnos konnte dem nichts entgegnen. Er wußte selbst, daß eine Flucht Heimdalls ver hängnisvolle Folgen für sie gehabt hätte. Doch er mochte sich nicht damit abfinden, daß er einen Mann verloren hatte. Er blickte auf das Schwert in seinen Hän den, und plötzlich glaubte er zu wissen, wo die Schuld an dem Vorfall lag. Die von den schwarzen Schwertern aus gehende Magie hatte sowohl Unat als auch Staff beeinflußt. Sie hatte ihre Sinne ver wirrt und sie viel hitziger reagieren lassen, als notwendig gewesen wäre. Ein Fluch liegt auf den Schwertern, dach te Sconnos. Alpex hat sich geirrt. Irgend je mand hat ihm wahrscheinlich von den Schwertern erzählt und von dem Glück, das man gewinnen kann, wenn man sie an sich bringt. Aber diese Schwerter haben nichts mit Glück zu tun, das man gewinnen kann. Es sind Werkzeuge des Bösen. Staff nahm ihn beim Arm und führte ihn zur Seite. »Was ist mit dir?« fragte er erschrocken. Sconnos blickte ihn unsicher an. »Was sollte mit mir sein?« »Du hättest dein Gesicht eben sehen sol len. Hoffentlich haben es die anderen nicht bemerkt.«
40 »Rede nicht«, fuhr der Magier den Freund an. »Ich weiß von nichts. Was ist los?« »Ich dachte, dein Gesicht löst sich auf. Es wurde wie Glas.« Sconnos, der nicht das Gefühl gehabt hat te, daß sich irgend etwas an ihm verändert hatte, schüttelte unwillig den Kopf. »Du hast dich geirrt, Staff. Mit mir ist al les in Ordnung. Ich habe mich lediglich ge fragt, ob das auch bei den Schwertern der Fall ist, und wir nicht an einem Punkt ange kommen sind, an dem es besser ist, wenn wir umkehren.« Erschrocken nahm Staff seinen Arm und führte ihn noch weiter vom Lager weg, da mit die anderen ihn nicht hören konnten. »Du weißt nicht, was du sagst, Sconnos. Wir sind nicht so weit marschiert, um jetzt aufzugeben. Wir haben eine Aufgabe. Hast du schon vergessen, was in Moondrag pas siert ist? Die Bevölkerung war durch den Hungertod bedroht, weil man in der FE STUNG vergessen hatte, daß es sie gibt.« »Das ist nicht wahr«, widersprach der Magier. »Wir haben gehungert, weil es Menschen wie Senta und Bauque gab, die sich an den anderen bereichert haben. Bei ihnen landeten alle Lieferungen, und sie und ihre Freunde konnten in Saus und Braus le ben, während die Masse fast zugrunde ging. Wahrscheinlich hat man in der FESTUNG gar nicht gewußt, wie es in Moondrag aus sah, weil man keine Zeit hatte, sich damit zu befassen. Mir wird immer deutlicher klar, daß einiges mit Pthor passiert sein muß, während wir in Moondrag vor uns hindäm merten.« »Mag sein«, erwiderte Staff. »Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß unser Weg hier nicht zu Ende sein darf. Wir müssen uns bis zur FESTUNG durchschlagen, und dort muß die Entscheidung fallen. Nicht hier draußen in der Wildnis. Glaubst du, Angy wäre damit einverstanden gewesen?« »Laß sie aus dem Spiel!« drohte Sconnos. Der Orxeyaner lachte herzlich. Er legte den Arm um die Schultern des Magiers. »Ich denke gar nicht daran«, sagte er ver
H. G. Francis gnügt. Sconnos verübelte ihm diese kleine Re vanche nicht. »Es sind die Schwerter, die mir Sorge ma chen«, erklärte er. »Wir haben sie nicht aus reichend unter Kontrolle.« »Du meinst, daß die Schwerter für den Kampf verantwortlich sind, den ich mit Unat führen mußte?« Staff schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Sconnos, auf keinen Fall. Unat war ein Verräter, und in dieser Hin sicht ist er sich treu geblieben. Er wußte, daß er mit Heimdall einen der wichtigsten Män ner von Pthor vor sich hatte, und er hat sich einen Vorteil für sich ausgerechnet. Sicher hätten die anderen eingreifen können, aber da es ihnen niemand befohlen hat, haben sie es nicht getan.« »Du hättest den Befehl geben können.« »Unat griff mich so schnell und entschlos sen an, daß mir dafür keine Zeit mehr blieb.« Staff regte sich nicht sonderlich über den Tod des Verräters auf. In dieser Hinsicht war er hart und erschreckend sachlich. »Wer bekommt sein Schwert?« »Ich werde es vorläufig behalten. Viel leicht gebe ich es morgen einem anderen.« »Irgend jemand muß es haben«, betonte der Erbarmungslose. »In der FESTUNG er wartet uns ein schwerer Kampf. Wir können uns keine Schwächung leisten.« »Also gut«, lenkte der Magier ein. »Entscheide du dich für den besten Schwert kämpfer. Er soll das Schwert haben.« Die beiden Männer kehrten an das Lager feuer zurück. Die anderen hatten Unat be reits zur Seite getragen und unter einigen Steinen bestattet. Sconnos ging zu dem Ge fangenen und setzte sich neben ihn. »Erzähle mir von dem König von Pthor«, forderte er. Heimdall lachte leise. »Er ist dabei, dem Dunklen Oheim den Garaus zu machen«, antwortete er. »Allerdings könnte es auch umgekehrt kom men, so wie es zur Zeit aussieht. Glaubst du wirklich, daß sich ein Mann, der sich mit ei nem solchen Gegner einläßt, dich Winzling
Das Parraxynt
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überhaupt beachten wird?« Sconnos glaubte, sich verhört zu haben. Erregt wollte er Heimdall eine Beleidigung ins Gesicht schleudern, weil er glaubte, be logen worden zu sein. Doch er fing sich noch rechtzeitig. Er sah, wie herablassend der Gefangene lächelte, und er erkannte, daß es wenig sinnvoll für ihn war, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Er stand auf und woll te weggehen. »Wo hast du eigentlich in den letzten Mo naten gelebt?« fragte der Odinssohn sarka stisch. »Auf irgendeinem Mond?« Sconnos fuhr herum. »Nein, in Moondrag. Und ich gehörte zu den ganz wenigen, die nicht verhungert sind.« »Moment mal«, rief Heimdall. »Bleibe hier. Wer mir sowas sagt, hat nicht das Recht, einfach wegzulaufen. Wir haben schwere Zeiten hinter uns, aber niemand ist verhungert.« Sconnos verlor die Beherrschung. Er dachte an die vielen Freunde, die er verloren hatte, weil sie nichts mehr zu essen hatten. Er dachte an die Zeit, in der er nur von Ab fällen gelebt hatte. Er beugte sich über Heimdall und versetzte ihm eine Ohrfeige. Danach wollte er weggehen, doch der Ge fesselte warf sich ihm in den Weg und zwang ihn auf diese Weise, auf ihn einzuge hen. »Ich will wissen, was da passiert ist«, schrie Heimdall erregt. »Und wenn du kein erbärmlicher Lügner bist, sagst du es mir.« Der Magier wurde nachdenklich, und er bereute, daß er den Odinssohn geschlagen hatte. Er ließ sich neben ihm auf den Boden sinken und rief Staff und einige weitere Männer zu sich. Dann berichtete er über die Zustände in Moondrag, gegen die er sich empört hatte. Heimdall hörte schweigend zu.
* Sconnos hatte geglaubt, daß ihn neue Zweifel überfallen würden, sobald das pyra midenförmige Gebäude der FESTUNG in
Sicht kam. Als es sich jedoch aus dem Mor gendunst erhob, blieb er ruhig und gelassen. Auch die Männer, die ihn begleiteten, zeig ten nicht, was sie empfanden. Das gemeinsa me Ziel rückte in greifbare Nähe. Das war ein Anlaß, sich innerlich auf den bevorste henden Kampf vorzubereiten. Mehr jedoch nicht. Sconnos wußte mittlerweile, daß der Kö nig von Pthor nichts von den Zuständen ahn te, die in Moondrag geherrscht hatten. Of fenbar hatten sich nicht nur Senta und Bau que an den Lieferungen bereichert, die in diese Stadt an der Nordseite von Pthor ge schickt worden waren, sondern noch einige mehr. Nur ein kleiner Teil der Güter hatte Moondrag überhaupt erreicht. Das meiste war schon auf dem Weg dorthin verschwun den. Das aber war für Sconnos kein Grund, von seinem Ziel abzurücken, den König von Pthor abzulösen. Er rief Heimdall zu sich, und Staff führte den Gefangenen zu ihm. »Wo finde ich den König von Pthor?« fragte der Magier. »In der FESTUNG. Wahrscheinlich ist er beim Parraxynt.« Sconnos fragte nicht, was das Parraxynt war. Er hatte davon gerüchteweise gehört und konnte mit diesem Begriff nur wenig anfangen. Um jedoch keine Schwäche zu of fenbaren, schwieg er lieber. »Du wirst uns zu ihm führen«, sagte der Orxeyaner. »Du kennst dich in der FE STUNG aus. Du wirst uns zu diesem Atlan bringen.« »Ich werde es mir überlegen.« Staff fuhr herum, packte Heimdall am Kragen und zog ihn zu sich heran. »Da gibt es nichts zu überlegen«, fauchte er ihn an. »Du wirst tun, was wir von dir verlangen, oder du wirst bald überhaupt nichts mehr tun.« Heimdall lächelte düster. Er war sicher, daß Sconnos und sein Ge folge in der FESTUNG nichts ausrichten würden. Sie hatten keine Vorstellungen da
42 von, mit wem sie es zu tun hatten. Ihnen stand eine Streitmacht gegenüber, die ihnen vielfach überlegen war. Und auch Atlan wußte sich zu verteidigen. Der Arkonide hatte zwar im Kampf mit Aponax überra schende Schwächen bewiesen, aber Heim dall glaubte nicht, daß er deshalb wirklich gefährdet war. Nur die schwarzen Schwerter erfüllten ihn mit Sorge. Er wußte, wie wirksam sich diese Waffen selbst gegen das Goldene Vlies erwiesen hatten, und er fragte sich, ob sie nicht doch für unangenehme Überraschungen sorgen würden. »Also gut«, sagte er und nahm sich vor, Sconnos und seine Männer auf dem für sie gefährlichsten Weg durch die FESTUNG zu führen. »Ich zeige euch den Weg zu Atlan. Ihr sollt den König von Pthor kennenler nen.« »Wir werden ihn hinwegfegen«, erwiderte Staff. »Gut, daß du vernünftig wirst. Nur auf diese Art und Weise kannst du dein Leben retten.« Bald darauf bemerkte Sconnos einige Dellos, die sich jedoch zurückzogen und sich verschiedenen Arbeiten zuwandten, so als hätten sie nichts zu befürchten. Erst als der Magier mit seiner Streitmacht bis unmittelbar an die FESTUNG heran rückte, stellten sich ihm einige bewaffnete Dellos in den Weg. Sie trugen Lanzen. Staff gab Quarras, Kamma und Estarr einen Wink, und die drei Männer stürzten sich auf die Dellos und entwaffneten sie so schnell, daß sie erst begriffen, was gesche hen war, als schon alles vorbei war. »Ich muß anerkennen, daß deine Männer kämpfen können«, sagte Heimdall. »Sie können noch mehr«, erwiderte Scon nos zufrieden lächelnd. »Das ist auch nötig, wenn eure Offensive nicht schon bald zusammenbrechen soll. Hier entlang.« Staff und Sconnos wechselten einen kurz en Blick miteinander. Sie wußten, daß sie auf der Hut sein mußten. Ein Mann wie
H. G. Francis Heimdall war kein Verräter. Wenn er sie in die FESTUNG führte, dann nur in der Ab sicht, sie in eine Falle zu locken. Das war ih nen beiden klar.
8. Atlan ließ seine Hand über ein Teil des Parraxynts gleiten. Copasallior könnte sich allmählich wie der sehen lassen, dachte er. Es wird Zeit, daß wir zu einem Ende kommen. Das Parra xynt muß vollendet werden. Die Legende besagte, daß irgend jemand einmal alle Teile des Parraxynts finden und zusammensetzen würde. Danach sollte es ihm möglich sein, das Geheimnis von Pthor zu lösen. Der Arkonide fragte sich, wobei er eine gewisse Enttäuschung nicht unterdrücken konnte, in welche kosmischen Bereiche die noch fehlenden Teile wohl verstreut worden waren. Die Uhr lief ab. Der Dunkle Oheim holte zu einem ver nichtenden Gegenschlag aus. Wieviel Zeit blieb noch? Würde Copasallior die fehlenden Teile bringen? Wieder glitt die Hand des Unsterblichen über das Parraxynt. Das Material fühlte sich hart und brüchig an wie schlechtes Gußei sen. Er erinnerte sich daran, daß er bei Raza mon das erste Stück des Parraxynts gesehen hatte. Das war schon lange her. Auf der Er de, von der er durch die Unendlichkeit ge trennt war, würde man ihn längst für tot hal ten. Er vernahm ein leises Rascheln und dreh te sich um. Copasallior stand hinter ihm. Der Welten magier blickte ihn mit seinen übergroßen Basaltaugen bedauernd an. Er verschränkte seine sechs Arme als deutliches Zeichen der Abwehr vor seinem Körper. »Du hast nichts erreicht?« fragte Atlan. »Nichts«, erwiderte der Weltenmagier. Er
Das Parraxynt
43
hob hilflos einen Arm. »Vor sehr langer Zeit habe ich durch einen Zufall in der Tiefe von Pthor einen Schrein entdeckt, in dem einige Bruchstücke des Parraxynts lagen.« »Davon hast du bisher nichts gesagt.« »Ich hatte es vergessen, weil es eben zu lange her war. Außerdem habe ich schon da mals versucht, die Stücke aus dem Schrein zu holen, aber es ist mir nicht gelungen.« Nicht einmal die Transmitterfähigkeiten des Weltenmagiers haben ausgereicht, die Stücke zu bergen, dachte der Arkonide ver wundert. »Und jetzt wolltest du es noch einmal ver suchen?« »Genau das, aber die Bruchstücke sind verschwunden.« Atlan stutzte. »Wie ist das möglich?« fragte er. »Wenn nicht einmal du sie an dich bringen konntest, wer sollte es denn sonst schaffen?« »Das ist mir auch ein Rätsel«, antwortete Copasallior. »Ich kann es mir nicht erklä ren.« Der Arkonide überwand seine Enttäu schung schnell. Er erkannte, daß er im Grun de genommen sogar damit gerechnet hatte, daß der Weltenmagier mit leeren Händen zurückkehren würde. Es wäre ein gar zu großer Zufall gewesen, wenn er die Bruch stücke ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ge funden und zum Parraxynt gebracht hätte. Doch jetzt wußte Atlan überhaupt nicht mehr, woher noch Ergänzungsteile kommen sollten. »Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, lösen wir das Rätsel nie«, sagte er. »Ich glaube nicht an Wunder«, erwiderte der Weltenmagier.
* Sconnos spürte instinktiv, daß sie vor ei ner Entscheidung standen, als er es in den Augen Heimdalls aufblitzen sah. Staff drang mit einer Gruppe von zwanzig Männern durch einen Gang vor, während die anderen abwarteten.
Der Odinssohn trat plötzlich zur Seite. Er lachte. »Vielleicht sehen wir uns noch, Scon nos«, rief er. Dann drehte er sich ruckartig zur Seite, ohne die Füße vom Boden zu lö sen. Der Magier sah, daß sich eine Boden platte unter seinen Füßen bewegte und wegsackte. Heimdall verschwand im Boden, bevor irgend jemand es verhindern konnte, und eine andere Bodenplatte schob sich wie der vor die Öffnung, durch die er geflüchtet war. Während Sconnos noch auf die Boden platte blickte, öffneten sich über ihm mehre re Luken, in denen die kahlen Köpfe einiger Dellos erschienen. Die Läufe von mehr als zehn Waggus richteten sich auf den Magier und seine Gefolgschaft. Sconnos riß unwillkürlich sein schwarzes Schwert hoch, obwohl er sich im gleichen Moment dessen bewußt wurde, wie hilflos er gegen den bevorstehenden Angriff war. Neben ihm kippten die Männer reihen weise um, als die lähmenden Strahlen sie trafen. Nur die Träger der schwarzen Klin gen blieben stehen. Sie spürten nichts. Sconnos lachte laut auf und rannte hinter Staff her, der vor einer metallenen Tür ste hengeblieben war. Der Orxeyaner blickte ihm verstört entgegen. Zu seinen Füßen la gen die gelähmten Männer, die zu seinem Stoßtrupp gehört hatten. Die anderen hielten ihre schwarzen Schwerter in den Händen, als müßten sie gegen einen unsichtbaren Feind kämpfen. »Sieben Mann«, sagte der Magier, »mehr haben diesen Angriff nicht überstanden. Sie ben Schwerter. Das genügt. Begreift ihr? Wir sind unbesiegbar!« Er legte seine Hand auf eine Kontaktplat te, und das Schott glitt zur Seite. Dahinter standen zwanzig Dellos, die mit Waggus und Messern bewaffnet waren. Sconnos sah, wie sich die Finger auf die Auslöseknöpfe senkten, aber er fühlte nichts. Staff lachte dröhnend. Nichts hätte ihm willkommener sein können, als die Unwirk samkeit jener Waffen, die er am meisten
44 fürchtete. Er schlug einen Dello nieder, und das genügte, die anderen zu wilder Flucht zu veranlassen. Lachend drehte er sich zu Sconnos um. »Was sagst du nun?« fragte er. »Wir mar schieren durch die FESTUNG, ohne daß uns jemand aufhalten kann. Der König von Pthor soll das Zittern lernen.« Es sieht tatsächlich so aus, als könnten wir die Schlacht gewinnen, dachte der Ma gier. »Weiter«, drängte er. »Und werdet nicht leichtsinnig. Heimdall hat Alarm geschla gen. Der König von Pthor weiß jetzt, was auf ihn zukommt. Vergeßt nicht, daß er kämpfen kann. Heimdall hat uns härtesten Widerstand angekündigt.« »Die Schwerter geben uns eine viel grö ßere Macht, als ich erwartet habe«, erwider te Quarras. Er strich mit dem Zeigefinger über die Schneide. »Damit schlagen wir uns überall durch. Du wirst es sehen.« Wenig später standen sie vor einem Anti gravschacht, der einen Durchmesser von et wa vier Metern hatte. Voller Skepsis blickte Staff nach oben. »Diesem Ding vertraue ich mich nicht gern an«, sagte er. »Wenn der König von Pthor will, läßt er uns einfach abstürzen, und damit ist der Kampf für ihn erledigt.« »Wir müssen nach oben«, entgegnete Sconnos und schob sich an den anderen vor bei. »Heimdall hat es gesagt, und in dieser Hinsicht glaube ich ihm. Kommt. Wir riskie ren es. Oder hat jemand eine Treppe gese hen?« Als ihm darauf keiner antwortete, stieg er in den Antigravschacht. Eine unsichtbare Kraft erfaßte ihn und trug ihn nach oben. Jetzt mochten die anderen nicht zurückste hen. Sie folgten ihrem Anführer und schwebten hinter ihm her. Sconnos deutete auf eine Öffnung, die sich etwa dreißig Meter über ihnen befand und die hell erleuchtet war. Seine Begleiter verstanden. Das war ihr Ziel. Als sie sich der Öffnung bis auf etwa fünf
H. G. Francis Meter genähert hatten, erschien das Gesicht Heimdalls in ihr. Der Odinssohn lachte laut los. Er trat zurück, und im gleichen Moment gab es kein tragendes Antigravfeld mehr im Schacht. Die Männer um Sconnos stürzten schrei end in die Tiefe. Doch schon nach wenigen Metern wurden sie weich aufgefangen, und dann glitten sie wieder nach oben. Der Magier hielt sein schwarzes Schwert mit beiden Händen. Er fühlte, daß es die Waffe war, die ihn trug. Als er nach unten sah, stellte er fest, daß auch die anderen ihr Schwert in der gleichen Weise über den Kopf geführt hatten. Er erreichte die Öffnung als erster. Heimdall war nicht mehr da. Er hatte sich offenbar in der Überzeugung zurückgezo gen, daß der Kampf um die FESTUNG be endet war. Recht hat er, fuhr es dem Magier durch den Kopf. Unter normalen Umständen wäre es auch so. Er stürmte auf eine Tür zu und öffnete sie. Keine fünf Schritte von ihm entfernt stand ein weißhaariger, hochgewachsener Mann, der ihn mit roten Augen anblickte. Bei ihm war ein anderer Mann, der düstere Gewän der trug und sechs Arme hatte. Sconnos wußte, ohne daß es ihm jemand hätte sagen müssen, daß der Weißhaarige der König von Pthor war. Der andere mußte ein Magier sein. »Du bist allein, König von Pthor, abgese hen von ihm.« Sconnos deutete auf Copasal lior. »Keine Streitmacht schützt dich.« »Sollte das notwendig sein?« fragte der Arkonide. »Sie ist überflüssig, wenn du freiwillig zurücktrittst.« Atlan kreuzte die Arme vor der Brust und blickte ihn forschend an. »Du bist der Magier, der von Moondrag kommt?« Sconnos trat weiter vor, damit Staff und die anderen ihm folgen konnten. Die Schwertträger umringten den König von Pthor und den Magier, um sie an einer
Das Parraxynt Flucht zu hindern. Keiner von ihnen wußte, daß Atlan und Copasallior durchaus die Möglichkeit hatten, sich ihnen zu entziehen. »Gib ihm dein Schwert, Staff«, befahl der Herrscher von Moondrag. »Wir wollen es ausfechten.« Staff gab Quarras einen Wink, und der Mann, den Sconnos vor dem Sturz in den Abgrund gerettet hatte, nahm seine Waffe und hielt sie Atlan hin. Der Arkonide ergriff sie und betrachtete sie interessiert. Er tat, als ob er nicht wüßte, um was es ging. »Du wirst nicht mit dem Schwert kämp fen«, erklärte Staff und hob seine Waffe ge gen den Arkoniden. »Das ist meine Sache. Wir sind uns einig darüber, daß du einen zu wertvollen Kopf hast, um bei sowas drauf zugehen.« Er griff den Arkoniden an. Im gleichen Augenblick fühlte Sconnos einen heftigen Stich in der Herzgegend. Er krümmte sich zusammen, als sei er vom Schwert getroffen worden. Während Atlan sich geschickt gegen Staff verteidigte, spürte der Magier ein wachsendes Unbehagen. In regelmäßigen Abständen kamen Druckwel len, deren Ziel allein sein Herz zu sein schi en. Er deutete auf Copasallior. »Tötete ihn«, befahl er. »Er ist ein Magier und versucht mit umzubringen.« Stöhnend stürzte er auf die Knie. Sein Ge sicht verdunkelte sich. Mit weit geöffnetem Mund versuchte er zu atmen, doch der Druck auf ihn wurde immer stärker. Ihm fehlte die Kraft, sich auf den Kampf zwischen Staff und dem Weißhaarigen zu konzentrieren. Er sah, daß die beiden unge mein schnell aufeinander einschlugen, und er hörte, wie die Klingen ihrer Schwerter immer wieder zusammenprallten, aber er konnte nicht beurteilen, wer in diesem Kampf das Übergewicht hatte. Die anderen Schwertkämpfer drangen auf Copasallior ein, doch dieser verschwand ein fach, so daß die schwarzen Klingen wir kungslos durch die Luft strichen. Sconnos spürte, wie sich das Schwert in
45 seiner Hand bewegte. Es wurde immer wär mer, so daß seine Hände schließlich davor zurückzuckten, weil er sich nicht verbrennen wollte. Blaue Flammen umspielten das schwarze Material des Schwertes. Sie erin nerte ihn an den Kampf zwischen Staff und Unat, bei dem der Erbarmungslose Sieger geblieben war. Sconnos richtete sich mühsam auf. Er wollte an dem Kampf um Pthor teilnehmen. Doch nun näherte sich Atlan ihm immer mehr. Der Weißhaarige schritt rückwärts, wobei er die wilden Attacken Staffs abwehr te. Und je näher er dem Magier kam, desto deutlicher spürte dieser die Impulswellen, welche das Druckgefühl an seinem Herzen auslösten. »Es kommt von ihm«, röchelte er, wäh rend er sich voller Qualen auf dem Boden wälzte. »Hört auf. Ihr bringt mich um.« Quarras warf sich zwischen die Kämpfen den und trennte sie. »Was ist los?« fragte Staff verstört. »Bitte«, antwortete Sconnos mit größter Willensanstrengung. »Hört auf zu kämpfen. Ich fühle, daß ihr mich dabei tötet.« »Das ist doch ein mieser Trick«, erwider te Staff ärgerlich. »Irgendein Magier, der diesem Weißhaar ergeben ist, versucht dich auszuschalten. Aber das wird ihn nicht ret ten.« Sconnos horchte auf. Die letzte Aussage Staffs war nicht rich tig. Der Erbarmungslose war nicht so selbst sicher, wie er sich gab, und er war ganz und gar nicht davon überzeugt, daß er gegen den König von Pthor gewinnen würde. Dieser hatte ihm offenbar gehörigen Respekt abver langt. Der Druck wich vom Herzen des Magiers, und damit verringerte sich auch seine Todes angst. Er zeigte auf Atlan. »Er hat etwas bei sich, was mich um bringt. Etwas geht von ihm aus. Es drückt auf mein Herz. Es wird mich töten.« Atlan stand einige Schritte von ihm ent fernt mit dem Rücken zum Parraxynt.
46 »Wenn ihr diesen Kampf noch gewinnen wollt, müßt ihr euch beeilen«, sagte er spöt tisch. »Meine Freunde werden gleich hier sein, und sie können noch etwas besser mit dem Schwert umgehen als ich. Es könnte sein, daß ihr ihnen nicht gewachsen seid.« »Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch kämpfen will«, bemerkte Sconnos zur Ver blüffung der Männer, die ihm bei seinem Marsch auf die FESTUNG gefolgt waren. »Was soll das heißen?« fragte Staff ärger lich. »Es gibt Wichtigeres zu tun, als zu kämp fen«, erklärte der Magier und erhob sich. Er wandte sich dem Parraxynt zu und berührte es mit der Spitze seines Schwertes. Deutlich erkennbar züngelten blaue Flammen um die Klinge. »Seht ihr?« fragte er. »Hier ist zum Bei spiel etwas, was wichtig ist.« »Das Parraxynt«, erklärte der Arkonide. »Es ist unvollkommen. Einige Teile fehlen zu seiner Ergänzung. Wir könnten das Ge heimnis enträtseln, das Pthor umgibt, und damit die wichtigsten Fragen beantworten, die alle Pthorer beschäftigen.« Sconnos wandte sich ihm zu. Er konnte sich der Ausstrahlung der Per sönlichkeit des Arkoniden nicht entziehen. Die roten Augen schlugen ihn in seinen Bann. Noch immer spürte er die Impulswel len, die von dem König von Pthor ausgin gen, aber sie quälten ihn nicht mehr so. Atlan legte seine Hand auf die Brust, als wolle er den Magier daran hindern, bis in sein Innerstes zu sehen. Er ahnte, daß es die Impulse des Zellaktivators waren, die den Magier überwältigt hatten. »Die Schwerter müssen etwas zu bedeu ten haben«, sagte Sconnos nachdenklich. »Ich spüre es. Sie sind wichtig.« »Man hat mir gesagt, daß du ein Magier bist«, entgegnete der Arkonide, der nicht daran zu denken schien, daß der Kampf noch nicht zu Ende war. »Welche Fähigkei ten hast du?« »Ich kann die Dinge verwandeln«, ant wortete Sconnos. »Ich kann sie in einen ur
H. G. Francis sprünglichen Zustand zurückversetzen.« Atlan war erfahren genug, um zu wissen, daß er die augenblickliche Verwirrung des Magiers und seiner Freunde nutzen mußte. »Ich habe noch nie Schwerter mit schwar zen Klingen gesehen«, sagte er. »Aus wel chem Stahl sollten sie gefertigt sein? Viel leicht sind sie ganz anders entstanden, als wir uns vorstellen? Vielleicht durch Magie? Vielleicht warten sie darauf, in ihren ur sprünglichen Zustand zurückversetzt zu wer den?« Er glaubte selbst nicht an das, was er ge sagt hatte, wußte aber, daß er Sconnos zu Überlegungen zwang, mit denen er selbst Zeit gewinnen konnte. Er hatte nicht damit gerechnet, daß sich der Magier wirklich konzentrieren würde. Sconnos aber tat es. Er dachte an die Schwerter mit den schwarzen Klingen und brachte sie in Verbindung mit dem Parra xynt. Er hielt eines der Schwerter in den Händen, und er spürte, wie die aus dem Kos mos kommenden Kräfte durch ihn in die Klinge flossen. Erschrocken schrie er auf und fuhr zu rück. Das Schwert – oder besser, was daraus geworden war – entfiel seinen Händen. Aber nicht nur er verlor seine Waffe. Sei ne Begleiter ebenfalls. Und das Schwert, mit dem Aponax gekämpft hatte, und das neben dem Parraxynt auf dem Boden lag, verwan delte sich ebenfalls in ein Bruchstück des Parraxynts. Vor der Tür entstand Lärm, und dann stürzte Heimdall herein. Er schien Sconnos und dessen Mitstreiter nicht zu sehen. »Atlan«, schrie er. »Komm nach draußen. Schnell. Pthor hat sein Ziel erreicht.« Staff hielt den Arkoniden nicht zurück, als dieser aus dem Saal lief. Er schloß sich ihm vielmehr an, denn er wußte, daß der Kampf um die FESTUNG endgültig verlo ren war. Der bisherige König von Pthor hat te gewonnen. Jetzt wollte er wissen, was es Aufregendes zu sehen gab. Auch Quarras und die anderen Mitstreiter
Das Parraxynt
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von Sconnos rannten hinter Heimdall und Atlan her. Nur Sconnos blieb bei dem Parraxynt zu rück. Niemand achtete auf ihn. Wenn es je mand getan hätte, dann hätte er etwas Eigen artiges beobachten können. Sconnos veränderte sich. Sein Körper wurde transparent.
* Atlan drängte sich durch die Menge, die sich vor der FESTUNG versammelt hatte, um zu verfolgen, was über Pthor geschah. »Die Sterne«, rief Heimdall. »Man kann die Sterne sehen.« Atlan stockte der Atem, als er erkannte, was sich ereignet hatte. In der aus den ehemaligen schwarzen Kernen unzähliger Sonnen gebildeten Hülle, die die Weltenfragmente umschloß, hatte sich eine Lücke gebildet. Das Licht ferner Sterne leuchtete hindurch. »Die Sterne bewegen sich nicht«, bemerk te der Arkonide. »Der Dunkle Oheim hat sein Ziel also erreicht. Wir befinden uns in der Milchstraße.« Der Unsterbliche wußte jedoch nicht zu sagen, in welchen Sektor der Milchstraße sie eingedrungen waren. Das ließ sich vorläufig noch nicht einmal erraten. Nun bleiben nur noch Tage, vielleicht auch nur Stunden, stellte der Logiksektor fest. Dann fällt die endgültige Entscheidung. Das schien auch den anderen, die sich vor der FESTUNG versammelt hatten, klar zu sein. »Nun, Orxeyaner«, sagte Heimdall sarka stisch neben ihm zu Staff. »Wie steht es mit euren Plänen?« »Sei still, Odinssohn. Erkläre mir lieber, was das alles zu bedeuten hat.« »Das wirst du schon noch früh genug er fahren«, erwiderte Heimdall. Er blickte den Arkoniden an, und sie ver standen sich. Die Schicksalsstunde war gekommen.
* Sconnos fühlte, wie er sich veränderte, aber er versuchte nicht, den Umwandlungs prozeß aufzuhalten, und er bedauerte auch nicht, was geschah. Er wußte, daß er an einem wichtigen Ziel angelangt war. Vielleicht war er das Werkzeug eines an deren gewesen. Alles deutete darauf hin, daß es so war. Auf keinen Fall aber war er das Werkzeug des Dunklen Oheims oder einer anderen ne gativen Macht gewesen. Im Gegenteil. Er hatte entscheidend dazu beigetragen, daß das Parraxynt ergänzt werden konnte. Nun fehlten nur noch so winzige Bruch stücke, daß keine entscheidenden Lücken mehr vorhanden waren. Er fühlte sich seltsam leicht, so als ob alle Schwerkraft von ihm gewichen wäre. Der Raum um ihn herum verschwamm vor seinen Augen. Er schien sich aufzulösen und zu verfliegen. Sconnos sah den Wölbmantel von Pthor über sich und darüber eine Lücke, aus der die Sterne herableuchteten. Die fernen Lichter zogen ihn mit magi scher Gewalt an. Er wollte die Arme ausbreiten und hatte auch das Gefühl, daß er es tat, doch als er seine Blicke zur Seite richtete, entdeckte er, daß er keine Hände und keine Arme mehr hatte. Er besaß überhaupt keinen Körper mehr. Leicht und mühelos durchdrang er den Wölbmantel und stieg mit rascher Beschleu nigung, die allein von seinem Willen abhing, zu der Lücke über dem Dimensionsfahrstuhl empor. Er raste durch sie hindurch in die Weite des Universums hinaus, das voller lebendi ger Impulse und Wärme war. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte ihn. Er dachte an Alpex, seinen Gönner, und
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dessen letzte Worte: Wenn du in den Glaspalast gehst, wirst du sieben schwarze Schwerter finden, und wenn es dir gelingt, sie an dich zu nehmen, wirst du vor dem ganz großen Glück stehen. Jetzt wußte er, was Alpex mit dem ganz großen Glück gemeint hatte. Er genoß es in diesen Sekunden. Er war zu einem kosmischen Wesen ge worden, für das weder Zeit noch Raum eine Bedeutung hatte.
Mit stetig wachsender Geschwindigkeit flog er in die Unendlichkeit hinaus. Sconnos weitete seine Sinne. Er spürte, daß irgendwo zwischen den vielen Lebenspunkten der Sterne jemand auf ihn wartete. Angy. Er wußte, daß er sie finden würde.
ENDE
Weiter geht es in Atlan Band 499 von König von Atlantis mit: Der Geist des Mächtigen von Marianne Sydow