FsöTh 103
Henning Theißen
Die evangelische Eschatologie und das Judentum Strukturprobleme der Konzeptionen seit Schlei...
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FsöTh 103
Henning Theißen
Die evangelische Eschatologie und das Judentum Strukturprobleme der Konzeptionen seit Schleiermacher
Vandenhoeck & RuprechV'
Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie Herausgegeben von Reinhard Slenczka und Gunther Wenz
Band 103
Vandenhoeck & Ruprecht
00040222
Henning Theißen
Die evangelische Eschatologie und das Judentum Strukturproblem der Konzeptionen seit Schleiermacher
Vandenhoeck & Ruprecht
000402U
Gewidmet dem Andenken an Monsignore Dr. Jose! Schütt (/9/6-/999)
Bibliografische Information Ikr Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ilber abrufbar. ISBN J-525·S62S6·X
(12004. Vandenhocck & Ruprecht in Göuingen. Internet: www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seiner Teile sind urhelx:rrechtlich gcschiltzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fil1en bedarf der vorherigen schrifHichen Einwilligung des Verlages. Hinweise zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dilrfen ohne vorherige schriniche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemaCht werden. Dies gilt auch bei einer entspreehenden Nutzung ffir Lehr- und Unterrichiszwecke. Printed in Germany. Druck- und Bindearbeiten: Iiubert &. Co., Göuingen Gedruckt auf aherungsbestlindigem Papier
elyeriteN
Staat,~bnolhek
MOnehen
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Inhalt
Vorwort
9
Erster Teil I. Exposition der Fragestellung
11
1. Christliche Eschatologumena aus jüdischer Tradilionsgeschichte
13
2. Schemata christlicher Wahrnehmung des Judentums
21
3. Anfragen des Judentums an die christliche Eschatologie
24
Zweiter Teil 11. Friedrich Schleiermachers eschatologisches Dilemma I. Analyse
42 43
I. I. Aufweis eines eschatologischen Dilemmas in zwei Gestalten
43
1.2. Implikationen für die Wahrnehmung des Judentums
57
2. Erhebung von Wahrnehmungsschemata 2.1. Weissagung und Ende der Weissagung? ? Partl'k u I antat '.. un dU' .. ? 2 ._. nlversaI'Itat
3. Problemgeschichllicher Ertrag 111. Die chiliastische Eschalologie der HeilsgeschichIlichen Theologie I. Analyse
62 62 . 63
68 79 80
1.1. Person und Natur als eschatologische Grundbegriffe
80
1.2. Implikalionen für die Wahrnehmung des Judentums
118
2. Erhebung von Wahrnehmungsschemala
124
2.1. Natur und Person?
124
2.2. Wahrsagung und Weissagung?
126
3. Problemgeschichtlicher Ertrag
130
6
Inhalt
1V. Martin Kählers messianisch-solerologische EschalOlogie I. Analyse
136 137
t .1. Das Konzept einer soterologischen Eschatologie
137
1.2. Implikationen für die Wahrnehmung des Judentums
159
2. Erhebung von Wahrnehmungsschemata
3. Problemgeschich.licher Ertrag V. Die antiapokalyptische Eschatologie von Paul Althaus I. Analyse
,. 178 183 193 194
1.1. Eschatologie der Ewigkeit als Jenseits der Geschichte
194
1.2. Implikationen für die Wahrnehmung des Judentums
208
2. Erhebung von Wahmehmungsschernata
240
2.1. Paradoxie von Geschichte und Eschatologie?
241
2.2. Hoffnung und Glaube?
247
3. Problemgeschichllicher Ertrag
256
Driller Teil Vl. Ergebnisse und Enrag rur Systematik und Ökumene
260
I. Ergebnisse für die Theologiegeschichte
260
2. Ergebnisse rur die Wahmehmungsschemara
262
3. Ertrag für die Eschatologie im Verhähnis zum Judentum
263
3.1. Zei. und Ewigkei •........................................................................ 268 3.2. Die Hoffnung auf die Parusie Christi
273
3.3. Die biblische Melaphorik der Eschatologie
282
3.4. Goues Handeln und menschliche Hoffnung
288
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Inhalt
7
Ex.kurse Exkurs I: Zur Eschatologiedebane des Rechtshegelianismus
64
Exkurs 2: Die hypothetische Eschatologie der Venninlungstheologie
69
Exkurs 3: Kontexte der Axiomatik von Person und Nalur.
98
Exkurs 4: Der infinite Progreßgedanke in der liberalen Eschatologie
144
Exkurs 5: Zur problemgeschichtlichen Bedeutung der "Soterologie"
153
Exkurs 6: Theologiegeschichtliche Kontexte von Kählers Eschatologie. 189 Exkurs 7: earl Stanges unmittelbar theo-Iogische Eschatologie
199
Exkurs 8: Eschatologie bei Althaus und der Dialektischen Theologie
214
Exkurs 9: Zum Apokalyplikbegriff der Religionsgeschichtlichen Schule 234
Anhang Bibliographie
296
I. Quellen
296
2. Sekundärliteratur
304
Register
319
I. Namen
319
2. Sachen und Begriffe
326
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Vorwort
Dieses Buch verknüpft schon in seinem Titel zwei thematische Stichwol1e, die auch einzeln beanspruchen könnten, einen eigenen und gewichtigen Gegenstand evangelischer Theologie danustellen: Eschatologie und Judentum. Indem diese Untersuchung ftlr eine Verbindung von eschatologischer Problemgeschichte und israeltheologischer Fragestellung eintri«, betritt sie mehr oder minder Neuland. Was sie leisten möchte, ist ein Beitrag zu einer systematischen Eschatologie, die sich ihre Aufgaben vom Interesse an einer theologischen Würdigung des Judentums slellen läßt. Diese wiederum kann nicht unabhängig von der Problemgeschichte der Eschalologie geschehen. Der Gedankenkreis, der mir den heiden Titelstichworten abgesteckt ist. markiert also einen hermeneutischen Zirkel. Einen Erweis für die Berechtigung dieses Verfahrens und dieses Ansatzes kann nur seine Ausführung selbsl erbringen. Wenn das letzte Kapitel meiner Arbeit dennoch nur eine Skizze evangelischer EschalOlogie und keine Ausftlhrung davon präsentiert, so bedeulet das einerseits eine schmerzliche Beschränkung, andererseits aber auch, wie ich hoffe, eine Konzenrralion. insofern gerade in der Stellung zu den sog. Letzlen Dingen Charakter und Profillheologischen Denkens sich bewähren müssen. Das hohe Gewicht eschatologischen Denkens für alle Theologie hat mir besonders Prof. Dr. Gerhard Sauter nahegebracht, der mir auch den Gegenstand dieser Untersuchung als Promolionsthema vorgeschlagen und das Erstgulachten verfaßt hat. Das Zweitgutachten schrieb Prof. Dr. Günter Bader. Die Untersuchung wurde daraufhin unter dem Titel "Konzeptionen evangelischer Eschatologie seil Schleiermacher unter besonderer BerücksiChtigung ihrer Wahrnehmung des Judentums" im Sommer 2002 von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität zu Bonn als Dissertation angenommen. 8eiden Gutachtern spreche ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aus. Prof. Sauter danke ich außerdem für vielerlei Förderung meiner Arbeit. besonders durch die inhaltliche Anbindung an den Sonderforschungsbereich 534 ,.Judentum Christentum. Konstituierung und Differenzierung in Antike und Gegenwart" an der Bonner Universität (1999-2003). Von dessen Gästen nenne ich dankbar Prof. Dr. Peter Ochs und von den Mitarbeitern Dr. Michael Konkel und Dr. Alexandra Pontzen stellvertretend ftlr die Teilnehmer an der Tagung ..Typisch jüdisch?" im Mai 2001 auf Burg Rothenfels. Die Studien-
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Vorwort
stiftung des deutschen Volkes hat meine Arbeit von November 2000 bis Juli 2002 mit einern Promotionsstipendium gefördert und mir so erst die Ausar· beitung in der jetzigen Form ermöglicht. In diesem Zusammenhang danke ich neben Prof. Sauter Dr. Roland Hain sowie Prof. Dr. Wolfram Kinzig und Prof. Dr. Johannes von Lüpke für wertvolle und unkomplizierte Unterstützung. Dankbar erwähne ich auch die Stipendiatengruppe von Prof. De. Wolfram Steinbeck, die meine Überlegungen in einern sehr frühen Stadium mit Wohlwollen und sachlicher Kritik entgegengenommen hat. Die systematisch-theologische Sozietät meines Doktorvaters, die interdisziplinäre Doktoranden- und Habilitandensozietät der Bonner evangelisch-theolo· gisehen Fakultät, das Graduiertenkolleg des Theologischen Arbeitskreises Pfullingen und die systematisch-theologische Sozietät an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal haben mir an verschiedenen SchlüsselsteIlen meiner Arbeit Gelegenheit zu Referat und kritischer Diskussion geboten. Dafür sei allen Beteiligten herzlich gedankt. Unter den vielen Menschen, die das Entstehen dieses Buches ebenso ideell wie tatkräftig begleitet haben, möchte ich besonders meinen Vikarskollegen Dirk Dörpholz nennen, der in einem Akt praktischer Eschatologie mein Manuskript davor bewahrt hat, im elektronischen Orkus zu versinken. Für die Drucklegung habe ich das Manuskript durchgehend überarbeitet und dabei um ein Sechstel seines ursprünglichen Umfangs gekürzt. Für mancherlei Rat hierbei danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. Herzlich danke ich auch der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Buber-Rosenzweig-Stiftung, der Evangelischen Kirche der Union (jetzt Union Evangelischer Kirchen) und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, die allesamt das Erscheinen dieses Buches mit namhaften Druckkostenzuschüssen gefördert haben. Prof. Dr. Reinhard Slenczka und Prof. Dr. Gunther Wenz als Herausgebern danke ich für die Aufnahme in die "Forschungen zur systemati. sehen und ökumenischen Theologie". Erste Denkerfahrungen mit der systematischen Bedeutung der Eschatologie verdanke ich dem ökumenischen Austausch mit dem erfahrenen Theologen und Religionspädagogen sowie langjährigen Ökumenebeauftragten des Bistums Aachen, Monsignore Dr. Josef Schütt. Er war mir ein unvergeßlicher Lehrer im theologischen und philosophischen Gespräch geworden, ehe er vor meiner Inangriffnahme dieses Buches am 29. Mär.l 1999 starb. Das Buch ist darum zum Zeichen meines Dankes seinem Andenken gewidmet. Bonn, den 28. Juni 2003
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I. Exposition der Fragestellung
In der protestantischen Theologie der vergangenen Jahrzehnte hat sich mehr und mehr die Einsicht Geltung verschafft, daß die Vernichtung des europäischen Judentums in der Shoa nicht nur die weitere Existenz von Juden und Judentum fraglich gemacht hat. sondern auch eine Infragestellung der christlichen Theologie bedeutet Diese sieht sich seither zu einer kritischen Revision ihrer eigenen Theorietradition genötigt. I Die vorliegende Untersuchung will einen Beitrag zu einer solchen Revision leisten, und zwar auf dem Gebiet der Eschatologie. Diese hat in den letzten Jahren verstärkt Interesse gefunden als ein Judentum und Christentum gemeinsamer Inhalt von Theologie. Ein markantes Beispiel dafür ist, daß die Evangelische Kirche im Rheinland, um ihren Grundsatzbeschluß von 1980 zur Umkehr und Erneuerung im Verhältnis zum Judentum mit Leben zu erfüllen, 1996 den Grundartikel ihrer Kirchenordnung um einen Satz zur mit Israel gemeinsamen Zukunftshoffnung ergänzte. 2 In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden. wie evangelische Eschatologie das Judentum wahrnimmt, welche Begründungsmuster dabei Anwendung finden und welche Zusammenhänge mit der argumentativen Struktur christlicher Theologie bestehen. Das Ziel ist, Fragestellungen zu ermitteln und zu erörtern. die für eine künftige evangelische Eschatologie mit Blick auf das Judentum wichtig sind. Dazu bietet der einleitende erste Teil der Untersuchung in Aufnahme der bisherigen Forschung einen Aufriß. der durch die weitere Untersuchung präzisiert wird. Im Anschluß daran werden im zweiten Teil (Kap. li-V) vier paradigmatische Komplexe evangelischer Konzeptionen zur Eschatologie in ihrer systcmatischen Argumentation analysiert und auf deren inhärente Strukturprobleme für die Wahrnchmung des Judentums hin befragt. Der drille Teil resümiert die dabei ermiuelten Fragestellungen und entfaltet sie systematisch (Kap. Vl). 1 Vgl. den Sammelband AuschK'it: (1980) und Äußerungen wie: Eliezer BERKQVrrs. Failh af· ter lhe HolocauSl. New Yor\: 1973. 18: ..From lhe poinl of view of lhe spinl. lhe hoIocauSl has been a ChriSlian C8laSlrophc much l'l'"IOR: than a Jewish one" oder Elie WIESEL Die Masscnvernichlung als Iitc:nuische Inspiralion. in: Gon nxh Auschwitt. Dimensionen des Massenmords am jüdischen Volk.. hg.v. Eugen Kogon. FreiburgIBascl/Wien 1979. 21-SO. 44f.: _Wenn die Opfer mein Probkm sind - die Mörclrr sind es n;chl! Die Mörder sind das Probkm anderer (... 1. so werden andere vefSlehen müssen (... 1. warum die Mörder OtriSlen - sicher schlechle Chrislen. aber doch O1rislen _ waren. 2 Zur Doturnentation: Umtrhr(1980): GO(f('s Trru(' (1998). M
12
Ersler Teil
Quellen einer solchen Revision der evangelischen Eschatologie sind vor allem deren Darstellungen) von 1830 bis etwa 1960. Diese zeitliche Abgrenzung ergibt sich wie folgt: Einerseits steht zwar am Beginn christlicher Theologie als derjenige Punkt, wo sich im Rahmen des anlikjüdischen Diskurses erstmals eine eigene und bald als christlich bezeichnete Reflexions· gestalt auszudifferenzieren beginnt, das Nachdenken über die Zukunftserwanung. so daß das frühe Christentum geradezu als ein Judentum mit modifizierter Eschatologie erscheinen kann. Doch andererseits hat im Protestantismus gerade die Eschatologie erst spät ihre lehnnäßige Ausgestaltung gefunden; so beschränkt sich 1530 die Confessio Augustana auf wenige Sätze, die dann freilich zugleich eine Abgrenzung gegen jüdische Zukunftserwartung beinhalten (CA 17); und erst im 19. Jh. setzt sich in der Dogmatik. der seit 1644 belegte Begriff der Eschatologie für die themati4 sche Bearbeitung der Zukunftshoffnung durch. Die vorliegende Untersuchung setzt daher mit F. Schleiermachers Äußerungen zur Eschatologie ein. Sie verfolgt dann den Gesprächszusammenhang protestantischer Eschatologie bis etwa 1960. Dieses Datum markiert einen Einschnitt, da die spätere Debatte etwa ab J. Moltrnanns epochemachender "Theologie der Hoffnung" im Zuge einer in der ganzen Gesellschaft verstärkten Auseinan· dersetzung mit der Shoa bereits selbst die Revision christlicher Verhältnisbestimmung zum Judentum zum Thema macht und somit andere Voraussetzungen bietet als der frühere Diskurs. Dieser Einschnitt macht sich bemerkbar, denn schon eine erste Durchsicht der Quellen aus dem soeben eingegrenzten Zeitraum zeigt, daß die evangelische Eschatologie vor 1960 nur höchst selten auf jüdische Darstellungen theologischer Reflexion von Zukunflserwartung Bezug nimmt. Dies ist um so überraschender, als der Aufschwung der evangelischen Eschatologie. der inmitten unseres Quellenzeitraums liegt, sich gerade der Entschiedenheit verdankt, mit der die sog. Konsequente Eschatologie bei J. Weiß, A. Schweitzer U.3. das frühe Christentum in den zeitgeschichtlichen Rahmen des inlenestamentarischen Judentums steJle s ] Neben den Gesanlldars!ellungen in Monographien werden auch Lexika und Dogmatiken sowje einschlägige Monographjen und Aufsitze: zu Einzelfragen der Eschatologje Ilerangezogen. nichl jedoch solche Werl:e. aus denen sich dk Eschatologie nur implizil erheben lißI. wie dies für wichtige AUllmn der Zeil um den 2. Wehkrieg gih. V.L K. Banh (in seiner •.Kirchlichen Dogmalikj und D. Bonhodfer. 4 Zur Begriffs< und 1beoriegesc:hichte von Eschatologie vgl. übertMicbartig SAUT'ER (1999) 156lff. .5 Vgl. HOlM~OM (1936) 7If.; 93f.; HJElDE (1987) 23J.:l45f. zur Bedc:UIUllg von Weiß und Schweitzcr.
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I. Exposition der Fragestellung
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Obwohl also die Wende zur Eschatologie in der evangelischen Theologie des 20. Jh. mit einer forschungsgeschichtlichen Hinwendung zum Judentum einhergeht, bleibt doch die jüdische Eschatologie wie bis dato außerhalb ihres Gesichtskreises. Das ist ein methodisches Problem. vor dem die beabsichtigte Revision evangelischer Eschatologie und ihrer Wahrnehmung des Judentums steht Wenn also die QueUen der vorliegenden Untersuchung eine unmittelbare Auseinandersetzung mit jüdischen Stimmen zur Eschatologie nicht fUhren. so besteht die erste Aufgabe darin, alternatil'e Ansatzpunkte aufzuspüren. an denen erkennbar wird. wie die evangelische Eschatologie der Modeme ihr Verhältnis zum Judentum und zu jüdischer Zukunftserwartung bestimmt. Das vorliegende erste Kapitel dieser Arbeit sammelt dafür dreierlei Aspekte, nämlich Themen christlicher Eschatologie. die aus jüdischer Traditionsgeschichte stammen (Kap. I.I), begriffliche Schemala von Wahrnehmung des Judentums (Kap. 1.2) und Anfragen jüdischer Auloren an diese heiden (Kap. 1.3). Auf diese Aspekte wird die gesamte Untersuchung in ihrem weiteren Verlauf bei der problemgeschichtli. ehen Ausarbeitung und Entwicklung von Fragestellungen, die für eine evangelische Eschatologie im Blick auf das Judentum wiChtig sind, besonders achlen müssen.
1. Christliche Eschatologumena
aus jüdischer Traditionsgeschichte I. Inhaltliche EillZeltopoi \'on Eschatologie. Ein beachtlicher Teil der Topoi christlicher Zukunftserwartung. die in den eschalologischen Partien der altkirchlichen Symboltexle und in der theologischen Lchrtradition enthalten sind, wuchs dem Chrislentum aus jüdischer Tradilionsgeschichte zu. Dies iSI z.B. für die Auferstehung der Toten am Neuen Testament abzulesen (Mt 22.23-33). Zugleich zeigt dieser Topos, was auch für spätere Zeiten zu beachlen ist, daß nämlich die jüdische Traditionsgeschichte keinen monolithischen Block darstellt; Apg 23.8 häh, historisch zutreffend, fest, daß die Pharisäer mit einer Auferstehung rechneten, die Sadduzäer diese Erwartung aber ablehnten, da sie im Judentum deutlich jünger iSI als die entscheidende jüdische Tradilionsbildnerin, die Tora. Daran lassen sich als ein weilerer. auch für spätere Traditionszusammenhänge wichtiger Gesichtspunkt die Enlwicklung und das Gewordensein auch jüdischer Eschatologie erkennen. Die religionsgeschichtliehe Forschung hat die Herkunft der Auferstehungshoffnung in der iranischen Religion des Zoroastrismus ausfindig gemacht,
14
Erster Teil
und donher stammt auch die Erwartung eines Jüngsten Gerichts, die ebenfalls über das Judentum Eingang ins Christentum fand. 6 Ein weiteres Element christlicher Eschatologie, das aus dem Judentum stammt, ist die zumindest in Teilen des christlichen Traditionskreises verbreitete Erwanung eines Antichrist, der als endzeitlicher Gegenspieler lesu Christi Gottes eschatologisches Heilswerk zu verhindern trachtet und damil zugleich zum Anzeichen dieses Heilswerks wird. Im Judentum galt eine derartige Gestalt freilich nicht als Widersacher lesu Christi. sondern des erwaneten Messias. Aber genau darin scheint ein Merkmal der Modifikationen zu bestehen, die das Christentum als •.Judentum mit modifizierter Eschatologie" an seinen traditionsgeschichtlichen Wurzeln vornimmt: Verheißungsgehalte, die dem Gonesvolk Israel gelten, werden in einer traditionsgeschichtlich ihrerseits komplex.en, Abgrenzung und Identifikation miteinander verbindenden Weise auf das Christentum bezogen, das sich dann als Gonesvolk, Volk des Bundes usw. begreift. In diesem Sinne gehören auch Topoi wie das Volk bzw. dessen "Rest" oder der Bund zu den jüdisch verwurzelten Eschatologumena. Als im engeren Sinne eschatologisch wäre die Erwartung zu nennen. daß das Christentum im Zuge einer endzeillichen Mission universelle Geltung erlangen wird; die emsprechende jüdische Er· wartung, die sich auf das Judentum richtet, scheint aber weniger missionarische Züge zu tragen. In bestimmten Fällen kann der jüdische Traditionshintergrund auch zur Negativfolie stilisien werden, wenn z.B., wie in Tei· len des amerikanischen Dispensationalismus, aus der jüdischen Erwartung 7 eines Antichrist die Erwanung eines jüdischen Antichrisl wird. 2. Charaktere von Eschatologie. Über solche Einzeltopoi hinaus hat das Christentum auch Traditionselemente vom Judentum übernommen, die größere Ideenzusammenhänge darstellen. Die bedeutendsten Beispiele hierfür sind Chiliasmus, Apokalyptik und Messianismus. Auch sie enthalten einzelne Topoi der Zukunftserwartung; so kennzeichnet den Chiliasmus, daß er mit einer tOOO·jährigen Herrschaft der Gläubigen auf Erden rechnet. 6 In unserem Quellenzeilr3um sind die Arbeiten der Religionsgeschichtlichen Schule grundle. gend. L8. 8ÖKLEN (1902); aber auch OESTBtLEY (1908). Für die Frage nllCh dem Zusammenhang mit dem Islam ist HIRSCHBERG (1939) zu nennen. Für den religionsgeschichtlichen (babyloni. schen) Hintergrund des Alten Testaments au8crhalb der Eschatologie ist der Slreit um •.Bibel und Babel" wichtig. in den auch jüdische Gdehr1e eingriffen. 7 Der Dispensationalismus rechnei mit einer geschichtlich fixicrbaren Ver1eilung (dispensali· on) heilsgeschkhllkher Epochen. so daß der heulige Slaat Isntl als Vonetchen des Endes er· scheinen kann: vgl. ARJEl. (1992) 435ff. - Gow (1995) entfalle'l für die Zeil von 1200 bis 1600 ein anderes Beispiel: Aus der jüdischen Hoffnung auf eine eschalologische Wiederkehr der (seil 722 v. ehr.) verlorenen zehn Stimme wird im Christentum das Schreckbild der dem AnlkhriM anhängenden JOIen Juden~.
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I. Exposilion der Fl""dgeslellung
15
auch wenn im Detail fraglich ist, ob diese Zahl buchstäblich zu verstehen und wie sie kalendarisch auf die erwartete Ankunft des Messias zu beziehen ist (Unterscheidung zwischen Prä- und Postmillenniarismus). Doch im Unterschied zu Topoi wie dem eschatologischen Gericht oder der Auferstehung der Toten sind "Chiliasmus", "Apokalyptik" und "Messianismus" Abstraktbegriffe, die auf der Grundlage einzelner Topoi allererst gebildet werden müssen, während z.B. die Begriffe "Gericht" und "Auferstehung" bereits in den antiken Quellen vorkommen. Man könnte sagen, daß Chiliasmus, Apokalyptik und Messianismus weniger Inhalte als vielmehr den Charakter von Eschatologie bezeichnen. In welchem Maße solche Charaktere nun zeigen, wie christliche Eschatologie das Judentum sieht, sei an einigen Beispielen aus der Eschatologiegeschichte des Untersuchungszeitraums erläutert: a) Thema Chiliasmus. Das klassische Beispiel ist die Behandlung des Chiliasmus in der evangelischen Eschatologie. Er wird bereits am Beginn protestantischer Lehrbildung 1530 in der Confessio Augustana verworfen: "Sie verdammen auch andere, die jetzt die jüdischen Anschauungen verbreiten, daß vor der Auferstehung der Toten die Frommen die Herrschaft der Welt innehaben werden und überall die Gottlosen unterdrückt sein werden."s Diese Fonnulierung richtet sich zwar zuerst gegen die zeitgleichen und wenig später im westfalischen Münster verwirklichten Bestrebungen des Täufertums, ein eigenes Staatswesen zu gründen - also gegen eine christliche, keine jüdische Sondenneinung. 9 Doch bemüht sich z.B. der in unserem Untersuchungszeitraum maßgebliche Auguslana-Kommentar des Erlanger KirchenhislOrikers G. Plitt, Verbindungen der "Schwänner", wie die Refonnation das Täufertum rubrizierte, zu zeitgenössischen Juden nachzuweisen. Als gemeinsames Element wird dabei gehend gemacht, daß Schwännerffäufer und Juden die Wirksamkeit des Geistes Gottes ohne exlerne Vennittlung manifestiert sahen in der geschichtlich vorfindlichen Wellwirklichkeit. Noch P. Althaus übernimmt in seinem verbreiteten Lehrbuch der Eschatologie diese Wahmehmung. 1O Der Chiliasmus erscheint ll dann als die Erwartung eines verlängerten oder übersteigerten Diesseits. 8 CA 17 (Bek~nnlnissf! {199711,46). 9 FIUEDIUCH (1999) 233 zeigl analoge Mechanismen impliziler Kritik an westeuropäischen Chiliaslen um 1650. 10 Vgl. Guslav PurT, Einleilung in die Augustana 11, Leipzig 1868.421 mil ALTHAUS (1949) 30 I Anm. 1. Die Quelle dürflen entsprechende Geständnisse eines 1530 hingerichleIen Täufers sein. auf die R. MAU verweisl (Bd~nnlnisse [1997)1,46 Anm. 55). 11 Dieser Eindruck mag allenfalls ftlr einen binnenkirchlichen Chiliasmus gellen. wie er im 19. Jh. in der Nachfolge J.A. Bengels in SüddeulSChland verbreileI war. v.a. in Wünlemberg, wo der
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16
Ersler Teil
Freilich behandelt Althaus den Chiliasmus zugleich auch als Zwischenreich, d.h. als die soziale Entsprechung zu dem, was auf der Ebene des Individuums der Zwischenzustand vom Tode bis zur Auferstehung ist. Als ein solches Zwischenreich, als logisches Bindeglied zwischen der individuellen Dimension der Eschatologie, die mit dem Tod des Einzelnen "schon" zum Austrag kommt, und der damit "noch nicht" eingetroffenen universellen Vollendung, hat im 19. Jh. besonders F.H.R. v. Frank den Chiliasmus thematisiert. Darin ist er lediglich der wirkungsvollste Exponent einer unter den Erlanger Theologen seiner Zeit ohnehin virulenten Beschäftigung mit dem Chiliasmus, die aus einem ausgeprägten Interesse am Judentum erwuchs. Zu nennen sind hier vor allem J.C.K. v. Hofmann und sein Schüler C.E. Luthardt 12 Wird dieser Chiliasmus wie bei Althaus als Übergangsreich verstanden, so liegt sein Charakteristikum weniger in der diesseitigen Gestalt der Zukunftserwanung als darin, daß er die erwartete Zukunft zeitlich vorwegnimmt. Auch hiermit kann eine bestimmte Sicht auf das Judentum verbunden sein: Daß der Chiliasmus das Ende vorwegnehme und so Widersprüche und Doppelungen produziere, richtet sich bei T. Kliefoth, der 1886 mit einem umfangreichen Werk zur Eschatologie hervortritt, gegen chiliastische "Israelolatrie". tJ b) Thema Apokalyptik. Von hier aus spannt sich ein Bogen zu einem weiteren exemplarischen Thema von eschatologischer Wahrnehmung des Judentums, der Apokalyptik. In den Augen der um die Mitte des 19. Jh. aufblühenden vergleichenden Religionsgeschichte ist der Chiliasmus als Erwartungsgestalt des Übergangs besonders kennzeichnend für die jüdische Apokalyptik, denn sie erscheint hier im ganzen als ein Übergangsphänomen zwischen dem von der Prophetie geprägten Israel der staatlichen Zeit und der Eschatologie, die das frühe Christentum beherrschte. So interpretiert A. Hilgenfeld bereits 1857 die Apokalyptik als Übergang und Vorstufe des Christentums. 14 Die gestufte Abfolge von vorexilischem Israel - (nach-) exilischem Judentum - Christentum ist dabei für die hislOrische. besonders exegetische und religionsgeschichtliche Forschung zur Eschatologie in unChiliasmus unter dem Einfluß P.J. $peners seit 1694 als Adiaphoron kirchenrechtlich geduldet war (vgl. JUNG [19921 53). Dagegen läßt diese: Wahrnehmung außer Betracht. daß der Chiliasmus zumeist unter bedrängenden äußeren Umständen entstand. deren Verlängerung gerade nicht erhofrt werden konnte. 12 Bei V. FRANK (1878/80) 11,452 fallt das Millennium (§ 47.7) unter das ... vorläufige Ziel ..•. in dem das .Ziel des Werdens" (Überschrift a.a.O. 11,418) bereits ,.festen Bestand des Seins" (a.a.O. 11,463) gewonnen hat: zu v. Hofmann und Luthardt s. Kap. IIJ (S. 79ff.). 13 KUERYrH (1886) 346. 14 HILGENFELD(1857) 16.
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1. Exposition der Fragestellung
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serern Untersuchungszeitraum ein zwar variables, aber unverziehtbares Grundgerüst. Allein während der Alttestamentler J. Wellhausen das Gedankengut des frühen Christentums unter Auslassung des (intertestamentarischen) Judentums direkt an das sittlich-religiöse Ideal der Propheten im Israel der staatlichen Zeit anschließen sieht,IS nimmt eine Generation später der wichtigste Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule. W. Bousset, eine Affinität des frühen Christentums zur Apokalyptik des intenestamentarischen Judentums an. Ein herausragendes und seinerzeit weithin konsenshaftes Ergebnis dieser religionsgeschichtlichen Forschung lautet, daß Alles Testament und Judentum eine Zukunftserwartung lange Zeit nur für das Volk kennen, während erst das Christentum durchweg die Hoffnung auf die Auferstehung des Ein16 zelnen hege. Daraus erklärt sich, daß bei dreien der namhaftesten Eschalologen des 20. Jh., z.T. unter ausdrücklicher Berufung auf die Religionsgeschichlliche Schule. der Terminus ,jüdische Apokalyptik" beinahe technisch für eine auf das Volk beschränkte, partikulare und daher nicht zu ihrem eigentlichen Sinn als Ende der Zeit vorstoßende Eschatologie stehen kann. Dem wird die christliche Erwartung als universell gegenübergestellt. Die Gegenüberstellung von Volk und Universum geht so in diejenige von Diesseits und Jenseits über. Der Terminus .,(spät-) jüdische Apokalyptik" steht dann bei diesen Autoren für eine Fehlfonn von Eschatologie, weil sie als das Letzte das bloß Gegenständliche, das Konkrete und Anschauliche ansieht und so Diesseits und Jenseits, Geschichte und Ewigkeit miteinander vennischt. 17 Die drei Autoren äußern sich hier übereinstimmend: P. Althaus etwa hält bündig fest: Die Eschalologie hat es I... ) nicht mit der Endgeschichte oder mit dem Geschichtsende. sondern mit dem Jenseits der Geschichte zu tun. Sie isl keine Apokalyptik. l '
Und C. Stange schreibt: Man kann in der Apokalyptik nicht unterscheiden. ob es sich noch um geschichlliche Ereignisse oder um jenseitige Ereignisse handelt. Der jüdische Typus der Apokaly15 Wie KONKEL (2003) 8 Ir. nabdegt. opüert WELLHAUSEN (1905) 409-424 im kuhurgeschichllichen Kontexl mit seiner Aurwertung des staallichen Israel vor dem sog.•.späljudenlum~ ru.r den PfeuBischen NatiooalSlaal. 16 So LB. 80KLEN (1902) 110 Anm. I: BouSSET (1903) 198: Vou (1903) 68r. Anders OIARLES (1899) 19f.: Du \'orsa:uliche Isrxl kennl demnach keine Eschalologie. das Slulliche l.sracl bildet dann eine IndiYiduale5chalOlogie IUS. 17 Zu diesem Bild von Apobl)'P'ik MOUH (1983). für das Alle Testamenl KUSCHE (1991). 18 AL1lIAUS (1922) 95.
Ersler Teil
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ptik sucht die Vollendung in der menschlichen Geschichte selbst. während dagegen die christliche Apokalyptik die Vollendung von dem Zusammenhang der menschlichen Geschichte loszulösen und ausschließlich ins Jenseits zu verlegen such!. Aber dabei kommen leicht und vielfach Rückfalle in die jüdische VorstelJungsweise vor. Die in dem Abbruch der Geschichte sich vollziehende Vollendung wird als eine durch Gott bewirkte Umgestaltung der irdischen Welt verslanden. 19
Und bei E. Brenner heißt es: Es muß doch wohl gesagt werden, daß die christliche Theologie diesem Paradox nie voll gerecht worden (sie! I ist Entweder hai sie mit der jüdischen Apokalyptik das Endgeschehen als ein dramatisches Schlußslück der Geschichte verstanden und es in den Bildern einer kosmischen Katastrophe von ungeheuerlichem Ausmaß geschildert. um ihm den Charakter wirX.lichen Geschehens zu verleihen. Odu aber sie hat in der richtigen Erkenntnis. daß diese apokalyptische Dramatik eben darum. weil sie sich in den Strukturfonnen der irdisch-zeitlichen Geschichtlichkeit abspielt - mag sie im übrigen die Dimensionen des Geschehens noch so sehr vergrößern - eben doch nicht das zukommend Ewige sein kann. auf die Vorstellung eines Endgeschehens überhaupt verzichtet und das Ende in den statischen Begriffen zeitlos ewigen Seins zur Geltung zu bringen versucht. 20
Das letzte Zitat deutet an, was von der Dreierfolge Israel - Judentum Christentum, in der die ReligionsgeschichtIer die Apokalyptik veronen, her ohnehin naheliegl: Die Apokalyptik kann auch als charakteristisches Zeit· verständnis erscheinen. In Anlehnung an die erwähnte dreifache Staffelung kann dann eine Dreiheit von Zeitverständnissen geltend gemaCht werden: Während der Alte Orient die Zeit zyklisch denke, habe das Judentum einen linearen Zeitbegriff eßlwickelt, der vom Christentum beibehalten. aber durch die Pointierung auf Christi Gebun als die Mitte der Zeiten zugespitzt und SO erst mit einem klaren Ziel versehen werde. 21 Seide Elemente dieses Zeitkonzeples. sowohl die Entgegenselzung von zyklischem und linearem Zeitverständnis als auch die Hervorhebung Christi als Zeitenwende, sind in der Eschatologie- und Theologiegeschichle des Untersuchungszeitraumes nachweisbar. - Des weiteren sind für den skizzicnen Apokalyptikbegriff die Stufenschemata kennzeichnend. in denen das Judentum als eine Vorstufe des Christentums wahrgenommen wird. Diese Einschätzung, die für das Verhältnis beider Religionen im ganzen während unseres Untersuchungs19 STANGE (1930) 227 (Hervortlebunge:n aufgehoben). 20 BRUNNER (19.53) 144. Ein weilerc:r Bdeg wirc: KINDal. (19.5.5) 10-12. 21 BRUNNER (19.53) 36f. Zu linearem und zyklischem Zeilmodc:lI vg!. GESE (19.58): kritisch KOCH (1988) 253ff.
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zeitraumes die Religionsgeschichtliche Schule entfaltet hat. wirkt sich speziell in der Eschatologie so aus, daß die dem Judentum zugeschriebene Erwanung für das Volk aufgenommen und aufgehoben wird in den christlichen Universalismus. Christliche Eschatologie ftihn dann die eigentlichen Intentionen jüdischer Eschatologie zum Ziele. In diesem Sinne bezeichnet F. Richter seine in der ersten Hälfte des 19. Jh. Furore machende eschatologische Konzeption als Messianismus. c) Thema Messianismus. Damit ergibt sich der Übergang zu einem weite· ren für die Wahrnehmung des Judentums einschlägigen Thema. dem Mes· siallismus. Der inzwischen weitestgehend vergessene Friedrich Richter löst 1833 mit seiner messianischen Eschatologie einen Streit von heute kaum vorstellbarer Heftigkeit aus. Das liegt weniger daran, daß er die Unsterblichkeit der menschlichen Seele bestreitet - das haben andere vor ihm und nach ihm mit größerer Wirksamkeit getan -. als daran, daß er offen die Schüler des jüngst gestorbenen G.W.F. Hegel angreift. aus deren Staats· philosophie das gerade aufstrebende Preußen seinen theoretischen Rückhalt bezieht. Dabei ist Richter ein glühender Bewunderer Preußens; sein gesamtes literarisches und gesellschaftliches Engagement zielt auf eine reJi· giöse Durchdringung und damit Veredelung des preußischen Staatswesens: Dieses Anliegen vertritt er in seiner fast im Alleingang redigierten Zeitschrift "Der Prophet". Zu diesem Zwecke auch schreibt Richter seine umfangreiche Geschichte der preußischen Befreiungskriege. ftir die er bei Hofe einiges Wohlwollen erntet (freilich auch nur Hir sie). In diesem Sinne auch spricht er schließlich im zweiten Band seiner Eschatologie von Mes· sianismus, worunter er unter Berufung auf das Alte Testament die "Herstellung der alten Gouesherrschaft (Theokratie),,22 versteht wie in seinem programmatischen Aufsatz über "Das christlich-theokratische Princip in Preußen". Messianismus bedeutet also für Richter die tätige soziale Gestaltung der spirituell erfahrenen Erlösung. Bei alldem ist für ihn freilich entscheidend. daß er keinen jüdischen Messianismus vertritt, der "es nicht einmal zu jenem äußerlichen Durchbruch der Völkerscheide" bringe, sondern einen christlichen und damit universellen Messianismus.u Hier geht Richter ganz mit Hegels Verständnis des Geistes und seiner Universalität konfonn. das den Hegelianismus veranlaßt hat. dem Judentum in der Eschatologie ein Festhalten am irdischen und die Verkennung seiner Überwindung durch
22 ROITa. (1833144) 11,18. 23 A.a.O.Il.12.
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den Geist vorzuwerfen?~ Dieses Verständnis von Messianismus hat G. Schalem im Auge, wenn er kurz nach unserem Untersuchungszeitraum gegenüber einem .,protestantischen Theologen" - gemeint ist H. Gollwitzer - darauf insistiert. daß christliche Eschatologie jüdischen Messianismus meist als blinden sozialen Aktionismus wahrgenommen habe. 25 3. Zwischenergebnis. Es fallt auf, daß Chiliasmus, Apokalyptik und Messianismus als Charaktere von Eschatologie zwar grundsätzlich nicht auf die Eschatologie einer bestimmten Religion beschränkt sind, in den zitierten Beispielen jedoch als Paradigma der Unterscheidung zwischen Judentum und Christentum fungieren. Darauf weisen die zweipoligen Gegenüberstellungen hin, durch die jeder der Charaktere gekennzeichnet wird: Chiliasmus erscheint als eine schwärmerische "weltliche" Erwanung (CA 17) im Gegensatz zum christlichen Verständnis des Geistes. Apokalyptik wird wahrgenommen als eine Vennischung von DiesseilS und JenseilS oder doch als eine partikulare Beschränkung des JenseilS auf ein einzelnes Volk anstalt der Menschheit. Ebenso wird der Messianismus charakterisiert; daneben wird er auch als Ersetzung der spirituellen durch die tätige Komponente der Religion aufgefaßt. Mit Blick auf die drei geschilderten Charaktere von Eschatologie lautet also das Ergebnis unseres ersten Zugangs zu der Frage, wie christliche Eschatologie das Judentum wahrnimmt: Sie modifiziert ihr vom Judentum übernommenes Traditionsmaterial, indem sie es in polarer EntgegenselZung zu demjenigen Gebrauch verwendet, den sie als kennzeichnend jüdisch versteht. Wie christliche Eschatologie das Judentum wahrnimmt, läßt sich dann aber nicht schon an dem bloßen tradilionsgeschichtlichen Faktum erkennen, daß sie Begriffe und Ideenzusammenhänge von ihm übernimmt; es muß vielmehr der problemgeschichtliche Aspekt berücksichtigt werden, d.h. die Frage. wie sie diese innerhalb ihrer eigenen Argumentation modifiziert. Daher gehe ich im zweiten Teil dieser Untersuchung so vor. daß die Quellen der Eschatologie zunächst in ihrer eigenen Argumentation rekonstruiert werden. Die gesuchten Fragestellungen einer Eschatologie mit Blick auf das Judentum werden so allmählich entwickelt werden aus einer problemgeschichtlichen Darstellung exemplarischer Konzeptionen evangelischer Eschatologie im 19. und 20. Jh. 26 Dies geschieht jeweils in den er· 24 Dazu SAllTU (1982) 16Of. 25 SOIOLEM (1910) 168. Daß Gollwiu..er gemeinl ist. zeigt MARQUARDT (1919) 143 in Ver· bindung mit Anm. 15. 26 Diese pmblemgeschichlliche Vorgehensweise. die ähnlich von BECKMANN (2002) befolgt wird. unlerscheidel die vorliegende Unlersuchung von den umfangreichen Arbeiten von BLASCtlKE (1991) und HEINRICHS (2000). die die Wahrnehmung des Judentums vor allem in
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sfen Abschnitten der Kapitel tl-V. Dabei lassen sich die im vorliegenden Abschnitt vorgestellten thematischen Charaktere der Eschatologie mit bestimmten eschatologiegeschichtlichen Komplexen verbinden: Am Anfang steht F. Schleiennacher (Kap. 11), der als Impulsgeber der neuzeitlichen evangelischen Theologie auch für die Eschatologie weichenstellend gewirkt haI. Daran schließen sich die eschatologischen Entwürfe derjenigen theologischen Strömung an, die im Anschluß an den Begründer des Begriffs der "Heilsgeschichte",21 lCK. v. Hofmann, als Heilsgeschichlliche Theologie bezeichnet werden kann und deren Kennzeichen das lnteresse am Chiliasmus ist (Kap. m). Es folgt M. Kählers von ihm selbst als "soterologisch,,28 bezeichnete Eschatologie (Kap. IV). Damit ist ihr methodischer Grundansatz bei der Reflexion über die Personalität des Messiastums und also die Nähe zum Messianismus ausgedrückt. Schließlich wird die Eschatologie von P. Althaus (jun.) sowie die Debatte um sie erörtert (Kap. V). Althaus sticht hervor durch eine schroffe Front gegen die von ihm sog. "endgeschichtliche Eschatologie" ,29 die er exemplarisch in der Apokalyptik vorfindet. mit der er so auf negativem Wege eng verbunden ist.
2. Schemata christlicher Wahrnehmung des Judentums I. Bipolare Begriffsschemata. Die Betrachtung von aus jüdischer Tradition
übernommenen Charakteren der Eschatologie führte zu dem Ergebnis, daß diese die Wahrnehmung des Judentums in bipolarer Gegenüberstellung zum Christentum strukturieren können. Diese Gegenüberstellungen sind jedoch freilich nicht an die Konzepte von Chiliasmus, Apokalyptik oder Messianismus gebunden, sondern können die Argumentation christlicher Eschatologie grundsätzlich prägen. Im 5. Jh. christlicher Zeitrechnung hält z.B. der Kirchenvater Hieronymus eine ,.Regel" für die christliche Beschäftigung mit Zukunftsverheißungen fest: Ein weiser, christlicher Leser sollte bei den prophetischen Verheißungen dieser Regel folgen: Wir lehren. daß dasjenige. was die Juden und die, die jüdisch denken bei den
mcnt31itälsgeschichllichem Zugriff aus ausdrücklichen Äußerungen kalholischer bzw. protcstantischer Kirchlichkeit des Kaiserreichs zum Judentum erheben. 27 v. HOfMA/IIN (1841/44) 1,8 ist lam GREJG (1975n6) 118r. der älteste Belcg rur .•Heilsge. schichtc". 28 KÄHLER (1898) 495. 29 Erslmals ALTliAUS (1922) 64ff.
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Unsrigen. - oder vielmehr nicht den Unsrigen - in fleischlicher Weise als zukünftig beanspruchen. in geistiger Weise schon eingetroffen ist, damit wir nicht anläßlich deraniger Erzählungen oder schier unlösbarer apostolischer Fragestellungen gezwungen sind. jüdisch zu denken. 30
Was im vorigen Abschnitt am Beispiel von Chiliasmus. Apokalyptik und Messianismus als Entgegensetzung von weltlichem und jenseitigem Reich, Diesseits und Jenseits, Volk und Menschheit, tätiger sozialer Gestaltung und deren geistiger Überwindung präsent war, ist in der ..Regel" des Hieronymus auf knappe Begriffspaare gebracht: Jüdische Zukunflserwartung interpretiert die Prophetie in "f1eischlicher" Weise als ..Verheißung" von ,,Zukünftigem", christliche Lehre dagegen liest sie in ..geistiger" Weise als ..schon" gegenwärtig "eingetroffene" Erfüllung. indem sie Jesus Christus als den Vollzug des Eschalon begreift. Für die Eschatologiegeschichte wichtig sind vor allem die Begriffspaare von Fleisch und Geist als zwei getrennten Sphären. in denen das Judentum bzw. das Christentum die Erlösung erwarte, sowie von deren noch nicht bzw. schonjetZl gegebener Wirklichkeit oder deren nur partikularer oder aber universaler Reichweite. Derartige begrifniche Schematisierungen durchziehen die Geschichte des jüdisch-christlichen Verhältnisses und waren auch schon Gegenstand kritischer Untersuchung. 31 Dabei fragt sich nicht nur, wie triftig die Schemata sind, ob also z.B. mit "Aeisch" und ..Geist" klar abgrenzbare Phänomene bezeichnet sind, die sich dann auch Judentum bzw. Christentum zuordnen lassen. 32 Solche Fragen werden sich schon deshalb oft nicht beantworten lassen. weil weder Judentum noch Christentum Gebilde aus einem Guß sind. Sondern vor allem zielen die paarweisen Schemalisierungen ja gar nicht auf eine klare und distinkte Beschreibung der beiden schematisierten 30 CChr.SL LXXIII, 1963. 157,43-48: ..Prudens el christianus leclor hanc habcat repromissionum prophetalium regulam, ut quae ludaei el nostri, immo non nostri ludaizantes. camaliler futura contendunt. nos spirilsliter iam transac1a doceanlUs. oe per occasionem iSliusmodi fabularum ct inextricabilium iuxta apostolum quaestionum iudaizare cogamur" (zu Jes 11.15f.). 31 Zu den eschatologischen Schemata von Aeisch und Geist. Noch nicht und Schon jelzt, Partikularit5t und Universalilät vgJ. SCHOLEM (1963) 121 f. bzw. M....ROU....RDT (1993196) 1,25 (Abriß der Eschalologie seit der Reformation) bzw. T ....LMON (1976). In Verbindung der Schemata folgern z.B. Teile der christlichen Rezeplion des Messianismus aus dem Noch nicht des Erwanelen, daß sein Eintreffen an die tätige Geslaltung im sozialen Menschenleben (Aeisch) gebunden sei. vgl. kritisch dazu VAl.VI NAGV (1993) I24f.'Zu den Schemala im ganzen vgl. ntOM.... (2000) 13 und Konstruktion (2003). 32 MAlER (1976) 132 kritisiert. daß das Schema .,Schon jetzt - Noch nichl" dem jüdischen GeschichIsbewußtsein christliche Parameter unterlegt. Z.B. übersehen Chrislcn oft. daß die Tempelzerstörung 70 n. Chr. im Judentum nicht bloß Ende und Abbruch, sondern auch Anfang eigener Traditionsbildung sei (so ZAAS 119921 135-148).
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Größen, sondern zeichnen sich durch die Konstruktion eines komplementären Gegenübers aus: Die jeweiligen Pole schließen sich zwar gegenseitig aus, können aber doch nur im (abgrenzenden) Bezug aufeinander bestimmt werden. Z.B. versteht sich Christentum dann als Religion des Geistes und erklärt, was Geist ihr ist, mit der Absetzung vom Judentum als einer Religion der Tat. 33 Die Schemata haben somit, obwohl sie in ihrer Polarität zwei Traditionsgeflechte in Beziehung setzen, vorrangig eine Funktion innerhalb nur eines dieser beiden Traditionskomplexe. Ähnlich wie beim Problem eschatologischer "Charaktere" ist daher auch bei den Schemata neben dem traditionsgeschichtJichen Sachverhalt in erster Linie die Funktion im Rahmen der christlichen Argumentation zu untersuchen. 34 Das aber heißt, daß das Phänomen der Schemata zunächst ein Problem innerhalb der christlichen Theologie ist. Man muß daher mit der Möglichkeit rechnen, daß die Konturierung christlicher Theologie im Gegenüber zum Judentum eine Chiffrierung innerchristlicher Frontstellungen ist, wie dies für den Protestantismus des 17. Ih. kürzlich an mehreren Beispielen nachgewiesen wurde. Demnach ist der Vorwurf jüdischer Trinitätsleugnung eigentliCh antisozinianisch zu verstehen, und das altprotestantische Anathema über die jüdische Ablehnung der Messianität Jesu gilt im Zeitalter des Konfessionalismus tatsächlich dem Calvinismus, der die doppelte Prädestination als Grund der Verdammnis ansieht (und nicht das verweigerte Messiasbekenntnis). Ähnlich wird die zeitgenössische Lehre von der Inspiriertheit der Schrift gegen den Buchstabenglauben des talmudischen Judentums profiliert, richtet sich aber gegen die katholische Verhältnisbestimmung von Schrift und Tradition. 35 Vergleichbare Phänomene zeigen sich auch in der Eschatologiegeschichte des Untersuchungszeitraums vor dem Hintergrund des antikatholischen Kulturkampfes im protestantisch unierten preußischen NationaJstaat. J6 Schließlich dürfte auch hinter der 33 Das bcreilS mil S. 20 Anm. 24 belegle Schema (z.B. bei Hege!) des Judenlums als einer Religion der Tal wird aufgenommen. aber auch krilisch gespiegelt im Iilerarischen Zionismus eines M3lI Brod (vgl. STÄllLER 12003]). 34 Der Sammelband KonSlmJaion (2003) unlersuchl im Sinne solcher Funktionsgeschichle Wahrnehmungen des Jüdischen in Theologie. Literalur-, Medizin- und Profangeschichle der Kai· semit und der Weimarer Republik. 35 Vgl. FIUEORICII (1999) 239 (Triniläl): 227.229 (Schriftinspinllion); 228 (Prädeslinalion). Vgl. S. 15 Anm. 9. 36 S. bei S. 17 Anm. 15 zu Wellhausens pro-preußischer GeschichIsschreibung Jsrnels und vgl. DQRNER (1879180) II.938f.. bei dessen pro-uniener Eschatologie die Krilik jildischcr und kalholi· scher Anschauungen verschwimmt. Die HislOrikerin VOLKOv (2000) haI ähnliche argumenl3live Gemengelagen im damaligen Antisemitismus als •.kuhurtllen Code" rekonstruien. Ich spreche in ähnlicher Absicht von ..Wahmchmungsschemata".
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zwiespältigen Haltung der pietistischen Judenmission zur jüdischen Emanzipation - die Missionare des 17./18. Jh. arbeiten ihr zu (oder vor)/' die Missionsgesellschaften der neupietistischen Erweckungsbewegung im 19. Jh. lehnen sie ab - ein Problem chrisl1icher Theologie siehen, nämlich das Verhältnis von persönlicher Bekehrung (Glaube) und deren tätiger Ausgestaltung (Liebe), innerhalb dessen die bürgerliche Gleichstellung der Juden bald die Bekehrung zur praxis pietatis fUhren zu helfen scheint, bald die Motive der Bekehrung ökonomisch zu korrumpieren droht.)! 2. Zwischenergebnis. Die Auseinandersetzung mit den Schemata kann angesichts derartiger Beispiele nur so geschehen. daß sie als Problemanzeige für die Frage aufgefaßl werden, ob und wieweit christliche Theologie durch die Abgrenzung von einem ausschließenden Gegenüber bestimmt ist oder aber auch im eigenen Wissenschaftsdiskurs mit solchen Abgrenzungen operien. In diesem Sinne, als Anzeige systematisch-theologischer Problematiken, sammelt die vorliegende Untersuchung im Anschluß an die Analyse der eschatologischen Konzeptionen jeweils in den zweiten Abschnitten der Kapitel li-V Hinweise auf Diskurslagen im Umfeld der jeweiligen Entwürfe, bei denen von einer Verdichtung beslimmter Formen der Wahrnehmung des Judentums zu einem begrifflichen Schema gesprochen werden kann. Die theologischen Probleme, die in solchen Schemata transportien werden, müssen dann im Rahmen der systematischen Auswenung im dritten Teil der Untersuchung eigens bearbeitet werden. Dies geschieht in Auseinandersetzung mit jüdischen Anfragen an die christliche Eschatologie. die in den Schemata noch nicht selbst zu Wone kommen.
3. Anfragen des Judentums an die christliche Eschatologie Werden für eine Revision evangelischer Eschatologie eingedenk der Shoa jüdische Autoren herangezogen, so geschieht dies mit der Absicht, über das begriffsgeschichtliche Traditionsgenecht von jüdischer und christlicher Zukunftserwartung (Kap. 1.1) und dessen Funktionalisierung in den Wahr37 Nach ARNOlDI (1993) 240 "'ermindlen die pktislischt:n Theol.n in Halle zwischen Ju
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nehmungsschemata (Kap. 1.2) hinaus Zugänge zu möglichen Fragestellungen einer evangelischen Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum zu erschließen. Der folgende Abriß jüdischer Äußerungen zur Eschatologie beansprucht daher nicht, ein kaum stattgefundenes Gespräch 39 nachträglich zu rekonstruieren; er will vielmehr anhand der vorliegenden Forschungsliteratur und einiger ausgewählter Quellen aus dem Untersuchungszeitraum Anfragen zusammenstellen, die von jüdischer Seite an die christliche Es~ chatologie gerichtet werden. Nicht bezweckt ist dagegen, die christlichen Wahrnehmungen des Judentums gewissermaßen an einer Meßlatte auf Richtigkeit und Falschheit zu überprüfen. Denn zum einen ist es nicht die Aufgabe christlicher Eschatologie, auch nicht einer Revision ihrer Wahrnehmung des Judentums, festzustellen, was authentisch jüdisch ist; nicht zuletzt deshalb, weil zum anderen. worauf schon hingewiesen wurde, derjenige Traditionskomplex, der hier abgekürzt ,,(das) Judentum" oder ,,(die) jüdische Eschatologie" genannt wird, kein Gebilde aus einem Guß ist, so daß auch keine authentisch jüdische Lehrgestalt von Eschatologie vorausgesetzt werden kann. Ja, ein wesentlicher Aspekt der Frage, wie christliche Eschatologie das Judentum wahrnimmt, besteht darin, daß die Quellenlage der jüdischen Eschatologie gegenüber der christlichen eine beträchtliche "Strukturverschiedenheit,,40 aufweist. So kommt es im Judentum nicht wie im Christentum zur Etablierung eine dogmatischen Locus "Eschatologie", sondern im Judentum jedenfalls des Untersuchungszeitraums stehen exegetische und religionsphilosophische Schriften sowie Sekundärtexte über messianische Bewegungen und liturgische Refonnen im Vordergrund des eschatologischen Diskurses,41 m.a.W. die lebensweltliche Verwurzelung der Eschatologie wird ausdrücklicher reflektiert. I. AlIfrageIl jüdischer Theologie. Zu dieser Lebenswelt gehört auch, daß jüdische Autoren im deutschen Sprachraum durch ihre zahlenmäßige Minderheitssituation mehr als christliche genötigt sind, auf den Diskurs der an39 Jüdische Slimmen zur Eschatologie kommen in den Quellen vorliegender Untersuchung direkt (d.h. nicht auf den in Kap. 1.1-2 geschildenen Wegen) nur sehr selten zu Won: am ehesten in der Tradition des christlichen Kabbalisten F.C. Getinger in der zweilen Hälfte des 19. Jh. (AUBERLEN 11854197 erwähnt lsaac Abrabanel [so bei S. 29 Anm. 581: LEsSING [1858J 89 mit Anm. zilien ohne Namensnennung einen Rabbiner seiner ?.eil; ähnlich ALTHAUS [1856/571 71: v. OHlTINGEN 11895/26 nimmt möglicherweise kabbalistische Gedanken auf: s. S. 253 Anm. 273) und ausnahms....'Cise im Zusammenhang des frühen Zionismus (HAOORN 11914/ 123). 40 Dazu am Beispiel des 20. Jh. GoWMANN (1997): das Zitat entstammt seinem Untenitel.
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Für brieniche Auskünfte zu Titeln jüdischer Eschatologie danke ich folgenden Forschern: Michael Brenner. München: lohann Maier. Weinheim: Günter Stemberger. Wien: Clemens Thoma, Lu:r.em.
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deren Religion einzugehen.,n Dies zeigt sich besonders in dem großen Sammelwerk .,Die Lehren des Judentums nach den Quellen", das der Ver· band der deutschen Juden in den 1920er Jahren unter Mitarbeit vieler der damals namhaftesten jüdischen Autoren herausgab. In fünf Teilenu werden hier unter thematischen Stichwonen jüdische Lehrauffassungen knapp skizzien und mit reichlich Quellenmaterial aus Altem Testament, Rabbinismus und Talmud. mittelalterlichen und neuzeitlichen Autoren belegt. Die Es· chatologie bildet dabei kein eigenes Thema;44 teilweise wird sie der Auffassung vom endgültigen Lohn (bzw. der endgültigen Strafe) zugerechnet. die Bestandteil der jüdischen Lehre von der Sittlichkeit des Einzelnen ist; teilweise fURgien der Terminus ..Eschatologie" im fünnen Teil beim Vergleich mit dem Christentum als Synonym für eine jenseitige und individualistische Zukunftserwartung, die den "Lehren des Judentums" jedenfalls widerspreche. 4.5 Dem entspricht im ganzen der Vergleich des Judentums mit dem Chri· Slentum in diesem Schlußband des Gesamtwerkes. Hier erscheint das Ju· dentum grundsätzlich als Religion der Sittlichkeit, die vom ethisch freien menschlichen Subjekt und seiner tätigen Gestaltung des göttlichen Sittlichkeitskonzepts handelt. Demgegenüber wird als Grundanschauung des Chrislentums die Unfreiheit des sittlichen Willens reklamien, so daß an dessen Stelle Glaube und Sakramente als passives Widerfahmis Gottes treten. Das Christentum ist demzufolge die Religion des Glaubens an eine höhere Welt. die der irdischen gegenübergestellt wird. 46 42 Zu dtesef Problematik vgl. instruktiv WIESE (1999). 43 D1e Teile sind: die Grundlagen jüdischer Ethik. die Lehre von der Siulichkeil des Einzelnen und der Gemeinschafl. die Lehre von Gott sowie abschließend der Vergleich des Judentums mit anderen Religioosgestalten. 44 Ditos gilt übrigens auch ftir den jüngsl erschienenen Band Chrjs/itmily (2000). 4S Zur Verwendung des Begriffs •.Eschatologie" vgi. uhr!!" (1924/29) 1.80.83f. 104.239 mit a.a.O. V.446.449.4Sl (M. WtF.NF.R). wo Eschatologie mil Askese zusammengestellt wird. Der Gegensatz christlicher Eschatologie zum Judentum bestehe allgemein darin. daß in der Alternative von Gericht und Erlösung das Judentum zu jenem. das Christentum aber zu dieser neige. was eine individuelle sittliche Veranlwonung im Christentum trotz dahingehender Tendenzen des Neuen Testaments •.illusorisch" mache (1.1.0. V.130 (5. PlCXJ). 46 A.I.O. V.67-69 (L BAECK). - Diese Gegenüberstellung erlaßl mehrere Themen. In Hinsicht auf den Einzelnen wird rur das Judentum die Individualität der Glaubensauffassung mit der ehrisllichen Dogmenbindung. wie sie steh im Kernbegriff der KelZerei 5ptegelt. kontrastien (.03.0. V.206--213 (5. PICK». Auf gemeindlicher Ebene hebe das Christentum den Kkrus hervor. und ZwaT sowohl im katholischen Weihe- als .uch im pr(lleslanlischen OrdinationSVCfSländnis (....0. V.271 (F. MARKQWER». wihTend das Judentum auch angesichts des Rabbinats gnmdsä1dich durch die Gkkhrangigkeil aller Gemeindegheder gd::ennz6choct Ki (DERS. •.•.0. V.237-239). Der Bezug der Gemeinde zur Außenwelt schließlich SC'i im J!Jdentum durch Autarkie geprägl. wihrend das Christenlum skh der staatlkhen Obrigkeit unterordne (O€RS. u.O. V.337f.).
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Was diese Einschätzung für unsere Untersuchung interessant macht, ist, daß hier dieselben Gegenüberstellungen vorgenommen werden, die in den christlichen Wahmehmungsschemata nachweisbar sind. Sie finden sich auch in denjenigen Bänden, die nicht ausdrücklich als Vergleich gestaltet sind, allerdings in der Absicht. die judentumskritische Ausrichtung der Schemata abzuwenden. So wird besonders betont, daß das Judentum entgegen seiner Wahrnehmung als panikularistisch den Gedanken der Menschheit in den Mittelpunkt seiner Lehren stellt, so im Begriff des Ewigen Frie· dens,41 so im Konzept einer Erwählung in der Pflicht und im Dienste ftir 49 alle Menschen,48 so überhaupt im Universalismus. Dies wird unterstützt durch die breiten Belegsammlungen aus den Quellen. Dabei ist freilich auffcilJig, daß zu den Quellen auch christliche Autoren wie die Vertreter der Religionsgeschichtlichen Schule gezählt werden. die sich mit dem Judentum wissenschaftlich befaßt haben. Der Grund dafür dürfte in der apologetischen Abzweckung des Gesamtwerkes liegen, das verkürzten Wahmeh· mungen oder gar Verunglimpfungen des Judentums entgegentreten will.~ Hierfür werden auch christliche Autoren S' herangezogen; und dies erklärt auch die ganze, eher ungewöhnliche Form des Werkes. das Stilmomente des Katechismus mit solchen einer nach Loci geordneten Dogmatik verbin· det. damit also den zeitgenössischen christlichen Darstellungsformen entgegenkommt. Man hat jedenfalls nicht den Eindruck, daß jüdische Theologie hier unbefangen zu Worte kommt. Die Art und Weise. wie das ganze Werk das Problem die Wahrnehmungsschemata der christlichen Dogmatik spiegelt.s2 zeigl vielmehr auch hier. daß in den Schemata eine Schwierigkeit innerhalb der christlichen Theologie beschlossen liegt. 2. Anfragen jüdischer Eschatologie. Freilich lassen sich. wie die Forschungsliteratur nahelegt.·5J ganz ähnliche polare Begriffsschemata inner47 A.a.O. 111,221-225 mit lI.a. Cohen als Beleg; a.a.O. 111.225-231 werden christliehe Stirn· men gcnannr, darunler W. Bou.~sc:t und H. Gunkel. 48 A.a.Q. IV, 158-165 mit jüdischen und christlichen Quellenbelegcn. 49 A.a.O. IV,96-106 mit jOdischen und christlichen Quellenbelegen. 50 Vgl. 3.a.0. das Vorwort zum erslen Band. 51 WIESE (1999) widmet zwei Abschnitte (Kap. 3.2/3) der zeilgleichen differenzierten jüdi. schen Einschätzung der christlichen Jud::J.isten, aber auch BefUrwoner und Förderer der Judenmis· sion. F. Delitzsch und H.L. Stnck. 52 Zu scharf scheint daher das Uneil des Literaten BROO (1921) 1.72. der den .Uhren des Judentums" vorwirft, dutt"h bloße Umkehrung der Schemata ..vom flachsten Standpunkt aus" zu argumentieren. Frc.ilteh ist anderenei1.li auch das kritische Rcfenlll der (proteSlalltischen) Schemata durch EscHElBACHER (1907) 9.11.13f. u.O. eher infonnativ als argumentativ belangvoll. 53 Vgl. tum Folgenden an deutschsprachigen Beiltigc:n v... dje Sammelbände blbnft (1976); Zu1.unft (1980); JeSIU (1982); blbnfty,.....'Ortung (1983); Mt'ssias (1993); Mt'Ssias.Vorstt'ilungt'n (1993).
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Ersler Teil
halb der jüdischen Eschatologiegeschichte auch don nachweisen. wo der Bezug zum Christentum viel lockerer ist. so daß auch der jüdische Diskurs selbst von den Strukturproblemen der Begriffsschemata beeinflußt ist: Hierfür steht seit den AnHingen der jüdischen Traditionsbildung in talmudischer Zeit die Unterscheidung zwischen ..dieser Weh" und der "kommenden Welt" oder mit Hinblick auf die jüdische Zukunftserwartung: zwischen dem politischen und sozialen Geschick des Judentums und Gottes Sendung des Messias Israels. Das Kommen des Messias, ab der nachbiblischen Zeit ein Kemproblem der jüdischen Eschatologie,54 ist somit keine Terminfrage, sondern fragt nach dem Zusammenhang von menschlichem Tun und göttli· ehern Handeln. Diese Unterscheidung und ihren Zusammenhang debattieren unter dem Titel der "Wehen des Messias", jenes Topos, der politische und soziale Ereignisse auf die eschatologische Zeit zu beziehen erlaubt, zwei Schüler des Jochanan ben Zakkai, nämlich R. Jehoschua und R. Eliezer in einem be~ deutsamen Streitgespräch~~ der (sog. tannaitischen) Frühzeit des Rabbinismus (1.-3. Jh.). Dieselbe Unterscheidung von dieser und kommender Welt festigt sich in der (sog. amoräischen) Zeit der Fixierung das Talmud (3.-5. Jh.). ln der Gestalt einer Differenzierung der messianischen Zeit der Restitution Israels von der endgültigen Zuteilung von Lohn und Strafe an die Auferstandenen prägt sie die unter dem Einfluß der arabischen Aristotelesrezeption erstmals vorgenommene systematische Darstellung jüdischer Eschatologie bei Saadja Gaon (10. Jh.).~ Dieselbe Unterscheidung themati· sien an einem Wendepunkl jüdischer Eschatologie der hochmittelallerliche Maimonides. der in den letzten drei seiner dreizehn Glaubenssätze die Eschatologumena von kommender Welt, Auferstehung sowie Lohn und Strafe festhält, sie aber dennoch im natürlichen Geschehenszusammenhang versteht." Deswegen konnte nach dem epochalen Einschnitt der Vertreibung der sephardischen Juden (1492) Isaac Abrabanel dieselbe Unterscheidung gegen Maimonides geltend machen und im Sinne der klassischen rabbinischen Tradition die Übematürlichkeit der Zukunftshoffnung reklamie54 T AU.tON (1982) 34f. belont. daß das Messiaskonzcpl das biblische (davidische) KÖfligsideal vonlJSselZt. um es dann im Sinne eines herrschenden oder cines im Kampfe fallenden Messias zu differenzieren - beides im Untcrschied zum christlichen Konzcpl des Messias als des ErI6sers durch Leiden (so WERBLOWSKY (1982181). 55 Dazu SCHÄfER (1976) 100. 56 MAlER (1976) 137 zu Saadja Gaon. 57 Die Glaubenssätzc sind abgedruckl LB. bei FR.lE()U.ENQER (1922) 19. der IrOCZ einer naturalistischen Maimonidesinterpretation durch ein Ignoramus gegcnUber Gottes Möglichkeiten ruf die supranaluralis1ische Erwanung offen iSI (z.B. l.a.O. 129f. zur nationalen Rcslilution Ismels).
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ren. j8 Wiederum gespiegelt erscheint diese Unterscheidung bei einer Schlüsselfigur der neuzeitlichen. durch die konstruktive Auseinanderset· zung mit der Diasporasituation in Emanzipation und Assimilation gekenn· zeichneten," jüdischen Eschatologie: M. Mendelssohn akzentuiert in maimonidischer Tradition die Unslerblichkeit unter Hintanstellung der leiblichen Dimension auf den sittlichen Gehalt der Eschatologie als Erwartung einer letzten Verantwonlichkeit des Menschen;60 ihm folgen das sog. Pitts· burgh Platfonn des amerikanischen Refonnjudentums (1885), das in der Synagogenliturgie die messianische Erwanung durch das Konzept sittlichen Fonschritts ersetzt,61 und im Umfeld des liberalen Berliner Rabbinerseminars die "Wissenschaft des Judentums", wenn sie das Judentum in eschatologischer Ausrichtung als universale Religion der Sittlichkeit akzentuien. 62 Die jüdische Eschatologiegeschichte wäre als bloßes Wechselspiel von "dieser Weh" und "kommender Weil" aber viel zu holzschniuanig gezeichnel: im Übennaß zu Gunsten des Kontrasts, aber auf Kosten der Nuancierungen, die sich tatsächlich an den verschiedensten geschichtlichen Onen als Überkreuzung der genannten Unterscheidung zeigen, und zwar beson· ders im Zusammenhang der oft als jüdischer Mystik bezeichneten Kabbala. Aber schon die Tannaiten verstehen die Buße als ein Geschehen, in dem menschliches Tun mit Gottes Handeln kooperien;6J und neben der talmudischen Fixierung der Unterscheidung von dieser und kommender Weil in der Amoräerzeit entstehen unter der Bedrohung durch die islamischen Eroberungen des 7. Jh. immer wieder messianische Bewegungen. die die begrimichen Ahemativen der lehnnäßigen Eschatologie aufbrechen.64 Mai.58 Vgl. AVNERI/GROSSMAN!REINES (1971) 107-109 (A. REL~ES). .59 Bei BAER (1936) 100{. dienen die skiuienen Unlerscheidungen auch dazu. die Unuagbarkeit der Diaspomilualioo gegenüber der Autochthonie hervorzuheben. 60 Mendelssohn als Valer der Berliner Haskala berühn sieh hier mil seinem aufklärerischen Freund Gotthold Ephraim LESSlNO. der die siltliche Funklioo der Eschalologie freilich nicht mil der UnSlerblichkeil. sondern mit der Scdenwanderung verbindei (DERS.. Die Erziehung des Men.schengeschlechls 11777/801: OEMS.. Werke 11. hg.v. HermwlII Keslcn. Frankfurt am Main/Wien/ Zürich 1%2.747-769. hier 768f.lfI 94-991). 61 Zu Geslalt und Veränderung dieser Position vgl. LEVINSON (1994) 150-157. v.a. l54f. Zeitweilige Rationalisierungen des Messianismus und deren spälere Relativierung umersuchl an zeitgenössischen Pesach-Haggadot FRlf..1>lJ\NO (1993) 2.51-273. Der Umerschied zur Orthodoxie ist v.•.• daß diese den Messias als Person erwartel. 62 liierzu vgl. BERTRAMS (2003) 37C. am Beispiel zweier Gründungsvitcr der Judaislik, I. Wolf und E. Gans. 63 eben SCHÄFER (1976) 100 vgl. GOwMAN"N (1993) 65. der die ..Umkehr zu Gocr- als .ß~ dingllng sin~ qUD non" für das Kommen des Messias ansiehl. 64 ach SCHÄFER (1976) 116r. hal rrt:iljeh gegenüber den messianischen Bewegungen die Schullnwtilion das größere GewK::hl. Doch hal sie dies nach F. Rosenzweig gerade aufgrund des •.psetado-messian;c" Charakter jener Bewegungen (WERBLOWSKY (1968139).
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monides sodann versteht seine naturalistisch scheinende Eschatologie als eine geistige Realilät M und nimmt damit - ebenso wie sein eschatologiegeschichl1icher Gegenspieler Abrabanel 66 - Einsichten der Kabbala vorweg. die einen mehrfachen Schriftsinn annimmt 67 und damit den ausschließli· ehen Altemativcharakter der genannten Unterscheidung fraglich macht. In dieser Tradition steht auch im 17. Jh. die messianische Bewegung um Sabbatai Zwi. der die Erwartung des Messias mit mystischer Spiritualität verbinden kann. 68 Hieran knüpft im 19. Jh. der Chassidismus an, der eine individuelle ErlösungsvoTSlellung auf der Grundlage persönlicher Spiritualität pflegt 69 und so ein Gegenspieler des menschheillieh orienlienen Reformjudentums wird. Auch die auf S.R. Hirsch zurückgehende Neoonhodoxie entdeckt freilich die menschheitliche Bedeutung des Judentums für sich und plazien sich so jenseits der gängigen Alternative von Talmud und Refor10 menum. Vollends der Zionismus fügt sich kaum in das Schema der Un· terscheidung von "dieser" und "kommender Welt". Versteht er sich in seiner Anfangszeit weitgehend areligiös, so kann der bedeutendste Jerusalemer Oberrabbiner vor der Staatsgründung 1948. der aus der rabbinischchassidischen Tradition des Baltikums stammende A.l. Kook, gerade die nicht religiös motiviene Besiedelung Palästinas durch eine möglichst große Volksmasse als einen notwendigen Bestandteil der vollen religiösen Exill stenz Israels würdigen. Kook hebl sich durch diese Geringschätzung der 6S Nach WURZBURG€R (1993) 79f. ist Maimonides' Zukunftgerwanung daher durchaus messianisch. &wanele aber die Tradition vor Maimonides lohn und Strafe in der kommenden Weh. so sieht er diese selbst als lohn bzw. ihre Versagung als Sinfe (vgl. MAtER [19761 169f.). Inhahlich ist der Lohn die Vollendung de5 Intel1eklS (Seele) durch die ToralJ'euc. die zuvor in der davon streng zu unterscheidenden Messiaszcit (a.8..0. I SM.) durch das siuliche Regimenl eines (irdischen) Königs ermöglichl wurde. 66 AVNERlJ'GROSSMAN}REINES (1971) 106 (A. GROSSMAN). 67 Z.B. die Lehre von den göttlichen Wirk weisen (SefirOl). die in den jlklisch-ehrisdichcn Religionsgesprächen des Millelalters oft als Vergleichspunkt zur Trinitätslehre diente: so noch bei F.C. Octinger (JUNG 119921203). 68 Aus seinen grundlegenden Forschungen Uber die Myslik des Sabbatai Zwi ergab sich ftir G. SCHOI..ßM das wirtmächlige Konzept: des Messianismus als einer "KatllSlrophentheorie" (DERS. (19631 130). die der Erlösung die Gestalt einer Sozialutopie gibt (ebd.) und zugleich ,u~n im A.uf~huh" (a.a,O, 167) bedeuten kann. 69 SCtIATZ-UFfelHEIMER (1970) 209-211. die den nkhtnationalen Charakler solcher ..self· redemplion" betont, 70 Zu Hirsch und besonders der menschhcillkhen Dimension seiner Eschatologie vgl. BA1..J..HORN (2003) 94--98. 71 Für SCHATZ-UFfelHEl'lER (1976) 194 denk! Kook damit ..nichts Alltägliches"; ähnlich STEMSERG€R (1992) 629. Für GEWIRTZ (1986) 110 entsprichl freilich Koots Auf~'eI1ung des bkl8en Volkskörpers der ma.imonidischen Lehre (a.a.0. 32f.) vom Leib als Bewthrungsort dc:r Seele (Ißlelld:l: s. S. 30 Anm. 6S). also einer eher reformerischen Tooition.
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Diaspora vom Refonnjudemum ab und durch eine analoge Abwertung der talmudischen gegenüber der biblischen (autochthonen) Zeit zugleich von der Orthodoxie und steht damit zwischen den Polen der vermeintlichen Alternative - wie auf andere Weise nach der Staatsgründung Israels 72 auch die an den 1994 verstorbenen M.M. Schneerson anschließende messianische Bewegung "Chabad". Während nämlich Kook das Nichtreligiöse religiös interpretiert, zielt Chabad auf eine tät.ige Heiligung des Profanen. 73 Somit ist in der Tat auch die jüdische Eschatologie geprägt von den Ausschließlichkeitspragmatiken polarer Begriffsschemata; aber gerade die im vorstehenden Absatz genannten scheinbaren Randerscheinungen dieser Traditionsgeschichte zeigen, daß nicht die EntSCheidung für eines der "beiden Extreme", sondern deren kritische Thematisierung als solche die maßgebliche Frage ist,14 die das Schema selbst stellt. 3. Anfragen jüdischer Religionsphilosophie. Deutlich sind derartige Anfragen an die Schemata von einigen jüdischen Religionsphilosophen gestellt worden, die schon zu Lebzeiten und dann in ihrer Nachwirkung Diskurspartner des Christentums sind. a) Leo Baecks paradox-sittliche Wesensbestimmllllg des Judentums. Um die kalendarische Wende zum 20. Jh., nach gängigem theologiegeschichtlichen Urteil zugleich Wende zur Eschatologie, hält A. v. Hamack in Berlin seine programmatischen Vorlesungen über "Das Wesen des Christentums", in denen er den einfachen Jesusglauben um "Gou und die Seele, um die Seele und ihren Gou" unter allen theologischen und kirchlichen, sowohl dogmatisierenden als auch ritualisierenden Verschüttungen freilegen will und ihn damit wie vom hellenistischen Denken so vom Judentum abgrenzt, das kurz vor v. Harnack der sog. eschatologische Aufbruch eines J. Weiß als Apokalyptik dargestellt hal. 15
72 Zum ZioniSIllUS nach 1948 vgl. RAVrrzKY (1991). der a.a.O. 34ff. solchen religiösen Zionismus als unmessianisch bezeichneI, der das Werk des Messias an sich zu reißen sucht. Christlicherseils wird die Staatsgründung Israels ähnlich krilisch gesehen vom sog. Dispensationalismus (s. S. 14 Anm. 7). dem in Deulschland l.B. die ApokalaStaliker HEl.J...ER (1949) und FüNNtNO (1949) anhängen (vgl. Hol.TIIAUS '1993] 443f.). 73 Dazu LEVtNSON (1994) 124. 74 Zitat MAlER (1983) 160. Weitere Beispiele rur Relativierungen der eschatologischen Schemata im Judentum nennt GRAl:.Tl (1983) 170-181. 75 Zitat v. HARNACK 119001 (1999) 91: zur Abwehr von Weiß vgl. :I.a.O. 89 und zur Abgrenzung gegen das Judentum a.a.O. 84f. Daß Hamack das Judentum als kirclrlichr Erslarrung des Glaubens galt. steht in vollem Einklang mil WEU.HAUSENS Begriff der Theokratie als ,,Anstalt" (DERS. '190514091T.) und mil BOUSSCIS Einschätzung der Synagoge. Nach seiner bekanlllen Defi· nilion des Dogmas betrachtet Hamack auf der anderen Seile den Hellenismus als die Ihrologischt Verfremdung des Jesusglaubens.
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Dagegen wendet sich 1905 der liberale Berliner Rabbiner Leo Baeck. wie schon der Titel seines Buches "Das Wesen des Judentums" erkennen läßt, das dann in der Zweitgestalt von 1922 berühmt wurde. Hier erscheint das Judentum als die Religion des religiös·sittlichen Paradoxes: Z.B. zeigt sich die für das Judentum schlechthin grundlegende Einzigkeit und Absolutheit Gottes darin, daß sein Gebot unbedingt wirklich ist; dennoch ist der Mensch gefordert, es zu venvirkliche1l. 76 Daher drückt sich Israels Erwählung darin aus, daß es die Tora befolgt und durch dieses sittliche Menschenhandeln den Monotheismus verkündigt. Baeck versteht so das Judentum als die eigentlich missionarische Religion. 77 Damit ergreift er eine für sein rabbinisches Herkommen durchaus unkonventionelle Position. Zwar kennt der Rabbinismus seit seinen Anfangen in der Spätantike den Übertritt zum Judentum, doch galt in der halachischen Tradition grundsätzlich das Geborenwerden von einer jüdischen Mutter als Kriterium des Judeseins. 18 Freilich hängt gerade mit der Verabsolutierung dieses genealogischen Kri· teriums die Abwertung des Judentums als Nationalreligion oder Volkstum zusammen, die im rassisch motivierten Antisemitismus gipfelt, sich aber auch in der christlichen Eschatologie beobachten läßt. 79 Wenn Baeck dagegen das Judentum als missionarisch versteht, ergibt sich für die Eschatologie das Bild des Judentums als sittlicher Menschheitsreligion. In diesem Sinne kann Baeck ausdrücklich den Messianismus als die letzte Spitze des missionarischen Monotheismus begreifen, auf der Sittlichkeit sich in Politik weitet und jüdische Religionsgeschichte in die Wehge· schichte der Völker. so Indem Baeck das Judentum auffalligerweise als die eigentliche missionarische Religion bestimmt, stellt er also das eschatologische Schema von Partikularilät und Universalität in Frage. b) Herma1l1l Cohe1ls Konzept eines menschheitlichen Messianismus. Baeck veröffentlicht sein ..Wesen des Judentums" erstmals im vom liberalen Berliner Rabbinerseminar veranstalteten "Grundriß der Gesamtwissenschaft des Judentums". Hier erscheint auch 1919 in der Erstaunage das postume Spät werk des vormaligen Marburger Neukantianers Hermann eohen, ,,(Die) Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums". Tatsächlich 76 ß"ECK (1922) IO6f. IJ2f. 155 nennt drei Paradoxien; die genannte ist die z.weite davon. 77 A.a.O. 77: ..Das Judentum hat dcnn auch das GCbol des Weges z.ur Menschheit. der Mission. die der Besitz der Religion forden. en.eugl." 78 Auch wenn das anlikjüdische GeschichlSdenken sonsl eher palrilincar geprägl scheinl. 79 Für die chriSlliche EschalOlogic vgl. 7..B. BULTMANN (1949) 183: ..Das wahre Gouesvolk iSI die EkJdesia. die eine eschalologische Einheit ist. [... ) Man gelangt in sie nichl durch Gebun oder Volkszugehörigkeit... 80 ßAECK (1922) 282f.
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bestehen eInige Berührungspunkte zu Baeck, jedenfalls was die Eschatologie betrifft. Cohens Vernunftreligion geht freilich. anders als bei den deutschen Aufklärern von Lessings ..Erziehung des Menschengeschlechts" bis zu Kants "Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft". über eine reine Sittlichkeit hinaus. Denn diese kennt den Menschen nur als Exemplar der Menschheit; die Religion dagegen entdeckt den Menschen zuerst am Mitleid mü dem Mitmenschen und differenzien so neben Einheit und Allheit des Menschlichen noch die Mehrheit. sl M.it diesem Spezifikum, einem Plus der Religion vor der Ethik, gewinnt das Baeck'sche Konzept des Judentums als der Religion der sittlichen Paradoxien bei Cohen ein eigenes Profil. Baeck korreliene Goues Einzigkeit als die Absolutheit seiner sittlichen Forderung mit deren menschlicher Verwirklichung. Auch Cohen kommt zu dem Ergebnis, daß Gott heilig ist, weil der Mensch sich heiligen soll: er begründet dies aber ausführlicher. Dazu ist hier kurz der Gedankengang des Buches unter diesem Aspekt nachzuzeichnen: Gottes Einzigkeir schließt irgendein anderes Sein, das daneben gegeben wäre, aus. 82 Auch ein geschöpniches Sein als eigenständiges Sein neben Gott ist damit verneint, Schöpfung heißt gerade die Verneinung solchen Seins. Genauer: Da die Verneinung eines positiven Seins neben Gott ein solches im Akt der Verneinung doch noch voraussetzen müßte. verneint Schöpfung nicht ein positives, sondern ein privatives Sein. eine M.inderung von Sein. Cohen definien Schöpfung daher im Anschluß an Maimonides als Negation der Privation. 8l Gottes Einzigkeit ist demnach sein Schöpfersein. So kann Cohen die Offenbarung der Tora als ein Beispiel von Schöpfung auf dem Gebiet der Vernunft verstehen: 8A Gott läßt Israel. so wäre mit einem typisch schöpfungstheologischen Uneil zu fonnulieren, nicht im Unklaren über seinen heiligen Willen. Gottes Einzigkeit und Heiligkeit besteht nach diesem Schöpfungskonzept darin. daß er den Menschen schafft und zur Heiligung forden. und dieses wechselseitige Verhältnis nennt Cohen mit dem tragenden Systembegriff seines Buches "Korrelalion".8s Sie be81 COIlEN (1928) 17.131 f. Zur Entdeckung am Mitmenschen a.3.0. 160. 82 So 3.a.0. 50 im Anschluß an Cohens Übersetzung von Ell 3,14: ..ich bin der Seiende. Ich bin der, der nicht anders benannt werden kann als dureh .ich bin'''. Das wäre heJlenisljsch gedacht aus der Sicht heutiger Exegese. die hier auf den Spuren hebräischen Denkens ein helfendes Mit· sein Gottes mil sdnem Volk liest. 83 A.a.O. 76. Ertenntnislogisch gesprochen formulien Schöpfungslehr"c nach Cohen unendli· che Uneile. die nach der kallliscben UneilSiafel Allbeit. in diesem Falle die Absolutbeil Gottes. aussagen. Der m3imonidische Grundsalz aller Schöpfung: Gou ist nicht trige (vgl. a.a.O. 73). ist ein solches unendliches Unei!. Cohen spricht daher von einer Infinitc:sim3lmethode. 84 A.a.O. 84. 8S Eingefilhn ....0. 100f.: entfalle! •.•.0. 119f.
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Erster Teil
steht in der Vernunft, die Gott als sittliche in seiner Willenskundgabe durch die Tora anspricht, und im heiligen Geiste. der nach dem hebräischen Text von Ps 51,6 der Geist der Heiligung ist. Da sich Heiligung am Mitmenschen vollzieht, kann eohe" die Korrelation von Gou und Mensch auch auf der Ebene der Mehrheit, des Volkes. ausdrucken und mit R. Akiba sagen: Gott ist der Einzige, weil einzig vor ihm Israel sich reinigen kann. 86 Die es· chatologische Konsequenz dieses Korrelationskonzeptes ist ein Messianismus, der als die menschheitliche Aufgabe einer unabschließbaren Selbstheiligung schroff der Eschatologie entgegengesetzt wird, die diesen immerwährenden Prozeß durch die Setzung einer jenseitigen Welt abbricht.87 Cohenfoigert also allS seinem tragenden Begriff der Korrelation eine allsschließende Alternative von Messianismlls lind Eschatologie. Messianismus bezeichnet hier die sich als unverwechselbar jüdisch verstehende Erwartung, daß die Menschheit begriffen ist in einem Prozeß der Heiligung, der fortschreitend. aber unabschließbar und darum auch ein Geschehen in der einen raumzeitlichen Welt ist. Wenn dem die christliche Jenseitseschatologie entgegengesetzt wird. so hat Cohen dabei noch nicht die Diastase von Diesseits und Jenseits in der frühen Dialektischen Theologie vor Augen, sondern die Jenseitserwartung, die am Ende des 19. Jh. unler dem Einfluß von Schleiennachers Kritik der Eschatologie den Locus prägt und dabei von einer bloßen Unsterblichkeitsgewißheit für die individuelle Persönlichkeit bis zum detailfreudigen Zukunftsgemälde die ganze Bandbreite von Zukunftserwartung enthält. Cohens Konzept des menschheitlichen Messianismus zieh also nicht nur wie Baeck auf das Wahmehrnungsschema von Partikularität und Universalität. Vielmehr steht Cohens Partei· nahme Hir eine soziale Gestaltung des Messianismus zugleich jenseits des Schemas von sinnenfalliger Gestalt der Hoffnung und ihrer übersinnlichen Vergeistigung. da die Gestallungja eben, heide vermittelnd. im Geiste stau· finden soll, wie es Cohens Theorem der Korrelalion von GOIt und Mensch ausdrückt. c) Franz Rosenzweigs Neubestimmllng des Verhöl",isses vo" VerheIßung lind Erfüllllng. Cohens Gedanken werden fortgeführt von Franz Rosenzweig in seinem noch in den Schützengräben des erslen Weltkriegs begonnenen Hauptwerk ..Der Slern der Erlösung". Auch hier sei der gedankliche Duktus nachgezeichnet. wobei sich die Darslellung wiederum auf die für unsere Fragestellung einschlägigen Linien beschränkt: 86 A.a.O. 261. Zugrunde ltegt ein talmudischer Ausspruch R. Akibas (Joma 85b). der das Buchmono bildec. 81 A.a.O. 331.
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Definiert Cohen Schöpfung als Negation der Privation, so unterscheidet Rosenzweig die Schöpfung im Anfang von der Schöpfung im Wort. Erstere ist die arche-ologische und. mit Rosenzweig zu sprechen: elementare Frage, weil sie nach dem Dasein der Elemente des Alls fragt, das Rosenzweig im ersten Teil seines Buches als eine festgefügte und abgeschlossene Ordnung darstellt. Diese eine Frage nach der Schöpfung im Anfang beantwortet Rosenzweig mit Cohens Infinitesimalmethode: Schöpfung ist das Nichtnichts. 88 Schöpfung im Wort dagegen ist eine andere Frage und handelt von dem Wunder, daß die Abgeschlossenheit des Alls wieder als Anfang erscheint, die Erfüllung nochmals zur Verheißung wird, indem die Ordnung der Elemente aufgebrochen wird und diese auf die "Bahn", wie Rosenzweig im Titel des zweiten Buchteils sagt, gesetzt werden zu einer Geschichte, die sich theologisch durch die Tennini Schöpfung, Offenbarung und Erlösung beschreiben läßt. 89 Das Wunderhafte der Schöpfung, das die Erfüllung neu zur Verheißung macht, besteht dabei in der Voraussage, dem Verheißensein eines bestimmten Ereignisses im Geschehenszusammenhang,90 besteht also im Verheißungswort selbst. Anstelle der mathematischen Methode im ersten Teil des Buches erfordert daher die Schöpfung im Wort für den zweiten Teil als Methode eine Grammalik. Sie drückt das Wunder des Verhei· ßungswortes aus, in dem sich die Ordnung des Alls umkehrt zur Schöpfung und die Negation der Schöpfung im Anfang (das Nichtnichts) zur Position. dem reinen Ja der Verheißung. 91 Das Urwort solcher Grammatik kann deswegen kein Substantiv sein, das als Bezeichnung eines Anschaulichen stets negierbar wäre. noch ein syntaktisches Element. etwa Subjekt oder Objekt, das stets auf andere Satzbauteile beziehbar. damit aber begrenz- und also vemeinbar wäre. sondern nur das wertende Adjektiv. Das grammatikalische Urwort der Schöpfung im Wort ist daher das göttliche Prädikat über die Schöpfung: ..gut!" (nach Gen 1,31 ),92 und umgekehrt ist das Schöpfersein das ursprüngliche GOllesprädikat, d.h. Gott ist immer schon Schöpfer, so 88 ROSENZWEIG [1921] (1988) 26. 89 In der Architeklonik des Boches zeigt ein Vergleich die Neubcslimmung des Verhällnis.'iCS von Verheißung und Erfüllung beim Übergang vom erslen Teil (Mollo: .Jn philosophos!". lI.a.O. 3) zum zweiten (..in lheologos!". lI.a.O. 103): Ist in jenem ..die Philosophie gewissemmßcn nur die Erftillerin des in der Offenbarung Verheißenen" (a.a.O. 7). SO heißt es don (a.a.O. 120): ..Die Philosophie. wie sie der Theologe lreibt. wird zur Weissagung auf die Offenbarung:' A.a.O. 124: ..so ist von der Verheißung zur Erfullung nichts weiter verändcn. der Inh:lIt der Verheißung und die Phasen der Erfüllung sind eins; nur haI sich das Fenige zum Anfang verkehn." 90 A.a.O. 106f. gegen die Ansicht vom Wunder als Durchbrechung des Geschehenszusammenhanges. 91 VgJ. a.a.O. 125f. 92 A.a.O. 141 f.
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daß er nicht aus freiwilliger Liebe, sondern aus Notwendigkeit schafft. 93 Er ist daher nicht nur immer schon, sondern auch immer wieder Schöpfer; seine Schöpfung währt fort als allgemeine Vorsehung. die auf die Erlösung der Schöpfung ziell. 94 Dieser Gedanke ergibt sich auch daher, daß Schöpfung als Wunder ja die Umkehrung der Erfüllung in Verheißung ist und so auf die Zukunft der Schöpfung weist. Deswegen ist auch das Schöpfungsprädikat der Güte als Verheißung aufzufassen, was im Umkehrschluß heißt, daß, wo es ausgesprochen wird - im gemeindlichen Dankgebet -, Erlösung vorweggenommen wird. 95 Solche Vorwegnahme läuft im Sinne Rosenzweigs nicht einfach ihrer Zeit VOraus, sondern ist immer auch vorläufig im einschränkenden Sinne, weil das vorwegnehmende Gebet das Nächstliegende ausläßt und sogleich auf mindestens das Übernächste zugreift - denn um das Nächstliegende müsse ja nicht gebetet werden. 96 Dies unterscheidet das Gebet von der Liebe, die sich als Nächstenliebe auf das Nächste richtel. 97 Rosenzweig korreliert also seine Neubestimmung des Verhältnisses von Verheißung und Erfüllung mit einer bestimmten Zuordnung von Gebet und Liebe. Dabei bezieht er Gebet und Liebe so aufeinander, daß die Liebe die Bahn zur Erlösung der Schöpfung ist, das Gebet aber die eschatologische Ausrichtung gibt auf die erlöste Welt, die .,ewige Überwelt", wie die Überschrift des dritten Teils lautet. Dies erklärt nun, warum Rosenzweig in diesem dritten Teil die Eschatologie in einer Beschreibung des gottesdienstlichen Geschehens und mit dem methodischen Handwerkszeug einer Liturgik entfaltet. Die Vorwegnahme der vom Wunder der Schöpfung verheißenen Erlösung geschieht als Ausgriff auf das Übernächste im Gebet. nämlich im schweigenden Dankgebet, dem anbetenden Nachvollzug des "gut!", das GOIt über seine Schöpfung spricht. In diesen Bahnen beschreibt Rosenzweig ausführlich das gottesdienstliche Geschehen beim jüdischen Versöhnungsfest und spitzt es zu auf die Reinigung der Lippen. Sie befahigt das Volk zu einer erlösten Anbetung Gottes. die sich im schweigenden Verneigen vor ihm ausdrückt. 911 93 A.a.O. 128f. mil Maimonides gegen den Islam. rur den GOlt auch ohne eine Schöpfung volllr:.ommen ist. 94 A.a.O. 133-135 mit Maimonidcs gegen die islamische Lehre von nur einer besonderen Vorsehung. 95 Vgl. a.a.O. 278f. 96 A.a.O. 305 3m Beispiel des Gebets um den Tod des Anderen. da der Andere ab Anduer doch schon 101 ist: Durch die Schöpfung ist er vielmehr Milgeschöpf (man vgl. Cohen zur Entdclr:.kung des Mitmenschen). 97 A.a.Q. 298. 98 A.a.Q. 360.
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Rosenzweig stellt dem die christliche Liturgik gegenüber, die eine derartige Feier der Erlösung nicht oder. wie in der Taufe. nur als Anfang eines Lebensweges, nicht als Vorwegnahme der Erlösung kennt." So korreliert er das Judentum als Religion des ewigen Lebens mit dem Christenlum als Re1OO Das Judentum hat in der Vorwegnahme bereits ligion des ewigen Weges. das. was es als Eschalon erhofft, nämlich ewiges Leben, jedoch auf Kosten des zeitlichen Lebens - Rosenzweig erinnert daran, daß das Diasporajudentum Verzicht leistet auf eigenes Land, eigene Sprache und eigene Nalionalität 101 -, das Christentum hingegen schreitet den ganzen Weg der Hoffnung auf das Eschaton, also den Weg zum ewigen Leben aus, ohne doch ewiges Leben zu besitzen. So stehen beide Religionen in je ihrer Eschatologie sich entgegen, bilden aber erst in ihrer Korrelation aufeinander die Wahrheit Gottes, die zwar beiden zuleil wird, in diesem ZUlei/werden aber auch nur einen Teil der ganzen Wahrheil darstellt. 102 Es iSI also zu beobachten, daß sich Rosenzweigs Neubestimmung des Verhältnisses von Verheißung und Erfüllung, die er im Anschluß an Cohens differentialmathematischen $chöpfungsgedanken vornimmt, durch sein gesamtes Hauptwerk zieht und unmiuelbar in eine escilOtoJogische Kritik eines Verheißungskonzepls mündet, das auf der Unterscheidung zwischen "schon jetzt" und .. noch nicht" geschehener Er!üJJung fußt. Damit ist das chrislliche Zeitverständnis in der Eschatologie grundsätzlich in Frage gesteilt. d) Mnrtin Bubers Kritik einer Zäsur in der Geschichte. Auf solche zeitlichen Wahmehmungsschemata zielt nun die Anfrage, die Rosenzweigs Mit~ arbeiter im Frankfurter Jüdischen Lehrhaus und Initiator der gemeinsamen Bibelübersetzung, Martin Buber. in einem eindrucksvollen Gespräch mit dem Bonner Neutestamentler Karl Ludwig Schmidt im Januar 1933 geäußert hat, wenige Tage vor der nationalsozialistischen Machtergreifung. Themen dieses Gesprächs waren "Kirche, Staat, Volk, Judentum". Schmidts Einlassung zielI, wie er zu Beginn darlegt, angesichts eines wachsenden, rassisch begründeten Antisemitismus darauf, die vier einschlägigen Themen, damit nicht ..das Volkharte überbetont" wird. als religiöse zu behandeln. Hierzu nimmt er dann als Theologe Stellung und erklärt, daß das Judenlum seit seiner Ablehnung Jesu als des Messias und der Zerstreuung 99 A.a.O. 416. 100 z'B. a.3.0. 459. Der Vergleich mil dem Christenlum prägt aber den ganzen drillen Teil. der unter dem MOllo ..in tyrannos!" (3.a.0. 295) steht. womit die gcnlCinl sind. die das Eschaton vorwegnehmen (vgl. 3.a.0. 319). 101 A.a.O. 333.334.336 zu den Slichworten Land. Sprache und Nationalität. 102 A.a.O. 462.
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in die Weltgeschichte "miuelpunktlos" sei, wo doch Jesus Christus genau diesen Mittelpunkt bilde: "Die Weltgeschichte als Gouesgeschichle. als Heilsgeschichte ist nur von dieser Zäsur aus zu verstehen.,,103 In seiner Entgegnung versieht auch Buber die vier Themen des Gesprächs als religiöse Themen, indem er sie zunächst unter dem Stichwon "Israel" lusammenfaßt. Sodann stellt er die jüdische und die christliche Wahrnehmung, die er inhaltlich durchaus im Einklang mit Schmidt rekonstruien, einander gegenüber als zwei auf gleicher Ebene liegende, aber einander ausschließende Geheimnisse. Das Miteinander dieser Geheimnisse ist seinerseits ein Geheimnis, nun aber das Geheimnis Goues: .jedes echte Heiligtum kann das Geheimnis eines anderen echten Heiligtums anerkennen. (... ] Wie es möglich ist, daß es die Geheimnisse nebeneinander gibt, das ist Gottes Geheimnis". Vor diesem Hintergrund antwonet er Schmidt dann ausdrücklich: "Erlösung der Welt ist uns unverbrüchlich eins mit der Vollendung der Schöpfung r...]. Eine Vorwegnahme der vollzogenen Welterlösung zu irgendeinem Teil, etwa ein Schonerlöstsein der Seele. vennögen wir nicht zu fassen, wiewohl sich auch uns, in unseren sterblichen Stunden. Erlösen und Erlöstwerden kundtut. Eine Zäsur nehmen wir in d04 der Geschichte nicht wahr: Anscheinend stehen Schmidts und Bubers Einlassungen unbehelligt nebeneinander wie die zwei kraft des Geheimnisses Goues koexistierenden Geheimnisse, von denen Buber spricht: Die einen sehen einen Einschnitt in der Geschichte, wo die anderen ihn nicht sehen. doch beide tun dies aus der Einsicht heraus, daß die Geschichte religiöses Thema sein muß. Doch der Widerstreit ist über diese Beobachtung hinaus schärfer. Indem Schmidt die Zäsur zur Voraussetzung solch religiösen Verständnisses der Geschichte macht - sie sei als Gottesgeschichte ..nur von dieser Zäsur aus zu verstehen" -. beansprucht er, daß diese Zäsur auch vor und außerhalb dieses religiösen Verständnisses gültig sei. Aber gerade indem er damit die gesamte Geschichte unler das Vorzeichen dieser Zäsur bringt. kompromittien Schmidt sein eigenes Anliegen, angesichts des rassisch. nicht religiös molivienen Antisemitismus die Geschichte als religiöses Thema zu behandeln, denn für dieses Vorzeichen reklamien er allgemeinhistorische. nichl religiös gebundene Evidenz. Schmidts Argumentation bildet damil in aufschlußreicher Weise den Antipoden zu derjenigen Iheologischen Auffassung, die elwa zur selben 103 Die Zilale SCHMIDT 11933 J (1981) 153.155 sind verbunden durch den a.3.0. 152f. dreimal geäußerten Gedanken vom Verlust der Mine. 104 Zilale BUBER (1933) 563.562 (hier eröffneI der lel:r.le zitierte Salz einen neuen Absatz).
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I. Exposition der Fragestellung
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Zeit zum endgültigen Zerbruch der eschatologischen Arbeitsgemeinschaft der Dialektischen Theologie fühn. Dieser Zusammenhang ist kurz darzu~ stellen. ehe ich auf Bubers Entgegnung an Schmidt eingehe: E. Brunner entwickeh 1934 nach längeren Vorarbeiten eine Lehre vom natürlichen Anknüpfungspunkt der unverrechenbar freien Gnade Gones, wogegen K. Barth seinen energischsten Widerspruch SelZl. Dieses ,.Nein!" wieder~ holt er gegenüber der späteren Lehre der Hermeneutischen Theologie von einem rein strukturellen Anknüpfungspunkt im Menschen, also gegenüber seinem Marburger Gegenspieler R. Bultmann und dessen Fachkollegen E. Fuchs. IOS Vor aJlem aber ist davon F. Gogartens zeitgleiches theologisches Engagement für die dem Nationalsozialismus verbundene sog. Glaubensbewegung der Deutschen Christen getroffen. Barths grundlegender Einwand, der in der deutschen evangelischen Nachkriegstheologie als das Verdikt der natürlichen Theologie einen noch stärkeren Aufschwung erlebte, lautet ja jeweils, daß irgendein anderer Anfang der Theologie als bei Gou selbst Gefahr läuft, geschichtliche oder gesellschaftliche, anthropologische ooer kulturelle Gegebenheiten und Standards religiös zu überhöhen. d.h. theologisch gesprochen: die Radikalität des GegensalZes von Sünde und Gnade zu verwässern. Dies richtet sich zeitgeschichtlich gegen die Deutschen Christen; aber eine vergleichbare Gefahr in der akademischen Theologie wird da gesehen. wo Theologie auf Begriffen aufbaut. die mit dem Repertoire der antisemitischen Gesellschaftsideologie der Nationalso~ zialisten in Berührung geraten können. Deswegen sieht sich von Banhs Kritik auch P. Althaus in Mitleidenschaft gezogen. I06 Seine "Theologie der Ordnungen" rezipiert die Kategorien Rasse, Volk. Stand, Obrigkeit in einer Weise, die vielen Beobachtern als gefahrlieh harmonische Aufnahme natio~ nalsozialistischer Anschauungsformen erschien und erscheint. - Gegenüber all diesen ist nun Schmidt deshalb der Antipode, weil seine aUgemeinmenschlich einsehbare Voraussetzung einer weltgeschichtlichen Zäsur in Christus nicht einer natürlich~theologischen Harmonie von Vernunft und Offenbarung. Wellgeschichte und Heilsgeschichte folgt. sondern sie ergibt sich für ihn gerade umgekehn aus der krassen Dissonanz von Welt- und Heilsgeschichte: Die Weltgeschichte ist "Schatten" und ,.Nachtseite"· des Lebens! Barth monien. daß von der Geschichte theologisch zu optimistisch gedacht werde; und dieses Monitum häll Schmidt in einem 1997 im Druck veröffentlichten Brief vom 11.9.1933 (an P. Allhaus) gerade seinem Stuttganer Gesprächspartner Buber vor: Bubers Auffassung von einer bruchlo105 Fuchs war 1933 Assistent SchmKhs in Bonn. 106 ALnlAUS (1935) 6.
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Erster Teil
sen Geschichte sei ..Schwärmertum", schreibt Schmidt: .,Es ist jedenfalls so. daß der Jude Buber, der viel von Israel weiß, der aber noch nicht genug von Israel weiß, den Deutschen Christen näher steht als - ich.'d07 Diese argumentative Konstellation zeigt die ganze Schärfe des Problems einer Wahrnehmung des Judentums. Schmidts Argumentation fallt nicht unter die Barth'sche Kritik, dennoch folgt seine Wahrnehmung des Juden· turns den von ihr kritisierten Schemata, ohne daß ihm auch nur entfernt theologischer Antijudaismus unterst.ellt werden könnte, vielmehr ist dessen Überwindung sein ausdrückliches Ziel. Der Vergleich von Schmidts Entgegnung an Buber mit den zeitgleich von Barth kritisierten Autoren zeigt instruktiv, daß die theologische Aufgabe, die sich einer Revision der Eschatologie stellt, nicht darin bestehen kann, die genannten Schemata von Wahrnehmung des Judentums gewissermaßen "umzupolen".108 Barths Verdikt natürlich-theologischer Harmonisierungen trifft also nur die eine Seite des Problems. Denn nicht nur in deutlicher Annäherung an die Deutschen Christen (wie bei Gogarten). sondern auch in der schroffen Abgrenzung davon (wie bei Schmidt) kann dieselbe Schwierigkeit entstehen. daß nämlich für einen theologisch eindeutigen Sachverhalt außertheologische Evi· denz beansprucht wird. Genau dies tut Schmidt, wenn er eine weltgeschichtliche Zäsur in Jesu historischem Auftreten zur Voraussetzung eines religiösen Geschichtsverständnisses macht und damit fordert. auch das Judentum als nichtchristliches Denken müsse. sofern es an einem Verständnis der Geschichte interessiert sei. diese Voraussetzung mitvollziehen. Liest man nun vor diesem Hintergrund Bubers Replik an Schmidt. dann stellt die Nichtwahrnehmung einer Zäsur nicht bloß ein Geheimnis neben ein anderes, sondern bestreitet, daß dem Christentum ein solcher Rückgriff auf allgemeinmenschliche Evidenzen zu Gebote stünde. die auch für das Judentum verbindlich sein müßten. Er zieht so die Möglichkeit einer derartigen Voraussetzung generell in Zweifel. also sowohl in ihrer harmonistischen Ausprägung wie bei Gogarten als auch in ihrer skeptischen Variante wie bei Schmidt. Buber übt damit grundsätzliche Kritik vor allem am Wahmehmungsschema von "Schon jetzt" und "Noch nicht", das sich am Thema der Messianität Jesu in der aporetischen Frage niederschlägt: Ist der Messias schon gekommen oder noch nicht?l09 Bubers Anfrage zielt somit 107 Zitale MOllLlNü (1997) 239.240.240.240: vgl. früher: V.O. OSTEN-SACKEN (1978) 142. 108 Darum ist nicht das von Buber ..dialektisch dem ,Noch nicht' hinzugefLIgle .Schon' ent· sprechend dem christlichen .Schon'. dem dialektisch das .Noch nicht' hinzugehörr' (STf.GEMANN [19881 145). das zukunftsweisende Morncnt des Gesprächs. das Judentum ab und dem christlichen 109 Diese Frage weist WERBLOWSKY (1%8) 44 Fundamentalismus zu.
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auf eine Revision des in der christlichen Eschatologie vorfindlichen Verständnisses von Zeit. 4. Ergebnis. Die Bedeutung der hier referienen Anfragen jüdischer Religionsphilosophie an die zeitgenössische christliche Eschatologie ist nicht allein in der kritischen Spiegelung der Wahmehmungsschemata zu sehen, sondern mehr noch darin, daß damit sachliche Themen entbunden werden, die für eine Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum wichtig sind. Bei Baeck wird die Mission und bei Cohen die Leidensthematik zum Thema der Eschatologie, jeweils als Entdeckungszusammenhang ihrer menschheitlichen Dimension. Seide betonen dabei den Zusammenhang von Eschatologie und Ethik als Zusammenhang von göttlichem und menschlichem Handeln, der im vorigen Punkt dieses Abschnitts schon für die jüdische Eschatologiegeschichte überhaupt wichtig zu sein schien. Bei Rosenzweig wiederum ist der Gottesdienst der Entdeckungszusammenhang der Eschatologie, für die sachlich das Verheißungsthema zentral ist. An ihm entscheidet sich auch das Zeitverständnis, auf das Buber eingeht. - Alle diese Anfragen und Themen werden im weiteren Verlauf vorliegender Untersuchung wichtig sein bei der weiteren Ausarbeitung der Fragestellungen, die eine evangelische Eschatologie im Blick auf das Judentum berücksichtigen muß. Deswegen werden die dritten Abschnitte der Kapitel [I-V im Rückgriff auf den vorliegenden Abschnitt und in Weiterführung davon eigens den Ertrag der jeweiligen Eschatologiekonzepte für diese Fragestellungen sichern. Somit ergibt sich für den folgenden, zweiten Teil der vorliegenden Untersuchung dieser Gesamtaufriß: Es werden vier Komplexe evangelischer Eschatologiegeschichte (Kap. U-V) hinsichtlich ihrer eschatologischen Argumentation und deren Implikationen für die Wahrnehmung des Judentums (Abschniue Nr. I mit den Unlerabschniuen 1.1 zur Argumentation und 1.2 zu den Implikationen), ihrer eventuellen Schemata von Wahrnehmung des Judentums (Abschnitte NT. 2) und ihrer Bedeutung für Fragestellungen evangelischer Eschatologie im Blick auf das Judentum (Abschnitte Nr. 3) behandelt.
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II. Friedrich Schleiennachers eschatologisches Dilemma
"Mitten in der Endlichkeit Eins werden mit dem Unendlichen und ewig sein in einem Augenblick, das ist die Unsterblichkeit der Religion:
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U. Friedrich Schleiermachers eschatologisches Dilemma
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auch über die sonstigen Topoi der Eschatologie schreibt, daß ihnen "derselbe Wenh wie den übrigen Glaubenslehren nicht kann beigelegt werden".4 In der Zweitausgabe seines Buches "Der christliche Glaube" von 1830/31 findet diese Grundsatzkritik der Eschatologie dann ihre ausgereifte Gestalt. 5 Der Bogen, der mit diesen Schlaglichtern vom Anfang bis zum Ende von Schleiermachers literarischem Schaffen geschlagen wurde, deutet bereits ein Grundproblem von Schleiermachers Eschatologie an: Einerseits gründet seine Wirkung zu etlichem Teil auf Gedanken zu einem eschatologischen Thema, der Ewigkeit. Andererseits war diese Wirkung selbst "das eschatologische Loch", das Schleiermacher in die Theologiegeschichte des 19. Jh. gerissen haben soll. Man muß daher Schleiermachers eschatologische Kritik als positiven Beitrag zur Lehrgeschichte würdigen.
I. Analyse Die sieben Paragraphen, in denen Schleiermacher in der zweiten Auflage seiner "Glaubenslehre" die Eschatologie behandelt,6 bilden nicht deren Abschluß, vielmehr folgt ihnen noch ein Abschnitt über die Eigenschaften Gottes als des Erlösers, und erst dann steht am Schluß der Dogmatik die Trinitätslehre. Das ist auffallig genug für einen dogmatischen Entwurf, der den traditionellen Inhalt und Aufriß integrieren will. 7 Es liegt daher nahe. Uberlegungen zur Architektonik zum Ausgangspunkt für die Analyse von Schleiermachers Eschatologie zu nehmen. 1I
1.1. Aufweis eines eschatologischen Dilemmas in zwei Gestalten
1. Die dogmatische Stellung der Eschatologie. Im Aufriß der "Glaubenslehre" erscheint die Eschatologie in deren zweitem Teil (Gegensatz von Sünde und Gnade: §§ 62-169) auf der Seile der Gnadenlehre (Bd. U der ..Glau4 DF.RS. [18211221 (1980184) 11.3 19 (§ 175). 5 Grundlage meiner Überlegungen in diesem Kapitel ist vor allem die l.weite Aunage der ..Glaubenslehre" von 1830131. während ieh rur die l.ur Ergänl.Ung herangezogenen •.Reden" auf den TeKl der Erstausgabe von 1799 zurückgreife. also jeweils auf die wirkmächligstcn Gestalten dieser beiden Uauplwerke Schleiermachers. Abweichungen anderer Aunagen dieser Texte und weilere Texte kommen in den Blick. wo dies geeignet scheint. 6 SCln..ErERMACI~ER 11830/311 (1960) 11,408--440 (§§ 157-163). 7 Vgl. die Definition von Dogmatik als Darslellung der kirchlich geltenden Lehre. die SCHLEIF.RMACIlF.R in der "Glaubenslehre" gibt (a.a.O. 1,119[§ 191). 8 Aus solchen Gesichtspunkten heraus argumcnlien v.a. UERMS (1990) 97-108.
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Zweiter Teil
benslehre": §§ 86--169) im Abschnitt über die Beziehung der Gnade auf die Welt (§§ 113-163) als dessen drilles HauplSlück. Die umgebenden Ab-
schnille handeln von der Beziehung der Gnade auf den Menschen (§§ 91112) bzw. von GOII in bezug auf die Gnade (§§ 164-169) und spiegeln damit die drei Dimensionen dogmatischer Sätze als Aussagen über das Selbst·, Welt- und Gouesverhältnis des Menschen,9 in denen auch auf seiten der Sündenlehre (§§ 65-85) sowie im ersten Teil (Voraussetzungen des Gegensatzes von Sünde und Gnade: §§ 32-6 J) die Dogmatik entfaltet wird. IO Es fallt nun auf, daß in der GnadenJehre die individuelle Dimension der Dogmatik in zwei Hauptstücken dargestellt wird, die überindividuelle aber in dreien. Über die Frage des EIl1stehens und des Bestehens von (individuellem bzw. gemeinschaftlichem) Gnadenbewußtsein hinaus handelt hier nämlich die Eschatologie von dessen überindividueller Vollendung. Vollendung. so wird argumentiert. ist dabei deshalb der gemeinschaftlichen und nicht der individuellen Dimension zugeordnet. weil für Schleiermacher die Gnade ohnehin nur an einem ..Gesamtleben" besteht. in dieser gemein11 schaftlichen also die individuelle Dimension miteingeschlossen ist. So wird die zunächst befremdliche Eingliederung der Eschatologie in das Ganze von Schleiermachers Dogmatik plausibel. Jedoch bei der internen Gliederung der Eschatologie kehrt dieselbe Spannung von individueller und sozialer Dimension wieder. Hier stellt zunächst je ein Paragraph die beiden Aufgabenfelder der Eschatologie vor, nämlich die gemeinschaftliche Dimension als Vollendung der Kirche (§ 157) bzw. die individuelle Seite als Fortdauer der Persönlichkeit (§ 158), ehe der eigentliche Schlüsselsatz in § 159 Eschatologie als ..Lösung beider Aufgaben" definiert}2 Von diesen drei Grundlegungsparagraphen deutlich unterschieden durch die Zählung von vier ..prophetischen Lehrstücken". thematisieren die §§ 160-163 vier Ansätze zur Lösung dieser doppelten Aufgabe; Schleiermacher greift damit die protestantische Überlieferung von der Vier.lahl der letzten Dinge auf und verbindet so auch hier. wie bei der Stellung der Eschatologie im Ganzen der Dogmatik, seine originären Ein9 Dazu grundsälZlich SCHLEIEltMACIiER 118301J I1 (1960) 1.163 (§ 30). 10 In dieser Dreisteltigkeit der Dogmatik schlägt sich Schleic:nnachc:rs 1lIeorie des BeWUßIseins nic:dc:r. derzufolge der Mensch sieb teils als rahig zu eigener. wirksam handelnder Einfluß. nahme auf sicb selbst und die Weil empfindei und leils als dazu unflibig. d.h_ teils als frei und teils als abhängig. Gott gegenüber aber als schlechthin abh5ngig. also unfähig zu irgendeiner Gegenwirkung auf Gon (u.O. 1.23-30 I§ 4 J). II HalMS (1990) l04f. sowie a.•.O. 101 mil der Schlußfolgerung fiir die Stellung der EschalOkJgie. 12 Zltal 5CHLEtERMAQtEJt 1183013 I ) (1960) 11.416.418 (f 159).
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sichten mit der dogmatischen Tradition. l3 Beide Elemente sind im einzelnen so miteinander verbunden, daß Schleiermachers eigene Einsicht das Problem formuliert, welches er gerade der eschatologischen Lehrtradition entnimmt "Daher nun können wir auf keine Weise den folgenden Sätzen, welche von den letzten Dingen handeln, denselben Wert wie unsem bisherigen Lehrsätzen beilegen.'d4 2. Der dogmatisl:he Wert der Eschatologie. Die entscheidende Frage an Schleiermachers Eschatologie lautet, was mit der Rede vom .,Wen" eschatologischer bzw. sonstiger Lehrsätze gemeint isl. Sie läßt sich mit architektonischen Überlegungen nicht beantworten, sondern nur so, daß die Einleitung zu Schleiermachers "Glaubenslehre" (§§ 1-31) zu Hilfe genommen wird, wo er sein Verständnis von Lehrsätzen entfallel. 15 Hier unterscheidet er im Abschnitt "Vom Verhältnis der Dogmatik zur christlichen Frömmigkeit" zweierlei Sätze, nämlich Glaubenssätze (§ 15) und dogmatische Sätze (§ 16). Glaubenssätze sind dabei solche Sätze, die Zuständlichkeiten eines ursprünglichen frommen Selbst bewußtseins zur Sprache bringen; und dogmatische Sätze sind innerhalb der Glaubenssätze diejenigen, die dies nicht tun, um momentan künsl1erischen Eindruck oder rhetorischen Erfolg zu erzielen wie das dichterische bzw. rednerische Sprachgebiet (§ 16, I). sondern um grundsätzlich darzustellen und zu belehren, wobei "der höchst mögliche Grad der Bestimmtheit bezweckt wird".16 Der Unterschied zwischen Glaubenssätzen und dogmatischen Sätzen ist also keinesfalls ausschließend, vielmehr sind diese eine Teilmenge jener, und zwar auf der höchsten von drei Stufen. Diese drei sind das dichterische, das rednerische und das darstellend belehrende Sprachgebiel. In einem Zusatz zu § 16 betont Schleierrnacher den Zusammenhang zwischen Glaubenssätzen und dogmatischen Sätzen: Diese müssen immer rückbeziehbar bleiben auf jene, nämlich "auf die unmittelbaren Aussagen des frommen Selbstbewußtseins" .17 Dieser Zusammenhang suggerien nun die Folgerung. daß die Un13 S. S. 43 Anm. 7. Zur schwankenden Vienahf der Eschata vgl. HJELDE (1987) 71.84 u.ö. Bei SCBLJHERMACIIER 11830/311 (1960) §§ 160-163 sind diese Lehrslücke die Wiederkunfl Chrisli. die Auferslehung des Fleisches, das JUngsle Gerichl sowie die ewige Seligkeit. Der .Zusatz" zu diesen (in der Zweit3uOage der ..Glaubenslehre·') ist kein eigenes Lehrslück. 14 A.a.0.1J,418 (§ 159.2): vgl. 3.a.0. IIAI6f. (§ 159. LehrsalZ). 15 Hier selzen, völlig zu Recht, die Überlegungen von WEE8ER (2000) an. 16 Die Formulierung des Lehrsalzes in § 16 (SCHLElERMACtIER 11830/311 119601 1.107) Ilißt mil dem zitierten Nachsatz zunächst noch offen, ob die größtmögliche Beslimmlheil eine der darstellend belehrenden Redeweise inhärente Eigenschaft oder eine zusätzliche Qualifikation ist: s. S. 54 Anm. 44. 17 A.a.Q. 1,110 (§ 16. Zusatz). Diese Rückbindung unterscheidei fUr Schleiennacller a.9.0. J.lll Dogmalik von Spekulation. Ein viertes, "besonderes Sprnchgebicl". das er mit Rückgriff auf
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Zweiter Teil
terscheidung zwischen Glaubenssätzen und dogmatischen Sätzen für den Ausschluß der Eschatologie aus dem Kreise der Lehrsätze keine Rolle spielt; m.a.W. wenn die dogmatischen Sätze nur eine Teilmenge der umfassenderen Klasse der Glaubenssätze sind und die Unterschiede beider gradueller Natur, dann scheint der grundsätzliche Einwand gegen die Sätze der Eschatologie ihnen auch den umfassenderen Charakter von Glaubenssätzen abzusprechen, womit sie dann freilich auch als dogmatische Sätze nicht mehr in Frage kommen. I! Im folgenden sind nacheinander beide Arten von Sätzen für die Prüfung eschatologischer Sätze heranzuziehen. a) Eschatologische Sätze als Glaubenssätze. Wenn also die Eschatologie vor allem deswegen nicht den Wert von Lehrsätzen beanspruchen könnte. weil sie keine Glaubenssätze bildet. dann hieße dies. daß sie keine unmittelbaren Aussagen des Selbstbewußtseins bildet; und dieser Einwand klingt plausibel, sofern Zukünftiges keinen unmittelbaren Inhalt von Selbstbewußtsein darstellen kann. Will man dagegen die Lehrbarkeit von Eschatologie behaupten, so wäre zunächst nachzuweisen, daß die Inhalte ihrer Lehrsätze als Vorstellung im religiösen Selbstbewußtsein vorkommen können; und einen solchen Beweis strengt Schleiermacher an. Dabei zeigt sich, daß er etwa in § 157 das Argument von der dem Selbstbewußtsein unzugänglichen Zukunft zwar gebraucht, gerade angesichts seinef aber festhält, daß die Erwartung einer Vollendung der Kirche zum christlichen Selbstbewußtsein hinzugehört: Allein wenn diese Sätze (sc. neutestamentliche Weissagungen bezüglich der Kirche] auch nicht Glaubenssätze sind, insofern ihr Inhalt als unser Fassungsvennögen übersteigend keine Beschreibung unseres wirklichen SelbstbewußlSeins ist: so stellt sich die Sache doch anders, wenn wir I... ] dabei stehenbleiben. daß sie nichts von demjenigen enthalten dürfen. was in unsern jetzigen Zuständen von den Einwirkungen der Welt heITÜhr1. Daß diese. auch weiter als die Mitwirkung eines jeden dazu reicht. eingeschränkt werde. ist immer der Gegenstand unseres Gebetes. und die vollendete Kirche ist sonach der Ür1 der vollständigen Erhörung desselben. l ,) § 16 als ..llia/~klisch" bezeichne!. erinncn durch seine ..Verwandlschafl mit der wissenschaftlichen Tenninologie jener Gebiete (sc. der Philosophie]" (alle Zitale 0..0..0. 1.155 (§ 28.1 J) zwar an die
bewußtseinsunabhängige Spekulation. ist aber doch wohl eher als ein ideeller Grenzbegriff der theologischen Rede gemeint und steht dem oben Gesagten also nicht entgegen. 18 Es ist daher verständlich. wenn HERMS (Im) 109-112 regelmäBig von ..Glaubensaussagen" spricht. die Unterscheidung von Glaubens- und dogmatischen Sälzen überbrückend. Auch WEEBER (2000) 29 macht den Unterschied zwar thematisch. schränkt seine Bedeutung aber sofon ein und bez.ieht die Exklusion der Eschatologie aus dem Gebiet der Lehrsätze 0..3.0. 114f. 117f. ebenso auf Glaubens- wie auf dogmatische Sätze. 19 SCIlLfIERMACHER (1830/311 (1960) IIA 10 (§ 157.2). Der Absatz schließt daher nur scheinbar die Vollendung der Kirche 3US dem christlichen Selbstbewußlsein aus. wenn es zunächst heißt
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11. Friedrich Schleiennaehers eschatologisches Dilemma
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Was Schleiermacher mit dieser Argumentation erreicht, ist der Nachweis, daß die Erwartung einer erst zukünftigen Vollendung der Kirche Bestandteil des gegenwärtigen Selbstbewußtseins ist: nämlich in Gestalt des Gebets. lO Ähnlich argumentiert er in § 158 zur Erwartung der persönlichen Fortdauer oder Unsterblichkeit des Menschen. Hier bestreitet er zunächst, daß der Gedanke der Unsterblichkeit mit der Religion notwendig mitgesetzt und 21 also religionsphilosophisch beweisbar sei (§ 158,1), und zeigt dann, daß er. freilich ausschließlich als Verheißung, im christlichen Selbstbewußtsein enthalten ist, als solcher dann aber allgemeinmenschlich gültig (§ 158,2). Schleiennaeher wehrt also zunächst die allgemeine Begründbarkeit ab, um danach die allgemeine Geltung zu behaupten, und erreicht so, was bei der Vollendung der Kirche der Rekurs auf das Gebet bewirkte, nämlich die Begründung auf dem christlichen Selbstbewußtsein. Was dort das Gebet, ist hier Christi Verheißung seiner Wiederkunft und damit der implizierten Fortdauer "als menschlicher Person", die dann "vermöge der Selbigkeit der menschlichen Natur in ihm und in uns" auch "für alle ohne Ausnahme" gilt. 22 Schleiermacher, so das Ergebnis dieser Analysen, ist also durchaus der Ansicht, daß die Sätze der Eschatologie unmittelbare Aussagen des christlichen Selbstbewußtseins enthalten. Die SälZe der Eschatologie sind für Schleiermacher Glaubenssätze. Wie aber kann er ihnen dann dennoch den Wert von Lehrsätzen bestreiten? Hier ist offensichtlich die Unterscheidung zwischen Glaubenssätzen und dogmatischen Sätzen doch gewichtiger, als es zunächst schien. Denn wenn die Eschatologie dem christlichen Selbst~ bewußtsein Ausdruck gibt, heißt das ja noch nicht. daß dies auch in dogma(11.11.0. 11,4(9): .Slrenggenommcn kann uns also auf unserm Standpunkl keine Lehre von der Vollendung der Kirche entstehen, da unser christliches Selbstbcwußtsein geradezu nichts über diesen uns ganz unbekannten Zustand aussagen kann:' 20 HERMS (1990) 11I verallgemeincn diesen Sachverhalt. wenn er ,,die gf'gem4'Örtige Perspektive des unmittelbaren Selbstbcwußtseins auf den ncxh ausstehenden Zustand" als ebenso real begreift wie eine gegenwärtige Bestimmtheit, denn beide haben ,,denselben Gegenstand" (ebd.). 21 Entscheidend ist hicr. daß es, wie ..ein unfrommes Leugnen dcr Unsterblichkeit", so auch ein •.ganz anderes (.sc. frommes 1 Entsagen auf die Fondaucr der Persönlichkeit" gibt (Zitate SCmEIERMAOtER [18301311 [19601 11,412 [§ 158,11). Bewiesen wird also wiederum bloß das mögliche Vorkommen solcher Vorstcllungen. 22 Zitate a.a.O. 11,413.413.415 (alle § 158,2). Der naheliegende Einwan
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Zweiler Teil
tischer Form, also darstellend belehrend und in größtmöglicher Bestimmtheit, geschieht. b) Eschatologische Sätze keine dogmatischen Sätze. Die maßgebliche Frage, die sich im Anschluß an diese Überlegungen stellt, lautet also, was unter der größtmöglichen Bestimmtheit des darstellend belehrenden Sprachgebiets zu verstehen ist. Hier ist wichtig, daß diese Frage sich deckt mit der anderen, was mit der Rede vom ..Wert" von Lehrsätzen gemeint ist; denn es ist nach den bisherigen Überlegungen ja die Bestimmtheit der dogmatischen Sätze, die den Sätzen der Eschatologie zum Wert von Lehrsätzen fehlt. Wenn aber die Frage nach der Bestimmtheit dogmatischer Sätze durch die ihres Wertes beantwortet wird, dann legt sich ein Differenzkriterium nahe, welches das Sprachgebiet der Dogmatik vom dichterischen und vom rednerischen unterscheidet, nämlich die Definition des Wenes dogmatischer Sätze im § 17 der "Glaubenslehre". Er folgt direkt der Unterscheidung der Sprachgebiete. Hier wird zweierlei ..Wert" der dogmatischen Sätze definiert: der kirchliche und der wissenschaftliche Wert. Der kirchliche Wert eines dogmatischen Satzes ist demnach seine Herkunft aus einem (dichterischen oder rednerischen) Glaubenssatz (§ 17,1), und der wissenschaftliche Wert ist sein Heraustreten aus dem dichterischen und rednerischen Sprachgebiet (§ 17,2). Kirchlicher und wissenschaftlicher Wert eines Satzes gehen also, bildlich gesprochen, dieselbe Straße, die Glaubenssatz und dogmatischen Satz verbindet, doch gehen sie sie dort in einer, hier in der anderen Richtung (zum Zusammenhang beider: § 17,3). Wenn nun, wie gesehen, der wissenschaftliche Wen das Plus über dichterisches und rednerisches Sprachgebiet hinaus bezeichnet, so muß sich die Bestreitung des Lehrwertes der Eschatologie offenbar auf diesen wissenschaftlichen Wen richten,23 und als diesen wissenschaftlichen Wen eines dogmatischen Satzes versteht 4 Schleiermacher die "Bestimmtheit der darin vorkommenden Begriffe".2 Die Eschatologie hat also darin nicht den Wert von Lehrsätzen, daß sie nur kirchlichen, aber keinen wissenschaftlichen Wen hat, und das heißt nach Schleierrnachers Ausführungen zu letzterem: Sie bringt es nicht zu einer "möglichst genauen und bestimmten Erklärung der vorkommenden bildlichen Ausdruckc".23 23 Nur als Vermutung wird dies erwogen von WEEBF.R (2000) 161. Die ErKlärung von HERMS (1990) 109 Anm. I. daß Sehleierrnachcr ..eher im mathematischen Sinn" von Wen spreche. wie dies nach ihm ..erst wieder in der sprachanalytischen Philosophie des 20. Jahrhundens" der Fall sei. scheint geKünstelt. 24 SCHLEIERMACllER {1830/311 (1960) [,114 (§ 17.2).
25 Ebd.
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11. Friedrich Schleiennaehers eschatologisches Dilemma
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3. Die Partikularität der Es(:hatologie. Dies darf nun allerdings nicht so verstanden werden, als ziele dogmatische Sprache mit der Erklärung der Bilder auf deren Eliminiemng. Gewiß finden sich auch in der Eschatologie Vorbehalte gegen versinnlichte Zukunftsvorstellungen. 26 Gerade die eschatologischen Paragraphen der ..Glaubenslehre" jedoch kritisieren die Eschatologie immer wieder dafür, daß sie eine .,anschauliche Vorstellung" in einem ..bestimmten Bilde" von den letzten Dingen flicht zusrandebringt. 27 Ausdrücklich bestimmt Schleiermacher die Aufgabe der Eschatologie so, daß es mit ihr ,.keine andere als die nachgewiesene Bewandtnis hat, indem überaIl jene heiden Punkte. persönliche Fortdauer und Vollendung der Kirche. aufeinander bezogen in einem sinnlich aufzufassenden Bilde dargestellt werden wollen".28 Bildlosigkcit und Unanschaulichkeit sprechen nach Schleiennacher also nicht für, sondern gegen eine dogmatisch verantwortbare Eschatologie. Diese Feststellung muß sich auseinandersetzen mit anderslautenden Interpretationen der Eschatologie Schleiermachers, die in dessen unmittelbarer Umgebung beheimatet sind. a) Vergeistigte Eschatologie bei Schleiermacher? So entsteht etwa der Eindruck. Schleiennacher habe nicht zu einer sinnlich aufzufassenden Eschatologie, sondern zu deren Vergeistigung beigetragen.29 Ein solcher Eindruck kann allerdings leicht entstehen. wenn Schleiermachers einschlägiges Konzept einer ,.Bestimmtheit" der Begriffe durch ,.anschauliche Vorstellung" von kantischen Begriffen der Anschauung und der Vorstellung aus gelesen wird. Schleiennacher selbst aber geht es bei seinem Verständnis von ..Bestimmtheit" weniger darum, eine ansonsten blinde Anschauung auf den Begriff zu bringen und sie so zu bestimmen, und deswegen ist ihm auch nicht entgegenzuhaJlen, daß ein nicht durch Anschauung schematisierter Begriff leer und deswegen vergeistigt wäre. Dies wäre ein von Kam aus plausibler erkenntnistheoretischer Einwand. Schleiennaeher aber entwickelt sein Konzept von sprachlicher ..Bestimmtheit" nicht in erkenntnis-, sondern in bewußtseinstheoretischem Zusammenhang. Gewiß führt auch Kants Erkenntnistheorie der Synthesisleistungen an ihrem höchsten Punkt auf die 26 Z.8. a.a.O. 11.413.416 (I 158.1.3). 27 Kembegriffe sind die ..;mschaulkJ)( Vorstellung" (a.a.a. 11,416.425.435.439 IU 158.3; 161.1: 163.2; Zusatz zu § 163» und das ..sinnliche Bild" (u.G. 11.420.423 IU tS9.3: 160.2». Zil iert sind die je",-eils IelZlen Stellen. 28 A.a.O. 11.420 (I 159.3). 29 So schon der ersle einscbligigc rnonogntphische For-scbungsbcitng: GEJtLACtI (1869) 116 und nocb kürzlkb STEIGER (tm) 309. Für unsere Fragestellung iSI dieser Eindruclr. wichtig. weil er mil dem Them3 der Wahrnehmung des Judentums eng zusammenhingt. s. Kap. 11.3. hier S. 74r.
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ursprüngliche Einheit des Selbstbewußtseins, die er rranszendemale Apperzeption nennt. Aber charakleristischerweise ist darunter verstanden ein ,Jch denke. welches alle meine Vorstellungen muB begleiten können".JO während es Schleiermacher nicht um dieses Können geht. also nicht um ein mögliches. sondern um ein wirkliches Bewußtsein, das Gefühl schlechlhinniger Abhängigkeit. Gerade gegen Kant macht SchJeiennacher ja das Geruhl als ein neben Wissen und Tun driues. das empfindende Seelenvennögen geilend. Vor diesem Hintergrund scheint es von nachrangiger Bedeutung, für SchJeiermachers schlechthinniges Abhängigkeitsgeftihl dieselbe .,SystemJI stelle" wie für Kants transzendentale Apperzeption zu reklamieren. Was Schleiennaeher unter der Bestimmtheit eines (dogmatischen) Begriffs als ..Erklärung der vorkommenden bildlichen Ausdrücke" versteht, erhellt vielmehr aus seiner Theorie des Selbstbewußtseins, um so mehr, als Schleiermacher selbst auf sie im Paragraphen über die Bestimmtheit dogmatischer Sätze Bezug nimmt. 32 Darum sind hier die einschlägigen Partien dieser Theorie zu betrachten: Schleiennaeher unterscheidet nach der Fundierung seiner Theorie im Konzept des Gefühls (§ 3). genauer: des religiös bestimmten Gefühls (§ 4). dreierlei Stufen von Selbstbewußtsein, nämlich das tierische, das sinnliche und als höchstes das unmiuelbare Selbstbewußtsein (das schlechthinnige Abhängigkeitsgefühl). Der einschlägige § 5(, I) der "Glaubenslehre" liefert also gewissennaßen den Unterbau zu § 4 nach. Dabei geht es Schleiennacher, wie schon der Leitsatz zu § 5 sagt. um den Zusammenhang des unmittelbaren mit dem sinnlichen Selbslbewußtsein. Sinnliches Selbstbewußtsein ist dabei ,.im weitesten Umfange des Wones verstanden" als solches. das durch den Gegensatz sinnlich wahrnehmbarer Gegenstände, d.h. den Gegensatz von Einzelnem zu anderem Einzelnen bestimmt ist - ein Gegensatz, den tierisches Selbst bewußtsein noch gar nicht kennt. Das unmittelbare Selbstbewußtsein bezieht dagegen das Einzelne nicht auf irgendein anderes Einzelnes. sondern auf das All. das jeden Gegensatz von Einzelnen untereinander in sich aufhebl. 33 Mit diesen Ausführungen faßt Schleiennaeher 30 KANT (1787) B 131 (Ikl"\'orhebungen im Original), 31 So ROSEl'rlAU (1993) 153 Anm, 172, der dies freilich selbst einschrinkt. 32 SCtILEIEJlMACHEJI 118301311 (1%0) 1,115 (f 17.2): Ein dogmatischer Satz. der .irgend elwti objektiv begriinden will. ohne auf das höhere Selbstbewu6lscin zul'ÜCkzugehn. wirc kein Glaubenssatz mehr". 33 De.r ganze Absatz 15.1 zeichnet die Stufenleiter des dreieriei Selbslbewu6lscins nach und faßc sie am Schluß nochmals zusammen. Ersl dieser Gesamtduktu macht deutlich. da6 Schleiermachen Begriff des Sinnlichen lrOtZ des Zitats (LLO. 132) nicht v.oeit. sondern prizise vom Gegensatz des Einzelnen. also als Ma""igfalri&~s, verstanden v.oerden muß - und ";chr ~Il4YJ als g~-
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unverkennbar seine frühe Wesensbestimmung der Religion als "Sinn und Geschmack fürs Unendliche".34 als momentanes Einssein mit dem Universum in bewußtseinstheoretische Gestalt. Es nimmt daher nicht wunder, daß Schleiermacher in der ,.Glaubenslehre" als nächstes (§ 5,2) den Beweis an· schließt. die Zusammenfassung der einzeln auseinandertretenden Momente des sinnlichen Selbstbewußtseins zur Einheit des höchsten Selbstbewußtseins leiste •.kein anderes unmittelbares Selbstbewußtsein als das beschriebene Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit". Also nur die Religion faßt das sinnliche Selbstbewußtsein zum höchsten Selbslbewußtsein zusammen, nicht elwa auch Wissen oder Tun, da jedes der beiden noch einem einzelnen ,.Gewußten als Gegenstand" bzw. ,.Gegensmnd seines Handeins" gegenüberstehl. J5 Die Bestimmtheit des unmittelbaren Selbstbewußlseins ist für Schleiermacher demnach geradezu definiert als Zusammenfassung des mannigfalti. gen sinnlichen Selbstbewußtseins zu einer Einheit. und diese vermag das höchste Selbstbewußtsein nur zu leisten unter der ..Voraussetzung, daß zugleich mit demselben auch das sinnliche Selbstbewußtsein gesetzt sei". Dieser Voraussetzung widmet Schleiermacher einen eigenen Absatz (§ 5,3). Dabei erklärt er den beschriebenen Zusammenhang von sinnlichem und unmittelbarem Selbstbewußtsein in letzterem zugleich zum .,Vollendungspunkt des Selbstbewußlseins·,.36 Dann aber kann das bestimmte, unmittelbare Selbstbewußtsein nicht als unsinnlich gedacht werden und liefen also keinen Anhalt rur die Annahme einer Vergeistigung der Eschatologie bei Schleiennaeher. b) Apokatastatische Eschatologie bei Schleiermacher? Freilich schreibt Schleiermacher im nächsten Absatz von § 5 über das unminelbare Selbstbewußtsein. daß es sich .,in seinem Sich-selbst-gleich-Sein ohne Beziehung auf jenes lsc. das sinnliche SelbstbewußtseinJ" "unter dem Ausdruck der Seligkeit des Endlichen als den höchsten Gipfel seiner Vollkommenheit" darstelle. Hier wird also die Seligkeit als unminelbares Selbstbewußlsein beschrieben, das vom sinnlichen abgelöst ist und als solches ..eine unveränderliche Gleichheit des Lebens. welche jeden solchen Gegensatz ausg~rtständlidl
Konkuus. wie es gegenwlittige
Be.~innung
chrisllicher 11lrologic auf das Judcnlum ofl auffa&. FUr Schleicnnacher zählt dagegen unler das Sinnliche L8. auch das Sillliche (ebd.!). Die beiden Beg.riffsgebriuche von Sinnlichkeil kurzzltSChlie8en. i~ das Problem des in vielen Punklen reprisenlaliven Aufsalzcs von STEIGER (1994) 3 13 U.O. 34 SCtILEIERMACHEJI. 117991 (1958) 30_ 35 Zilale DERS. 1183CV311 (1960) 1,33.33.34 (alle § 5.2). Das Verhältnis der Religion zu WiS5Cn und Tun priglt ja durchgingig Schleiermachers ..Reden~ '"on 1799. J6 Zitale lI.LO. 1.35 (§ 5.3).
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schließt",J1 hervorbringt. Der hier genannte Gegensatz ist jedoch nicht der des mannigfahigen Einzelnen im sinnlichen Selbstbewußtsein wie in § 5.3. sondern der von Lust und Unlust, unter dem alles sinnliche Selbstbewußtsein steht. Beide Gegensätze sind zu unterscheiden. Angenommen, die Gegensätze von Lust versus Unlust und Einheil versus Mannigfaltigkeit seien gleichzusetzen, so entsteht der Eindruck. Schleiennaeher begreife die Seligkeit als ...Lust'. religiös qualifizien als sündloses Leben", und kraft der angenommenen Gleichsetzung zudem als Ausschluß des Mannigfaltigen. also der Trübung der Seligkeit durch die ..,Unlust' [... J, religiös qualifiziert als sündiges Leben".31 Mit diesem Ausschluß des Mannigfaltigen wäre aber der Widerstreit von universeller (§ 157) und individueller (§ 158) Eschatologie im Sinne ersterer gelöst. es bliebe ein identisches GesamtbUd universeller Seligkeit zurück, also die Apokatastasis, die sich dann auch als Bestimmung des unmittelbaren Selbstbewußtseins auf einen dogmatischen Lehrsatz bringen ließe. Auch diese Interpretation, die sich mit der bereits erwähnten, auf das Stichwort der Vergeistigung hinauslaufenden, berühren J9 kann, ist schon kurz nach Schleiermacher nachweisbar. Gegen sie steht jedoch. daß Schleiermacher selbst es ausdrücklich ab· weist. den Gegensatz der zwei Stufen von Selbstbewußtsein mit demjenigen von Lust und Unlust kongruent zu setzcn.40 Schleiermacher begreift die Seligkeit daher präziser nicht als Lust. sondern als "Leichtigkeit frommer Erregungen als beharrlichen Zustand,,41 - eine bedenkenswerte Formulie· rung. weil sie die Möglichkeit einschließt, daß fromme Erregungen auch andere Empfindungen als solche der Lust auslösen können. c) Regulative Eschatologie bei Schleiern/aeher? Zugleich macht diese Formulierung aber auch klar, warum es durchaus sinnvoll war, ein, wenn37 Zitate a.a.O. 1.38 (§ 5,4). 38 Zitate ROSENAU (1993) 188. 39 Eschatologie als Apokatastasis lehren zu können. ist bereits die Absicht der ersten durch Schleiennachcr angeregten eschatologischen Monogr.tphie. die F.t!. Kern 1&40 verfaßI. Dasselbe Anliegen hat ROSENAU (1993) 400f.: er folgen die Apokatastasis aus der ..soteriologischcn Ohn· macht" (a.a.O, und vielfach passim) des Menschen. die eine PliraileJbildung zu Schleiernlachers Ko.uept der schlechthinnigen Abhängigkeit ist: .Jm Christentum ftihlt sich der Christ schlechthin abhängig \'on der Erlösung durch Jesus Christus. wie er sich im Hinblick auf seine GeschöpOich. keit schlechthin Ibhängig ftihlt von Gocr' (1.1.0. 170). Wenn Rosenau selbst jedoch ebd.•.gleich. sam eine .miterlösendc· Tätigkeit im Hinblick auf das Bewußtwerden der Erlösung" einräuml. li8t er eri:ennen. daß es eine schlechthinnige Abhängigkeit auf dem Gebiet der Soteriologie. puallel zur GeschOpnichkeit. in Wahrheil nicht gib!. 40 SCHl..ElEIIMACHER [183Qß II (1960) 1,38 (15.4): ..Keineswegs liso. als ob das schon in dem sinnlichen Gefühl gesewe Angenehme und Unangenehme nun luch dem schlechthinnigen AbhingigkeiugefUhl denselben Charakter mittei'e:' 41 A.I.O. 1.39 (15.4).
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gleich bloß gedachtes, höchstes Selbstbewußtsein "an und für sich" von aller Sinnlichkeit abzulösen, das sich selbst immer gleich bleibt. Denn dieses reine Gedankending vermag zu erklären, daß die Frömmigkeit zwiespältige Empfindungen mit sich bringt, eben weil sie auf zwiespältige, der umfassenden Einheit bedürftige, sinnliche Bewußtseinszustände, so zu sagen, "aufgetragen" wird. Dies zu erläutern, ist der Gedanke eines völlig unsinnlichen höchsten Selbstbewußtseins nötig. Wie ihm jedoch keine objektive Realität vindiziert werden kann - dies wäre die Apokatastasis -, so ist es nicht einmal möglich, ihm den Status einer regulativen Idee zuzuschrei· ben, die zumindest als ideelles Ziel der Theologie immer wieder die Gesamtausrichtung vorgibt. Auch diese an kanlischem Denken geschulle Auffassung hat im Gefolge Schleiermachers ihre ehrbare Tradition entfaltet. 42 Sie ist für Schleiermacher jedoch deshalb unannehmbar, weil ein Selbstbewußtsein abgelöst von aller Sinnlichkeit gar kein Ziel, auch kein ideelles, darstellen kann, denn ein derartiges reines Gedankending würde aJlerdings "ein unvollkommner Zustand sein; denn es würde ihm die Begrenztheit und Klarheit fehlen, welche aus der Beziehung auf die Bestimmtheit des sinnlichen Selbstbewußtseins entsteht",43 Damit ist ausgesprochen. daß die Bestimmtheit des unmittelbaren Selbstbewußtseins in seinem das Einzelne zur Einheit und Totalität zusammenfassenden Bezug auf das sinnliche Selbstbewußtsein besteht und daß eine vom Sinnlichen abgelöste Eschatologie nicht Schleiermachers Konzept von Dogmatik entspräche. Aus diesen Rezeptionen VOll Schleiermachers Eschatologie wird deut· lich, daß eine lehrbare Eschatologie die Aufgabe hätte, die im chrisl1ich frommen Selbstbewußtsein enthaltenen Zukunftserwartungen in einem umfassenden Gesamtbild zu bestimmen. Dieses Ergebnis kann nun angewandt werden auf unsere Ausgangsfrage nach der Bestimmtheit dogmatischer Sätze, d.h. nach dem Wert von Lehrsiitzen, und damit auch nach dem Wert der eschatologischen Sätze. Dogmatische Sätze als bestimmte Erklärung der in rednerischen und dichterischen Glaubenssätzen vorkommenden Bilder erstreben nicht deren Eliminierung, sondern die Zusammenfassung ihrer einzelnen Bilder zu einem, die Mannigfahigkeit als Einheit und Totalität erklärenden Gesamtbild, Wenn sich in Glaubenssätzen bild liehe Ausdrücke einer solchen umfassenden Einheit entziehen und als partikulare, disparate Bilder 42 Erstmals m.W. H,C. SC'IMIDT(J868/10) 11.501 (s. S. 73 Anm. 121). 43 Zitate SCIIUIEl!.MACHER 11830/311 (1960) 1,35.36 (beide § 5,3). Das ,.höchsle Selbstbewußl.sein an und ftlr sich" (a.a.O. 1.34), also ohne Bezug auf das sinnliche. dUrfte im Rang dem dialeklischen Sprachgebiel im Verhältnis zum danlcllend belehrenden ähneln (s. S. 45 Anm. 17), es ..wird durch alle Erfahrung widerlcgl, und 7.eigl sich auch als unmöglich" (a.8.0. 1,35).
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zurückbleiben. ist dagegen kein dogmatischer Wert erreicht. Solche Partikularität haftet nach Schleierrnacher jedoch auch aller Eschatologie an. Die Sätze der Eschatologie enthalten in zu hohem Maße disparate Bilder. als daß die wissenschaftliche Herstellung eines einheitlichen und umfassenden Gesamtbildes gelingen könnte. Der Versuch. Eschatologie in dogmatischen Sätzen aufzustellen, erreicht keine umfassende. sondern nur eine teilweise Einheit; eschatologische Sätze bleiben partikulare Bestimmungen ohne dogmatische Bestimmtheit. Eschatologie hat daher für Schleiermacher nur kirchlichen, keinen wissenschaftlichen Wen, obwohl alle ihre einzelnen Sätze durchaus darstellend belehrende sein können; allein ihnen fehlt die 44 nötige Bestimmtheit, d.h. die Umfassendheit. Dabei ist zu betonen: Auf ihrem jeweiligen Gebiet erreichen die Sätze der Eschatologie durchaus eine gewisse Zusammenfassung und damit dogmatische Wenigkeit. doch bleibt diese eine partikulare, weil zuletzt immer die "beiden Aufgaben" (§ 159) einander gegenüberstehen: die nur sprunghaft zu denkende Vollendung der Kirche und die kontinuierlich zu begreifende persönliche Fortdauer. Und 45 genau in dieser Gegenüberstellung besteht das Dilemma der Eschatologie: Sie erreicht kein einheitlich umfassendes Selbstbewußtsein. sondern immer nur zwei partikulare Vereinheitlichungen. Kirche und Persönlichkeit, Vollendung und Fortdauer, Sprunghaftigkeil und Kontinuität bleiben irreduzibel. Für sich genommen erregt keine dieser jeweils zwei Seiten dogmatische Bedenken, aber die Eschatologie. die gerade als ihre Verbindung definiert wird, ist dogmatisch undurchführbar. Präzise in dieser Zweipoligkeit liegt für Schleierrnacher das Dilemma der Eschatologie. Nicht daß die Vollendung der Kirche oder die persönliche Fortdauer undenkbar wäre, macht die Eschatologie zum Problem. Vielmehr weist Schleiemlacher für jedes dieser Eschatologumena die Gegebenheit im frommen Selbstbewußtsein ausdrücklich nach. Erst die Verbindung beider ist eine dogmatisch unmögliche Aufgabe. Im Sinne dieses wörtlich zu nehmenden, d.h. zweipoligen Dilemmas sind auch in den eschatologischen Paragraphen die Passagen zu verstehen, an denen Schleierrnacher die Unwirklichkeit und Unvorstellbarkeit der Eschatologie konstatiert. So selbstverständlich vornehmlich im grundlegenden § 159: "Allein wir sind dennoch nicht imstande. das Zusammentreffen bei· 44 Die Bestimmtheit ist also keine inhärente Eigenschaft der darstellend belehrenden Sätze (s. S. 45 Anm. 16). 45 Nach SCIIROER (1960) 35 hebt innerhalb der verschiedenen Termini fUr Phänomene der Paradoxalitäl der Begriff des Dilemmas die .•BeweisunffiÖglichkeil" hervor. Er scheint mir daher zur Kennzeichnung von Schleiennachen Kritik am beslen geeignet. denn diese z.ielt auf den \4'iss~"· schafllich~" Minderwen der Eschatologie.
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der Momente danustellen oder Gewähr dafür zu leisten:' - ,.Und so scheint die Lösung beider Aufgaben nirgend genau zusammenzutreffen:,46 Aber auch in den Paragraphen zu den vier einzelnen Lehrstücken werden immer wieder "beide Ausgangspunkte" exter die ..beiden Forderungen" als uner· ftiJlbares Kriterium genannt. wird von den .,beiden Punkten" gesprochen:H Auch ein .,wesentlicher Gehal!"' der jeweiligen Lehrstücke43 eint beide Seiten nicht umfassend, da er nicht anschaulich ist. Wir können somit als Ergebnis festhalten: In allen vier Lehrstücken zeigt sich dasselbe Dilemma, und in der Zweitausgabe seiner Glaubenslehre hat Schleiennacher es in einem zuvor nicht enthaltenen Passus des grundlegenden § 159 auf den Begriff gebracht: Nicht nur kirchliche und individuelle Eschatologie stehen sich gegenüber, sondern fest verbunden mit diesem Gegenüber bilden auch die Konzepte von Vergeltung und Entwicklung ein 49 Dilemma. Das Dilemma, das Schleiermacher für alle dogmatische Es· chalologie konstatiert, lriu also in zweierlei Gestalt auf, nämlich zum einen als die Spannung von individueller und universeller Eschatologie (persönli. cher Fortdauer und Vollendung der Kirche) und zum anderen als Paradoxie von Entwicklung und Vergeltung. Gewiß heißt es auch einzeln von jeder der beiden Seiten des es· chalOlogischen Dilemmas, der Vollendung der Kirche und der persönlichen Fortdauer, daß ,.unser christliches Selbstbewußtsein gradezu nichts über 46 Zilate .sOU..E(ERMACHER 118301311 (1960) lIAI8 (I 159.1). 47 Zitate a.a.O. 1I. 425.432.436f. (§§ 161.1: 162.3: 163.2). 48 Die Rede vom wese.ntlichcn Gehalt findet sich a.a.O. 11.423.429.432 (§§ 160.2: 161.3;
162.3). 49 A.a.O. 11,417 (I 159.1): ..Gemein haben beide Ausdrücke (uhn: von den letzten Dingen und Esch/ltologie) dieses. daß. wenn der Anfang einer ganz neuen und ewig währenden geistigen Lebensfonn als das Leute von unsenn Standpunkt aus d/lrgeslellt wird. jene unendliche Währung alsdann nur als das Ende der im Vergleich mit derselben fas! verschwindenden Zeitlichkeit erscheint. Dies läßt sich nur durch die An.....endung des Vergeltungsbegriffes rechtfenigen. welcher daher auch dominien. Wogegen. wenn man dieselbe unendliche Währung als die lOo'eilcre Ent· wicklung des hier begonnenen neuen Lebens betrachtei. alsdann die kune Zeitlichkeil nur als der vorbereitende und einleilende Anfang von ihr erschein!. Jene den VergeltungsbegriIT vor sich henl1lgende Betrachtungsweise Slützt sich vornehmlich auf die Stellen. in denen ChriSlUs sich als denjenigen darstellt. dem das Gerich! übenragen sei: diese. auf dem En!wicklungsbegriff beruhende hingegen auf die. worin er sag.. daß er gekommen sei. selig zu machen. Unleugbar ist diese Iell.le Betrachtungsweise in genauerem Zusammenhang mit der Ahndung der persönlichen fortdauer. wie sie in dem SclbslbewutUsein des Christen kann nachgewiesen werden: wogegen die e~en: mehr der Vorstellung von der VcMlendung der Kirche entspricht. wdche. um sich an irgendeinen Punkt unse~ jetzigen Guamtkbens anzuschließen. eine AusscheMtung aUes dessen. was Weil ist. auch aus dem luBen:n Zusammenhang mil der Kirche fOfden. Die - geringen Abv.·6chungcn zwischen Erst· u.nd Z...~il.usgabe berikkJichtigi WEEBF..R (2000): LO. 1.1.0. 113.121. htera.a.O. 115f. Anm. 412. M
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diesen uns ganz unbekannten Zustand aussagen kann" bzw. daß das. "was die Apostel darüber sagen, nur als Ahndung und mit dem Geständnis eines Mangels an bestimmter Erkenntnis ausgesprochen" sei.so Dennoch kann man diese Einwände den Bedenken gegen die vier prophetischen Lehrstükke nicht gleichstellen. Denn bei persönlicher Fondauer und Vollendung der Kirche ergibt sich die mangelnde Bestimmtheit einfach dadurch, daß sie den größten gemeinsamen Nenner der eschatologischen SälZe, ihre umfas· sende Einheit. nicht abgeben können. immerhin aber überhaupt jeweils einen gemeinsamen Nenner bilden. der verschiedene Topoi der Eschatologie lusammenfaßt. Vollendung der Kirche und persönliche Fortdauer können daher in einer wenigstens gradweisen Bestimmtheit die Aufgabe der Eschatologie eingrenzen, was die vier prophetischen Lehrstücke nicht vennögen. M.a.W. die Themen einer Vollendung der Kirche sowie einer persönlichen Fondauer haben nicht die Bestimmtheit dogmatischer Sätze, sondern nur eine panikulare Bestimmtheit. Diese Partikularität ist das Höchste. was sich im Sinne Schleiennaehers dogmatisch über die Eschatologie sagen läßt. Sie ist der Gipfel und die Grenze, von wo aus die Eschatologie in das Land der dogmatischen Sätze wohl hineinblicken, das sie aber nicht betreten kann. Durch diese Grenze ist die Panikularität scharf geschieden von der Individualität; denn diese ist der Allheit faltig, jene nicht. Ja, die Vorstellung, daß in einem Einzelnen das All gegeben ist, kennzeichnet im Konzept des individuellen Allgemeinen gerade Schleiennaehers Denken, während das Partikulare ebenso charakteristischerweise ohne diesen Bezug auf die Allheit bleibt. Das Herz von Schleiennaehers Erwägungen zur Eschatologie liegt im Aufdecken dieser Panikularität, im Nachweis eines eschatologischen Dilemmas von Individual- und Universaleschatologie. Entwicklung und Vergeltung. Daß tatsächlich diese Zweipoligkeit, der dilemmatische Charakter, Kern von Schleiermachers Ausführungen ist und nicht etwa die Unbestimmtheit und Undurchführbarkeit schon eines jeden einzelnen Satzes der Eschatologie, spricht Schleiermacher in dem Zusatz aus, den er in der Zweitauflage der "Glaubenslehre" seiner gesamten durchgefühnen Eschatologie angefügt hae 1 50 Zitate SCm..EIERMACHER [18301311 (1960) 11.409.416 (§§ 157.2: 158.3). 51 Eine Ausweitung aur jede der beiden Seiten und damit eine Vergröberung \'on ScMe;ermachers Kritik deulen z...B. an HERMS (1990) 112[; WEEBER (2000) 113. Daß das eschalologische Dikmma Mi Schk;ermacher in der Zweiseiti&lr.eil der Eschatolog;e liegl. hat einzig SOIREURS (1991) 36 betoni: .Diese Doppelgküi&lr.eit vemindc:n Schkiermacher. die prophetischen uhrstücke zu einem einzigen zusammenhingenden Bild zu verbindc:n.- Al.IC'h die Parusie Christi, der SCttI.BERMA01ER 118301311 (1960) 11,421 (f 159.3). als er den Aurri8 seiner EschalOlogie vor·
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Was aus diesen Auseinandersetzungen hervorzugehen scheint, ist dieses. Wenngleich beide Elemente, die Vollendung der Kirche und die persönliche Fondauer. jedes für sich mit vollkommner Wahrheit in unser christliches Bewußtsein aufgenommen sind; und wenn auch feststehl, daß die Vollendung der Kirche in diesem Leben nie zur Erscheinung kommt. und der Zustand in jenem Leben sich zur Vollendung der Kirche nicht ebenso verhallen kann. wie der jetzige: so will sich dennoch weder aus dem Zusammenfassen und Aufeinanderbeziehen beider Elemente eine festbegrenzte und wahrhaft anschauliche Vorstellung ergeben. noch läßt sich eine solche von dem einen oder dem andem Element aus den Andeutungen der Schrift entwickeln.52
Indem dieser Passus sich im ersten Kolon der Protasis ("Wenngleich ...") implizit auf § 159 rück bezieht und im zweiten ("und wenn auch ...") auf die Ergänzung dieses Paragraphen in der Zweitausgabe der "Glaubenslehre", macht er abschließend deutlich. daß Schleiermacher die Eschatologie nicht einfach als problematisch begreift, sondern im präzisen Sinne von Zweipoligkeit als dilemmatisch, weil, wie die vorstehenden Analysen gezeigt haben. Individual- und Universaleschatologie ebenso partikular bleiben wte der Entwicklungs- und der Vergeltungsbegriff.
1.2. Implikalionen für die Wahrnehmung des Judentums
I. Schleiermachers religiollsgeschichtliches Schema. Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, welche Auswirkungen das hier analysierte Eschatologiekonzept Schleiern13chers auf die Wahrnehmung des Judentums haben sollte. In den eschatologischen Paragraphen wird einige Male explizit auf das Judentum Bezug genommen, wobei es meist um die Abwehr bestimmter, buchstäblich verstandener Eschatologievorstellungen gehL·53 Von diesem Befund aus könnte es scheinen. als stehe jüdische Zukunftserwartung bei Schleiemlacher für eine Überbetonung des Sinnlichen. Aber zum einen stammen die fraglichen Stellen alle aus einem einzigen thematischen Zusammenhang, sind also wenig repräsentativ, und zum anderen sind sie auch hinsichtlich ihrer Bezugnahme auf das Judentum unspezifisch, weil sieHt. die Zusammenfügung zu ..t'intm sinnlichen Ganzen" zuschreibt. leistet diese Vereinheitlichung im dogmatischen Sinne 3usweislich ihrer Einzeldarstellung in § 160 nicht. 52 A.a.a. 11,439 (Zusalz nach § 163). 53 A.a.a. 11,411.416.424.427 (§§ 158.1: 158.3: 161.1; 161.2). Die erste Stelle konstatiert das Überwiegen des Auferstehungsglaubens im antiken Judentum: dabei richtet sich die zweite gegen sinnlich verstandene Fortdauer der Person. d.h. gegen materiale Identität des irdischen mit dem AufeTStehungslcib. während die drille dem Judentum eine irgend wie geanete Identität beider konzediert. Die vierte weist die Vorstellung von einem "verringerten Leben in der Unterwelt". also der ScheoJ. ab.
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dieses jedenfalls in den zwei am klarsten abgrenzenden FäHen in Verbindung mit dem Islam bzw. antiker Religiosität überhaupt erscheint. 54 Doch gerade diese Verbindung des Judentums mit Islam und paganer Antike ist ein Fingerzeig in die Richtung, in der sich Mehreres über Schleiermachers eschatologische Wahrnehmung des Judentums aussagen läßt. Das zentrale Ergebnis der Analyse seines Eschatologiekonzepts lautete ja, daß Eschatologie keinen dogmatischen Wert habe, sondern nur kirchlichen. Unsere Analyse ergab, daß die Erklärung dieser Feststellung in Schleierma· chers Theorie der Sprachgebiete zu suchen ist. Diese Theorie ist eine Stufentheorie, die eine entsprechende Anordnung der Religionen nahelegt; so wird die Stufe der dogmatischen Sprache dem Christentum zugewiesen, weil "in keiner andern frommen Gemeinschaft die Fonn des dogmatischen Satzes in so strenger Sonderung von den übrigen ausgebildet und in solcher Fülle entfaltet" ist. 55 Es ist jedoch schwierig, dem rednerischen und dem dichterischen Sprachgebiet, die sich unterhalb des darstellend belehrenden und damit auch des dogmatischen anschließen, bestimmte Religionen zuzuweisen. Dabei ist die Auswahl ja keineswegs groß, außer JudenlUm, ISM lam und bestimmten paganen Erscheinungsformen antiker Religiosität hat Schleiermacher keine weiteren Religionen im Blick. Um hier weiterzukommen, muß man die Lehnsätze aus der Religionsphilosophie (§§ 7-10) hinzunehmen, mit denen Schleiermacher an anderer Stelle eine entfaltetere Theorie der Religionen skizziert. Dort bildet Schleiennacher die Begriffe, die ihm anschließend, in der Apologetik (§§ 11-14), erlauben, das Wesen des Christentums zu bestimmen: Es ist diejenige teleologische Frömmigkeitsform des Monotheismus, deren Eigenart es ist, alles Religiöse auf die durch Jesus geschehene Erlö· sung zu beziehen, wie Schleiennacher im Leitsatz zum § 11 der "Glaubenslehre" fonnuliert. In der vorbereitenden Begriffsbildung nun ordnet Schleiennacher den verschiedenen Frömmigkeitstypen positive Religionen zu, nennt also Roß und Reiter beim Namen. Schleiermacher führt hier zunächst (§ 7) zwei Ordnungsbegriffe ein, indem er verschiedenrangige Eßt wicklungsstufen der Religion annimmt sowie als Binnenunterscheidung davon auf der jeweils gleichen Stufe die unterschiedlichen Arten von Religion. In dieser Terminologie begreift er sodann (§ 8) den Monotheismus als die höchste Entwicklungsstufe der Religion, die zuunterst den Fetischismus (Götzendienst) und sodann den Polytheismus hinter sich gelassen hat. Innerhalb des Monotheismus gibt es nun drei Arten von Religion, nämlich M
54 A.a.O. 11.416.427. 55 A.a.O. 1.110.
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Judentum. Islam und Christentum. Sie können dadurch miteinander ins Verhältnis gesetzt werden, daß sie mehr oder weniger Anklänge an die überwundenen Stufen der Religion zeigen. Schleiennaeher verknüpft hier also die religionstheoretische Unterscheidung nach Arten mit derjenigen nach Stufen und hält fest, daß das Judentum noch Spuren des Götzendienstes, der Islam aber noch Spuren des Polytheismus in sich trage und nur das Christentum als .,die reinste in der Geschichte hervorgetretene Gestaltung des Monotheismus" gelten könne. 56 Diese Erwägungen bilden zunächst ein religionsgeschichtliches Schema, über dessen historische Trifligkeit sich freilich streiten ließe. Schleiermacher dürfte in erster Linie polemische Passagen aus Altem Testameßl bzw. Koran vor Augen haben, wenn er das Judentum als Überwindung der fremden Götter und den Islam als Überwindung der vielen Götter konzeptualisiert. Doch für unsere Frage danach. wie Schleiermacher im Horizont seiner Eschatologie das Judentum wahrnimmt, kommt es weniger darauf an, ob diese Passagen historisch treffsicher sind, vielmehr ist entscheidend, wie Schleiermacher Judentum bzw. Islam ins Verhältnis zum Christentum setzt. Dabei zeigt sich, daß Monotheismus, repräsentiert durch das Christentum. zwei Momente miteinander verbindet. nämlich Allheit und Einheit Gones. 57 egativ gesprochen überwindet er Partikularität und Vielheit Goues. Dabei fehlen dem Götzendienst sowohl Allheit als auch Einheit Goues, dem POlytheismus aber nur die Einheit. Schleiennaeher nimmt also eine EntwiCklung an. die zunächst den Gedanken des Alls und dann den seiner Einheit bildel. So ist im Fetischismus .,der Sinn für eine Totalität noch nicht entwickeh", während Polytheismus für Schleiennaeher eigentlich nur da vorliegt, wo die Göuer "eine gegliederte zusammengehörige Vielheit bilden. welche als eine Allheit, wenn auch nicht nachgewiesen, doch vorausgesetzt und angestrebt wird". Von hier aus besteht dann der Schrill zum vollendeten Monotheismus darin. daß "hinter der Vielheit höherer Wesen die Einheit eines höchsten sollte geahnct werden... s8
56 A.a.O. 1.56 (§ 8.4). Bereits § 7(.3) skht die Annahme:. daß es neben dem Christentum ..andere. aber auf gleicher Entwicklungsstufe mit ihm stehende" Religionen gibc••.nicht im Widerspruch mil der bei jedem ChriSien vorauS"Luselzendcn Überzeugung von der ausschlk8c:nden Vortrtffiichkeit des Quistentums" (l.a.O. 1.50). 57 ur anzumerken iS!. daß SchleiemlaChcrs gegenüber der Tradition neuanigc Z\lo-eiteiJung lkr GOlleslehrc diesen beiden Momenten enlSpricht. wenn §§ 53-55 die AIJeigenschaften Goues behandeln (Allgegcnwan. Allnuchl. Allwissenheit) und §§ 164-169 die Eigenschaften. die sich aus seiner rinhritlichul WeltTCgicrung ergeben. wie § 164<.3) als EinkilUng zu den Paragraphen über Gones Liebe und Weishcil ~lont (.I.LO. 11.443(.). 58 Zilate u.O. 1.5 1.52.52 (alle § 8.1).
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2. Das Judentum als Religion der Partiklliaritäl. Diese Bestimmungen wendet Schleiennaeher nun wiederum auf sein Entwicklungsschema der positiven monotheistischen Religionen an. Zeigt unter diesen das Judentum noch Anklänge an den GÖlZendienst. so fehlt es ihm Schleiennaeher zufolge also am Begriff der Allheit. es bleibt panikular: ..Das Judentum zeigt durch die Beschränkung der Liebe des Jehovah auf den Abrahamitischen Stamm noch eine Verwandtschaft mit dem Fetischismus". Die Spuren des Polytheismus, die sich im Islam finden, deuten dann in entsprechender Weise auf ein mangelndes Verständnis von Einheit. er bleibt im Mannigfaltigen hängen: ,.Der Islam auf der andem Seite verrät durch seinen leidenschaftlichen Charakter und den starken sinnlichen Gehalt seiner Vorstellungen ohnerachtel des streng gehaltenen Monotheismus doch einen starken Einfluß jener Gewalt des Sinnlichen auf die Ausprägung der frommen Erregungen, welche sonst den Menschen auf der Stufe der Vielgölterei festhält.,,59 Dieser Konnex zwischen Sinnlichkeit der religiösen Vorstellungen und der Mannigfaltigkeit, die die Vielgötterei kennzeichnet. erklärt sich aus der kurz. zuvor geäußerten Überlegung, daß das sinnlich Aufgefaßte ..den Keim der Mannigfaltigkeit schon in sich" trägt, wie Schleiermacher in Übereinstimmung mit der kantischen Auffassung von der synthetisierenden Funktion der Erkenntnisleistung feststellen kann. 60 Der Islam als sinnlich bestimmter und darum noch verdeckt polytheistischer Monotheismus, das Judentum als partikularer und darum noch unterschwellig fetischistischer Monotheismus - diese Zuordnungen zeigen nun deutliche Verbindungslinien zu Schleiermachers Eschatologie.61 Jetzt wird deutlich, daß Schleiennachers Kritik an der Eschatologie, sie bleibe dogmatisch partikular, weil auf nur partielle Formen des höchsten Selbstbewußtseins beschränkt. genau seiner religionstheoretischen Wahrnehmung 62 des Judentums enlspricht, das er als partikularen Monotheismus verslehl. Die Eschatologie vermag kein umfassendes und einheitliches, also kein höchstes Selbstbewußlsein zu artikulieren, sondern nur panikulare Geslal-
59 Zitate 3.1.0.1.56 (I 8.4). 60 A.a.O. 1.54 (I 8.2). Dies ist ein Slandardsatz kanlischer Erkenntnistheorie. 61 Daß das rcligionsgeschichlliche Monotheismuskonzept mit seinen Schlüssdbegriffen •.A1Iheit" und .Einheit" Auswirkungen auf die Eschatologie hat. legen schon die •.Reden" von 1799 nahe. da dor1 die Verbindung von Allheit und Einheit ja als Expliblion des eschatologischen Topos der Unsterblichkeit dienl; s. bei S. 42 Anm. I. 62 Es sei ~uf hingewiesen. daß die Religionswissenschaft mil Blick auf das biblische Ju· denlum Konzeple wie die ••,Monolalrie- oder den ...Henotheismus" entwickelt halo die. nur unler anderen Paramelem der Beschränkung (räumlich. zeitlich). Schlc:iermache:rs Begriff von panikularcm Monotheismus enlSprtCben.
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11. Fricdrich Schleiemlachers eschatologisches Di lemma
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ten davon (Vollendung der Kirche, persönliche Fortdauer): damit bleibt sie durch jüdische Einnüsse geprägt. Sie kann es nicht zur vollendeten Christlichkeit bringen, weil dieses für Schleiennacher ja bedeutet, daß das charakteristisch Christliche immer reiner ausgeprägt und damit andersreligiöser, also auch und gerade jüdischer Einnuß, ausgeschieden wird. Man könnte demnach zuspitzend, doch durchaus treffend formulieren, daß Schleiennacher die Eschatologie letztendlich als ein jüdisches Stückwerk kritisiert. 63 Wir können somit als Ergebnis unserer Analyse festhalten, daß Schleiennachers Kritik, die Eschatologie bleibe in dogmatischer Hinsicht ein partikulares Unterfangen, seiner Wahrnehmung des Judentums genau entspricht: Auch das Judemum zeichnet sich ihmzufolge als partikulare, auf das eigene Volk beschränkte Gestalt der Religion aus, die einer Eingliederung in das umfassende Ganze der christlichen Religion nicht fahig ist. 64 Nur anzumerken ist, daß Schleiermacher das Judentum bereits 1799 sowohl theologisch wie gesellschaftlich als eine partikularistische Religionsgestalt wahrgenommen hat. In den "Reden" von 1799 charakterisiert er das JudenlUm durch das Bewußtsein "einer allgemeinen unmittelbaren Vergeltung", d.h. ,.einer eigenen Reaktion des Unendlichen gegen Jedes einzelne Endliche".6s Wenn auch diese Bestimmung des Judentums als "Vergeltungsreligion" bei Schleierrnacher nicht den pejorativen Sinn des vermeintlich zornigen Rachegottes hat, den dieser Ausdruck später unter falschlicher Berufung auf Ex 21.23 gewann, so impliziert Schleiennacher doch eine kritische Wertung, da eine eigene göttliche Reakt'ion auf jedes endliche Wesen ,.nur auf einen kleinen Schauplatz ohne Verwickelungen,,66 anwendbar sei - also die partikularistische Beschränkung des Religiösen auf das eigene Volk mir sich bringe. Auch Schleierrnachers zeitgleicher Vorschlag. die Emanzipation der Juden nicht an die Taufe als gesellschaftliches .,Entreebillet" (H. Heine) zu koppeln, sondern öffentlich-rechtliche Körperschaften - vergleichbar den christlichen Konfessionen - für solche Strömungen im 63 Die Krilik an einer versinnlichenden Eschatologie. wofür der Islam SIeht. hat nicht densel· ben Rang. da sie nichl in den grundlegenden Paragraphen. sondern nur bei den vier einzelnen Lehrslücken geäußen wird. 64 BECKMANN (2002) krilisien Schleiennacher v.a. dafür. daß er aufgrund der ..Prämissen seiner Theologie slringcnt" (a.a.O. 101) •.ein spezifisches. singuläres Verhällnis" (a.8.0. 94) des Christentums zum Judenlum bestreiten muß. M.E. kennl Schleiennacher ein solches. freilich eher negalives. durchaus, wenn er das Judenlum als Religion der Panikulariläl vom Islam unlerschci· deI. 65 Zilale SCm.EIERMACUER 117991 (1958) 160. 66 Ebd.
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Zweiler Teil
Judentum zu schaffen, die der Messiaserwartung entsagen, zielt (bei aller Modernität des Gedankens eines preußischen Staatsbürgers jüdischen Glau· bens) auf eine panikularisierende Segmentierung des Judentums.61
2. Erhebung von Wahmehmungsschemala Die vorstehenden Analysen ergaben, daß Schleiermachers entscheidender Einwand gegen die dogmatische Vollwertigkeit der Eschatologie derselbe ist, den er an anderer Stelle seiner Dogmatik auch gegen das Judentum erhebt: der Einwand der Partikularität. Nimmt man hinzu, daß diese Wahrnehmung des Judentums nicht auf den theologischen Diskurs begrenzt ist, sondern auch Schleiennachers politische Stellungnahmen bestimmt. dann liegt die Annahme nahe, daß die Vorstellung von Partikularität eine Be· deutung hat, die über den Rahmen einer werk immanenten Analyse hinausgeht und ein verbreiteteres Schema von Wahrnehmung des Judentums darstellt. Darauf deutet auch, daß die typisch eschatologische Redeform der Weissagung (wenn nach Schleiermacher "in der jüdischen Religion die Ga· be der Weissagung so vollkommen ausgebildet ist als in keiner andem") selbst ein Phänomen von Partikularität ist, nämlich diejenige "Reaktion des Unendlichen gegen Jedes einzelne Endliche", die "Zeit und Raum dazwischen vernichten" muß, um das Unendliche im Endlichen anzusagen. 68 Ich befrage daher im folgenden sowohl das Konzept der Weissagung als auch das der Partikularität auf ihnen etwa innewohnende Problematiken christlicher Eschatologie im Verhältnis zum Judentum. 2.1. Weissagung und Ende der Weissagung? Schleiermachers Würdigung, daß das Judentum als Religion der Weissagung "einen so schönen kindlichen Charakter" habe, ist zwiespältig,69 denn eine Religion, deren Weissagung das Unendliche im Endlichen ansagt, wird übertroffen von der Religion, die das Unendliche sinnlich fühlt und schmeckt und darum selbst keine Weissagung mehr benötigt. Schleierma· 67 Zu den Umstünden von Schleiemlachers Vorschlag vg\. BF-CKMANN (2002) 104-121. 68 Zilale SCHLEIERMACIiER 117991 (1958) 159.160.160. 69 Und zwar nichl deswegen. weil die Rede vom Kindlichen schon abwenend ware (so BECKMANN [20021 37), dann würde vielmehr ..kindisch" gesagt sein (wie SCIlLEIERMACIiER 117991 [19581171).
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11. Friedrich Schleiermachers eschatologisches Dilemma
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eher hat daher Christus, den ..Gipfel" der Weissagung, zugleich als deren "Ende" verstanden zumindest im Sinne der "Vorhersagung" zufalliger Begebenheiten; diese sei das Kennzeichen des (alttestamentlichen) Judentums gewesen. 70 Tatsächlich haben derartige, auch begrifflich griffige Gegenüberstellungen einer jüdischen und einer christlichen Art von Weissagung bald nach Schleiermacher Furore gemacht, so daß hinreichend dichte Belege gegeben sind, um von einem Wahmehmungsschema zu sprechen. 71 Das Problem liegt dabei nicht allein in der polaren Zuordnung von Weissagungsbegrifflichkeiten an Judentum bzw. Christentum, wofür das Schema von Verheißung und Erfüllung nur das exponierteste Beispiel wäre. Die Tatsache, daß derartige Begriffspaare aus Binnendifferenzierungen des Weissagungskonzeptes hervorgehen, wie bei Schleiennaeher noch klar zu beobachten, zeigt vielmehr, daß die Frage nach dem "Ende" der Weissagung eine Anfrage an das christlich-theologische Verständnis von Verheißung als solcher ist; m.a.W. was Verheißung ist, kann nicht erst durch den Bezug au/ihre Eifül/ung (oder ihr "Ende") bestimmt werden. Damit ist ein Kemproblem christlicher Eschatologie in ihrem Verhältnis zum Judentum benannt, das im folgenden noch genauerer Untersuchung bedarf.
2.2. Partikularität und Universalität? Wie das Konzept der Weissagung durch das der Erfüllung zu einem polaren Wahmehmungsschema ergänzt werden kann, so verbindet sich der Begriff der Partikularität oftmals mit dem der Universalität zu einem Schema, das bis weit in landläufige Antijudaismen und Antisemitismen hinein nachzuwirken vermag. Daß dabei dem Judentum ebensosehr Nationalismus, also übersteigerte Partikularität, wie angemaßte Universalität, etwa im Topos der Weltverschwörung, nachgesagt wird, deutet an, wie auch hier der Kern des Problems nicht in der (im Extremfall eben auch austauschbaren) Zuordnung an Judentum und Christentum, sondern im Konzept von Partikularität (und Universalität) selbst liegt Dieses Konzept sei darum nun an seinem wohl wirkungsvollsten eschatologiegeschichtlichen Ort untersucht; in der Debatte, die in sachlich, zeitlich und räumlich recht engem Anschluß an Schleiennaeher unter den Schülern seines großen Berliner Philosophenkollegen stattfand:
70 Zilale DERS. 11830/31] (1960) 1.1.114.114.113 (§ 103.3). 71 S. Kap. 111.2.1 (5. 124ff.).
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Ex.kurs 1: Zur Eschatologiedeoone des RechlShegelianismus I. Voraussetzungen der
D~batl~.
Das Gegenüber von Partikularem und Universalem. Einzelnem und Allgemeinem. Individuum und Gattung ist eschalologiegeschichllich besonders in der Tradition G.W.F. Hegels wirksam geworden. da dessen Methode einer wissenschalü.ichen Logik die Differenzierung und Integrierung des Einzelnen aus dem Allgemeinen bzw. in dieses begreifen. also auf den Begriff bringen will. In der Eschatologie bei Hege)s theologischem Schüler Pi-ULIPP KONRAD MARHEINEKE ist ein solcher Begriff von Religion das Gouesbewußlsein. welches das von dem Sein der sinnlichen Einzeldingen sich unterschieden wissende. nichlsinnliche Bewußtsein (SeJbslbewußtsein) mit dem sinnlichen Bewußtsein von diesen Einzeldingen eint und so bcide übersteigt. Für solches Gouesbewußtsein gebrauchl Marheineke den Begriff der Seligkeit.'J Seligkeil heißt aber aufgrund der Ewigkeit des Geistes notwendig Uno slcrblichkeif, d.h. selig ist dasjenige Gonesbcwußtsein. dem das Verhältnis zum göu· lichen Geist ein notwendiges ist. Die Verbindung von Seligkeil und Unsterblichkeit. also die Vorstellung einer seligen Unsterblichkeif - im Unterschied von einet Unsterblichkeit. die als bloße Voraussetzung eines Jüngsten Gerichts auch unselig sein könnte7~ - das ist die Einstiegsvor· aussetzung für die Eschatologiedeoone unter Hegels Schülern nach seinem Tode. Hegel selbst hatte sich bei Lebzeiten zum Problem der Unsterblichkeit des Einzelnen nicht eindeutig geäußert. 10 der Debatte selbst wird freilich die UnSlerblichkeit des Einzelnen gemäß der Hegel'schen Methode. um die in der ganzen Auseinandersetzung auch gerungen wird. immer im Verhältnis zum Universellen thematisch. 7l' 2. Unbedingte Sterblichkeit. Die Debaue wird entfesselt. als FRIEDRICH RICHTER 1833, zwei Jahre nach Hegels Tod, im ersten Band seiner monumentalen .,lehre von den le12ten Dingen" mit starken Wonen ..die Summe meiner 11leoIogie'; verkündet: Der Einzelne ist sterblich. er lebt fon nur in der nächsten Genemtion. nämlich in sei· nem Kinde. und das Jenseits bestehl einfach in der Tat, zu der sich die Reihe der Genennionen emporarbeitet. Für Richter geht also das Individuum gänzlich über in die Gal1ung. n Diesen Gedanken, daß die Allgemeinheit das Spezifikum der Religion als
'4
72 Dies sind die bei MARIlE.INE,KE (1827) drei Lclzlcn Dinge: Aufcrstchung (§§ 602--6(7). JUngster Tag (§§ 608-611) und Gericht (§§ 612--615). 73 A.a.O. 383 (§ 596). 74 A.a.O. 396 (§ 600). 7.5 Die Differenz zwlschen diesen bciden Ve~ändnissc:n von Unsterblichkeil prägt in der Ei· chalologiegeschichte des 20. Jh. den Streil zwischen P. Althaus und C. Stange. $. Exkurs 7 (S. 199f.).
76 Für CORNEUL (1971) 284 ist daher der ..sachliche Enrag der UnsterblichkeilSdeballe"' das VertWtnis von Individuum und Gauu"g, das dem von Einzelnem und Allgemeinem entspricht, da es um kein besrimmtes Einzelnes, sondem das Einzelne überhaupc geht (vg!. 1.1.0. 288 Anm. 3: 291 Anm. 8). Comehl z~ht allerdings die. univcrsaleschatologischen Te),le. dK nach dem eigentlichen Streit erscheinen (s.u.). nicht mehr heran. 77 Zitat RICmER (1833/44) 1.238.
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H. Friedrich Schlciennachers eschatologisches Dilemma
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..ganzelr] Sphäre des geistigen, göttlich-menschlichen Lebens" auch gegenüber der Wissenschaft (d.h. der Hegel'schen Philosophie78 ) bilde. fUhrt elf Jahre später der zweite Band weiter: Zwar werde sowohl der Religion als auch der Wissenschaft der Geisl nur vennitteh zuteil, aber allein die Religion wolle ihn auch universell mittei4 len. n Nur scheinbar also zielt Richters rückhahlose Kritik am Jenseits auf dessen Einholung ins Diesseils. Das Individuum geht nicht in der Gesellschaft auf und das Jenseits nicht im Diesseits unter, sondern wenn Richter zum Abschluß seines Werkes anläßlich des Lehrtopos vom Weitende bemerkt, daß die Welt übergehe in andere Sonnensysteme und Universen,80 ist Richters letztes Interesse mit Händen zu greifen: Es ist nicht die Verendlichfwg des Jenseits. sondern gerade umgekehrt die UniverSQlisienmg des Diesseits. Diese Richlungsumkehr kennzeichnet Richters Argumentation. Denn bei aller grundsätzlichen Kritik am Begriff des Jenseits hat sich Richter die Universalisierung des Diesseils offenbar ganz unproblematisch vorgestellt Der Ge· sichtskreis der religiösen Geistmiueilung muß einfach so weit wie möglich gezogen werden. Richler kann daher seinen religiösen Standpunkt mit dem Begriff des Messianismus bezeichnen und auf die alttestamentliche Idee einer "Herstellung der alten Gouesherrschaft (Theokratie)" zurückfuhren,81 gleichwohl aber das Judentum heftig kritisieren, weil es den Radius des Messianismus partikularistisch. auf das eigene Volk beschränkt, gedacht habe. Erst die universelle GeistvenniUlung im Christentum könne eigentlich Messianismus heißen. 82 Richter fUhrt dies im ganzen n. Band mit einer an Hegel erinnernden dreischriuigen Methode durch. 8J Richter präzisiert also 1844 seinen religiösen Standpunkt gegenüber dem rechten Rügel der Schule Hegels mit einer charakteristischen Wahrnehmung des Judentums, die das von Schleiermacher her bekannte Gegenüber von Partikularität und Universalilät fortschreibt. 3. Bedingte Unsterblichkeit. Ln seiner Antwort auf Richter hat der Leipziger Philosoph CHRISTtAN HERMANN WEtSSE bemängelt, daß Richters Kritik der Unsterblichkeit der Seele nur das plalonische Seelenkonzept aus der kirchlichen Lehre vor Augen habe. das bloß die Einfachheit der Seelensubstanz beweise, die Unsterblichkeit des Einfachen aber voraussctze.ll4 Demgegenüber sei mit Hegel die Kategorie der Substanz durch die des Subjekts zu erselzen, ftir die das Einzelne kein Teilhaber des Allgemeinen ist - so das platonische Methe.xiskonzept -. sondern cin eigensttindig Indi78 A.a.O. I.J9 (Zitat ebd.). 79 A.a.O. 11.8: ..Dem Diener der Offenbarung ist die unmilleJbare Anwendung [... 1 unabweisJicllCs ßedürfniß, während der rein wissenschaftliche Denker [... 1 ihrer r... 1gar nicht fahig ist."
BOA.a.O. JI.196--t98. BI Zitat a.a.O. 11.18: von Messianismus redet progr.lmmatisch die Einleitung (1..8. a.a.O. 11.12: vgl. a.',O. lUX). Diese religiöse Dimension kommt in der tnterpretation von GE8HARDT (1963)
75 m.E. zu kurz. 82 RICUTER 0833/44) 1112: ..Das JudeOlum brachte es nicht einmal zu jenem äußerlichen Durchbruch der Völkerscheide." 83 Vgl. die Abfolge cvangelischer/jesuanischer - apostolischer - apokaJyptischer/johanneischer ßibeltexte in den Abschninen 8.1-3 der Kap. li-V (bzw. A-C in Kap. I) im 11. Band bei Richter. Vgl. schon 3 .•. 0. 1.168-226. 84 WEISSE (1834) 14 zum platonischen Seelenkonzepl in der kirchlichen Eschatologie.
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viduelles in seinem Bezug zum Allgemeinen. Unsterblich ist das Individuelle demnach nicht qua Natur, sondern nur, sofern dieser Bezug besteht. Weiße vertritt damit eine bedingte Unsterblichkeit: Nur die im bewußten Gottesverhältnis stehende Seele ist unsterblich. die Seele als solche ist endlicher Geist, Unsterblichkeit ist also kein eigenschaftlicher Besitz der Seele, sondern etwas. das ihr passiv widerfahrt; Unsterblichkeit der Seele ist ihr Gedachtwordensein vom ewigen Gcist.8~ Weißes Kritik an Richters Universalisierung des Diesseits läßt sich damit auf den Nenner bringen, daß rur Richter dem Individuum Unsterblichkeit zukommt. fijr Weiße dagegen dem Un· sterblichen Individualität.86 Damit ist die Richtungsumkehr, die wir al~ Richters entscheidendes Argument erkannten. wieder exakt zurückgenommen. Ähnlich wie Richter hat auch Weiße seine Position späler auf die theologische Universaleschatologie ausgedehnt. Dabei geht er nicht vom Individuum, sondern der menschlichen Ganung aus und konstatiert deren ursprüngliche Unsterblichkeit. 87 Der Eintritt des Todes durch den Sündenfall sei präzise der Tod der allgemeinen Unster~ lichkeit, die zwar fortan noch als Möglichkeit rur alle Menschen Geltung habe. 88 wirklich aber nur rur die bei Lebzeiten zu Christus bekehrten Einzelnen sei. Das Verhältnis zwischen Individuum und Allgemeinheit wird hier durch die eschatologische Lehre vom Zwischenzustand ausgedruckt. die die allmähliche Wiederherstellung allgemeiner Unsterblichkeit bewerkstellige. also die Aufbewahrung und Summierung der seligen Einzelnen zur seligen Gesamtheit. Bemerkenswerterweise nimmt Weiße mit diesem Konzept einen ebenso unproblematischen Zusammenhang von Einzelnem und Universellem an wie sein Antipode Richter: Die seligen Einzelnen werden im Zwischenzustand einfach aufbewahrt und zusammengezählt zur Allgemeinheil. Entsprechend versteht Weiße die Ewigkeit der Unsterblichkeit ausdrücklich als eine nach der Zeit beginnende, endlose Zeil.89 4. Unbedingte Unsterblichkeit. Ähnlich wie Weiße argumentiert auch der zeitweise als Sprecher der Hegelschule auftretende Jurist CARl FRIEDRICH GÖSCHEl gegen das substanzmetaphysische Konzept einer unsterblichen Person mit einem im Sinne Hegels dialektischen Verständnis persönlicher Unsterblichkeit. die sich nur im Bezug des Individuellen zum Allgemeinen. des Endlichen zum Absoluten ereignet. Anders als Weiße legt Göschel den Akzent jedoch nicht auf die Individualisierung des Allgemeinen im Gedachtwerden des endlichen vom unendlichen Geist. also nicht auf die Antithese der Dialektik. sondern auf die Herstellung eines Bezugs dieses Endlichen 85 A.a.Q. 41: ..nichl ein Wissen der Individuen von sich oder von dem Weltinhahe [... J, sondem ein Wissen des absoluten Geisles von dem Geiste": von MÜLLER (1835) 724 ols unhegelisch kritisien. Ähnliche Gedonken prägen im 2Ü. Jh. das Konzept einer Unsterblichkeitols Weiterleben in Gottes Gedächtnis. 86 WElSSE (1834) 36: ..Nicht mehr so wird diese Frage fernerhin zu stellen seyn: ob der menschlichen Persönlichkeil und Individualiläl Unsterblichkeit, sondern vielmehr so. ob dem UnSLCrblichcn menschliche Individualität und Persönlichkeill.ukomme." 87 DERS. (1836) 282-289. 88 A.a.O. 322. Weiße nähen sich damil der vomegelianischen Position des frühen MARIfEINEKE (1819) an. der in Anlehnung an Kanl die Unsterblichkeit in §§ 726.730 apper-I.eptionsttlCorelisch begründet haue. 89 WElSSE (1834) 45.
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11. Friedrich Schleiermachers eschatologisches Dilemma
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zum Allgemeinen, also die Synthese als den dritten Schritl; ja, Göschel will die allgemeine Unsterblichkeit der menschlichen Seele charakteristischerweise ausschließlich allS der Triplizität ihres Begriffes erweisen. Dazu unlerscheidel er analog zu Kanls Einteilung der GOllesbeweise in kosmologische, teleologische und onlologische dreierlei Unsterblichkeitsbeweise, von denen keiner in dogmalischem Sinne. d.h. fur sich genommen beweiskräftig isl; der spekulalive Durchgang durch alle drei jedoch beweisl die Unsterblichkeil in Übereinslimmung mit dem historischen Beweis e consensu genlium.90 Auf dieser Linie nun hai Göschei, ähnlich wie Richter und Weiße. in einem nach der hegelianischen Schuldebaue erschienenen und darum wenig beachteten Beilrag .Zur Lehre von den letzten Dingen"\ll sein Konzept individueller Unsterblichkeil auf die Universaleschalologie angewandt. Das Buch ist eine entschlossene Verteidigung der Lehre vom Zwischenzustand,\l2 der als ein Letztes bereits die eschatologische Universalisierung des Individuums in seinem Verhältnis zum Ewigen beinhaltet. zugleich aber auch noch auf das Allerletzte. den Abschluß der Universalisierung aller lndividuen. zugehl. 93 Während also auf individuales· chatologischer Ebene der Leib als der Weltbezug der Seele verstanden wird. den sie in der Auferslehung zurückerhält. so beSlehl auf universaleschatologischer Ebene der Weltbezug in der Gesamtheit aller Einzelnen, die sich durch den Zwischenzusland bis hin zum Tode aller Einzelnen wieder vervollständigt.\14 Zwischen Einzelnem und Gesamtheit bestehl so das Analogieverhälmis von Mikro-- zu Makrokosmos,\I~ das Göschel u.a. auch mil dem Verhältnis des jüdischen Sabbat zum chrisllichen Sonntag parallelisieren kann.\16 Göschei zeigl damit dasselbe Charakterislikum wie Richler und Weiße, obwohl alle in der Unstcrblichkeitsfrage Slark voneinander abweichen.\I1
Im Ergebnis ist es erstaunlich, daß trotz der teils hitzigen Auseinandersetzung aUe Beteiligten an der Eschatologiedebaue des Rechtshegelianismus 90 So dürfle der (nach HAUaOLO 11989]75f. etwas gewundene) Argumentationsgang des ersten Abschnitls bei GOSCltEL (1835) zu rekonstruieren sein. 91 GÖSCliEL (1850) wird nicht erwähnt von CORNEIIL (1971) 280 Anm. 36. obwohl dieser don z.T. noch spätere Texle GöscheIs aufzählt. 92 GOsCIIEL (1850) 143-146 sowie a.a.O. 27.39-47 u.ö., jeweils aufgrund einer dreigliedrigen Amhropologie. 93 Zur Lentem und AllerlelZtem vgl. 3..a.O. 35f. und schon a.a.O. 28 zu den ..beiden Stationen der Zukunft". 94 A.a.O. 146f. iSI die Rede von einer ..ErfUUung des Menschen zur Menschheit nämlich zur TOlalitiit nach der Zahl und nach der chrisllichen Qualilät". so daß ..der Einzelleib für den einzelnen Menschen das ist. was die irdische Natur. was die gesammte Erde rur die Menschheit ist" (a.a.O. 147). 95 A.a.O. 16: "Ohne die gan7.c Menschheil iSI auch kein einziger Mensch ganz; ohne HinzutriU eines jeden einzelnen Gliedes iSI auch die Gesammtheit nicht vollendet." 96 A.a.O. 27. A.a.O. 175 nennt er noch die kabbalislische l..chre vom dreifachen SchriflSinn und den nach Vorhof. Heiligem und Allerheiligstem getcillen jUdischen Tempel. aber freilich auch Luthers Dreiständelehre. 97 Der BaurschUler F.H. Kern (s. Exkurs 4 [So 144ff.J) gehön zwar ebenfalls dem Umfeld der Hegelschule an; seine Eschalologie von 1840 ist aber vorrangig Auseinandersetzung mil Schleiermacher und erst auf dieser Grundlage auch mit der hegelianischen Unsterblichkeitsdebaue.
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Zweiter Teil
übereinstimmen in der Annahme einer gänzlich undialektischen, linearen Nachordn"ng VOll Partiklliarität lind sie numerisch überbietender lind ver· 9ß vollständigender Universalitiit. Genau in dieser linearen Abfolge wird daher der harte Kern des Konzeptes von Partikularität und Universalität liegen. Daß zumindest Richter und Göschel diesen Punkt auch auf ihre Wahrnehmung des Judentums beziehen, gibt einen Anhalt, daß hier ein Thema berührt ist. das für die christliche Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum wichtig ist. Damit ist der Ubergang zum abschließenden Ab· schnitt dieses Kapitels gegeben.
3. Problemgeschichtlicher Ertrag Im Zentrum von Schleiermachers Eschatologie steht der Nachweis, daß ihre Sätze stets partikular sind, weil sie das Dilemma von Individual- und Universaleschatologie, von Entwicklung der Zukunft aus der Gegenwart und der Vergeltung dieser durch jene. nicht überbrücken können. Ungek.lärt ist allerdings noch die Frage, welche Geltung dem Dilemma der Partikularität einzuräumen ist. Hier lassen sich zwei grundsätzliche Arten möglicher Rezeption Schleiermachers unterscheiden, die im folgenden skizziert seien. I. Umsetzung des eschatologischen Dilemmas. Schleiermachers Dilemma besagt, daß die Sätze der Eschatologie keine Lehrsätze sind, weil sie nur partikulare Bestimmtheit erlangen; eine breitere Strömung der Rezeption Schleiermachers neigt nun dazu. die Dilemmatik dieses Ergebnisses mitzuvollziehen, ihm aber seinerseits eine nur partikulare Geltung zuzuschreiben, nämlich für das Sprachgebiet der Dogmatik, auf dem allein die Bestreitung der Lehrbarkeit von Eschatologie ja Bedeutung haben kann. Schleiermacher selbst habe ja, so wird eingewandt, nicht nur das dogmatische Dilemma der Eschatologie aufgewiesen, sondern ihr ebenso klar eine Stellung und Bedeutung im christlichen Gesamlleben angewiesen: Eschatologie hat die Aufgabe, Erkenntnisse, die dem gläubigen Selbstbewußtsein unumstößlich geworden sind, "anregend zu gestalten".99 Ln gewissem Sinne ist dies der Versuch, mit Schleiermacher über Schleiermacher hinauszugehen. Die Bearbeitung der Eschatologie wird demnach, so zu sagen, von der wissenschaftlichen Dogmatik weg umgeleitet in ein anderes Betätigungsfeld der Theologie, und als solches legen sich mit der Predigt oder ..der 98 Das Verhältnis beider hält auch CORNEIIL (1971) 293f. fUr das SachprobJem der Debatte. 99 SCIiLEIEMMACHER 11830/311 (1960) 11.440 (Zusatz nach § (63).
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1I. Friedrich Schleiermachers eschatologisches Dilemma
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christlichen Kunst und Poesie" kirchliche und ästhetische Tätigkeiten nahe. tl~ Dogmatik ulld kirchliche Tätigkeit erscheinen so in einem Verhältnis der Ergänzung. das sich auf Schleiermacher'sche Begriffsbestimmungen bertlft: Jene bildet als Darstellung der kirchlichen Lehre die Crtlndlage für diese, lind diese ist als Kirchenleitung das Ziel jener. IOI Dogmatik und kirchliche Praxis, jene als kritisches und diese als konstruktives Element, liegen dann auf einer Linie, so daß z.B. auch die Predigt dem höchsten (dar· stellend belehrenden) Sprachgebiet angehört, obwohl sie im Unterschied zur Dogmatik nicht völlig befreit ist von den Einflüssen durch Dichtung und Rede. Doch, so wird eingewandt, die "Differenzen zwischen diesen Sprachgebieten sind allesamt relativ und graduell",lo2 und daher könnte eine solche Befreiung ohnehin nur näherungsweise geschehen. IO ) Predigt und Ästhetik finnieren hier als Nachfolger der Dogmatik, die deren Geschäft unter dem Namen des alten Inhabers fortführen. Die Dogmatik hat dann nur die Funktion einer ideellen Leitvorstellung, an der sich alle kirchliche Praxis orientieren muß, die aber im Gegenzug erst von ihr "geerdet" und manifestiert wird. Gerade die Eschatologie ist im Gefolge Schleiermachers in diesem Sinne als kritisches Regulativ der kirchlichen Praxis verslanden worden. Der fragliche Diskurszusammenhang sei hier vorgeslellt:
Exkurs 2: Die hypothetische Eschatologie der Verminlungslheologie I. Zum Begriff der Vermittlllllgstheologie. Der Begriff der ..Vemliulungslheologie" iSI nicht ohne Probleme, weil nicht univok geklär1 ist, wozwischen die in Betrachl kommenden Theologen im Umfeld der "Theologischen Sludien und Kritiken" vermitteln. Zudem wird er oft als kritische Fremdzuschreibung gebrauchi. die das vermillelnde Anliegen überhaupt in Zweifel zieht. 104 Im vorliegenden Exkurs wird der Begriff eher weit gefaßt und bezeichnel Autoren. die im Anschluß an Sehleiennacher dessen Anliegen einer Verbindung des Iheologischen Bekenntnisslandes mit der auf100 Ersteres ist die Grundthesc von WEE8ER (2000) 110 u.ö.. der dabei jedoch mit zweilerem einen Vorläurer hat in MARTENSEN (1856) 426 (§ 213 Anm.). 101 Für jenes vg1. SCHLEIERMACIIER [1830{31] (1960) 1.119 (§ 19), rur dieses OCRS. 118301 (1910) 2 (§ 3). 102 WEEBF.Jl. (2000) 38. 103 In der Tal kennt Schleiermachcr ein nur nliherungsweise erreichbares Sprachgebiet ohne jeden Einfluß von DichTung und Rede. doch ist dieses nicht das dogmatische. sondern das dialektische. das der philosophischen Spekulation zugehön und als solches von der Dogmatik streng zu unTerscheiden iSI (5. S. 45 Anm. 17). Es hai eine ähnliche Slellung wie das von allem Sinnlichen abgelöste Sclbslbewußtscin (5. Kap. 11.1.1. hier S. 53). 104 Besonders wirksam BARm (1947) 522r.
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kommenden geistesgeschichtlichen Tradition der Modeme fonfUhren und dabei oft im Einzugsbereich derjenigen geschichtlichen Gestall von Kirchc stehen. die dieses Anliegen widerspiegelt, d.h. der preußischen Union.l~ Legt man diesen Begriff zugrunde, dann läßt sich, freilich in einer gewissen Abstraktion vom jeweiligen Autor, der eschatologische Entwurf der Venninlungslheologie als solcher rekonstruieren. 2. Involution als Sclllüssel zur Eschatologie der Vermiulungslheologie. Die Analyse von Schleiennachers Eschatologie ergab, daß das von ihm konstatierte Dilemma in zwei Gestalten auftreten kann. nämlich als Paradoxie zwischen Individual- und Universaleschatologie sowie als Spannung von Entwicklung und Vergeltung der Ewigkeit im Verhältnis zur Zeit. Eine Venniulung des Dilemmas kann also bei jeder dieser Gestalten ansetzen. Die erste Gestalt des Dilemmas betrifft die Lehre vom sog. Zwischen zustand. da dieser sich logisch als Verbindung der Individual- mit der Universaleschatologie versteht: Er verwahrt die einzelnen Toten bis zur allgemeinen Auferstehung aller Toten. die die Voraussetzung des Jüngsten Gerichts ist. Vennittlung müßte hier zwischen dem Tod des Einzelnen und der Auferstehung Aller geschehen. und da nahezu im ganzen 19. Jh. der Tod mit platonischer Tradition als Trennung von Seele und Leib verstanden wird und die Auferstehung entsprechend als Verleiblichung der Seele, heißt dies, daß die Vcrminlung zwischen Seele und Leib stattfinden muß. - Die zweite Gestalt des Dilemmas dagegen ist thematisch in der Lehre von den ewigen Z/lSländen (Seligkeit und Verdammnis). da. ganz im Sinne Schleiennachers. die Seligkeit als fortdauernde Entwicklung der Verbindung mit Christus im Gnadenbewußtsein und die Verdammnis via negationis als Abbruch einer solchen Verbindung infolge sündigen Bewußtseins gedacht wird. Venniulung müßte hier also zwischen göulicher Gnadenwirkung und menschlicher Sündigkeit erfolgen. Kennzeichnend rur die Vermittlungstheologie ist nun. daß sie beide Gestalten des Dilemmas. Zwischenzustand und ewige Zustände, mit der gleichen Gedankenfigur zu vermitteln sucht und so auch beide Gestalten miteinander vermittelt. Diese Gedankenfigur geht zurück auf die sog. Involutionslehre des aus dem damals dänischen Stavanger gebUrtigen. spätcr in Breslau und Berlin wirkenden Naturphilosophen Henrich Steffens. 106 Die Involution iSI zunächst ein Interpretamenl der ersten Gestall des Dilemmas, also des Zwischenzustands. Sie begreift diesen als Übergang vom leibdominiencn Diesseits zum geistdominierten Jenseits: Zwischen beiden befinde sich die Seele. nachdem sie im Todc ihres Organes. des Leibes. beraubt wurde. in einer Ver-
105 GRAF (2001) 727 nennl neben diesen Punkten noch die Venniltlung zwischen •.Iiberal" und ..konservaliv". 106 Sleffens. schon 1799 unter den ruhrenden Köpfen der deutschen Romaßlik zu finden. erlangt in Breslau 18t3 Berühmtheit. als er noch vor dem König zum Befreiungskrieg gegen Napoleon ruft. Er wendet sich am selben On jedoch 1819 von der Nalionalidee der Tumerbewegung ab und SUChl seine Naturphilosophie stau dessen religiös zu entfallen. wobei er. der von Hause aus Refonniene. nunmehr gegen die preußische Union die Panei der schlesischen Ahluthernner ergreift. Der wichtige theologische Impulsgeber der Vennittlungstheologen ist also kirchengeschichtlieh keiner der Ihren; das Invotulionskonzept entwickelt er im Anschluß an Schelling.
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innerlichung (Involution), d.h. ihre Organisationsfahigkeit richtet sich auf kein positiv gegebenes Organ. sondern auf sie selbsl. I07 Die Involution ist demnach zugleich der Grund rur die Auferstehung des Leibes. in der die Seele kraft dieser Organisalionsfa· higkeit ein solches Organ ausbildet. das dann mit dem im Tode verlorenen Leib nichl identisch zu sein braucht. Deswegen implizien die vermiulungslheologische Involutionslehre die Auferstehung des Leibes. während sie eine Auferstehung des Aeisches zumeist explizit abweist. 108 Stau ihrer denkt sie Seele und Leib zusammen als Orga· lIisariofl der Seele oJme Organ. - Entsprechendes ergibt sich ftir die Frage nach Gotles Willen und menschlicher Freiheit. Gottes Wille müßte rur sich betrachtet zur ewigen Durchsetzung des Guten gegen alles Böse führen. so daß der Mensch zu seinem Heil gezwungen würde. Menschliche Freiheit für sich genommen ließe dagegen das Böse gegen alles Gute die Oberhand behalten. so daß die Sünde in Ewigkeit über Gottes Willen triumphieren müßte. 109 Eine Vermittlung iSI hier nur so denkbar, daß das Gute mit dem Bösen zugleich verewigt wird; dies ist aber nur hypothetisch möglich. IIO D.h. die Durchsetzung des Gulen ist nur als Intention zu beschreiben; eine ewige Durc,hsetzung des Bösen muß daneben als hypolhetische Möglichkeit angenommen werden. damit die Durchsetzung des Guten nicht zwanghaft. sondern als freie Entscheidung des Menschen gegen das Böse geschieht. 111 Das Böse wird also eschatologisch erhalten mit der Inlention seiner Hinkehr zum Guten. und deswegen kann die Vermiulungstheologie die Möglichkeit einer Bekehrung des Bösen zum Guten nie ausschließen, auch nicht für die postmortale Existenz des Menschen. 112 107 Auf Sleffens greifen zurück KLING (1846) 105: MARTENSEN (1856) 431 (§ 276): ..das Todlenrcieh iSI das Reich der Innerlichkeir' samt Zitat von Steffens. den Manensen persönlich kannte; GERLACH (1869) 88r. 76: .nin zustöndliche uiblkhkeif': DoRNER (1879/80) 11.955 mit Zitat von Sleffens und Manensen: daneben noch KERN (1840) 115. NrrLSCll (1851) 408 (§ 217 Anm. 2) mit der Annahme einer ..Wiederverleiblichungsrlihigkeit" erinnert auch stark an Steffens. 108 So GERLACU (1869) 97. Anders LANGE (1841) 234f.. doch mit ähnlichen Interessen. 109 Z.B. MARTENSEN (1856) 450 (§ 286). 110 Paradigmatisch NrrLSCH (1851) 417 (§ 220 Anm.••). der seine gesamte materiale Dogmatik einteilt nach dem Guten. dem Bösen und dem Heil als der Dun::hsetzung des Guten gegen das Böse: ..Die Thesis der gÖlIliehen allgemeinen Gnade strebt, nachdem sie selbst ihre Antithesis in der Selbstbestimmung des Menschen gesetzt hat. zur Synthese der Freiheit und Seligkeit der Kinder Goues in ihrem ganzen Reiche hin. Der Antithese wegen. da das Moment der Willkühr Bedingung der freien Entwicklung iSI. bleibt zwar die ewige Verdammniß oder ckr andere Tod die nOlhwendige Hypothese: allein die Ur.;prUnglichkeit der 1öesis steIlI ihr ebenso IlOIhwendig eine Hypothese des allgemeinen Seligwerdens enlgegen. Mitten in der Zeit und Geschichte kann kein Dogmatismus geduldei werden. der die eine oder andre Hypothese zum absoluten Satze erheben wollte." Sodann MARlCNSEN (1856) 455 (§ 288); DQRNER (1879180) 11.968.971 (§ 154.5f.). ÖLSNER (1929) 51 kritisiert den venniltlungstheologiscnen Ansatz bei GUI und Böse. da so die Ethik Grundlage der Dogmatik werde. 111 So neben Nrrzscll (1851) 411 (§ 219): •.keine erzwungene Heiligkeit" auch DoRNER (1879180) 11.968 (§ 154,5) und schon 3.a.O. 11.917. Das Argument der menschlichen Freiheit ist auch rur LANGE (1841) 272f. und GERLACH (1869) I59f. zentral. die beide freilich eher die Reali· tät der Verdammnis annehmen. 112 NrrzscH (185t) 417 (§ 220) zur ewigen Verd:munnis als Postulat neben dem universellen Gnadenwillen GOlles; DQRNER (1879180) tl,968: ewige Verdammnis kommt dann bloß .Jider langer Unseligkeit" gleich.
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Eben wegen dieser eschalologischen Inlentionaliläl des Bösen ist seme Bekehrung aber nicht als aktives Tun des Menschen zu verSlehen. An dieser Stelle nun berühren sich die Vermittlungen der beiden Gestalten von Schleiermachers Dilemma. denn mit der hypothetischen Koexislenz von Gut und Böse wird aus den ewigen Zusländen ein Millelzustand. dem weder Seligkeit noch Verdammnis klar zugeordnet werden kann. Die Eschalologie handelt damil nicht mehr von der Ewigkeit. sondern dem Interim zwischen Zeit und Ewigkeit. also von dem. was im Blick auf die erste Gestalt von Schleiermachers Dilemma ZwischenzuSland hieß. Und wie rur den Zwischenzustand zwischen dem Tod des Einzelnen und der Auferstehung Aller die Lehre von der Involution auf das Konzept einer Organisalion der Seele ohne Organ fUhrte. so ergibl sich ftir den MiUelzustand zwischen Seligkeit und Verdammnis durch die Annahme einer postmortalen Bekehrung der Bösen die Vorstellung einer Tätigkeit des Menschen ohne Tun. lu Beide Konzepte. die Organisalion ohne Organ im Zwischenzustand und die Tätigkeit ohne Tun im MiUelzu· stand, ergeben sich unmittelbar. wenn die Involution vorausgesetzl wird; und dieser Zusammenhang erklärt sich daher, daß Zwischen- und Mittelzusland. obwohl in ih· rem Sinn unterscheidbar, sachlich dasselbe bezeichnen. Die Aussagen über Zwi· schen- und Miuelzustand müssen daher kompatibel miteinander sein. 114 und tatsächlich weisen sie im Fall der Vermilliungstheologie auf dieselbe Sache hin. nämlich darauf. daß der Mensch als Objekt der Eschatologie nicht in der Allemative von Seele und Leib (Zwischenzusland). von Aktiv und Passiv (Milleizustand) aufgeht. In diesem Problem einer theologischen Anthropologie Iiegl auch die Brisanz der vermiulungstheologischen Eschatologie ftir die Frage nach der Wahrnehmung des Judentums. Denn ISAAK AUGUST DoRNER sieht als ein ftihrender Vertreter dieser Eschatologie den Ursprung christlicher Eschatologie gerade in der Spannkraft, die zwischen Seele und Leib einen Zwischenzustand, zwischen Aktiv und Passiv einen Miuelzustand setzt. grundsätzlich gesprochen: die das Auftreten des Messias und das damit verbundene Ende aller Dinge auf die zwei Parusien Christi, historisch und zukünftig. verteilt - im Gegensatz zum Judentum. das beides nur in eins fallend denken könne. 1lj 113 Den Zusammenhang beider Gedanken erkennt man bei KLING (1846) 105. der auf dic Involution unmittelbar aus Anlaß möglicher Bekchrung im Jenseits zu sprechen kommt. und zwar mit Hilfe des Gleichnisses vom armen Mann und reichen Lazarus. Kling zufolge können die Gcrechten ihr Lichl in die Unlerwell der Ungcrechtcn Icuchten lassen und sic so reUen (ebd.). 114 Nicht so bei A. ALTIlAUS. Er argumentiert "im Rückschlusse von dem Endgericht aus" (DERS. [1856/571 109) ftlr einen Zwischcnzusland. in dem die Sccle die ..hier unterbrochene Iieiligung" (a.a.O. 28) fort.sc:tzt. Zugleich bestreilet cr aber cinen ..Millcl[zu]stand" (a.a.O. 20). weil "dic große Entscheidung über entweder selig oder verdammt" (a.a.O. 35. außer "fl1r die abgcschiedenen Heiden") im Zwischenzustand schon real sei (3.a.0. 21) und nur noch der Vollendung bedürfe. indem daran •.auch der Leib theilnehmen" solle (a.a.O. 92). Einer solchen Iieiligung der Seligcn. bzw. "Ialnderscils" Enthcil.igung dcr Unseligen. jeweils •.bis zu deren äußerstem Gradc" (Zitate a.a.O. 110) widerspricht freilich. daß Althaus ..Grade der Herrlichkcit" (a.a.O. 95. Original gesperrt) lehn. Sein Problem ist. daß dic Angel seiner Argumenl8lion zugleich deren Beslaooleil ist. das Gericht zuglcich hypothelisch und real gedacht wird. 115 DQRNER (1879180) 11,920.
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Friedrich Schleiennachers eschatologisches Dilemma
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3. Stellung der Escharologie in der Vermiflilmgstheologie. Ausgehend von diesen Voraussetzungen ist es verständlich, daß die Eschatologie der Venninlungstheologie nicht nur durch die Lehre von der Involution gekennzeichnet ist, sondern auch in gro· ßer Übereinstimmung als die nur hypcllhetische Vereinigung von Gut und Böse, Gottes Willen und menschlicher Freiheit auftritt; vor allem der einflußreiche eARL IMMANUEL NITZSCH hat sie streng in diesem Sinne durchgefUhrt. llb D.h. die Eschatologie hat dabei nicht reale Eschata zum Gegenstand. sondern deren Voraussetzungen. Sie bildet die Grundlage, auf der das Denkgebäude der Theologie aufruhl. Um der Stabilität des Baues willen kann freilich diese Grundlage nicht selbst in glei· eher Weise Bestandteil des Erbauten sein. m.a.W. die Eschatologie ist fur die Ver· mittiungstheologie wie schon rur Schleiennachcr kein Lehrgegenstand der Dogmatik wie andere: I 17 ihr Gegenstand ist von einer eigenen Realitätsart. 118 eben der im wörtlichen Sinne hypothetischen: Er ist real, wenn die Involutionslehre untergelegt wird. 119 Mit Kant verbindet und vom Hegelianismus unterscheidet sie. daß sie auf der Grundlage dieser Voraussetzung die Eschata als wirklich erwartet. Mit dem Hegelianismus verbindet und von Kant unterscheidet sie. daß diese denkerische Voraussetzung der Eschata spekulativ ist, nicht zwingend, sondern nur plausibel. Sie erstrebt damit die Vermittlung zwischen nicht weniger als den drei bedeutendsten theologischen Positionen ihrer Zeit, Kant, Hegel und Schleiennacher. Der .,Preis'· dafür ist, daß die Eschatologie ihre Stelle im Ganzen der Dogmatik verschiebt. Sie wird aus einem Lehrstück zu einem Traktat über die Voraussetzungen von Lehrbarkeit und gewinnt so eine prinzipientheoretische oder fundamentaltheologische Bedeutung. lw In entsprechender Weise wird die Eschatologie bei den Venniulungstheologen als regulative Idee im Sinne Kants aufgefaßt. 121 116 Anders freilich A. SCHWEIZER. der K. BARTH 1Iis Inbegriff des Vermiulungslheologen gilt (oeRs. 119471 516). Versieht die Vennilliungslheologie Eschatologie als hypothetische Einheit der Du:t1itäten von Schleiennachcrs Dilemma. so akzenlUiert SCHWEIZER umgekehrt. die Eschatologie sei "von judaisircnden Vorslcl1ungen zu befreien, namentlich vom finalen Dualismus" des doppelten Ausgangs beim Jüngslen Gerichl (OeRs. (1863n21 Ilfl,377 ILeitsalz zu § 198]). So komml Schweizer negll.liv zur Abrogalion der jüdischen Eschatologie 1I1s dualistischer Gesctzesn::1igion (a.a.O. 11/2,392f. [§ 200,21) und positiv zur dogmatischen Behauplung der Apokalastasis (a.a.O. 1I12,409f. (§ 202.21). -In diesem apokatllstlltischen .Ftuchtpunkl", an dem Theologie mil Philosophie .,ineins {"dllt", sehe ich mit BAUMGARTNER (1991) 143 (Zilate) Schweizers Schwäche. 117 So 2..8. SCIlMtDT(1868f70) 11.457; MARTENSEN (1856)425 (§ 273 Anm.). 118 Der Realismus der Eschatologie beschäfligl v.a. GeRLACH (1869) und LANGE (1841), die ihn doppelt abgrenzen: Gerlach gegen SchJeiennachers Spirilualismus und allprolcslantischen Materialismus (a.a.O. 8.10 bzw. 116), Lange gegen ungläubigen Rationlilismus und abergläubischen Sainl-Simonismus (a.a.O. 27 bzw. 24-26). 119 Besonders KUNG (1846) unterscheidei die Involutionslehre von der traditionellen Vierzahl der Eschata als allgemeine Voraussclzungen von spezifischen LehrgegenSländen, bellllspruchl aber Hir erslere. daß sie letzteren "nalürlicherweisc" vorangehen (a.a.O. 97), versteht" Voraussetzung" also in einem Sinn. der dem spekulativen Char.tkter der Involulionslehn: schwerlich gerechi wird. 120 Diese Verschiebung iSI das Hauplinten:sse der Unlersuchung von HJELDE (1987). der es rur die Vcnnilllungslhcologie freilich kaum zur GellUng gebrachi hai. 121 SCIIMIDT (1868/70) 11.501 fordert einen .JCgulativen Gebrauch" der Eschatologie (obgleich er a,a.O. 11.462 diesen Gedanken krilisch auf Schleiennaehers Eschlltologiekrilik bezieht
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Im Ergebnis zeigt sich, daß die Venninlungstheologie den Ort der Eschatologie im Ganzen der Theologie verändert, indem sie sie einem anderen Locus, eben der PrinzipienJehre oder Fundamentaltheologie, zuweist und also "dis-loziert" oder "um-setzt". Die Eschatologie wird so zur regulativen Leitvorstellung, und "Umsetzung" geschieht dabei auch noch in einem weiteren Sinne, denn wenn die Eschatologie als Leitvorstellung nicht nur der sonstigen Theologie, sondern der kirchlichen Praxis erscheint, wie dies seit Martensen 122 auf venniulungstheologischer Linie vorgeschlagen wird, dann muß solche Leitvorstellung eben noch in die Realität ..umgesetzt" werden, sie bedarf dann der Konkretion in der sinnenfalligen Wirklichkeit von Kirche und Welt. Und genau solche Konkreliofl wird in der Rezeption Schleiermachers als ein jüdisches Korrektiv zum christlichen Vollendlingsbewußtsein geltend gemacht, wenn es heißt. daß Schleiennacher in seiner "Glaubenslehre" durch die "Geringschätzung des AT gleichzeitig eine folgenschwere Entschärfung der biblisch-ntl. Eschatologie" in Kauf nehme, daß er aber in seiner späten Predigtpraxis "das jüdische Nein zu Christus als dem Messias als eschatologisches Mahnmal verstehen" lehre: "Die Tatsache. daß Israel noch auf seine Errettung wartet und die Bekehrung Israels zu Christus als dem Messias noch aussteht, wird für Schleiermacher zur unüberhörbaren Erinnerung daran, daß auch die Christen auf die endgültige Erfüllung alles Verheißenen und auf die Parusie Christi in Herrlichkeit noch warten".l2J Christlicher Eschatologie wird hier zu einem Mehr an sinnenfalliger, gegenständlicher Konkretion geraten, zur "Sinnlichkeit, dem Bilder-, Metaphern- und Erzählreichtum des Ar', 124 um das christliche Erlösungsverständnis gleichsam zu "erden". Diese Auffassung von jüdischer Zukunftserwartung läßt sich tatsächlich als charakteristisches Kontrastschema zu einer dementsprechend abstrakten und vergeistigten christlichen Eschatologie gerade im gegenwärtigen Diskurs nachweisen. 12' Entscheidend ist aber auch hier, daß sich unabhängig von den Zuordnungen an Christen- und Judentum die Frage einer geschichtlichen Gestaltwerund gegen diese die objektive Realiläl der Eschala beh:lUplen möchte). Die Bestimmung der Eschatologie als regulaliver Idee hat nachgewirkl bei PfLElDEREA (1880) 240 (§ 266); WOBBERMIN (1926) 111,253; HOF1'MANN (1929) 117f. 122 S. S. 69 Anm. 100. 123 Zilale STEIGER (i994) 309.322.323. 124 A.a.Q. 313 - dies gegen SchJeiennachers Begriff von SinnJichkeil (s. S. 50 Anm. 33). 125 So oft im Zuge der Ergänzung des Grundanikels der meinischen Kirchenordnung (1996). z.B. STuHLMANN (1998) 303: ,Das iSI die erdverbundene Dimension der Hoffnung. Diese genuin jüdische Kontur unserer Hoffnung darf in der chrisllichen Theologie nichl zu kurz kommen:'
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11. Friedrich Schleiem13chers eschatologisches Dilemma
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dung der Eschatologie problemgeschichtlich immer dann stellen muß, wenn, wie dies für die Strömung einer "Umselzung" von Schleiennachers Dilemma kennzeichnend ist, der Eschatologie nicht derselbe Wirklichkeitsbezug zugeschrieben wird wie der sonstigen Theologie. Das Problem geschichtlicher Gestallwerdung wird uns daher noch zu beschäftigen haben; 126 es deckt sich auch mit derjenigen Anfrage, die besonders H. eohen mit seiner Entgegensetzung von Messianismus und Eschatologie an die christliche 127 Theologierradition richtete. 2. Aufhebung des eschatologischen Dilemmas. Gerade die zuletzt genannte Frage nach der sinnenfalligen Wirklichkeit von Eschatologie stellt sich freilich gänzlich anders, wenn auch der Umgang mit Schleiennachers Dilemma ein anderer ist. Das ist der Fall in derjenigen Eschato!ogietradition, die gerade vor dem Hintergrund Schleiermachers Eschatologie als theologisches Lehrstück ausführen und so das Dilemma ihrer Partikularitiit aufheben möchte. Denn anstau dieses Dilemma im Grunde zu bejahen, seine Geltung aber partikular zu begrenzen, ist es auch möglich, ihm einen universellen Geltungsanspruch zu attestieren. diesen aber von Grund auf zu bestreiten. Schon diese Überlegungen zeigen, daß solch kritische Rezeption Schleiermachers sich mit dem Schema von Partikularität und Universalität auseinandersetzen muß. In der Tat stecken in diesem Schema mehrere Themen, die für eine christliche Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum wichtig sind. a) Das Problem des Zein'erstöndnisses. Wie der vorige Abschnitt zeigte. IU wohnt dem eschatologischen Konzept von Partikularität und Universalität bereits die Vorstellung inne, daß die religiöse ZukunflShoffnung immer weitere Geltungsbereiche erfaßt. die undialektisch aufeinander folgen. Zwar lassen sie sich als einzelne Grade oder Stufen voneinander unterscheiden, liegen aber doch in einem Nacheinander, das als ganzes linear ist. Dieses Problem des bloßen Nacheinander ist aber ja nichts anderes als die Frage des Zeitverständnisscs,l19 und tatsächlich war zu beobachten, daß gerade in der Frage universeller Geltung der Eschalologie, also ihrer weltund menschheitsgeschichtlichen Dimension, das Verständnis der Zeit den für die Wahrnehmung des Judentums neuralgischen Punkt ausmacht: M. Buber richtete seine Warnung vor einer Zäsur in Zeit und Geschichte 1933 ja gerade gegen K.L. Schmidts Ansinnen, dem aufkommenden theo126 S. Kap. IV.3. hier S. 186-188. 127 S. Kap. 1.3. hier S. 32-34. 128 S. Kap. 11.2.2 mil Edam I (S.64ff.). 129 Vgl. in Kanls •.Kritik der reinen Vemunft- den § S in der Tr.msu:ndenlakn Ästhetik.
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logischen Antijudaismus durch Beanspruchung einer auch wellgeschichlliehen ZenlralSlellung des Chrislusereignisses zu begegnen: lJO und genau dieses Zeitverständnis liegt auch hinter dem Konzept von PanikuJaritäl und Universalität. wenn es eine lineare Folge annimmt, in der dennoch verschieden weite Geltungsbereiche unterschieden werden können und dabei das Christentum als universell beansprucht wird. Christliche Eschatologie muß also gerade, wenn sie in Auseinandersetzung mit Schleiermacher als Lehre möglich sein soll, ihr Zeitverständnis überdenken. b) Das Problem der Verheißung. Ist aber das Zeitproblem Kern des Schemas von Partikularität und Universalität, so ist damit zugleich eine an· dere Frage gestellt, die sich ebenfalls diesem Wahmehmungsschema zuordnen ließ. nämlich das Verständnis von Verheißung. Verheißung muß demzufolge lJl ihrem Sachgehalt nach aus sich heraus bestimmt werden können und kann ihren Sinn nicht erst von der Erfüllung empfangen, die ihr dann zeillich-Iinear zugeordnet würde. Daher auch konnte F. Rosenzweig die Neufassung des Konzepts der Verheißung mit Begriffen eines umgekehrten Zeitverständnisses ausdrücken: .,So ist von der Verheißung zur Erfüllung nichts weiter verändert, der Inhalt der Verheißung und die Phasen der Erfüllung sind eins; nur hat sich das Fertige zum Anfang verkehrt.,,132 Was eine eschatologische Neukonzeption von Zeit und Verheißung freilich so schwierig macht. ist, daß jede Abrogalion oder auch nur [nfragestellung der Zeillogik des bloßen Nacheinander an die Grundfesten wissenschaftlichen Denkens rührt. weil auf dem Gesetz des Nacheinander auch die Logik des Kausalgesetzes aufruht und damit der Satz vom ausgeschlossenen Dritten, die allesamt zu den Grundsätzen des menschlichen Verstandes gehören. 1JJ M.a. W. wenn versucht wird, Schleiennachers Dilemma nicht erst in seiner Geltung, sondern schon in seiner Dilemmatik aufzuheben. so ist dies ein ,.Auf-heben" im doppehen Sinne: Das Dilemma soll zum einen beseiligt werden. es wird dadurch aber zum anderen hinaufgehoben auf die Ebene des Trilemmatischen. weil nun gefordert ist. i/l einer wissenschaft-
lich verantwortbaren Weise das Dilemma zugleich m;t seiner Übenvindung zu denken. also eine solche Überwindung zu denken. welche die Pole, zwischen denen das Dilemma oszillien, nicht auslöscht. l34 So erscheint die Aufbebung des Dilemmas ungleich komplexer als seine Umsetzung. 130 5. Kap. 1.3. hier S. 37-40. 1315. Kap. 11.2.1 (5. 63f.). 132 ROSENZWEIG 119211 (1988) 124. 133 Vgl. den einschlägigen Abschnitt bei KANT (1787) 8 189-287. 134 Ein freilich nichl immer nachvollziehbares Beispiel boI die Esc:halologic von A. Ahhaus (5. S. 72 Anm. 114).
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u. Friedrich Schleiennaehers eschafologisches Dilemma
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Dieser Unterschied beider Traditionen schlägt sich auch in der Stellung zum Judentum nieder, denn in einem eschatologisch "neuen Denken" über die Logik der Binarität hinaus wäre auch das Verhältnis von Christentum und Judentum nicht herakleisch zugunsten des einen oder des anderen zu entscheiden - und sei es in der Überbietung des Partikularen durch das Universelle -; vielmehr ergab sich für den erwähnten F. Rosenzweig ein dialogisches Verhältnis beider in jeweiliger Bezogenheit auf den Gouesna· 1J5 men als drille Größe. Ein anderes Beispiel: In neuerer Zeit hat S. Talmon im Verhältnis von Partikularem und Universellem die kategoriale Unterscheidung von Gegebenheiten von Zielvorstellungen unternommen. so daß Christentum und Judentum beide als partikulare Gegebenheiten erscheinen, die heide Universalismen als Zielvorstellungen hegen können, so daß gera· de im Beieinander solcher (und ggf. noch anderer) partikularen Religions· gestalten Universalilät besteht. 136 Ein derartiges Konzept ist auf eine "dritte Größe;' im Sinne Rosenzweigs nicht angewiesen; genauer: es läßt deren SystemsteIle leer, weil das nichtidentische und nichtkonvertible Nebeneinander zweier Religionsgestalten hier nicht in sich als Problem aufgefaßt wird. Das Konzept zielt somit nicht auf die biblische Vorstellung eines Gonesvolkes aus Juden und Heiden, sondern auf das Nebeneinander, die friedliche Koexistenz von Christentum und Judentum. 3. Schleiermacher als theologiegeschichtliche WeicheflstelJuflg. Es scheint nach den bisherigen Überlegungen, daß die Eschatologie unseres Untersuchungszeitraumes durch die Art und Weise, wie sie mil Schleierrna· chers Problemstellung umgehl, sehr grundsätzlich unterschiedliche Wege einschlagen kann, besonders auch mil Blick auf die Wahrnehmung des Judentums. Ertragreicher für das problemgeschichtliche Interesse dieser Un· tersuchung dürfte dabei diejenige Rezeption Schleiennaehers sein, die sein Dilemma aufzuheben sucht, weil sie damit gegen sein Verdikt der NichtIehrbarkeit Eschalologie als Lehre auszuführen bestrebt ist und so allererst Eschalologiegeschichte schreibt. E. Brunners vielzitiertes Dictum, daß mit Schleiermacher das "eschatologische Loch" in der evangelischen Tradition aufgerissen wurde. dürfte dagegen vornehmlich für die Tradition gelten, die Schleiennachers Problem beschreibung in ihrer Theologie umselzt. Diese Tradition berücksichtige ich daher im folgenden zwar durchgehend, jedoch nur exkursorisch. Im Mittelpunkt slehen diejenigen Quellen. die sich kritisch mil Schleiennacher auseinanderselzen und die zu einem großen Teil in 135 S. Kap. 1.3. hicr S. 34-37. 136 TAU10N (1976) 166 spricht von einer ..,Gemeinschafl der Gemeinschaftcn"': daß Ictztere partikular sind, ist fur ihn eine ..unil'l'rsall' l'mpiri.schl' TQ/sQche" (a.8.0. 161).
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Zweiler Teil
der bisherigen Eschatologiegeschichtsschreibung nur wenig oder gar nicht berücksichtigt worden sind. Dies gilt nicht zuletzt für denjenigen Theoriekomplex, der hier im direkten Anschluß an Schleiermacher vorgestellt werden soll und der vielleicht die entschiedenste und am größten angelegte Anstrengung bildet, seiner Eschatologiekritik zu begegnen: die Heilsgeschichtliche Theologie.
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ill. Die chiliastische Eschatologie der Heilsgeschichtlichen Theologie
Es ist stets ein zwiespältiges Unterfangen, theologische Autoren zu Schulrichtungen zusammenzufassen. Die beiden eschatologiegeschichtlichen Ex~ kurse des vorigen Kapitels gaben davon eine Probe, denn während man ei~ nerseits fraglos unter den Schülern Hegels einen sachlichen und persönli~ ehen Zusammenhang feststellen kann, bleibt andererseits der Sammelbegriff einer Vermittlungstheologie in beiderlei Hinsicht eher unscharf, so daß die nachgehende Theologiegeschichtsschreibung genötigt ist, genau zu bestimmen, was mit dem ordnenden Oberbegriff gemeint sein soll. Dieses Problem wiegt nicht allein dann schwer, wenn, wie so oft, die venneintli~ ehen Schulbezeichnungen historisch ursprünglich Fremdzuschreibungen und als solche nicht sehen Spottnamen sind. Vielmehr ist im Fall des vorliegenden Kapitels der Begriff der Heilsgeschichte zwar anscheinend eindeutig als tenninologische Prägung desjenigen Autors zu identifizieren, der zugleich als Schulhaupt der hier zu besprechenden theologischen Richtung gilt: Der Erlanger Theologe J .C.K. v. Hofmann spricht 1841 von einer ..Heilsgeschichte". I Dennoch ist der Tenninus schon bei ihm nicht streng definiert und in seiner lheologiegeschichtlichen Verwendung seither mindestens mehrdeutig. 2 Zugleich wird darauf hingewiesen. daß die originelle Gestalt v. Hofmanns wenig geneigt war, Schule zu machen.) Auch hier ist daher nur mit Vorbehalt von einer Schule zu sprechen. Ein naheliegender und der in diesem Falle übliche Ausweg aus dem Pro~ blem wäre, die Bindung des Schul zusammenhangs an bestimmte Personen zu lockern und sie staudessen an eine Definition der Sache zu knüpfen, die dann infolge der historischen Entkoppelung zwar nicht von den schulbildenden Autoren selbst, sondern vom späteren Interpreten stammen müßte, dafür aber von theologiegeschichtlich umfassenderer Synthetisierungskraft wäre. In unserem Beispiel wird dann oft an der Stelle v. Hofmanns die Rekapitulationslehre des aItkirchlichen lrenäus von Lyon zum Schulhaupt der Heilsgeschichtlichen Theologie. 4 I GREIG (1975n6) I [8 nennt v. UOFMANN (1841/44) 1,8 als ältesten Beleg. 2 Drei Iypische Verstehensweisen unterscheidei MIL.OENBERGER (2000) 1585f. 3 So BACHMANN (19103) 945. 4 Dieses Verfahren befolgen STADELMANN (1986) 35-37; EISSLER (1999) 151f. Skeplisch bezüglich der Behauptung einer irenäiscnen Heilsgeschichte iSI dagegen STECK (1959) 10. Die \das-
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Zweiler Teil
Das vorliegende Kapitel befolgt eine andere Vorgehensweise, indem zunächst v. Hofmann als Begründer eines problemgeschichtlichen Zusammenhangs analysiert und dieser dann bei benachbarten Autoren weiter ver· folgt wird.
I. Analyse Möglich ist diese Vorgehensweise, weil es im Umfeld v. Hofmanns gerade mit Blick auf die Eschatologie Autoren wiederzuentdecken gibt, deren Analyse eine schärfere Konturierung der damaligen Diskussionslage erlaubt.
1.1. Person und Natur als eschatologische Grundbegriffe I. v. Hofmann als Paradigma Heilsgeschichllicher Theologie. JOHANN CHRISTIAN KONRAD V. HOFMANN hat keine Monographie zur Eschatologie verfaßt. Sein literarisches Schaffen ist vor allem in drei Hauptwerken dokumentiert, die jeweils knappe Erwägungen systematischen Charakters vor· anstellen und diesen dann ungleich umfangreichere biblische Exegesen als Begründung folgen lassen. Dieser Tatbestand führte K. Barth zu der Einsicht, v. Hofmann sei eigentlich in erster Linie als SchrifttheoJoge zu verstehen. 5 Doch der Bezug auf die Bibel ist in den drei Hauptwerken ein je anderer: In seinem Jugendwerk "Weissagung und Erfüllung" (1841/44) sieht v. Hofmann in der Bibel eine Geschichte von Verheißung und Erfüllung, während sie in seinem bekanntesten Hauptwerk "Der Schriftbeweis" 1852/55; 2 1857/60) als Spiegel der Wiedergeburtserfahrung thematisch ist. Im unvollendet gebliebenen Alterswerk .,Die Heilige Schrift" (1862nS) schließlich ruht das ganze Interesse an der Bibel auf ihrer Auffassung als des unverzichtbaren "bleibenden Denkmals" der Kirchengrtindung. 6 Ange-
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sische Darstellung der HeilsgeschichIlichen Theologie durch WE"n1 (1931) beschränkl sich nuf die drei Hauplvertreler im 19. Jh. und begnügt sich ansonSlen mil einer Erhebung ihrer unminelbaren lradilionsgeschichtlichcn Quellen. 5 BARTII (1947) 557: näher ausgeruhrt von Barths Schüler HÜBNER (1956). der v. Hofmanns Interesse an der Schrift freilich immer wieder von demjenigen an der Wiedcrgebunserfahrung überlagen siehl (a.a.O. 16.22.33.63), wie auch STECK (1959) 32f. U.Ö. in einer ebenfalls unter Banhs Ägide (und Herausgeberschaft) entstandenen Studie von v. tlofmann slärkere Orienlierung am ..Won" forden. 6 Für v. HOFMANN (1841144) iSI dies aus der Dreileilung des exegelischen Corpus in allieSlamenlliche Weissagung. neutestamentliche Erfullung und Weissagung ohne weiteres ersichtlich:
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sichts dieser drei Zeugen theologischer Wahrheit - biblische Geschichte. persönliche Wiedergeburtserfahrung, kirchliches Bekenntnis - greift die Frage zu kurz, ob ein Beweis der Wiedergeburt aus der Bibel oder auch umgekehrt möglich sei. 7 v. Hofmann geht es seinem wissenschaftlichen Anspruch nach weniger um den Beweis dessen. daß die Wiedergeburtserfahrung oder die Bibel ,,stimmt", als um den Alifweis, daß persönliche Wiedergeburt, biblische Geschichte und kirchliches Bekenntnis übereinstimmen. 8 Er selbst betont in seinen Hauptwerken, daß er jeweils nur einen Aspekt der Beweisführung behandelt; folglich darf auch der herausgehobenste dieser Aspekte, der Gedanke der Wiedergeburt im "Schrift beweis", nicht als Schlüssel zu seiner Heilsgeschichtlichen Theologie verabsolutiert 9 werden. Dies gilt auch für die vielzitierte Selbstanzeige des Jugendwerkes, in der v. Hofmann "nur zwei Wege, welche einer selbständigen Wissenschaft würdig sind", sieht, nämlich den persönlichen von der Wiedergeburtserfahrung aus und den geschichtlichen. Der Akzent liegt in diesem Text gerade darauf, die Grenzen des eigenen Buches aufzuzeigen, wenn v. Hofmann fortfahrt: "Es war der zweite von diesen Wegen, welchen ich versuchsweise zu gehen haue."l0 Damit ist der andere Weg ja gerade nicht ausgeschlossen - und ein dritter Weg mit Blick auf das spätere Hauptwerk ebenso wenig. Dort heißt es nach der Vorstellung der drei möglichen Beweisgänge: "Doch wir haben es jetzt lediglich mit dem Schriftbeweise zu thun."ll Man wird daher die frühe Einschränkung auf zwei Wege zu korriDERS. (1857160) zeigt den Zusammenhang zur Wiedergebunscrfahrung in der Zuordnung von Lehrganzem und Durchruhrung des Schriftbeweises. Die bei DERS. (1862/78) l.ugrundeliegende ekklesiologische Auffnssung der Bibel entspricht schon seinem sechsten Lehrsll1ck (Zitat DERS. r185716011.50 [Lehrstück VIA J) und iSI ein Spezifikum v. Hofmanns. 7 Diese Frage prägt die Beschäftigung der Banhschulc (s. S. 80 Anm. 5) mit v. Hofmann. Diese ganze Frage nach einem wissenschaftlichen Ansatz bei der individuellen Erfahrung ist eher diejenige der im engeren Sinne sog. Erlanger Theologie. also v.a. F.H.R. v. Franlts. der hier viel stärker als v. Hofmann auf Schleiennocher zurlkkgreifl. Will man daher auch v. Hofmann in dieser Linie eines objektiven Subjektivismus sehen. muß man seine Differenz zu Schleiennacher eOlweder beStreilen (so schon F.A. Philippi. der beiden Subjektivismus vorhielt: vgl. BACUMANN [ 19101 32) oder dahin variieren. daß Schleiennacher im Subjektivismus befangen bleibe. den erst v. Hofmann überwinde (SlUFEN r 1910133; WAPLER r 1914191 f.). 8 V. HOFMANN (1857160) 1.29: ..Es muß aber das Thatsächliche. welches wir bewiesen sehen wollen. um wirklich von der Schrift bezeugl1.u sein. in Schrift und Syslem auch wirklich dasselbe und gleiche: sein." Vgl. SWARAT (1986) 231 und a.a.O. 217 zur entsprechenden Dreiheit von v. Bofmanns Werk. 9 So nimmt MILOENBERGER (1986) 478 an. daß v. Hofmann sich damit gegen historische Kritik ..immunisien". 10 Zilllie V. HOFMANN 118441 (1910) 2.3. 11 DERS. (1857160) 1,24. Vgl. DERS. (1862/18) Ij2: ..Nur einen Theit der hier beschriebenen Arbeit unternehme ich jelZl zu lhun."
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gieren haben nach der späteren Dreiheit, zumal sie nur im Interesse dessen
geschieht, daß auf jedem einzelnen der Wege dasselbe Ergebnis erzielt wird: "Freilich müssen, wo es recht hergeht. Schrift und Kirche uns ganz das Gleiche bieten, was wir aus uns selbst erheben.',12 Die analytische Aufgabe. die v. Hofmanns Werk stellt, besteht also we· niger in der Priifung der Beweisgrunde ftir das Phänomen der Wiederge· bun~ vielmehr ist zu fragen. wie sich die Übereinstimmung und Korrelation der drei Aspekte der Theologie auf den Begriff bringen läßt. Ein solcher Begriff wäre der tragende axiomatische Grund, auf dem v. Hofmanns Theologie aufbaut und hinter den sie nicht zurückgehen kann. 13 Im folgenden sollen daher zunächst (a-b) v. Hofmanns vollendete Hauptwerke auf eine solche tragende Begrifnichkeit hin untersuchl werden. Dazu wird sich die Analyse an v. Hofmanns eigene Begrifflichkeil anlehnen. Das so ennillehe Ergebnis kann dann selbst analysiert werden (c). a) "Weissagung und Erfüllung". v. Hofmanns Jugendwerk behandelt nach sieben kunen Grundlegungskapilein in drei Kapiteln mit mehreren Unterabschnitten zunächst die altteslamentliche Weissagung (Kap_ VUI.I12), dann die neutestamentliche Erfüllung (Kap. IX.l-lO) und schließlich die neulesiamentliche Weissagung (Kap. X.I-4). Schon durch diesen Aufriß positioniert sich das Werk in der zeitgenössischen Diskussion, denn die durch Schleiermachers Wirkung herrschend gewordene theologische Richtung bestritt die Möglichkeit einer neutestamentlichen Weissagung über das Auftreten Christi hinaus. 14 Dagegen versteht v. Hofmann die ganze Geschichte als Stufengang von Weissagung und Erftillung. Schon dadurch gibt sich sein lheologisches interesse an der "Geschichte" zu erkennen, das im folgenden noch genauer untersucht werden muß. 1S Daß ihm die Geschichte in der Abfolge von Weissagung, Erfüllung und neuer Weissagung als organisches Ganzes gilt. iSI als ideengeschichtliche Ableitung von BedeulUng,I6 erklärt aber innerhalb seines syslematischen Konzepts noch nicht, wie es zum Gedanken ei12 DERS. (1857/60) 1,11. 13 Zu diesem Verständnis von Axiomatik vgl. SAUTER (1998a) 267-278. 14 Grundsätzlich SCHLEIERMACIIER 11830131 J (1960) 11.113 (§ 103.3). 15 So sehen sowohl PROCKSCu (1910) 1034 als auch WAPlER (1914) 238 v.llofmanns clog. mengeschtchtljche Bedeulung in seiner Theologie der Geschichle. freilich in je anderer Akzcntsetzung: PROCKSCH a.a.Q. belont den eschalologischen Aspekl in v. Hofmanns GeschK:blSverstind· nis. W AJ"Lat ••••0. siehl das Geschtchlsinteresse geradlinig in die Erlanger Theologie münden. 16 Das organologische Denken der Heibgcschichllichen 1beologic hebt in krilischer Diklion V.a. ALTItAUS (1922) 73 hervor, DEItS. (1926) 89f. (noch ntchl 0ERS.(1924fl5J 6IOf.!) leilei es vom Idealismus .b: revidien dies .ber später (DERS. (1949) 260 mit Anm. 3) unter dem Eindruck von Wrnt (1931) 57.
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ner neutestamentlichen Weissagung kommt. 1m Gegenteil läßt das Konzept eines sich organisch entwickelnden Prozesses den Akzent eher auf dem die Entwicklung bereits in nuce enthaltenden Anfang erwarten oder, wenn auf seinem Ende, dann als auf dem prozeßhaften Vollzug. der damit zum Ziel kommt l7 - aber nicht auf einem offenen Ende, wie es in v. Hofmanns Proprium einer neutestamentlichen Weissagung der Fall ist. Zum Verständnis seiner Argumentation scheint es daher wichtiger, sein systematisches Interesse an der Eschatologie zu belOnen,1l1 wie denn fUr v. Hofmann typischerweise das ..Maß'·, "mit welchem alle geschichtlichen Erscheinungen zu messen sind"...im Ergebnisse der Geschichte". in ihrem "Endergebnisse" liegt. 19 Die organische Ganzheit der Geschichte ist für v. Hofmann also erst eschatologisch begründet, und wegen dieses Vorbehaltes endet sein Buch thematisch nicht mit Erfüllung, sondern mit Weissagung. So erklärt v. Hofmanns Interesse an der Eschatologie zwar die auffällige Stellung des letzten Kapitels von "Weissagung und Erfüllung". Doch für sich betrachtet erhellt es noch nicht die des vorletzten. der neutestamentlichen Erfüllung. Das Problem besteht darin, daß diese zwar Erfüllung alttestamentlicher Weissagung ist. dennoch deckt sich das. was v. Hofmann als Erfüllung anführt. sachlich nicht mit dem, was im Kapitel davor als Weissagung thematisiert wurde. wie schon ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis 7.eigt. Das Mißverhältnis beruht nicht. wie man aufgrund der abweichenden zahl der Unterabschniue annehmen könnte, darauf, daß Teile alttestamentlicher Weissagung vom Neue" Testament erfüllt wurden und andere noch als neutestamentliche Weissagung zur Erfüllung ..ausstehen". Diese Annahme einer stetig sprudelnden. ursprünglichen Verheißungsquelle könnte nicht die Stlifung erklären, die v. Hofmann mit der klaren Aufleilung in drei Kapilel Weissagung - Erfüllung - Weissagung vornimmt. Hierfür ist vielmehr eine strukturierende Begrifnichkeil vorausgesetzt. die im folgenden cnnittelt werden soll. - Mil diesen bloß am Aufriß von v. Hofmanns Buch orientierten Überlegungen sind bereits die Fragen aufgeworfen. auf welche nun die begriffliche Analyse eine Anlwort geben muß. In seinen grundlegenden Kapiteln will v. Hofmann die zeitgenössische Differenzierung zwischen Weissagung und Vorhersagung, diese auf EinzeIereignisse, jene auf einen Gesamtsinn zielend. überwinden. Weissagung sagt ihm zufolge aus, was die gegenwärtige geschichtliche Situation .,an 17 Diese Akzenle liegen nahe. wenn man v. Hormann in idcaliSlischer bzw. hegelianischer Ableitung verslehl. 18 So besoodeß PROCKSCH (1910) 1034. 19 ZiLale v. HOf)tM'N (1841/44) 1.33.
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Zukunft in sich trägt"; sie verbindet so Einzel- und Gesamt'sinn, sie erfüllt sich in einzelnen Geschichtsdaten und erreicht doch in keinem davon den Gesamrsinn. 20 Denkbar ist dieses Zugleich von Erfüllen und NichterfUlien. weil die Weissagung der Erfüllung retrospektiv zugeordnet werden kann; dann läßt erst die Erftillung die Weissagung als solche erkennen, weil sie erst von don aus in ihrer Gewißheit erkannt wird?l Daraus folgen v. Hofmann ruf die Weissagung, daß sie nur durch Inspiration erfaßt werden kann, als Wirkung des Geistes Gottes. der auf die Seele des Weissagenden durch leibliche Vennittlung aus dem Bereich der Natur. d.h. durch Naturwunder, einwirkt und ihn das Ende der Geschichte, die volle Gemeinschafl der Menschheit mit Gon, vorweg erkennen läßt im Leben des Menschen Jesus Christus?2 Dies ist das systematische Grundgerüst für v. Hofmanns Darlegungen zu "Weissagung und Erfüllung". Zur Verdeutlichung ist in historischer Sicht zu betonen, daß dieses Verständnis ideengeschichtlich vom romantischen Konzept der Weissagung als seelenkundlieh bestimmbarer Einfühlung oder Ahnung scharf unterschieden ist. Der weissagende Prophet erkennt das Ende der Geschichte nicht deshalb vorweg, weil er als religiöser Virtuose mit besonders geniehaftem Geist ausgestattet wäre; gegen solche Vorstellungen unterstreicht v. Hofmann vielmehr, daß Geist nie eine anthropologische. sondern immer eine pneumatologische Größe sei. 2J Deswegen beharn er auf einer nur zweigliedrigen Amhropologie: Der Mensch ist Seele und ist Leib. Er steht in einem Gottes- sowie einem Naturverhältnis. Die Seele verbindet ihn mit allen Menschen. sie macht seine Persönlichkeit aus. Der Leib macht ihn zu unverwechselbar diesem Menschen. er macht seine Natürlichkeit aus?' In der Seele vollzieht sich das Verhältnis des Menschen zu Gott, im Leibe das zu der umgebenden Natur. Inspiration als Wirkung des Gei20 Zitat 4.a.0. 1.8. Vgl. a.a.O. 1.7 zur Altematj.,'e von ..Weissagung als Ganzes" und ..einzelnen Wcissagungen". 21 Vgl. a.o.O. 1,15: don auch der Umkchrschluß, daß dic Erfllllung schon in der Weissagung cnthaltcn sei. 22 A.a.O. 1.27 beslimmt v. Hofmann Inspiration als ..Gcistcswirkung auf den Menschen in der Unfreiheit seiner individuellcn Natur" und schreibt l\.a.O. 1.33f.: ..In diesem heiligcn und seligcn Menschen (sc. Jesusl ist die Geschichte. welche zwi§chen Gou und Menschen gcschieht. zu cinem vorläufigen Abschlusse gekommen, dessen wir durch das Zeugniß des Geistes Gottes (sc. dureh Inspiration) untrüglich gewiß wcrden." 23 A.a.O. 1.21. 24 Zu Seek und Leib vg!. La.O. 1,19f. und a.LO. 1,24: .Jn der Seek treffcn die Einwirtungen. wekhe des Menschen Leiblichkeit erfähn, mit der Selbstbezeugung des Geistes zusammen." Und wenig späler ebd.: Jene innerliche Sclbslbezeugung des Geistes gilt der PcJSOfl. der persönlichen Menschensede: diese Einwirkung auf Wegen der Leiblichkeil gilt der 50 oder andc:rs geanclcn Natur. der Individualität:'
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stes Gones auf die Seele ist darum einfach ein persönliches Gottesverhältnis, das sich über das Naturverhältnis vennittelt. Hier wird der Unterschied zu einer romantischen Psychologie der Weissagung erneut greifbar: Was ihr zufolge die Weissagung auszeichnet, ist ihr Ausnahmecharakter, das Wunderhafte. Wenn auch v. Hofmann Inspiration als Naturwunder beschreibt, dann unbeschadet ihres Ausnahmecharakters als vennittelnden Behelf in der soeben gezeigten Verhältnisbeslimmung des Natürlichen zum Persönlichen. Jesus nun steht als natürlicher Mensch in wahrhafter persönlicher Gouesgemeinschaft. d.h. in ihm ist die Natur nicht mehr bloß Behelf der Person, sondern bildet mit ihr eine Einheit, und deswegen ist es diese Einheit von Person und Natur, welche die Inspiration als das Ende der Geschichte vorwegerkennt. Das in der Weissagung vorwegerkannte Ende der Geschichte ist also Jesus Christus. und weil es vorwegerkanntes Ende ist, richtet sich die Weissagung auf die zukünftige Parusie Christi. 2:5 Was die Inspiration in Jesus Christus vorwegerkennt, ist somit, auf den Begriff gebracht, die Einheit von Person und Natur, wie sie in der Parusie Christi besteht, und deswegen das Ende der Geschichte. Der Mensch kann ein persönliches Verhältnis zu Gott nur vennittelt über die Natur erlangen, Jesus besitzt ein persönliches GOllesverhältnis auch ungeachtet der Natur, und die eschatologische Verheißung fügt beide Seiten zusammen. Mit Hilfe der Begrifflichkeit von Person und Natur läßt sich nun das o.g. Problem der Dreiteilung in der ausgeführten Darstellung von "Weissagung und Erfüllung" präzise erklären: Das Alte Testament, an dessen Eingang das Gottesverhältnis in seiner Zerstörung durch die Sünde gezeigt wird, kennt eine Weissagung persönlichen Gottesbezugs nur unter Vennittlung über die Natur (Kap. VlU). Im Neuen Testament bringt Jesus Christus dagegen ein solches erfülltes Gouesverhältnis unmittelbar, auf der Ebene der Person, zur 25 A.a.O. 1.40: "Sonach haben wir an der Selbsldarslellung Chrisli in der Weil zugleich Ge· schichte und Weissagung: Geschichte, nämlich immer fortschreitende Geslaltung der Gemeinschaft von GOlt und Mensch: Weissagung. nämlich immer bestimmlere Hinweisung auf die endliche 11elztlichel Gestalt der Gemeinschaft von GOlt und Mensch." A.a.O. 1.38: "Nachdem wir nun dureh Wirkung des Geistes Gottes und Jesu Christi in persönlicher, doch nicht in natürlicher Le· bensgemeinschaft mit GOl! unscnn Vater stehen: haben wir uns I... ) zu überzeugen, daß durch jene persönliche Gouesgemeinschaft die Natur aus ihrer Gebundenheit befreit und verklärt werde. demnach von der NOlhwendigkeil einer zweiten Thai Goues in Christo". Diese Tal, die Parusie, bedeulel auch Hir Jesus die Verk.lärung der Natur: .•Hieraus folgt, daß Jesus da überall, wo er sein Verhältniß zu GOlt denen k.und zu Ihun haue, mit welchen er in einer durch seine Geburt bedinglCn Naturgemeinschafl sland, der Inspinttion so bedürftig als fahig war"' (a.a.O. 1,57) und ~iter a.a.O. [,59: "Wir I... ) geben nicht zu, daß seine Erscheinung im Fleische die völlige OlTenbarung GoUes heiße".
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Anschauung (Kap. IX) und weissagt damit die Erfüllung auch der vermittelnden, natürlichen Seite, er weissagt also die Einheit von Person und Natur (Kap. X)." Mit diesem begrifflichen Gespann von Person und Natur ist die systematische Grundlegung von v. Hofmanns Jugendschrift beschrieben; dieses Doppelkonzept organisiert die Geschichte als ein Ganzes. Es strukturiert die gesamte Geschichte vom Ende her, wie es v. Hofmann grundsätzlich gefordert hat: zunächst Weissagung auf dem Gebiet der Natur. dann Erfüllung auf dem Gebiet der Person, zuletzt Weissagung beider. Somit wird auch die Bedeutung der Eschatologie durch die Korrelation von Person und Natur verständlich; denn Dreh· und Angelpunkt der Eschatologie. die Parusie Christi, ist die Einheit von Person und Natur, so daß mit Recht gesagt wurde, die Heilsgeschichtliche Theologie kenne eigentlich "nur eine Grundweissagung" , eben die Parusie Christi. Zugleich erweist sich mit dieser' Konzentration auf die Parusie Christi der andere Satz als treffend: "Gerade als Eschatologen sind alle Heilsgeschichtler christozentrisch." Man wird daher mit dem Konzept von Person und Natur die systematisch tragende Begrifflichkeit in v. Hofmanns Werk vor sich haben. 21 - Mit diesen Ergebnissen ist nun v. Hofmanns zweites Hauptwerk zu vergleichen. b) "Der Schriftbeweis". "Was soll bewiesen werden" im "Schriftbeweis"? Die Frage, mit der v. Hofmanns Argumentation in seinem wichtigsten Werk einsetzt,28 ist keineswegs bloß rhetorisch. Zwar bezieht sich der drei Bände füllende Beweisgang offensichtlich auf das "Lehrganze", das v. Hofmann auf zwanzig Seiten voranstellt. Doch noch davor betont der Autor in seinen Überlegungen zu "Wesen und Gesetz des Schriftbeweises", daß das Christentum keine abstrakte Lehre, sondern ein geschichtlicher "Thatbestand,,29 ist, der dem Christen in seiner Wiedergeburtserfahrung zueigen ist oder den er sich aus dem kirchlichen Bekenntnis ange-eignet hat. Dieser Tatbestand stellt durch Christi Vennitllung den Christen in ein 26 A.a.O. 1.61: ..Von der Natur erwartet der Mensch des alten Testaments das Heil seiner Persönlichkeit: der des neuen hat in seiner Persönlichkeit das Heil ftir seine Nntur:' 27 Diese Bedeutung der Begriffe Person und Natur fUr v. Hofrnanns eschatologisch orientiertes Geschichtsverständnis haI am deutlichsten Wrn~ (1931) 87 hervorgehoben. von dern auch die Zitate stammen (a.a.O. 58.156). PROCKSCII (1910) 1034 geht bei sciner Betonung des eschatologischen Aspekts gar nicht auf Person und Natur ein, während HÜBNER (1956) IOSff. und BEHR (1995) 76ff. die Termini hervorheben. aber abgelöst vorn Geschichtskonzcpt betrachten. 28 Zitat v. HOFMANN (1857/60) 1.5. Ich zitiere das Werk grundsätzlich nach seiner Lctztgestah in der Zweitauflage. Obwohl sie v. Hofmann als Neuschrifl erschien (WAPLER [1914] 259). bestätigt sie doch die Erslauflage. Deren Ver'Jnderungen berühren neben der Versöhnungslehre am ehesten die alttestamentliche Geschichte. 29 Zitate V. HOFMANN (1857/60) LI.7.
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persönliches Verhältnis zu Gott. 30 So kommt v. Hofmann zu dem berühmten Satz, daß "ich der Christ mir dem Theologen eigenster Stoff meiner Wissenschaft bin... )1 Nimmt man beides zusammen, so ergibt sich, daß v. Hofmann weder die Lehre noch die Wiedergebun als solche beweisen will. sondern den sachlichen Lehrgehalt der tatsächlichen Wiedergebun, wozu dann freilich über das geschichtlich erfahrbare Faktum der Wiederge· bun hinaus auch Dinge gehören, die ewiger Art sind. Solche ewigen Tatbe· stände berücksichtigt v. Hofmann im Schriftbeweis,32 sofern sie sich als Voraussetzungen des Lehrganzen im Rückschluß aus der Tatsache der Wiedergebun erheben lassen. Daraus folgt die für das Beweisverfahren wichtige Unterscheidung zwischen geschichtlichen und ewigen Beweisgegenständen. Wenn nämlich v. Hofmann bei der Durchführung seines Be· weises mitunter feststellt, daß die Bibel zu bestimmten Themen "keine Leh· re" enthalte. so heißt dies nicht. daß der fragliche Topos unzutreffend sei, sondern kann im Gegenteil besagen, daß er einen ewigen Sachverhalt darstellt, der in der geschichtlichen Wiedergebun implizien ist und darum vorausgesetzt werden kann, ohne eigens explizien werden zu müssen.)) Die Unterscheidung von geschichtlichen und ewigen Sachverhalten tritt nun sogleich in v. Hofmanns Lehrganzem auf den Plan. denn es beginnt im ersten Lehrstück mit der ewigen Voraussetzung des Christentums, d.h. traditionell gesprochen: der (immanenten) Trinitätslehre. 34 Darauf folgt im zweiten Lehrstück die Schöpfung, im dritten der Sündenfall, im vienen die alttestamentliche Geschichte. im fünften die Christologie. im sechsten die Skriptologie als Lehre vom Neuen Testament, im siebten die Ekklesiologie als Lehre von den Sakramenten und von den Ständen und Institutionen und im achten die Eschatologie. Man erkennt in dieser Anordnung, die hier überblickshalber in den von v. Hofmann gemiedenen traditionellen Tennini rekonstruien wurde. die Lokalrnethode eines J. Gerhard wieder. Heute wird sie meisl als heilsgeschichtliche Gliederung bezeichnet,35 unter indirekter 30 A.a.O. 1.8: ,.das Chrislenlhurn iSI die in Jesu ChriSIO vemliuclte pel'SÖflliche Gemeinschaft Goues und der Menschheil". 31 A.a.O. 1.10. 32 A.a.0. 1.31: •.Es gehön zur LaUierkeil derselben Isc. BcweisfUhrungl. daß man Vornusgese.tztes und eigens Ausgesagtes in dem Verhähni.sse. belasse. in .....elchem die Schrifl es biete!". 33 So LB. mit der zitienen FOfTfIulicrung (im Inhaltsverzeichnis) nJr Jesu Sündlosigkeil und völlige Me.nschheit (a.•.O. 11/1,31.40). Dieselbe Fonnulierung deUiel a.•.O. 11/2.462 aber für den Zwi.schenzusland eher an. daß er ein offenes Problem sei: und •.a.O. 11/1.413 legt sie Ablehnung der fraglichen Lehre (hier deT HöllenJ'ahn) nahe. 34 A.a.O. 1.61: ..e..... ige Voraussel2ung~. Zu den folgenden Oberblictsangaben vgl. die Inhaltli\'erukhnisse ......0. 35 So HÄRLE (1995) 42. der da\'OO gruodSil2lich die lrinitarische Gliederung unterscheidet.
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Zweiler Teil
Berufung auf v. Hofmann. der den Begriff der Heilsgeschichte ja geprägt hat. J6 Ob diese Berufung zu Recht geschieht, ist freilich zu klären; schließlich weisen einige Autoren darauf hin, daß v. Hofmanns dogmatisches System wesentlich uinitarisch strukturiert sei. 31 Seide Momente lassen sich jedoch verbinden, wenn man die Trinität als ewige Dimension der Heilsgeschichte und die Heilsgeschichte als geschichtlichen Vollzug der Trinität begreift.)8 Deswegen soll hier zur Explikation von v. Hofmanns Argumenl'alion vor allem das Verhältnis von Ewigkeil und Geschichte in Trinität und Heilsgeschichte bedacht werden.
v. Hofmann argumenLiert dazu (im ersten Lehrstück) so: Er begreift das in der Wiedergeburt geschichtlich erfahrhare Christentum als in Christus vermitteltes persönliches Gonesverhältnis des Christen und folgert daraus ein geschichtliches Verhältnis Gones zu Christus. Von diesem schließt er wiederum auf ein ebensolches ewiges, innergöttliches Verhältnis. Dies besagt, daß erstens Christus, wenn er ein Gottesverhähnis vermittell, selber in einem solchen stehen muß, und daß zweitens dieses schon bestehen muß auch unabhängig von seiner Vermittlung an Menschen. damit es ihnen überhaupt vermittelt werden kann. Die so venniuelte Liebesgemeinschaft Gottes und des Christen hat zu ihrer Voraussetzung eine Gemeinschaft Gottes und Jesu Christi. welche. da an ihr Theil haben und in persönlicher Gemeinschaft mit Gott stehen eins und dasselbe ist. indem Verhältniß Gottes zu dem Menschen Jesus. zugleich innergöttliches VerhältniB sein muß. als jenes geworden. als dieses ewig."
Indem v. Hofmann diese Argumentation im folgenden Abschnitt desselben Lehrstücks ebenso auch auf den Geist anwendet, in welchem das ewiggeschichtliche Verhältnis von Gon und Menschheit Bestand hai. ergibt sich ihm die ewige Trinität als "ein innergöllliches Verhältniß", das die geschichtliche Trinität geworden ist, nämlich die "Gemeinschaft Gottes und des Menschen Jesus im Geiste Beider, und als solche die geschichtliche 36 S. S. 79 Anm. I. 37 W"PUR (1914) 211: ROtlu( 1997) 683: BECKMANN (2002) 284. 38 In analogem Sinne sagl BRElOERT (1977) 164: ..Diese Differenzierung in ewige und gt'schichlliehe. immanenle und ökonomische Triniläl ist der Schlüssel zum Verslaoonis VOll Hor· manns System der HeilsgeschichlC )9 So v. HO':MANN (18S1/SS) I.3S (Lchrslikl 1.3). Der Satz ist grammalikalisch allerdings unmöglich. weil dem mit .,indem" cingclcitclen NebensalZ das Pridikal rehl!. Deswegen iSi •.indem" in zwei Wönem zu schreiben. und das Komma nach .Jesus" ist zu ~rejchen. so daß sich ergibt: ..eine Gemeinschaft Gones und Jesu Christi. welche (... ) in dem Vertl5l!niB Goues zu dem Menschen Jesus zugleich innergöllliches Verhälrniß .sein muß. als jenes geworden. als dieses M
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ewig~.
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U1. Die chiliaSlische EschalOlogie der Heilsgeschichllichen Theologie
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Voraussetzung der Gemeinschaft Gottes und des Christen geworden ist".40 Mit dieser Überlegung kann v. Hofmann argumentieren, daß die ewige Tri· nität geschichtliche Trinität aus sich heraus· und in Gang setzl. v. Hofmann befolgt hier in umgekehrter Richtung das Schlußverfahren von der Wiedergeburt zum geschichtlichen und dann zum ewigen gott-menschheitlichen Verhältnis, wenn er schreibt: "Aus dem, wozu es geworden, erhellt, wofür es ist."41 Allerdings mutet diese Umkehrung wie ein naturalistischer Fehlschluß an, der das, was ist, als das ausgibt, was auch sein soll. v. Hofmann scheint hier sein argumentatives Konto zu überziehen, indem er theologisches Soll auf die Istseite bucht. Jedoch liegt der Akzent in diesem und dem vorigen Zitat auf dem Gewordensein - und damit auf dem Werden, nicht dem Ist. So sagt v. Hofmann, die ewige - traditionell: immanente - Trinität sei die geschichtliche - traditionell: ökonomische - geworden. sie ist sie nicht und ist darum auch nicht "dieselbe" wie sie. 42 Der Unterschied besteht dar· in, daß das gott-menschheitliche Verhältnis als innergöuliches, also als immanente Trinität, ewige Bezugspunkte verbindet, als ökonomisches dagegen geschichtliche. Folglich richtet sich das Verhältnis Goues zur Menschheit in der ewigen Trinität auf den Menschen schlechthin, die Menschheit als solche: "Damit, daß Gou dreieinig ist, will er auch den Menschen Got· tes, daß er werde.,,4J In der geschichtlichen Trinität erfaßt das fragliche Verhältnis dagegen den Menschen Jesus. 44 Damit ist deutlich, daß Christus nach seiner menschlichen Natur bei v. Hofmann nicht in die immanente Trinität. etwa als ihre zweite Person, gehört. Beim ausgeführten Schriftbeweis für das erste Lehrstück bestreitet v. Hofmann demgemäß nachdrücklich eine ewige Zeugung Christi und damit die Präexistenz Christi als des Menschgewordenen: "Ich finde nur ein ewiges Verhältniß Christi zu GOII ausgesagt, nicht eine ewige Zeugung aus Gott."'" Präexistent ist nur Christi gÖllliches Ich; seine Menschheit ist auf seine geschichtliche Existenz be40 Zitate DERS. (1857160) 1.36 (Lehrstück 1.5). 41 Elxt 42 BREIDERT (1977) 164 verweist zu Recht aur die Bedeutung einer Habilitationsthese v. Hormanns: ..trinitas duplex e~i1. ttetema et temporalis". 43 v.IIOfMANN (1857/60) 1.36 (Lehrstück 1.5). 44 A.a.O. 1.36 (Lehrstück 1.6). Schwerlich zu Recht behauptet daher BElIR (1995) 65. bei v. Hofmann sei "der Mensch Jesus Christus" als ,.ewiger Gott" aurgdaßt. 45 v. HOFMANN (1857/60) 1,122. Zwar findel v. Hornlann flir eine gÖlIliche Sclbstunterscheidung. also das inncrgöllliehe Verhältnis. keinen Schriftbeweis. wie man ihn in der alllesiamentliehen Rede von GoUes Weisheit (a.a.O. 1.102) oder seinem Won (a.a.O. 1.104.116) vemlutel hat. Das innergöuliche Verhältnis zählt vielmehr zu den ewigen Gegebenheiten, die nicht direkt. sondern im Rüekschluß erhoben werden (a.a.O. 1.90), s. S. 87 Anm. 33.
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Zweiter Teil
grenzt. v. Hofmann faßt seine rtickschließende Methode sowie sein Verständnis von immanenter und ökonomischer Trinität daher zusammen mit dem zentralen Gedanken des Gewordenseins: ID]ie Selbstaussage Jesu. durch seine Geschichte bestätigt. sie ist es gewesen. welche gelehrt hai. daß zwischen Gon. dem Vater Jesu Christi. und zwischen Jesus. dem Sohne Gones, ein innergöuliches Verhältniß besteht, welches nicht geworden, sondern ewig ist. welches aber geschichtlich aus einem Verhältnisse GOlles zu Gott ein Verbältniß Gones zu dem Menschen Jesus geworden ist.oll>
Dieses Gewordensein bringt v. Hofmann (im zweiten Lehrstück) auf den Begriff einer "Ungleichheit", in die sich die ewige Trinität zur geschichtlichen begeben hat. Diese Ungleichheit besteht, wie gesehen, in der (nicht numerisch gemeinten) Differenz des Menschen schlechthin zum geschichtlichen Menschen; sie besteht darin, daß das ewige Verhältnis Gottes zur Menschheit sich als Verhältnis Gottes zu geschichtlichen Menschen vollzieht, und deswegen ist die Schöpfung des Menschen die notwendige Be47 dingung dieses Vollzugs. Die Menschheit. die ewig nur als Willensgegenstand des innergöttIichen Verhältnisses der drei göttlichen Ich personen aussagbar war, wird geschichtliche Realität. Damit aber geschieht etwas grundlegend Neues: Die Menschheit ist nicht mehr nur gewollt, sondern wirklich. Sie ist nicht mehr nur der Bezugspunkt des Wollens der göttlichen Ichpersonen. nicht mehr nur personal, sondern hat ihr eigenes Dasein in der geschöpflichen Welt. Menschheit als Schöpfung hat einen Gottes- und einen Weltbezllg. Mit Hilfe des hier neu hinzugetretenen Moments kann auch das Verhältnis der trinitarischen Personen näher bestimmt werden, denn sie lassen sich nun auf die Welt beziehen. Dieser Weh bezug unterscheidet die geschichtliche von der ewigen Trinität, er macht die Ungleichheit beider aus: Die in sich selbst ungleich gewordene Dreieinigkeil ist es. welche mit ihrer ersten Selbstbelhäligung den Anfang der geschichllichen Verwirklichung des ewigen GOIteswillens gesetzl haI. r... ) Das Verhältniß Gottes des Valers und des Menschen Jesus im Geiste Beider gestaltet sich. hieher übertragen. zum Verhältnisse Gottes des überweltlichen Schöpfers 46 A.a.O. 1.173. Die Präexistenz des götllichen Ichs Chrisli explizien v. Hofmann mit den loci c1assici aus dem Johannesevangelium sowie mit v. Hases sog. Aerolith aus dem johanneischen Himmel (a.3.0. 1.139). Die Existenz des Menschen Jesus wird dagegen. ebenso klassisch. llffi Philippe.rhymnus erläuler1 (a.a.O. 1,149-152), Die enlsprechende Erschließung der Personalitäl des Geistes aus dem Neuen Testament geschieht a.a.O. 1.190.197. 47 Zilal a.a.O. 1.37 (lehrslück 11.3).
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und Gottes des urbildlichen Weltziels in Gott dem inwelllich wirksamen Lebensgrunde. Dieses innergöulichen Verhüllnisses AbbiJd. weil Verwirklichung des ewigen Goneswillens [... 1. ist das Verhällniß zu Gon, in welches der Mensch geschaffen worden. Geschaffen nämlich einerseilS als das Ich. rur welches die Weh und welches ftir die Liebesgemeinschaft mit Gon ist, und andererseits als gleichartiger Theil der in ihm zum Abschlusse gekommenen Welt. dort als Person selbstbestimmbar. hier als Natur sich zum Minel seiner selbst dienend, ist er das geschöpfliche Abbild Gottes des urbildlichen Wellziels."
Solange nur die Kategorie des Personalen zur Verfügung steht, kann der geschichtliche Vollzug des ewigen innergötllichen Verhältnisses nicht ausgedrückt werden; dies erlaubt erst der Bezug zur geschaffenen Welt, der im letzten Absatz des Zitats auf den Begriff des Naturhaften gebracht wird. Das für v. Hofmanns Systematik grundlegende Verhältnis von Ewigkeit und Geschichte, immanenter und ökonomischer Trinität läßt sich damit in den Begriffen Person und Natur ausdrucken, die sich uns als die tragende Struktur schon seines Jugendwerkes erwiesen. Damit wird auch kJar, warum v. Hofmann die immanente zur ökonomischen Trinität werden sieht. Immanente Trinität ist ein reines Personenverhältnis. ökonomische Trinität aber ist Personen- und Natlln'erhältnis. In der Differenzierung von Person und Natur also vollzieht sich die ewige Trinität geschichtlicherweise; das Begriffspaar ist das Scharnier am Übergang vom ersten zum zweiten Lehrstück. v. Hofmann kann von dieser grundlegenden Differenzierung aus die gesamte weitere Durchführung des Lehrganzen durch die Zuordnung von Person und Natur strukturieren. So fonnulien er in der Sündenlehre (im drillen Lehrstück) den Gedanken, daß der Anlaß für die Sünde im Natürlichen liegt, aber zurückwirkt auf die Person, die als sündige von einem anderen als Gottes Geist, einem dämonischen Geist also, abhängig iSl. 49 In einer weniger komplexen Gestalt gebraucht v. Hofmann dieselbe Regel bei der alttestamentlichen Geschichte (im vienen Lehrstück), wenn er die Daten dieser Geschichte auf den Nenner bringt, daß Gottes Geist stets zu der Menschen ..leiblichen Ohren" spricht und darin naturvennittell auf ihre persönliche Rückwendung zu ihm · . k1.,. hmWlr 48 Die drei zilienen Absätze a...O. l,36r. (IUS Lehrstück 11.2.4.05). De1 ktzle Absa12 steht fast identisch 1.1.0. 1,283r. im ll.lSgertilu1C:n Schriflbeweis zum zweiten Lehrstück.. 49 A...O. 1.40 mit der Konsequenz einer eigenen DämDnologic (Lettnlück 111). 50 litll u.O. 1,573. A.a..0. 1,41-405 nennt die Urgeschidlle. Israels VolkJgrOndung, Priesler-. KÖflig- und Prophelenaml sow;c den aJl1cswnc:nllK:hen KIIIOO ab Elappen dieser t)'JlOlogisch versundenen Geschichte.
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Kein Teil des "Schriftheweises" zeigt jedoch das Profil der Verhältnisbestimmung von Person und Natur so scharf wie sein rneislumstrinener, die Christologie und Soteriologie (im ftjnften Lehrstück). Die folgenden Überlegungen zu heiden Themen konzentrieren sich daher und in Anbelracht der reichen Erforschung der historischen Streitigkeiten 51 auf jene Verhältnisbestimmung. Dies scheint um so eher gerechtfertigt, als nach dem Urteil dieser Erforschung v. Hofmanns Gegenentwurf weniger auf den begriffsgeschichtlichen Aspekt (z.B. StraOeiden, Stellvenretung) der Versöhnungs52 lehre zielte. Christologie versteht v. Hofmann im ..Schriftbeweis" grundsätzlich als den Locus, wo sich das eigentlich zu Beweisende. das Verhältnis von GOIt und Menschheit, realisiert. Wirklich ist dieses Verhältnis zwar, wie gesehen, schon mit der aufkommenden Korrelation von Person und Natur durch die Schöpfung. Doch ist das Schöpfungsleben durch natürliche Einflüsse fehlgeleitet worden unter einen anderen als Gottes Geist. Realisierung des gott-menschheitlichen Verhältnisses heißt in der Christologie darum Herstellung dieses Verhältnisses als eines nicht von der Sünde bestimmten. S3 Wenn aber Sünde heißt, daß der Mensch sich durch sein Naturverhältnis an einen ungöttlichen Geist leiten läßt, dann ist die Überwindung der Sünde so zu beschreiben, daß die Natur fiihig gemacht wird, den Menschen zu einem persönlichen Verhältnis zu Gottes Geist zu fUhren. Venninlung des Personenverhältnisses über das Naturverhältnis ist nun zwar auch Gottes kennzeichnende Handlungsweise in der Geschichte der alttestamentlichen Zeit; v. Hofmann versteht sie dort aber als bloße Indienstnahme der Natur, während es ihm in der Christologie um eine Veränderung der Natur, ihre ,.Gutmachung" aus der Verderbtheit heraus, gehtS4 - freilich zum Zwecke ihrer künftigen, ungeminderten Indienstnahme. Daher ist es völlig konsequent. 51 Einschlägig sind v.a. STEFFEN (1910): BACUMANN (1910): WAI'WR (1914) 237-262: GRÄOER (1922). aber auch Rmu.s (1997) 684-688. Zu allemlltiven theologiegeschichllichcn Bezügen s. freilich Exkurs 3 (5. 98ff.). 52 In der Zweitaunage des .,Schriftbeweises" greif! v. Hofmann bereits. wie BACIIMANN (1910) 53f. zeigl. die lraditionelle Begrifnichkeil durchaus wieder auf. ohne doch seine Posilion zu verändern. 53 Z.B. V. HOfMANN (1857160) 1U1.214. 54 Für das VeßÖhnung,sgeschehen finden \'erschiedcne Ausdruckslol.'eisen Gebrauch. :t.B. ....0. IVI,275: "Wandelung des Verhiltnisscs GOlles und der Menschheir' (vg!. a.I.O. IVI,455). Von .•Gulmachung der Sünde und nichl Ersatz der Strafe" (DElIs. 11856) 119931 239: dazu BACHMANN 119101 46) sprichl v. Hofmann in der ersten seiner Schutz.sehrifu~n. Wk Bachm3nn ....0.22 weilerhin erwähnl, ist v. Hofmann im .Schriftbeweis" wichlig. daß Jesus am Kreuz die menschliche Ilur unler den Bedingungen äu6cßler Enlfremdung ..bewlhn; LB. v. HOFMANN (18S716O) lVI ,319.455. 0ERs. (1&41/44) 1.38.58.60 sprach zudem von einer Verltllirung der Nalur.
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wenn v. Hofmanns Christologie ganz im Zeichen des Naturbegriffs steht, wenn er Jesus Christus nur eine menschliche Natur zuschreibt, keine göttliche. Dies ist denn auch in der Christologie (im engeren Sinne des Wortes als Lehre von der Person Christi) ausdrücklich v. Hofmanns Ansicht; die ewige zweite göttliche Person der immanenten Trinität wird in der ökono~ mischen Trinität der geschichtliche Mensch Jesus, und das ist die Selbstentäußerung Goues, seine Kenose. 55 Für v. Hofmann ist Jesus Christus darum !licht der anse/mische Gottmensch, sonden! der Mensch Goues. Wie der Mensch Jesus nicht in die ewige Trinität gehört, so die zweite göttliche Person nicht in die geschichtliche. 56 Die göttliche Würde des Menschen Jesus liegt vielmehr gerade in seiner menschlichen Natur, weil er der eine Mensch ist, in dem das GOllesverhältnis .,das Aeußerste, was dem sündigen Menschen nach seiner Naturseite durch Gottes Zorn widerfahren kann", nämlich Kreuz und Verbrechertod, zu tragen und sich so zu bewähren vermag. Indem v. Hofmann Christologie und Soteriologie so als die Geschichte der Befahigung der menschlichen Natur zum persönlichen GOllesverhältnis auffaßt, bezieht er zugleich Stellung zur Lehrtradilion des Locus, denn der Gedanke der Gutmachung der menschlichen Natur ist seine zusammenfassende Reinterpretation der Lehre von Christi stellvertretender Genugtuung, und mit der Betonung der Rolle von Christi menschlicher Natur57 führt er das orthodoxiekritische Anliegen der kenotischen Christologie weiter. So entsteht ein eigenes. das heilsgeschichtliche Konzept. Christologie steht demnach als Verwandlung der Natur zugleich in Zusammenhang wie Differenzierung mit dem Allen Testament und wird durch die zusammenhängend fortlaufende Geschichle ihrerseits differenziert von
55 KeoOlische Chrislologie behandelt demnach rur v. Hofmann die Bewegung von immanenler zu ökonomischer Trinität. nichl den Lebenslauf Jesu von hoheitlichem Auftreten im ..galiläischen Frühling" zur Erniedrigung in der Passion, wus wenig später die durch E. Renan angeregte LebenJesu-Forschung beschäftigte. v. Hofmann ist durch seinen Frngehorizonl. wie BRElDERT (1977) 23 beslätigl. auch über die Streitfrage hinweg. die im 17. Jh. zwischen dt:n Gießencr uoo Tübinger Fukutlälen verhandelt wurde. ob lesus in seiner irdischen Erniedrigung den Gebrauch seiner gÖIIlichen Eigem.chaflen geradezu preisgegeben (Gießener Keoosechrislologie) oder nur verborgen geübt (Tübinger Krypsischristologie) habe. 56 v. HOfMANN (1841/44) 11.18 sagt bereits. daß Jesus .,Person gewesen. ehe er Mensch ward. und also schon in Gemeim;chaft de.c; Geistes mit GOll stand, als er Mensch ward", Vgl. DERS, (18.57160) IVI.21: .,die menschliche Nalur haI er zu seiner. des e .....igen GOlles. Nlllur". Vg1. BREIDERT(l977) 175, 57 Hierin siehl STEff'EN (1910) I [9 den Unterschied zu RilSChls Interesse an der Person (vgl. das Zilal aus v, UOFM....NN 118.57/6011.48 ILehrstück V,61). Die Krilik. daß es Y. Hofmann nicht um die Natur des Menschen gehe (BeIIR 1199.5199). scheinl kenOli.sche mit doketischer Christologie:zu yerwechseln.
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der Zielvorstellung einer Einheit von Person und Natur. 58 Was das Alte Te~ stament von der Natur erhoffte - die Vennittlung eines persönlichen GOItesverhältnisses -. soll in Christi Parusie zusammentreffen als Verklärung der Natur zur Gottesgemeinschaft: Das ist der heilsgeschichlliche Spannungsbogen, mit dem v. Hofmann alle Geschichte vom Eschaton her orientien. Darum kann er auch nach der Christologie die Kanonfixierung und die Ekklesiologie samt christlicher Gesellschaftslehre anhand der Begrifnichkeil von Person und Natur entfalten: Die Festlegung des neutestamentlichen Kanons (sechstes Lehrstück) läutet eine Zwischenzeit der christlichen Gemeinde ein, in welcher der Geist Gottes das Person- und nun auch das Nalurleben leitet, die aber, heilsgeschichtlich gesprochen, ein bloßes Warten auf die abschließende Verklärung der Natur ist. 59 Ebenso die Kirche (siebtes Lehrstück) hat in den Sakramenten die Vollendung der Natur nur als ,jenseitiges BesilZthum". weil sie. für die Christi Geist •.ihres Person lebens wirksamer Grund und ihres Naturlebens bestimmende Macht ward". doch noch ..inner der angebornen [also sündigen] Natur" steht. 60 Erst die Eschatologie (achtes Lehrstück) bedeutet die Vollendung der Natur zu ihrer Einheit mit der Person und handelt damit ebenso von einer Verwandlung der Natur wie schon die Christologie. Ging es dieser darum, daß die infolge der Sünde an widergöltlichen Geist fehlgeleitete Natur eine Vermittlung göttlichen Geistes nicht mehr hindern soll. so wird in der Es· chatologie nun endgültig ausgeschlossen, daß die Natur Mittel widergöuli· cher Geistwirkung sein könne. Die eschatologisch vollendete Gemeinschaft von Gott und Menschheit bedeutet demnach die Einheit von Person und Natur, während das persönliche Verhältnis zu widergönlichem Geist61 ohne eine vermittelnde Naturbasis wirkungslOS bleibt. 62 Schon das zeigt, wie S8 v.
HO';MANN (1857/60) 1.,55 (Lehrstück '111I.5): Die Gemeinde wird ,,durch Wandlung ihrer
menschlichen Natur zur Unbedingtheit ihrer Gouesgemeinschaft vollendet". 59 Vgl. a.a.O. 1I/2.97f.: •.Für die Zwischenzeit. sagen wir weiter. ist die Kirche Christi. welche also eine heidnische sein wird, lediglich der heilig~n Schrift unterstellt. weil so lange die Heilsge· schichte keinen Fongang nimmt. der ein Neues brächte:' 60 Zitate a.a.O. 1.,51.49.5 I (L.ehrstUck VIV1.4: VI,I: VIVI.2). 61 v. Hofmann bearbeitet so das venniulungstheologische Problem der hypothetisch noc.....-en· digen Verdammnis. 62 Die Eschalologie ist durchgehend von diesem Gedanken bestimmt. Das hei& zum ~iflf'n. daß die natürlkhen Formen. unt~r denen die kirchlkhe Sakrament.sJam:ichung den Geist Gones miueill. ihre Voriäufigkeil und Zweideutigkeit ablegen und steh zu fester. sichtbarer Gestall wan· dein. Als solche Gestalten lehn v. Hofmann die Bekehrung Isrzls und das Millennium in ge· meindlkhem sowtc die Auferstehung und dtc Neuschöpfung von Hinunel und Erde in menschheitlichem Horizont (LehT51ück VIII.,5). Durch denselben Wandel zur Eindeutigkeit kommen zum oTld~f'~n diese.lben natürlkhen FClm'len als Betäligungsfeld eines anden:n als des göttlichen Cki5te5 in Fonfall. SO daß die sündige ..Abhingigkeil von dem Atgen~ ohne Betätigung ist. So khn
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wichtig das Konzept der Natur für v. Hofmanns Eschatologie ist. Eschatologie als Vollendung der Natur korrespondiert sodann genau dem, was v. Hofmann bei Einführung der tragenden Begrifnichkeil von Person und Natur als Erwartungshorizont der aluestamentlichen Geschichte ausmachte: die ungehinderte Venniltlung eines persönlichen Gouesverhältnisses durch die Natur. Christliche Eschatologie als Vollendung der Natur richtet sich auf nichts anderes, als was auch aluestamentliche Zukunftserwartung erhofft; beide stehen in einem Spannungsbogen, der mit der Ungleichheit beim Übergang der ewigen in die geschichtliche Trinität eröffnet wird und erst im Eschaton selbst zur Ruhe kommt. In dieser Gemeinsamkeit von Christentum und alttestamentlichem Israel ist es begründet, daß für v. Hofmann die gesamte Geschichte, wenn sie als Heilsgeschichte, also im Blickwinkel jenes Spannungsbogens betrachtet wird, israelitisches Gepräge trägt: "Daß die in der Schrift enthaltene Geschichte israelitisch ist, das macht sie zur heiligen Schrift, zum Worte Goues: denn Israel ist das Volk des heilsgeschichtlichen Berufs.,,63 Als Ergebnis läßt sich somit festhalten, daß v. Hofmann in seinem Hauptwerk ebenso wie in seiner Jugendschrift mit Hilfe der Begriffe Person und Natur auf eine theologische Deutung des umfassenden Geschichtslusammenhangs als eines von der Geschichte Israels eröffneten eschatologischen Spannungsbogens zielt. Das religiöse Thema der Geschichte ist demnach die Gutmachung und schließliche Verklärung der Natur zur Einheit mit der Person, d.h. die allmähliche Befahigung des menschlichen Weltverhältnisses, Träger des Gottesverhältnisses zu werden. Sofern die Geschichte in dieser theologischen Betrachtung erscheint, ist sie Heilsgeschichte. Die Begrifflichkeit von Person und Natur strukturiert so die theologische Thematisierung der Geschichte als ganzer und kann darum als die theologische Axiomatik von v. Hofmanns Konzept gehen,64 und die Einheit beider in Christi Parusie bildet den Ausgangspunkt seiner Eschatologie. Zugleich liegt hier auch der Ansatzpunkt für v. Hofmanns eschatologische Sicht auf das Judentum, die im zweiten Unterabschnitt dieses Kapitels behandelt wird. Zuvor soll jedoch das Begriffspaar "Person und Natur" auf Hofmann den AntichriSI als innergemeindliches GeriChl neben dem uniyersellen (Zitat a.a.O. 1.57lLehrslück Vlll8]). 63 A.a.Q. 1.27. 64 Darauf weist schon v. Hofmanns schärfster Kritiker Kl.lEF0111 (1860) 205 hin. um sofort zu bemerken. daß beide Bcgriffe bei v. Hofmann inkommensurabel seien. da er Nalur als Subslanz denk~ und auf Seele und Leib beziehe (a.a.O. 207). Pcrson dagegen relalional auffasse und mit dem Willen verbinde. Unserer Analyse zufolge bezeichnen freilich beide Begriffe Verhältnisse und keine Substanzen. Y.
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seinen systematischen Charakter und seine theologiegeschichtlichen Zusammenhänge hin beleuchtet werden. c) Eschatologie oder Alllhropologie als Hor;zonl \'on Person und Natur? In den vorstehenden Analysen wurden die Begriffe Person und Natur mit Blick auf ihre Funktion ftir die Strukturierung der Geschichte herangezogen, die in ihrem Licht als eschatologisch begründeter Spannungsbogen erscheint. v. Hofmann fUhrt heide Begriffe freilich in einem anderen Zusammenhang ein, nämlich in der Anthropologie zur Explikation des Zusammenhanges von Seele und Leib. Das Verhältnis dieser beiden in Frage kommenden Kontexte der BegrifOichkeit bedarf darum näherer Untersuchung, und dies um so mehr, als v. Hofmann an der fraglichen Thematik 1852 eine Korrektur gegenüber dem Jugendwerk angebracht hat, die in der Forschung m.W. bisher nicht berücksichtigt wurde. 1841 entspricht jene Doppelheit von Person und Natur präzise der zweigliedrig verstandenen Anthropologie von Seele und Leib, so daß v. Hofmann den Geistbegriff nur pneumatologisch gebraucht. 1852 wird dagegen vom Geist in einem anthropologischen Sinne gesprochen. 6S Auch die Konstellation von Person und Natur hat sich 1852 verändert: War zuvor die Person als die Seele, also das Menschheitliche, und die Natur als der diesen Menschen auszeichnende Leib verstanden, so liest man jetzt, der Geist ma~ che den Menschen zu einem lebendigen Wesen, die Seele mache das Einzelleben aus, der Geist sei das sittlich Bedingende. die Seele das Bedingte am Menschen. 66 Dies suggeriert zunächst den Eindruck. v. Hofmann habe in seiner anthropologischen Theoriebildung das Verhältnis von Seele und Leib durch dasjenige von Geist und Seele ersetzt. Dieser Eindruck zerstreut sich aber dadurch, daß er 1852 noch dieselben Aussagen über den Leib treffen kann wie zuvor. Da er auch weiterhin an der Ablehnung einer dreigliedrigen AnthroJX>logie festhält,61 sind die neuen Äußerungen auch nicht im Sinne einer Differenzierung von Gottes-, Selbst- und Weltverhähnis als Geist, Seele und Leib zu verstehen. Es bleibt somit nur die Möglichkeit. daß v. Hofmann die Verhällnisbestimmung von Seele und Leib, wie er sie 1841 vorgenommen hatte. 1852 in den Zusammenhang seines trinitarisch strukturierten Gesamtkonzepts gestelh haI. D.h. der Mensch als Seele und Leib erscheint jetzt nach diesen heiden Seiten als unter den Einfluß des göttli65 Z.8. Y. HOFMANN (185US5) 1.235. Weitere Retrllkulionen: ....0. 1.258 Anm. 100.108: 1.260 Anm. I 16. 66 A.a.O. 1.26Of.: Der GeiSi gill als sill..Iich Bedingendes. die Scde als Bedingtes am Men·
,,""'.61
A.a.O. 1.2.59. Khefoths Kritik 51indnis zurückgehen.
(s. S. 95 Anm. 64) mag freilich
auf das o.g. suggeriene Ver·
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ehen Geistes gestellt, der auf Seele und Leib einwirkt: nämlich auf die Seele, und dies auch durch Venninlung des Leibes, Für die Dämonologie häh v, Hofmann im "Schriftbeweis" dies sogar als Regel fest,68 und sein Verständnis von Geschichte überhaupt zielt ja auf eine Einheit von Seele und Leib, die solche Vernliulung zur Unmittelbarkeit aufhebt Es scheint daher, daß v, Hofmann sein Verständnis des Verhällnisses von Person und Natur 1852 njcht geändert, sondern nur in einen größeren Rahmen gestellt hat. Gerade weil aber das Verhältnis von Person und Natur die durchgehende Konstante seines theologischen Denkens ist, könnte die genannte Selbstkorrektur den Eindruck verstärken. daß bei v, Hofmann eben die Aßlhropologie und nicht die Eschatologie den Horizont des theologischen Geschichtsverständnisses bildet. 69 Die Beziehung von Person und Natur auf Gottes Geistwirken, die v, Hofmann im "Schriftbeweis" vornimmt, erschiene dann als ein AnalogieSChluß, der Gottes Sein aus der Beschaffenheit des Menschseins zu folgern erlaubte,70 Die Theologie handelte demnach, wenn sie von Christi Geist redete, eigenliich vom Christengeist 71 und entwickelle lediglich die Geschichte der letztlich ungebrochenen Frömmigkeit des Menschen, denn die ihr entgegenstehende Sünde müßte in der Systematik von Person und Natur als schuldloses Ausgeliefertsein der menschlichen Natur an dämonische Geistwesen ohne Beeinträchtigung der menschlichen Person gedacht werden. 72 In dieser Entwicklungsgeschichte der Anthropologie bliebe der Eschatologie dann keine produktive Rolle mehr zu spielen üb-
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Dies sind die Einwände, welche die Forschung des 20. Jh, in sehenem. überkonfessionellem Konsens von reformierten und lutherischen Autoren 68 DERS. (1857160) 1,359. Zu Beginn des chrislologischcn Lehrslücks liest man freilich a.a.O. 1,45: "Wir slehen in einer nicht blos sachlich, sondern persönlich venniuellen Gerneinschafl mil GOII", wo in der Erstaunage gar stand (OERS. 11852/551 1.44): ..nicht sachlich. sondern persönlich", Doch der Satz nennt als Vernlilllllngsinst31lz die göltliche Person Christi. nichl die menschliche Persönlichkeil. 69 Nach WENDEBOURG (1953) will Y. Hofmalln diese anthropologische Beziehung von Person und N:llur auf den Geist (a.ll,O. 39) mit dcr kenolischen Verhältnisbcslimmung beider in der Chrislologie (a.3.0. 99-101) in eine Reihe, eben die Heilsgeschichle, stellen, was aber das Problem der Sünde vernachlässige (a.a.O. 102). 70 Vgl. HOONER (1956) 120.121: "Gotl ist [sc. bei Y. Hofm3nn) eine anthropologische SeIzung"; ygl. BEIIR (1995) 81 f. und a.a.O. 76 (,.amhropologische Struktur göulictlcn Wirkens" als Behrs Forschungsergebnis). 71 HOBNER (1956) 18: ..Er meint das lcsl[imoniuml sp[ irilusl s[ancli I inl[ernuml. auch wenn er in Wirklichkeit vom subjekliven Glauben rede!." 72 A.a.O. 123 1.U Dämonologie und "RelatiYierung der SUnde"; ygl. BEIIR (1995) 85.90 zu denselben Themen. 73 HÜBNER (1956) loor.: vg1. BEIIR (1995) 112.
B.yeriscM Staatslltibllothllk Münchon
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gegen v. Hofmann vorgebracht hat Um sie zu prüfen, soll der theologische Zusammenhang der Begrifflichkeit von Person und Natur in einem Exkurs untersucht werden:
Exkurs 3: Kontexte der Axiomatik von Person und Natur I. Eschatologie in der Debarte um die Christologie der lutherischen Orthodoxie.
Theologiegeschichtlich stellt sich v. Hofmanns originelles Konzept vor allem als Absage an die lutherische Orthodoxie dar. Deren Zweinaturenlehre zufolge können aufgrund der sog. Idiomenkommunikation in der Redeform des genus majestaticum von Christi menschlicher Natur die Eigenschaften seiner göttlichen Natur prädiziert wer· den. Die lutherische Orthodoxie eines 1. Gerhard verdeutlicht dies vornehmlich kontroverslheologisch am Beispiel der Abendmahlslehre: Christus iSI seiner menschlichen Natur nach der Allgegenwart fahig und so im Brot einer jeden Abendmahlsfeier gegenwärtig. Im Jahre 1900 zieht Gerhards später Epitomator HEINRICH EßELlNG daraus die Konsequenzen fUr die Eschatologie und lehrt diese sakramentstheologische sog. Ubiquilät und die eschatologische Präsenz Christi bei der Parusie "nebeneinander und miteinander glauben".74 so daß die Ewigkeit und die Allgegenwart des sakramentalen Christus sich egalisieren. Eine extensive Neuschöpfung der Welt ist daneben nicht nötig bzw. nur geistig zu vers!ehen. 75 Ebeling vertritt denn auch grundsätzlich eine Spiritualisierung der eschatologischen Verheißungen. was er gerade mil Blick auf das Judenlum. nämlich den Titel ..Israel", ausfUhn. 76 Ebeling folgert so die Weltlosigkeit der Eschatologie. die Gerhard als Lehre von der annihilatio mundi in die protestamische Theologiegeschichte eingeführt hat. im Einklang mit einer sakramentstheologiscbcn Anwendung der Zweinaturenlehre.n Diese Folgerung ist jedoch dann nicht mehr zwingend. wenn die Christologie das - von der lutherischen Orthodoxie stets abgelehnte - genus tapeinoticon lehrt. das in Umkehrung des genus majestaticum von Christi göttlicher Natur die Eigenschaften der menschlichen auszusagen erlaubt. Diese Frage, wieweit und in welcher Art Christi göttliche Eigenschaftcn in der Inkarnation durch dic menschlichen überlagert oder abgelöst wurden. prägt bereits in der Mille des 17. Jh. den Streit zwischen der Tübinger Krypsischristologie und der Gießener Kenosechristologie und wird zur Zeit 74 EBEUNG 119131 (1998) 132: vgl. a.a.O. 7 zum Verhällnis zu Gerhard. 75 A.a.O. 176 wird angesichts der annihil31io mundi die Neuschöpfung von Himmel und Erde poslUlien: behandelt wird aber (a.3.0. 233) nur der Himmel! A.a.O. 184 sind ohnehin .nur Engel und Menschen rur die Ewigkeil" beslimllll. 76 A.a.O. 164 grundsätzlich und 3.&.0.168-170 rur Israel. 77 Diesen Argumenl31ionshinlergrund haI für J. Gerhard selbst STOCK (1971) 126-164 gegen ällere Ableilungen aus der Myslik und der rc:fom\3lorischen Kritik 3111 jüdischen SchwämlCnum (ALTHAUS 11949J 356.358 bzw. ALTIIAUS 1I856/57J 118: s. bei S. 15 Anm. 10) dargelegl. Spätere InterprelaIionen verslehen die Wehvemichtungslehre als apokalYplische Bearbeilung des Themas der Angsl (KÖRTNER [1988J 1%-198) oder als eschatologischen Begriff von Dialeklik im UnIerschied zu geschichtlich·politischer Dialeklik (UERRMANN [199Sl 139 mil Anm. 71).
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v. Hofmanns erneut diskutiert in der sog. kenotischen Christologie. v. Hofmann steht in der Tat in Berührung mit ihr. allerdings beschäftigen ihn die im engeren Sinne christologischen Fragen schon deshalb weniger. weil er die Voraussetzung der zwei Naturen in Christus (deren Verhältnis dann allererst klärungsbedürftig wäre) rur den historischen Christus nicht teill. 78 Sein Konzept einer allmählichen Befahigung der menschlichen Natur zur persönlichen Gemeinschaft mit Goll versteht sich eher als Versuch einer Überwindung aporetischer Alternativen in der Soteriologie. der quer zu den Schultraditionen steht. 79 Später hat A. Ritschl in der Versöhnungslehre mit der Einftihrung deskriptiver bipolarer Schemata ähnliche Absichten verfolgt. und im 20. Jh. möchte die sog. Lunder Schule mit der ..klassischen" Lehrgestalt von Versöhnung als eschatologischer Überwindung der widergöltlichen Mächte den Gegensatz von lateinischem (anselmischem) und idealistischem (abaelardischem) Lehrtypus überwinden.110 Es scheint. daß v. Hofmanns christologische Neuorientierung des Verhältnisses von Person und Natur in strukturell vergleichbarer Weise auf ein eschatologisches Verständnis zielt. Dem entspricht. daß v. Hofmanns Eschatologie als die endgültige Verklärung der Natur das Gegenbild zur weltlosen Eschatologie der lutherischen Orthodoxie bietet. Anregung zu einer Neuorientierung dürfte v. Hofmann hier empfangen haben durch Schleiennachers Kritik an der orthodoxen Zweinaturenlehre. Schleiermacher lehnt einen ontologischen Begriff von Natur ab. da er logisch eine Gott und Mensch übergeordnete Gattung bilden und so die theologische Grundunterscheidung von Sünde und Gnade verwischen müßte. 81 Im Gefolge dieser Kritik kann Natur nicht mehr einen feststehenden Eigenschaftskomplex und Person nicht mehr den Träger dieser Natur bezeichnen: vielmehr versteht v. Hofmanns Konzept einer allmählichen Befuhigung des Weltverhältnisses zum Gonesverhältnis die Natur (Weltverhältnis) als Träger der Person (Gouesverhältnis). der sie werden soll. v. Hofmann kehrt das von Schleiermacher krirüierte VerhälmiJ VOtl PerJotl Imd Nalllr alJo um. Durch die Betonung der Naturseite Christi ergeben sich freilich ihrerseits theologiehistorische Zusammenhänge. die in einem zweiten Schrill zu klären sind. 2. Anthropologie ill der Debaue /Im die Iheosophüche Eschalologie. v. Hafmanns Interesse an der menschlichen Natur Christi und damit der geschichtlichen Dimension der Theologie legt sogleich einige Schulzusammenhänge nahe. Am niichstliegenden schon im topologischcn Sinne ist darunter die sog. Erlanger Theologie. Sie slrebt. da der supranaturalistische Offenbarungsbegriff durch die kantische Tmnszcndentalphilasophie in die Krise geraten ist. eine NeubegfÜndung theologischer Aussagen auf dem Kanzepl der Erfahrung an: Weil Offenbarung als objektive Ursache gläubigen Goltes- und Welt verständnisses diesem selbst nicht zugänglich ist, sondern darin als seine Möglichkeitsbedingung schon vorausgesetzl ist. kann Theologie nur die subjek· 78 Vgl. BRElD€RT (1977) 23 zur ab....'Cicheoden Fragcslcllung des 17. Jh. 79 S. bei 5. 93 Anm. 57. 80 Zu Ritsehls problemgeschichlJieher Bedeutung vgl. 5TEFfEN (1910): GRÄDER (1922) und s. Kap. IV.I.I mit Exkurs 5 (5. 153ff.). Die Typologie der Lunder Schule wird grundgelegt von Aulb (1931) 532-538. 8! 5Clll.EIERMACliER 11830/311 (1960) 1151 f. (§ 96.1).
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tiven Konslilutionsbedingungen der Erfahrung des Glaubens zur wissenschaftlichen Grundlage nehmen. Diese fLir die Systematik besonders von F.H.R. v. Frank durchge· ftihrte Konzeption greift zwar auf v. Hofmanns Ansatz bei der Wiedergeburtserfah· rung zurück: allerdings ist v. Hofmann im Vergleich zu v. Frank an einer tragfahigen theoretischen Grundlegung der Möglichkeit von Erfahrung auffallig unintcressiert. 82 Damit rückt eine alternative ideengeschichtliehe Verbindung ins Blickfeld. nämlich die NalUrphilosophie des späten F.WJ. Schelling. die dieser in München jusl zu der Zeit entwickelt. als v. Hofmann seinen Gedanken der allmählichen Nalurverwandlung faßl. Eine gewisse Beeinflussung v. Hofmanns durch ScheUing ist wahr-
scheinlich;8J Schellings Rolle für v. Hofmanns Eschatologie triu freilich zurück. wenn man zum Vergleich den Diskurs um die theosophische Eschatologie heranzieht: Der württembergische Pfarrer THEODQR LEsSING triu 1858 mil einem vornehml ich individualeschatologisch orientierten Entwurf in Erscheinung. Ln Anlehnung an den unlöslichen Zusammenhang der christlichen Tugenden von Glaube, Liebe und Hoffnung erscheint hier die Eschatologie grundsätzlich als Hoffnungslehre. deren zukünftiger Gegenstand aber in der Gegenwart - ihr wird die Liebeslehre (Sinenlehre) zugeordnet - schon als Pfand oder Keim enthalten ist und nur noch entfaltet werden muß, wie Lessing grundsätzlich nachweisen möchte.&4 Deswegen ist das Kemproblem der Eschatologie der Tod. der solch allmähliche Höherentwicklung abzubrechen scheint. Lessings Spezifikum ist daher der Nachweis der Möglichkeit. daß Christen des Todes überhoben und im Sterben bereits zur Ewigkeit entrückt werden können: ,.Der gefürchtete Tod wird nicht geschmeckt:' Lessing verweist hier auf den .. Verlauf des allmächtigen (sie! sc. allnächtlichen] Einschlafens", den der Mensch eine Zeitlang verfolgen könne, doch nicht bis auf "den Augenblick des Einschlafens" selbst. In eine vergleichbare Grauzone greift nach Lessing die Entrückung der Gläubigen ein.8~ Nach dem als Wartezeit vorgestellten Zwischenzustand werden die vollendeten Gläubigen bei der ersten Auferstehung ins Millennium versetzt und sind damit auch dem Jüngsten Gericht entnommen. vor dem sich alle Anderen nach der allgemeinen Auferstehung verantworten müssen. Da aber ja fLir Lessing die zukünftige Hoffnungs- in der gegenwärtigen Liebeslehre gründet und deren Entfaltung bedeutel, erstreckt sich das Gericht nur auf die Liebeswerke ..ganz abgesehen von aller bestimmten Religion", so daß auch solche "aus der Menschheit unter Christen, Juden, Türken und Heiden" gereltel werden können, die rechtschaffen gehandelt haben. Rb Erste und zweite Auferstehung dienen also der Vollendung gegenwärtiger Anlagen, und daher bedeutet Auferstehung nieht einfach die Wiedervereinigung von Seele und Leib. sondern die 82 So mit Recht ß ...CHM...NN (19103) 938f. Die Bedeutung v. Hofmanns ftir die Überwindung des Supranaturalismus betont dennoch sein Biograph W",PLER (1914) 238.261 u.Ö. Und ftir BEYSCIIlJ\O (1993) 61 ist v. Hofmann ,,der Erlanger Erfahrungstheologe schlechthin". 83 Dazu W .....LEk (1905) und wieder WENDEBOURG (t955), v.n. 3.3.0. 97f. 84 z.a. LEsStNG (1858) 11: ..Es soll nun aber nachgewiesen werden. wic durch diesen Glauben an den aufcrstandenen Hciland [... 1schon jetzt ein Aufcrslehungsle~n. ein Hoffnungslt'~n in uns gezeugt wird". Vgl. a.a.O. 9 zum Zusammenhang von Glaubens-, Liebes- und Hoffnungslehre. 85 Zitate 3.3.0. 42.41.41. 86 Zimte a.3.0. 112.110; don auch zur Entnahme der Heiligen aus dcm Gericht.
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Seele der Chrislen erhäll in dcr Auferstehung den Leib, den sie zu Lebzeiten durch VerLehr des Leibes Christi im Abendmahl schon in sich angelegt haL ll1 Dieses gesamte Konzept einer durchgeistigtcn Leiblichkeit ist weniger der heilsgeschichtlichcn Axiomatik als theosophischer Naturspekulation geschuldet und die recht auffallige Abendmahlslehre ist direkt von dem christlichen Kabbalisten und Theosophen F.c. Oetinger übernommen, der auch die Möglichkeit jenseitiger Bekehrung und die apokatastalische Tendenz teilt. 88 Genau gegen diese Tendenz schreibt der aus Jena stammende und in Basel und Bem wirkende Arzt und Theologe ERNST JOSEPH GUSTAV OE VALENTI schon 1840 seine Eschatologie. Er hat dabei mit J. Böhme einen weiteren evangelischen Theosophen und Kabbalisten vor Augen. Auch flir de Valenti ist das Zentralproblem der Eschatologie der Tod. und zwar der natürliche Tod89 als Trennung von Leib und Seele. Entsprechend Luthers Ablaßthesen folgert er seinen Kernsatz, daß jegliche Beeinflussung der individuellen Seligkeit oder Unseligkeit nach dem Tode ausgeschlossen isr, weil sie der Alleinverdienstlichkeit des Todes Christi widerspräche. Stattdessen fordert er eine diesseitige...wahre Bekehrung".90 Gerade deswegen aber untersuchl de Valent i in sieben kurren Abhandlungen die anthropologischen Möglichkeitsbedingungen von Bekehrung; und hier hat der Arzt dcn Theologcn fest im Griff. Voraussetzung einer Bekehrung ist das Vorhandensein eines klaren und verständigen Bewußtseins. also einer Seele. Eine solche nimml nun der Traduzianer de Valenti 91 ftir den gesamten Zeitraum ab der Zeugung bis zum natürlichen Tode an. Jedoch schiebl er die Todesgrenze hinaus durch die zur selben Zeit auch von I.H. Fichte vertretene Scheintodlehre. de Valenti trägt sie mit aller Autorität des medizinischen Fachmannes vor: .. Es ist nämlich beinahe keinem Zweifel unterworfen, daß zwischen dem eigentlichen Todeskampfe und dem wahren vollkommenen Tode immer ein Jängerer oder kürLerer Zwischenraum des bloßen Scheintodes minen inne steht';, in dem der ..Verkchr der Seele mit dem bereils empfindungslosen Leibe" noch funktioniert. 92 Dcswe87 A.a.O. 68: ..Wer in den Himmel kommen will, muß den Himmel mit hinüberbringen, wer zur Auferstehung der Seligen kommen will, muß den verborgenen Lebenskein Isic!l des himmlischen Auferslchungsleibes schon in sich lragen", allein: ..Unser Aufel1ilehungsleib wird also von dem zweilen Adam, von dem Herrn Jesu. Slammen" (0.0.0. 67), d.h...wir nehmen besonden im heiligen Abendmahl den verkJänen Leib des Herrn. der nichl blos zur lebendigen Seele. sondern zum lebendigmachenden Geist geworden ist, in uns aur' (ebd.). 88 Vgt. a.a.O. 68 Anffi. zur Berufung auf Oetinger beim Thema Abendmahlsleib; Lessings Schluß auf eine Entnahme der Gläubigen aus dem Gerichl verwirft Oelinger aber gegen bestimmte hemlhulischc Ansichlen (WEYEJ!.-MENICIlOfF 120001 43f.). Die jenseilige Bekehrung leitel Delinger aus einer kabbalistischen Etymologie des Wones ..Hades" von ch"dosch (erneuern) ob: "Der Hades ist eine ElIleucrungsanstoll" (0.0.0. 45). 89 DE v .... t.Dm (1840) 2fT. unterscheidei daneben pcrsonifizienen. f1"IOf'8.lischen und ewigen Tod. 90 Z.B. 3.0.0. 22 (Zitat) bezeichnet er ,.den nalürlichen Tod als den äußentcn Grenzpunkt gölllichcr Erbannung". Vgl. a.a.O. 19 zum Bezug auf die Refonnalion. 91 A.a.O. 66 Anm. 92 Zitate a.3.0. 87 wegen Muskelzuckungen bei TOlen sowie post ellitum austragbarer Schwangerschaften. Ähnlich behauptet Ul. FtCHTE (1855) l60ff. gegen Göscheis spekulative Unsterblichkeit (s. Exkurs I, hier S. 66f.) deren Ausweisbarkeit an der Himphysiologie.
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gen kann rur keinen Sterbenden die Möglichkeit einer nach außen nicht wahrnehmbaren Bekehrung im Tode ausgeschlossen werden, und so schränkt de Valenti den Kreis der Verdammten trotz seines Beharrens auf der Notwendigkeit diesseitiger Bekehrung immer weiter ein; miß- und totgeborene sowie ungetaufte Kinder von Christen sind ebenso ausgenommen wie Menschen. die nie christlich missioniert wurden.'B Zuletzt ist rur de Valenti wie fUr Lessing nur noch die willentliche Verwerfung Christi verdammlieh. 3. Eschatologische Aml/ropologie als Ergebnis. Gerade der Vergleich mit dem ausdrücklich um die Theosophie kreisenden Diskurs zeigt den deutlichen Abstand v. Hofmanns zu naturphilosophischen Gedanken. Das Problem, um das trotz gegensätzlicher Positionen sowohl Lessing als auch de Valenti ringen, ist. die Ausschließlichkeit von Christi Heilswirksamkeit zusammen mit der Tathaftigkeit der Bekehrung festzuhalten,94 um die es beiden aufgrund ihrer pietistischen Herkunft gehl. Dies ist das Problem von menschlicher Aktivität und Passivität in bezug auf das Heilsgeschehen. und beide nehmen ihre Zuflucht zu Theoremen von Bewußtseinstrübung und Scheintod, also zu einem Kapitel medizinischer Anthropologie (Pk1. 2). Gefordert wäre jedoch eine theologische Anthropologie, und genau eine solche erstrebt v. Hofmann. wenn er in Abkehr von der christologischen Tradition (Pkt. I) die Begriffe Person und Natur eschatologisch von der Parusie Christi her interpretiert. Gewiß folgt v. Hofmanns Einftihrung der Begriffe auch der zeitgenössischen Ansicht, daß die geistige Sphäre des Menschseins sich über die leibliche erhebe, wie man es mit der Gegenüberstellung von Geschichte und Natur ausdrückte. Aber indem er diese anthropologische Anschauung auf die Parusie Christi bezieht. erreicht er im Ansatz und Grundsatz eine eschatologische Anthropologie. die sich noch als belangreich ruf eine evangelische Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum erweisen wird.
Die Frage nach Eschatologie oder Anthropologie als Horizont von v. Hofmanns Theologie ist mit den Analysen des vorst.ehenden Exkurses beantwortet: v. Hofmann geht es um eine eschatologische Anthropologie, also eine solche theologische Besinnung auf den Menschen, die in ihrem denkerischen Ansatz und darum im Grundsatz eschatologisch ist. 9$ 93 Vgl. 00 VALEI'm (1840) 67: •.Für Aftergewächse wird ja ohnehin Niemand Unslerblichkeit begehren" bzw. 70.67 fUr Ungel8ufte bzw. Unmissionierte (anders a.a.O. 74 filr getaufte Chrislen aoderer Konfessionen). 94 Dies verbindet beide mit der Eschatologie von T. HARMS. dem Bruder des bekanrllen Hermannsburger Missionars. Sie ziell in sechs erwecklichen Predigten ab auf das diesseitige Leben als einzige Mögliehkeit zur vollkommenen Bekehrung. zu der dann am Ende der Predigten eltplizit aufgerufen wird mil der Verheißung. doß die Bekehrten nicht ins Gerichl kommen (DERS. [18751 80.74; vgl. T. Lessing). Sie haben nach Harms auch gar keine Sünden. soodem nur gute Werke vorzuweisen (a.a.O. 82). Gleichwohl dient die Eschatologie ihnen als Bckehrungsaufruf zum Erschrecken über ihre Süoden (a.a.O. 97). 95 LaUI dem Fazit bei BECKMANN (2002) 299f. 311 kompromiuien v. Hofmann die refonnatorische Lehre von unfreiem Willen und Verstockung. wenn er dem Judentum die Ablehnung Jesu. durch die die Kirche in die Heilsgeschichle eintriII. als Schuld vorhält. Diese zutrerrende Beob-
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2. Die eschatologische Axiomatik in der HeilsgescJlichtlichen Theologie. Nachdem für v. Hofmann die begriffliche Grundlage seines spezifischen Eschatologieverständnisses gefunden wurde, sollen nun unler derselben Fragestellung Auloren analysiert werden, die unter seinem Einfluß slehen. a) Reich Christi und Reich Goltes. Als ältester Vertreler der Heilsgeschichtlichen Theologie im begrifflichen Sinne gilt der Württemberger JOHANN TOBlAS RECK, obgleich die einflußreichsten Partien seines Werkes ersl nach seinem Tode gedruckt werden; darunter auch die Eschalologie, die 1887 als Separatabdruck aus der postumen Glaubenslehre erscheint Deren systemalisches Gerüst struklUrierte allerdings schon 1843 Recks Dogmatikvorlesung. 96 Terminologisch spricht Reck freilich weniger von einer Heilsgeschichle als von einer ,,Reichsökonomie",97 was daran liegen dürfle, daß er die wissenschafl1iche Darstellung des Stoffes der Theologie in biblischen Begriffen zu geben bestrebl ist. Dabei gewinnt für ihn, in offenkundiger Anlehnung an Jesu Gleichnisse vom Reich Gottes, das Reichskonzepl seinen ökonomischen Charakter, indem es als wachslümlich gedacht ist. ln traditionsgeschichtlicher Perspektive läßt sich nachweisen, daß der Wachslumsgedanke an die biblische ReichsvorsteUung außerbiblische. konkret naturphilosophische Einflüsse heranträgt 98 Neben dieser historischen Frage ist aber gewissermaßen umgekehrt auch systematisch zu ermitteln, wie der Reichsgedanke innerhalb der theologischen Konzeption die Wachstumsvorstellung prägt Und hier läßt sich ein ganzes "Reichssystem" registrieren,99 in dem die Reichsökonomie den Oberbegriff bildei, der Schöpfungs· und Heilsökonomie unter sich befaßt: Jene nennt Beck das Reich Gottes als den universellen Horizont der Schöpfung, in dem diese, das Reich Christi, zur 100 Herrschaft gelangen 5011. Dies tut es bislang nur "nach seiner jetzigen geisligen Wesenheit" und noch nichl so, "daß sich an die Stelle der bloß geistigen imlem Reic!lsentwicklullg. wie sie bis dahin herrscht, das sichtba· re äußere Reichsregiment selZt". JOI Diese Herrschafl Christi, diese Christoachtung stellt allerdings nicht in Rechnung. daß hcilsgcschichlliche Theologie als eschalOlogische Amhropologie :loch das Verhältnis von gönlicher und menschlicher Beteiligung am Heilsgeschehen rdonnulieren muß. 96 So Becks Hernusgeber und Schwiegersohn J. Lindenmeyer: BECK (1886/81) LV. Er war es auch, welcher der separaten Eschatologie. materialilcr § 25 der Glaubenslehre, wenige $c:ilen aus deren § 24 (nämlich a.a.O. 11,635--6(2) voranstellte und damit eine bestimmte Interpretation nahelegte. Ich zilien: aus der Eschalologie im folgenden mil der Paginierung nur der Glaubenslehre. 97 ZOO. a.a.O. 1.395: 1I.670. Ein Eintrag "Heilsgeschichte" fehlt im Register a.8.0. 11,776. 98 Betont von HOl'FMA/liN (1975) 145.147 u.ö. 99 BECK (1886187) 11.779. 100 A.a.O. 11.636. Aa.O. 11,637 zur Unterscheidung von Reich Gones und Reich Christi. 101 Zitate 8.a.0. 1J,638.707.
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kratie geschieht im Millennium, das daher Reich Christi im prägnanten Sinne ist. lo2 Wenn es sich, durch das Jüngste Gericht hindurch, von den Christen auf die ganze Schöpfung ausgedehnt hat, wird das Reich Christi zum Reich des Vaters. 103 So ergibt sich eine sehr charakteristische vierfache Unterscheidung von Reich Gottes, Christi geistigem Reich, Christi chiliasti· schem Reich und Reich des Vaters. Auffällig daran ist, daß für Beck Reich Gottes kein eschatologischer Begriff ist, weil er mit ..Reich" überhaupt kein Gut, geschweige ein eschatologisches höchstes Gut bezeichnet. sondern im ursprünglich buchstäblichen Sinn einen Machtbereich oder ein Herrschafts· gebiet. Eschatologie beschreibt daher, wie sich solche Herrschaft vom zunächst nur geistigen Bereich (Christi geistige Herrschaft) auf den Machtbereich Gottes, die Schöpfung als den leiblichen Außenbezug des Menschen, ausdehnt. Heils- und Schöpfungsökonomie bzw. Reich Christi und Reich Gottes stehen somit für die geistige bzw. leibliche Dimension des Heils, und damit ähnelt die allmählich fortschreitende Reichsökonomie bei Beck v. Hofmanns Staffelung der Heilsgeschichte nach Person und Natur. 104 Von diesem unterscheidet Beck aber, daß er die Einheit beider nicht in der eschatologischen Parusieverheißung, sondern ausdrücklich in der Hirn· melfahrt Christi erblickt. 105 Erst für den himmlischen Christus, so zu sagen, gilt die Zweinaturenlehre. Beck setzt sich damit wie v. Hofmann von der altprotestantischen Christologie ab in Richtung auf die Kenotik; allein deren Fragestellung macht er an Jesu irdischer Erniedrigung und Erhöhung fest und bewegt sich damit in den Bahnen der Kenotik nicht des 19., sondern des 17. Jh., die zwischen Geschichte und Heilsgeschichte nicht zu differenzieren brauchte: 06 Deswegen auch kann Beck, was v. Hofmann von Christi Parusie erwartet, schon vom seit Himmelfahrt geistig in der Kirche gegen· wärtigen Christus erwarten, ja: ,.Alle Zeiten und Zeitereignisse. die seit der persönlichen Vollendung des Erlösers ablaufen, sind r...] Entwicklungen des Einen göulichen Vollendungswerkes. und sie gehören so alle der fetzten do7 So entspricht Becks vierfacher UnterZeit an oder der Voffendungszeit: 102 A.a.O. 11.639f. fUhrt ..das Reich der Heiligen auf. oder vielmehr Christi Reich in dieser Form". 103 A.a.O. [1.638.755. 104 Geist und Leib korrespondieren in den Passagen zur Parusie 8.a.0. 1I.676f. dem Reich Christi und dem Reich des Vaters a.a.0.1I.716.761. 105 Die Himmelfahrt erscheint als Einheit von Geist und Leib a.3.0. 11.497.567f. 633. 106 S. S. 93 Anm. 55. Bei BRElDERT(1977) 115.252 erscheint Beck denn auch nicht selbsl als Kenotiker. wohl aber als Lehrer zweier entschiedener KellOliker: W.F. Geß und J.F. v. Reiff. 107 BECK (1886/87) 11675. A.a.O. 11.673 bezieht er dies zwar auf .,die erste Erscheinung". führt aber mit "der Vollendung nämlich des Versöhnungswerks" (also mit Himmelfahrt) fort. Noch deutlicher ist 8.a.0. 11.668 ..die Möglichkeit einer vollkommenen Umbildung der Menschen-
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scheidung der Reichsökonomie eine vierfache Parusie Christi: Christus ist demnach anwesend in seinem historischen Eintritt in die geschöpfliche Weh, in seiner geistigen Gegenwart seil Himmelfahrt, in der Wiederkehr zum tausendjährigen Reich der Gläubigen und in der Parusie zum Jüngsten Gericht. 108 Becks Unterscheidung von Reich Christi und Reich Goltes berührt sich also mit v. Hofmanns heilsgeschichtlicher Axiomatik von Person und Natur. hebt aber in eigenständiger Weise die Himmelfahrt als Einheit beider hervor - und nicht die zukünftige Parusie. 109 Der kritische Punkt seiner Eschatologie ist damit tatsächlich das Parusieverständnis in Gestalt der (ersten und zweiten) Parusie des Inkamierten und Erhöhten. Erstere ist als Jesu Ankündigung der Zerstörung Jerusalems und als seine Hinwendung zu den Heiden der "vorbildliche Anfang"ll0 der Eschatologie nach den Seiten des Gerichts und der Gnade; zweitere führt dies in der Zeit der Kirche zu Ende. Daß die Eschata im historischen Erscheinen Jesu vorgebildet seien, demon111 striert Beck an mehreren Einzelthemen. Becks Eschatologie spitzt sich so, auch im Vergleich mit dem heilsgeschichllichen Konzept v. Hofmanns, auf den Wendepunkt von alttestamentlicher zu christlicher Geschichte zu, und das macht diese Konzeption für unsere Fragestellung nach der Wahrnehmung des Judentums interessant. b) Apokalyptik und Prophetie. Der dritte einOußreiche Vertreter der HeilsgeschichtJichen Theologie neben v. Hofmann und Beck ist der Basler Theologe CARl AUGUST AUBERLEN. der, zunächst von der Theosophie F.C. Octingers herkommend, 1854 mit einem originellen bibelhermeneutischen Werk über den Propheten Daniel und die Johannesoffenbarung pointiert Stellung in der eschatologischen Debatte bezieht. Auberlen gehl es hier um die Etablierung einer .,offenbarungsgcschichllichen'· Exegese der beiden nm ur I... J in Jesus Christus bereits f:IClisch gelöst"·. Diese Stelle ist. da die anschließende "Centr.llstellung. die Christus im Weltganzen einnimmt", nichts anderes ist als .. di~ Sulll/n8 (/~s ~rhahlen Chrisws :ur ",...JI im AlIgl'ml'inell" (a.a.O. 11,635), nicht mit liOFfMANN (1975) 297 auf das "Koml1lt!n Jesu Chrisli in der Vergangenhcil" zu beziehen. soodcrn auf Uimmelfahn. lOS UAKE (1999) 62 unlerscheidel unter der Überschrift "Das mehrfache Kommen Chrisli" .Arei verschiedene. chronologisch gestufte Parusien", weil sie die geislige Anwesenheil Chrisli in der Kirche ntehl mitzählt. zu der aber UOfFMANN (1975) 30 I mit Recht bemerkl: ,.eine vOflauftnde Gwalt der Parusit". 109 DEas. (1975) 308319 kritiSiert 8ecks Einreihung der Parusie in ein kOOlinuierltehes Gedie freilich a.a.O. 69 sagen kann: schchtn: tbenso mit fast denselben Wonen HAKE (1999) •.EnISChc:idcnd iSI das eschatcMogische Moment, lriu doch als Zielpunkl der Bcck'schcn 1bcologte klar die zukünflige Parusie Christi hervor.110 Reo: (1886181) 11,677. 111 Ilienauf wti51 zu Recht PAE (1989) 73 hin.
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Bücher. d.h. ihre Weissagungen offenbaren unmittelbar den Verlauf der Heilsgeschichte in ihrer Ausrichtung auf das messianische Ziel und sind nicht erst oder auch auf die frühjüdische Zeitgeschichte zu beziehen. lll Zur Begründung dieser Besonderheit von Da und Offb entwickelt Auberlen im grundlegenden Teil des Buches sein Konzept von Apokalyptik: Apokalyptik ist demnach Offenbarung zur Überbrückung einer offenba· rungslosen Zeit; 113 ihre Weissagungen sind daher im Vergleich zu denen der Prophetie zeitlich weiter gefächen - Auberlcn sagt "auseinandergelegt" - und deshalb überblickshafrer,114 zumal der Standpunkt des Apokalypti· kers, da in offenbarungsloser Zeit stehend, nicht der des Gottes-, sondern der des Weltreiches isr. '15 Prägnant sagt Auberlen: Was die Prophetie perspektivisch zusammenschaut, das legt die AJX)kalyptik in seine einzelnen Enlfallungen und Zeiträume auseinander. So sind bei Daniel einerseits die vier Wellmonarchieen die aJX)kalyptische Entfaltung der einen Weltmacht. welche die Propheten je nach ihrer geschichtlichen Stellung Assur oder Babel u. dgl. benannl halten; andererseits ist die messianische Weissagung des 9. Kap. nichts Anderes als die Auseinanderlegung des typischen und des antitypischen Heiles. der vorläufigen Erlösung aus dem Exil und der vollen messianischen Erlösung. welche von den Pr0pheten noch zusammengeschaut worden waren. 1I6
Im einzelnen widmet Auberlen dann besondere Sorgfalt der ihm zufolge messianischen Weissagung Da 9,24-27 und der Ankündigung der vier Weltmonarchien Da 2.7. Erstere versteht er gegen zeitgeschichtliche Deutung auf Antiochus Epiphanes nachdrücklich offenbarungsgeschichtlich als Ansage von dem Ende des Exils, dem Auftreten des Messias und der Aufrichlung des Gottesreiches am Ende der Zeiten. l17 Ebenso die zweite Wcis112 Auberlen geht es nicht um die Trennung sakraler von profaner Geschichte. da er auch die Deutung auf die Kirchengeschichte abweist und so E. W. Hengstcnberg gegcn sich hat (AUBERLEN [18541221 u.ö.). Vielmehr sieht er das Heil gerade in einer dcr Kirchengeschichte jenseitigen Geschichte verwirklichl. eben der Offenbarungsgeschichte (z.O. a.a.O. 16: ..Der ofrenbarungsge. schichtliche Ausgangspunkt"). und darum ist der Anlipode dieses .Jenseitsrealisten" niemand anders als der ..Geschichtsrealisl'· v. Hofmann (die Tennini bei Wem [19311 115)1 113 AUBERILN (1854) 21.18 mit Blick auf Daniel. den er lIufgrund 5Ciner Ablehnung zeitge. schichtlicher Auslegung an den Beginn des Exils dalien (11.11.0. 14): entsprechend rur den Seher Johannes am Ende der Aposlelzeit. 114 A.•.O. 14. 115 A.•.O. 2; vgl. ....0. 22 nebst Datierung Danieis ins babylonische Exil. Auberlen ergänzt •.LO. 26r.• daß Da ja im hebriischen Kanon nicht zu den ,,~bj' im. sondern den lnubim gehöre. 116 A.•.O. 15. 111 A.a.O. 97 ruhn Aubcrlen den jüdischen Gelehnen Abarbanel (d.i. der ~i S. 29 Anm. 58 vorgeslellte lsaac Abrabanel) zur 8eslliligung an. Gegen die Deutung der Zeilgc:schichller (.Iso v. Hofmanns) hei81 es ..a.O. 155; .Jhre Berechnung isa im Prinzip verfehlt. M
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sagung überbrückt nach Auberlen, gut apokalyptisch,1I8 die bis in seine eigene Zeit reichende Geschichte der Welthegemonien Babyion, Persien, Griechenland und Rom samt dessen Translation ins deutsche Reich. 1I9 So handelt diese Weissagung von der messianischen Zeit als Millennium: 120 ein organisiert verfaßtes Reich der Christen, das zugleich im Gegensatz zur Zeit der Weltreiche nicht bloß äußerlich ist. 12I Diese beiden exemplarischen offenbarungsgeschichtlichen Exegesen Auberlens führen im Vergleich mit v. Hofmann zu dem verblüffenden Resullat, daß er sich im ersten Beispiel schroff gegen dessen zeitgeschichtliche Exegese absetzt, im zweiten FaIJ (beim innerlich-äußerlichen Chiliasmus) dessen Konzept einer Vollendung der Natur zur Einheit mit der Person aber genau übemimml. 122 Vollends kann Auberlen von seiner Chiliasmustheorie aus eine universalgeschichtliche Skizze ansetzen, die die heilsgeschichtliche Axiomatik von Geist und Natur nun auch explizit aufgreift. Demnach slellt sich die alttestamentliche Geschichte bis zu Christus als eine Indienstnahme von Natur und Geschichte durch Gottes Offenbarungshandeln dar, während von der neutestamentlichen Zeit bis zum Millennium Christi leben zur .,Macht der Naturverklärung" wird. Das Millennium und die alttestamentliche Geschichte entsprechen sich hier komplementär, so daß "don im Geiste" geschieht, "was hier im Buchstaben und daher in nationaler Einschränkung geschah".123 So endet Auberlen, dessen offenbarungsgeschichtliehe Methode doch gerade gegen v. Hofmann entworfen war. zuletzt doch als ein Schüler der v. Hofmann'sehen Axiomatik von Person und Natur, und zwar ist die Apokalyptik dabei auf jene zu beziehen. die Prophetie aber auf 124 diese. 118 A.a.O. 236. freilich unter Hinzuziehung der neutestamentlichen Offb. 119 Die Translationstheorie galt freilich eigenllich nur bis zum Untergang des Heiligen RÖmi· schen Reiches Deut.seher Nation 1806: sie konnte aber so verstanden werden. daß Deutschland der legitime Erbe Roms sei. Für Aubcrlcn war dies unproblematisch. da sein offenbarungsgeschichtli. cher Ansatz - im Unterschied zu seinen Vorbildern J.A. Bengel und F.C. Oetinger - aur einer datierenden Ausdeutung der ZahlelUlngaben ohnehin nicht bestand (vgl. a.a.O. 85 zur Symbolik der Apokalyptik). ja deren Überwindung und die Inkaufnahme von Verzögerungen vielmehr fUr den Vor.lug der neu- gegenüber der ahtcslamentlichen Apokalyptik ansah (8.a.0. 78). 120 A.a.O. 219f. grenzt Auberlen die chiliaslische Deutung gegen die auf ChriSli Inkarnation oder Parusie ab. 121 Vgl. a.LO. 229 zur Innerlichkeit. a.a.O. 226 zur Slaatlichen Verfa.6lheit des Millennium. 122 Auch schon u.O. 98 Anm. I bemühl er ad Da 9.24ff. v. Hofmann fllr die Volksgestall des Gonesreic:hes_ 123 Zilale a.a.O. 361. 124 HILGENFELD (1851) 8 gn:ift. obwohl er Auberk:ns EAege.se.n ablehnt. dessen Vorstellung von geiSliger ApokaI}'pcik und leiblicher Prophelie auf und bildel 50 das Bindeglied zur Religtons· geschichtlichen Schule.
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Grund für diese Diskrepanz dürfte sein. daß Auberlen sein eigenes Konzept von Apokalyptik als ..Auseinanderlegung" der Prophetie selbst nicht durchhält. wenn er über die seinem Entwurf so unentbehrliche Stelle Da 9.24-27 im Widerspruch zu seiner These vom weltlichen Standpunkt des Apokalyplikers schreibt: .•Alle diese Ge,ichle [Da 2.7f. 10-121 gehen vom Standpunkt der Weltmacht aus. das unsrige (Da 91 dagegen durch und durch von dem des Bundesvolks:'12S Wir können somit festhalten, daß Auherlen gerade in seinem Widerspruch zu v. Hofmann diesem nahe ist hzw. in jenem Widerspruch sich selbst widerspricht. Allerdings weist Auberlen auf ein SachprobJem hin, daß nämlich die für die Apokalyptik angeblich kennzeichnende offenbarungslose Zeit. die Zwischenzeit, wie v. Hofmann sie genannt hätte, zwiespältig ist Heilsgeschichllich eher wirkungslos, ist sie doch die Zeit der Kirche. der die Heilsgeschichte gilt. Das Problem wird 126 uns noch beschäfligen. c) Geist und Natuf. Der Leipziger Dogmatiker CHRISTOPH ERNST LUTHARDT publiziert in dichter Folge 1855 und 1856, unmiuelbar nach Abschluß von v. Hofmanns .,Schriftbeweis". in der von diesem herausgegebenen ,,Zeitschrift für Protestantismus und Kirche" drei Aufsätze. die den Grundstock seines zwischen 1861 und 1885 in drei Aunagen veröffentlichten Sammelbandes zur Eschatologie bilden. Kirchenhistorischer Hintergrund der Veröffenllichungen ist die auf E. lrving zurückgehende Kalhelisch-AJX)Stolische Gemeinde, die in jener Zeit starken Zulauf findet. Sie triu als kirchliche Refonnbewegung auf und lehrt. nur eine Kirche in den Strukturen urchristlicher Ämter könne durch Entrückung dem kommenden Gericht entnommen werden. das dann vielmehr Israel treffe. 127 In den fünf Abhandlungen. die in Luthardts Buch die Grundlegung zu sechs einschlägigen Schriftauslegungen bilden, stellt der Autor die Eschatologie jeweils entlang demselben Grundgedanken dar. Dieser Gedanke ist der Gegensatz von Gottesreich und Weltreich. 128 Er trin mit dem baby125 AUßERILN (1854) 161. Vgl. damil a.a.O. 75 (bei S. 106 Anm. 116) in Verbindung mit l.a.O. 22 (S. 106 Anm. 115). 126 Es laOChle schon bei Bed: auf. der auS~rtthncl die Himmelfahrt als Parusie verslehen ~onnte.
127 LUihanhs einschlägige Aufsitze erscheinen auf dem Scheilelpunkt der Kalholisch· Aposlolischen Bewegung (von ihm als .JrvingianismllS·· beu;chnel). da 1855 die crslen ihrer Apostel sierben. Bezug auf die Bcv.-cgung nimml die Rede über •.manches Krwtkhafte und Un· richlige" bzw. die: .xhwännerischcn Gedanken" (LunIARDT II86t) VI bzw. OERS. (18701 VII) in den Vorwonen zur ersten und selbst noch Zv.-eilen Aunage des Sammelbandes. die 1870 ~rKheim - bt.reils nach Spaltung der Bewegung (1863) in Kalholisch·Aposlolische Gemeinde und (später sog.) Neuaposlolisc.he Kirche. 128 Grundsiu.lich CERS. (1861) 23. daneben •.•.0. 10. Hier sind Einnüsse Aubt.rIcns denkbar.
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Ionischen Exil ein: '29 Das Volk Gottes verliert sein Reich, d.h. seine organisiene Verfaßtheit als jüdisches Königtum, und ein anderes Staatswesen tritt mit hegemonialem Anspruch auf, was es unvereinbar mit der ebenso menschheitsumspannenden Reichweite des Gottesreiches macht. l30 Mit dem Weltreich kann das Gottesreich darum nur so koexistieren, daß es, wie das Christentum seit dem Neuen Testament grundsätzlich, allein auf geistige Weise, ohne organisiene Verfaßtheit als Reich besteht. lJI Eine solche kann es nicht von der Staatlichkeit weltlicher Reiche übernehmen, sondern nur von Israel, in dem das geistige Reich eine "nationale Naturbasis" besaß. 132 Eine solche geistig-natürliche Restitution des Gottesreiches wäre wegen des Gegensatzes beider notwendig das Ende des Weltreiches und damit das Eschaton. Luthardts Eschatologie läuft so zu auf das Millennium als jüdisch-christliche Einheit von geistigem Gottesreich und natürlicher VerfaBtheit desselben. 133 Darin besteht die eschatologische Bedeutung des Judentums,l34 und deswegen ist für Luthardt die Wiederherstellung und Bekehrung des in der Diaspora lebenden Israel das entscheidende Vor.leichen des Endes. 1J5 Auch wenn Luthardt den tragenden Grundgedanken hinter diesem eschatologischen Konzept nur ausnahmsweise auf prägnante Begriffe bringt, liegt er doch, wie die gegebenen Zitate zeigen, unübersehbar in der Korrelation von Geist und Natur. Sie bestand im alttestamentlichen Judentum der Königszeit als Einheit von Sinaibund und Davidsbund, wird im Neuen Testament auf den gegenwärtigen Geist reduziert und eschatologisch durch die chiliastische Einheit von christlichem Geist und jüdischer Naturbasis voll129 So a.a.O. 10; a.a.O. 23 denkl Luthardt an die Reichslcilung. ohrK: daB dies viel zur Sache läte: cs geht jeweils um den Wegfall der verfaßten Gestalt des Gottesreiches. 130 Zum. wcnigstens intenlional, menschheillichen Horizont des GOlles- wie des Wehreiches a.a.O. 10 bzw. 14f. 131 A.a.O. 19: .,Paulus hat die Kirche daher lediglich auf die Basis des Geistes Bufgebaut und in seinen Grund eingesenkt:' Vgl. a.a.O. 25: .Das iSI der Gcistesanfang des Reiches, den er lJesusl zu schaffen begehn: aber die geschichtliche Verwirklichung und Aufrichtung des Reiches ist S:Iche der Zukunft." 132 Zilat a.a.O. 18: vgl. zur ..Naturbasis'· (a.a.O. 17) als der bleibenden .,Bedeulung" Israels fUr das Christentum (a.a.O. 20). Luthardt nimmt hier viele Gedanken gegenwliniger Beilräge zum christlich-jüdischen Dialog vorweg, besonders mil seiner Ablehnung der spätcr sog. Substitutionstheorie (a.a.O. 17f. 20). 133 A.a.O. 18.25 zur Identifikation Israels als Boden des Chiliasmus, der a.a.O. 33-35 ausflihrlicher themalisien ist. 134 Z.B. a.B.O. 18.20.25.27 und der ganze Aufsalz ..Die Zukunfllsraels" (a.a.O. 106-123). 135 A.a.O. 21: ..H:lt die Vollendung der Kirche Isrnels Bekehrung urKl Wiederherstellung zur Voraussetzung, so iSI dieB also die erste weilcrführende ThBlsache, die überhaupt einzutreten hat" Vgl. a.a.O. 25.42.77.115f.
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endet. In diesem bei Luthardt fast auf jeder Seite nachweisbaren Entwurf von Heilsgeschichte entdeckt man sofort die Stufung von persönlicher Erfüllung und natürlicher Weissagung in v. Hofmanns Jugendwerk. l36 Mitunter zitiert Luthardt v. Hofmanns Schlüsselsätze der Eschatologie gerade da, wo es um ihre Bedeutung für die Wahrnehmung des Judentums gehl. So nennt er die Bibel "Denkmal der Geschichte Israels", um den israelitischen Charakter der Heilsgeschichte zu betonen: ,,zwischen Anfang und Ende Israels nun ist die Zeit und Kirche der Heiden zwischeneingeschoben" ,137 und er hält fest: "Alle andem Völker haben nur kirchengeschichIlichen Beul38 ruf, Israel ist das Volk des heilsgeschichtlichen Berufs. Freilich führt diese Betonung des jüdischen Charakters christlicher Eschatologie dazu, daß die systematische Bedeutung, welche bei v. Hofmann die Parusie Christi hat - die Einheit von Person und Natur darzustellen -, bei Luthardt eher das Millennium als Einheit von Geist und Natur übernimmt. Doch dies ändert nichts an der streng eschatologischen Ausrichtung seines Konzepts von Heilsgeschichte, da er das Millennium engstens an Christi Parusie anbindet und beide als Eschaton scharf abhebt von den Vorzeichen des Endes. 139 Auch die andere und auffallende Differenz zu v. Hofmann, daß nämlich Luthal'dt die chiliastische Einheit von Geist und Natur als Wiederherstellung des alttestamentlichen Gottesreiches erwartet. ändert nichts an der eschatologischen Ausrichtung, da Luthardt andernorts mehrere Eschatologumena als Verzukünftigung alttestamentlicher Erwartung darstellt. l40 Dies entspricht v. Hofmanns Annahme einer heilsgeschichtlichen Zwischenzeit der Kirche, der eben erst das Eschaton selbst zum Fortschreiten verhelfen kann. Auf Grund dieser weitreichenden Ubereinstimmungen wird man resümieren können, daß Luthardts Axiomatik von Geist und Natur derjenigen 141 von Person und Natur bei v. Hofmann entspricht. 136 Dies umso mehr. als LUTHARDT (1861) 77 rur das Millennium v. Hofmanns Begrifflichkeil von Person und Natur gebraucht: ..Das kann aber nichls anderes sein. als daß. nachdem die GOllesgemcinschaft des Personlebens hergestellt isl. auch das Nalurleben in dieselbe aufgenommen, d.h. also verklän werde." 137 Zitate 8.a.0. 19: das erste Zilal greif! V. HOFMANN (1857/60) 1.22 auf. 138 LlJTllARDT (1861) 120; der zweite Halbsalz ist ziticr1 aus v. HOFMANN (1857160) 1.27. 139 Diese Unterscheidung von Vorleichen und Ende selbst ist im hislori.schen KonteJL:1 gerade die arguffiCnlalive Poinle. mil der Luthardt die katholisch-aposlOlische Lehre einer Entrückun8 zum Millennium \'0' der Parusie Chrisli zum Gericht als Melabasis eis allo geoos abweis!. 140 LUTlIARDT (1882) 363.365 rur die eschatologische Mission und die Parusie. 141 Das Ergebnis der einzigen größeren wi.ssenschafllichen Unlersuchung zu Luthardl. daß seine Sozialethik im Anschluß an A. v. Harleß ".zwei Lebenssphären'" (RIESKE-BRAUN 119931 143 mil LuthanilziIBI). nämlich den religiös-sittlichen Bereich und die natürlich'geschichtlichen
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d) Rechtfertigung und Heiligung. Die zwischen 1857 und 1861 in drei Aunagen erschienenen zehn Vorträge über die letzten Dinge von HERMANN KARSTEN verstehen sich ausdrücklich als Aufnahme, aber auch Weiterführung von v, Hofmanns heilsgeschichtlichem Konzept. Laut Karsten ist Eschatologie Lehre vom Ende, und zwar vom Ende der Gnadenfrist, die GOIt zwischen der Sünde und dem ihr eigentlich zukommenden Gericht einge· schoben hat. Eschatologie handelt somit vom Gericht und lenkt zugleich die Geschichte zurück auf die gerade Bahn ohne die Störung durch Sünde und Gericht. Dieses für Karsten kennzeichnende Konzept einer Gnadenfrist markiert den theologischen Sachverhalt der Heiisgeschichte,I42 Im Einklang damit beschreibt Karsten alles Christentum als ausgespannt zwischen ge· 143 genwärtiger ReChtfertigung und zukünftiger Heiligung. Von diesem Spannungsbogen zieht Karsten eine individual- und eine universaleschatologische Linie aus, die sich entsprechen: "Wir haben also das Ende der Einzelnen und das Ende der Welt zu betrachten, doch aber so. daß wir erkennen, wie das Ende der jetzigen Weltzeit auch die Endentscheidung der Einzelnen ist". 144 Dabei oszilliert sich die Heilsgeschichte in individueller Hinsicht zwischen den Polen Geist und Körper, weil sie mit dem Tode endet und dieser als das "gewaltsame Abreißen des Geistes vom Körper" definiert ist. '45 Das Gericht bestätigt dann den Seligen die Verbindung von Geist und Leib, während die Unseligen als sündige Geister ohne Körper zurückbleiben. l46 Derselbe Gedanke strukturiert mit dem paulinischen Bild der in den Öl· baum eingepfropften Zweige (Röm 11.18fL) auch die universelle HeilsgeLebensordnungen. unlerscheide und in "harmonische[rl Teleologie" (a.a.O. 148) auf die ..Durchdringung" (ebd. u.ö.) lelZlerer mil der .,ChriSllichen Gesinnung" (a.a.O. 142: •.LuthardIS ethischer Zentralbegrirr') erslerer ziele, stützt sich genau auf Luthardls Unterscheidung von Person und Nalur: Er wolle damil in Abgrenzung von Luther ausdrücken, daß der Mensch nur als gleichartiger Teil der Natur unfrei sei, in seiner Siulichkeit aber als von Golt angeredete Person frei (a.a.O. 138). so daß die persönliche Freiheil allCh das Leben in den natürlichen Ordnungen durchdringen könllC (z.B. a.a.O. 145). - Wenn Rieske-Brnun in dieser Verhällnisbeslimmung von Person und Natur cillC ..semipelagianisierende" (a.a.O. 136 u.ö.) Tendenz ausmachl, dann m.E. deshalb, weil er ihren eschalologischen BegrUndungszusamlllCnhang nicht einbez.ieht, in dem sie. wie gezeigt. in LUlhardts ..Lehre von den letzten Dingen" steht. 142 KARSTEN (1858) 7 (Kap. I). A.a.O. VII über das Verhällnis zu v. Hofmann. 143 A.a.O. 32 (Kap. 11): "die Rechtfertigung 1... 1 iSI als göttliche Gabe vollkommen [... ]. Dagegen muß die Heiligung täglich in uns zunehmen." 144 A.a.O. 64. Dabei behandeln Kap. U1-V die Individual- und Kap. VI-X die Univemleschatologie. 145 A.a.O. 75 (Kap. 11I); a.a.O. 63f. zum Tod als Abschluß der individuellen Heilsgeschichle. 146 So rur die Unseligen a.a.O. 75 (Kap. 11I) in individual- und a.a.O. 300 (Kap. X) in universaleschalologischer Hinsicht, was dle Bedeutung des BegrilTspaarcs von Geist und Körper rtlr Karslens gan1.e Eschatologie zeigt.
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Zweiter Teil
schichte. Ihr Motor ist die Spannung von christlichem Glauben und jüdi. schem Unglauben an Christus, durch den die Christen allererst Zweige am 147 Baum der Geschichte Israels werden. Dementsprechend lenkt die Parusie als universelles Ende die Geschichte wieder in israelitische Bahnen, d.h. sie mündet in "ein einiges seliges, christliches Israel" ,148 das während lausend Jahren das verklärte ,)erusalem und das heilige Land" beherrscht. Dieses Millennium wird in seiner Verklärtheit als "geistleibliches Dasein" beschrieben, und auch diese Verbindung von Geist und Leib kann Karsten mit 149 dem paulinischen Ölbaumgleichnis illustrieren. In der phasenweisen Zuordnung von Rechtfertigung und Heiligung, individualeschatologisch als Ergänzung des Geistes durch den Körper, universaleschatologisch als organische Eingliederung der Christen in das jüdische Volk, erkennt man unschwer v. Hofmanns Begriffspaar von Person und Natur wieder. Die Vorstellung, daß Heilsgeschichte die Einspeisung der Heiden in Israels Geschichte sei, ist in v. Hofmanns Qualifikation der Heilsgeschichte als israelitischer Geschichte stets präsent. Wie v. Hofmann spricht Karsten von einem goumenschlichen Personleben des wiederkehrenden Christus als dem eigentlichen Ende, in dem beide Seiten vereinigt sind. Freilich lassen sich auch Unterschiede nicht übersehen, so bei Kar· stens stärkerer Betonung der Individualeschatologie. Vor allem aber lenkt Karstens Kerngedanke, daß die Heilsgeschichte Gnadenfrist sei, den Blick genau auf die Zeit der Kirche, die v. Hofmann als heilsgeschichtlichen Stillstand eher auszuklammern scheint. Man kann somit festhalten, daß trotz einiger Verschiebungen v. Hofmanns Axiomatik von Person und Natur bei Karsten in den Termini Rechtfertigung und Heiligung zur Geltung kommt. e) Unendlichkeit und Endlichkeit. 1866 erscheint in Rostock eine Vortragsserie zur Eschatologie aus der Feder des Pfarrers WILHELM FLOERKE. Sein Grundgedanke, dargelegt im ersten Abschnitt. ist. einen Zentralsalz lutherischer Christologie auf die Eschatologie anzuwenden: finitum capax infinili.l~ Die zweiten bis vierten Abschnitte handeln von der stufenweisen 147 A.a.O. 239f. (Kap. IX). 148 Wohl nur hier (9.a.0. 248) wird der Israellitel (auch) auf die Chrislen IIUS den Heiden bezogen. a.a.O. 198.242f. und selbst 3.a.0. 258.....'0 vom •.Israel GOllcs" die Rede iSI. denkl Karsten an das Volk Israel in seiner esch31OIogischen Bekehrung zum Chrislentum. 149 Zitale a.a.O. 258.253. Das Ölbaumgleiehnis wird a.8.0. 240 rur die historische Entsle· hungssituation des Christentums. 3.3.0. 198.202.248 dagegen eschatologisch herangezogen. 150 FLOF.RKF. (1866) 8 (Kap. I): "Wir sehen uns hier an die Frage gestell!: ob das Endliche des Unendlichen flihig sei ooer nicht? und finden auch hier die rechle Anlwon nur bei der lutherischen Kirche. [... 1 das reehte Ja. welches zuent ein Nein iSI. und dann ent zum Ja wird. [... 1 Diese wirkliche Einwohnung Goues 1... 1 ist nun aber auch der Punkl grade. von dem aus der Begriff der letzten Dinge im engem Sinne sieh erbaut:'
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Durchsetzung der in dieser Formel ausgedrückten Einheit von Gott und Mensch: zunächst individuell im einzelnen Menschen, dann in der ge· schichtlichen Weh der Menschheit und schließlich auch im außergeschieht. 151 lichen und außermenschlichen Universum. Floerkes Eschatologie legt somit schon dem Aufriß nach den Akzent auf die AlImählichkeit, mit der das Unendliche in das Endliche Eingang findet. Realisiert ist die Einheit beider nur erst in Christus, und deswegen kann die Eschatologie für F10erke nicht vom verewigten Endlichen aus entfaltet werden, sondern nur vom erlösenden Christus,152 und zwar als die allmähliche Befahigung der Endlichkeit für die Unendlichkeit. Dieser Grundgedanke erinnert an v. Hofmanns Konzept einer durch die Parusie begründeten, allmählichen Befahigung der Natur zur Gemeinschaft mit der Person. Bei Floerke erscheint auf dieser Grundlage als Thema der lndividualeschalOlogie der Zwischenzustand, den er als geistlichen Tod infolge der Erbsünde versteht. Christus als der Gekreuzigte nun befreit von Sünde und muß diese Befreiung den geistlich Toten mitteilen, und deswegen ist seine Ha· desfahrt der Beginn seiner triumphalen Erhöhung. 153 Deswegen auch ist für die Christen der leibliche Tod Durchgang zur Erlösung, die Befahigung des Leibes zur Ewigkeit: ..Nur in diesen Stäublein ist noch der Leib da, (... ] in diesen Stäublein grade muß also der Hades zu Schanden werden, in diesen Stäublein grade der Herr eine unentreißbare Beute haben: dS4 - Die Ge· schichtseschatologie der sog. Vorzeichen des Endes stellt in toto solche Be· fahigung dar, indem sie alle menschliche Geschichte auf das Eschaton als ihren einzigen Zweck ausrichtet. 155 Inhaltlich heißt das: Die aus der Johannesoffenbarung entnommenen Vorzeichen des Endes, also die Logien von einer vorHiufigen Machtstellung, doch letztlichen Vernichtung der Kirche. bedeuten ihre Vollendung. machen ihre geschichtliche Gestalt überhaupt erst fahig der ewigen Herrlichkeit. 156 151 Aa.D.9 mit der Gliederung ..zunächst"· - ..zweitens·· - ..driUens··. der die Folge der Kap. 11. 111. IV entsprichl. 152 A.a.D. 9: •.Also nicht von der Kirche. sondem vom Heml aus enl~teht der Begriff der letzten Dinge:' A.a.Q. 75: ..Nicht die Weh mil ihrer Elllwicklung. sondern der Herr fllhn solehen ISC'. Jüngsten) Tag herbei". 153 Aa.D. 19 kann ..der Eingang in den Hades daher auch nur Sieg und Herrlichkeitsoffenbarung sein". 154 A.a.D. 26 (Kap. 11). 155 Für die Geschichle ist der jüngste Tag •.freilich noch keineswegs ihr niichster und ausschließlicher"' Zweck: erst in der Periode der Vorzeichen werden .,alle ihre Entwicklungspunktc nicht mehr durch ihre eignen. sondern durch die direkten Zwecke des jüngsten Tages bedingt werden" (a.a.D. 32(, 33f. IKllp. 1111). 156 Aa.D. 55(, (Kap. 111).
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Zweiter Teil
Wird allerdings so alle Geschichte gänzlich auf das Eschaton ausgerichl57 Mit tet, dann geht bei seinem Eintreffen auch alle Geschichte in ihm aur. diesem Argument verwirft Floerke das Millennium als eine unmögliche ..noch diesseitige Entwicklung und diesseitige Kirchengeschichte [, .. J, während es anderseits doch zwischen der Wiederkehr und dem Weltgerichte seinen Platz haben soll",m Befahigung des Endlichen für das Ewige heißt ihm vielmehr jenseitige Geschichte, Transfer der Geschichte ins Jen· seits: Die .,drei Gnmdordnungen" Ehe, Staat und Kirche bestehen fort, dienen aber ausschließlich Gottes Gebot für die Wiedergeborenen,I59 Die Toten erstehen vom Säugling bis zum Greis mit einem Leib im besten "Manl60 nesalter"; die Tiere werden, "was heute Märchen ist", sprechen können. Über die Parusie liest man, gewissermaßen im Schlußakkord des Buches: "der am jüngsten Tage Erscheinende, [sic!] ist der von uns Verkündete, der lutherische wirkliche Gott und Mensch in einer Person", 161 Auch die lutherische Konfession wird demnach als solche verherrlicht! Bei genauerern Hinsehen zeigt sich tatsächlich, daß in allen vier Kapiteln der systematische Akzent auf lutherischen Eigenheiten ruht: Gewiß is( schon das finitum capax infinit i eine lutherische Spezialität; ebenso wird die Individualeschatologie mit der siegreichen Hadesfahrt Christi lutherisch gegen deren reformierte Deutung als tiefster Erniedrigung Christi interpre· tiert,'62 Die Vorzeichen des Endes als eigenständige Periode der eschatologischen Zweckausrichtung werden gegen unmittelbar eschatologische Ausdeutung der Geschichte bei Baptisten und "lrvingianem" abgesetzt. 16J Schließlich gilt F10erke im Schlußabschnitt seines Buches der Chiliasmus als reformierte Sittenüberspannung,l64 157 So gebe es mit der Parusie ,.kein chronologisches. sondern nur ein sachliches Nacheinander"' (a.a.O. 72: Hervorhebungen aufgehoben). 158 A.a.O. 66 (Kap. IV) nebst der Feststellung, Chiliasmus sei seinem Wesen nach immer Prämillenniarismus. 159 A.a.O. % (Zitat) sowie a.a.O. 108 zur Überhöhung der beiden ersten Bräuche des Gesetzes durch den usus in renalis. Aoer\:e ergänzt a.a.O. 97, daß die unterschiedliehen Herrlichkeitsgrade innerhalb der allen gleiehen Seligkeit durch die Verschiedenheit der ...höhern ßeamtung" in der Ewigkeit ausgedrückt würden. 160 Zitate 3.a.0. 83.93 (heide Kap. IV). 161 A.a.O. 110 (Kap. IV). 162 Vgl. die Abgrenzungen a.&.O. 8 bzw. &.a.O. 19. 163 A.a.O. 33. Bei den endgeschichtliehen Vorzeichen treibt F10erkes Einzelauslegung zudem besonders konfessionalistische Blüten. Demnach sind die Judäer unter den 144.000 Versiegelten aus Offb 7.4 die lutherische Kirche (a.a.O. 44). Das irenische Laodieea aus Offb 3.14ff. steht für die Kirche der altpreußischen Union (a.3.0. 57). Der Antichrist schließlich wird vorn Katholizismus verkörpert (a.8.0. 6O.63f.). 164 A.a.O. 75.
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Floerkes systematische Schwierigkeit wird aus dem Vergleich mit v. Hofmann ersichtlich. Der Ansatz einer Befahigung des Endlichen zum Unendlichen ähnelt zwar v. Hofmanns Konzept von Natur und Person, doch legt Floerke die Naturseite mehr und mehr auf das gegebene Luthertum fest, so daß jede echte Erwartung von etwas Neuem für sie ausfällt. Floerke halbiert so das heilsgeschichtliche Konzept gewissermaßen. Gerade darum aber muß diese eigenartige Zwiuergestalt von Eschatologie im Zusammenhang der Heilsgeschichtlichen TheOlogie verstanden werden - nämlich als konfessionell restaurative Polemik dagegen. f) Seele und Leib. Im Jahre 1886 veröffentlicht der Präsident des mecklenburgischen Oberkirchenrates, THEODOR KLiEFOTH, als sein Alterswerk eine "Christliche Eschatologie". Kliefoth begreift Eschatologie grundsätzlich antiprogressiv. Jede Entwicklung zum vollendeten Heil stößt in der Sünde auf eine unübersteigbare Schranke. und deswegen kann Eschatologie keine Entwicklung, sondern nur Gottes sprunghaftes Eingreifen lehren, das die Schranke aufhebt 165 und so die Eschatologie in zwei Hälften teilt, nämlich die Vorbereitung des Endes und das Ende selbst. Die "Markscheide" zwischen beiden ist die Parusie Christi als "Mittelpunkt der die Vollendung schaffenden Gottesthaten".I66 Daß solch "unnatürliche Sprünge"167 notwendig sind, bemerkt Kliefoth schon zu Beginn seiner materialen Durchführung bei der Lehre vom Tode. Da die Seele nach dem Tode, der sie vom Leibe trennt, keiner Tätigkeit oder Veränderung fahig ist,l68 wäre ihr Zwischenzusland nach dem Tode identisch mit dem eschatologischen Gericht über sie,l69 wenn nicht Gott den berufenen Seelen die im Tode noch anhaftende Sünde abnehmen oder die unberufenen Seelen nachträglich zum Glauben benlfen könnte. no Diese eschatologischen Wunder vollziehen sich zufolge Kliefoth mit Christi Parusie als dem Zentralwunder. Dadurch erklärt sich, daß Kliefoths 165 KLlEFQTH (1886) 4.5 (§ I): •.AlIe diese die Vollendung verhindernden Dinge 1... 1 hebl keine Enlwickelung auf:' - •.Demnach werden wir neue Goltesthalen erwarten müssen". 166 Zitate a.a.O. 226.26: überhaupt a.a.O. 26f. (§ 4) und das Inhallsverzcichnis zur Zweiteilung der Eschatologie nach Vorbereitungen des Endes (U 5-18: Zwischenzustaod IU 6-121 und Vorl.eichen des Endes IU 13-18]) und Ende selbst (U 19-26: als Parusie IU 20-241 und Ewigkeill§§ 25-261). 167 A.a.O. 86. 168 Dies ist Klicfolhs Ergebnis zur Frage nach der Unsterblichkeit der Seele (§ 6). 169 Dagegen a.a.O. 74: ..Es wird zwischen dem über jeden Menschen bei seinem Ableben ergehenden Gerichl und dem Endgericht der Parusie ein Unterschied stall finden mUssen:' Diese Unlerscheidung ist Them.1 des § 7. 170 A.a.O. 86 zur sprunghaften EnlsUndigung und a.8.0. 111f. zur Nachberufung. Der Unttrschied von berufenem und unberufenem Zwischcnzustand iSI Thema der §§ 10 bzw. 11.
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gesamte Eschatologie um die Parusie Christi zum Gericht strukturiert ist in streng korrespondierender Zweiteilung von Partikular- und Universalgericht: Jenes gehört zur Vorbereitung des Endes und ergeht im Tode; 171 dieses gehört zum Ende selbst und ergeht bei der Parusie. Jenes betrifft die Rechtfertigung und richtet nach dem Glauben; dieses betrifft die Heiligung und richtet nach den Werken. Jenes wird logisch ermöglicht durch den Zwischenzustand. der bloß das Urteil über die Berufenen zu konservieren bzw. rur die Unberufenen nachzuholen hat: dieses wird logisch ermöglicht durch die Auferstehung Aller. Jenes vollzieht sich an der Seele; dieses vollzieht sich am Leibe. Jenes mißt die unteilbare Seligkeit bzw. Unseligkeit zu; dieses teih als Binnendifferenzierung davon Grade der Herrlichkeit bzw. Verdammnis aus. 172 Bei Kliefoth scheint solch strenge Symmetrie ein völlig anderes Konstmktionsprinzip als der heilsgeschichtliche Entwurf einer allmählichen Vollendung der Natur VOnluszusetzen. Doch die Symmetrie ist keineswegs so slreng. 113 Das ergibt sich schon aus Kliefoths Grundgedanken: Wenn Eschatologie aufgrund der Sünde keine Entwicklung lehrt. sondern gerade die Aufhebung der Schranke solcher Entwicklung. dann ermöglicht sie, indem Gottes Wunder deren Schranke aufhebt, zugleich Entwicklung; eine Entwicklung, die freilich in eben dem Augenblick, wo sie möglich wird, auch schon wirklich ist. weil durch Gottes Wunder ihre Schranke ja aufgehoben iSI. Kliefoths Eschatologie lehrt also, pointiert gesprochen. zwar entschieden wegen Gottes Eingreifens keine Entwicklung zum Heil. wohl aber wegen desselben Gaues Eingreifens eine Entwicklung des Heils. Der Entwicklungsgedanke wird damit nicht schlechthin aufgegeben, sondern auf eine höhere Ebene gehoben. Auf ihr kehren die Spezifika der Heilsgeschichtlichen Theologie wieder. Die Ewigkeit fügt die leibliche Seite des Menschen mit der seelischen zusammen, sie erstattet zur Seligkeit die Herrlichkeit: Mit alldem denkt Kliefoth die Ewigkeit als Einheit von Person und Natur, analog zum Chiliasmus der Heilsgeschichtlichen Theologie, denn wie dieser sieht er die Ewigkeit als Erfüllung der an Israel ergangenen 174 Verheißungen und spricht Israel einen Ehrenprimal zu, weil es die völki111 A.a.O. 75. KliefOlh nennl das Gerichl im Tode hier auch ein ••Vorgerichf'. 172 A.a.O. 287. 173 Auf Asymmelrien macht auch HJElDE (1987) 192 aufmen:sam: Der erste Teil ist nach dem Schema von IndiYidual· und UniYersalesc:hatologie lInlerglieden. der zweite nach dem von Heil lind Unheil. 174 KUEfOTtI (1886) 190.344f. mit Verweis auf § 16 (WKlerlegung des Chiliasmus). wo es La.O. 162 hieB: ..diese Weissagung muB ih~ Erlüllung finden. so ",,"Cit sie sie nicht schon gefunden bat. und zwar n'alilcr und yoll".
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sehe, ja raumzeitliche Struktur der Ewigkeit, eben der neuen Erde, vorgegeben habe. Kliefoths Eschatologie muß somit im Zusammenhang mit dem Konzept v. Hofmanns gesehen werden. Daß er diesen wohl mit der Kritik an "der jetzt beliebten lsraelolatrie" im Auge hat 115 und auf annähemd fünfzig Seilen den Chiliasmus in Bausch und Bogen verwirft, gibt Kliefoths Enlwurf kaum eigene Konsistenz, denn sein entscheidendes Argument gegen den Chiliasmus: daß er ein ,,Zwitterding" sei, welches den ,.Grundfehler'· begehe, "zweimalige Parusie" und "doppehe Auferstehung" anzunehmen,176 überzeugt wenig in einem Konzept, das ganz auf Doppelungen und Zweiteilungen gebaut ist. Während nämlich bei v. Hofmann die Pointe der Axiomatik von Person und Natur inhaltlich auf ihrer Verklärung zur Einheit im Christus der Parusie liegt, wendet Kliefoth die entsprechenden Begrifflichkeiten mechanisch als Formprinzip an. Während die Heilsgeschichtliche Theologie Unseligkeil gerade nicht als bloß negativ gespiegelte Form der Einheit von Person und Natur, sondern als deren Verfehlung denkt, ist sie für Kliefoth das exakte Spiegelbild zur Seligkeil. 177 Die eigentliche Absicht der heilsgeschichtlichen Eschatologie, daß sie auf die Herrlichkeit Christi und die Neuschöpfung der Welt zieh, kann Kliefoth daher nicht ausdrücken. Seine Eschatologie wirkt trotz ihres anschaulichen Materialreichtums wie ein vom Inhalt abgelöstes fonnales Konstrukt, das ohne den abgrenzenden Bezug auf die Heilsgeschichtliche Theologie kaum verständlich wäre. Auch Kliefoths Eschatologie ist daher, wie diejenige Aoerkes, im Zusammenhang der Heilsgeschichllichen Theologie zu sehen. 118 Das hier zusammengetragene Material erlaubt ein Fazit: v. Hofmann strukturiert die Eschatologie im Ausgang von der Parusie mit Hilfe der Axiomatik von Person und Natur als allmähliche, stufenweise Vollendung des Weltverhällnisses (Natur) zu seiner Einheit mit dem Gottesverhältnis (Person). Diese Axiomatik findet sich in mehr oder weniger abgewandelter Form auch bei Beck, Auberlen, Luthardl, Karsten, Floerke und Kliefoth. Zudem bestehen zwischen den genannten Theologen auch kirchengeschichtliehe Beziehungen, die mehr sind als untergründige Strömungen, deren Aufspüren den wissenschaftlichen Wert von Wünschelrulengängen 175 Zilat a.a.O. 346, dort auch. mit Yielen Bedenken. zum eyentuellen Vorzug ISflleiS. 176 Zitate 3.3.0. 190.189.189.189. 177 Y. Uofmanns und Karslens Poinle im Umgang mit dem Problem der ewigen Verdammnis ist dagegen. dnß die Unseligen als Geister ohne Körper (s. S. 94 Anm. 62 bzw. S. 111 Anm. 146) weder seJbslleiden noch jemandem Leid anlun können. 178 WEBER (1955/62) 11,738 Anm. 3 7.ähh Kliefoth zur Heilsgeschichtlichen Theologie.
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hätte. Vielmehr ergibt sich durch sie auf der theologiegeschichl1ichen Landkarte so etwas wie eine Topographie heilsgeschichtlicher Eschatologie mit dem fränkischen Stamm der Erlanger v. Hofmann und Luthardt sowie einem alemannischen (Beck, Auberlen) und einem mecklenburgischen Zweig (Karsten, F1oerke, Kliefoth),179 die sich jedenfalls tendenziell in der Handhabung der gemeinsamen Axiomatik von Person und Natur unterscheiden. Hatte v. Hofmann daraus das Theorem einer heilsgeschichtlich fortschrittslosen Gegenwart abgeleitet, so akzentuierten Beck und Auberlen diese als Zeit der Kirche. was die Bedeutung des Chiliasmus als spezieller Hoffnungsgestalt für die Kirche erhöhte. Solche Argumentation (etwa auch bei Luthardt) ruft aber die antichiliastischen Mecklenburger Floerke und Kliefoth mit einer amtskirchlich geprägten Restaurationseschatologie auf den Plan. Der Chiliasmus markiert so die inhärenten Probleme der eschatologischen Axiomatik von Person und Natur. denn das Millennium ist eine Durchdringung der Dimensionen von Person und Natur, die daher zwischen alttestamentlichen Konturen und der christlichen Bekehrung Israels schwankt. Dies zeigt schon. daß die chiliastische Eschatologie der HeilsgeschichtJichen TheOlogie bedeutsam ist für die Frage, wie evangelische Theologie das Judentum wahrnimmt.
1.2. Implikationen für die Wahrnehmung des Judentums I. Alllestamentliches lind endzeitliches Judentum. Schon ein flÜChtiger Blick auf die Autoren der Heilsgeschichtlichen Theologie zeigt. daß das Judentum in ihrem eschatologischen Denken eine wichtige Rolle spielt. Zum einen wird die erwartete Verheißung mit begrifflichem und anschaulichem Material aus dem Alten Testament beschrieben, zum anderen hat der Chiliasmus als eine jüdische Eschatologietradition maßgebliches Gewicht, denn die Hoffnungsgestalt der Kirche wird in der Heilsgeschichtlichen Theologie durch das Millennium verkörpert. Beides zeigt sehr deutlich Luthardt, der den Chiliasmus geradezu definiert als das Auftragen geistigen Kirchenturns auf ein israelitisches Trägennaterial. Doch auch bei den übrigen Autoren ist deutlich, wie sie sich speziell für das Alte Testament und den Chiliasmus interessieren. Dabei wird für das Eschaton gewissennaßen angenommen, der christliche Glaube werde mit seiner aluestamentlichjüdischen Gestalt zusammenwachsen, so daß eschatologisch zur Deckung kommt, was geschichtlich getrennt war. Die neutestamentliche Weissagung 179 Späler lrill noch ein baltischer Zweig hinzu (5. Kap. V.2.2. hier S. 253-255).
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ist keine andere als die alttestamentliche Zukunftserwartung, Israel ist die Zukunft der Kirche. Deswegen steht zum einen mit den Verheißungen des Alten Testaments die eschatologische Verheißung immer gleich mit zur Debatte, deswegen wird zum anderen mit dem Chiliasmus notwendig auch die Frage einer christlichen Bekehrung Israels zum Thema. Letzteres zeigt sich daran, daß Chiliasmus nicht ohne Bekehrung Israels und diese nicht gegen jenen vertreten werden kann; man vergleiche etwa Kliefoth mit den übrigen Genannten. Ersteres war besonders gut bei Auberlen zu beobachten, der ursprünglich gegen v. Hofmann für die rein eschatologische Deutung alttestamentlicher Verheißung eintrat, ihm letztlich aber doch in einer Korrespondenz von zeitgeschichtlicher und eschatologischer Interpretation beipflichten mußte. Beides zeigt sich deutlich auch bei v. Hofmann. Wenn er in seinem Jugendwerk in neuartiger Weise mit einer offenen neutestamentlichen Weissagung schließt, ist diese sachlich alttestamentliche Erwartung, da sie ja dem mit dem Neuen Testament gegebenen wahrhaftigen Gottesverhältnis (Person) das rechte Wehverhähnis hinzufügt, also die Ver· klärung der Natur, die eben schon Gegenstand alttestamentlicher Erwartung war. l80 Für v. Hofmann ergibt sich eine protologisch-eschatologische Klammer um die Geschichte also schon aus seiner axiomatischen Begrifflichkeit von Person und Natur. Die Ansicht, daß Anfang und Ende sich entsprechen, ist in christlichem Geschichtsdenken freilich nichts Außergewöhnliches, charakteristisch für die Heilsgeschichtliche Theologie ist aber, daß Anfang und Ende beide auf Israel und das Judentum konzentriert sind. So sind durchweg schon aufgrund der Axiomatik von Person und Natur das Judentum der alttestamentlichen Zeit und das Israel des Eschaton die beiden Brennpunkte heilsgeschichllichen Interesses am Judentum. Man muß nun aber sogleich die Beobachtung anschließen: Mit ebensolcher Ubereinslimmung wird ein Judentum anderer Epochen aus der Betrachtung ausgeblendet. Das ergibt sich aus der heilsgeschichtlichem Denken zugrundeliegenden Axiomatik ebenso klar wie andererseits die Fokussierung auf früh- und endzeitliches Judentum. Demnach ist ja das Alte Testament die Zeit natürlicher Erwartung, das Neue Testament die Zeit persönlicher Erftillung und das Eschaton die Zeit auch natürlicher Erfüllung. Die Zeit zwischen Christi historischem Auftreten und seinem zukünftig er· homen Kommen ist dann, heilsgeschichtlich betrachtet, ohne escha180 So auch BECKMANN (2002) 293. womit dessen BehauplUng. bei v. Hofmann weise das Alte Testament nur auf den .,Anfang des Endes". ,,nichi wie das NT auf das Ende selbsr· (a.a.O. 285), in Spannung steh!. Angemessener scheinl mir. das Problem nicht bei der Zukunfl.scrwanung des Alten Testamenls, sondern bei v. Hofmanns Ausdruck .,Anfang des Endes" zu suchen.
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tologischen Wen, und tatsächlich war zu beobachten, daß v. Hofmann diesen Schluß ausdrücklich zieht. 181 Also gibt es in der gesamten Geschichte. die vom heilsgeschichtlichen Standpunkt aus ja eine allmähliche Vollen· dung der Natur ist, eine genau abgrenzbare Zeit zwischen Christi erstem und zweitem Kommen, die zu dieser Verklärung nichts beiträgt. Das ist umso überraschender, als derselbe v. Hofmann ausdrücklich festhält, die ganze Geschichte sei israelitische Geschichte,l82 ja in ihrem israelitischen Gepräge bestehe ihr heilsgeschichtlicher Charakter. Noch deutlicher wird das Problem bei Karsten: Aus der Entsprechung zwischen jüdischer Frühzeit und israelförmjger Eschatologie ergibt sich bei ihm, daß die fragliche Zeit zwischen Christi historischem Auftreten und seiner Parusie nur ein heidengeschichtlicher Einschub in die Israelgeschichte ist, aus der jene entspringt und in die sie dereinst wieder mündet. 183 Nicht anders verhält es sich bei Beck und Auberlen. Sie sind trotz ihrer Übereinstimmung mit v. Hofmanns Axiomatik zwar gerade an der fraglichen Zwischenzeit interessien, aber eben als einer Zeit der Kirche. Gewiß ist es in der christlichen Eschatologie zumal dieser Epoche nicht so ungewöhnlich, daß eine fremde, die jüdische Tradition nicht ins Blickfeld gerät, so daß man hieraus allein nicht wohl schon einen Einwand gegen deran'ige Eschatologie entnehmen kann. I84 Gleichzeitig wird aber ja in der Heilsgeschichtlichen Theologie die gesamte Geschichte in ihrer christlichheilsgeschichtlichen Prägung als israelitische behauptet, und dies ist nun ein ernsthafter Widerspruch, der in der heilsgeschichtlichen Konzeption selbst angelegt ist. Denn einerseits werden klar jüdische von nichtjüdischen Epochen getrennt, andererseits wird für die Geschichte Stetigkeit reklamiert. Einerseits fühn die Axiomatik von Person und Natur zu einer klaren Stufung der Geschichte. andererseits beschreibt sie eine allmähliche Verklä· rung der Natur zu ihrer Einheit mit der Person. m Die Axiomatik von Person und Natur ist also in sich "nk/ar; denll Swjimg und Stetigkeit des Gesclliclltsmecllanismlls von Person und Nalllr schließen einander alls. Diese BegrifOichkeit. die wir bislang nur rekonstruien und in ihren Funktionen 181 S. S. 94 Anm. 59. 182 v. HOFMANN (1857/60) 1.26f. 183 KARSTEN (1858) 239f. (s. S. 112 Anm. 147). 184 Besonders BECKMANN (2002) 325.328.336 kritisien die evangelische Theologie des 19. Jh. immer wieder daHir. daß sie in der Eschalologie dem •.nachchristlichen Judentum" keine produktive. d.h. krilische Funktion am ..kirchlichen Slalus quo" einräumt. Freilich kann solcher Wunsch nach Kritik auch vom christlichen Unbehagen an Kirche beslimnll sein. wie umgckehn Produktivitäl sich nicht in Kritik erschöpft. 185 Ein ähnliches Problem konstatien auch BEHR (1995) 106.
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analysiert haben, muß darum nun nochmals einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. 2. Der historische Jesus lind der Christlls der Parusie. Diese kritische Betrachtung führt ZU folgender Problembeschreibwlg: Der Terminus "Person" bezeichnet bei v. Hofmann das Gouesverhältnis, das ein Mensch, aber auch Gott selbst 186 haI. Das Weltverhältnis nennt er im Unterschied dazu ,.Natur". Demnach zielt die heilsgeschichtliche Axiomatik, indem sie auf die Parusie orientiert ist, auf die Einheit von Goues- und Weltverhältnis. Diese ist so, wie sie sich geschichtlich vorfindet, gestört, denn zum einen iSI die Heilsgeschichtliche Theologie darin dem aufklärerischen Denken und der allgemeinen Hinwendung zur Geschichte verpflichtet, daß für sie ein unmiuelbares Gottesverhältnis nicht erschwinglich ist. Zum anderen kann das Weltverhältnis aufgrund der Sünde auch nicht Träger eines vermiuelten Gottesverhähnisses sein. Problematisch ist also, wie die Natur Träger der Person sein kann; und diese heilsgeschichtliche Fragestellung kehrt die frühere Denkrichtung um, in der die Person Träger der Natur war. Die Heilsgeschichtliche Theologie handelt also davon, unter welchen Umständen das Weltverhältnis dem Menschen ein Gottesverhältnis vermitteln kann. wie also die sündige Korruption der Menschenwelt behoben werden kann. Der Mensch, der GOIt in der Welt nicht finden kann, weil er die Welt und sich mit ihr immer wieder zu GOll machl, erfahrt eine Veränderung, die ihn zur Gemeinschaft mit Gott befähigt; das ist gemeint, wenn die Heilsgeschichtliche Theologie von einer Verwandlung der Natur spricht. Wenn sie dabei aber Christi Kreuzestod im Gegenzug zur sündigen Korruption der Natur als eine. allgemein gesprochen, Veränderung der Natur auffaßt. so daß diese der Gemeinschaft mit GOll nicht mehr entgegensiehtwas. so lautet die entscheidende Frage, was fehlt dann noch zur Einheit von Welt- und Gottesverhältnis? Ist die Einheit von Person und Natur dann nic/ll mit Christi historischem Au/treten gegeben lind die Erwarwng einer Pamsie schlicht über/lüssig?181 Dieses Problem bedarf einer Klärung, da sonst die von den beiden Daten des hislorischen und des zukünftigen 186
v. BOFMANN (I 857/fIJ) 1.36 erwähnt eine immanent-trinitarische Gleichpersöntichkeil des
Gcisles mit Jesus. 187 Bereits bei S. 92 Anm. 54 wurde darauf hingcwiesen. daß v. Hofmann die Versöhnung zwar als Gutmachung der sündigen Natur begreift. gleichwohl aber das Christentum vorbehaltlich des die Ntllur vcrklärenden Eschaton auf die Perso/l gründet: ebenso 1..8. Luthardt, der es auf dem Geist ruhen sicht (s. S. 109 Anm. 131). KUEFOTIIS Gliederung der Eschatologie verrul ein ähnliches Problem, weil cr von seinem eschatologischen Ansatz bei GOlles wunden3tigem Eingreifen 'Ion der Parusie Christi ausgehl. daneben aber auch die Vorzeichen durch ihre Wunderhaftigkeit begründen will (DOS. [18861 139f.).
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Kommens Christi eingegrenzte Zeit der Kirche unversehens in den Mittelpunkt der Eschatologie rückt und die Hoffnung sich dann nur noch auf den Fortbestand der Kirche richtet. Für dieses Problem zwischen erstem und zweitem Kommen Christi sind zwei LösLlflgsvorsc:hJäge denkbar, die jedoch beide wieder bestimmte Schwierigkeiten der Heilsgeschichtlichen Theologie aufdecken. Das Verhältnis zwischen Christi historischem Auftreten und seiner erhofften Parusie läßt sich zum einen als dasjenige von Ermöglichung und Verwirklichung des Eschaton beschreiben, dabei aber verliert die Geschichte ihr durchgehend israelitisches Gepräge, von dem ja die Heilsgeschichtliche Theologie ausgegangen war. Zum anderen kann man den historischen Jesus dem Parusiechristus zuordnen wie Individual- zu Universaleschatologie, dies aber widerspricht dem heilsgeschichtlichen Grundgedanken, daß das Individuum Christus die Menschheit Gottes sei, m.a.W. hier wird das Problem spürbar, daß in der Begrifflichkeit von Person und Natur (als Gottesund Weltverhältnis) das Verhältnis von Individualität und Menschheitlichkeit ungeklärt ist. - Beide Fälle seien kurz erläutert: Für die erste Lösung ermöglicht der historische Jesus den Menschen, Gott in der Welt zu finden, also ein naturvermitteIles Gonesverhältnis zu erlangen, was der Parusiechristus dann verwirkliche. Da v. Hofmann aber durch den Ansatz bei der Wiedergeburt auch schon eine geschichtliche Verwirklichung annimmt, wäre diese Lösung nur im Sinne einer allmählichen und prozessualen Verwirklichung denkbar. Gerade so löst sie freilich das Problem von Stufung und Stetigkeit der Geschichte: Sie wird dann mit der grundsätzlichen Befähigung der Natur zur Gottesgemeinschaft durch Christi Tod auf die höhere Stufe einer christlichen Geschichte geführt, die sich dann wie eine Rolltreppe - gestuft, aber stetig - der immer höheren Vervollkommnung zu bewegt. 188 - Tatsächlich ist diese Anschauung in der Heilsgeschichtlichen Theologie nachzuweisen. Die Höherentwicklung der christlichen Geschichte ist im Millennium verkörpert. Die Verbindung dieser Entwicklung mit ihrer vorigen Stufe kommt zum Ausdruck, wenn Christus in seinem historischen Auftreten als Ende und darin zugleich Wende der Geschichte verstanden wird. Mit ihm beginnt dann eine neue, eine höhere Geschichte. Die frühere Geschichte verblaßI demgegenüber allerdings zur Vorgeschichte. Auf Judentum und Christentum bezogen heißt das, die christliche Geschichte ist keine israelitisch geprägte mehr wie ihre alttesta188 Ein komplementäres Problem der zeitgleichen katholischen Eschalologie der Ti.ibinger Schule kritisien MOUER-GoLDKUHl.,.E (1966) 123 als ..Terrassen-Eschatologie"; Stufung ohne innere Stetigkeit.
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mentliche Vorstufe. Genau dies hatte die Heilsgeschichtliche Theologie aber ursprünglich für alle Geschichte reklamiert. Die andere Lösung sieht im historischen Christus die Einheit von Person und Natur nur ftir ihn selbst wirklich. in der zukünftigen Parusie dagegen gewinne sie für alle Menschen Gültigkeit. Tatsächlich versteht v. Hofmann Jesu Tod und Auferstehung als Einigung von Person und Natur. l89 Der Zusammenhang zwischen beiden Daten besteht dann darin. daß im historischen Christus bereits vorwegereignet ist. was in der Parusie geschieht. Diese typologische Verknüpfung der beiden Parusien Christi ist besonders charakteristisch ftir Beck, der sie ftir mehrere Eschatologumena einzeln durchführt. l90 Sie findet sich aber tatsächlich bei praktisch allen hier besprochenen Autoren für das Eschatologumenon Gericht dargestellt. Es wird dann angenommen, daß Christus mit seiner Ankündigung der Zerstörung Jerusalems das Gericht vorwegnimmt und daß deswegen der Untergang des zweiten Tempels im Jahre 70 innerhalb einer dreiphasigen Parusie der (geistige) Beginn von Christi zukünftig erhoffter Parusie sei. 191 Die Schwierigkeit ist aber. daß die ganze Hypothese einer individuellen Vorwegereignung der Eschata in Christus der charakteristischen Pointe von v. Hofmanns Christologie widerspricht. denn Christus kommt dort nie als Individuum in den Blick, sondern als der Mensch Gottes, der in diesem Kollektivsingular die Menschheit Gottes ist. Ja, v. Hofmanns Lehre von der Person Christi gipfeh ja darin, daß Christus als der Erlöser derjenige ist. dessen WeItverhältnis ganz vom Gottesverhältnis durchdrungen ist und darum keine Individualität kennt. 192 Daß Christus auch Individuum werde, fehlt ihm gerade noch. dies ist auch ftir Christus die noch ausstehende Verklärung der Natur, und deswegen muß v. Hofmann annehmen, daß die Parusie nicht nur um der Menschen. sondern auch um Christi willen erhofft wird. Dieses Problem liegt bereits in der axiomatischen Begrifnichkeit von Person und Natur. Personalität bezeichnet hier Gottesverhältnis und Naturalität Weltverhältnis; aber in diesen Kategorien iSI Christus, der (wie v. Hofmann sagt) Mensch GOlles, tenninologisch nicht zu unterscheiden vom Menschen schlechthin. Es fehlt hier an einem Begriff des Menschen 189 S. S. 85 Anm. 25. 190 s. S. 105 AnOl. IIOf. 191 Vgl. V. HOfMAN (1841/44) 11.281: K~ (1858) 156: DECK (1886187) 11.682. Den· selben Gedanken fa& noch GÄCKLE (1999) 115. AuBcmalb der Hc:ilsgeschichtlkhc:n TheologJc: USSL"(j (1858) 59: GERLAOl (1869) 102. Anders dagegen LEm (1948) 134. obwohl er La.O. 63 eine drtlfachc Parusie annimmt. 192 v. HOFMANN (1841/44) 1••H f. sprichl Ouistus vorbchalllich seiner PlmlSJc dJc Individualiwab.
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im Verhältnis zu seinen Mitmenschen, so daß er nicht nur als Exemplar der Menschheit erscheint. Doch die Konsequenz, das begriffliche Instrumentarium von Person und Natur überhaupt zur Debane zu stellen, wurde von keinem der hier behandellen Autoren gezogen. Dies zu tun, hätte geheißen.
den schematischen Charakter dieser Begrifflichkeit in Betracht zu ziehen. Genau dies ist die Aufgabe des folgenden Abschnills.
2. Erhebung von Wahrnehmungsschemata Die Analyse der Heilsgeschichtlichen Theologie ergab, daß deren Charakter erst im problemgeschichtlichen Kontext Kontur gewinnt: Die zentrale Begrifflichkeit von Person und Natur wird entwickelt als Antwon auf die Kritik. die Schleiennaeher am substanzontologischen (lx>ethianischen) Konzept von Person und Nalur in der allprotestanlischen Orthodoxie geübt halte, und sie kehrt dieses Verständnis um; alls der Perso" als ontologischem
Träger der Natllr wird die Na",r als eschalOlogischer Träger der Person. Man muß die Heilsgeschichtliche Theologie also in ihrem Bezug sowohl zu Schleiennacher als auch dahindurch zur derjenigen Iheologischen Tradilion sehen. mit der Schleiennacher sich auseinandersetzt. Damit ist ein theoriegeschichtlicher Bezugsrahmen abgesteckt, der die Voraussetzung für eine 193 Erhebung von Schemata der Wahrnehmung des Judentums darstellt.
2.1. Natur und Person? Wie der Abschluß der Analyse schon andeutele, nimml gerade die Begrifflichkeit, welche den eschatologischen Grundgedanken der HeilsgeschichlEchen Theologie prägt und also auch ihr Interesse am Alten Testament und Judenlum erklärt. den Menschen nicht als Individuum, sondern nur als Exl94 emplar der Menschheil in den Blick. Geschichtliche Differenzierungen von Geslallen des Menschscins entfallen damil tendenziell dem Auge des Betrachters. Dies kann sich auch so niederschlagen. daß die Art und Weise. wie Israel als Volk sich aus den übrigen Völkern der Anlike ausdifferenziert. nicht thematisch wird. Israel wird dann unmiuelbar als menschheitliche Größe beanspruch I, und die ihr zugeschriebene Zukunflserwanung wird 193 S. Kap. 1.2. hier S. 24. 194 In di~su UinsK:ht iSI dK öfters gdube Krilik am Idcalismu der Heilsgeschichllichen Theologie mAig.
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mit dem gleichgesetzt, was für alle Menschheit, also als Abschluß der Naturvollendung erwartet wird. 19S Die auf die Personalität gerichtete Zukunftserwanung wird dann dem Judentum abgesprochen und bleibt dem Chrislentum vorbehalten. So bildet sich das Gegenüber von gegenständlicher, sichtbarer Zukunftserwanung im Judenlum und geistiger, innerlicher Hoffnung im Christentum aus, das z.B. in v. Hofmanns Jugendwerk eine für den Aufbau der Argumentation wichüge Rolle spielt 196 Zu einem Wahrnehmungsschema, dessen Belege sich in hinreichender Dichte nachweisen lassen, wird das Begriffspaar von Person und Natur freilich erst dadurch, daß es im Gefolge der Heilsgeschichtlichen Theologie eine charakteristische Rezeption findet: Von ihrem eschatologischen Grundansatz in der Heilsgeschichtlichen Theologie her ist die Einheit von Person und Natur nur auf die Parusie Christi zu beziehen. Durch die impliziten Schwierigkeiten, deren Verhältnis zum historischen Auftreten Christi zu bestimmen, bürgen sich aber etwa eine Generation nach der Blüte der Heilsgeschichtlichen Theologie die Ansicht ein, die Parusie sei nach christlichem Verständnis zweigeteill in Jesu Erdenleben und seine Wiederkunft. Was also bei v. Hofmann noch ein klärungsbedürfliges Problem ist, weil von ihm eine inkonzinne Wahrnehmung des JudenlUms ausgeht. wird nun als Lehre von den "zwei Adventen Christi" in Siellung gebracht gegen die jüdische Erwartung nur einer Parusie, in der das persönliche Erscheinen des Messias und die Umwandlung der Weil zusammentreffen müßten. Das Judentum, so die Folgerung, besäße nichl die Spannkrafl, das erhoffte Eschaton auf die Welt zu beziehen, ohne diese sogleich in es hinein aufzulösen. Dieses Schema wird zunächst bei LA. Domer wirksam. durchzieht aber verschiedenste theologische RiChtungen bis weit ins 20. Jh. hinein. 191 Man bemerke, daß diese Wahrnehmung des Judentums als weltnüchtig oder zukunftssüchtig zwar im Anschluß an die Heilsgeschichtliche TheOlogie entsleht, 195 Daß eine vorschnelle Beanspruchung des Judentums als menschheillicher Größe dieses zu "einem imaginären Typus" machl. zeigt BRENNER (1993) 190 (Zitat) on Antisemitismen im kaiserzeilliehen Philosemilismus. Hier liegt auch das Problem von PFlSTERER (1959) 266ff.. dcr den ..Bund" als Oberbegriff ftir Christen und Juden gebrJuehl. daneben aber die endzeilliche Chrislianisierung der Juden aufgrund von Röm I1 ,25ff. erwanet. 196 S. aueh S. 86 Anm. 26 z.ur Zuteilung von Person und Natur an Neues bzw. Alles Teslamenl. 197 Die Belege sind brcilgeslreul: neben dem VermillJungslheologen DoRNER (1879/80) 11.920 (§ 151.3) (dazu auch HJELDE '19871 201) der Rilschlschüler KAFTAN (1920) 664 (§ 71) und der modem-konservative !'lEIM (1937) 1n.237. Zuvor schon der liberal-kritische KERN (1840) 4. Ebenso der theologisch konserv:uive Missionar DAH1.E. (1900) 2.29. Andeutllngsweise auch v. HOFMANN (1857/60) 1112.663 selbst: AUBERLEN (1854) 78. JüngSI noch der evangelikal geprägle: GÄCKLE (1999) 93 (hier auch das Zilat von den ..zwei Advenlcn ChriSli·').
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deren eigenen Blickrichtungen auf das Judentum aber eher entgegensteht, denn was dieser als Begrenztheit jüdischer Zukunftserwartung erschien, war nicht ihre Weltflucht, sondern gerade ihr Festhalten an der verkehrten Welt. 198 Wie viele Schemata erweist sich also auch dieses als umkehrbar. Doch in beiden Zuordnungen bleibt das zugrundeliegende Problem dassei· be, nämlich die Frage nach dem Verständnis der menschheillichen Bedeu· tung Jesu Christi, wie das Begriffspaar sie durch die Definition der Parusie als Einheit von Person und Natur aussagt, oder allgemeiner: die Frage nach dem theologischen Verständnis von Menschheit. 2.2. Wahrsagung und Weissagung? Bündelt sich die Frage nach der Menschheit theologisch im Gedanken der Parusie als der Verheißung menschheitlicher Bedeutung Jesu, so ist das Konzept der Verheißung zugleich der Punkt, an dem die Auseinandersetzung der Heilsgeschichtlichen Theologie am klarsten im Durchgang durch Schleiennaehers Kritik das Gespräch mit der traditionellen Eschatologie anknüpft. Hier ist v. Hofmanns Konzept einer offenen neutestamentlichen Weissagung als Antwort an Schleiennaehers Auffassung von Christus als Ende der Weissagung einschlägig. l99 Welches Problem ist mit diesem Diskurs berührt? I. Extensiver Begriff der Weissagung. Gegenstand der Eschatologie ist nach allgemeiner Auffassung Goues Zukunftsverheißung. Strittig ist freilich, auf welche Art diese der theologischen Reflexion zugänglich ist. Denn da zukünftiges Geschehen nicht Gegenstand der Erfahrung sein kann, trifft eine Verheißung von zukünftigem Geschehen eine Aussage über einen un· abgeschlossenen Gegenstandsbereich und ist darum in ihrem Wahrheilsanspruch unausweisbar. Für eine Eschatologie, wie Schleiermacher sie kri· tisch vor Augen haI, wäre kennzeichnend, daß sie dieses Problem supranaturalistisch mit dem Offenbarungsanspruch der Bibel zu lösen beabsichtigt. Offenbarung wird hier verstanden als empirische Erkenntnis überempiri. scher Gegenstände vennöge des überempirischen Charakters dieser Gegenstände selbst, und der spezifisch eschatologische Modus von Offenbarung ist die biblische Verheißung. Eschatologie ist dann besonders Auslegung der biblischen Verheißung oder die Theorie dazu. Dies sei an einem Beispiel aus dem Untersuchungszeitraum erläutert: 198 S. bei S. 20 Anm. 24. 199 S. bei S. 82 Anm. 14.
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Die Eschatologie besteht bei dem Thumauer Pfarrer JOHANN ALBRECHT LUDWIG HEBARTOO aus einer vollständigen Darbietung des Textmaterials biblischer Verheißung und einer vorgeschalleten Theorie der Verheißung in Gestall von Kunstregeln zu ihrer Auslegung (§§ 1-7). Heban unterscheidet hier zwischen direkten, indirekten und perspektivischen Weissagungen. lOl Direkte Weissagungen zielen auf ein konkretes Einzelereignis, das sie erftillt; indirekte Weissagungen können von mehreren Ereignissen nacheinander in jeweils unterschiedlichem Sinne erfuHt werden; perspektivische Weissagungen sind eine An der direkt'en, denn sie zielen auf eine einzige Erfüllung, die sich aber in mehrere Ereignisse auseinanderfaltet - so, wie sich zwischen zwei Punkten, die von der Perspektive eines Berggipfels aus nahe zusammenliegen, talsächlich ein längerer Weg crstreckt. 202 Die Systematik von Hebans Eschatologiekonzept scheint nun darin zu liegen, daß er die sog. Vorzeichen des Endes (§§ 8-27: endzeilliche Trübsal. Antichrist. Bekehrung und nationale Restitution Israels) als indirekte, die Eschata selbst (§§ 28-41: Parusie, Millennium, Auferstehung, Gericht, Neuschöpfung) dagegen als direkte (und dann wieder teils als perspektivische) Weissagungen versteht 20J Trotz oder vielmehr gerade wegen dieser Differenzierung wird Weissagung hier doch grundsätzlich in der linearen Ausdehnung 200 He~ lebte von 1816 bis 1865 und v.;rkle also nach $chkiermacher. Wenn er hier den· noch Hir eine rrühere Geslall evangelischer Eschatologie stehl. dann deshalb, weil seine Henne· neulik der Weissagung eiMn zu allen Zeilen glek:hbkibenden Zugriff aur die Bibel rddamiert, Werden biblische Texte darüberflinaus noch unmillelbar mll Ereignissen der jeweiligen Gegenwart verbunden, kann man von Biblirismus sprechen. So v.a. E.W. Hengstenbergs Applikatton der biblischen Eschalologie auf das Problem \'on Monarchie und KonSlitultonalismus im 19. Jh. (vgl. BECKMAN 120(2) 249-260), aber auch die exklusive Beanspruchung der eschalologischen Ver· heißungen für die Zchmission bei deren Gründer J. VETTER (191 S) 71: Tem:strische Begleiler. scheinungen der PllrUSje werden Bodenschälze zu Tage fördem, die der Ze\lmission im Millenni· um zur Deckung ihrer jetzt so drilckenden Koslen dienen. Der Biblizist Veller bestehl daher gegen (I) die biblische Schilderung aur einer pyramidalen (:: zehanigen!) Form des himmlischen Jerusa· lern (a.a.O. 77). 20 t I1E8AIIT (18S0) 8f. ALTBAUS (1924(25) 621 fUhrt die ,..Gesctze[ ... J der prophetischen Perspektive'" aur Aubcrlen zurück, dessen escMlologische Hermeneutik 18S4 erscheint. 202 B10B in umgekehrter Reihenfolge trifft dieselbe Unterscheidung ISO Jahre später auch salMID (1999) 12: .Zunächst ist zu sehen. daß sich Verheißungen in mehreren Schrillen erfullen kOnnen. ( ... 1 Die andere Möglichkeit besteht darin. daß sich eiM Verheißung mehnnals erfullt. I ... ) Bei vielen Verheißungen ist außerdem zu beobachlen, daß eine Ietzle Konkretion rehlI. So wurde Isnel durch Mose eine Stelle venprochen. an der Gol:I seinen Namen wohnen lassen wird 1... ).1 ... ) Erst mit der Erfüllung wurde klar, daß sich die Verheißung mil dem Tempetbau in Jeru· sakm erfüllle:' 203 § 10 bei HEBAJl:T (18SO) S9 argumentien eigens für ..den indi,duff Charakter"' der Weis. SIIungen \'011 Vorzeichen. da noch keiM abschlie6ende Eriüllung eingetreten sei. Unter den Weissqungen des Endes selbst ragt die der Parusie als perspektivische her1lWi (u.O. 9), die sich in d'e Konsequenzen der Parusie entfallei.
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des Zeitstrahls mit einem geschichllichen Ereignis der Erfüllung korrclien. Dieser traditionelle Wesenszug erlaubt. von einer extensiven Weissagung zu sprechen. Für sie ist kennzeichnend, daß die Weissagung geschichtlich Kontingentes betrifft, daß Eschatologie Zufalliges weissagt. Die Auslegungskunsl der Weissagungen dient also nicht in erster Linie der Identifikation geschichtlicher Ereignisse als geweissagt. auch nicht der Konstruktion von Erf.. ..illungsgeschichIC aufgrund der Weissagung, sondern die Kontingenz von Weissagung und Erfüllung soll gerade den besonderen. der berechnenden Konstruktion eben entzogenen Charakter, die offenbarungsmäßige Würde der in der Bibel verheißenen Zukunft unterstreichen. Gleichwohl bleiben Verheißung und Erfüllung als kontingente Daten hier im Bereich der Geschichte. 2. Intensiver Begriff der Weissagung. Genau gegen diesen kontingenten Charakter der Weissagung richtet sich nun Schleiennaehers Kritik. Ihm zufolge ist die Weissagung im eigentlichen Sinne vielmehr Erkenntnis des Notwendigen. Deswegen handeh Eschatologie bei ihm nicht von einer extensiven Ereignisgeschichte. sondern von einem intentionalen Bezugspunkt der Geschichte. Deswegen ist bei ihm nicht die Bibel die Quelle es· chatologischer Erkenntnis, sondern das gläubige Bewußtsein. Um diese Binnenwendung des Weissagungskonzepts zugleich mit seinem intentionalen Charakter auszudrücken. kann man von einer intensiven Weissagung sprechen. In diesem Sinne hat etwa die Venniulungstheologie eines c.1. Nitzsch die Weissagung als hypothetischen Orientierungspunkt der Eschatologie verstanden. 3. Vermiuelnde Verslöndnisse von Weissagung. Die Antithese der Weis· sagung als Zufall oder Notwendigkeit, Extension oder Intension, Bibel oder Bewußtsein hat in der Eschatologiegeschichte neben und nach Schleiennacher aber auch mehrfach kritische Aufnahme gefunden mit dem Ziel. die Trennschärfe der Alternative aufzuheben. So hat etwa A. Tholuck, der Vater der halleschen Erweckungstheologie. einerseits Schleiennaehers Gegenüberstellung von zumBiger und notwendiger Verheißung noch zum begriff. lichen Gegenüber von jüdischer Wahrsagung und christlicher Weissagung verschärft. will aber andererseits zugleich den Offenbarungsrang der Prophetie festhalten, den er am Charisma der Propheten festmacht. 204 Auch R. Steinmetz verbindet das intensive mit dem extensiven Konzept. indem er bei der Bestimmung der Weissagung vom Sicheren zum Unsicheren vor· 204 THol...uCK (1861) § 11 zu Wahnagungcn. § 12 zu Wcissagungen bz...... § 6 zur Gcislbcga. bung dct' Pn:V'Clcn. A.a.O. 152f. wendet cr steh mit all dem gegen v. uormann und dessen Wahrnehmung des Judentums.
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dringen will und so die Zukunft aus der Gegenwart als deren Überbietung erschließen. 2os Eschatologie redet demnach via eminentiae von der Zukunft, und dies berührt sich mit Hebarts Interesse, durch extensive Weissagung die Unverfügbarkeit der Zukunft herauszustellen. Am grundsätzlichsten wird die Alternative von extensiver und intensiver Weissagung jedoch durch die Heilsgeschichtliche Theologie in Frage gesteilt. v. Hofmann weist gleich eingangs seines Jugendwerkes sowohl Nitzschs intensive Weissagung ab als auch das seinerzeit aktuelle extensive Verständnis Hengstenbergs. Statt dessen rechnet v. Hofmann mit einer mehrmaligen Einzelerfüllung, die jedoch immer vom eschatologischen Gesamtsinn der Weissagung zu unterscheiden sei.206 Indem z.B. Hebart hier nicht unterscheidet, sondern sowohl direkte als auch indirekte Weissagung auf eine "chronologische Darstellung" (z.B. in Offb) der Zukunftsereignisse zielen sieht. liest er Stellen wie Offb 11,1 als Weissagung: Die Juden würden in der Endzeit den Tempel wiederaufbauen, der dann vom Antichrist zum Teil wieder zerstört werde.2°7 Hier zeigt sich die Schwierigkeit des Schemas von Wahrsagung und Weissagung (direkter und indirekter Weissagung): Das Verheißungskonzept wird damit bloß unterteilt und auf einen linearen Zeitstrahl aufgeteilt. Zu fragen wäre demgegenüber nach einem Verständnis von Verheißung, das auf derartige Aufteilungen nicht angewiesen ist. Gerade das heilsgeschichlliche Konzept v. Hofmanns steht im Ansatz solchen Aufteilungen entgegen. Mit seinem Eintreten für die zeitgeschichtliche Auslegung biblischer Weissagungen wirkt v. Hofmann als "Geschichtsrealist" im Unterschied zu ,Jenseitsrealisten;', welche die Heilsgeschichte als eine bis ins EschalOn ständig mitlaufende Parallel weil zur Geschichte begreifen.208 Demgegenüber nimmt v. Hofmann an, daß die Geschichte selbst auf die Ewigkeit zuläuft. Der Begriff bedeutet also nicht, daß v. Hofmann die eschatologische Wirklichkeit auf die Geschichte beschränkte; vielmehr ist dies gerade die Schwierigkeit Hebarts. Um sie zu 205 SlEINMI:.!Z (1888) 60 nennt zum Vergleich das Beispiel eines Generals. der in der Eroberung nur vom sicheren Temtin aus operien. In der DurchHihrung (a.lI.O. 62-75) erinnert Sleinmclz freilich an die Auslegungsregel qal wachomer des R. Hille!. dcn Schluß a mioori ad maius. 206 v. HOFMANN (1841/44) 1.8 sowie a.a.O. 1.3.6 gegen Hengslenberg bzw. Nilzsch. 207 Zitat HE8ART (1850) 68: vgl. a.a.O. 69 zur angeblichen Voraussclzung eines dritten Tem· pels in Offb 11,1. Dies spiegelt ein mittelallerliches Schema eschalologischer Wahrnehmung des Judentums: Die Juden halten den Anlichrisl Hir den Messias und bauen ihm darum den Tempel auf (vgl. die Abbildungen bei Antichrist [ 14801119791). 208 Die Tcnnini bei WEm (1931) 115, wo Beck und Auberlen als JenseilsrealiSlen finnieren, was m.E. nur flir Auberlen und auch hier nur mil Einschränkungen zUlriffl (s. Kap. 111.1.1. hier S. 103--108).
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venneiden, unterscheidet v. Hofmann Geschichte und Ewigkeit sorgfaltig, indem er z.B. das Konzept der Weissagung auf jedes der beiden Phänomene bezieht. Die eschatologische Weissagung steht somit gewissermaßen der Geschichte als ganzer gegenüber. In welchem Sinne dies geschieht, war eine Frage der Debatte um das Weissagungskonzept in späteren Generationen 209 - und ist überhaupt eine der Schlüsselfragen evangelischer Eschato· logie in ihrem Verhältnis zum Judentum, denn das Gegenüber von Geschichte und Eschatologie ist die wohl umfassendste Begrifflichkeit für das mit dem Konzept der Verheißung gegebene Problem.
3. Prob1emgeschichllicher Ertrag Aufgrund der Analysen im ersten Abschnitt dieses Kapitels erschien uns als Ausgangspunkt der heilsgeschichtlichen Eschatologie die Verheißung der Einheit von Person und Natur in Christi Parusie. Die Erhebung von Schemata der Wahrnehmung des Judentums zeigte sodann, daß die Heilsgeschichtliche Theologie damit Schleiennachers Kritik an der orthodoxen Eschatologie aufnimmt, aber die Wahrheitsmomente letzterer festhalten will. Man kann somit die Eschatologie der Heilsgeschichtlichen Theologie problemgeschichtlich als den Versuch beschreiben, Schleiennachers eschatologisches Dilemma durch den Ansatz bei der Parusie zu überwinden. Diese theologiegeschichtliche Situierung wird bestätigt durch die Schwierigkeiten, auf die ein solches Parusieverständnis stößt, denn es muß in dem Konzept einer Einheit von Person und Natur das Gottes- mit dem WeItverhältnis des Menschen vereinen und die Stetigkeit der Geschichte mit ihrer Stufung. Ersteres führt aber ja auf die Frage nach der Individualität im Verhältnis zur Universalität und zweiteres ist das Problem von Entwicklung und Vergeltung, so daß die heiden Punkte, welche die Parusie im Eschatologiekonzept der Heilsgeschichtlichen Theologie vereinen soll, sich mit den Polen von Schleiennachers eschatologischem Dilemma in seinen zwei Gestalten decken. Die Heilsgeschichtliche Theologie führt so unmittelbar die Auseinandersetzung mit Schleiennacher. I. Das Problem VOll Individualität und Menschheitlichkeit. Der vorliegende Abschnitt hat nun die Aufgabe, den so rekonstruierten Problemkomplex auf die im ersten Teil dieser Untersuchung geschilderten jüdischen Anfragen zu beziehen, um mögliche Fragestellungen einer evangelischen 209 S. Kap. V.3. hier S. 256f.
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Eschatologie im Blick auf das Judentum zu erheben. Dabei ergeben sich für beide der geschilderten Schwierigkeiten Berührungspunkte: So ist die Aufgabe, den Menschen nicht nur als Exemplar der Menschheit. sondern auch als einzelnen Menschen neben anderen, also als Individuum zu denken, genau der Differenzpunkt, an dem H. Cohen die jüdische Religion der Vernunft vom Idealismus unterscheidet. Cohen kleidet dieses Spezifikum in den Begriff der Mehrheit jenseits von Einheit und Allheit und begründet so sein Konzept menschheitlicher Religion. 2lo Wie schon der vorige Abschnitt nahelegte, ergibt sich also im Anschluß an die Heilsgeschichtliche Theologie für eine Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum die wichtige Aufgabe, die menschheitliche Dimension von Eschatologie zu begründen. 2. Das Problem des Geschichtsverständnisses. Wiederum ansetzend bei der Paradoxie von Entwicklung und Vergeltung, läßt sich die Schwierigkeit der Heilsgeschichllichen Theologie in der Begrifflichkeil M. Buhers als Problem einer Zäsur in der Geschichte beschreiben, denn als eine solche Zäsur erschien in der Heilsgeschichtlichen Theologie das historische Auftreten Jesu, das ein nachbiblisches Judentum aus der Betrachtung ausklammert. Dabei geht, wie gesehen, Bubers Anfrage über das Problem der Epocheneinteilung von Geschichte hinaus und rührt an die Frage der theologischen Valenz von Geschichte überhaupt, denn in Bubers Kontroverse mit KL. Schmidt war ja strittig, ob für ein theologisches Datum außertheologische Gültigkeit beansprucht werden kann,2l1 so daß die Theologie in der Profangeschichte einen nachträglichen Beweis fande, der diese dann wieder theologisch imprägniert. Genau diese Frage nach der theologischen Eindeutigkeit von Geschichte bzw. dem geschichtlichen Geltungsanspruch der Theologie wird ja aber durch den Begriff der Heilsgeschichte ausgedrückt, in dem Heil und Geschichte miteinander verbunden werden. 2t2 Der eschatologische Topos, an dem sich dieses Problem beinahe klassisch manifestiert, ist daher nicht ohne Grund der so oft als janusköpfig wahrgenommene Chiliasmus, auf den sich gerade die Heilsgeschichtliche Theologie konzentriert. Deswegen konnte ihre Eschatologie in der Überschrift des vorliegenden Kapitels als chiliastisch charakterisiert werden. Das eschatologische Thema, das sich aus Bubers Anfrage ergibt, ist also die Klärung des Begriffs der Heilsgeschichte. Der Begriff wird. wie ange210 S. Kap. 1.3. hier S. 32-34. 211 S. Kap. 1.3. hier S. 37-40. v.n. bei Anm. 109. 212 So Slellt KOCII (1995) 1341 gleich zu Beginn seiner Ausruhrungen fest. daß ..H[eilsgc· schichlCI Trans:r.enclen1. ulnd) Jmm:lllcn:r. verbinder-.
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deutet, erstmals von v. Hofmann gebraucht, um gegen das noch recht junge geschichtliche Denken des Rationalismus die Verbindung von Geschichte und Heil auszusagen, die für die Orthodoxie vor dem Rationalismus noch so einerlei war, daß sie gar keinen Begriff dafür hatte. Als weiteres Merkmal von Heilsgeschichte kommt zu dieser grundsätzlichen geschichtlichen Dimension des Heils das ebenfalls kennzeichnend geschichtliche Moment des Nacheinander hinzu, also die zeitliche Erstreckung 2lJ eines Spannungs~ bogens von Heilsgeschichte, wie es die Analyse der einschlägigen Eschatologiekonzepte bestätigte. Aufgrund dieser Voraussetzungen könnte Heilsgeschichte als eine bestimmte. theologisch qualifizierte Abfolge geschichtlicher Ereignisse verstanden werden. und tatsächlich ist ein derartiger Begriffsgebrauch vielfaltig nachweisbar. Heilsgeschichte wird etwa verstanden als die alttestamentliche Vorbereitung der Christusgeschichte oder als diese selbst, d.h. als der Zeitrdum des Lebens Jesu. 214 Oie entsprechenden Geschichtsdaten werden dann mit einem kennzeichnenden Tenninus als "Heilstatsachen" identifiziert. 21S Freilich muß diese Identifikation bestimmter Geschichtszeiträume als Heilsgeschichte sich implizit gegen nicht ebenso heilsmäßig qualifizierte geschichtliche Räume abgrenzen, also zumindest partiell die Trennung von Geschichte und Heil wieder einführen, die die Heilsgeschichtliche Theologie am Rationalismus bekämpfen wollte. 216 Deswegen ist das Konzept der Heilsgeschichte oft als widersprüchlich kritisiert worden; es lebe von Voraussetzungen, deren Konsequenzen es ablehne, und falle so zuletzt in den Rationalismus zurück. 217 Das Problem der Heilsgeschichte als Aussonderung bestimmter Geschichtsereignisse ließe sich lösen, wenn man das fragliche Konzept auf die Geschichte allgemein ausdehnte: Heilsgeschichte ist dann keine Ansammlung theologisch hervorgehobener Geschichtsereignisse, sondern eine theo213 Erstreckung gehön nach OTT (1959) 187: WEISER (1995) 1336 konstitutiv zur Ikilsgeschichte hinzu. 214 P. Ahhaus hat im Laufe seiner Entwicklung beide Positionen vertreten. s. S. 236 Anm. 195 bzw. S. 237 Anm. 198. Die erste Position hält STANGE (1930) 22n-226 fest. jedoch im Sinne seines Gesamtkonzepts (s. bkurs 7 [S. 199f.I). 215 Auf das eigenc Problemfeld der ~Icilstatsachen weist in diesem Konlext mil Rechl Lolll-"'F (1974) 1033 hin. 216 Dieses Problem ruft M ILDENBERGER (2000) 1586 ins Bewußtsein. 217 Z.B. STf-CK (1959) 53: .. Und doch war. wie man weiB. hier ein Gast an dcn Tisch der TIleologie gebeten worden. der mehr als ein Danaergeschenk mitbrachle. Auch änderte er sehr rasch sein Auftreltn. nachdem er einmal Zutrin bekommen hallt. Es war das historische Denken. der Historismus. der im Gewand der heilsgeschichtlichen BeIrachtung auch dort seinen Einzug hielt. wo man ihm bis dahin widerstanden halle:-
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logische Perspektive auf die ganze Geschichte. Heilsgeschichte ist dann wesensmäßig nicht mehr Faktenerhebung, sondern Faktendeutung. 218 Die Schwierigkeit hierbei ist freilich. daß heilsgeschichtliche Theologie dann Aussagen über einen unabgeschlossenen Gegenstandsbereich. nämlich auch über die zukünftige Geschichte treffen muß. Gerade in Hinsicht auf die Eschatologie droht Heilsgeschichte dann entweder zum bloßen Abspulen eines vorab festliegenden ..Heilsplanes'; oder aber zur nachträglichen SankIionierung des faktischen Geschichtsverlaufs zu werden. Auch das Verständnis der Heilsgeschichte als Faktendeutung steht nämlich noch im Bannkreis des empiristischen Begriffs der Faktizität,219 wenn es sich als theologische Vereindeutigung der Geschichte versteht. Bubers Einwand gegen Schmidt richtete sich ja gerade dagegen, auf diese Weise theologisch mehr zu sagen, als sich geschichtlich verantwonen läßt. 3. Das Problem der Parusieverheißung. Vor diesem Hintergrund hieße Heilsgeschichte eine solche theologische Würdigung der Geschichte, die deren Uneindeutigkeit nicht vorschnell auflöst. Gerade dies scheinl die Ab~ sicht eines eschatologischen Begriffs von Heilsgeschichte zu sein, der, wie in den Konzeptionen des vorliegenden Kapitels. bei der Parusieverheißung anselzt. Möglicherweise nämlich hat v. Hofmann die Uneindeutigkeiten der Geschichte mit Bedacht auf die christologische Begrifflichkeit von Person und Natur gebraCht, um auszudrücken, daß die Vereindeutigung dieser Zweideutigkeiten oder Überwindung dieser Gegensätze nach theologischer Einsicht tatsächlich Sache der Zukunftshoffnung auf Christus ist. Andere begriffliche Mittel hätten einem Autor des 19. 1'11. durchaus näherliegen können, so das Gegenüber von Geist und Natur. das Luthardt wählt, und besonders das von Geschichte und Natur. Beide Begriffe geben den großen geistesgeschichtlichen Zwiespalt wieder, der das 19. 1h. mehr und mehr durchzieht und schließlich im Neukantianismus zur wissenschaftsge~ schichtlichen Aufteilung der dem Menschen erkennbaren Wirklichkeit in zwei Bereiche führt. 22o Wenn v. Hofmann dagegen christologische Tennini wählt. bringt er die Erwartung einer eschatologischen Überwindung dieser 218 Fakten ulld ihre Deutung zu vemlCngcn. ist bei HESSE (1971) 6Of. dcr Vorwurf gegen die Heilsgeschichte, 219 SCHMnT (1982) 34 hält F. Hesses Trennung von Faklcn und DeulUng m.E. zu Recht für unzureichend: sein eigener Vorschlag. Hcilsge.schichle als theologische Qualifikalion historisch erfaßbarer DeUlczusammcnhänge zu begreifen (a.8.0. 45). verschiebt allerdings das Problem womöglich nur in die Wissenssoziologie. 220 Einschlägig ist 7..8. W. Windclbands Unterscheidung idiogrnphischer von nomothetischen Wissenschaflen sowie die AbsclZung der Geschichts- von der Naturwissenschaft bei dem Le· bensphilosophen W. Dilthey.
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tiefsten Gegensätze seiner Zeit zum Ausdruck und hält zugleich fest, daß diese Überwindung, eben weil sie Gegenstand der religiösen Zukunftserwartung ist, von Menschen nicht geleistet werden kann, sondern von Gott erhofft wird. In diesem Sinne hat in neuerer Zeit K. Rahner den Gedanken der Heilsgeschichte rezipiert. 221 Er interpretiert sie als ..Freiheitsgeschichte", in der Menschen mit Gott in freier menschlicher Entscheidung für die unvorgängliehe freie Gnade Gottes zusammenwirken unter keiner weiteren Voraussetzung als der, daß ein ewiges Leben als Realität erwartet wird;222 m.a.W.
Heilsgeschichte bezeichnet die nur eschatologisch aussagbare, jedoch geschichtlich wirkliche Beteiligung von Gott und Mensch am Heilsgeschehen. Gerade diesen Zusammenhang von göttlichem und menschlichem Tun haben jüdische Autoren gegenüber christlichen Verhältnisbestimmungen von Heil und Geschichte immer wieder angemahnt. Im ersten Teil unserer Untersuchung waren Baecks und Cohens religionsphilosophische Entwürfe wichtige Beispiele dafür. Daß dies auch ein zentrales Anliegen der Heilsgeschichtlichen Theologie ist, zeigte die Charakterisierung ihrer Eschatologie 22J Es scheint gegenüber der lutherischen Orthodoxie und der Theosophie. also, daß die Heilsgeschichtliche Theologie hier mit ihrem Ansatz bei der Parusieerwartung ein wichtiges Thema evangelischer Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum berührt. Für die evangelische Eschatologie ergibt sich daraus vorrangig die Aufgabe. ihr Verständnis der Parusie neu zum Thema zu machen, denn hierin bündeln sich die vorgenannten Themen, fußt doch die Parusieerwartung auf der Verheißung einer menschheitlichen Bedeutung Jesu, also den heiden Themen, die auch die Analyse der Wahrnehmungsschemata als einschlägig für eine christliche Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum auswies. Es scheint daher plausibel, die Heilsgeschichtliche Theologie aufgrund ihrer besonderen Einschätzung der Parusieerwartung als einen schulmäßigen Gesprächszusammenhang zu verstehen,224 von dem sich etwas lernen läßt für eine evangelische Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum, auch wenn der konzeptionelle Ansatz bei der Begrifflichkeit von Person und Natur seine Grenzen hat. So soll im folgenden Kapitel der es221 Evangelischerscits wären W. Pannenberg. P. Brunner und V.3. O. Cullmann zu nennen: s. S. 246 Anm. 243. 222 Zu dieser Voraussetzung vgl. RAIlNER (1982) 11: das Zital DERS. (1962) 116. wo Heilsgeschichte noch sachlich koextensiv mit Weltgeschichte gedacht ist. aber als deren ChriSLliche Bewußtmachung (a.a.O. 129). 223 S. Exkurs 3. hier S. 102. 224 S. die HinrtJhrung zu diesem Kapitel (S. 79).
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chatologische Enlwurf eines Autors betrachtet werden, der bei der Heilsgeschichtlichen Theologie in die Schule ging. seinen Lehrern aber nicht bloß mit dauerndem Schülerdasein vergelten wollte: Martin Kähler.
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IV. Martin Kählers messianischsoterologische Eschatologie
MARTlN KÄHLER steht quer zu den schulmäßigen Rubrizierungen der Theologiegeschichte. In der Zeit zwischen Schleiermacher und Ritschi, die nach verbreitetem Urteil in Sachen Eschatologie Fehlanzeige zu verzeichnen hat, sieht Kähler eine "Überwucherung der Theologie durch eschatologische Studien".1 Dagegen komml A. Schweitzer in seiner historischen Unlennauerung des eschatologischen Aufbruchs in der biblischen Exegese ohne jeden Bezug auf den doch als Bibeltheologen bekanßlen Kähler aus. 2 Dabei sieht der Hallenser Neutestamentler es zunächst als seine Aufgabe an, die biblisch gesättigte Eschatologie der Heilsgeschichtlichen Theologie "ins Norddeutsche zu übersetzen".3 Freilich verfaßt er dann als Systematiker die einschlägigen Artikel in dem großen Vorläufer der Theologischen Realenzyklopädie, der Protestantischen Realenzyklopädie für Theologie und Kirche, sowie einen programmatischen Vortrag zum Thema. 4 Seine Bedeutung für die Eschatologiedebane wird daher meist in den Prinzipienfragen gesuchl. 5 In prinzipiellem Sinne greift auch die an R. Buhmann anknüpfende Kerygmatheologie in den 1950er Jahren auf Kähler zurück. 6 Wenn das vorliegende Kapitel dieser Arbeit eigens Kählers eschatologischem Denken gewidmel ist, dann soll Kähler weder prinzipaliter der Kerygmatheologie vorausgeschickt noch materialiter der Heilsgeschichtlichen Theologie subsumiert werden.? Aber auch Kählers Eigenständigkeit, die wie nirgend sonst am theologischen Rededuktus seiner "Wissenschaft der christlichen Lehre" abzulesen ist, erschwert die Hinführung zu Kählers Eschatologie. Dennoch ist es gerade Kählers Sprache, in der sich sein Beitrag zur Eschatologiegeschichtc konzeßlriert. 1 KÄllLER (1896) 495. 2 SCllWErr/..ER (1906) bzw. DERS. (1913) rezipicn Kähler nicht. 3 KÄJlLER (1926) 182. 4 DERS. (1879): OERS. (1898): OERS. (1896). 5 HOLMSTRÖM (1936) 168 und wieder HJE1..OE (1987) 206. V.R. \\regen KÄHLER (1896) und OERS. (1898). 6 S. zu dieser auf KÄIILER (1892) fußenden Rezepl:ion Exkurs 6 (S. I89ff.). 7 Der Versuch einer Verbindung beider Tendenzen kennzeichnei die bisher einschlägigsie Untersuchung von OE SOOR (1990). die darin jedoch - v.a. a.a.O. 93 - von ihrem Anlipoden HJEWE (1987) abhängt.
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IV. Martin Kählcrs messiunisch-SOlerologischc EschalOlogie
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I. Analyse Die nachstehende Analyse folgt chronologisch Kählers Äußerungen zur Eschatologie - nicht im Sinne einer Entwicklungsgeschichte, sondern um problemgeschichtlich8 den systematischen Grundgedanken zu profilieren. 1.1. Das Konzepl einer soterologischen Eschatologie I. Ewigkeit als Grund und Grenze von For/schrill. Wenn Schleiennachers
Aufweis eines eschatologischen Dilemmas in zwei Gestalten als der entscheidende Impuls für die Fragerichtung neuzeitlicher prolestantischer Eschatologie gehen kann, dann ertastct M. Kähler mit seinem 1866 in Duisburg gehaltenen und im folgenden Jahr gedruckten Vortrag über ,.Der Menschheil Fortschriu und des Menschen Ewigkeil" genau den Puls der Eschalologie, denn damit werden beide GestaJlen des Dilemmas abgedeckt. Menschheit und Mensch stehen sich als universeller und individueller Gegenslandsbereich gegenüber. während Fortschriu und Ewigkeit die im Sinne Schleiennachers widersprechenden Pole des Eschaton als Entwicklung oder Vergeltung repräsentieren. was Kähler mit den Bildern von strömendem Fluß und sich gleich bleibendem Meer verdeutIicht 9 Den Einstieg in Kählers Eschatologie soll hier dieser frühe Text bilden: als Dokument nicht einer FTÜhphase seines Denkens, 10 sondern der Auseinandersetzung sowohl mit der Problemtradition als auch mit der zeitgenössischen Fragestellung. Es ist zum einen eine Auseinandersetzung mit der Problemtradition: Wenn Schleiermacher die Widersprüchlichkeit der Eschatologie konstatiert, sistiert er zugleich ihre Lehrbarkeit. Entgegen solcher Fesl.stellung im dop· pelten Wortsinne geht es Kähler um eine Überwindung des Dilemmas. Er übernimmt es in seinem Vortrag aber nichl einfach aus Schleiermachers Problernanzeige, sondern entwickelt es im Gcspräch mil der Position seiner Hörer und also zum anderen in Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Fragestellung, d.h. dem Fortschrinsgedanken. Kähler spriCht in Duis· burg vor einem "gebildeten Publikum" evangelischer Bürgerlicher, die den 8 Zum Versländnis einer probkmgcschichtlichcn Darstdlung s. bei S. 20 Anm. 26. 9 Vgl. hmu den ersren Abschnin des VonDgs: KAHLEJt 118671 (1913) 166-170: v.a. u.o. 170 zur Gcgc.nüberstellung der widerspnk:hlkhcn Pole als ausdrikkJkhcr Absicht; u_O. l66r. zu .,Fluß" und ..M~r". 10 Vgl. d)c Inlerpl'e13liQfl des VonDgs bei OE 800R (1990) 6>-68.
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industriellen Aufschwung der Stadt freudig als Fortschritt begrüßt, ja wohl zu seinen Nutznießern gezählt haben. Schon der vom Bildungsgut deutscher Klassik durchsetzte Stil des Vortrags zeigt, daß "des Volkes Hefe" nicht zum Publikum gehört. 11 Dennoch bedeutet vor diesem Hintergrund die Ge· genüberstellung von Fortschritt und Ewigkeit weder eine für Kähler "undiskutierte Voraussetzung des Entwicklungsgedankens" ,12 der die optimistische Stimmung der heraufziehenden Gründerzeit prägte, noch ein Eintreten für die soziale Frage, wie sie zu jener Zeit den deutschen Protestantismus umtrieb. 13 Vielmehr kommt Kähler dem Fortschrittsgedanken zunächst entgegen, um ihm dann freilich für maßgebliche Gebiete menschlichen Lebens die Geltung abzusprechen. Die Themen, an denen er die Entgegensetzung von Fortschritt und Ewigkeit durchführt, sind dabei die gleichfalls dem Wertekanon seiner Zuhörerschaft entnommenen Ideale von Freiheit und Gleichheit der Menschen, wie sie in einer großbürgerlich aufgeklärten Rezeption der Französischen Revolution gang und gäbe waren. Man mag dieses Vorgehen Kählers apologetisch finden; es ist jedoch zum Verständnis seiner Argumentation unverzichtbar. Diese Argumentation soll nun nachgezeichnet werden: Kähler will nicht einfach durch die Ewigkeitsvorstellung das Fortschrittsdenken ablösen, sondern ihm ein entscheidendes "Gebiet unseres Lebens" streitig machen: die Sittlichkeit. Seine These lautet: "Wagen wir den Ausspruch, so ketzerisch er klingen mag, daß es in dem sittlichen leben des Geschlechtes überhaupt keinen Fortschritt gibt" Zur Begründung dessen, daß überindividueller sittlicher Fortschritt - etwa ein sittliches Zeitalter - unmöglich ist, macht Kähler geltend, daß Sittlichkeit. verstanden als Tugendübung, immer Sache des akuten persönlichen Wollens des Guten ist, 14 wozu jeder Einzelne im Gewissen die Anlage hat. 11 Zitat KÄIllER [18671 (1913) 183. A.a.O. 172 läßt das •.gebildete Publikum" (vgl. den Titel der Reihe. in welcher der Erstdruck dieses Vonrags erschien) Kontur gewinnen: •.sie wohnen inminen der rauchenden Essen der Eisenhämmer und Kohlenzcchen. [siel und sahen selbst unrern eine Stadt entstehen [sc. das 1862 durch Zusammenlegung mehrerer Gemeinden entstandene Oberhausen, das freilich erst acht Jahre naeh dem Vonrag Stadtrechte erhielt], das Kind der ne· senmäßig wachsenden Industrie. Ihre Söhne arbeiten jenseit des Oceans in Geschäften. welche im vollsten Sinne kosmopolitisch sind; auf Ihren Schreibtischen kreuzen sich Correspondcnzen aus allen Weltteilen, deren Beförderung der Zeit zu spotten scheint:' 12 KORNER (1957) 65. der Kähler hier "dem Geist der Zeit" folgen sieht. Körner meint mit ,,Entwicklung" anscheinend zugleich Fonschrin. also eine mehr geslallbare Entwicklung. 13 SO DE BDOR (1990) 66. 14 Die zitiene These KÄHLER (18671 (1913) 175, aufgenommen a.a.O. 177.181.191; zur BegTUndung a.a.O. 176: ..Der siuliche Charokter als solcher ist derselbe auf dem Thron und in der HÜlle" und m.a.O. 180 zum Gewissen als Sitz der Siulichkeil. womit Kähler seine Dis.senalion über das Gewissensthema (1859) aufgreift.
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Kähler wendet diesen Einwand gegen die Fortschriusvorstellung nun auf die ihm von ihr selbst vorgegebenen Themen der Gleichheit und Freiheit an. indem er beiden einen charakteristisch anderen Bezugspunkt zuweist. Das Fortschrittsdenken, das Kähler besonders in der Französischen Revolu· tion manifestiert sieht, begreift Gleichheit und Freiheit als eingeborene und unverlierbare Eigenschaften des Einzelnen. es definiert sie aber aufgrund seiner Stellung zum Ganzen der Gesellschaft: Jeder Mensch ist gleich. weil im Rousseau'schen Gesellschaftsvenrag alle ihre Eigenheit der Gesamtheit opfern; und jeder Mensch ist frei. sofern alle das Verfügungsrechi über ih· ren eigenen Leib haben. tS Gleichheit ist dann die Gleichheit vor dem Ge· setz. und Freiheit ist die Freiheit des Anderen. Genau gegen diesen Bezugspunkt von Gleichheit und Freiheit im Fortschrittsdenken macht Kähler nun sein Ewigkeitskonzept geltend. 16 Eine Gleichheit des Einzelnen von Gnaden seines Eingehens in das Ganze gilt Kähler als der ..Fieberwahn des französischen Volkes". Denn der Einzelne als Einzelner ist in solcher ~galit~ egal angesichts der Gesamtheit. Auf dem Gebiet der Siulichkeit, dem Kähler sich hier hauptsächlich zuwendet, würde solche Gleichheit bedeuten, daß dem ins Ganze aufgegangenen Einzelnen der Anteil am sittlichen Ertrag dieses Ganzen vorenthalten wird. 11 Gerade der Eigenanteil des Einzelnen angesichts der Gesamtheit, in die er ein· und aufgeht. ist aber der Begriff von Freiheit. Freiheit ist damit auch Freiheit von der Grenze des Todes t8 oder in den Termini der Sittlichkeit: Die Freiheit des Einzelnen ist das in ihm angelegte Gewissen, dessen Entfaltung am Tode nicht ihre Schranke findet. sondern in der Ewigkeit vollendet wird. Die Pointe von Kählers Argumentation ist dieses Ewigkeitsverständnis, dieser eschatologische Bezugspunkt von Gleichheit und Freiheit. Kähler 15 VgJ. 3.a.0. 181f. und a.a.O. 171 zur Gleichheil. die •.ein reich gegliedenes Volksleben in eine: mathematisch geordnete Masse gleichgeaneter Atome zerschlug": ebd. zum FreiheilSkon1.ept der Französischen Revolution. 16 Im drillen Abschnül seines Vortrags: OERS.118671 (1913) 175-185. nachdem der zweite (a.a.O. 170--174) die entgegengeselzte Position referiert hat. - Im Erstdruck (DERs.118671 120) sind beide Abschniue nicht getrennI. 17 Zilat a.a.O. 185. Das Problem des Anteils verstorbener Generationen am Ganzen der Gene:· ralionen(olge (a.a.O. 183) ist eine: V.rilUlte des als .,Zwischenzustand" bekannten Problems der ef'SlCß Gestall "on Schleiermachers eschatologischem Dilemma (zwischen IndivKiual- und Uni,-ersakschatologie). 18 Die •./zJ....-ei ent.scheKkndelnllrrtümer des Fonschrinsdenkens. die KlihleT a...O. 182 bekämpfl. betreffen genau die zwei Dimenstonen individuelkr Freiheil ab Freiheit von der Gesell· sch3fi (•.a.O. 182f.) und vom Tode: (•••.0. 1&4)••och wenn Kihkr im vorliegenden Konlexl nur einmal beiläufig von Freiheit spricht: ~ Was wir an der unfr~jn, Natur sehen. übertrigt sie (sc. ..eine in unseren Tagen weil verbreitete Lehre"l auf das menschliche Gcschlecht~ (a.•.0. 181: Hervorhebung ,'on mir).
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lehnt damit die aufklärerische Idee eingelx>rener Menschenrechte nicht rundweg ab; er modifiziert sie aber entscheidend. indem er statt von einge· borener vielmehr von auf die Ewigkeit angelegter Gleichheit und Freiheit spricht, auf dem Gebiet der Sittlichkeit vom Gewissen als Anlage zur Sitt· Jich.keit. Gleichheit lind Freiheit des Einzelnen definieren sich so nicht VOll seinem Bezug zur Gesellschaft her. in die er hineingeboren wurde. sondern von seinem Verhältnis zur Ewigkeit, auf die er hofft. Was sind die Konsequenzen dieser Modifikation? Sie sind weittragend: Weil die Anlage zur Sittlichkeit der Entfaltung fahig und bedürftig ist. erreicht Kähler damit, daß Gleichheit und Freiheit über die Bedingungen der Gesellschaft hinausreichen und nicht zur Sanktionierung des jeweiligen gesellschafllichen status quo herabsinken können - eine Gefahr, die laut Kähler nach der ersten Phase der Französischen Re· volution zur Zeit der vomapoleonischen Republik Wirklichkeit wurde in Gestah der ..Herrschaft des Pöbels". Diese Fonnulierung im Verbund damit. daß Kähler die Notwendigkeit einer individuellen Entfaltung sittlicher Anlagen unterstreicht,19 darf nicht so verstanden werden, als wolle er dem demokratischen ein aristokratisches GesellschaflSbild enlgegenselZen. 20 Vielmehr verwahrt er sich kritisch gegen die "Verkünder der Geislesarislokralie" und die .•Aristokraten des Talentes... 21 Er kann und muß dies tun. weil das Gewissen als Anlage zur Sittlichkeit nicht auf die Entfaltung per· sönlichen Genies oder Talentes angelegt iSl, sondern auf die Ewigkeit; die anlhropologische Anlage wird so ein eschatologisches Konzept. Entfaltung ist damit auch nicht Sache persönlicher Leistung, sondern Werk Goltes. Jeder Kurzschluß gesellschaftlicher Gegebenheiten mit Gottes Ewigkeit ist damit verhindert. Die ,.andre Gleichheil" , ,jene Gleichheit", die Kähler dem Fortschrittsdenken entgegenhält. liegt ..in der Bestimmung eines jeden für die Ewigkeir', darin, "daß Gott die Ewigkeit in des Menschen Herz gelegt lIa,",22 Die Bedeutung von Kählers Ewigkeitskonzepl besteht vorrangig darin, daß es jeden Fortschrittsgedanken begrenzt durch die kritische Ori· 19 Zitat 8.8.0. 171; vgl. zur nOlwcndigcn Entfaltung der Anlagcn 8.8.0. 181. 20 Der Kählcr der 1860cr Jahre crscheint UNK (1975) 220 als .,aristokratischer Individualisl" (lOgt auch a.•.O. 189 zu Kählers Abhängigkeit von romantischen Anschauungen Schlctermachers und v. Rankes: anders der spätc Kihler: a••.O. 386): cr zilier1 dafUr a.a.O. 120 Anm. 129 auch den Vorbehalt von KAHl..EII (18671 (1913) 190 gegen •.eine Verherrlichung der niederen Schichten und eine Proscripcion der herrschenden Krei.5C menschlicher GeselJschaft~. - Zu dieser Stelle s. S. 14\ Anm.28. 21 Zitale ••LO.185.183Anm.I. 12 Zitate La.O. 171,185.185.170. Nur an der k1Zlgcnannten Stelle (und par. LLO. 184) begründet Kihkr. wie OE 800R (1990) 65 bemerkt, individuelle EwigkeilSerwar1ung mil einem alncscamenllichen Zitat (Pred 3.11).
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entierung am Eschaton. Fortschritt kann nicht mehr anzeigen, "wie wir's so herrlich weit gebracht",23 weil die Ewigkeit, auf die wir angelegt sind. von Gott in unser Herz gelegt ist. Das Eschaton kann also aus keinem Fortschritt jemals erwachsen, sondern ,.ragt" umgekehrt aus Gottes Ewigkeit in die 24 Zeit hinein. wie Kählers anschauliche Formulierung lautet. Damit erfahrt der Fortschriusgedanke eine völlige Richtungsumkehr; Vollendung kann nur im Aufblick zu Gottes Ewigkeit erhofft werden. Damit aber. und das iSI die zweite Bedeutung von Kählers Ewigkeilskonzept, ist der Fortschriusgedanke nicht einfach ausgelöscht. sondern tatsächlich neu ausgerichtel?S Wenn das menschliche Gewissen nicht auf Fortschritt, sondern auf Gott angelegt ist, dann muß sub specie aelernitatis auch von einer Entfaltung des Gewissens gesprochen werden können. Wenn es Goues Ewigkeit ist, an der aller menschliche Fortschritt seine Grenze findet, dann muß sie auch dessen Grund sein. In diesem Sinne hält Kähler fest, "daß Religion der tragende Grund echter Siu!ichkeit ist".26 Hatte er zuvor den Ewigkeitsbegriff eingeführt in Auslegung der mehrfach wiederholten These, daß es keinen überindividuellen Fortschritt in der Sittlichkeit gebe, so kann er nun komplementär dazu gerade für diese selbe grundlegende Stellung des Ewigkeitskonzepts als "nicht das schwächste unter den Zeugnissen" ins Feld führen, "daß die Geschichte des Geschlechtes kein sich wiederholendes Auf- und Abschwanken, sondern ein steliger Fortschritt auf ein ihm gesleckles Ziel hin iSI",27 und er kann dies wiederholt und breit illustrieren an der Bedeutung des Christentums ausgerechnet für die Enlwicklung der Sinlichkeit!28 Kähler kennt also durchaus einen sittlichen Fortschritt auf überindividuellern Gebiet. Genau dies widerspricht aber der ursprünglichen Fassung seiner These. so daß er selbst über diese sagl: "Wie bestünde auch mil solcher 23 KÄHLER 118671 (1913) 175 mil Anspielung auf die Wone WagllCrs in QoE11iES Faust 1.570-573. dllrch die sich der Fonschriusglaube als epigonales Bauen auf fremdem Fundament entlarvt. 24 KÄIlLER r 18671 (1913) 170.194 zum ,.Ragen", 25 So der viene Abschnitt voo Köhlers Vortrag: a.a.O. 185-191. 26 A,a.O. 187. 27 Zilal~ a.3.0. 188. 28 A.a.O. 177 Anm, I; 118.179 ("Großmacht christlicher Sitlenlehre") und besonders a,8.0, 187-190. wobei diese Stellen z.T. ausdrücklich neben Kählers Grundlhese geslelll werden, Köhlers bevorl.ugtc Beispiele sind die Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung der Frau und die Abschaffung der Sklaverei. Aber auch der Protest dagegen, ,.daß Millionen nur das Fußgestell sind I., ·1. auf dessen höchster Spitze sich die einsamen Geslalten der herrschenden Männer und der hervorragenden Frauen erheben" (a,a.O. 183). ist dem Zusammenhange nach zuerst im Sinne eines in der Ewigkeit gründenden Fortschrills und nicht eillCs Eintretcns rur die soziale Frage zu lesen (gegen OE BooR 119901 66f.); ebenso der von Link (s, S. 140 Anm, 20) inkriminierte Vorbehalt.
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Fassung unsre Aussage, das Christentum verbürge dem ganzen Geschlechte die Erreichung eines ihm gesteckten Zieles?,,29 Die Antwort lautet, daß ein überindividueller sittlicher, freilich religiös begründeter, Fortschritt in der Mission bestehe: "So gibt es denn einen Fortschritt auf dem Gebiete des Lebens der Menschheit, welchen die sittliche Arbeit von dem einzelnen Menschen aus beherrscht und gestaltet; einen Fortschrin, welcher das Ganze voran bringt. Es findet eine allmähliche Christianisierung der Völker statt".3O Ist aber nicht diese Antwort nur die Kehrseite des Dilemmas? Entweder schließt die Ewigkeit, wie Kähler sie eingeführt hatte, allen Fortschritt aus, oder aber die Ewigkeit, die einen Fortschritt zu begründen vermag - freilich nur auf dem Boden der Religion -, muß sich hierfür ihrer Ewigkeit begeben und geschichtlich werden: "diese wahre Religion selbst ist eine geschiChtliche Erscheinung". In diesem Satz schürzt sich abschließend nochmals der 31 ganze Knoten des Problems. Seine Auflösung ist nur 50 möglich, daß die scheinbare Aporie der Alternative von Fortschritt und Ewigkeit auf eine dritte Größe hin geöffnet wird. Hier zeigt sich die Bedeutung von Kählers "apologetischem" Vorgehen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß das Ewigkeitskonzept den Fortschritt nicht einfach aus-, sondern mit einer tieferen Begründung sogar einschließt. Dies ist jetzt für die Art dieser Begründung zu präzisieren: Die Ewigkeit, welche den Fortschrill als Vollendung der allgemeinmenschlichen Anlage im Gewissen verbürgt, wird von Kähler einmal als ,jenseil dieser Zeitspanne" liegend bezeichnet. 32 Dieses Jenseits ist von einem "Nach" zu unterscheiden. Verstünde Kähler die Ewigkeit als ,,Zeil nach der Zeit", dann wäre das Zeitverständnis des Fort5chrittsdenkens zwar umgepolt, aber nicht überwunden; anstatt aus der Vergangenheit wie bei Faus(s Famulus Wagner würde sich der Fortschritt aus der Zukunft speisen, aber aus einer Zukunft, die mit der Vergangenheit einen einzigen linearen Zeitstrahl bildete. Dann wäre das gezeigte Dilemma unüberwindlich.
29 KÄHLER [18671 (1913) 191. 30 A.a.O. 192. Im Ersldruck des Vonrags ist an dieser Stelle der Rückbez.ug auf die grundlegende These. daß es keinen sinlichen Fonschriu des Menschengeschlechts im ganzen gebe. vergiebt es denn einen Fonschriu auf dem deutlicht durch die Aufnahme eines ihrer 5tichwone: • Gebiele des Geschlechls-Lebens" eie. (DERS. [1867J 134). Die spätere Änderung dürfte daher rühren. daß Kähler hier nicht als Sexualelhiker verstanden werden wollte. 31 Zitat DERS. [ 1867) (1913) 192. ausführlicher a.a.O. 193: vgl. den ganzen flinften Abschnilt: a.a.O. 191-194. -Im Ersldruck (DERS. [1867J 134) ist der HInfte vom vienen Abschniu nicht ge· IrennI. 32 DERS.118671 (1913) 184.
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Doch Kähler verstehl die Ewigkeit nichl in diesem linearzeitlichen Sinne; vielmehr ist sie ihm zufolge die "Ruhe, die über die Zeit hinausliegl U33 und daher, mit Kählers eindrücklicher Redeweise, in die Zeit "hineinragt". Der kurze Schlußabschniu des Vortrags beschreibt das Verhältnis von Zeit und Ewigkeit mit den Worten des Eindrucks, den J.A. Bengel auf einen Zeitgenossen machte, so: "Ich ward wie von dem kräftigen Magnet durch die Augen, die voll Licht und Leben waren, und durch die Stirne, auf der ich das Wort ,Ewigkeit' zu lesen meinte. in eine andere Sphäre hingezogen.,,34 Der systematische Ertrag von Kählers Ewigkeitskonzept wird mit diesen Worten aus einem erbaulichen Lebensbilde in seinen zwei entscheidenden Momenten gut getroffen: Ewigkeit ist zum einen eine andere Sphäre über den zwischen Vergangenheit und Zukunft sich erstreckenden Fortschritt hinaus; sie ragt zum anderen in diesen Fortschritt hinein und zieht ihn zugleich an sich. Begrifflich expliziert Kähler diesen Gedanken mit dem Konzept der Verheißung: Auch das Christentum geht noch zu auf "die große Verheißung. welche allein imstande ist, die peinigenden Rätsel des Erdenlebens zu lösen", das Rätsel nämlich, daß die wahre Religion "eine geschichtliche Erscheinung" ist. Offensichtlich ist also das Christentum als geschichtliche Erscheinung zu unterscheiden von seiner eschatologischen Gestalt als wahrer Religion, die ausschließlich Gaues Verheißung ist. Als diese Verheißung ist das Eschaton die drille Größe im Dilemma von Fortschritt und Ewigkeit. Kähler kann daher, den Fortschritt ganz auf die so verstandene Ewigkeit beziehend, resümieren: "Der Fortschritt, wie er seinen Ausgangspunkt hatte, findet seine Vollendung in der Ruhe, die über die Zeit hinausliegt.,,3' Erst von diesem systematischen Ziel punkt der Argumentation aus wird auch die Wahl der Bilder "Fluß" und "Meer" für Fortschritt und Ewigkeit voll verständlich. Eine schroffe Alternative empfehlen sie schon deshalb nicht, weil ja der Fluß ins Meer mündet, und so kann Kähler seinen Vortrag im Stile einer lnc1usio rahmen durch das Leitmotiv vom "Meer der Ewigkeit', "in welcher doch kein Tröpflein der reich wechselnden zeitlichen Vergangenheit verloren ;S(',.36 Kählers Eschatologiekonzepl verbindet so Fortschritt und Ewigkeit unter dem klaren Vorrang der 33 A.a.O. 194. 34 A.a.O. 19.5 (der sechsie Abschnitl: 3.a.0. 194f.). Zilien ist Oskar WÄC.lTER. Johann AIbrechl Bengel. LebensabriB. Charakter. Briefe und Aussprüche nach handschrif!lichen Mittheilungen dorgcstclh. Slungart \86.5.206. 3.5 Zitate K},HUiR 11861] (1913) 194. Vgl. DERs.11911j 72: ..Man wird die Wege Gotles von hinlen vcrstehen:' 36 DERS.11861] (1913) 193; 8.8.0. 167 Jautcl der Relativsatz: ..in dem doch kein Tröpnein ei· ner reich wechselnden zeillichen Enlwickelung verloren ist".
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Ewigkeit. Kähler richtet so den gesamten Fonschritts- und Entwicklungsgedanken neu aus an einem Konzept von Ewigkeit als der "großen Verheißung", die allein den Fortschritt begründet und zugleich seine Grenze bildet, die mit keinem geschichtlichen Ziel von Fortschriu in irgendeiner Weise verrechnet werden kann.
Exkurs 4: Der infinite Progreßgedanke in der liberalen Eschatologie I. Zum Begriff der liberalen Dogmatik. Kählers Ewigkeitskonzept ist. wie gesehen. in der Auseinandersetzung mit dem Fortschrinsgedanken entstanden. Zur Verdeutlichung ist daher der Vergleich mit solchen Entwürfen von Eschatologie hilfreich, die ausdrücklich auf einem Begriff von Fortschritt basieren. Daft.ir kommen besonders einige Autoren in Betracht. die sich unter dem Titel einer ..liberalen Dogmatik" zusammenfassen lassen. Der Tenninus "liberal" soll dabei keine dogmatische Richtung oder theologiegeschichtliche Schule bezeichnen,J7 sondern ist zu verstehen von einer methodischen Grundsatztendenz in der Theologie des 19. Jh. überhaupt. welche durch das Aufkommen der historisch-kritischen Methode gekennzeichnet ist. [m Unterschied zur sog. Positiven Theologie.3Jl die. im einzelnen mit unterschiedlicher Begründung. die in Bibel und Credo genannten ,.Heilst3tsachen'· als feststehend gegebene (in diesem Sinne "positive") Grundlage der theologischen Arbeit voraussetzt. sollen im folgenden unter dem Stichwort ..liberale Dogmatik" diejenigen systematischen Theologen zusammengefaßt werden. die die kritische Methode in ihre Darstellung biblischer und kirchlicher Theologie integrieren. 2. Infinirer Progreß als unendliche Durchdringung von Geist find Leib. Hier ist vor anderen der Tübinger FR1EDRICH HEtNRICH KERN zu nennen. der nicht nur als gleichaltriger Schüler von F.C. Baur an der Wiege der historisch-kritischen Methode steht. sondern auch zugleich eine heute wenig beachtete Monographie zur Eschatologie verfaßt hat. In ihr will er Schleiernlachers Dilemma überwinden. daß die beiden Pole. persönliche Fortdauer und Vollendung der Kirche. jeweils nur entweder auf den Gedanken der Entwicklung ocIer den der Vergeltung (des Abschlusses) bezogen werden können. Kern dagegen eint sie, indem er heide •.nach der negativen s0wohl. als nach der positiven Seite des Begriffs" betrachtet und so ein umfassendes Gesamtbild herstell!.J\! Demnach ist die persönliche Fortdauer zwar die Entwicklung der im frommen Selbstbewußtsein des Individuums positiv gegebenen Gemeinschaft mit Christus, sie ist aber zugleich negativ beschreibbar als Befreiung ..von allem 37 Insbesondere ist nicht ausschließlich an den Kulturprotcstantismus zu denken. 38 Der Gegensatz von Positiver Theologie und liberaler Dogmatik im genannten Sinne ist theQlogiegeschichllich im sog. Apostolikumsstreil manifesl geworden. der über die unmiltelbar kirchenhiSlorischen Streitigkeiten hinaus seine theologiSChe Renexion in der Auseinandersetzung zwischen A. v. Hllmack und H. Cremer fand. Cremer selbsl ist zusammen mit M. Kähler und A. Schlauer der wichtigste Venreler der Posiliven Theologie. 39 Zum Folgenden vg!. KERN (1840) 77 (Zitat) mit Bezug auf ScIU..EIERMACHER 11830131] (1960) § 159.
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Sündhaften" und damit als Gericht oder Vergeltung. Und ebenso ist die Vollendung der Kirche zwar negativ als gerichtliche Befreiung von der ihr noch anhaftenden Sünde zu beschreiben. Sie ist damit aber zugleich durch logische Negation positiv .,wesentlich auch Entwicklung". weil sie Befreiung zu weiterer und dann ungehinderter. also unendlicher Verklärung bedeulet. 40 Kern erläutert diesen Gedanken mit einem doppelten Rückgriff auf Eschatologeme der Venninlungstheologie: Er erklärt die individuelle Tilgung der Sünde mit H. Steffens' Theorem der Involution so. daß auf das vom Leib beherrschte Erdenleben ein geistdominierter Zwischenzustand folge. an den sich als Ausgleich beider die jenseitige Entwicklung zu unendlicher Einheit von Geist und Leib in der Auferstehung anschließen müsse. 41 Auf universaleschatologischer Ebene entspricht dem der später vor allem durch I.A. Dorner zur Wirkung gebrachte Gedanke. daß mit Christi Auftreten die Eschata in einer geistigen Zwischenzeit bereits angebrochen sind. auch wenn sie noch der endgültigen leiblichen Konkretion durch dje zukünftige Parusie bedürfen. Kern kann also mit diesem doppelten Rückgriff auf die Venniltlungstheologie42 sowohl die Unsterblichkeit leh43 ren als auch den Gedanken einer vollendeten Kirche als infiniten Progreß anschaulich machen. Eschatologie bietet damit. Schleiennachers partikulare Anschauungen überwindend, das Gesamtbild einer immer vollkommeneren Durchdringung von Geist und Leib sowohl im Individuum als auch in der Kirche als Gesanllheit aller Individuen im Verhältnis zu jedem einzelnen. Kern kann so gegen Schleiennaehers Verdikt der Nichtlehrbarkeil die Eschalologie als Apokalastasis dogmatisch beweisen, indem "der Begriff der Vollelldullg selber. und ihre NOfhwelldigkeit ins Klare gesezt" werden. 44 Gewiß ist der in diesem Konzept tragende Gedanke der Involution Spekulation. Doch liberale Theologie und Spekulation schließen sich im 19. Jh. nicht aus, wie das wirkmächtige Beispiel von RICIlARD RQTIIE zeigt, der als später Begründer des Proteslantenvereins der Inbegriff liberaler Theologie vom Schlage des Kulturprotestantismus zu sein scheint und doch ein eschatologisches Konzept von infinitem Progreß 40 Zitate KERN (1840) 78.77; vgl. ebd.: .,ein ins Unendliche sich steigernder Fortschriu". 41 KERN (1840) 115 greift Sterfens' Involution (s. Exkurs 2. hier S. 70f.) auf. auch wenn die Begrimichkeit von Geist und Leib an die heilsgeschiehlliche Axiomatik von Person und Natur erinnern mag. Diese versteht aber nicht den Zwischenzustand. sond(1Tl gerade die nach Kern leibdominierte Gegenwan als geistbcslimmt. 42 KERN {I 840) 4 strukturiert die biblische Eschatologie (Kap. I) so: Gegen die antikjUdische Unterscheidung zweier Äonen. die durch das eine Auftreten des Messias getrennt sind. nimmt das Neue Testament eine Endzeit an, die durch die zwei Parusien Christi gerahmt ist. S. S. 125 Anm. t 97. 4) Kern verteidigt diese ewige Unsterblichkeit der persönlichen Geist-Leib-Einheit gegen die aus der hegelianischen Deballe (s. Exkurs I IS. 64ff.J) bekannten Beschränkungen. also gegen P.K. Mnrheinekes ..rechlShegelianische" Unslerblichkeit in ..einem blos diesseitigen Sinne" (a.a.O. 92). gegen C.H. Weißes Unsterblichkeit nur der christlichen Persönlichkeit (a.a.O. 83f.) und gegen die Unsterblichkeit nur der menschlichen Gallung (a.a.O. 86 als Linkshc:gelianismus eingestuft). 44 A.a.O. 94. Bereits das Kap. I zur biblischen Eschatologie nennt die "Wiederherstellung alI~r Menschen in Christo zur Einheit mit GOIl die ein:ig richlig~ Conseqll~n:" (a.a.O. 37) der neuteStamentlichen Anschauungen und begrlIndei dies damit. daß nach Paulus zuletzt •.ganz Israel gereltet werden wird" (a.a.O. 38).
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entwickelt. das grundsätz.lich spekulativ begründet ist.4~ Grundlage dieses Konzepts ist das Verhältnis von Gon dem Schöpfer zu seiner Schöpfung: Gott ist das absolut geistige Wesen, das durch sein Schöpferhandein Materie sich ins Geistige anverwan· deli. doch so. daß Schöpfung nie das Maß von Goltes Geistigkeit erreicht. Es gibt daher eine ewig fortgesetzte Schöpfung. die aus den irdischen Schlacken der zu an· gelischem Dasein emporgeläuterten Geschöpfe neue, geisligere Wesen schafft. 46 Folglich gibt es in ihrer Geistigkeit je nach Frühe oder Späte ihrer Schöpfung abge· stufte KrealUrsphären,47 deren einzelne Angehörige gleichwohl individuell vollendet sind. 48 Der ewige Fortgang dieser Schöpfung in einer unendlichen Weltenreihe nach Abzug aller bösen. d.h. auf die Verschlackung statt die Vergeistigung gerichteten Tendenzen49 ist Rothes Bild von Eschalologie.~ Der Gedanke eines unendlichen Progresses ist hier zwar auf dem Boden der Spekulation, aber bestechend klar durchge-
ruh". Derselbe Gedanke des infiniten Progresses beherrscht bei scheinbar völlig ande· rem theologischen Ansatz die Eschatologie von RICHARD ADELBERT LIPSlus. Sie ist die konsequente Aufdeckung und anschließende Überwindung der Aporien in der kirchlichen Eschalologie.~1 Die Kirche lehre zum einen ein im Himmel fertig bereit liegendes Heil~2 und erwarte zum anderen, daß die sittlichen Gesamterträge der einzelnen Menschenleben als ..fertige Zustände" in die Ewigkeit übernommen würden. H Mit dieser Lehre setzt die Kirche Lipsius zufolge den Grundirrtum des Frühjudentums fort. der in der .jüdischen Zeiuheologie" mit messianischem Königreich und Weltgericht zwei ursprünglich selbständige eschalologische Gedankenreihen vermengt ..s4 Dies würde eine "sprungweise Vollendung" bedeuten. die eine Entwicklung 45 Da die bei Rothe meist auf Einnüsse der 1lleosophie (s. Exkurs 3. hier S. 99-102) zurück· geführte Spekulation das historisch-krilische Interesse überlagen. kann ROlhe nur mit Einschränkungen unter meinen Begriff liberaler Dogmatik fallen. Vgl. das Charakterbild des Theologen Rothe bei BARTIt (1947) 544-552. 46 RonlE (1869n I) 11,481 f. (§ 457). 47 A.a.Q. 1I,482f. (§ 457 Anm.) zur höheren Geistigkeit späterer Schöpfung. 48 A.a.O. 11,483 (§ 458). Grade der Seligkeit sind daneben niehl ausgeschlossen (u.a.O. 111, 194 I§ 5951), doch jedes Individuum SIeht mit der Seligkeit aller Kreatursphären in völligem Austausch (a.3.0. 11.480 [§ 4561). 49 So wird der im Gericht Verworfene als "sieh allmälig in sich selbst aufzehrend" (a.a.O. U1,1941§ 5961) gedachl: vgl. a.a.O. 11,478 (§ 452 Anm.) zum Gericht über die Natur: Dort "wird die Chemie ihren Triumph feiem". 50 Rothe wird m.E. zu sehr von Hegel aus gelesen. wenn man seine chiliastische Eschatologie auf die Vorstellung beschrJnkl, daß die Kirche im Staal aufgehen werde. Dagegen bemerkt ÜSTHOF (1999) 286 (vgl. a.a.O. 273 Anm. 382), dieser Zusammenfall geschehe ..erst im Escha· ton". Ungesagt bleibt dabei aber. daß Rolhe dieses Eschnlon als infinit denkt. Seine Eschatologie hat so die Weite der Spekulation eines Origenes und ist daher ähnlich umstrinen wie diese. 51 LtPS1US (1893) 849 (§ 970) faßt den dogmatischen Negalivbeweis zusammen aus §§ 947.950.958 zur alt- bzw. neuleslamentliclten bzw. kirchlichen Eschatologie. Vgl. a.a.O. 855 (§ 982) mit den Begriffen Zeit und Ewigkeit. 52 A.a.O. 840 (§ 956) fUhrt Lipsius diese Vorstellung auf den Hebräerbrief zurück. 53 A.a.O. 852 (§ 978). 54 Zitat 3.a.0. 835 (§ 947): zu den beiden Vorstellungen vgl. a.a.O. § 945 bzw. § 946.
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zum Ziel fUhn. jedoch nicht auf dem Wege der Entwicklung. Mit diesem Gedanken der sprungweisen Vollendung fuße die kirchliche Eschatologie auf einer contradictio in adjeclo.~~ Dagegen steht bei Lipsius die Vorstellung eines progredierenden Ziels. Sie iSI dann nichl ebenso comradictio in adjecto. wenn es sich gleichsam um das fortgehende Ausschreiten eines Gipfelplate3us handelt. eben um einen ..pr0gre5sus in infinitum...56 Dieser müßle aber. soHle er dogmatischen Wert haben. religiös verstanden werden. Erst in der postumen Letztaunage hat Lipsius damr die theologische Begriffiichkeil gefunden: Eschalologie handelt von einem unendlichen Fortschritt als dem ..donum perseverantiae'·. ~7 Lipsius bestimmt diese Perseveranz inhaltlich als Beharrlichkeit des persönlichen Ich ..im Wechsel seiner Zustände und Thätigkeiten··. Darin declcl er sich ausdrücklich mit dem schweizerischen Theologen ALDIS EMANUEL BIEDERMANN. Gegen ihn will Lipsius aber die Beharrlichkeit des Ich gegenüber seiner Umwelt religiös als Unslerblichkeit (persönliche Fondauer) verstanden wissen. um nichl eine canesische Überlegenheit von Geist- über Nalursubslanz assoziieren zu lassen.~8 Doch auch Biedem13nn zielt nicht auf einen Substanzdualismus. wenn er in der teils poslumen Zweitaunage seiner Dogmalik das eschalologische Grundkonzept eines in der Weil slatthabenden Sich-Erhebens über die Weil zur Freiheit von der Welt ausdrücklich nicht als Unsterblichkeit versteht. Vielmehr kritisiert er die traditionelle Anschauung von Unsterblichkeit der Seele und Auferslehung des Aeisches gerade deshalb. weil sie den Substanzdualismus impliziere.)') Biedennann fonnulien seine eigene Konzeplion statt dessen in hegelianjscher Diktion als Durchdringung von absolutem und endlichem Geist 60 und rezipiert zur lIIuslTation den Chiliasmus. 61 Dieser Gedanke entspricht Kerns an Steffens geschulter Spekulatioo. über den Zwischenzustand sowie der Vorstellung Lipsius' vom donum perseverantiae als Erreichung einer sich unendlich fortsetzenden Entwicklungsstufe. Es scheinl also. daß Lipsius und Biedennann 55 ZiUIl ....0. 852 (I 971). 56 A.a.O. 853.861.855 (U 979.989.982). Die beiden erslen Siellen t:rilisleren. daß der Begriff kein religiöser sei. S7 A.a.O. 868 (1995): vgl. a.a.O. 853 (§ 979): ..pcrseveraßlia 51nclorum··. Dieses Konzept. das der Herausgeber. O. Baumganen. in seinem Vorberichl a.8.0. XXXIII als wichlige Neuerung hervorhebt. fehlt noch in den entsprechenden Paragraphen bei LIPSIUS (1876) 872.860 (U 971.9(1). während von einem progre.sSU$ in infinilUm bereilS die Rede ist (a.a.O. 860.868.862 [U
961.971.9641). 58 Zilal DERS. (1893) 865 (f 993). Die ~),'plizi/t' Abgn:nzung gegen Biedermann (a.a.O. 867f. [f 9951: noch nicht DERS. 11876] 872 119711) haI Baumganen 1893 als Herausgeber aus einem Vonrag von Lipsius rekonstruiert.
59 BIEDERMANN (1884/85) 11.391
(I 579)
krilisiert die Aufel'Slehung des Fleisches (nicht des Leibes!) als Subslanzmet8physik. Die UnslerblichkcilSlehre und ihre VOßlellungen vom Ich als •.einem besoodem Ding·' verwirft cr 8.a.0. U 949-973 (Zitat 8.a.0. 11.656 119701) und läßI nur dle Bestimmung des Ich zum _rt'al ...·d1{rt'it'n Geistleben (a.8.0. 11.657119721: "gI. 8.8.0.11.664 1I 991 J) gelten. 60 A.LO. 1I.66Of. U 985). 61 [)rer Oriliasmus fasse das diakklische Verhältnis des Reiches Gones zur Weh - die Weh ist sein Boden. doch ,.nichl die Weil als Weil" - in die Vorstellung ,.einer posiliven V~rWrllng dersdben- (Zilale LLO. 11.390 1I 5781). M
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dasselbe Eschalologiekonzept des progressus in infinitum vertretcn 62 und so auch mit dem Entwurf von Kern übereinstimmen. 3. Ergtbnis. Somit bielen die hier vorgestellten AUloren ein im wesentlichen einheitliches Konzept von Eschatologie. das sich durch die Ablehnung eschatologischer Dualismen. also LB. der Elugegensetzung von Geist und Leib. auszeichnel. 6J Hierin ist die AuseinanderselZung mit dem eschatologischen Dilemma Schleiermachers zu spüren. auf den sich Kern denn auch extensiv bezieh!. Die Antwort. welche er und die anderen Autoren geben. ist jeweils die des progressus in infinitum (so ausdrücklich Rothe und Lipsius). also einer ins Unendliche fortschreitenden Vervollkommnung der Durchdringung von Geist und Leib. so daß die Eschatologie lediglich eine Bahn zu beschreiben hat. auf welcher der Weg in die Ewigkeit dann. so zu sagen. vorgezeichnet ist. Dies erklän den Fortschrittsoptimismus der genanmen Autoren. Zugleich erklärt es, warum in der Linie solchen Fortschrins das Judenlum, bildlich gesprochen, auf der Strecke bleib!:: Kern folgt der schon bekannten Lehre von den "zwei Adventen ChriSli", die das Judentum in eine mit Christi Auftreten überholte Geschichte einstuft Lipsius hai als Folie seiner Eschalologie die ,jüdische Zeinhcologie" vor Augen.
Diesem Progreßgedanken und seiner Sicht auf das Judentum tritt nun Kählers Konzeption eines Fonschritts entgegen, dessen einziger Grund und einzige Grenze die in die Zeit hineinragende "große Verheißung" der Ewigkeit ist. Doch muS diese Grundidee noch präzisien werden. Denn der liberale Progreßgedanke wird nicht nur von Kähler kritisien, sondern auch von ALBRECHT RITSCHL, der theologiegeschichtlich in manchem als Weggenosse Kählers erscheint. In der Eschatologie kommt Ritsehl jedoch zu ganz anderen Ergebnissen. Er selzt hier an der Wurzel des infiniten Progreßgedankens ein: Dessen Vorstellung einer unendlichen Vervollkommnung des Verhältnisses von Geisl und Leib fußt auf einer traditionellen eschatologischen Zuordnung von Rechtfenigung und Heiligung. Genau dieser Zusammenhang besteht nach Rilschl jedoch nicht. weil die Rechtfenigung nicht gegen die Unzulänglichkeit der Werke des Gesetzes gerichtel sei, sondern gegen Werklichkeit überhaupt. 64 Dementsprechend zielt in christli62 Der Unterschied beider liegt vielmehr in der Kanlinlerprctlltion: Lipsius Hihrt Religion auf die praktische Notwendigkeit zurilck, daß das Ich sich gegenUber der Welt behaupten muß wie gegenUbcr einer Bedrohung (UOlTENltof'F 11991]147). da die Welt dem Ich nicht nur als seine eigene subjeklive Konslitutionsleislung (Erscheinung), sondern auch als deren reales Objekl (..Ding luRer uns~) gegenUbenrill (vgl. 1.1.0. 153f.). Biedennann kennt eine solche Nötigung zur Religion nichl, da er Lipsius' Verdoppelung der kanlischen Lehre vom Ding an sich zum Ding lußer uns nichl leih, sondern den absolulen Wehgrund als logisch zugänglich ansieht (vgl. a.I.O. I 73f.). Dies wäre fUr Lipsius der RadJa" hinter die kopernikanische Wende (vgl. La_O. 17or.). 63 Für Lipsius s. bei S. 147 Anm. 58 und für Biedermann s.. S. 147 Anm. 59. Auch KERN (1840) 58 SlChl gegen Du.alismen. 64 Iki Rrrsou. (1882183) 111.450 (f SI) _..ird die Unvollkommenheil 1... 1 nicht 1.. _1 bkls quanlitaliv. sondern qualitaliv beunheill".
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cher Eschatologie Rechtfertigung nicht auf Heiligung, sondern auf ewiges Leben, das Ritschl im geistgewirkten Leben der Gemeinde verwirklicht siehl. 65 Gute Werke sind daher nicht Ziel, sondern Organ der Eschatologie. 66 Als Ziel gedacht im Sinne der infinit progressiven Heiligung würden sie auf ein Hindernis stoßen, das "Reich der Sünde". Es bezeichnet diejenige Gemeinschaft, deren Glieder untereinander verbunden sind durch die interpersonellen Auswirkungen der Sünde. Diese kommen wenigstens in ihrer schwächsten Ausprägung als "Abstumpfung" gegen anderer Menschen Übel auch in der Gemeinde zur Geltung. 67 Zugleich steht das Reich Goltes in Gestalt der Gemeinde der Versöhnten diesem Reich der Sünde aber entgegen, denn die Versöhnten ertahren durch die Gnade eine Schärfung ihres Schuldgefühls und zugleich die Gotteskindschaft als die Ausrichtung auf den göttlichen Endzweck, so daß sie das Problem der bei aller Versöhnung fortbestehenden Sünde tragen können, weil sie darin kein Strafübel mehr erblicken, und diese veränderte Sichtweise auf die sündige Welt ist der Kern dessen, was Ritschl die christliche .,Weltbeherrschung" nennt. 68 Der Unterschied dieser eschatologischen Auffassung von derjenigen Kählers ist offensichtlich: Kähler begreift die Ewigkeit als eine reale und wirksame Größe, die in die Zeit hineinragi; bei Ritschl dagegen ist sie ein Reich der Zwecke, das sich auf die Gemeinde beschränkt. so daß eine Fortwirkung sich nur auf die Kirche erstreckt. Ritschl ersetzt also die Kette von Ursache und Wirkung, die den Progreßgedanken auszeichnet, durch die Teleologie, in der die Gesinnung der Gemeinde Maßstab der Eschatologie wird. Köhlers Eschatolog;e b;etel jedoch gegenüber d;eser Alternative VOti Kausaliläl IIlId Teleolog;e eine dr;lte Größe. Deshalb genügt es zur Charakterisierung von Kählers Konzeption noch nicht. sie mit dem liberalen Progreßgedanken zu vergleichen. Vielmehr ist der Gedanke fortzufLihren anhand desjenigen Themas, das auch den Vergleich mit Ritschl erlaubt. und das ist die Versöhnungslehre, oder mit Kählers Tenninus: die Soterologie. 65 A.3.0. 1lI.457f. (§ 52) zum Zusammenhang mit dem ewigen Leben anslatt mit der Heiligung. Zur gemeindlichen Wirklichkeit des ewigen Lebens vgl. a.a.O. 111.467 (§ 52): RilSChl verknüpft Individual- mit Univcrsale....c hatologie. so daß die ,.geislige Freiheit des Individuums" ge· meinsam mit der ..Offenbarung des allgemeinen Endz.....e ckes der Welf" die .,geistige Herrschaft der Genossen des göttlichen Reiches über dieselbe und ihr ewiges Leben" begründe!. 66 A.3.0. 111.480 (§ 53). 67 Zil:lIe 3.a.0. 111.314 (§ 41). Das ..Reich der Sünde" iSI das Ergebnis von Ritschis Krilik der ErbsUndenlehre. 68 A.a.O. 11].505 (§ 56): ..Denn je höher die gÖlIliche Gnade in dieser Verleihung geschätzi wird. um $0 schärfer muß sich der Contrasi zwischen den Venchu1dungen und der Aufnahme in Gottes Gemeinschaft ftihlbar machen.·' Zur Wellbehemchung vgl. 3.3.0. § 62.
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Zweiter Teil
2. Soterologische Eschatologie. Ausgangspunkt von Kählers Eschatologie ist die Ewigkeit, die als Gottes "große Verheißung" in die Welt der Menschen hineinragt und so Grund und Grenze menschlichen Fortschrius wird. Was aber ist der Gehalt dieser Verheißung? Kähler hai diese Frage 1896 aufgenommen in einem programmatischen Vortrag über "Oie Bedeutung, welche den ,letzten Dingen' für Theologie und Kirche zukommt". Dessen These lautet: Erst "die Eschatologie erschließt der Theologie den Sinn für die Geschichte". Dies wird dann auf einzelne dogmatische Loci angewandt, so daß "ohne Eschatologie keine Christologie", "keine Soteriologie", "keine christliche Ethik", "keine Theodicee" möglich sind,69 weil alle diese in je unterschiedlichem Sinne einer Vollendung ihres geschichtlichen Fortganges bedürfen, die jedoch nicht linear, sondern nur von Gottes Ewigkeit her möglich ist. Die einzelnen Entfaltungen dieser These führen immer wieder auf das verheißene Kommen Christi zum Gericht;10 jeweils führt Kähler das Konzept eines nur eschatologisch begründeten Geschichtsfortschrittes durch. Christologisch kann der Gekreuzigte nur im "zuversichtlichen Ausblick über sein Kreuz hinaus" Weltenheiland sein, und soteriologisch wird dies dem Gläubigen nur im "getrosten Blick auf den Vertreter, der als einziger Richter jeden andem Richter ausschließt", gewiß und darum "wider mich selbst".11 Auch die Ethik mißt daher beim Problem der Sittlichkeit des Einzelnen dessen Keim eines religiösen Lebens eschatologisch am "Überschwang des Hoffnungsgutes", also "schon an der voll ausgetragenen Frucht".12 Auf überindividueller Ebene schließlich bedeutet auch die Theodizee, von Kähler als .,Verständnis des Wellganges aus dem Gottesglauben heraus" definiert, keine "Überschlagsrechnung" des innerweltlichen Geschehens, sondern folgt der "sinlichen Wellordnung", die Christus durch sein zukünftiges Kommen heraufführt: "Daß wir alle offenbar werden müssen vor seinem Richterstuhle, das ist die Theodicee für die Geschichte jedes 69 Die Darlegung der These im zweiten Abschnin des Vonrags: KÄtlLER (1896) 491-500. ihre Anwendungen im drillen: a.a.O. 500--514. ZiuHe a.a.O. 497.50 1.503.506.511. 70 Vgl. a.a.O. 502 (Beispiel Christologie): "dann kommt kein Menschenleben zu einem Abschluß. ohne ihm zu begegnen" mit a.a.O. 512 (Beispiel Theodizee): •.daß kein Menschenlos sein Ende findet. ohne daß er vor Christi Angesicht gestellt wird". 71 Zitate a.a.O. 502.505.505. Daß mir das Heil nur unter Absehung von mir selbst gewiß ist. betont Kähler (DERS. [1905j4231§ 4901: ..non propter sed per fidem") mit Frage 61 des Heidelberger Katechismus. 72 Die Zitate (DERS. 118961 508.503) halten den ethischen Lohngedanken fest (der jedoch qua ..Überschwang" vom Verdacht der Verdienstliehkeit befreit ist) bzw. den soteriologischcn Bekennlnissatz von der $ündhaftigkeit der Neugeborenen (CA 9): beides ergibt sieh aus dem Argument in der vorigen Anmerkung.
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einzelnen Menschen."n Gerade mit Blick auf kirchliche und parakirchliche Endzeitströmungen seiner Zeit wie die Bewegung um E. lrving stellt Kähler darum für die Frage nach den verschiedensten "Ietzten Dingen" fest: "das sind alles Aussagen von dem lebendigen Christus". Somit ergibt sich, daß ChrislUs selbst der eigentliche Gegenstand der Eschatologie ist; "daß die christliche Eschatologie im Grunde Christologie, Aussage von Christi Per· son und Werk sei". Diese Konzentration auf die Person Christi ist aber nicht als Reduktion gemeint; dagegen spricht Kählers Differenzierung Christi als der letzten und zugleich ersten Person: "So kennen wir eigentlich nicht eine Anzahl von letzten Dingen, sondern nur eine ,letzte' Person, die das freilich auch nur sein kann, weil sie auch die ,erste' ist.,,74 Kähler macht also offensichtlich Christus zum Mittelpunkt der Eschatologie, und zwar in seiner Gestalt als erste und letzte Person. In dem Vortrag von 1896 wird Christus, die letzte und erste Person, ohne Umschweife als "der gepredigte Jesus Christus, der Jesus Christus der apostolischen Verkündigung in den neutestamentlichen Briefen und Evangelien" exp1iziert.7~ Kähler greift damit auf eine These zurück, die er 1892 entfaltet hatte, daß der biblische Christus der Christus der kirchengründenden Predigt sei. Ohne auf diese meistumstrittene Schrift Kählers hier schon näher einzugehen,76 kann man festhalten, daß als das entscheidende Moment der Personalität Christi sowohl 1892 wie 1896 ihre geschichtliche Gestalt er· scheint. 77 Geschichtlichkeit Christi ist hier weder Historizität im Sinne verifizierbarer Vorfindlichkeit noch "zufällige [...] Einkleidung der allzeit gleichen ,natürlichen Religion",.78 Kähler entnimmt sein Konzept von Geschichl1ichkeit Christi als der letzten und ersten Person vielmehr dem Geschichtsbewußtsein des Alten Testaments. Dort bezeichnet Geschichte den Zusammenhang eines Ereignisses mit dem Ausblick auf seine Vollendung. 79 ..Dagegen erzeugt die Weissagung schon im Volk Israel ein durch73 Zilale a.a.O. 511.512.512.512. 74 Zilale a.a.O. 490.500.490. Beim Verhältnis von ersler und leizIer Person sehen sowohl HJELDE (1987) 214 als auch OE BooR (1990) 93 einen Konflikl von über~ und nachzeillicher E.~ chatologie (Hjeldes ,.Eschaton und Eschata'", das OE BooR ,1990J 2 I6 Anm. 13 auch auf Troeltsch und Ahhaus anwendei), nur nehmen sie die ZUleitung an erslc und lelzle Person genau entgegengCSClzl vor. Für KÄHLER ist dieses Problem schon dadurch obsolet. daß ...ewig' und ,künftig' rur den ChriSlenwandel Wechselbegriffe sind" (DERS. 118961 521). 75 A.a.O. 491. 76 Das NÖlige hier/.u wird in Exkurs 6 (5. I89ff.) gesagl werden. 77 Bei KÄJU..fR (1892) schon im TileJ: .,der geschichtliche. biblische Chrislus··. 78 DERS. (1896) 495f. 497 Anm. I mit Bezug auf die Chrisluslypologie I Kor 15.45-47. 79 Kähler verlichl diesen Begriff der Geschichtlichkeil gegen die ..Gegner der Anerkennung des Allen Testamenles·· (a.a.O. 496; genannl sind Markion. G.E. Lessing und F. Schleiermacher).
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greifendes geschichtliches Bewußtsein; denn mit der Linie. welche der erleuchtete Blick von dem einheitlichen schöpferischen Anfange zu dem von Gott verbürgten Abschlusse zieht, ist auch die Erkenntnis von dem Subjekte der Weltgeschichte, nämlich von der einheitlichen Menschheit gegeben". Ihrer Funktion für dieses Geschichtskonzept nach ist die besagte einheitliche Menschheit ein "verbürgtes Ziel" der Geschichte; auf ein solches läuft dieses Geschichtsverständnis hinaus. so Wir können somit festhalten, daß Kählers These von der Eschatologie als Erschließung des Sinns für Geschichte zwei Momente enthält, nämlich die Personalität von Eschatologie und ihre Geschichtlichkeit. Ersteres schlägt sich darin nieder, daß Christus als erste und letzte Person der eigentliche Gegenstand der Eschatologie ist. Zweiteres zeigt sich darin, daß zwischen dem Ersten und dem Letzten ein gegliederter Zusammenhang besteht, der sich krafl Verheißung von einem historischen Ereignis auf dessen zukünftige Vollendung erstreckt. Diese beiden Begründungsmomente haben auch Eingang gefunden in einen 1898 erschienenen grundlegenden Lexikonartikel Kählers zur Eschatologie. Hier wird als Ertrag der biblischen Eschatologie ebenfalls der alttestamentliche Gedanke der Geschichtlichkeit festgehalten: "Bezeichnend für die alttest. Hoffnung ist die offenbarungsge· schichtliche Begründung", was für die christliche Eschatologie dann auf die Person Jesu bezogen wird: "Die Hoffnung bleibt durchaus an die Person des auferweckten und wiederkommenden Christus, mithin an die Offenbarung Gottes und an sein erlösendes und vollendendes Thun gebunden".81 Seide Momente, Geschichtlichkeit und Personalität. werden auf den Begriff ge· bracht, wenn es zusammenfassend über die Eschatologie heißt, .,daß alle ihre Aussagen soterologische sein müssen" .82 Der Terminus der Soterologie umfaßt also Geschichtlichkeit und Personalität theologischer Verheißungs· sätze. Soterologische Eschatologie bezieht demnach die religiöse Zukunftshoffnung auf die Person des auferweckten und wiederkehrenden Christus als Vollendung der Geschichte. Geschichte unter diesem Blickwinkel der Parusie zu sehen, heißt Soterologie. Der Begriff "Soterologie" ist eine Neuschöpfung Kählers, abgeleitet nicht von soreria, sondern von soter, was die Personalität unterstreichen sol1.83 Im Zentrum steht somit die Person Christi. d.h. mit Blick auf die Eschatologie: die Erwartung des persönlich Kommenden. Sie ist der Inhalt 80 Zitate ebd. 81 Zitate OERS. (1898) 492. 82 A.a.Q. 495. 83 Die Bedeutung der Personalilät belOnt zu Rechl auch LEIPOLO (1962) 61.
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dessen. was Kähler in seinem Vortrag von 1866 die "große Verheißung" nannle. Exkurs 5: Zur problemgeschichllichen Bedeutung der "SoleroJogie" Der Terminus .,SoIerologie" hat einen festen Platz in Kählers theologischem Denken. IW In der aus drei sog. l.ehrkreisen. nämlich Christlicher Apologetik. Evangelischer Dogmatik und 1lleologischer Ethik. bestehenden ..Wissenschaft der christlichen l.ehre"~ fUhrt Kähler ihn im 2. Teil der Dogmatik. in dem nach dem Bekehrungs· glauben (I. Teil) und vor dem Verherrlichungsglauben (3. Teil) der ..Versöhnungs· glaube" behandelt wird. als Überschrift des I. Hauptstücks unter dreien ein. Dieses behandelt. nach traditioneller Terminologie zu sprechen. Chrislologie in zwei Stücken als immanente Trinitätslehre und als Problem der Zweinaturenlehre: während die beiden übrigen Hauptstücke sich mit der Soteriologie als Lehre vom Heilswerk (2. Hauplstück) und dessen Zueignung (3. Hauplslück) beschäftigen. 1. Sorerologie als gegliederter Zusammenhong der Theologie. Das Konzept der Soterologie nun soU verhindern. daß eine derartige Einteilung der Theologie zu einer Zerteilung fUhrt in eine von Gones wegen feststebcnde Voraussetzung und deren um der Menschen willen aktualisierende Anwendung. Am Beispiel der Vef'SÖhnungslehre. anläßlich derer der Begriff gebildet wird. droht eine solche Zcrteilung. wenn Versöhnung als Heilsbeschaffung von Rechtfertigung als Heilsergreifung abgetrennt wird. 86 Kähler selbst unterscheidet freilich von der Versöhnung als der "Umwandlung des allgemein vorhandenen Verhältnisses der Entfremdung" die Rechtfertigung als ..die entscheidende Zueignung der Versöhnung"." D.h. aber. Kähler wendet sich mit dem Konzept der Soterologie auch gegen die Verabsolutierung seines eigenen Aufris· ses des dogmatischen Stoffes - ebenso. wie ihm auf der anderen Seite Versöhnung und Rechtfertigung nicht austauschbare Imerpretamenle eines und desselben Wesens von Heil sein können." Soterologie bedeutel also weder Distraktion noch Kontrakli· on der theologischen 1bemen. sondern bezeichnet ihren gegliederten Zusammen-
84 Zu allen Angaben über den Aufriß von KÄllLERS Theologie vgl. OOKS. ( 1905) XLV-XLVIII (Inhalt). 85 Dies i51 KUhlen Titel rur das. was bei den meisten Auloren ..Syslemalische Theologie" heißI (vgl. a.8.0. 47(1 43]). 86 Gerade umgekehn verwendel A. RrrscHL (1882183) bcidc Begriffe. Zum Problem vgl. WEBER (1966) 258ff. 87 Zitale KÄHLER (1905) 317 (§ 354) b7.W. 1.1.0. 42Of. (§ 488). 88 Y&I. dazu HAKLE (1995). der a.I.O. 496 die Unlerschiede der .jeViCils zugehörigen VOfstellungsweh" in das ..Gemeinsame zwischen beiden Begriffen". Gones bedingungslosen Zuspruch des Heils. lUfhebt und gcflCrell zur ..Vielfah und Einheil des Heils" (a...O. 494) bemerkt; ..Dit- Vielflh der Erschdnungsformen. in denen Unheil und Heil Geslah gewinnen. i~ gnmdsiit:Ji;h unINgufl;r (a.a..O. 495). Der Unterschied dieser Auffassung gegenüber Kähler ist. daß sie Geschichtlichkeit des Heils mit ihren "kOflkrelen Erscheinungsformen" (....0. 499 Anm. 10) gleichsetZI. was nichl Klhlen Begriff der Geschichllichkeit ist.
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hang. 89 Sie ist dabei aber mehr als der Kin eines regulativen Prinzips, welches das theologische System zusammenhält; sie hat einen angebbaren Inhalt. Dieser soll nun um genannten Beispiel ftir die Versöhnungslehre. zu der sich Kähler auch monogra· phisch geäußert hat, skizziert werden, wobei ich mich auf einige Konturen beschrän· ke. 2. Sorer%gische Versöhnungs/ehre. Die soterologische Eigenart der Versöhnungslehre läßt sich in den knappen Ausspruch zusammenfassen, ..daß Jesus Christus in Person die Sühne" ist.90 Damit ist gemeint. daß in Christi Tod am Kreuz die genannten Aufteilungen überwunden sind, ohne die dieser Tod immer nur entweder als Strafe oder als Sühne verstanden werden kann:'.ll Entweder erleidet Christus das Gericht als Strafe ftir die Schuld der Menschheit. und dann erlitte er, der Gerechte. sie ungerechterweise;92 oder er gibt das vollkommene Beispiel gehorsamer ErfulJung von Galtes sittlicher Forderung, und Jesu Tod wäre das Siegel auf seinen unvergleichli· chen Opfennut;'.l3 in beiden Fällen wäre die Verbindung zwischen Christi Person und seinem Werk rur die Menschen durchschnitten. Denn im ersten Fall ist der von Christi Tod behauptete Nutzen rur die Menschen. die stellvertretende Genugtuung, selber widersinlich. weil ungerecht: im zweiten Fall hat Christi Tod zwar unvergleichlich sittlichen Wert, fUr die Menschen aber wegen dieser selben Unvergleichlichkeit keinen Nutzen. 94 Erst wenn Christi Tod soterologisch, als Personopfer, verstanden wird. geHngt ..die Beseitigung dieses Entweder-Oder, des WechseIns von Strafe und Süh· ne", die "völlige Einheit des leidenden und tätigen Gehorsams, der HeiIigung des strafenden und des fordernden Golteswillens".9~ Denn wie Kähler in der Christologie im engeren Sinne ausgefUhrt haue.96 ist die Personalität des Heilswerkes Jesu die völlige willentliche Bezogenheit seines Lebens auf Gott, und infolgedessen besagt Stellvertretung zwar nicht, daß Jesus Schuld hat. wohl aber, daß er Schuldbewußtsein hai, eben indem er seinen Willen ganz dem Willen Gottes und damit auch dem Ge89 Das ist die Grundlhese von GOu.s Untersuchung zu Kählers Rochtfertigungslehre. z.B. DERS. (1991) 200: ... Versöhnung' und ,Rechtfertigung' bezeichnen vielmehr argumentativ entfaltete Wahrnehmungen des Handeins Goues. das als ein in sich gegliedertes erkannt wird". 90 KÄHLER (1898a) 387: vgl. das programmatische Schlagwort DERS. (1905) 376 (§ 436. Oberschrift): ..Christus selbst die SOhne". 91 DERS. (189811) 388: ..lm alten Testamente gilt: entweder Sühne oder Strafe. also: wo Sühne, da keine Strafe:' 92 "Tragen der Sündenfolge. der Schuld. ist fUr den sündlosen Jesus eine sittlich/! Unmöglich, k~if' (a.a.O. 397). 93 In dieser Auffassung wirkl die Aufteilung nach ..aktivem" und ..passivem" Gehorsam }esu nach. die KAHLER (1905) 362 {§ 418) durch die "Hingabe des eignen Willens an den Willen Gotles" ersetz!. 94 DERS. (1898a) 396: .,Nun, wenn er allerdings wie ein frommer Mann gcstorben ist. wer Jwnn ihm das nachmachen. der nicht ebenso fromm ist wie er. nämlich sündlos'!" 95 Zitate a.a.O. 401 bzw. DERS. (1905) 364 (§ 421). So werden die binären "DiSlinktionen allerdings ge11lde in Bewegung geb11lcht und aufgehoben" durch die Kategorie des "Personopfers Jesu" (Zitate SAl]1"ER [1997aI23 Anm. 9). 96 KÄIIJ..ER (1905) 339 (§ 388: Leitsatz zur .2weinaturenlehre") in Umsetzung des "Kanon", ..daß alle Christologie Soterologie sein" muß: "Dagegen wird die Vereinigung der Gouheit und der Menschheil als eine Wechselwirkung zweier persönlicher Bewegungen verständlich werden".
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richt unterstellt. 91 Vor allem aber liegt der Charakter des Todes Jesu als Opfer, "wie die Propheten hervorheben, in der Beteiligung des Willens bei der Gabe, welche eben die Beteiligung der ganzen Person einschließt".98 Wenn Kähler resümiert. daß Jesus als die ,.Sühne in Person" zur .,völligsten Zusammenfassung des von Gou geordneten Opfers mit dem von GOtl vollzogenen Gericht" ruhn. dann betont er durch die zweimalige Nennung des Goneshandelns in Gericht (Strafe) und Opfer (Sühne), daß die problematischen Aufieilungen der Versöhnungslehre nur durch die soterologische Ausrichtung auf Gottes Willen selbst überwunden werden. 99 Die a1nestamentltchen Vorstellungen von Suafe und Sühne erscheinen dann nicht als Anwendungen eines abstrakten JudiziaJ- oder Ritualgesetzes. das unabhängig von Gott in Geltung stünde, sondern in beiden tut sich Gottes ewiger Wille kund: Die Strafe dient der ..Aufrecht· erhaltung der Weltordnung", die kein Gesetz ist. sondern ein "Grundgesetz", also der Inbegriff dessen, worauf alle Gesetze zielen; und die Sühne ist eine ,.Gabe Gottes an die Israeliten", die im Falle von Jesu völliger Willenseinheit mit Gou dessen eigenen. Goltes Willen und also sich selbst gibt, d.h. mit dem technischen Ausdruck: Gon offenbart sich. Deshalb korrespondiert dem einen Satz, daß Jesus Christus in Person die Sühne sei. der andere: ..Christus ist die Offenbarung in Person".IOO Der soterologisch verstandene Christus ist also durch das an ihm ergangene Versöhnungsgeschehen der Stmfe und Sühne mit seinem alttestamentlichen Herkommen verbunden und zugleich mit Gones ewigem Willen. der sich darin offenbart: Jesu Kommen ist so eine Ge· schichte. die, so zu sagen. vom ersten Schäpfungslage bis zum Jüngsten Tage reicht - ein durchgehender. aber gegliederter Zusammenhang gönlichen Handelns. Das Konzept der SOIerologie ist so als theologische Würdigung der Geschichte im ganzen eine Präzisierung des Grundgedankens heilsgeschichtlicher 11leologie.
Vor dem Hintergrund dieses Exkurses ist interessant, daß Kähler für sein soterologisches Eschatologiekonzept den Tenninus ..Heilsgeschichte" weitIOI gehend meidet und vielmehr von einer "Ökonomie" spricht. Darin könnte ein kritischer Anschluß an die Heilsgeschichtliehe Theologie liegen. Wie diese versteht Kähler zwar die Geschichte Jesu vom Eschaton her. betont er 97 Ol!R;S. (t898a) 399: "War unser lleiland Mensch [... 1, so kann der Einzige f••• ) sich nicht individulllpersönJich in abstraktem Ethicismus mit der Toga seiner SündJosigkeit decken. Er muß die Gesamthaftbarkeil bewußt und persönlich Uber sich nehmen. Und er hat es gekonnt:' 98 Zilat DERS. (1905) 362 (§ 419); die I-lingllbe des Person~bens wiederum ist nach Kähler chantkTeristisch mr das SUhnopfer und seine Blutdarbringung: DERS. (1898a) 381: ..das Blut kommt als Lebensträger in Betracht. l I Das iSI dann das Besondre der Sühne:' 99 ZitaT DaS. (1905) 369 (f 428). Die zweimalige Betonung des Goueshandelns i~ die KehrStile des christologischen Satzes von S. 154 Anm. 96. denn dieser beruhte ja auf Wechselseitig. keit. DemenlSpttChend kritisien Kähkr u.O. 366 die Vorstellung des stellvertretenden Strafk:ideM (f 425) für ihre ..Ablösung~ von der Person Chrisu. tOO Zuate OERS. (I 898a) 367.368.380: OERS. (1905) 326 (f 363). lOt u.O. 250 (I 276); DERS. (1896) 497. Ein StKh",·Oft .J-kilsgeschKhle- wt:i~ das sehr umf:uJgreiche Register zu KÄBUR (1905) nicm aus. obwohl es freilich vereinzelt begegnet (LB. a.a.O. 224). Vielleicht wiri:! hier der lkgriffsgebrauch von Kihlers ~hter Beek (5. S. 103 AnOl.
z.o.
97) nach.
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Zweiter Teil
doch ausdrücklich, erst die Eschatologie begTÜnde überhaupt den Sinn für Geschichte. Aber diese Geschichte unterteilt er nicht nach Person und Natur, sondern beschränkt sich in seinem charakteristisch soterologischen Ansatz auf die Personalität. Das erlaubt ihm, die Geschichte in eschalologi· scher Hinsicht als einen Gesamlzusammenhang aufzufassen. Er kann daher mit größerem Recht die Geschichte überhaupt, ganz wie die Geschichte Jesu, von der Eschatologie her verstehen, indem er in einem der Kemtheoreme seiner Dogmatik feslhält. daß das StrukturgeselZ der Kosmologie auch das der Soteriologie sein muß. daß der Weltlauf der Heilsökonomie ent-
spricht l02 3. Das Ubergeschichtliche. Kählers Eschatologiekonzept. das soeben unter dem Begriff der Soterologie anhand der Geschichte lesu expliziert wurde, läßt sich nun auf das theologische Problem von Geschichte überhaupt anwenden. Sie stellt sich in eschatologischer Hinsicht als ein gegliederter Zusammenhang dar. in dem auch die Rechtfertigung ihren organischen - d.h. ja gegliederten - Ort hat. Kähler kann sie geradezu definieren als Unterscheidung des Sünders von seiner Sünde. als Begnadigung, soweit die Sünde entschuldbar. d.h. soweit sie Zustandssünde ist im Unterschied zur Tatsünde. 'OJ Schon diese Definition bedeutet aber ja. daß der Rechtfertigungsglaube angewiesen ist auf fortgehende Betätigung in der Theologischen Ethik, Kählers drittem Lehrkreis. Zugleich findet dann die Rechtfertigung erst im eschatologischen Gericht ihren Abschluß. IOt wie schon die semantische Verwandtschaft beider nahelegt. Kähler nimmt also einen Zusammenhang von Geschichte und Ewigkeit an. der, da die Ewigkeit ja als reale Vollendung der Geschichte gedacht ist, seinerseits geschichtlich sein muß. obwohl - und das ist entscheidend für Kählers Eschatologiekonzept die Ewigkeit selbst nielli geschichtlich ist. Sie kann der Logik des Konzeptes nach gar nicht geschichtlich sein, weil es ja ihr Wesen ist, als Ewigkeit allererst den Grund abzugeben für geschichtliche Verhältnisse wie das des Fortschritts der Geschichte auf sie, die Ewigkeit. hin. Kähler denkt also die Ewigkeit als nichlgeschichllich und gleichwohl teil haft geschichtlicher Verhältnisse. Diese besondere Auszeichnung der Ewigkeit, geschichtliche Verhältnisse zu begründen und an ihnen teilzuhaben, ohne doch in ihnen 102 A.a.O. 235 (I 261). ein Paragraph. auf den unzählige Male verwtesen wird. 103 A.a.O. 421 (1488): .Jn AnbelnKhl der Erllschuldbarteil der Fleischeslo\o'erte 1... 1 nimmt Gon ihnen ihren Schuldwen oder vergibe die Sünden ein für allemal jedem. den das Evangelium dazu flihn. sich von seiner Sünde zu unterscheiden. 1..•1 Das grr«lrtrrkJärrndr Urtri/l ... 1 heb! rur den einzelnen das Rechtsverhiltnis zu Gott (... 1 auf und setZI das der Begnadigung an die Sielle." Zur zweierlei Sünde vgl. LLO. 308r. (U 344--346). 104 A.LO. 446 (I 519).
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IV. Manin Kählers messianisch-solcrologische Eschatologie
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aufzugehen, nennt Kähler das "Übergeschichtliche".105 Von hier aus wird klar, daß Kähler die Ewigkeit als Zukunft erwarten kann, ohne doch je eine gerade Linie aus irgendeiner geschichtlichen Zeit in diese Zukunft ziehen zu können. Von hier aus verschwindet aber auch der Eindruck, Kählers Eschatologie sei widersprüchlich, indem sie von der Ewigkeit zugleich überund nachzeitlich rede. 106 Das Übergeschichtliche ist vielmehr als die Überwindung dieser Alternative zu verstehen. Deswegen erwartet Kähler für die Ewigkeit die Vollendung der Geschichte, er erwartet sie aber auch nur von der Ewigkeil. Jeder Entwicklungsgedanke. jeder Fortschrittsoptimismus, der diese ausschließliche Begründung relativieren könnte, ist für Kähler abzuweisen, vielmehr das "Ziel verbürgt auch den einheitlichen Anfang und die ineinandergreifende Entwicklung". Wenn Kähler gleichwohl nicht seilen sagt, daß etwa die "Hoffnung nur die notwendige ergänzende Auswirkung der Heilsgegenwart zum Inhalt haben kann" ,107 ist das kein Widerspruch, sondern von jenem Satz aus zu lesen, da die Heilsgegenwart in sich als eschatologische Größe und damit auch zukünftiges Phänomen gemeint ist, eben als Übergeschichtliches. Kähler nutZI diesen Begriff des Übergeschichtlichen unmittelbar zur Gliederung seiner zusammenhängenden Darstellungen der Eschatologie, die er in seiner ..Wissenschaft der christlichen Lehre" seit 1883 und letztmals 1905 sowie noch 1911 in einer Vorlesung gegeben hat. Jeweils ist die Eschatologie hier eingeteilt in das Ende. "eine der Vergangenheit und abschließenden Gegenwart zugewandte, endgeschichtliche, und eine darüber hinausliegende. übergeschichtliche Seite", die Vollendung, also in die Hauptslücke "Ende und Vollendung", die die Zukunft präzise unter dem Verhältnis von Geschichte und Ewigkeit ins Auge fassen. lOS Dabei ist das Konzept des Übergeschichtlichen völlig kompatibel mit der soterologischen Methode der Eschatologie. Denn die übergeschichtliche Zukunft, von der Kähler die Vollendung erwartet, ist ein Prädikat der Person Christi: Es ist die Parusie Christi, die Kähler darum einmal als das "eschatologische Grunddogma" bezeichnen kann. 109 105 Seine Definilion laulet: ..Und um einen kennzeichnenden Ausdruck ftir diese bestimmt gegebene Beschaffenheit der gÖl1lichen Tat in Christo zu gewinnen, nennen wir diescn lebendigen Zu....ammenschluß des Bleibend-Allgemeingültigen mit dem Geschichtlichen in einem WirksamGegenwänigen das Üfnorgcschichtliche" (a.a.O. 14f. I§ 13». - Dagegen iSI das Uncergeschichlli. ehe eine Bedingungsstruktur ftir alles positiv gegebene Geschichlliche (a.a.O. 13 I § 12». 106 SO HJF.l..DE (1987) 214. 107 Beide Zitate KÄIII..ER (1898) 493. 108 Zitate DEkS. (1905) 445 (§ 518). 109 DERS.11911134.
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Zweiler Teil
4. Die Wiederkunft Christi zum Gericht. Die Parusie Christi ist also der Dreh- und Angelpunkt von Kählers Eschatologie, ähnlich wie schon für die Heilsgeschichtliche Theologie. Gerade hieran macht sich aber auch die grundlegendste Kritik an Kählers soterologischem Entwurf fest: Er öffne die Geschichte nicht für die Zukunft Christi. sondern lege sie im Gegenteil fest auf die Gegenwart des Menschen. 11o 1m Kern wirft diese Kritik Kähler metaphysischen Kausalismus vor, d.h. Kähler wende das lediglich in der Physik gültige Kausalitätsgesetz auf metaphysische bzw. ethische Sachver1I1 halte wie z.B. Personalität an. indem er von der geschichtlichen (Nach-) Wirkung Jesu - z.B. der Erwartung seines Kommens - auf die Wirklichkeit seiner Person, also sein historisches Kommen, schließe, voraussetzend, daß eine Ursache mindestens so real sein müsse wie ihre Wirkung (ex nihilo nihil fit).ll2 Dieser Schluß ist jedoch, so die Kritik. zirkulär, da die Geschichtlichkeit, aus der die Personalität erschlossen wird, schon als Nachwirkung eben der Person definiert sei. ll3 Als Folge dieses Fehlschlusses ergibt sich dann. daß die so untergeschobene Personalität den Verlauf der Geschichte determiniere. die Geschichte nur noch "Bürgin eines spezifi114 Die Eschatologie hat dann nur noch den schen Menschenbildes" sei. Nachlaß der Geschichte abzuwickeln, und bei einem von ontologischer Personalität festgelegten Geschichtsverlauf nillt jeder zweifelnde, irrende Glaube, jedes Gericht unter den Tisch. 115 110 So die These der großangelegtcn Untersuchung von WIRSCIUNG (1963). die cr a.lI.O. 150.163.196 auf das Stichwort des Synergismus bringt. 1I1 Die Ahemalive von Physik und Metaphysik enlspricht der klassischen philosophischen Tradition. diejenige von Physik und Ethik dcr vom Gegensatz von Geist und Nalur dominierten L.1ge im 19. Jh.• z.B. Schleiermllchers Wissenschaftssyslcm. 112 V.a. W1RscmNG (1963) 87 U.ö. sieht die Personaliläl, "Kählers Grundmotiv des theologischen Erkennens, erslarrt zu einem Kausaltückschluß des Gerechlfenigtcn aus seiner Glaubenserfahrung". - Aus dieser Not machl MENCKE (2001) eine Tugend: Demnach macht erst die Erfahrung den Glauben wirklich: gleichwohl iSI der Glaube allerersi die Möglichkeitsbedingung von Erfahrung (a.a.O. 107), so daß von der Wirkung auf die Ursache (a.a.O. 127). vom Wirklichen auf das Mögliche (a.a.O. 121) geschlossen werden kann. Diese glallc Umkehrung Wirschings iSI Mencke möglich. weil er mit seinem Lehrer E. Jüngel das ontologische Vcrhältnis von Wirklichkeit und Möglichkeil umkehrt (a.a.O. 265 mit Anm. 95). Zur objektiven Realiläl des Glaubens genügt es daher. daß die Tatsachen dcs Glaubens historisch möglich sind (a.a.O. 85.156.265). m.a.W. Gegenstand der Erfahrung des Glaubens iSI der Glaube selbst (a.a.O. 2(6). In dieser geschlossenen Struklur einer ,..Erfahrung mit der Erfahrung" (z.B. a.a.O. 213.263) haI die Eschatologie freilich keinen Raum mehr. Ober Kählers Eschatologie schreibt Mcncke: .•Für das Verständnis der Erfahrung bietet dieser Teil [... 1nichts Neues" (a.a.O. 174f.). 113 WIRSC.IING (1963) 86 mil Bezug auf KÄI'tLER (1892). 114 Zilal WlltSCHING (1963) 150: vgl. a.a.O. 197f. zur Detemlinicrung; vgl. auch 3.a.0. 153. 115 Wie Wirsching immer wieder betont: a.a.O. 69 ("Der Glaube yerwirklicht sich lbei Käh· lerJ ohne enlSlhaflc Bedrohung durch den Z.....eifel [... J ohne ernsthafte Selbstkritik"): a.a.O. 81
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IV. Mar1in Kählcrs messianisch-solcrologischc Eschalologic
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Diese Kritik rührt an die Grundfesten von Kählers Eschatologie. Ebenso grundsätzlich ist ihr darum entgegenzuhalten. daß Kählers Auffassung von der Parusie als Grunddogma der Eschatologie gerade das Gericht ausdrücklich als Gegenstand der christlichen Hoffnung thematisieren will! Der Credosatz von der Wiederkunft Christi zum Gericht ist für ihn "nicht bloß, ja nicht zumeist ein Bekenntnis heiliger Scheu und Furcht, sondern vornehmlich das Bekenntnis getroster Hoffnung".116 So ist die Erwartung des Gerichts als Überantwortung an Gottes Zukunft Ausdruck der Heilsgewißheit. Sie gehört für Kähler entschieden in den Kontext von Rechtfertigung und Gericht. Man wird also gegen die genannte Kritik sagen müssen, daß Kählers Akzentuierung der Parusie gerade auf eine Würdigung des Gerichtsthemas hinausläuft. Hierin scheint seine Modifikation gegenüber dem Parusieverständnis der Heilsgeschichtlichen Theologie zu liegen, die eher als er vom Vorwurf einer ontologisch festliegenden Personalität getroffen wäre, wie die Betrachtung ihrer Wahrnehmung des Judentums zeigte. Wo jedoch, wie bei Kähler, der Begriff der Personalität eschatologisch verstanden wird, ist auch Raum, die geschichtlichen Differenzierungen von Personalität wahrzunehmen, wie sie sich im Alten Testament als Besonderung des jüdischen Volkes unter den antiken Völkern Ausdruck verschafft haben. Im folgenden kann darum das hiermit skizzierte Eschatologiekonzept Kählers hinsichtlich seiner Blickrichtung auf das Judentum untersucht werden. 1.2. Implikationen für die Wahrnehmung des Judentums 1. Der Horizont der Mellschheitsre/igion. Kählers Entwurf der Eschatologie wurde im vorigen Unlerabschnitt entlang der Reihe von Kählers Veröffentlichungen zum Thema behandelt. Dabei zeigte sich, daß der Grundgedanke seiner Konzeption, nämlich die Ewigkeit als Grund allen Geschichtsverständnisses, bereits in dem frühen Vortrag von 1867 enthalten war. Es ist daher aufschlußreich, daß Kähler gerade diesem Vortrag beim erneuten Abdruck in seiner Aufsatzsammlung (1898 und wieder 1913) gegen Ende gegen die Ausnahme des Willens vom ..rellende[n] Gerichl Gones"; a.a.O. 146 (•.der bleibende Transilus von der eigenen HeiJlosigkeil turn geschichtlich verwirklichlen Heil erslarrt" bei Köhler); a.a.O. 164 (Krilik an Kählers ..lheologia resurreclionis"; vgl. auch a.a.O. 203 zur Verbindung Kählers mil A. Osiander); 8.a.0. 182 (es gehe Kähler ..nicht um die 1I1lesverzc:hrende Wirklichkeil des biblischen Goltes und seine richlerliche Gewah"). 116 KÄul,.ER (1896) 492. Vgl. a.8.0. 502: •.Nur der Richler kann Heiland sein"; a.a.O. 514: ..Botschaft von dem Wellrichler. welcher der Weltheiland iSI"; a.a.O. 516: ,.Wer da weiß. was er an seiner Taufe und an seiner Berufung haI. den erschreckt die Aussicht auf die Rechnungslegung nicht".
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Zweiler Teil
eine Fußnote beigegeben hat, die auf den Abschluß des letzten der drei Hauptstücke aus der Christlichen Apologetik in der "Wissenschaft der christlichen Lehre", der sog. "Apokalyptik", verweist, und zwar auf dieje· nigen Paragraphen, die das Verhältnis des Christentums zum Judentum be· handeln. 117 Kähler selbst hat also seinen frühen Vortrag im Rückblick als einschlägig für unsere Fragestellung angesehen, und diese Einschätzung kann noch dahingehend ausgedehnt werden, daß dieser Vortrag die Argu· mentation der ganzen Christlichen Apologetik, nicht nur ihrer Apokalyptik. vorwegnimmt. a) Menschheitsreligion lind positive Religionen. Der frühe Vortrag ent· wickelt die religiöse Vorstellung einer Ewigkeit, die nicht nur, wie im liberalen Progreßgedanken, Ziel des geschichtlichen Fortschritts ist, sondern zuallererst dessen Grund. Sittlichen Fortschritt gibt es nur aufgrund der Ewigkeit, so Kählers Ergebnis. Deswegen bündelt sich das Problem erst am Schluß des Vortrags darin, daß das Christentum als die ewige Religion sei· ber eine geschichtliche Erscheinung ist. Die Lösung lag darin, die Ewigkeit selbst nochmals vom Christentum als der ewigen Religion zu differenzie· ren. IIS Die Bedeutung dieses Gedankens ist nun auch an Kählers Apologe· tik zu überprüfen. Die Christliche Apologetik, der erste Lehrkreis in Kählers "Wissenschaft der christlichen Lehre", umfaßt drei Hauptstücke, nämlich Theologische Anthropologie, Theologische Theologie und Apokalyptik. Sie haben eine Doppelaufgabe zu erfüllen: sie sollen vom Christentum als Religion aus einen Allgemeinbegriff von Religion bilden und das Christentum als Reli119 gion im Vergleich mit den übrigen Religionen darstellen. Von vornherein ist festzuhalten, daß Kählers Christliche Apologetik nicht den Sinn einer Fundamentaltheologie hat, die in einer idealtypischen Trennung des Glau· bens von der Theologie die Fundamente der letzteren außerhalb des ersteren ennitteln könnte, also je nach theologischer Schulrichtung die philosophischen oder die wissenschaftstheoretischen oder die fundamentalanthropolo·
117 DERS.11867j (1913) 193 Anm. I verweist auf DEIl.s. (1905) §§ 222-240: die •.Apokalyptik" nennl Kähler a.a.O. 87 (§ 86) so. weil sie die geschichtliche Offenbarung der Religionen behandelt. 118 So mit Bezug auf den Vonrag von 1867 auch SCIIÄR (1940) 80 mit Anm. I. der ansonsten im Anschluß an seinen Lehrcr M. Wemer Köhlers Apologclik durchgehend zu einer ÜberbiclUng der Geschichle durch das Übergeschichtliche driften siehl: Köhler •.schiebt also offensichllich die Lösung flir alle Schwierigkeiten. mit denen er nicht zurecht kommi. in die Eschatologie und Endvollendung ab" (a.a.O. 119). 119 KÄllLER (1905) 86 (I 86) ordnei den Allgemeinbegriff der Grundlegung und seine christliche Perspektive der Ausführung der Apologclik. zu.
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IV. Martin Kählers messianisch-soterologische Eschatologie
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gischen Prinzipien. l20 Vielmehr ist für Kähler die notwendige Voraussetzung der Theologie der Glaube. so daß dieser nicht von ihr zu trennen iSl. 121 Deswegen wird die Apologetik wie auch die beiden anderen Lehrkreise als christliche. ,.von dem Standpunkte des Christen aus". durchgeftihrt. Damit ..steht das chrislliche Urteil über die positiven Religionen im voraus fest"; jede ..bereitet ihre eigne Aufhebung in die Vollendung vor". wie anläßlich des Judentums ausdrücklich vermerkt wird. 122 Für KähJers eschatologische Wahrnehmung des Judentums scheint damit alles gesagt; die zitierten Äußerungen fügen sich scheinbar in das Schema von Verheißung und Enlillung, was sowohl die ewige Bedeutung des Christentums als der eschatologischen Fülle des Religiösen erklären würde als auch die Stellung des Judentums, das durch das Christentum gleichermaßen überholt wäre, wie es als seine Vorstufe unentbehrlich gewesen wäre. Man müßte sich eben nur klarmachen, daß Kählers Wissenschaftsbegriff, den er gerade seinem Hauptwerk zugrundelegt, anders als der der modemen Wissenschaft, keine weltanschauliche Neutralität gegenüber den Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeit beanspruchte. ln Doch ist damit der Charakter von Kählers "Wissenschaft" getroffen'! Es ist ja bedeutsam, daß sich Kähler gerade von seinem dezidiert christlichen Standpunkt aus in der Grundlegung zur Christlichen Apologetik wie gesehen eine Doppelaufgabe stellt, indem er vom Christentum aus nicht nur die übrigen Religionen bewertet. sondern auch einen Allgemeinbegriff von Religion bestimmt. Man kann das Eigengewicht dieser zweiten Aufgabe nicht mit dem Hinweis darauf mindern. daß ja auch der gesuchte allgemeine Religionsbegriff vom Christentum aus gewonnen wird. also das Wesen des Christentums schlechthin mit dem Allgemeinbegriff der Religion identisch und die zweite Aufgabe somit überOüssig wäre. Kähler dagegen unter120 Gegen dieses Verständnis von Prinzipien als ,ß~grifJ~1f1 I, aus denen sich beliebige Inhalte deduzieren lassen". iSl das Buch von GOu. (1991) 14f. u.ö. geschrieben. Zu den drei Bei· spielen vgl. S.... UTER (I 998a) 310--319. 121 KÄttLER (1905) 17 (I 15): ,.vorausutzung für das th~%gischt' Erk~ml~1f iSI der Glaube." Dieser SalZ iSl noch vor dem Einlrill in die lchrkreise in der zur allgemeinen Einleilung gehörenden Enzyklopädie gesagt - ohne daß deswegen nun diese als Fundamenlalthcologle im 0.1. Sinne verslandcn .....erden dürfte. 122 Zitale a.a.O. 76.171.199 (11 76.196.226). Die drille (nicht zl4icite) Sieile dirferenzlert Juden- voo Heidentum. 123 Wissenschafllachteil der TbeoIogte bedeutete dann. daß sie sach über ihre Gehalte in .•mchnhcologischer Begrifflichkeit" (GOu.. 11991) 205: vgl. La.O. 40) mit auJlcnheologischem Denken v«Slindigie. So apeh WIRSQ1L"Ki (1963) 272 exemplarisch anhand der aJlkin:hJichen ..Obenuhme des phi'osophischen Logosbegrirfes-. BeKie Iuilisien:n Kihlers Vorgehen in der Christlichen Apok>gelit jedoch zugleich als au8ertbeologiscb!
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Zweiter Teil
scheidet vom Wesen des Christentums das •.Allgemeingültige an seiner Erscheinung", welches der ..maßgebende Religionsbegrifr' ist. Dieser Begriff gibt das Maß für den Vergleich des Christentums mit anderen Religionen. In dieser Funktion ist er daher vom Christentum unterschieden. Köhlers Apologetik fäuft also 'rOIl ihres christlichen Standpunktes grundlegend auf einen Begriff \Ion Menschheilsre/igion hinaus, der vom Begriff des Christentums zu uflterscheiden '-SI.124 Das Christentum ist also nicht schon die Menschheitsreligion. so sehr es die Menschheitsreligion werden soll. Diesen Eindruck aus der Grundlegung der Christlichen Apologetik unterstützen die einzelnen Belege des Tenninus der Menschheilsreligion. freilich heißt es in Kählers einleitender Definition der systematischen Theologie: ,.die christliche Lehre aber ist die Erkenntnis des Christentumes als der sittlichen Menschheits-Religion",.I25 lm entsprechenden Leitsatz aus der Grundlegung der Christlichen Apologetik, auf den mit diesem Satz verwiesen wird, heißt das Christentum in dieser menschheitlichen Bedeutung aber mit kennzeichnendem Unterschied .,das Reich Gottes in seinem Kommen"", was ausweislich der den Leitsatz erläuternden Paragraphen die Vorstellung der Menschheitsreligion zu einem eschatologischen Begriff macht. 126 Folglich ist die Menschheitsreligion eine Größe, auf die auch das Christentum trolZ seiner ,,lmperfectibilität" noch zugeht. 127 Dieser Eindruck der TextbeJege ist nun an der systematischen Bedeutung der Vorstellung einer Menschheitsreligion zu verifizieren. Tatsächlich schließt dieser Begriff in Kählers Allsführung der Christlichen Apologetik denselben Argumentationsbogen, wie er in dem untersuchten Vortrag von 1867 vorlag: In beiden Fällen wird die Religion zunächst als Grund der Sittlichkeit ermittelt, muß dann aber von ihrer geschichtlich positiven Erscheinung als bestimmter Religion unterschieden werden. Der erste Schriu l2ll zeigt, daß sittliche Freiheit, ein Wechselverhältnis des Einzelnen 124 Im Register (KÄIH.ER 11905 J 712) erscheint als Beleg flir den Tenninus der Menschheitsreligion der 1 113 (•.Der maßgebende Religionsbegrifr·). obwohl er diesen nicht gebraucht. Das o.g.•.AlIgemeingUhige" (a.a.O. 108) des Religionsbegriffs. \o"e1ches an scinc:r Stelle auflrill. ist aber ja dessen menschheitliche Bedeutung. 125 A.a.O. 42 (I 40). Vgl.•.•.0. 475 (I 551) zum Anspruch des ChriSlentums..,die Mensch· heit!ireligion zu sein". 126 Zital im Leitsatz zum Absehnin .Das Christentum das Reich Goues und darum die Menschheits.Religion" &.8.0. 99 (I 105). A.a.O. 100.101 (I 107) macht KAhler dies am "weltum· spannenden Abschluß" fest. hat also das ".lIbergeschichlJK':he WeltzKI Slets im Auge" und fußt so auf einem ~halologischen Ekgriff. 127 Zilal a.a.O. 204 in der Oberschrirl von 1 229. Vgl. auch D€JlS. (1908) 363. 128 Vgl. die .Jzlwd enlSCheKk:ndelnl Imümer" im vienen Abschniu des Vortrags (D€JlS. 118671 (19131 182) mil den zwei Slikk:en im I. HauplSlück der Chrisdichen Apologelik: (1905).
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zur Gesamtheit, in dem jener sich einzig 129 das "AlIgemein~ und Gleichartig-Menschliche" zum Zwecke setzt (so 1905) und doch ,jeder Mensch be~ stimmt ist, Anteil zu haben" am sittlichen Ertrag der Gesamtgeschichte (so 1867), nur möglich ist aufgrund religiöser Freiheit von ebendieser Gesamtheit durch ..Abhängigkeit von der Gottheit" (so 1905) oder "Gemeinschaft mit dem Ewigen" (so 1867).1JO Wie 1867 die ..Religion der tragende Grund echter Sinlichkeit" genannt wurde, so heißt es daher auch 1905: "Die Zusammenfassung des sittlichen und des religiösen Lebens ist also von dem letzten aus zu suchen".I)1 - Der zweite Schritt zeigt aber dann, daß diese als Bewußtsein der Freiheit von der Geschichte begriffene Religion doch selbst "eine geschichtliche Erscheinung" ist (so 1867), ihr Begriff also im Ver~ gleich mit den positiven Religionen bewährt werden muß (so 1905),132 dar~ unter besonders dem Judentum, weil das Christentum nur zu ihm, nicht zum Heidentum, in einem geschichtlichen Verhältnis steht. Kählers Wahrnehmung des Judentums steht also durch den Aufriß der Christlichen Apologetik von vornherein in demselben eschatologischen Spannungsbogen, den die ihrerseits "apologetische" Argumentation des Vortrags von 1867 133 beschreibt. Damit aber kann die Bedeutung des Judentums sich nicht in der Selbstaufhebung ins Christentum erschöpfen, und dann geht die Zuordnung von Judentum und Christentum als Verheißung und Erfüllung nicht mehr auf. Auf der einen Seite kann das Christentum nicht als Erfüllung im absoluten Sinne verstanden werden und ebensowenig seine lmperfektibilität. In unmittelbarer Nachbarschaft zu diesem Stichwort schreibt Kähler vielmehr: "Der neue Bund begründet eine neue Weltzeit. Diese ist freilich auch noch Geschichte; deshalb kann die Vollkommenheit ihrer Eröffnung nicht darin bestehen. daß die begonnene Entwickelung fertig, sodann nur darin, daß ihr befriedigender Abschluß ausreichend verbürgt ist. u Demgemäß heißt es weiterhin nur, "daß der neue Bund die Menschheitsreligion begründet 129 In dieser Ausschließlichkeilliegl der Unlerschied zwischen Siulichkcil und Gesiltung. den Kähler a.3.0. 175 einschärft in Vorwegnahme von DEMS. (1905) § 138. 130 Zit:lIe a.a.O. 129 (§ 138): DEM.s. 118671 (1913) 183 sowie DERS. (1905) 143 (§ 162): DERS. 11867J (1913) 186. 131 Mun vergleiche die beiden Zitate: a.3.0. 187 (Hervorhcbungen aufgehoben) bzw. DERS. (1905) 144 (§ 162). Die Abgrenzung der sittlichen und religiösen Freiheit gegen die NivelIierung von Geschichle und Nalur (DERs. 118671119131 181) kehn zudem bei DERS. (1905) 183 (§ 209) als ..Naturalismus··. ein Kennzeichen des Heidentums. wieder. 132 Vgl. den ftinften Abschniu des Vonrngs (l867)(Zilal DERS. 118671 119131 192) mit dem 3. I-lauplsltick der Christlichen Apologetik (1905). welches dllS Christentum mit Heidenlum und JLldenlLlm ins Verhä.ltnis setzt. 133 S. nach S. 138 Anm. 13.
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hat" .134 Ist aber das Christentum nicht schlechthin Erfüllung, dann ist weiterhin auf der anderen Seite auch zu fragen, ob mit der Weissagung einer Vollendung, in welche sich aufzuheben das alttestamentliche Judentum be· reit ist. tatsächlich das Christentum gemeint ist oder nicht vielmehr die davon zu differenzierende Menschheitsreligion. 135 Denn Kähler sieht eine "bleibende Bedeutung jener [alttestamentlichen] Geschichte für die Menschheit", die er (freilich ausschließlich) religiös bestimmt: "ihr letzter Ertrag ist die lautere, wahre und wirkliche Menschheitsreligion" .136 Die Menschheitsreligion ist also eine dem alttestamentlichen Judentum wie dem Christentum zuzuschreibende Erwanung, und damit ist dann auch die ge· radlinige Verrechnung von Judentum und Christentum mit Verheißung und Erfüllung nach heiden Seiten dieses Schemas durchkreuzt. Dieser Eindruck der referierten Stellen empfangt nun seine Bestätigung von der Gesamtanlage der Apokalyptik, denn sie führt ganz stringent auf den von der Grundlegung zur Christlichen Apologetik bereits vorgezeich· neten Begriff der Menschheitsreligion in seiner charakteristischen Unter· schiedenheit vom Christentum: "Es ist der von dem Christentum als geschichtlicher Erscheinung abgezogene Religionsbegriff, welcher sich als ausreichender Maßstab erweist, nicht nur für das Verständnis und die Be· urteilung alles sonstigen religiösen Lebens, sondern auch für das Verständ· nis und die Beurteilung der befremdenden Erscheinungen an der Kirche und ihrer Geschichte". lJ7 Dieser Abschluß der ausgeführten Apologetik entspricht in jeder Hinsicht dem ihrer Grundlegung. Sie führte den Begriff der Menschheitsreligion ein als einen "Hilfsbegrifr', anhand dessen das ihn sprengende Christentum mit den anderen Religionen verglichen wird,138 der aber doch der "maßgebende" Begriff religiöser Wirklichkeit ist, an dem sich auch das Christentum "als Verwirklichung oder als Verkümmerung ihres Wesens" messen lassen muß. 139 134 Zitate DfJl.S. (1905) 204 (lxide § 228). 135 Für dcn Paragraphen über den neuen Bund als Erfüllung des allcn (a.a.O. 2021§ 2271) findei zwar die aillestamemliche Geschichle mit der Erhöhung Jesu ,.ihren Abschluß und die vorausdeutende Weissagung an seiner Erhöhung zum Herrn des Gonesreiches ihre das Ende verbürgende Erfüllung". Doch immerhin wird hier mit einem Ende noch über die Erhöhung Jesu hinaus, so zu sagen: nach Himmelfahn. gerechnei. wi~ es auch dem V~rständnis der G~schichl~ Jesu in der VefSÖhnungslehre (s. Exkurs 5. hier S. J 53) entspricht. 136 Zilale a.a.O. 190 (§ 217). Vgl. den Leilsalz a.8.0. § 96. wo vom ..übergeschichIlichen Grund und Gchalt" (a.a.O. 94) des alten wie des neuen Bundes die Rede ist. 137 A.a.O. 214 (§ 241). J 38 Zilal a.a.O. 83 im Leitsatz (§ 80) zu der der Grundlegung VOrllusgeschickten EinleilUng in die Apologelik: a.8.0. 85 (§ 84) zur Überschreitung des Religionsbegriffs durch das Christentum. 139 Zitate a.a.O. 107 (Überschrift des die Grundlegung beschließenden § I 13) bzw. a.a.O. 108.
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IV. Martio Kählers messiaoisch-solerologische Eschatologie
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b) Begriff und Wesen der Religion. Dies gibt nun Anlaß zu einer weitergehenden Überlegung: Die soeben zitierten Sätze sprechen explizit aus, daß der Allgemeinbegriff der Religion als Menschheitsreligion nicht leer ist, sondern das Wesen der Religion enthält, das ohne ihn blind wäre. Begriff und Wesen der Religion sind also nicht voneinander zu trennen; und wenn das Christentum zur Menschheitsreligion bestimmt ist, wenn es das Wesen religiöser Wirklichkeit verwirklichen soll, dann muß es diesen Begriff der Religion verwirklichen. Der Begriff ist also zwar vom christlichen Standpunkt aus geprägt, jedoch "behufs der Vergleichung mit andem entsprechenden Lebenserscheinungen"; er hat also eine das Christentum überschreitende Reichweite, und in dieser Funktion auch geschieht es, daß das Christentum sich ihm "unterstellen kann", 140 weil er das Wesen der Religion enthält, welches das Christentum zu verwirklichen beansprucht. D.h. der Begriff der Menschheitsreligion gibt Möglichkeiten an die Hand, auch in anderen Religionen als dem Christentum das Wesen der Religion verwirklicht zu denken, weil er selbst dieses Wesen enthält. M.a.W. das Wesen der Religion, wie es im Begriff der Menschheitsreligion enthalten ist, ist nicht kongruent mit dem Wesen des Christentums, so gewiß nur an ihm dieser Begriff gewonnen werden kann. Was aber ist das Wesen des Christentums? Man mag zunächst überrascht sein. festzustellen, daß gerade der Soterologe Kähler, der zufolge K. Barth als einziger neuerer evangelischer Theologe den articulus stantis et cadentis ecclesiae ins Zentrum seiner Dogmatik stellt,141 als "das Wesentliche" des Christentums, "wodurch es sich von an dem Religionen unterscheidet". nicht die Rechtfertigung durch Christus anführt, sondern das Übergeschichtliche! 142 Dies entspricht aber durchaus der Christlichen Apologetik, die ausweislich ihrer Grundlegung das "Wesen des Christentumes vom Standpunkte des RechtfertigungsGlaubens aus betmchtel,·143 und dabei, wie wir sahen, zur Menschheilsreligion als dem AllgemeinbegriffderReligion geführt wird. Beide Auskünfte - das Übergeschichtliche und die Menschheilsreligion als Wesen des Christentums - widersprechen sich keineswegs, sondern decken sich vielmehr, da die Menschheilsreligion als Übergeschichtliches zu verslehen ist,l44 wie 140 ZitaTe a.4.0. 85 (§ 84). FUr Kähler .,beslehl dagegen vom chrisllichen Slaodpunkl aus kein Bedenkeo" (ebd.). 141 Vgl. Karl BARm. Die Kirchliche Dogmalik lVII, ZollikonlZürich 1953.582. Es bestehl kein Anlaß, mil der Kählerkritik von FOIIRER (1993) 49 die SOlerologische Einheil von Person und Werk Chrisli bei Kühler gegen die Rechlfenigungslchre auszuspielen. 142 Zilalc KÄHLER (1905) 64 (I 63.2). 143 Überschrift zur Grundlegung der Chrisllichen Apologelik l1.a.O. 88. 144 Zum ÜbergeschichIlichen s. bei S. 157 Anm. 105.
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es ihre bisherigen Charak:terisierungen als einer Größe, auf die das Christentum, wie auch das Judentum. noch zugeht. ohnehin nahelegten. Es ergäbe sich dann, daß das Christentum sein Wesen nicht in sich hat. so wie es ja auch nicht die Menschheitsreligion ist. Vielmehr stteckt es sich auf beides aus als auf Gottes "große Verheißung". 145 Dies hätte Konsequenzen für die Wahrnehmung des Judentums. Das geschichtliche Verhältnis zwischen Judentum und Christentum - z.B. die Übernahme des jüdischen Geschichtsverständnisses ins Christentum - würde dann für beide Seiten jeweils bezogen auf ein Verhältnis zur Menschheitsreligion als zum Übergeschichtlichen, ein Verhältnis, das seinerseits geschichtlich wäre und das auf jeder der beiden Seiten sehr unterschiedlich aussehen könnte. Deswegen kann das Christentum im Begriff einer übergeschichtlichen Menschheitsreligion zwar denken, daß auch etwa das Judentum das Wesen des Religiösen erfüllen kann; eine Anschauung davon kann es aber immer nur für die eigene Religion haben. Dies dürfte erklären, warum Kähler nur für das Christentum die Bestimmung zur Menschheitsreligion beansprucht. Er kann freilich ähnliche Ansprüche anderer Religionen ebensowenig erheben wie abweisen; sie sind ihm vielmehr als deren jewei~ liger Tradition angehörig nicht nachvollziehbar. l46 Er kann sie daher nur hören im Gespräch über die Ausrichtung auf dieselbe Ewigkeit, in diesem Gespräch hört er sie jedoch als Gegenstimme. Anders gesagt: Christentum und Judentum haben eine gemeinsame. doch nicht die gleiche Zukunftshoffnung. Kählers Konzept der Menschheitsreligion läßt sich so weiterführen zu einer eschatologischen Verhältnisbestimmung zwischen Judentum und Christentum, die auf einen konstitutiven, jedoch konstitutiv antagonistischen Dialog hinausläuft. Kähler nennt in der "Wissenschaft" zwei Arten, wie das Christentum zur MenschheilSreligion ,.wird", und beide sind mit einer derartigen Verhältnisbestimmung kompatibel. Einerseits nennt er die Anlagenenlfaltung. die sich auch schon bei der Analyse seines Eschatologiekonzepts im ganzen als von der Ewigkeit gesteuert erwies,147 andererseits die Mission, die ebenfalls schon in Kählers frühem Vonrag ein145 DERS. [18671 (1913) 194. 146 Zu diesem Problem vgl. RATSCIIOW (1979) 127 (11lese): . .Der Absolutheilsanspruch der Religionen ist daher filr die eigene Religion unabweisbar. fLir jede fremde Religion nicht nachvollziehbar." 147 KÄIlLER (1905) entfaltet die ganze Theologische Amhropologie als Theorie von den AnJagen zur Religion (I. Stück; v.a. 3.a.0. § 123) und zur Siulichkeit (2. Slück; v.a. a.a.O. § 146). vgl. besonders a.a.O. 114 (§ 118) zum Begriff der Anlage als eines Untergeschichtlichen. Vgl. DERS. [18671(1913) 180 und s. bei S. 138 Anm. 14.
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IV. Manin Kählers messianisch-solcrologische Eschatologie
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schlägig war. Diese Entsprechung legt nahe, auch die Mission nicht als Kulturleistung im Sinne einer "Ausbreitung des Christentums" zu verstehen, in der eine Linie, auf die das Christentum die Menschheit gesetzt hätte, nur noch auszuziehen wäre, sondern, solche Linien im Gegenteil durchkreuzend, als das Bekenntnis zu Gottes "großer Verheißung" einer Menschheitsreligion, die mit keiner positiven Religion gleich- oder auch nur auf eine Linie gesetzt werden kann. Kählers ausführliche Beschäftigung mit dem Missionsgedanken weist gegen zeitgenössische Bestrebungen aus149 drücklich in diese Richtung. Man kann von einer eschatologischen Dialogik des jüdisch-christlichen Verhältnisses sprechen. Nun läßt sich allerdings gegen diese ganze unter b) aufgeführte Gedankenreihe einwenden, daß sie auf einer falschen Voraussetzung beruhe, nämlich der Vereinerleiung von Begriff und Wesen der Religion, was für Kähler selbst der "idealistische Grundirrtum, nämlich die Verwechselung des abstrahierten Gauungsbegiffes mit einer Wesenserkenntnis" ,150 ist. Tatsächlich ist Kähler in diesem Sinne bleibende Verhaftung an den Idealismus vorgehalten worden. Gerade die Christliche Apologetik ist dafür kritisiert worden, daß sie mit der Rede von einer Anlage zur Sittlichkeit und Religion eine Allgemeingültigkeit beanspruche, die doch von Kählers Konzept aus erst eschatologisch möglich sei, kurz: daß der Begriff der Anlage ein abstrahierter Allgemeinbegriff sei, dem nachträglich jeder Inhalt beigelegt werden könne. 1St
n
148 KÄHLeR (1905) 205 (§ 230. also in der Konsequenz der 228f. über die Menschheitsreligion und die Jmpcrfelaibililä! des Christentums; s. bei S. 162 Anm. 127 und S. 164 Anm. 134) spricht sehr enthusiastisch von einem ,.Erobenmgszug durch die MenSChheitsgeschichte"; auch a.II.O. § 107 redet von der Sache der Mission ohne ihren Begriff. Vgl. DERS.[18671 (1913) 192 und s. bei S. 142 Anm. 30. 14950 sagt KÄIlLER (1908) 347 zur Propaganda: ..Man breitel eben nur das Eigene aus". Anders die Mission a.a.O. 365: •.slau der wissenschaftlich erweisbaren Absolutl\cit des Christeniums steht UllS hinler seinem Anspruch der bestimmte Wille des persönlichen Gones. dessen unantastbare Majestät unsere lieilsgewißheil trägt. r... 1 Das ist der Grund der Missionspnicht. und damit eben die Berechtigung des Chrislentums zur Mission:' 150 OcHS. (1905) 63 (§ 62). 151 W1RscmNG (1963) kann seinen Haupteinwand des metaphysischen Kausalismlls (s. 5. 158 Anm. 110) traditionsgeschichtlich als Kählers ..liIdealistische Denktechnik" (Überschrifl a.a.O. 77) bezeichnen, die gegen den Idealismus .•Wesensschau" erstrebt. aber dafUr doch zuletzt den Begriff. die Kategorie einsetZl (a.8.0. 79f.). - Und GOu. (1991) zeigt zwar überzeugend. daß KähJers Gedanke des Überge.schichtlichen ein eigenes wissenschaftstheoretisches Konzept theologischer AlIg~meingUltigkeit darstellt. die nur eschatologisch in der über Ostern und liimmeJfahn hinausreichenden Wirksamkeit Christi und in der Erwartung .seiner Parusie Bestand hai (vg1. a.a.O. 30.63.97.126 zur eschatologischen und 8.a.0. 23.51.131 zur Chrislusgebundcnheil der AJlgemein. heit); er deutel aber 3.a.0. 77.88.209 weder den Gedanken einer einheitlichen Menschheit noch den der sittlichen Weltordnung noch den der Anlage im eschatologischen Sinne. vennutel an letz·
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Nach den bisherigen Überlegungen ist dagegen jedoch einzuwenden, daß der Allgemeinbegriff im Sinne Kählers kein freigewählter Ausgangspunkt ist, dem gegenüber die inhaltliche Bestimmung nachträglich wäre. Vielmehr hat das Konzept der Menschheitsreligion den Rang eines eschatologischen Begriffs. l52 Dasselbe war bereits für Kählers Vorstellung einer sittlichen Weltordnung festzustellen. 15) Diese Begriffe, für die sich weitere Beispiele finden ließen, sind daher auch mitnichten abstrakt und vom Christentum abstrahiert. sondern im Gegenteil mit ihm konkretisiert: So macht Kähler in Anlehnung an vier der Hoheitstitel lesu vier Momente am Wesen des Christentums namhaft, die in der Prägung des Allgemeinbe~ griffs der Menschheitsreligion wiederkehren. l54 Die Kon~kretion der Menschheitsreligion durch das Christentum ist hier freilich wörtlich gemeint: Erst eschatologisch kommt es zwischen Christentum und Menschheitsreligion zum Zusammen~wachsen (con-crescere).l.'i.'i Die Hoffnung auf dieses eschatologische Zusammenwachsen ennöglicht dem Christentum auch das Gespräch mit dem ludenturn als einem anderen Traditionsstamm von Hoffnung auf die Menschheitsreligion, denn die gemeinsame Verankerung besteht. um im Bild zu bleiben. eher in der Krone als in der Wurzel des Baumes. 156 Die systematische Folgerung aus Kählers Eschatologie für die Frage nach dem Verhältnis zum ludentum besteht also darin, die christlich-theologischen Begriffe eschatologisch zu konturieren. Dies sei im folgenden an einigen weiteren Theologumena durchgeführt. 2. Alttestamentliche Konkretion der Eschatologie. Der vorige Punkt dieses Unterabschnittes führte am Beispiel der Menschheitsreligion auf das lerer Stelle vielmehr Abslraktbegriffe wie Wirsching. - Bereits HEJl.MANN (1917) 17 krilisien Kählers Begriff der religiös-sitllichen Anlage und forden im Sinne der Lutherren3issaoce. ihn auf dem Gewissenskonzcpt zu fundieren. L52 So rur Kähler Ill. W. bislang nur der HernmnnschUler H. PFrRAN (1931) 122: ..Von größter Bedeutung rur das geschichtliche Verständnis dcr MenschheilsbcdeulUng Jesu iSI ihm aber namentlich l... 1 die Eschatologie". Freilich habe Kähler die Geschichle Jesu nach Oslcrn nicht mehr als echte Offenbarung verstanden (a.a.O. 179). 153 S. bei S. 151 Anm. 73. Ähnlichcs gill rur die sitllich-religiöse Anlage (s. S. 140 Anm. 21). obwohl sie selbsl- im Ul1Ierschied zu dem. womuf sie angelegt iSI- ein Untcrgcschichtliches ist. 154 Vgl. KÄHLER (1905) § 113a.b.c.d mit a.a.O. §§ 96--98 (Messias) bzw. 3.R.0. §§ 99-101 (Gouessohn) bzw. a.a.O. §§ 105-107 (Menschensohn) bzw. a.3.0. §§ 102-104 (Gekreuzigter). 155 Prägnanl iSI ein Passus der Ahcrsvorlesung zur Esch:uologie (DERS. 119111 101): •.Als geschichtliche Größe iSI dcr irdische Jesus panikular. - gebunden an Israel -. schickt seine Jünger nicht weiler als zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel; als der erhöhle Heiland iSI er Hlr alle da. - und dieser Universalismus prägl sich nun darin aus. dl1ß er keine Ofgllnisiene Massenbewegung einrichtet. keine geschichtliche Kulturnrbeit an IsraelIreib( und andere Völker dem angliedert. - sondern unaufhörlich mil jedem Einzelnen in Beziehung lriu. Seine Grundbeziehung ist nkhl die zu Israel. sondern zu den Menschen." 156 S. zum Vergleich S. 216 Anm. 103.
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IV. Martin Kählers messianisch-solerologische Eschatologie
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Desiderat eines eschatologischen Verständnisses theologischer Begriffe. Wie dies aussehen könnte, soll im vorliegenden Punkt an einem weiteren Thema erörtert werden, das für Kählers Sicht auf das Judentum wichtig ist, nämlich seiner Einschätzung des Alten Testaments. a) Eschatologischer Begriff des Selbstbewußtseifls Jes". Dieses Thema ist nicht nur deshalb einschlägig, weil "Die Bibelfrage" neben der Versöhnungslehre das andere große Thema von Kählers theologischem Schaffen ist. Zugleich war das Alte Testament zur Zeit des Vortrags über "Jesus und das Alle Testament" auch Gegenstand kirchlicher und theologischer Kontroversen, deren Thema dem des unmittelbar vorausgegangenen Apostolikumsstreits ähnelte: Durch die Fragen, welche die inzwischen universitär etablierte historische Kritik aufwarf, schien der feste Boden einer geschichtlichen Grundlage der Theologie, hier des Alten Testaments, ins Wanken geraten zu sein. Damit ist die theologiehistorische Stellung des Vortrags bezeichnet, die Kähler sofort zu Beginn bezieht, wenn er als sein Ziel, ja theologisches Lebensziel angibt: "Ich will ein zuversichtliches Verhältnis zu meiner Bibel gewinnen", "ohne wegen der Entdeckungen, Zweifel und Beweise geschichtlicher Forschung in fortwährender Besorgnis zu sein". Trotz dieser deutlichen Parteinahme wäre allerdings der argumentati. ve Spannungsbogen von Kählers Vortrag kaum erfaßt. wenn man ihn als Versuch verstünde, der Theologie ein windstilles Plätzchen zu sichern, an dem sie sich ungerührt von den Slürmen der Geschichtswissenschaft entfalten könnte. Vielmehr wie es die Ergebnisse geschichtlicher Forschung sind, von denen Kähler angestoßen wird. so zieh er selbst auf "das Grundproblem des geschichtlichen Christemums". t57 Er hebt also selbst die Geschichte als das Interesse hervor, welches ihn mit der kritischen Forschung verbindet. Von besonderem Gewicht ist deswegen der I. Abschnitt des Vortrags. der "Das geschichtliche Verhältnis im ganzen" darstellt. 158 Kähler selbst nennt die These, welche den Abschnitt über "Die geschichtliche Aus157 Zitate KÄIILCR [18961 (1965) 20.21.21 (zu These I): vgl. 8.a.0. 18 über die ..kirchlichcn Klimpfc" um das Altc Testament. Eine Trennung zwischen kritischcm und theologischem Ge· schichtsbegriff hieße "Dogmatiker" und "ChriSl"' (3.3.0. 21). hieße Theologie und Glauben auseinandemißen und wlire weder im Sinne Klihlers (s. bei S. 161 Amn. 121) noch der kritischen Geschichtswissenschaft. die mehr ist als bloße Faktenerhcbung. Beide erheben einen noml:uivcn Anspruch. 158 Der 3. Abschnitt zieht daraus ..Folgerungen ftir unsere Stellung zur Bibel", die als unmittelbare Wahrnehmung des Allcn Testaments flir unsere Fragestellung ebenfalls von Belang sind, während der 2. Abschniu die Ergebnisse durch ,Jesu Unfehlbarkeit und seine Benutzung der ahle· stamcntlichcn Schrift.. illustriert, was dem im vorliegenden Abschniu unserer Untersuchung verfolgten Ansatz bei der geschichtlichen Seite weniger entspricht (vgl. die Übersicht Uber die Thesen 3.0.0. 13-17).
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prägung" des Verhältnisses von Jesus und dem Alten Testament einleitet, "das Ganze meiner grundlegenden Ausführung", was die folgenden Thesen 159 desselben Abschnitts noch begründen. Kähler entwickelt hier einen Begriff von Geschichte in impliziter Aus· einanderselzung mit dem der kritischen Geschichtswissenschaft. Sein Begriff soll nun rekonstruiert werden. Er deckt sich mit dem geschichtswissenschafllichen nicht, nimmt aber denselben Ausgangspunkt bei der Fakti· zilät, dem positiven Gegebensein des Geschichtlichen. In diesem Sinne ruft Kähler bei der Erläuterung seiner These 4 aus: "Das ist eine geschichtJiche Tatsache ersten Ranges", daß das Alte Testament im abendländischen Denken eine nicht weg zu diskutierende Wirkung gehabt hal. l60 Freilich geht es Kähler über diese Feststellung hinaus um die Prüfung der Gründe für ihre Geltung. Er antwortet darauf zunächst (in These 5), die epochemachende Bedeutung des Alten Testaments rühre daher, daß Jesus selbst in einem "mit seinem inneren Leben verwachsenen" Verhältnis der Treue zum Alten Testament gestanden habe. 161 Er weiß aber, daß er damit nur erklärt, wie "das Alte Testament zur Geltung gekommen" ist, und fragt daher weiter nach dem "Sachgrund" der Geltung, dem dann die Thesen 6 und 7 gewidmet sind: "Ist das Zufall, ist das nur eine Abhängigkeit Jesu von geschichtlichen Verhältnissen, die keine Bedeutung hat, oder hat es einen inneren Zusammenhang?,,162 Solch ein innerer Zusammenhang läge vor, wenn nicht nur die Wirkungsgeschichte des Alten Testaments auf Jesu Stellung zu diesem fußte, sondern auch diese wiederum im Alten Testament, noch abgesehen von jener Wirkung, wurzelte. Der innere Zusammenhang bestünde dann präzise darin, daß die Thesen 6 und 7 über These 5 auf These 4 zurückgreifen könnten. Und genau dies fühn Kähler aus. Daß Jesus aus dem Alten Testament lebt, wie These 5 festgehalten haue, sagt nämlich nicht nur etwas darüber aus, mit welchen Augen Jesus die heiligen Schriften seines Volkes liest, sondern auch, daß er selbst mit den Augen dieser Schriften gelesen werden muß: Jesus selbst, sein Selbst bewußtsein ist nur aus dem Alten Testament verstehbar, so daß "die alttestamentliche Offenbarung zur wirksamen Voraussetzung seiner inneren Entwicklung geworden ist" (These 6).163 159 Zitale a.a.O. 13 in der Überschrift des fraglichen Abschnins bzw. a.a.O. 31 (zu These 4); zu den Thesen 5-8 vgl. den Überblick a.a.O. 32. 160 A.a.O. 32 (zu These 4). 161 A.a.O. 33 (zu These 5). 162 Zitate a.a.O. 32.32.34. jeweils als überleitende Bemerkungen zur Gliederung. 163 A.8.0. 35 in der AusfUhrung '" a.8.0. 13 in der Thesenreihe.
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IV. Martin Kählers messianisch-solcrologische Eschatologie
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Mit diesem Gedanken bezieht Kähler implizit Stellung gegen die damals schon jenseits ihres Zenits stehende Leben-Jesu-Forschung. Für sie ist das Alte Testament Voraussetzung für Jesu innere Entwicklung nur als traditionsgeschichtlicher Verstehenshintergrund, vor dem Jesus sich erst aLlmählich bewußt wurde, der im Alten Testament verheißene Messias zu sein. Denn dann wurzelt Jesu Stellung zum Alten Testament in seiner Messianität und nicht, wie für einen "inneren Zusammenhang" erforderlich, im Alten Testament selbst. Kähler lehnt einen deranigen alttestamentlichen Vorbau für Jesu Selbstbewußtsein daher ab mit dem Hinweis, dieses sei "von Anfang an"l64 dasselbe gewesen. Zugleich wendet Kähler sich jedoch gegen W. Hemnann, der ebenfalls gegen die Leben-Jesu-Forschung ein allmähliches Werden des Selbstbewußtseins Jesu bestritten und statt dessen für Jesus eine fertig abgeschlossen gegebene religiöse Persönlichkeit angenommen hatte. die bei denen, die ihm enlgegentreten, zu einer "Überwältigung" führe. 165 Mit dieser Doppelfront bestreitet Kähler sowohl ein unfertiges als auch ein fertiges Selbst bewußtsein Jesu. Statt dessen schreibt er: Jesus ist sich von Anfang an (ich kann es wenigstens in den Evangelien nicht anders finden) bewußt gewesen, nicht bloß fur Israel, ja sogar dem Erfolge nach gar nicht fur Israel, sondern unter Verwerfung Israels fur die Menschheit dazusein. Dieses Bewußtsein hat sich ihm einfach über dem Allen Testamenl erschlossen. Wie es so vor uns liegt und wie es vor Jesus lag. anfangend mit der Schöpfungsgeschichte und ausgehend in die große Prophetie von dem Gericht und der Vollendung. ist es durchaus universalislisch: mitten in der zerklüfteten Völkerwelt kennt es ohne die toten Abstraklionen der Philosophie eine einheitliche Menschheit. eine Menschheit mil einem Ausgang und einem Ziel. Hili
Indem Jesu Selbslbewußtsein hier in eine umfassende Geschichte gestellt wird, beantwortet sich die Frage nach dem Sachgrund für die Gellung. die das Alte Testament durch Jesu Stellung zu ihm in der Menschheitsgeschichte erlangt hat; denn den menschheitlichen Horizont dieser Geltung faßt das Alte Testament mit dem Gedanken einer einheitlichen Menschheit 164 A.a.O. 37. IM Zilllt a.a.O. 39 (zu These 7). Dieselbe Abgrenzung findet sich auch bei KAHLeIt (1892) 55. wo a.a.O. Anm. I ausdrücklich Henmann genannt iSI. 166 DERS./18961 (1965) 37 (zu These 6). Kähler plädien hier H1r eine lectio continua des Allen Testaments. wie sie in der gegenwärtigen Revision christlicher Theologie im Blick auf das Judemum geforden wird (z.B. von FL Hossfeld und E. Zcnger ftlr den Psalter) - allerdings bleibt Kähler bei der christlichen Kanonanordnung mit den Propneten am Schluß als Übergang zum Neuen Testament.
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selbst ins Auge. Der Sachgrund für JesIl Stellung zum Alten Testament isl also dos Alle Testament selbst. und damit ist der innere Zusammenhang erreicht, den These 5 forderte. Damü ist auch kJar. daß Kählers Rede von einer inneren EnlwickJung des Selbst bewußtseins Jesu weder auf sein Verhältnis zum Allen Testament zu beziehen ist wie in der Leben-Jesu-Forschung noch. wie W. Herrmann es in einem Buchtitel ausdrückte. auf Jesu unvergleichlichen "Verkehr mit Gotr' - denn "der innere Haushalt einer unsündlichen Entwicklung ist für uns so unvorstellbar wie das Leben auf den Sandwichinseln für einen Lap. pen"167 _. sondern auf die menschheitliche Geschichte. deren Horizont das Alte TeSlament eröffnet. Jesu Selbstbewußtsein entwickelt sich auch zufolge Kähler, aber nicht "von rückwärts", sondern ..nach vorne" auf den Hori· zont dieser Geschichte zu. Diesen aber steckt nach Kählers Eschatologiebe· griff die Ewigkeit selbst ab. M.a.W. für Kähler ist Jesu Selbstbewußtseill dessen Wissen um die eigene zukünftige Parusie. Das ist Kählcrs eschatologischer Begriff von Selbstbewußtsein Jesu. b) Eschatologischer Begriff des Alten Testaments. Dieser eschatologi· sche Begriff des Selbstbewußtseins Jesu entspricht genau dem Konzept der Geschichl1ichkeit, das Kählers Eschatologieentwurf prägt: die Erstreckung eines historischen Ereignisses auf seine zukünftige Vollendung"" These 7 von Kählers Vortrag zieht die entsprechenden eschatologischen Folgerungen. Jesus fUgt sich demnach in eine .,große geschichtliche Entwicklung, die bis heute reicht. und die er vorwärts und rückwärts beherrscht". Mit Blick auf diese menschheitliche Geschichte kann Kähler die alttestamentlichen Schriften "ein gewachsenes Ganzes" nennen. das er inhaltlich mit "ih· rem letzlen vormessianischen Ergebnis'; gleichsetzt. l69 Dies ist sein es· chatologischer Begriff des Alten Testaments. Er wirkt freilich dadurch doppeigesichtig, daß hier als Ganzes das Vormessianische. also etwas Unabgeschlossenes angegeben wird. Das hat in These 9 des Vortrags zur Folge, daß einerseits die christliche Bedeutung des Alten Testaments auf seine messianische Erwartung, diese aber ande· rerseits nicht auf den Charakter einer Vorstufe zum Christentum festgelegt wird. M.a.W. das Alte Testament hat nach Kählcr für das Christentum nur 167 KAuLa. (189611) 53: nichl abgedNCkl in der Ausgabe VOll E. Wolf (CERS. (1892) (1956». 168 O€RS. (1896) (1965) 46 nennt mit Bezug auf H. v. Trcil.sc:hke als Beispjcl einer gC5Chichllichen Auffassung ..im großen Stil" die Beziehung aller Einzcldalcn der deutschen Geschichte auf die Reichsgriindung 1871, was UNK (1975) 175 Anm. 146 scharf kritisicn. Jedoch verSIeht Kihlcr dieses Beispiel nichl eschalologisch. d.h. die Reichsgrundung wird nichl Dbergeschichllic:h überhöht. sondern soll nur das Konzepl der Gcsc:hic:htlichkeil als sokhc.s erläutern. 169 ZilalC KÄIIID 11896) (1965) 41.42.42 (alle zu These 7; Hervorhcbungt:n aufgehoben).
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IV. Martin Kählers messianisch-soterologische Eschutologie
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als Eröffnung eines eschatologischen Horizonts Gewicht, als solche aber hat es auch bleibendes Gewicht. Daraus ergibt sich einerseits, daß KähJer eine christliche Bedeutung des Alten Testaments in nichtmessianischer Auffassung abweist. Dazu zählt er das Verständnis des Alten Testaments als Rituaigesetz,I10 aber auch die Re· zeption des Alten Testaments im FTÜhjudenlum. das er als möglichen Interpretationskontext der Person Jesu gegen d.ie zeitgenössische Exegese be· streitet. 17t Andererseits lehnt Kähler es ab, Christus als die ErfliJlung der alttestamentlichen Verheißung zu sehen: Es ist der Bibel gegenüber willkürlich. Jesus in seinen Aeischestagen. den irdischen Christus. ftir den anzusehen. in dem alle Verheißungen Ja sind. Der geschichtliche Christus ist der gepredigte Jesus Christus!"']. Seine Predigt. d.h. die Predigt, deren Inhalt er ist. gehört nach dem Neuen Testament in das alttestamentliche messianische Programm!···t.m
Diese Sätze zielen durch den Verweis sowohl an den gepredigten Christus als auch an den alttestamentlichen Messianismus auf die Parusie Christi. Diese Zukunftshoffnung kann daher für Kähler nur mit "alttestamentlichen Anschauungsfonnen" ausgesagt werden. Jesu "Stellung zur ganzen Menschheit, und zwar rückwärts wie vorwärts, ist unfaßbar, wenn man ihn lediglich zeitgeschichtlich ansieht und schätzt (... ]; das Alte Testament ist unentbehrliches Mittel für ihre KlarstelJung".173 In diesem Satz ist die Klarstellung nicht als Zweck von ihrem alttestamentlichen Minel abzulösen; Jesu Stellung zur Menschheit ist kein Abstraktum. das auch unabhängig von der Konkretion gedacht werden könnte; d.h. die Unentbehrlichkeit des alue· stamentlichen Messianismus ist eine unbedingte. weil sie ebenso eschatologischen Rang hat wie die Parusie Christi selbst. Chrisllls ist eine eschatologische Gestalt nur als der alllestamelllliche Messias, und der altte· sramentliche Messias gewinnt Gesralr ersr als der eschatologische Christus 170 A.a.O. 47f. (zu These 9), die christliche Geselzesfreiheil ist allerdings eingeschränkl ..durch den geprediglen ChrisluS" (a.a.O. 49), so daß a.a.O. 48 auch eine .,chriSlliche Würdigung des Siuliehen in aller Gesetzgebung" in Betracht kommt. 171 [)r,RS. (1892) 39f. polemisien gegen die .jüdische Th~Qlogi~ und ihr~ EschotoJogi~" als Quelle ruf das Verständnis Jesu. die zur selben Zeit J. Weiß epochemachend in den Vordergrund steIlI. Kahkn Losung von ~d~m g~sdichllichm Christus du BilNl" bzw.•.der ganzen Bibel" hat also auch diru SI06richtung gegen das Frilhjudenlum. das O€RS. 118961 (196's) 58f. nur in Fragen. die nicht die Ganzheil des Alten T~amenls belreffen. zum Verständnis Jesu herangezogen wissen will. 172 A.a.O. 75 (These 13. auf die bereits '.'.0. 49 ein Vorverwcis gegeben wurde). 173 Zitale a.•.O. 76. Ein ..Verzteht auf die alltest:amentltehe Verht'iBung" (Überschrift OE 8<X>R /19901 120) ließe sich bei Kähkr nur konstaticren. wenn man diese auf Bibelzilale festkgte.
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der Parusie. Diese heiden Gedanken sind in Kählers eschatologischer Wahrnehmung des Judentums unlösbar verknüpft. So ist das Alte Testa-
ment selbst die Konkretion der Eschatologie, allerdings nicht in dem Sinne. daß dadurch die Zukunftshoffnung für die Gegenwart mehr Gegenständlichkeit und Farbigkeit gewänne, sondern das Alte Testament ist die KOß· krelioß der Parusieerwartung, also in seiner Konkretion selbst zukünftig. Wie Christus in seinem irdischen Auftreten aus dem Alten Testament lebte, mit ihm "verwachsen" war - die Wachsrumsmetapher gebraucht Kähler in seinem Vortrag mehrfach 174 -, so ist auch das Alte Testament gerade in sei· nem "letzten vormessianischen Ergebnis" ein "gewachsenes Ganzes", so daß man sagen kann, die Parusie Christi und der messianische Horizont des Alten Testaments wachsen in der erhofften Zukunft zusammen: das ist im wönlichen Sinne des lateinischen con-crescere die Kon-kretion der christlichen Eschatologie, 175 und das ist Kählers eschatologischer Begriff des Allen Testaments. 3. Zwischenergebnis. Kählers Wahrnehmung des Judentums, die hier am Beispiel seiner Konzeptionen von Menschheitsreligion, SelbstbewuBtsein Jesu und Altem Testament vorgestellt wurde, geschieht jeweils in der Perspektive eschatologischer Begriffe, die den Sachverhalt des Übergeschichtlichen - eine nichtgeschichtliche Größe, die aber in einem geschichtlichen Verhältnis zur Geschichte steht - auf verschiedene Einzelthemen anwenden. Der vorige Punkt dieses Unterabschnitts deutete an, welche Auswirkungen dies auf die Wahrnehmung des Judentums überhaupt hat; ihm wird nämlich eine tragende Bedeutung für das Christentum zugewiesen, sofern es eine messianische Ausrichtung auf das Menschheitliche hat, allerdings auch nur unter dieser Voraussetzung. Diese Wahrnehmung fühn zu einer Einteilung der verschiedenen Gestalten des Judentums; bereits erwähnt wurde. daß halachische Strömungen des Judentums aus Kählers Betrachtung ausscheiden, weil er ihnen keine messianische Ausrichtung zuschreiben kann. Des weiteren ergibt sich, daß eine andere als eschatologische Bedeutung - also etwa eine kulturgeschichtliche - auch für messianische Gestalten von Judentum nicht in Betracht kommt, jedenfalls nicht als theologisch relevant. Andererseits kann Kähler so auch nachbiblischen Gestalten von Judentum ein theologisches Gewicht für das Christentum zuschreiben, wenn sie in messianischer Perspektive gesehen werden können. Damit hat Kähler die Möglichkeit, die Beschränkung der Sicht auf das Judentum als bloß alttestamentliches und 174 KÄI1LER [18961 (1965) 33 (zu These 5) und a.a.O. 42 (zu These 7). 175 Zitate 8.a.0. 42.41 (Hervorhcbungen aufgchoben).
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endzeitliches Israel aufzuheben, die die HeilsgeschichlJiche Theologie kennzeichnete. Kählers Wahrnehmung des Judentums ergibl so auf den ersten Blick kein eindeuliges Bild. Die exklusive Annahme einer religiösen, näherhin eschalologischen Bedeutung des Alten Testaments für das Christentum mutet zunächsl wie eine Restriktion des Judentums an; andererseits verhindert sie eine Usurpation jüdischer Traditionselemente durch das Christentum, indern dieses etwa alttestamentliche Texte unmittelbar auf sich bezieht. 176 Gerade hiergegen nämlich macht sich das theologische Gewicht von Kählers ausgearbeitetem Eschatologiekonzept als Rahmen aller theologischen Verhältnisbestimmung von Chrislentum und Judentum bemerkbar: Chrislliche Theologie nimmt nach Kähler das Judentum in eschatologischer Perspektive, also in der Blickrichtung der eigenen, christlichen Zukunftshoffnung wahr, die aber als Horizont alttestamenllicher Geschichte auch die Hoffnung der fremden, jüdischen Tradition ist. So hängt die Art und Weise. wie christliche Theologie auf das Judentum blickt, also daran, inwieweit sie selbst ihren eschatologischen Einsichten folgt. Kähler legt damit das Judentum grundsätzlich nicht auf eine bestimmte, sei es alttestamentliche oder endzeitliche, sei es messianische oder eine andere Gestalt fest, sondern macht die Einschätzung des Judentums jeweils von einem eigenen Akt der Urteilsbildung christlicher Theologie abhängig. Es zeigt sich auch hier, daß christliche Theologie ihre Stellung zum Judentum nur durch eine kritische Klärung ihrer eigenen Argumentation gewinnen kann. 177 Dies zeigt deutlich ein geschichlseschatologischer Aufsatz von 1906, in dem Kähler im Anschluß an seine grundlegende "Geschichtsanschauung" den ..Gang der Menschheit" als deren Verifikalion rekonstruieren will. Die Geschichtsanschauung deckt sich mit dem nun schon bekannten Es· chalologiekonzepl. Es wird hier so begründet, daß der Zusammenhang der Menschheilsgeschichte zwar nicht von ihrem Anfang aus zu gewinnen sei. denn dieser liege im vorgeschichtlichen Dunkel, aber eben von ihrem Ziel her: der "Einheitshoffnung", d.h. der Hoffnung auf eine geeinle Menschheit, welche die letzten Worte des Textes als Christi Wiederkunft identifizieren. Da mit diesen Worten zugleich Kählers Aufsalzsammlung endet, handelt es sich hier um so etwas wie sein Iheologisches Vermächtnis. 178 176 Dies iSI die Gefahr z.O. der altonhodoxen christologischen dicta probanlia. 171 Das entspricht unseren melhodischen Grundentscheidungen (s. bei S. 20 Anm. 26). 178 Zilale KÄHLER 119061 (1913) 198.200: zur Parusie a.a.O. 212. Der erste Abschnin (a.a.O. 196-200) emfaltel die •.GeschichlSanschauung'· als Grundlegung, wozu der Z\l..e i,e Abschnin (a.a.O. 200-208) die AusftJhrung und der drille (a.a.O. 208-212) das Resiimee bietet.
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Die Menschheitsgeschichte sieht Kähler sodann in "drei Epochen" gegliedert, die vom Ende der babylonischen Gefangenschaft, also dem Aufkommen des historischen Judentums, bis zur Etablierung der christlichen Staatskirche, von dort bis zur Reformation und von dort bis zur Gegenwart reichen. 179 Wichtiger als die historische Triftigkeit dieser EpocheneinleiJung ist die Frage, wie Kähler sie begründet. Und hier nennt Kähler als Motiv, das den Gang der Menschheit antreibt, die Mission. Explizit geschieht dies freilich nur in dem Satz: "Deshalb ist die dritte Erscheinung der werdenden Einheit die kirchliche Mission." Die damit vorausgesetzte erste und zweite Erscheinung dieser Einheit werden nicht ausdrücklich als solche bezeichnet, sie sind aber in der Beschreibung der Grenze von erster zu zweiter Epoche erkennbar in Gestalt der "christlichen Mission", die in dem einen Fall auf das Judentum folgt und in dem anderen als "kirchliche Cultunnission" die Antike durch das Mittelaller ablöst: ISO Wie aus der Puppe des Judenvolkes der Falter der chrisLlichen Mission aufflog. so niegt derselbe Faller nun aus dem verwesenden Leichnam der Antike hinüber zu den herandrängenden Gennanen und Slaven. Die kirchliche Cultunnission vollzieht sich während des folgenden Jahrtausends in nördlicher Richtung. lll
Die christliche Mission setzt dabei zufolge Kähler die Einheit der Menschheit als von Gottes Ewigkeit motivierte gegen verschiedene Kräfte durch, so besonders gegen die beiden einseitigen Abstraktionen der Einheit in den theoretischen. vom Bezug auf den Menschen gelösten Monotheismus des Islam einerseits und in die ..anthropocentrische", von Gott gelöste "Conventikelreligion" des Buddhismus andererseits; sodann gegen eine bloß formale goltgegebene Einheit des Menschlichen wie im starren Hierarchiedenken des römischen Katholizismus. 182 Die stärkste Front, welche die christliche Mission als von Gottes ewiger Zukunft begründeter Fortschritt im Gang der Menschheit zu durchbrechen hat, sieht Kähler allerdings in folgendem: Vollends die befremdliche Gestalt des internationalen Nationalismus. das zähe Volkstum ohne Vaterland und Muttersprache. das seit der römischen Kaiserzeit als 179 A.3.0. 201. ISO Zitale a.a.O. 208 rur die dritte bzw. a.3.0. 203 rur die z.weite und erste Epoche. 181 Ebd. 182 Gegen den Islam als "Karrikalur (siel] des vorjüdischen Israel" a.3.0. 204: gegen den Buddhismus a.3.0. 202: gegen den römischen Katholizismus 8.a.0. 212. Zum Buddhismus vgl.
OERS. (1905) 185 (§ 212).
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solches anerkannte "Element der Decomposition" lsic!], der ewige Jude. das Gespenst des messianischen VoLkes, seit es seinen Messias verworfen hat. Die goldene Internationale mit ihrer Weltpolitik im Dienste des Mammonismus, mit ihrem gonlosen Rassenegoismus. mit ihrer Ausnützung eines abstracten Humanitarismus und imaginären Kosmopolitismus, hält das lell.le und schwerste Problem auf dem Wege zur Einheit der Menschheit vor Augen und prägt es damit ein (Eph 2; Röm 9-1 I)."J
Diese Tirade ist unverkennbar auf das Judentum der nachbiblischen Zeit bis zu Kählers Gegenwart bezogen, und es rallt nicht schwer, verschiedenste Schemata des landläufigen Antisemitismus bis in die Formulierungen hinein nachzuweisen: so die Ahasverlegende, die theoretisch auf der substitutionstheologischen Annahme der Enterbung Israels infolge der Verwerfung Christi beruht;l84 so die Behauptung vom jüdischen "Weltkapital" (verbunden mit dem Vorurteil jüdischer Geldgier), welche die bis weit in die Zeit der Emanzipation wirksamen ökonomischen Restriktionen an das gewerbetreibende Judentum, also dessen Abdrängung vom zünftigen Handwerk in den Handel. mit einem Nationalcharakter verwechselt; 185 einhergehend da· mit die Verquickung von jüdischer Diasporaexistenz mit der sozialistischen Internationale, gegen die Kähler sich kurz vor diesem Zitat eigens abgegrenzt hatte: eine Zuschreibungsfigur, die als Vorwurf einer angeblichen jüdischen Wehverschwörung bekannt ist. 186 Theologische Varianten solcher Wahrnehmungen sind in dem Absatz ebenfalls enthalten, Über den Grund für diese gegenüber Kählers sonstiger Wahrnehmung des Judentums auffallende Verschiebung läßt sich nicht in einem Satz Aufschluß geben; es rallt jedoch auf. daß in dem fraglichen Passus das Judentum als Hindernis der christlichen Mission geschildert wird, die in den vorigen Zitaten z.T. ausdrücklich als Kulturleistung (..kirchliche Cultunnissi[83 DERS. 119061 (1913) 208. Die Passage hat gewisse Entsprechungen in einem Abschniu von KähJers später EschalOlogievorJesung (DERS. 119111 67--69). wo das Verhälmis Israels zur "vollkommenen Offenbarung" (gemeint: lesu irdisches Auftrelen) behandelt wird: vg!. daneben
(1913) 426-428. 184 KähJer spricht in dem genannten Zitat (DERS, [19061 [19131 208) vom "ewigen Juden·'.
DERS.
Mit der Rede vom ,,Elemenl der Decomposition" zilien Kähler ungenau Theodor MOMMSEN, Römische Geschichte, Ber[in 91902/04. 11I,550. der das antike Judentum ein "wirksames ~rmenl des Kosmopolitismus und der nationalen Dekomposition" im römischen Reich nannte. Ungenaue b7.w. kontelttfremde Zitalion dieses Diclums. zunächst durch H. v. Treilschke, löste den sog. Berliner Antiscmitismusstreil aus, in dem. wie HOFFMANN (1988) 98-103 zeigt. verschiedene Abwandlungen des MommscnziulIS Hir antisemitische Zwecke herangezogen wurden, so die Variante als •.Elemenl" von A. Stoecker im preußischen Abgeordnetenhaus. 185 KÄHLER 119061 (1913) 208 spricht von Mammonismus. 186 Kahler ebd. gebraucht die Ternlini "imaginfircr Kosmopolitismus" und Weltpolitik. Wichligsles Beispiel des Stereotyps der Wehverschwörung ist die um 1914 in Rußlarxl enlst:mdene antiscmilische Erfindung angeblicher ,.Protokolle der Weisen vom Zion",
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on") aufgefaßt wurde - im Gegensatz zu Kählers sonstiger Auffassung von Mission, die bei ihm den Status eines eschatologischen Begriffs von Bel87 kenntnis zum Übergeschichtlichen hat. Sollte diese Dimension im vorliegenden Text tatsächlich ausfallen, so müßte sich der Begriff der Mission auf geschichtliche Gegebenheiten beschränken, und in diesem Fall böten Judentum und Christentum ein ausschließendes Gegenüber. dem die jeweilige Ausrichtung auf eine übergeschichtliehe Zukunft fehlte. Dies könnte den Wechsel zu einer schroffen Negativwertung des Judentums erklären. Diesem Problem ist im folgenden weiter nachzugehen.
2. Erhebung von Wahmehmungsschemala Kählers Eschatologiekonzept ist durch das Verfahren einer eschatologischen Begriffsbildung charakterisiert, das die Ewigkeit als Grund und zugleich Grenze geschichtlicher Entwicklungsverhältnisse versteht. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf gängige Schemata von Wahrnehmung des IU Judentums. So lös( er z.B. die lineare Zuordnung von Verheißung und Erfüllung auf und einhergehend damil lineare Zeitversländnisse. All dies kommt in der Abgrenzung gegen die zeitgenössische liberale Progreßeschatologie deutlich zum Ausdruck. Es is( daher um so überraschender, daß Kähler sein Eschatologieversländnis häufig mit Bildern verdeutlichen kann, die der Naturbeobachtung entlehnt sind und Wachstumsprozesse darstellen (wie fluß und Meer, Keim und Frucht, Puppe und Schmetterling). Daß Kähler diese Bilder oft paarweise gebraucht, läßt noch stärker an die polaren Wahmehmungsschemata denken. Im Sinne des hier befolgten methodischen Umgangs mit dem Problem der Wahmehmungsschemata l89 ist daher zu fragen. wie Kähler diese Bilder in seiner Argumentation verwendet. Dabei ist einerseits zu fragen. welcher mögliche Referenzgegenstand mit den jeweiligen Metaphern bezeichnet ist, und andererseits. welcher argumentative Gehalt sich mit dem Gebrauch der Bildpaare verbindet. Bezeichnet man in lockerer Anlehnung an G. Frege erstere Dimension als Bedeutung der Metapher und letztere als ihren Sinn,l90 so zeitigt der Überblick über Kählers eschatologischen Metapherngebrauch ein interessantes Ergebnis: 187 S. bei S. 167 Anm. 149. 188 S. z.B. Kap. IV.I.2. hier S. 168--114 zur a1nc:starnentlichen Konkrecion der Esclwologic. 189 S. Kap. 1.2. hier S. 2Jf. 190 Vgl. Gottlob FREGE. Funktion, Begriff. BcdcUlung_ Fünf Iogi.sche SlUdicn 118921. hg.v. Günler PalZig, Göl:tingen 1962 (KVR 144/14.5).
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Die Metaphern, die Kähler verwendet, sind im bildungsbürgerlichen Sprachgebrauch großenteils konventionalisiert, teils stehende Wendungen für die Ewigkeit: so das Bild des Meeres, das ihre Unbeweglichkeit und Unfaßbarkeit ausdrückt; so die Rede vom Schmetterling. seit der Antike Symbol der unsterblichen Seele. Dennoch gelingt es Kähler. diesen beinahe abgenutzten Melaphern durch die paarweise Verwendung und im Kontext seiner eschatologischen Argumentation einen Sinn abzugewinnen, der solch traditionellem Verständnis gerade zuwiderläuft. Denn in den hier betrachteten Texten werden, wie sogleich an einigen Beispielen zu zeigen ist, die genannten Bildpaare SIels zur Brechung der Wachsrumsvorslellung und damit des Progreßgedankens eingesetzt - ganz im Sinne von Kählers Eschatologiekonzept im ganzen. Kählers eschatologischer Metapherngebrauch bürstet somit, ähnlich seinem Verfahren eschatologischer Begriffsbildung}91 die vorgegebene und im Falle der Metaphern scheinbar zum Traditionalismus erstarrte Begriffsgeschichte gegen den Strich und erblickt in ihr so einen neuen Sinn. - Was hingegen die Bedeulung der Metaphern angeht, so ist das Ergebnis weniger klar, weil mit dem eschatologischen Sinn der Metapher bald auf die Ewigkeit selbst referiert wird, bald auf das Christentum; und diese Diskrepanz ist nun gerade für die Frage aufschlußreich. wie Kählers Metapherngebrauch mit seiner Wahrnehmung des Judenlums zusammenhängt. In der Bedeutung der eschatologischen Metaphern als bald Ewigkeit, bald Christentum spiegelt sich ja die Unterscheidung der Menschheirsreligion von der positiven Religion (auch der positiven Religion Christentum), also jene Unterscheidung. die Kählers Pointe bei der Frage nach der Wahrnehmung des Judentums ausmacht 192 Wie fein diese Pointe und wie zart jener Unterschied ist, zeigt sich auch bei der Analyse von Kählers Metaphorik. die eben diese Finessen umspielt. I. Fluß und Meer. In Kählers grundlegendem Eschatologievonrag von 1867 etwa erfahren die den ganzen Text durchziehenden Metaphern "Fluß" und .. Meer" einige Nuancierungen, die exakt den Gedankengang des Vortrags wiedergeben: Stets bedeuten beide Fortschritt bzw. Ewigkeit; doch während sie als Gegensatz eingeführt werden (wie der antithetische Aufsatztitel es auch nahelegt). wird die Metaphorik bald durch das Bild der Mündung erweitert. die eine Verbindung beider als Überfließen des Fortschritts in die Ewigkeit suggeriert. Als Quelle dieses Überflusses erweist sich jedoch dessen Ziel, also das Meer, wenn zuletzt in einer Inclusio mit dem Begriffspaar vom Anfang das Meer hervorgehoben wird. in dem kein 191 S. bei S. 168 Anm. 152(. zur Mcnschhc:ilmligion und zur Wc:llordnung. 192 S. Kap. IV.1.2, hic:t" S. 159-168.
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"Tröpnein" - d.h. doch wohl: des speisenden Flusses - verloren iSl. 193 Sinn der gesamten Metaphorik ist also von diesem Ende her. die Ewigkeit als l94 Grund des Fortschritts zu markieren. 2. Sirah/ und Sonne. In demselben Sinne gebraucht KähJer in diesem Vortrag auch die aus der Christologie allbekannte Metapher des Strahls und der ihn erst hervorbringenden Sonne, um das Verhältnis des Fortschritts zu Christus auszudrücken, und zwar zur Geschichte Christi. die sich von seinem Erdenleben aus auf die Ewigkeit erstreekt. 195 Besonders im Vergleich mit dem Bemer Theologen und Schüler von Kählers Weggenossen H. CremeT, W. Hadom, der dasselbe Bild für die eschatologische Wahrnehmung des Judentums gebraucht, wird kenntlich, daß die Sonne für Kähler den Christus der Parusie, also die Ewigkeit bedeutet, und nicht etwa bloß den historischen Christus (während Hadom hier auf das Christentum als positive Religion Bezug nimmt).I96 3. Puppe und Schmelterling. Freilich bedeutet zuweilen auch bei Kähler die Ewigkeitsmetaphorik das Christentum. So steht in seinem universalgeschichtlichen Versuch "Der Gang der Menschheit" das Bild des Schmetterlings (Falters) einmal ausdrücklich für die "kirchliche Culturmission'" die zunächst das Judentum und dann die klassische Antike verwandeh habe, die dann als "Puppe" bzw. .,Leichnam" bezeichnet werden. Wenn zwar auch hier dem Sinne nach nicht an ein bloßes Entwicklungsschema gedacht ist die Entsprechung zwischen ..Puppe" und "Leichnam"197 suggeriert hier doch zu sehr Abbruch -, so ist hier jedenfalls das historische Christentum als Gipfel der Universalgeschichte gedacht 198 - anders als in dem Aufsatz ,.Mit Christo auferweckt sein". wo dieselbe Metaphorik festhäll. Christus der Erhöhte sei im Vergleich zum Irdischen nicht einfach der ,.Schmenerling, wenn er das verdeckende Puppenkleid abgestreift har,:'99 Kähler sieht hier vorbehaltlich des Christus der Parusie anscheinend keine Entwick193 KAHLER 11867] (1913) 170 zur Mündung; a.a.O. 193 bzw. 3.a.O. 167 zur Inclusio. 194 Ebenso OERS. (1896) 496. wenn es heißt. die - freilich eschatologisch begründete - •.Entwicklung der Menschheir' trage als ein Strom •.die Schiffe zum Meere" eines silllichen Gesamtzieles, 195 DERS. 118671 (1913) 188: ••Was wir heute als die erhabensten Ideen der Humanität preisen. es sind nur Strahlen jener Sonne. welche der Welt am See Geneureth aufging und auf Golgatha nur scheinbar erlosch. um vom OstemlOrgen ab mit unwandelbarer Klarhc:il zu leuchten." 196 HAOORN (1914) 37. 197 KOEPP (1921) 35 wird das Judentum wegen seines Konzepts von E....igkeit als ..Mumie" bezeichnen. so Eigenschaften von Puppe und Leichnam verbindend. 198 Zilate KAlUn 119061 (1913) 203. dessen Rede von Kulturmission seinem MissK>ns,'erslindnis wtdersprichl.
I99DERs.(I906) 180.
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lungslinie, die vom Irdischen zum Auferweckten führt, genauso wenig also auch vorn irdischen Menschen zum Mitauferweckten (worum es dem Auf~ salzlitel nach ja geht), sondern er macht hier vielmehr einen nur von Gottes Zukunft her bestehenden Zusammenhang gehend. Darin zeigt sich wieder~ um sein Konzept von Eschatologie im Unterschied zur Auffassung etwa des Serner Reformierten E. GÜder. der zur Verdeutlichung seiner Unterschei~ dung von vier Lebensständen Christi die Abfolge von Ei, Raupe, Puppe und Schmetterling als naturhafte Entwicklung heranzieht. 200 4. Keim und Frucht. Besonders verbreitet und am unmittelbarsten der Naturbeobachtung angelehnt scheint aber die Metaphorik von Keim und Frucht. Mit ihr erläutert Kähler in Ausführung seiner These von der ge~ schichtsstiftenden Kraft der Eschatologie 1896 den Lehrsatz von der Sünd~ haftigkeit der ungetauflen Neugeborenen: Hier werde der "Keim schon an der voll ausgetragenen Fruchl,,201 gemessen. In diesem Fall erhellt der Zu· sammenhang von Sinn und Bedeutung besonders klar Kählers Metapherngebrauch, denn indem die Frucht hier das Endgericht und den ewigen Tod bedeutet und zudem der ganze Satz zur Entfaltung der These vom Vorrang der Eschatologie vor der Geschichte dient, ist klar, daß sein Sinn ist, den natürlichen Wachstumsprozeß, der vom Keim zur Frucht geht, zu durch· kreuzen. Und dies trifft ja gerade im Falle des Keimes, der die Erbsünde bedeutet, wiederum genau den theologischen Sinn, denn wenn die dogmatj~ sche Tradition die Erbsünde bevorzugt mit botanischem Bildmaterial be~ schreibt, dann ja als die Wurzel eines mit Stumpf und Stiel auszurollenden M I"ß wuc hses. '02 Kähler kann dieses neuartige Verständnis der Metaphorik von Keim und Frucht daher auch mit der "Aufstellung von Typus und Antitypus" gleich~ setzen, um klarwmachen, daß das Verhältnis, in dem Jesus zum Alten Testament steht, kein naturhafter Enlwicklungsprozeß ist, sondern ein Verwachsensein. 203 Gerade in diesem Ausdruck, der nicht nur gegenseitige Durchdringung, sondern auch Mißbildung besagen kann, kommt zur Spra200 GODER (1853) 355 in dem Bestreben. den Zwischenzustand zwischen Diesseits (Ei) und Jenseits (Schmetterling) soteriologisch auf Christus anzuwenden. was einen diesseitigen und einen jenseiligen ZwischenZUSland. also den Erdenwandel vor Himllleifahn (Puppe) und die Höllenfahn (Raupe) annehmen läßt (a.a.O. 346).
20 I KÄIIL...ER (1896) 503. 202 So FC SO 1.5 (BSLK 846.95) und besonders die Rede vorn Zunder. also bereits abgebro.chenem und vcrdomem Gehölz: AC 11.1 (BSLK 148.21 mit den scholastischen Belegen ebd. Anm. I). 203 Zila! KÄItLER (18961 (1965) 46 neben dem umstriuenen Beispiel Hir geschichtlictlCS Denken ..im großen Stil". der Reichsgrundung von 1871. Zum Vcrwachsensein vgl. a.a.O. 33.42; oeRS. (1906) 182.
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Zweiter Teil
che. daß Kähler die Wachslumsmetaphorik nur per nefas gebraucht. um ihr seine Vorstellung einer eschatologisch begründeten Entwicklung aufzuprägen. Der Grund für diesen so unnatürlichen, ja unphysiologischen Meta· pherngebrauch könnte schlicht und einfach in Kählers Bibellektüre liegen. Denn liest man das Gleichnis vom vierfachen Acker. das als altkirchliches Evangelium zu Sexagesimä zugleich der locus c1assicus der Metaphorik von Keim und Frucht ist, so hat man in den vier ausgeführten Szenen ja weder ein "Wachstumsgleichnis" im eigentlichen Sinne vor Augen noch eine Typologie menschlicher Herzensbeschaffenheit. sondern dem Betrachter bietet sich eine Saat· und Emtesaison im Zeitraffer dar. bei der bis zur Ernte ein Teil der Saat nach dem anderen vergeht, so daß man aufgrund der Zeitphänomenologie dieses Gleichnisses204 also tatsächlich sagen kann, erst die Ernte selbst - also die Frucht - erhalte den Keim am Wachstum. Mit solch eschatologischem Sinn dieser Metaphern korrespondiert dann auch ihre bei Kähler allermeist eschatologische Bedeuwng, m.a.W. wo die Metapher zwar eschatologischen Sinn, aber keine eschatologische Bedeutung hat, da liegt ein Hinweis auf ein dem theologischen Konzept innewohnendes Problem. da kann das sprachliche Potential der Metapher wieder zum Schematischen erstarren und die Metapher zum Wahrnehmungsschema werden. Und im Falle Kählers zeigten die Beispiele. daß immer dann. wenn mit den eschatologisch gemeinten Metaphern auf das Christentum als positive Religion referiert wurde. eine Abwertung des Judentums zur bloßen Vorstufe damit verbunden war. 205 während da, wo die Metaphorik in Sinn und Bedeutung eschatologischen Charakter hat. wo also der Unterschied zwischen Christentum und MenschheilSreligion gewahrt bleibt, Kählers größtes Potential für eine Erneuerung christlicher TheOlogie in ihrem Verhältnis zum Judentum liegt. 206 In Kählers Metapherngebrauch bündelt sich also zum einen sein gesamtes eschatologisches Konzept, und zum anderen wird hier zugleich die Be204 Zuerst vergeht der Teil auf dem Weg (noch vor dem Aufgehen), dann der auf dem Slein (,,sofort" nach dem Aufgehen), dann der unter den Domen (nach deren Mitaufgehen). Vgl. Michael WOLTER. Interaklive Erzählungen. Wie aus Geschichten Gleichnisse werden und was Jesu Gleichnisse mit ihren Hörern machen, in: GILem 13 (1998) 120-134, 132. 205 S. bei S. 177 Anm. 183. 206 KÄIIL.ER kann in Abwandlung der Melliphorik von Keim und Frucht auch da.<; Schema von Frucht und Schale so eschalologisch akzentuieren, daß sein verbreiteter Unterton gegen das (vermeinllich schalenhafl äußerliche) Judentum wegfallt: DEkS. (1906) 188 vergleichl das Leben der Getauften mit einem österlichen Keim, der solange nicht beherrschend sei, wie die Christen ihr altes Wesen noch nichl wie eine Schale abgestoßen hätten: Hier ist (alles) Wl!'St'n Schale!
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deutung dieses Ansatzes für die Frage nach der Wahrnehmung des JudenI"h'·' rums kenntlC .
3" Problemgeschichtlicher Ertrag I. Das Problem der Mellschheitsdimellsion. Kählers Entwurf der Eschatologie fußt auf einem Konzept von Ewigkeit, die allein Grund und Grenze geschichtlichen Fortschritts ist: Alleiniger Grund des Fortschritts ist sie im Gegensatz zu dessen progreßoptimistischer, liberaler Begründung auf dem transzendierenden Potential von Geschichte; seine alleinige Grenze ist sie im Gegensatz zu seiner skeptischen Begrenzung durch das Reich der Sünde. die zugleich eine Begrenzung auf ein Reich der Zwecke ist; diese können dann (wie bei Ritschl) auch ohne ihre Verwirklichung die sündige 208 Gemeinde heiligen. Kähler kann so in seinem grundlegenden Vortrag von 1867 neben dem sinlichen Fortschreiten des Einzelnen einen überindividuellen Fortschritt denken, der weder (kausalistisch) bloße Entfaltung von Anlagen noch (rein teleologisch) Heiligung diesseitiger Mittel durch einen jenseitigen Zweck ist. Dabei besteht der kritische Punkt darin, daß die Ewigkeit, um einen geschichtlichen Fortschritt begründen zu können, selbst geschichtlich werden muß, ohne ihren ewigen Charakter aufzugeben, ohne den sie nicht Grenze des Fortschritrs sein könnte. Kähler bearbeitet dieses Problem mit seinem Konzept des Übergeschichllichen. Die Schwierigkeit dieses vielfach thematisierten Schlüsselbegriffs in Kählers Denken ist die Frage. welches Phänomen damit bezeichnet sein soll. In seinem eher wenig erforschten Vortrag von 1867 sagt Kähler es so: Die ewige Religion erweist sich selbst als geschichtliche Erscheinung. Unsere Analysen zu Kählers impliziter Wahrnehmung des Judentums ergaben, daß der entscheidende Punkt bei Kählers Zuordnung der Ewigkeit zur Geschichte als dem Fortschritt zu ihr tatsächlich in der Differenzierung lwischen geschichtlichem Christen207 ErheiJend ist ein Abschniu der noch unpubJizienen AJtersvorlesung. KÄIII..fR 1191 tl J6f.: ..Freilich sagten wir eben; die Erflillung habe erst klBr gemacht. was Bn der Vorhersagung Bild und was Ding sei. Das ist eine andere Wendung dBfilr: nicht die Juden haben die Erfüllung gebracht. sondem der sich offenbBrende Gotl. Wie unser Christentum nicht dllS geschichtliche Ergebnis des Zusammenwachsens von Judenlum und Heidentum iSI. sondern wie es rur die Apostel durchaus in das Bewußtsein trat: Neuschöpfung. koine k,üis. - so wird auch unser christliches Leben nicht zur Vollendung kommen könntn ohne ein neues Eingreifen. eine neue TBt GOlles. Wir erwarten und dürfen und soJlen erwanen große Taten Goues. welche dic Vollendung bringen. die aus Unserem einfach nicht hervorgehen:' 208 Zu der doppelten Positionierung gegenüber liberaler Theologie und Ritschi s. Ellkurs 4 (5. l44ff.).
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turn und seiner erhofften ewigen Zukunftsgestalt zu finden ist. Hier stießen wir in der Apologetik innerhalb der "Wissenschaft der christlichen Lehre" auf das Konzept der Menschheitsreligion, die das Christentum seiner Hoffnung für die eigene Zukunft gegenüberstellt. Die eigene ZukunJtshoffnllfig tritt dem Christentum also als etwas Fremdes gegenüber lind venveist es so an eine andere, nämlich jüdische, Gestalt von Hoffnung auf dieselbe Zukunft. Schon diese Erwägungen zeigen, daß der Begriff der Menschheitsreligion bei Kähler eine wichtige mögliche Fragestellung evangelischer Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum ist, denn die hier geschilderte Konstellation erinnert an F. Rosenzweigs Vorstellung eines Dialogs von Judentum und Christentum, in dem beide Seiten aufeinander gespannt sind in der gegensätzlichen Ausrichtung auf dieselbe ewige Zukunft. 209 Daneben aber ist der Begriff der Menschheitsreligion in sich ein Anknüpfungspunkt für die jüdische Gesprächslage der Zeit, denn gerade die im ersten Teil dieser Untersuchung vorgestellten L. Baeck und H. Cohen verstanden das Judentum als sittliche Menschheitsreligion. 2LO Darin erblickten beide Autoren den missionarischen (so besonders Baeck) und messianischen (so besonders Cohen) Charakter des Judentums, und in vergleichbarer Weise ist Kählers Verständnis der Menschheitsreligion gekoppelt mit seinem Missionsverständnis und seinem Konzept von Soterologie, also Messiaslehre. Die entscheidende Frage ist freilich, wie der Begriff der Menschheit jeweils gebildet wird. Und hier scheinen charakteristische Unterschiede zu bestehen. Cohen sieht das Spezifikum seines Religionskonzeptes gegenüber dem Idealismus darin, daß es den Einzelnen nicht nur als Exemplar des Allgemeinen in den Blick nimmt, sondern am logisch dazwischenliegenden Begriff der Mehrheit den Einzelnen in seiner Eigenheit erfaßt, und zwar am Mitmenschen (spätere jüdische Philosophie prägt hier den Begriff der Anderheit). Auch Kähler grenzt sich von idealistischer Verrechnung des Einzelnen mit dem Ganzen ab und betont den Eigenanteil des Einzelnen, ohne jedoch einen spezifischen Begriff des Mitmenschen zu prägen. Dies dürfte mit der Eigenart von Kählers Begriffsbildung zusammenhängen, die wir im analytischen Abschnitt dieses Kapitels als eschatologische Begriffsbildung rekonstruiert haben?" Dabei wurde schon die Bedeutsamkeit eines solchen begrifflichen Verfahrens gerade im Unterschied zum idealistischen kenntlich. Das Konzept der Menschheit macht den Unterschied freilich noch auffalliger, worauf der Rabbiner Max Wiener 1928 hingewiesen hat: Demnach 209 5. Kap. 1.3, hier S. 34-37. 2105. Kap. 1.3, hier S. 31-34. 211 S. bei S. 168 Anm. 153.
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kann die menschheitliche Dimension des Messianismus entweder aus dem "Inhalt der messianischen Erwartung" gewonnen werden oder aus der "universaJistischen Tendenz der Messiasidee", ihrem geschichtsantreibenden Potential; in jenem Falte bleibt "die Sonderstellung Israels",212 gerade weil von der Zukunftserwartung aus argumentiert wird, erhalten, im andem Fall wird sie im Laufe der geschichtlichen Entwicklung eingeschmolzen. 21 ) Wieners Einwand (der sich gegen die Tradition Cohens richtet) läßt das Profil von Kählers Menschheitsbegriff klar werden: Kähler zielt nicht auf eine Amalgamierung der einzelnen Religionen; seine Vorstellung einer sittlichen Menschheitsreligion ist kein Projekt Weltethos, sondern im Sinne von Kählers Ewigkeitsbegriff eine Projekten und Projektionen unzugängliche Zukunft, die von sich aus in die Zeit und Geschichte "hineinragt". Die Menschheit als Reichweite dieser Eschatologie ist also nicht schon gegeben, sondern selbst Gegenstand der Hoffnung. Wer also in der Eschatologie von der Menschheit spricht, sagt damit aus, was Gott zu lun verheißt. Die menschheitliche Dimension der Eschatologie ist für Kähler selbst eschatologisch, und dementsprechend hat auch der begriffliche Rahmen seiner Eschatologie wissenschaftliche Aussagekraft nur in eschatologischer Hinsicht, und dies ist auch Kählers Gellungsanspruch. Die Begriffe und Parameter der Theologie sind im Anschluß an Kähler also nicht als Propädcutik zu verstehen, sondern sie eröffnen den Raum, innerhalb dessen der wissenschaftliche Diskurs Verständigung erzielen kann über die Geltung theologischer Sätze. Die Begriffe der Theologie haben so zukunftsöffnenden Charakter. 214 Wissenschaftliche Geltungsanspruche von Theologie setzen deshalb Einvernehmen über die Reichweilc von Hoffnung voraus. Theologie ist so in wissenschaftstheoretischer Hinsicht Eschatologie. Die BedeulUng eines derartigen Menschheitskonzeptes für das Gespräch mit dem Judentum liegt auf der Hand. da es die jeweiligen Traditionen von Christen und Juden nicht aufiösl, sondern auf ihre gemeinsame, wenn auch nicht gleiche, Zukunft hin kritisch erhäll und zugleich aneinander verweis!. Die Frage der menschheitlichen Dimension der Eschatologie und ihrer Gellungsansprüche ist also ein wichtiges Thema der Eschatologie gerade als Revision der eigenen Tradition hinsichtlich ihres Verhältnisses zu anderen Traditionen. 212 Zitate WIENER (1928) 155. 213 Eine interess:lnte Zwischcnstetlung vertrill in seiner Eschatologie KaHLER (1910) 235: Einzelner Mensch und Menschheit stehen in einer we<:hselscitigen sintichen Verpflichtung. so daß nur der sillJich handelnde Einzelne Anteil an der Menschheit haI. Hier dürfte Kants sog. moralischer Gottesbeweis Einfluß genommen haben. 214 Zu diesem Verständnis theologischer Begrifnichkeit $. bei S. 82 Anm. 13.
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2. Das Problem geschichtlicher Gestaltwerdung. Mit den vorstehenden Überlegungen zur Menschheitsreligion ist zwar das Phänomen benannt, welches der Begriff des Übergeschichtlichen bezeichnet; seine Funktion bedarf jedoch noch weiterer Klärung. Bislang wurde sie lediglich so bestimmt, daß das Übergeschichtliche eine nichtgeschichtliche Größe ist, die jedoch in einem geschichtlichen Verhältnis zur Geschichte steht. Wenn nun laut dem vorigen Punkt dieses Abschnitts das Übergeschichtliche die zukünftig erhoffte Menschheilsreligion in ihrer charakteristischen Differenziertheil vom geschichtlichen Christentum ist, so heißt das für die hier in Rede stehende Funktion des Ubergeschichtlichen, daß sie das Verhältnis der Zukunftserwartung des Christentums zu seiner geschichtlichen Gestalt angibt. M.a.W. das Übergeschichtliche sagt, worauf gehofft wird, und gibt damit zugleich an, wofür gehofft wird. Dies ist die Frage, wie die Zukunftshoffnung in der geschichtlichen Wirklichkeit Gestalt gewinnt; die Frage, wo und wie Menschen Gottes verheißendes Handeln erfahren. 215 Es ist besonders diese Frage nach der geSChichtlichen Gestahwerdung von Hoffnung, die in der Forschung immer wieder als Kennzeichen des Messianismus angeführt und mit dem Alten Testament verbunden wurde. 216 Die Analyse von Kählers Eschatologiekonzept ergab nun, daß er solche Gestaltwerdung von Zukunftshoffnung als Konkretion im Sinne seines eschatologischen Grundkonzepts versteht: 217 Konkretion ist demnach eine Hoffnungsperspektive auf den Zusammenhang christlicher Zukunftserwartung mit der jüdischen in der Zukunft desselben Gottes. Geschichtliche Konkretion ist diese Konkretion dadurch, daß sie in einer durchgehenden, doch gegliederten Geschichte ..vom Protevangelium bis zum Herrentage,,218 steht, wie es Kählers Verständnis von Geschichtlichkeit besagt. Geschichtliche Konkretion von Zukunftshoffnung heißt demnach für Kähler fomlal gesprochen, die geschichtlichen Lebensumstände, unter denen sich christliche Hoffnung artikuliert, auf die ewige Zukunft des kommenden Gottes zu beziehen. Geschichte ist also für Kähler ein Relationsbegriff, nämlich in Relation zum Übergeschichtlichen stehend. Dieser relationale Geschichtsbegriff ist zu unterscheiden von einem relativistischen Geschichtsbegriff, den H.-G. Link bei KähJer ausgemacht hat. 215 Dieser Frage nach der Erfahrung des Glaubens widme! sich fUr Kähler v.a. die Dissenalion ...on MENCKE (2001). 216 S. Kap. 1.1, hier S. 19f., ....8. bei Anm. 25. 217 S. bei S. 168 Anm. 155 bzw. S. 174 Anm. 175. 218 Manin K.AHLER. Das schriflgemäße Bekenntnis zum GeiSIe Chrisli (18841. in; dcrs.. Angewandte Dogmen (Dogmatische Zeitfragen. Allc und neue AusfUhrungcn zur WiSSCl15Chafl der christlichen l...t:hre. 2. AuO.. Bd. 11), l...t:ipzig 1908. 193-233,222.
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IV. Martin Kühlers mcssianisch-solerologische Eschatologie
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Demnach führt Kählers Einspruch gegen das idealistische Denken zu einem ,.wahrhaft geschichllichen Denken". dessen Merkmal es ist. daß es gerade die Bruchstücke und Widerständigkeilen geschichtlichen Lebens ..positiv aufgreift und zu einer Theologie der vollzogenen. verkündigten und verheißenen Versöhnung verarbeitet". wie Link zu Kählers Verteidigung des historischen Jesus gegen A. v. Hamack bemerkt. 219 Das Spannungsfeld dieser beiden Verständnisse von Gestaltwerdung der Hoffnung hat Ignaz Maybaum, der später besonders zur Shoa eine jüdische Stimme erhob. 1928 in einem kurzen. doch vielschichtigen Aufsatz durch die Gegenüberstellung von geschichtlichem und eschatologischem Messianismus deutlich gemacht. Beide Gestalten haben demnach lebenswehliche Auswirkungen. der geschichtliche Messianismus eher durch ..praktische Forderung". der eschatologische dagegen als ..Appell an das Wunder", das...wenn es einmal geschehen ist, den Rahmen der Geschichte gesprengt hat". Maybaum selbst plädiert für eine Verbindung beider. d.h. der eschatologische Messianismus "gehört in das Gotteshaus", wird aber in ..die Welt hinaustretend" zum geschichtlichen Messianismus. 2M In dieser Tenninologie wird der Abstand Links zu Kähler sichtbar: Links Konzeption erscheint als Versuch. die Sprengkraft des eschatologischen Messianismus in den geschichtlichen herüberzuziehen. während Kähler bestrebt ist. den geschichtlichen Messianismus in die religiöse Dimension des eschatologischen aufzunehmen. In jedem Falle erweist sich so der Messianismus als vielschichtiger. denn seine schematische Wahrnehmung als Paradigma der tätigen sozialen Gestaltung von Zukunft erwanen läßt. Nicht nur das Geschichtsverständnis. in dessen Tradition Link steht, kann sich messianisch nennen, sondern auch Kählers eschatologisches Konzept hat deutliche Verbindungen zu Gestalten von jüdischem Messianismus,221 weswegen es im vorliegenden Kapitel als messianisch-sotcrologische Eschatologie überschrieben wurde. Somit nötigt KähJers Verständnis geschichtlicher Konkretion der Eschatologie dazu, das Konzept des Messianismus in einem umfassenderen Sinne zu verslehen. 219 Zilate LINK (1975) 391. Links gesamte Kählerinterpretation fußI auf der Unterscheidung einer ersten idealistischen Elappe. in der Kiihler bei der Zuordnung von Glaube und Geschichte dem TOInlvermilllungsanspruch des Hegel'schen Idealismus erlegen sei, von einer spälen chrislologischen, in der die Zuwendung des Glaubens zum positiv Gcschichllichen angebahnt werde. Dazwischen liege eine Übergangsphase, in der Kählcr Geschichte und Glnuben schroff gelrennl habe. Link folgl hier. wie SCHMIO (1918) 449f. richtig angemerkt hai, dem GeschichLSvefSländnis 5(ines Le~rs J. Moltmann. 220 ulale MA YBAUM (1928) 111.112.113.113.113. 221 S. S. 20 Anm. 25 zu G. Scholcm Verständnis der rdig~n Dimension von Messianis· mus. Kihlers Messianismus zieh $0 auch auf eine: Überwindung von Cohcns Altemalive von EschalOlogie und Messianismus (s. Kap. 1.3, hier S. 34).
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Dann aber ist das Problem geschichtlicher Gestaltwerdung ein Thema, das für die Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum wichtig ist. 3. Das Problem metaphorischer Rede. Der vorige Punkt wies auf ein Problem hin. das die Interpretation Kählers nicht unwesentlich erschwen: Kähler gebraucht Begriffe in einem sehr speziellen - für die vorliegenden Beispiele könnte man sagen: eschatologischen - Sinne. der quer zur Be· griffsgeschichte liegt Dies gilt nicht nur für sein Verständnis von Geschichtlichkeit, sondern auch für das der Konkretion. Dieser Tenninus tauchte in seinen eschatologischen Schriften zwar nicht an prominenter Stelle auf, wohl aber hat die deutsche Übersetzung des lateinischen Wortes als ..Zusammenwachsen" herausragende Bedeutung. 222 Die Sichtung von Kählers Gebrauch der Wahrnehmungsschemata ergab ja. daß er für zentrale Gedanken seines Eschatologiekonzepts Metaphern heranzieht, die Naturwüchsigkeit suggerieren. um sie dann gegen den Strich zu bürsten. Der Gebrauch von Bildern in der Eschatologie wäre im Sinne von Kählers Konzept also keinesfalls der Beliebigkeit überlassen und auch nicht auf die Aufgabe zu beschränken, einen feststehenden theoretischen Gehalt nachträglich plastisch werden zu lassen. Vielmehr ist die Frage des eschatologischen Bildgebrauchs eine direkte Fonflihrung der Frage nach der konkreten Gestalt. welche die Zukunftshoffnung in der geschichtlichen Lebenswelt findet Kähler behandeh daher auch diese Frage in Enrsprechung zu seinem ganzen Eschatologiekonzept, und sie ist denn auch einschlägig für die eschatologische Wahrnehmung des Judentums. denn an ihr hängt in besonderem Maße der Umgang mit den alttestamentlichen und frühjüdischen TraditionsmateriaJien, die in die chrislliche Eschatologie Eingang fanden. Kählers eigener Gebrauch eschatologischer Metaphern ist zudem ebenso geprägt vom Umgang mit den biblischen Texten.22J Das Problem der Metaphorik bündelt sich somit in der Frage, welche Bedeutung die Bibel für die Eschatologie hat. und zwar gerade auch eingedenk dessen, daß der für diese Metaphorik einschlägigere. alttestamentliche Teil der Bibel auch von Juden als religiös autoritativer Text gelesen wird. Mit diesen drei Themen ist Kählers Konzeption in problemgeschichtlicher Hinsicht sehr ergiebig für eine christliche Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum. Aber auch auf die Eschatologiegeschichte im engeren Sinne fällt durch dieses Verständnis von Kählers Ausftihrungen ein anderes Licht:
222 S. Kap. IV. 1.2. hier $.168-174 und bei S. 168 ARm. 152. 223 S. S. 182 Anm. 204.
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Exkurs 6: Theologiegeschichl1iche Kontexte von Kählers Eschatologie I. Kählers R~zeption durch die K~rygmatheologie. Die vorstehende Analyse erwies den Gedanken des Übergeschichtlichen als zentral für Kählers Eschatologie. Im Kon· zepl des Übergeschichtlichen ist die Verbindung von Geschichte und Eschatologie. die geschichtliche Dimension der Eschatologie auf den Begriff gebracht; man könnte zuspilzend sagen. daß Übergeschichtlkhes und Eschatologisches rur Kähler Wechselbegriffe sind. Sie sind es jedoch nicht in dem Sinne. wie ab 1953 im Streit der Bultmannschule um den "hislOrischen Jesus" Kählers Konzept des Übergeschichtlichen als eschatologisch reklamiert wurde. 224 In diesem Streit bemühten die Kombattanten Kählers 1892 gedruckten Vortrag über den historischen Jesus als Beleg fur die Trennung von empi· rischer Historie und kerygmatischer Geschichte. Als Minelbegriff wurde dabei das Kerygma herangezogen. Dies schien berechtigt aufgrund einer Passage des Vortrags. die Jesu Geschichtiichkeit erklärt mit "seiner bleibenden Fortwirkung", die ..der Glaube seiner Jünger" ist. so daß Kähler zu der These gelangt ..der wirkliche Christus ist der gepredigte Christus.. ?2j Wenn nun H. Leipold "das Übergeschichtliche oder Eschatologische" bei Kähler unter diesen Voraussetzungen synonym findet. läßt er dessen Konzept des Übergeschichtlichen kongruieren mit dem Begriff des Eschatologischen bei Buhmann nicht bei Kähler selbst.226 Denn was Kähler selbst das Eschatologische nennt, deckt sich nicht mit dem. was Buhmann als Kerygma kennt. Kerygma bedeutet fLir Buhmann. daß das Existential in die Existenz hineinragt. indem eine allgemeine Exislcnzmöglichkeit als die eigene ergriffen wird. Eine solche Möglichkeitsstruktur ist aber genau das. was Kähler als Untergeschichtliches definiert. während Eschatologie für ihn das Hineinragen des Übergeschichtlichen ins Geschichtliche bezeichnet.221 Komplementär dazu verhält sich H.·G. Links Interpretation von Kähler. die in dessen Vonrag von 1892 hinter dem Konzept des Übergeschichilichen zeillos gültige Ideen vennutel. Auch solche 7.ählen rur Kähler ja nicht zum ÜbergeschichIlichen. freilich auch nicht zum Untergeschichtlichen. sondern zum Ungeschichtlichen. 128 224 Der Streit wurde 19.51 durch E. Kllscmann in der .,Zeitschrift rur Theologie und Kirche" ausgelöst. 19.53 und erweitert 19.56 gab E. Wolf Kählers Schrift Uber den ..historischen Jesus" neu heraus. 22.5 Zitate aus dem VOl1rag: KÄIILf.R (1892) 37.39.44 (alle Hervorhebungen aufgehoben). 226 Zitat UIPOLD (1962) 161, der a.3.0. t39 ausdrück.lich Buhmann her1lIlzieht. nachdem er a_a.O. 132r. rur Kähler Eschalologie und Kerygma ineinander übergehen läßI. 227 Z.O. Rudolf BULTMANN. Das Problem der Hermeneulik. 119501. in: ders.• GuV 11. Tübingen s 1968. 211-23.5. hier 221.228.230. Dagegen KÄHlH. (1905) 12f. (§ 12a). 228 Vgl. Lt"iK (197.5) 250. der die kerygmalheologischc Kihlerdeulung überwinden will. sie rur den Vonntg von 1892 aber übernimm!. da er diesen a.a.O. 267 rur einen .Jheo~ischen BclriebsunfaH- hält. mil dem Kähler •.mehr die Probleme seiner eigenen theologischen Vergangenheit" (1_1.0. 264 AnnL 4(9) aufartx:ile_ Link beharrt so danluf. d:ts (emmal$ von ihm geskhlete) hiSlor1SChc Material zu Kähler rein biographisch anSIau zur theologiegeschichllichen SilUierung zu
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Das Problem der ganzen Kählerrezeption in der Auseinandersetzung mit Bultmann 229 ist also, daß zwischen Geschichtlichem und Übergeschichtlichem nicht hinreichend unterschieden und damit auch der spezifische ZUsammenhang beider nicht getroffen wird, der sich uns gerade als die Pointe von Kählers Eschatologie erwies. Damit aber verliert die eschatologiegeschichlliche Behauptung einer Magistrale von J. Weiß' und A. Schweilzers Wiederentdeckung der Eschatologie über Kählers ..Hi· storischen Jesus" zum dialektisch-theologischen Aufschwung der Eschatologie am Beginn des 20. Jh. 23o eine wichtige Stütze. Es fragt sich, wie es im Lichte der hier vorgelegten Kähleranalyse um die andere Stütze steht, die Konsequente Eschatologie: 2. Zur Wahmehmung des Judentums i" der Konsequenten Eschatologie. Ein wichtiges Charakteristikum von Kählers Eschatologie ist nach den vorstehenden Analysen sein Verständnis von Metaphorik, das ihm eine Rezeplion des alttestamentlichen Kolorits von Eschatologie. ihrer Vorstellungen und Bilder erlaubt. ohne den KUJ7.SChlüssen der Heilsgeschichtlichen Theologie aufzusitzen. Dies legt den Vergleich mit der sog. Konsequenten Eschatologie nahe, die ebenfalls die Bedeutung der antikjüdischen Vorstellungswelt hervorhebt. Daß Jesu Verkündigung eins mit der sog. Naherwartung, der apokalyptischen Erwartung des zeitgenössischen Judentums von Gottes baldiger Beendigung des Weltlaufs, ist: diese Erkenntnis sichert Johannes Weiß und. ihm folgend, ALBERT SCHWElTZER ihren bleibenden Platz in der Eschatologiegeschichte. Dabei betont Schweitzer, daß die jüdische Fonn der neutestamentJichen Eschatologie nicht von ihrem lnhalt zu trennen sei: .,Es ist der Geschichte nicht gegeben. das Bleibende und Ewige des Wesens Jesu von den geschichtlichen Fonnen. in denen es sich ausgewirkt hat, abzulösen und es als etwas lebendig Wir· kendes in unsere Welt hineinzustellen. Sie hat sich vergebens mit diesem Beginnen abgemüht. Wie eine Wasserpnanze, solang sie auf dem Wasser treibt. schön blühet, aber abgerissen von ihrem Grunde alsbald welk und unkenntlich wird: so der histori· sehe Jesus. den man von dem Boden der Eschatologie loslöst und historisch als zeitlose Größe begreifen will." Und sein Schüler in zweiter Generation. FR1TZ BURI. erklärt bündig: ..Das neue Testament weiß nichts von einer Unterscheidung von Fonn und Inhalt. sondern die Naherwartung in ihrer endgeschichtlichen Fonn bildet den Inhalt des neuen Testaments:,2J1 Dennoch zieht die Konsequente Eschatologie aus dieser exegetischen Einsicht die dogmatische Konsequenz. rur eine gegenwärtige Esverwenden. Auch die Forderung nach einem hüischen Vergleich der zwci Auflagen des Vortrags (a.a.O. 266f. mit Anm. 424.427) erhebt Link v.a. aus biographischem Interessc. 229 Es verdient Beachtung, daß Buhmann selbst. jedenfalls in seinen gedrud:.ten Texten. Kählers Vortrag niemals ftIr die Trennung von Geschichte und Historie herangezogen hai. sondern nur Hlr vorweggenommene formgeschichtliche Erkenntnisse. Dies gilt neben der beiläufigen Bezugnahme in BULTMANN: GuV IV,33 auch fLir die vielzitierte Stelle DERS.. Geschichte der synoptischen Tradition [2 t 9311, hg.v. Gerd Theißen, Göuingen 1° 1995 ,6 Anm. 2, da hier Slilcke aus der 1896 erweiterten Buchausgabe von Kählers Vortntg ziliert werden. die nicht zum Vortrag selbst gehören. 230 So nach dem Vorgang Bultmanns im Vorwort zu WEISS 118921 (1%4) V 'l.B. die große Untersuchung von HJElJ)E (1987) 233.345f. zu Weiß und Schweil'ler und jüngst wieder ROSENAU (1999) 1568. 231 Zitate SOIWEI17.ER (1906) 399: BURI (1935) 137.
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chalOlogie nun doch den Inhalt von der Form zu trennen: "Unser Verhähnis zum historischen Jesus muß zugleich ein wahrhaftiges und ein freies sein. Wir geben der Geschichte ihr Recht und machen uns von seinem Vorstellungsmaterial frei" - so Schweitzer. Und Buri: ..Nur durch die Unterscheidung von Inhalt und Fonn. von ethischem Willen und zeitgeschichtlich bedingtem Ausdruck desselben kann das tragische Verhängnis der neutestamentlichen Eschatologie erkannt und ihr damit ihre wahre Bedeutung zurückgegeben werden:; Die abzustreifende Form ist dabei die "spätjüdisch-eschatologische Apokalyptik". m Die Konsequente Eschatologie bietet somit trotz ihrer scheinbaren Nähe zu Kähler ein Musterbeispiel flir diejenige Metaphorik, die dieser überwinden will: die Metaphorik von Form und Inhalt. Schale und Kern. Bild und Sache, welche die beiden Momente auf Judentum bzw. Christentum verteilt und so die jüdische Theologie rur das christliche Denkgebäude zu einem nach Bauschluß abbruchreifen Gerüst macht. 233 Dieses janusköpfige Gesicht der Konsequenten Eschatologie erklärt sich so. daß sie die Naherwanung Jesu durch das Ausbleiben des erwarteten Weitendes rur widerlegt hält und damit eben wegen der Zusammengehörigkeit von Inhalt und Fonn auch die ganze jüdische Zukunflserwartung. Die Konsequente Eschatologie heißt aber gerade danach. daß sie die Konsequenz besitzt. ihren Irrtum bezüglich der Naherwartung durch Retraktion zu quinieren: Konsequente Eschatologie bedeutet deswegen mit Schweitzers typischem Stichwort konsequente - ,.Enteschatologisierung". die Jesu Erwartung aufgibt. aber den Geist Jesu in der Sprache der modemen Neuzeit festhält. 2J4 Der entscheidende Unterschied zu Kähler besteht also im Verständnis der Parusie Christi. Während der Kern von Kählers Eschatologie, die Umkehr des liberalen Progreßgedankens. gerade an der Angel des ..Grunddogmas" Parusieverheißung hängt, die alle Zeit an das Konzept der Ewigkeit ruckbindeI. grundet flir die Konsequente Eschatologie Zeit in der Parusieverzögerung. also darin. daß die Parusieverheißung sich nicht erfüllt.
Das Ergebnis des vorstehenden Exkurses ist. daß Kählers Eschatologie weder mit der Kerygmalheologie Bulrmanns noch mit der Konsequenten Eschatologie Schweitzers die immer wieder behauptete Magistrale bildet, auf der sich der eschatologische Diskurs fortbewegt. Es scheint daher plausibel, 232 Zitate SCHWErlLER (1913) 640: BUR' (1935) 163.161. 233 KÄ.ll..fR [19111 7-9 wendet sich in einer sog. Expauke gegen die Konsequente Eschatologie, "eine Talsache unserer Gegenwart" (a.a.O. 7). und a.a.O. 14 gegen die Trennung von Bild und Sache. Diese Trennung übersieht KICKEL (1992) 158-162. der SCh....'Cilzers Jesusbild dem der neueren jUdischen Forschung ähnlich l'indet 234 Zitat SCllWEn7..ER (J 913) 282. Auf die Differenzicrung zwischen Jesus und dem Geist Jcsu macht HOLMSTRÖM (1936) 93f. aufmerksam. BURlS Protest gegen die Entesch3tologisierung (OERS. (19351 147-158) wird neutralisiert. wenn er die .~~patjüdisch-eschatologische Apokalyptik" (a.a.o. 161) als Fann vom Inhall abstreift. Dasselbe intendiert der Schwcitzeradcp( 1. RICHTER (1956) 31. f1Ir den ,.ein verborgener tieferer Sinn" in den Bildern der jüdischen Apokalyptik schlummert.
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Kählers Eschatologie in eine andere Tradition, nämlich die der Heilsgeschichtlichen Theologie zu stellen, jedoch als deren kritische Weiterführung. Die Verschiebung vom Schlagwort "Heilsgeschichte" zum Terminus "Ökonomie", die Modifikation des Begriffspaares von Person und Natur zur Betonung der Personalität (Soterologie) sind nur einige Anzeichen dafür. Im ganzen bleibt Kähler aber dem großen Anliegen der Eschatologie der Heilsgeschichtlichen Theologie treu, nämlich entgegen Schleiermachers Dilemma den Zusammenhang von Geschichte und Eschatologie theologisch plausibel zu machen. Die Eschatologietradition nach Kähler, in der ersten Hälfte des 20. Jh., hat das Verhältnis von Geschichte und Eschatologie ebenfalls in den Mittelpunkt gerückt. Es wurde aber hier, nicht zuletzt unter dem Eindruck des Abbruchs der geistesgeschichtlichen Tradition nach dem ersten Weltkrieg, als äußerst angespannt aufgefaßt. Wir wenden uns damit dem vielleicht am lebhaftesten verhandelten Diskussionszusammenhang dieser Debatle zu.
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V. Die antiapokalyptische Eschatologie von Paul Althaus
Das .,eschatologische Bureau", welches E. Troeltsch im 19. Jh. "geschlossen" vorgefunden hatte, macht zufolge H.U. v. Balthasar ..seit der Jahrhun· denwende Überstunden".l Dabei läßt sich ftir die systematische Eschatologie des Protestantismus die Jahrhundertwende auf 1922 datieren. Denn in diesem Jahr erscheint nicht nur die zweite Bearbeitung von K. Barths ..Römerbrier', die mit noch vierzehn Nachdrucken bis zum Ende des Jahrhunderts ein selbst für den Autor verdächtiger Erfolg wird,2 sondern auch das Buch "Die letzten Dinge" von PAULALTHAUS, das im sclben Zeitraum zehn Auflagen erlebt. ) TrOlz ihrer gemeinsamen Auflagenstärke unterscheiden sich die beiden eschatologischen Hauptwerke von 1922 aber auch schon in ihrer äußeren Werdens- und Wirkungsgeschichte: Barth ersetzt die Erstauflage des .,Römerbriefes" von 1919 durch eine Zweitfassung, in der gegenüber der ersten ,.kein Stein auf dem andern geblieben,,4 war. und läßt diese neue Version dann wie einen erratischen Block unverändert in den acht Nachdrucken zu seinen Lebzeiten stehen, er beschränkt
1 Zitate Ernst TROELTSCH. Dogmatik (Vorlesung WS 1911/121. MüochenJLcipz.ig 1925. 36; Hans Urs v. BAL~ASAII. Eschatologie. in: Fragen der 1beologie heute. hg.v. Johannes Feiner/JoscfTriitsch/Franz Böckle. Einsiedeln/lürich/Köln 1957. 403-421. 403. 2 B"R~ beginnl das V(lf'\Il'QJ1 zur flinften Aunage 1926 mit dem Satz: ..Der fongesetzte literarische und sachliche .Erfolg' dieses Buches gib! mir. dem Verl'asser. zu denken" (DERS. (1922) 11999) XXXIII). 11. Stoevesaoot weiSl a .•. O. 111 darauf hin. daß die Auslieferung des Buches freilich schon im Dezember 1921 begann. 3 Die ersten drei Aunagen erschienen mit dem Untcrtitel ..EJ1twurf einer chrisllichen Es· chalologic" als Band 9 der von C. Slange. einem der Antipoden von Allhaus' EschaloJogie. herausgegebenen SlUdien des Apologelischen Seminars in Wemigerode. Die Erslauflage ging auf eine ROSlocker Lehrveranslaltung vom Sommer 1921 zurück. dcren Ergebnisse Allhaus im Hcrbsl des Jahres dem Wemigerodcr Seminar vorgelragen halle (Al..TlIAUS 11922) 9 Anm. I). Bereits 1924. bei Erscheinen der Zweitaunage (Nachdruck der ersten). war Althaus mit der durchgehenden Überarbeilung bc:fa&. die 1926 als drille Auflage erschien (CERS. (19261 VII). Diese: heute vergessene Aunage löste die grölke Diskussion aus. so daß Althaus schon ftir 1928 eine völlige Neuschrifl plante (MEISER (1993j 72 Anm. 124), die freilich erst 1933 und jetzt ohne den Untertitel erschien. Diese grundsätzliche LelZlgestalt erl'uhr noch Veränderungen. als ftir die. folgenden. nunmehr selbständigen Aunagen 1949 der Druck von Fraktur auf Antiqua umgestellt (ich gebe. daher bei Zitalen aus der 4. Aunage dk Seitenzahlen auch der ktttn zu Althau.s· Lebzeiten ench~nenen (8.1 Aunage in eckigen Klammem mit an): jetzt etsl (rigt das Wert den Untenitel ,.Lehrbuch der Eschatologie~. 4 BAATII im September 1921 im Vorv.'Or1 zur zweiten Auflage: DERS.I t922) (1999) XII.
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sich auf Neueinschälzungen aus seiner jeweiligen späteren Perspektive, die er bis 1928 in neuen Vorworten niederlegt. Althaus dagegen versteht schon seine Neubearbeitung von 1926 nicht als Widerruf. sondern Weiterführung und Straffung~ des ersten Entwurfs. und selbst nach der nochmaligen Neuschrift beruft er sich 1949 gerade für eine der am meisten durch die Krilik gegangenen Passagen auf die Kohärenz seines Buches seit 1922. Anderer· seits weist er noch bis 1961 detailliert auf Änderungen seiner Position hin. 6 Seide Autoren haben, bildlich zu reden. dem eschatologischen Stoff ein scharf geprägtes Profil eingemeißelt Doch idealtypisch gesprochen erscheint der Barth von 1922 wie ein v. Hase'scher Aerolith, schroff abgehoben von den Gedanken des Jahres 1919 und in Gestalt der zahlreichen Nachdrucke ungerührt von Banhs späterer Entwicklung. Dagegen erinnert Althaus' Eschatologie an einen Monolith, aus dem erst allmählich das charakteristische Profil herausgehauen wird.
I. Analyse Die Art und Weise, wie Althaus in intensiver Auseinandersetzung mit den verschiedensten Gesprächspartnern erst allmählich seine theologische Position bezieht, legt nahe, die Untersuchung seiner Eschatologie als Vergleich der maßgeblichen Auflagen seines eschatologischen Hauptwerkes anzule7 gen. Im Sinne einer problemgeschichtlichen Vorgehensweise ist damit freilich keine theologische Biographie angestrebt, sondern die Herausarbeitung charakteristischer argumentativer Konstellationen und der ihnen gemeinsamen Problemstellungen. 1.1. Eschatologie der Ewigkeit als Jenseits der Geschichte I. Der systematische Aufriß. Einen ersten orientierenden Aufschluß über die verschiedenen Auflagen der Althaus'schen Eschatologie geben ihre Aufrisse. Die erste bis dritte Auflage haben denselben Aufriß in fünf Kapiteln, der ab der vierten auf acht wesentlich ausgeweitel wird. Doch in allen Auflagen stellt Althaus nach der knappen Einleitung eine ..Grundlegung" voran, der .5 So ALlliAUS {I 926) VIII bzw. IX gerade zu dem gegenüber 1922
Am
stärblC:n verändenen
Kap. 111. 6 AllliAUS (1949) XII zur Wir\;lichkeil des Endgerichls bzw. DERS. (1961) XUI. 7 S. bei S. 20 Anm. 26.
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V. Die antiapokalyptische Eschatologie von Paul Althaus
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ein das Buch abschließender Teil korrespondiert, 1922 und 1926 "Ausbau", 1933 .. Entfaltung" genannt. 8 Die Grundlegung umfaßt 1922 und 1926 zwei Kapitel (LU), die die Eschatologie einmal religionsphilosophisch und ein· mal theologisch-dogmatisch begründen; 1933 ist diese Zweiteilung formal erhalten geblieben, aber ein drittes Kapitel über die Methode der Eschatologie hinzugefügt. Der abschließende Teil umfaßt 1922 und 1926 zwei Kapitel (IV. V) zu den Lehrstücken Gericht und Ewigkeit. Sie werden 1933 beide übernommen, doch während das Ewigkeitskapitel als Kap. VIlI seine Schlußposition behält, wird davon das Kapitel über das Gericht (V) nach einem neuen über den Tod (IV) durch zwei weitere zum "Kommen des Reiches" und zur endgeschichtlichen Eschatologie (VI.VO) getrennt. Diese beiden eingeschobenen Kapitel behandeln den Stoff des Kap. 1II von 1922 und 1926. das zwischen Grundlegung und Ausbau als "Abgrenzung" "aller endgeschichtlichen Eschatologie" einen eigenen, dritten Abschnitt bildete. Als solcher ist er t 933 nicht mehr vorhanden. Durch alle Auflagen bleibt also die Konstellation von zwei voranstehenden, begründenden und einem letzten, die Ewigkeit behandelnden Kapitel erhalten, und diese zunächst rein formale Beobachtung gewinnt an sachlichem Interesse, wenn man den Inhalt der fraglichen Kapitel heranzieht, wenn man also Althaus' Begründung der Eschatologie (Grundlegungskapitel) in ihrem Verhältnis zum Ewigkeitsbegriff (Schlußkapitel) näher ins Auge faßt. 2. Axiologie lind Teleologie. Sowohl die religionsphilosophische als auch die dogmatische Begründung von Eschatologie vollzieht Althaus t 922 und 1926 in der Doppelgestalt zweier "Grundformen,,9 von Eschatologie als ..axiologisch" bzw. "teleologisch". Bei heiden Formen handelt es sich um die gedankliche Ausbildung von Zukunftserwartung, die durch religiöse Erfahrung oder metaphysische Besinnung notwendig gemacht wird. Den sachlichen Gehalt solcher durch denkerische Notwendigkeit gewissen Zukunft nennt Althaus "letzte Dinge" oder "das Ewige".lo Althaus versteht unter Eschatologie also die denknotwendige Beziehung von Religion oder Metaphysik auf das Ewige und unterscheidet zwei Weisen der Bezugnahme je nach Art dessen, was auf das Ewige bezogen wird: Axiologische Eschatologie bezieht einen unbedingten sittlichen, d.h. normhaften, Wert auf das Ewige, indem sie seine Unbedingtheit erkennt als Gegensatz der Zeit, 8 ALTIIAUS (1949) bringl dicse kapilclühergrcifende Gliederung nicht im Inhaltsycncichnis. sondcrn im Tellt a.a.O. 6 bzw. 83 an. 9 DERS. (1922) 16= DERS. (1926) 14. 10 DERS. (1922) 16::: DERS. (1926) 14 gebr.lUchl heide Ausdrücke synonym.
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die der ..Ort des Bedingten" ist. und somit als ewig. 11 Teleologische Eschatologie dagegen bezieht die Geschichte. verstanden als Stätte personalen Tuns und seiner Bestrebungen. auf das Ewige. welches ihr ein Ziel setzt, das sie erreichen oder verfehlen kann. J2 In der axiologischen Eschatologie tritt also gewissenna8en die Ewigkeit in die Zeit. in der teleologischen streckt sich die Zeit in die Ewigkeit aus. Axiologische Eschatologie ist daher Gegenwart des Ewigen. teleologische aber Zukunft des Ewigen. Im Falle des Christentums wird axiologische Eschatologie durch die Endgültigkeit von Gericht und Heil begründet, teleologische dagegen durch die Spannungen, in denen der Christ zwischen Versöhnung und Erlösung steht und die nach einer Auflösung rufen. 13 Zugleich stehen so Axiologie und Teleologie selbst in Spannung zueinander. Axiologie und Teleologie können nur dann als Begründung der Eschatologie fungieren, wenn sie nicht bloß zwei beliebig unter vielen herausgegriffene Formen sind, sondern zusammen die Eschatologie vollständig 14 beschreiben. Deswegen betrachtet Althaus sie nicht nur einzeln, sondern sodann auch in ihrem Verhältnis zueinander, in welchem sie "sich innigst zusammenschließen" .1.5 Sachlich besteht dieser Zusammenschluß in dem Konzept der Unsterblichkeil oder der persönlichen Fortdauer, was Althaus freilich erst 1926 ausdrücklich betonl. 16 Für die teleologische Eschatologie, in der sich die Zeit in die Ewigkeit ausstreckt, liegt der Zusammenhang mit der persönlichen Fortdauer auf der Hand; 17 für die axiologische, in der umgekehrt die Ewigkeit selbst schon in die Zeit eintritt. ergibt er sich erst in zweiter Linie: Die ewige Unbedingtheit des sittlichen Wertes ist so umfas· send. daß sie zuletzl auch die Fortdauer einschließen muß. 18 Wenn somit 11 DERS. (1922) 16f. (Zitat 17)= DERS. (1926) 14f. (Zital 15). 12 DERS. (1922) 21 = OEIlS. (1926) 20: Die Zeit wird .,zur Geschichte 11926 gespeml. zur Be· wegung auf ein Ziel hin". 13 Grulldsälzlich DERS. (1922) 33 '" DERS. (1926) 28: .,Auch hier Isc. in der christlichen E.~ chutologie] sind die beiden Wurleln 11926: Fonnen]. der a.riologischt' ulld der teleologische 11926 kursiv) Gedank~nkr~is. festzustellen und zunächst gesande" zu untersuchen." Im einzelnen dann DERS. (1922) 33--38 par. DERS. (1926) 28-35 (Axiologie) bzw. DERS. (1922) 39-58 par. [)ERS. (1926) 36--68 (Teleologie). 14 Das betont besonders der Schluß von Kap. II über Axiologie und Teleologie in der christli· chen Eschalologte: DERS. (1922) 5~3 par. DERS. (1926) 69-76. 15 DERS. (1922) 26:: DEItS. (1926) 15. 16 OERs. (1926) 15 bemerttl..Aaß sowohl der axiologische wte der tekologische Gedanke letz.Ier Dinge auf einen effiSlhaften und edlen GfO/lMII Oll das fWrsö,.fic~ Fonl~lN,. fl.ihren". J7 OERS. (1922) 24:: DERS. (1926) 22 leitt'-t dies ab aus der ..Gewißheit. ganz persönlich von Gon ge..... ollt und erzogen zu ....-erden... 18 OERS. (1922) 20 par. DERS. (1926) 18: .Ja. diese Gewißheit. von dem Ewigen erfa& und auf lewe Dinge bezogen zu sein. kann 11926: auf den AnfangSSlufen des GOllesglaubens) mil dem
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Axiologie und Teleologie im Gedanken der Unsterblichkeit oder persönlichen Fortdauer zusammengeschlossen sind, dann ist der denknotwendige Ewigkeitsbezug, der Althaus' religionsphilosophische Begründung von Es· chalologie trägt, immer auch ein Zukunftsbezug. Zugleich kann Althaus umgekehrt die traditionell als zukünftig verstandenen ..letzten" Dinge sinngleich als ..Ewiges", das in die Zeit einbricht, begreifen. Das Gespann von Axiologie und Teleologie (Grundlegungskapitel) zielt also auf den Ewigkeitsbegriff (Schlußkapitel), und so gibt der formale Aufriß auch das innere Bauprinzip, die ganze Statik von Althaus' Entwurf ab. Beredten Ausdruck für die Korrespondenz zwischen der Begründung der Eschatologie und dem Ewigkeilskonzept legt eine Passage des ersten Kapitels ab, in der Althaus den Ewigkeitsbegriff einführt und dabei die Lösung für das sog. "Formproblem der Ewigkeit,,19 im Schlußkapitel vorwegnimmt: Dieser Begriff der Ewigkeit hat also mit dem naiven der endlosen Dauer in der Zeit (Gegensatz: die Begrenztheit in der Zeit) und mit dem erkenntnistheoretischen der Zeitlosigkeit (Gegensalz: die Zeitform überhaupt) nichlS zu lun. Sein Gegensatz ist die Zeit als Ort des Bedingten.
Damit vergleiche man die Sätze im Schlußkapitel: Daher ist der philosophische Begriff der Ewigkeil als des veränderungslosen. still in sich ruhenden Seins - wir können ihn den eleatischen nennen -, so viel anspruchsvoller er auch auftriII. ebenso unbrauchbar wie die naive Vorstellung der Ewigkeit als der endlosen Dauer in der Zeit. 1... 1 Die Ewigkeit aber ist das Jenseits der Zeitlichkeil. 20
11926: sich in d3S Menschheilslos ergebendenl Verzichte auf persönliches Fortleben über den Tod hinaus verknüpft sein. Die atllcstamentliche Freudc an der GOllesgemeinschaft ist ein ergreifendes Zeugnis davon. allerdings auf ihren herrlichsten Höhepunklen (z.B. Psalm 73) zugleich ein Beweis daHir. daß die Ewigkeitserfahrung. wenn sie als Erschließung von wirklicher persönlicher Gemeinschafl ZUSlande kommt, einmal nOlwendig weilerdrängt zu der Gewißheit. daß ein solcher L..cbensinhah durch den Tod brechen muß - persönliche Gemeinschaft mit dem von Ewigkeil zu Ewigkeit Lebendigen!" 19 DERS. (1926) 243 = DEII.5. (1933) 317 [3291: DERS. (1922) 127 nur: .,Formproblem" (im Original je gespern). 20 Für das Gewicht dieser Sälze dürfte schon sprechen. daß Allh3US sie durch alle Aunagen fast unveränden beibehalten haI: DERS. (1922) 17 '" DERS. (1926) 15 par. DERS. (1933) 191201 bzw. DERS. (1922) 129.130 '" DERS. (1926) 245.246 par. DElIS. (1933) 318.319 [331.332]. Die Abweichungen sind minimal: D€RS. (1933) 19120j schreibt im Grundlegungskapilei "Dieser idealistische Begrifr' usw.. da der Satz hier in einem Anhang über die philosophische Eschatologie stehl. A.a.O. 319[3321 finden sich zwei Änderungen: •.Ewigkeit als Zeitlosigkeil, als des" usw. und: "das Jenseits unserer Zeitlichkeit".
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An der zuletzt zitierten Stelle beschreibt Allhaus den Jenseitscharakter der Ewigkeit sodann als Jenseits von Gegensätzen, d.h. die Ewigkeit hebt Pola· ritälen auf, und zwar im strengen Sinne, d.h. sie hebt die Polarität auf, doch unter Beibehaltung ihrer Pole, indem sie deren GegensalZ als unangemessen erweist?1 Allhaus kann ftir die Ewigkeit daher an der erwähnten Stelle von einem Zugleich von Ruhen und Tun, Sein und Werden reden. ln bezug auf den Aufbau des Gesamlkonzepts heißt dies, daß die Ewigkeit die Polarität von Axiologie und Teleologie aufhebt, und deshalb ist sie der Spannung von Axiologie und Teleologie jenseitig. Ewigkeit gibt also für Althaus nicht in einer abschließenden Entscheidung einer der heiden Formen ihrer Erwartung gegen die andere recht, sondern beseitigt das Widersprechende zwischen ihnen. Althaus' gesamte Eschatologie steht somit in dem Spannungsbogen, dessen Pole Anfang und Ende seines Buches beschreiben; den Axiologie und Teleologie eröffnen und den nur die Ewigkeit selber schließt. Die letzten Dinge sind zugleich Ewigkeit in der Zeitlichkeit und Zeitlichkeit, die sich in die Ewigkeit erstreckt. 22 Doch dieses ganze axiologischteleologische Doppelkonzept von Eschatologie fußt auf dem Zusammenschluß bei der Fonnen im Unsterblichkeitsgedanken. Er ist daher ein ent· scheidender Punkt der Althaus'schen Argumentation in der Grundlegung der Eschatologie. 3. Die Frage der Unsterblichkeit als "neutrale" Eschatologie. Hier iSI daher von dem ..,siebenjährigen Krieg"'!) in der Eschatologie zu reden. den Althaus mit earl Stange über Luthers Versländnis der Unsterblichkeit ge· fühn hat. Wie Althaus verbindet auch sein Göttinger Kollege mit dieser historischen Frage ein systematisches Interesse; vielmehr für die sog. Lutherrenaissance. zu deren Exponenten Stange als Herausgeber und Hauptautor der programmatischen ,,Zeitschrift für systematische Theologie" zählt. besteht die Renaissance auf historischem Gebiet in der Entdek· kung eines ganzen systematischen Konzepts, des Verständnisses des Recht· fenigungsglaubens als Gewissensreligion. 24 Man sehe daher Stanges Eschatologie: 21 In Anlchnung an SCHROER (1960) 35 soll der Ausdruck ,'polarität" hier die theologisch konslJUktiYc, positiYC Intcrpretation cines paraOOJ;cn Widcrsftt:its andeutcn. Den grundsitzlich cbenso ycntchbarcn Tcnninus ..Dialektik" bcZKhc ich hier nur auf thcologicgeschichllichc: Zu· sammenhingc. in deren Quellcn cr vorkommt. 22 Man crkcnnt in diesem Zugleich den Vcnuch. Schkiermac:hc:rs cschalologischc:s Oikmma YOIl Vcrgcltung und Emwic.kJung zu überwinden. den schon Ahhaus' Großyater AuguSi untcr· nommen haltC (s. S. 72 Anm. 114). 23 HOlMST1I:OM (1936) 295 Anm. 2. 24 V.I. durch Kar! Hou... LuttlC:r (GAufs. I), Tüb\ngen 11)1923.
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Exkurs 7: Carl Stanges unmittelbar thecrlogische Eschatologie Auch rur <:ARL STANGE ist die Ewigkeit der eigentliche Gegenstand der Eschatologie.n doch denkt er dabei nicht an das Problem von Zeit und Ewigkeit, sondern an eine ..bestimmte Qualität des Lebens", und zwar in Form einer durch nichts aufzuhebenden ,.inneren Verbundenheit mit GOI!", wie sie Jesu eigen war.2€> Stange versteht Ewigkeit also in eminent theo-Iogischer Weise als innere Gonverbundenheit. oder in eher begrifflicher Sprache: als einen unmittelbaren Gottesbezug. In einem solchen Gottesverhältnis sind das Selbst- und Weltverhältnis bereits unmittelbar eot· halten. weswegen Stange betont, daß das ewige Leben nach christlicher Anschauung ..schon hier auf Erden'; beginnt.27 Dies richtet sich gegen alle Eschatologumena, die. wie das Millennium und die Vollendung der Mission. eine übergangsweise Vervollständigung des Gonesverhältnisses oder die ein neutrales Gouesverhältnis als Grundlage der Alternative von seligem und unseligem Gouesverhältnis annehmen flir Stange Kennzeichen der jüdischen Apokalyptik. 28 Im Unsterblichkeitsstreit lehnt Stange daher gegen Althaus die allgemeine Auferstehung auch der Gottlosen als logische Voraussetzung des Gerichts ab: Die Auferstehung sei als Mitteilung von Leben per se seliger Gonesbezug. und die Goulosen hällen nicht ein unseliges. sondern gar kein Gouesverhältnis. 29 Dementsprechend ist das Gericht fUr Stange keine Zuteilung von Lohn oder Strafe an ein bestimmtes Gottesverhältnis. sondern unmittelbar mit diesem selbst gegeben im Gewissen als Bewußtwerdung des bestehenden oder des verlorenen und damit gar nicht vorhandenen Gonesverhältnisses. )(l Da Stange aber mit der Lutherrenaissance das Gewissen als Ort des Gouesverhält· nisses versteht und ein gottloses Gottesverhältnis nicht kennt, geraten beim Gericht über den Gottlosen Gerichts· und Gewissenskonzept in Konnikt. Stange versteht das verwerfende Gericht. weil es im Gewissen (das den Gottesbezug repräsentiert) geschieht. noch als Werbung um BekehrungJI und damit nicht als verwerfend; endgültig verwerfend kann er es nur denken als Gewissen von einem verlorenen Gewissen (d.h. 2S STANoe (1930) 96f. und das ganze Kap. I als Erörterung von EwigkeilSverstliodnissen. 26 Zillue a.a.O. 73.88; vgl. 96 (alle Stellen mil Bezug auf Luther). 27 A.a.O. IS6. 28 Gegen den Chiliasmus merkt Slange 8.a.0. 227 an. daß er kein Beginn der universellen
Vollendung schon auf Erden in Entsprechung zum Beginn der individlJCllen Vollendung ..schon hier auf Erden" (a.a.O. IS6) sei. Die universelle Vollendung fängt vielmehr ab individlJClle an. Mit diesem Verhältnis von Individual· und Universaleschalologie will Stange ..den gesamten VOIfstellungskl'tis" der Eschatologie abdecken (8.1.0. 109) - also Schleicrmachers eT$te Gestalt des eschatologischen Dilemmas. Von da aus versieht man. warum gel1ldc an den genannten Slcllen die jüdische Eschatologie als panikulal't Vorstufe der christlich universellen erscheint. 29 A.a.O. 198 AeMt Stange dies die ..Vollendung ihrer Nichtigkeit'· im Gegensatz zu einer Vernichlung. JO A.a.O. 154 gegen den .jüdischen Vergchungsbegritr. Vgl. DEJtS. (1932b) 442-446. v.a. a...O. 446 zum Gewissen als On des Gerichts. J I A.a.O. 448.
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als Gonesverhältnis des Bewußtseins von einem verlorenen Gottesverhältnis) und damit nicht mehr als im Gewissen bewußtes Gericht. so daß er das endgültig verwerfende Gericht ..das unfertige Gericht" nennen muß.H Da jedoch Endgültigkeit und Unfertigkeit sich widersprechen. dürfte die strenge DurchfUhrung der Gewissenslheorie hier an Grenzen stoßen.
Stanges Auffassung im Unsterblichkeitsstreit mündet somit in eine Aporie bei der Gerichtslehre. Dieses Problem hat Althaus nicht~ da seine Verfech· tung einer allgemeinen Auferstehung auch der Gottlosen gerade auf den Gerichtsgedanken zielt. für den sie bloß die logische Voraussetzung bildet, d.h. die Auferstehung selbst ist neutral gegenüber der Alternative von Seligkeit und Unseligkeil. Althaus ist somit, in genauem Gegensatz zu Stan· ges unmittelbar theologischer Eschatologie, an einer "neutralen" Eschatologie interessiert, was sich in seiner Würdigung des Unsterblichkeitsgedankens niederschlägt, und dieses Interesse hält er stets gegenüber Stange fest bei allen historischen und terminologischen Zugeständnissen, die er ihm im Laufe der Auseinandersetzung macht.)) Der systematische Ertrag der Unsterblichkeitsdebaue ftir die Analyse von Althaus' Eschatologie ist also die Frage, in welchem Sinne Althaus eine "neutrale'; Eschatologie anstrebt. Zunächst ist "neutrale" Eschatologie keine natürliche Eschatologie, sie ist trolZ der Zweiteilung von Althaus' Grundlegung zur Eschatologie kein religionsphilosophisches Fundament, auf dem die Theologie den Bau dogmatischer Eschatologie aufführen könnte. So schreibt Althaus zum Verhält· nis von neutraler und christlicher Eschatologie: Dieser Unterschied ..muß mit dem ganzen schweren Ernste [... J betont werden: die Gewißheit des 1 jedenfalls Heilsungewißheit sein...34 Und mit ausFortlebens kann drücklichem Bezug auf den Unsterblichkeitsgedanken, den l.G. Fichte im Angesicht des Rheinfalls von Schaffhausen aussprich!: "die Doppelung der Eschatologie in Unsterblichkeit und ewiges Leben, die ftir uns um der Schuld· und Heilsfrage willen eintritt, liegt ihm lsc. Fichtel fem.,,3s M.a.W. die ,.neutrale" Eschatologie kann für die christliche nur im Durchgang durch das Gericht, die Schuld· und Heilsfrage, von Bedeutung sein. So hat Althaus es 1933 selbst formuliert: ..Das ist das Feuer, in das alle Unsterblichkeitsgedanken hinein müssen. Sie werden darin so, wie sie sind, ver-
r...
32 A.a.O. 451: .Das Gericht des Goulosen ist deshalb das unfenige Gericht." 33 Zur Zusammenfassung vgl. AlTIIAUS (J933) 109 Anm. 2[114 Anm. 11. 34 DERs. (1922) JO "" DEJlS. (1926) 32 trOlZ einiger UnlCrschiede in den hier ausgelassenen Stellen: der letzte HalbsalZ auch DEJlS. (1933) 110 [114f.). 35 OERs. (1922) 32 (Kap.II!) "" DERS. (1926)27 (Kap. I!).
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zehrt. Zwischen die ursprüngliche Bestimmung und ihre Erfüllung tritt der Tod als Gericht, das den ganzen Menschen trifft.,,36 Althaus hat damit alle Eschatologie, die religionsphilosophische und auch die christlich-theologische, an den Durchgang durch das Gericht geknüpft. So ergibt sich bei Althaus wie bei Stange das Gerichtsthema als systematischer Kern der Unsterblichkeitsdebatte; speziell für Althaus heißt dies aber, daß der Unsterblichkeitsgedanke, in dem sich axiologische und teleologische Eschatologie zum Ewigkeitskonzept zusammenschließen, diese systematische Tragweite nur unter Voraussetzung der Gerichtslehre hat - unter dieser Voraussetzung aber hat er sie freilich auch wirklich. M.a.W. der Spannungsbogen zwischen Axiologie und Teleologie einerseits sowie der Ewigkeit andererseits, der unseren fonnalen anfanglichen Beobachtungen zufolge Althaus' Eschatologiebuch umspannt, hat seine Spannung thematisch gesehen daher, daß er den Durchgang durch das Gericht bezeichnet. In der Gerichtslehre bündelt sich also das für Althaus' konzeptuellen Ansatz grundlegende Verhältnis von Diesseits und Jenseits, von Axiologie und Teleologie einerseits sowie der Überwindung ihres Widerspruchs in der Ewigkeit andererseits. Das Gericht wird daher ebenso im Grundlegungsteil bei der Axiologie und Teleologie verbindenden Unsterblichkeitsproblematik thematisch, wie es, v.a. 1922 und 1926, im "Ausbau" der Eschatologie zusammen mit dem Ewigkeitskonzept herangezogen wird. Althaus kann daher von der Gerichtsproblematik, wie vom Formproblem der Ewigkeit, zugleich aussagen, was für das von der Anschauungsfonn der Zeit bestimmte Verstandesdenken nur alternativ ausgesagt werden kann, das Miteinander nämlich zweier sich ausschließender Pole, die traditionell als Apokatastasis und doppelter Ausgang bezeichnet werden: "Wir müssen jedes Melischen mit heiden Gedonken gedenken,,?7 Ewigkeit als Gericht bedeutet demnach in Anlehnung an ihre bereits genannten paradoxen Bestimmungen auch die Aufhebung des Gegensatzes von Apokatastasis und doppeltem Ausgang. Allerdings scheint solche Aufhebung in diesem Fall weniger zu bedeuten, daß beide Pole miteinander auftreten, als vielmehr, daß die Ewigkeit den Gegensatz der beiden Pole als unangemessen erweist. 38 36 DERS. (1933) 10411091. 37 DERS. (1922) 119", DERS. (1926) 214 '" DERS. (1933) 188/1951. Dieser Satz steht in allen Auflagen un\leränden und in Hervorhebung, vergleiehbar mit den in S. 197 Anm. 20 zitierten Sätzen zur Ewigkeit. 38 Dies scheint mir der Passus zu besagen: ..Gewiß kann nur das eine wahr sein. Aber die Entscheidung. welches das wahre ist. steht rur unser Denken aus" (a.a.O. 189 r 196)). da hier der Akzent auf ,.unser Denken"liegt.
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4. Ewigkeit als Gericht über die Geschichte. Nachdem so geklärt ist, daß die "neutrale" Eschatologie, auf die Althaus mit seinem Zusammenschluß von Axiologie und Teleologie im Unsterblichkeitsgedanken zielt, im Unterschied zu einer natürlichen Eschatologie durch das Gericht hindurch muß, ist noch zu fragen, welches Phänomen denn mit diesem Neutrum bezeichnet sein soll: Was ist es, das durchs Gericht muß? Hier ist wichtig, daß Althaus die "neutrale" Eschatologie aus Axiologie und Teleologie herleitet, also aus geschichtsphilosophischen Begriffen, wenn man darunter in einem weiteren Sinne die philosophische Beschäftigung mit dem Problem der Geschichte versteht. Es ist demnach die Geschichte, die als solche eschatologisch "neutral" ist. Althaus nennt 1922 und 1926 W. Windelbands Wertephilosophie und W. Mundles Religionspsychologie als seine Quellen für den Be· griff der Axiologie bzw. Teleologie. Vor allem aber hat Althaus' Tennino· logie in der evangelischen Eschatologiegeschichte mit E. Troeltschs Lexikonartikel in der ersten Auflage von "Die Religion in Geschichte und Gegenwart" einen Vorläufer. Althaus nennt ihn 1933 denn auch ex.plizit. 39 Die von Troeltsch nachgelassene Fragestellung ist nun ausdrücklich diejenige nach der Geschichte, nämlich "Das Problem des Historismus und seine Überwindung". Althaus selbst hat einen durchaus weiten Begriff von Geschichte; auch in seiner Eschatologie notiert er, daß darunter das ganze personale "Entscheidungsleben" des Menschen zu verstehen sei. 40 Das darin enthaltene Moment des Personalismus verbindet Althaus mit der Lutherre· naissance; sein Spezifikum stellt dagegen die Betonung des escharologi. sehen Entscheidungscharakters dar. Dies erklärt, warum Althaus' Eschato· logie die Geschichte grundsätzlich als Spannung von Axiologie und Teleo· logie einführt. Es ist also festzuhahen, daß das mit den Begriffen Axiologie und Teleologie in eschatologischer Hinsicht beschriebene Phänomen die Geschichte 41 ist. Es ist also auch dieser Begriff einer spannungsvollen Geschichte, dem Althaus das Ewigkeitskonzept als Jenseits der zeitlichen Gegensätze gegen· überstellt. Damit ergibt sich freilich, daß Althaus' Eschatologie von einer 39 Vgl. OERS. (1922) 17f.; 21 Anm. 2 par. DERS. (1926) 15f.; 20 Anm. I für die Berufung auf Windelband bzw. Mundle und DERS. (1933) 18 1181 fUr die Erwähnung Troehschs. 4QA.a.Q.244 [253); ygl. a.a.O. 40 [42]. 41 DERS. (1922) 11 fUhn die AAiologie sogleich am Gegensatz yon Geschichtlichem und ÜbergeS(;hichllichem ein (woflir DEil.S. 11926) 15 freilich yon Zcillichem bzw. Überzeitlichem spricht). und DERS. (1926) 20 definien die Teleologie so: .Die ait wird jelzt zur G~schichft!" (par. D€RS.(I922) 21). AusdrUcklich sagt auch DERS. (1933) 8181. daß .Jlliteinander die Eschatologie und die lheologiS(;he Erkenntnis der Geschichte geboren" werden. und weiter: ..Nur von der Eschatologie her ist das Wesen der Geschichte theologiS(;h gültig zu bestimmen".
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doppelten Spannung gekennzeichnet iSt: Dies ist zum einen die Spannung von Axiologie und Teleologie, die innerhalb der Geschichte besteht dadurch, daß menschliche Entscheidungen nicht spannungslos nebeneinander herlaufen. Zum anderen steht diese Spannung als ganze, also in der doppelten Gestalt von Axiologie und Teleologie, der Ewigkeit als ihrem Jen· seits gegenüber, das die Spannung auflöst. Der Gegensatz von Spannung in diesem zweiten Sinne ist also nicht Spannungslosigkeit, sondern Auflösung der Spannung, so daß man mit einem Bild sagen könnte, die beiden Dimensionen von Spannung stehen zueinander wie die Achsen in einem Koordi· 4J natenkreuz. Althaus, so läßt sich zusammenfassen, fragt also gerade angesichts der Zweideutigkeit, die der Geschichte als dem Bereich willkürlicher Entscheidungen anhaftet, nach einer eschatologischen Bedeutung der Geschichte und gibt zur Antwort, daß die Geschichte eine Bedeulllng für die Ewigkeit hat nur im Durchgang durch das Gericht. Das zunächst formal festgestellte Korrespondenzverhältnis der Grundlegungs- mit dem Schlußkapitel von Althaus' Eschatologie läßt sich also auf die Begriffe der zweidimensionalen Spannung zwischen Axiologie und Teleologie sowie zwischen diesen beiden und der Ewigkeit bringen und zieh auf das Phänomen der ihrem Wesen als Raum der Betätigung menschlicher Sittlichkeit nach zweideutigen Ge· schichte und der Überwindung dieser Zweideutigkeit. Es geht Althaus bei seiner doppelten Begründung der Eschatologie als "neutral" und als theologisch also jeweils um dasselbe Problem: um die Ewigkeitsbedelltung des zweideutigen Phänomens Geschichte. 5. Die begri.ff1ichen Gestalwngefl von Althaus' Konzept. Die vorstehende Rekonstruktion von Althaus' EschalOlogiekonzept geschah mit dem Anspruch, alle Auflagen seines Entwurfs zu erfassen; jedoch haben gerade die Grundlegungskapitel durch die Auflagen hindurch Änderungen erfahren, die sich vor allem im Wechsel der tragenden Begrifflichkeit von Axiologie und Teleologie sowie in der durch die Auseinandersetzung mit Stange veränderten Einschätzung der Unsterblichkeit als dem Zusammenschluß beider niederschlagen. Am ersten Moment hängt das Verständnis von Geschichte, am zweiten ihr Verhältnis zur Ewigkeil. Die hier geleistete Rekonstruktion 42 ••Kennzeichnend" (BEISSER [19931175) rur Althaus is! daher weder die Spannung seines Eschatologidonzepu als solche noch eine •.E$cholofogie (tu Sponnung$f6$ung" (HOA'MANN 11929125: vgl. aa.O. 43 zu Allhaus). 43 Vgl. Al.nlAUS (1922) 26f. "" DERS. (1926) 25; .Senon im voraus ahnen wir, daß dann das Vtrhätmi$ du Gtschicllle und du letzltn Dingt tin diolektisches wird: die letzten Dinge als übergeschichlliehe Gegenwansbe1.iehung der Geschichte und die lelzlen Dinge als - irgend wie .eoogeschichllicner' - Enrag der Geschich!e:'
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Zweiter Teil
des Althaus'schen Konzepts muß sich darum mit diesen beiden Punkten auseinandersetzen. a) A.xiologie/Teleologie - Bleiben/Kommen, Glaube/Hoffnullg. Althaus spricht 1933 in den Grundlegungskapiteln nicht mehr von Axiologie und Teleologie,44 sondern vom Bleiben und Kommen des Ewigen bzw., synonym dazu. von Eschatologie als Glaube und als Hoffnung auf das Ewige. Seine eigene Behauptung. daß diese neuen Begrifflichkeiten sachlich mit der vorigen kongruent seien. scheint insofern vertrauenswürdig, als Althaus 4s sie bereits 1926 neben dieser gebraucht haue. Ein etwaiger Unterschied könnte allenfalls darin gesehen werden. daß eine philosophische durch eine theologische oder biblische Begründung von Eschatologie abgelöst worden wäre. Diese Alternative verliert allerdings ihre Ausschließlichkeit. wenn es Althaus, wie hier vorgeschlagen, tatsächlich um die theologische Würdigung der philosophisch erfaßbaren Zweideutigkeit der Geschichte geht. Ln diesem Sinne können jedenfal1s die wichtigsten Änderungen der Grundle· gungskapitel von 1926 gegenüber der Fassung von 1922 erklärt werden, auch wenn die Entwicklung 1933 wieder ihre eigene Wende genommen hat. So hat Althaus z.B. ab 1926 in Absetzung von der eschatologischen Methode G. Wobbennins die religionspsychologische Dimension der Eschatologie ausdrücklich zurücktreten lassen. um die Zweideutigkeit der Geschichte im Sinne der o.g. Rekonstruktion seines Eschatologiekonzepts klarer herauszustellen. Dazu wird 1926 in der Darlegung der axiologischen Escharologie ein früherer Abschniu zum seelischen Niederschlag der charak46 teristisch axiologischen Doppelheit von Gericht und Heil gestrichen und, um ein anderes Beispiel zu nennen, in einer zusammenfassenden Bemerkung zur Doppelheit von Axiologie und Teleologie die auch psychologisch deutbare Rede von einer "Polarität der seelischen Haltung von ,Erfahren' und ,Hoffen'" durch diejenige "von Glaube und Hoffen, Haben und Harren" ersetzt. 47 - 1933 freilich hat Althaus in Auseinandersetzung mit dem Wobbenninschüler G. Hoffmann neben einem Akzent auf der zweideutigen
44 Bereils DERS. (1928) 354 verzichtel auf diese Begrifflichkeit. 45 DERS. (1933) 18.53 118.561 behauplel rur die Begriffspaare BleibenIKommen bzw. Glaube/HofTnung Gleichsinnigkeil mit Axiologierreleologie; vgl. DERS. (1926) 16 Anm. 2: 61-64 zur früheren Verwendung beider Paare. 46 DERS. (1926) 71 Anm. 2 erklärt die Slreichung von DERS. (1922) 36-38 mil Blick auf WOBBERMIN. der die Eschatologie ähnlich wie die Vermiltlungslheologie als Bezugspunkl aller Theologie denkl «()Ej{s. (19261 1II.253f.). diesen aber im Gegebensein der religionspsychologisehen Phänomene als eine reale Größe ansieh!. Die Differenz zu Allhaus iSI also in erster Linie mclhodiseher Art. 47 Zilale ALTHAUS (1922) 27 par. DERS. (1926) 25.
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V. Die anliapokalyptische Eschatologie von Paul Althaus
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Zusammengehörigkeit von Glaube und Hoffnung zugleich den Vorrang des 48 Glaubens vor der Hoffnung betont. Ähnliche Phänomene zeigt Althaus' Ausführung der teleologischen Eschatologie. Hatte er hier 1922 Offenbarung, Versöhnung und Geisteinwohnung als die drei Gestalten des Paradoxes "Gott in der Geschichte" unter· schieden, so differenziert er 1926 nur noch deren zwei, nämlich die Offenbarung und das Heil. Dabei um faßt letzteres jedoch Versöhnung und Geisteinwohnung,49 so daß hier keine materiale Änderung, sondern lediglich eine konzeptionelle Straffung angestrebt ist: So wird aus dem "drei· fach·" ein "zwiefach-einheitlicher Widerstreit", dem Glaube und Hoffnung als "zwiefach-einheitliche Wurzel der Eschatologie"~ entsprechen. Die Absicht ist offensichtlich, die theologische Zweideutigkeit der Geschichte zu betonen. - Zugleich hat Althaus freilich trotz bleibendem Nachdruck auf 51 der Zusammengehörigkeit der Pole dieser Zweideutigkeit die Stellung der so konzipierten teleologischen Eschatologie zur ax.iologischen modifiziert. Während 1922 jene gegenüber dieser in "ganz neue Gründe weist", lautet derselbe Satz 1926 so, daß sie an "der gleichen Stelle entspringt",52 so daß die Teleologie aus der Ax.iologie bloß abgeleitet ist; und etliche gegenüber 1922 neue weil·Sätze beschreiben das Verhältnis als Kausalverknüpfung. 53 Dies ist 1933 zugespitzt worden durch eine Theorie der Verheißung, die in 54 die entsprechenden Textpartien eingearbeitet wurde. b) Unsterblichkeit - Gouesgewißheit - GOllesverhältnis. Der zweite Ge· sichtspunkt für die Einschätzung von Ahhaus' terminologischen Yerände· rungen ist die Unsterblichkeitsthematik. 1922 spriCht er, um gegen Stange die allgemeine Auferstehung festzuhalten, von Unsterblichkeit, schreibt dann aber 1926: "Freilich empfiehlt sich das letztere Wort nicht,,:55 jetzt unterscheidet er (wie auch schon 1922) gegen Stange eine durch die Ge· richtserwartung gekennzeichnete "Gottesgewißheit", die der Unsterblich48 DERS. (1933) 41-43 [43-45). S. zur Auseinandersetzung mil Hoffmann Kap. V.2.2 (S. 247ff.). 49 Die Einteilung OERS. (1922) 41.45.47 kehrt wieder als DERS. (1926) 4O.44f. 48, wobei hier die Ietzlen heiden Ableilungen als a) und b) unter 2. zusammengefaßt werden. 50 Zimle DERS. (1922) 41. die Parallelstelle PERS. (1926) 39 und a.a.O. 63 (alle Hervorhcbungen aufgehoben). Die beabsichtigte KorresporKIenz der beiden Slellen von 1926 ist deutlich. 51 DERS. (1922) 58-63 par. OERS. (1926) 69-76 zum Zusammenhang Axiologic - Teleologie. 52 DERS. (1922) 21 par. DERS. (1926) 20. In demselben Sinne hat DERS. (1926) 36 vgl. DERS. (1922) 39 ergänzt. 53 DERS. (1926) 74 vgl. DERS. (1922) 61. 54 Dazu s. Kap. V.I.2. hier S. 230-234. 55 DERS. (1922) 28: ..Daraus folgl die UnslerblichkeilSgewiBhcit des Chrislen"; das Zitat OERS. (1926)31.
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keit entspricht, von der "Heilsgewißheit".56 Erst 1933 wird die Unsterblichkeitslehre sogar formell verworfen und der fragliche Gedanke durch den Begriff des personal verstandenen "Gonesverhältnisses" ausgedrückt 57 Der Zusammenhang dieser drei Fassungen des Gedankens wird schon daraus ersichtlich, daß Althaus jedesmal gemeinsam mit den genannten Stellen das berühmte Wort Luthers zitien: "Wo er oder mit wem Gott redet, es sei im Zorn oder in der Gnade. derselbe ist gewißlich unsterblich."'s Dabei ist aufschlußreich, wie Althaus dieses Zitat in den verschiedenen Auflagen in die jeweilige Argumentation einfügt. 1922 und 1926 steht der betreffende Passus in Kap. 1I über die Begründung der christlichen Eschatologie. Dieses Kapitel eröffnet Althaus 1922 mit einem "Exkurse von der Unsterblichkeitsgewißheit,,59 und darin der fraglichen Passage, ehe er die Darlegung der axiologischen und teleologischen Eschatologie im Christentum anschließt. 1926 ist der Exkurs gestrichen, und das Kapitel beginnt sogleich mit der Gegenüberstellung von Axiologie und Teleologie, doch in die von 1922 übernommenen Ausführungen zur Axiologie inkorporien Althaus diejenige Hälfte des Exkurses, die das Lutherzitat enthält. 60 Er fügt ihr aber noch etwa eine Druckseite neuen Text hinzu, ehe er den Duktus der axiologischen Eschatologie von 1922 wieder aufnimmt: die unmittelbare Ewigkeit in Form von Gericht und Heil. Auffallend ist, daß Althaus den Exkurs dabei genau auf der Nahtstelle zwischen Gericht und Heil einschaltet: 1922 wird die axiologische Eschatologie im Christentum so dargestellt: Freilich. das Letzte auf Seiten des Menschen, das durch die Erscheinung des Heiligen unwidersprechlich offenbar wird, ist die Schuld und der Tod. Gottes Nahekommen heißt Gericht und Enthüllung des Todescharakters in allem Menschenwesen. Aber diese Eschatologie des Gerichtes und Todes wird von Gott aus überboten. mitten in ihrer Bejahung.lt1
1926 dagegen trennen nicht weniger als vIer Druckseiten den vorletzten dieser Sätze vom letzten, also das Gericht vom Heil - eben die vier Seiten des (erweiterten) Unsterblichkeitsexkurses. Dabei verstärken die Erweite56 Vg!. die Unterscheidung DERS. (1922) 2g mit DERS. (1926) 28f. 57 Nach der föml1ichen Widerlegung der Unsterblichkeitslehre (DERS. [19331 104 1108]) vgl. das Zilat a.a.O. 105 [1101 (vg!. schon DERS.11926)31: ..Personbeziehung·'). 58 DERS. (1922) 29 par. DERS. (1926) 29 par. DERS. (1933) 105f. mit 106 Anm. 1 1110 mil Anm. I) (nur hier mil der Quellenangabe WA XLlII,481.32ff. und daher nur hier wörtlich zitiert). 59 DERS. (1922) 28-33 (ZitaI33). 60 Verteilt auf DERS. (1926) 28.29.32; die andere Hälfte über Fichle!l und Kants UnSlerblichkeilsgedanken ist jelzl in Kap. I verschoben: 8.a.0. 26f. 61 DERS. (1922) 34.
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rungen durchgehend diejenige Seite der Unsterblichkeit, nach der sie Voraussetzung des Gerichts ist. Zu dem Passus mit dem Lutherzitat, 1922 als Einleitung der Thematisierung der inhaltlichen Axiologie von Gericht und Heil dargeboten, wird nun übergeleitet mit den neuen Sätzen: Die Begegnung mit Gott erfahren wir als Gericht, das Gericht Gones aber trägt in sich Unendlichkeit, Ewigkeit. Es wäre nicht mehr das Gericht Gottes, wenn ihm (... ] entfliehen könnten. (... ] Hier hat es seinen Grund, wenn wir sagen: 62
- und nun folgt der Passus mit dem Lutherzitat, dem die schon zitierte Klarstellung über die Gottesgewißheit als Gerichtsgewißheit folgt, ehe sich nach zwei weiteren Seiten endlich die Überbietung der "Eschatologie des Ge· richtes und Todes" durch das eschatische Heil anschließt. 63 Althaus bezieht also dasselbe Lutherzitat 1922 auf eine eschatologisch ungebrochen aufnehmbare Unsterblichkeit, 1926 dagegen auf die gerichtliche Brechung jedes Ewigkeitswertes von Geschichte. Und diese Tendenz scheint sich 1933 fortzusetzen, da das Zitat jetzt kommentiert wird mit dem Satz: "Im Wissen um Gottes ,Reden im Zorne' mit uns, also um Gottes Gericht wissen wir um ,Unsterblichkeit'" - das "Reden in der Gnade" wird hier vorerst gar nicht mehr erwähnt. Zudem erfahren die philosophischen Unsterblichkeitsgedanken jetzt eine regelrechte Widerlegung: "Nun verlieren alle jene Gedanken [... ] ihre Schlagkraft gegenüber der niederschmetternden Frage: ist der Sünder wert weiterzuleben?,,64 - hinzu kommt, daß die philosophische Eschatologie 1933 aus der Grundlegung in einen Anhang derselben ausgegliedert wird. Die Eindrücke dieser Veränderungen lassen sich so zusammenfassen, daß zwar einerseits das Konzept einer eschatologischen Bedeutung der theologisch zweideutigen Geschichte in allen Auflagen von Althaus' Buch gleichgeblieben und als solches auch durch die wechselnde Begrifnichkeit nicht verändert ist, daß aber andererseits Tendenzen zu einer allmählichen Hervorhebung der durch Gericht und Heil bestimmten Dimension der Eschatologie gegenüber der geschichtlichen Dimension (a) sowie zu einer Aufwertung der theologischen vor der philosophischen Argumentation (b) aufkommen. Dieses Bild ist nicht ohne Widersprüche und fordert auf zu einer detaillierten Analyse der einzelnen Gestalten von Althaus' Es· chatologie. Zwar hat man es durchgehend mit dem Interesse einer es62 DERS. (1926) 29. 63 DERS. (1926) 33 '" DERS. (1922) 34. 64 Zitate DERS. (1933) 106.104 [110.108].
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chatologischen Würdigung der Zweideutigkeit von Geschichte zu tun; aber eben dies macht das im ganzen umfassend nachweisbare Konzept selbst zu einer zweischneidigen Angelegenheit. 65 Darum sind im folgenden Althaus' theologische Würdigungen der Geschichte zu untersuchen. Diese Aufgabe schließt die Frage nach Althaus' Sicht des Judentums ein, da das Profil sei* nes Geschichtsverständnisses verknüpft ist mit der Einnahme einer bestimmten Position gegenüber dem Judentum. Diese Verknüpfung ist daher vorab darzustellen:
1.2. Implikationen für die Wahrnehmung des Judentums Althaus' Eschatologiekonzept zielt auf die Ennitllung einer Ewigkeitsbedeutung der zweideutigen Geschichte. Dabei ist die Ewigkeit als Jenseits der Gegensätze geschichtlicher Zweideutigkeiten einerseits unvereinbar mit der Geschichte, muß sie aber andererseits, da ihre Polarität nur unter Beibehaltung ihrer Pole aufgehoben wird, in sich aufnehmen. Diesen differenzierten Zusammenhang von Geschichte und Eschatologie gilt es zu ermitteln. Von dieser Aufgabe her versteht sich die Front, gegen welche Althaus sein Konzept abgrenzt; es ist eine fehlerhafte Bestimmung dieses Zusammenhangs dergestalt, daß die Eschatologie in Gestalt einer letzten Geschichtsepoche aus der gesamten Geschichte heraustrete. Diese Verhältnisbestimmung nennt Althaus die "endgeschichtliche Eschatologie", und im Rückblick auf die Auseinandersetzung mit ihr hält er fest: "Am Abschluß dieses Kapitels sei ausgesprochen, daß ich nicht verhüllen will, wie weit sich die hier vorgetragene Auffassung der Vollendung von dem jüdisch* biblischen Bilde der letzten Zeit entfemt.,,66 Später schreibt er: "Und wir haben die These vom ,Judenzen' der endgeschichtlichen Eschatologie zu einem systematischen Urteil zu machen, indem wir zeigen. daß die rechtverstandene Sache (Christus und seine Beziehung zur Geschichte) solche Eschatologie nicht forden, sondern gerade aussch/ießt.,,67 Diese sehr grund65 Es scheint freilich überspitzt. wenn bei SCliMIOT (1927) 125-134 Allhaus' Verständnis der Geschichte als zweidcUlig im Grundsatz wie ein ••unvollkommener Versuch" (a.3.0. 126) gewertet wird, die radikale Entgegensctzung von Geschichte und Ewigkeit in der Dialektischen Theologie zu ermäßigen. Althaus' Einsicht. daß die Geschichte allererst theologischer Würdigung bedarf. wird damit nicht getroffen. 66ALTItAUS (1922) 100 Anm. 1-= DERS. (1926) 185 Anm. 3 (Reflexivpronomen umgestellt). 67 DERS. (1924/25) 629 -= DERS. (1926) 118. Vgl. auch a.a.O. 108 kritisch: "Überall machl sich naturgemäß das jUdische Geschichls- und Zukunftsbild gellend:' Allhaus dürfte hier Klicfoths endgeschichtliche Eschatologie vor Augen stehen, auch wenn er diesen 1926 noch nicht nennt. wie EBERT (1927) 755.756.758 massiv kritisien.
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sätzlich fonnulierten Zitate zeigen, daß Altbaus sein Konzept der Ewigkeit als Jenseits der Geschichte gegen eine als jüdisch wahrgenommene Endgeschichte profiliert, ja daß möglicherweise sein Konzept schon in sich als strenge Alternative zu jüdischer Eschatologie verstanden sein will. Das interesse eschatologischer Würdigung der Geschichte erweist sich also als einschlägig ftir eine sehr dezidierte Wahrnehmung des Judentums, das assoziiert wird mit einer als problematisch empfundenen Verbindung von Geschichte und Eschatologie. Wie bereits angedeutet, kann Althaus eine derartige Verbindung als charakteristisches Merkmal der jüdischen Apokalyptik bezeichnen.611 und 1933 wird er dies verstärkt tun. Hier liegt der Grund dafür. daß die schroffe Absetzung gegen die endgeschichtliche Eschatologie auch 1933, nach Wegfall des als .,Abgrenzung" überschriebenen Teils, nicht zurückgenommen wird, ja daß vielmehr Altbaus' Konzept im ganzen von hier aus den Namen einer antiapokalyptischen Eschatologie tragen kann. Die Stadien von Altbaus' Würdigung der Geschichte seien nun im einzelnen untersucht - nicht, um eine Entwicklungsgeschichte nachzuzeichnen, sondern um im Vergleich verschiedener Fassungen desselben Konzepts das systematische Problem offenzulegen, um das die Fassungen gerade in ihrer Verschiedenheit ringen: daß nämlich die Ewigkeit die Geschichte. wie gesehen, einerseits ausschließen, andererseits aufnehmen muß. Hierfür kommen dann mehrerlei Abschnitte aus den unterschiedlichen Auflagen in Betracht. und zwar die Abgrenzung gegen die Endgeschichte einerseits sowie die Punkte, an denen Althaus ausdrücklich eine geschichtliche Begründung bestimmter Eschatologumena fordert, andererseits. letzteres geschieht in der EwigkeilSlehre mit Blick auf die Wellhaftigkeit der Erlösung und die Leiblichkeit der Auferstehung sowie in der Gerichtslehre hinsichllich der Notwendigkeit eines ewigen Gerichts. 69 Damit ergeben sich als wiederkehrende Gliederungspunkte des vorliegenden Untenabschnitts Endgeschichte, Ewigkeit und Gericht.
I. Die Geschichte als Ethik ulIler dem Gericht (/922). Die grundlegenden Konturen der Althaus'schen Würdigung der Geschichte treten in der Erstauflage seiner Eschatologie klar zutage. 68 S. bei S. 17 Anm. 18. 69 Die geschichllich begründelen Abschnille sind AlTltAUS (1922) 132-137.137-142 par. DERS. (1926) 250-256.256-266 rur Wehhafligkeil bzw. Leiblichkeit der Erlösung. AlthaWi hebt a.a.O. 251 den geschichtlichen Charakler der Begründung ebenso eigens hervor wie DER!. (1922) 101 '" DERS. (1926) 187 rur das Gerichl. DERs. (1933) 327-335.116-132.165 1341-349.121137.1721 haI alle diese geschichtlichen Begründungen beibehalten.
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a) Abwehr der Endgeschichte. Althaus' wichtigstes Argument gegen alle Gestalten endgeschichtlicher Eschatologie (Kap. IJI) ist die Abwehr des Fortsehrittsgedankens: Das Eschaton ist nicht das Ende als der Abschluß eines Fortschritts, der zu jedem Punkt aUe Erträge der gesamten jeweils vorangegangenen Zeit in sich aufnähme und der darum am Ende der ZeiL freilich auch erst am Ende der Zeit. vollendet sein müßte, so daß die letzte Zeit vor allen anderen ausgezeichnet wäre. 10 Diesem Verständnis setzt All· haus am Beispiel des biologischen "Fortschrittes" die Eigenständigkeit jedes Lebensalters entgegen und kontrastiert das biblizistische Verständnis der Bibel als "Organismus" mit der zeitgeschichtlichen Exegese. Damit er· übrigt sich auch die unterschiedliche Gewichtung der Zeiten, so daß Althaus zu der These k.ommt, daß ,jede Zeit [... ] gleich unmittelbar zur Vollendung" sei: ,,Jede Zeit ist in diesem Sinne letzte Zeit."ll Eine theologische Würdigung der Geschichte als eschatologisch bedeutsam, also als "Heilsgeschichte", schließt allerdings unabdingbar das historische Christusereignis ein, so daß Althaus die Qualifikation jeder Zeit als letzter Zeit zunächst nur auf die Zeiten nach Christus anwendet. Für die übrigen Zeiten greift er zur Annahme eines jenseitigen "Mittelzustandes", in dem den vom Christentum unberührten Völk.ern die Begegnung mit Christus widerfahn: .,Es gilt dann also doch, daß jedes Geschlecht unmittelbar zur Vollendung ist:,72 Althaus wendet diesen Satz dann fast wortgleich auf alle Einzelthemen der endgeschichtlichen Eschatologie, die sog. Vorzeichen des Endes, an: Sie alle sind aktualisierend auf die jeweilige Generation zu beziehen. 1J Die entsprechenden Prophetien liest die Eschatologie daher nicht im Sinne der ..Wahrsagung", d.h. der .,Voraussage einzelner bestimmter äußerer Ereignisse", sondern im Sinne der .,Weissagung", der ..aktuellen, konkreten Verkündigung der heiligen Gesetze, die l... ) notwendig gelten,'.'4 Die methodisch gesicherte Quelle der Eschatologie liegt demnach nicht in den "Verheißungswonen Jesu", sondern der .,Christustatsache".'5 Althaus charakterisiert seine Eschatologie daher 70 ALlliAUS (1922) 92: Die Endgeschichte ,.wUrde dann ja nur von einer Generation erlebt," 71 Zilalc a.I.O. 71.73.84.84. 72 Zilale u.O. 86.85.85. Zum Gedankcn des MiuclzuSWKb vgl. auch a.a.0. 44.99.110. S. S. 236 Anm. 197. 73 A.a.O. 86 (vgl. u.O. 87.88): ..Mil jeder neuen Genemion i.$l die Aufgabe (der WeltmissionI v.ieder neu:' A.a.O. 94: .Jedes Geschkchl soll die Machl des Antichrisdichen in seiner Ge· gcnwar1 suchcn.- A.a.O. 96: .Das Gericht bezieht sich auf jede Genel1lllion.- - ..Die Parusie ist als überzeitliches Ereignis jedem Geschlechte glcich nahe". 74 A,a.O. 78. 75 Zitatc l.a.O. 52 (im Original gcspem) bzw. a.a.O. 52.53.54 U.Ö.
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im Gegensatz zur endgeschichtlichen als "reichsgeschichtliche" oder als ,.reichsgeschichtlich-typisch,,;76 er sucht die Vollendung nicht in der ,.Längslinie" der Geschichte, sondern errichtet "überall Senkrechte auf ihr",.77 Dieses geometrische Bild veranschaulicht das Profil des Konzepts besonders deutlich: Althaus wendet sich gegen eine eindimensionale Eschatologie in der bloß waagerechten Ausdehnung des Zeitstrahis. Er setzt aber gegen den eindimensionalen Strahl nicht den nulldimensionaJen Punkt und darum nicht das ,,Jederzeit", sondern ,jede Zeit", d.h. das zweidimensionale Achsenkreuz der Senkrechten auf der Längslinie. Dies entspricht genau der grundsätzlich doppelten Spannung seines Konzeptes. 7B Gegen die endgeschichtliche Auszeichnung der letzten Epoche behauptet Althaus die UnmiueJbarkeit jeder Epoche, er hält aber an der epochalen Gliederung der Zeit überhaupt fest. Die geschichtliche Längendimension der Eschatologie wird nicht getilgt, sondern aktualisierend auf die jeweilige Generation umgelegt. - Freilich schreibt derselbe Althaus 1922 auch: "Alle Senkrechten, die wir auf der Zeitlinie errichten, um auf die Ewigkeit.. die Parusie, die Vollendung zu stoBen, treffen sich im Überzeitlichen in einem Punkte:' - "Damit wird schließlich auch die Frage nach dem Wann? der Vollendung sinnlos. Sie ist nicht nur unbeantwonbar, sondern auch falsch gestellt.,,79 Den Grund für diese Reserve gegenüber einem zeitlichen Verständnis der Bedeutung von Geschichte zeigt die Ewigkeitslehre. b) Ewigkeitslehre. Althaus argumentiert für Welthaftigkeit und leiblichkeit der Ewigkeit (Kap. V) deswegen geschichtlich, damit die eschatologische BedeulUng der Geschichte ftir die Ewigkeit nicht mit der Ewigkeit selbst begründet wird, so daß die geschichtliche Begründung ein bloßes Mittel zum Zweck der Ewigkeit würde; Althaus richtet sich also gegen eine "ausschließliche teleologische", d.h. zweckgesteuene Würdigung der Geschichte. so Stall dessen weist er in der Frage der "neueln) Welt" den Forderungen der "Kulturarbeil" als ..Aufgaben eigenen Sinnes und Rech~ tes" einen ..Selbstzweck nach Gottes Willen" zu und begründet in genauer Entsprechung dazu die "neue[ ... ) Leiblichkeit'" als einen "selbständigen Gegenstand der Heiligung·,.81 76 A.a.O. 94.95.•.Reichsgcschichllich" ist ....'Ohl die Anl......on auf Althaus' eigene: Frage nach dem ..irgendwie .endgeschichtJichelnl''' Ertrag der Geschichte (....0. 27). 77 Zitate 1.1.0. 84. 78 S. bei S. 203 Anm. 42. 79 Zilale 3.a.0. 98.%. 80 A.a.O. 133. Vor Augen SIcht die Theologie der Ritsehl.schule (a.3.0. 133 Anm. I). 81 Zilale a.a.O. 132.135.135.133.137.138 (alle Hervorhebungen aufgehoben).
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Zweiter Teil
An den Beispielen der Kulturarbeit und der Heiligung wird das Profil von Althaus' Würdigung der Geschichte deutlich: Ewigkeilsbedeulung hat die Geschichte da, wo und insofern sie Gegenstand der Ethik ist. Althaus versteht also den Ewigkeitssinn der Geschichte nicht zeitlich, sondern ethisch; wenn er an der Gliederung der Zeit in Epochen oder Generationen festhält, dann deshalb, weil diese jeweiligen Epochen und Generalionen das Feld der Ethik sind. Die Ethik ist dabei der Dogmatik nicht nach-, sondern nebengeordnet. Dies entspricht Althaus' personalistischem Geschichlsbegriff. und daher kann die geschichtliche Begründung der fraglichen Eschatologumena auch als ,.ausschließlich in der christlichen Ethik" liegend bezeichnet werden. Ja, Althaus kann schreiben: .,Ethik und Eschatologie suchen einander.,,82 Diesem Verständnis der Geschichte als Ethik entsprichl auch Althaus' Gerichlslehre. c) Gerichrslehre. Althaus entfaltel die Gerichtslehre (Kap. IV) nicht in dem tntditionellen und semantisch naheliegenden Zusammenhang mil der Rechtfertigung des Sünders, sondern im Rahmen des sittlichen Personalismus, wobei er freilich das Spezifikum seiner Eschatologie. den jenseitigen Ewigkeitsbegriff, wahrt. Er unterscheidet drei Dimensionen des Gerichts als Gericht über den "Glauben", Gericht nach den ..Werken" und als Gericht zur Ernte der sittlichen "Frucht" eines Lebens. 8J Althaus' argumentatives Ziel ist. für jede dieser drei Dimensionen zu zeigen, daß aus den geschichllichen Ereignungen von Gericht ein ewiges Gericht folgt, also die O.g. ge· schichtliehe Begründung. Diese Begründung führt Althaus in zwei nicht weiter gekennzeichnelen Abschnitten zum geschichtlichen bzw. ewigen Gericht mit jeweils drei Punkten zu den Dimensionen des Gerichts durch. 84 Daß die Begründung geschichtlicher Art ist. gewährleistet er dabei, indem er das Jüngste Gericht mit dem Personalismus der Lutherrenaissance als Bewußlwerden des geschichtlichen Gerichts 85 und so als in diesem begrün· det begreift. Althaus' Spezifikum gegenüber der Lutherrenaissance ist nun. daß das Verhältnis zwischen geschichtlichem und Jüngstem Gericht nOl· wendig, aber paradox ist und darum weder Reduktion des einen auf das an· dere noch Entwicklung vom einen zum anderen erlaubt. Es besteht vielmehr 82 Zitate •.•.0. 138.137. 83 Zitate •.•.0. 102. wo er die drei Dimenstone:n auch Sein. Akl und Werden des siulichen Lebens zuordnet. 84 Grundsätzlich 3.3.0. 101: •.Es gilt zu zeigen. wie Goues geschichtliches Richten über sich selbst hinausweist und ein abschließendes Endgericht (orden," Sodann spicgelt sich in den zwei Abschnittcn die o.g. Dreiteilung: geschichtliches Gericht: a.a.O. \04f. 105-107.108 - ewiges Ge· richl: 3.3.0. 108-120.120-122.122-\25. 85 A.a.Q. 108 im Kontext des Gerichts über den Glauben (das Sein) des Gerichteten.
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V. Die amiapokalYPlische Eschatologie von Paul Althaus
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in Althaus' bekanntem Konzept eines ewigen Jenseits der geschichtlichen Gegensätze. wie Althaus für alle drei Gerichtsdimensionen ausführt: Seiner ersten Dimension nach macht das Jüngste Gericht die geschichtli· che Entscheidung für oder gegen den Glauben als Entscheidung für bzw. gegen Gott bewußt. was jedoch nur als Spannung beschrieben und nicht aus der geschichtlichen Entscheidung entwickelt werden kann, weil die nichtchristianisierten Völker im MiuelZUSland eine solche Entscheidung noch gar nicht gefallt haben. Althaus behandelt hier das Thema von Apokatasta· sis und doppeltem Ausgang, welche die erwähnte Spannung bilden. 1l6 Ebenso ist das Gericht nach den Werken, die zweite Dimension des Jüngsten Gerichts. nichts, was sich aus den geschichtlichen Taten der Menschen als daraus folgendes Ergehen entwickelt, sondern besteht im klaren Be· wußtsein des unwiderrunich Vertanen, das in sich Strafe genug ist. 87 Alt· haus thematisiert hier den Fragenkomplex von Vergeltung, Strafe und Tat· folge, der für die Wahrnehmung des Judentums von hohem Gewicht iS1. 88 _ Auch der dritte Aspekt des Gerichts, die Ausreifung dessen, was Menschen in ihrem sittlichen Leben geworden sind, läßt sich nur paradox so beschrei· ben. daß sie weder "mit einem Schlage,,89 noch als Entwicklung geschieht. Althaus hat hier den Topos des Läuterungsgerichts vor Augen. den er gegen die katholische Purgatoriumslehre absetzt. d) Zwischenergebnis. Althaus' Würdigung der Geschichte ergibt nach den hier gesammelten Beobachtungen zu seinem Eschatologieentwurf von 1922 ein zusammenhängendes Bild, das von einer als kennzeichnend jü. disch verstandenen Folie alternativen Geschichtsversländnisses abgehoben wird. Ln deullicher Wendung gegen den Fortschriusgedanken vertritt AIthaus ein aktualisierendes Verständnis der Eschatologumena. bei dem jedoch die zeitliche Dimension der Eschatologie nicht aufgegeben, sondern in die Gegliedertheit der Geschichte in Generationen transformiert wird (a). Diese gibt die Struktur- und Ordnungsbegriffe einer Ethik ab (b), und in dieser besteht der Ewigkeitswen der Geschichte, der freilich wie sie unter dem Gericht steht (c) und so zweideutig bleibt. Wenn Althaus diese eschatologische Würdigung der Geschichte gegen das jüdische Geschichts· 86 A.a.O. 119 zur Spannung von Apokatastasis und doppeltem Ausgang. die a.a.O. 112-114 gegen den Entwicklungsgedanken abgegrelll.t wird. Das Argument des Millelzustands gebraucht Ahhaus a_a.O. 110. 87 A.a.O. 122 mit Anm. 1. 88 Oie seinerzeil geläufige. in unserem Exkurs 7 (S. 199f.) fUr Stange belegle Krilik des Vergeltungsgedanlr.::em als kennzetchnend jüdischer Vomellung wird seil K. Kochs Untersuchungen zum Tun-&gehem-Zusammenhang aur bttiter Front hinlerfragl. 89 A.a.O. 123.
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verständnis absetzt, reklamiert er also als Spezifikum christlicher Geschichtsauffassung gegenüber dem Judentum, daß sie den Zweideutigkeiten der Ethik eschatologische Bedeutsamkeit zumiBt, m.a.W. er vermißt im Judentum die eschatologische Gewichtung der Ethik. Genau diese betonten aber bedeutende, zeitgenössische jüdische Gelehrte. die das Judentum als Religion der Sittlichkeit, also als ethische Größe, in menschheitlichem (und damit eschatologischem) Horizont sahen. Für L. Baeck. als einen der prominentesten unter ihnen gründet diese eschatologische Bedeutung jüdischer Ethik ausdrücklich darin, daß sie die Zweideutigkeiten der Sittlichkeit in Paradoxien zusammenhalte, was mit Althaus' Ewigkeitskonzepl vergleichbar isc.90 Das Judentum seiner Zeit böte also einen möglichen Gesprächspartner von Althaus' Eschatologie. Statt seiner ist jedoch meist eine andere Stimme im Vergleich mit Althaus zu Wort gekommen:
Exkurs 8: Eschatologie bei Althaus und der Dialektischen Theologie Althaus' erster Entwurf der Eschatologie ist charakterisiert durch ein kritisches Inter· esse an der Geschichte. Ein solches kennzeichnet auch die zeitgleich auftretende Dialektische Theologie. Bei aller Eigenständigkeit. die deren Vel1retem je einzeln zuzuschreiben ist (wie bei den meisten theologischen Schulgestalten). hat sie einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt auf der Paradoxie von Geschichte und Eschatologie. Tatsächlich ist in der Forschung die Eschatologie des frühen Althaus oft mit derjenigen der frühen Dialektischen ll\eologie parallelisiert worden; Allhaus habe 1922 wie sie den schroffen Einbruch der Ewigkeit in die Geschichte vertreten und sich erst später traditionellen Gedanken einer zeitlichen Erstreckung der Eschatologie zugewandt. 9 • Zugleich wird flir die einzige ausgeftihrte Eschatologie der frühen Dialektischen Theologie, Karl Barths einstündige Vorlesung vom Wintersemester I925n6. neuerdings angenommen. daß sie mit der zeitlichen Differenzierung von Versöhnung und Erlösung über die Augenblickseschatologie der Dialektischen Theologie hinaus· gehe und die Eschata als ..zeitliches Ereignis" denken lehre. 92 In dieser komplexen Diskurslage will der vorliegende Exkurs Position beziehen. indem er beide Fragen nacheinander behandelt. I. Die unterschiedliche WUllmg der Geschichte. Beide, Althaus und die Dialektische Theologie. sehen eine Paradoxie: Einerseits sind Geschichte und Eschaton unverträglich mheinander. Allhaus profiliert sein gesamtes Konzept gegen die endge90 S. Kap. 1.3. hier S. 31 f. 91 So schon andeutungs....'t:ise HOLMSTRÖM (1936) 339.412. dann an einflu8r"eicher Stelle der Althausschü1er GRASS (1918) 334 und seither LB. WtMMER (1919) 111f. u.ö.: PANNENBER<:i (1995) 19. MOLTMANN (1964) 33 verbindei den Althaus von 1922 ganz. mit der Dialektischen Theologte .....e gen der Hervomebung der Atiologie. KJELDE (1987) 411 sieht dagegen bei A1thaus durchweg die Teleologie dominieren. 92 E'r1.Eut01.l.a (2001) 121 mit Berufung auf Stelkn wie HARnf (1925/261 (2003) 43S[
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schichtliche Eschatologie. die diese Unvenräglichkeit mißachtet und die Ewigkeit als Teil der Geschichte behandelt: die Dialektiker betonen. daß Gones eschatisches Kommen das Gericht über die Welt ist. Doch andererseits wird. was bei beiden Autoren zunächst wie ein planer Gegensatz scheint, zur Paradoxie, wenn Allhaus seine Gerichtslehre auf die Frage nach einer Ewigkeitsbedeutung der Geschichte zuspitzt'l und wenn das Wesen der Dialektischen Theologie darin besteht. daß das Gericht als die Grenze. auf die alle Welt stößt. zugleich die Gnade ist. die neues Land begrundet. 94 Die Dialektische 11leologie wird nicht müde einzuschärfen. daß im Nein des Gerichtes Gottes über die Welt zugleich sein Ja zu ihr liegt," daß das Gericht, wenn der Mensch es annimmt. zugleich die Gnade ist. 96 Dennoch besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Konzeptionen. Für Althaus sagt das Gericht zur Geschichte. d.h. zu ihrem Ewigkeitswen. gerade aufgrund ihrer Doppeldeutigkeit zugleich Ja und Nein. 97 Für die Dialektische 1lIeologie hingegen spricht das Gericht zur Geschichte als ganzer sein blankes Nein. und erst auf der Basis dieser Voraussetzung erkennt der Glaube im Gericht die Gnade und läßt so die Geschichte doppeldeutig im Sinne des lutherischen simul iustus et peccator werden. Bei Althaus ruft also die Geschichle wegen ihru Doppeldeuligkeit nach dem
Gerichl. während in der Dialektischen Theologie das Gericht erst die Doppeldeuligkeit der Geschichte hen'orruft. Damit kennt die Dialektische 11leologie zwar einen Ewigkeitswen der Geschichte. aber nur als einen Negativwen: ..Ihr unverkennbarer Unsinn ist ihr einziger Sinn". wie Althaus treffend schreibt. 9lI Dagegen steht bei Althaus das Beharren auf einer positiven geschichtlichen Begründung verschiedener Eschatologumena. Ein rein negatives Verständnis von Geschichte beherrscht nun auch die grundlegende Argumentation in KARL BARTHS Eschatologievorlesung von 1925/26: Ihr Grundthema ist. wie schon in Banhs .•Römerbrief' von 1922. die Hoffnung." Hoffnung läßt sich laut 8anh nicht mit der Erfüllung irgendeiner Vorgegebenheit. etwa der Fülle Gones oder der Gonebenbildlichkeit des Menschen. begründen. lOO sondern nur mit dem Theologumenon des Bundes. aber einzig so. daß der Mensch immer der Übertreter dieses Bundes ist. dem Gott als Erbarmer des Gnadenbundes hoffnungs93 Das iSI Althau$' Spezifikum gegenUber C. Stange. $. Exkurs 7 (5. 199f.). 94 RARTII [19221 (1999) 14 zu Röm 1.16: "Was uns begrenzl. das isl neues Land:' Vgl. den ganzen Abschnin a.a.O. 11-18. 95 Z.R. OERS. (1922) 170: ..keine Negation. die wir ihm Isc. dem Menschenl empfehlen können (und wenn wir ihm Selbslmord empfehlen wUrden!) ist so groß. so prinzipiell wie die Negation ' ... 1. die unmittelbar erfülll iSI von der Positivitäl Galles"; DERS.II922] (1999) 14: "Gerade weil Galtes Nein! ganz iS!. ist es auch sein Ja!" Vgl. DERS. (1919) 62. 96 GoGARTEN (1920) 121.111: •.dieses Gerichl zum Tode iS! der Eingang zum uben"; DERS. (1922) 363f. 91 S. bei S. 201 Anm. 37. 98 ALlliAUS (1923n4) 741 in .,Auseinandersetzung mil der Dialektischen lbeologtc" CUnler. titel l.a.O. 741). 99 Der einschllgigc Paragraph nimml als einer von vieren 45 der 110 Druclseilen der ganzen
Vorlesung ein. 100 Zu diesen Fehlwegen B....Rlli 1I 925n6! (2003) 389-393.
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stiftend gegenübertriu. IOI Die Geschichte des Menschen ist hier also schlechterdings das Gericht. welches nur die Hoffnung auf Gottes Gnade zu wenden vennag. Das ist für Barth in dialektisch-theologischer Diktion ..der Mensch. der eben in dieser ihm widerfahrenden Begegnung mit GOIt sich selber schlechterdings nur als Geschöpf 1... 1 und als in seinem ganzen Tun gerichteter Sünder, aber nun gerade als das: gerade als Geschöpf und verlorener Sünder sich von Gott angenommen weiß". 102 Zwar be· streitet Barth. daß die Eschatologie. wie wir es bei der Venninlungslheologie beobachlen konnten, nur der virtuell bleibende Bezugspunkt aller Theologie sei. indem er in einer an Kähler gemahnenden Metaphorik die erhoffte Zukunft als reale Wurzel der Hoffnung bezeichnct. I03 Doch was da erhofft wird. ist ganz im Sinne der Dialeklisehen Theologie die Ewigkeit als .Negation der Zeit" und Überwindung der Geschichte, wenn im VerlauF der Vorlesung die Hoffnung als bezugslos in Raum und Zeitlo- charakterisien wird. lOS 2. Restitutionseschatologie in der Dialektischen Theologie. Wenn Banhs Vorle~ sung gleichwohl betonen kann. daß die Parusie als das Eschaton schlechthin eine die Geschichte abschließende und damit der Zeit zugekehne Dimension habe. so wird damit zwar in der Tat eine Zeitlichkeit der Eschatologie behauptet, jedoch nur als Abschluß im Verhältnis zu einem AnFang. also im Sinne einer ,.resÜtutio ad integrum".I06 Dies aber deckt sich mit der reinen Negalivwenung der Geschichte. wie bereits zwei Jahre vor Althaus HORST STEPHAN in der Erstaunage seiner Dogmatik bemerkt. Demnach darf die Eschatologie keine Ursland~Eschalon-Klammer um die Geschichte bilden und diese so als theologisch lelztlich belanglos ausklammern. 107 101 Zur Begründung heißt es a.a.O. 395: .•Weil wir \'om M~nscMn nichts Anderes wissen. als daß er diesen von Gou zwischen sich und ihm aufgerichteten Bund gebrochen haI." Vgl. das bibli~ sche Beispiel •.•.0. 477. 'NO Röm 7 erscheint als negative EingangsvOTausselZung zum Kapitel Röm 8. das .in keinem Augenblick anders zu haben ist als eben in dem Schrill von Röm. 7 her". \02 A.a.O. 402. t03 A.a.O. 407: ..Nicht so S1ehl es. als ob der Baum der chriStlichen Wahrheit. nachdem seine Wurzeln und Äste nach allen möglichen Seiten sich ausgebreitel haben über und unler der Erde:. nun 1... 1 auch noch ein ach so fadenscheiniges Würzelchen in den ach so hanen Fclsenboden der eschatologischen Möglichkeiten oder vielmehr UntTJÖglichkeiten zu treiben versuchen müßte, sondern so steht es, daß er vielmehr gerade von donher 8~l'I'ochs~fl ist. don gerade seine ursprüngliche eigentlich tragende und nährende Wunel hat:' Ebd.: "Nicht die Fragen sind das Erste. son· dem die Anlwon." Vgl. Kählers Metaphorik (s. $.168 Anm. 156; $.174 Anm. 174). 104 Zitat 8.a.0. 430. Vgl. a.a.O. 412 zur Zeit als "Hülle" und a.a.O. 414 zur Raumlosigkeit: •.darum muß es SO sein, daß der GIOUM blind is.... t05 Bemerkenswen ist. daß die Dialekliker die nur negaliv theologisch verwenbare Geschichte öfter mit dem Judenlum assoziieren. Es kann dann als Prototyp des Menschen fungieren. doch so. Wtc er vor GOltes Gerichl vergeht. Bei BARlli (t922) (1999) t6 stehl der Jude" filr den religiösen Menschen. dem der Glaubende entgegengesetzt wird (vgl. $TADTl.AND (1966) 150 zum Judenlum in Barths Eschatologie). Und BULTMANN (1940) 38 ....'('ilel seine am jüdischen GeseIZ begonnene Argumenlalion• ..so merkwürdig es zu sein scheint". ins Anthropologische. 106 Zitat DARm (1925/26) 12003)474. Zur Zeillichkeit der Parusie außen sich Banh a.a.O. 451-453 sehr zurückhaltend bis abwägend. 107 STEPttAN (1921) 116 (I 14), dcr in diesem Qcschichtsinleressc die "Weltanschauung" in die DoglTUltik aufnimmt, den Ausdruck aber später durch "Weltverständnis" ersetzt. um sich VOll
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Eschatologie würde sich dann auf die Restitution des Urstandes beschränken, und tatsächlich sind für einige Dialektiker dahingehende Tendenzen nachweisbar. 108 Wie das Vorwort zur Zweitauflage von Stephans Buch zeigt, hat am meisten Diskussion gerade sein Paragraph zur EschalOlogie ausgelöst, der als Verzicht auf deren zeitliche Dimension und damit als Entsprechung zur Dialektischen Theologie aufgefaßt wur· de.HI') Da Stephan eigens deshalb einen neuen Paragraphen konzipiert, darf man annehmen, daß seine Kritik an einer Ausklammerung der Geschichte eben der Dialektischen Theologie gilt. 1lo Einer solchen Ausklammerung entspricht es, wenn Dialektische Theologie die Geschichte nur via negationis theologisch zu würdigen vermag. Wenn Althaus dagegen ftir einen positiven Ewigkeitswert der Geschichte plädiert, dann will er nicht behaupten, daß irgendein Geschichtsdatum der Verfallenheit aller Geschichte entnommen sei. wie später Barth an früheren Weggenossen kritisierte;lll auch geht es Althaus nicht darum. daß alles Nein doch in einem ursprünglichen Ja wurzele. das es bloß verneine, wie P. Tillich etwa zur selben Zeit gegen Barths Dialektik einwandte. '12 Althaus will vielmehr einfach die Doppeldeutigkeit der Geschichte vor dem Eschaton festhalten, ohne sie damit zum System zu machen und so doch wieder zu vereindeutigen - denn dieser System wille ist für Althaus gerade der Fehler der Dialektischen Theologie, die er darum in einem grundlegenden Aufsatz mit einer spannungslosen Mystik gleichsetzl. l13
2. Die Geschichte als Hingabe an die Ewigkeit (1926). Die Neubearbeitung von Althaus' Eschatologie zeigt infolge der Auseinandersetzung mit den Kritikern gegenüber der Erstauflage Veränderungen besonders an den drei von uns betrachteten Punkten. 1 14 Zum Problem der Endgeschichtc hat AItseiner N$-freundlichen Interpretalion durch A. Roscnberg abgrenzen zu können (DERS. [19411 258 Anrn.2). 108 Vg1. die Rede von einer ursprünglichen Schöpfung bei BARTH (1919) 55; GoGARTEN (1920) 118. A.a.O. 111 ist zudem das Gericht, das zugleich die Gnade LSI, deshalb nur für den GI:lUben erkennbar. weil nur er sich an die Güte der Schöpfung 7.U erinnern vemJag. von der ihn der .,furchtbare Fall" trennt (mit Bezug auf Lk 15.17f.). 109 $TEPflAN (1928) VIII. Stephan wurde also, ähnlich wie Ahhaus. unzulreffend eingeschätzt. 110 Eine VorJ.eichenumkehr vor Stephans Urstand-Eschaton-Klammer nimm1 w. KONNETH (1933) vor: Christi GOllheit und Menschhcil sind erst mit dem "Urwunder" der Auferslehung ganz geeint (a.3.0. 1(4), so daß Christus. wenn er bei der Reichsübergabe (I Kor 15,28) den Kyrioslitel preisgibt (a.a.O. 260), den Ur.tustand restituiert. Urstand und Eschaton klammem hier die Geschichte zwar nicht aus. aber doch ein. ALTHAUS (1933) 334f. 13491 krilisiert daher, daß Künneth (wie die Dialektische Theologie) Theologie auf Christologie beschränke. 111 $. Kap. 1.3. hier S. 39f. 112 Tll.L1C1l11923j (1987) 96f. erwähnl mehrfach die ..positive Wunei" aller Paradoxie. 113 ALTIlAUS (I924f25a) 309 Anm. 1 will zwar mit E. Brunner als einem Vertreter der Dialektischen Theologie gegen die spannungslosc MySlik angehen. nennt als deren Beispiel aber a.a.O. 313 Anm. I eine Christologie des ..ruhenden Ausdrucklsi". ftIr deren Kritik er auf seine S. 215 Anm. 98 zitierte Auseinandersetzung mit der Dialektischen Theologie verweist. so daß mit der ..MYSlik" diese gemeint ist (so auch BEJSSER 119931 180 Anm. 17). 114 MEJSER (1993) 69f. zeigt zudem, daß Althaus 1926, angeregt durch K. Barth. die Bibel stärker berücksichtigl.
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haus bereits im Herbst 1924 in Helmstedt dem Wemigeroder Apologeti. sehen Seminar vorgetragen und diese Überlegungen in erweiterter Form im folgenden Jahr veröffentlicht; das neue Kap. III ist eine Kompilation dieses Aufsatzes l15 und der Fassung der Erstaunage sowie wenigen neuen Passa· gen. Die Gerichtslehre (Kap. IV) modifiziert Althaus nach einern implizit kritischen Aufsatz seines Freundes E. Hirsch zum Thema, und beim Kapitel über die Ewigkeit (Kap. V) hat Althaus Erweiterungen vorgenommen, die 116 mit der Aufnahme von Anfragen K. Heims in Kap. 1.1 korrespondieren so wie im unveränderten Gesamtaufriß von Althaus' Eschatologie die Grundlegungs- mit dem Schlußkapitel korrespondieren. a) Abwehr der Endgeschichte. Im neugestalteten Kap. lJ1 ist die detaillierte Gliederung von 1922 noch weiter unterteilt und so gewissermaßen "verdoppelt"; Zwar ist die Kritik des säkularen Fortschrittsglaubens als Selbstverständlichkeit fortgelassen, dafür aber die des biblizistischen Entwicklungsgedankens sowohl an das Konzept der Heilsgeschichte als auch an das der Endgeschichte gerichtet, und heidemale werden das Schriftverständnis, der systematische Begriff und dessen einzelne Anwendungen untersucht. 1l7 Dieses formale Gestaltungsmittel erlaubt Althaus die Unter115 Ich ziehe ALTHAUS (1924125) durchgängig heran, zitiere daraus aber nur bei Unlerschie· den zu OERS. (1926). 116 Die genannlen Änderungen fUhrt ALTBAUS (1926) VUlf. selbst an. 117 DERS. (1926) Kap. 111 ist im einzelnen SO gegliedert (Vergleich mit 1922 kursiv): Theologiegeschichtlicher Vorspann: a.a.O. 77-83 = VERS. ((922) 64-69. Vorstellung des Aufrisses: DERS. (1926) 83f. = DERS. (1924/25) 605f. Kritik der Heilsgeschichte: DERS. (1926) 85-96 = DERS. (1924/25) 606--616: Schriftverständnis: DERS. (1926) 87-90 par. DERS. (1924/25) 608-611. DERS. (/922) 72-8/: systematischer Begriff: DERS. (1926) 90-96 = DERS. (1924/25) 611-616, DERS. (/922) 8/ft.; - bzgl. Urgeschichle: DERS. (1926) 91-93= DERS. (1924/25) 611-613. vgl. DERS. (1922} 83: - bzgl. Religionsgeschichte: DERS. (1926) 93-96 = DF.RS. (1924/25) 613--616, DERS. (/922) 83. Kritik der Endgeschichte: DERS. (1926) 96-174 vgl. DERS. (1924/25) 616--668; ihre biblische Begrllndung: DERS. (1926) 97-119 = DERS. (1924/25) 617-629: unkritisch; DERS. (1926) 97-112 par. DERS. (1924/25) 616--625, vgl. VERS. (1912) 72-8/; kritisch: DERS. (1926) 112-119 par. DERS. (1924/25) 625-629. mIr angedeutet VERS. (/912) 90. ihr systematischer Begriff des FortsehrillS: DERS. (1926) 119-149 = DERS. (1924/25) 630-651; positiv; DERS. (1926) 121-143 par. DERS. (1924/25) 631-647. vgl. DERS. (/922) 86--89: - Mission: DERS. (1926) 121-126 par. DERS. (1924/25) 631-635, I'gl. DERS. (/922) 86: 122f.; - Erkenntnis: DERS. (1926) 127-134 par. DERS. (1924/25) 635-640. nicht in VERS. (/922): - Ethik: DERS. (1926) 134-143 = DERS. (1924/25) 641-647. angedeutet VERS. (1922) 87.7/. negativ: DERS. (1926) 143-149 par. DERS. (1924/25) 647-651. VERS. (/922) 9/: 93 Anm. 2. Anwendungen: DERS. (1926) 149-174 = DERS. (1924/25) 651-668, vgl. DERS. (/922 ) 89-98: Parusie: DERS. (1926) 149-153 = DERS. (1924/25) 651-655. vgl. DERS. (1922) 95; Chiliasmus: DERS. (1926) 153-162 = DERS. (1924/25) 655-661, vgl. DER!>. (/922) 95: Anlichrisl: DERS. (1926) 162-174 par. DERS. (1924/25) 662-668, vgl. DERS. (/922) 90-94. Geschichte: DERS. (1926) 174--186 par. DERS. (1924/25) 668-676, vg/. VERS. (/922) 94-100.
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scheidung zwischen einem sozusagen eher ..negativen" und emem eher "positiven" Element der endgeschichtlichen Eschatologie: Demnach wäre Heilsgeschichte eine .,stetig fortschreitende" Geschichte zwischen Urstand und Eschaton als eine einzige fonschreitende Degeneration infolge des Sündenfalls. der auf ihrem Tiefpunkt die Uberwindung in einer ..Endgeschichte" korrespondiert. ll8 Heilsgeschichte ginge dann einfach in Endge· schichte über, so daß Heilsgeschichte einerseits grundsätzlich negativ und nur an ihrem Ende Aufstieg wäre und Endgeschichte andererseits grundsätzlich positiv und nur an ihrem Anfang Verfall. Wenn jedoch Althaus Heilsgeschichte "nicht mehr" in diesem Sinne versteht. sondern auf die alttestamentliche Vorgeschichte bis zu Christi Erdenleben als terminus ad quem begrenzt,119 dann bestreitet er, daß die Geschichte im Sinne eines Konzepts von degenerativer Heilsgeschichte eindimensional aus dem Sün· den fall abzuleiten sei. Was hier im Ausgang von Althaus' erweiterter Gliederung formal festgestellt wurde, ist nun an den wesentlich umfangreicheren Derailaus/iihnUlgen zur Endgeschichte zu überprüfen, also besonders zu den Einzelthemen Parusie, Chiliasmus und Antichrist, die Altbaus die ..Postulate der Endge· schichte" nennl. l20 Als solche verwirft er sie, da die Vorstellung eines "geschichtlichen Heraustretens" des Eschaton, wie Altbaus zum Parusiethema schreibt. eine "contradiclio in adjecto" sei; ihrem Gehalt nach sind die Postulate bereits das Eschaton. und ihre Verwirklichung ist daher die Aufhebung der Geschichte. Unter den Bedingungen der Geschichte sind sie dagegen ..nur dem Glauben zugänglich", so daß Altbaus sie nur als Postulate des lll Glaubens akzeptiert. Die Folgerungen aus diesem Argument decken sich 1924/25 und 1926 aber nicht exakt. In dem früheren Aufsatz bringt Althaus gegen die Postulate den Gegensatz von Geschichte und Eschaton zur Geltung, so schreibt er Das fonnllie Ergebnis des Vergleichs lautet demnach: Was 1922 oft nur angedeutel war. haI AhhllUS 1924n5 und 1926 an den verschiedenen Stellen des neuen Aufrisses ausgebreilel. nur der Abschnill Ober theologischen Eric.ennlnisronschriu ist ohne jeden Vortäurer. - Also ist ein inhallJi· cher Vergleich durchHihrbar. 118 Zitat DERS. (1926) 95: zum degeneraliven Schenlll vgJ. a.a.O. 91. Dieser Begriff von Heilsgeschichle leitete ja 1922 die Begründung des MiuelzuslatKls. s. bei S. 210 Anm. n. 119 Zitat CERS. (1924(25) 615: übernommen DERS. (1926) 95: DERS. (1922) 81 bereits als mögliche Definition erwogen. aber nicht dun:hgefUhn. 120 Zitat CERS. (1926) 149 (Übc:tsehrift). Althaus behandeh auch die endgeschichtliche Behauptung endzeitlicher Vollendung von Mission. ErkeMtnis und Sittlichkeit. Doch bieten diese 1bemen keine Peripetie VOfl •.negativer'" Heilsgeschichte zu ...positiver'" Endgeschichle wie dje anderen und sind daher weniger kennzeichnend. 121 Zitale CERS. (1924/2.5) 6SJ :: CERS. (1926) 151.
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zur Erwartung des Antichrist: "Was heraustritt in der Geschichte, ist nicht unbedingt. Und was unbedingt ist, tritt nicht heraus.',122 - 1926 hat dieser (und nur dieser) Abschniu eine Änderung erfahren, die gerade den zitierten Spitzensatz streicht. Jetzt wird gegen den Antichrist vielmehr mit der Doppeldeutigkeit der Geschichte argumentiert. die es l.B. verbietet. eine geschichtliche Größe wie die römische Kirche eindeutig mit dem Antichrist als einer eschatologisch geistigen Größe zu idenlifizieren. 123 Im Hinter· grund dieser feinen Verschiebung dürfte diese Überlegung stehen: Wenn die Postulate der Endgeschichte unter den Bedingungen der Geschichte nur geglaubt werden können, dann ist die Geschichte eine Bedingung des Glaubens; dies aber verbietet, sie zum kontradiktorischen Gegensatz des Eschaton zu machen. Sie muß dann vielmehr auch eine positive Bedeutung für den Glauben haben. Dies deckt sich mit der Ablehnung des Konzepts einer rein durch den Sündenfall bedingten Geschichte, also mit dem, was sich aus unseren Überlegungen zur Gliederung nahelegte. In diesem Sinne hat Althaus in den grundsätzlichen Überlegungen zum Verhältnis von Geschichte und Eschaton diejenigen Sätze zurückgenommen, die 1922 den Eindruck erwecken konnten, als würde die ,.Längslinie'· der Geschichte ganz von ihrer "SenKrechten", dem Eschaton, verschlungen. Es heißt daher jetzt nicht mehr, daß sich alle Senkrechten in der Ewigkeit in einem Punkte treffen,124 dafür malt Althaus das ausdrucksstarke Bild: "Nicht nur die letzle Welle. sondern jede Welle schlägt an den Strand der Ewigkeit."I25 Bei der Aufwertung der einzelnen Welle dürfte an den ..Selbstwert jeder Epoche" gedacht sein. 126 Des weiteren verwirft Althaus die Frage nach dem Wann des Endes nicht mehr als sinnlos,127 schreibt aber dennoch: ,.Ich antworte daher ausdrücklich: die geschichtliche Seite der Vollendung kommt dadurch zur Geltung, daß die Geschichte ein Ende hot."128 122 DEMoS. (1924(25) 666. 123 DERS. (1926) 170. 124 ALlllAUS (1926) 181 Anm. I revidiert entsprechende Äußerungen (DERS. [1922198) explizil. 125 DERS. (1926) 174"" DERS. (1924(25) 669. 126 EXPlUSis verbis DERS. (1926) 174. Darum auch erwähn! Althaus L v. Rankes berühmtes Dictum: .Jede Epoche iSI unmiltelbar zu GOIt" (Leopold v. RANKE. Über d)e Epochen der nc:ueren Geschichle. 19 Vorträge vor König Muimilian von Bayern 118541. hg.v. A. Dove. München 1917.17). 127 ALlllAUS (1926) 177 Anm. I relaliviert. was OEXS. (1922) 96 hien.u gesagl hat.. 128 DERs. (1926) 178 Anm. in der Fortsetzung der in der vorigen Anmertung zilierten Sclbstrr:lativ)erung. Anders als bei K. Barth (5. S. 216 Anm_ 106) zieh dieser Gedanke bei Allhaus nichl auf eine Reslilutionseschalologie.
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V. Die anliapokalyptische Eschatologie von Paul Althaus
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In diesem Zitat findet sich das Interesse von Althaus' Überarbeitung der Abwehr endgeschichtlicher Eschatologie zugespilZt: Gegen eine einlinige Ableitung der Geschichte aus dem Sündenfall, die ihr nur eine negative Bedeutung für die Ewigkeit zuerkennen könnte. setzt Althaus eingedenk der Doppeldeutigkeit der Geschichte deren auch positiv inhaltliche Bedeutung, erblickt diese aber in der Endlichkeit der Geschichte. Dieses paradoxe Bild wird bestätigt von der Ewigkeitslehre, wie Althaus sie 1926 modifiziert: b) Ewigkeirslehre. Die geschichtliche Begründung von Welthaftigkeit und Leiblichkeit der Ewigkeit beschränkt sich 1926 nicht mehr auf das Schlußkapitel, sondern wird bereits in Kap. 1I thematisch. Auf kritische Anfrage von K. Heim, der den Zusammenhang der lndividual- mit der Universaleschatologie vermißt hat,I29 ergänzt Althaus hier Abschnitte zur welthaften Dimension von axiologischer und teleologischer Eschatologie. l30 Dabei heißt es im Abschnitt über die teleologische Eschatologie, die Bedeutung der Welt für das Kommen des Ewigen bestehe darin, "daß der ganze Welrbesrand. in dem wir leben, aufgehoben wird", im ,,Ende unseres Welrbesrandes", der "überall eine Welt des Kampfes und daher des Todes" ist. Und in der axioJogischen Eschatologie ist zufolge Althaus jetzt die Welt, "einschließlich des Dämonischen und Bösen, Gortes Well:,l3I Althaus nennt als Momente der eschatologischen Bedeutung der Welt hier also durchweg ihre Endlichkeit. Dem entspricht die geschichtliche Begründung für Welthaftigkeit und Leiblichkeit der Ewigkeit in Kap. V. Sie wird nun nicht mehr, wie noch 1922, ethisch akzentuiert, t32 sondern eher ästhetisch: Welt und Leib sind als eigene Gestalten und Gestaltungen von Ewigkeit bedeutsam für die Eschatologie. 133 Mit diesem auch 1922 schon gebrauchten Interpretament will 129 A.a.O.IX. 130 Zur einhergehenden Neugliederung der teleologischen Eschatologie s. bei S. 205 Anm. 49. 131 Zitate a.a.O. 43.48.51 zu den drei teleologischen Paradoxa (s. bei S. 205 Anm. 49) bzw. a.a.O. 35 wr Axiologie. A.a.O. 43 explizit zum Zusammenhang dieser Stellen: er zeigt sich auch in den Rückverweisen ersterer auf die letzte. 132 In einigen Schlüsselsätzen hat Althaus den Begriff der Sittlichkeit 1926 gestrichen: Bestand ftir DERS. (1922) 139 .jn dem sittlicht!N Verhältnis von Seele und Leib ein selbständiger Gollcsgcdanke", so flir DERS. (1926) 261 ..in dem lebendigen Verhältnis" usw. Erblickte DERS. (1922) 142 einen .,wesentlichen Zusammenhang" •.zwischen der sinlichen Treue. in der wir das Körperliche zum Gepräge der Seele werden lassen. und unscrer ewigen Gesta!l". so spricht DERS. (1926) 265 von einem .....escntlichen Zusammenhang" •.zwischen der persönlichen Geschichte, in der das Leibliche zum Gepräge der Seele wird. und unserer ewigen Gestalt... stall von sinlicher Treue also von persönlicher Geschichte. Auch die S. 212 Anm. 82 zitierten Sätze fehlen 1926. 133 Die ..sinnliche Schönheil" der ,.Natur in ihrer Sclbstzweck.lichkeit" ftihrte auch schon DERS. (1922) 135 an: doch DERS. (1926) 255.254 flankiert dies durch neue Erwägungen zur eschatologischen Bedeulllng der Kunst. die aber abwägend gehalten siocl (o.a.O. 253f.).
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Zweiter Teil
Althaus nun noch stärker als vier Jahre zuvor dem Eindruck entgegentreten, die eschatologische Bedeutung von Welt und Leib sei nicht Selbstzweck, sondern ein bloßes Mittel zum Zweck der Ewigkeit. Inhaltlich aber zeigt die Aufwertung beider als Gestalten von Ewigkeit dasselbe Doppelgesicht wie die Abwehr der Endgeschichte. In einem gegenüber 1922 neuen Absatz schreibt Althaus: "zwischen hier und dort steht auch für die ,Gestalt', die die Seele sich prägt, der Tod und das Gericht Gottes" .134 Und hatte es 1922 geheißen: "Die irdische Natur weist als Verheißung auf eine Erfüllung", so fügt Allhaus dem 1926 hinzu: "aber eine Erfüllung (das sei gegen alle christlich-theosophische Naturphilosophie gesagt!) jenseits des Todes dieser unserer Natur". mAlthaus wertet also die positive Ewigkeitsbedeutung der Geschichte auf, erblickt sie aber umso mehr in der Endlichkeit und Sterblichkeit. Erst recht dürfte dies für die Lehre vom Gericht gelten, das in sich schon die Begrenztheit der Geschichte bedeutet. c) Gerichts/ehre. Althaus hat 1926 seine Gerichtslehre nach einem Aufsatz von Emanuel Hirsch zum Thema umstrukturiert. Hirsch hatte vor dem Hintergrund von Althaus' Eschatologie die Aufteilung des Gerichts in ein Gericht nach dem Glauben und eines nach den Werken kritisiert und dagegen als strenger Vertreter des Personalismus die Einheit beider in der Person, nämlich der Person Christi. zum einzigen Maßstab des einen Gerichts erklärt. 136 Althaus gliedert daraufhin Kap. IV nicht mehr nach dem Schritt vom geschichtlichen zum ewigen Gericht, der an zwei unabhängige Gerichtsereignisse erinnern könnte, sondern nach den Dimensionen des Gerichts, deren er jetzt zwei unterscheidet: das "Gewissensgericht" vertritt das vonnalige Gericht über das Sein, und das "Geschichtsgericht" vertritt zusammenfassend das frühere Gericht nach den Werken und dem Werk. 131 Trotz dieser Anpassung an Hirsch bleibt der entscheidende Unterschied zu dessen Personalismus bestehen, nämlich die geschichtliche Begründung des ewigen Gerichts, die Althaus in jeden der neu gegliederten Abschniue inkorporiert. 138 Ja sie erfahrt sogar eine zusätzliche Akzentuierung. So sagt
134 DERS. (1926) 266, nicht in DERS. (1922) 142f. 135 DERS. (1922) 136 par. OERS. (1926)255. 136 HIRSCH (1923(24) 206.211. 137 ALTItAUS (1926) 189 Anm. I zu Hirschs Einnuß. Die gliedernden Termini a.a.O. 191.215. Da Althaus beim GeschichlSgericht äußere und innere Geschichte unterscheidet (a.a.O. 215.222), iSI materialiler nichts gestrichen. 138 A.a.O. 187 grundsätzlich und a.a.Q. 201 fUr das Gewissens- sowie a.a.O. 218 rur das Ge· schichisgericht. Für HIRSCH (1923(24) dagegen ist das Gerichi. obwohl er es wie Allhaus vorbehaltlich des Eschalon als Verdarnrnungs- und Läulerungsgerichl zugleich lehren will (a.a.O. 223). gar kein Gegenstand der Erwanung mehr.
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Althaus zum Geschichtsgerichl in der wesentlich erweiterten Auseinander· selzung mit der Fegfeuerlehre, daß das Gericht als Läuterung zwar vollen· deI, was Menschen in ihrem geschichtlichen Dasein geworden sind, in eins damit aber auch beendet: "Aber es gilt eben beides zusammen festzuhalten: die Bedeutung der Werdegesetze und ihre Autnebung durch Gott.',139 Hatte er 1922 noch ein "Wahrheilsmoment" in der Purgatoriumslehre anerkannt, so heißI es 1926 schroff: "Daher warten wir nicht auf ein Fegefeuer. sondern auf den Tod" .140 Das ist auch ein Rückbezug auf den Abschnitt zum Gewissensgericht, dem Althaus sieben neue Seiten über die theologische Lehre vom Tode eingefügt hat mit der Spitzenaussage: Der Tod "ist auch uns der Befreier [... ]: ich. der alte Mensch, darf sterben. Und ich darf ihm. dem Herrn, sterben.'d41 Hier wird ganz handgreiflich, daß Althaus' Aufwertung der Geschichte als positiv bedeutsamer für die Ewigkeit in der Hervorhebung ihrer Endlichkeit besteht. Somit ergibt sich für alle maßgeblichen Änderungen in der Drittauflage derselbe Eindruck: d) Zwischenergebnis. Althaus ist 1926 wie 1922 an einer kritischen Würdigung der Geschichte interessiert, widmet sich dabei aber verstärkt deren positiver Ewigkeitsbedeutung, die er paradoxerweise in der Endlichkeit der Geschichte erblickt. Da sich Althaus' Stellung zur Dialektischen Theologie ebensowenig wie seine Front gegen die jüdische Vorstellung der Endgeschichte verschoben hat, kann diese Betonung geschichtlicher Endlichkeit weder die Auflösung der Geschichte durch das Eschaton noch ihre Verrechnung mit demselben bezeichnen, sondern muß eine dritte Größe jenseits dieser Alternative vor Augen haben. Dies kennzeichnet auch Althaus' GeschichlSlehre, die er parallel zur Ausfonnung seiner Eschatologie in Auseinandersetzung mit dem Personalismus der Lutherrenaissance. aber auch mit K. Heim. entwickelt. Wie z.B. Hirsch begreift Althaus Geschichte in erster Linie als menschliches Entschei· dungs leben, dessen Bedeutung sich dann besonders in der Eschatologie als Frage nach der Endgültigkeit solcher Entscheidung niederschlägt. Hatte hier die (venninlungstheologische) Tradition l42 mit ihrer Antwort, daß Gott in der Geschichte um seine Anerkennung durch den Menschen ringe und sie 139 AlntAUS (1926) 235. DERS. (1922) 125 sah noch eine ..ernste Bedeulung" des Werdens flir die Ewigkeit. 140 DERS. (1926) 232: auf die frühere 5lelle DERS. (1922) 122 Anm. 1 (,.Wahrheilsmomenr') verweisl DERS. (1926) 227 Anm. (Fortselzung von a.a.O. 226 Anm. 3) selbst. 141 A.a.O. 198f.: der ganze Passus a.a.O. 194-200; a.a.O. 231 al.s ..Th~olo8i~ d~s Tod~s" aufgegriffen. 142 5. Exkurs 2 (5. 69ff., besonders bei Anm. 111).
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nicht gegen dessen Willen durchsetze, menschliches Entscheidungsleben einseitig mit der Möglichkeit zum Bösen, also dem Sündenfall, verbunden, so will Althaus mit seiner Auffassung vom positiven Ewigkeitswert der Geschichte hinter diese infralapsarische Ableitung der Geschichte bloß aus dem Sündenfall zurück zu einem supralapsarischen Verständnis der Geschichte in eigenständiger schöpfungstheologischer Dimension neben ihrer Bedeutung für Sünde und Gnade. 1932 formuliert Althaus daher eine dreistellige Geschichtslehre,143 die in der ebenfalls dreiwertigen Lehre vom To~ de kulminiert: "Der Tod (und mit ihm die Gestalt unserer Welt überhaupt) liegt für uns in einem dreifachen Lichte: von Gottes Zorn über die Sünde her, von der Erlösung durch seine Gnade her, von der ursprünglichen, immerdar gegenwärtigen Liebe Gottes zu seinem Geschöpfe her."I44 Die drei~ stellige Geschichtslehre hat darum Konsequenzen für die Anthropologie, die Althaus nun auch in Überwindung der klassischen Alternative von Aktiv und Passiv in Kategorien des Opfers und der Hingabe zu entwickeln versuchL I4j Opfer und Hingabe drücken hier die positive eschatologische Bedeutung des geschichtlichen Menschen aus; in ihrer Begrifflichkeit bündelt sich also das Interesse der Eschatologie von 1926, den Ewigkeitswert der Geschichte in der BelOlIIlIIg ihrer Endlichkeit zu erblicken, und dieser Versuch einer Anthropologie jenseits gegebener Altemalivsetzungen erklärt auch das merkwürdige Doppelgesicht dieser Stufe von Althaus' eschatologischem Denken.
3. Die Ewigkeit als EnthiiJlung der verheißenden Geschichte (1933). Die nochmalige Neuschrift der Eschatologie, die Althaus 1933 als vierte Auna~ ge publiziert, ist in der Anzahl und Anordnung der Kapitel stark erweilert. doch sie wahrt die Kontinuität mit den entscheidenden Charakteristika ihrer Vorgänger. Das 1922 begründete systematische Gerüst einer Ewigkeit als Jenseits der Geschichte, also die Korrespondenz der heiden eröffnenden Grundlegungs- mit dem abschließenden Ewigkeitskapitel, bleibt erhalten. 143 Hierflir ist die Auseinanderselzung mit Heim bei ALntAUS (1932) maßgeblich. a.a.O. 335: .,Auch rur uns ist die Geschichte mit ihren Bedingungen. dem Kampf und Tode usw.• nicht Gones tndgültiger Wille. Aber sein ursprünglicher Wille. Die Geschichte ist nicht zwischeneingekommen. sondern auch sie ist Gottes .sehr gute' Schöpfung." Gegen Heim DER.S. (1926a) 98f.: •.Nun lehren auch wir. daß die Weh als geschichtliche nicht Gottes lauer Wille 1...1 ist I... ). Aber obgleich nicht sein fe/rltr Wille. so ist sie doch sein ursprünglicher Wille:' 144 DERS. (1932) 337. 145 A.a.O. 333: "Man darf sagen: der Begriff. unter dem das Sterben hier eingeordnet wird. gehört dem ursprilnglichen Verhältnisse zwischen GOIt und Mensch an. Denn darin ist Gou Gon und dazu ist der Mensch Mensch. daß er sein Leben Gott zum Opfer hingebe:' A.a.O. 334 wird dies am Soldalentod exemplHizien!
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Auch das hauptsächliche Interesse der Übemrbeitung von 1926, die positive Ewigkeitsbedeutung der Geschichle stärker zu betonen, findet Aufnahme. So wird in einem neugeschaffenen Kapitel über den Tod die seit 1926 entdeckte drille, schöpfungs mäßige Dimension der Todeslehre gegenüber den 146 Und das andere früheren Ausführungen zum Thema erkennbar ergänzt. 147 neue Kapitel über die Methode der Eschatologie häll - neben der schon bekannten Begründung auf dem Christusereignis statt auf den biblischen l48 Weissagungen - fest, daß von Ewigkeit nicht nur in Negationen der Geschichte zu reden ist, sondern auch via anaJogiae, so daß ,,{ulnser Leben und unsere Welt f...] doch auch Gleichnis des Ewigen Lebens und der neu· en Welt" sind.'49 Freilich wird damit die ursprüngliche Einsicht, daß alle Geschichte durch das Gericht hindurch muß, nicht zurückgenommen; das Gerichtskapitel erfahrt 1933 trotz einer hemach zu erwähnenden deutlichen Zuspitzung keine wesentliche Veränderung und bleibt am ehesten unbeeindruckt von der Neubearbeitung. Vielmehr scheint es, daß ein entscheiden· des Kennzeichen dieser Neubearbeitung darin liegt, die 1926 begonnene Aufwertung der positiven Ewigkeitsbedeutung von Geschichte fortzuführen. In diesem Sinne wird auch das tragende Korrespondenzverhällnis von Grundlegungs· und Ewigkeitskapitel modifiziert. So macht Althaus im Schlußkapitel (Kap. VII[) für die geschichtliche Begründung der Welthaf· tigkeit und Leiblichkeit der Ewigkeit 1933 eine bestimmte Art von Realismus geltend: "Die Frage nach der kommenden Leiblichkeit und die Frage nach der Welt müssen einheitlich beantwortet werden. I... J Hier wie dort muß der gleiche ,Realismus' - wenn auch eben nicht der Realismus der orthodoxen Auferstehungs-Lehre - zur Geltung gebracht werden."I50 Diese Unterscheidung eines eschatologischen Realismus von einem "orthodoxen" Realismus ist ein Rückbezug auf Kap. VU, wo Althaus wiederum in Abwehr eines "orthodoxen" (d.h. altprotestantischen) Gedankens, diesmal der 146 DERS. (1933) 84 [871: ..Aber er [der Tod] hat als solcher dann doch J I949ff.: doch dann] selbsländige Bedeutung gegenllber dem Sinne des Todes als Zornes- uod Gnadcngerichles über die Sünde" und 3.0.0. 84 [881 (Hcrvorhebungen aufgchoben): .,Der Tod will von unserer Geschichte mit Gou aus und z.war nach aUrfl [1949ff.: reclel ihren Beziehungen verstanden werden: vom S<:höpfungs-. Zornes· und Gnadenverhältnis alls" sind Nachträge gegenüber DERS. (1926) 194-200 aufgrund von PERS. (1932) 337. Ebenso DERS. (1933) 330 (3441 zum dreislclligen Versländnis von Welt: ..Wir erfahren darin. daß Goltes nicht nllr die Wahrheit llnd die Liebe, sondern auch die Schönheit ist." 147 Kap. VI und VII können inhaltlich kaum als neu gelten: sie bringen das Zllvor in Kap. 111 gebotene Malerial. 148 S. bei S. 210 Anm. 75. 149 Atnu.us (1933) 78 {81]. 150 A.a.O. 344 (359].
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Zweiter Teil
Endgeschichte, einen "eschatologischen Realismus" von einem "nationalen Realismus" unterscheidet und sich damit gegen jüdische Zukunftserwartung abgrenzt, wie einige Zusätze zu übernommenen Äußerungen der Driltaufiage zeigen. l5J Für die Konzeption der Eschatologie heißt dies, daß bei AIlhaus 1933 die Ewigkeit nicht mehr nur wie bisher als Jenseits der zeitlichen Gegensätze (Kap. VtrI) mit der zweideutigen Geschichte (Kap. 1.1I) verklammert wird. sondern auch mit einer Aufteilung dieser Zweideutigkeiten auf zwei Arten von Realismus (Kap. VU). Zugleich ist mit dieser neuen Verklammerung eine kritische Abgrenzung vom Judentum nicht in einem einzelnen Punkt, sondern auf der konzeptionellen Ebene verbunden. Es scheint also, daß Althaus mit der letzten großen Umarbeitung seiner Eschatologie eine Wendung gegen das Judentum genommen hat. Dies ist an den schon bekannten Einzelmomenten zu überprüfen. a) Abwehr der Endgeschichte. Gegen die Endgeschichte argumentiert Althaus wie seil 1922 grundsätzlich mit der spätestens seit Tholuck ein· schlägigen Gegenüberstellung von Wahrsagung und Weissagung, woraus sich für Althaus die aktualisierende Deutung der endgeschichtlichen Postulate ergibl. 152 Diese wird 1933 jedoch weniger ethisch wie 1922 oder ästhe151 WIMMER (1979) 323 bemerkt die Differenzierung von zweierlei Realismus. aber nicht ihren konzeptionellen Zusammenhang mit ALTHAUS' Kap. VIIt. Die zitierte begriffliche Unterscheidung (DERS. 11933] 298 [3(91) findet sich in der Erörterung des chiliastischen ..Realismus"Df.RS. (1926) 154-159.162 Anm. I nennt "eschatologischen .Realismus'''. doch ohne Gegenbegriff - noch nicht; a.3.0. 110f. ist sie nur erst angebahnt z.B. in folgenden Sätzen; "Viele der herrlichsten. Israel betreffenden Weissagungen seien einfach noch nicht erfullt, z.B. die von Israels HerrscllCTSlellung in der erlösten Menschheit, der künftigen Bedeutung von Jerusalem u. dergl. [... ] die ,Erfllllung' ist al/eh Kritik und Überwindung der ,Weissagung'. Christus ist nicht nur Erfullung der messianischen Weissagung, sondern Christus ist auch de.f Messias Ende; d.h. die Verheißungen der Weltslellung Israels sind in Christus nicht nur ,geistlich· erfüllt, sondern in ihrer nationalen An auch zerbrochen und abgetan. I... J Wenn Jesus das nationale Messiasidc:al seiner Zeitgenossen abweist. so steht er damit zum Teil auch wider die großen Propheten:' DERS. (1933) 297-2991308-310] spitzt diese Sätze dann in der Abgrenzung gegen das Judentum noch zu (Änderungen gegenüber 1926 kursiv; Originalhervorhebungen aufgehoben): "Viele der klarste" und herrlichsten. Israel betreffenden Weissagungen seien einfach noch nicht erfUlh. z.B. die von Israels Wiederbri/l8ung IIIld HerrschersteIlung in der erlösten Menschheit, der künftigen herrliche" Wil" derherstl'lIung Jerusalems und des Tempds und .teiner Menschheitsbedel/wng u. dergl. [... 1 die ,Erftillung' des Alten Testaments durch Christus ist auch Kritik und AbI/in der Weissagung. nämlich des irdisch-nationalen Realismus. Christus ist der Israd \'erheißene Messias. aber Christus ist auch des Messias Ende. d.h. die Verheißungen der WeilSteIlung Israels sind und ....erdl!n in Christus nicht nur .geistlich' erfüllt, sofern der Sohn und Ml!ssias Israels :um .Herrn· über aUl! Menschheit ....;rd. sondern eben diese EnWirtungen sinti in ihrer irdisch·nationalen, Jlldaisti.fchen· An dllrch Chris/lls mit ,/er geistlichen Erfüllung zerbrochen und abgetan. 1... 1 Wenn Jesus das nationale Messiasidc:al seiner Zeitgenossen feidenschaf/lich abweist, so steht er damit zum Teil auch wider die groBen Propheten." 152 Die Kontinuität dieser aktualisierenden Kritik betont ALTIIAUS (1933) 267 [2771 selbst.
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V. Die antiapokalyplische Eschatologie von Paul Althaus
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tisch wie 1926 akzentuiert. sondern im Rahmen der Enlgegensetzung jüdischer und christlicher Zukunflserwartung gesehen. So parallelisiert Althaus 1933 die Gegenüberstellung von Weissagung und Wahrsagung mit derjenigen von "Prophetischem und Apokalyptischem", wobei letzteres von der ,Jüdischen Apokalyptik" gemeint iSt. 1.'i3 Bei den Einzelthemen der Endgeschichte wird dann das Judentum zur Folie der Argumentation, etwa wenn Althaus das Postulat endgeschichtlicher "Evangelisierung der Welt" jetzt auf das Verhältnis der Weltreligionen zueinander anwendet, was der Logik der Argumentation nach einen ,.Sieg" des Christentums auch über das Judentum einschließ1. 1.'i4 Oder das Thema Antichrist: Hatte Althaus 1926 die Doppeldeutigkeit der Geschichte gegen das als "unreformatorisch" und "pietistisch" bezeichnete Bild eines geschichtlichen Heraustretens des Eschaton geltend gemacht, so äußert sich derselbe Gedanke 1933 als Ablehnung der ,iudaisrisch-pierisrischen Bilder endgeschichtlicher reiner Geschiedenheit von Kirche und Welt".l.'i.'i Vollends beim Chiliasmus, den AIthaus durchaus als Weissagung anerkennt, wird die Unterscheidung von Wahrsagung und Weissagung weiterentwickelt zu der erwähnten Differenzierung zwischen dem "irdisch-nationalen, ,judaistischen'" Realismus und dem "Realismus der Verheißung".1.'i6 Das ist eine Binnendifferenzierung der Weissagung, in die der Unterschied zwischen Voraussicht zufalliger Geschichtsereignisse und Einsicht in ewige Notwendigkeiten, also der UnIerschied von Wahrsagung und Weissagung selbst, nochmals eingetragen wird. Der Unterschied von Wahrsagung und Weissagung ist aber ja seinerseits eine Binnendifferenzierung von Verheißung, und deswegen ist die Wurzel der UlIlerscheidung vOn chrisrlichem find jüdischem Realismus im Verständnis von Verheißung zu suchen. Und in der Tat unterscheidet Althaus hier Verheißung im christlichen und im jüdischen Sinne je nach Art der Erfüllung: 1.'i7 Christlicher Realismus erblickt demnach die Ewigkeitsbedeutung der Geschichte nicht wie sein jüdisches Pendant in der irdischen Dimension der Nationalität, sondern in einer geistlichen Dimension, die einerseits - unter Aufnahme von eschatologiegeschichtlich reich belegten bipolaren Schemata - als Gegenpol des Irdischen erscheint, andererseits diesen Gegensatz selbst schon UOl153 Zitale 3.3.0. 260.261 1270.271 1(Kap. VII. 1) zur Endgcschichle im Prinzipiellen. 154 Zitate a.3.0. 271.272 [282.2821. 155 Die beiden ersten Zitale: DERS. (1926) 170. vgl. damit den Kontext des drillen (DERS. r 1933128612961). 156 Zilate a.3.0. 298.298 1310.309]. 157 A.ll.O. 29813091: ..Man kann es nicht historisch scheiden. aber theologisch unlerscheiden, in Hinsicht auf die Frage der ErfUllung."
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Zweiter Teil
greift, wie sonst nach Althaus' Esch3toJogiekonzept erst die Ewigkeit Ge· gensätze umgreift. 158 Althaus kann daher behaupten. daß dem christlichen Realismus der Verheißung. im Unterschied zum jüdischen. in der Ewigkeit eine Erfüllung zuteil werde. 159 Es ist also zu erwarten, daß der zweifache Realismusbegriff Auswirkungen auf die Erönerung des Ewigkeitsthemas hat. b) Ewigkeitslehre. Grundsätzlich besteht eine derartige Auswirkung vor allem in der o.g. Aufnahme des zweifachen Realismusbegriffs im Ewig. keitskapilel. Daneben weisen aber auch die Ausführungen zur geschichtlichen Begründung von Wehhaftigkeit und Leiblichkeit der Ewigkeit in diese Richtung. Zum Thema der ..neuen Welt" verfaßt Althaus 1933 einen zehnseitigen theologiegeschichtlichen Exkurs, der gegen die WeltvemichlUngslehre des orthodoxen Luthertums nachdrücklich für eine eschatologische Weltverwandlung argumentiert l60 und so das Anliegen eines "eschatologischen Realismus" stärkt. Zugleich betont Althaus allerdings. daß dieser Realismus sich auf irdische Entitäten wie ,,[u]nsere Natur" und "unseren Leib" nur insofern richte, als sie "ganz dem Durchdringen des Geistes offen" sind; 161 Althaus statuiert also das schon vom Chiliasmusthema bekannte Verhältnis von Irdischem und Geistlichem: 162 und wie es dort als Verheißung und Erfüllung beschrieben werden konnte, so nennt Althaus auch hier Verheißung und Erfüllung als die angemessenste Begrifnichkeit. l63 um zu erfassen, welche eschatologische Bedeutung der Ge1.58 Die DiaslaSC von Geistlichem und Irdischem spricht z,B. aus dem Satt La.O. 298 13101: ,.diese Erwanungen sind in ihrer irdisch-nationalen..judaistischen' An durch OnislllS mit der g~isllich~n Erf1.iIIung zerbrochen und abgetan": daß der christliche Realismus das Irdische aber auch umgreif!, sagt Ahhaus a.a.O. 298 13091: ,.wo immer echle Verheißung des Heils geschenkt wird. da geht sie aur das Ganze. leiblich·reale Erlösung. nicht nur geistli<:hen Frieden. sondern auch äußeren. nicht nur inneres Leben. sondern auch reale TodesUberwindung". 1.59 Ebd.: "Die Spannung des neutestamentlichen Heilsbewußtseins aur die kommende Erlösung hin lebt geradezu von der noch uncrflilllen alttestamentlichen Weissagung. zu der Jcsus sich mit dem Christus-Namen bekannt hai," 160 A,a.O. 33.5-34.5 13.50-3.591 mit Fazit a.a.O. 34.5 13601: "Umdenken von dcr weltlosen ,Himmels'-Hoffnung zur biblischen Erwanung einer neuen ,Weh"·. 161 Zitale a.a.O. 347.347.348 1362.362.3631 (alle Hervorhebungen aurgehobcn). 162 Den Ebenenunterschied beider drilckl Althaus beim 1933 in das Todeskapilel verscnobe· nen Parallelthema des neuen Leibes dadurch aus, daß nkht der Leib, sondern die: Leiblichkeit zur Begründung henangezogen wird. Der Akze-ntlie:gt kaum. wie MElSER (1993) 78 mit Anm. 161 von seinem exegetischen Standpunkl aus nahelegt. daraur. daß die Leiblichkeit eine biblische Anschauung i~. Dieser Annahme: widerrät die parallele Unterscheidung von Sterblichem (d.h. Leib) und Sterblichkeit bei ALruAUS (1933) 123.127 (128.132). 163 Das ~Vtrhiillnjs der kommenden Welt zu der jetzigen" (a.a.O. 347 (361 1) i~ 3.a.O. 349 (364I..das Vertlällnis von Verheißung und Erf"tillung": vgl. a.&.O. 348(363): ~Erf"tillung der Verheißung~. Ebenso schon OEKS. (1926) 2.56 ::: DERS. (1922) 137.
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schichte zukommt, m.a.W. wie das Verhältnis der Geschichte zu ihrem positiven Ewigkeitswerl ausgedrückt werden kann. 164 c) Gerichts/ehre. Die Unterscheidung von zweierlei eschatologischem Realismus wirkt sich auch in der geschichtlichen Begründung des ewigen Gerichts aus, da Althaus hier 1933 in zuvor nicht gekanntem Maße das ewige Gericht nach seinen beiden Dimensionen mit dem Tode des Einzelnen in Verbindung bringt: Zur ersten Dimension heißt es bündig, daß "der Ausblick auf die Todesstunde und der Ausblick auf das Jüngste Gericht, theologisch genommen, eins und dasselbe" sind, und bei der zweiten vertritt Althaus nunmehr nachdrücklich gegen die Purgatoriumslehre, daß die notwendige Vollendung der Heiligung im Tode "mit einem Male" geschehe, was er 1922 noch bestritten haue. 16S Diese Verbindung von Tod und Gericht rückt das ewige Gericht merklich an das geschichtliche heran, was einerseits dem Interesse des eschatologischen Realismus an einer positiven Bedeutung der Geschichte entspricht, andererseits aber Althaus' Gerichtslehre immer näher an die personalistische heranführt, für die sich das ewige Gericht auf die Enthüllung der im geschichtlichen Gericht gefallenen Entscheidung beschränkt. Dem stellt Althaus zwar für das zukünftige Gericht nach seiner ersten Dimension 1933 noch den Charakter einer "letzten Entscheidung" zur Seite. doch das zukünftige Gericht nach seiner zweiten Dimension, als Läuterungsgericht für die Gläubigen, beschränkt sich darauf, daß das, was "als totaler Akt mit ihnen schon geschehen ist", "aus der Verborgenheit herausbricht".I66 Die Metaphorik von Verbergung und Enthüllung aber stellt ein bestimmtes Interpretament des Zusammenhangs von Verheißung und Erfüllung dar, also desjenigen Themas, auf das Ahhaus' zweifacher Realismusbegriff in der Abwehr der Endgeschichte und in der Ewigkeitslehre hinauslief. So spitzt sich die Argumentation in allen Einze/punkten der Würdigung der Geschichte auf das Verltelßungstltema ZII. d) Auswertung. Damit liegt die Aufgabe, die sich zusammenfassend aus Althaus' abschließender Überarbeitung seines Eschatologiekonzepts ergibt, 164 DERS. (1933) 349 [gestrichen ab der 5. Auflage] behauptet Althaus selbst beim Thema der neuen Welt freilich. 1933 gegenüber 1926 größere Zurückhaltung in der eschatologischen Wertung der Kultur zu zeigen: numlehr. daß sie "über sieh hinausweise". könne er behaupten. Dazu ist aber zu sagen. daß dieser Verweischarakter 1933 eben nicht nlehr wie 1926 via negalionis. sondern via analogiae gedachl ist. 165 Zitate 3.3.0. 175 1181 ] zur ersten Dimension (jeIZI: "Das Gericht als Entscheidung". a.8.0. 168 (1751) bzw. zur zweilell (jetzt: "Das Gerichl der Wirkung", 3.a.0. 18911961) a.8.0. 204.216 1211.2231: dagegen DERS. (1922) 123. 166 Zitate DERS. (1933) 172.217.217 1179.224.2241. ETI.ELMÜLJ.ER (2001) 21 f. hebt diese Verällderung im Althaus'schen Gerichlskonzept sehr kritisch hervor. da er sieh besonden Hir die positive Funklion des Gerichts beim Aufbau des Reiches Gottes interessiert.
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Zweiter Teil
auf der Hand: Althaus transfonniert das 1926 dominierende Interesse an der Geschichte als einer "Hingabe" an die Ewigkeit in die Betonung eines es· chalologischen Realismus, womit eine bestimmte, von einem jüdischen Realismus abgegrenzte Gestalt des Verheißungskonzepls gemeint ist. Im folgenden ist also zu klären, wie Althaus in der vierten Auflage der Eschatologie von Verheißung redet und welches Phänomen von Judentum damit indirekl in den Blick genommen wird. Hierfür ist aufschlußreich. daß für Althaus die Unterscheidung von zweierlei Realismus zuletzt in der Person Christi grundet: "Seil Christus da ist", heißt es zweimal, ist geschichtliche Weissagung abgetan. 161 Und gegen den jüdischen Realismus sagt er: "Dabei wird verkannt, daß die Zeit für diese Weissagungen und ihre Erfüllung mit dem Kommen Christi zu Ende gegangen iSt."I68 In geradezu methodischer Grundsätzlichkeit beendet Althaus den Abschnitt zum zweifachen Realismus mit einem schon 1926 verwendeten Lutherzitat: "urgemus Christum contra scripturam". 169 Mit dieser Hervorhebung Christi folgt Althaus exakt den Grundsätzen seines Methodenkapitels, in dem er gegen eine auf der Bibel begründete Eschatologie "ein Prinzip der Sichtung rur den biblischen Stofr d70 sucht und dieses findet in Luthers "was Christum treiber': "Dieses Prinzip kann kein anderes sein als das soeben schon genanme: die Verheißung, die Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene selber ist... l11 Allhaus spricht von einer ..Verheißung", "Weissagung", einem "Won", was er jeweils singularisch gebraucht und den pluralischen "Verheißungen", ..Weissagungen" und "Wonen" gegenüberstellt. l12 Den Tenninus "Christustatsache", mit dem Allhaus 1926 in den z.T. 1933 übernommenen methodischen Passagen l7J 167 Zitate ALTHAUS (1933) 300.301 1312.3121. 168 A.a.O. 300 1312]. 169 A.a.O. 300 1311] par. CERS. (1926) 111. 170 DERS. (1933) 68 [71]: lI.a.O. 661691 nennt das Prinzip ".kritisch·": vgl. lI.a.O. 62 [65J: .Prinzip der Deutung und Ordnung": 8.11.0. 64 [671: ..systematisches Prinzip". Die Sichtung der Bibel ist auch die imeresselcilende Frage im Exkurs a.a.O. 67-70 170-73J über v. Hofmanns, Ktie· f()(hs und Kählers eschatologische Methode. 171 A.a.O. 64 (67): mil Berufung auf Luther a.a.O. 61 Anm. I 164 Anm. 11. 172 ..Quelle der eschatologischen Erl:enlllnis kann nichlS anderes sein als die Vuh~ißlm8 GO/tn Aber das \'erheiBende Won Gottes iSI nichl einfach identisch mit den prophelischen Ver· heißungen, den apokalypüschen Zukunftsbildem der Bibel" (8.a.0. 62 [651). A.I.O. 62 l65f.J ig Althaus bestrcbl. ..aus den Weissagungen die Weissagung Gottes zu hören. die Quelle und Norm unseres eschatologischen Denkens ist". Ganz knapp 3.LO. 61 Anm. I 164 Anm. I): •.Es handel! sich also um das Vertlältnis des Wortes zu den Worten". 173 [);e übernahmen lassen sich synoptisch so veranschaulichen: 0ERs. (1933) 63 Anm. I 166 Anm. I) DERS. (1926) 55 Anm. 1. nichl in DERS. (1922); DERS. (1933) 64 Anm. 1 167 Anm. 11 DERS. (1926) 53 Anm. I. nkhl in DEJtS. (1922):
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V. Die antiapokalyplische Eschatologie von Pau! Althaus
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dasselbe Verhältnis von Christus und ihn bezeugender Bibel bezeichnet hatte, vermeidet er jetzt. Die neue Terminologie unterscheidet mit der bewußten Verwendung von Singular und Plural schärfer die Ebenen, auf denen Christus und Bibel liegen. Entsprechend wird eine "biblische Weissagung" - im Singular! - nur per nefas erwähnt und dabei, was für unsere Fragestellung wichtig ist. als ,judaisierender" lntum bezeichnet. 174 Man kann daher den zweifachen Begriff von Realismus so akzentuieren, daß Eschatologiefür Althaus nicht auf Christi Verheißungen, sondern der Verhei· · grwu, .. I et. '" ßurig eh rist, Dem entsprechen fünf gegenüber 1926 neue Absätze aus Kap. Il, in denen Althaus das Konzept der Verheißung entfaltet "in Entsprechung zu der Folge der Gedanken über den Widerstreit" von Geschichte und Ewigkeit, den nach Althaus' Grundgedanken erst die Ewigkeit selbst unter Beibehaltung seiner Pole löst. 176 Auflösung der eschatologischen Spannung und Erfüllung der Verheißung müßten demnach für Althaus strukturgleiche Sachverhalte sein. Tatsächlich verbindet Althaus heide mit dem Satz: "Die Verborgenheit der Offenbarung Gottes und des Heilesl1771 bedeutet Verheißung kommender Enthüllung", und er argumentiert für heide mit der Gottheit Gottes. 118 Doch im ersl.en Falle liegt der Akzent auf der Auflösung der Spannung, im zweiten auf der Verheißung der Erfüllung; dort auf Goltes offenbarer Gottheit. hier auf der Verborgenheit seiner Gottheit. Der Schein völliger Entsprechung beider Argumentationen entsteht erst dadurch, daß Althaus betont, die verborgene sei doch keine andere als die volle Gottheit Gottes: ..Denn auch in der Verborgenheit ist die Offenbarung und das Heil dem Glauben eben doch als Goues Wirklichkeit und Gottes eines, ganzes OERS. (1933) 64f.[68 oben] par. DERS. (1926) 53 Mine. nichl in DERS. (1922); CERS. (1933) 65 Anm. 2168 Anm. 11 "" DERS. (1926) 56 AnlTl. I. nichl in DERS. (1922); CERS. (1933) 66 Mille 169 Mittel par. DERS. (1926) 55f. "" DERS. (1922) 54. 174 "Wer [... 1 die in sich cinheitliche .biblische Wcissagung' erheben1.U können mcilll. der judaisicrt clllweder die neuleSlamentliche Hoffnung oder er deulet heimlich die alueslamenlliche ErwlIrtung nach der neuteslamcntlichen und läßt Jüdisch-Nalionales stillschweigend beiseitc·· (DERS. /19331 62 [65 J). 175 Dagegen spricht nicht der Nach.....eis von MEISER (1993) 77f.. daß Allhaus 1933 durchaus die biblische Argumentation verstärkt. Denn fUr Althaus bezeugt die Bibel ja gerade die Überordnung Christi über sie. 176 ALTI1AUS (1933) 36 [37]. 177 Dies sind die zwei Gestallen des Paradoxes der Ideologischen Eschatologie von 1926 (5. bei S. 205 Anm. 49). die 1933 als Eschatologie des Kommcns der Ewigkeillinnien. 178 Zilal a.a.O. 35 1371. Vgl. a.a.O. 35 (361: ..weil er Gon iSl und als Gon frei erkannt sein will. SIeHt er uns in den WidersIreil; und: weil er Gon ist und als Gott herrlich sein will. hebt er den Widerstreil auf' mit a.a.O. 35f. 1371: •.Die verborgene Wirklichkeit. fLir den Glauben gegenwänig. muß. weil Gott Gott ist. die sie verhüllende Wirklichkeit einmal zerbrechen".
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Heil kund" ,119 Daraus ergibt sich aber. daß die Erfüllung ihrem Gehalle nach mit der Verheißung identisch ist und nur dem Modus der Gegebenheit nach differien: Für die Christen wird der "Glaube (... ) zur Hoffnung auf die [...) Verwirklichung dessen. was sie aller empirischen Wirklichkeit ihres Daseins zum Trotz ,in Christo' schon heute verborgen sind:.I80 Gleich im ersten AbsalZ bezieht Allhaus daher die Verheißung auch gar nicht auf Er· ftillung. sondern auf Enthüllung: ..Die Verborgenheit der Offenbarung Gottes und des Heiles bedeutet Verheißung kommender Enthüllung", und in streng logischer Umkehr eröffnet er den fUnflen Absatz: "Verheißung, Grund der Hoffnung ist Gottes Heils-Offenbarung durch die Verhüllung. den Widerstreit, in dem sie erscheint."l8l Althaus behauptet damit, daß die Verhüllung der Grund für die Hoffnung auf Enthüllung sei. In der angeblich parallelen Argumentation zur Auflösung der Spannung würde dem entsprechen, daß die Polarität. in der die Spannung erscheint. selbst deren Auflösung verbürgte: Althaus' gesamter Grundansatz bei der Ewigkeit als Jenseits der geschichtlichen Polaritäten unter Beibehaltung ihrer Pole besagt aber genau das Gegenteil. D.h. Althaus weicht in den vorliegenden Absätzen von seinem grundlegenden Ansatz ab; in den beiden letzten Zitaten werden Verhüllung und Enthüllung der Offenbarung zu Modalbegriffen. die von der Offenbarung abgelöst und beliebigen Sachverhalten übergestreift werden können wie ein Mantel. den man aus- oder anziehen kann. Wird Offenbarung als Apo-kalypsis in diesem pr'.ignanten Sinne verstanden, dann ist es freilich nur konsequent, daß der Verheißung auch eine Ent-hüllung korrespondieren muß. die dann nur ein Modus jener ist, sachlich von ihr aber nicht zu unterscheiden. Dies sagt Althaus nun ausdrücklich, indem er die Verheißung mit Christus gleichsetzt: .Jesus Christus, wie der Glaube ihn kennt, ist Verheißung. Der Inhalt aber der Verheißung ist kein anderer als: Jesus Christus selber. Weil er gegenwärtig in seiner Verborgenheit der ist, als den der Glaube ihn kennt, darum ist die Zukunft: Er. Der Glaube braucht und vermag auf nichts anderes, auf keinen anderen zu warten als auf ihn als den, der er ist." Und für die Eschatologie folgert Ahhaus sogleich: "Das fromme Judentum wartet auf das Kommen des Messias, nicht auf Jesu Kommen, denn es glaubt nicht an Jesus als Christus. Der Glaube an Christus wartet auf das Wieder-kommen Jesu Christi, den er kennt.,,182 179 A.a.O. 35137). ISO A.a.Q. 391411. 181 A...O. 35.40 137.41). 182 ZilalC a...O. 36(. 1381.
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V. Die antiapokalyptische Eschatologie von Paul Althaus
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Althaus' modifiziertes Verständnis von Verheißung fühn also zu derselben Begrenzung der Eschatologie durch den gekommenen Christus, in die schon der zweifache Realismusbegriff mündete, und dies erklärt, warum es wie dieser mit einer Abwertung jüdischer Zukunftserwartung verbunden ist, denn im Judentum hat Jesus ja nicht dieselbe Bedeutung wie im Christentum. Damit läßt sich nun auch der Charakter von Althaus' Umarbeitung der Eschatologie zu ihrer Letztgestalt von 1933 auf den Punkt bringen: Es geht dieser Umarbeitung (wie schon derjenigen von 1926) um einen positiven Ewigkeitswen der theologisch zweideutigen Geschichte. 1926 sah Althaus diesen in der Hingabe und dem Opfer des Menschen für Gott. Dieser Gedanke wird 1933 überlagen und teils ersetzt durch den einen Menschen, der sich nach christlichem Verständnis an Gou hingab und opferte: Jeslls Christus selbst lind er allein wird als die positive Ewigkeitsbedelltung der Ge· schichte verstanden; in ihm und nur in ihm ist die Zweideutigkeit der Ge· schichte überwunden. Mit Christi historischem Auftreten beginnt daher eine höhere, eindeutige Geschichte. Eschatologie verhandelt daher lediglich die Abwicklung des mit Christus bereits wirklich gewordenen Eschaton. Oie Ewigkeit hat so den Verheißungsgehalt der Geschichte nur noch zu enthüI· len, und dieser ist auf Christus festgelegt. Mit einem glücklichen Ausdruck ist ein derartiges Eschatologieverständnis auf ein "Apokalypsismotiv" zurückgeführt worden. IID Glücklich ist der Ausdruck deshalb, weil mit ihm der Terminus korrespondiert, durch welchen Althaus das aus diesem Es· chatologieverständnis heraus wahrgenommene Judentum charakterisiert, nämlich die ,JÜdische Apokalyptik".I84 Damit sollte ausgedrückt werden, wie sich vom Realismus der Verheißung Christi aus die Zukunftserwartung des jüdischen Realismus ausnahm; als national beschränkt und auf die täti· ge Gestaltung sozialer Zukunft gerichtet. Im ganzen erscheint das Judentum bei Althaus 1933 somit "noch nicht" auf dem Stand der Vollendung, den das Christentum "schon jetzt" erreicht habe. In der Letztgestalt von Althaus' Eschatologie, so läßt sich rückblickend feststellen, wirken somit viele der bereits erwähnten bipolaren Wahmehmungsschemata zusammen, noch dazu unter einem Begriff - dem Begriff der Apokalyptik -, der für viele Autoren als Kennzeichnung des Judentums fungiert haI. Dem Gebrauch dieses Begriffs in der evangelischen Eschatologiegeschichte sei daher ein Exkurs gewidmet
183 SAUTER (19M) 123 u.ö.: freilich meist mit Bezug auf K. Banh. doch vgl. 3.a.0. 120-122
fUr Allhaus. Auch MOI.TMANN (1964) 208 krilisiert die Reduktion von Erflillung auf Emhüllung. 184 SO V.R. AI.THAUS (1933) 74.261 177.2111.
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Zweiter Teil
Exkurs 9: Zum Apokalyplikbegriff der Religionsgeschichllichen Schule Althaus beruft sich rur sein Verständnis der jüdischen Apokalyptik. auf das Standardwerk des Hauplvenreters der Religionsgeschichtljchen Schule. WII..HELM BOUSSET. über die Religion des antiken JudenlUms. Boussel häll hier zur Eschatologie weithin anerkannte Beobachtungen fest, die durch die nicht im engeren Sinne der Religionsgeschichtlichen Schule zugehörige Monographie von PAUl Vou zum Thema bestätigt, wenn auch anders bewenet wurden. llS Nach dieser religionsgeschichtlichen Schulmeinung zeichnet sich die jüdische Eschatologie durch eine Zweisträngigkeil aus: l86 Eine ältere, ,.a1tnational" oder ..messianisch" genannte Zukunftserwanung läuft neben einer in die Spätzeit des Alten Testaments datienen ..apokalyptischen'· Eschatologie her. Inhaltlich ist damit gemeint, daß die Erwartung einer nationalen Blütezeit unter messianischer Führung durch die einer geistigen Höhe sinlichen GOItesglaubens ersetzt wird, den eschatologisch der ,jenseitige" oder "individuelle Vergeltungsgedanke,,111 kennzeichnet. d.h. das Gericht über den mit dem Tode abgeschlossenen siulichen Ertrag jedes Ein7.elnen und nicht das Jüngste Gericht am Ende einer Reihe von kosmischen Vorzeichen. Anders als Althaus sehen also sowohl Bousset als auch Volz (den Althaus freilich nicht erwähnt) die Apokalyptik nicht als national-irdische Beschränkung der Zukunftserwartung an. sondern im Gegenteil als deren Ausweitung ins Geistige und Universelle! Althaus stellt also den Begriffsgebrauch seines Kronzeugen gewissermaßen auf den Kopf. freilich mag dies daran liegen. daß Bousset als das Wesen der antikjüdisehen Eschatologie gerade ihre Widersprüchlichkeit und Vermischung ansieht. die sie daran hindere, prophetisch-messianische und ..spätjüdisch··-apokalyplische Erwartung zu scheiden. IU Allerdings stimmt gerade hier sein ungleicher Zwilling Volz nicht zu: 185 Althaus nennt Bousset Y.3. a.a.Q. 13 Anm 2: 136 Anm. I: 286 Anm. 3 113 Anm.2: 142 Anm. I: 297 Anm. I). BousselS urspriinglich monographisches Werk von 1903 gelangte in der postumen Drilt3uflage 1926 als Ergänzungsband zum ..Handbuch zum Neuen Testament" zu großer Wirksamkeil. Volz (zu ihm vgl. KRAUS [1956) 349.363) wird bei Althaus nicht erwähnt. obwohlllUCh sein Buch in der Zweitauflage von 1934 große Verbreitung fand (Nachdruck 1966). 186 Die Zweisträngigkeit bezeugt viu ncgationis klar der krasse Außenseiter MF..sSEL (1915) v.a. in seinem § I. der gegen sie die Einheitlichkeil der jüdischen Eschatologie als nur national nachweisen will: Uniyersalität kenne die jüdische Zukunftserwartung nur als Herrschaft Israels über tributpflichtige Vasallenvölker. 187 Eine •.allnationale" Eschatologie erwähnt Vou (1903) 3: in den §§ 21-25 stellt er sie dann (je\\,t:ils im ersten Kolon der PllTagraphenüberschriften) einem allgemeinmenschlichen Eschatologumenon (als zweitem Kolon) gegenüber: dasselbe Verhältnis besteht zwischen § 26 und § 27. Die Stichworte •.messianisch" und ..apokalyptisch" entstammen den KapitelOberschriflen bei BouSSET (1903) Kap. 1113 bzw. Kap. 111,4 ( ::0: OERS. 119061 Kap. IV.12 bzw. Kap. IY,I3). Vgl. sodann •.a.O. 335 ( '" DERS. (19031 279) zum jensdtigu bzw. VOLZ (1903) 128 (::0: DERS. (1934195) zum individuellen Vergellungsgedanken (a.a.Q. 134: .Jndil·iduolisi('rt, /lnd spirit/ld/, W('ltonsdKJ/I..nS" par. 0ERS·11903116t). 188 BOUSSET (1903) 287 '" DERS. (1906) 343; ..Wie überall ist auch hier das Judentum seinem Wesen nxh widersprochsvoll und ve""","OTTCfl": vg!. dazu STANGE (1930) 227 (5. S. 17f.).
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wo Bousset bloße Verwicklung erblickt, sieht er klare Entwicklung vom nationalen zum geistigen und von dort zum christlichen Zukunftsdenken. l89 Das Zustandekommen dieser schulintemen Diskrepanz läßt sich wahrscheinlich mit der jeweiligen Anlage der Bücher erklären: Bausset und Volz disponieren ihr Material unterschiedlich; Volz gliedert sein Buch nicht (im Längsschnitt) nach der Unterscheidung von altnationaler und apokalyptischer Phase der eschatologischen Gedankenbildung, sondern rekonstruiert (im Querschnitt) diese Abfolge einzeln rur jedes 1llema der EschalOlogie.· 90 Bousset dagegen unterteih die Darstellung scharf in messianische und apokalyptische Epoche und muß daher Widerspruchsfreiheit rur die jeweilige Gedan· kengestalt fordern. Deswegen wirkt der Chiliasmus bei ihm wie ein angehängter Ver· such des logischen Ausgleichs zwischen nationaler und universaler Eschatologie. 19 • Bei beiden Autoren erscheint also das jeweilige Charakteristikum. das die jüdische Apokalyptik mit dem Christentum verbindet oder von ihm trennt. als das aus der Gliederung der Darstellung sich ergebende Problem. D.h. was die Eschatologie der Religionsgeschichtlichen Schule am Judentum jeweils als problematisch wahrnimmt. ist zunächst eine Fmge ihrer eigenen Rekonstruktion jüdischer Zukunftserwarwng. Die Wirkungsgeschichte des Apokalyptikbegriffs bildet somit ein Beispiel daflir. wie die begrifflichen Wahrnehmungsschemata. obwohl sie das Verhältnis des Christentums zum Judentum zu bündeln beanspruchen. zugleich Anzeiger rur interne Problematiken des chrisliich-theologischen Diskurses sind.
4. Ergebnis. Nach Analyse der verschiedenen Auflagen von Althaus' Eschalologie ist Bilanz zu ziehen: Althaus geht grundsätzlich von einem Eschalologiekonzept der Ewigkeit als Jenseits der Geschichte aus, das allein in der Lage ist. die geschichtlichen Polaritäten unter Beibehaltung ihrer Pole zu überwinden. Daraus ergibt sich Althaus' auffallendes Interesse an einer positiven Ewigkeitsbedeutung der Geschichte (im Unterschied zu ihrer rcin negativen Wertung durch die Dialektische Theologie). Sie ist je· doch nur im Durchgang durch das Gericht denkbar. Während er diese Be· deutung der Geschichle 1922 ethisch und 1926 ästhctisch als Hingabe des Menschen an Gou akzentuicrt, spitzt er sie 1933 auf die Person Jesu Christi zu. Damit wird jedoch die Zweideutigkeit der Geschichte an diesem bestimmten Punkt vereindeutigt. das ChrislUsereignis wird einerseits aus der Spannung herausgenommen. in der doch andererseits alle Geschichte gegenüber der Ewigkeit und so eben auch das Auftreten Jesu gegenüber seiner 189 Vgl. Vou (1903) 1-3 zur Methode und 3.•.0. 8.161 zum Zusammenhang von .pokal)'pcisch·jüdischer und chrislhcher Eschatologie. 190 Diesen Unlerschied deute. Vou (1903) 3 selbst an. 191 8OlISSET(I903) Kap. 111 •.5: in 0€JtS. (1906) Kap.IV,I] als Anhang. Boussel hal 1906 den Aufriß verinden (3.a.0. VII): Stand die Eschatologte 1903 im Abschnill Übt.r die nalionale Fixierung. so erscheini sie 1906 von \'omherein in der geschildenen ZweiSlfingigkeil. der Boussel zudem einen neuen Einleilungsabschnill widmet.
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Zweiter Teil
erhofften Parusie stehen 5011. 192 Althaus' Eschatologie erlebt so hinsichtlich ihrer Wahrnehmung des Judentums 1933 einen Einschnitt: Sie zeigt nunmehr all die Probleme, vor denen die HeiJsgeschichtliche Theologie stand, weil auch sie historischen Jesus und Parusiechristus nicht deutlich ins Verhältnis zueinander setzte: hier wie dort erscheint jüdische Zukunftserwarlung dann auf geschichtlich gestaltbare Konkretion von Hoffnung fixiert. Für diesen Wandel in Althaus' Theologie finden sich weitere Belege: So entsprechen ihm die Wandlungen, die Althaus' Verständnis des Begriffs ..Heilsgeschichte" durchläuft': t 922 leitet Althaus aus ihm das Theorem des Mittelzustands her, mit dessen Hilfe die Eschatologie die ganze Geschichte, also auch die Völker vor und außer Christus, zu umspannen vermag. 193 Die dem widersprechende eindeutig negative Wertung der Geschichte durch die Dialektische Theologie kann Althaus 1923(24 einen "Verzicht auf die Heilsgeschichte"l94 nennen. 1925 will er zwar den Begriff ,.nicht mehr" in diesem Sinne verwenden, sondern ihn auf die alttestamentliche Vorgeschichte Christi beschränken.19~ hält aber auch 1926 an der Mittelzustandslehre fest, wenngleich weniger massiv. l96 Ebenso vage äußert er sich jetzt zur Zwischenzustandslehre, die ja bloß die auf das Problem von Individual- und UniversaJeschatologie bezogene Kehrseite jener anderen Lehre iSt. 197 Erst mit der Fixierung eschatologischer Bedeutung von Geschichte auf die Person Christi läßt Althaus 1933 explizit die Zwischenzustandslehre und implizit die Mittelzustandslehre fallen, indem er im Apokalypsismotiv, wie wir sahen. die Geschichte nach Christus gerade auch als nichtchristliche Geschichte auf die Geschichte Christi festlegt: "seit Chri192 SOMMERLATH (1927) 11 behaulXel gegen Allhaus eine endgeschichllkhe Eschatologie als ..Epiphanie des Neuen. das schon jetzt in die Geschichte eingetreten ist"; ebenso argumentien der HofmannschUler BACHMANN (1928) 106f.: Wenn in Jesus das Eschaton in der Geschichte auftreten kann. wieso dann nichl auch sonst? - Man sieht. wie weitreichend die Folgen von Althaus' Auskillmmerung des Christusereignisses aus der eschatologischen Spannung sind. 193 ALlllAUS (1922) 85. 194 DERS. (1923124) 763 (Überschrifl). 19.5 DERS. (192412.5) 61.5. 196 Den Beleg DERS. (1922) 8.5 hai DERS. (1926) 9.5f. zwar gestrichen. a.a.O. 43f. 229f. 237 sind aber eindeulig. 197 Den Zusammenhang beider Lehren (s. bei S. 211 Anm. 113) scheint Althaus nie \'011 bejaht zu haben: dabei ist er schon aus der Anmerkung zur Millelzustandskhn: OERS. (1922) 8.5 Anm. 1 zu erkennen: Sie bildet deren Problem auf das Vernällnis von 1ndividual- und Universaleschalologie. also den ZwischenzUSland. ab. was dann a.a.O. 12.5 Anm. I aufgenommen wird. Letz· tere Stelle formt DERS. (1926) 238 Anm. 2 zur Kritik der Zwischenzustandslehre um. während er La.Q. ISOf. mit Anm. 3 vorsichtig bleibe. DERs. (1933) 135-IS21141-1S91 verwirft diese Lehre dann in alkr foml. bleibe aber bei jener anderen undeutlich; so ersetzt er a.a.O. 222 1229) das Won vom ..Millelzu$land"" aus der P311111elSlclie DERS. (1926) 231 durch .Ubensstand-.
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stus" gibt es nur noch die Verheißung Christi. In genau diesem Sinne wird Allhaus 1937 über ..Völker vor und nach Christ.us" schreiben,198 und daher scheint für Althaus seit 1933 die Heilsgeschichte Christus selbst zu sein als eine Zäsur in der Geschichte - in ebendem Sinne, den Buber im selben Jahr, kurz vor der nationalsozialistischen Machtergreifung, kritisiert hatte, weil damit das nachbiblische Judentum als Thema für die christliche Theologie ausf.ilIl. Althaus zieht in dieser Zeit auch verstärkt sozialethische Konsequenzen aus seiner eschatologischen Geschichtsdeutung, die den geschildenen Wandel in seiner Theologie weiter verdeutlichen, müssen sie sich Ahhaus doch gerade aufgrund seines Interesses an einer theologischen Würdigung der Geschichte nahelegen: 1935 veröffentlicht Althaus seinen aufsehenerregenden Aufsatz zur "UrOffenbarung". Er erscheint kaum zufallig in der Zeitschrift "Luthertum"; wie die frühere "Neue kirchliche Zeitschrift" seit dem Vorjahr heißt. Denn die Umbenennung rührt daher, daß hier lutherische Theologen, vor allem aus den sog. intakten Landeskirchen, die ..Stunde" des Nationalsozialismus, auf die, durchaus im Bewußtsein ihrer weltanschaulichen Aufladung, immer wieder Berufung geschieht, nutzen wollen zur Einung des deutschen Luthertums. Verfassung, Bekenntnis, Ordnung, Einheit der Kirche. die von der damaligen nationalsozialistischen Kirchenpolitik der Gleichschaltung am offensichtlichsten betroffen sind, werden programmatisch bevorzugte Themen der Zeitschrift, 199 wohl auch deshalb, weil sie lutherischer Theologie traditionell näher liegen als reformierter. In diesem topologischen, nicht theologischen oder politischen Sinne nimmt die Zeitschrift als ganze ein Interesse am Nationalsozialismus. wo Vielmehr lehnt sie die offen nationalsozialistisch geprägte Fonn von Kircheneinung. die Glaubensbewegung der Deutschen Christen, ganz überwiegend ab. Auf der anderen Seite kennzeichnet gerade den ersten Jahrgang 1934 die Kritik an der Banner Theologischen Erklärung, in der das lutherische Interesse an der Geschichte im Sinne der Schöpfungslehre, wie Althaus es 1932 dargestellt hat. zu kurz komme. Und genau diese (dort sog.) dritte Dimension von Geschichte 198 ALTIlAUS (1937) 17 milcht, WI1$ ja 1922 sein Motiv rur die MiuclzuSlandslehre war, zwar Zugt:sländnissc an die vorchristlichen Völker: ..Echles Heidenlum fUrchlel die GOllheit"; er mhrl aber a.a.O. fon: .. E..~ iSI nur \'or ChrislUs möglich:' Allhaus denkt also zwar nichl die Völker vor ChriSluS vom Heilliusgeschlossen, wohl aber, daß das Heil seilher ausschließlich rur die christli· chen Völker sei. 199 Vgl. den Kopfaufsatz (von S. Schöffel) der neuen Folge und die Inhaltsvcn.eichnisse der ersten Bändc. 200 Im ..Lulherlurn".Jahrgang von Allhaus' Uroffenbarongsaufsatz (1935) lransponiert freilich 1.B. das Pamphlet von H. Goebel nalionalsozialistische GeschichlSauffassung reinSlen Wassers.
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theologisch zur Geltung zu bringen, ist nun die grundsätzliche Absicht von 201 Althaus' Konzept der Uroffenbarung. Uroffenbarung erscheint hier in Entsprechung zu Althaus' eschatologi· scher Geschichtslehre als "das Gemeinsame in Glaube und Unglaube", das vom Gericht "gehalten, gefordert, gerichtet,,202 wird. So weit wird man die Uroffenbarung nicht anders bewerten können und dürfen als das Interesse an einem Verständnis des Geschichtslaufs aus dem Glauben heraus, das Althaus' Eschatologie kennzeichnet. Freilich erweckt Althaus' Uroffenbarung durch die ein Jahr zuvor geführte Auseinandersetzung zwischen E. Brunner und K. Barth sogleich den Anschein, natürlich-theologische "Anknüpfungspunkte" im Sünder für die Gnade zu liefern und so die Radikalität der Erbsünde und der Rechtfertigung gleichermaßen zu verwässern. Althaus bemerkt dazu gewissermaßen vorsorglich, daß gerade das Gericht über die völlige Sündigkeit etwas voraussetze, woran der Mensch sündig werde: eben Uroffenbarung, die dann als Offenbarung des Heils freilich dennoch zum Gericht führt. 203 Althaus will also mit dieser Uroffenbarungslehre gerade die volle Gottheit Gones, d.h. seinen offenbaren Gnadenwillen für alle Menschen, als Sinn und höchsten Punkt der reformatorischen Theologie herausstellen, bei dem daher auch die Dogmatik an- und einzusetzen habe - damit nicht Gottes Verborgenheit die Spitze des theologischen Oenkgebäudes bilde, wie Althaus an Luthers "Oe servo arbitrio" kritisiert. 204 Althaus versteht daher unter Gottes Gottheit nicht im Sinne Luthers die absolute und für den Menschen undurchdringliche Majestät. sondern seine Größe, die in der Alternative von Offenbarung und Verborgenheit nicht einzufangen ist. Damit aber steht Gottes Gottheit jenseits von Offenbarung und Verborgenheit;20S beide sind hier also zu bloßen Modi der 201 Die UroITenbarungslehre legl sich also wohl schon aufgrund der früheren Aunagen der Es· ehalologie nahe. wie mit KNITTER (1973) 142 Anm. 22 (Terminierung auf 1923) gegen MANl'l (1987) 27.92 zu sagen isl. Nach PöIlLMANl'l (1970) 255 zieh die Uroffenbarungslehre auf eine: melhodische Korrelalion von Philosophie und Theologie im Sinne Tillichs. Dies verwechselt m.E. Allhaus' ..neutrale" mil einer nalürlichen Eschatologie. 202 Zitate ALTHAUS (1935) 24.21. 203 A.a.O. 11. 204 Bei ALTHAUS iSI der Kern von ..GOlles GOllheit als Sinn der Rtthlfertigungslehre LUlhcrs" (Aufsatzlilel von 1931) die Eindeutigkeit des gönlichen Gnadenwillens (z.B. DERS. [1947/481 1.111). die Luther durch die Annahme eines verborgenen Willens Goltes in seiner Majeslät verdunkelt habe (a.3.0. 11,428). 205 Mehr. als er in der Offenbarung von sich gib!. und insofem verborgen iSI GOlt freilich auch nach Ahhaus ("Die Offenbarung wird durch dil!sn Verborgenbleiben nicht in Frage gestelli. aber auch die bleibende Verborgenheit durch die Offenbarung nichl aufgehoben". a.a.O. 1.34). doch sei diese Verborgenheit einfach der Unterschied des Schöpfers vom Geschöpf (a.a.O. 1.288). so daß Schöpfung jenseits von Offenbarung und Verborgenheil steht. DF.Rs. (1932) 333 stellt Goltes
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GOtleserkenntnis geworden wie in der Eschatologie von 1933. Althaus verbindet die Verborgenheit Gottes auch gar nicht, wie es von Luther aus naheläge, mit der Theodizee,206 m.a.W. der verborgene GOIt ist für Althaus nicht mehr der delis absconditus aus WA XVUI,685, sondern er ist der unbekannte Gott, der agnostos t!leos aus Apg 17,23, dessen Altar nur noch 207 enthüllt werden muß. Auf seiten des Begriffs der Verborgenheit heißt dies, das Motiv des tectum cruce nimmt auch die Stelle der absconditas dei ein. Das Motiv der Uroffenbarungslehre verschiebt sich so von einem eschatologischen Interesse an der Geschichte zum Apokalypsismotiv, das die Geschichte seit Christus als bloße Abwicklung des Christusgeschehens vereindeutigt und sanktionien. Althaus' Uroffenbarungslehre und mehr noch der zeitgleiche Versuch, ihrer Geschichtsaufwenung in einer "Theologie der Ordnungen" (1934) Fonnen und Strukturen zu geben wie Volk und Rasse, konnten daher kritisien werden als theologische Aufwenung der antisemitischen Geschichtsideologie des Nationalsozialismus. los Gemein hat sich Althaus damit freilich nie gemacht; eine aktualisierende Deutung des Antichristthemas, die er 1933 der ,Jüdischen" Auffassung von Endgeschichte entgegensetzt, dürfte vielmehr sogar kritisch auf den gerade zur Macht gekommenen Nationalsozialismus zu beziehen sein, wenn es heißt, man könne beim Antichrist "auch an einen sich selbst vergötzenden Nationalismus denken, der Christus geradezu oder durch Umdeutung verdrängen will".209 Das Problem bei Althaus' eschatologischer Wahrnehmung des Judentums liegt offensichtlich in der fast unmerklichen Verschiebung, die sein theoloGOllheil (..darin iSI GOll GOII") dagegen als schöpfungslheologische Dimension der Geschichte f1cbel/ Gnade (Offenbarung) urKI Sünde (Verborgenheil). 206 Diese behandelt DERS. (1947/48) 11.161 in paradoJL:cn Sälzen über den Salan, ähnlich dem Ewi gkeilskon7.ept. 207 Auf den Allar des unbekannlen Gotles spielt DERS. (1935) 23 selbst an. 20S Zum Überblick vgl. KNTTTER (1973). Nach MANN (1987) 29 bUßte die Eschatologie bei Ahhaus 1933 ihre Funklion ein. die (grurKISälzlich zugeslandene) Eigengesetzlichkeit der Ordnun· gen wieder auf das (theologisch versumdene) Eschaton hinzuordncn, und trägt dann zu einer VerselbslärKIigung der Ordnungen bei, Ähnlicher Auffassung wie Mann scheinl SMRI (1993) zu sein, der eine ..eschatologische ,Erhöhung'" der Ordnungen. durch die diese ..umgewandelt" werden. annimml, sie allerdings vom ..gegenwärtigen GOllesverhältnis" erwartet (Zitale a.a.O. 225). Dies stuft m.E. den Jensc:ilscharakler von Ahhaus' Ewigkcitskonzcpl zu gering ein. 209 At.m....us (1933) 21412841. noch nicht so DERS. (1926) 165. Eine weitere wichtige zeitgeschichtliche Bezugnahme ist. daß DER$. (1949) 245 emphalisch einen ..Ubemationalen Slaatenbund" begrußI. während DERS. (1933) 236 ( ;; DERS. 119261 138) noch unschlUssig war gegenUber dem Völkerbund. (Bekanmlich lral das nalionalsozialiSlische Deutschland wenig später aus diesem aus.) MEISER (1993) 76 Anm. 149 bescheinigl AIlh3US rur seinen doppelten Realismusbegriff ähnliche UnschlUssigkeit und nennt 3.3.0. 229 Beispiele daftlr. wie Ahh3US seine theologische Wahrnehmung des Judcmums zur Abgrenzung von den Deutschen Christen umakzentuien.
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gisches Interesse an der zweideutigen Geschichte zu ihrer christologischen Vereindeutigung 1933 nimm1.
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2. Erhebung von Wahrnehmungsschemata Das eschatologische Konzept von P. Althaus zeigt durch seine verschiedenen Auflagen hindurch in den kleinen Ergänzungen. 5rreichungen, Umformulierungen und Umdispositionen, die im vorigen Abschnitt analysiert wurden. eine allmähliche Verschiebung von einem eschatologischen Riß· gen um die Ewigkeitsbedeutung der Geschichte hin zu ihrer christologi· schen Sanktionierung mit der Folge, daß ein jüdisches Geschichtsverständnis demgegenüber abgewertet wird. Die These. daß für diese Entwicklung dem eschatologischen Entwurf von 1933 eine Schlüsselstellung zukommt. läßt sich nun erhärten. da für diese Auflage neben der vorstehenden ent· wurfsimmanenten Analyse auch äußere Vergleichspunkte auf eine Wende hinweisen. Hierfür kommen besonders die Wahmehmungsschemata in Frage, wie sie auch von anderen Autoren gebraucht werden. Der vorliegende Abschnitt untersucht daher zwei bisher nicht zur Sprache gekommene Schemata im Vergleich mit denjenigen Autoren. auf die Althaus im Laufe der Debatte selbst Bezug nimmt, und zwar 1933 in deul1ich anderer Weise als zuvor. Die heiden Schemata sind zum einen das Verständnis der Paradoxie, die Allhaus' zwei Dimensionen der Spannung im Ansatz seines Konzepts von Ewigkeit als Jenseits der Geschichte prägt, und zum anderen die Gegenüberstellung von Glaube und Hoffnung. die 3m Ende der Auseinandersetzung um axiologische und teleologische Eschatologie steht. 21 '
210 Ein Beispiel. wie Althaus' eschatologischer AnS3tz ohne die Vcreinscitigungen fartgerührt werden kann. die er beim Autor selbst ab 1933 erlitten hai. bietet die Eschatologie von WEBER (1955/62) 11.744: .Axiologie kann nicht eine .Übeneitlichkeit'. und .Teleologie' kann nicht vcr· laufsmäßige .Endzeitlichkeil' sein:' Für Weber wanet die christliche Gemeinde auf Christus als den Kommenden. also einen. wie die partizipiale Formulierung zeigt. gegenwiir1ig Kommenden (vgl. a.a.O. 11.751). Sie hat ihn also nur. indem sie ihn erwartet (a.a.O. 11,749). Weber expliziert diese Paradoxie mit wthen Wooen so, daß die Gegenwart des ZukOnftigen ..extnl 005" liegt (a.a,O. 11.7.50). Dies scheint eine adäquate ~immung der von Althau! anvisierten EwigkeitsbedeUlung von Geschkhle zu sein. Sie unlerscheidet sich präzise von BRUNNER (1953) 36f.. der- die Gegenwan des Zukünftigen im Auftreten Christi als der Poinlierung des linearen (jüdischen) Zeitverständnisses sieht (s. dazu bei S. 18 Anm. 21). 211 Zum für Altbaus ebenfalls wichligen Schema von Wahrsagung und Weissagung s. bei S. 227 Anm. 156.
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2.1. Paradoxie von Geschichte und Eschatologie? Der Ausdruck "Paradoxie" ist hier in einem "weiteren Sinne,,212 als Sammelbezeichnung gewählt für die sehr unterschiedlichen Ausprägungen von irgendwie dem Verständnis aufgegebenen Gegensätzen, die in der eschatologischen Debalte zwischen Geschichte und Ewigkeit angenommen und die als Polarität, Antinomie, Dialektik usw. akzentuiert werden können. Für Althaus' Eschatologie hat das Konzept der Paradoxie213 unmittelbar Auswirkungen auf seine Sicht des Judentums, da sein spezifisches Ver214 ständnis einer doppelt paradoxen Spannung von Geschichte und Ewigkeit im Gegenzug zu einer Verbindung dieser beiden Größen entworfen ist, die Althaus als Anschauung der "jüdischen Apokalyptik" kennzeichnet. Als Allhaus' Partner im Gespräch um ein derartiges Verständnis von Paradoxie kommen dabei vor allem K. Dunkmann, T. Siegfried und K. Heim in Betracht. I. Paradoxie als kamisches Regulativ der Ewigkeit. Althaus schließt sich mit seinem Konzept der Ewigkeit als Jenseits der Geschichte 1922 geradezu emphatisch an KARL DUNKMANN an, denn dieser hat 1918 in seiner Dogmatik Eschatologie als "Auflösung der Antinomien,,215 verstanden. Zugrunde liegt hier jedoch der Antinomiebegriff Kants, und daher ist solche Auflösung streng kanlisch gemeint als Aufdeckung fehlerhaften Vemunftgebrauchs. Solche Fehler rühren daher, daß sich die spezielle Dogmatik, wie Dunkmann die einzelnen Loci im Unterschied zur allgemein materialdogmatischen Frage nach dem Wesen des Christenrums nennl, "fremdartiger Kriterien'; bedient. um nicht die .,esoterische" Binnensprache der Kemgemeinde sprechen zu müssen. Diese Kriterien sind mit der Rationalitätsfonn der Wissenschaft gegeben; sie ist aber Dunkmann zufolge dem Gegenstand der Theologie, wie er im Credo vorgegeben ist, von vom herein nichl ange212 SCWI.ÖER (1960) 30 versieht Paradoxie in ..diesem weiteren Sinne" als das lheologische Problem der Iknneneulik im Unlerschied zur Paradoxie im logischen Sinne als einer beslimmlen Aussagefonn dieses Problems. 213 In ALTUAUS' Eschalologie iSlll"(){l. gewiß pal1ldoxer Anlage der Tenninus der Paradoxie freilich kaum hervorgehoben, wohl aber in seiner Christologie (1..8. OERS. 11947/481 11.222 u.ö.). vgl. RAl'SCIlOW (1982) 92[ 96f. 214 S. bei S. 203 Anm. 42. 215 So DUNKMANN (1918) X im Inhahsvel7.eichnis: a.a.O. 362 freilich: ,.Aunösung der Paradoxien", was ALnlAUS (1922)41 Anm. 2 = OERS. (1926) 39 Anm. I Ubemimml. SCllRÖER (1960) 35 differenzien so, daß die Anlinomie ..die Gren7.t der Logik negativ" inlerprelien. die Paradoxie aber positiv. Dunkmann lul ersteres.
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216 messen. Die Eschatologie kann daher nicht dogmatisch gelehrt werden, sondern dient der Wissenschaft nur als regulative Idee. 217 Dunkmann radi· kalisiert damit Schleiennacher: Hatte dieser festgehalten, daß Eschatologie nicht lehrbar sei, so ist für Dunkmann in dieser Frage das "Gesamtresultat" für alle spezielle Dogmatik "ein durchgehend negatives".218 Der Gegensatz zu Althaus könnte also nicht schärfer sein: Für Dunkmann ist Dogmatik überhaupt nicht lehrbar.219 aber Althaus schreibt ein "Lehrbuch der Eschatologie".22O Relevant für die Wahrnehmung des Judentums wird dieser Gegensatz 1933 mit der vierten Auflage von Althaus' Eschatologie. Dunkmann ver· steht den Chiliasmus als "rein intellektualistisch" motivierten Versuch, die bloß erkenntnisregulierende Eschatologie doch selbst erkenntnisf:ihig zu machen; er begreift ihn also nicht als den Ausdruck einer "bild lichen Vorstellungsweise",221 als den ihn Althaus 1933 unter dem Begriff des jüdischen Realismus rubriziert. Doch dieser Gegensatz zu Althaus wird erst 1933 vom Apokalypsismotiv aus bestimmend; von seinem antiapokalyptischen Ansatz her war Althaus der Chiliasmus noch 1926 durchaus wie Dunkmann als Vennischung von geschichtlicher Erkenntnis mit der eschatologischen Bedingung ihrer Möglichkeit erschienen. 222 Als hätte AIthaus diese allmähliche Entfernung von Dunkmann bemerkt, glaubt er von diesem 1926 nicht mehr wie noch vier Jahre zuvor "am meisten", sondern nunnehr "viel" zu lernen; 1933 wird Dunkmann bloß noch zitiert. 223 2. Paradoxie als Symbol der Ewigkeit. Gerade für sein kritisches Interes· se an einer Ewigkeitsbedeutung der Geschichte nennt Althaus 1926 zustimmend als einen weiteren Zeugen THEODOR SIEGFRIEDS Konzept einer 216 Zitate DUNKMANN (1918) 164.163 (t§ 79.78, jeweils im Leitsatz): zur Unangemessenheil 1..8. a.a.O. 302. 217 Die von Dunkmann bemängelte Antinomie vcr1ritl H.E. WEBER (1926), der a.a.O. 304 die universale, unsichtbare Kirche als eschatologisches Regulativ versteht. zugleich aber ihre objeklive Realität betont (a.a.O. 308). Ähnlich argumentierte schon A. Allhaus (s. S. 72 Anm. 114). 218 DUNKMANN (1918) 368 in seinem § 168. dcr die ganze spezielle MalcriaJdogmulik abschließt. Neben der EschalOlogie münden daher auch Goueslehre und Christologie in die Aunösung von Antinomien. 219 Dunkmann haI persönlich die Konsequenzen aus der NichtJehrbarkeil von Dogmalik gezogen, indem er 1917 seinen lheologischen Lehrsluhl freiwillig aufgegeben und einen Berliner Lehrauflrag ftjr Soziologie angenommen hat: nach 1922 hat er :lUch keine theologischen Werke mehr veröffenllichl (vgl. WOLFES 119991406). 220 So im Unter1ite1 des Buches ,J)ie letzten Dinge" ab der flinften Aunage (1949). 221 Zilate DUNKMANN (1918) 364. 222 AI...TIIAUS (1926) 156: Der Chiliasmus .Jcbt von seiner eigenen Unklarheit". DERS. (1928) 354 wertel den identisch beschriebenen Sachverhalt elwas positiver. 223 Zitale DERS. (1922) 15: par. DERS. (1926) 11: vgl. DERS. (1933) 35 Anm. I 136 Anm. 11.
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paradoxen "aktuellen Eschatologie ihre Paradoxie besteht darin, daß das geschichtliche Leben und besonders das kulturelle Handeln gerade in der Erkenntnis, die Ewigkeit weder aufnehmen noch hervorbringen zu kön· nen, lediglich durch symbolisches Handeln •.zeichen setzen" kann rur die Ewigkeit. Die .,aktuelle Eschatologie" hat so nachgerade tragische Züge. l l i Ausdruck dieser tragischen Paradoxie ist rur Siegfried der Chiliasmus;226 Althaus findet 1926 denselben Gedanken durch seinen "eschatologischen ,Realismus'" ausgedrückt. Als er dieses Konzept jedoch t 933 zuspitzt zur Gegenüberstellung mit dem irdischen Realismus, ändert sich seine Einschätzung Siegfrieds. dessen Chiliasmus ihm jetzi als zu enge Verbindung von Kultur und Reich Gottes erscheint. 227 Dieser Wandel zeigt an, daß Althaus' 1933 gesteigertes Interes· se an einer benennbaren ewigen Bedeutung der Geschichte gar nicht mehr der Geschichte als solcher gilt. sondern einzig der Person Jesu Christi. Mit dieser Verschiebung geht parallel, daß Althaus 1933 die Kritik des Chiliasmus erheblich verschärft, so daß auch seine gewandelte Ansicht über Siegfried mit seiner Sicht auf das Judentum zusammenhängt. 3. Paradoxie als Schwelle wr Ewigkeit. Althaus' Hauptgesprächspanner im Ringen um eine positive Ewigkeitsbedeutung der Geschichte ist jedoch der Tübinger Dogmatiker KARl HEIM. Als Altbaus 1932 seinen dreisteiligen Geschichtsbegriff, der wohl die konziseste Form seines theologischen Nachdenkens über Geschichte abgibt, vorstellt als Frucht eines "seit lan· gern" (seit 1923) währenden Nachdenkens. da ist sein Hauptinteresse einer positiven Würdigung des Schöpfungsmäßigen in der Geschichte wesentlich konturiert durch die Abhebung von der Auffassung Heims, der die Geschichte ganz aus dem Sündenfall ableite?:ZS Was Heim gesagt hatte. war dies, daß die Paradoxie von Zeit und Ewigkeit. die "Hauptfrage" der Eschatologie. das Verhältnis einer Form (geschichtliche Zeit) zu einem sie sprengenden Inhalt (Ewigkeit) darstelle und deswegen Eschatologie von der Aufhebung der geschichllichen Zeit han•
224 DERS. (1926) 12: 81 Anm.4; 162 Anm. I (!): 256 Anlll. I. 225 SlEGFRlEO (1923n4) nennl370.362f. als Beispiel den lanuschamkter von Mönch und Ritler bzw. von Heiligem und Iielden: Seiner Sünde sich bewußt. lriU er nir die neue Weltordnung ein. die er doch nicht verwirt.lichen kann. 226 A.a.O. 36M. 227 ALlliAUS (1926) 162 Anm. 1 vgl. DUS. (1933) 350 (gewichen: DBtS. 119491 363: dazu s. S. 229 Anm. 164). 228 OERS. (1932) (Zitat a.a.O. 326) hal neben Heim zwar auch Hinchs Personalismus vor Augen: CERS. (1926a) 98 Anm.. 2 und der Verweis darauf (CERS. 11926) IX) konzentrie~n steh aber auf Heim.
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dele.2 Heims gesamte Eschatologie von 1937 basien dann darauf. daß Zeit und Geschichte als dieses Aufzuhebende nichts anderes bedeuten denn das Problem der Sünde, nämlich daß Sünde und Übel, Schuld· und Machtfrage auseinandenreten. Das mit diesen beiden Tennini benannte Paradox. daß Christus ..schon jetzt" die Versöhnung der Welt und ihrer Sünde bedeutet. diese Versöhnung sich aber in der Weil .,noch nicht" vollends manifestien,2JO hat nun Althaus bei seinem Monitum gegen Heims hamaniozentrisehe Geschichtsdeutung im Blick; so spieh er selbst mit der wiederholten Rede vom ..Machtkampr,231 möglicherweise bereits kritisch auf Heim an. Um so überraschender ist es, daß Althaus später gerade Heims Konzept von Schuld- und Machlfrage heranziehen kann, um seine J 933 getroffene Verhältnisbestimmung von Verheißung und Erfüllung nachträglich plausi· bei zu machen?J2 Dieser Umschwung 2JJ erklärt sich jedoch, wenn man Alt· haus' Hinwendung zum Apokalypsismotiv als Kennzeichen der Überarbeitung von 1933 in Rechnung stellt. Denn auch Heims Paradoxmethode zielt zuletzt auf eine Art Apokalypsismoliv. da er unter der Paradoxie eine Polarität versteht, die auf einer höheren Ebene aufgelöst werden kann. Wenn don auch wieder höherrangige Polaritäten denkbar sind. SO verhindert Heim hier doch einen unendlichen Rcgreß, indem er den Begriff "überpolare Urwirklichkeif' zur Bezeichnung der Wirklichkeit Gottes prägt, die alle polaren Räume erst begründet. 2J4 Freilich läßt sich rein logisch auch an die Wirklichkeit Goltes eine Polarität anlegen: Entweder GOIt ist. oder er ist nicht. Diese Frage ist denkerisch oder logisch nicht zu entscheiden. Doch gerade hier zeigt sich die Absicht von Heims Paradoxiekonzept: Angesichts 229 So will HEIM (1926) 422f. die ..Hauptfrage" der Eschatologie (das Slichwon aus dem Auf· 5atzlitcl) lösen. 230 DERS. (1937) Kap. 1/3 widmet sich ganz ,Sc:huldfr,lge und Mac:hlfrage", a.a.O. 44fr. am Beispiel von Sündenvergebung und Krnnlr:enhc:ilung in Mir: 2.1-12: die Folgerungen rur die Eschalologie a.a.O. K3p. U4 unlcr der Überschrift •.Weltvcl"SÖhnung und Wellvollcndung". 231 ALTltAUS (l926a) 96.98. 232 DEIl.S. (1949) 39 Anm. 2: sclbstverstilndlich noch nichl in dcr vicnen Aunagc. 233 DERS. (1926) 29 Anm. I '" DEIl.S. (1933) 106 Anm. I 1110 Anm. 21 zitien zudem rur die Auffassung. daß die Geschichte nur im Durchgang durch das Gericht Ewigkeilswen haben könne. HEtM (1921) 344. wo dieser die natürliche GOllesgewi6heit als Gcrichtsgewi6hcit bezeichnet. Da dieser Gedanke von den Verschictxmgen in Althaus' Esdt3tologie \'on 1933 nicht berüh" ist (s. nach S. 225 Anm. 149). e~in SK:h. daß das Zitat erft3lten bleib!:. 234 z..8. DERS.• Jcsus der HefT. Die Führcrvollmac:hl Jcsu und die Gotlcsoffenbarung in ChriSlUS (Der evangelische Glaube und das Denken der Gcgcnwan. Grundzüge einer christlichen lc:. bcnsanschauung 11). Berlin 1935, 108 u./S. WIlD (1976) 151 zeigt die Konsequenzen fUr die Eschaloktgae: In überpolarer Sic:hl erscheint die polare üidic:hlt:eil als Heilsgeschkhte. d.h. als Erfüllung der Zeil; die Enthüllung dtcscr Erfüllung ist das EschatOll. Man ...ergleiche beim Althaus von 1933 das Verhältnis von Erfüllung und Enthüllung.
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der Gottesfrage ist die Entscheidung zum Glauben oder Unglauben unausweichlich gestellt. 235 Mit ihr entscheiden sich dann auch wie in einer Kettenreaktion alle darunter abgestuften polaren Paradoxien. Die Paradoxie ist so gewissermaßen die Schwelle zur Wahrheit. die in der Glaubensentscheidung überschritten werden kann. 236 In der Eschatologie zeigt sich dies daran. daß die Weltversöhnung die Weltverwandlung unfehlbar im Gefolge hat. obwohl heide zeitlich auseinandertreten. Dieser Gedanke ist mit Althaus' Apokalypsismotiv verwandt, nicht zuletzt, weil Heim mit der seit LA. Domer belegbaren Tradition das spezifische Verhältnis von Weltversöhnung und -verwandlung für das entscheidende Charakteristikum christli231 cher Zukunftserwartung gegenüber dem Judentum hält. Ähnlich war ja Althaus' Neuhestimmung von Verheißung und Enthüllung gegen den jüdi238 schen Realismus in der Eschatologie gerichtet. 4. Ergebnis. Althaus' Konzept einer eschatologischen Würdigung der Geschichte steht durch seine verschiedenen Auflagen hindurch im Austausch mit anderen Verhältnisbestimmungen von Geschichte und Ewigkeit. Dabei vollzieht Althaus 1933 gegenüber allen einschlägigen Gesprächspartnern eine Kehrtwende. so daß man folgern kann, die auch bei der werkimmanenten Analyse für diese Auflage beobachtete Verschiebung in der Wahrnehmung des Judentums hänge eben mit dem Problem der Paradoxie von Geschichte und Ewigkeit zusammen. M.a.W. das Begriffspaar von Geschichte und Ewigkeit fungiert im hier vorgestellten Diskurszusammenhang als Wahmehmungsschema, das ein systematisches Problem chrisllicher Theologie repräsenliert,239 nämlich die Paradoxie in der Eschatologie. 235 Daß nur dic GI3ubcnsgewißheit der Paradoxien Uerr wird. die dcr erkenntnismiißigen Gewißheit aus dem subjektiv-objektiven Doppelcharakter ihrer Vorstel1ungsfomlCn erwachsen. behauptet schon HEIM (1920) 120f. 236 SCItItÖEIt (1960) 18Of. bezieht diesen Punkt nicht mehr zurück auf Heims Paradoxieverständnis und sieht darum bei Heim die Antinomie das letzle Won behalten. Treffender scheint mir. daß Hir Heim die Oberpolarität alle Paradoxie löst. nur kennt er IIcben der Oberpolarität GOlles auch eine solche Satans (z.B. HEIM [ 1937] 39). 237 A.ll.O. 177.237: a.a.O. 185 zur •.Auferstehung Christi als Anbruch der Endzeit"". S. S. 125 Anm.197. 238 Die Pragmatik von Heims Konzept einer Aunösung der Paradoxien durch den Glauben könnte allerdings von Allhaus' Absichten abweichen. So versteht HILLE (1990) 122f. U.ö. die zur GI:tubcnsfrage nötigende Paradoxie des fUr HEIMS Stil typischen Entweder-Oder (z.B. fUr die Goltcsfrage: DElts. 11937) 217) programmatisch als die missionarische Ausrichtung seiner ganzen Theologie. während WILD (1976) 122-124 betont. daB die Entscheidungsfrage nicht den ..sprung" in dcn Glauben. sondern .Zwiesprache auf der Basis des Denkens" beabsichtige. Wild rekonstruien dabei Heims systematische Argumentation. während ~lilIe eine biographische Pl:lusibilisierung i)eranzieht. 239 S. lU dieser Bedeutung der Schemata Kap. 1.2. hier S. 23f.
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Während sich jedoch die Paradoxie bei Dunkmann, Siegfried und Heim bloß als Regulativ, Symbol bzw. Schwelle zur Ewigkeit darstellt, fungiert sie für Althaus vom Grundans3tz seiner Eschatologie her als Ausdruck der Ewigkeit, wird diese doch dort paradox bestimmt als Aufhebung der geschichtlichen Polaritäten, doch unter Beibehaltung ihrer Pole. Noch zugespitzter wäre jedoch die Identifikation von Paradoxie und Ewigkeit, so daß die logische Paradoxie zum Bürgen für theologische Wahrheit würde. Genau dies ist Althaus auch von F. Holmström vorgehalten worden;240 es ist aber vielmehr die Position der Dialektischen Theologie und ihrer Rezeption, und hier kristallisiert sich denn auch im Verhältnis von Geschichte und Ewigkeit die Wahrnehmung des Judentums. So kann R. Bultmanns These, daß die "Geschichte von der Eschatologie verschiungen..24J werde, das Judentum zur (geschichtlichen) Folie christlicher Eschatologie werden lassen, selbst wo versucht wird, der christlichen Eschatologie nachträglich einen 242 Im Gegenzug versteht sich der Vergeschichtlichen Anstrich zu geben. such seit den 1960er Jahren, Eschatologie als Geschichte zu begreifen. 24) zugleich als Hinwendung zu jüdischen Themen der Eschatologie und polt so das polare Wahrnehmungsschema von Geschichte und Eschatologie um. Das Schema als solches zeigt aber in beiden Blickrichtungen dasselbe systematische Problem an, nämlich die theologische Valenz der logischen Paradoxie, oder anders gesagt: Wieweit ist die Eschatologie fähig des Logos? Das ist die grundsätzliche Frage an die Wissenschaftlichkeit der Eschatologie: Wenn nämlich Eschatologie, wie es gerade an Althaus' Konzept von Paradoxie zu beobachten war, nicht auf der Logik vom Satz des ausgeschlossenen Dritten aufruht, wie läßt sie sich dann noch in vernünftige Rede (Logos) fassen? Es ist dieses, wohl das wissenschaflstheoretisch gravierendste, Problem der Eschatologie, das sich in der, nicht zuHillig so umfassenden, Begrifnichkeit von Geschichte und Ewigkeit ausdrückt. Diesem Problem sinnt Althaus nach, und ihm gilt auch die Behandlung der Wahrnehmungsschemata in der vorliegenden Untersuchung. 244 240 HOu.1STROM (1936) 297fr. grundsätzlich und 3.a.0. 406ff. ftir den Althaus von 1933. 241 BULTMANN (1958) 42 (don mit Bczug auf neutestamentliche Texte). 242 Dies will Bullmanns Interpret KÖRNER (1957); doch vgl. a.a.Q. 22.42.111.94 zur Einschätzung des Judentums. 243 Zu denken wäre an PANNENBERO (1961) 93 (Aufnahme der jildischen Apokalyptik); MOl1'MANN (1964) 1200. (dasselbe) und auch CUUMANN (1%5) 14Of.. der die bleibende Besonderheil des Judelllums rur die christliche Eschatologie mit der ..Einreihllng" (a.a.O. 150) Christi in die alttestamenlliche Geschichte begründcl. 244 Auch das riesenhafte Buch .,AllveTSÖhnung" von JANOWSKt (1999) will den eschatologischen Dualismus im Satz des ausgeschlossenen Drillen wissenschaftlich überwinden. doch. wie der Titel sagt. durch den Monismus.
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2.2. Hoffnung und Glaube?
Wenn das Begriffsschema "Geschichte" und "Ewigkeit" das Problem der Logizität von Eschatologie ausdrückt, also die Frage nach der Wahrheitsfö· higkeit der Eschatologie, dann könnle man sagen, daß die Begriffe "Hoffnung" und "Glaube" auf ihre Wirklichkeit zielen, indem sie nämlich als Tugendbegriffe und damit anthropologische Termini ausdrücken, auf welche Weise der Gegenstand der Eschatologie für den Menschen erfahrbar wird. Der vorstehende Unterabschnitt zeigte, daß Althaus 1933 anders von Geschichte und Ewigkeit redet als zuvor. Im Zusammenhang nun seiner Ausführungen zum Thema "Verheißung", die ihn 1933 das Judentum in einer anderen Weise wahrnehmen lassen als zuvor, erlebt auch Althaus' Gebrauch der Termini "Hoffnung" und "Glaube" 1933 einen Wandel. Hatte Althaus seit 1926 beide als Entsprechungen für das Begriffsgespann von teleologischer und axiologischer Eschatologie auf eine Ebene gestellt, so bekommt 1933 der Glaube den sachlichen Vorzug: Und darum wird der Glaube. der sich das gegenwärtige Heil aneignet, unmillelbar zur Hoffnung, daß das gegenwärtige Heil ..offenbar werde" (Röm. 8.19: Kol. 3,4). Das Verhällnis von Gegenwart und Zukunft ist also das von verborgener und offenkundiger Heilswirklichkeit. Der Glaube wird nicht der Gegenwart von einer in Gottes Zusage verheißenen Zukunft her, sondern der Zukunfl von einer in Gottes Zusage bereifeten Gegenwan aus gewiß.1' 5
Diese Sätze sind unmittelbar gegen GEORG HOFFMANN gerichtet, der 1929 in einer eschatologiegeschichtlichen Studie in Auseinandersetzung mit AIthaus den Vorrang der Hoffnung vor dem Glauben behauptet hane. Sein entscheidendes Argument läßt sich 50 rekonstruieren: Die Wirklichkeit des Eschaton. die völlige GOllesgemeinschaft, liege, so Hoffmann mit Althaus' Abwehr der Endgeschichte, so sehr jenseits der Geschichte, daß sie - dies nun gegen Althaus - auch in Chrislus keine geschichtliche Heilsgegenwart finden könne, sondern nur unmittelbar in der verheißenen Zukunft jenseits der Geschichte selbst wirklich sei. In Hoffmanns Worten: "Wenn wir den Glauben auch nicht völlig in der Hoffnung aufgehen lassen [, ..], so behaupten wir allerdings doch l...], daß die Hoffnung, die Beziehung auf die ewige Zukunft der Erfüllung das .schlechthin entscheidende Merkmal am
245 ALnIAUS (1933) 43 145).
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Glauben' ausmache.,,246 Eschatologie gründe deshalb im Zukunftswort der Hoffnung, nicht in der Heilsgegenwart des Glaubens. Die Folge ist, daß solche Eschatologie, die auf einer in sich geschichtssprengenden Zukunft gründet, gar nicht materialiter durchgeführt werden kann, also nicht von der Ewigkeit selbst als Jenseits der Zeit, sondern vom Ewigkeitsbezug der Zeit 247 handel1. I. Vorrang der Hoffnung. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangen Autoren, die ebenso wie Hoffmann, doch unabhängig von ihm und seiner Auseinandersetzung mit Althaus, einen sachlichen Vorrang der Hoffnung vor dem Glauben annehmen. GOlTLOS MA YER etwa versteht sein ..System der christlichen Hoffnung" ausdrücklich als eine Hoffnungslehre,248 die, anders als eine Eschatologie (exemplarisch der jüdische Chiliasmus), die Erwartungsgüter nicht an sich, als extensive Größen, "nach dem möglichst gros· sen Umfang ihres lnhalts" bewertet,249 sondern, als intensive Größen, nach ihrem notwendigen Bezug auf das absolute GUl. 2SO Als dieses absolute Gut sieht Mayer die Hoffnung auf die ewige Gouesgemeinschaft selbst an. Demgegenüber sei der die Hoffnung hervorbringende Glaube ein relatives GUI. 2'1 Ganz ähnlich behauptet WILHELM HA DORN in seiner ebenfalls am Thema Hoffnung orientierten eschatologischen Skizze einen Vorrang der Zukunft vor der Gegenwart, indem er das Wesen vom Grund der Hoffnung unterscheidet: Hoffnung sei, obwohl sie im gegenwärtigen Glauben gründe, wesentlich zukünftig, d.h. der Glaube hat zwar Hoffnung, kann sie aber 246 HOI'FM....NN (1929) 68 (vgl. a.a.O. 72) gegen E. Schaeder; doch vgl. a.3.0. 87 bei Anm. 3 auch gegen Allhaus. 247 A.a.O. 93. Hoffmann liegt damit auf der Linie der im kanlischcn Sinne regulativen Es· chatologie (s. S. 73 Anm. 12 t) als eines jenseitigen Bezugspunktes der Theologie (a.a.O. 117f.). er versieht aber diesen Ewigkeilsbezug als retigionspsyehologisches Phänomen und folgt damit seinem Lehrer G. Wobbennin (s. S. 204 Anm. 46). 248 M....VER (1900) 65 u.ö. - Mayer. tätig als Pfam:r hauplsäehlich im brandenburgischen Jüterbog. halle scincneit als Herausgeber der O. Baumganens Konzept der Modemen Prcdigl nahesIehenden Reihe ..Das Neue Testamcnl in religiösen Belrdchtungen rur das gegenwänige Bedürfnis" einiges Renommee. Seine Boffnungs1ehrc erinncn durch den Titel und die gütenheorctischc Melhode an die Erlanger Erfahrungstheologie eines F.B.R. v. Frank. der in seinem ..system der christlichen Gewißheit" ftir alle dogmalischen Loci den Erfahrungsbezug im christlich frommen Selbstbewußtsein nachzuweisen suchte. 249 A.a.O. 137. Dies iSI nach Mayer der ,.Kern aller chiliaslischcn Verirrung" (ebd.). 250 Nach Mayer sind sie "begehrenswene Güter. weil sie leils Millel der Verwirklichung, teils Vorslufen der absolUlen Gonesgemeinschaft sind. Nur wegen dieses ihres Charakters werden sie erhofft' (a.II.0. 138). Mayer nutzi hier aus. daß tipis im christlichen (anders im profangriecttisehen) Gebrauch immer auf ein Gm bezogen iSI. 251 Wie .,das absolUle Gut "Zu einem relaliven. so verhüll sieh subjektiv die Hoffnung zum Glauben" (a.a.O. 48).
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V. Die antiapokalyplische Eschatologie von Paul Althaus
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nicht aus sich heraussetzen,252 sondern empHingt sie von der Zukunft, wie die Morgenröte ihr Licht von der noch hinter dem Horizont liegenden Sonne empfangt. Diese Metaphorik von Sonnenaufgang und -strahl gehön zu den Ausdrucksmitteln des zeitgenössischen Zionismus, den Hadorn als Zeichen der Hoffnung hervorhebt;253 sie implizien, daß auch nach Hadorns Differenzierung von Grund und Wesen der Hoffnung der Inhalt der Eschatologie nicht die Zukunft als solche ist, sondern der Zukunftsbezug der Gegenwan. 254 Hadorn folgt damit ebenso wie Mayer und noch deutlicher Hoffmann der Tradition der Vennittlungstheologie: Weil die Realität des Gegenstandes der Eschatologie gerade als Regulativ der Theologie rein hypothetischer An ist, handelt sie von der Zukunft nicht als solcher, sondern als Bezugsrahmen der Gegenwan. Die genannten Autoren drücken dieses Problem eschatologischer Realitätsan gerade durch die Akzentuierung der Hoffnung vor dem Glauben aus, also in einem Begriffsschema, das, wie gesehen, die Frage der Wirklichkeit von Eschatologie zum Thema hat. 2. Vorrang des Glaubens. Ein anderes, doch in sich ebenso gerundetes Bild bieten solche Autoren, die zur sei ben Zeit teils nachdrücklich den Vorrang des Glaubens vor der Hoffnung betonen. Hier ist zuerst WILHELM KOEPP zu nennen, dessen kleine Monographie über "Die Welt der Ewigkeit" schnell Althaus' Zustimmung findet. Koepp geht es mit diesem Titel um die "Zukunftswelt des Glaubens", die als zeitund wandellose Ewigkeit im "absoluten Gegensatz zu der endlichen Sphäre" stehe2SS und darum über den rocher de bronze "Ewigkeitsglaube" hinaus auch mittels "Hilfsvorstellungen" nicht in .,Einzelheiten" entfaltet werden könne; der darauf zielende "Typus der christlichen Hoffnung" komme zu ..absoluten Widersprüchen" und könne "nur in Antinomien reden... 2s6 Hoffnung ist hier ein problematischer Grenzbegriff. der in die Eschatologie nur 252 IIADORN (1914) 34: "Eine Hoffnung. die sich nicht auf ein gegenwäniges Erleben stützen kann. ist unwirksam": a.a.Q. 38 zu Grund bzw. Wesen der Uoffnung (Kap. 1.112); a.a.O. 115f. gegen die Folgerbarkeit der Uoffnung aus dem Glauben am Beispiel der Überwindung des Bösen. ALnlAUS (1922) 15"" DERS. (1926) 12 erwlihnt Hadom zunlichst1.USlimmend, findet in ihm aber 1933 keinen Gcsprächspanncr mehr. 253 UADORN (1914) 123 zum Zionismus und u.O. 36f. zur Sonncnmctaphorik (mit der Sonne iSl dort das Christentum gemeint). Zu entsprechender Emblematik im Zionismus vgl. STÄItUR (2003) 146.148 mit Abb. 2. 3. 254 HADORN (1914) 23f. zeigt. daß sich der Inhall der Uoffnung (Kap. 1.3) nichl gegenständlich beschreiben läßt. 255 Zitate KQEPI> (1921) 27.23 (alle Hervorhcbungen aufgehoben). Zu Kocpps Ewigkeilskonzcpt vgl. a.a.O. 24f. 256 Zitate a.a.O. 24.39.38.31.28.31 (alle Hervorhebungen aufgehoben).
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per nefas Eingang findei; und es sind gerade die EschatoJogumena jüdischer 257 Provenienz, die Koepp dabei abweist. In den ähnlich gelagerten Erörterungen von FRIEDRICH TRAUB sieht an Stclle des Begriffspaares von Glaube und Hoffnung das Gegenüber von Glauben und Wissen (Denken), und zwar fraglos wegen Traubs kantischen Grundansatzes, demzufolge die Erkenntnistheorie für die Eschatologie nur kritische, nicht begründende Funktion haben kann. da sie ihr nur Postulate liefert. 258 Eschatologie baut vielmehr ihre theologische, nicht philosophische "Begründung auf die geschichtliche Offenbarung" in Christus;259 darum sind ihre Lehrgegenstände ausschließlich Glauhensgegenslände und was damit logisch oder zur Veranschaulichung unmittelbar zusammenhängt, jedoch keine bloßen Wissensfragen wie z.B. das Problem von Apokatastasis und doppeltem Ausgang. 260 Das Problem dessen, was in die Eschatologie hineingehöT1 und was nicht, findet bei dem Ritschlschüler THEODOR HAERLNG Ausdruck in der Unterscheidung und Inhalt und Fonn, die dem Glauben bzw. der Hoffnung zu- und untereinander nachgeordnet werden: "Nur die Glaubensnorm der Offenbarung kann bestimmen, was christliche Hoffnung ist." Der so durch den Glauben vorgegebene Inhalt der Eschatologie stoße in der Fonn auf das Zeitproblem, das nicht die Dogmatik, sondern allenfalls die Spekulation 261 Praktisch gleichbedeutend schreibt abschließend behandeln könne. JULIUS KAFTAN, daß "die Grundgedanken der christlichen Hoffnung aus inneren Gründen des christlichen Glaubens zu entwickeln" seien und damit das ..Dass" vom ..Wie" der Eschatologie zu unterscheiden. 262 257 Koepp. als SchUler H. Cremers der Positiven Theologie vcrpnichtcl wie Hadorn. nennt kritisch a.a.O. 38-40 den Chiliasmus. den Gerichtsgedanken, den Zwischcnzustand. die Auferstehung der Toten und die Parusieerwanung. Dazu slimmt, daß ALTItAUS, der Koepps Ansutz begrußt (DERS. [19221 15 = DERS. [1926] 11), die Kritik an dessen Vernachlässigung der Zukunftshoffnung nicht erneuert, als er sich 1933 selbst sl1irker von jüdischer Eschatologie abgrenzl (OERS. 11922]58 Anm. I = DERS. 11926] 69 Anm. I: vgl. DERS. [19331 53f. [56J). Die Rezeplion Kocpps durch Ahhaus gleicht damit derjenigen Dunkmnnns, Siegfrieds und Hadorns. 258 TRAU8 (1925) 33f. An.O. 29 zum Problem des Wissens und a.a.O. 91 zu Glauben und Denken. Vgl. KAN'rs Ausspruch .•lch mußle also das Wisst'rr aufheben. um zum Glauben Platz zu bekommen" (DERS. (1787) B XXX). 259 TRAU8 (1925) 42 nlervorhebungen aufgehoben). Traub war es. der mit diesem betont Ihcologischen Ansatz Althaus bewog. die Begriffe ,Axio1ogie" und "Teleologie" allercrst durch die biblischen .,Glaube" und "Hoffnung·' zu ersetzen (vgl. ALTHAUS [19261 16 Anffi. 2). 260 Dies gehl gegen Allhaus (TRAU8 (19251 Illf. 116); lehrbar ist nur die Vollendung im Jenseits (a.a.O. 91 f.). 261 Das Zital des Inhalts von Eschatologie: HAERINO (1912) 643: zum Fonnproblcm vgl. a.a.O. 669. 262 Zitale KAfTAN (1920) 670 (§ 73,2) bzw. 3.a.0. 671 (§ 73,3).
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Mit der in den letzten Beispielen besonders deutlichen Abstufung zweier eschatologischer Gegenstandsbereiche in Glaube lind Hoffnung folgen Kaftan und Haering ebenso wie Traub und Koepp Schleiermachers Argument,263 daß die Eschatologie infolge ihrer ebenso notwendigen wie inadäquaten, jedenfalls nicht auszugleichenden Bilder, Denk- und Veranschaulichungsformen nicht in einem umfassenden Gesamtbild lehrbar und daher nicht Teil der Dogmatik sei. 3. Pneumatalogische Eschatologie. Es scheint daher, daß das Problem der Wirklichkeit von Eschatologie. das wir mit dem Begriffspaar Glaube und Hoffnung angeschnitten sahen, zuletzt doch, wie das Schema von Eschatologie und Geschichte, in die wissenschaftstheoretische Frage einmündet, ob die Eschatologie dem theologischen Denken den Rahmen vorgibt (Vorrang der Hoffnung) oder aber ihm die veranschaulichenden Bilder nachliefert (Vorrang des Glaubens). Aber die Alternative von Rahmen und Bild besteht nur zum Schein, und der Überblick über das Problem von Glauben und Hoffnung kann nicht abgeschlossen werden, ohne Althaus' zentralen Gewährsmann für diese Frage heranzuziehen. ERICH SCHAEDER kritisiert 1924 die ganz auf dem Konzept der Hoffnung aufgebaute Dialektische Theologie K. Barths und hält in einer Zusammenfassung seines Buches fest: "Diese ganze Arbeit ist geschrieben, um u.a. dieser [Barth'schenJ Übertreibung, welche das Christentum auf die alttestamentliche Stufe zu drücken droht, zu wehren." Dagegen nun Schaeder: "Man ist wirklich in der Form des Glaubens am Ziel der Geschichte. Aber immer nur in der Form des trauenden Glaubens." Hier wird anscheinend die Hoffnung der alttestamentlichen, der Glaube aber der christlichen Religion zugeschrieben. Althaus führt diese heiden Stellen 1926 und 1933 denn auch zur Untermauerung seiner Verhältnisbestimmung von Glauben und Hoffnung an. Dabei fällt allerdings auf. daß Althaus das zweite Zitat 1926 im Sinne eines schon vollendeten Glaubens gebraucht, 1933 aber damit den Glauben austariert durch sein Angewiesensein auf Hoffnung. 264 Tatsächlich steht Schaeder selbst zwischen diesen beiden Ext.remen. Sein theologisches Zentralthema ist das Problem, daß der Glaube schon aufgrund der Schwächen, die dem geschichtlichen Jesus Christus selbst anhafteten gedacht ist z.B. an Gethsemane -, nicht stark genug ist. um ohne die Bestä263 KOEPP (1921) 28-31 übernimmt in den Fragen der persönlichen Fondlluer und der zukünftigen Leiblichkeit alle ArguffiCme Schleiennllchers; HAERtNG (1912) 66.5ff. rekonstroicn das Fonnproblem der Eschatologie (Zeil und Ewigkeit) im Anschluß an Schleiermacher. 264 Die Kritik an Bllnhs HoffnungscschlilOlogie stehl bei SCHAEDER (1924) 39; die Zilate lI.a.O. 149.199: ersteres wird erwähnl von ALTIIAUS (1933).5.5 Anm.3 [.58 Anm. 21; lelzteres zitien DERS. (1926) 72 Anm. I '" DERS. (1933) 58 Anrn. t [61 Anm. I].
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tigung durch fortgehende geschichtliche Erfahrung zu überleben?65 Glaube kann daher weder bloß in der Hoffnung auf Christus gründen noch allein in der geschichtlichen Erfahrung der eigenen Wiedergeburt. Schaeder selzt dagegen die Verbindung beider durch eine "Theozenlrische Theologie",266 in der die unsichtbare Gegenwart des Auferstandenen erfahrbar gemacht wird durch gute Werke, durch die Kirche. besonders aber durch die alttestamentliche Gestalt der Christusgeschichte, für die sich Schaeder auf v. Hofmann berufl. 267 Dabei ist "das Entscheidendc",268 daß diese glaubensstärkende Erfahrung Eschatologie "entbindet" als die "notwendige Konsequenz",269 mit der Christi Parusie die verborgene Herrlichkeit des Auferstandenen offenbar machen wird. Schaeder verbindet in diesem Konzept die heiden Charaktere, die AIthaus' Eschatologie nach bzw. vor 1933 kennzeichnen, denn in ihrer Schlüsselstellung für die Theozentrische Theologie folgt die Eschatologie einerseits einer Art Apokalypsismotiv, das erlaubt, sie aus der Heilsgegenwart zu folgern; andererseits bildet die Eschatologie durch die doppelte Frontlinie des Grundansatzes derselben Theozentrischen Theologie das Jenseits der Alternative von geschichtlichem Glauben und zukünftiger Hoffnung, das keines von beiden auflöst. Und in dieser letztgenannten Funktion bildet die Eschatologie als "Das Geistproblem der Theologie" den "Übergang" zwischen den Fronten von Schaeders Theozentrischer Theologie. 27o Bei Sc/weder selbst ist mit dem Begriffspaar von Glaube und Hoffnung die pneumatologische Dimension VOll Eschatologie angesprochen, und in dieser Bedeutung, d.h. als Versuch. die eschatologischen Polaritäten zu überwinden, hat Schaeders Behandlung des Geistproblerns einen heute weithin 265 SCliAEOOR (1909/14) 11.275: ,,Es gibt auch hier kein Glouben ohne ein Sehen, ohne GlaubensslülZCn in kundbarcr Erfahrung". 266 Der Buchtilel erklän sich v.a. flir die Erstaunage durch die Doppelfront von Christo1.cnIrismus und Anlhropozemrismus. die Schaeder weniger mit konkrelen Autoren ~selll, sondern als Anlagonismus von biblizistischem Supranaluralislllus und llCuprotestantischcm Subjektivismus bei verschiedensten Theologen konsilitien. In der Lclzlgestalt des Buches wird der Christozcntrislllus jedoch abgelösl durch Banhs Dialektische Theologie (SCUAEDER [1925/28]11.63 Anm. I im Ver· bund mil a.a.O. I,Vf.), an der Schaeder bemängelt. daß sie nicht GOlt in Chrislus, sondern abSlrakterweise den Abstand zwischen GOII und Mensch als Ausgangspunkt nehme (a.a.O. II.VII: der ,J'Jlional-dialeklischc Subjclaivismus"). 267 DERS. (1909/14) 1I.277f. 276.273. 268 DERS. (1925/28) 11.263. 269 Zitale DERS. (1909/14) 11.272.285. Vgl. OERS. (1925/28) 11,263 zur Bedeutung der Es· chatologie: Sie iSI •.in der Fonn gewisser Hoffnung vom Glau~n unablrennba(·. 270 Das mit dem ersten Zitat betitelle Buch OERS. (1924) erschien. als nur dcrerste Band dcr Theozenlrischcn Theologie in z..... eiter Auflage vorlag (1916), nichl auch der zweite, so daß die spätere Rede vom ..Übergang" (DERS. II92.'l/28]I. VI) wönlich gemeint ist.
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in Vergessenheit geratenen Vorläufer mit der Eschatologie des baltischen Luthertums: Der heute nurmehr als Moralstatistiker bekannte Dorpater Systematiker ALEXANDER V, OETIINGEN leistet zur Eschatologie nach zwei einschlägigen Qualifikationsarbeiten einen originären Beitrag mit einer Monographie zur Pneumatologie, Demnach vermittelt der Geist in der theologischen ,.,Meisterfrage,,,211 nach der menschlichen Beteiligung am göttlichen Heilshandeln, indem er zwischen aktionistischer Leidenschaftlichkeit und passivistischer Leidenllichkeit eine Leidensbereitschaft und -willigkeit 212 v,Oeningen kommt so zu seiner ",Konzentrations-Hypothese''', setzl. derzufolge Gott sich über die Kondeszendenz am Kreuz Christi hinaus im heiligen Geist konzentriert und so weiterhin den christologischen status 273 Weder ist der Geist hier die den Menschen zur exinanitionis erleidet. Passivitöt verurteilende, unwiderstehliche Natunnacht, als die er im Alten Testament nicht selten auftritt, noch wird er als dritte Person der Trinität der Gemeinde appropriien und so zum Gemeingeist hypostasiert, der in der Aktivitöt des christlichen Gesamtlebens erscheint,274 sondern er verbindet Person und Natur, indem er jeden Einzelnen persönlich zum Glauben ruft und zur Naturverklärung führt. 215 Ist aber damit die Alternative von Goues allein aktiver und des Menschen ausschließlich passiver Beteiligung am Heilsgeschehen gegenstandslos, weil die Gegenüberstellung von Aktiv und Passiv als solche zu unscharf ist, dann verliert auch für den Menschen die Gegenüberstellung von Aktiv und Passiv ihre Bedeutung. Der fortgesetzten Leidensbereitschaft Gottes entspricht daher auf seiten des Menschen die .,noch nicht'" erreichte Vollendung, die v.Oettingens Buch den Titel gibt und die auf eine eschatologische Würdigung menschlichen Leids zielt, an 271 Zitat v. OElTINGEN (189S) 39 und vgl. 0.3.0. 40 zur ..Dissonanz zwischen gÖlllicher AI· lein wirksamkeit und melIschlicher Selbsllhätigkeil'", 272 Aa.O. M. 273 Dieses. vielleichl von der Kabbala (und ihrer Lehre von Gottes SelbslkOflzcnlralion im sog. ZiffiZum) beeinflußte, Konzepl soll die kenOlische Otrislologie v. Hofmanns korrigieren (Zitat a.a.O. 122). freilich kaum deren Idealismus (so PAWV.S 119901 209), solidem eher deren Axiomatik (s. S. 253 Anm. 27S). 274 v. OElTINGf..NS pneumolologische Fronlstellung ist vielflihig: vgl. DERS. (189S) 57.79.34 gegen ein naturalislisches (alttestamentliches) bzw. personalislisches (hypost3siencs) bzw, kongrc:glllionalistisches Geislvcrsländnis: jeweils in AuseinanderselZung mit H. Gunkel bzw. R. Seeberg bzw, A. RilSChJ. 27S Aa.o. 59. Daß der Geisl persönlich und individuell zum Glauben beruft (a.a.O. 101 vgl. DEll.s.1 1897/1902111/2.299), verbindet demnoch Eschatologie und Pneumatologie (a.a.O. 11/2.723 und schon die Habilitation 1856), Indem der Geist die Stufung von Person und Natur Uberwindel. rutin v. Qeningen v. Hofmunns Konzcpl weiter und gehön daher auch eschatologiegeschichtlieh in dessen Tradilion (gegen PAWLAS [1991121 Anm. 15).
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dem bis in das 20. Jh. hinein gerade die baltische Landeskirche zu Iragen haue. 216 Dies läßt verständlich erscheinen, warum der aus Westfalen stammende Tallinner Missionar TRAUGOlT HAHN, als Student in Dorpal zeitweise Hörer v. Oeuingens,211 die Frage nach dem Leid in den Mittelpunkt seiner beiden Bücher zur Eschatologie stellte. 278 Eschatologie handelt demnach von der Durchsetzung des Guten gegen das Böse. Dies kann jedoch gegen eine innerliche. "geistige Macht" wie das Böse nicht durch die Wirkung göttlicher Allmacht geschehen, denn diese gilt nach Hahn nur ..der äußeren Regierung der Welt" und gehört nicht zu Goues Wesen, das Hahn unter m.W. analogieloser - Berufung auf das Bilderverbot des alttestamentlichen Judentums in der Geistigkeit erblickt. 279 Aus dieser für Hahn kennzeichnenden Allmachtskritik ergibt sich, daß Gott das Böse nur in innerer Auseinandersetzung mit ihm überwindet, indem er es durchleidet, und dementsprechend wird "am Ende der Zeit die leidende Gemeinde der Märtyrer siegen". Hahn hat diesen, ohne v. Oeuingens dreifache Leidensbegrifflichkeit und ihre Folgerungen für eine Theologie des Leids kaum denkbaren, Grundgedanken später noch zugespitzt und damit wohl auch überspitzt. Denn ein Jahrzehnt später beschränkt er Eschatologie auf die innerliche Überwindung des Bösen, und die Erwartung einer auch äußeren Überwindung des Leids wird als fleischliches Motiv und als Leidensscheu abqualifi2w Wenn sich diese Kritik auch historisch gegen die Entrückungslehziert. ren der lrvingianer richtet. so geht mit dieser Veränderung doch auch eine gewandehe Wahrnehmung des Judentums einher. 1929 lehrt nicht mehr das Judentum die Christenheit den Vorrang des Geistigen vor dem Anschaulichen, sondern lernt diesen umgekehrt erst daran, wie die Christen ..stand~ 276 V.OETTlNGEN stehl gegen eine verbreitele Lesart des Wahmchmungsschcmas .,Schon jelzr' - ..Noch nichl". wenn er die ..fertigen Chrislen" (!>ERS. [18951 111) mahnen will. daß ..noch nicht" alles Leid behoben. damil aber auch Gones Langmul •.noch nicht" am Ende sei (a.a.O. 6f.). 277 HAHN hörte im zweilen Semesler v. Oeningen. bei dem er mittwochs Freitisch halle. gegen dessen Ral und war. auch späler bei der Lektüre. von seiner unerbaulichcn Theologie enuäuscht; DERS. (1919) 272.276. 278 Das ersle Buch erschien erstmals 1919 - wenige Monale, nachdem Hahns Sohn. der Dorpaler praktische Theologe Traugoll Hahn jun.. von Bolschewislen emlOroel worden war. 279 Zitale HAIIN (1920) 48.47. Zur Allmachlslehre a.a.O. 46-48 vgl. die Zuspit'lung DERS. (1929) 79: ..es iSI nichl anders möglich gewesen. Samn zu Uberwindcn. als durch das uittl'n und den Tod des Erlösers". Vgl. DERS. (1920) 35 zum Bilderverbol des alttestamenllichen Judenlums (das Hahn a.a.O. 38ff. 42f. vom gegenwärtigen und vom zukUnftigen Judentum diffcrenzier1). 280 A.a.O. 57 (Zitat) vgl. DERS. (1929) 101. Wagte HAIIN (1920) 67 .,nicht zu enlscheiden". ob der Chiliasmus als verklärtes Irdischsein oder himmlisch zu denken sei. so legt sich DERS. (1929) 102 auf lelzteres fesl und kritisiert a.a.O. 82 jedes ..ungeistlichc. fleischliche Denken" (woflir die ••Leidensscheu"la.a.O. 19] ein Beispiel wäre).
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haft alle Leiden ertragen".281 Ln der Konsequenz dieser Überlegungen richtet sich das Stichwort der Leidensscheu dann aber auch gegen die Juden. Hahn zeigt mir seinem Interesse an einer eschatologischen Würdigung der Leidensthematik aJso eine ähnliche Entwicklung wie Althaus mit seinem Bestreben, einen Ewigkeitswert der Geschichte zu ermiueln. Wie bei ihm der Versuch, geistlichen von irdischem Realismus zu unterscheiden, zur Wendung gegen das Judentum führt, so ergibt sich dieses selbe Resultat bei Hahn aus der Trennung des geistigen Übels, also des Bösen, vorn vermeintlich fleischlichen. dem Leid, obwohl Hahn zuvor doch selbst mit v. Octtingens dreifachem Leidensbegriff die Durchdringung beider erkannt hatte. Was sich daher bei Althaus in der Abhebung des Glaubens von der Hoffnung ausdrückt, hat eine Entsprechung in Hahns anthropologischer Dissoziierung von Geist und Fleisch. 4. Ergebnis. Das problemgeschichtliche Ergebnis dieses Überblicks über die Eschatologiedebatte um Althaus lautet, daß das Schema von Glaube und Hoffnung tatsächlich einen eigenständigen Fragenkomplex markiert. Er betrifft im Unterschied zum wissenschaflstheoretischen Problem der Wahrheitsfahigkeit von Eschatologie, das das Schema von Geschichte und Eschatologie ausdrückt, tatsächlich die Wirklichkeit der Eschatologie. und zwar, wie erst anhand der pneumatologischen Eschatologie bei den genannten baltisch-lutherischen Autoren kenntlich wurde, als Frage nach der menschlichen Beteiligung am gÖlffichen Heilshandeln. Mit den Termini "Glaube" und "Hoffnung" verbindei sich also die Aufgabe der theologischen Anthropologie. 282 Wie zuletzt die Entsprechung in den konzeptionellen Verschiebungen bei T. Hahn und P. Althaus zeigte, liegt hier auch die Bedeutung der Begrifflichkeit von Glaube und Hoffnung für die Frage der Wahrnehmung des Judentums, die sich bei allen in diesem Unterabschnitt vorgestellten Autoren untergründig mit den Begriffen verband. Man kann daher das Begriffspaar von Glaube und Hoffnung als ein Wahmehmungsschema im Sinne der hier befolgten problemgeschichtlichen Methode28J ansprechen. Die Bedeutung dieses Schemas wurde und wird einzig dadurch überdeckt, daß kurz nach dem Zeitraum. in dem die hier verhandelten Autoren schreiben, die Dialektische Theologie ihren Siegeszug antrat und in ihrer Eschatologie Glaube 281 A.3.0. 91. Daduf{;h würden die Juden aus ihrer ..Chrislusfcindschaf"· aufwachen (ebd.). 282 Die Frage nach dem Vcrhältnis von göttlicher und menschlicher Beteiligung am Heilsgeschehcn kann sich auch. unter ~Iinzunahme der drillen theologischen Tugend. im Schema von Glaube und Liebe ausdrUcken, wie es in Teilen der pietistischen Trndilion einschlägig war H1r die Wahrnehmung des Judcnlums (s. bei S. 24 Anm. 37f.). 283 S. dazu Kap. 1.2. hier S. 23f.
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und Hoffnung praktisch austauschbar verwenden konnte. um den Zusammenhang von Gericht und Gnade auszudriicken. 284
3. Problemgeschichtlicher Ertrag 1. Alrhaus und die heilsgeschicJu/iche Tradition. Althaus ist in seinem gesamten eschatologischen Denken grundlegend an einem Ewigkeilswert von Geschichte interessiert. und dieses Interesse als solches verbindet ihn mit der zeitgleichen Dialektischen Theologie. In ebenso grundlegend vollzogener Abkehr von dieser bestimmt er jenen Wen jedoch nicht rein negativ, sondern konzipiert Geschichte dreisteIlig. Damit drückt er aus, allein die Ewigkeit als das Jenseits geschichtlicher Polaritäten vermöge deren Zweideutigkeiten so aufzuheben. daß ihre Pole beibehalten werden. Die Analyse zeigte jedoch, daß Althaus in der LetzIgestalt seines Konzepts durch ein verändenes Verständnis von Verheißung den historischen Jesus Christus aus der Spannung aller Geschichte gegenüber der Ewigkeit entläßt und so zu einer Abwenung jüdischer Zukunftserwanung gelangt. M.a.W. das Problem, wie Eschatologie jenseits der Altemativlogik vom Satz des ausgeschlossenen Dritten wissenschaftlich verantwonet über christliche Zukunftshoffnung reden kann, ist bei Althaus nicht letztlich gelöst, und dies 28j zeigt sich gerade an seiner Wahrnehmung des Judentums. Das verbindet Althaus mit der Eschatologie der HeilsgeschichIlichen Theologie, denn auch sie wollte mit ihrem Ansatz bei der verheißenen Parusie Christi die Diastase von Person und Natur im theologischen, von Geschichte und Natur im allgemein geistesgeschichl1ichen Diskurs überwinden. doch auch sie geriet durch die Stufung ihrer Axiomatik von Person und Natur in die Abwenung des Judentums. Fcstzuhahen ist also: 111 problemgeschichtlicher Sicht gehört die Eselwtologie 11011 Palll AlthOlIS zusammen mir der heilsgeschichtlichen Tradition - untl nicht mir der Dialektischen Theologie. 286 Dagegen spriCht nicht, daß 284 Vgl. R. BULn1ANNS These (DEltS. [1924) 50) von der Identität des Sünders mit dem Ge· rechlfenigten, die: ..geglaubt' wird; zur Hoffnung bei K. Barth s. Exkurs 8. hKr S. 214-216. 285 Dieser problemgeschichtliche Enrag aus Allhaus' Eschalologie unlersm:icht die: BedeulUng des Wahmehmungsschemas von Geschichte und Ewigk.eit rur das Problem einer EschatologK im Gespräch mit dem Juderllurn. denn das Schema iSi besondef'S virulent eben bei Althaus und der Dialeklischen Theologie (I. S. 246 Anm. 241). und don findet es seine Zuspitzung eben an der Frage, WK das Judentum eingescllälZl wird (5. S. 246 Anm. 243). 286 Die vCl'tttilClC gegenteilige Ansicht (5. S. 214 Anm. 91) hal jedenfallS an der Problemgc' schichte keinen Anhalt.
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V. Die antiapokalyplische Eschatologie von Paul Althaus
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Ahhaus sich gerade gegen die Heilsgeschichtler v. Hofmann und Aulxrlen abgrenzt, da auch der umso mehr herangezogene M. Kähler, wie wir sahen, das eschatologische Erlx der Heilsgeschichllichen Theologie Ixi ähnlicher Skepsis gegen deren Vertreter antrat. Viel wichtiger ist, daß Althaus sein Konzept ülxrhaupt nur vor diesen heilsgeschichtlich denkenden Autoren legitimien. 287 Engste Verbindungen schafft daneben das Schema von Wahrsagung und Weissagung. das ftir Althaus ebenso wichtig ist wie rur die Heilsgeschichtler - obwohl er sich hierfür nicht auf sie beruft. sondern auf Erich Haupt, der dieses Schema in seiner Untersuchung der eschatologi· schen lesuslogien von 1895 festhält. Haupts Besonderheit liegt aber nicht in diesem seil Schleiennachers Zeit gängigen Schema, sondern darin, daß er lesu Eschatologie ganz aus dem messianischen Selbst bewußtsein lesu entwickeln will - kaum drei Jahre. nachdem j. Weiß in seinem bahnbrechenden Buch eine jegliche deranige Ableitung aufgrund des durchgehend es· chatologischen Charakters der Verkündigung Jesu verworfen hat! Sollte man aus Allhaus' Berufung auf den gegen den Strom der Zeit schwimmenden Haupt nicht entnehmen können. daß er sich seinerseits gegen die eschatologische Hochflut der Weiß und Schweitzer folgenden Dialektischen Theologie stemmt und vielmehr an die Seile des heilsgeschichtlichen Traditionsstromes stellt?288 2. Das Problem der theologischen Anthropologie. Und schließlich sieht die Literatur zu Althaus diesen zum Teil selbst indirekt in der heilsgeschichtlichen Tradition. wenn sie sein charakteristisches Interesse an der dreisteIlig verstandenen Geschichte (und dessen inhärente Problematik) in der - bei Althaus selbst keineswegs so prominenten - axiomatischen Begrifflichkeit der Heilsgeschichtlichen Theologie ausdrückt: derjenigen von Person und Natur. Natur und Person sind dabei neueren Stimmen zufolge bei Allhaus aufeinander bezogen wie Natur und Gnade im Sinne des vorkonziliaren Katholizismul1l9 oder wie eine existentiale Struktur und ihre gnadenhafte Ausfüllung im Sinne des nachkonziliaren Katholizismus eines 287 Vgl. ALTII....US (1933) 67-70 [70-731. wo er in allen Punklcn Material der früheren Aunllgen verarbeitet (s. S. 230 Anm. 170). S. auch die AusfUhrungen zu Allhaus' Bcgriffsgebl1luch von .Jlcilsg~hichte·· bei S. 236 Anm. 193--195. 288 DERS. (1922) 78 Anm. I "" CERS. (1926) 104 Anm. 1 beruf! sich auf Hlupl. krilisien aber 11.11.0.78 Anm. 1 "" CERS. (1922) 65 Anm. I dessen über"..cllliche EschalOlogk: 1933 wird Haupt nichl erwähn!. 289 Laut Wl\lMER (1979) 143 bleibt Allhaus' Anlhropologk deshalb l.wiespähig. ~il er das OOcthilllllSChe Konzept der Person als Substanz durch den Verhä.ltnisbegriff der Persooa1itäl ersetzl und ~ die menschliche Nalur durch das nach reformatorischer Einsichi sündige Gonesverllältnis definieren. also die Person mit der (sündigen) Nalur identifizkren muß. Der Mensch habe so keine posllive Bedeutung mehr fiir die Eschalologie (a.a.0. WS).
Zweiter Teil
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K. Rahner oder, in den Augen der finnischen LUlherforschung. wie die kantischen BürgeJ1ürner zweier Welten in Natur- und Sillengesetz. 291 In all diesen Fällen erscheint Althaus als Vertreter einer theologischen Anthropologie. die je nach Standon des betreffenden Autors aufgefaßt wird als natürliche Theologie bzw. als Fundamentalanlhropologie bzw. als Ethik der Zweireichelehre im Sinne des Personalismus der Lutherrenaissance. Doch ersteres deckt sich, wie gesehen, nicht mit Althaus' Interesse an einer "neutralen" Theologie (in AuseinanderselZung mit C. Slange292 ), und zweiteres übergeht Althaus' Differenz zur Kerygmatheologie (besonders R. Bultmanns 29J ) ebenso wie letzteres sein eschatologisches Spezifikum gegenüber dem Personalismus (etwa bei E. Hirsch 294). Unsere Analyse ergab demgegenüber, daß theologische Anthropologie für Althaus eine Überwindung des Alternativschemas von Aktiv und Passiv verlangt, daß aber gerade in der statt dessen vorgeschlagenen Begrifnichkeit des Opfers und der Hingabe diejenigen Tendenzen Vorschub erfahren. die, besonders in Althaus' Sozialethik, mit einer Abwertung des Judentums zusammenhängen. 295 Erst die Erhebung der Wahrnehmungsschemata zeigte dartiberhinaus, daß in jenem Verständnis von Anthropologie ebenso wie in dieser Problematik der Wahrnehmung des Judentums Parallelen bestehen zur pneumatologischen Eschatologie des baltischen Luthenums,296 die darin. nicht anders als Althaus, einen weiteren Zweig am Stamm der Heilsge· schichtlichen Theologie darstellt. Man kann daher ftir die Problemgeschichte folgern, daß Althaus mit sei· nem Komept eines dreisteIligen Geschichlsbegriffs, das ihn mit der Heilsgeschichtlichen Theologie verbindet. das Thema einer theologischen Anthropologie anschlägt. das sich uns ja als die Frage enthüllte. die in dem Begriffsschema von Glaube und Hoffnung implizien ist. Ein Blick auf die jüdischen Anfragen an die christliche Eschatologie zeigt nun, daß gerade die theologische Anthropologie ein Thema ist, das für eine Eschatologie im 290 Dieses Konzepl ähnelt der proIcslamischcn Existemialtheologie, beansprucht aber rur dic Ebene des Exislentialen. also ftir die Nalur als ein durch den persönlichen Glauben auszuftilleodes Raster des Glaubens, Offenbanmgsrang, KNITTER (1974) 82 sprichl daher mil Bezug auf Allhaus von einem ,,supernatural existenlial", 291 MARnKAINEN (1988) 6 siehl gegen Wimmer bei Althaus eine theologische Bedc:U1ung des Menschen rur die Eschatologie: ,,das Gewissen iSI das üntrum der Person. Somit iSi das Gewissen nicht vom Naturgc:sctz abhängig. sondern von GoUes unminelbarem Willen". 292 S. Exkurs 7 (S. 199f.). 293 S. Exkurs 8 (5. 214f.). 294 S. bei 5. 202 Anm. 40 b1.w. S. 212 Anm. 85 bzw. S. 222 Anm. 138. 295 S. Kap. V.I.2. hier S. 235-240. 296 S, Kap. V.2.2, hier 5. 253--255, v.a. zu T. Hahn (bei 5. 254 Anm. 279-281).
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V. Die antiapokalyptische Eschatologie von Paul Ahhaus
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Gespräch mit dem Judentum höchste Bedeutung hat. Besonders L. Baeck betont, daß die Gegenüberstellung von menschlicher Passivität gegenüber göul icher Aktion, wie sie sich aus der reformatorischen Sünden- und Gnaden lehre, besonders der Lehre vom unfreien Willen, ergebe, für keine Strömung des Judentums plausibel ist, daß hier vielmehr mit einem Zusammenwirken von Gott und Mensch gerechnet wird. Und H. Cohen, der dieses Zusammenwirken im Begriff der Korrelation zum Zentrum seiner jüdischen Religionsphilosophie macht, wählt dafür mit dem heiligen Geist denselben biblischen Ausdruck wie die pneumatologische Eschatologie. Ja, indem er darunter mit der zugrunde liegenden hebräischen Vokabel (Ps 51,6) den Geist der Heiligung versteht und die ..Heiligung des Namens (Gottes)" der Terminus für das Martyrium ist, berührt er mit dem Theorem der gottmensch lichen Korrelation zugleich das Thema des Leids. Dieses bildet für die pneumatologischen Ansätze der baltischen Lutheraner den Entdeckungszusammenhang der Eschatologie. So entwerfen sowohl v. Oettingen als auch Hahn ihr Verständnis von Anthropologie in einer dreistelIigen Leidensbegrifflichkeit. Man kann daher annehmen, daß eine eschatologische Anthropologie auch das Thema der Theodizee wird behandeln müssen. Mit alldem verdichten sich die Hinweise, daß mit der Eschatologie von Paul Althaus und der breiten Diskussion darüber ein problemgeschichtlieher Zusammenhang angeschlagen ist, der die gesamte heilsgeschichtliche Tradition von v. Hofmann über Kähler durchzieht und der für die Revision christlicher Theologie hinsichtlich ihres Verhältnisses zum Judentum von allerhöchster Bedeutung ist. Es ist darum nun an der Zeit. die so gewonnenen Ergebnisse zuammenzufassen und systematisch im Gespräch mit dem gegenwärtigen eschatologischen Diskurs auszuwerten.
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VI. Ergebnisse und Ertrag für Systematik und Ökumene
Die vorliegende Untersuchung hat sich die Aufgabe gestellt (Kap. 1), Themen für ein evangelisches Verständnis von Eschatologie besonders im Hinblick auf eine theologische Würdigung des Verhältnisses zum Judentum zu ermitteln. Die Ergebnisse, welche die problemgeschichtliche Analyse im Hauptteil (Kap. li-V) hierzu erbracht hat. sollen nun zunächst für die ein· zeinen Rubriken der analytischen Kapitel zusammengefaßt (Kap. Vl.l-3) und dann in einem Entwurf von Eschatologie als Lehre von der Verheißung systematisch entfaltet werden (Kap. V1.3.1-4).
I. Ergebnisse für die Theologiegeschichle In den ersten Abschnitten der vorstehenden Kapitel wurden die ausgewählten eschatologischen Konzeptionen aus inneren SachgTÜnden im Dienste einer Problemgeschichte evangelischer Eschatologie werkimmanent analysiert; 1 die Problemzusammenhänge, die so erkennbar wurden, liefern aber auch einer im engeren Sinne theologiegeschichtlichen Fragestellung einige Ergebnisse, d.h. es bilden sich theoriegeschichtliche Knotenpunkte, an denen eschatologische Typen unterschieden werden können. Ausgang unserer Analysen war der Nachweis. daß Schleiennacher ein systematisches Dilemma der Eschatologie konstatiert, das der spätere Diskurs entweder bejaht (umsetzt) oder bestreitet (aufhebt). so daß sich im wesentlichen zwei Stränge ergeben: 2 Der eine versteht die Eschatologie fundamentaltheologisch als Problem der Voraussetzungen theologischen Denkens und Redens. der andere begreift sie heilsgeschichtlich als Frage des theologischen Verständnisses von Zeit und Geschichte. Jene erste Richtung konzentriert sich charakteristischerweise auf die prinzipielle Bedeutung der Eschatologie für ein theologisch wissenschaftlich verantwortbares, nicht naiv gegenständliches Reden von der erhofften Zukunft Goues. Für diese Richtung sind bestimmte Fragestellungen ein· I S. Kap. 1.1. hier S. 20. besonders bei Anm. 26. 2 S. Kap. 11.3. hier S. 78.
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VI. Ergebnisse und Ertrag für Systematik und Ökumene
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schlägig, welche die vorliegende Untersuchung mit teils bisher unerforschten, teils neu zu bewertenden Konzeptionen verbinden konnte: Zu diesen Fragen zählt das Verständnis der Eschatologie als regulativer Idee, das auf H.C. Schmidt zurückgeht J und ebenso wie die Vorstellung vom progressus in infinitum besonders bei R.A. Lipsius und A.E. Biedermann4 in unmittelbarer Auseinandersetzung mit der Tradition Kants steht. Letzteres gilt auch für das Problem der eschatologischen Anschauungsformen, das sich uns als Motiv der Bevorzugung des Glaubens- vor dem Hoffnungsthema etwa bei F. Traub ergab. s Unter solchen Fonnen spielt die auf H. Steffens zurückgehende Lehre von der Involution der unsterblichen Seele eine besondere Rolle; auf sie greifen neben dem Liberalen F.H. Kern praktisch alle Vertreter der Venniulungstheologie zurück, deren eschatologischer Entwurf hier erstmals als solcher rekonstruiert wurde. Er repräsentiert idealtypisch diese ganze theologiegeschichtliche Richtung, besonders in ihrer prinzipientheoretischen Bedeutung. 6 An dieses prinzipielle Moment schließt der vielbeachtete Aufschwung der Eschatologie in der Dialektischen Theologie und der sie vorbereitenden Konsequenten Eschatologie an. Letztere ist nach unseren Analysen zugleich charakteristisch für die Frage nach den eschatologischen Rede- und Veranschaulichungsfonnen. 7 Eine weitere Rückbindung an die Vernlinlungstheologie besteht darin, daß sowohl beim Schul haupt der Konsequenten Eschatologie, A. Schweitzer, als auch bei den wenig untersuchten Verminlungstheologen l.P. Lange, H.C Schmidt und H. Gerlach die Eschatologie neben Arbeiten zum "Leben lesu" steht, also dem zeitgenössischen Streitthema, das durch E. Renans gleichnamiges Buch angefacht wurde. 8 Die andere, heilsgeschichtliche Richtung hat demgegenüber ein klar unterschiedenes. aber ebenso kennzeichnendes Profil. Sie wird durch l.CK. v. Hofmann begründet, der neben CE. Luthardt besonders in MeckJenburg (außer T. Kliefoth die bislang unerforschten H. Karsten und W. Floerke) eine breitgefächerte Schülerschaft findet. 9 Kennzeichnend ist hier neben der gemeinsamen Axiomatik von Person und Natur (Gottes- und Wellverhähnis ) S. S. 73 Anm. 120. 4 S. S. 148 Anm. 62. 5 S. S. 250 Anm. 258. 65. Exkurs 2 (5. 69ff.) zur Vennilllungsthcologie und zur Involulionslehre. 75. EXKUrs 6. hier S. 190-192. 8 VgJ. Joh:mn Peler LANGE. Das Leben Jesu nach den Eyangelien dargestelll 1-111, Heidelberg 1844/47: Hennann GERU.CH. Gegen Renan. Leben Jesu. Berlin 1864: Hennann Christoph SCItMIOT über Aufgaben und Grenzen eines Lebens Jesu. in: ThStKr 51 (1878) 393-457. 9 S. Kap. 111.1.1. hier S. 103-118 und ygl. dazu TIIElSSE/II (2002).
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Driller Teil
des Menschen) die intensive Auseinandersetzung mit dem Alten Testament und mit dem Chiliasmus, die für die systematische Frage nach dem theologischen Verständnis der Geschichte steht. Diese Punkte machen es auch sinnvoll und notwendig, die bedeutenden Eschatologen M. Kähler und P. Althaus (und als Bindeglied dazwischen die hier erstmals untersuchte lO Eschatologie des baltischen Luthertums ) nicht der Konsequenten Eschatologie bzw. der Dialektischen Theologie. sondern eben der heilsgeschichllichen Denkrichtung zuzuordnen. ll Für sie ist kennzeichnend, daß sie das Thema der Anthropologie, das in jener ersten Richtung mil Steffens' Seelenlehre gegeben ist, als Überwindung der gängigen Dichotomien behandelt, wie jeweils aus der Auseinandersetzung mit benachbarten Eschatolo· giekonzepten deutlich wurde: so für LC.K. v. Hofmann im Unterschied zur theosophischen Eschatologie; so für M. Kählers Verständnis von Menschheit im Gegenüber zu liberaler Dogmatik und Rirschlschule; so für P. Althaus im Unterschied zur Dialektischen Theologie. 12 Angesichts dieser beiden, dicht geflochtenen Traditionsstränge erscheint die Auffassung, die Eschatologie im 19. Jh. sei ein bloßes ,.Loch" und ihr Büro "geschlossen", kaum mehr haltbar; besonders der zweite der O.g. Stränge war nicht im Blickfeld dieser Auffassung.
2. Ergebnisse für die Wahmehmungsschemata Die polaren Begriffsschemata, in denen sich die theologische Auffassung vom Judentum in den Quellen dieser Untersuchung oftmals niederschlägt, wurden hier in erster Linie als Anzeichen für Problematiken im christlichtheologischen Diskurs gewertet. 13 Dieser Zugriff erlaubte aber zugleich, an bestimmten Punkten der Problemgeschichte Verdichtungen im Gebrauch solcher Begriffspaare nachzuweisen, die über die bekannten Gegenüberstellungen (Fleisch/Geist, Noch nicht/Schon jetzt, Partikularität/Universalität usw.) hinaus von eigenständigen Wahmehmungsschemata und deren jeweiliger Wirkungsgeschichte zu sprechen erlauben. Hier ist vor anderen die begriffliche Binnendifferenzierung der Verheißung zu nennen, also das Gegenüber von Weissagung und Wahrsagung. das sich bei Schleiermacher lOS. Kap. V.2.2. hier S. 253-255. 11 S. den Schlußabsatz von Kap. IV zu Kähler bzw. Kap. V.3. hier S. 256f. zu Allhaus. 12 S. Kap. 111.1.1. hier S. 96--102 zu Y. Hofmann bzw. Kap. IV.3. hier S. 183-186 zu Kähler bzw. Exkurs 8 (S. 214ff.) und Kap. V.1.2. hier S. 224 zu Althaus. 13 S. Kap. 1.2. hier S. 23f.
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VI. Ergebnisse und Er1mg ftir Systematik und Ökumene
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anbahnt, bei A. Tholuck ausdrücklich wird und dann vor allem bei P. Althaus (als Apokalypsismoriv) wirksam wird. 14 Auf diesem Schema baut wiederum eine charakteristische Auffassung von einer bestimmten Verheißung, nämlich der der Parusie, auf: die Lehre von den zwei Adventen Christi (im Unterschied zur nur einen Ankunft des Messias im Judentum), die wohl auf LA. Domer zurückgeht und bei den unterschiedlichsten Autoren bis weit ins 20. Jh. hinein wirkt 15 - ein weiteres Indiz dafür, diese Zeit nicht auf den eschatologischen Aufbruch um Weiß, Schweitzer, Buhmann und Barth zu reduzieren. Dies gilt auch für die Unterscheidung von Glaube und Hoffnung. deren Betonung im Diskurs vor 1922 oftmals theologische Einschätzungen des Judentums transponiert, ehe die Dialektische Theologie mit ihrem beherrschenden Auftreten beide Tennini sinngleich gebrauchen kann. 16
3. Ertrag für die Eschatologie im Verhältnis zum Judentum Die Themen, die sich aus unseren Analysen für eine evangelische Eschatologie ergaben, sollen im vorliegenden Abschnitt zunächst für die jeweiligen Kapitel zusammengefaßt werden. Danach können sie auch abgelöst von der Bindung an bestimmte Autoren in einer systematischen Betrachtung vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Diskussionslage in der christlichen Theologie sowie der Eschatologie und ihrer Beziehung zum Judentum entfaltet werden. I. Schleiermacher: Verheißung lind Zeitverstö"dnis. Schleiennachers Eschatologie läuft auf den Aufweis hinaus, daß die im Protestantismus obligaten vier letzten Dinge kein geschlossenes Gesamtbild ergeben, sondern immer in partikularen Vorstellungen hängen bleiben. Diese Partikularilät ist nach Schleierrnachers Religionsauffassung das charakteristisch jüdische Moment der Eschatologie und mit dem christlichen Konzept der Universalität unvereinbar. Schleiermacher hat seit seinen "Reden" dieses Gegenüber von Judentum und Christentum am Phänomen der Weissagung festmachen können, denn hier stehen die auf einen "Schauplatz ohne Verwickelungen" berechnete Weissagung des (at 1.) Judentums und der christologische "Gipfel" der Weissagung, der zugleich ihr "Ende,,17 ist, zueinander wie Paniku14 S. S. 127 Anm. 204 zu Tholuck und bei S. 227 Anm. 157 zu Althaus. 15 S. S. 125 Anm. 197. 16 S. Kap. V.2.2 (S. 247ff.). 17 Zu den Zil:lIen s. S. 61 Anm. 66 bz.w. S. 63 Anm. 70.
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Dritter Teil
larität und Universalität. Die Frage nach Panikularität und Universalität erwies sich aber gerade im Vergleich mit der zeitgenössischen Eschatologiedebaue der rechten Hegelschule als das Problem des Zeitverständnisses, nämlich der linearen Auffassung von Zeit als einem "bloßen Nacheinander" (Kant). Man kann daher auch das Problem der Verheißung als eine Gestalt des Zeitverständnisses auffassen: Eschatologie redel von der Zukunft in einer bestimmten Hinsicht, nämlich soweit sie als Gottes Zukunft erhofft wird, im Modus der Verheißung. Diese Verbindung des Zeitthemas mit dem der Verheißung drückt sich in gewichtigen Anfragen aus, welche die jüdische Religionsphilosophie der christlichen Eschatologie gestellt hat: So drückt F. Rosenzweig seine Kritik am chrisllichen Schema von Verheißung und Erfüllung als eine Umkehrung der Zeitfolge aus und flankiert damit M. Bubers Abwehr des Zeilkonzepts einer (christologischen oder sonstwelehen) Zäsur in der Geschichte. 18 Zeit und Verheißung sind also ein wichliges Thema, das Schleiennachers Problemstellung einer evangelischen Eschatologie im Gespräch mit dem Judentum aufgibt; mit dem traditionellen Terminus ist die durch die Verheißung als theo-Iogisch qualifiziene, erhoffte Zeit die Ewigkeit. 2. Heilsgeschichtliche Theologie: Parusieerwartung. Die drei hier schwerpunktmäßig untersuchten Konzeptionen außer Schleiermacher lieBen sich mit je einem der eschalologischen Charaktere "Chiliasmus", "Messia19 nismus" und "Apokalyptik" verbinden. Die Heilsgeschichtliche Theologie kennzeichnet ihr Chiliasmus. Dieser entspringt, so zeigte die Analyse, aus der heilsgeschichtlichen Axiomatik von Person und Nalur, welche die eschatologische Erwartung aufteilt in eine das Gottesverhältnis des Menschen und eine sein Wellverhältnis betreffende Seite. Diese Einteilung ist, wie der Vergleich mit der zeitgenössisch bedeutsamen Unterscheidung von Geschichte und Natur lehne, dem Thema der Parusie, dem nach Gottes- und Weltverhällnis vollendeten Chrislus. entnommen. Deswegen fußt der oft beobachtete Übergangs- oder Mischcharakler des Chiliasmus weniger auf zeitlichen oder räumlichen Doppelungen (Chiliasmus als Zwischenreich oder Himmel auf Erden), sondern auf dem ungeklärten Verhältnis des histo20 rischen Kommens Jesu zu seiner erhofften Parusie. Hierunter wird in der Heilsgeschichl1ichen Theologie, wie Beck lehrte, oftmals eine Zeit der Kirche verstanden: Sie bildel eine höhere Epoche der Geschichte, aus der das Judenlum ausgeschlossen wird, so daß sich das unbestreitbar starke Interes18 S. zu Rosenzweig Kap. 1.3. hier S. 34-31: besonders Anm. 89. 19 Zu diesen Charakteren s. Kap. 1.1. hier S. 15-20. 20 S. Kap. 111.1.2. hier S. 120-123.
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VI. Ergebnisse und Enrag rur Syslemalik und Ökumene
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se an Israel auf Ur- und Endzeit beschränkt?l Man kann vor diesem Hintergrund sagen, daß Bubers Einwand gegen eine Zäsur in der Geschichte22 besonders heilsgeschichtlichen Entwürfen von Eschatologie gilt, eben dem Verständnis einer mit Jesu Kommen angebrochenen höheren Geschichte. Da Heilsgeschichtliche Theologie aber gerade beim Kommen Jesu, freilich seinem zukünftig verheißenen Kommen ansetzt, bedeutet Bubers Einwand, daß die systematische Kernfrage des Konzepts der Heilsgeschichte in der Klärung der Parusieerwal1ung besteht, besonders in ihrem Bezug auf das Kommen Jesu in Zeit und Geschichte. 3. Kähler: Metaphorische Rede. Wie die Heilsgeschichtliche Theologie an Schleiermachers Verheißungskonzept ansetzt, so greift auch Kähler den neuralgischen Punkt der vorangegangenen Tradition auf. Das ist die Paru· sieerwal1ung, die für Kähler wie für die Heilsgeschichtliehe Theologie geschichtserschließende Funktion hat, bei jenem aber die heilsgeschichlliche Stufung nach Person und Natur aufhebt. An ihre Stelle tritt Kählers Konzept einer soterologischen. d.h. an der Person des Messias (Soter) orientierten, Eschatologie, die darum mit dem Messianismus assoziiert werden kann. 23 Kähler befolgt dabei ein Verfahren eschatologischer Begriffsbildung,24 in dem die erhoffte Zukunft selbst - Kähler spricht vom Übergeschichtlichen - zugleich Grund und Grenze geschichtlicher Ausrichtung auf sie (z.B. in Hoffnung oder in Fortschritt) ist und darum an der Geschichte teilhat und sie doch zugleich übersteigl. 25 Hierin liegt das metaphorische Potential eschatologischer Rede, so daß sich Kählers Konzept am gebündeltsten zeigt in seinem Bibelverständnis und dem Gebrauch von Bildem,26 mit denen er sein Verständnis von Menschheit - im Konzept der Menschheitsreligion, das sich, etwa im Vergleich mit dem Spätwerk H. Cohens, als besonders einschlägig für die Einstellung zum Judentum herausstellte 27 konkretisiert. Kähler positioniert sich damit auch in den einschlägigen Kontroversen des Untersuchungszeitraums, in denen über die Fronten verschiedener Gestalten des Messianismus hinweg der menschheitliche Horizont und die geschichtliche Konkretion der Zukunftshoffnung das kennzeichnend messianische Moment bilden,28 mag dieses nun auch im einzel21 s. Kap. 111.1.2. hicr$. 118-120. 22 S. Kap. 1.3. hier S. 37-41. 23 $. Exkurs 5 ($. 153f.) zur Smcrologie. 24 S. bei S. 168 Anm. 153f. 25 S. Kap. IV.I.I (S. 137ff.) anhand des wenig untersuchten Eschalologievonrags lIon 1867. 26 S. Kap. IV .1.2. hier S. 168-174 und Kap. IV.2 (S. I 78fr.). 27 S. Kap. IV.1.2. hier S. 159-168. 28 S. Kap. 1.1. hier S. 19f.
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Driller Teil
nen als weltweite Praxis des Evangeliums oder als Menschheitskatastrophe verstanden werden. 29 Kählers eschatologische Metaphorik als Konkretion seines Konzepts von Menschheit stellt so ein wichtiges Thema evangeli. scher Eschatologie im Verhältnis zum Judentum dar. 4. Althaus: Theologische Anthropologie. Der Umgang mit den biblischen Bildern, Kählers thematischer Ertrag für die Eschatologiegeschichte, ist nun aber die Front, die Althaus in seiner Eschatologie vor Augen hat. Sie kann als anliapokalyptisch charakterisiert werden, weil Apokalyptik für Althaus (ebenso für Stange und Brunner)30 heißt, diesseitiges Bild und jenseitige Sache der Eschatologie, Menschliches und Göttliches unzulässig zu vennisehen, und zwar gerade in dem Bestreben, beides zu unterscheiden. 31 Gegen dieses Dilemma setzt Althaus sein schon am Aufbau des Buches ablesbares Konzept der Ewigkeit, die als das Jenseits der Zeitlichkeit deren Pole festhält, aber ihre Polarität aufhebt. 32 Bei Althaus schlägt sich dieses paradoxe Verständnis von Ewigkeit nieder in der DreisteUigkeit, die seinen Geschichtsbegriff und seine Anthropologie kennzeichnet, ja überhaupt in sei· nem unübersehbaren Interesse an der theologischen Sozialethik, die durchweg von dieser Dreistelligkeit geprägt ist. 33 Damit wird der Satz vom ausgeschlossenen Dritten in Abrede und zugleich die Frage nach der Wahrheitsfahigkeit der Eschatologie gestellt;34 Althaus antwortet darauf mit der Wirklichkeit der Eschatologie, indem er die Ewigkeit als Zugleich von Tun und Ruhe, Aktivität und Passivität bzw. menschlicher Aktivität und göttlicher Aktivität beschreibt, kurz: indem er, der pneumatologischen Eschatologie bei E. Schaeder und den Balten Hahn und v. Oettingen folgend, die anthropologische Alternative von Handeln und Erleiden und ihre soteriologische Entsprechung, die Alternative von Gottes Handeln und menschlichem Erleiden von Gottes Handeln, neu zur Diskussion stellt. 3S Althaus' Es· 29 Dies sind die Standpunkte in der Dcbatle zwiS(;hen H. Gollwitzer und G. Scholern (s. S. 20 Anm.25). 30 S. Kap. 1.1. hierS. 16-19. ALTtIAUS (1933) 74 [771 nennt selbst einmal die Eschatologie Jesu und des Paulus. auf die er sich beruft...wider.apokalyptisch". 31 Erst 1933 versteht Ahhaus Apokalyptik eher einseitig als Vergegenständlichung stall als Vermischung und setzt dem. ebenso einseitig. eine vergeisligte Eschatologie enlgegen. Ursprünglich galt sein Interesse in charaktcristiS(;hem Unterschied zur Dialektischen Theologie (s. Exkurs 8 [So 214ff.)) gerade dem Problem, wie die Zweideutigkeit der Geschichte angesichls des Eschaton zu erfassen sei. ohne vercindeutigt zu werden. 32 S. Kap. V.LI (S. 194ff.). 33 S. S. 224 Anm. 145. 34 Diese Frage steckt im Wahmehmungsschema von Geschichte und Eschatologie (5. K:lp. V.2.1 [So 24Iff.]). 3S Zur Wirklichkeitsfrage im Wahmehmungsschema von Hoffnung und Glaube s. Kap. V.2.2 (S.247ff.).
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VI. Ergebnisse und Enrag für Systematik und Ökumene
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chatologiekonzept erinnert so an Cohens Korrelationsmethode. die dieser der zeitgenössischen christlichen Eschatologie gegenüberstellt, sowie allgemeiner an Baeck, der das Judentum überhaupt als die Religion der Paradoxien der Sittlichkeit definiert und unterstreicht, daß im Judentum die Anthropologie nirgends in einen soteriologischen Zusammenhang wie im Christentum eingespannt ist. 36 Die anthropologische Wirklichkeit erscheint hier geradezu als Markenzeichen des Judentums. Wenn nun Althaus mit diesem für das Verhältnis zum Judentum so ausschlaggebenden Thema der anthropologischen Wirk.lichkeit auf das Problem der Wahrheit der Eschatologie antwortet, das einst den Anstoß für Schleierrnachers Eschatologiekritik gegeben hatte, dann schließt sich in dieser Antwort ein thematischer Bogen, der den Quellenzeitraum der vorliegenden Untersuchung umspannt. Die Überlegungen können sich daher nun der systematischen Entfaltung dieser Themen im gegenwärtigen Diskurs von systematischer Theologie und christlich-jüdischer Ökumene zuwenden. Dabei ruht das Augenmerk auf dem sachlichen Ertrag der bisherigen Analysen für den systematischen (in den folgenden Abschnitten als Pkt. I) und ökumenischen Diskussionsstand (Pkt. 2). 5. Ergebnis. Für eine evangelische Eschatologie im Verhältnis zum Ju. denIUm ergeben sich somit vier Themen, nämlich das Verständnis von Zeit und Ewigkeit, die Parusieerwartung, die Metaphorik und die theologische Anthropologie. Daß damit genau der Vierzahl der Eschata entsprochen ist, welche die protestantische Tradition vorschreibt, hat keine inneren Gründe, zumal dieser Themenkatalog nicht abgeschlossen ist. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, daß schon diese Themen nicht auf einer Ebene liegen, sondern teils traditionsgeschichtliche Topoi, teils eschatologische Charaktere und teils Prinzipienfragen betreffen. Es scheint jedoch, daß sich alle vier Themen im Stichwort der Verheißung bündeln, denn Verheißung ist die religiöse Qualifikation der in der Eschatologie thematischen zukünftigen Zeit, während die Parusie der Inhah der Verheißung ist, die Metaphorik hingegen ihre Form. Die theologische Anthropologie schließlich ist als Verhältnisbestimmung göttlicher und menschlicher Beteiligung am Heilsgeschehen dasjenige Thema, das von Verheißung überhaupt erst sinnvoll reden läßt, nämlich als Verheißung Goues an den Menschen.)7 Daher wird in der folgenden Skizze eines evan· 36 S. Kap. 1.3. hier S. 31L und bei S. 26 Anm. 46 zu Baeck bzw. Kap. 1.3, hier S. 32-34 zu Cohcn.
37 Auch bei den Wahmehmungsschemala (5. Kap. II-Vn) ist das Thema ..Verheißung" in seinen verschiedenen Binnendifferenzierungen SIelS pr'.isenl.
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Dritter Teil
gel ischen Verständnisses von Eschatologie im Verhältnis zum Judentum Eschatologie als Lehre von der Verheißung thematisiert. Will man dabei die Vierzahl zur Gliederung nutzen, was sich im Rahmen der vorliegenden Untersuchung anbietet, so kann man am ehesten auf die aristotelische Lehre von der vierfachen Kausalität verweisen, da diese die unterschiedlichen Dimensionen der jeweiligen causae unterstreicht. Dabei entspräche die als Verheißung religiös qualifizierte erhoffte Zukunft, also die Ewigkeit, der causa finalis der Eschatologie, die Parusie hingegen der causa materialis. Die Frage der Metaphorik stellte die causa fonnalis dar, und der Zusammenhang von göttlichem und menschlichem Handeln in der theologischen Anthropologie wäre als causa efficiens anzusehen.
3.1. Zeit und Ewigkeit
1. Systematischer Ertrag eines eschatologischen Zeitverständnisses. Weiches Problem ist der Eschatologie mit dem Thema "Zeit und Ewigkeit" eigentlich gestellt? Wenn Eschatologie sich in einem allgemeinsten Sinne als wissenschaftliche Reflexion der religiösen Zukunftserwartung definieren läßt, dann steht sie vor dem Problem, daß ihr Reflexionsgegenstand, die erhoffte Zukunft Gottes, als zukünftig dem Gegenstandsbereich der Erfahrung entzogen ist; daher redet Eschatologie von ihm nur im Modus der Verheißung. Das Konzept der Verheißung qualifiziert also nicht nur den Erwartungsgehalt der in der Eschatologie thematischen Zukunft als religiös, sondern hat in eins damit auch wissenschaftstheoretische Bedeutung infolgedessen. daß diese selbe Zukunft ein unabgeschlossener Gegenstandsbereich ist. Als Verheißung wird ja beides bezeichnet: sowohl das, was verheißen ist, also die Zukunft Gottes selbst - mit dem traditionellen Ausdruck: die Ewigkeit -, als auch die in der Zeit ergehende verheißende Rede. Eschatologie als Lehre von der Verheißung muß diese daher sowohl auf die Ewigkeit als auch auf die Zeit beziehen. Das Thema "Zeit und Ewigkeit" für sich betrachtet zunächst eine philosophische Fragestellung - stellt der Eschatologie also die Aufgabe, im theologischen Konzept der Verheißung beide miteinander ins Verhältnis zu selzen. Die Problemgeschichte der Eschatologie kennt zwei grundsätzliche derartige Verhältnisbestimmungen, die sich als Zeit-Ewigkeils-Kontinuum und als Zeit-Ewigkcits-Diastase beschreiben lassen; bald wird die Ewigkeit unter dem gemeinsamen Oberbegriff der Dauer als deren unendliche Ausdehnung (im Gegensatz zur endlichen Zeit) aufgefaßI, also wie eine ins Endlose verlängerte Zeitachse; bald erscheint sie als senkrecht dazu einschnei-
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dendes nunc aetemum. Es ist nun bemerkenswert, daß die evangelische Eschatologie. wie sie hier untersucht wurde, dazu neigt, die o.g. doppelte Dimension der Verheißung in heide" Verhältnisbestimmungen durch eine lineare Abfolge von Verheißung und Erfüllung auszudrücken. Das zeigt sich gerade in der Wahrnehmung des Judentums: Innerhalb eines ZeitEwigkeits-Kontinuums erscheint das Judentum dann als Zeit der Verhei· ßung, die eine wohl notwendige, aber auch notwendig zu überwindende Vorstufe des Christentums als der Zeit der Erfüllung darstellt. 38 Aber auch bei Annahme einer Zeit-Ewigkeits-Diastase, die die Ewigkeit jenseits aller Zeitkategorien theologisch, etwa als Gericht versteht, war zu beobachten, daß das Judentum gerade und nur ..in seinem Scheitern" als Verheißung betrachtet wird und so wiederum zur Negativfolie des Christentums wird, das dann dem Judentum als dessen Erfüllung linear zugeordnet werden 39 kann. D.h. selbst wenn die Ewigkeit an sich nicht zeitlich (als "Zeit nach der Zeit"), sondern gerade als Gegensatz der Zeit verstanden wird, kann das Verhältnis von Zeit und Ewigkeit dennoch linear, also nach Art des Zeitstrahis, gedacht sein. 40 Dies ist, was ich abgekürzt das Problem eines ..linearen Zeitverständnisses" nennen möchte. Es kommt demgegenüber also für eine evangelische Eschatologie auf das an, was ich als ,.eschatolog;sc!les Ze;tversfönd,,;s" bezeichnen würde, nämlich darauf, das Verhältnis von Zeit und Ewigkeit in nicht linearer Weise zu denken, und hier liegt eben die Bedeutung des Verheißungskonzepts, das ja Zeit und Ewigkeit aufeinander beziehen soll. Führt man sich diese AufgabensteIlung vor Augen, dann wird sogleich klar, wo die Wurlel des Problems liegt: nämlich in dem Begriffsgespann von Verheißung und Erfüllung, das die Verhältnisbestimmung von Zeit und Ewigkeit doch nicht an die Verheißung bindet, sondern auf (zeitliche) Verheißung und (ewige) Erfüllung aufteilt und schon damit beide in einer lineare Abfolge bringt. Oie Verheißung wird hier auf kausalem Wege mit der Erfüllung verknüpft und muß ihr deshalb vorausgehen. Die Verheißung ist dann zwar die Ursache der Erfüllung und als solche auch die Ur·Sache, der ureigenste Gegenstand der Eschatologie als Reflexion über Zukunftshoff38 S. dazu (anhand der Frage von Panikularitäl und Universaliläl) Kap. 11.2.2 (S. 63fT.) mil Ell;kurs I (5. 64ff.). 395. Exkurs 8 (5. 214ff.) zur Eschatologie in BUlTMANNS Dialeklischer Theologie (Zilal DERS.jI949J 183). 40 Beides zusammen nimml etwa K. Barlh im Ewigkeilsversländnis aus Bd. 1/1 seiner ..Kirchlichen Dogmalik" an. wenn cr die Ewigkeit als die GOlleszeit begreift. welche die Menschenzeit umgrenzt. indem sie ihr gegenüber überzeitlich und zugleich vor- und nachzeitlich isl. Vgl. dazu QBL..AU (1988).
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nung, aber Wirkung dieser Ursache und damit Inhalt dieser Hoffnung ist nur die Erfüllung: Christliche Zukunftshoffnung hätte demnach im letzten Sinne alles zu erwarten, nur keine Verheißung, die Verheißung selbst wäre kein Eschaton, sondern als Ursache, die der Wirkung notwendig vorangeht. eine sub specie aetemitatis vergangene Größe. Dies widerspricht aber schon der sprachlichen Struktur von Verheißung, denn bereits der Ausdruck berührt ja wie gesehen Ewigkeit und Zeit, Hoffnungsgut und Hoffnung gleichennaßen. Gegen ein lineares Zeitverständnis muß daher ein eschatologisches Konzept von Zeit betonen, daß die Verheißung eine bleibend zukünftige Größe ist; sie ist nicht nur Ursache der Zukunftshoffnung, sondern auch deren Sache, ihr Grund und ihr Gehalt. Die Verheißung, so ergibt sich aus unseren Überlegungen, ist nicht erst durch die Erfüllung vollwertig gemacht,41 das Begriffsgespann von "Verheißung und Erfüllung" ist zu ersetzen durch die Korrelation von .,zukunft und Verheißung".42 Was diese Entkoppelung der Verheißung von ihrem vermeintlichen Korrelat der Erfüllung bedeutet, wird wiederum vom Thema "Zeit und Ewigkeit" her klar. Setzt die Verheißung nämlich Zeit und Ewigkeit ins Verhältnis, dann verbindet sie menschliches Hoffen mit der Zukunft Gottes, dann ist Verheißung kein bloßer Redemodus, sondern verbindet zeitliche und ewige Gestalt der Zukunft Gones, die Verheißung ist also ein im wörtlichen Sinne theo-Iogisches Konzept. Dieses Verständnis der Zeit aufgrund der Verheißung ist nicht auf die Alternative festgelegt, die Zeit entweder ontotheologisch aus einem Begriff von Ewigkeit Gottes abzuleiten oder subjektivitätstheoretisch als Produkt der Verstandestätigkeit des Ich zu begrün~ den,4 3 sondern kann einen differenzierten Zusammenhang von göttlicher 44 und menschlicher Beteiligung am Verheißungsgeschehen annehmen. Der Grund menschlicher Zukunftshoffnung ist dann - im Unterschied zu einem linearen Kausaldenken, für das die Ursache der Wirkung vorangehen mußdie Zukunft selbst, nämlich das Kommen Gottes zu den Menschen und sei41 S. Kap. 11.2.1. hier $. 63. 42 Unter diesem Buchtitel skizziert SAl)TER (1965) 45 anhand ...on Gen 15.1-6 die Zukunrts+ ...erheißung als die Erörrnung der ."größereln) Welt Gol1es..•• bei der die menschliche Horrnung .....or Anker" gehen soll. Dieser Metapher entsprechend nennt DERS. (1997) 317 die Verheißung einen •.Fixpunkt". 43 Diese Alternati...e strukturiert die umrangreiche Untersuchung "'on MAN'"I.:KE (1992). der in diesem Sinne einerseits Auguslin und andererseits Kam und Heidegger behandelt. 44 Die großangelegte Zeiuheorie bei SCIIMIDT (1927) 382 zielt unter der Überschrirt eines ..eschatologischelnl Rhythmus" der Geschichte entgegen der kantischen Bestimmung der Zeit als einer nicht wegdenkbar \'orgegebcnen Form der Anschauung (a.a.O. 219f. u.ö.) aur einen solchen Zusammenhang: Dem Menschen ist die Zeit als Formgebung ftir die ewige Liebe Gottes allfgegeben in einer bis in die Gegenwart reichenden Wundergeschichtc (a.a.O. 327f.).
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ner Schöpfung, das sich in Gestall seiner Verheißung vollzieht. Wenn Gott nach refonnatorischer Anschauung mit den Menschen nicht anders handeIl als durch Wort und Glauben, dann charakterisiert das Verheißungswort, auf das hin der Glaube glaubt, Golles Handeln an den Menschen. Verheißung ist de"",ach ein Begriff. der ebenso wie das erinnerte vergangene lind das gegenwärtig eifahrene auch das zukünftig erhoffte Handeln Gottes ken,,· zeichnet und nicht etwa eschatologisch von einem damit zu kontrastierenden Elfü//ungshandeln abgelöst wird. Mit diesen Erwägungen ist keineswegs behauptet, daß die Verheißung sich selbst genüge und nicht etwa über sich hinausweise; im Gegenteil ist die Verheißung ihrem Wesen nach Verweisung über sich hinaus. Allein worauf sie verweist, wäre als Erfüllung nicht nur linear gedacht, sondern auch losgelöst vom verheißenden Gott selbst. Daß jede Verheißung über sich hinausweist, beruht aber ja darin, daß sie eben auf nichts anderes als Gott verweist. Das Thema der Verheißung geht an diesem Punkt über in das andere nach der metaphorischen Redeform von Verheißung, die durch eben diese Art von Verweisungszusam45 menhang gekennzeichnet ist. Besonders konzentriert drückt sich dieser Zusammenhang von Gott und Verheißung aus, wenn Jesus Christus im Neuen Testament das Ja Goues zu seinen Verheißungen genannt wird (2 Kor 1,20).
2. Okumenischer Ertrag eines eschatologischen Zeitverständnisses. Mit diesen Überlegungen zum Thema "Zeit und Ewigkeit" ist ein zentraler Punkt des gegenwärtigen christlich-jüdischen Gesprächs getroffen, denn auch hier plädieren mit z.B. Wolfhart Pannenberg, Jürgen Mollmann und Friedrich-Wilhelm Marquardt gewichtige Stimmen für ein eschatologisches 46 Zeitverständnis. Zugrunde liegt auch hier die Einsicht, daß die Verheißung selbst als erfüllte nicht, wie die israeltheologische SubstiWlionstheorie annahm, abgegolten und gleichsam erledigt ist. Vielmehr bringe das überbordende Hoffnungspotcntial, wie es Israel in den Verheißungen des Alten 47 Testaments gegeben ist, einen "Überschuß" über jede Erfüllung. Eschatologie als Lehre von der Verheißung handelt daher von "zukunftsweisenden Erinnerungen" und geschieht materialiler als Wiederholung der Ge45 Dazu s. Kap. VI.3.3 (5. 282ff.). 46 Für PANNENBERG vgJ. sein Konzept der ..Offenbarung als Geschichtc" (seit DERS, (19611). fUr MARQUARDT (1993196) dessen Zeiuhcorie im § 6 seiner Eschatologie. und MOLTMANN (1995) 308 Anm. 55 spricht selbst von einer ..Theologie der Zeir' in eschatologischen ..Kategorien" (a.a.O. 44). - Im folgenden sollen nicht diese drei Enlwurfe analysier1. sondern das sie verbindende israeltheologische Moment als solches bctrdChtet werden. 47 K.H. Miskotles Rede vom VcrheiBungsübcrschuß rcz.ipier1 v.a. MARQUARDT (1993196) 1.159 (Zitat).
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Dritter Teil
schichte Israels. 4 & Wiederholung bedeutet hier jedoch keine Repetition, die für die Zukunft nichts Neues unter der Sonne erwarten ließe, sondern heißt, die im Lauf der Geschichte "verhinderten Möglichkeiten" in ihrer unverbrauchten Potentialität, wie sie im Hoffnungspotential des alttestamentlichen Verheißungsüberschusses gegeben ist, wieder an die Oberfläche zu 49 holell, so daß sie "ständig diese Weh in Frage" stellen. Zeittheoretisch werden daher der Vorrang der Zukunft und deren Neuheit gegenüber den geschichtlichen Gegebenheiten betont. 50 Diese Zukunft sei, wie im Anschluß an die frühjüdische Apokalyptik und ihre Auffassung vom "Ende" gesagt wird, der geschichtlichen Wirklichkeit selbst nur ausnahmsweise auf dem Wege der Antizipation zugänglich: 51 indem nämlich das Wirkliche sich durch das Mögliche, durch das, was auch anders und wie es auch anders sein könnte, hinterfragen läßt. Tatsächlich ist die Möglichkeit die Schlüsselkategorie solcher Konzeptionen, und zwar nicht die kantische Modalkategorie im Unterschied zu Wirklichkeit und Notwendigkeit, sondern M. Heideggers Konzept der Möglichkeit: Sie ist gegenüber der Wirklichkeit "die ursprünglichste und letzte positive ontologische Bestimmung des Daseins", das eigentlich in ihm "Vermögend-Mögende". Denn sie ist nicht der normativen Kraft des Faktischen unterworfen und kann darum gerade angesichts des Geschichlslaufs und gegen ihn als das Wahre angerufen werden - mit der Pointe, daß die so mit der Wahrheit verknüpfte Möglichkeit gar nicht auf Verwirklichung zielt, wie dies noch in dem traditionellen, problematischen Begriffsgespann von Verheißung und Erfüllung der Fall iSt. 52 48 Vgl. die Vorstellung der Pesachhaggada. daß die Generation jeder Sederfeier mit der des Exodus yerschmilzt. So auch Marquardt und MOLTMANN (Zitat OERS. [1989J 40 [dort kursiv)). 49 Diesen gesellschaftskritischen Akzent setzt MOLTMANN (1964) 247.149 (Zitate). 50 Z.B. MARQUARl>T (1993196) 1.73ff. in der Rehabilitation des Lohngedankens: MOLTMANN (1995) 42f. mit der Unterscheidung von Futur und Adyent. 51 Der Antizipationsgedanke ist zentrnI rur MOLThlANN. der ihn 3.3.0. 44 am Sabbat als einer rhythmisch wiederkehrenden .• Vorwf'8!1tlhme der messianischen Zeit' (Äonenzeit) entfaltet. und rur PANNENBERG (1961) 96.103. dcr mit der jüdischen Apokalyptik das Ende der Zeit als Offenbarung ihres Gesamlsinns versteht, den historische Ereignisse vorwegnehmen könnten: vgl. DERS. (1988193) 111,692.694 zum ,.sichzuyorkommen" Gones. 52 Zitate HEIDEGGER (1927) 143f.: DERS. (1946) 8. Dieses MöglichkeilSkonzept versteht E. JONGEL (1971) eschatologisch, wcnn er die Auferstehung als "Verewigung gelebtcn Lebens" (a.a.O. 160) versteht: sie holt LebensffiÖglichkeiten wieder (DERS. 11977J 292 Anm. 58). Auch solches Reden von ..Wieder.Holung" geht. wie KLAPPERT (1995) 55 ftir Marquardt 7.eigt. auf Heidegger zurück. Der einhergehende Akzent auf der Wahrheit stall der Wirklichkeit trifft dabei weniger rur Marquardt und Mollmann zu. spricht aber aus der Metaphemtheorie von JONGEL (1974) und schlägt sich bei dessen Schüler Mencke nieder im Begnügen bei der historischen Möglichkeit der Glaubenstlltsachen (5. S. 158 Anm. 112): ebenso PANNENBERGS rein wisscnssoziologischcs Verständnis der Historizität etwa von Ostern (DERS. 119641 95).
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VI. Ergebnisse und Enrag flir Syslcmalik und Ökumene
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Dies kann freilich dazu führen, daß das Eschaton, nunmehr als Bewahrheilung (Verifikation) der Geschichte begriffen, zugleich als Ende einer linearen Zeit verstanden werden muß, weil sonst mit der Geschichte kein abgeschlossener Gegenstandsbereich vorläge, wie ihn eine Verifikation voraussetzt. B Auch wenn die Eschatologie als Wieder-Holung von Möglichkeiten in Entsprechung zur Protologie gedacht wird, ergibt sich ein restitutives (zyklisches) Zeitverständnis, das mit dem grundsätzlich angenommenen Vorrang der Zukunft jedenfalls in Konnikt steht. 54 Im Unterschied dazu verstehe ich im Rahmen eines eschatologischen Zeitverständnisses die erhoffte Verheißung weder vom Primat der Wahrheit noch der Möglichkeit her, sondern als eine Wirkljchkeit, nämlich die Wirklichkeit des verheißenden Goues selbst. Es gehl in Auseinandersetzung mit der berechtigten israellheologischen Kritik an der Vorstellung von Erfüllung als Verwirklichung der Verheißung nicht darum, die Dimension der Wirklichkeit in die Wahrheit auf- oder untergehen zu lassen und dieser so den Realitätsbezug zu verstellen, sondern darum, zur Geltung zu bringen, daß GOIl selbst in der Verheißung zu den Menschen kommt und darum in diesem Kommen. seiner Zukunft, selbst ihre letzte und tragende Wirklichkeit ist. ln diesem menschheitlichen Horizont sind auch Christentum und Judentum miteinander verbunden - in einer Weise freilich, die der folgende Unterabschnitt weiter zu klären hat.
3.2. Die Hoffnung auf die Parusie Christi
I. Systematischer Ertrag eines Parusieverständnisses in menschheitlichem /-Iorizol11. Wenn es wahr ist, daß Eschatologie von der zukünftigen Wirklichkeit Gones handelt, dann muß sich dies besonders auf das Thema der Parusiehoffnung auswirken. Denn die Vorstellung, daß Jesus vom Himmel zur Erde wiederkehrt, mutet doch scheinbar zu phantastisch an, widerspricht zu sehr der Erfahrung von Wirklichkeit - und wie 2 Petr 3,4 zeigt, nicht erst aufgeklärter Erfahrung -, um selbst als Wirklichkeit erwartet werden zu können. Doch beim Thema der Parusie geht es gar nicht darum, ein isoliertes Eschatologumenon als wirklich zu behaupten oder preiszugeben. Die biblische Versicherung, daß Jesus "so, wie ihr ihn habt gen Him53 PANNENBEKG (1995) 76.79 und schon ooKS. (1988/93) 1I1.638f. 54 Vgl. die Entsprechung von Gones ursprilnglicher Selbslbcschränkung (kabbalislisch sog. Zimzum) in der Schöpfung zu seiner eschalischen Einwohnung (Sehechina) in ihr bei MOLTMANN (1995) 327f. 336. bei dem nach GMIMMER (2000) 196 ..ICIZllich doch ein lineares Modell der Zeil vorherrsch"'.
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mel fahren sehen" (Apg I, I I), kommen werde. trim keine Aussage über den Modus der Wiederkehr, sondern hält die Identität des Kommenden mit dem Gekommenen fest. 55 Die christliche Parusiehoffnung erwartet, in dem Kommenden den zu erkennen, zu dem sie sich bekennt. Auf diesen Zusammenhang von Bekenntnis und Erkenntnis zielt womöglich auch die zweimalige Schilderung der Himmelfahrt durch den Evangelisten Lukas: Die erste mündet in das anbetende Bekenntnis zum Gekommenen (Lk 24,52f.), die zweite in die Zusage der Erkenntnis des Kommenden (Apg I, I I). Auch die für neuzeitliches Denken befremdlichen Auslassungen traditioneller Eschatologie darüber, unter welchen kosmischen Begleitumständen die Parusie zu denken ist, sollen diese ja gar nicht als physikalisch "möglich" erweisen, sondern wollen erklären, wie der Kommende sich allen Menschen als Christus zu erkennen geben kann. Daß dies aber der Diskussion bedarf, zeigt, wie wenig selbstverständlich es der eschatologischen Tradition scheint, daß die Menschen den Kommenden als den erkennen werden, den sie kennen und bekennen. Die Parusie ist demnach nicht als Bewährung oder Bewahrheitung (Verifikation) des Glaubens zu verstehen, auch nicht in dem bloß umgekehrten Sinne, daß die Parusie, etwa im Interesse einer produktiven Aufnahme des jüdischen Neins zu Christus als dem Messias,56 verstanden würde als der Lackmustest (Falsifikation), der den christlichen Glauben nachträglich als wahr oder falsch erwiese. In beiden Fällen würde an die Parusievorstel1ung das klassische Wahrheitskriterium der Adäquation (adaequatio rei et intellectus) wie eine Meßlatte von außen angelegt; es ist aber der Wirklichkeit der Parusie nicht adäquat, weil es voraussetzt, daß die eschatologisch verheißene Erkenntnis Christi den Glauben in ein Wissen im mechanischen Sinne "überführt" wie die Gebeine eines Heiligen, ohne daß der Glaube selbst davon berührt wäre. Dies widerspricht aber dem Wesen des Glaubens, dessen grundlegende Frucht, seine "Äußerung" am Glaubenden. ja nach der refonnatorischen Rechtfertigungstheologie die Heilsgewißheit (certitudo) ist;51 und die kann im Unterschied zu einem Wissen (securitas) nicht bei sich bleiben, ja sie muß ganz von sich ab55 Im rabbinischen Judentum kann der Modus der erhofften Parusie des Messias mit dem des Handeins der Hoffenden verbunden werden: Zeigt sich Israel würdig. so kommt der Messias mil den Wolken des Himmels: zeigt es sich unwürdig. so kommt er auf einem Esel. 56 Dieses lnleresse machen 7..8. MARQUARDT (1977) 311 und (mit Zitat davon) MOLTMANN (1989) 52 gellend. 57 So KÄllLER (1905) 428 (§§ 497f.). Die Allemalive. Heilsgewißhcil im ZusammenhliIlg der Prädestioalionslehre zu behandeln und als Frucht des Glaubens vielmehr die Liebe hervorzuheben. eröffnet dagegen eine lineare Gcfalls(recke von der Christologie über die Ethik zur Eschalologie (vgl. WEBER 11955/62111.352 zu Gal 5.6).
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VI. Ergebnisse und Ertrag ftir Systematik und Ökumene
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sehen und auf Gottes Verheißung blicken - und wird genau darin ihrer selbst gewiß. Anstalt also dem menschlichen Bekenntnis das göttliche Siegel der Erkenntnis aufzuprägen, "überführt" die Parusie den Glauben in einem ganz anderen, rechtfertigungstheologischen Sinne: sie überführt ihn nämlich des unhintergehbaren ErkannlSeins 58 durch Gott (I Kor 13,12), das Paulus so erklären kann, ..daß Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren" (Röm 5,8); und in diesem Zusammenhang ist die menschliche Erkenntnis des kommenden Christus zugleich Sündenerkenntnis und das Bekenntnis zu ihm zugleich Sündenbekenntnis. Beide sind aber, wie Paulus mit seiner Schilderung des Lebens unter dem Gesetz in der Retrospektive des Lebens aus der Gnade sagt (Röm 7,7-24), bereits von Gou gewirkt,59 so daß in dem ganzen, schon semantisch gegebenen Zusammenhang von Rechtfertigung und Gericht, aber auch in dem ganzen geschichtlichen Zusammenhang von Jesu historischem Ergehen und seinem eschatologischen Kommen die außerhalb menschlicher Möglichkeiten liegende (Luther sagt: extra nos) Zukunft Gottes selbst wirksam ist; und dies zeigt das durchgehend eschatologische Gepräge der Parusieverheißung, und darin beruht auch ihr evangelischer, d.h. froher und heilsamer Charakter: Gott macht alle Menschen, die gegen ihre Sündigkeit auf ihn vertrauen, gerecht. Schon diese grundsätzlichen Erwägungen machen deutlich, daß die Parusieverheißung das Menschenmögliche übersteigt; sie beansprucht für das Christentum eine Bedeutung, die jenseits von dessen eigenem Horizont reicht, nämlich, wie auch die kosmische Bildersprache nahe legt, eine menschheitliche Bedeutung; und Menschheit ist hier nicht einfach der Geltungsradius des Christemums, den es durch seine Missionstäligkeit ausdehnen könnte. Vielmehr wenn schon für die Christen als die Menschen, die sich zu Jesus bekennen, die Erkenntnis des Kommenden außerhalb des Menschenmöglichen ist, dann kann auch eine zukünftig christianisierte Menschheit nicht schon Menschheit im Sinne der menschheitlichen Bedeutung der Parusie sein. Vielmehr bedeutet Menschheit in diesem Sinne für das Christentum, daß es durch das Kommen Christi zum Gericht, wie die Vorstellung des Credo lautet, in die Auseinandersetzung mit anderen Religionen der Menschheit geführt wird. Für das Verhältnis zum Judentum heißt das, daß mit dem Parusiethema so wiChtige und zugleich schwierige 58 Die genilivische Syntax kennzcichllCt das ÜberfUhren in der Rede vom usus elcnchticus legis, der als Oberftihrung (darum ,,elcochlicus") von der Sünde (mit Röm 3,20: Sündenerkenntnis als Hauplfunklion des Gesetzes) z.ugleich z.um Glauben ftihren will, darin besteht ja sein "usus", sein Nulzen. 59 Vgl. zum Zusammenhang von Sündenbekenntnis und Rcchlfenigung gerade inllCrhalb eillCs CS(;h;l!oJogischen ZeitvefStändnisses SAtrTER (1998a) 153-155.
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Driner Teil
Themen verbunden sind wie die Judenmission, die nationale RestitUlion
und die traditionell sog. christliche Bekehrung Israels. Angesichts dieses Sachverhalts ist das Thema der Parusieverheißung in einer evangelischen Eschatologie im Verhältnis zum Judentum also im Horizonts eines theolo· gischen Konzepts von Menschheit zu bedenken. Gerade die hier untersuchte
Problemgeschichle der Eschatologie liefert dafür wichtige Erträge. unter denen das Konzept der Menschheitsreligion herausragt. 60
Zunächst ist zur Begriffiichkeit der Parusie zu sagen, daß von Wieder· kommen oder Wiederkunft nicht gesprochen werden sollte. weil dies hieße.
daß Christus zurückkäme, nachdem er zuvor eine Zeitlang von den Seinen abwesend war. Parusie wäre dann so etwas wie eine eschalologische Familienzusammenführung. Aber daß der kommende Chrislus als der von den Christen Bekannte erwartet wird, heißt ja nicht, daß diese dann einen alten Bekannten (oder gar Verwandlen) wiederträfen, wie auch die Erkenntnis des Kommenden nicht das Wiedererkennen eines Wiederkommenden bedeutet. Gewiß ist der Kommende mit dem Gekommenen, der Zukünftige mit dem Gegenwärtigen identisch, doch diese Identität ist in sich differenziert zu denken, konkret: Wenn die eschatologische Parusie als Überwindung der geschichtlichen Polaritäten und menschheitlichen Spannungen unter Beibehaltung ihrer. so zu sagen, spannungsführenden Pole verslanden wird, wie dies in der heilsgeschichtlichen Tradition der Fall ist, dann kann auch das geschichtliche Datum, an dem alles Christentum hängt. das Christusereignis selbst, nicht aus der Spannung von Geschichte und Eschaton ausgespan werden. 61 Wer Christus wirklich ist, ist also ohne die Parusie nicht offenbar; Chrislus se/bsl iSI ein Hoffmmgsglll. ja das Hoffmmgsgul sl;lJIechlhin. Terminologisch gesprochen: Der durch das Parusiethema gegebene Zusammenhang von Eschatologie und Christologie ist nichl auf letztere reduzierbar. Man könnte metaphorisch von einem Weg Jesu Christi sprechen, der erst in der Parusie Ziel und Richtung bekommt - freilich nicht in dem Sinne, daß er ersl mit dem letzten Schritt ausgeschritten wäre, vielmehr besteht dieser Weg in jedem Augenblick nur kraft der Orientierung 62 am Ziel der Parusie. Für die Begrifnichkeit heißt das: Christus ist nicht 60 S. zum Folgenden Kap. IV.I.2. hier S. 159-168. 6t Bei Ailhaus. Stange und Brunncr. deren EschalOlogid:onuple auf der Spannung von äil und Ewigkeil aufbauen. bedingte die Aussparung Ouisti seibsi aus dteser Spannung. also die Vernachlässigung der Parusiehoffnung. die Einschälzung des Jucknlums als Vorslufe des ChrislC:nturns (s. S. 236 Anm. 192 zu Altbaus: S. 199 Anm. 26-28 zu Slangc: S. 18 Anm_ 21 zu Brunncr). 62 Ein solches Parusie- und enlsprechendes Zeil\'emändnis zeigl Y.a. die Eschatologie bei O. Weber (s. S. 240 Anm. 210). aber auch die Bibelarbeil IWAND (1966) 42: ..Nur als der Kommende ist er der. der gekommen ist."
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der Wiederkommende, sondern, wie die biblische Panizipialformulierung (Offb 1.8; 22,13) sagt, der Kommende: er ist nur, indem er kommt. und er ist wirklich im Kommen - auch in der Gegenwart, die eben kein eschatologischer Leerlauf ist, und auch in der Zukunft, denn selbst die letzte Zukunft Jesu Christi zum Gericht ist kein Da·sein, sondern eine Gestalt des Kom· mens: das Ankommen freilich, das die Frage ,.Was kommt danach?" obsolet macht. All dies ergibt sich im Grunde schon aus der Ersetzung des linearen durch ein eschatologisches Zeitverständnis, weil damit jedes Verständnis der Parusie vom Gedanken des (noch) Ausstehenden her - besonders das Theorem der Parusieverzögerung63 - durchkreuzt ist, die Parusie vielmehr selbst der Angelpunkt alIeIl theologischen Denkens in zeitlichen Abfolgen ist und bleibt. Daher sind auch die mit dem Parusiethema verknüpften Fragen in Entsprechung zur Gedankenfigur des Weges Jesu Christi zu verste· hen. Daß Z.B. die zahllosen Daten und Fakten eines einzelnen Lebenslaufes. die Fäden und Bruchstücke, die kein Mensch entwirren oder zusammenfügen kann, ausschließlich durch Christi Kommen zum Gericht - also ohne Hilfe von Schnitt oder Kin. die dem so und nicht anders gelebten Leben auf dem Totenbett noch eine Maske ewigen Lebens anmodellieren wollen einen Lebensweg bilden, der als gangbar bejaht werden kann: dies wäre ein Ausdruck persönlicher Parusiehoffnung. 64 Vollends gilt dies für den Lauf der Menschheitsgeschichte. die, wie das Gleichnis vorn Jüngsten Gericht mit der überraschenden Selbstkundgabe Christi in den Werken der Barmherzigkeit zeigt (Mt 25.31-46), ebenfalls ihre Einheit allein im kommenden Christus hat. 2. Ökumenischer Ertrag eines Parusieverständnisses in menschheitlichem Horizont. Wenn man die Parusieerwartung vor dem menschheitlichen Horizont des Weges Jesu Christi sieht, so befindet man sich bereits millen im christlich-jüdischen Gespräch, denn in diesem Begriff der Menschheil muß das Christentum mit dem Judentum ins Verhältnis gesetzt werden, und daher ist hier auch der Ort zur Klärung der Themen von Judenmission und sog. Bekehrung Israels. Bringt man nun, wie es dem menschheitlichen Weg Jesu Christi "vom Protevangelium bis zum Herrentage" (M. Kähler) entspricht und wie es unler den gegenwärtigen Dogmatikern vor allem Gerhard Ebeling tut, den Zusammenhang der Eschatologie mit der Christologie zur Geltung und fragt nach einer Bedeutung Christi für die "Weltgeschichte • 63 Hieraufbaut die Konsequente Eschatologie auf(s. Exkurs 6. hier $. 190-192). 64 M.E. ist dies die lheologische Dimension des kirchlichen Handeins im sog. Lebenszyklus. d.h. der Kasualien.
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post Christum natum", so ist darauf zu achten, daß dabei die Eschatologie nicht wieder auf Christologie reduziert wird. Z.B. würdigt Ebeling Wehund Menschheitsgeschichte so, daß sie "nicht Errichtung des Paradieses", sondern bloß "Herstellung solcher Lebensbedingungen" bewerkstelligen sollen, "unter denen die Auswirkung des Bösen begrenzt" ist. 65 Damit dienten die außer- und nachchristliche Welt und Menschheit lediglich dazu. daß das Christentum an ihnen seine Spannkraft erweist, mit der es die Ankunft des Messias auf die Welt beziehen kann, ohne diese sogleich in jene hinein aufzuheben. Dies nicht zu vermögen. ist es ja, was die Lehre von den zwei Adventen Christi dem Judentum vorwirft, und daher kommt die skizziene Würdigung der nichtchristlichen Menschheit nahe an diese Lehre heran. Das darin verborgene. hier aber deutliche Problem ist, daß das historische Auftreten Jesu aus sich heraus. also ohne Bezug auf das Kommen Christi in der Parusie, als welt- und menschheitsgeschichtliche Zäsur oder "Wende" beansprucht wird,66 so daß das Christentum gegenüber anderen Religionen der Menschheit absolut gesetzt wird. Diesem Problem tritt nun gerade ein Konzept von Menschheitsreligion entgegen, das die Menschheit selbst nicht als gegebene Größe auffaßt. sondern ihre Einheit allererst vom kommenden Christus erwartet. Denn dann kann das Christentum nicht im absoluten Sinne die Menschheitsreligion sein, sondern das Christentum ist im relativen Sinne Menschheitsreligion. Die Relativierung in diesem Satz ist wörtlich zu verstehen, d.h. sie bezieht sich nicht auf die Menschheitsreligion - nicht also, als ob der universelle Anspruch des Christentums (den man eben nur nicht Absolutheitsanspruch nennen sollte), sein missionarischer Impetus, in Abrede gestellt werden sollte -, sondern auf das "ist", also den Seinsmodus, nach dem in diesem Satz Christentum und Menschheitsreligion aufeinander bezogen werden: Das Christentum ist Menschheitsreligion nur in Relation zur Menschheitsreligion, also indem es auf die Menschheilsreligion bezogen wird. Diese quasi doppelte Syntax, nach der das Christentum einerseits die Menschheitsreligion ist und sie andererseits noch werden muß (und dabei selbst etwas anderes werden, sich also verändern lassen muß), entspricht genau dem metaphorischen Potential des Verheißungskonzepts, nach dem die Verheißung die zeitliche Rede von Ewigkeit ist und doch auch die darin zur Rede stehende Ewigkeit selbst. Theologisch gesprochen handelt es sich hier um die Differenzierung jeder geschichtlichen Gestalt des Christentums von 65 Zitate EOEUNG (1979) 1Il.387 (Überschrift § 37) bzw. Hir die drei übrigen Zitate 3.3.0.
111,391. 66 Zitat ebd. 111.448: ähnlich DERS. (1975) 444.446.
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seiner eigenen Hoffnungsgeslalt, die mit keiner zukünftigen Entwicklung jener Geslall verrechnet werden kann, sondern jeder solchen Entwicklung als ihr ewiger Grund voraus ist, und nur aufgrund eben dieses Grundes, dieser eschatologischen Menschheitsreligion kann die geschichlliche Gestalt. also die Kirche, überhaupt als chrislliche Kirche angesprochen werden. Die eschalologische Menschheitsreligion iSI also der Beslandsgrund der christli· chen Kirche - nicht im Sinne einer Bestandsgaranlie. sondern so, daß das Christentum als geschichtliche Gestalt der Menschheitsreligion in den Ver· gleich mit den anderen geschichtlichen Religionsgeslahen gestellt ist. zu denen es ein geschichtliches Verhältnis hat, und dies ist in besonderem Ma· Be das Judentum. Dieser Vergleich, die Tatsache. daß die .,wahre Religion selbst 1... 1 eine geschichtliche Erscheinung" unter anderen geschichtlichen Religionen ist, erwies sich ja schon bei der Analyse des Konzepts der 67 Menschheitsreligion als die Poinle. und hierauf liegt nun auch der Akzent bei der Frage nach dem christlich-jüdischen Verhältnis. Denn für dieses leistet das Konzept der Menschheitsreligion zweierlei: Zum einen stellt die MenschheitsreJigion den theologischen Grund für Eltislenz und Bestand des Christeniums dar, der außerhalb aller menschlichen Begründungsmöglichkeiten liegt. seien sie religionssoziologischer oder -geschichtlicher oder -wissenschaftlicher Art. Zum anderen weist sie aber eben damit das Christentum auch an die anderen geschichtlichen Religionen. die ebenso in ihr gründen wie das Christentum und schon darum nicht auch dessen Grund sein können. Das Christentum ist also durch die Menschheilsreligion in seiner geschichtlichen Stellung begründet und zu· gleich an das Judentum gewiesen, da es zu ihm in einem besonderen ge· schichtlichen Verhältnis steht wie zu keiner anderen Religion. Das christli· che Gespräch mit dem Judenlum ist also unbeschadet aller Einsichten, wel· che die Geschichte, besonders das 20. Jh. mit seiner Feindschaft des Chri· stenturns gegen das Judentum, gelehrt hat, theologisch begTÜndet und bildel eine unmillelbare Gestalt der so begründelen Existenz des Christentums, auch wenn das Gespräch mit dem Judentum gerade darin nicht selbst Grund des Christentums sein kann. Das (theologische) Gespräch mit dem Juden· tum gehört also ZIIm Wesen. nic/ll ZIIm Grund der Kirche; man könllle es neben die vier Kenn:eicllen der Kirche nach dem Apostolicum stellen und als eine weitere nota ecclesiae bezeichnen. Ein vorrangiges Thema eines theologischen christlich-jüdischen Gesprächs müßte dabei die Menschheits· religion sein, in der beide gründen und auf die beide hoffen. und weil dieses 67 S. bei S. 142 Anm. 31.
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Gründen nicht von geschichtlicher An ist, wird die Weise, wie Christentum und Judentum auf die gemeinsame Menschheitsreligion hoffen. bei beiden je eigenständig ausgeprägt und nicht ineinander überführbar sein. Chri· stentum und Judentum haben darum in der Menschheitsreligion zwar eine gemeinsame. aber nicht die gleiche Hoffnung. Christliche und jüdische Hoffnungsgestalt stehen darum in einem konstitutiven, doch konstitutiv antagonistischen Bezug aufeinander. Christliche Theologie kann darum das Gespräch mit dem Judentum im Unterschied zu innerchristlichen ökumeni~ sehen Lehrgesprächen nicht als Konsensgespräch mit dem Ziel der Einigung führen und also auch die Zusammenführung des einen Gottesvolkes aus Juden und Heiden nicht als Werk des christlich-jüdischen Dialogs verstehen, sondern kann die Hoffnung darauf nur in den kommenden Christus setzen. 6lI Von hier aus wären auch die speziellen eschatologischen Fragen des christlich-jüdischen Verhältnisses zu beantworten. Ist die Zusammenführung des einen Gottesvolkes zur Menschheitsreligion nämlich das Werk des kommenden Christus, dann sind auch die sog. Bekehrung Israels und die Judenmission danach auszurichten. Bekehrung Israels kann dann in keinem Fall als Bekehrung zum Christentum verstanden werden, da dieses ja selbst nur die geschichtliche, nie die erhoffte Gestalt der Menschheitsreligion sein kann. Gemeint sein kann nur, daß das Judentum der Erlösung entgegengeht, die in wie auch immer zu bestimmender Weise mit dem Kommen seines Messias verbunden ist. So sehr in dieser dialogischen Verhältnisbestimmung festzuhalten ist, daß die Christen als diesen Messias Israels niemand anders als den kommenden Jesus erwarten, der mit dem Gekommenen identisch ist, so wenig können sie sich (vollends gar die jüdischen Gesprächspartner) in dieser Messiaserwartung auf die gekommene Gestalt Jesu festlegen, ohne die Parusiehoffnung zu vernachlässigen. Wie Christus als Messias Israels und aller Weil kommt, ist, das zeigten schon die Überlegungen zu Beginn dieses Unterabschnitts. nicht Gehalt der Parusiehoffnung. Daher ist auch jede christliche M.ission nicht als geschichtliche oder kulturelle Leistung, sondern wiederum nur Bekenntnis zum Werk des kommenden Christus zu verstehen. Auch für die Frage der Judenmission ist theologisch entscheidend, daß Christen ihren Glauben nicht anders heken68 Mit dieser Bindung an die Parusiehoffnung selzt das Konzepl der Menschheilsreligion einen andcren Akzcnl als dies IWAND (1946) 20 lul (mil dessen Zeit- und Verheißungsverständnis der vorige Umcrabschniu einigc Beri.lhrung aufwies). denn er belont aufgrund von Eph 2 den eschatologisch unaufhebbaren Dual von Juden und Heiden. Auch die Menschheitsreligioll amalgamiert beide nicht. belonl aber Goues künftiges l-landeln in Christus als beiden gemeinsame AusrichlUng.
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nen und dann auch bezeugen können als im Aufblick zum Kommen Jesu. Wie der kommende Christus auch den Juden als Messias erscheinen kann. ist dabei wiederum eine Frage. die nicht zum Wesen des christlichen Bekenntnisses, sondern zum Begründungszusammenhang jüdischen Hoffens gehört und die zu beantworten christlicher Theologie ebensowenig möglich ist, wie die Beslimmung dessen. was jüdische Zukunftserwartung ist. Aufgabe einer Revision christlicher Eschatologie sein kann. Damit ist auch klar. daß das vieldiskutierte Stichwort eines jüdischen "Sonderwegs" zum Heil für christliche Theologie überhaupl kein arbeitsfahiger Begriff ist, denn wenn es einen solchen geben sollte. läge er gerade als besonderter außerhalb des theologischen Aufgabenfeldes. Hier zeigt sich erneut, wovon die vorliegende Unlersuchung auch ausging: Christliche Theologie kann ihr Verhältnis zum Judentum nur bestimmen oder gar erneuern, wenn sie sich mit den systematischen Problemstellungen ihres eigenen Theoriediskurses auseinandersctzt. All dies heißt: Die Menschheitsreligion verbindet Judentum und Christenlum eschatologisch miteinander, doch gerade damit ist eine geSChichtliche Zusammenführung ausgeschlossen. Menschheitsreligion bedeutet also keinesfalls eine Amalgamierung verschiedener Religionen, weder im synkretistischen Sinne noch als ethisch oder sonstwie kategorisierter Minimalkonsens der beteiligten Religionen unter Hintanstellung ihrer jeweiligen Eigenheiten. Die Menschheitsreligion iSI kein Projekt Wehethos, sie ist, da nicht linear aus irgendwelcher Religion zu ex.trapolieren, überhaupt kein Projekt. das es .. umzusetzen" gälte, freilich auch keine Leitvorstellung. die von der geschichtlichen Realitäl überholt lind als bloße Projektion erwiesen würde. Auch eine traditionsgeschichtliche Zusammenfügung von Judentum und Chrislentum als Einfügung des einen in die menschheitliche Wirkungsgeschichte des anderen ist nicht im Sinne der Menschheitsreligion. Gegenüber all diesen Verhältnisbestimmungen posilionien sich das Kon· zepl der Menschheitsreligion in dem Sinne, wie ich sie in dieser Unlersuchung verstehe, im christlich-jüdischen Gespräch in eigenständiger Weise. Das Konzept wurde hier im Anschluß vor allem an Martin Kähler entwik· kelt, überschneidet sich aber mit der Auffassung. die Franz Rosenzweig vom christlich-jüdischen Verhältnis vorgetragen hat. Demzufolge sind Judenlum und Christentum durch die gemeinsame. wenn auch nicht gleiche, Ausrichtung auf den Namen Goues mileinander verbunden, jedoch verbunden in einem notwendigen Antagonismus. denn die jeweiligen Formen dieser Ausrichtung auf den Namen sind nicht miteinander zu vereinbaren. Man kann daher das Konzept der Menschheilsreligion verslehen als ein Modell dialogischer Verhällnisbestimmung von Chrislen und Juden, und in diesem
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Sinne bildet es sowohl eine Wesensäußerung christlicher Kirche als auch einen wichtigen Beitrag zum christlich-jüdischen Gespräch, der eventuelle Aporien mancher in solchem Gespräch erprobten Yerhältnismodelle womöglich zu öffnen und zu überwinden vermag.
3.3. Die biblische Metaphorik der Eschatologie
I. Systematischer Ertrag eines eschatologischen Metaphemverständnisses. Zukunftshoffnungen wie etwa die Erwartung. daß Christus kommt, sind dem christlichen Glauben vor allem in Gestalt der biblischen Verheißungen gegeben; sie bilden die Form der Eschatologie, und diese im wörtlichen Sinne fonngebende, bildnerische Bedeutung der Bibel für die Eschatologie läßt von Verheißungsbildem sprechen, welche die Bibel malt. Die Auseinandersetzung um diese biblischen Bilder war es nun, die im Anschluß an Schleiennachcrs Fehlanzeige eines eschatologischen Gesamtbildes zur Binnendifferenzierung der Verheißung in Weissagung und Wahrsagung führte, einem der wichtigsten Schemata von Wahrnehmung des Judentums. 69 Dabei werden die Bilder der Bibel auf seiten der Weissagung wie "der Laien Bücher" (Heidelberger Katechismus, Frage 98) verstanden, derer eine christlich~vollendete Gläubigkeit entraten könne, da sie die Zukunftshoff~ nung der Sache nach in ihrem frommen Bewußtsein innehabe. Seitens der Wahrsagung hingegen erscheinen die biblischen Bilder als die angesichts der unvorhersehbaren Zukunft einzige eschatologische Erkenntnisquelle, weil geoffenbart, so daß die Sache der Hoffnung nur in diesen Bildern zu haben ist. Im ersten Fall wird der Glaube in seiner Zukunftshoffnung gegenüber dem Sehen, im zweiten gegenüber dem Schauen profiliert. Jenes kann unler Berufung auf loh 20,29 geschehen, während man für dieses auf 2 Kor 5,7 verweisen könnte. Diese zwiespähige Einschätzung der Bedeutung, welche die biblischen Bilder für den Glauben haben, findet nun eine Entsprechung an der Theorie der sprachlichen Bilder, also der Metaphern, denn hier stehen sich in der neueren evangelischen Theologie zwei größere Theorietraditionen gegenüber. Klassischerweise werden Metaphern als ein Stilmittel übertragener (tropischer) Rede aufgefaßt, bei dem ein prägnanter Ausdruck durch einen anderen ersetzt wird, der zur gemeinten Sache im gleichen Verhältnis steht wie jener. Die logische Grundlage der Metapher im Sinne dieser Theo· rietradition ist demnach die Analogie, und zwar die Analogie. wie sie von 69 Die einschlägige Problemgeschichte wurde in Kap. 111.2.2 (S. 126ff.) nachgezeichnet.
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Aristoteles als Gleichheit von Verhältnissen definiert worden ist. 70 Dieser Analogiebegriff ist freilich in der neueren evangelischen Theologie auf schwere Kritik gestoßen, seit K. Barth die analogia entis als ,,die Erfmdung des Antichrist" bezeichnet hat,11 die zwingend gegen den römischen Katholizismus spreche. weil sie eine Gleichheit in der Seinsbeschaffenheit von GOII und Mensch annehme, so als spräche Gott zum Menschen: "Bein von meinem Bein, Fleisch von meinem Fleisch". Barths später Schüler E. Jüngel hat allerdings in kritischer Auseinandersetzung mü der analogia entis dafür votiert, die Analogie anders aufzufassen, nämlich nicht als Gleichheit von Relationen, die ihre Relate schon voraussetzen müßte, son· dem als Funktionsweise des .,Sprachereignisses" (E. Fuchs 72 ), welches allerersl ins Dasein emporruft. was nicht ist (also auch nicht vorausgesetzt ist). Analoge Rede läßt also Abwesendes anwesen und stiftet damit in aller noch so großen Feme eine noch größere Nähe. 13 Genauso stiftet die Metapher als die auf dem Analogiekonzept beruhende Redefoml Nähe, indem sie nicht wie die Metapher im klassischen Sinne Bild und Sache trennt, sondern die Sache dem Bild annähert. Dieses, neben Jüngel besonders von P. Ricceur vertretene Konzept der Metapher erblickt deren Triftigkeit gerade darin, daß sie die Lebendigkeit hat, die Dinge so anzusprechen, daß sie von diesem Anspruch verändert werden. 14 Während die klassische Rhetorik bei der Metapher darauf zielt, die kunstfertige Anwendung bestimmter Stilmittel einzuüben, ist es die Aufgabe einer Metaphorik im Sinne Jüngels und Ricreurs. produktiv und schöpferisch zu sein in der immer fortgehenden Bildung neuer, lebendiger Metaphern, da diese sich beim allmählichen Ge· brauch zu konventionalisierten Metaphern und stehenden Wendungen abkühlen und abnutzen. Die Metapher ist hier das kreative Potential theologischer Rede. Eine Entscheidung zwischen diesen beiden (Analogie- und) Metaphern. konzepten ist schwierig zu treffen. Sie ist aber eingedenk dessen, daß beide in ihrer Juxtaposition die Pole des Wahmehmungsschemas von Wahrsagung und Weissagung abbilden, auch gar nicht nötig und vielleicht nicht einmal erstrebenswert, wenn anders nach Auffassung unserer Untersuchung 70 So bei dem Rheloriker Quinlilian (vgl. Heinrich LAUS8ERG. Handbuch der literarischen Rhelorik. Eine Grundlegung der Lileralurwissenschaft. München 1960. 285 I§ 5581). 71 Karl BARTIl, Die Kirchliche Dogmatik I/I. Zoltikon/Zürich 1932. VIII. 72 Knapp zusammengefaßt: FuCltS (1965) 414ff. 73 JONCEL (1977) 377 zusammenfassend zur analogia enlis. A.a.Q. 402f. zur Analogie des Sprachereignisses. 74 Vgl. JONGEL/RIC(EUR (1974). Ricctur haI das Konzept der lebendigen Metapher auch monographisch enlfallet.
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die polaren Wahrnehmungsschemata in ihrer Polarität überwunden werden müssen, doch so, daß ihre Pole erhalten bleiben. Daher ist hier das eschatologische Verständnis der Metapher von Interesse, das sich im Anschluß an M. Kähler ennitteln ließ. 7s Er gebraucht in seiner Eschatologie ausgesprochen konventionelle Metaphern aus dem Bereich der NalUr, liest sie aber in einem Sinne, der quer zur metaphorischen Tradition steht, weil er gerade nicht Naturwüchsigkeit bedeutet, sondern die Ewigkeit als Grund und Grenze aller geschichtlichen Entwicklung namhaft macht: Wir sahen, daß Kählers Metapherngebrauch mit der Unterscheidung von ewiger und geschichtlicher Zukunft genau seinem Eschatologiekonzept entspricht. Dort aber wurde die Ewigkeit so aufgeraßt. daß sie. ihrerseits metaphorisch gesprochen, in Zeit und Geschichte hinein "ragt", so in innigsten Austausch mit Zeit und Geschichte gerät und doch zugleich beiden voraus ("übergeschichtlieh") bleibt. In der Metaphorik entsprach dem die hauchfeine, aber unverzichtbare Unterscheidung zwischen ewiger Menschheitsreligion und zukünftigem Christentum: Das Christentum ist nicht die Menschheitsreligion, sosehr es diese werden soll. Vor dem soeben skizzierten metapherntheoretischen Hintergrund läßt sich diese Verhältnisbestimmung, die Pointe von Kählers eschatologischer Metaphorik, nun so auf den Begriff bringen, daß zwischen Menschheitsreligion und Christentum, ewiger und geschichl1icher Zukunft, Sinn und Bedeutung der Metapher das Verhältnis der Analogie besteht. und zwar Analogie nicht im Sinne des Sprachereignisses, sondern im klassischen Sinne der analogia entis: als die in aller Ähnlichkeit "noch größere Unähnlichkeit".76 Für dieses Verständnis ist die Metapher also einerseits das sprachliche Bild und ist doch andererseits mehr und etwas anderes als dieses. Die Metapher ist, um es seinerseits metaphorisch zu sagen, ein Bild, das seinen Rahmen sprengt, doch dies wiederum nicht nach Art und Weise der lebendigen Metapher deshalb, weil diesem Bild ein überbordendes kreatives Potential innewohnte. Eingedenk dessen, daß hier allein die Ewigkeit als Grund geschichtlicher Entwicklung verstanden ist, geschieht diese Rahmensprengung vielmehr kraft eines Größeren, das sich in diesem Bild kundgibt - freilich aber in solchem Bild auch wirklich kundgibt: Daß sein Rahmen gesprengt würde, heißt also nicht, daß damit auch das Bild als solches überholt wäre und Metaphorik zuletzt doch ganz quintilianisch hieße. die Sache aus einem bildlichen Rahmen herauszulösen. Vielmehr so steht es, daß im Bild, das seinen Rahmen sprengt, ein weiteres Bild auftaucht. in 75 S. zum Folgenden Kap. IV.2 (5. 178ff.). 76 So die Definition seit dem 4. Laterankonzil 1215 (DH 806 in Abwehr des Joachimismus).
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das hinein jenes im metaphorischen Prozeß verwandelt wird, so wie im zugrundeliegenden Eschatologieverständnis die Ewigkeit, indem sie in die Geschichte ,.ragt", diese verwandelt. Im theologischen Sinne ist die Metapher schlechthin also das Bild Jesu Christi, in das hinein wir verwandelt werden, wie Paulus es sagt (2 Kor 3,18). Man kann diesen Bibelvers ohne weiteres aJs Leitfaden einer eschatologischen Metaphorik im hier skizzierten Sinne auffassen. Für den Bildgebrauch besagt er, daß die Ewigkeit dem theologischen Reden ihre eigenen Bilder zugleich an die Hand gibt und aus der Hand schlägt. Und dies ist nun ein Punkt, der über die Metapherntheorie hinaus und in die Frage des eschatologischen Bibelgebrauchs hineinführt, denn wenn die Ewigkeit selbst ihre Bilder gibt und nimmt, dann sind diese Bilder nicht frei wählbar. Hier unterscheidet sich das vorliegende Metaphernverständnis maßgebl.ich vom Konzept der lebendigen Metapher: Dieses sieht in der Metapher ein kreatives Potential der Theologie und fordert zu schöpferischer Produktivität im Metaphemgebrauch auf. Eine Metaphorik am leitfaden von 2 Kor 3,18 läßt sich dagegen ihre Bilder vorgeben (und nehmen), die Bilder bilden hier gewissermaßen einen Sprachraum, in dem sich theo· logisches Reden bewegt. Solcher Raum zu sein, ist auch die Bedeutung der Bibel für eine eschatologische Metaphorik, denn die Bibel ist dieser Fundus, welcher der theologischen Sprache Worte und Bilder gibt, sie ist, metaphorisch gesprochen, der Atem theologischen Redens. 17 Begrifflich, nämlich in der Unterscheidung von Wahrheits- und Wirklichkeitsbezug der Theologie gesprochen: Die Bibel offenbart nicht theologische Wahrheiten, sondem ihr Offenbarungscharakter besteht darin, daß sie schlechthin Ausdruck derjenigen Wirklichkeit ist, die den Gegenstand der Theologie bildet. Damit hat die Bibel (und gerade ihre Bildersprache) für die Eschatologie eine viel grundlegendere Bedeutung, als sie sie jemaJs haben könnte, wenn sie die übernatürlich geoffenbarte Quelle der Erkenntnis kommender Dinge wäre. Deswegen soll eine theologische Metaphorik auch gar nicht schöpferisch im Finden und Erfinden lebendiger Metaphern, neuer oder zeitgemäßer Ausdrucks- und Gestaltungsformen des Glaubens sein. Wenn die Sprache des Glaubens sich biblischer Metaphern bedient, dann ist dies nicht Ausdruck seiner schöpferischen Kreativität. sondern seiner Rekreativität, die Einkehr hält in Gottes Schöpfermacht, nämlich in sein Wort, wie es in der Bibel gegeben ist. Eschatologische Metaphorik hat darum die "unab77 So versteht lIuch Kähler im Einklang mit seiner Metaphorik die Bibel, und darin fußt sein Imerc:sse an ihr; dies zeigen nicht zuletzt seine Hinzufilgungen von Bibelstellen in der 3. Aunage seiner ..Wissens<:haft".
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dingbare Aufgabe", in die biblische Sprache "einzuüben".711 In dieser Funktion als ..Sprachmeisterin des Glaubens" ,79 nicht als eschatologischer Fahrplan, hat die Bibel tatsächlich eine unverl.ichtbare und unvergleichliche Bedeutung für die Eschatologie, und der systematische Ertrag solch eines eschatologischen Metaphernverständnisses ist, daß es die nonnative Steilung der Bibel mit theologischen Gründen zu untermauern vermag. 2. Ökumenischer Ertrag eines eschatologischen Metaphernverställdnisses. Das Verständnis der biblischen Sprache als Atem theologischen Redens führt, so zeigte der vorstehende Punkt, über die Alternative von Bibel und Bewußtsein als QueUe der Eschatologie hinaus und damit auch über das Schema von Wahrsagung und Weissagung, das parallel zu dieser Altemati· ve liegt. Mit dem Schema einhergehende Wahrnehmungen des Judentums, die es als bloße Vorstufe oder aber äußerliche Schale des Christentums verstehen, lassen sich so im Grundsatz ebenfalls venneiden. 80 Freilich wirft aber das skizzierte Bibelverständnis für das christlich-jüdische Verhältnis sogleich die Gegenfrage auf: Wenn die biblische Sprache und das Bild Jesu Christj als ihr Inbegriff beansprucht werden als die eschatologische Metapher, in die hinein alles geschichtliche Reden von Hoffnung verwandelt werden soll, wird dann die Bibel nicht in einer Weise als menschheitliche Größe beansprucht, die das Judentum vereinnahmt. jedenfalls aber seine Besonderheit als geschichtliche Religionsgestalt neben dem Christentum nivelliert? Angesichts dieser gewiChtigen Anfrage ist es notwendig zu betonen, daß eine biblische Metaphorik, wie sie hier skizziert wurde, gerade weil sie nicht frei wählbar, sondem eben bibelgebunden ist, keine Unifomlität theologischer Sprache und der Rede in Glaubensdingen bedeutet. Dies macht ein Vergleich der metaphorischen Eschatologie, wie sie hier im An· schluß an Kähler entwickelt wurde, mit der symbolischen Eschatologie Paul Tillichs deutlich. Eschatologie handelt nach Tillich von der Überwindung aller geschichtlichen Zweideutigkeiten und eben auch der Zweideutigkeit, die gerade das religiöse Symbol als den sprachlichen Verweis auf diese Überwindung kennzeichnet, nämlich das "Schweben zwischen Selzung und 78 Mit SCIIOBERTH (1997) 449 (Zilale). 79 Diesc FomlUlierung von Manin KÄIU.ER (DERS., Zell und Ewigkeil. hg.v. Waller Kühler. Leipzig 1913.3) bezieht sich zunächsl auf die Theologie: diese ist bei Kähler aber. wie gesehen. immer als biblische Theologie verstanden. so daß der Satz auch rur die Bibel gilt. 80 Zu ersterem neigl das dialektisch-lheologische Pläooyer ftlr eine bildlosc Hoffnung (s. Exkurs 81S. 214ff.1 sowie vgl. die Belege bei SAl!t'ER [19951 88-90): lelzteres zeichnet sich in der Konsequenten Eschatologie. die zwar im AnSalz. Form und Inhall des Glaubens zusammenhallen will. die spezifisch jüdisch-apokalyptische Form aber ablehnt. s. Exkurs 6, hier S. 190-192.
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Aufhebung des religiösen Gegenstandes".81 Eschatologie hat daher (wie alle Theologie) "das, was indirekt im religiösen Denken und Ausdruck enthalten ist, begrifflich auszusprechen". und sie tut dies, indem sie alle ihre Sätze aus dem (einzigen) Indifferenzpunkl von begrifflicher und symbolischer Rede deduziert, nämlich dem GOllestitel, der zugleich Begriff ist: dem SeinSelbst.82 Dieser Begriff macht aber Eschatologie zur Ontologie im Vollzug, und dies erlaubt Tillich, den Rahmen der eschatologischen Symbolik sehr weit zu spannen, in ihn Ausdrücke der religiösen Auffassungslage allgemein, von interreligiösem oder überhaupt weltanschaulichem Charakter einzubeziehen. Ln diesem ontologischen Rahmen der Eschatologie geraten aber die geschichtlichen Differenzierungen der Religionen aus dem Blick, die gerade das Verhältnis von Christentum und Judentum kennzeichnen. Entgegen solch symbolischer Eschatologie ist darum im Einklang mit dem. was im vorigen Unterabschnitt an hand des Konzepts der Menschheitsreligion grundsätzlich zum chrisllich·jüdischen Gespräch gesagt wurde. festzu· halten. daß auch die biblische Sprache, wie ich sie bislang singularisch be· zeichnet habe, nicht schon eine "gemeinsame Sprache der Hoffnung" bereitstellt. auf die Christen und Juden im eschatologischen Diskurs einfach zurückgreifen könnten als auf einen größten gemeinsamen Nenner. 83 Gewiß ist die gemeinsame Lektüre und Untersuchung derjenigen religiösen Texte. die beide Glaubensgemeinschaften gemein haben - vornehmlich das Alle Testament -, ein wesentlicher Vollzug des christlich-jüdischen Gesprächs,84 er wird sich aber nur so vollziehen können, daß jede Seite mit ihrer jeweiligen Lektüreweise in das Gespräch geht, daß also jede Seile mit der ihrer Tradition eigenen Argumentation operiert. 85 Die jeweiligen Ausprägungen biblischer Lektüre, die ja gerade in ihrem Spannungsverhält'nis auf die Zukunft des in heiden Ausprägungen selben Gottes verweisen, können so überhaupt erst wahrgenommen werden. Ein wichtiges Beispiel dafür bietet das letzte der vier Themen dieses Entwurfs.
81 Vgl. TrLLICII (1956166) 1II.448 zur esch:llologischen Überwindung der Zweideutigkeiten und das Zil:1I aus DERS. [19281 (1987) 222 zur Zweideuligkeil der Symbole. 82 DERS. (1956166) 1.277. 83 Auf dieses Problem macht SAl.J1"ER (1982) aufmerkS3m (Zital alls dem Aufsamitel). 84 ßekanm iSI die Anlwon. die K. Banh J.J. Peluchowski uuf dessen Einwände gegen die sub· SlilUlionstheorelischen Mängel der (gleichwohl als .....egweisend fUr die 1sroehncologie angesehene) Erwiihlungslehre dcr Kirchlichen Dogmatik gab: Chrislen und Juden läsen dasselbe Alte Te· stumenl. 85 Hierzu (in Krilik der Ergänzung des Grundanikels der rheinischen Kirchenordnung) SAUTER (1998) 356.
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3.4. Gottes Handeln und menschliche Hoffnung
I. Systematischer Ertrag einer eschatologischen Anthropologie. Die Eschatologie, die hier als Lehre von der Verheißung skizziert wird, ist per Nominaldefinition die Lehre von den letzten Dingen, und dieser zeitliche Sinn von Letztheit ist für die Eschatologie auch und gerade dann unverzichtbar, wenn sie, wie es hier der Fall ist, grundlegend nicht von einem linearen Zeitverständnis aus entfaltet wird. M.a.W. auch wenn der Verheißung als solcher schon Goues Zukunft und damit zeitliche Letztheit innewohnt - dies erlaubt ja allererst, Eschatologie als Lehre von der Verheißung zu definieren 86 -, so bleibt die Frage nach einer letzten Verheißung, der "großen Verheißung". auf die alle Zeit und Geschichte zugeht, doch möglich und nötig. Und wie immer diese Antwort im einzelnen ausfaHen mag, so müßte sie jedenfalls ein Verständnis des gesamten Weh· und Geschichtslaufs aus dem Glauben heraus ennöglichen. In diesem Sinne ver87 steht M. Kähler die "Theodicee" als letzte Aufgabe der Eschatologie. Daß damit ein Thema angeschlagen ist, das sich einer Revision christli· cher Theologie eingedenk der Shoa nahelegt, ist unübersehbar; und wenn angenommen wird, daß Theologie und speziell Eschatologie nach der Vernichtung des europäischen Judentums überhaupt nur noch als Lehre von der "Selbstemeuerung Goues",88 also als Theodizee, möglich sei, dann ist damit eine weit über den akademischen Diskurs hinaus verbreitete Gesprächslage aufgenommen. für die der inzwischen schon berühmte Vortrag von Hans Jonas zum "Gouesbegriff nach Auschwitz" (1984) vielleicht das bedeutendste Zeugnis ist. Wie Menschen angesichts eines gleichemlaßen unmenschlich wie gottlos anmutenden Geschichtslaufs überhaupt an die Verheißung eines Goues glauben können, der in der Geschichte heilsam an den Menschen handelt das, also die Begründbarkeit von Verheißung, ist die Theodizeefrage in theologisch-eschatologischer Perspektive, und damit zeigt sich, daß die Theodizee nach einem präzisen Zusammenhang von Goltes Handeln und menschlichem Ergehen im Geschehen VOll Sünde und Gnade fragt, dem Thema dieses Unlerabschnins. So entspricht es auch der Theorietradition in der Theodizeefrage: G.W. Leibniz als Schöpfer des Ti86 Es dürfte deutlich sein. daß mit dieser Definition nichl zuletzt die Überwindung der allenfalls zu Orienlierungszwecken hilfreichen Alternative von präsentischer und futurischer Eschalologie angestrebt wird. 87 Zu den Zitaten s. S. 143 Anm. 35 bzw. S. 151 Anm. 73. 88 M.MI.QUAIWT (1993/96> 1.142 (Hervorhebung aufgehoben).
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tels uOlerscheidet in der hergebrachten Fragestellung "unde mal um?" dreierlei Begriff von mal um, nämlich das metaphysische Übel sowie als dessen Manifestationen das moralische Böse und das physische Leid, so daß Böses und Leid aus dem (metaphysischen) Übel hervorgehen, daß Menschen keine Götter sind, sondern die Sünde - so der theologische Titel des metaphy· sischen Übels - GOll und Mensch trennt. Auch in dieser dreigliedrigen Theodizee geht es also um das Beteiligungsverhältnis von Gott und Mensch arn Heilsgeschehen. Die evangelische EschalOlogiegeschichle zeigt nun durch ihre Wahrnehmung des Judentums, daß die Verhältnisbestimmung dieser drei Glieder entscheidend ist für die Erfassung des Verhältnisses von GOlt und Mensch: Die Theologie darf nämlich im Begriff des Übels das Leid weder mit dem Bösen kurlschließen noch VOll ihm abkoppeln. Das eine Extrem geschieht. wenn das Leid. womöglich unler dem Eindruck der Shoa, als Hauptthema der Theodizee mit dem Bösen geradezu gleichgesetzt wird als das, was mit Gou schlechterdings unvereinbar, darum aber auch gar keiner theologischen Bearbeitung zugänglich ist. sondern nur in der Klage herausgeschrien wer· den kann; die Theodizeefrage bleibt dann notwendig ohne Antwort.89 Das andere Extrem unterbindet noch vor aller Antwon die Theodizee/rage nach dem Leid. indem es die Bedeutung des Glaubens auf die Überwindung des als innerl icher Geistesmacht verstandenen Bösen beschränkt und dagegen das Leid als Äußerlichkeit und den Wunsch nach seiner Überwindung als fleischlichen Irnum des Judentums abtut; letzteres war in der evangelischen Eschatologiegeschichte bei den Venretern der leidgeprüften baltischen Nationalkirche zu beobachtcn. 90 - Mit der Überlegung. daß Gott das Böse nur überwindet. indem er es durch/eidet. hat allerdings dieselbe theologische Tradition beide Extreme durch das Phänomen des Erleidens überbrückt und damit die Allemative von Aktiv und Passiv zunächst für die Soteriologie (aktiver GOIt und passiver Mensch) und in unmittelbarem logischen Anschluß auch für die Anthropologie als gegenstandslos erwiesen. 91 Damit ist nicht weniger geleistet als die Überwindung der seit Aristoleles klassischen Alternative von bios praktikos und bias theoretikos. vita aCliva und vila conlemplativa. denn in diese Polarität zieht mit dem Phänomen des Erleidens eine dritte Größe ein. Das gibl insofern dem Leiden einen Sinn, als 89 l.B. dic ciner
iSr.lCllhco~i.schcn
Rcvision
chri~'ichcr
Dogmatik zlWbtitcndc Untcrsu-
chung: KRESS (1999). 90 S. bei S. 255 Anm. 281. 91 5. Kap. V.2.2. hier 5. 2S~255. v.a.. bei Anm 279.276 zur lhco-Iogischcn Frage (Hahn) bzw. zur anthropologischen Konsequenz (v. Oellingen).
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damit der sprachliche Sinn von ..Ieiden" erweitert wird und über die Erfahrung bestimmten, mit der Empfindung der Unlust verbundenen Geschehens hinaus einen anthropologischen Sachverhalt jenseils von Aktiviliit und Pas· sivität bezeichnet. Begreift man es so, dann steht diese Erkenntnis des baltischen Luthertums auch gar nicht allein da, denn im Miuclpunkt aller derjenigen eschatologischen Traditionen, die sich in irgendeiner Weise auf die anthropologische Spekulation bei H. Steffens (lnvolulionslehre) oder F.C. Gelinger (Lehre vom Abendmahlsleib) stützen, war zu beobachten. daß sie die Insuffizienz der Alternative von Aktiv und Passiv aufdecken. Dies gilt für so unterschiedliche Strömungen wie die Auseinandersetzung erweckli· eher Theologie mit der theosophischen Spekulation einerseits und die libe· rale. historisch-kritische Eschatologie im 19. Jh. andererseits, besonders freilich für die Vermittlungstheologie. 92 Aber auch schon eine frühere Form vermittelnder Theologie, nämlich die sog. philippistischen Lehrstreitigkeiten, konzentriert sich, etwa im synergistischen Streit, auf die melanchthonische Litotes. des Menschen Wille sei "nicht müßig in der Bekehrung;" was die Unzulänglichkeit der anthropologischen Alternativsetzung unterstreichl. 9J Letztlich fußen all diese Problemanzeigen auf M. Luthers Konzept der vita passiva. mit dem er die Alternative von vita activa und vita contempla. tiva überwinden will. 94 Vita passiva ist dabei nicht der Mittelweg, der von beiden Polen der Alternative gleich weit entfernt iSI,~ sondern steht quer zu ihr als ganzer, wie denn Luther damit traditionsgeschichtlich auf die in jener Alternative ebenfalls nicht unterzubringende deutsche Mystik zurückgreift, welche die anthropologische Dimension des Glaubens als Widerfahrnis. besonders des Hingerissenseins. beschreibt. Entscheidend ist dabei die Erkenntnis von C. Link. daß der frühe Luther in Anlehnung an J. Tauler unter vita passiva eine LeidensfTÖmmigkeit der imitalio passionis Christi versteht, während ab Luthers zweiter Psalrnenvorlesung (seit 1518/19) Christus Exempel nicht mehr des Leidens, sondern des Sierbens und Aufer-
92 S. einerseilS Exkurs 3. hier bei S. 102 Anm. 94. andererseilS Exkurs 4 (s. l44ff.) und besonders Exkurs 2, hier S. 72. 93 Der Melanchlhonsau (aus den Loci \'on 1535 und 1543: eR XXI.376.658), der auf Johannes Chrysoslomus und (Pscudo-) Basilius zurück (PG U.143 bzw. a.a.O. XXX1I482) und wird in Fe Epitome 11. Negaliva 8 (Bd~rtn/"iss(' 11997) 11.222) als miBversländlich krilisien. 94 Dazu vgl. BAYER (1994) 42--49. 95 Gegenwänig nimml HÄRLE (1992) 77 rur den Glauben eine .,aklive Passivität" im Sinne eines ..5ich-beslimmen-Lassens- an. qualifizien dies aber ßäherhin als ..Unlerlassc:n einer gegebenen H:mdlungsm6glkhkeil- (Zilale DERS. 11995) 516.517). 1A'aS doch noch sehr am GegensalZ von Akliviläl und Passiviläl orienlien ist
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VI. Ergebnisse und Ertrag ftir Systematik und Ökumene
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stehens ist, so daß das leidenl.liche Moment des Menschseins in der Hoffnung auf die Gleichgestalt mit diesem Ergehen Christi besteht. 96 Mit diesem Bezug auf Tod und Auferstehung aber bekommt die Anthropologie eine klare eschatologische Ausrichtung. Vita passiva ist demnach nicht die Vermiulung der Alternative von Aktivität und Passivität, sondern ihre wirkliche Überwindung durch die Zukunftsverheißung. Vita passiva bezeichnet also einen Sachverhalt theologischer Anthropologie: daß der Mensch durch eine Größe konstituiert ist, die außerhalb des anthropologisch erfaßbaren Möglichkeitsrahmens anzusiedeln ist. So konnte Luther den Menschen definieren als dasjenige Wesen, das durch GOll gerechtfertigt werden sol1. 97 Anthropologie in theologischer Perspektive handelt darum von der Externität des Menschen, der von außerhalb des Menschen durch den rechtfertigenden GOIl konstituiert wird. während die Philosophische Anthropologie in umgekehrtem Richtungssinne von der Exzentrizität des Menschen redet, weil er, anders denn das Tier, sich als Person von seinem Zentralorgan distanzieren kann. Diese wichtige Nuance markiert einen grundlegenden Unterschied zwischen theologischer und philosophischer Anthropologie, denn Gegenstand der philosophischen Anthropologie ist die "conditio humana" (H. Plessner), also das Menschsein im Unterschied zu den Phänomenen der außermenschlichen Natur der Tiere und Pflanzen. Gegenstand der theologischen Anthropologie ist dagegen der Mensch als Mensch in seinem Verhältnis zu GOll, also als Geschöpf GOlles. 98 Das ist nicht der Mensch schlechthin, sondern so, wie er sich in der Sicht des Glaubens darstellt. Dies heißI nun wiederum nicht. daß für eine theologische Anthropologie nur der glaubende Mensch thematisch wäre; im Gegenteil ist ihr Thema der Mensch liberhaupt, aber eben in theologischer Perspektive, d.h. Gegenstand der theologischen Anthropologie ist der Mensch als Geschöpf Gones des Schöpfers. 99 Von hier aus erklärt sich, daß theologische Anthropologie als eschatologisch verstandene Schöpfungslehre durchzuführen ist. Die Schöpfungslehre 96 LINK (1984) 320ff. 336ff. zum fruhen bzw. späten LUlher. 97 So in These 32 der Disputnlio de homine (1536): WA XXXIXJI.176.33. 98 Die Schwäche der ,,Studien zu den anthropologischen Implikluionen der Eschatologie" bei UERRMANN (1997) ist m.E., daß er .,das Ich. an dem sich das lluferweckende und ...erwandelnde eschatologische Uandeln Gottes im Geist ereignet", als SeeJesein bestimmt (n.a.O. 63) und nicht als Geschöpnichkeit. Dabei hiitte gerade diese dezidien theo·logische Kategorie ausdrücken können, was nir Uerrmanns Arocit ,,ein roter Faden" (a.a.O. 15) sein soll, daß nämlich Eschatologie nur .....on Gott als der wirk.enden e;o;temen Größe" (a.n.O. 307) her begründet werden kann. Herrmann selbst drück.t dies Slan dessen durch eine Repristinat.ion Kliefoths (a.a.O. 307-310) aus. 99 Zum wissenschaftslheoreliscllen Status solcher Aussagen s. bei S. 185 Anm. 214.
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handelt demnach nicht von einem "Urstand" (und die Eschatologie dementsprechend nicht von dessen, vielleicht überbietender, Restitution); sie sagt nicht, was der Mensch einmal war, aber durch die Schuld seines Willens nicht mehr ist, sondern was er nach Gones Willen sein soll. In der altprotestantischen Dogmatik wird dieser Aspekt von Schöpfung in der Vorsehungslehre bearbeitet, denn diese handelt ja nicht von einem vorgezeichneten oder gar vorherbestimmten Weg des Menschen, sondern von der Hoffnung, daß aus den einzelnen Lebensdaten des Menschen - in der Sprache der Berufswelt wäre von einem Lebenslauf zu reden - allererst ein Lebensweg wird,l00 denn daß dies geSChieht, ist nicht in das Belieben des Menschen gestellt. der "mitten im Leben stehend" nicht das Ganze dieses Lebens erfassen, sondern nur Gottes Verheißung ergreifen kann. Wenn so die Vorsehungslehre als individualeschatologische Schöpfungslehre gelten kann, dann ist ihre universaleschatologische Entsprechung eben die Theodizee, die nun nicht den Lebenslauf des einzelnen, sondern, wie oben gesagt, den Weltlauf im ganzen aus dem Glauben heraus zu verstehen sucht. Hier zeigt sich, daß die evangelische Eschatologie auch des 20. Jh. mit ihrem bei den beiden Hauptanlipoden K. Barth und P. Althaus zentralen Thema der Geschichte einer eschatologischen Anthropologie zuarbeitet. Althaus' beherrschendes und (gegenüber Barth) kennzeichnendes Interesse an einem positiven Ewigkeitswert der Geschichte führte ja zu dem Versuch, soteriologische Altemativsetzungen durch eine dreidimensionale Geschichts- und Schöpfungslehre in den anthropologischen Kategorien der Hingabe und des Opfers aufzubrechen; 101 Althaus liegt darin auf einer Linie mit Kählers Verständnis der Theodizee. Es wird vor diesem Hintergrund naheliegen, auch die Theodizee (wie die Vorsehungslehre) an der Verheißung Gottes auszurichten, so daß die Eschatologie als Theodizee letzte Fragen weder offen läßt (schon gar nicht programmatisch) noch beantwortet, sondern überantwortet an Gottes Zukunft. Von der Entsprechung zur Vorsehungslehre her ist dieses Überantworten für den Menschen, der die Theodizeefrage stellt, Ausdruck der vita passiva, d.h. die Theodizeefrage erSChöpft sich nicht in der Klage, die in all ihrer legitimen Expressivität immer ungerichtet bleibt (auch als Klage vor Gott 102), sondern richtet sich auf ein klares Gegenüber aus in der Anklage Gottes, die dann freilich angesichts ihrer inhaltlichen Schwere eben nur vor 100 S. bei S. 277 Anm. 64. 101 S. bei S. 224 Anm. 145. 102 Die Rede von einer ..Klage zu GOII". mil der KRESS (1999) 265 anscheinend dieses Pro· blem beheben will, iSI synlaklisch und semamisch schwierig.
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dem Forum GOlles selbst verhandelt werden kann. Theodizee wird so als Anklage gegen GOIl immer zilgleich Appeffa/ion an Gott. ebenso Klage wie Bitte (letztlich die letzte Vaterunserbitte).103 Theodizee ist also ein vieldimensionales Gebet, und schon daran, selbst an diesem Thema, bei dem der Mensch in einem sonst unerreichten Maße als Ausgelieferter erscheint, zeigt sich, daß die Beteiligung des Menschen an Gottes Heilshandeln weil vielfältiger ist als die Entgegensetzung von Aktivität und Passivität erahnen läßt. und in diesem Sinne ist die Theodizee in der Tat ein Thema eschatologischer Schöpfungslehre. Der systematische Ertrag einer eschatologischen Anthropologie und Schöpfungslehre liegt denn auch genau darin, daß so ein sehr viel breiteres und feiner unterteiltes Spektrum von menschlichem Leben als geschöpOichern Leben im Angesicht des Schöpfers theologisch thematisch werden kann, m.a. W. daß die Theologie eine Vielfalt religiöser Phänomene in den Blick nehmen kann, die zum Leben des Glaubens und der Menschen hinzu· gehören. Und diesen geweiteten Blick auf das religiöse Menschsein erreicht eine eschatologische Anthropologie, indem sie den Menschen, nur scheinbar den Blick auf ihn verstellend, gänzlich in seiner GeschÖpflichkeit. also im Gegenüber zu seinem Schöpfer und damit theo·logisch betrachtet. Gerade die Theodizee, das Thema, wo Gott schweigend oder abwesend scheint wie Baal nach den Worten Elias. konnte hier so als universaleschatologische Schöpfungslehre skizziert werden. und tatsächlich ist die Theodizee schon dadurch mit einer eschatologischen Schöpfungslehre verbunden, daß hier der Ort ist. über die Neuschöpfung von Himmel und Erde zu reden. Denn das Bekenntnis zur Neuschöpfung kann nie der Entwurf der zukünftigen Stadt vom Reißbrett her oder gar auf den Trümmern der alten Weil sein, sondern ist gerade in der paradigmatischen Situation der Theodizee, also entgegen allem, was die Schöpfung gegen Hoffnung sprechen läßt, die Hoffnung auf ihren Schöpfer. Am gebündeltsten spriCht sich christliche Zukunftshoffnung darum in einem paulinischen Aphorismus aus, in dem Gottes Kraft ausgedrückt ist, die Schöpfung und auch die Menschen. die als Bestandteil dieser Schöpfung an ihr selbst oder an ihren Mitgeschöpfen und in all dem an ihrem Schöpfer schuldig geworden sind, durch Umkehr neu zu erschaffen: ,.Glaube wider Hoffnung auf Hoffnung hin" (Röm 4,18). 103 BAYER (1983) 259ff. spricht von ,.erhörter Klagc" und bringt damil gcnau den doppeltcn Gouesbcwg in Anklage und Bille zum Ausdruck. Eingedenk der Unterscheidung von akliycr und kontemplatiyer Theodizee. die DERS. (1990) 22-24 in Entsprechung zu vita aCliva und yila conIcmplaliva vornimml. könnle man allalog zur vita passiva auch von ciner passivcn Theodizee sprechen.
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2. Okumenischer Ertrag einer eschatologischen Aml/ropologie. Den Menschen als Geschöpf Gottes des Schöpfers wahrzunehmen, ist die Aufgabe einer eschatologischen Anthropologie und Schöpfungs lehre. Wenn diese Aufgabe gipfelt in dem Gedanken von Röm 4,18. daß die menschliche Hoffnung auf Gott in sich das Menschenmögliche an Hoffnung durchkreuzt. dann ist damit eine Einsicht berücksichtigt. die gerade von jüdischer Seite unter dem Eindruck der Shoa gewonnen wurde, daß nämlich die ..große Verheißung Theodicee" (um es mit Kähler zu sagen) nur wirklich wird. indem die Menschen - und die Klage angesichts der Shoa ist ja in der Tat offensichtlicher eine AnkJage bestimmter Menschen als eine solche Got· tes 104 _ sich durch Umkehr daran beteiligen (lassen). Auch hier meldet sich daher die Frage nach der Beteiligung von Gott und Mensch am Heilsgeschehen. und hier scheint jüdische Theologie und Religionsphilosophie sehr viel unbefangener als christliche von einer tätigen Beteiligung des Men· sehen, besonders durch Umkehr, zu reden. Zumal evangelische Theologie scheint hier aufgrund der refonnatorischen Lehre vom unfreien Willen und des Streits gegen jeden Pelagianismus keinerlei Verhandlungsspielraum zu besitzen. Aber wie in der gesamten Selbstrevision christlicher Theologie eingedenk der Shoa. und im christlich-jüdischen Dialog überhaupt. so geht es auch hier nicht darum. durch Übernahme und Modifikation anderer Denktraditionen einen Ausgleich mit dem Gesprächspartner auszuhandeln. Was die hier vorgetragenen Überlegungen. sowohl zum christlich-jüdischen Gespräch als auch zum Verhältnis von Gott und Mensch. jedoch erbringen sollten, ist. daß die Problemlage in dieser Frage von Aktivität und Passivität aufgrund der jeweiligen Traditionen genau bestimmt und damit auch geklärt werden kann. Und so wird das Wahrnehmungsschema. dem der Christ als rein empfangend, der Jude dagegen als tätig erscheint - mitsamt den sich anschließenden Schemata wie Spiritualisierung vs. geschichtliche Konkretion. Individualität vs. Gemeinschaftlichkeit usw. -, zu einem großen Teil darauf zurückgehen. daß Luthers Konzept der vita passiva, das sich uns als maßgeblich für die evangelische Position in dieser Frage erwies. mit der Passivität einen Begriff verwendet. der eine Seite des Schemas (Aktivität vs. Passivität) abzudecken scheint, tatsächlich aber als Überwindung ge· meint ist. denn das LUlher vorliegende Schema lautet ja Aktivität vs. Kon· templation. Daß dieser Sinn von Passivität jedoch hinter dem neuzeitlichen Gegenüber zur Aktivität verschwindet, war an manchen Stellen des Theo· riediskurses zu beobachten; so waren sowohl die Darstellung des ChristenI~
Mit diesem Argumem läßt sich sogar fragen. ob die Shoa überhaupt das Theodizeeproblem aufwirft. Vgt. S. I1 Anm. I.
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VI. Ergebnisse und Ertrag für Systematik und Ökumene
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turns in den ..Lehren des Judentums" als auch das gegenwärtig vertretene anthropologische Konzept einer .,aktiven Passivität" von dem neuzeitlichen Verständnis der Passivität als Gegenteil der Aktivität bestimmt. Passivität im Sinne LUlhers (und ebenso die Rede vom Erleiden) zielt dagegen auf die im neuzeitlichen Sinne "aktive" Beteiligung des Menschen am Heilsgeschehen; so dürfte auch Luthers Schrift .,Oe servo arbitrio" zeigen wollen, wie GOlt den Menschen am Heilsgeschehen beteiligt (nur daß er dies eben nicht in einer Weise tut, die mit menschlichem Wollen und Vollbringen gleichzusetzen wäre). - Auf der anderen Seite sollte im Sinne eines christlich-jüdischen Gesprächs klar werden. daß die Rede von Schöpfung in keiner Richtung des Judentums die innere Verbindung mit dem Thema von Schöpfung und Fall hat, die im Christentum zunächst in der Auseinandersetzung mit der Gnosis und dann in der Soteriologie seit Augustin obligat wurde für die Lektüre von Gen 1-3, der sog. Schöpfungserzählung. Hier differieren christliche und jüdische Lektüreweisen deutlich, und dies festzuhalten, ist bereits ein Vollzug christlich-jüdischen Gesprächs. Der nur vermeintlich weiterführende Versuch, beide Lektüren auf einen gemeinsamen Ursprung zurück- oder eine Entscheidung zwischen beiden herbeioder die eine in die Wirkungsgeschichte der anderen zu überführen, würde dagegen vom gemeinsamen Gespräch nur wegführen. Die Schöpfungslehre in ihren unterschiedlichen Gestalten in Judentum und Christentum ist so wie die Menschheitsreligion ein vorrangiges Thema christlich-jüdischen Gesprächs, und sein Ertrag für dieses Gespräch ist, daß die Schöpfungslehre einen Sprachraum bietet, in dem auf beiden Seiten die religiösen Phänomene von Menschsein beschrieben werden können, die durch Altemativschemata eher verdeckt werden. In dieser konvergierenden Bestrebung, solche Schemata zu überwinden und etwa die Beteiligung von Gott und Mensch am Heilsgeschehen in Schöpfungssprache auszudrücken, zeigt sich, daß in den verschiedenen Lektüren der Schöpfungserzählung derselbe Schöpfer am Werk gesehen wird: der Gon Israels und Vater Jesu Christi.
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Register
Halbfett gedruckte Seitenzahlen weisen auf grundsätzlichere Ausführungen zum betreffenden Registereinlrag.
I. Namen Abaelard. Peter 99 Abl1lbane!. lsaac 25. 29f. 106 Anm.
117 R. Akiba 34 Althaus. Augusl 25 Anm. 39. 72 Anm. 114, 76 Anm. 134. 98 Anm. 77.198 Anm. 22. 242 Anm. 217 Allhaus. Paul (jr.) 15.17.21. 39f.. 64 Anm. 75. 82 Anm. 16. 98 Anm. 77. 127 Anm. 20 I. 132 Anm. 234. 151 Anm. 74. 193-259, 262f.. 2661.. 276 Anm. 61. 292 Anselm von Canterbury 93. 99 Arie!. Yaakov Shalom 14 Anm. 7 Aristoleles 28.268.283.289 Amoldi. Udo 24 Anm. 37 Auberlen. earl Augusl 25 Anm. 39. 10~108, 117-120. 125 Anm. 197. 127 Anm. 201.129 Anm. 208. 257 Auguslinus 270 Anm. 43. 295 Aulen. Guslaf 99 Anm. 80 Avncri. Zvi 29 Anm. 58. 30 Anm. 66 ßachmann. Philipp 79 Anm. 3. 81 Anm. 7. 92 Anm. 51.54, 100 Anm. 82. 236 Anm. 192 Bader. Günter 9 Baeck.Leo 26Anm.46.3Ir~41.134. 184.214.259.267 Baer. lizchak FOlz 29 Anm. 59 Ballhom. Egben 30 Anm. 70 v. Bahhasar. Hans Urs 193 Anm. I Banh. Karl 12 Anm. 3. 39f.. 69 Anm.
104. 73 Anm. 116, 80 Anm. 5. 81
Anm. 7. 146 Anm. 45. 165. 193. 214-217,221 Anm. 128.233 Anm. 183. 238. 251 f.. 256 Anm. 284. 263. 269 Anm. 40. 283. 287 Anm. 84.292 Baumganen. Duo 147 Anm. 57f.• 248 Anm.248 Baumganncr, Markus 73 Anm. 116 Baur. Ferdinand Ch. 67 Anm. 97.144 Bayer. Oswald 290 Anm. 94. 293 Anm. 103 Beck. lohann Tobias 103-105, 117f..
120. 123. 129 Anm. 208. 1551. Anm. 101. 265 Bcckmann. Klaus 20 Anm. 26. 61 Anm. 64. 62 Anm. 67.69. 88 Anm. 37. 102 Anm. 95. 120 Anm. 184, I 26f. Anm. 200.129 Anm. 208 Behr. Wilfried 86 Anm. 27. 89 Anm. 44.93 Anm. 57. 97 Anm. 70-72, 120 Anm. 185 Bcißcr. Hans Friedrich 203 Anm. 42. 217 Anm. 113 Bengel. lohann Albrecht 15f. Anm. I J. 107 Anm. 119. 143 BerkovilS. Elie7.er I I Benrams. Oliver 29 Anm. 62 Beyschlag. Karlmann 100 Anm. 82 Bicdennann. Alois Emanuel 147(.,
261 Blaschke. Oliver 20 Anm. 26
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Anhang
BÖCkle. Franz 193 Anm. I Böhme. Jakob lOt BÖlden. Ernst 14 Anm. 6,17 Anm. 16
Boelhius 124.257 Anm. 289 Bonhoeffer.Dielrich 12 Anm. 3 de B()()I". Matthias 136 Anm. 7. 137 Anm. 10. 138 Anm. 13, 140 Anm. 22. 141 Anm. 28. ISt Anm. 74, 173 Anm. 173
Bousset. Wilhelm 17.27 Anm. 47. 31 Anm. 75. 2341. Breiden. Martin 88 Anm. 38. 89 Anm. 42. 93 Anm. 55f.. 99 Anm. 78. 104 Anm. 106 Brenner. Michael 25 Anm. 41. 124 Anm. 195
Brod, Max 23 Anm. 33.27 Anm. 52 Brunner. Emil 18, 39. 42 Anm. 2. 78. 217 Anm. 113,238.240 Anm. 210. 266. 276 Anm. 61 Brunner. Peler 134 Anm. 221 Buber. Martin 37-41,76. 131. 237. 264 Buhmann. Rudolf 32 Anm. 79. 39. 136.1891" 216 Anm. 105.246.256 Anm. 284. 263. 269 Anm. 39 Buri, Fritz 19tr. Callenberg. Jahann Heinrich 24 Anm.
38 Calvin, Johannes 23 Charles. Roben Henry 17 Anm. 16
Clark. Christophcr M. 24 Anm. 38 Cohen. Hcnnann 32-34, 35f.. 41. 130f.. 134, 184f.. 188 Anm. 221, 259.267 Comehl. Peler 64 Anm. 76. 67 Anm. 91. 68 Anm. 98 Cremer. August Hermann 144 Anm.
38. 180 Cullmann. Oscar 134 Anm. 221. 246 Anm.243 Dahle.l.ars 125 Anm. 197 Delitzsch. Franz 27 Anm. 51 Descartes. Rene 147 Dilthey. Wilhelm 133 Anm. 220
Dörpholz. Dirk 10 Domer. lsaak August 23 Anm. 36. 71 Anm, 107.111f.. 72.112,125 Anm. 197.145.245 Dunkmann. Karl 241-243, 246. 250 Anm.257 Ebeling. Gerh"'d 278 Ebeling. Heinrich 98 Ebert. Paul 208 Anm. 67 Eißler. Tobias 79 Anm. 4 R, EUerer 28 Eschelbacher. Joseph 27 Anm. 52 Elzelmüller. Gregor 214 Anm. 92. 229 Anm. 166 Feiner. Johannes 193 Anm. 1 Fichte. Immanuel Hemlann 101 Fichte, Johann Gottlieb 200, 206 Anm.60 Aoerke. Wilhelm Friedrich earl Heinrich 112-115,117(.261 v. Frank. Franz Hermann Reinhold 16,81 Anm. 7. 99f.. 248 Anm. 248 Frege. Gonlob 179 Friedlaender. Michael 28 Anm, 57 Friedland, Erlc L 29 Anm. 61 Friedrich. Martin 15 Anm. 9. 23 Anm. 35 Fuchs. Ernst 39,283 Führer. Wemer 165 Anm. 141 Fünning. Albert 31 Anm.72 Gäckle. Volker 123 Anm. 191. 125 Anm. 197 Gans. Eduard 29 Anm. 62 Gebhardt. Jürgcn 65 Anm. 81 Gerhard. Johann 87.98 Gerlach. Hennann Manin Theodor 49 Anm, 29. 71 Anm, ID7( 111. 73 Anm.118 Gese. Hartmul 18 Anm, 21 GeB. Wolfgang Friedrich 104 Anm. 106 Gewirtz, Leonard B.. 3Of. Anm. 71 Goebel. Hans 237 Anm. 200 GÖIl. Hans-Petcr 154 Anm. 89. 161 Anm. 120.123. 167(. Anm. 151
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Register Göschei. earl Friedrich 66f., 68 v. Goethe, lohann Wolfgang 141 Anm.23 Gagarten. Friedrich 39f., 215 Anm. 96,217 Anm. 108 Goldmann. Alain 29 Anm. 63 Goldmann. Manuel 25 Anm. 40 Gollwitzer, Helmut 20,266 Anm. 29 Gow, Andrew Colin 14 Anm. 7 Grädcr, Karl 92 Anm. 51, 99 Anm. 80 Graetz. Michael 31 Anm. 74 Graf, Friedrich Wilhelm 70 Anm. 105 GraB, Hans 214 Anm. 91 Greig. A. loseph 21 Anm. 27, 79 Anm. I Grimmer, Karl F. 273 Anm. 54 Grossman, Avraham 29 Anm. 58, 30 Anm.66 GÜdcr. Eduard 181 Gunkel, Hemlann 27 Anm. 47, 253 Anm.274 Hadom. Wilhelm 25 Anm. 39, 180, 248(.,250 Anm. 257 Haering, Theodor 25or. Härle, Wilfried 87 Anm. 35, 153f. Anm. 88, 290 Anm. 95 Hahn, Traugolt (iun.) 254 Anm. 278 '·Iahn, Traugoll (sen.) 254'.,259.267, 289 Anm. 91 Hain, Roland 10 '·Iake, Claudia 105 Anm. 108f. v. HarleB. Adolf I10Anm. 141 Hanns, Theodor 102 Anm. 94 v. Hamack. Adolf 31. 144 Anm. 38,
187 v. Hase. Karl 90 Anm. 46. 194 Haubold, Amdl 67 Anm. 90 Haupt. Erich 257 Hebart, lohnnn Albrecht Ludwig 126-
128 Hege!. Gcorg Wilhelm Friedrich
19.
23 Anm. 33. 67. 73. 79. 83 Anm. 17. 145 Anm. 43, 187 Anm.
219 Heidegger. Martin 270.272f.
321
Heim, Karl 125 Anm. 197.218,221,
224.241.243-245,246 Heine. Heinrich 61 Heinrichs. Wolfgnng E. 20 Anm. 26 Heller. Hans 31 Anm. 72 Hengslenberg, Ernst Wi1helm 106 Anm. 112. 12M. Anm. 200,129 Hennann, Rudolf 167f. Anm. 151 f. Henns. EiJert 43 Anm. 8,44 Anm. 11. 46 Anm. 18,47 Anm. 20, 48 Anm. 23. 56f. Anm. 51 Hernnann. Christinn 98 Anm. 77. 291 Anm.98 Hemnann. Wilhelm 171 f. Hesse. Friedrich 132f. Anm. 218r. Hieronymus 21f. Hilgenfeld, Adolph 16 Anm. 14, 107 Anm. 124 Hille, Rolf 245 Anm. 238 R. Hillei 128 Anm. 105 Hirsch. Emanuel 218. 222f., 224, 258 Hirsch. Samson Raphael 30 Hirschberg. Haim Zwi 14 Anm. 6 Hjelde, Sigurd 12 Anm. 5, 45 Anm. 13.73 Anm. 120. 116 Anm. 173. 125 Anm. 197. 136 Anm. 5.7. 151 Anm.74, 157 Anm. 106, 190 Anm. 230.214 Anm. 91 Hoffmann, Christhard 177 Anm. 184 Hoffmann. Georg 74 Anm. 121, 204f..
2471. Hoffmann. Willi 103 Anm. 98, 100f. Anm. 107f. v. Hofmann, lohann Christian Konmd 16. 21. 79-135, 230 Anm. 170.
252.257.259.2611.2641 Hall. Karl 198 Anm. 24 Holmström. Falke 12 Anm. 5. 136 Anm. 5, 191f. Anm. 234.198 Anm. 23.214 Anm. 91. 246 Hollhaus, Slephan 31 Anm. 72 Hossfeld, Frank Lolhar 171 f. Anm. 166 Hübner. Eberhard 80 Anm. 5, 86 Anm. 27. 97 Anm. 70-73
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Anhang
Hünenhoff. Michael 148 Anm. 62 Irenäus von Lyon 79 lrving. Edward 108. 151 Iwand. Hans Joachim 277 Anm. 62, 280 Anm. 68 Jahn, Friedrich Ludwig 70 Anm. 106 Janowski. Johanna Chrisline 247 Anm.244 R. Jehoschua 28 Joachim von Fiore 284 Anm. 76 Jochanan ben Zakkai 288 Johannes Chrysostomus 290 Anm. 93 Jonas, Hans 280 Jüngel, Eberhard 158 Anm. 112,273 Anm. 52. 283 Jung, Manin H. 15f. Anm. 21, 30 Anm.67 Kähler. Manin 21. 135. 1~192, 216 Anm. 103, 230 Anm. 170, 257. 259, 262. 265f.. 275 Anm. 57, 278, 282.284-286,288.292,294 Kähler, Waller 286 Anm. 79 Käsemann, Ernst 189 Anm. 224 Kaftan, Julius 125 Anm. 197.2501. Kant, Immanuel 33, 50. 66f., 73. 75 Anm. 129,76 Anm. 133, 133, 148 Anm.62. 165, 185 Anm. 213, 206 Anm. 60. 24 J. 248 Anm. 247. 250. 258, 261, 264, 270 Anm. 43, 270 Anm. 44. 272 Karsten. Hennann Il1f., 117. 120. 123 Anm. 191,261 Kern, Friedrich Heinrich 52 Anm. 39. 67 Anm. 97, 71 Anm. 107. 125 Anm. 197. l44f., 148, 261 Kesten, Hennann 29 Anm. 60 Kickei. Waller 191 Anm.233 Kinder, Ernst 18 Anm. 20 Kinzig. Wolfram 10 Klappen, Benold 273 Anm. 52 Klicfoth. Theodor Friedrich Dethlof 16 Anm. 13. 95 Anm. 64. % Anm. 67, 115-117, 118r.. 121 Anm. 187.208 Anm. 67, 230 Anm. 170.257 Anm. 287,261.291 Anm. 98
Kling. ChriSlian Friedrich 71 Anm. 107.72 Anm. 113,73 Anm. 119 Kniner. Paul 238 Anm. 201, 239 Anm. 208. 258 Anm. 290 Koch, Klaus 213 Anm. 88 Koch, Kurt 131 Anm. 212 Koepp. Wilhelm 180 Anm. 197. 249f.,251 Körner. Johannes 138 Anm. 12, 246 Anm.242 Könner, U1rich HJ. 98 Anm. 77 Kohler. Kaufmann 185 Anm. 213 Konkel, Michael 9 Kook. Abraham lsaak 30f. Kraus, Hans Joachim 234 Anm. 185 Kress, Chrisline 289 Anm. 89. 292 Anm. 102 Küng. Hans 185.281 KÜnneth. Waller 217 Anm. 110 Kusche. Ulrich 17 Anm. 17 Lange, Johann Peter 71 Anm. 108.111, 73 Anm. 118,261 Lausberg. Heinrich 283 Anm. 70 Leibniz. Gottfried Wilhelm 289 Leipold. Heinrich 153 Anm. 83. 189f. Leitz. Hennann 123 Anm. 191 Lessing. Gonhold Ephraim 29 Anm. 60,33. 152 Anm. 79 Lessing. Theodor 25 Anm. 39. 100f., 102.123 Anm. 191 Levinas, Emanuel 185 Levinson. Nathan Peter 29 Anm. 61. 31 Anm. 73 Lindcnmeyer. Julius 103 Anm. 96 Link. Christian 290f. Link. Hans·Georg 140 Anm. 20. 141 Anm. 28.172 Anm. 68. 187f., 189 Lipsius. Richard A. 1~148, 261 Lohff. Wenzel 132 Anm. 215 v. Lüpke.Johannes 10 Luthardt. Christoph Ernst 16. 108110, 117f" 121 Anm. 187. 133.261 Lulher. Manin 67 Anm. 96. 97. 112. 198, 2061" 230, 237, 239f., 253, 258, 262, 275, 290f., 294f.
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Regisler Maier. Johann 22 Anm. 32. 25 Anm. 41, 28 Anm. 56. 30 Anm. 65. 31 Anm.74 Maimonides 28-30.36 Anm. 93f. Mann. Wallher 238 Anm. 201. 239 Anm.208 Manzke. Karl Hinrieh 270 Anm. 43 Marheineke. Philipp Konrad 145 Anm. 43. 64, 66 Anm. 88 Markion 152 Arun. 79 Markower. Felix 26 Anm. 46 Marquardt, Friedrieh Wilhelm 20 Anm. 25. 22 Anm. 31. 271-273, 288 Anm. 88 Martensen. Hans Lassen 69 Amn. 100.71 Anm. 107.I09f.. 73 Anm. 117.74 Martikainen. Eeva 258 Anm. 291 MilU. Rudolf 15 Anm. 10 Maximilian König von Bayern 220 Anm. 126 Maybaum.lgnu 187 Mayer. Gottlob Samuel 248 Meiser. Martin 193 Anm. 3. 217 Anm. 114. 228f. Anm. 162. 231 Anm. 175. 239f. Anm. 209 Melanchlhon. Philipp 290 Mencke. Manin 158 Anm. 112, 186 Anm. 215. 273 Anm. 52 Mendelssohn. Moses 29 Messei. Nils 234 Anm. 186 Mildenberger. Friedrieh 79 Anm. 2. 81 Anm.9. 132 Anm. 216 Miskolle. Komelis Heiko 272 Anlll. 47 Mollmann. Jürgen 12. 187 Anm. 219. 214 Anm. 91. 233 Anm. 183.246 Anm. 243. 271-273 Mommsen. Theodor 177 Anm. 184 Mühling. Andreas 40 Anm. 107 Müller. Julius Georg 66 Anm. 85 Müller. Karlheinl. 17 Anm. 17 MlIller·Goldkuhle. Peler 122 Anm. 188 Mundle. Wilhelm 202
323
Napoleon Bonapane 70 ARm. 106. 140 Niewehe. Friedrich 135 Nitzseh. earl Immanuel 71 Anm. 107. 110-112.73. 128f. Oblau. Gotthard 269 Anm. 40 Ochs. Peler 9 Öisner. Willi 71 Anm. 110 Oesterley. William 14 ARm. 6 Oelinger. Friedrich Christoph 25 Anm. 39. 30 Anm. 67. 101. 105. 107 Anm. 119.290 v. Oeningen. Alexander 25 Anm. 39. 253f., 255. 259. 267. 289 Anm. 91 Origenes 146 Anm. 50 Osiander. Andreas 159 Anm. 115 v.d. Osten-Sacken. Peler Frhr. 40 Anm. 107 Osthof. Friederike 146 ARm. 50 On. Heinrich 132 Anm. 213 Pae. Kyung Sik 105 ARm. 111 Pannenberg. Wolfhart 134 Anm. 221, 214 Anm. 91. 246 ARm. 243. 271273,291 PalZig. Günler 179 Anm. 190 Pawlas. Andreas 253 Anm. 273.275 Pelran. Heinrich 168 Anm. 152 Peluchowski. JJ. 287 Anm. 84 Pfislerer. Rudolf 124 Anm. 195 Pfleiderer. Ouo 74 Anm. 121 Philippi. Friedrich August 81 Anm. 7 Pick. Seligmalln 26 Anm. 46 Plalon 65.70 Plessner, Helmulh 291 PlilI. Guslav 15 Anm. 10 Pöhlmann. Hans Georg 238 Anm. 20 I Ponlzen. Alexandra 9 Procksch.Ouo 82 Anm. 15.83 Anm. 18. 86 ARm. 27 Quinlilian 283 Anm. 70. 285 Ralme<. Karl 133r.. 258 v. Ranke. Leopold 220 Anm. 126 RalSChow. Carl Heinz. 166 Anm. 146. 241 Anm.213 Ravitzky. Aviezer 31 Anm. 72
324
Anhang
v,d. Recke·Volmarslein. Adalbert Graf 24 Anm. 38 v. Reiff. Jakob Friedrich 104 Anm. \06 Reines. Alvin J. 29 Anm. 58. 30 Anm.
66 Renan. Emest 93 Anm. 55. 261 Richter. Friedrich 19. 64r., 66-68 Richter. Julius 191f. Anm. 234 Ricreur. Paul 283 Rieske·Braun. Uwe IIOf. Anm. 141 Rilschl. Albrecht 93 Anm. 57. 99.125
Anm. 197. 136. 148r., 153 Anm. 86. 183. 21\ Anm. 80. 250. 253 Anm. 274. 262 Rohls. Jan 88 Anm. 37.92 Anm. 51 Rosenau. Hartmut 52f. Anm. 38r.. 190 Anm.230 Rosenberg. Alfred 216 Anm. 107 Rosenzweig. Franz 29 Anm. 64. 3437.41.76[.184.264.282 Rache. Richard 145r.. 148 Rousseau. Jean Jacques 139 Saadja Gaon 28 Saari. Jaakko 239 Anm. 208 Sabbalai Zwi 30 SI.-Simon. C1aude Henri Comte de Rouvroy 73 Anm. 118 SauteT. Gerhard 9. 12 Anm. 4. 20 Anm. 24. 82 Anm. 13. 154 Anm.
95. 161 Anm. 120.233 Anm. 183. 270 Anm. 42. 275 Anm. 59. 286 Anm. 80. 287 Anm. 83, 281 Anm. 85 Sehaedcr. Erieh 248 Anm. 246. 251253,267 Schäfer. Peter 28 Anm. 55. 29 Anm. 63f. Schär. Johann Friedrieh 160 Anm. 118 Schatz·Uffenheimer. Rivka 30 Anm. 69. JOf. Anm. 11 v. Schelling. Friedrieh Wilhelm Joseph 70 Anm. 106. 100 Schlauer. Adolf 144 Anm. 38
Sehleiennaeher. Friedrieh Daniel Ernst \2.21.34.42-78,8\ Anm. 7. 82 Anm. 14. 99. 124. \26. \28. 130. \36f.. \44. 148. \52 Anm. 79. 158 Anm. 111. 184. 198 Anm. 22.199 AJun. 28. 242. 251. 257. 260. 263265 Schmid. Hartmut 121 Anm. 202 Schmid. Johannes Heinrich 187 Anm. 2\9 Schmidl. Hans Wilhelm 208 Anm. 65. 271 Anm.44 Schmidl. Hennann Christoph 53 Anm. 42. 73 Anm. 117, 74 Anm. 121,261 Schmidt. Karl Ludwig 37--41,76.131 Schmilt. Rainer 133 Anm. 219 Schneerson. Moses Mendel 31 Schoberth. Ingrid 286 Anm. 78 Schöffel. Simon 237 Anm. 199 Schalem. Gershom 20. 22 Anm. 31. 30 Anm. 68. 188 Anm. 221. 266 Anm.29 Schreurs. Nico F.M. 56f. Anm. 51 Schröer. Henning 54 Anrn. 45. 198 Anm. 21. 241 Anm. 212.215. 245 Anm.236 Schütt. Josef 10 Schweitzer. Albert 12. 136. 19G-192, 261. 263 Schweizer. Alej(ander 73 Anm. 116 Seeberg. Reinhold 253 Anm. 274 Siegfried. Theodor 241.243,246.250 Anm.257 Slenczka. Reinhard 10 Sommerlal.h. Ernst 236 Anm. 192 Spener. Philipp Jakob 15f. Anm. 11 Stadelmann. Helge 79 Anm. 4 Stadtland. Tjarko 216 Anm. 105 StähleT. Axel 23 Anm. 33. 249 Anm. 253 Stange. earl 18. 132 Anm. 214. 193 Anm. 3. 198-200, 203. 205. 213 Anm. 88. 235 Anm. 188. 258. 266. 276 Anm. 61
00040222
Register Sleck. Karl Gerhard 79f. Anm. 4f.. 132 Anm. 217 SleITen. Bernhard 81 Anm. 7. 92 Anm. 51. 93 Anm. 57. 99 Anm. 80 Sieffens. Henrich 701'., 145. 147.
261 f.. 290 SIegemann. Ekkehard W. 40 Anm. 108 Steiger. Johann Anselm 49 Anm. 29. 51 Anm. 33. 74 Anm. 123f. Sleinbeck. Wolfram 10 Sleinmelz. Rudolf 128 Slemberger. Günter 25 Anm. 41. 30f. Anm.71 Stephan. Horsl 216f. Stock. Konrad 98 Anm. 77 Stoecker. Adolf 177 Stoevesandl. Hinrich 193 Anm. I Strack. Hennann Leberechl 27 Anm.
51 Stuhlmann. Rainer 74 Anm. 125 Swamt. Uwe 81 Anm.8 Talmon. Shemaryahu 22 Anm. 31. 28 Anm. 54. 77 Tauler. Johannes 290 Theißen. Gerd 190 Anm. 229 Theißen. Henning 10.261 Anm.9 Tholuck. Augusl 128,263 Thoma. C1emens 22 Anm. 31. 25 Anm.41 Tillich. Paul 217. 238 Anm. 201.
286f. Traub. Friedrich 250.251.261 v. Treilschke. Heinrich 172 Anm. 168.177 Anm. 184 Troel1sch. ErnSI 151 Anm. 74. 193.
202 TrülSCh. Josef 193 Anm. I de Valenti. Ernst Joseph Gustav 101f. Valyi agy. Ervin 22 Anm. 31 Veuer. Jakob 126r. Anm. 200 Volkov. Shulamil 23 Anm. 36 Volz. Paul 17 Anm. 16. 234f. Wachler. Oskar 143 Anm. 34 Wapler. Paul 81 Anm. 7. 82 Anm. 15.
325
86 Anm. 28. 88 Anm. 37. 92 ARm. 51. 100 Anm.82f. Weber. Hans Emil 242 Anm. 217 Weber. Quo 117 Anm. 178. 153 ARm. 85. 240 Anm. 210, 275 Anm. 57. 277 ARm. 62 Weeber. Martin 45 Anm. 15.46 Anm. 18.48 Anm. 23. 55 Anm. 49. 56f. Anm. 51. 69 ARm. 100.102 WeiB. Johannes 12. 31. 173 Anm.
171. 19Of.. 257. 263 Weiße. Chrislian Hennann 65f., 67. 145 Anm. 43 WeilhauseR. Julius 17.23 Anm. 36 Wendebourg. EmSI Wilhelm 97 ARm. 69. 100 ARm. 83 Wenz. Gunlher 10 Werblowsky. RJ. Zwi 28 Anm. 54, 29 Anm. 64. 40 ARm. 109 Werner. Martin 160 Anm. 118 Wern. Gustav 79f. Anm. 4, 82 Anm. 16. 86 Anm. 27, 106 Anm. 112. 129 Anm. 208 Weyer-Menkhoff. Martin 101 ARm.
88 Wiener. Max 26 Anm. 45. 185 Wiese. Chrislian 26 Anm. 42. 27 Anm.51 Wiesel. Elie 11 Anm. 1 Wild. MartiR 244 ARm. 234. 245 Anm.238 Wimmer. Waller 214 Anm. 91. 226 Anm. 151. 257 Anm. 289, 258 Anm.291 Windel band. Wilhelm 133 Anm. 220.
202 Wirsching. Johanncs 158 Anm. 110, I58f. Anm. 112-115. 161 ARm. 123. 167f. ARm. 151 Wobbennin. Georg 74 ARm. 121.
2M. 248 Anm. 247 Wolf. Ernst 172 Anm. 167. 189 Anm.
224 Wolf. Immnnuel 29 Anm. 62 Wolfes. Mauhias 242 Anm. 219
326
Anhang
Woller. Michael 182 Anm. 204 Wurzburger. Walter S. 30 Anm. 65
Zaas. Peter S. 22 Anm. 32 Zenger. Erieh 171 f. Anm. 166
2. Sachen und Begriffe Anthropologie 71f.. 84, 96-102. 138140.224.253-255,266(,288-295 Amichrist 14, 94f. Anm. 62. 114 Anm. 163, 129,220,239,283 Antinomie 241 r. Amisemilismus/Antijudaismus 23.32. 31-39, 61-63, 16. 120 Anm. 184, 124 Anm. 195. 177,227
Apokalyptik 16-19,31. 98 Anm. 77. 10M.. 191f.. 199. 209, 221, 233235,244,264,266 Apokatasl3sis 31 Anm. 72. 51 f.• 73 Anm. 116, 101. 144f.. 201. 213, 246 Anm. 244
Auferstehung
13. 28. 57 Anm. 53.
145, 199,209 AußdärungIHaskala 29.33. 138f.
Begriffsbildung
49[. 82. 103. 161
Anm. 120. 167-169, 185(.,265 Bekenntnisschriften 12. 15. 150. 181 Anm. 202. 282. 290 Anm. 93 Bibel 13,30, 80f.. 81,103, 105, 126128,144[., 168-114, 182.208.210. 211(, 23Of.. 282-286 BBd 49. 53f.. 14. 118-183, 191,251. 215.282-281 Chiliasmus 15f.. 20, 22. 94f., 100. 104f.. 101-114. 116[., 1IS-122, 126[., 131. 141. 199 Anm. 28, 218f. Anm. 117. 226 Anm. 151. 227f.. 235. 242f.. 248. 250 Anm. 251 Christologie 28 Anm. 54. 89f.. 92-99. 112. 120-123,148-155, 168 Anm. 154.211 Anm. 110,230-233,235, 240.242 Anm. 218, 216-218 Deutsche Christen 39f.. 237. 239f. Dialektische Theologie 34. 39. 190. 208 Anm. 65. 214-217, 223. 235.
246,252 Anm. 266. 255-251, 269 Anm. 39. 286 Anm. 80 DiasporalGalut 14 Anm. 7. 29, 31. 37. 106 Anm. 113.115. 119f.. 127. 171. 115.111,184 Dilemma 54-57. 130. 137. 142. 144. 148. 183f., 198 Anm. 22,199 Anm. 28.260 Emanzipation/Assimilation 23f.. 29. 61,111 Erfahrung 81 Anm. 7. 99(" 126. 132f.. 158 Anm. 112. 186. 247f.. 252.214,289-291 Eschatologie 12. 14-20. 27-31. 34. 36f.. 44. 55 Anm. 49. 10-73, 17f., %f.. 151 Anm.14. 189-192. 195f.. 199f.. 214-217. 253 Anm. 275. 256(,260-262. 261( Elhik 26. 29. 31-33, 51 Anm. 33. 11 Anm. 110. 138-142. 150. 154. 158 Anm. 111, 209-214. 221. 235-238. 258.266.215 Anm. 51, 281 Ewigkeit 17. 42. 66. 129. 137-144. 149. 156f.. 119. 194-203. 211f.. 221f.. 224. 228f.. 233. 241-241. 251 Anm. 263. 268-273 Fonn und Inhalt 191. 250[, 286 Fonschrin 29,55 Anm. 49. 115. 138150,151.210.213.218 Französische Revolution 138-140 Freiheit 26.44 Anm. 10.71. 73. 134. 139f.. 147. 149 Anm. 65. 294 Frühjudentum 12. 17.57(., 106. 119. 146. 113. 19Of.. 234(. 212 Ge;Sl 19f., 22, 66. 84. %. 101. 100f.. 146(.234.252-255,259,266.289 Gericht 14. 26. 28. 64 Anm. 72. 72 Anm. 114. 94f. Anm. 62. 100. 104.
00040222
Register
108, 111, 1151" 123, 127, 1451., 150, 1581" 199-203. 2061.. 209, 2121., 215, 218, 2221., 2291.. 250 Anm. 257. 276f. Geschichtc 38.84,95. 104, 106 Anm. 112, 120. 131-133, 152. 156-158, 169-172, 1751.. 187, 196, 2021., 2081., 212-216. 2201., 224. 236, 2431" 246. 2651. Gewissen 138. 14Of.. 198.212. 222f. Glaube 24,45. 160f., 204f.. 232, 247252.255.261.263.2741.,282 Heilsgeschichte 21 Anm. 27. 79. 95. 97 Anm. 69. 103, 11Of., 131-134, 155.210,2181.,236 Hoffnung 11. 159. 166, 184, 204f., 2151.. 247-252, 2551.. 263, 273275.280.293 Idealismus 82f. Anm. 16f.. 99, 124 Anm. 194. 167, 184. 187 Anm. 219, 253 Anm. 273 Involution 70r., 73. 145,261,290 Islam 14,36 Anm. 93f.. 58-60, 176 Isrllcl 14 Anm. 7, 16f.. 30f., 38, 95, 98, 108-110. 112 Anm. 148, 118120. 124.226 Anm. 151, 234 Anm. 186.265.272,2801.,295 Judentum 11. 13f., 24-41, 60-62. 74. 77. 118-120. 160-168, 174-177. 2081.. 216 Anm. 105. 233. 254. 269-272,276-282.287.295 Konkretion 74, 168, 174. 186-188, 216 Anm. 103.294 Konsequente Eschatologie 12, 190192, 255 Anm. 282. 26If., 274 Anm. 57. 277 Anm. 63 Liebe 22, 24. 32, 36. 53 Anm. 57. 100.274 Anlll. 57 Luthcrrenaissance 198-202.212.258 Mcnschheit 27. 32. 34. 67 Anm. 94. 88-90. 122-126, 159-168, 171173.1751.,183-185.265.275-282 Messianismus 19-22. 28-30. 32. 34. 65. 75. 106. 172-175. 1841.. 187, 226 Anm. 151, 264f.
327
Metaphorik 74. 178-183. 188-191. 216,249,265-268,2771..282-287 Methode 13, 2Of. Anm. 26, 24, 64f., 82 Anm. 13, 124 Anm. 193. 137 Anm. 8, 144. 175 Anm. 177, 178 Anm. 189. 195. 204, 210, 231, 241 f.. 248 Anm. 248. 249f., 255. 260 Anm. I. 262 Anm. 13 Mission 14,24.27 Anm. 51. 32. 41. 102 Anm. 94. liD Anm. 140. I25f. Anm. 200. 142. 167f., 176-178, 180. 184. 199.218 Anm. 117.219 Anm. 220. 227, 245 Anm. 238, 254, 275, 278-280 Möglichkeit 158 Anm. 112,272 Mystik/Kabbala 25 Anm. 39. 30, 42 Anm. 2. 67 Anm. 96,101. 217. 253 Anm. 273. 273 Anm. 54 Nationalsozialismus 37.39.216 Anm. 107,237, 239f. Anm. 209 Natürliche Theologie 39. 151, 200, 238 Anm. 201,239 Noch nicht - Schon jetzt 22f.. 37. 40. 233.244,254 Anm. 276, 262 Offenbarung 33, 35, 85 Anm. 25, 99, 126, 152. 177 Anm. 183, 205. 2311..2381.,250,268,285 OT1hodoxie 29 Anm. 61. 30f.. 93. 98. 124. 126. 130f.. 134, 175 Anm. 176.226.228 Par.ldoxie 54f., 70. 198 Anm. 21, 201, 205.212-215.221.241-247 PaT1ikularität - Universalität 19. 22, 27. 32. 34. 54. 56. 60-62. 63-68, 75.77.2341.,262.264 Parusie 28f.. 40. 45 Anm. 13. 56f. Anm. 51. 72. 851., 98. 102. 1041.. 1101.. 1141" 117. 120-125. 127. 130. 133-135. 152, 157-159. 173175. 181, 2181., 232. 250 Anm. 257.256.263-265.2671..273-282 Person 47.66 Anm. 86, 84-86. 9199. 1041., 107. 1091.. 112-114. 117-126. 130. 1331., 138. 1441" 147, 151-159, 192.202.206.212. 222, 230. 243 Anm. 228.253, 256-
Anhang
328 230. 243 Anrn. 228. 253. 256-258. 264f.. 277 Polarilät 198,208. 231f.. 235. 244f.. 256.266.276.284 Preußen 17 Anrn. 15. 19. 23. 61. 70 Anm. 106. 114 Anm. 163
Rabbinismus 25 Anm. 39. 26-32. 128 Anm.205. 174,274 Anm. 55 Rechtfertigung IIIL, 116. 148. 153.
159. 165. 198.212.216.238.256 Anm. 284. 274f. Regulative Idee 53. 69, 74f.. 154. 241f.. 246. 248 Anm. 247. 261 Religionsgeschichtliehe Schule 14, 17f., 27.107 Anm. 124. 234f. Romantik 70,84[, 140 Anm. 20 Schema 21-24, 27f., 31 f.. 34. 4Of.. 49.
59. 63. 99. 124f.. 129. 161. 164. 182. 188. 240. 245f.. 255. 258. 262f. 282. 284. 286. 294f Schöpfung 33. 35f.. 47 Anm. 22. 52 Anm. 39. 87. 9Of.. 98. 103. 127. 146. 171. 216f.. 2241.. 238f.. 243. 273 Anm. 54.285.291-295 Seele 29-31. 7Of.• 84. 96. 101. 116f.. 147.291 Anm.98 Shoa Ilf.24. 187. 288f. 294 Sünde 47 Anm. 22. 71, 9If.. 97. 102 Anm. 94. 111-115. 121, 149. 156.
207.215.224. 238. 243. 256f. 275 Teleologie 58. 149. 195-198. 201206.21 I. 214 Anm. 91. 221. 240 Anm. 210. 250 Anm. 259 Theo();zee 150.239.259. 288f.. 292f. Theosophie 100-102, 105. 146 Anm.
45.222.290
alyerisehe Stutaltibllothtlk
München
.J
Tod 36 Anm. 96. 47 Anm. 22. 66. 70. lOOf.. 111. 113. 115.139.154.206. 221-225.229.254 Anm. 279 Trinität 23. 30 Anm. 67. 43. 87-95. 153.253 Unsterblichkeil 19.29.42.47.49.5457.64-67.102 Anm. 93.115 Anm. 168.145.147.196-203,205-208 Verheißung 35-37. 47. 62f.. 76. 8086. 106. 118f.. 126-130. 133. 143f.. 148.150-152. l66f.. 171. 173.205. 210. 222. 226f. 229-233. 240 Anm. 211. 256f.. 262-267. 2~ 273,275.278.288.292 VermilllungslheoJogie 69-74, 94 Anm. 61. 125 Anm. 197. 128. 145. 216.224.249.261.290 VolkINation 17. 19. 23. 30. 37. 61, 63. 65. 70 Anm. 106. 110. 112. 116. 124. I38f.. 142. 177.210.231 Anm. 174.233-237.239 Wahrheil und Wirlclichkeil 73-75. 81 f.. 158. 246f.. 255. 266f.. 27l,274,285 Wesen der Religion 3If.. 42. 61. 165167,234 Anm. 188.280 Ze;l 18.37.40.66. 75f.. 126f.. 142f.. 216.250.264.268-273,277.280 Anm.68 Zeilschriften 19.69. 108. 189 Anm. 224. 198.237 Zionismus 23 Anm. 33. 25 Anm. 39. 30f.. 249 Zwischenzusland/Miuelzusland 72. 210.219 Anm. 118. 236f.