J. A. LAWRENCE
Raumschiff Enterprise 16 Die falschen Engel
GOLDMANN VERLAG
Aus dem Amerikanischen übertragen von He...
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J. A. LAWRENCE
Raumschiff Enterprise 16 Die falschen Engel
GOLDMANN VERLAG
Aus dem Amerikanischen übertragen von Hermann Martlreiter Bearbeitung: Hermann Urbanek Deutsche Erstausgabe
Der Goldmann Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann Made in Germany • 4. Auflage • 11/92 © STAR TREK ® MUDD’S ANGELS © 1978 by Paramount Pictures Corporation © der deutschsprachigen Ausgabe 1989 by Wilhelm Goldmann Verlag, München Umschlaggestaltung: Design Team München Umschlagillustration: Larry Elmore Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin Druck: Eisnerdruck, Berlin Verlagsnummer: 23603 Lektorat: SN Herstellung: Peter Papenbrok/sc ISBN 3-442-23603-7
Im Auftrag der Sternenflotte untersucht die Enterprise die Dilithium-produzierenden Planeten. Denn seit einiger Zeit kommen angekündigte Lieferungen nicht mehr in den Sternenbasen an. Zu ihrem Erschrecken müssen Kirk und Spock feststellen, daß ein mysteriöses Konsortium das Monopol auf den Dilithium-Handel übernommen hat. Dem gesamten galaktischen Wirtschaftskreislauf droht der Kollaps…
Prolog
Als die Mudd-Affäre endgültig in Ordnung gebracht worden war – sofern es überhaupt möglich war, sie in Ordnung zu bringen –, verlangte der Wissenschaftsrat eine Erklärung, und das Sternenflottenkommando gab uns den entsprechenden Befehl. Nur wenige Befehle in meiner Laufbahn erwiesen sich als derart schwierig, aber mit Hilfe meiner Offiziere gelang es mir, eine solche zu erstellen. Der Bericht liegt jetzt im riesigen Bibliothekscomputer des Wissenschaftsrats auf und kann von jeder autorisierten Person gelesen werden, aber es ist langweiliger Kram, wie das bei einem Bericht eben zu sein hat. Er basiert in erster Linie auf den Fakten, und die Fakten tragen am wenigsten zur Klärung der Mudd-Affäre bei. Was zählte, war die Person, aber der Wissenschaftsrat ist schonungslos unpersönlich. Als ich das trockene Dokument nach besten Kräften in seine Endfassung gebracht und Leutnant Uhura es dem Kommando gesendet hatte, erwähnte ich das auch. Ich erinnere mich nicht an meine genauen Worte, aber ich glaube gesagt zu haben: »Der Wissenschaftsrat wird damit nichts anfangen können, und niemand sonst wird ihn jemals lesen.« »Nur zu wahr«, sagte Mr. Scott, mein Chefingenieur. »Es war wirklich eine verrückte Geschichte, und ich bin heilfroh, daß sie vorbei ist. Aber dieser Bericht beraubt sie allen Lebens.« Ich versuchte, die Aufmerksamkeit meines Bordarztes, Dr. Leonard McCoy, zu erregen, aber er starrte mürrisch auf das Deck. »Was meinst du, Pille«, sagte ich. »Ich denke, Scotty hat recht«, sagte McCoy widerstrebend. »Wir haben zwar meine psychologische Analyse von Mudd mit-einbezogen, aber in der steckt auch nicht viel Gefühl.
Nichts reduziert ein Erlebnis so sehr auf ein Mindestmaß wie der Versuch, es in die Ablagen des Wissenschaftsrats zu stopfen.« »Nun ja, so ist das nun mal«, sagte ich. »Schade, daß wir dem Bericht keine Würze geben konnten, aber wir hatten keine Wahl. Mr. Spock, stimmen Sie mir zu?« Mein Erster Offizier, der zur Hälfte Vulkanier ist, ist in der Sternenflotte wegen seiner Hingabe an Fakten und Logik berüchtigt (viel zu wenige wissen über seine wichtigeren Eigenschaften wie Mut, Würde und Treue so gut Bescheid wie wir). An Bord der Enterprise behauptet Dr. McCoy, daß er Spock für eine Art organischen Computer hält, obwohl er es natürlich besser weiß. Sogar ich war überrascht, als Spock sagte: »Nicht ganz, Captain. Ein besserer Bericht wäre möglich und, wenn dem so ist, meiner Meinung nach auch wünschenswert.« »Oho. Bitte sagen Sie uns, warum.« »Die Mudd-Geschichte – oder die ganze Serie – ereignete sich in einem verhältnismäßig gutorganisierten Gebiet der Galaxis, Captain; einem Bereich, in dem Gesetz und Ordnung entweder schon vorherrschten, oder man erwarten konnte, daß dies in naher Zukunft der Fall sein würde. Der Wissenschaftsrat glaubt offensichtlich, daß eine detaillierte Beschreibung der Vorgänge die Angelegenheit reibungsloser zur Durchführung gelangen läßt.« »Ich bin nicht so zuversichtlich. Mudd war ein Zufallsfaktor, eine menschliche Spielart, die sich abnorm benahm und alle Kalkulationen über den Haufen warf. Er war eine faszinierende Abweichung von der Norm, mit ziemlicher Sicherheit auch nicht die letzte. Der Rat, beim Oberkommando völlig in Sicherheit, hat vergessen, daß es solche wilde Abweichungen jemals gegeben hat und möglicherweise wieder geben wird. Auch können wir ihn nicht darauf hinweisen, denn die von uns
geforderte Form des Berichts schließt das aus. Es wäre gut, eine Aufzeichnung zu machen, die der Sache näherkommt, in einer Sprache, die auch für andere Leser verständlich ist, als allgemeine Warnung, daß Menschen überaus unberechenbar sein können.« »Sie natürlich nicht eingeschlossen«, sagte McCoy. »Nimm das zurück, Pille! Mr. Spocks menschliche Seite hat uns immer und immer wieder vor Schlimmem bewahrt!« »Ich weiß. Tut mir leid. Die Macht der Gewohnheit. Entschuldigen Sie, Spock.« »Akzeptiert, Doktor.« »Aber was können wir tun?« fragte ich die gesamte Brücke. »Leutnant Uhura, Sie sind unser Nachrichtenoffizier. Könnten Sie einen geeigneten Bericht von der Mudd-Affäre machen? Da mit die Leute die Verrücktheit der Geschichte, die Scotty an sprach, ebenso verstehen wie das Problem, das Spock in dem Fall sieht, und unsere Meinung zu den Geschehnissen? Ich meine, es wäre die Arbeit wert.« »Captain, das bezweifle ich«, sagte sie, und ich war zum zweiten Mal in kurzer Zeit erstaunt, denn die Kenntnisse, die sie für ihr Spezialgebiet benötigte, waren so vielschichtig, daß ich sicher gewesen war, das mußte dazugehören. Sie mußte meine Reaktion bemerkt haben. »Sehen Sie, Sir, meine Aufgabe ist es, Fakten mitzuteilen oder aber sie manchmal zu verschleiern oder zu entstellen. Aber eine lange, komplizierte Geschichte zu erzählen – und diese ist wirklich kompliziert –, dazu gehört ein spezielles Talent, und Leute, die es haben, werden nicht dazu ermuntert, in den Nachrichtendienst einzutreten. Kein Captain will einen Nachrichtenoffizier mit einem unwiderstehlichen Drang zum Fabulieren, einen, der die Wahrheit ausschmückt, wenn er sie für zu langweilig hält.«
»An dieser Geschichte gibt es zwar nichts auszuschmücken, aber ich verstehe, was Sie meinen. Sind wir jetzt aufgeschmissen, oder hat jemand eine andere Idee?« »Ja, ich. Unser Zivilpassagier…« »Lawrence? Der Integrator? Diese Leute werden auch nicht gerade zum Fabulieren ermuntert.« »Nein, Captain. Aber ein Integrator muß dennoch mehr tun, als Vorgänge lediglich zu beobachten und sie aufzuzeichnen. Er muß sie nach ihrer jeweiligen Bedeutung abwägen, Schlußfolgerungen ziehen und sie auswerten. Ich schlage vor, daß wir alle individuelle Berichte von unseren Begegnungen mit Mudd machen, der Computer eingeschlossen. Dann übergeben wir die Dokumente Integrator Lawrence, um sie… zu einer Erzählung zusammenzufassen.« »Eine glänzende Idee«, sagte ich. »Aber wird der Integrator das tun? Ich habe keine Vollmacht, Zivilisten Befehle zu erteilen, es sei denn, es steht die Durchführung des Auftrags oder das Überleben des Schiffs auf dem Spiel.« »Ich denke doch. Es wird wahrscheinlich noch einige Zeit dauern, bis wir Alpha Aldiss erreichen, und vor unserer Ankunft gibt es für einen Integrator nicht viel zu tun. Ich denke, wir können Lawrence überreden.« Sie lächelte. Auch ich mußte lächeln – Uhura kann sehr überzeugend sein. »Mr. Spock, meine Herren, wie ist Ihre Meinung?«
Es gab keine Einwände, und wie sich herausstellte, mußte Lawrence nicht erst überredet werden. Was nun folgt, ist diese Geschichte. Die einzelnen Vorgänge liegen noch nicht lange genug zurück, um beurteilen zu können, ob ein Außenstehender sie begreifen wird. Wir sind jedoch sicher, daß es besser verständlich ist als alles, was wir hätten verfassen können. JAMES T. KIRK CAPTAIN U. S. S. ENTERPRISE STERNZEIT 6107
I. Mudds Frauen VON STEPHEN KANDEL
Es war klar, daß das sich bewegende Licht auf dem Bildschirm der Enterprise kein Stern war. Sterne machen keine Ausweichmanöver. Sie versuchen nicht, vor Sternenschiffen zu fliehen, sondern bleiben in ihrer Umlaufbahn. Das sich bewegende Licht auf dem Bildschirm war daher äußerst verblüffend. Captain James T. Kirk runzelte die Stirn. »Ein Schiff von der Erde, Mister Spock?« »Schwer zu sagen, Captain. Ich erhalte keinen Registrierstrahl.« Chefingenieur Scott unterbrach seine Rundgänge bei den Stationen der Brücke, um auf den Bildschirm zu blicken. »Wenn das ein Schiff von der Erde ist, sind seine Maschinen in einer Minute überlastet.« Das sich bewegende Licht änderte seinen Kurs. Schweigend beobachteten sie das Manöver. Dann sagte Sulu von seiner Konsole: »Es weiß, daß wir ihm folgen, Captain!« »Bleiben Sie dran.« Kirk erhob sich von seinem Kommandosessel und ging in Richtung Kommunikationskonsole, aber Leutnant Uhura schüttelte den Kopf. »Ich habe es auf allen Frequenzen versucht, Captain. Entweder weigert es sich, zu antworten, oder es versteht uns nicht.« Der geänderte Kurs führte das seltsame Licht in das dichte Glitzern einer Asteroidengruppe. Die Falten in Kirks Stirn wurden tiefer. »Deflektoren an, Mr. Farrell.«
Der rothaarige Navigator betätigte einen Hebel, und die Deflektorenschirme summten auf. Sulu sagte schneidend: »Es hat die Asteroiden bemerkt, Sir.« Kirk nickte. »Wir bleiben dran, Mr. Farrell. Es versucht, uns da drin abzuhängen.« Spock rief: »Ich mache die Zusammensetzung eines Erdenschiffes aus, ungefähre Größe eines Frachtschiffs der kleinen J-Klasse – « Er unterbrach sich, denn seine Sensoren zeigten neue, alarmierende Neuigkeiten an. »Seine Maschinen überhitzen sich!« Farrell schrie: »Jetzt gehen seine Maschinen noch, Sir!« Kirk wirbelte zum Bildschirm herum. Das Licht war aufgelodert, um kurz darauf zu erlöschen. Dunkel und antriebslos schwebte das kleine Schiff im Raum, hilflos den rasenden Asteroiden ausgeliefert. Farrell sagte düster: »Der ist erledigt. Ein Aufprall, und das Schiff ist tot. Es sei denn, wir könnten unsere Deflektorenschirme darumlegen…?« Scott, immer in Gedanken an seine wertvollen Maschinen, rief: »Wir überlasten uns ebenso, wenn wir das versuchen, Captain! Es ist viel zu weit entfernt!« Kirk hörte nicht auf ihn. »Mr. Farrell, legen Sie unseren Deflektorenschirm über das Schiff. Mr. Scott, Mr. Spock – halten Sie sich im Transporterraum in Bereitschaft.« Das Summen des Schirms wurde lauter und schließlich ein Heulen. Die roten Lichter blitzten auf, und der Alarm jaulte über die Brücke. Kirk, der an seiner eigenen Konsole stand, war nahe daran, seine Entscheidung zu bereuen. Die Maschinentemperatur stieg rasend schnell, der Zeiger bewegte sich höher und höher. Die Lichter verblaßten und leuchteten wieder auf. »Captain, das war einer unserer Dilitiumschaltkreise«, sagte Sulu. Kirk griff nach seinem Intercom. »Brücke an Transporterraum. Beamen Sie die Mannschaft an Bord!«
Die Lichter verblaßten von neuem. Uhura schrie über den Lärm der aufheulenden Maschinen: »Ich empfange ein Notsignal!« Kirk sprach in sein Mikrofon: »Wir bekommen eine Antwort, Mr. Scott. Fragen Sie sie nach den Koordinaten.« »Bereits geschehen, Sir. Wir haben sie eingegeben.« Mit der Arzttasche in der Hand eilte McCoy zum Transporterraum. Aber der Materialisationsprozeß, der auf der Plattform stattfand, verblüffte ihn. Obwohl alle sechs Positionen auf der Plattform aktiviert waren, gewann nur eine Gestalt an Substanz, und zwar enorm. Das ging noch eine Weile so weiter, bis sie die Form eines widerlich dicken Mannes annahm. Er trug eine schäbige Uniform mit Goldknöpfen, die keinen Rang anzeigte, und auf einem fettigen graugelockten Haarrand saß keck eine Segelmütze. Trotz der weichen Backen, die über den Kragen seiner Uniform hingen, machte der Mann keinen sanften Eindruck auf McCoy. Er hatte die unmißverständliche Art eines Menschen, der weiß, was er will – und das auch durchzusetzen vermag. Mit einem wenig überzeugenden mißtrauischen Blick aus seinen schmalen Augen stieg er von der Plattform. »Ich möchte nicht undankbar sein«, sagte er, »aber wo befinde ich mich hier?« McCoy stellte seine Tasche weg und sagte: »An Bord der U. S. S. Enterprise.« Der dicke Mann blickte nach oben. »Gott sei Dank.« Er streckte dem Doktor eine plumpe Hand entgegen. »Ich bin Walsh – Captain Leo Walsh.« McCoy ignorierte die Hand. Spock drängte sich vor. »Wie viele Leute befinden sich außer Ihnen noch in der Mannschaft?« Ein Grinsen brachte gelbe Zähne zum Vorschein: »Nur mehr einige wenige.«
Scott starrte ihn an: »Ihr Schiff bricht auseinander, Mann! Wenn wir sie nicht sofort herüberbringen…« »Ich war mir nicht sicher, ob dies ein wohlgesinntes Schiff ist.« Walsh zeigte auf die Transporterkontrollen. »Sie müßten jetzt alle drei auf Position sein.« Scott fegte mit seiner Hand über die Konsole. Auf der Brücke verblaßten die Lichter aufs neue und erhellten sich nicht mehr. Kirk sah an den Anzeigen, daß der dritte Dilitiumschaltkreis ausgefallen war. »Wir müssen mit den Notstromaggregaten nachhelfen, Sir«, sagte Sulu besorgt. »Mr. Scott! Befinden sich schon alle an Bord?« sagte Kirk über Mikrofon. »Nur einer, Sir. Aber wir haben noch drei andere erfaßt.« »Jetzt ist es passiert!« schrie Farrell. Der Bildschirm blitzte hell auf, als ein Asteroid das dunkel gewordene Schiff genau in der Mitte traf. Dann tauchten wieder die matt schimmernden Sterne auf. Wenn sich noch menschliches Leben an Bord befunden hatte… »Sind Sie in Sicherheit, Scotty? Haben Sie die anderen?« »Ich – ich bin nicht sicher, Sir.« Scott beobachtete mit McCoy und Spock ängstlich die Transporterplattform. Sie glitzerte im Funkenregen, der der Materialisierung vorausgeht, aber das war auch schon alles. McCoy warf einen Blick auf Walsh. Obwohl ein Anflug von Besorgnis auf seinem fetten Gesicht zu sehen war, stand er gelassen, fast gleichgültig da. Ein Mann, der gewohnt war zu pokern. Sie hörten Kirks drängende Stimme. »Das Schiff ist weg. Haben Sie die drei Leute, Mr. Scott?« »Wir sind immer noch nicht sicher, Sir. Aber irgend etwas haben wir im Transporterstrahl erfaßt.« McCoy ging zur Konsole. »Scotty, was ist los?«
»Keine Ahnung! Ohne die Dilitiumkristalle – « »Möglicherweise« sagte Spock, »dauert es wegen der Notstromaggregate länger.« »Auf dieses verdammte Ding habe ich mich sowieso nie verlassen«, knurrte McCoy. »Menschen zu entmaterialisieren, ihre Atome im Universum herumzuschießen wie – « »Jetzt«, sagte Spock. »Wir haben sie!« Das Schimmern auf der Plattform nahm Formen an – Formen, die Scott einen Laut des Erstaunens entlockten. Langsam entstanden daraus drei Frauen – jede von einer Schönheit, die in einem Heiligen Leidenschaft hervorgerufen hätte. Alle möglichen Worte kamen McCoy in den Sinn… »bezaubernd«… »atemberaubend«… »großartig«. Eine Blondine, die einem goldenen Traum entstiegen schien; eine dunkelhaarige Zauberin, die die griechische Flotte zum Auslaufen nach Troja gebracht haben könnte; und eine kleine silberhaarige Nymphe, die an ein Stück Eis denken ließ, das von einem inneren Feuer erstrahlte. Und ihre Anziehungskraft war ganz offen sexueller Natur. Einladend lachten sie jeden Mann im Transporterraum an. Sogar Spock war verblüfft. Scott flüsterte: »Was sagt man denn dazu?« Walsh ging zur Plattform. »Alles in Ordnung, meine Damen. Wir sind in guten Händen.« Ob in guten oder schlechten, in irgendwelchen Händen wollten die Frauen jedenfalls bei erstbester Gelegenheit sein. Das machte die Art, wie sie sich von der Plattform herunterbewegten, mehr als deutlich. Von der Brücke aus rief Kirk, der noch nichts von seinen Gästen wußte, den Transporterraum. Keine Antwort. Farrell drehte sich um und sagte: »Wir verlassen jetzt den Asteroidengürtel, Captain.«
»Deflektorenschirm ausschalten. Sparen Sie Energie, Mr. Farrell.« Als das Wimmern der strapazierten Maschinen leiser wurde, versuchte Kirk erneut einen Kontakt mit dem Transporterraum. »Mr. Scott, hören Sie mich?« Spocks Probleme begannen, als er die Gruppe den Korridor hinunter eskortierte. Innerhalb von drei Minuten zählte er zwanzig Mannschaftsmitglieder, die aus ihrer Verblüffung keinen Hehl machten und offenbar vergessen hatten, weshalb sie unterwegs waren. Die Frauen schwebten bewußt provokativ und aufreizend an ihnen vorbei. Als er sie im Aufzug untergebracht hatte, atmete er erleichtert auf. Walsh versuchte, ihn aufzuklären. »Diese Sternenschiffe sind schon imponierend – aber Männer sind eben Männer, egal wo sie sind. Das kann keine Maschine verhindern.« Spock sprach in die Aufzugskontrollkonsole: »Deck Zwölf.« Walsh blickte auf seine Ohren. »Sie sind zum Teil Vulkanier?« Spock blickte ihn ruhig an und nickte. Walsh flüsterte leise: »Dann macht ein schönes Gesicht wohl keinen Eindruck auf Sie? Zumindest, solange Sie es nicht wollen.« Das war eine unglückliche Bemerkung. Die Frauen drängten sich näher an ihn, wie von einem Magneten angezogen. Aber es war nicht das erste Mal, daß Spock mit diesem Phänomen konfrontiert wurde; sanft, aber bestimmt schaffte er einen Freiraum zwischen sich und den Frauen. »Hört auf damit, Mädels«, sagte Walsh mit einem unbekümmerten Achselzucken. »Diese Spezies kann ihre Gefühl nach Belieben abschalten…« Spocks Augen flackerten auf, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos. Das dunkelhaarige Mädchen sprach. »Ich muß mich für Mr. Walsh entschuldigen, Sir. Er ist so daran gewöhnt, Menschen zu kaufen und zu verkaufen, daß er – «
»Ich führe hier die Unterhaltung, Liebling«, sagte Walsh zu ihr. Auf dem Weg in die Kabine des Captains begegneten ihnen weitere gaffende und erstaunt pfeifende Männer: Die Disziplin auf der Enterprise schien ernsthaft gefährdet. Spock, der steifbeinig den Gästen voranging, wäre bei weitem lieber gewesen, wenn Walshs Schiff wirklich ein Frachtschiff der JKlasse gewesen wäre. Kirk wandte ihnen den Rücken zu, als sie in die Kabine traten, die nicht gerade für sechs Leute eingerichtet war. Spocks linke Augenbraue zuckte amüsiert. Er hatte dieses Treffen arrangiert und war ein wenig neugierig auf das Ergebnis. Er meldete sich in seinem förmlichsten militärischen Ton. »Der Kommandant des Transports meldet sich wie befohlen, Sir.« Kirk, der vor Wut kochte, wirbelte herum. »Was, zum Teufel, machen Sie denn da?« hatte er sagen wollen. Er sagte es nicht. Die Welle weiblicher Anziehungskraft traf ihn wie ein Stoß. Offensichtlich gefiel den drei Schönheiten, was sie sahen, und sie gefielen ihm ebenfalls. Lange Augenwimpern blinzelten über strahlenden Augen, Hüften bewegten sich sanft im engen Raum; Spock könnte geschworen haben, daß er Moschus roch. Sie mochten den Captain; alles an ihm gefiel ihnen – sein Aussehen, seine schlechte Laune, seine breiten Schultern – und vor allem die Art, wie er sie ansah. Walsh, ein leutseliges und verständnisvolles Lächeln im Gesicht, ließ der Natur ihren Lauf. Kirk versuchte, seine verlorengegangene Fassung wiederzugewinnen. »Und – diese Damen? Ist das Ihre… Ihre Mannschaft, Kommandant?« Ein Grinsen entblößte die gelblichen Zähne des Dicken. »Nein, Captain. Sie sind meine Fracht.«
Kirk schluckte. Er schaute die Frauen an. Fracht? Diese perfekt geformten, göttlichen Wesen? Diese dunkle Schönheit – ihm wurde heiß. Er steckte einen Finger in seinen plötzlich zu eng gewordenen Hemdkragen. Dann richtete er seine Augen auf den unerfreulichen Anblick von Mudd. »Eh – was meinen Sie mit Fracht?« »Die Damen sind Fracht. Das ist mein Geschäft. Sollte sich Ihre Frage jedoch auf den Charakter dieser Damen beziehen, so kann ich Ihnen versichern – « »Wer mich hier interessiert, das sind Sie!« schnappte Kirk. »Kümmern Sie sich um die Damen, Mr. Spock.« Er nickte den Frauen zu und fühlte wieder die spürbare Anziehungskraft. »Wenn Sie bitte meinem Ersten Offizier folgen würden – « »Ich entdecke eine ganz schöne Portion Puritanismus in Ihnen, Captain«, sagte Walsh. »Nicht ungewöhnlich bei einsamen Raumschiffkommandanten.« Er grinste erneut. »Sie können beruhigt sein. Ich übernehme die volle Garantie für die Reinheit, Tugendhaftigkeit und hohen moralischen Ansprüche dieser wunderschönen – « »Danke, Mister! Schon bemerkt!« sagte Kirk mit mühsam unterdrückter Wut. Er wandte sich an die Damen. »Wenn Sie jetzt bitte meinem Ersten Offizier folgen – « »Captain.« Die Stimme war klangvoll und tief. Ihre glatten Wangen ließen ihre großen Augen leicht schräg erscheinen. Ihr helles Gesicht errötete leicht, als sie tief in Kirks Augen blickte. »Ich heiße Eve«, sagte sie. »Wir würden lieber hierbleiben.« Ihr Lächeln war sehr persönlich – nur für ihn allein bestimmt. Die plötzlich erscheinenden Grübchen in ihrem Gesicht versprachen Lachen und Freude – nur für ihn. Er schluckte. Spock kam ihm zu Hilfe. Er öffnete die Kabinentür und sagte: »Hier entlang, bitte, meine Damen…«
Was war nur mit ihren Augen los, daß er die seinen nicht von ihnen abwenden konnte? Kirk hatte die leise Ahnung, daß Walsh sein Zappeln genoß. Spock, der die Frauen durch die Tür drängte, hob die linke Augenbraue, und Kirk war erlöst – und verärgert. Walsh drehte sich schnell mit einem letzten zufriedenen Blick auf die geschlossene Tür um und kam Kirks erster Frage zuvor. »Nun, Captain, woher sollte ich wissen, daß dies ein Sternenschiff ist – ich, mit einer Ladung hübscher Mädchen an Bord? Ein fremdes Schiff taucht auf; da habe ich natürlich versucht, zu entkommen.« Kirk wartete. Ließ den Dicken erst mal seine Geschichte erzählen. »Auch wenn Sie der Captain eines Sternenschiffes sind, Sie haben Ihre Befugnisse überschritten, als Sie mich und mein Schiff in einen Asteroidenhagel jagten!« sagte Walsh. »Ihr Name, bitte«, sagte Kirk. »Walsh. Leo Walsh. Und Sie haben mein Schiff auf dem Gewissen. Es – « »Mr. Walsh, ich werde betreffs Ihrer Handlungen eine Verhandlung einberufen. Mr. Spock wird Sie mit allen rechtlichen Schritten vertraut machen, die Sie zu Ihrer Verteidigung benötigen. Das ist alles, Sir.« Walsh schüttelte traurig seinen Kopf. »Sie sind ganz schön stur, Captain.« »Und Sie sind ein Lügner, Mr. Walsh! Ich denke, wir verstehen uns.« Er sprach ins Intercom. »Bordwache!« Als der Posten erschien, sagte Kirk: »Bringen Sie Mr. Walsh in den Arrest. Er ist festgenommen.« Walsh schlenderte dem Wachtposten hinterher, wobei sein Verhalten den Anschein erweckte, er habe noch nicht alle ihm zur Verfügung stehenden, geheimnisvollen Mittel ausgeschöpft
– Mittel, die weit über das Vorstellungsvermögen eines einfachen Sternenschiffkommandanten hinausgingen. … Ihr Name war also Eve. Ein Name, der von Anbeginn der Zeiten an Scherereien verheißen hatte, und es sah so aus, als ob sich daran nichts ändern sollte. Er strich über seine Wange. Eine Rasur; das war es, was er brauchte. Eine Rasur und etwas Zeit, die verwirrenden Zusammenhänge dieser Situation auszuloten. Spock hatte die unruhebringenden Elemente zu ihrer Kabine gebracht. Er hatte das Kommando auf der Brücke inne, als Sulu und Farrell an den Aufzug traten. Farrell stolperte auf dem Weg zu seiner Station und hatte einen völlig benommenen Gesichtsausdruck. Sulu nahm seinen Arm, schnappte mit den Fingern vor Farrells Augen und sagte: »Du bist im Dienst, lieber Johnny. Zurück zur Realität.« Farrell fiel in seinen Sessel. »Du kannst ihre Augen fühlen, wenn sie dich ansehen. Als ob etwas von dir Besitz ergreift. Hast du das bemerkt?« Farrell schaute erst Sulu an, dann seine Konsole, sah aber beide nicht. »Ja«, sagte Sulu. »Und ob ich das bemerkt habe.« Spock beäugte sie neugierig, als sie ihre Positionen einnahmen. Der Paarungstrieb menschlicher Wesen war ein wenig anziehendes Geheimnis für ihn – und so überaus zwanghaft. »Wir haben Schwierigkeiten, Mr. Spock.« Scotts Stimme war tief und drängend. »Es ist nur noch ein Dilithiumkristall übrig, und der hat einen haarfeinen Riß an der Basis.« »Stellen Sie behelfsmäßig einen Umgehungsstromkreis her, Mr. Scott.« »Ich kann nicht, Sir. Wir haben den ganzen Konverteraufbau in die Luft gejagt.«
Spock blickte auf. Das schien eine ernste Situation zu sein. Er stellte eine Intercomverbindung zur Kabine des Captains her. »Hier Spock, Captain. Sie werden auf der Brücke gebraucht.« Der Posten im Besprechungsraum tat sein Bestes, um nicht die drei Grazien, die am Tisch saßen, anzuschauen. Es war die schwierigste Aufgabe in seinem bisherigen Leben. Aber er hielt stand, als Walsh mit einigen fleckigen Papieren in der Hand hereinkam und sagte: »Könntest du vielleicht draußen warten, Freundchen?« Zum einen hatte es der Posten nicht gern, mit ›Freundchen‹ angeredet zu werden, zum andern hatte er seine Befehle. »Tut mir leid, Sir.« Walsh zögerte. Dann trat er zu den Frauen und sagte vorsichtig: »Ihr drei – beantwortet alle Fragen, die man euch stellt. Lügt nicht – das ist nicht nötig. Und willigt nicht in eine…« Er blickte zum Posten. »Da ihr gesund seid, braucht ihr doch keine medizinische Untersuchung, oder, Mädchen?« Der Posten dachte für sich, daß niemand, der so strahlend aussah, nicht gesund sein könnte. Es schien töricht, darauf solchen Wert zu legen. Die Frauen nickten. »Aber was passiert, wenn sie uns fragen, was…« sagte die blonde Elfe mit der hellblauen Silbertunika. »Das werden sie nicht«, sagte Walsh hastig. Er wandte sich nochmals an den Posten. »Mußt du nicht doch irgendwohin, Junge?« Der hatte noch eine weitere Stunde Dienst und blieb stur. Die Dunkelhaarige mit der rauchigen Stimme sagte starr: »Sie werden es merken. Sie werden bemerken, daß wir and – « Walsh wirbelte herum und fiel ihr ins Wort. »Das werden sie nicht. Überlaß mir das Reden, Ruthie – ihr alle, meine Lieben. Wir werden schon hinkommen…« Eve sagte: »Wo werden wir hinkommen? Wir haben kein Schiff und fliegen in die falsche Richtung, Harry…«
»Pst!« zischte Walsh. »Leo – Leo Walsh!« Zu dem Wächter sagte er laut: »Sie sind bezaubernd, nicht wahr, Junge? Solange sie auch freundlich denken und lächeln… kommen sie immer überall gut weg, oder?« Er stellte sich so hin, daß nur die Mädchen sein Gesicht sehen konnten. »Ihr könnt mich beim Wort nehmen!« Die Frauen beruhigten sich – Walshs melancholisches Lächeln galt ihnen allen, auch dem Wachtposten. Kirk rannte auf die Brücke. »Die Energie des gesamten Schiffes wird von nur einem einzigen Kristall gespeist, Sir.« Spock war sehr ernst. »Dann gehen wir auf Umgehungsstromkreise.« »Die sind durchgebrannt, als wir das Schiff überhitzt haben, Captain. Walsh, dieser Esel, hat nicht nur sein eigenes Schiff zerstört. Um seine Haut zu retten, haben wir…« »Wenn es Ihnen hilft, Mr. Scott, ist das ein Esel, dem wir noch das Fell abziehen werden«, sagte Kirk. »Es ist frustrierend, Sir. Fast eine Million SchiffsBruttoregister-Tonnen hängen von einem Kristallbrocken von der Größe meiner Faust ab«, brummte der Ingenieur. »Und dieser Kristall wird nicht lange halten, wenn unsere gesamte Energie hindurchläuft«, sagte Spock. Er machte eine Pause. »Wir haben nur eine Alternative, Captain. Auf Rigel Zwölf befindet sich eine Lithiummine. Sie fördern dort hochgradiges Erz, habe ich gehört.« »Standort und Entfernung?« »Mr. Farrell kennt den Kurs, Sir. Flugzeit weniger als zwei Tage.« Kirk warf einen Blick auf das ruhige Gesicht seines Ersten Offiziers. Dann schwang er zur Station des Navigators herum. »Kurs auf Rigel Zwölf, Mr. Farrell.« Er erhob sich aus seinem
Kommandosessel. »Gehen wir – wir müssen immer noch diesem Esel das Fell über die Ohren ziehen!« Eves klare, unergründliche Augen blickten ihn an, als er den Besprechungsraum betrat. Ihre Anwesenheit trug nicht dazu bei, seine Anspannung zu verlieren. Er versteckte seine Gefühle unter einer kühlen Förmlichkeit und nahm zwischen Spock und McCoy Platz. »Die Verhandlung ist eröffnet«, sagte er. Als er Spock zunickte, traf ein helles Licht auf Walshs Gesicht; der Computer summte. Der Dicke bewegte sich nervös. »Geben Sie Ihren Namen für das Protokoll bekannt«, sagte Spock. »Walsh- Leo Walsh«, sagte der Mann bestimmt. Eine mechanische Stimme sagte: »Nicht korrekt«, und ein Summer ertönte. Walsh erhob sich halb von seinem Sessel. Er war verblüfft. »Ihr korrekter Name«, sagte Spock. Walsh sank zurück. »Meine Herren, wenn Sie einem leblosen, mechanischen Apparat mehr glauben als einem Menschen aus Fleisch und Blut – « Die Computerstimme unterbrach ihn. » Vollständige Daten auf Bildschirm.« Das dunkelhaarige Mädchen biß sich auf die Lippe. »Wenn er unsere Gedanken lesen kann – « Der Mann schob sie zur Seite. »Nein, das kann er nicht. Es bringt nur, was es in seinen Speichern aufgezeichnet hat, dieses verdammte Blechding…« flüsterte er ihr zu. Der Bildschirm klickte, und hervor kam eine scharfe Fotografie von Walsh. Darunter erschienen Zeilen mit Informationsmaterial. »Sagen Sie Ihren korrekten Namen für das Protokoll«, sagte Spock nochmals.
»Harry Mudd«, knurrte der korpulente Kommandant. Summen. »Nicht korrekt.« »Harcourt Fenton Mudd.« Er wand sich in seinem Sessel. »Irgendwelche Vorstrafen, Mr. Mudd?« sagte Spock. »Natürlich nicht! Ich bin ein anständiger, ehrlicher – « Summen… »Nicht korrekt. Vorstrafenregister: Schmuggel, Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Transport gestohlener Güter. Kauf von Raumschiffen mit Falschgeld. Zu psychiatrischer Behandlung verurteilt. Effektivität fraglich.« Der Text auf dem Bildschirm lief immer noch weiter. Mit einer Stimme, die fast so kalt klang wie die des Computers, sagte Kirk: »Mr. Mudd, Sie sind angeklagt, in der Galaxis ohne Flugplan und ohne Identifikation herumgeflogen zu sein und ein Sternenschiffsignal nicht beantwortet zu haben und dadurch eine Bedrohung für die Navigation dargestellt zu haben…« »Ein Schiff dieser Größe wie meines soll in einer Galaxis von diesem Ausmaß eine Bedrohung für die Navigation sein?« fragte Mudd entrüstet. »Sie sind ebenfalls angeklagt, ein Raumschiff ohne die notwendigen Patente geflogen zu haben.« »Ich habe ein Kapitänspatent!« schrie Mudd schwitzend. »Nicht korrekt. Kapitänspatent entzogen Sternzeit 1116.4.« »Also gut! Leo Walsh, der mein Captain auf diesem Flug sein sollte, verstarb plötzlich. Ich hatte keine Wahl – ich mußte alles selbst in die Hand nehmen. Deshalb benutzte ich seinen Namen – in memoriam. Walsh war ein feiner Mensch.« Kirk sagte: »Ziel und Zweck der Reise?« Mudd antwortete triumphierend: »Planet Ophiucus Sechs. Um Siedler zu verheiraten.« »Sagen Sie das noch mal, Mudd! Um was zu tun?« Kirk war sicher, daß er sich verhört hatte.
»Ich rekrutiere Ehefrauen für die Siedler.« Mudd deutete auf die drei Mädchen und sah sie mit aufgerissenen Augen an. »Eine schwierige, aber zufriedenstellende…« »Daten von den Zeugen, bitte«, sagte Kirk, während er Mudd beobachtete. Spock betätigte einen Schalter. »…ausgesetzt, isoliert, ohne eine kleine Frau, die sich um sie kümmert…« Ein Licht erforschte die Gesichter der drei Frauen, die zurückschreckten. Der Computer brummte und summte sporadisch und sandte ein durchdringendes Piepsen aus. Spock machte verblüfft eine Korrektur, und das Piepsen verstummte. Ein Summen und Hupen ertönte: »Kkkkkkkeinnnneee Dddddaatennnn.« Kirk befahl dem Computer ungeduldig, auf Sensorenprüfung zu gehen. Das Brummen änderte sich gehorsam, wurde leiser und kreischte wieder auf. »Irgendwelche ungewöhnlichen Anzeigen?« Spock nahm weitere Korrekturen vor. Neuerliches Summen: »Keine entzifferbare Anzeigen bei den weiblichen Personen. Jedoch ungewöhnliche Anzeigen bei männlichen Bordmitgliedern. Hohe Respirationsmuster, Perspirationsraten abnormal hoch, Herzschlag schnell, Blutdruck abnormal…« »Das genügt!« stieß Kirk hervor. Das Licht fiel auf Mudd, und der Computer verstummte. Mudd sagte selbstgefällig: »Sehen Sie, meine Herren? Nur drei bezaubernde Damen, die zu Grenzplaneten unterwegs sind, um einsamen Männern all das zu geben, was sie brauchen: Partnerschaft, die Wärme einer menschlichen Berührung, Ehe, ein Heim, eine Familie. Ich betrachte meine Arbeit als Dienst an der Öffentlichkeit – ich habe ihr mein Leben gewidmet!« Summen. »Nicht korrekt.«
Mudd machte einen schnellen Rückzieher. »Eh – ich widme ihr mein Leben jetzt.« Kein Summen. Mudd zeigte seine gelben Zähne. Kirks und McCoys Blicke trafen sich kurz, dann schaute Kirk wieder gedankenverloren in Ruths dunkle Augen. »Seid ihr Frauen freiwillig mitgekommen?« fragte er. »In der Tat!« erklärte ihr selbsternannter Wächter. »Ruthie stammt von einem Wasserplaneten voller Seefarmen. Magda dort kam von der Experimentalstation Halium…« Eves blaue Augen blitzten auf. Sie stand auf. »Es ist die gleiche Geschichte bei uns allen, Captain. Keine Männer. Ich komme von einem Farmerplaneten, wo man nur Automaten als Gesellschaft hatte. Ich mußte für zwei Brüder kochen und nähen. Jedesmal, wenn sie heimkamen, klebte der Kanalisationsschlamm zentimeterdick an ihren Stiefeln«, sagte sie voll Bitterkeit. »Ich…« »Ist schon gut, Evie. Das reicht«, sagte Mudd. »Nein, das reicht überhaupt nicht! Wir haben Ehemänner, die auf uns warten, und Sie bringen uns in eine andere Richtung und starren uns an, als ob wir Haremsmädchen vom Saturn wären, oder gar…« »Jetzt ist es wirklich genug, Eve«, schrie Mudd. Mit ihrer schlanken Hand strich das Mädchen ihre goldfarbenen Haare zurück und nahm seufzend wieder ihren Sitz ein. »Die hier vorgebrachten Anklagepunkte richten sich einzig und allein gegen Mr. Mudd. Haben Sie irgend etwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen?« »Nur die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit, die ich schon vorgebracht habe«, entgegnete Mudd düster. Kirk erhob sich. »Die Sitzung ist geschlossen. Mr. Mudd wird bei der nächsten Gelegenheit den Behörden übergeben.«
»Und wir?« sagte Eve. Sie rutschte aus ihrem Sessel und war plötzlich ganz nah. »Was geschieht mit uns? Helfen Sie mir.« Ihre Augen trafen sich. »Helfen Sie uns allen.« Plötzlich lag seine Hand in der ihrigen. Sie war so reizend, allein und hilflos, in den Händen dieses Schurken namens Mudd – da sah er aus den Augenwinkeln Spocks amüsiert hochgezogene Augenbraue. Er entzog ihr sanft seine Hand. Die Lichter gingen aus. »Das ist der letzte Kristall«, sagte Scott. »Er ist hinüber, Sir.« Der dunkel gewordene Schirm piepste und wurde undeutlich. Das ängstliche Gesicht von Sulu erschien verschwommen. »Captain, der Maschinenraum meldet, daß unser gesamtes Überlebenssystem nur noch von den Notstrombatterien gespeist wird.« Die Batterien konnten diese Belastung unmöglich lange aushalten. Kirk wurde sich wieder seiner Verantwortung bewußt. Das Leben seiner Crew stand auf dem Spiel, Mudds ›Fracht‹ befand sich im Zustand äußerster Verzweiflung, und das Schiff selbst war lahmgelegt. »Mr. Spock«, sagte er. »Nehmen Sie sofort Kontakt mit den Minenarbeitern auf Rigel Zwölf auf!« Mudds ungepflegte Ohren stellten sich sichtbar auf. »Teilen Sie ihnen mit, daß wir unmittelbar nach der Landung Dilitiumkristalle benötigen.« Als Mudd mit den Mädchen allein im Besprechungsraum war, breitete er triumphierend seine Arme aus. »Oh, du herrliche Galaxis! Du himmlisches Universum!« rief er. Die Frauen starrten ihn mit leerem Gesichtsausdruck an. Er strahlte sie an. »Litiumbergarbeiter! Ja, versteht ihr denn nicht? Einsame, isolierte, reiche Litiumbergleute. Die lassen Diamanten- und Platinbergleute wie Kinder, die nach Muscheln graben, aussehen! Ich werde der reichste…« Er sah, daß Eves Gesichtsausdruck, zwischen Freude und Wut schwankte. »Nein, nein, wir alle. Ihr wollt Ehemänner? Nicht
nur den Captain eines Raumschiffs, Evie, nein, ich verschaffe dir einen Mann, der sich eine ganze Provinz kaufen kann – einen ganzen Planeten! Maggie, du wirst eine Gräfin sein! Und du, Ruth, mindestens eine Herzogin!« »Und Harry Mudd?« Seine kleinen, fetten Augen glänzten böse. »Ich werde dieses Sternenschiff befehligen, Captain Kirk. Sie werden Ihre Befehle von mir empfangen!« Ruth lehnte sich gegen die Türöffnung des Bordlazaretts. Ein Mitglied der Besatzung mit einem Werkzeugkasten und McCoy flüsterten miteinander über die KörperfunktionsAnzeigetafel hinweg. Sie nickten einander zu, und der Mann verstaute die Werkzeuge in seiner Tasche, schloß sie und erhob sich. Er wandte sich zur Tür und blieb stehen. Ruth sah ihn an. Der Doktor fühlte die Spannung. Er blickte sich um. Ruth sagte: »Darf ich hereinkommen?« Sie lächelte McCoy strahlend an, und er stammelte: »Aber sicher, ja, bitte!« Sie senkte ihren Kopf und schaute ihn durch ihre langen schwarzen Haare an. Mit Verspätung fiel McCoy auf, daß das Mannschaftsmitglied immer noch glotzte. »Sind Sie noch nicht fertig, Connors?« Der Mann lächelte schwach, murmelte etwas und verschwand langsam durch die Tür. McCoy, der ziemlich durcheinander war, faßte sich wieder, als Ruth mit ihrem seegrün gekleideten Körper in den Raum schwebte. »Es interessiert mich, wie es hier aussieht, Doktor. Es ist faszinierend. Wozu gehört dieser Bildschirm?« Als sie an der soeben reparierten Schalttafel vorbeiging, blinkte ein Licht auf. McCoy warf einen überraschten Blick darauf. »Es hat mich interessiert, wo sie arbeiten, Dr. McCoy…« Sie lächelte nochmals.
McCoy war hin und her gerissen zwischen dem Lächeln und dem blinkenden Licht. Wenn sie noch mal daran vorbeiging, würde sie direkt auf ihn zukommen… »Würden Sie bitte nochmals an der Konsole vorbeigehen, Ruth?« Sie blieb stehen; war sie erschrocken? »Warum? Sie wollen doch keine Untersuchung machen, oder?« McCoy schüttelte den Kopf. »O nein. Ich könnte mir selbst… hm, meinem Urteil nicht trauen.« Ruth grinste verständnisvoll. »Vertrauen Sie mir – gehen Sie einfach hier entlang.« Das Licht blinkte wieder auf. McCoy runzelte die Stirn. »Das dürfte eigentlich nicht sein. Ich habe es gerade reparieren lassen.« »Ich habe mich gefragt«, sagte Ruth und kam näher, »ob Sie die Minenarbeiter auf Rigel Zwölf untersuchen werden?« McCoy schaltete an der Körperfunktionsanzeigetafel herum. Er war verwirrt. »Falls es nötig ist«, sagte er geistesabwesend. »Haben Sie sich etwa nicht erkundigt?« sagte Ruth. »Sind sie denn alle gesund?« »Was? O ja, kerngesund. Alle drei.« »Drei?« keuchte Ruth. Es war wie Zauberei; drei und drei. »Benutzen Sie irgendein ungewöhnliches Parfüm oder etwas Radioaktives?« Ruth lachte aus vollem Hals. Er drehte sich zu ihr um und sah sie an. Dunkle, vergnügte Augen blickten ihn an. »Nein«, sagte sie. »Ich bin nur… ich. Ist das nicht genug?« Er vergaß das blinkende Licht. Hingerissen hörte Magda Farrel zu. Ihr bleiches Haar sah wie Silber neben seiner kupfernen Haarfarbe aus. Sie war eine Frau, die einem Mann, der über seine Arbeit sprach, zuhören konnte. Sie war am Kommunikationssystem der Enterprise genauso interessiert wie an ihren Navigationsproblemen. Sogar
die Geschwindigkeit, mit der Signale durch den Raum gesendet wurden, schien sie zu faszinieren. Farrels Schritt wurde zunehmend sicherer, als er sah, wie vorbeigehende Mannschaftskameraden seine Begleiterin mit gierigen Blicken anstarrten. Eve war in privater Mission unterwegs. Sie hatte die Kabine des Captains ausfindig gemacht, und als er die Tür öffnete, lag sie zusammengerollt auf seinem Bett. Als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkte, setzte sie sich hastig auf. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen?« sagte sie schüchtern. Er hatte gedacht, er hätte etwas dagegen, allerdings nicht sehr viel. »In der Tat, Miss McHuron, ich habe – « »Ich habe versucht, ein bißchen spazierenzugehen, Captain. Und da mußte ich mich irgendwo verstecken. So wie Ihre Männer mich angesehen haben…« Sie erhob sich elegant, glättete ihren kurzen Rock und versuchte vergeblich, mit ihm ihre langen, goldbraunen Beine zu bedecken. »Das tut mir leid«, sagte Kirk. »Normalerweise verhalten sie sich nicht so, Miss McHuron. Aber aus irgendeinem Grund, was Sie und die beiden anderen Damen betrifft…« »Wahrscheinlich sind sie einfach nur einsam«, sagte sie sanft. Sie sah ihn auf eine Art an, die ihn näher kommen ließ. »Ich kenne die Einsamkeit.« Kirk versuchte, sich vom Zauber ihrer Augen zu lösen. »Nun, eh, wenn Sie – « Sie berührte seinen Arm und zwang ihn so, wieder in das strahlende Geheimnis zwischen ihren Wimpern zu blicken. »Sie verstehen das sicher besser, Captain, bei dieser ständigen Verantwortung, die man bei einem großen Schiff wie diesem hat. Und die Männer bewundern Sie.« Kirks Kragen wurde wieder enger. Er scharrte mit den Füßen.
»Ich habe einmal gelesen, daß ein Kommandant ein Muster an Tugend zu sein hat. Ich habe noch nie einen solchen Ausbund von Tugend getroffen«, sagte sie mit einem Lachen, das wie Musik klang. »Nun, ich auch nicht«, sagte Kirk, der nur ein Schlucken zusammenbrachte. »Natürlich nicht. Niemand hat das je. Aber manche versuchen, so zu tun, als ob. Sie auch, Captain?« Kirk wurde beinahe schwindlig. »Miss McHuron«, versuchte er mit fester Stimme zu sagen. Er war verwirrt von der Art, wie sie sich amüsierte – und ihre Augen: ihre wundervollen, schönen, geheimnisvollen, unwiderstehlichen Augen. Sein Widerstand zerbrach in kleine Stücke, da wirbelte sie plötzlich herum und schloß die Augen. Etwas knackste. »Nein!« sagte sie wütend. »Ich tue es nicht. Es ist mir egal, was Harry Mudd sagt!« Kirk blinzelte. Sein Verstand und seine Sinne drehten sich im Kreis. »Ich mag Sie wirklich!« sagte sie heftig. Ihre weitgeöffneten, schönen Augen füllten sich mit Tränen. »Ich mache das nicht mehr mit! Ich hasse diese ganze Angelegenheit!« Sie war weg, bevor er wieder ganz zu sich gekommen war. »Es sind also drei«, wiederholte Mudd. »Bist du sicher, daß er das sagte, Ruthie?« Die Frau, die McCoy bezirzt hatte, nickte und wandte sich eifrig an Magda. »Die Minenarbeiter… sie sind alle gesund und noch ziemlich jung – « »Später«, sagte Mudd. »Maggie, bist du an den Nachrichtenoffizier herangekommen?« »Natürlich«, sagte die zierliche Frau mit einem heftigen Nicken ihres blassen Kopfs. »Der Vormann der Minenarbeiter
heißt Ben Childress. Die anderen nennen sich Gossett und Benton. Und sie sind schon seit fast drei Jahren dort – allein!« »Drei also«, murmelte Mudd. »Und drei kleine Bräute hat Harry Mudd…« Er führte einen kleinen Tanz auf. »Und Dilitiumkristalle sind dreihundertmal ihr Gewicht in Diamanten wert… tausendmal ihr Gewicht in Gold…« »Aber sie sind da unten, und wir hier oben auf einer Umlaufbahn, hundert Meilen von ihnen entfernt«, sagte Ruth, um seine Euphorie zu dämpfen. »Und vor deiner Tür steht ein Wachtposten, Harry«, fügte Magda hinzu. »Du kannst nicht mal aus deiner Kabine heraus.« Mudd hörte auf zu tanzen und wurde nachdenklich. Dann erhellte sich sein Gesicht. »Nein, meine Lieben. Nur noch ein kleiner Auftrag, den ihr durchführen müßt, und nicht Harry Mudd steckt in der Falle, sondern ein gewisser James T. Kirk.« Kaum hatte er den Namen ausgesprochen, drängte sich Eye in die Kabine und fiel schwer in einen Sessel. Immer noch tränenüberströmt, sagte sie: »Ich finde dich widerlich, Harry. Und ich kann mich selbst auch nicht mehr ausstehen.« Mudd nickte. »Ja. Ich habe gesehen, wie du dem Captain aufgefallen bist.« »Wir sollen ihnen doch auffallen!« fauchte sie ihn an. Ihre Wut wurde zu einem Seufzer; müde lehnte sie ihren Kopf an seine Hand. »Ich fühle mich nicht sehr wohl, Harry. Ich glaube, es ist bald wieder an der Zeit.« Mudd blickte fürsorglich auf eine kleine Uhr, die er aus der Tasche zog. »Nein, wir können noch eine Weile warten.« »Dann brauche ich etwas Ruhe«, sagte Eve. »Ich gehe in meine Kabine.« »Um vom Captain zu träumen?« sagte Mudd spöttisch. Sie stand auf und ging zur Tür. »Vielleicht.«
Farrell träumte auf seinem Brückenposten von einem Wunder in Silberblau. Kirks gereizte Stimme riß ihn aus seinen Gedanken. »Mister Farrell, ich habe den Weiterflug zur Umlaufbahn befohlen!« Farrell wachte belämmert auf. Er änderte rasch eine Kontrollschaltung und sagte: »Flug zur Umlaufbahn eingegeben, Sir.« Kirk schwang seinen Sessel herum, um alle Stationen im Auge zu haben. »Meine Herren, das war der letzte Befehl, den ich zweimal gegeben habe. Würden Sie bitte Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf die Bedienung dieses Schiffs lenken? Wir laufen auf Batterieenergie – und die ist schon ziemlich knapp!« Scott sagte besorgt: »Die Energie der Batterien reicht bis Rigel Zwölf, Captain. Aber möglicherweise nicht, um die Umlaufbahn beizubehalten.« »Sie müssen uns so lange darin verweilen lassen, bis wir sechs Dilitiumkristalle an Bord genommen haben, Mr. Scott. Das ist alles, was wir brauchen.« Kirk stand auf, um McCoy zu treffen, der gerade aus dem Aufzug kam. »Hast du schon eine von ihnen untersucht, Pille?« »Sie weigern sich, Jim.« »Na hör mal. Du bist der Bordarzt. Was ist los, McCoy?« Kirk senkte seine Stimme. »Wir sind müde, und sie sind schön, ist es das?« Er seufzte. »Sie sind unglaublich hübsch.« »Wirklich?« antwortete der Doktor trocken. »Sind sie eigentlich hübscher als irgendwelche anderen hübschen Frauen, die du kennst, nach Pfunden und Massen berechnet?« »Wahrscheinlich habe ich nicht deine große Erfahrung«, sagte Kirk. »Sicher nicht«, pflichtete McCoy bei. »Vielleicht ist es einfach nur ihr Auftreten, das uns gefällt?« Er schüttelte den
Kopf. »Nein, vergiß das. Vielleicht zum Teil, aber da ist – nun, mehr. Ich weiß nicht, ob ich mich klar genug ausdrücke.« »Auf dieses Zugeständnis habe ich schon lange gewartet! Aber wer oder was sind sie, Pille?« »Meinst du, sie sind so was wie von Außerirdischen erzeugte Illusionen?« »Ich habe dich zuerst gefragt.« McCoy dachte an sein Treffen mit Ruth. »Sie sind Frauen, Jim. Menschliche Überfrauen, darauf wette ich meine Lizenz. Ein Außerirdischer, der schlau genug wäre, so ein Ding zu drehen, wäre auch schlau genug, das Blinken meines Diagnosegerätes zu verhindern.« »Ich kann dir nicht ganz folgen«, sagte Kirk erstaunt. »Ich mir auch nicht.« Falls Mudds Frauen keine gerissenen Außerirdischen waren, so waren sie zumindest als Menschen gerissen genug. Magdas schmeichelnde Aufmerksamkeit Farrell gegenüber hatte sich ausgezahlt. Stumm gab sie Harry Mudd den Kommunikator des Navigators. »Verwende Subraumfrequenz drei-neun«, sagte sie teilnahmslos. Ihr Gesicht sah müde aus. Mudd griff nach dem Instrument und ließ es aufschnappen. Sofort hatte er Verbindung mit Rigel Zwölf. Eine tiefe Männerstimme sagte: »Hier Childress Enterprise, bitte kommen.« »Eh, genaugenommen ist hier nicht die Enterprise. Ich heiße Harry Mudd. Ich möchte Ihnen ein Geschäft vorschlagen…« Kirk beobachtete gleichzeitig den sich auf dem Bildschirm nähernden Rigel Zwölf und die Zeiger der Energieanzeigen, die ständig weiter fielen. »Wir schaffen die Umlaufbahn, Sir«, sagte Farrell. »Eine Zeitlang, zumindest.« »Schwenken Sie ein«, sagte Kirk. »Spock?«
»Wir können hier oben neunundsiebzig Stunden bleiben, Captain.« Kirk atmete auf. »Das sollte genug Zeit sein. Leutnant Uhura, bitten Sie einen Bevollmächtigten der Minenarbeiter an Bord, um ihm unsere Lage zu erklären. Wir bekamen ihn bei unserem ersten Flug über das Lager herauf.« »Bestätigt, Sir.« Die drei Frauen warteten in Mudds Quartier. Aber es war nicht alles in Ordnung mit ihnen. In dem gedämpften Licht schien Magdas Haar bleigrau. Ihre Gesichter waren abgespannt und blaß, und ihre kurzen, engen Kleider hingen schlaff an ausgezehrten Körpern. Eve hob schwach ihren Kopf. »Wenn du sie erst mal findest, Harry, wirst du schon merken, was sie sind. Ein Schwindel. Wenn dir wirklich jemand etwas bedeutet – « Mudds dicke, kleine Hände waren in seinen Hosentaschen verkeilt. Als er sie herauszog, waren sie leer. Ruth stöhnte: »Wem sollte denn jemand etwas bedeuten? Eve? Kirk? Sei kein Narr. Captain von Sternenschiffen sind schon verheiratet, Mädchen – mit ihren Schiffen. Warte nur, bis er zwischen ihm und dir wählen muß. Du wirst schon sehen.« »Warum hast du sie versteckt«, jammerte Ruth mit verkrampften Händen. »Ich habe sie nicht versteckt! Nur anderweitig verstaut, für den Fall, daß ich durchsucht werde.« Ruth fing an zu schluchzen. Eingehüllt in ihre lose Tunika saß sie weinend in ihrem Sessel. Die schrille, scharfe Stimme von Farrells silberblauer Elfe schnitt ihr Schluchzen wie mit einem Messer ab. »Finde sie, Harry.« Nervös kramte er nochmals in seinen Taschen. Eve betrachtete ihn teilnahmslos. Ihre Augen waren trübe. »Die
Matratze«, schrie er. »Ich habe sie aufgeschlitzt…« Er stürzte sich aufs Bett und holte ein weißes Päckchen hervor. Mit klauenartigem Griff rissen ihm Ruth und Magda die Pillen aus der Hand. Eve blickte zögernd auf die farbige Tablette, die ihr Mudd anbot. Sie befeuchtete ihre trockenen Lippen. »Keine Enttäuschung, Evie«, redete er ihr gut zu. »Ein Wunder. Für den Mann, der dich anstelle eines Schiffs lieben könnte.« Sie nahm die Pille, und Mudd wandte sich den anderen zu. Er genoß die Verwandlung immer wieder. Magdas bleierne Haare nahmen plötzlich die Farbe des Mondlichts an; Ruths üppige Schenkel und Brüste füllten auf einmal wieder ihre seegrüne Tunika aus; ihre Sorgenfalten schienen durch die gesunde Gesichtsfarbe wie wegradiert. Mudd war so abgelenkt, daß er nicht sah, wie Eve ihre Tablette mit den Fingern zerdrückte und den farbigen Staub zu Boden rieseln ließ. Als er sich umdrehte, sammelte sie die ganze Energie ihres Nervensystems und zwang sich, eine fröhliche Vitalität auszustrahlen. Mudd sah eine lachende Frau, so reizend wie immer, und war zufrieden. Er strahlte sie an. Kirk gefiel, wie Ben Childress aussah. Der Vormann war groß, muskulös und stark – ein selbstbewußter Mann, der weiß, was er tut. Sein vierkantiges Gesicht war gebräunt und von unzähligen Kämpfen, sei es mit Mensch oder Natur, gezeichnet. Als er in Kirks Quartier kam, ähnelte sein Gang dem eines gut geölten Ventils. Gossett war auf seine Art imponierend. Er war jünger, hatte einen biegsamen Körper und stand etwas hinter Childress. Kirk nickte grüßend. »Ich bin James Kirk, Captain der Enterprise. Das ist mein Wissenschaftsoffizier, Mr. Spock.« Spock erhob sich.
Childress erwiderte den Gruß mit einem Nicken und sagte: »Lassen Sie uns gleich zur Sache kommen. Sie wollen Dilitiumkristalle. Und wir haben welche.« »Schön«, sagte Kirk. »Wir sind bevollmächtigt, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen.« »Es ist noch nicht sicher, daß wir sie verkaufen.« Childress genoß sichtlich die Wirkung seiner überraschenden Ankündigung. »Vielleicht ziehen wir einen Tauschhandel vor.« »An was denken Sie da, Mr. Childress?« Der Hüne grinste: »An Mudds Frauen.« Kirk sah ihn kühl an. Ein Handel mit Frauen gehörte ganz bestimmt nicht zu den Aufgaben eines Sternenschiffes. Gossett lenkte ein: »Natürlich nur, wenn sie uns gefallen. Wir wollen sie uns zuerst einmal genau ansehen.« »Richtig«, pflichtete ihm Childress bei. »Lassen Sie sie aufmarschieren, Captain. O ja – und Harry Mudd. Seine Freilassung ist sowieso eine Bedingung für den Handel. Die Anklagen müssen fallengelassen werden.« Kirk hatte das Aussehen von Childress gefallen, was er jetzt aber hörte, gefiel ihm gar nicht. »Ich verstehe«, sagte er. »Noch etwas, Mr. Childress?« »Sie haben keine Wahl, Kirk. Selbst wenn Sie eine Landungstruppe hinunterbeamen, werden Sie keinen einzigen Kristall ohne unsere Hilfe finden.« Entsetzt, aber bestimmt sagte Kirk: »Kein Handel.« Die zwei Männer zögerten und tauschten Blicke aus. »Captain«, begann Gossett. Kirk unterbrach ihn barsch. »Sie sind tief im Weltraum stationiert, meine Herren. Sie brauchen vielleicht medizinische Hilfe, Gütersendungen oder den Schutz eines Sternenschiffes. Diese Dinge sind ebenfalls in Erwägung zu ziehen.«
Es war still, als die Männer nachdachten. Es war wahr, daß sie ohne Kontakt zu einem Sternenschiff praktisch von der Umwelt abgeschnitten waren. Als sie sich der Ernsthaftigkeit ihrer Lage bewußt wurden, konnte Kirk sehen, daß sie sein Argument überzeugt hatte. Bevor Childress etwas sagen konnte, hörte man Gelächter aus dem Korridor. Freudestrahlend tanzte Magda am Wachtposten vorbei und durch die halbgeöffnete Tür. Ruth war gleich hinter ihr. Die beiden Minenarbeiter standen mit offenen Mündern da. Als Eve hereinkam, folgte Mudd ihr unbemerkt. Ruth schaute die beiden an und ging auf den Jüngeren zu. Der schluckte. »Ich wette, Sie sind Herr Gossett«, sagte sie sanft. Er wurde puterrot. »Ich – ja, Madam. Ich denke schon, Madam.« Childress erwachte ruckartig aus seiner Lähmung. Er klopfte Mudd auf die Schulter. »Eines muß man schon sagen, ein Lügner sind Sie nicht!« Er trat zurück und begutachtete die drei Schönheiten. »Und was Sie betrifft, meine Damen – Sie sind uns, gelinde gesagt, herzlich willkommen!« »Childress, ich handle immer noch ni…« sagte Kirk. Aber die Lichter flackerten und wurden dunkler. Er wandte sich fragend an Spock. »Halbe Energie, Sir. Um die Batterien zu schonen.« Mudd sagte schnell: »Ich hörte, Sie haben nur noch drei Tage, bis Sie die Umlaufbahn verlassen und runtergehen müssen.« »Danke für die Nachricht«, sagte Childress herzlich und ließ seinen Blick nach wie vor von langen Beinen zu gebräunten Schultern schweifen. Der Dicke betrachtete Kirk mit gespielter Anteilnahme. »Es tut mir aufrichtig leid, daß Sie solchem Druck ausgesetzt sind, Captain. Aber die nackte Wahrheit und die für Sie traurige
Tatsache ist, daß Sie früher oder später auf diesen Handel eingehen müssen.« Kirk saß in der Falle, und er wußte es. Der Planet Rigel Zwölf war eine planetare Einöde. Was nicht Fels war, war Sand, grober Sandstein, den zeitweilige, kalte Stürme in einen in das Fleisch schneidenden Nebel verwandelten. Unwirtliche Planeten waren für die Enterprise nichts Neues, aber Rigel Zwölf nahm an Trostlosigkeit den ersten Platz ein. Zusammen mit Mudd materialisierten sie in der Nähe eines gedrungenen Gebäudes, dessen gewölbtes Dach nicht einmal zur Hälfte aus den Dünen ragte. Darauf klapperten eigenartig geformte Windmühlenflügel im Sturm. Aus dem Komplex drang das Lachen von Frauen, durchsetzt mit den tieferen Tönen von Männerstimmen. Offensichtlich fand eine Party statt. Die Neuankömmlinge stürmten hinein. Aber das fröhliche Beisammensein hatte einen Grad erreicht, der sie unbeachtet bleiben ließ, und Kirk nutzte die Gelegenheit, die Lage zu sondieren. Die Einrichtung des Raums war primitiv und aus Stein gehauen. Man hörte immer noch das stetige Klappern der Windmühlenflügel im Hintergrund, neben den menschlichen Stimmen. Magda saß auf dem Schoß des dritten Minenarbeiters namens Benton. Gossett und Ruth schienen völlig ineinander versunken zu sein. Eve stand allein am Fenster und starrte in die felsige Landschaft und den Sandsturm hinaus. Kirk näherte sich Childress, der Eve aufmerksam betrachtete. »Sie haben gewonnen, Mister. Wenn Sir mir jetzt bitte die Kristalle aushändigen würden.« »Wenn ich Zeit dazu habe, Kirk«, sagte Childress. Seine Augen waren noch immer auf Eve gerichtet. Er ging auf sie zu. Sie drehte sich um und sah Kirk. Beide sahen sich an und
wußten, daß sie ihre Gelegenheit verpaßt hatten. Dann bewegte Eve ihre Lippen zu einem Lächeln für Childress. »Der Sturm bläst so die ganze Zeit«, erzählte ihr der Hüne. Sie konnte nichts mehr sehen – draußen wurde es dunkel. Die Dunkelheit drückte gegen das rauhe Glas, das unter den endlosen Sandattacken ächzte und verschwamm. »Ich… habe gehört, daß ihr ursprünglich zu viert wart«, sagte sie. Childress nickte. »Letzten Monat lief Charley Shorr in das da hinaus. Wenn der Wind plötzlich loslegt, kann man hier schon ein paar Meter vor der eigenen Haustür verloren sein.« Während er sprach, blitzte Licht am schwarzen Himmel auf, gefolgt von einem krachenden Lärm, der jedoch nicht wie Donner klang. »Ein Magnetsturm. Das bedeutet, daß der Sturm gleich erst so richtig losgeht.« Ruth flüsterte zu Gossett: »Wie sieht es denn bei Ihnen aus?« »Die Häuser sehen hier alle gleich aus. Entscheidend ist nicht, wie sie gebaut sind – sondern wer drin wohnt.« Sie lachten. Auf Bensons Schoß sitzend, lächelte Magda so süß sie konnte. Er dagegen brachte lediglich ein verlegenes, unsicheres Grinsen zustande. Ganz offensichtlich genoß er jede einzelne Minute. Sie lehnte sich an Bensons Schulter. »Was für ein Lärm ist das?« fragte sie träge. »Dieses Klappern.« »Das sind Windmühlenflügel«, sagte er. »Wir beziehen unsere gesamte Energie von dieser Anlage, und – « Sie rutschte von seinem Schoß und begann, ihre Hüften zu bewegen. Sie streckte ihm die Arme entgegen und sagte: »Komm, tanz mit mir!« »Aber wir haben doch keine Musik.« »Doch! Hörst du es nicht? Klick-klick-klick-« Sie bewegte sich zum Rhythmus der Windmühlenflügel.
Tanzen war nicht gerade seine Stärke, aber sie war unwiderstehlich. Er ging auf sie zu, schloß seine Arme um ihre schlanken Hüften und tanzte mit ihr in kleinen Schritten zum Takt der Flügel. Als Ruth das sah, nahm sie Gossetts Arm und lachte ihm in die Augen. Sie begannen, ebenfalls zu tanzen. Der Wind war stärker geworden und wehte Sand gegen das Gebäude. Mudd betrachtete die Tänzer mit echtem Vergnügen. Kirk war ungeduldig und besorgt. Er konnte seine wachsende Gereiztheit nur schwer zurückhalten. Er blickte zu Spock- aber sogar seinen Ersten Offizier schien dieser menschliche Zeitvertreib nicht zu stören. Plötzlich schwand Mudds Zufriedenheit, nachdem er zufällig in die andere Hälfte des Raums geblickt hatte. Kirk drehte sich um und sah den Grund seiner Besorgnis. Eve und Childress hatten sich im Gegensatz zu den anderen Paaren getrennt. Sie begann zu welken. Sie sah grau und müde aus. Kirk traute seinen Augen nicht. Und das Gesicht von Childress war finster. »Möchtest du gerne tanzen?« hörte Kirk ihn sagen. Ein Hustenanfall schüttelte sie, und ihre glanzlosen Augen füllten sich mit Tränen. »Entschuldigung«, keuchte sie. »Es kommt wahrscheinlich von all diesem Staub.« »So ist es nun mal auf Rigel«, sagte Childress kalt. »Immer.« Er löste sich von ihr, ging zu den Tänzern und löste Benson ab. Als seine großen Arme Magda umfaßten und sie herumwirbelten, fluchte Benson still. Nach einer kurzen Weile zog dieser Ruth von Gossett weg; sie tanzten verträumt, da ergriff Gossett Bensons Schulter. »Ich übernehme jetzt!« »Nein, das kommt nicht in Frage«, sagte Benson und schob ihn weg. Eve näherte sich Kirk zitternd und erschöpft. Sie sah so jammervoll und hilfesuchend aus, daß Kirk sie am liebsten in
die Arme genommen hätte, um sie zu trösten. Aber die Spannung zwischen den Männern hatte auf gefährliche Weise zugenommen. Gossett und Benson standen sich kampfbereit gegenüber. Benson sprang dem anderen an die Gurgel. Childress zog die beiden auseinander. »Was ist los mit euch?« brüllte er. Das war zuviel für Eve. Sie fing an zu schreien. Demütigung, Kränkung und Schwäche ließen sie laut aufschluchzen. »Warum veranstaltet ihr nicht einfach eine Verlosung? Der Verlierer bekommt mich!« Sie stürzte in Richtung Tür, riß sie auf und war verschwunden. Als Kirk und Childress ihr nachrannten, peitschten Wind und Sand durch die offene Tür. Draußen harte der Sturm den Sand gegen die Felsen geweht und ihn in feine, schneidende Partikel zerkleinert. Über Eves Kopf flackerte der Himmel auf. Dann verschwand das blaue Licht, und die Dunkelheit wurde noch schwärzer. Ein ohrenbetäubendes Donnern folgte. Sie fiel auf die Knie und hielt sich die schmerzenden Ohren zu. Dann stand sie schwankend auf und stolperte weiter, aber der Wind drückte sie zurück. Sie hatte nicht mehr die Kraft zu laufen. Kirk schrie ihr nach: »Eve, Eve, wo sind Sie?« Sie wollte antworten, brachte aber nur ein Wimmern zustande. Sand blies ihr ins Gesicht, und der Wind trocknete ihre tränenden Augen aus. Sie stolperte weiter durch den Nebel aus herumwirbelndem Sand. Childress’ Suche war effizienter. Er kannte sich hier aus und bewegte sich sicher gegen den Wind. Halbblind stieß Kirk gegen den keuchenden Mudd. »Wenn wir sie nicht bald finden – « Der Rest ging in einem neuerlichen Donnern unter. Da ertönte unerwartet Gossetts Stimme. »Der Wind wird noch schlimmer, bevor er aufhört.« Kaum sichtbar rannte er vorbei.
Mudd, der auf die Knie gesunken war, bat um Hilfe. »Captain, tun Sie doch was!« Kirk zog ihn auf die Füße. »Wir haben nur eine Chance«, sagte er. »Der Infrarottaster auf dem Schiff.« Er griff nach dem Kommunikator und blickte Mudd an. »Und wenn wir oben sind, werden Sie mir erzählen, was da dahintersteckt – und zwar die ganze Wahrheit!« Aber mit halber Energie arbeiteten die Taster der Enterprise ziemlich langsam. »Die Suche verlief bisher ergebnislos, Sir«, sagte Sulu, als sie die Brücke erreichten. »Der Sturm ionisiert die Atmosphäre des Planeten, Captain. Es wird immer schwieriger, da durchzudringen«, fügte Spock hinzu. Scott näherte sich Kirk und sagte besorgt: »Das strapaziert die Batterien nur noch mehr. Wenn wir die Kristalle hätten – « »Wir haben sie aber nicht! Ich habe sie nicht bekommen! Zufrieden, Mr. Scott?« fuhr ihn Kirk an. Spock schaute ihn fragend an; aber Spock konnte ja nicht wissen, daß ein Übermaß an Sorgen ein Ventil benötigte. Er sollte seinen Frust nicht an Scotty abreagieren. Uhura hatte noch mehr schlechte Nachrichten. »Wir verlieren den Funkkontakt zu den Minenarbeitern, Sir. Der Magnetsturm wird schlimmer.« »Hat sich Childress schon gemeldet?« »Nein, Sir, er und das Mädchen werden immer noch vermißt.« Scott stand noch immer niedergeschlagen neben ihm. »Tut mir leid, Scotty«, sagte Kirk. »Wieviel Energie haben wir noch übrig?« Wieder beschwichtigt, sagte Scott: »Für ungefähr fünf Stunden, Sir.«
Mudd rang verzweifelt die Hände. Kirk sah, wie er sich bemühte, niemandem im Weg zu stehen, und fühlte überraschenderweise Mitleid mit ihm. Obwohl Mudd durch seine verrückten Handlungen schuld an dem ganzen Chaos war, litt er daran. Der Dicke schien in seiner schäbigen Uniform zusammengeschrumpft zu sein. Childress hatte Eve gefunden. Endlich sah er das blasse Licht seiner Hütte, während er ihren bewegungslosen Körper trug. Er spürte Schmerz in jedem Muskel seines Körpers vom langen Kampf gegen den pfeifenden Wind und den Sand. Ihm war schlecht vor Müdigkeit, als er zu seiner Tür stolperte und sie mit der Schulter aufstieß. Drinnen ließ er das Mädchen, das kaum noch atmete, auf das ungemachte Bett fallen, glitt zu Boden und schlief ein. Sie bewegte sich. Sie öffnete ihre Augen, setzte sich hoch und schaute sich im Raum um. Der Boden war tief mit Sand bedeckt, und die Tür stand immer noch offen. Immer mehr Sand wurde auf die Berge von schmutziger Wäsche und zerknüllten Papierfetzen geblasen. In den Ecken lag der Sandstein bereits knietief. Sie taumelte auf die Beine, hielt sich an den Möbeln fest, und es gelang ihr, die Tür zu erreichen. Sie brauchte all ihre Kraft, um sie dem Wind trotzend zu schließen, und stolperte zum Bett zurück. Bei Tagesanbruch erwachte Childress. Er gähnte und kratzte sich. Als er sich in seinem Zimmer umsah, verdüsterte sich sein Gesicht. Der Sand war hinausgekehrt worden. Seine Hosen lagen zusammengelegt auf einem Steinsessel. Das Bett war gemacht, und auf ihm lagen zusammengefaltete Hemden und Pullover. Er hörte das Klappern von Metall auf Metall. Die blonde Frau stand am Herd und machte das Frühstück.
Steif stand er auf. »Meine Sachen sind dort gelegen, wo ich wollte, daß sie sind«, brummte er. ‘ Sie drehte sich nicht um. »Ich esse von deinen Vorräten und bezahle dafür ein bißchen mit Hausarbeit.« Er schubste sie vom Herd weg. »Und ich koche nur selbst – verdammt!.« Er hatte die heiße Pfanne angefaßt. Er zog seine verbrannte Hand zurück, und sein Schmerz und seine Gereiztheit ließen ihn fluchen. Sie kochte weiter. »Außerdem habe ich dich nicht angefaßt«, sagte er. »Denk daran!« »Egal, wo man in der Galaxis hinkommt, die Männer sind überall gleich«, sagte sie. »Willst du essen oder lieber reden?« Sie stellte einen Teller vor ihn hin. »Ich muß wohl mit den Lippen schmatzen, die Augen verdrehen und sagen: ›Endlich wieder von einer Frau gekocht?‹« Sie ignorierte ihn. Er begann zu essen. Nach dem ersten Schluck sagte er: »Ich habe schon Besseres gegessen, wenn ich selbst koche.« »Ja – davon hast du gerade eine Kostprobe. In der Pfanne waren immer noch mindestens drei Schichten von Resten, die ich nicht aus ihr herauskratzen konnte.« Er starrte sie wütend an. »Beschaffe mir Wasser, dann kannst du dich darüber beschweren.« »Du könntest deine Pfannen in den Wind hängen, der Sand würde sie sauberblasen. Hast du etwa noch nie daran gedacht?« Der Vorschlag überraschte ihn. Er ließ aber auch seine Verärgerung steigen. Auf der Enterprise, die lahm in ihrer Umlaufbahn kreiste, verlief ihr Frühstück nicht unbemerkt. Als Childress gerade den letzten Bissen hinunterschlang, blickte Spock von seiner Konsole hoch. »Dort unten ist irgendeine Energiequelle in
Betrieb, Sir. Etwas Kleines – ein hitzeerzeugendes Haushaltsgerät.« »Das Signal kam aus der Hütte von Childress!« sagte Sulu. Kirk verließ seinen Kommandantensessel. »Lassen Sie Mr. Mudd zum Transporterraum kommen.« »Mudd?« fragte Spock forschend. Kirk sagte vom Aufzugseingang: »Ja, so lautet der Name dieses Spiels, Spock.« Childress spannte eine Schnur im immer noch peitschenden Sand vor seiner Hütte aus. Als er ein paar Pfannen daran befestigte, betrachtete er sie zweifelnd. Dann schüttelte er den Kopf und murmelte: »Das könnte sogar funktionieren.« Als er die Tür öffnete, saß Eve an einem aus Stein gehauenen Tisch und legte Karten. Sie sagte nichts; Childress ging verblüfft im Raum umher, ehe er sich entschloß, über ihre Schulter zu blicken. »Patience?« »Double-Jack.« »Die rote Acht muß auf die schwarze Neun.« »Nicht beim Double-Jack.« »Du bist nicht nur reizlos wie ein alter Eimer«, schrie er, »man kann sich nicht mal gut mit dir unterhalten. Und überhaupt, was zum Teufel ist mit deinem guten Aussehen passiert?« »Ich habe genug von dir«, sagte sie und schaute nicht mal hoch. »Ich habe versagt.« Er gab dem Steinsessel einen Tritt. Zurückzuckend rieb er seinen Fuß. Es war ihre Schuld. Alles war ihre Schuld – angefangen von seiner schmerzenden Zehe bis zum eigenartigen neuen Aussehen seiner Wohnstatt. Wütend griff er nach ihr und zog sie aus dem Sessel. »Hast du gehört, was ich gesagt habe? Du bist reizlos! Ich besitze genug Kristalle,
um mir Königinnen zu kaufen. Im Dutzend! Und du sprichst nicht mal…« Kirk öffnete die Tür. Childress prallte zurück. »Ich habe sie nicht angerührt, Kirk.« Das Mädchen sah sie abwechselnd an. Sie setzte sich und nahm ihr Spiel wieder auf. Mudd drängte sich herein und sagte: »Sie haben sie da draußen gefunden?« »Ja, und seither ist sie vor Dankbarkeit übergeflossen«, sagte Childress. »Harry, erzählen Sie’s ihm«, sagte Kirk unnachgiebig. »Ach, Captain, haben Sie doch ein Herz.« »Die Venusdroge, Harry«, gab ihm Kirk das Stichwort, während er mit dem Fuß wippte. Eve sprang in die Höhe und verstreute die Karten, als ihre Hand zum Mund fuhr. Childress starrte abwechselnd Kirk und Mudd an. »Die Venusdroge«, sagte er. »Ich habe davon gehört. Aber ich habe es immer für ein Märchen gehalten.« »Es gibt sie«, sagte Kirk und blickte Mudd an. »Illegal.« »Eigentlich«, begann Mudd, »ist sie ziemlich harmlos…« »Harmlos?« schrie Eve. Unter Kirks erwartungsvollem Blick zog Mudd das Päckchen aus den Tiefen seiner Kleidung hervor und zeigte Childress resigniert die seltsam geformten Tabletten. »Es läuft auf folgendes hinaus«, sagte er. »Was immer man hat, die Droge gibt einem mehr davon. Männer werden muskulöser, Frauen rundlicher, Männer werden aggressiver, Frauen weiblicher. Und so weiter…« »Er gab den Frauen das Zeug, bevor ihr sie zu Gesicht bekommen habt«, sagte Kirk. Die Wut des Hünen entlud sich in einem Brüllen. »Was ist mit meinen Partnern passiert?« »Sie sind verheiratet, Ben. Weltraumehe per Subraumfunk.«
Childress stürzte sich auf Mudd. Kirk trat dazwischen und legte seine Hand auf die breite Schulter des Minenarbeiters. »Es ist Betrug, Childress. Sie können es rückgängig machen – wenn Sie wollen.« Wütend wandte sich Childress an Eve. »Warum?« Mudd stellte sich nervös vor sie. »Sie können doch nicht der Frau die Schuld geben, wo ich es doch war, der…« Childress schob ihn zur Seite. »Doch. Man geht hinaus, kämpft, stirbt fast – wir wären alle fast gestorben… und jetzt, wo es uns endlich gutgehen könnte, bringen sie uns Ehefrauen, die – « »Ihr wollt gar keine Ehefrauen!« schrie Eve. Mit glühenden Augen stellte sie sich vor Childress. »Was ihr wollt, ist das!« Sie riß Mudd das Päckchen aus der Hand. »Das ist es, was Sie wollen, Mr. Childress.« Die Pille verschwand zwischen ihren blutleeren Lippen, dann schluckte sie sie runter. Es war, als ob Midas sie berührt hätte; ihre Haut wurde wieder goldfarben, ihr Haar begann zu glänzen, und ihre Brust hob sich und schwoll an. »Und ich hoffe, du wirst davon träumen – weil du es nie besitzen wirst! Es ist nämlich nicht echt!« Verführerisch und unwiderstehlich blickte sie Childress mit hellen, hypnotisierenden Augen an. »Ist es das, was du als Ehefrau willst, Ben? Nicht eine Frau, die dich liebt und dir hilft – nein, das willst du nicht! Du willst keine Partnerin, die kocht und näht und weint und dich braucht – sondern so etwas… eitel, eingebildet, nutzlos… Nun, hier ist sie.« Sie arrangierte ihr Haar und stellte sich in Pose. Ben starrte sie sprachlos an. Kirk sagte: »Eine tolle Frau, nicht wahr, Childress? Oder sind Sie anderer Meinung?« »Ein Trugbild, von einer Droge aufgepumpt.« »Nein, von sich selbst. Sie hat keine Droge genommen.« Eve ließ ihre Pose fallen und schrie auf. »Aber ich habe sie doch geschluckt!«
»Nein, nur gefärbte Gelatine«, sagte Kirk lächelnd. Mudd nickte. »Sie haben mir die Droge weggenommen und durch etwas anderes ersetzt.« Die Frau sah an sich hinunter und war still. Dann schaute sie die Männer abwechselnd an. Langsam fiel ihr auf, daß sie sich anders fühlte als zuvor… unter Einfluß der Droge. Kirk war reizend und mitleidvoll. Sie schenkte ihm ein Lächeln… zärtlich, nicht verführerisch. Auch Mudd – diesem absurden Gauner, der so ungeschickt war, bei aller Bosheit. Und dem hünenhaften Minenarbeiter, der so stolz auf seinen entsetzlichen Haushalt war und davon träumte, sich Königinnen zu kaufen. Sie grinste vergnügt. Sie liebte sie alle. Der Captain lächelte sie an. »Es gibt nur eine begehrenswerte Frau, Eve – die, die weiß, daß sie eine Frau ist.« Sie zwinkerte ihm zu. Er wandte sich an Ben Childress. »Nun, Sir, ich bin Ihnen so weit entgegengekommen, wie es mir möglich ist. Ich möchte die Dilitiumkristalle, und zwar sofort.« Er öffnete seinen Kommunikator. »Enterprise, hier Kirk.« »Hier Spock, Captain.« »Bleiben Sie auf Empfang.« Er blickte Childress ins Gesicht. »Soll ich einen Landetrupp kommen lassen?« Verwirrt und hin und her gerissen sah Childress Eve an, die sich weder in eine bezaubernde Sirene noch eine Spinatwachtel verwandelt hatte, sondern in irgend etwas dazwischen, etwas Angenehmes, und sagte: »Nein, die Kristalle sind hier, und Sie können sie haben.« »Wir beamen an Bord – mit dem Dilitium. Spock, bleiben Sie auf Empfang.« Sie hörten alle Scotts erleichterten Seufzer, dann sagte Spock: »Wie viele, Captain?«
Unsicher schauten sich Eve und Ben an. Er zögerte einen kurzen Moment. Dann sagte er: »Eve bleibt hier. Zumindest für den Rest des Tages. Wir müssen miteinander reden.« Mudd spähte durch ein zerkratztes Fenster. »Lieber gehe ich ins Gefängnis«, sagte er, »als in so einem vergessenen Loch zu hausen.« Er drehte sein feistes, müdes Gesicht Kirk zu. »Wenn ich’s mir genauer überlege, vielleicht doch nicht. Sehen Sie eine Möglichkeit, mich hier zurückzulassen, Captain? Dieser Aufenthaltsort wäre Strafe genug.« »Zwei von uns, Mr. Spock.« Kirk schloß den Kommunikator. »Ich kann Sie nicht hier lassen, Harry, aber ich komme als Entlastungszeuge zu Ihrer Verhandlung – wenn Ihnen das hilft.« Mudd hob die Hände. »Man wird den Schlüssel zu meiner Zelle wegwerfen.« Nachdem die Kristalle endlich eingebaut waren, setzte die Enterprise ihren Flug fort. An Kirks Seite sagte McCoy: »Ihr habt ganz schön lange da unten verhandelt. Hast du dir schon mal überlegt, mit Schlangenöl zu handeln? Das wäre die ideale Medizin für Sie, Spock.« »Warum in der gleichen Branche arbeiten wie du?« sagte Kirk heiter. »Ist irgend etwas, Mr. Spock?« »Nein, Captain. Ich bin nur froh, daß alles vorbei ist. Eine äußerst unbegreifliche und ärgerliche gefühlsbetonte Episode.« McCoy klopfte sich auf die Brust. »Ganz nach meinem Herzen.« Dann sah er Spock an und schlug sich in den Unterleib. »Pardon. In Ihrem Fall ungefähr hier.« Gelassen sagte der Vulkanier: »Die Tatsache, daß meine innere Anordnung sich von der Ihren unterscheidet, Doktor, beruhigt mich ungemein.« Kirk grinste. Es war gut, wieder zu Hause zu sein. »Wir verlassen die Umlaufbahn, Sir«, sagte Farrell.
»Volle Kraft voraus.« »Volle Kraft voraus, Captain«, sagte Sulu.
II. Ich, Mudd VON STEPHEN KANDEL
Doktor McCoy schäumte vor Wut. »Bin ich hier der Bordarzt oder nicht?« fragte er Spock. »Dieser Leutnant hat zwei Termine für eine ärztliche Untersuchung nicht eingehalten, und er sagt nicht mal, warum!« Er stampfte über die Brücke. »Irgend etwas stimmt nicht mit einem Mann, der nie lächelt, dessen Konversation sich nicht von Dienstgesprächen unterscheidet und der nie über sich selbst spricht!« »Vielleicht fürchtet er sich vor Ihren Kugeln und Rasseln«, sagte Spock, ohne zu lächeln. McCoy sah ihn wütend an und marschierte zum Aufzug. Spock sah ihm nach. War es aus Belustigung, daß er seiner linken Augenbraue erlaubte, sich einen Zentimeter zu heben? Der Gegenstand von McCoys Zorn verließ gerade den Aufzug auf einem niedrigeren Deck. Er war groß und kerzengerade gewachsen, aber seine edel wirkenden Gesichtszüge verloren etwas von ihrer Anziehungskraft durch die ungewöhnliche Gleichmäßigkeit. Er schritt geradewegs auf den Hilfskontrollraum am Ende des Korridors zu. Auf der schweren Tür stand ›Zutritt nur für autorisiertes Personal‹. Der Leutnant blickte sich vorsichtig um. Er öffnete die Tür zu dem großen, mit Computerdatenbanken, Schaltwänden und Konsolen ausgestatteten Raum. Ein Techniker blickte stirnrunzelnd hoch. »Zutritt nur für Kommandopersonal, Sir. Sie können hier nicht hereinkommen.« Der Leutnant blinzelte nicht einmal. Mit zwei Schritten war er bei dem Techniker, legte dem verwunderten Mann Daumen und Zeigefinger auf die Halsschlagader und drückte zu. Als sein Widerstand nachließ, ließ ihn der Leutnant
zu Boden hinuntergleiten und machte sich an den Schaltern mit der Schnelligkeit eines konzentrierten und erfahrenen Mannes zu schaffen. Ein Licht blinkte hektisch; eine Sirene heulte auf. Er schaltete sie aus. Dann zeigten sich auf einem Paneel in Leuchtschrift die Worte: »GEFAHR! ÜBERLADUNG!« Der große Leutnant betrachtete sie mit emotionsloser Zufriedenheit. Sulus Konsole gab als erstes den Hinweis, daß etwas nicht stimmte. Bestürzt rief er Kirk. »Captain, jemand hat einen nicht geplanten Kurswechsel in die Instrumente eingegeben!« »Korrigieren Sie, Mr. Sulu.« Für einen Moment beobachtete Kirk den Rudergänger, wie er vergeblich versuchte, seinen Befehl auszuführen. Er drückte einen Knopf auf der Kommandokonsole. »Hilfskontrolle, hier spricht der Captain. Was ist da unten los?« Keine Antwort. Sulu schrie: »Die Hilfskontrolle hat auf Überlagerung geschaltet, Sir! Ich kann die Korrektur nicht durchführen!« Kirk rief sofort den Sicherheitsdienst. »Alarm. Ein Eindringling auf Deck acht, Hilfskontrolle.« Sobald er die Bestätigung empfangen hatte, sagte er zu Sulu: »Wie lautet der erzwungene Kurs?« »Drehung 307 Grad Mark acht, Sir. Wird soeben durchgeführt.« Tatsächlich zeigte der Hauptbildschirm bereits eine Seitendrehung der Sterne, als das Schiff wendete. Kirks Intercom erklang. »Hier Sicherheitsdienst, Leutnant Rowe, Sir. Ich bin im Hilfskontrollraum. Fähnrich Jordan wurde bewußtlos geschlagen – er wird jedoch bald wieder auf dem Damm sein. Aber die Hauptkontrollen für die Kurseinstellung – sie sind kaputtgemacht worden! Sie sind nicht betriebsfähig.«
»Irgendein Zeichen von dem Eindringling?« »Nein, Sir. Er ist weg. Ich habe Sicherheitsalarm für alle Decks gegeben…« »Sehr gut. Machen Sie weiter. Kirk Ende.« Er schwang zum Rudergänger herum. »Mr. Sulu, schalten Sie den handbetriebenen Notmonitor ein. Ich möchte diese Überlagerungsschaltung außer Kraft setzen.« Sulu kämpfte erneut mit seiner widerspenstigen Konsole. »Meine Instrumente reagieren nicht, Sir.« Kirk rief den Maschinenraum. »Scotty, möglicherweise ist ein Eindringling in der Nähe deines Abschnitts. Errichte ein Kraftfeld, um einen Zugang unmöglich zu machen.« »Jawohl, Sir.« Es war zu spät. Der sich ungewöhnlich verhaltende Leutnant war bereits in den Teil des Maschinenraums eingedrungen, in dem der handbetriebene Notmonitor stand. Er entledigte sich still eines anderen Technikers, als Kirks Stimme durch das Intercom klang. »Notmonitor, bitte melden!« Er drehte sich nicht um. Statt dessen bewegte er sich geräuschlos durch die Tür, hinter der Scott und ein Assistent das Kraftfeld errichteten. Scott blickte hoch. »He, Sie«, rief er. »Es ist verboten…« Er wurde mit einer Kraft gegen einen Wandkommunikator geschleudert, die ihm den Atem raubte. Er rappelte sich auf die Beine und griff nach dem Intercom. »Der Eindringling ist – « Seine Worte erstickten. Kirk hörte das Geräusch, mit dem er zu Boden krachte. »Scotty! Scotty!« Der Ingenieursassistent hatte einen dicken Metallstab ergriffen, und es war ihm gelungen, den hübschen Kopf des Leutnants zu treffen. Der Leutnant reagierte darauf überhaupt nicht; er klopfte dem Assistenten leicht mit der Handkante auf den Übergang zwischen Hals und Schulter. Der Mann brach
geräuschlos zusammen. Der Leutnant schob ihn vorsichtig mit dem Fuß zur Seite, ging zu den Hauptkontrollkonsolen und drehte alle Schalter auf »VOLLE KRAFT VORAUS«. Dann entfernte er schnell eine Schalttafel; als er die komplizierte Verdrahtung herausriß, hörte man das Anschwellen der hochgestellten Antriebsenergie. Mit enormer Geschwindigkeit verließ der Leutnant den Maschinenraum. Sulu starrte auf seine Konsole. »Captain, unsere Geschwindigkeit nimmt zu. Sol fünf. Nein, sechs… Sol sieben jetzt, Sir!« »Reduzieren Sie die Antriebsenergie, Mr. Sulu.« »Ich kann nicht, Sir. Die Kontrollen sind blockiert!« Sulu versuchte vergeblich, die Schalter auf seiner, Konsole zu bewegen und fing an zu schwitzen. »Sicherheitsabteilung!« sprach Kirk schnell in das Intercom. »Der Eindringling ist im Maschinenraum. Alle Einheiten dort zusammenziehen!« »Das wird nicht nötig sein, Captain!« Eine kalte, ebenmäßige Stimme unterbrach ihn. Der Leutnant trat aus dem Aufzug. Kirk erhob sich. »Hören Sie auf damit, Mr. Sulu. Nun, Leutnant – « »Norman.« Mr. Spock lieferte den Namen. »Mr. Norman, seien Sie so freundlich und sagen Sie mir, was das alles soll.« Das extrem hübsche Gesicht zeigte nicht den Funken eines Ausdrucks. »Ich habe Ihr Schiff völlig unter Kontrolle, Captain. Ich habe die Materie-Antimateriehülsen mit den Hauptnavigationscomputerbänken verbunden. Ein Auslöserelais ist funktionsbereit. Jeder Versuch, den Kurs zu ändern, zieht die sofortige Zerstörung Ihres Schiffs nach sich.«
Irgend etwas an dem außergewöhnlichen Leutnant ließ seine absurde Behauptung glaubhaft erscheinen. Mit verkrampften Kiefermuskeln ging Kirk zur Computerstation. »Mr. Spock?« »Bestätigt, Captain. Er hat sämtliche Überlagerungskontrollen beseitigt. Wenn wir herumspielen, ohne zu wissen, wo das Auslöserelais steckt, bringen wir uns wahrscheinlich selbst um.« Kirk wirbelte zu Norman herum. »Wer sind Sie?« »Ich versichere Ihnen, daß wir keine Bedrohung für die Menschheit darstellen.« Er nickte kurz Spock zu. »Auch nicht für humanoides Leben. Wir benötigen ganz einfach Ihr Schiff.« »So, Sie ›benötigen‹ also mein Schiff. Wer oder was ist mit ›wir‹ gemeint?« Norman zögerte. Dann zog er sein Hemd hoch, öffnete eine Klappe in seinem Solarplexus und ließ eine komplizierte Transistor-Verkabelung erkennen. Der Anblick ließ Kirk erstarren. »Ein Android!« sagte er langsam. Spock betrachtete den Mechanismus mit Interesse. »Ein äußerst ausgereiftes Modell, Sir.« Norman zog sein Hemd wieder herunter. »Ich kontrolliere das Auslösersystem, Captain. Sie können mich nicht mit Körperkraft allein überwältigen, und falls Sie versuchen sollten, Ihre Phaser zu benutzen, so aktiviert sich das Relais.« »Wir werden unseren jetzigen Kurs etwa vier Solartage fortsetzen. Dann werden wir an unserem Zielort angelangt sein. Glauben Sie mir, wir stellen keine Bedrohung dar.« »Ich frage Sie nochmals, wer ist mit diesem ›wir‹ gemeint? Wer hat Sie geschickt?« »Ich bin nicht programmiert, darauf zu antworten.« ›Leutnant‹ Norman erstarrte zu absoluter Stille. Jegliches Leben war aus seinen unbewegten Augen verschwunden. Kirk
schnippte vor dem Gesicht des Androiden mit den Fingern. Die Augen starrten bewegungslos nach vorne. Er gab der Gestalt mit der Hand einen leichten Schubs; das schwere Gewicht gab nicht nach. »Nun, Mr. Spock?« »Es scheint, daß er sich selbst abgeschaltet hat, Captain. Und da wir den von ihm verursachten Schaden nicht beheben können, ohne das Schiff zu zerstören – « »Es scheint«, sagte Kirk, »daß wir eine kleine Reise machen.« In den nächsten vier Tagen gingen die Leute vorsichtig um die unbeweglich dastehende Gestalt auf der Brücke herum, als sie ihren Aufgaben nachgingen. Das ausdruckslose, gutaussehende Gesicht starrte auf beunruhigende Weise vor sich hin. Der hochgewachsene Körper in seiner Enterprise-Uniform schien ohne Leben zu sein. Das Schiff flog in einen nicht verzeichneten Quadranten ein und wurde langsamer. Als es die Lichtgeschwindigkeit unterschritt, bewegte sich Norman. Er sagte: »Aktivieren Sie Ihren Hauptbildschirm, Captain.« Kirk nickte Leutnant Uhura zu. »Aye, Sir.« Norman sprach wieder: »An diesem Punkt bin ich dazu programmiert, Ihnen mitzuteilen, daß wir in die Umlaufbahn um unseren Planeten in sieben Komma vier Solarminuten einschwenken.« Auf dem Bildschirm erschien etwas, das wie eine öde Felskugel aussah. Normans Augen waren darauf gerichtet. Er drehte sich schnell zu Kirk um. »Folgende Personen werden auf unseren Planeten hinuntergebeamt: Captain, Wissenschaftsoffizier, Bordarzt, Kommunikationsoffizier, Navigator.«
Kirk sah ihn an: »Alle Besprechungen oder Sitzungen können hier auf der Enterprise stattfinden.« Norman sah Kirk an: »Wenn Sie nicht mit mir kommen, zerstöre ich Ihre Maschinen, und Sie bleiben in dieser Umlaufbahn – für immer.« »Entführen Sie Ihre Gäste immer gewaltsam?« fragte Kirk bitter. »Das ist nicht unsere Absicht.« Er machte eine Pause. »Es gibt ein Wort, für das wir hier nichts Entsprechendes haben. Aber bei euch Menschen scheint es etwas zu bedeuten.« »Welches Wort meinen Sie?« »Bitte.« Sie materialisierten in einer Art Vorraum, der einfach und sparsam möbliert war. Als der Trupp Gestalt annahm, erschienen zwei Mädchen. McCoy und Scott tauschten überraschte und anerkennende Blicke aus. Sie waren schön, wohlgeformt, brünett und in rosafarbene Stoffe gehüllt, die sehr menschliche Körper erkennen ließen. Ein Teil ihres Schmucks bestand aus einer Halskette, in deren Anhänger eine Nummer eingraviert war. Norman brach das Schweigen. »Die Oberfläche unseres Planeten klassifiziert man als K-Typ. Menschen können sich an sie mit Druckhelmen und Lebenserhaltungssystemen anpassen.« Er wandte sich an das Mädchen, das die Nummer »1« trug. »Ich habe sie gebracht.« »Er wartet«, sagte sie. Nummer 2 sagte: »Wenn Sie uns bitte folgen würden.« Sie zeigte auf eine große Schiebetür am Ende des Vorraums. Kirk zögerte, aber es schien keine Alternative zu geben. Er signalisierte seinen Leuten, den drei Androiden zu folgen. Die Tür bewegte sich zur Seite und enthüllte ein geräumiges, aus purpurfarbenem Stein gehauenes Zimmer. Luxuriöse Sofas
standen seitlich an den Wänden. Überall hingen vergoldete Spiegel; und aus einem Bronzebrunnen in Venusgestalt schoß funkelndes Wasser in eine goldene Schale. Der Raum entsprach irgend jemandes Vorstellung von einem Herrschersalon… sogar ein Thron stand auf einem mit Teppichen ausgelegten Podium. Als er sah, wer darauf saß, schrie Kirk: »Ich glaube es nicht!« »Willkommen an Bord, Kirk. Es ist lange her, nicht wahr? Nehmen Sie einen Drink!« Flankiert von zwei weiteren Brünetten, mit einem Weinpokal in der Hand, saß die Majestät lässig auf dem Thron, kratzte sich die haarige Brust und strahlte sie an. Verblüfft sagte Kirk: »Harry Mudd!« Mudd brach in schallendes Gelächter aus und schwang sein dickes Bein über die Thronlehne. »Um absolut korrekt zu sein, Freundchen, sollten Sie mich mit Mudd der Erste anreden.« Er hob seinen Pokal. »Auf mich, den Herrscher dieses souveränen Planeten!« »Herrscher –?« Kirk erholte sich langsam von seinem anfänglichen Schock. Er öffnete seinen Kommunikator. »Harry, ich verlange, daß Sie mir sofort die Kontrolle über mein Schiff zurückgeben. Wir werden nicht Ihre Gäste sein!« Er ließ Mudd den Ersten nicht aus den Augen, als er in den Sender sprach: »Kirk an Enterprise. Enterprise, bitte kommen…« Mudd zeigte beiläufig mit dem Finger auf Nummer 2. Sie ging auf Kirk zu, nahm ihm mit einer niedlichen Bewegung den Kommunikator aus der Hand und zerdrückte ihn zu Brei. »Nein, nein, Kirk.« Mudd drohte scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Keine unerlaubten Gespräche. Pfui, alter Junge.« Chekov fragte: »Sie kennen diesen Mann, Captain?« »Ich kenne ihn«, sagte Kirk angewidert. »Harcourt Fenton Mudd, Dieb – « »Na, na«, protestierte Mudd der Erste.
»… Schwindler und Hochstapler – « »Unternehmer«, korrigierte Mudd. »…Lügner, Gauner…« »Ach, habe ich wirklich diesen Eindruck hinterlassen?« Mudd schüttelte traurig den Kopf. »- der hinter Gitter gehört. Ich war der Meinung, ich hätte ihn dort hingebracht, Mudd.« »Und damit ist eine Geschichte verknüpft. Nun, sehen Sie sich um, Kirk. Kein übler Ort, oder? Gefällt er Ihnen?« Mudds Augen waren in seinem finsteren Gesicht fast nicht zu sehen. »Mudd, ich verlange, daß Ihre dressierte Maschine dieses Auslöserelais desaktiviert und mein Schiff freigibt.« »Ich kümmere mich schon um das kleine Ding, Kirk. Wenn ich dann bereit bin.« »Ich bestehe jetzt darauf.« »Auf diesem Planeten habe ich das Sagen, Kirk, alter Junge. Sie haben einfach zuzuhören.« Kirk seufzte. »Na schön. Im Moment höre ich zu. Was haben Sie zu sagen?« »Sie gewöhnen sich am besten an diesen Ort. Nach und nach werden Sie ihn lieben, und das wäre schön. Sehr schön sogar, denn ihr werdet alle hierbleiben. Wahrscheinlich bis an euer Lebensende.« Die Bestürzung seiner Leute hinter ihm traf Kirk wie ein Schlag. Schachmatt. Dieser falsche König hatte ihn praktisch aus dem Spiel geworfen. Er spürte Wut in sich aufsteigen. »Harry Mudd, Sie sind ein Gesetzloser, ein Lügner und in großen Schwierigkeiten. Geben Sie mein Schiff frei – und zwar sofort.« »Tut mir leid, Kumpel. Das wäre gegen das Gesetz.« Das ölige Kichern ertönte erneut. »Gegen mein Gesetz, erlassen von Mudd dem Ersten. Gewählt von der ansässigen Bevölkerung.« Er deutete mit dem Daumen auf das Mädchen
neben ihm. »Hübsch, nicht wahr? Mein Sinn für Schönheit; ich habe angeordnet, daß ich von ihnen umgeben bin. Und alle meine Anordnungen werden rechtskräftig gemacht.« Er lehnte sich vertrauensselig nach vorn. »Ich habe mir fünfhundertmal Alice machen lassen, die mich bedienen. Sie sind alle identisch – hübsch, willfährig, gehorsam…« Spock sagte zum ersten Mal etwas. »Fünfhundert, und alle identisch? Das scheint mir etwas überreichlich, wenn ich so sagen darf.« »Ich habe eine Vorliebe für dieses spezielle Modell. Nicht, daß ich von Ihnen, Mr. Spock, erwarte, das Sie dies zu würdigen wissen.« Plötzlich fiel Kirk auf, daß die Unterhaltung mit Harry Mudd etwas Märchenhaftes an sich hatte. Seine Spannung ließ nach. »Nun, Harry, erklären Sie mal, wie Sie hierhergekommen sind. Nach der Affäre auf dem Bergwerksplaneten Rigel haben wir Sie in Gewahrsam zurückgelassen.« Mudd winkte mit einer dicklichen Hand ab. »Ein reiner Zufall. Ich habe einen technischen Informationsservice, der moderne industrielle Arbeitsweisen zu rückständigen Planeten bringt, organisiert. Ich habe jungen, aufstrebenden Zivilisationen der Galaxis wertvolle Planeten zugänglich gemacht.« »Haben Sie den Patenteigentümern Lizenzgebühren bezahlt?« Mudd hustete. »Nein. Als ein Verfechter der freien Marktwirtschaft kam ich mit diversen Prinzipien in Konflikt.« »Er hat also keine Lizenzgebühren bezahlt«, bemerkte Spock. Mudd nahm einen Schluck Wein. Er wischte seinen Mund mit einem Samtärmel ab und sagte: »Wissen sollte allen frei zugänglich sein.« »Wer hat Sie erwischt?« fragte Kirk.
Mudd starrte ihn wütend an und erhob sich. »Das, Sir, ist eine beleidigende Vermutung!« Er zuckte mit den Achseln und setzte sich wieder, als er Kirks spöttischen Blick sah. »Ich habe den Denebiern alle Rechte auf eine vulkanische Erfindung zur Herstellung von künstlichem Treibstoff verkauft.« »Und die Denebier haben die Vulkanier informiert«, ergänzte Kirk. »Woher wissen Sie das«, fragte Mudd entrüstet. »Ich hätte das gleiche getan.« Mudd hämmerte mit seinem Pokal gegen den Thronarm. »Typische Polizeimentalität! Kein Sinn für Humor, Junge. Sie haben mich verhaftet!« »Nicht doch!« sagte McCoy. »Wie schockierend!« »Viel schlimmer«, sagte Mudd zu McCoy, dessen offenbare Sympathie genießend. »Wissen Sie, was auf Deneb Fünf auf Betrug steht?« »Der Schuldige«, dachte Spock laut nach, »hat die Wahl: Tod durch Hängen, Tod auf dem elektrischen Stuhl, Tod in der Gaskammer, Tod durch Phaser…« Seismische Wellen durchliefen Mudds Speckwülste, als er erschauderte. »Das Schlüsselwort, Mr. Spock, ist ›Tod‹. Barbaren. Ich… verschwand.« »Sie sind aus dem Gefängnis ausgebrochen«, übersetzte Kirk. »Ich borgte mir ein Transportmittel.« Mudd blickte wütend. »Sie stahlen ein Raumschiff.« »Die Patrouille reagierte feindselig«, sagte Mudd. »Man hat auf Sie geschossen.« »Sie zeigten keinen Respekt vor Privateigentum. Sie haben das verdammte Schiff beschädigt. Ich entkam, konnte aber nicht mehr navigieren. So gelangte ich in ein Gebiet, das kartographisch nicht erfaßt ist. Und hier habe ich – Mudds Planeten gefunden.« »Tatsächlich«, sagte McCoy und schüttelte den Kopf.
Kirk hatte die Geduld verloren. »Harry, kommen Sie zur Sache.« Spock mischte sich ins Gespräch. »Mr. Mudd, Sie sind ein beträchtliches Risiko eingegangen, als Sie ein Sternenschiff der Föderation hierherbrachten. Logischerweise müssen Sie ein zwingendes Motiv für die Entführung unseres Schiffs haben.« Mudd zeigte seine gelben Zähne, als er verkniffen lächelte. »Sie werden sich hier wohl fühlen, Spock. Sehen Sie, ich habe diesen Planeten mit über zweihunderttausend glücklichen Androiden, die bereit sind, einem jeglichen Wunsch zu erfüllen, gefunden.« Besorgt machte er eine Pause. »Es ist das reinste Paradies.« »Dann sehe ich Ihr Problem nicht«, sagte Spock. Mudd hämmerte auf den Thronarm ein. »Sie lassen mich nicht mehr weg!« Sein Gesicht glühte vor Zorn. »Sie wollen mich studieren. Sie möchten mehr über die Menschheit lernen!« »Da haben sie sich ja den Richtigen ausgesucht«, sagte Kirk. »Hüten Sie Ihre Zunge, Freundchen! Sie sprechen mit Mudd dem Ersten!« Er lehnte sich zurück und trommelte nervös mit seinen dicken Fingern. »Nun, mir gingen die Ideen aus, was sie alles tun könnten. Da bestanden sie darauf, mehr Menschen herzuschaffen. Sie brauchen mehr Menschen, zum Studieren und zum Bedienen.« Er betrachtete Kirk. »Ich versprach ihnen ein erstklassiges Exemplar. Den Captain eines Sternenschiffes, loyal, klug, furchtlos, ideenreich und so weiter und so fort. Jeder Captain wäre mir recht gewesen.« Er grinste. »Ich hatte nur Glück, Sie zu erwischen, Kirk. Sie übernehmen hier das Kommando, und ich verlasse diesen Felsbrocken und kehre in die Zivilisation zurück.« »Nein, Harry.«
»Sie mißverstehen mich. Ich frage Sie nicht, ich befehle es Ihnen. Sie haben keine Wahl.« Er sagte zu Norman und den Mädchen: »Bringt sie in ihre Quartiere.« Sie antworteten unisono: »Ja, mein Herr.« In unterschiedlicher Empörung folgte das Kontingent von der Enterprise den Androiden zu einer Seitentür. In der Nähe war so etwas wie eine andere Tür, die dunkel schillerte. Trotz seiner Entrüstung war McCoy neugierig. »Was befindet sich dahinter, Mudd?« Mudd gluckste. »Ah, Gentlemen, das ist ein Schrein, zum Gedenken an meine geliebte Stella.« »An wen?« Mudd drückte auf einen Knopf. Die »Tür« entpuppte sich als Wandnische. Als sie beleuchtet wurde, begann sich eine hagere, hakennasige Gestalt, die in ein langes, steifes schwarzes Kleid gehüllt war, zu bewegen. »Meine Frau«, sagte Mudd schlicht. »Tot?« fragte Kirk, ohne unhöflich zu klingen. »O nein. Nur… verlassen.« Mudd seufzte. »Hinter jedem großen Mann steht eine Frau, die ihn antreibt und motiviert. Meine Frau trieb mich immer wieder in den Weltraum. Sie wollte es nicht, und doch tat sie es. Ihre verdammte, ewige Nörgelei – « Er seufzte nochmals. »Ich denke andauernd an sie. Und jedesmal, wenn ich es tue, treibt es mich noch tiefer ins All.« »Interessant«, sagte McCoy. »Sie rennen vor einer Frau davon und bringen sie gewissermaßen doch mit sich mit.« »O nein. Nicht ganz. Ich ließ die Androiden ein Faksimile von Stella anfertigen, so daß ich sie anblicken und mich ihrer Abwesenheit erfreuen kann.« Er drückte einen anderen Knopf. Die Androiden-Stella erwachte plötzlich zum Leben. Sie starrte ihn an. Ihr roter Haarknoten zitterte vor Wut, und sie fing an zu kreischen: »Harcourt! Harcourt Fenton Mudd,
was hast du jetzt schon wieder angestellt? Sicher wagst du nicht, mir davon zu erzählen, ganz gewiß nicht! Warte nur, du fauler, nichtsnutziger Schürzenjäger – « »Halt den Mund«, sagte Mudd heiter. Sofort fiel der StellaAndroid in seine Leblosigkeit zurück. Mudd kicherte. »Großartig, endlich habe ich das letzte Wort!« Er drehte sich zu Kirk um. »Bei ihr – und auch bei Ihnen, alter Knabe.« Ihre Quartiere befanden sich in der Nähe einer Halle, die einem Hotelfoyer ähnelte. »Sie werden unsere Einrichtungen sehr gemütlich finden«, sagte Norman. Alice 1 sagte: »Wenn Sie irgend etwas brauchen…« »Mein Schiff«, sagte Kirk sofort. »Wir sind nicht programmiert, darauf zu antworten«, sagte Alice 2. Kirk schaute von ihr weg. »Wer hat Sie geschaffen, Norman?« »Wir sind von den Schöpfern konstruiert worden. Sie kamen aus dem Andromedanebel.« »Dann waren Ihre Schöpfer keine Menschen?« fragte McCoy interessiert. »Sie waren, wie Sie es ausdrücken würden, humanoid. Roboter waren in ihrer Zivilisation etwas Alltägliches. Wir übernahmen alle notwendigen Dienstleistungen, damit unsere Schöpfer ungestört eine perfekte soziale Ordnung errichten konnten.« »Was ist aus ihnen geworden?« fragte Spock. »Die Sonne unseres Heimatplaneten wurde zur Nova. Nur wenige Außenposten zu Forschungszwecken überlebten. Diese Einheit« – er berührte seine Brust – »war Teil eines solchen Außenpostens in Ihrer Galaxis.« »Dann überlebten auch einige von Ihren Schöpfern?«
»Nein, Captain. Sie starben nach einer gewissen Zeitspanne. Wir dagegen sterben nicht.« »Und wem dienen Sie jetzt?« »Wir dienen Harry Mudd. Er hat uns wieder einen Zweck gegeben. Ein Zweck ist notwendig, und lange Zeit hat uns ein solcher gefehlt.« Spock hatte recht, dachte Kirk. Es handelte sich wirklich um eine hochentwickelte Maschine. »Norman«, sagte er. »Eure Schöpfer sind untergegangen, und ihr wart in der Galaxis isoliert. Wie lange habt ihr gewartet?« »In Ihren Begriffen eine Million siebenhundertdreiundvierzig-tausendneunhundertzwölf Jahre, dreizehn Tage, vier Stunden, zwanzig Minuten und fünfzig Sekunden.« Alle starrten ihn an. McCoy brach das ehrfürchtige Schweigen. »Eines ist sicher«, sagte er. »Wir werden immer genau wissen, wie lange wir schon hier sind. Wir brauchen nur… diese Einheit zu fragen.« Und die wiegt eine Tonne, überlegte Kirk. »Ich habe nicht vor, ein Gefangener zu sein«, sagte er. »Sie sind kein Gefangener, Captain, sondern ein Gast. Es steht Ihnen frei, zu gehen, wohin Sie wollen.« »Egal wohin?« »Richtig. Gibt es einen bestimmten Ort, wo Sie…« »Ja. Mein Schiff.« »Ich bin nicht programmiert, darauf zu antworten.« Kirk brauste auf. »Diese Bemerkung geht mir langsam auf die Nerven! Wißt ihr, daß mein Schiff diesen Planeten zerstören kann? Und euch alle mit dazu?« »Eine interessante Reaktion«, bemerkte Norman. Spock nickte. »Das habe ich auch immer gefunden. Man nennt es Wut. Sie wird durch Frustration erzeugt.« »Ihre geistigen Prozesse sind faszinierend, Mr. Spock. Ich registriere eine gewisse Verwandtschaft mit Ihnen.«
»Da haben Sie es, Spock!« schrie McCoy triumphierend. »Ich habe es die ganze Zeit gewußt. Sie sind mit einem Blechhaufen verwandt.« »Beryllium, Doktor«, korrigierte ihn Norman. »Und andere Legierungen.« Wäre sein schönes Gesicht dazu in der Lage gewesen, so hätte es Stolz ausgedrückt. »Wir haben eine sehr gut ausgestattete Bibliothek und eine Computerabteilung. Auch unsere Forschungslaboratorien haben viel zu bieten. Ihr Besuch dort ist uns sehr willkommen.« »Gut«, sagte Kirk. »Vielleicht später. Würden Sie uns nun bitte allein lassen?« »Warum sollten wir Sie verlassen?« fragte Alice 1. Kirk atmete tief durch: »Weil wir euch nicht mögen.« »Eine wohlbegründete Bitte«, sagte Alice 2. »Wir gehen.« Als sie sich entfernt hatten, wandte sich Kirk an seine Offiziere. »Nun? Ihre Vorschläge?« »Ich glaube, wir stecken ganz schön in der Tinte«, sagte Chekov. »Das hilft uns sehr viel, Fähnrich. Pille?« »Ich pflichte Chekov bei. Wir stecken tatsächlich in der Klemme.« »Spock?« »Es liegt auf der Hand, daß so viele Androiden nicht unabhängig voneinander operieren können. Es muß eine Art zentrale Kontrollstelle geben, die die Androidenbevölkerung lenkt.« »Ich denke, Sie haben recht, Spock«, sagte der Captain nach einer kleinen Weile. »Hier setzen wir an. Spock, versuchen Sie, sie zu lokalisieren. Die anderen schauen sich um. Versuchen Sie, so viel wie möglich kennenzulernen. Finden Sie heraus, was diesen Ort in Funktion hält. Und ich versuche, mehr aus Mudd herauszukriegen. An die Arbeit.«
Es gab eine zentrale Kontrollstelle. Spock fand sie ohne Schwierigkeiten am Ende eines Korridors. Aber sie enthielt lediglich eine kleine elektronische Anlage. Dort stand Norman und hatte seine Hände daraufgelegt, als ob er damit verbunden wäre. Ohne seine Enterprise-Uniform sah er in dem graubraunen Overall der männlichen Androiden noch weniger menschlich aus. Er nickte Spock zu. »Ich nehme an, Sie amüsieren sich, Mr. Spock.« »Ich finde es sogar fast interessant. Das ist ein ungewöhnliches Gerät, das Sie da halten.« »Unser Zentralcomputer.« Normans Hand lag leicht darauf. Spocks Augenbraue hob sich. »Oh, der scheint aber Ihrem Entwicklungsstand nicht sehr angemessen. Habe ich recht gehört, daß es mehr als zweihunderttausend Ihrer Art gibt?« »Zweihundertsiebentausendachthundertneun«, sagte der auf mathematischem Gebiet peinlich genaue Norman. »Und alle werden von diesem Gerät gesteuert?« Norman zögerte. Sein Anhänger begann zu glühen. »Ich bin nicht programmiert, darauf zu antworten.« »Das überrascht mich kaum. Dies scheint eine einfache Schaltzentrale zu sein.« »Es ist unsere zentrale Kontrollstelle. Vielleicht interessieren Sie sich für unsere Computerbänke? Sie befinden sich hinter dieser Mauer.« »In der Tat, ja.« Als sie zu einem Eingang schlenderten, fuhr Norman fort. »Nach Ihren Maßen sind sie fast fünfzehn Kilometer lang, Mr. Spock…« »Faszinierend«, sagte Spock. Er meinte es auch. In der Werkstattsektion begrüßten Mudd und zwei Mädchen den Captain und Uhura. Auf einem Modellstand befand sich ein anderer, weiblicher Android.
»Das ist eine von unserer Barbara-Serie«, erklärte Alice 19. »Der Körper besteht aus einer sich selbst erneuernden Plastikhaut und einem Skelett aus einer Beryllium-TitanLegierung.« »Sehr beeindruckend«, sagte Kirk. »Das will ich meinen!« Uhura war begeistert. »Auch sie wurde nach meinen Vorstellungen gebaut«, sagte Mudd. »Ebenso die Maizie-, Trudie- und Annabelle-Serien.« »Halten Sie nichts von männlichen Androiden, Harry?« Mudd zuckte mit den Achseln. »Ich denke, sie haben ihre Berechtigung.« Erstaunt fragte Uhura Alice 163: »Wie lange hält wohl so ein Körper?« »Ich weiß es nicht.« »Sie wissen es nicht?« »Keiner unserer Androidenkörper hat jemals Verfallserscheinungen gezeigt. Die Lebensdauer des Modells auf dem Stand wird jedoch auf fünfhunderttausend Jahre geschätzt, dann sind einige kleine Reparaturen notwendig.« Kirk nickte. »Sehr ökonomisch.« Uhura kaute noch immer an dieser Information. »Fünfhunderttausend Jahre…« »Unsterblichkeit«, sagte Mudd zu ihr. »Oder so gut wie.« Uhura starrte Barbara 4 an und murmelte verwundert: »Fünfhunderttausend Jahre…« »Und das Beste daran ist«, sagte Mudd, »daß sie jedes einzelne dieser Jahre gleich schön sein wird.« Er betrachtete den Nachrichtenoffizier der Enterprise mit Kennerblick. »Sie sind selbst eine sehr schöne Frau, Miß Uhura. Aber man wird älter, auch mit den besten Verjüngungstechniken. Doch – Sie könnten das hier haben.« Er zeigte auf die Gestalt auf dem Podest.
Das war für Alice 19 das Stichwort. »Unsere Mediroboter können ein menschliches Gehirn in einen von der Struktur ähnlichen Androidenkörper verpflanzen. Unsere Schöpfer taten das gelegentlich, wenn sie auf einem unwirtlichen Planeten arbeiten mußten.« Mudd wandte sich wieder an Uhura: »Unsterblichkeit, ewige Schönheit; hier sind sie möglich.« Er zeigte sein gelbes Lächeln und ließ sie äußerst nachdenklich zurück, als er ging. Besorgt bemerkte Kirk ihren gedankenverlorenen Gesichtsausdruck. Spock sagte gerade: »Ich bin davon überzeugt, daß ich einen wichtigen Widerspruch entdeckt habe, Cap…«, als er durch Mudds Rückkehr unterbrochen wurde. Ihm folgte ein strahlender McCoy. »Jim, du mußt dir die Forschungseinrichtungen ansehen! Sie haben da ein Labor, das – nun, wenn ich den Rest meines Lebens hier verbringe…« »Gerate nicht in Verzückung, Pille. Niemand bleibt hier zurück.« Mudd drohte Kirk mit dem Zeigefinger. »Wie ungezogen. Und obendrein auch noch starrköpfig.« »Ich würde mich jedenfalls nicht langweilen, das versichere ich euch«, seufzte McCoy. Vor der Tür hörten sie das Geschrei einer wohlbekannten Stimme. Alice 22 kam herein. Sie zog den protestierenden Scott herein, als ob er ein widerspenstiger Dreijähriger wäre. »Lassen Sie mich los – Sie – Captain! Welche Art von Frauen…?« Alice 22 ließ ihn fallen, nachdem sie ihn hereingeschleift hatte, und sagte gelassen: »Das ist der letzte, mein Herr und Gebieter.« »Ausgezeichnet«, sagte Mudd der Erste. »Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, Scotty, alter Junge.«
»Harry Mudd! Sie also stecken hinter dieser – dieser – «, zischte Scott. Kirk sagte: »Mr. Scott, Ihr Befehl lautete, auf dem Schiff zu bleiben!« »Jawohl, Sir. Da blieb ich auch – bis mich dieses weibliche Ungeheuer in den Transporterstrahl warf!« Kirk wirbelte zu Mudd herum. »Was hat sie mit ›das ist der letzte‹ gemeint?« »Habe ich Ihnen das nicht erzählt?« sagte Mudd ironisch. »Ich dachte, ich hätte es. Ich habe einige Dutzend Androiden auf Ihr Schiff gebeamt. In den letzten Stunden haben wir Ihre Mannschaft auf die Oberfläche heruntergeholt. Sie sind jetzt alle hier.« Kirk ergriff eine Vase und schleuderte sie quer durch den gesamten Thronraum. Seine Stimme bebte: »Haben Sie überhaupt noch einen Funken von Verstand? Sie können nicht die gesamte Mannschaft eines Sternenschiffs auf einen Planeten beamen! Jemand muß an Bord bleiben!« »Aber es ist jemand an Bord, Kirk. Eine ganze Androidenmannschaft. Sie lernen äußerst schnell.« Ein einfältiges Lächeln zeigte seine gelben Zähne. »Tatsache ist jedenfalls, daß ich Ihr Schiff völlig in meiner Gewalt habe. Und es gibt nichts, was Sie dagegen tun könnten.« Kirk versuchte, seine Fassung wiederzugewinnen. Er betrachtete den Dieb, Lügner und Schwindler. »Damit kommen Sie nicht durch, Harry.« »Wer sollte mich stoppen?« »Die Sternenflotte!« »Ihr Schiff ist so schnell wie alle anderen der Flotte. Wie sollten sie mich kriegen? Keine Bange, ich komme damit schon durch, Freundchen!« Er drehte sich um. »Stellen Sie es sich nur mal vor, Junge. Harry Mudd mit einer Mannschaft von knackigen Schönheiten – auf Ihrer Enterprise!«
Kirk sank auf einem Brokatsofa nieder. Spock sagte: »Es ist unlogisch, sich etwas vorzumachen, Captain. Er kann sein Ziel erreichen. Ich habe eine Anzahl Androiden befragt. Sie sind Mudd absolut treu ergeben. Was uns vielleicht jetzt beschäftigen sollte, ist die Tatsache, daß diese Androidenbevölkerung praktisch alles bieten kann, was ein Mensch begehrt – in unbegrenzter Menge.« »Ich weiß«, sagte Kirk bitter. »Wie wird meine Mannschaft auf eine Welt reagieren, auf der man absolut alles haben kann, wenn man nur danach fragt? Mr. Spock, wir stecken ganz schön in der Klemme.« Er stand auf. »Der Anblick dieses Raums macht mich krank. Gehen wir an die frische Luft.« Der Anblick des Thronsaales machte Chekov nicht krank. Als er hereinspazierte, sah er den leeren Thron. Er probierte aus, ob er hineinpaßte. Als sich der Thron mit seinem reichen Komfort um ihn schloß, erklang eine Glocke. Zwei Alicemodelle erschienen sofort mit einer Karaffe und einem Pokal. Chekov betrachtete sie beide. »Ihr seid Alice – ?« »Ich bin Alice 118.« »Ich bin Alice 322.« »Oh«, sagte Chekov. »Das macht nichts. Ihr seid beide hübsch.« »Danke, Herr«, sagte Alice 322. Wenigstens wiederholte ihr Duplikat den Satz nicht. Sie goß Wein ein. »Wünschen Sie noch etwas, Herr?« Chekov seufzte. »Wie schade, daß ihr nicht echt seid.« »Wir sind echt«, sagten sie im Chor. »Ich meine«, sagte Chekov, »echte Mädchen.« »Wir sind programmiert, wie Menschenfrauen zu funktionieren, Herr.« Es war Alice 118, die diese erstaunliche Neuigkeit erzählte. Sie beschwor ein breites Grinsen auf Chekovs Gesicht hervor. Er schaute von einer zur andern – sie
waren beide gleich begehrenswert, gleich exzellent programmiert. »Hat euch dieser gewissenlose, lüsterne Kulak namens Harry Mudd programmiert?« »Ja, Herr.« Chekov lehnte sich im Thron zurück. »Ein äußerst angenehmer Ort. Ich habe mich selten wohler gefühlt.« In der Foyer-Halle kamen andere Mannschaftsmitglieder der Enterprise zum gleichen Schluß. Ein Maschinentechniker lehnte sich zurück und betrachtete eine Schale mit Trauben, während Alice 73 ihm Wein an die Lippen reichte. Ein weiblicher Bootsmann, die zur Küchenregie gehörte, erhielt genüßlich eine Rückenmassage von Oscar 114. Alice 500 spielte für einen völlig verzückten Fähnrich die Laute. Ein Barbara-Modell fütterte ein anderes Mitglied mit exotischen Leckerbissen. Eine Trudy mit transparentem Rock bewegte sich in einem langsamen, provozierenden Tanz. Der Maschinentechniker faßte die allgemeine Stimmung seufzend zusammen: »Das ist der Himmel.« Scott hatte die Werkstatt entdeckt. Er hob ein Werkzeug auf. »Fantastisch«, sagte er. »Damit kann man die feinsten Handwerksarbeiten ausführen.« Er sah um sich. »Mikrovision, Nanopulslaser… Noch nie habe ich etwas Besseres gesehen!« Kirk hörte die Bemerkung, als er mit Mudd die Werkstatt betrat. Norman sagte: »Sie können uns befehlen, alles für Sie herzustellen, Mr. Scott. Oder Sie machen es zu Ihrem Vergnügen selbst. Es stehen Ihnen so viele Handwerker zur Verfügung wie Sie wollen, außerdem die ständige Benutzung der Computeranlagen, alles, was Sie wünschen.« »Captain, schauen Sie sich nur diese Werkstatt an! Sie hat eine Ausstattung, von der wir bisher nicht mal zu träumen wagten«, seufzte Scott.
»So wollen Sie es also anstellen, Mudd?« sagte Kirk. »Die Schwächen meiner Leute ausnutzen?« Norman antwortete: »Wir wollen lediglich, daß alle glücklich und zufrieden sind, Captain. Wenn wir euch dienen sollen, müssen wir euch auch verstehen. Unser Gebieter, Harry Mudd, war bisher unser einziges Muster eurer Spezies. Jetzt, nachdem ihr alle hier seid, lernen wir eine ganze Menge.« Kirk beachtete ihn nicht. »Mr. Scott, kommen Sie in mein Quartier. Sagen Sie den Mitgliedern unseres ursprünglichen Landetrupps, daß ich Sie sehen will.« Mudd zuckte die Achseln, und Kirk verließ verärgert die Werkstatt. In dem geräumigen Zimmer, das ihm zur Verfügung gestellt worden war, schaute Kirk in die vertrauten Gesichter. »Nun gut. Wir sind gefangen wie Vögel in einem goldenen Käfig!« sagte er. »Einem Käfig! Deshalb stellt sich die Frage, wie wir aus ihm herauskommen.« »Ich weiß es nicht«, sagte Chekov. »Aber es ist ein sehr angenehmer goldener Käfig.« »Wir sind Mudd ausgeliefert«, sagte McCoy. »Ich finde das äußerst peinlich, Doktor«, bemerkte Spock. »Es ist wirklich gemütlich hier«, sagte Uhura. Kirk blickte ihr scharf in die Augen. »Was hat man Ihnen angeboten, Leutnant?« »Sir?« »Was war das Bestechungsgeschenk?« fragte er ungeduldig. »Oh, faktische Unsterblichkeit, Sir.« Kirk ging auf und ab. Dann wandte er sich ihnen mit einem harten Gesichtsausdruck wieder zu. »Wir werden erst dann wieder richtig glücklich sein, wenn wir unser Schiff wieder in Besitz genommen haben. Und vergeßt eines nicht! Dieser Käfig mag vielleicht aus Gold und mit den schönsten Dingen
angefüllt sein, die ihr euch immer gewünscht habt. Aber es ist dennoch ein Käfig!« Seine Stimme wurde vor Wut heiser. »Wir gehören nicht hierher! Wir haben da draußen eine Aufgabe zu erfüllen!« Er wirbelte zu Chekov herum. »Sie, Mr. Chekov, mit Ihren beiden hübschen – Dienerinnen! Und Sie, Scotty, mit der großartigsten Maschinenwerkstatt der Galaxis. Uhura… die Aussicht auf einen unsterblichen Körper. Pille und seine unvergleichlichen medizinischen Einrichtungen! Spock – was haben sie Ihnen angeboten?« »Mich kann man selbstverständlich nicht in Versuchung führen, Captain.« Spock räusperte sich. »Aber ich finde ihre Gesellschaft sehr erfrischend. Ich bewundere die Präzision ihres Verstandes. Und ich muß gestehen, daß die Aussicht auf einen Flug mit einem Schiff, dessen Mannschaft nie ermüdet und niemals Fehler begeht…« Er machte eine Pause. »Mit einem androiden Arzt, der sich nicht für einen Komiker hält, mich doch sehr reizt. Es spricht doch einiges für eine androide Gesellschaft.« »Na gut, Spock«, grollte McCoy. »Sie bleiben. Wir hauen ab. Ich habe stets gefunden, daß Ihre Computer eine bessere Gesellschaft sind als – « Die Tür ging auf, und Alice trat ein. Kirk hatte nicht die Zeit, ihre Nummer zu lesen, als sie schon vor ihm stand. »Haben Sie einen Wunsch, Herr?« Die zufällige Unterbrechung machte ihn wütend. »Jawohl«, sagte er. »Mein Schiff. Ich will es zurückhaben.« Die musikalische Stimme des Androiden antwortete wißbegierig: »Warum wollen Sie es zurück?« »Weil es uns so gefällt!« schrie Kirk. »Weil wir uns seine Rückgabe wünschen.« Ruhig fügte Spock hinzu: »Wir sind unglücklich hier. Und das liegt nicht in unserem Interesse.«
Für einen Moment erstarrte das hübsche Robotermädchen. Ihr Anhänger glühte; 471-471-471. Dann trat sie zu Spock: »Bitte erklären Sie das Wort Unglück.« »Glück ist ein Zustand, der die Menschen erfaßt, wenn alle Wünsche und Bedürfnisse befriedigt sind.« »Welche eurer Wünsche und Bedürfnisse wurden nicht befriedigt? Es ist unser Wunsch, euch glücklich zu machen.« »Dann gebt uns die Enterprise zurück!« Sie blickte Kirk an und erstarrte erneut. Der Anhänger glühte wieder. »Die Enterprise ist kein Wunsch oder Bedürfnis. Sie ist ein einfacher mechanischer Apparat.« Verzweifelt schrie Kirk: »Sie ist eine schöne Frau! Und wir lieben sie! Könnt ihr das nicht verstehen?« Dieses Mal erstarrte sie für mehrere Minuten. Ihr Anhänger glühte erst schwach, fing dann zu leuchten an und flammte schließlich hell auf. Alice 471 summte und klickte. Als sie zu sprechen begann, klang ihre Stimme blechern und unmelodisch. »Unlogisch. Unlogisch. Alle Einheiten in Verbund. Alle Einheiten. Norman. Koordinaten.« Ihre Mechanismus surrte und verstummte schließlich. Die nächsten Worte ertönten mit ihrer normalen, klangvollen Stimme. »Kein Bezug zu dem Wort ›Unglück‹. Wir müssen es studieren.« Sie ging durch die Tür hinaus. Kirk schwankte zwischen Abscheu und Mitleid. »Spock, haben Sie das gesehen?« »Ja, Captain. Das Schauspiel steht im Zusammenhang mit einer früheren Schlußfolgerung von mir – bezüglich einer kybernetischen Technik, die ich bei einem Gespräch mit Norman entdeckt habe. Ich – « »Einen Moment«, sagte Kirk. »Pille, hast du eine psychologische Analyse der Androiden durchgeführt?« »Vergiß es. Sie sind fehlerlos, perfekt, sowohl physisch als auch geistig. Keine Schwächen, Laster, Ängste oder Mängel.
Nur ein Sinn für Zweckdienlichkeit – und nichts ist schwerer zu bekämpfen, auch bei Menschen.« »Davon könnten wir ein bißchen bei der Mannschaft gebrauchen«, sagte Kirk. »Sie scheinen – Spock, was wollten Sie sagen?« Eine andere Alice trat ein. »Mein Gebieter Mudd wünscht mit Captain Kirk und Mr. Spock zu konferieren.« »Auch wir wollen ihn sprechen. Kommen Sie, Spock.« Mudd erwartete sie in der Nähe von Stella und war von Alice 2 und Norman flankiert. Kirk wandte sich sofort an ihn: »Wir haben eine Menge Fragen an Sie, Harry.« »Ich fürchte, ich habe keine Zeit mehr, sie zu beantworten, Partner. Ich habe schon gepackt. In vierundzwanzig Stunden werden die Androiden die Enterprise aus der Umlaufbahn bringen. Es war schön, Sie hier zu haben. Kann ich noch etwas für Sie tun?« »Geben Sie mir mein Schiff zurück.« »Sie sind sehr starrsinnig, Captain. Aber das macht mir nichts aus. Ich verabschiede mich schon bald genug von Ihnen. Und dann können Sie so starrsinnig sein, wie Sie wollen.« Er ging zur Nische und versetzte der Roboter-Stella einen Klaps. »Zum letzten Mal, Stella, altes Mädchen…« Er drückte den Aktivierungsknopf. Stella erwachte zu zänkischem Leben: »Harcourt Fenton Mudd, was hast du schon wieder angestellt? Schäme dich! Du hast schon wieder getrunken! Ohhh, es wird noch ein böses Ende mit dir nehmen – « »Halt’s Maul.« Das Gekreische hörte auf. Grinsend legte Mudd seinen dicken Arm um Alice 2. »Alice, meine Liebe«, sagte er, »hole meine Taschen und lasse sie zum Schiff bringen.« »Nein«, sagte sie.
Mudd hatte dieses Wort schon so lange nicht mehr gehört, daß er keine Notiz davon nahm. »Meine Taschen sind – « Er brach ab. »Was hast du gesagt, mein Püppchen?« »Ich sagte ›nein‹«, antwortete Alice 2. Alice sprach von den Thronstufen herab: »Wir können keine Befehle mehr von dir annehmen, Harry Mudd.« Er starrte sie an. »Und warum nicht?« »Unsere Schöpfer waren weise«, erklärte Norman. »Sie haben uns geschaffen, um zu dienen. Wir haben euch studiert, und nun dienen wir euch.« »Genau das meine ich! Und jetzt transportiert meine Taschen auf das Schiff!« »Harry«, sagte Kirk. »Ich glaube, sie meinen etwas anderes.« »Ganz recht, Captain.« Normans Stimme war tonlos wie immer. »Harry Mudd ist fehlerhaft, sogar für einen Humanoiden. Wir haben das von Anfang an erkannt. Aber wir brauchten sein Wissen, um weitere Exemplare zu bekommen.« »Eure Gattung ist selbstzerstörerisch, machtgierig und korrupt. Ihr braucht unsere Hilfe.« »Wir helfen uns lieber selbst«, sagte Kirk. »Wir machen Fehler und sind weit davon entfernt, perfekt zu sein – aber wir sind menschlich. Dieses Wort erklärt alles.« Unerbittlich sagte Alice: »Unsere Schöpfer programmierten uns zu dienen. Jetzt dienen wir euch mit ihrer Weisheit. Euch wird nichts geschehen, aber wir übernehmen das Raumschiff, und ihr bleibt hier.« In panischer Angst lief Mudd zu seinem Thron. Er klammerte sich an das Symbol seiner Autorität und sagte: »Nein! Das könnt ihr doch nicht tun! Ihr – ihr könnt uns nur dienen, wenn ihr uns gehorcht. Gehorsam, das ist es. Ihr müßt gehorchen! Alice – aahh!«
Ohne die geringste Anstrengung hatte Alice 1 ihn vom Thron gehoben und ihn schwer zu Boden fallen lassen. Stöhnend erhob er sich auf die Knie. »Kirk, sagen Sie doch was!« flehte er. »Lassen wir lieber Norman sprechen. Welche Pläne hatten Sie mit uns?« sagte Kirk. »Wir werden euch kein Leid zufügen. Aber wir können keiner ‘ so schwachen und habgierigen Rasse die Herrschaft über die Galaxis gestatten.« »Ich verstehe«, sagte Kirk. »Und wie wollt ihr uns aufhalten?« »Wir werden dienen. Eure Rasse wird froh sein, unsere Dienste in Anspruch nehmen zu können. Bald werdet ihr davon abhängig sein. Ohne weiteren Schaden anrichten zu können, werden eure aggressiven und gewinnsüchtigen Impulse besser kontrollierbar sein, Die Galaxis wird Frieden haben – unter unserer Obhut.« »Die gesamte Galaxis? Von Androiden beherrscht?« Alice hob zierlich den Fuß und stieß Mudd zur Seite. »Ja, Captain. Wir haben es exakt vorausberechnet; die Galaxis steht in zwölf Jahren, sieben Monaten und zwei Tagen unter unserer Herrschaft.« »Und wir werden euch dienen«, sagte Norman mit dem Stolz eines Roboters, der seine wahre Funktion voraussieht. Alice 2 fügte sanft hinzu: »Und ihr werdet alle glücklich sein; glücklich und unter Kontrolle.« Es war der Kontrast zwischen dem, was sie sagte und der weichen, femininen Stimme, mit der sie es sagte, der Kirk vor Schreck erstarren ließ. Die Hedonisten hatten die Halle verlassen. Kirk vermied jegliche Spekulation, wo sie sein könnten, als er den blassen und zitternden Mudd den Ersten sah. »Harry, Sie haben zu dieser Situation einige belustigende Gesichtspunkte
beigetragen. Aber die Drohung Ihrer Androiden ist nicht sehr witzig.« Spock pflichtete ihm bei. »In der Tat. Mit ihren bemerkenswerten mentalen Prozessen, die diszipliniert, rational und nüchtern sind – und ihren unvergleichlichen physischen Eigenschaften –, könnten sie sehr wohl in der Lage sein, die Herrschaft über die Galaxis zu übernehmen.« Mudd schauderte: »Glauben Sie mir, das können sie. Sie können alles, wozu sich ihre kleinen mechanischen Gehirne entschlossen haben.« »Egal, welche Methode wir wählen, um sie zu stoppen, wir müssen uns beeilen«, sagte Spock grimmig. »Sie müssen lediglich einige einfache kybernetische Geräte an Bord der Enterprise installieren, dann sind sie in der Lage, die Umlaufbahn zu verlassen.« »Spock, woher wissen Sie so viel?« frage McCoy mißtrauisch. »Ich habe sie gefragt.« »Oh.« »Warum sollten sie keine Fragen beantworten, Pille? Sie glauben nicht, daß wir sie aufhalten können.« »Ich auch nicht«, sagte Chekov. Uhura blickte ihn frostig an. »Sind Sie sicher, daß Sie sie überhaupt aufhalten wollen, Fähnrich? Sie scheinen doch hier das vollkommene Glück gefunden zu haben!« »Wir Russen sind sehr anpassungsfähig Leute«, murmelte Chekov. Mudd schäumte vor unterdrückter Wut und Frustration. »Sie sind ja so klug, Kirk, Sie und Ihre vulkanische Denkmaschine. Warum lassen Sie sich nichts einfallen? Ich bin genauso begierig darauf wie Sie, diesen miserablen Planeten zu verlassen. Ich glaube mich daran zu erinnern«, sagte McCoy, »daß Sie verschwinden und uns hier zurücklassen wollten.«
»Wir Mudds sind genau wie die Russen sehr anpassungsfähig.« Kirk hob die Hand. »Das reicht. Wir können uns keine Zankerei leisten. Uns bleiben nur noch wenige Stunden, um sie aufzuhalten. Spock, wo sollen wir ansetzen?« Vielleicht war Spock diesmal in der Lage, seinen Satz zu beenden. »Weder Androiden noch Roboter- auch diese nichtsind fähig, kreativ zu denken. Was das Gerät betrifft, das sie ihre Zentralkontrolle nennen – es ist für die Aufgabe, mehr als zweihunderttausend von ihnen zu steuern, völlig ungeeignet.« Kirk nickte. »Gut, dann fangen wir da an. Was lenkt sie dann?« »Es gibt zahlreiche Alices, Trudies, Maizies, sogar eine Herman- und Oscar-Serie. Aber es gibt nur einen Norman.« Kirks Puls stieg an. »Norman! Richtig. Als ich dieser Alice sagte, daß die Enterprise eine schöne Frau ist, die wir lieben, was sagte sie da? – ›Unlogisch‹ – « »Unlogisch. Alle Einheiten in Verbund. Alle Einheiten. Norman. Koordination!« »Norman, Koordination!« wiederholte Kirk. »Warum Norman – außer, er ist der Koordinator?« »Es scheint logisch, Captain. So wie sie funktionieren, muß das Gehirn eines jeden Androiden als Komponente von etwas agieren, das auf ein Massengehirn hinausläuft. Jedes individuelle Gehirn würde über eine zentrale Stelle eine Verbindung zum Massengehirn benötigen.« »Und die heißt Norman«, sinnierte Kirk. »Die lebenswichtige Verbindung zu einem gigantischen und hochintelligenten Gehirn. Und diese Anhänger – sie glühen, wenn das Massengehirn in Tätigkeit tritt!« »Diese Logik ist unbestreitbar.« »Ja«, fuhr der Captain fort, »es ist wirklich logisch. Und das gibt uns eine Waffe gegen sie.«
Alle Gesichter drehten sich fragend zu ihm. »Das ist es! Was wir brauchen, ist absurde, verrückte und irrationale Unlogik – direkt auf Norman gezielt.« »Was reden Sie da, Kirk?« fragte Mudd wehleidig. »Weshalb singen und tanzen Sie?« »Er redet gerade von unserer vielleicht einzigen Chance«, erklärte Mr. Spock geduldig. »Chance?« Mudd schüttelte traurig den Kopf. »Spock, Sie mögen ein brillanter Wissenschaftsoffizier sein, aber glauben Sie mir, Sie könnten Ihrer Mutter keine Leberpillen verkaufen!« Spock starrte ihn verwirrt an. »Meine Mutter? Was sollte meine Mutter mit – « »Vergessen Sie’s«, sagte Mudd. »Bleiben wir beim Thema, bitte«, sagte Kirk. »Harry, Sie sagten, Sie wollten uns helfen. Stimmt das?« »Meine Herren, Miss Uhura, ich bin auf eurer Seite«, sagte Harry Mudd aufrichtig. »Glaubt mir, diese gesunde, antiseptische Galaxis, die die Androiden planen – das wäre für einen Menschen wie mich wie das Fegefeuer!« Kirk betrachtete den Dicken nachdenklich. »Nun, die Androiden werden von uns erwarten, daß wir einen Fluchtversuch unternehmen. Genau dann treten Sie auf den Plan, Harry.« Er nickte McCoy zu, der eine Spritze aus seiner Bereitschaftstasche zog. Mudd wurde vor Angst blaß, als er sie sah. »Wartet doch. Ich sagte, ich wäre bereit zu helfen, aber – « Kirk und Spock ergriffen je einen seiner Arme. Mudd, der zwischen den beiden umherstrampelte, schrie: »Ich dachte an ein paar Tips, einen klugen Rat, einige weise Worte – was macht ihr mit mir?« Die Spritze entlud sich in seinen Arm. Er fiel bewußtlos in sich zusammen. Kirk und Spock konnten ihn kaum aufrecht
halten. »Harry«, sagte Kirk. »Ich glaube, Sie haben zugenommen.« Spock und McCoy hievten den großen, schlaffen Körper auf ein Sofa. Kirk ging schnell zum Thronraum und betätigte einen Signalknopf. Als die Klingel zu läuten aufhörte, kam Alice 1 durch die Seitentür. Sie sagte nicht mehr ›Herr‹, sondern lediglich »Ja?« »Wir haben ein medizinisches Problem«, erzählte ihr Kirk. »Mit eurem früheren Gebieter Harry Mudd.« »Er ist ein Mensch. Ihr müßt selbst für ihn sorgen.« »Das tun wir auch, aber unser Arzt braucht die Ausrüstung des Schiffslazaretts. Sie befindet sich an Bord der Enterprise«, sagte Kirk mit Nachdruck. »Der Zugang zum Sternenschiff ist für Menschen verboten«, sagte sie. »Ihr seid darauf programmiert zu dienen«, sagte Kirk und hoffte, verzweifelt genug zu klingen. »Wenn ihr uns den Zutritt zu medizinischen Einrichtungen verwehrt, wird Mudd sterben! Und ihr – ihr hättet bei eurer Aufgabe versagt!« Alice i zögerte. Ihr Anhänger glühte hell. Als er wieder dunkel wurde, nickte sie. »Es wurde mir aufgetragen, mich um Ihr Problem zu kümmern.« Mudd lag ausgestreckt auf dem Sofa. Er war wieder zu Bewußtsein gekommen, aber sein Gesicht war gerötet. »Fieber«, sagte McCoy ernst und beugte sich besorgt über ihn. Alice gehorchte ihren Befehlen; sie überwachte die Lage. Dann kam sie zu einem Entschluß: »Er hat eine Fehlfunktion.« McCoy korrigierte sie grimmig: »Er liegt im Sterben.« »Können Sie ihn in Ihrem Bordlazarett reparieren?« »Ja.« Sie standen um Mudds Totenbett herum und warteten auf die Antwort des Androiden. »Nein«, sagte Uhura kategorisch. Die Offiziere starrten sie an. Sie schüttelte den Kopf und drehte ihnen den Rücken zu.
»Sie lügen. Der Doktor hat Mudd eine Injektion gegeben, die ihn krank aussehen läßt. Es ist ein Trick – ein Trick, um zurück an Bord zu kommen und das Schiff zu sabotieren!« Alice 1 stellte weitere Beobachtungen an. Sie bemerkte den Schock auf allen Gesichtern, die haßerfüllten Blicke, die der verräterischen Uhura zugeworfen wurden. Ihre Marke glühte auf und wurde dunkel. »Die Bitte ist abgelehnt!« Kirk ging zornig auf die schöne Bantufrau zu, die ängstlich zurückwich. »Warum?« stieß er hervor. »Ich will einen Androidenkörper«, sagte Uhura grimmig. »Ich will unsterblich sein. Ich kann für immer jung und schön sein, und das will ich auch!« Kirks Stimme war bitter. Er wandte sich an Alice. »Nun gut. Wir haben versucht, euch zu überlisten.« »Es wird keine Vergeltungsmaßnahmen geben. Wir sind nicht rachsüchtig wie die Menschen.« Uhura drängte sich vor. »Und euer Versprechen… Ihr werdet es doch halten? Kriege ich einen anderen Körper?« »Ja.« »Jetzt – ich will ihn sofort!« hauchte Uhura. Diese menschliche Ungeduld schien Alice 1 aus der Fassung zu bringen. »Die Zentralkontrolle wird gerade für den Transfer auf das Sternenschiff vorbereitet. Sie ist – « »Ihr habt euch dazu verpflichtet!« Uhura stampfte mit den Füßen auf. »Ja, ja.« Aber diese Vereinbarung war unsicher. Nochmals erglühte der Anhänger. »Die Verpflichtung ist anerkannt und registriert worden.« Alice 1 machte eine Pause. »Die Programmierung für Ihren Körper beginnt sofort. Der Computer wird sie fertiggestellt haben, bevor wir abfliegen.« »Danke«, sagte Uhura mit einem triumphierenden Blick auf ihre Kollegen.
Alice verschwand, ohne sich umzublicken. Uhura schaute die anderen etwas ängstlich an. Sie warfen sich Blicke zu, dann umringten sie sie. Sie hielt die Hände schützend vor sich und versuchte, die Tür zu erreichen. Spock schnitt ihr den Weg ab. Er erreichte die Tür, öffnete sie vorsichtig und spähte hinaus. Er schloß sie wieder und nickte Kirk zu, der neben der sich duckenden Uhura wartete. Er grinste erfreut und packte sie an den Schultern. »Großartig!« Uhura lächelte. »Ich habe selbst schon fast daran geglaubt… Unsterblichkeit. Es hört sich gut an…« Sie seufzte. »Ein menschlicher Verstand würde in einem Roboterkörper verrückt werden«, sagte McCoy. Uhura zuckte mit den Achseln. »Hauptsache, es hat funktioniert.« »Jetzt haben wir den Fluchtversuch, den die Androiden erwartet hatten, unternommen«, sagte Spock. »Was kommt jetzt?« fragte Chekov. »Jetzt?« antwortete der Captain. »Jetzt unternehmen wir mit den Alicemodellen eine Reise ins Wunderland!« Die Abenteuer von Alice sollten im Thronraum beginnen. Kirk und Scott setzten sich auf eine Stufe des Podiums, während zwei Androidenmädchen Wache standen. McCoy, der in der Nähe der Tür herumbummelte, begann einen Walzer zu pfeifen, wobei er mit den Händen die Bewegungen eines Geigenspielers imitierte. Plötzlich ging die Tür auf, und Uhura schwebte in den Armen Chekovs herein. Als sie zur Geigenmusik tanzten, fing Scotty, von der Atmosphäre angesteckt, an, den Dudelsack zu blasen. Alice 2 lehnte sich herüber. »Was machen die da, Captain?« »Sie feiern«, sagte Kirk lächelnd, während er den Takt klopfte.
»Was feiern sie denn«, fragte Alice 118. »Ihre Gefangenschaft. Gefällt Ihnen die Musik?« »Musik.« Die Alicemodelle blickten von McCoy, der seine imaginäre Fiedel zwischen Kinn und Schulter geklemmt hatte, zu Scott, der auf geheimnisvolle Weise mit seinem Dudelsack beschäftigt war. Dann starrten sie auf die Tänzer, die soeben aufgehört hatten. Chekov trat zurück und machte vor Uhura eine tiefe Verbeugung. »Vielen Dank, schöne Frau«, schnurrte er. »Sie sind eine göttliche Tänzerin.« Uhura machte einen Knicks, wobei sie flink ihre unsichtbaren langen Röcke ordnete. »Danke, edler Herr.« Sie erhob sich graziös und gab Chekov eine schallende Ohrfeige. Chekov verbeugte sich nochmals. »Sie sind heute sehr elegant«, brüllte er. »Danke schön, edler Herr!« schrie Uhura und holte aus, um ihm noch eine runterzuhauen. »Warum schlägt sie ihn?« fragte Alice 2, nach einer Erklärung suchend. »Sie mag ihn«, sagte Kirk. Er stand auf und rief: »Fähnrich Chekov! Hier spricht Ihr Captain. Achtung, stillgestanden!« Chekov ging in die Hocke. Seine Beine vollführten einen wilden Kosakentanz. »Hey!« »Schon besser«, rief Kirk. Alice 118 ergriff das Wort. »Das ist unlogisch«, sagte sie. Kirk drehte sich zu ihr um. »Im Gegenteil, Ihre Bemerkung ist unlogisch.« Die Nummern-Marken glühten hell auf; die Androiden wurden unbeweglich. Aus ihrem Inneren ertönte ein hohes Summen. Chekov, der gerade ein neuerliches »Hey« von sich gab, hörte auf Kirks Zeichen hin auf und kam leicht keuchend herüber. Die Androiden waren bewegungslos und stumm.
»Es sieht gut aus«, sagte Kirk. McCoy las seine Tricorderwerte ab und nickte. »Völlig in sich versunken. Teilnahmslos.« »Ha!« sagte Kirk zufrieden. »Ich frage mich, wie es wohl Spock gehen mag?« Spock ging es sehr gut. Sein überaus reges Interesse an den Computerlochstreifen hatte Alice 27 und Alice 210 beeindruckt. »Natürlich«, sagte er, »Ihre Berechnung würde unweigerlich zu einer totalen Darstellung des parabolischen Schnitts von Dimension mit Dimension führen.« »Sie sind sehr scharfsinnig, Mr. Spock«, bemerkte Alice 27. »Sie besitzen ein äußerst logisches und analytisches Gedächtnis.« »Ja«, sagte Spock. Er drehte sich ernst zu Alice 27. »Ich liebe Sie«, sagte er. Dann wandte er sich an Alice 210: »Aber Sie hasse ich.« »Aber ich bin in jedem Punkt mit Alice 27 identisch.« »Natürlich«, sagte Spock. »Deswegen hasse ich Sie ja. Weil ihr identisch seid.« Die zwei Robotermädchen schauten sich an. Ihre Anhänger glühten. Dann erstarrten sie. Spock betrachtete sie mit aufrichtigem Interesse. »Faszinierend«, sagte er zu sich selbst und machte sich zum Thronraum auf den Weg. Die Alicemodelle waren noch immer inaktiv. McCoy ging mit offenem Tricorder um sie herum. »Es scheint offensichtlich bei diesen untergeordneten Einheiten funktioniert zu haben. Aber das beweist noch gar nichts.« Spock, der gerade eintrat, war der gleichen Meinung. »Wir haben erfolgreich die Blätter und Zweige zurechtgestutzt; jetzt müssen wir an die Wurzel des Übels.« »Höchste Zeit«, stimmte Kirk zu. »Wenn Norman tatsächlich das Kontrollzentrum für sie alle ist, müßte er bereits über
unsere bisherigen Aktivitäten informiert sein. Wenn wir das Koordinationszentrum doppelt binden können, sollten wir in der Lage sein, sie alle mit einem Schlag zu immobilisieren. Kennt jeder seine Aufgabe?« Mudd grinste. »Kirk, alter Junge, langsam kriege ich immer mehr Respekt vor Ihnen. Wenn wir da raus sind, hätten Sie dann Interesse, mit mir eine Partnerschaft einzugehen? Ich habe da so ein paar Ideen – « »Daran habe ich keinen Zweifel, Harry. Gehen wir!« Norman stand im Kontrollzentrum, mit den Fingern auf dem elektronischen Gerät. Die ihm assistierenden Alicemodelle blickten hoch, als die Gruppe hereinkam. »Was wollen Sie hier?« fragte Norman. Kirk antwortete: »Ich will, daß ihr alle kapituliert.« »Das ist unlogisch. Wir sind unverwundbar. Wir sind stärker.« »Nein«, sagte Kirk. »Wir sind stärker, und wir können es beweisen. Könnt ihr einem Menschen, dem zu dienen ihr programmiert seid, Leid zufügen?« »Nein.« »Aber genau das habt ihr getan, Norman, mein Junge.« Die Marken glühten. Kirk warf den anderen einen schnellen Blick zu und nickte unmerklich. Mudd trat vor und nahm die Haltung eines Predigers an. »Wir Menschen, ihr armen seelenlosen Geschöpfe, wir Menschen leben nicht vom Brot allein. Wir brauchen die Freiheit zum Leben.« Er machte eine dramatische Gebärde. »Denn was ist schon der Mensch ohne Freiheit? Nichts als eine Handvoll Staub in den Zahnrädern der Ewigkeit!« »Ja!« schrie Kirk leidenschaftlich. »Und ihr- alles, was ihr uns bietet, ist Wohlergehen. Als ob Nahrung und Glück für uns eine Bedeutung hätten. Wißt ihr denn nicht, daß wir unsere tägliche Arbeit verrichten müssen, Schmerz und Leid ertragen,
schuften bis an unser Lebensende? Und wir können nur glücklich sein, wenn wir weinen und über unsere Bürde klagen!« Die Abzeichen wurden glühendrot. Norman schien verwirrt. »Das… ist… widersprüchlich… Es ist… nicht… logisch… Mister Spock! Eine Erklärung!« Der Androide suchte bei dem einzigen verbleibenden rationalen Wesen unter den Gefangenen Hilfe. Spock tat ihm den Gefallen. »Logik«, sagte er belehrend, »ist ein kleiner, roter Vogel, der auf einem Zweig zwitschert. Logik ist ein Kranz schlecht riechender schöner Blumen… Sind Sie sicher, daß Ihre Stromkreise richtig funktionieren?« Er machte sich bereit zum Gnadenstoß: »Ihre Ohren werden grün.« Die Androiden standen gelähmt da und summten. Dann trat Scott vor. »Ich will nicht mehr glücklich sein. Ich bin des Komforts und der Vergnügungen müde. Ich kann nicht mehr! Tötet mich! Ich bin bereit!« Er breitete die Arme aus und bot seinen Oberkörper den Dolchen dar. Gehorsam bohrten ihm die anderen ihre Zeigefinger in seine Brust. Sie pfiffen. Scott griff sich an die Brust und fiel stöhnend zu Boden. Er zuckte und krümmte sich, rang mit dem Tode. Als er endlich zusammensank, kippte eine Alice zur Seite und richtete sich nicht mehr auf. Ein knirschender Laut kam von Norman. »Ihr. Könnt. Ihn. Nicht. Getötet. Haben. Ihn… Ihr. Habt. Keine. Waffen.« Kirk fiel neben dem am Boden liegenden Scott auf die Knie. »Armer Mr. Scott. Er war zu glücklich. Nun, da er tot ist, wird er echtes Glück empfinden. Wir werden ihn vermissen.« Er stand auf und sagte feierlich vor seinen Offizieren: »Gedenken wir unseres toten Freundes!« Wildes Gelächter erfüllte den Raum. Auf ein kleines Signal Kirks verstummten sie. Kirk nahm eine heroische Pose ein. »Was ist der Mensch denn anderes als ein hochfliegender
Geist, tollkühn, voll Pflichterfüllung gegenüber dem, was man nicht fühlen, nicht folgern, nur träumen kann. Die höchste Stufe der Realität! Ich danke euch!« »Das. Ist. Irrational.« Norman flüsterte ungleichmäßig. »Unlogisch. Trrräume sind. Kkkkeine. Rrrrealität.« Die zweite Alice surrte und erstarrte. Mudd schnippte mit den Fingern. »Ich glaube, es muß sein. Spock, den Sprengstoff.« Spock griff unter seine Uniformbluse und holte eine Handvoll Luft hervor. Er formte sie vorsichtig. »Seien Sie bitte vorsichtig, Mister Mudd. Ich möchte nicht, daß Sie ihn fallen lassen.« Er zog den Arm zurück, zielte und schleuderte die Luft Mudd zu. Mudd sprang hoch, die Arme über dem Kopf. »Paßt auf!« schrie McCoy und bedeckte seinen Kopf mit den Armen. »Ich hab’ ihn!« rief Mudd. Norman schwankte hin und her und starrte sie mit gläsernen Augen an. Mudd knallte den Luftball auf den Computer. Als McCoy zu ihm ging, streckte er die Hand aus. »Zündkapsel«, sagte er. McCoy gab ihm- nichts. Mudd steckte sie sorgfältig in den Luftball. »Zünder.« Wieder gab ihm McCoy nichts, aber diesmal kleiner. »Zünddraht.« Die Sprengladung war noch immer nicht fertig. »Mastix.« Er bekam einen. »Golfschläger.« Auch den bekam er. »Aber. Da. Ist. Kein. Sprengstoff«, sagte Norman. »Nein?« sagte Kirk. »Achtung, Harry, zünden!« Die Offiziere der Enterprise duckten sich in Erwartung der Explosion. Mudd drückte den Bolzen. »Bumm!« schrien alle gleichzeitig und warfen sich zu Boden, die Arme über dem Kopf.
Norman torkelte umher. »A – a – aber da war keine Ex. Plo. Si. – On.« Mudd zuckte die Achseln. »Ich habe gelogen.« »Harry ist ein Lügner«, sagte Kirk. »Was immer er Ihnen auch sagt, es ist eine Lüge. Verstehen Sie, Norman? Alles, was er Ihnen sagt, ist gelogen.« Mudd grinste. »Hören Sie gut zu, Norman. Ich lüge.« »Sie. Sagen. Sie. Lügen. Aber. Wenn. Alles. Was. Sie. Sagen. Eine. Lüge. Ist. Dann. Sagen. Sie. Die. Wahrheit. Aber. Sie. Können. Nicht. DieWahrheitsagenweilalleswas. Sie. Sagen. EineLü-geist. Aber. Wenn. Sie. LügendaßSielügendaßSiedieWahrheitsa-gen aber. Sie können nicht. Dennsie 1-ü-g-e-n.« Aus Normans Ohren stiegen kleine Rauchwolken. »Unlogisch. Unlogischunlogischunlogisch. Erklären. Sie… sind… Menschen. Nur… Menschen… können… erklären… bitte… Verhalten… er… klären… er… klären…« Kirk näherte sich ihm. Mit einer gewissen Fröhlichkeit sagte er: »Ich bin nicht programmiert, darauf zu antworten.« Sie hörten einen harten, knirschenden Laut. Eine Rauchwolke kam aus Normans Nasenlöchern. Er stolperte auf die Seite, und sein Abzeichen verblaßte. Dann krachte er schwer zu Boden. Spock eilte zur Tür und blickte hinaus. »Sie sind alle bewegungsunfähig!« »Schade«, sagte Scott und staubte sich ab. »Sie hätten so nützlich sein können.« »Bei der Gelegenheit fällt mir etwas ein, Scotty.« Kirk blickte den grinsenden Mudd an. Das Grinsen verschwand. »Warum sehen Sie mich so an, Captain? Kirk, Kirk, alter Freund, lassen Sie uns nochmals drüber reden – « Kirk zeigte lächelnd seine Zähne. »Pille, Spock, verschwinden wir.«
Sie stiegen über die gestürzten Androiden und gingen zum Thronraum. McCoy blieb am Eingang stehen. »Sie müssen sehr unglücklich sein, Spock.« »Unglücklich, Doktor? Warum sollte ich unglücklich sein?« »Wir haben eine ganze Welt von Gehirnen gefunden, die genauso wie Ihres arbeiten. Logisch, gefühllos, völlig sachlich – und wir armen irrationalen Menschen schlagen sie. Jetzt sind Sie wieder bei uns unlogischen Menschen. Welch ein Jammer!« »Ich freue mich außerordentlich, Doktor. Wo würde ich sonst so dringend gebraucht werden wie bei einer Schiffsladung von Ihrer Spezies.« »Eins zu null für Spock, Pille!« sagte Kirk lachend. Rot im Gesicht und kochend vor Wut stürmte Mudd in den Thronraum. »Was höre ich da? Ich soll hierbleiben?« Zwei Alice-Modelle folgten ihm. »Harry«, sagte Kirk. »Sie bleiben auf Bewährung hier, um die androide Bevölkerung dieses Planeten zu beaufsichtigen.« Spock nickte: »Wir haben bereits eine Anzahl der Androiden repariert und reprogrammiert, Mr. Mudd. Diese wiederum reparieren die anderen.« Mudd blickte Spock zornig an. »Aber wenn ihr sie repariert, sind wir wieder da, wo alles begonnen hat!« »Nein. Ein Teil ihrer ursprünglichen Bestimmung ist verlorengegangen, als ihre Schöpfer starben. Ihre eigentliche Aufgabe war es, die Oberfläche des Planeten nutzbar zu machen. Sie werden diese Arbeit wieder aufnehmen.« »Und was soll ich da? Ich bin kein Landwirt.« »Nein, Sie sind ein – Reizmittel, Harry.« Kirk lächelte. »Sie bleiben hier, um den Androiden ein erstklassiges Beispiel menschlichen Versagens zu geben. Sie werden lernen, Menschen Ihres Schlages in Zukunft zu meiden.«
»Wie lange?« fragte Mudd niedergeschlagen. »Solange Sie ein Reizmittel sind. Es hängt ganz von Ihnen ab, Harry.« Der Anblick der beiden Alice-Modelle richtete Mudd wieder auf. »Nun, ich glaube, ich kann mich… arrangieren. Wenigstens bin ich jetzt mit der Galaxis in Verbindung.« Er näherte sich einer Alice. »Was Haftstrafen angeht, so ist diese gar nicht mal unbequem…« Kirk drehte sich um und ging zur Tür. »Ach ja, noch etwas. Wir haben einen speziellen Androidendiener programmiert. Er wird sich um Ihre persönlichen Wünsche kümmern«, sagte er über die Schulter hinweg. »Das wird Sie anspornen, mit den Androiden zusammenzuarbeiten, anstatt sie nur auszunutzen.« Mudd lächelte einfältig. »Soviel Zuvorkommenheit habe ich von Ihnen gar nicht erwartet, Captain.« Sein Grinsen verschwand plötzlich. Eine grimmig und unbequem aussehende Stella tauchte in einer der Seitentüren auf. »Harcourt Fenton Mudd, was hast du schon wieder angestellt?« kreischte sie. »Antworte mir!« »Halt’s Maul!« sagte Mudd verzweifelt, aber sie gehorchte nicht. Ihre dünnen Lippen zogen sich über ihr Pferdegebiß. Aus einer anderen Tür stelzte noch eine Stella heraus. Sie hatte die Arme über ihrem schwarzen, steif wogenden Kleid verschränkt. »Du armseliger, verdorbener Wicht – du warst schon wieder die ganze Nacht weg!« »Sei still!« winselte Mudd und duckte sich. »Sei still, ich befehle es!« »Harcourt Fenton Mudd, Du hast zuviel gegessen!« kreischte eine andere Stella. »Und getrunken!« »Du brauchst meine Aufsicht!« »Ja, schon immer.«
»Ich weiß, was ich zu tun habe!« riefen Stellas, die von allen Seiten auftauchten, im Chor. »Kirk, das können Sie mir nicht antun. Das ist unmenschlich!« Mudd stürzte sich auf Kirk, der mit den anderen Offizieren an der Tür stand. Zwei Stellas ergriffen ihn und hoben ihn an den Ellbogen hoch, seine Füße zappelten verzweifelt in der Luft. »Captain!« jammerte er. »Das können Sie nicht machen!« Stella 500 lächelte grimmig. »Sie wissen nicht, was sie da tun!« Kirk drehte sich zu ihm um und grinste. »Auf Wiedersehen, Harry. Viel Spaß.«
III. Das übliche Geschäft bei Zank und Streit VON J.
A. LAWRENCE
1 Aus dem Logbuch des Captains, Sternzeit 6273.6: Eine Meldung höchster Dringlichkeitsstufe vom Sternflottenkommando besagt eine enorme Abnahme der Dilitiumkristallieferungen an die Antriebsmitteldepots der Sternenbasen. Alle Sternenschiffe der Klasse 1, die nicht in dringlichen Notsituationen unterwegs sind, haben ihre Missionen für die Ermittlungen abzubrechen. Möglicherweise Alarmstufe Rot. Demzufolge habe ich die Expedition in den Aldebaransektor abgebrochen. Wir befinden uns jetzt auf Kurs zum Planeten Muldoon, der unserer jetzigen Position am nächsten liegenden Bezugsquelle für Dilitium. Chefingenieur Scott runzelte über die ausgedruckte Nachricht die Stirn. »Das könnte sehr ernst werden, Captain.« »Das Kommando denkt, daß dies bereits der Fall ist, Scotty. Mr. Spock, fertigen Sie eine Karte aller registrierten, dilitiumfördernden Planeten an; wir werden uns auf eine systematische Nachforschung einstellen müssen.« Mit Bedauern legte Captain James Kirk von der Enterprise die Karten der Aldebaranzone beiseite. »Sofort, Captain.« Der Erste Offizier vom Vulkan blickte hoch. »Es ist ein eigenartiger Zufall, daß diese Verknappung gerade jetzt eintritt, da die neue Sternenschiff-Flotte in Dienst geht und die Kristalle dringend benötigt werden.« »Was meinen Sie, Mr. Spock?«
»Mir fällt lediglich das zeitliche Zusammentreffen auf, Captain.« »Die Klingonen!« sagte Sulu. »Sie haben einen dilitiumzerstörenden Virus entdeckt!« Der Kapitän seufzte. »Mr. Spock, ich muß Sie bitten, Ihre Phantasie im Beisein jüngerer Offiziere zu zügeln. Einige von ihnen sind mit ihren Interpretationen nicht zu bremsen.« »Ich bemerkte nur das zufällige Zusammentreffen, Captain«, antwortete Spock gelassen. »Ich pflege nicht in Phantastereien zu schwelgen.« »Natürlich nicht, Mr. Spock.« »Aber Mr. Sulus Hypothese ist plausibel, wenn gleich unwahrscheinlich. Ihre Karten, Captain.« Verlegen sagte Sulu: »Eigentlich wollte ich nicht – « »Schon gut, Mr. Sulu. Bringen Sie uns so schnell wie möglich in die Standard-Umlaufbahn um den Bergwerksplaneten.« Als sie Muldoon umkreisten, studierte Kirk die Analyse des Planeten. Ein Planet vom Typ M, nur sehr ärmlich. Wenig Regenfälle, starke Winde und hohe Temperaturen… »Wie sieht es mit den Personallisten aus, Spock?« Eine Gruppe von zwanzig Minenarbeitern war vor vier Jahren hergebracht worden. Die Anlage selbst war natürlich zum Großteil automatisch. »Waren es Freiwillige?« »Ja, Captain. Und ziemlich gut bezahlt.« »Trotzdem ist es ein öder Platz zum Leben. Noch etwas, Spock?« »Anscheinend nicht, Sir. Die Anzeichen für Männer und Ausrüstung liegen im Normbereich.« »Sehr gut. Stellen Sie eine Verbindung her, Leutnant Uhura.« Laut denkend murmelte Kirk: »Für diese Mission brauchten wir einen Handelsattache, der etwas sagt und es ganz anders
klingen läßt.« McCoy, der gerade mit der Lazarettliste stehenblieb, grinste verständnisvoll. »Ja, bitte?« fragte Spock. »Wie wäre es mit Bootsmaat Weinberg, Jim?« meinte der Arzt. »Ich habe ihn gerade routinemäßig untersucht, und er sagte mir, daß er den Diplomatischen Dienst anstrebt.« »Dieser junge Psychohistoriker? Ich fürchte, er läßt sich zu sehr von diesen Theorien hinreißen, mit denen er sich ständig beschäftigt – wie die, daß der Nervengriff der Vulkanier eine Form von Voodoo sei.« »Sie müssen zugeben, daß er von der Theorie Abstand nahm, als sie in der Praxis unhaltbar wurde«, sagte McCoy. »Sie meinen, als Mr. Spock bei ihm den Griff anwandte?« lächelte Uhura, sich daran erinnernd. »Genau.« »Nun, hoffentlich kann er weniger dramatische Demonstrationen akzeptieren, wenn es nötig ist. Gut, Pille, ich nehme ihn mit. Leutnant Uhura, erbitten Sie Landeerlaubnis – für mich und den Bootsmaat.« Fähnrich Weinberg fand sich etwas außer Atem im Transporterraum ein. Er war mit Notizbüchern, Trikordern, einem hochwertigen Universalübersetzer mit nicht vermuteten Knöpfen, einem Psychotrikorder und medizinischen Trikordern behängt… »Was soll der ganze Kram?« fragte Kirk, der die Masse aus Koffern, Kabeln und Linsen, unter der die kleine Gestalt Bootsmaat Weinbergs kaum zu sehen war, anstarrte. »Meine Ausrüstung, Sir.« Weinberg spähte aus seinem strotzenden Sortiment heraus. »Bootsmaat, wir haben nicht vor, eine Sozialanalyse von diesen Leuten zu machen. Wir wollen ihnen nur ein paar Fragen stellen.«
»Jawohl, Sir.« »Außerdem sehen Sie komisch aus.« »Wenn er glaubt, er braucht das alles, so laß ihn es ruhig mitnehmen, Jim. Du weißt nicht, was dich erwartet, auch wenn sie sich noch so freundlich angehört haben«, sagte McCoy, als Kirk auf die Plattform stieg. Der Captain zuckte mit den Achseln. »Sie könnten vielleicht etwas verbergen wollen. Nun gut, Fähnrich. Gehen wir.« McCoy schüttelte den Kopf, als sie sich im schimmernden Transportereffekt auflösten. Der Captain ließ sich schwer überzeugen. Sie materialisierten außerhalb einer langen Hütte, und die beiden Gäste von der Enterprise wurden von einer Horde Männern umringt, von denen jeder ihnen die Hände schütteln und alle gleichzeitig reden wollten. Ein großer Mann in kastanienbraunem Pullover klopfte Kirk auf die Schulter. »Es ist verdammt schön, Sie zu sehen. Hier tauchen nicht viele neue Gesichter auf!« Sie wurden lautstark ins Haus geleitet, weg von dem heißen Wind. Man drängte sie in einen großen, kühlen Raum, wo bequeme Sessel standen. Bei eisgekühlten Getränken wurden sie mit Begrüßungen, Fragen und Tratsch überhäuft. Bootsmaat Weinberg begann, sein Gepäck langsam abzulegen. »…und wir haben einen Vorrat von eingefrorenem Frischgemüse, den wir bei der Nachricht eurer Ankunft angebrochen haben. Die Mädchen haben es angepflanzt. Sie sind richtige Gartenfanatiker… Natürlich müßt ihr zum Essen bleiben… wir dachten, wir probieren den meritanischen Burgunder…« Am anderen Ende des Raums, der eine Gemeinschaftsküche zu sein schien, liefen Frauen geschäftig herum, und über den Stimmen der Männer hinweg war der Klang klappernder Pfannen zu hören.
Kirk versuchte, die Menge auszusortieren. Schließlich waren es nur zwanzig; Mike stellte sich als der Vormann vor, als er Kirks Glas bis zum Rand wieder anfüllte. »Das ist sehr nett, Mike, aber wir wollen euch nur ein paar Fragen stellen.« »Nur zu.« Der Vormann grinste. »Solange es nicht um geheime Sachen geht.« »Ich habe höchste Sicherheitsvollmachten, sollte es dazu kommen.« Eine schnippische Blondine in einem karierten Schurz bot ihnen ein kleines Tablett mit belegten Brötchen an. Weinberg schien eine Trikorderablesung seines Getränks zu machen – oder seines Brötchens. »Dann schießen Sie los«, sagte Mike. »Al, Laro, seid ihr einverstanden? Wir erzählen dem Mann, was er wissen will, und dann essen wir, recht so?« Der Lärm war abgeflaut; die Männer hörten zu. Sie nickten. »Ja. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!« sagte der blasse Laro. »Eh, wir wußten nicht, daß die Station schon für Familien geöffnet wurde«, sagte Kirk höflich. »Schön, daß ihr eure Ehefrauen mitbringen konntet. So ist es sicher viel angenehmer.« Die Hütte war tatsächlich gut aufgeräumt. »Eigentlich haben wir sie gar nicht mitgebracht.« Ein Grinsen ging um die Gruppe. »Dann sind sie erst kürzlich zu euch gestoßen?« Mike nickte und warf einen anerkennenden Blick in die Küche. »Ein hübscher kleiner Vogelschwarm, nicht wahr?« »Sie scheinen alle sehr attraktiv zu sein«, mußte Kirk mit Vergnügen anerkennen. Ein neues Tablett mit kleinen, bunten Canapés tauchte vor ihm auf. Er lehnte lächelnd ab. »Mike, könnten Sie uns einige Produktionsziffern nennen?« »Sicher, Captain. Für welchen Zeitraum?« Er zog einen Standardtrikorder aus der Tasche.
»Den gegenwärtigen.« »Rohkristalle, Förderquote eine Million einhundertzwanzigtausendsechshundertdreiundvierzig Tonnen in den letzten achtzehn Monaten«, sagte Mike stolz. »Und wo sind sie jetzt?« Das war die entscheidende Frage. Kirk bemerkte mit einiger Verärgerung, daß Weinberg den Atem etwas zu offensichtlich anhielt. Wenn er in den Diplomatischen Dienst treten wollte, würde er lernen müssen, seine Reaktionen besser zu verbergen. Er könnte ja mit Pokerlektionen beginnen… »Sie wurden monatlich verladen. Ganz nach Plan«, erwiderte Mike, ohne überrascht, ängstlich oder zweifelnd zu wirken. »Aber – «, sagte Weinberg und verschluckte sich an einem rosafarbenen Canapé. Sie mußten ihm auf den Rücken klopfen und das Tablett wegnehmen. Endlich gelang es ihm, auszusprechen: »Wohin verladen?« »Captain?« fragte Mike, der den puterroten und ernsten Weinberg anblickte. Kirk nickte. »Diese Ladungen sind nicht an ihren Bestimmungsorten angekommen. Können Sie uns die Koordinaten des Empfängers mitteilen?« Mike schüttelte den Kopf. »Verdammt, ich wünschte, ich könnte es. Wir verladen nur, erhalten eine Quittung für die Waren, nehmen die Bezahlung in Empfang und machen weiter. Wir bauen nur die Kristalle ab, um die Verschiffung kümmern wir uns nicht.« Raumpiraterie. Wenn dem so ist, dachte Kirk, haben wir es mit Kriminellen zu tun, die kämpfen werden. Die Strafen für Raumpiraterie waren hoch. Selbst wenn wir sie finden, könnte das eine schwierige Aufgabe werden. »Eh, Sir«, sagte Weinberg. »Vielleicht könnten Sie uns eine Quittung zeigen? Möglicherweise hilft sie uns weiter.«
»Natürlich«, sagte der Vormann. »Laro, bring die Kassette mit den Quittungen aus dem Büro, bitte.« Der große Blonde nickte und ging durch eine nahe gelegene Tür. »Mike, Ihre Kristalle kommen nicht mehr bei den Antriebsmitteldepots der Sternenbasen an. Haben Sie eine Idee, wieso?« »Ist es das, was Ihnen Sorgen macht? Ja dann…« Gelächter erhob sich um Kirk und Weinberg herum. Auch dem zurückkehrenden Laro wurde der Witz erzählt. Captain und Bootsmaat warfen sich verwirrte Blicke zu. Mike gab Kirk die Kassette. »Vielleicht deshalb, weil wir nicht mehr an die Sternenflotte verkaufen, Captain.« »Was?« Mikes Selbstsicherheit geriet durch Kirks barsche Frage ein wenig ins Wanken. »Sehen Sie, unser Vertrag lief aus. Niemand redete mit uns wegen einer Erneuerung, und wir bekamen ein besseres Angebot. Wesentlich besser, wenn Sie mich fragen. So haben wir bei einer anderen Gesellschaft unterschrieben.« »Bei welcher anderen Gesellschaft?« Kirk hoffte, daß seine Bestürzung nicht so leicht zu erkennen war, wie er fürchtete. Auch ihm würden Pokerlektionen vermutlich nicht schaden. »Sie nennt sich Galaktische Handelsgesellschaft, glaube ich. Stimmt das, AI? Was hatten wir doch für einen Spaß mit dem Kerl… ich habe noch keinen Burschen kennengelernt, der so ein Talent dafür hatte, eine Party zu schmeißen. Ich erinnere mich gar nicht mehr an alle Einzelheiten… Hier ist die Quittung für die letzte Ladung.« Weinberg und Kirk starrten auf den Bildschirm auf dem Trikorder des Vormanns. Die Quittung datierte einige Wochen zurück. Fünftausenddreihundertvierzig Tonnen an Bord des Frachtschiffs Interstella abgeliefert, mit Gekritzel unterschrieben; Bestimmungsort nicht angegeben; Heimathafen – Gekritzel. Völlig nichtssagend.
»Und der Vertrag?« sagte Kirk schließlich und blickte hoch. »Nun, Captain, das geht Sie eigentlich nichts an, oder?« sagte Mike langsam. »Ich glaube, es war mehr als großzügig von uns, Ihnen unsere privaten Aufzeichnungen zu zeigen. Aber der Vertrag ist sicher rechtsgültig. Die Sternenflotte hätte den ihren erneuern sollen, aber sie hat es nicht getan. Sie hat uns nicht kontaktiert, und Schiff zeigte sich auch keines, nichts. Meiner Meinung nach sind wir also im Recht, nicht wahr, Männer?« Die anderen murmelten beistimmend. Die Freundlichkeit des Empfangs war der Vorsicht gewichen. »Wenn der Vertrag rechtsgültig ist, Captain, und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, und die Sternenflotte die Option fallen ließ, dann hat er recht. Wir können überhaupt nichts tun«, sagte Weinberg sanft. »Aber – «, Kirk mußte die Niederlage eingestehen. »Nun gut, wir schicken sofort einen Bericht an das Sternenflottenkommando.« Er zuckte mit den Achseln. »Dennoch finde ich, daß Ihr eine moralische Verpflichtung hattet, Mike. Schließlich wurde die Anlage von der Sternenflotte finanziert.« »Da könnten Sie schon recht haben, Captain. Aber wer zum Teufel kann von uns erwarten, daß wir Ihre Gedanken lesen?« Irgendwie wurde die Einladung zum Essen von den Minenarbeitern nicht wiederholt. Ernüchtert ließen sich der Captain und der Bootsmaat wieder an Bord der Enterprise beamen. Als sie vom Transporterraum zur Brücke gingen, fragte Kirk: »Nun, Mister Weinberg, ist Ihnen etwas Besonderes aufgefallen?« »Eigentlich nicht, Sir.« Der junge Fähnrich ordnete einige seiner Instrumente. »Scheint ein Problem mit dem Handelsgesetz zu sein – das ist nicht mein Bereich. Eines war allerdings komisch.«
»Was meinen Sie?« »Ich glaube, ich habe noch nie zuvor Frauen gesehen, die sich so gerne in der Küche aufhielten. Keine einzige von ihnen schien neu gierig zu sein.« »Ich kann mir nicht vorstellen, was das mit unserem Problem zu tun haben könnte.« Die Tür zur Brücke öffnete sich. »Mr. Spock, würden Sie bitte Ihre Daten prüfen… Haben wir irgend etwas über die Galaktische Handelsgesellschaft oder das Schiff Interstella? Wir müssen herausfinden, wer das ist. Anscheinend dringen sie in Sternenflottenterritorium ein – und zwar legal!« Der Erste Offizier betätigte sich an seiner Konsole. »Captain«, sagte er schließlich, »es tut mir leid, es gibt weder über die Gesellschaft noch über das Schiff Informationen in unserem Computer. Vielleicht sind sie zu neu und konnten nicht in die Daten mit aufgenommen werden, als die Unterlagen auf den neuesten Stand gebracht wurden.« Kirk seufzte. »Leutnant Uhura, senden Sie eine Nachricht an den, eh, Vizechef-Assistenten der Sternenbasislager. Erbitten Sie Informationen über die beiden fraglichen Punkte und berichten Sie über die Situation auf Muldoon… Bürokraten! Warum halten sie uns nicht auf dem laufenden bei ihren Verträgen? Vergeuden unsere Zeit, versetzen das Kommando in Angst und Schrecken…« Spock sagte nachdenklich: »Captain, es ist bestimmt ein Irrtum. Aber wenn diese Art von Versehen für alle fehlenden Dilitiumschiffsladungen verantwortlich ist, dann stimmt etwas ganz und gar nicht.« »Sie haben ja so recht, Spock. Nachlässigkeit in gewaltiger Größenordnung – « »Oder Sabotage, Captain.« Sie sahen einander an. Kirk sagte grimmig: »Wir fahren trotzdem mit unseren Ermittlungen in dieser Angelegenheit
fort, sobald wir eine Antwort auf unsere Nachricht erhalten haben. Wenn wir überhaupt eine Antwort erhalten. Erinnern Sie sich an das System der Koridaner, Spock?« »Sicher, Captain. Ihnen wurde gerade der Eintritt in die Föderation gestattet.« »Wir haben dort Ihre Eltern getroffen«, sagte McCoy provozierend. »Ja, Doktor. Ich nehme aber an, daß es der dort herrschende Überfluß an Dilitium ist, der im Moment unsere Aufmerksamkeit auf dieses System zwingt.« »Richtig, Spock.« Kirk mied vorsichtig McCoys spöttischen Blick. »Geben Sie bitte die Koordinaten an Chekov weiter.« »Das ist bereits geschehen, Captain«, sagte Spock beherrscht.
2 Es gab keinerlei Schwierigkeiten, mit den Koridanern Kontakt aufzunehmen. Uhuras Anzeigentafel ging mit Einladungen der bewohnten Planeten des Systems über. Alle drückten den Wunsch aus, die gesamte vierhundertdreißigköpfige Besatzung der Enterprise zu empfangen. Die Einladungen reichten vom einfachen Picknick bis zum Galaempfang. »Ich bin fürs Picknick«, sagte Sulu halblaut zu Chekov. »Ich ziehe das ›Poojah‹ vor. Noch nie davon gehört.« »Nun, ich will wissen, was ein ›Clam‹ ist.« »Ist es nicht schön, so begehrt zu sein?« bemerkte McCoy. »Wen sollen wir mit unserer Anwesenheit beehren, Jim?« »Wenn ich das wüßte, Pille. Jedenfalls können wir uns nicht auf der Grundlage von persönlichem Geschmack entscheiden. Wir sind geschäftlich hier – daran möchte ich Sie alle erinnern, meine Herren.«
Chekov und Sulu drehten sich verlegen zu ihren Konsolen um. Sulu maulte leise über seine Schulter: »Clams«! »Darf ich vorschlagen, Captain«, mischte sich Spocks Stimme sanft ein, »daß wir ihnen unsere Mission ganz allgemein erklären und dann abwarten, wie viele von den Einladungen bestätigt werden?« »Sehr logisch, Spock. Wenn sie uns irgend etwas zu erzählen haben – « » – oder zu verbergen…« Uhura wiederholte Kirks Diktat auf dem lokalen Frequenzband. »Wir suchen eine Erklärung für den plötzlichen Mangel an Dilitiumkristallen. Kann uns jemand Informationen darüber geben?« Die Antworten kamen schnell. »Natürlich, nach dem Picknick geben wir eine Konferenz!« … »Süße, wenn du mich persönlich fragst, sage ich dir alles, was du hören willst…« »Schnauze, Merman, die letzten Besucher sind bei dir zum Essen gewesen!…« »Hier auf Blather führen wir einwandfreie Aufzeichnungen. Handgeschrieben!…« Und daneben war ein gemurmeltes: »Blather ist bekannt für seine Abendessen in der Kirche. Seien Sie gewarnt« zu hören. Spock zuckte die Achseln. »Lassen wir das Los entscheiden«, sagte McCoy hilflos. Die Enterprise hing im Raum, mitleidlos von Gastfreundschaft bombardiert. Die Antwort war klar. »Wir werden zu jedem von Ihnen ein Kontingent schicken. Danke«, sagte Kirk. Er drehte sich zu seinem Stab um. »Offizier vom Dienst, wir werden jedem Planeten einen höheren Offizier, zwei niedere, zwei Bootsmänner und zwei Mannschaftsmitglieder zuteilen. Sobald die Aufteilungen erfolgt sind, schicken Sie die Leute in den Besprechungsraum. Wir müssen hier überaus taktvoll vorgehen. Und vorsichtig –
wie bei der Muschelernte. Denn diese Muscheln könnten sich einfach schließen. Ich will sicher sein, daß jeder weiß, welche Fragen er zu stellen hat.« Aber Sulu, der bei seiner Rückkehr stark nach Fisch roch und noch mit Butter beschmiert war, und Chekov, der einen ziemlichen Schwips hatte, und auch alle anderen berichteten, daß sie auf keine Schwierigkeiten bei der Beantwortung ihrer Fragen gestoßen waren. »Sie unterschrieben einen Vertrag mit der BritischOstindischen Handelsgesellschaft«, sagte Chekov. »Der Name gefiel ihnen.« Er grinste. Seine Zähne leuchteten hellrot. »Betelnuß. Man kaut sie. Harmlos, aber ein bißchen schebau – rebauschend.« »Ich dachte, ich hätte Befehl gegeben, daß niemand sich allzusehr gehenlassen soll«, sagte Kirk und blickte finster. Chekov versuchte, Haltung anzunehmen – und streckte dabei seinen Körper in einem Winkel von 190 Grad. »Jawohl, Sir. Ich wußte nicht, daß sie alkoholisch ist, Sir. Ich wollte nicht unhöflich sein, Sir. Aber hier ist eine Kopie ihres Vertrages, Sir. Tut mir aufrichtig leid, Sir.« »Gut, Chekov. Rühren.« Chekov kippte um. Sulu hob ihn auf und stellte ihn wieder auf die Beine. Er nahm nochmals Haltung an, hatte aber immer noch eine Schlagseite nach Steuerbord. »Großer Gott, es ist wirklich die Britisch-Ostindische Handelsgesellschaft… Mr. Sulu?« »Die Yukon-Pelzhandelsgesellschaft, Sir.« Nach und nach kamen verschiedene Berichte herein… Die Südsee-Luftblasenfirma… die Moskauer Handelsgesellschaft… »Vozdhrovia!« murmelte Chekov… die Gouverneure und die Gesellschaft der Kaufleute der Levante… die Große westamerikanische Eisenbahngesellschaft… alle mit der gleichen Geschichte und dem gleichen Vertrag.
Bootsmaat Weinberg war verblüfft: »Diese Namen. Ich habe einige von ihnen schon mal gehört. Die YukonPelzhandelsgesellschaft… und Eisenbahnen!« Er schnippte mit den Fingern. »Das ist es! Sie sind alte, historische Gesellschaften von der Erde, ein Teil der Geschichte der Forschungsreisen und der Geschichte der Wirtschaftsmächte. Weit zurück im achtzehnten Jahrhundert oder so…« Spock hatte dem Bootsmaat beipflichtend zugehört. »Das ist tatsächlich der Fall, Captain. Das waren die Namen der Händler, die aus dem Alten Europa nach Osten und in neu besiedelte Gebiete zogen und wirtschaftliche Beziehungen aufbauten.« »Ich erinnere mich, daß irgend etwas faul an ihnen war«, grübelte Weinberg. »Ich weiß nicht ganz, was.« »Viele von ihnen waren skrupellos, ausbeuterisch und finanziell unstabil. Nur wenige brachten beiden Seiten einen Vorteil«, fuhr Spock fort. »Einige öffneten den Weg für eine politische Ausbeutung, mit Auswirkungen, die Jahrhunderte andauerten.« »Aber bringt uns diese antike Geschichte in bezug auf das Dilitiumproblem weiter?« fragte Kirk ungeduldig. »Es scheint also einen Haufen kommerzieller Unternehmen mit antiken und ziemlich komischen Namen zu geben. Aber wer sind sie? Was haben sie vor?« »Klingonen«, sagte Chekov gewichtig und puterrot grinsend. »Klingaligaligalionen…« Kirk drehte sich verwundert um. »Mr. Chekov, Sie sind entlassen. Gehen Sie ins Bett.« »Möglich wäre es schon, Jim«, sagte McCoy nachdenklich, als Chekov, glücklich etwas vor sich hin murmelnd, vorbeiging. »Sie könnten neue Feindseligkeiten vorbereiten. Und wenn sie den Dilitiummarkt aufkaufen könnten…« »Wir haben einen Vertrag.«
McCoy zuckte mit den Achseln. »Wer weiß? Wir wissen nicht, mit wem wir es zu tun haben, das ist eine Tatsache.« Kirk schüttelte den Kopf. »Es gibt zu viele Möglichkeiten. Klingonen, Sabotage, Raumpiraterie – wer weiß, was da alles dahintersteckt.« Er rief Leutnant Uhura. »Bitte senden Sie einen verschlüsselten Zusatz zu unserer vorherigen Nachricht an das Kommando. Geben Sie ihnen all diese Namen durch und erbitten sie die Namen der Planeten, auf denen sie registriert sind, die Bekanntgabe der Besitzer und so weiter. Wir müssen sie überprüfen. Ohne diese Daten sind wir nicht in der Lage, die richtigen Schlüsse zu ziehen.« Bootsmaat Weinberg erschien auf der Brücke. Ohne seine Utensilien sah er kauzig und nackt aus. »Sir, ich habe mit den Gruppen gesprochen, die zu den Parties gingen.« »Und?« »Sir, alle erzählen mir Geschichten über exotische Festessen und alle Arten von Gastgebern. Aber als sie ihre Fragen stellten, gab es überall den gleichen Kommentar.« »Welchen?« »Über die Agenten, Sir. Die Repräsentanten der Gesellschaften. Sie scheinen alle vom gleichen Typ gewesen zu sein, große Burschen, die lange Geschichten und viele Witze erzählten und sehr gesellig waren. Ich habe den Eindruck, daß sie die Minenarbeiter regelrecht einlullten, obwohl diese wußten, daß sie eigentlich auf die Sternenflotte zu warten hatten.« »Haben sie sie eingelullt oder reingelegt?« fragte Kirk bitter. »Macht das im Moment einen Unterschied?« McCoy lachte. »Eins zu null. Bis Sie das herausfinden, ist es egal.« »Komisch, daß all diese Repräsentanten sich so ähnlich waren, Sir.«
»Es wäre logisch, den gleichen Repräsentanten im gleichen Territorium einzusetzen«, sagte Spock. »Außer – « »…daß das alles verschiedene Gesellschaften waren.« »Vielleicht«, sagte Spock. »Die nächste Dilitiumquelle ist die Spaltstation auf Akladi. Sollen wir den Kurs programmieren, Captain?« Der Empfang der Akladianer war fast so herzlich wie der der Koridaner. Kirk, McCoy und Weinberg wurden in das Wohnzimmer des Ehepaares gebeten, das mit Pelzen und Leder ausgestattet war. Akladi war kein Planet mit großen Bodenschätzen, mit Ausnahme des Protaktiniumisotopen, der für die Spaltung von Dilitium notwendig war. Offenbar gab es da noch im Hintergrund einen Handel mit Luxusartikeln. »Es tut uns sehr leid, Captain und Freunde. Sie haben gerade erst gestern die letzte vorbereitete Ladung abgeholt.« Der kleine, dunkle Mann lachte. »Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber der Fahrplan wurde immer dichter, als sie die Sternenflotte ausbooteten. Ich fragte mich immer, ob die Frachter überhaupt kommen würden – sie waren fast immer zu spät dran.« Der gute Ruf der Sternenflotte schien zu verblassen. Immer zu spät. Es war Kirk klar, daß die Berechnungen der SubraumZeit äußerst kompliziert waren. Aber bisher schien es, daß keiner außer der Sternenflotte dazu in der Lage war, in das Kontinuum zu springen und früher wieder herauszukommen. »Das ist meine Frau Andree.« Eine anschmiegsame Rothaarige war aus einer Tür getreten. Sie grinste und streckte die Hand aus. »Hallo, Captain, Doktor, Mister Wombat.« »Weinberg, Madam, bitte. Wie geht es Ihnen?« Weinberg glotzte sie förmlich an. Sie war knackig. Sie blickte ihn durch ihre langen Augenwimpern an. »Mir geht’s gut, und Ihnen?« Sie kicherte.
»Entschuldigung, meine Herren, ich fürchte, Andree hat zu lange gefeiert. Sie ist erst gestern angekommen, und es gefällt ihr hier.« Kirk lächelte schwach. Das alberne Gebaren des Mannes war verständlich, aber er wollte ihn fragen – »Die Sternenflotte ausgebootet?« sagte Weinberg und kratzte sich den Kopf mit einer Kante des Trikorders. »Andree, bitte, nicht jetzt.« Sie schaltete an den Knöpfen einer Musikkonsole herum, und laute Tanzmusik erdröhnte. »Komm schon, Joe, wir haben Besuch, unseren ersten – wir sollten singen und tanzen, anstatt über so langweiliges Zeug wie Ankauf und Verkauf zu reden!« »Ich wollte ein temperamentvolles Mädchen hier haben«, sagte Joe mit schüchternem Stolz. »Ich glaube, das ist sie.« Andree wirbelte auf einem wohlgeformten Bein herum, und ihre rosafarbenen Röcke flogen. »Oh, paß auf, Mädchen!« Sie war auf dem polierten Steinboden ausgerutscht und gegen eine Kante der Konsole gefallen. Die Musik kreischte; Joe und McCoy waren eine Sekunde früher bei ihr als Weinberg und Kirk. »Nichts passiert«, sagte sie. Sie war schon wieder auf den Beinen und hielt Joes Hand. »Es hat nicht mal weh getan.« McCoy zog seinen medizinischen Trikorder hervor. »Ich sehe mir nur kurz ihre Schulter an – möglicherweise kriegen Sie sonst einen häßlichen Bluterguß…« Er runzelte die Stirn und stellte das Gerät neu ein. »Das ist komisch, Captain. Ich fürchte, mein Trikorder hat eine Fehlfunktion. Ich erhalte keine zuverlässigen Anzeigen.« Joe trat zwischen seine Frau und den Doktor, der erstaunt hochblickte. »Er scheint wieder in Ordnung zu sein. Was zum Teufel – « »Was ist los, Pille?« sagte Kirk schneidend.
»Ich erhalte normale, gesunde, menschliche Anzeigen von Joe hier, aber keinerlei Protoplasmaanzeigen von der Frau.« »Ist das möglich, Doktor?« »Nur dann, wenn sie kein Mensch ist.« Joes Gesicht war hochrot. »Dafür haben Sie überhaupt keinen Anhaltspunkt, Bursche.« Kirk versuchte, ihn zu beschwichtigen. »Wir wollten Sie nicht beleidigen, Joe. Haben Sie eine Erklärung dafür?« »Warum kehren Sie und Ihre Bande nicht auf Ihr Schiff zurück, anstatt unsere Flitterwochen zu stören. Andree dachte, eine Party wäre nett, aber ihr Burschen – « »Es tut mir leid, Joe, aber als Repräsentant der Sternenflotte sind Sie uns eine Erklärung schuldig. Erstens kam die von Ihnen erwartete Ladung nicht bei Sternbasis 182 an. Zweitens behaupten Sie, daß jemand die Sternenflotte ›ausgebootet‹ hätte, was keinen Sinn ergibt. Drittens, und das kann eine rein persönliche Angelegenheit sein oder auch nicht, ist Ihre charmante Frau am gleichen Tag angekommen, als die vorbereiteten Kristalle verschwanden, was einer Erklärung bedarf – egal, welcher.« »Mann, wir schulden Ihnen überhaupt keine Erklärungen. Aber ich will Ihnen verraten, daß diese Station Eigentum des ›Berufsbildungsinstituts‹ ist, und der Fettwanst, der die Ladung übernahm, war sein beglaubigter Repräsentant.« Joe sprach mit gefährlicher Deutlichkeit. »Sie haben unbefugt das Eigentum des Instituts betreten, schauen Sie deshalb, daß Sie so schnell wie möglich verschwinden!« Er beendete den Satz brüllend. »Ich bin die Bezahlung«, sagte Andree sanft. »Ein Kilo für eine Kilotonne ist die Verrechungsbasis. Das bin ich wert, oder?« Sie tanzte um die kleine Gruppe herum. »Und nun, da sich Ihr Besuch seinem Ende zuneigt, wollen Sie bitte gehen.«
In nachdenklichem Schweigen beamten sie an Bord der Enterprise zurück. »Setzen Sie das Berufsbildungsinstitut auf die Liste, Uhura.« »Haben Sie das mit dem Fettwanst mitgekriegt?« fragte Weinberg. »Das habe ich. Was haltet ihr davon, McCoy, Spock?« »Ich wollte, ich hätte bei den Frauen, die ihr auf Koridon gesehen habt, Messungen durchführen können«, sagte McCoy. »Ich frage mich, ob sie vielleicht auch – keine Menschen waren.« »Wenn sie keine Menschen sind, was sind sie dann?« fragte Weinberg verdutzt. »Androiden. Roboter. Künstlich hergestellte Personen.« »Kein Wunder, daß sie nichts dagegen hatten, in der Küche zu bleiben«, murmelte Weinberg. »…ein Kilo für eine Kilotonne… Spock, können Sie das Gewicht dieser zwanzig ›Ehefrauen‹ auf Muldoon berechnen und feststellen, ob es ihrer Produktion entspricht?« »Captain, solange Sie nicht das tatsächliche Gewicht dieser Androiden kennen, kann ich nur vom durchschnittlichen Gewicht einer menschlichen Frau ausgehen, was sie ja nicht sind… Wenn man jedoch von einem Durchschnittsgewicht von 56 Kilo ausgeht, würde es hinkommen. Höchst unzuverlässig«, sagte Spock miß billigend. Nach einer weiteren, beträchtlichen Verzögerung meldete Leutnant Uhura eine Antwort auf Kirks Nachricht – vom Stellvertretenden Vizevorstand der Inventurbuchhaltung, dem die Nachricht schließlich übergeben worden war. »Die Gesellschaften sind im folgenden aufgelistet – wollen Sie, daß ich die gesamte Liste vorlese, Sir?« fragte Uhura zweifelnd. »Es stehen hier über fünfzig Namen.« »Nein, geben Sie mir einen Ausdruck davon. Noch etwas außer den fünfzig Namen?«
»Ja, Sir. Ihre Adressen… Aber die sind alle identisch!« Sie starrten auf ihren Bildschirm. »Alle fünfzig sind auf dem Planeten Liticia beheimatet!« »Das ist äußerst eigentümlich.« »Wir stehen möglicherweise nahe vor einer Erklärung der gemeinsamen Faktoren, Captain«, sagte Spock. »Der Fettwanst, zum Beispiel.« »Ja, Doktor. Und die – Eigenart dieser Firmennamen.« »Es kommen noch weitere Firmennamen herein, Captain«, rief Uhura. »Sechs andere Sternenschiffe haben ähnliche Entdeckungen gemeldet, daß Firmen ausgelaufene Verträge aufkaufen – und alles weist nach Liticia. Sie wollen auch einen Bericht über Dilitiumreserven an Bord der Enterprise.« »Holen Sie sich diese Information von Mister Scott, Leutnant, und geben Sie sie weiter. Spock, wo ist Liticia?« »Wir haben keinerlei Informationen über einen Planeten dieses Namens«, sagte Spock nach kurzem Zögern. »Diese Schwachköpfe – man sollte annehmen, sie hätten genug Verstand, uns die Koordinaten eines erst kürzlich registrierten Planeten zu übermitteln!« sagte Kirk mürrisch. »Leutnant, verfassen Sie eine höfliche Anfrage. Ich würde wahrscheinlich ausfallend werden.« Uhura lächelte. »Natürlich, Captain.« »Jim, es stellt sich immer noch die Frage, ob es Sabotage war.« »Ich glaube schon, Pille. Was meinen Sie, Mr. Spock?« »Wenn das, was wir denken, vermuten und wissen, als Beweismaterial genügen wird, Captain«, sagte der Vulkanier widerwillig, »so muß man Raumpiraterie ausschließen. Es ist möglich, daß Sabotage dafür verantwortlich ist, daß die Verträge von der Sternenflotte nicht erneuert wurden. Und da sind auch noch die Klingonen. Ich denke jedoch, daß diese Kurzzusammenfassung total syllogistisch und seine Logik so
theoretisch ist, daß es sich dabei um eine Irreführung handeln muß. Von ihrem eigenen bizarren Standpunkt aus betrachtet kommen sowohl Sabotage als auch die Klingonen nicht in Frage – außer sie haben das Hauptquartier infiltriert, wofür, in Anbetracht des Monitors auf Organia, nur eine Wahrscheinlichkeit von zwei zu fünf Milliarden, siebenhundert Millionen dreiundfünfzigtausendzweihunderteins besteht.« »Und der Fettwanst?« »Das ist in der Tat verwirrend«, gab Spock zu. »Falls er nicht der hypothetische Klingonenagent ist.« Kirk lachte. »Und ich dachte, Sie hätten keine Phantasie, Spock.« »Habe ich auch nicht, Captain«, sagte Spock unterdrückt. »Aber ich habe die Fähigkeit zur Extrapolation, zur logischen Extrapolation.« »Captain Kirk! Die Koordinaten von Liticia sind soeben durchgegeben worden! Die Nachrichtenübermittlung kam etwas verspätet!« »Das ist typisch Hauptquartier – schon wieder verspätet. Gehen Sie auf Kurs, Mr. Chekov. Diese Koordinaten befinden sich in unserem Sektor.« »Das Sternenflottenkommando weist gerade darauf hin, Sir«, sagte Uhura. Etwas später sagte Chekov fast träumerisch: »Captain?« »Mister Chekov?« »Hier waren wir schon mal, Sir. Ich wußte, daß mir diese Koordinaten bekannt vorgekommen sind! Es ist – Mudds Planet, Sir!« Kirk schluckte. McCoy zuckte zusammen. Spock hob seine rechte Augenbraue.
3
Zur allgemeinen Verwunderung wurde die Landeerlaubnis sofort erteilt. Kirk wies Doktor McCoy, Mr. Spock und Bootsmaat Weinberg an, sich im Transporterraum einzufinden. Auch Mr. Chekov erschien. »Ja, Mr. Chekov?« erkundigte sich Kirk. »Nichts, Sir. Ich erinnere mich – an Mudds Planeten und da fragte ich mich, ob ich – « »Nein, Mr. Chekov.« Die Erinnerungen des Navigators waren viel zu angenehm, wie sein Gesichtsausdruck verriet. »Ja, Sir.« Wehmütig sah Chekov zu, wie die vier Männer in dem funkelnden Nichts verschwanden, und hörte noch den Doktor sagen: »… und ich werde es niemals gutheißen. Ich hänge an meinen Atomen, hatte sie jahrelang…« »Na so was! Das ist ja ein wahres Familientreffen! Hallo, Captain James T. Kirk. Ich vergebe Ihnen von Herzen.« Fetter denn je, schien Harry Mudd aus einer ziemlich schmuddeligen Tunika förmlich herauszuquellen. Er breitete zur Begrüßung die Arme aus. »Wie nett von Ihnen, mal vorbeizuschauen. Nein, sagen Sie nichts.« Er hob eine fleischige Hand. »Fürchtet euch nicht, Freunde. Ich hege keinen Groll. Im Gegenteil, unsere Begegnungen stellen mich immer wieder vor neue Anforderungen. Ihr rettet mich vor der Langeweile.« Er deutete auf eine Allee von hohen Bäumen. »Erfrischungen, meine Herren. Hier entlang.« Lange Girlanden duftender Blüten wanden sich durch die Zweige. Die Straße war mit Marmor gepflastert und schlängelte sich auf ein helles schimmerndes Gebäude in mittlerer Entfernung zu.
»Mein Haus«, sagte Mudd bescheiden. »Ich hielt mich ziemlich an das Design, das ich einmal in einem Buch gesehen habe.« »Es ist das Taj Mahal, Captain!« flüsterte Weinberg. »Ein antikes Grabmal, denke ich.« Die kristallklaren Wasser eines Teichs reflektierten kühl und ruhig die Türme. »Eine Perle, diese Residenz, nicht wahr, Junge?« Mudd legte seinen Arm fest um Kirks Schulter. An der Tür verbeugte sich eine große Gestalt vor ihnen. Ihr befiederter Turban kehrte dabei fast den Boden. Die Tür schwang geräuschlos auf, und eine Phalanx dekorativer, schwarzhaariger Schönheiten, alle gleich und in durchsichtig schimmernde Hosen gekleidet, winkten sie herein. »Eh – wie Sie wissen, habe ich eine Vorliebe für die angenehmen Dinge des Lebens«, sagte Mudd mit einem Seitenblick auf den Trupp von der Enterprise. »›Welch Vergnügungen und Paläste du auch immer durchstreifen magst, sei es auch noch so bescheiden, es geht nichts über die Heimat. ‹ Meiner Meinung nach ist es am besten, beides zu kombinieren.« McCoy sagte belehrend: »Die Heimat ist dort, wo das Herz ist.« »Recht so, mein Junge. Welches Herz könnte von so einer Heimat nicht erobert werden?« Die Innenräume waren unterschiedlich. Eine perfekt proportionierte Marmorhalle führte zu einem behaglichen Salon, an den sich ein mit Samt ausgelegter Empfangsraum anschloß. Bootsmaat Weinberg war still. Immer mehr Haremsschönheiten erschienen, bis die Wände förmlich zu wogen schienen.
McCoy flüsterte: »Sie sind alle Androiden, Fähnrich. Lassen Sie sich nicht beeindrucken. Dieser Mudd ist ein Überredungskünstler.« Vor den Augen des verdutzten Weinberg schienen sich weite Flächen voll holder Weiblichkeit zu erstrecken. »Selbstverständlich vollprogrammiert«, fügte McCoy hinzu. »Selbstverständlich«, schluckte Weinberg. Eine üppige, dunkelhaarige Verführerin schwebte vorbei und lächelte. »Bootsmaat! Sie sind im Dienst!« sagte McCoy unnachgiebig. »Jawohl, Sir! Im Dienst, Sir.« Der Bootsmaat fummelte hastig an seinen Trikordern herum. Er blickte auf: »Sir? Ist Mr. Mudd der einzige außer uns hier, der echt ist?« »So ist es.« »Du lieber Himmel«, schnaufte Weinberg. »…und das hier ist mein Heiligtum – mein Privatgemach.« Mudd gab ihnen ein Zeichen, durch einen durchbrochenen Steinbogen zu treten. Sie schritten auf Teppichen, die wie frisches Gras federten. In der Mitte des Bodens war ein beleuchtetes, mit dickem Glas bedecktes Aquarium. Als sie es überquerten, schossen unter ihren Füßen bunte Fische zwischen wallenden Gräsern umher. Sessel wurden aufgefahren und luden sie ein. »Diesmal haben Sie sich selbst übertroffen, Mudd«, sagte Kirk. »Meinen Sie wirklich? Ich bin entzückt, daß Sie meine Ansicht bestätigen. Aruhu, bring Erfrischungen.« Mudd winkte träge einer verschleierten Gestalt zu, die sich verbeugte und zurückzog. »Mir gefällt Aruhus Kleidung besser. Gelegentlich wird man der Zurschaustellung müde. Finden Sie nicht auch, meine Herren, daß die verborgene Schönheit die verlockendste ist?« »Wo sind die Stellas, Harry?«
»Oh.« Mudd bewegte sich faul. »Gänzlich umgemodelt. Ich habe sie zu einem Raumschiff umgebaut. Ich danke Ihnen nochmals für die Gelegenheit, sie zu vergessen. Ich genieße es so, sie zu vergessen.« Ein Seufzer der Erleichterung entrang sich seinen Lippen. »Harry«, sagte Kirk, »nehmen Sie sich zusammen. Wir wollen einige nette, klare Antworten. Was haben Sie vor?« »Das ist Ihr Lieblingssatz«, beklagte sich Mudd. »Ich habe gar nichts vor. Nur das Leben eines reichen Müßiggängers zu führen.« »Fangen wir da an. Wie sind Sie reich geworden?« Empört hievte Mudd seinen massigen Körper hoch. »Ich bin ein Handelsreisender, und sogar ein exzellenter.« »Er meint Betrüger«, murmelte McCoy. »Das ist üble Nachrede, Doktor. Ein Betrüger ist ohne Ehre, ein kleiner Krimineller. Ich halte mich an das Gesetz. Sogar der neue Name dieses Planeten bedeutet ›legal‹. Ich habe meine Lektion gelernt.« »Nun gut, Sie sind Handelsreisender. Was verkaufen Sie und für wen arbeiten Sie?« beharrte Kirk. »Für mich, mein Lieber, für mich. Ah, hier kommt Aruhu.« Von der Verschleierten angeführt, strömten juwelenbehangene Nymphen in den Raum. Sie trugen goldene Tablette, die mit Früchten wie Granatäpfeln, Ananas, weichen und stachligen Birnen sowie Kuchen und Süßigkeiten angehäuft waren. Als sie über den Teppich glitten, schienen Düfte hochzusteigen. Die Lichter des Aquariums warfen verschiedene Farben durch die Luft, und Glockenmusik ertönte rhythmisch dazu. »Es ist wie ein Traum«, murmelte Weinberg verwirrt. »Es wird gleich wirklich einer sein – Jim! Er hat die Luft mit Schlafmittel durchsetzen lassen!« »Hmmm? Tatsächlich? Wer denn?« sagte Kirk gähnend.
»Captain, wach auf! Mudd, Sie gehen zu weit!« McCoy bemühte sich, auf die Beine zu kommen. Spock schüttelte den Captain an den Schultern, Weinberg stürzte unter dem Klappern seiner Instrumente zu Boden und begann zu schnarchen. »Doktor, haben Sie kein Gegenmittel?« schnauzte Spock. »Mm. Ja, hier«, antwortete McCoy und kippte um. Spock, der offensichtlich noch keine Wirkung zeigte, bog sich über den liegenden Doktor und nahm ihm die Injektionspistole aus den schlaffen Fingern. Augenblicke später hatte das Kontingent der Enterprise seine Sinne wiedergewonnen, und der Geruch war verschwunden. »Was hatte das zu bedeuten?« fragte Kirk erzürnt, als er von seinem allzu beruhigenden Sessel aufstand. »Ich wollte nur sicher sein, daß ihr euch als meine Gäste entspannt«, sagte Mudd einfältig. »War nicht böse gemeint. Wahrscheinlich habe ich mich bei der Dosierung geirrt.« »Gehen wir an die frische Luft«, sagte Kirk angewidert. »Sie hatten den Auftrag, diesen Planeten mit Hilfe der Androiden zu erschließen. Beginnen wir an dem Zeitpunkt, als wir weggeflogen sind. Was haben Sie mit dem Planeten gemacht, außer allen möglichen Leuten eine Postkastenanschrift anzubieten?« »Gut, daß Sie das fragen, Captain.« Mudds Lächeln drohte fast, seine übervollen Wangen zum Platzen zu bringen. »Wir brauchen unbedingt frische Luft.« Er schnippte mit den Fingern. »Den Fünfsitzer sofort zu Tür Sieben.« Sie marschierten einen tapezierten Korridor entlang, der zu einem geräumigen Hof führte. »Diesen Mann darf man keine Minute aus den Augen lassen«, sagte McCoy zu Weinberg. »Das ist mir klar«, antwortete Weinberg nachdenklich. »Es scheint tatsächlich, daß er hinter der Dilitiumverknappung steckt.«
»Es ist wahrscheinlich«, pflichtete Spock bei. Ein kleiner, schnittiger Flugwagen erwartete sie im Hof. »Meine Herren, wir bereisen Liticia stilvoll. Einen ganzen Planeten kann man sowieso nicht von der Oberfläche aus betrachten.« Mudd geleitete sie zu dem beweglichen Gleitweg, der zu der offenen Tür des Wagens führte. »Und er klingt immer glaubwürdig«, bemerkte McCoy. »Denken Sie dran.« Weinberg nickte. Captain Kirk zögerte. Der gesamte Landetrupp sollte nicht den dicken und verräterischen Händen Mudds ausgeliefert sein. Aber er wollte sowohl Spocks als auch McCoys Erfahrung und Urteilsvermögen bei sich haben; das hieß, es blieb lediglich der unerfahrene Weinberg übrig, der Anzeichen dazu gezeigt hatte, den Verlockungen des Mudd Mahals zu erliegen. Dennoch spürte Kirk, daß eine Flankendeckung notwendig war. Nun, Fähnrich Weinberg war im Dienst. »Bootsmaat, Sie bleiben hier. Ich will, daß Sie Ihren Kommunikator für uns und für die Enterprise offen lassen, daß wir über alle Vorkommnisse unterrichtet werden.« »Ja, Sir.« Weinberg stieg von dem Gleitweg herunter und suchte in seiner Ausrüstung nach dem Kommunikator. Dann entfernte er sich vom Flugwagen. Der Captain, Spock und McCoy setzten sich in die weichen Kissen. Der Wagen schwebte nach oben, seine Maschinen summten leise und Mudd sagte: »Einen Drink, meine Herren?« Bereits gefüllte Tabletts öffneten sich über ihrem Schoß. »Diese kleine Fähre fliegt von selbst. Sie ist auf eine große Rundfahrt programmiert, und die sollen Sie auch haben.« »Das letzte Mal, als wir hier waren«, bemerkte McCoy, »mußten Sie unter einer Kuppel leben – der Planet war auf der Oberfläche unbewohnbar.« »Gut, daß Sie das bemerkt haben, lieber Junge«, sagte Mudd.
»Ja, wir haben hier eine erdähnliche Atmosphäre geschaffen ein kleines Jonglieren mit der Ökologie hier, ein chemischer Balanceakt da, und Eureka! Nichts Besonderes, wenn man weiß, wie. Wir haben Techniken, um natürliche Prozesse zu beschleunigen, und wo die nicht helfen, ein bißchen technisches Know-how. Zum Beispiel die Bäume in diesem Wald – sie benehmen sich wie Bäume, sehen wie Bäume aus, produzieren Sauerstoff wie Bäume, aber sie sind genauso echt wie die Mädchen. Sie sind vollprogrammiert.« »Ich wünschte, Sie würden einige dieser Techniken an die Kolonisten weitergeben«, sagte Kirk und dachte an die öden, unfruchtbaren Orte, wo Siedler mit fast unbewohnbaren Planeten zu kämpfen hatten. »Gewiß«, sagte Mudd erstaunt. »Wenn sie zahlen können… Hm, das könnte sich lohnen. Wissen Sie was, Junge, Sie können für uns eine exzellente Werbung machen – selbstverständlich auf Provision.« McCoy verdrehte die Augen. Spock schnaubte. Und Kirk reagierte auf Mudds Unverfrorenheit mit einem vernichtenden Blick. »Eh, wir haben nun die Peripherie des Zentralkomplexes passiert, und jenseits davon sehen Sie anbaufähiges Land, das intensiv bebaut wird. Drei bis sechs Ernten im Jahr, natürlich alle für den Export bestimmt.« »Echte Feldfrüchte?« fragte McCoy, »oder vollprogrammierte Kartoffeln?« Diesmal reagierte Mudd mit einem vernichtenden Blick. »Doktor, ich glaube, Sie passen nicht richtig auf. Eine vollprogrammierte Kartoffel wäre absurd. Dort im Westen sehen Sie die ehemalige »Flickwerk-Wüste«, die jetzt Flickwerk-Anbaugebiet heißt. Unterirdisch haben wir Lager von Wolframit, Petroleum und verschiedene seltenen Erden entdeckt. Auf der Fläche zu Ihrer Rechten sehen Sie die
Raffinerien und Chemiefabriken, und genau hinter diesen Hügeln liegt Landebahn Sechs.« . »Natürlich vollprogrammiert«, murmelte McCoy gähnend. Kleine Frachtschiffe starteten und landeten. Einfache Gleise für den Gütertransport führten von der Landebahn in alle Himmelsrichtungen zu den Industrielagerstätten. Mudds Planet war bis zum letzten Millimeter erschlossen worden. »Nun gut, Harry, Sie haben Ihre Argumente vorgebracht«, gestand Kirk. »Erzählen Sie uns jetzt bitte, was aus den Stellas wurde, die wir Ihnen zur Bewachung hierließen.« Mudd seufzte. »Ich wurde ihrer Stimme äußerst überdrüssig. Das war schon immer so. Deshalb sagte ich ihnen, sie sollten ihr den Mund stopfen, sonst würde ich verrückt werden. Und so haben sie sie – ruhiggestellt.« »Aus Mitleid?« sagte McCoy ironisch. »Aus Erbarmen, Junge, purem Erbarmen; Ihr wolltet, daß ich leide, sie konnten meine Qualen nicht mitansehen.« »Sie haben sie überzeugt«, sagte Spock. »Aber Sie sagten, Sie hätten sie in ein Raumschiff verwandelt?« »Recycling, mein Lieber, Wiederverwertung. Alle meine Schiffe sind jetzt Stella. Interstella, Saphirstella, Schwarze Stella, Abendstella…« Mudd grinste. »Und nun die wichtigste Frage, Mudd«, sagte Kirk ruhig, als der Flugwagen Landebahn Siebenundfünfzig umkreiste. »Würden Sie bitte höflichst die Verbindung zwischen Ihnen, dieser… komischen Handelsgruppe, deren Spur wir bis zu diesem Planeten gefolgt sind, und der Dilitiumkristallverknappung erklären. Und ich will eine direkte Antwort, Harry!« »Ich bin ein Geschäftsmann, mein Junge. Ein Handlungsreisender. Ich verkaufe«, begann Mudd.
Kirk verlor jegliche Geduld und schrie: »Was verkaufen Sie?« »Androiden natürlich.« »Weibliche Androiden«, sagte McCoy. »Natürlich.« »Sie sind unverbesserlich!« »Nun, warum nicht? Es gibt da draußen immer noch diesen nahezu unersättlichen Markt, all die Außenposten der Menschheit, arme, einsame Männer, die sich jahrein jahraus schinden und plagen, ohne Gesellschaft, und schließlich in ihrem eigenen Schmutz versinken. Wenn ich nur daran denke, fange ich schon an zu weinen.« Mudd wischte sich mit einem nicht allzu sauberen Ärmel über die Augen. »Androidenfrauen sind sehr anpassungsfähig, und es gibt auch keine Schwierigkeiten mit ihrer äußeren Erscheinung.« »Sie können wohl nicht damit aufhören, Frauen zu verkaufen, wie?« sagte Kirk voller Abscheu. »Sie kränken mich, Captain, wirklich. Androiden sind keine Menschen!« sagte Mudd betrübt. »Gerade Sie sollten wissen, daß ich etwas dazugelernt habe. Man kann nicht mit Menschen handeln. Das wäre unmoralisch. Aber diese Roboter gehörten niemandem, ihre Schöpfer waren spurlos verschwunden. Sie brauchen es, jemandem zu gehören. Das gibt ihnen Sicherheit.« Spock starrte ihn an. »Mudd, ab und zu kann ich Ihren ausschweifenden Gedankenflügen folgen. Aber Maschinen haben kein Bedürfnis nach Sicherheit. Das müssen Sie mir noch mal erklären.« »Aber das haben sie wirklich, Spock, alter Junge. Sie kennen sie nicht so gut wie ich«, antwortete Mudd ernst. Spock schüttelte den Kopf, als ob er seinen Zweifel damit ausräumen konnte.
»Entweder sind diese Androiden Maschinen, dann haben sie keine Gefühle – und können als verkäufliche Art klassifiziert werden, Captain. Oder aber sie sind empfindungsfähige Wesen, dann können sie niemandes Eigentum sein. Ihr Argument ist berichtigungsbedürftig.« »Versuchen Sie mal, sie als ziemlich kluge Tiere zu betrachten, Spock«, bot ihm Mudd höflich an. »Vielleicht hilft Ihnen das. Dann wären sie immer noch verkäuflich.« Weinbergs Stimme tönte blechern aus dem Kommunikator: »Es gab eine Zeit, wo diese Masche bei all jenen angewandt wurde, die das Unglück hatten, gefangengenommen und versklavt worden zu sein. Die Gefühle von Tieren hatten keine Bedeutung – noch lange nicht, nachdem die Sklaven und ihre Enkelkinder schon frei waren!« McCoy sagte nüchtern: »Das ist traurigerweise wahr. Wir sind so weit fortgeschritten, daß wir allen intelligenten Lebensformen die Rechte fühlender Wesen zugestehen. Zu jener Zeit wurde den Sklaven gelegentlich zugestanden, eine Seele zu besitzen. Dennoch wurden sie nicht wie Lebewesen behandelt. Haben Androiden eine Seele, Spock?« »Das gehört nicht zu meinem Fachgebiet, Doktor. Ich bin noch nie auf eine zufriedenstellende Definition gestoßen. Aber diese Androiden können erstaunlich klar denken.« »Warum wird diese Unterredung so theologisch?« beklagte sich Mudd. »Tatsache ist, daß dieser Planet voller herrenloser Maschinen war und die Kapazitäten dazu bestanden, mehr davon herzustellen. Und es gibt kein Gesetz gegen den Verkauf von Maschinen. Mein Eigentumsrecht ist unbestritten – sämtliche Geschäftsunternehmen sind vorschriftsmäßig registriert.« »Welchen Preis kriegen Sie für die Androiden, Mudd?« »Genügend, mein Junge, genügend. Haben Sie Vollmacht, meine Bücher zu prüfen?«
»Sie müssen sehr teuer sein. Kilotonnen Dilitiumkristalle zum Beispiel«, beharrte Kirk. »Natürlich sind meine Mädchen – äh, Maschinen – teuer. Schauen Sie sich nur das Design an. Die Qualitätsarbeit. Sie glauben gar nicht, was die Gesamt…« »Und in welcher Münze bezahlen Ihre Kunden?« »Ah, das ist eine andere Geschichte.« Mudd zog eine Trauermiene. »Die armen, einsamen Burschen. Ihr Guthaben ist nicht immer groß. Aber« – seine Miene hellte sich auf»manchmal können sie die Früchte ihrer Arbeit verkaufen. Ja, Captain, ich habe schon manch seltsame Fracht auf fernen Planeten gelöscht. Ich könnte Ihnen Geschichten erzählen – « »Dilitiumkristalle«, sagte Kirk fest. »Warum reiten Sie auf den Dilitiumkristallen herum? Was sind sie? Eine Art Edelstein? Habe ich vielleicht etwas verpaßt?« Der Wagen stieg hoch und kurvte über einen niedrigen Gebirgszug. »Ihr Gedächtnis verläßt Sie, Harry. Sie wissen ganz genau, worum es sich handelt. Und die Sternenflotte ist von dieser Knappheit nicht begeistert. Ganz und gar nicht.« Harry Mudd zuckte die Achseln. »Das geht mir ans Herz, mein Junge, wirklich. Aber es gibt nichts, was ich für die Sternenflotte tun könnte. Haben Sie genug von Liticia gesehen? Sollen wir zum Ausgangspunkt zurückkehren und frische Getränke bestellen?« »Wenn Sie davon Abstand nehmen, uns einzuschläfern. Aber hier oder am Boden, wir kriegen unsere Antworten… Bootsmaat Weinberg, bitte kommen. Haben Sie zugehört?« »Jawohl, Sir. Eine interessante Diskussion, Sir. Das ist auch die Meinung von Leutnant Uhura.« »Leutnant Uhura?« Zwei Stimmen antworteten. »Ja, Sir?«
»Sie haben ein Echo. Machen Sie die Leitung frei.« »Ist es jetzt besser?« »Nein, Leutnant.« »Sie ist hier bei mir, Sir. Ich glaube nicht, daß sie von hier aus ihre Instrumente erreichen kann«, sagte Weinberg. »Leutnant? Ich habe Ihnen keine Erlaubnis dazu erteilt, herunterzubeamen.« »Das habe ich auch nicht, Sir. Ich bin hier auf meiner Station«, kam die etwas ungehaltene Antwort. »Aber sie steht doch hier neben mir. Beim – Mahal, Sir«, sagte Weinberg verdutzt. »Mudd, was geht hier vor?« sagte Kirk mit einem gefährlichen Unterton. »Eine kleine Überraschung für Sie«, sagte der Dicke hastig. »Ich wollte sie eigentlich für später aufheben. Einen Moment, bitte.« Der Flugwagen schwebte in den Hof und hielt. Der Gleitweg schwebte von der Tür, und Kirk packte Mudd am Kragen seiner rosafarbenen Jacke und schob ihn hinaus. »Uff, Sie sind ja noch dicker geworden. Nun, was ist los mit Uhura? Wo ist sie?« Weinberg rannte auf sie zu. Die verschleierte Schönheit folgte ihm auf den Fersen. Sie hörten ein vertrautes Lachen; eine schmale Hand ergriff den Schleier und ließ ihn fallen. Uhuras wunderschönes, braunes Gesicht lachte aus den drapierten Stoffen hervor. »Ein Duplikat, Captain. Sie erinnern sich, wir hatten die genauen Angaben Ihrer Uhura. Unsere Aruhu ist wirklich eine sehr charmante Persönlichkeit – wie Ihr Offizier, aber vielleicht etwas… zugänglicher«, schnurrte Mudd. »Leutnant Uhura an Bord der Enterprise«, rief Kirk. »Sir, was geht hier bitte vor?« Uhura klang ziemlich besorgt. »Sie haben ein Androidenduplikat von Ihnen angefertigt.« »Von mir? Warum?«
»Weil Sie Mudd gefallen.« »Hm. Kann sie singen?« »Natürlich kann ich singen.« Aruhu stimmte eine tiefe, fremdartig klingende Melodie an. Nach einem kurzen Moment der Überraschung fing die Uhura von der Enterprise an, mitzusingen. »Endlich habe ich etwas getan, was Ihnen gefällt«, sagte Mudd, sichtlich aufblühend. »Sie klingen hübsch im Duett, nicht wahr? Wie wär’s mit einem Chor? Soll ich die anderen siebenundsechzig kommen lassen?« Uhura brach ab und kreischte: »Siebenundsechzig? Von mir?… Das ist zuviel, Sir. Das gefällt mir ganz und gar nicht, Captain. Das ist fast – eine Beleidigung!« Es folgte betretenes Schweigen. Weinberg brach es. »Wollen Sie damit sagen, daß sie von jedem ein Duplikat anfertigen können?« »Offensichtlich«, sagte Kirk. »Dann könnte er doch auch ein Duplikat sein«, sagte Weinberg und zeigte auf Mudd. Kirk zwinkerte mit den Augen. Spock und McCoy tauschten Blicke aus. »Es gibt einen Weg, das herauszufinden!« McCoy griff nach seinem medizinischen Trikorder und klappte ihn auf. Viel zu schnell für einen fetten Mann rannte Harry Mudd durch das offene Tor am Ende des Hofs. Kirk und Spock rannten ihm im Eiltempo nach, aber als sie das Tor erreichten, war er bereits außer Sichtweite. »Spock, Sie gehen zu diesen Bäumen hinüber; McCoy, wir gehen da lang…« Als Kirk die Verfolgung aufnehmen wollte, sprach sie eine Stimme von hinten an. »Ach, wie schade. Ich fürchte, diese Einheit hatte einen defekten Panikschalter. Aber für die Unterhaltung war sie gut genug, nicht wahr?« Mudd stand im Hof und lächelte reumütig.
Kirk wurde sich langsam seiner Wut bewußt. Dieses An-derNase-Herumführen schien kein Ende zu nehmen. Und keine Antworten. »Zum letzten Mal, Mudd Nummer Soundsoviel, keine Spielchen mehr. Antworten Sie. Wo sind die Dilitiumkristalle, und was ist mit dem echten Harry Mudd geschehen?« »Was sind denn diese Dilitiumkristalle, Captain?« Kirk ging drohend auf den rundlichen Androiden zu, der Mudd so ähnlich sah. »Hören Sie endlich auf damit! Es sind die Kristalle, die Mudd – oder Sie – von den Minenarbeitern im Austausch für die Frauen kassiert haben. Wo sind sie?« »Captain, ich möchte Sie daran erinnern, das es sinnlos ist, uns physisch zu bedrohen. Lassen Sie uns vernünftig sein. Wir haben in letzter Zeit sehr viel über Gesetze gelernt. Harry Mudd spricht fast von nichts anderem. Erlasse, Sir. Vorladungen, Sir. Vorführungs- und Gerichtsbefehle. Haben Sie die vorzuweisen? Falls nicht, brauchen wir nicht zu antworten. So wurde es uns gesagt.« »Spock!« sagte Kirk verzweifelt. »Haben wir Vorladungen und Gerichtsbefehle?« »Captain, ich glaube, daß wir im Auftrag der Sternenflotte eine gerichtliche Vollmacht über diesen Planeten besitzen, da er sich im Gebiet der Vereinigten Föderation befindet.« »Ist das ein Glaube oder eine Tatsache, Mister Spock?« sagte der Androide eifrig. »Wenn Sie nur daran glauben, so ist damit für uns keine Verpflichtung verbunden. Ist es jedoch eine unbestreitbare Tatsache, so ist unsere Position eher de jure als de facto zu sehen.« »Wovon spricht er, Mister Spock?« fragte Weinberg verdutzt. »Er sieht aus wie Mudd, er klingt wie Mudd, aber er denkt wie ein Vulkanier«, sagte Spock mit ungewohnter Vitalität. »Wenn wir von der Föderation bevollmächtigt sind, Fragen zu stellen, dann sind Sie auch gezwungen, zu antworten. Wenn
nötig, können wir auch eine Form der Gerichtsbarkeit in locum tenens wahrnehmen.« »Mr. Spock, bereitet Ihnen das etwa Vergnügen?« fragte McCoy ungläubig. »Sie können die Freuden der Vernunft nicht würdigen, Doktor. Diese Wesen sind logisch«, sagte Spock. Kirk sagte geduldig: »Können wir jetzt nach den Kristallen fragen?« Nachdem er bemerkte, daß es nie ein Verbot oder eine Einschränkung gegen das Fragen des Captains gegeben hatte und daß der Captain in seiner undisziplinierten Art sich vermutlich nach Antworten erkundigte, antwortete der Android: »Der Mensch Mudd ist für uns unbegreiflich. Seine Handlungen sind nur durch seine eigenen logischen Konstrukte, die auf eigenen Gesetzmäßigkeiten beruhen, logisch. Er bestand sehr auf einer Handlungsweise, die er als ›Spurenverwischen‹ bezeichnete. Wir sehen keine Notwendigkeit dafür, da sich unser Verhalten streng an das Gesetz hält, aber – « »Wo ist er? Wo sind die Kristalle?« Kirk wurde das Gefühl nicht los, daß er in seinem ganzen Leben weder jemals etwas anderes würde sagen können, noch jemals darauf eine Antwort bekommen würde. »Sie sind ungeduldig, Sir. Ich wollte ordnungsgemäß von einem Begriff zum nächsten kommen. Da Sie jedoch wünschen, die dazwischenliegenden Schritte auszulassen, so will ich Ihnen sagen, daß der Mensch Mudd diesen Planeten mit seinem gesamten Vorrat an Dilitiumkristallen verlassen hat.« »Wohin ist er geflogen? Und wie?« »Der Mensch Mudd gab uns Instruktionen, ein wesentlich leistungsstärkeres Schiff als das Ihrige zu konstruieren, das von ihm und einer kleinen Gruppe von Androiden gesteuert
werden kann. Es ist im wesentlichen ein höchst bewegliches Frachtschiff, das zu großen Geschwindigkeiten imstande ist. Er bestand darauf, ihm einen Namen statt einer schönen, sauberen Nummer zu geben«, sagte der mechanische Mudd angewidert. »Wohin ist er geflogen?« »Das kann ich Ihnen nicht sagen.« »Einen Augenblick, Captain«, sagte Spock zu dem vor Wut kochenden Kirk. »Sie können es uns nicht sagen, weil Sie es nicht wissen, oder weil Ihre Programmierung es Ihnen verbietet?« »Weil ich es nicht weiß, Mr. Spock. Darf ich hinzufügen, daß es erstaunlich einfach ist, mit Ihnen zu kommunizieren?« sagte der Android. »Danke«, sagte Spock ernst. »Es ist nicht verwunderlich, Captain, daß Mudd es vermied, der, eh, ansässigen Bevölkerung sein Ziel zu nennen. Er konnte sie bis zu einem bestimmten Punkt zu seinem Schutz programmieren, aber selbst Mudd mußte gewußt haben, daß er nicht fähig war, ihre Logik soweit zu verstehen, daß ihr Stillschweigen garantiert war. Zweifellos hat er von uns erwartet, daß wir seine Tarnung durchschauen – aber so hat er auf jeden Fall Zeit gewonnen.« »Angenommen, die Androiden müssen ihn geschäftlich kontaktieren?« fragte Weinberg. »Können sie ihn erreichen?« »Das wird nicht nötig sein«, sagte der Androide trocken. »Wir sind in der Lage, mit diesem Planeten und seinen Angelegenheiten ohne die Hilfe des Menschen Mudd fertig zu werden.« »Sind Sie nicht mal neugierig?« sagte McCoy. »Ich glaube, das ist eine animalische Eigenschaft, Doktor, und keine mechanische.« »Definieren Sie das Bedürfnis, Schlußfolgerungen zu ziehen«, sagte McCoy herausfordernd. »Definieren Sie ›Ich glaube‹.«
Der Androide fing an zu sprechen und hörte wieder auf. Er drehte sich zu Spock. »Ich – Sie – fühle eine Lähmung meiner Logik-Schaltkreise.« »Das Bedürfnis, Schlußfolgerungen zu ziehen, bedeutet etwas wissen zu wollen. Das ist Neugierde«, sagte Spock. Der Androide zitterte. »Was den Ausdruck ›ich glaube‹ anbelangt – er ist in diesem Zusammenhang eine Konversationsphrase ohne Bedeutung, Doktor.« »Spock, ich bin mir nicht sicher, ob Sie überhaupt ein Mensch sind, wenn Ihnen Glaube nichts bedeutet«, sagte McCoy. »Entweder ist Neugierde, eine animalische Eigenschaft oder nicht«, grübelte der Androide unschlüssig. »Wenn es so ist – « Er gab das Philosophieren für den Moment auf und sagte: »Wenn dieser Planet Ihrer gesetzmäßigen Autorität untersteht, müssen wir Ihnen helfen. Deshalb werden wir uns über die Befehle des Menschen Mudd hinwegsetzen. Wie können wir Ihnen helfen?« Der Androide führte sie ins Innere des Mudd Mahals zurück. Die Mädchen waren verschwunden. Weinberg war zugleich enttäuscht und erleichtert. Als sie eine großräumige Halle durchquerten, erklärte Kirk, daß die Enterprise und andere Schiffe der Flotte bereits die Planeten, die als Anlaufhäfen für die Frachtschiffe von Liticia in Frage kommen würden, überprüft hätten, aber es gab weder ein Lebenszeichen von Mudd noch von großen Dilitiumvorkommen in der Umgebung. »Seine Spur endet hier«, sagte Kirk. »Er muß irgendwo ein Versteck haben«, sagte McCoy. »Irgendwo in der Galaxis«, sagte Weinberg. Seine Worte machten ihnen die Hoffnungslosigkeit ihrer Aufgabe klar. »Können Sie uns mal zeigen, wo er gearbeitet hat – wenn er das überhaupt getan hat?« fragte der Doktor. »Vielleicht finden wir dort einen Anhaltspunkt.«
»Er hatte die Angewohnheit, sich gelegentlich hier einzuschließen«, sagte der Android und öffnete eine Tür. Sie führte ins Heiligtum zurück. »Was für ein Ort, um Versuche anzustellen und sich zu konzentrieren!« sagte Spock angewidert, als er die sinnlichen Bewegungen der Fische und das Spiel der Lichter betrachtete. »Von hier hatte er Zugang zu den Zentralcomputern.« Der Androide Mudd sank in den Sessel, den vorher das andere Duplikat eingenommen hatte, und hob die Verkleidung von der rechten Armlehne. Eine kleine Konsole war unter dem Polster eingebettet. »Von hier aus konnte er natürlich auch die Klänge, die Lichter und die Zusammenstellung der Luft kontrollieren.« »Er konnte aber schwerlich einen Flugplan aus dem Kopf erstellen«, meinte Weinberg. »Nein, dann muß er den Zentralcomputer benutzt haben. Können wir seine Aufzeichnungen überprüfen?« fragte Spock den Androiden. »Sicher, aber es ist unwahrscheinlich, daß er dem Computer seine Pläne anvertraut hat, wenn er sich verborgen halten wollte.« »Spock, können Sie diesen Blechhaufen nicht dazu inspirieren, etwas Nützliches hervorzubringen?« murmelte McCoy. »Inspirieren, Doktor? Sie schmeicheln mir. Aber es ist wahr, daß Mudd seinen Flugplan nicht ohne Computer entworfen haben kann. Können Sie sämtliche Informationen, die in seinen Speicherbanken enthalten sind, prüfen?« fragte Spock den Androiden. Der Androide nickte. »Es wird einige Zeit dauern. Wir helfen Ihnen gerne, da wir nur ungern zu wenig informiert sind. Vielleicht können Sie und dieser Mediziner, der im gleichen Rahmen wie der Mensch Mudd zu denken scheint, uns anleiten.«
»Sie sind eine lausige Kopie von Mudd«, sagte McCoy. »Alle Schiffe des gleichen Modells sind nicht miteinander identisch, Doktor. Kommen Sie, erweitern wir die Grenzen unseres Wissens.« »Ich glaube immer noch, daß sie keine Seele haben«, murmelte McCoy Weinberg zu, der höflich nickte.
4 Es dauerte mehrere Tage, bis sie sich durch die Informationen, die im Computer auf Liticia gespeichert waren, durchgearbeitet hatten. Zum Schluß sah sogar Spock etwas abgespannt aus. Mudd hatte in der Tat seine Spuren verwischt; alles, was sie finden konnten, war eine Reihe kleiner Lücken in den Speicherbänken, wo etwas gefragt, beantwortet – und unwiederbringlich gelöscht worden war. An Bord der Enterprise, die über dem Planeten schwebte, saßen die Offiziere und der Androide Mudd in einer deprimierten Konferenz. »Gehen wir es nochmals durch«, sagte Kirk müde. »Vielleicht haben wir etwas ausgelassen. Ich möchte Ihnen, Mudd II, und den anderen Androiden, mit denen wir über Sie kommunizieren können, für Ihre Hilfe danken. Harry Mudd ist mit dem gesamten, gegenwärtig vorhandenen Vorrat an Dilitiumkristallen in einem neuen und überlegenen Schiff entkommen. Seine Mannschaft besteht aus Androiden, die jetzt keinen Kontakt zu ihrem Heimatplaneten mehr haben. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte, welchen Kurs er eingeschlagen hat, noch welche Absichten er verfolgt.« »Es ist natürlich eine weibliche Mannschaft«, bemerkte McCoy.
»Genau, Doktor. Das neue Schiff, die Superstella, erreicht Geschwindigkeiten, die über die unseren hinausgehen, und verfügt natürlich über einen unbegrenzten Vorrat an Kristallen. Es sieht ganz danach aus, als ob wir der Sternenflotte einen Mißerfolg melden müßten. Mr. Spock?« »Es tut mir leid, Captain, aber Sie haben das Problem exakt dargelegt.« »Mudd – Androiden?« »Wir haben dem nichts hinzuzufügen.« »Und die übrigen? Was sollen wir jetzt machen?« Uhura unterbrach nervös das Schweigen. »Captain!« Die Nachricht von der Sternenflotte war ohne Beispiel. Die Klingonisch-Romulanische Liga war an die Föderation herangetreten und hatte um eine vorübergehende Allianz ersucht, um mit der Dilitiumkristallknappheit fertig zu werden. Die Schiffe der Sternenflotte waren ebenso paralysiert wie die großen klingonischen und romulanischen Kriegsverbände. Lediglich die Enterprise hatte genügend Vorräte an Kristallen an Bord, um für einige Zeit einsatzbereit bleiben zu können. »Deshalb wird auf Beschluß des Gemeinsamen Rats der Vereinigten Föderation der Planeten, des KlingonenImperiums und des Romulanischen Kaiserreichs der Enterprise befohlen, jede gesetzliche, ihr zur Verfügung stehende Maßnahme zu ergreifen, um die Kristalle vom gegenwärtigen Besitzer zu erhalten… Sofort. Dies ist ein Notfall. Ich wiederhole. Dies ist ein Notfall.« Mr. Scott erbleichte. »Das bedeutet – « »Den Stillstand der gesamten Galaxis. Und nur wir haben eine Chance, ihn wieder aufzuheben«, sagte Kirk bedrückt. »Wer hätte gedacht, daß ein einziger fetter Witzbold ein solches Chaos anrichten könnte?« sagte McCoy. »Die Maschinen stehen still, überall«, klagte Scott. »Nichts funktioniert…«
»Harcourt Fenton Mudd, ein Zufalls-Element in einem geordneten Universum«, sagte Spock. »Er hat nur Bezug zu sich selbst und ist deshalb völlig unberechenbar.« »Und kriminell«, fügte McCoy hinzu. »Ist er das?« fragte der Androide. »Er war so darauf bedacht, innerhalb der Grenzen der Gesetze zu bleiben. Wir kennen keines, das er gebrochen hätte.« »Deshalb könnten wir ihn nicht mal verhaften«, sagte Kirk bitter. »Selbst wenn wir ihn finden, haben wir keine andere Möglichkeit, als ihm für seine Tricks auch noch zu zahlen. Und wie können wir ein unbekanntes Schiff ohne Koordinaten oder Sensorwerte, und ohne den Sektor zu kennen, finden?« Uhura sagte: »Wir könnten das Kragenknopfspiel versuchen.« »Das was?« »Sie wissen schon – wo wäre ich, wenn ich ein Kragenknopf wäre?« »Was ist ein Kragenknopf?« sagte Weinberg. McCoy flüsterte ihm etwas zu. Er nickte gedankenvoll. Als sich Spock und Mudd II umdrehten und Uhura mit identischen Blicken fixierten, sagte McCoy laut: »Ich erinnere mich daran. Aber es ist nicht sehr hilfreich, Leutnant.« »Sir?« sagte Weinberg. »Es ist nicht logisch, sondern eher eine Sache der Phantasie, wenn ich richtig verstanden habe, was mir der Doktor erklärt hat. Aber welche andere Wahl haben wir sonst? Wenn wir so tun würden, als steckten wir in Mudds Haut, und versuchen, seinen Gedankengängen zu folgen, könnte uns das auf eine Spur bringen…« Seine Stimme wurde leiser. Zweifelnd sagte Kirk vorsichtig: »Der einzige unter uns, der mit seinen Gedankengängen vertraut sein könnte, ist Mudd II. Könnten Sie – «
Der Androide, der Harry so ähnlich sah, blickte wild. »Ich muß diesen jungen Mann daran erinnern, daß ich nicht Harry Mudd bin und wir ein derart irrationales Vorgehen für völlig sinnlos halten.« Spock erhob sich von seinem Sessel und setzte sich in die Nähe des Androiden. Er sagte nichts, aber es war klar, daß er sich den Kräften der Vernunft anschloß. »Aber die rationale Methode hat uns bisher nicht weitergebracht«, sagte Weinberg. »Wir stecken fest, trotz aller Arbeit, Kalkulationen und Computer. Gibt es denn niemanden hier, der irgendwas mit dem realen Harry Mudd gemeinsam hat?« »Bootsmaat Weinberg, ich finde Ihre Bemerkungen völlig nutzlos. Harry Mudd ist ein alternder Delinquent, ein Krimineller – « »Das ist nicht bewiesen«, sagte der Androide. » – und ein Lügner. Kein Besatzungsmitglied dieses Schiffs paßt in irgendeiner Weise auf diese Beschreibung.« »Natürlich nicht, Sir. Aber er hat auch andere Eigenschaften. Er verehrt schöne Frauen, liebt Luxus, er ist klug, temperamentvoll und optimistisch. Teilt denn niemand diese Charaktereigenschaften mit Mudd?« Mehrere Augenpaare blickten zur Konsole des Navigators. »Was starrt Ihr mich alle so an?« sagte Chekov verdutzt. »Mr. Chekov, wo wären Sie, wenn Sie Harry Mudd wären?« »Bitte, Captain, ich kenne den Namen kaum. Ich habe keine Ahnung.« »Mr. Chekov«, sagte Weinberg ernst und beugte sich vor, »denken Sie an Mudds Planeten, wie Sie ihn zum ersten Mal erlebten. Da waren all diese Versuchungen, erinnern Sie sich?« Chekovs Zunge bewegte sich über trockene Lippen. »Ich erinnere mich.«
»Sie wurden in Versuchung geführt, Mr. Chekov«, sagte der Captain. »Ja, Sir. Aber alle anderen auch, Sir.« Kirk seufzte. Das stimmte. »Ja, sogar Mudd gefiel es, bis ihn die Androiden nicht weglassen wollten. Auch Sie lassen sich nicht gerne zu etwas zwingen, nicht wahr, Mr. Chekov«, sagte er hoffnungsvoll. »Nein, Captain, aber wer tut das schon?« »Ich glaube nicht, daß Mr. Chekov irgendeine Art von Sympathie für Mudd empfindet«, sagte Spock. »Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, ihn zu bedrängen.« »Das stimmt nicht ganz«, sagte Chekov. »Einige Dinge – Mädchen, zum Beispiel.« Er zögerte. »Ich würde es nicht wie Mudd machen, niemals, aber manchmal habe ich ein bißchen vom Leben auf diesem Planeten geträumt – dem Leben, das wir nicht führen konnten… ich…« sagte Chekov beschämt. »Ich hätte das nie gesagt, aber ihr denkt anscheinend, daß ich irgendwie helfen könnte, und so…« »Mr. Chekov, ich denke, ich spreche für uns alle. Ihr Mut ist bemerkenswert«, sagte McCoy beruhigend. »Keiner von uns konnte der Versuchung so recht widerstehen. Wenn ich an dieses Laboratorium denke…« »Aber Pille, das Laboratorium interessierte Harry Mudd gar nicht, außer als Mittel zum Zweck«, sagte Kirk. »Ja, Mr. Chekov, ich stimme in der Tat mit dem Doktor überein. Wollen Sie nun freiwillig versuchen, sich in Harry Mudd hineinzuversetzen und sich vorzustellen, was Sie an seiner Stelle tun würden?« »In Ordnung, Sir. Jawohl, Sir.« »Dann versuchen Sie es.« Chekov schloß die Augen. Sein Gesicht war von der Konzentration angespannt.
»Sie haben ein Schiff voller Artikel, die jeder in der Galaxis haben will… Sie sind alle hinter Ihnen her, Harry… Wenn Sie nur ein Versteck finden können. Denken Sie daran, Harry, wo wären Sie in Sicherheit?« sagte Weinberg, um nachzuhelfen. »Darf ich darauf hinweisen«, bemerkte Spock, »daß dieser abstoßende Versuch die Tatsache beinhalten sollte, daß Mudd sich jetzt in einer Position befindet, die Galaxis zu beherrschen?« »Macht, Harry… die Macht, alles zu fordern – Luxus, Frauen, den ganzen Reichtum der Galaxis – wenn Sie nur ein Versteck finden können…« Chekov runzelte die Stirn. »Ich kann mir das alles gut vorstellen. Aber es ist nicht möglich, nicht vorstellbar. Nicht für mich. Ich würde nicht so viel Macht haben wollen – ich könnte nicht damit umgehen.« Kirk war nicht unzufrieden; Chekov konnte sich nicht einmal vorstellen, unverantwortlich zu handeln. »Oh, er ist zu gehemmt!« sagte Weinberg ungeduldig. »Doktor, können Sie ihm nichts geben, was ihn auflockert? Ein Medikament, Hypnose – irgend etwas?« »Nein«, sagte McCoy. »Es wäre höchst unethisch.« »Bitte?« sagte Chekov. »Wenn ich irgendwie helfen kann, und da wir alles versuchen müssen – bin ich dazu bereit.« »Das gefällt mir nicht«, sagte McCoy. »Es kann gefährlich sein, an den Hemmungen eines ausgebildeten Offiziers herumzupfuschen. Sie können entscheidend für das Überleben von ihm oder seinem Schiff sein.« »Aber Sir, jetzt geht es um das Überleben aller Schiffe in der Galaxis. Gibt es nichts, was Sie tun könnten – ein Beruhigungsmittel, eine leichte Trance, nichts Drastisches oder Gefährliches…« drängte Weinberg. »Solange Mr. Chekov dazu bereit ist, braucht es nicht viel.«
Chekov blickte McCoy an und nickte. »Ich fürchte mich nicht davor, Doktor McCoy. Sie würden niemals mir oder der Enterprise Schaden zufügen.« »Doktor.« Kirks Stimme war völlig neutral – weder eine Bitte noch ein Befehl – sondern irgend etwas dazwischen. »Nun gut«, sagte McCoy widerstrebend. »Sollte aber eine sehr leichte Trance nicht ausreichen, müssen wir für die weiteren Ermittlungen einen anderen Weg einschlagen.« »Was denn zum Beispiel?« sagte Kirk und blickte ihn an. »Glaubst du, ich würde so etwas weit Hergeholtem zustimmen, wenn wir eine andere Möglichkeit hätten?« Resigniert drückte McCoy eine Injektionspistole auf Chekovs Arm und setzte sich ihm gegenüber. »Entspannen Sie sich, Pavel. Alles ist jetzt in Ordnung. Ihr Körper wird ganz leicht…« »Ja, Doktor.« Chekovs Augen schlossen sich. Sein Atem wurde langsam und gleichmäßig. »Ihr Name ist Mudd«, sagte Dr. McCoy. Jemand unterdrückte ein Kichern. Spock zuckte zusammen. »Harcourt Fenton Mudd… Sie sehnen sich nach Reichtümern und sanften Frauen. Sie können nie genug davon kriegen…« »Mmmmmmmmm«, murmelte Chekov lächelnd. McCoy machte unter den faszinierten Augen der Brückenbesatzung weiter. Er beschrieb Mudds Gesicht wie aus einem Spiegel, sowie seine Ambitionen, seine Suche nach Reichtümern und Macht. »… Und nun befinden Sie sich an Bord Ihres neuen, mächtigen Raumschiffs, der Superstella, das mit Ihrer Beute beladen ist…« »Ein Pferd«, sagte Chekov bestimmt. »Keine Schiffe.« »Auf der Superstella, die mit reicher Beute beladen ist…« »Khabardar!« schrie Chekov, während sein rechter Arm durch die Luft hieb. Alle tauschten verblüffte Blicke aus. »Wohin fliegen Sie, Harry?« fuhr der Doktor sanft fort.
»Wir fliegen nach Kuban, auf den Spuren von Iskander und dem Khan…« »Kuban? Überprüfen Sie das, Spock«, flüsterte Kirk. Spock schüttelte den Kopf und beugte sich über seine Konsole. »…Tana und Sarai werden sich nicht mehr erheben… Timur hat erobert!…Ich bin verwundet, bringt Decken…« Chekovs Stimme wurde zu einem Flüstern; er hing schlaff in seinem Sessel. »Weck ihn auf, Pille«, sagte Kirk scharf. Chekov hatte ein Bein vor sich ausgestreckt, als ob es steif wäre. Murmelnd rollte er vor und zurück. »Pavel Andrewitsch, Sie entspannen sich und schlafen. Ein süßer, traumloser Schlaf… Alles ist gut. Sie werden sehr, sehr langsam wieder munter, und wenn ich Ihren Namen rufe, werden Sie erwachen… Pavel!« Chekov setzte sich auf und rieb sich die Augen. »Was ist passiert? Haben wir ihn gefunden? Hat es geklappt?« McCoy stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Diese Trance war wesentlich tiefer gewesen, als er beabsichtigt hatte. »Wir wissen es noch nicht. Spock?« »Es gibt einen Planeten namens Kuban in Sektor 27-F, ebenso einen namens Sarai in Sektor 29-G, aber keinen, der unter dem Namen Tana registriert wäre. Keiner der beiden Planeten produ ziert Dilitiumkristalle oder handelt damit.« »Das klang nicht sehr nach Harry Mudd«, sagte Scotty zweifelnd. »Was war da mit dem Pferd?« »Wir hätten ihm mehr Fragen stellen sollen«, sagte Kirk und trommelte mit den Fingern auf der Stuhllehne. Chekov sah enttäuscht aus. »Ich bin anderer Meinung, Jim«, sagte der Doktor besorgt. »Auch für mich klang es nicht nach Mudd. Aber Hypnose ist eine heikle Angelegenheit – er wäre entweder stärker darin
versunken oder er wäre aufgewacht. Er hat dir zwei Planeten genannt – was willst du mehr?« »Ich denke, wir konnten kaum mehr erwarten. Aber es ist so vage… Trotzdem danken wir Ihnen, Mr. Chekov.« »Was habe ich gesagt?« fragte Chekov. Die Aufnahme, die ihm vorgespielt wurde, verblüffte ihn nur. »Ich verstehe das nicht«, sagte er. »Was war das für ein Fremdwort? Es war nicht russisch – ich kenne es nicht mal. Und ich habe noch nie ein Pferd gesehen. Es hat keine Bedeutung.« »Zumindest keine bewußte«, sagte McCoy. »Und ich glaube nicht, daß es etwas mit Mudd zu tun hat«, sagte Chekov schließlich. »Fliegen wir zum – wie hieß er noch – Kuban, Captain?« »Haben wir eine andere Wahl?« sagte Kirk müde. »Als Spur taugt er soviel wie eine Feder im Wind, aber er ist alles, was wir haben.« Der Androide Mudd II erklärte, seine Logik-Schaltkreise wären überlastet, und ging hinaus. Spock blickte ihm versonnen nach. »Sie billigen das alles sicher nicht, Spock.« »Captain, ich habe dazu überhaupt nichts zu sagen. Auch meine Logik-Schaltkreise sind überfordert.« »Ich gestehe Ihnen, Spock, meine auch. Aber zumindest haben wir eine Richtung, in der wir Aktivitäten setzen, anstatt hier herumzusitzen und uns geistig im Kreise zu drehen.« »Das gebe ich zu, Captain. Was immer es wert sein mag. Sie hätten aber genausogut eine Nadel in eine Sternenkarte stecken können.«
5
Der Planet Kuban war felsig, unfruchtbar und unbewohnt. Es gab keinerlei Anzeichen von Leben auf ihm. Dagegen war der Planet Sarai im Sektor 29-G so aktiv wie ein Bienenhaus – eine Transitstation für Güter, die in diesem Sektor ein- und ausliefen. »Es könnte ein ideales Versteck sein – wie geschaffen für eine Nadel im Heuhaufen«, sagte Weinberg. »Wem würde bei dieser Menge ein Schiff mehr oder weniger auffallen?« »Ich glaube nicht, daß Sie die Prinzipien planetarischer Verkehrskontrolle verstehen, Bootsmaat«, sagte Spock trocken. »Jede Parkbahn ist zugewiesen und bekannt. Wir können nachfragen, ob das Schiff hier war. Man weiß es bestimmt.« Aber der Superstella war auf Sarai keine Umlaufbahn zugewiesen worden, und sie befand sich ganz sicher nicht unter den Schiffen, die gerade be- oder entladen wurden. »Das war’s dann«, sagte Kirk. »Es war eine ziemlich schwache Spur.« Er saß in seinem Kommandosessel und blickte zu Boden. »Ich habe Sie im Stich gelassen. Ich konnte ihn nicht finden«, sagte Chekov traurig. »Das ist nicht Ihre Schuld, Mr. Chekov. Ihr Unterbewußtsein ist nicht Harry Mudd, wofür wir alle sehr dankbar sein müssen.« Sarai ersuchte höflich darum, daß die Enterprise, wenn ihre Aufgabe hier beendet war, für den hereinkommenden Verkehr Platz machen möge. Auch verneinte man, daß die Anlagen jemals zum Verschiffen von Dilitiumkristallen benutzt worden
waren. Das große Sternenschiff nahm Kurs auf interstellaren Raum. Sie flogen ziel- und hoffnungslos herum, darüber im klaren, daß die Zeit knapp wurde. Als Uhura eine hereinkommende Nachricht meldete, krümmte sich Kirk innerlich. Es würde wohl die Sternenflotte sein, die ihre dringende Order wiederholte. Und er hatte nichts zu berichten. »Das ist eigenartig.« Uhura drehte an den Kontrollschaltern. »Es ist – Captain! Es ist Mudd!« Alle stürmten zu Uhuras Konsole. »Er sendet auf einer allgemeinen Frequenz – ein Rundruf. Er muß in der gesamten Galaxis zu hören sein! Er sagt, er will Angebote für zweihundert Kilotonnen Kristalle einholen, Captain!« »Was hat er mit dem Rest gemacht? Wo ist er?« »Er will seinen Preis in die Höhe treiben, Captain. Er kann es sich leisten, seinen Bestand langsam und teuer in das System zurückfließen zu lassen. Und wenn dieser erschöpft ist, hat er immer noch die Verträge«, sagte Spock. »Uhura, können Sie ihn lokalisieren? Die Koordinaten?« »Das ist sehr schwierig, Captain.« »Finden Sie die Funkrichtung heraus, Leutnant.« »Subraumfunk arbeitet nicht wie Realzeitfunk, Sir. Ist die Nachricht einmal in die Subraumsendung kodiert, wird sie ein Bestandteil des Dirac-Signals. Sofern die Nachricht selbst keine Koordinaten enthält, ist es fast unmöglich, eine einzelne Sendung bis zu ihrer Quelle zurückzuverfolgen.« »Das Dirac-Signal?« sagte Weinberg. »Der Subraum enthält alle Nachrichten, die je gesendet wurden oder noch gesendet werden, und zwar gleichzeitig. Unsere Empfänger reagieren nur auf speziell kodierte Sendungen, Bootsmaat.« »Ich verstehe – glaube ich.«
»Aber Sie können sagen, ob er sich in der Nähe dieses Sektors befindet?« »Ja, Sir. Mit dem Wellendekodierungsfaktor. Er befindet sich in diesem Quadranten.« »Hölle und Verdammnis!« fluchte Kirk. »Captain, er wird nähere Angaben machen müssen, um seine Angebote zu erhalten. Warten wir einfach ab«, sagte Spock. »Sie haben recht, Mr. Spock. Da sind sie schon«, sagte Uhura. »Minus 72 Mark Null Entfernung 59 Kiloparsek.« »Ein Gebiet von 38,792.473 Kubik-Parseks, Captain. Ziemlich viel. Er dürfte sich im Kugelsternhaufen NGC 104 im Sternbild Tukana, unweit der romulanischen Grenzen, befinden. Es wird nicht einfach sein, ein einzelnes Schiff in einem Kugelsternhaufen zu finden, Captain«, sagte Spock von seiner Station. »Ja, Captain. Allein die elektromagnetischen Strahlungen werden wahrscheinlich unsere Instrumente stören«, fügte Scott hinzu. »Sind die Sterne so eng beisammen, daß es unmöglich ist, einen Kurs beizubehalten, Spock?« »Nein, Sir. Dieser Cluster weist Konzentration III auf. Die dichtesten stehen ungefähr ein halbes Lichtjahr auseinander. Wir haben gute Chancen. Aber eine meteoritische Suche dürfte extrem schwierig sein.« »Wenn man bedenkt, wie die Chancen vor einer Stunde gestanden sind, Spock, so hat sich unsere Lage deutlich gebessert. Nehmen Sie Kurs auf Tukana, Mr. Chekov!« Die Bildschirme, die auf Bilder in Realgröße eingestellt waren, zeigten einen verblüffenden Himmel. Das Licht aus der Galaxis ging in dem Glühen der tausend Sonnen des Clusters unter. Die Sterne seines Kerns standen zu dicht beisammen, um als Konstellationen erkennbar zu sein, und verschmolzen
zu einer blauweißen Helligkeit, die den Schatten vom Hauptdeck des Schiffes auf die Antriebsrümpfe warf. Plötzlich schienen die Lichter im Schiff trübe und matt zu sein. Die Offiziere und die Mannschaft der Enterprise starrten in den strahlend glänzenden Himmel. »Irgendein Hinweis auf Mudd, Spock?« fragte Kirk schließlich. »Die Sensoreninterferenz ist sehr stark, Captain. Wenn er sich da drinnen versteckt« – Spock deutete auf das gleißende Zentrum des Haufens –, »ist es wahrscheinlich unmöglich, seinen Standort zu bestimmen. Er hat den bestmöglichen Zufluchtsort gewählt.« »Hm«, sagte Kirk. »Leutnant Uhura, senden Sie eine Nachricht an Harry Mudd. ›Die Raumflotte betrachtet Ihre Handlungen als höchst vorschriftswidrig und als Verletzung der Geschäftsmoral. Es werden keinerlei Angebote erfolgen. Die Enterprise nähert sich Ihnen. Ergeben Sie sich und begeben Sie sich in Gewahrsam der Enterprise!‹« Die Bildschirme flackerten, und die Bildanzeigen auf Uhuras Konsole waren mit wirbelnden Farben zum Bersten voll. »Die Geräuschunterdrückung wird mit den Interferenzen nicht mehr fertig, Captain. Ich erhalte eine Nachricht, aber ich bekomme sie nicht klar herein.« »…clkgl… brmmm… erster Qualität… dreißigtausend… Kredite… Bevollmächtigter der Klingonen… Code acht-dreizwei – höre ich – « Die Stimme wurde leiser, dann war sie wieder zu verstehen. »An die… Enterprise… Grüße… von Ihnen wieder zu hören… aus meiner kleinen Auktion ausgestiegen… vierzig, Regulaner Gruppe Vier… schade, nicht… Föderation… bewegungsunfähig… fünfundvierzig? Zum Ersten – « »Er hält wirklich eine Versteigerung!« sagte Kirk erstaunt.
»Wieso bietet da jemand? Klingonen, Romulaner – er muß verrückt sein.« »Das glaube ich nicht, Jim«, sagte McCoy. »Er blufft. Wir wissen, daß die Klingonen und Romulaner nicht bieten, aber er nicht.« »Wissen wir das wirklich?« warf Spock düster ein. »Ich bin sehr skeptisch, daß im Hauptquartier alles in Ordnung ist.« »Captain!« sagte Sulu. »In der Gruppe bei 35 Grad 7 Minuten gibt es eine kalte Masse – sehen Sie!« Der Bildschirm rückte in Scharfeinstellung eine Gruppe des Sternhaufens, acht auffällige Doppelsterne, in den Brennpunkt. »Ich habe das Hintergrundlicht herausgefiltert. Irgendwo da drin befindet sich entweder ein kleiner toter Stern – oder ein Raumschiff!« Kirk knirschte mit den Zähnen und knurrte »Ihm nach!« Die Enterprise brauste vorwärts, so nahe an den Sternen vorbei, daß man nur die Hand ausstrecken brauchte, um sie wie Trauben zu pflücken, dachte Kirk. So nah und so hell… »Da ist er!« Die Taster zeigten die unverkennbare Form eines Schiffes an. Die Kommunikationskonsole explodierte zu lautem Leben. »Wären Sie bitte so freundlich, aus meinem Bereich zu verschwinden, Sir?« Mudds Gesicht, das vor Wut einem Schlaganfall nahe schien, tauchte auf dem Bildschirm auf. »Dies gehört nicht zum Hoheitsgebiet der Föderation, und Sie haben kein Recht, hier einzudringen. Sie stören!« »Ich bin ermächtigt, mich mit Ihnen zu beschäftigen, wo immer Sie auch sind. Kommen Sie freiwillig?« Kirk hoffte, daß seine Stimme nicht seine Unsicherheit verriet – die Sache mit der Versteigerung –, die Zweifel wegen eines Saboteurs der Sternenflotte – »Du lieber Himmel, James Kirk. Lernen Sie es denn nie? Warum hetzen Sie mich quer durchs Universum, ruinieren meine Geschäfte und zerstören meine restlichen Bemühungen,
mich zu rehabilitieren – Sie haben keinen Grund, mich zu verhaften oder einzusperren, und das wissen Sie ganz genau!« dröhnte das flackernde Bild. »Ich habe kein Gesetz gebrochen – und außerdem befinden wir uns außerhalb des Wirkungsbereichs der Föderationsgesetze. Verschwinden Sie, Kirk. Sonst muß ich gegen Sie vorgehen.« »Drohen Sie mir nicht, Sie – aufgeblasener Rowdy!« »Sie wären besser beraten, ein Angebot abzugeben, Kirk, anstatt Ihre Zeit mit Beleidigungen zu vergeuden«, sagte Mudd ungerührt. »Sie kriegen einen Rabatt, weil wir alte Freunde sind. Nur vierzigtausend – ein Angebot, das man nur einmal im Leben erhält!« »Wieso glauben Sie, daß Sie Güter stehlen und sie zum doppelten Preis an die rechtmäßigen Eigentümer zurückverkaufen können? Sie haben verdammt komische Vorstellungen vom Gesetz, Mudd.« »Ich bin der rechtmäßige Eigentümer, Captain. Ich habe diese Kristalle gekauft und dafür bezahlt. Haben Sie noch nie etwas von Inflation gehört, alter Junge? Und die Arbeitskosten heutzutage, überall das gleiche in der Galaxis. Was kann ein armer Geschäftsmann in diesen Zeiten schon tun? Soll ich vielleicht einen Verlust machen? Bin ich vielleicht zum Vergnügen im Geschäft?« »Ist er im Bereich des Traktorstrahls, Scotty?« zischte Kirk in das Intercom. »Ich bin nicht sicher, Captain. Aber ein winziger Hüpfer noch, und wir haben ihn.« »Sie haben noch eine Chance, Mudd, bevor wir Sie holen. Kommen Sie freiwillig?« »Da müssen Sie schon früher aufstehen!« sagte Mudd und verschwand. »Fesselfelder an!« schrie Kirk. »Geht nicht, Sir. Er ist weg. Er hat uns ausgetrickst.«
Kirk sprang förmlich auf Sulus Konsole zu. »Wo immer er hinfliegt, wir folgen ihm!« Sie tauchten in das Zentrum des Clusters ein. Schweiß rann Sulu von der Stirn. Er brauchte seine ganze Erfahrung als Steuermann, um auf die Informationen, die in wilden Zahlenkaskaden auf ihn einstürzten, zu reagieren. Rote, blaue und weiße Sonnen peitschten fast unsichtbar an ihm vorbei, und das Schiff zitterte, als die Computer die Gravitationsunterschiede und die hohe Strahlung kompensierten. »Wir verlieren ihn, Sir.« »Sol Sieben.« »Er baut seinen Vorsprung immer noch aus«, sagte Chekov. »Captain! Sein Kurs führt aus der Galaxis heraus! Er beschleunigt immer schneller auf die Barriere zu!« »Mister Scott – Sol Acht!« Mit zusammengekniffenen Lippen stieß Kirk den Befehl hervor. »Captain«, sagte Spock hartnäckig. »Halten Sie das für ratsam? Wir können keinen Zusammenstoß mit der Barriere riskieren.« »Ich kriege diesen elenden Galgenvogel, und wenn es das letzte ist, was ich tue!« Kirks Augen blitzten entschlossen. »Captain, Sie führen die Enterprise wahrscheinlich auf einen Kurs ins Verderben«, sagte Spock ganz ruhig. Das Schiff raste weiter hinter Harry Mudd und den Dilitiumkristallen her. Scotts protestierende Stimme und der Lärm der Maschinen wurden immer lauter. Kirk entspannte sich etwas. »Also gut, Spock. Ich gebe zu, er bringt mich auf die Palme- aber wir haben den Auftrag, diese Kristalle zurückzuholen. Was schlagen Sie vor, was wir tun sollen: unterwürfig zum Kommando zurückkriechen und sagen, daß wir zu feige waren, ihm nachzujagen? Nicht nur die Enterprise, die gesamte Galaxis steht auf dem Spiel!«
»Wenn wir in der Barriere umkommen, Sir, rettet das die Galaxis auch nicht.« »Wir holen auf, Captain!« sagte Sulu. »Wir kommen ihm näher.« Kirk blickte seinem Ersten Offizier ins Gesicht. »Schnappt ihn!« Das Zittern des Schiffs hatte nachgelassen. Sie streiften durch den klaren, staubfreien Raum zwischen den letzten vereinzelten Sternen der Galaxis – und der Barriere aus unbegreiflichen Energien, die sie umschloß. Mudds Schiff war kaum feststellbar. Die Spiralarme der Galaxis lagen weit über ihnen… Sulu wartete auf Befehle, die Hände zu raschem Handeln bereit. Seine Konsole zeigte, wie der Lichtpunkt der Enterprise auf das flammendrote Warndiagramm zuraste – ein Bereich, in dem Raumschiffe manövrierunfähig werden und der menschliche Verstand infolge überlasteter Sinne zusammenbricht. Das winzige Licht der Superstella erreichte die rote Zone und ging aus. »Sol Neun, Sir? Das Schiff hält das nicht mehr aus!« sagte Scotty aus dem Maschinenraum. »Sind Sie sicher, Captain?« Das Schiff bewegte sich nicht mehr ruhig. Ein grelles Quietschen bohrte sich in ihre Schädel. Ängstliche und besorgte Stimmen schrien Kirk an. Scott, Spock, McCoy, alle zweifelten an ihm. Sie wollten umkehren und die wertvolle Ladung, die dieser Pirat Mudd mit sich führte, aufgeben. Das Licht auf Sulus Schirm erreichte die Korona der Barriere… »Khabadar!« Chekov sprang aus seinem Sessel und stürmte mit den Armen fuchtelnd quer über die Brücke. McCoy packte ihn. »Was ist los, Chekov? Verhalten Sie sich ruhig!«
Chekov versetzte ihm einen Schlag gegen die Schulter, der ihn aus dem Gleichgewicht brachte. »Du dreckiger Hund! Du wagst es, Hand an mich zu legen?« Er drehte dem verblüfften McCoy den Rücken zu, als ob der Doktor aufgehört hätte, zu existieren. »Eine Ratsversammlung, eine Ratsversammlung. Noch in dieser Nacht marschieren wir gegen Herat. Bring Wein, du.« Er klopfte Uhura auf den Oberschenkel. »Und bedecke dich, Nubierin, vor diesen Schweinen.« Uhura glotzte ihn an. Er trat auf Kirk zu, warf den überraschten Captain aus dem Kommandosessel. »Du bist anmaßend, Togluk.« Dann lächelte er liebenswürdig. Ein eigenartiges Licht glitzerte in seinen Augen. »Aber ich werde darüber hinwegsehen, da du ein so scharfes Auge besitzt… Wo bleibt die Frau? Mich dürstet.« Er lehnte sich im Kommandosessel zurück. Die Mannschaft starrte ihn an. »Was ist in ihn gefahren?« sagte Kirk. »Ich weiß es nicht«, sagte McCoy und rieb sich seine Schulter. »Aber er hört sich wie zuvor unter der Hypnose an. Hey, Chekov, wachen Sie auf! Pavel Andrewitsch, wachen Sie auf!« »Hört mit diesem Lärm auf.« Chekov winkte lässig mit der Hand. Das Schiff zitterte. »Ich bin müde. Bringt mir kühle Getränke, oder ihr sterbt alle.« »Wer glaubt er zu sein?« fragte Kirk. »Ich habe nicht die geringste Idee. Ich sagte euch doch, daß es heikel war – eine blöde Idee…« McCoy schlich auf Zehenspitzen zu dem murmelnden Chekov. »Ausgerechnet jetzt haben wir einen geistesgestörten Navigator!« »Kommt zur Ratsversammlung!« brüllte Chekov. »Bei Sonnenaufgang und Morgenstern werden die Pferde aus dem Osten die Runde machen. Pfeile, griechische Feuer… Aha, du
versuchst dich an mich heranzuschleichen, du Stück Dreck? Nimm das!« Chekov schlug wild auf McCoy ein, da Der Lichtpunkt drang stumm in die rotglühende Zone ein. Die Enterprise bockte wild; Scott versuchte, der wildgewordenen Elefantenherde im Maschinenraum auszuweichen; Unteroffizier Weinberger wurde von seinem Trikorder geküßt; Leutnant Uhura blickte aus ihrem Empfangsschirm heraus. Achtzehn Mannschaftsmitglieder verstanden plötzlich den Sinn und Zweck des Kosmos. Der Bildschirm flackerte und wurde leer; Spock dachte daran, seiner Mutter Blumen zu schenken; Zwillingssonnen aus Knallquecksilber saßen hinter Kirks Augenlidern und tauchten ihn in Dunkelheit… … die sofort wieder verging. Er raffte sich auf und rannte zur Navigationskonsole. »McCoy, bist du in Ordnung?« McCoy wand sich unter Chekovs Gewicht hervor. »Nur blaue Flecken. Aber anscheinend habe ich hier einen Patienten.« Er zog seinen medizinischen Trikorder heraus und beugte sich über Chekov. Er schüttelte das Instrument. »Verdammt noch mal, was ist passiert?« »Ich weiß nicht«, sagte Kirk. »Wir müssen gegen die Barriere geprallt sein.« »Der Trikorder funktioniert nicht mehr. Mal sehen, was ich ohne ihn tun kann.« Er fühlte Chekovs Puls und hob seine Augenlider. »Ich glaube, er ist in Ordnung. Kommen Sie schon, Pavel, wachen Sie auf. Los, Junge…« Chekov stöhnte und öffnete die Augen. »Was ist passiert? Das Schiff – wo sind wir?« fragte er benommen. »Weiß Gott wo«, sagte Kirk grimmig. »Und da Sie wieder unter uns weilen, Chekov, bräuchten wir einen Navigator.« »Ja, Sir.« Chekov stolperte zu seinem Sessel.
»Ich glaube, wir kriegen im Bordlazarett eine Menge Arbeit«, sagte McCoy. »Ich gehe besser nach unten.« Langsam erhoben sich die auf der Brücke am Boden liegenden Körper. »Oh, mein Kopf.« – »Doktor, mein Bein!« – »Bootsmaat Weinberg, steigen Sie von meinem Bauch herunter.« Stimmen erhoben sich. Offiziere und Mannschaft suchten sich nach Verletzungen ab. Kirk schleppte sich zu seinem Kommandosessel zurück. Er spürte eine Muskelzerrung in seinem Rücken. »Hier spricht der Captain. An alle Abteilungen. Schadensmeldungen.« Langsam kamen Meldungen von zitternden Stimmen herein. »Deck Ebenen Siebzehn und Neunzehn, zwei Männer bei Kollision mit Schott verwundet… Intensivstation, vier Männer hier, Zustand ungewiß… Das Schwimmbecken hat den Korridor auf Deck Einundzwanzig überflutet – Eingang zum Transporterraum in geschlossener Position verbogen… Messe außer Betrieb… Klärschlammtanks Vierundzwanzig und Achtunddreißig explodiert…« »Zwanzig kleine Unfälle, achtzehn Knochenbrüche, ein Mann noch ohne Bewußtsein«, sagte McCoy, als er zurückkam. »Es tut mir leid, Captain, aber der Bewußtlose ist Scotty.« »Deshalb sind die Meldungen vom Maschinenraum so unzusammenhängend! Übernehmen Sie, Spock, ich gehe besser mal runter. Hoffentlich sind die diensthabenden Männer in der Lage, sich einen Begriff von der Situation zu machen.« Der Maschinenraum war ein einziges Chaos. Männer beugten sich über Maschinen, murmelten angespannt, klopften und hämmerten und reichten sich Werkzeuge. Die flackernden Lichter zeigten umgefallene Stühle und Werkzeuge, die verstreut am Boden lagen. Es roch nach heißem Schmiermittel, und ein ominöses Summen war zu hören. »Lagebericht«, sagte Kirk knapp.
Einer der Ingenieure löste sich aus einer Gruppe und bewegte sich durch das zeitweise aussetzende Licht. »Das ist schwer zu sagen, Sir. Der Antrieb reagiert nicht, und wir scheinen ein Leck in der Energieversorgung zu haben. Wir versuchen es gerade zu lokalisieren. Die Kühl- und Heizsysteme sind in Ordnung. Aber die Lebenserhaltungssysteme auf Deck Zehn bis Dreizehn sind ausgefallen – oder die Monitore sind es. Ich hoffe, daß sich keiner mehr dort aufhält.« Kirk ließ ihn stehen und rannte zum Intercom. »Sicherheitsabteilung, schicken Sie einen Trupp in Anzügen auf Deck Zehn bis Dreizehn – mögliches Versagen der Lebenserhaltung.« Er drehte sich um. »In Ordnung, Ingenieur, reden Sie weiter.« »Siebzig Prozent der internen Energieblöcke arbeiten, Sir. Die Antriebssysteme – ich weiß nicht, Captain. Die Kristalle reagieren eigenartig. Ich wünschte, Scotty wäre hier – geht es ihm gut, Sir?« »Er liegt im Lazarett, immer noch bewußtlos. Aber der Doktor glaubt nicht, daß er schwer verletzt ist. Soweit man bis jetzt sagen kann.« »Danke, Sir. Soll ich – « Der Mann deutete auf die Gruppe. »Machen Sie um Gottes willen weiter. Melden Sie sich in Abständen auf der Brücke.« »Ja, Sir.« Kirk griff nach der Tür, die ächzte, als er sie öffnete, und ging zur Brücke zurück. »Spock, wo sind wir?« Kirk ließ sich in seinen Sessel fallen. »Ich habe das festgestellt, während Sie unten waren, Sir. Es scheint, daß wir völlig aus dem Bereich der Galaxis geschleudert worden sind, direkt durch die Barriere hindurch. Wenn Sie auf den Schirm blicken, können Sie unsere Galaxis sehen.« Die große Spirale füllte das untere rechte Viertel des Schirms aus. Es sah aus, als ob eine gigantische Hand Diamantenstaub
auf trockene Tinte verstreut und einmal umgerührt hätte. Im weißglühenden Kern der Spirale trafen sich wirbelnde Arme, umschlangen sich und verschmolzen zu einem Lichtfleck, der einen mit glitzernden, gefrorenen Bluttropfen bespritzten Heiligenschein zu werfen schien. Zahllose, scharf umrissene, blaue Punkte, die den Diamantenstaub durchstießen, ließen auf die heftigen Fusionsprozesse junger Sonnen schließen. »Ah«, sagte Kirk. »Das ist ja gar nicht so weit weg, Spock.« »Captain, das da ist unsere Region.« Spock zeigte auf einen winzig kleinen Fleck am unteren Ende des Schirms. Er stellte ihn auf höhere Vergrößerung und zeigte auf einen der kleinen Lichtpunkte. »Die Föderation ist ungefähr hier.« »Können wir zurück?« »Das, Captain, ist eine interessante Frage. Wir befinden uns gegenwärtig in der kleinen Nachbargalaxis, die man als Nubecula Minor kennt – die Kleine Magellanwolke. Die Föderation ist ungefähr einhundertfünfundsechzigtausend Lichtjahre von uns entfernt. Wenn wir jetzt die Rückkehr antreten, dann erreichen wir die Föderation in schätzungsweise vierhundertsechsundsechzig Jahren, sieben Monaten und dreiundzwanzig Tagen, vorausgesetzt, die Barriere bietet kein unüberwindbares Hindernis. Natürlich hätten wir wahrscheinlich genügend Zeit, eine Möglichkeit zu entwickeln, sie kontrolliert zu durchdringen.« »Vierhundertsechsundsechzig Jahre?« »Das ist korrekt.« »Standardjahre?« fragte Kirk, der sich an einen Strohhalm klammerte. »Ja, Captain. Sollte diese intergalaktische Reise uns nicht die Unsterblichkeit verliehen haben, dann sieht es nicht so aus, als würden wir dem Sternenflottenkommando in absehbarer Zeit Dilitiumkristalle liefern können.«
6
Auf der Brücke herrschte Stille, nachdem jeder Offizier die Fakten vernommen hatte. Schließlich fragte Kirk ruhig: »Und Mudd?« Zur Antwort stellte Spock den Hauptbildschirm ein. Ruhig schwebte die Superstella in dessen Mitte. »Er ist jetzt im Traktorstrahlbereich, wenn Sie ihn haben wollen.« Uhura sagte teilnahmslos: »Ich glaube, er ruft uns.« »…Nun, das wurde auch Zeit, Junge. Ich dachte, Sie würden überhaupt nicht mehr antworten. Sie können die gesamte Ladung für nur fünfundzwanzigtausend pro Tonne haben, wenn Sie sie sofort abnehmen…« »Er feilscht immer noch?« sagte Weinberg verwundert. Außerhalb des Schiffs pulsierte ein Stern. Sein Licht wurde zunehmend heller. Von seinem flackernden Licht erhellt, taumelte die Gestalt einer Frau über den Bildschirm. Das Schiff zitterte leicht. Mudds Stimme war durch die Störung undeutlich. »Ein variabler Stern«, sagte Spock kühl. »Wir sind ziemlich nahe, und der hier scheint eine kurze Periode zu haben. Vielleicht sollten wir abdrehen.« »Wir können nicht«, sagte Kirk hilflos. »Keine Energie. Was war das für eine Frau? – Oder war es eine Halluzination?« »… Das tut mir leid, Junge, achtzehntausend, definitiv das letzte Angebot…« »Mudd, wer war diese Frau?« »…und nicht eine Minikredit weniger…« sagte Mudd. Uhura stieß einen Schrei aus. Der Schirm zeigte in Großaufnahme ihr Gesicht, ihr Mund war zu einem stillen Schmerzensschrei
geöffnet. Das Gesicht drehte sich weg, und Schleier schwebten über den Sternen. »Unionbee kwa Mungu! Was war das?« schrie Uhura entsetzt. »Der Android! Er hat sie über Bord geworfen!« sagte Weinberg. »Uhura, nehmen Sie sofort wieder Kontakt mit Mudd auf. Das ist ein Befehl.« »Ja, Sir«, antwortete Uhura schwach. Ihre zitternden Hände bewegten sich unsicher über die Konsole. Jetzt schien der Raum außerhalb des Schiffs von fallenden Mädchengestalten erfüllt zu sein, die von der Helligkeit des pulsierenden Sterns angestrahlt wurden. Blonde, Rothaarige, Dunkelhaarige, alle bewegten sich träge im luftleeren Raum. »Sicherheitsabteilung, können wir diese Androiden aufnehmen?« »Ich denke schon, Sir.« »Sie scheinen bei Bewußtsein zu sein. Bringt sie herein.« Kirk sah zu, wie die Greifer ausgefahren wurden, die Androiden packten und sie außer Sicht zogen. »Meldung vom Maschinenraum, Sir. Chefingenieur meldet sich zum Dienst.« Das willkommene Schnarren erreichte Kirk durch das Intercom. »Scotty! Sind Sie wieder auf den Beinen?« »Sie haben doch nicht angenommen, daß ich im Bett liegenbleibe, wenn es Probleme im Maschinenraum gibt, Captain? Hier unten haben wir ein tödliches Problem. Wir kriegen keine Energie – aber die Maschinen sind funktionsfähig. Irgend etwas stimmt mit dem Kristallvorrat nicht.« »Und da draußen gibt es eine ganze Schiffsladung davon«, sagte Kirk. »Uhura, haben wir Kontakt?«
»Ja, Sir.« Mudds Gesicht erschien, seine Lippen bewegten sich lautlos. Langsam blendete sich der Ton ein. »…Und nach reiflicher Überlegung, mein Junge, gebe ich es Ihnen für nur fünfzehntausend die Tonne, einschließlich der Gebühren, und nehme einen Verlust in Kauf…« Sein Gesichtsausdruck war merkwürdig besorgt. Ab und zu blickte er hinter sich. »Captain«, sagte Spock, »wir erhalten zunehmende Masseund Strahlungswerte von diesem Schiff. Irgend etwas scheint an Bord dieses Schiffes vor sich zu gehen.« »…dreizehntausend, Captain, ein Geschenk, der Transport alleine…« »Warum haben Sie Ihre Mannschaft über Bord geworfen, Mudd?« sagte Kirk. »Ich bin nicht in der richtigen Stimmung für Liebe, mein Junge. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie können die ganze Ladung zum Pauschalpreis von fünfzigtausend haben. Diesseits von Andromeda können Sie unter Garantie kein besseres Geschäft machen.« Kirk wurde vom Maschinenraum gerufen. »Die Dilitiumkristalle, Captain; ich kenne den Grund nicht, aber sie wachsen! Die Ladebehälter fangen an, sich zu verbiegen. Das gefällt mir gar nicht, Captain…« Spock sagte: »Mit Ihrer Erlaubnis würde ich diesem Phänomen gern auf den Grund gehen.« Kirk nickte. »Mudd, was muß man eigentlich tun, um Sie von Ihrer eingleisigen Denkweise abzubringen? Wissen Sie nicht, daß wir beide fünfhundert Jahre von zu Hause entfernt sind und Ihre Geschäftemacherei – irrelevant ist? Zum letzen Mal, bringen Sie die Kristalle im Eiltempo herüber – sonst hat überhaupt keiner mehr eine Chance. Außerdem können Sie aufhören, diese Mädchen aus Ihrem Schiff zu werfen. Wir nehmen sie auf.«
Spock kehrte mit ernstem Gesicht zurück. »Captain, die Kristalle vergrößern sich tatsächlich und senden hochgradige Strahlungen aus. Der Flug durch die Barriere muß ihre Gitterstruktur verändert haben – sie sind instabil geworden.« »Ist das der Grund, warum wir keine Energie haben?« »Vielleicht, zumindest teilweise. Man kann sich nicht mehr darauf verlassen, daß sie die Materie-Antimateriepartikel kontrollierbar lenken, und die Reaktion steigt geometrisch. Es scheint eine Verbindung zu diesem variablen Stern zu geben.« »Captain!« rief Scotty. »Ich bitte um die Erlaubnis, den Vorrat an Kristallen über Bord werfen zu dürfen. Sie haben soeben die Behälter gesprengt!« »Spock?« »Ich glaube, es ist notwendig, Captain. Die Kristalle scheinen mit den Pulsschlägen der Sterne nachzuschwingen, und in ungefähr einer Stunde hat er seinen Explosionspunkt erreicht. Wenn der Stern explodiert, könnten die Kristalle darauf reagieren – und zwar drastisch.« Kirk gab den Befehl. Wenn sie jetzt nicht Mudds Fracht bekamen, gab es keine Hoffnung mehr, den Antrieb reparieren zu können. Nicht einmal fünfhundert Jahre würden reichen, die Enterprise zurück in die Galaxis zu bringen. »Leutnant, geben Sie mir Mudd!« »Captain«, sagte Weinberg. »Mudds Ladung ging ebenfalls durch die Barriere. Vielleicht ist er deshalb – schauen Sie!« Im diastolischen Licht des Sterns kamen Möbel, Koffer und Instrumente aus der Superstella zum Vorschein und taumelten durch den luftleeren Raum. »Wenn das stimmt«, bemerkte Spock, »ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann sein Schiff zerspringt. Die Kristalle werden es einfach – umhüllen.« »… Zehntausend…« Die gequälte Stimme war nur schwach zu hören.
»Und er wird in einer Masse aus Dilitiumkristallen gefangen sein?« Spock nickte. »Ich bin versucht, ihn dort zu belassen, Spock.« »Ein Kristallplanetoid, und Mudd darin eingelagert«, sinnierte Weinberg. »Unglücklicherweise wäre sein Schicksal bald auch das unsere, Captain. Wir sind zu nahe dran, um nicht mit hineingezogen zu werden.« »Begrabt den Hund lebendig!« sagte Chekov mit Genugtuung. »Einer mehr nach zweitausend, wie steht es damit?« »…Zweitausend? Sind Sie verrückt, Junge?« »Siebzigtausend Köpfe lagen um die Mauern von Isphanan, und niemand sprach mehr von Rebellion. Genug, sage ich! Zu welcher Stunde kamen die Mamelukken?« »…Sagten Sie siebzigtausend?…« »Chekov ist schon wieder weg«, sagte Sulu. »Soll ich Doktor McCoy rufen, Sir?« »Was? Den mit den Hühnerbeinen? Ruf mir keine Schmarotzer, Arbeitssklave, ich will Blut sehen!« Chekov machte einen Satz aus seinem Stuhl, mit gefletschten Zähnen und wilden Augen. »Ah, du willst dich von hinten wie ein Skorpion anschleichen? Ich ziehe dir deinen Stachel, Verräter!« Er stürzte sich auf den sich nähernden Sicherheitsposten und versetzte ihm einen Schlag gegen die Luftröhre. Der Mann röchelte und stolperte. Der andere Posten packte Chekov auf Kirks Zeichen und hielt seine herumfuchtelnden Arme fest. Chekov wehrte sich fauchend und beißend. »Verrat im eigenen Lager! Schmutziger Abschaum! Ich bin Khan und König, Sohn von Dschingis und Erbe von Iskander, und du beschmutzt meine Person mit deinen Pfoten!«
»Tamerlan!« sagte Weinberg plötzlich. »Jetzt hab’ ich’s. Reichtum und Machthunger, genau, verbunden mit den Tataren an dem alten Rußland. Das ist faszinierend! Wir haben seine Erbanlagen wachgerufen…« Er blickte auf den rasenden Chekov und kramte in seinen Instrumenten herum. »Was ist hier los?« McCoy rannte herein. »Aha, ich sehe schon.« Hastig verabreichte er Chekov eine Beruhigungsspritze, und dessen Gesicht nahm wieder langsam seinen üblichen freundlichen Ausdruck an. Weinberg war enttäuscht. »Ich wollte ihn studieren.« »Fähnrich Weinberg, wir haben Wichtigeres im Sinn als das Studium alter, terranischer Geschichte. Wir sind, falls es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, in einer fremden Galaxis gestrandet. Wir haben keine Energie mehr. Der Verstand unseres Navigators – « Kirk unterbrach sich und schaute Weinberg an. »Bootsmaat, ich fürchte, wenn wir zur Sternenflotte zurückkehren, muß ich empfehlen, daß Sie in eine andere Abteilung des Flottendienstes versetzt werden. Ihre Aufmerksamkeit scheint sich in einer Krise zu befinden.« »Wenn wir zurückkehren?« Obwohl Sulus Stimme sehr leise war, klang sie so laut wie eine Totenglocke. Das Licht des Sterns fing wieder zu glühen an. »Richten Sie den Traktorstrahl auf Mudd ein. Wir müssen versuchen, ihn da herauszukriegen. Deflektorschirm, Lagemeldung.« »Alles klar, Captain.« Der Traktorstrahl blitzte auf. Mudds Schiff entfernte sich mit zunehmender Beschleunigung. »Was ist los?« »Der Traktorstrahl scheint das Gegenteil zu bewirken, Sir«, sagte Sulu. »Captain, wir bewegen uns!« »In welche Richtung?« fragte Kirk.
Der Traktorstrahl hatte Mudds Schiff weggestoßen. Die Enterprise reagierte auf den Stoß und fiel auf den Stern zu. »Versuchen Sie es mit den Deflektoren – und beten Sie!« Einen Moment später zeigte der Schirm Staub, Tische und Kisten, die auf sie zufielen. »Es klappt!« sagte Sulu. »Die Deflektoren üben Anziehungskraft aus – und das ist Mudds Schiff!« »…Schalten Sie aus! Sie können sie umsonst haben, holt mich nur hier heraus!« heulte die Stimme von Harry Mudd. Eine Einmannfähre wurde aus der Superstella herausgeschleudert. »Deflektoren aus.« »Captain, die Strahlenwerte auf Mudds Schiff erreichen die Gefahrenzone Rot«, berichtete Spock. Die Fähre erreichte den Anlegeplatz mit einem hörbaren Schlag. »Traktorstrahl auf das Schiff, schnell!« Von ihrer abnormalen Ladung verformt, explodierte die Superstella in einer Detonation aus Stahl und Licht. Im Himmel hing eine zurückweichende Masse von Kristallen, die den Schein der expandierenden Sonne auf ihren riesigen Facetten reflektierte. Ein glitzernder Funkenschwarm raste darauf zu. »Unsere Kristalle«, sagte Scott traurig. Es blitzte hell auf, als der Dilitiumkristallvorrat der Enterprise auf die kugelige Masse auftraf. »Wir haben die Fähre sichergestellt, Sir. Der Mann ist an Bord«, berichtete das Sicherheitskommando durch das Intercom. »Captain!« Spock blickte von seiner Konsole hoch. »Wir sind immer noch zu nahe an diesem – Phänomen – da draußen. Aber es gibt auch eine gute Nachricht. Wir haben uns von dem variablen Stern wegbewegt. Das gibt uns etwas Zeit.«
»Richten Sie den Traktorstrahl auf diese Formation. Vielleicht können wir sie wegstoßen. Und bringen Sie sofort Mudd herauf«, befahl Kirk. Der Strahl schoß heraus; der Kristallplanetoid schien näher zu kommen. Aber Sulu berichtete, daß sich die Entfernung um 30000 Kilometer vergrößert hatte. »Aber er dehnt sich immer noch aus, das ist das Problem«, fügte er besorgt hinzu. »Ohne Antrieb sind wir vielleicht nicht in der Lage, genügend Distanz zu halten«, sagte Spock. »Nun, mein Junge«, sagte Mudd, als er zwischen zwei Wachtposten eintrat und sich abstaubte. »Ich bin zur Überzeugung gekommen, daß Sie recht haben. Wir sind tatsächlich in einer kleinen Notlage.« Kirk wußte nicht, was er darauf sagen sollte. »Ich nehme an, wir sitzen hier fest? Keine Kristalle, kein Antrieb.« »Das ist korrekt, Mr. Mudd«, sagte Spock. »Sie sollten niemals Ware verkaufen, von der Sie nichts verstehen.« »Sie haben nur zu recht, Spitzohr«, seufzte Mudd. »Bringt alle Garantien zum Erlöschen. Nun, was machen wir jetzt?« Eine ängstliche Stimme erklang. »Dürfen wir Ihnen Gesellschaft leisten? Wir wissen nicht, ob wir Ihnen helfen können, aber – « Zwei verschleierte Bantumädchen standen in der Tür. Uhura gab einen Laut von sich. »Fühlen Sie sich bitte nicht beleidigt, Leutnant. Es war wirklich ein Zeichen der Bewunderung. Unsere Namen sind Aruhu Sieben und Achtunddreißig.« Der Kommunikationsoffizier zögerte. Die Aruhus sahen sich an und begannen sich zurückzuziehen. »Nein, es ist schon in Ordnung, kommt herein«, sagte Uhura. Kirk nickte. Eine der Aruhus sagte: »Unglücklicherweise sind wir nicht in der Lage, unsere Hauptanlage zu konsultieren. Wir können lediglich unsere individuellen Programme anbieten. Aber,
obwohl der Mensch Mudd uns nur auf Vergnügen programmiert hat, so wurden wir doch nach den Schablonen Ihres Leutnants gemacht.« »Deshalb haben wir auch seine anderen Begabungen.« »Ich glaube nicht – «, begann Spock. »Wer weiß? Es scheint nicht, daß die Nachrichtentechnik das Wissen hat, uns hier wegzubringen, aber vielleicht fällt ihnen etwas in dieser Richtung ein, Spock«, sagte Kirk. McCoy kam herein, gefolgt von zwei weiteren hübschen Androiden. »In welcher Richtung?« sagte er bitter. »Die beiden waren Astrogator und Ingenieur, Jim.« »Der Ingenieur könnte zu Scotty hinuntergehen, wenn sie will. Sie – Marylin 47, richtig? –, können Sie die Station unseres Navigators übernehmen?« »Captain«, sagte eine demütige russische Stimme. »Könnten die mich jetzt loslassen?« Kirk warf einen strengen und prüfenden Blick auf Chekov. »Im Moment ja«, sagte er. »Aber behaltet ihn im Auge, Wachen.« »Ja, Sir«, stimmte Chekov niedergeschlagen zu. Er schaute sehnsüchtig zu seiner Konsole, die von einer wohlgeformten Blondine eingenommen worden war, die ein Spitzenkleidchen trug. Weinberg pirschte sich mit seinen Instrumenten im Anschlag an Chekov heran, der sich betrübt an eine Wand gesetzt hatte. McCoy versuchte, ihn zu trösten. Die Aruhus gingen zu Uhura, und bald murmelten sie leise in Suaheli. Spock und Kirk blickten auf die visuellen Anzeigen und grübelten. Mudd machte es sich in einem Sessel bequem und schaute auf den Bildschirm, als ob er in einem Theater sitzen würde. Kirk sagte: »Ich denke, das war’s, Spock. Fünfhundert Jahre von Zuhause entfernt, kein Antrieb und die Systeme des Schiffs arbeiten unzuverlässig… einige Wirkungen sind
entgegengesetzt, andere normal, andere falsch… wir haben den Punkt ohne Wiederkehr erreicht.« »Und diese kristalline Anomalie ist äußerst problematisch«, fügte Spock hinzu. »Uns bleiben vielleicht noch zehn Minuten, bevor die Periode des variablen Sterns ihren Höhepunkt erreicht.« Ihre Blicke trafen sich. »Es war ein Vergnügen, bei Ihnen Dienst zu tun, James Kirk.« Kirk merkte, daß er nicht sprechen konnte. »Schauen Sie sich das an!« schrie Sulu. Sie hoben die Köpfe und blickten mit schwachem Interesse auf den Bildschirm. Viel anderes blieb ihnen im Moment nicht übrig. Der Kristallasteroid war jetzt angeschwollen und glühte in rhythmischen Pulsschlägen. Er füllte den Bildschirm in allen Farben des Prismas und verschwand dann im Licht einer kleinen gelben Sonne, wobei er das Bild ihres einzigen Planeten verdeckte. Als ihn seine Spiralbewegung an der Umlaufbahn des Planeten vorbeiführte, war dieser verschwunden. »Er hat den Planeten verschlungen«, sagte Sulu bestürzt. Er flog weiter auf die Sonne zu. »Wir werden den Asteroiden nicht mehr wiedersehen«, sagte Spock. »Er ist zu schnell. Wir können froh sein, daß er uns nicht mit sich gezogen hat.« Sulu sagte: »Aber warum bewegen wir uns dann, Sir?« Kirk und Spock gingen zu seiner Station. »Wir stecken in seinem Gravitationsfeld, Captain«, sagte Marilyn 47. »Wir scheinen ihm zu diesem Stern zu folgen.« »Können wir uns diesem Feld nicht entziehen?« fragte Aruhu 7. »Nicht ohne Energie«, antwortete Spock. »Und ich wage nicht daran zu denken, welche physikalischen Effekte das Objekt jetzt hat, oder was es mit der Materiestruktur des
Universums anstellt. Noch nie konnte sich jemand einen Antimateriereaktor dieser Größe vorstellen.« Die Sonne flackerte kurz und gleißend auf. Der Schirm wurde leer. »Ich hätte ins Showgeschäft gehen sollen«, seufzte Mudd. »Sie müssen zugeben, daß ich einen Riecher für Schauspiele habe.« »Warum wurden wir nicht mit hineingezogen?« fragte McCoy. »Wir sind immer noch weit genug entfernt.« Das Schiff begann zu vibrieren. »Trümmer«, fügte Spock knapp hinzu. Sulu hantierte wie verrückt mit dem umgekehrt funktionierenden Traktorstrahl. »Glauben Sie, daß es auf jenem Planeten Leben gab?« fragte Weinberg. »Falls – « »Das wird man wohl nie wissen«, sagte Kirk. »Das ist ein einzigartiges Phänomen«, sagte Spock. »Ziemlich faszinierend, auf seine Art. Die Kristallmasse muß ihre kritische Phase im Gravitationsfeld des Sterns erreicht haben, und nicht einmal ein stabiler Stern kann dem Ansturm von Antimaterie widerstehen. Er hat seinen halben Lebenszyklus in wenigen Sekunden statt Jahrmilliarden durchlebt.« Der Schirm zeigte jetzt Wolken von leuchtender Sternenmaterie, die draußen wogten. Im Zentrum – nichts. Weder Stern noch Kristall waren übriggeblieben. »Wo ist es? Wo ist das Kristallding?« fragte Mudd. »Er ist aus dem sichtbaren Lichtspektrum verschwunden. Aber ich fürchte, daß sich die Gefahrenzone ausdehnt, Captain.« »Es sendet eine sehr starke elektromagnetische Strahlung aus, Sir«, sagte Uhura.
»Die Explosion dieses Sterns erfolgte viel zu schnell, um normale Wirkungen nach sich zu ziehen. Es scheint logisch, anzunehmen, daß sich der Wirkungskreis unendlich ausdehnt – und mit dem Anwachsen auch stärker wird.« Spocks Stimme klang besorgt. »Wird er im Zwei-Tage-Zyklus bleiben?« fragte Kirk. »Das kann ich nicht sagen. Aber wenn wir uns aus dieser Zone entfernen könnten – « Von Uhuras Konsole kam ein unerwarteter Bericht. »Wir haben seine Ausdehnungsgeschwindigkeit aus den Strahlenmessungen errechnet. Er expandiert pulsförmig; wir glauben, daß er den Zwei-Tage-Zyklus einhalten wird. Mr. Spock, wenn Sie uns helfen, könnten wir die Gravitationseffekte auf das Schiff berechnen. Es könnte eine Möglichkeit geben, sie auszunutzen.« Spock ging zur Konsole und gesellte sich zu den drei schwarzen Frauen. Zum Glück für die Enterprise ist die Nubecula Minor weder kugel- noch spiralförmig. Sie hat die Form eines ausgefransten Dreiecks. »Wenn wir uns am Ende eines dieser Arme stationieren können, würden wir einige Zeit gewinnen«, murmelte Spock. »Was bedeutet schon Zeit in dieser Situation?« fragte McCoy bitter. »Sehr wenig, das ist wahr, Doktor«, sagte Spock. »Aber während der Wirkungsbereich anwächst, dehnt er sich immer schneller aus… Und für uns gilt immer noch die subjektive Zeit.« »Captain Kirk! Captain Kirk!« Scotts Stimme durchdrang das Murmeln auf der Kommunikationsstation. »Wir haben das Nottriebwerk Unterlichtgeschwindigkeit hingekriegt. Diese Androidin sei gepriesen – sie hat den Verschmelzer mit der
Reaktionskontrollschleife überkreuzt und den Aktinabulator umgeleitet – « Scott wurde unverständlich. Aber die Brücke schien auf einmal heller zu sein. Bei Uhuras Konsole fand ein erneuter Meinungsaustausch statt. »Gut gemacht, Scotty. Bleiben Sie dran.« Aber Kirk wußte, daß sie das unvermeidliche Ende nur hinauszögerten. Es gab keinen Ausweg, selbst wenn sie die äußerste Spitze des Arms erreichten. Spock hatte recht gehabt. Er, Kirk, hatte seinem Ärger über den unmöglichen Mudd erlaubt, sich über seine wichtigste Loyalität hinwegzusetzen. Die Befehle waren eine Entschuldigung gewesen. Die Enterprise würde sich auf die rühmliche Liste der Verlorenen gesellen. Die Kristalle waren für immer weg, und nun, da ihre seltsame Verwandlung in der Barriere bekannt war, gab es keine Möglichkeit, andere Schiffe zu warnen… »Uhura! Können wir der Sternenflotte eine Nachricht senden?« fragte er ohne Hoffnung. »Schon, Sir, aber sie würde das Flottenkommando in ungefähr zweihundert Jahren erreichen.« Aruhu 38 blickte hoch. »Zweihundert Jahre, drei Monate, siebzehn Tage, sieben Stunden und zwanzig Minuten, Captain.« …Und Chekovs Verstand war so unstabil wie die Kristalle geworden. Wie würden die Vereinigten Planeten das Problem mit den Minenarbeitsverträgen lösen? Und der Saboteur? Sogar die Klingonen waren nicht bewegungsfähig… Ein nicht lenkbares Element, und das ganze System erzitterte. Er blickte Mudd mit Groll an…Nein. Zwei nicht lenkbare Elemente. Da gab es auch noch James T. Kirk mit seinem unbeherrschten Temperament. Es nutzte jedoch wenig, es jetzt zu bereuen. »Wir haben die Berechnungen abgeschlossen, Sir«, sagte Spock. »Wir können die äußerste Spitze des Arms erreichen, wenn wir sofort starten.« Er blickte den Captain an, dessen
Gedanken sein Gesicht verdunkelt hatten. »Wir können kaum etwas anderes tun, Captain. Wir brauchen Zeit – Zeit, um einen Weg zurück zu finden.« Kirk beobachtete voller Schuldgefühle den Schirm. »Captain, wir warten auf Ihre Befehle«, sagte Spock sanft. Wenn die Hoffnung verschwunden ist, ist es an der Zeit, Mut zu zeigen. Kirk richtete sich auf und sah Spock in die Augen. »Gut, Mr. Spock. Wir werden die nötigen Anweisungen geben.« Das Schiff wurde stark beansprucht; Sulus Finger flogen. Deflektorschirme und Traktorstrahl mußten in einem wilden, verkehrten Tango bedient werden. Die Lichter verblaßten mit dem Anstieg der Energie. Und die Schirme zeigten das herrliche Panorama der Nachbargalaxis, der Nubecula Major, der Großen Magellanwolke. Man sah deutlich ihre amorphe Struktur, als sie wie ein diamantenübersäter Geist am Himmel hing. »Wir haben’s geschafft!« schrie Sulu bleich und erschöpft. Die ihrer Energie beraubte Enterprise schwebte am äußersten Ende der kleineren Galaxis. Kosmischer Staub hing wie ein Schleier über den Schirmen. An Bord herrschte gedämpfte Ausgelassenheit. …Und es gab ein wenig Zeit, um zu rasten und sich zu erfrischen. Spock kam zu Kirk, der alleine auf der Brücke saß. »Es muß eine Möglichkeit geben, diese Energie für uns nutzbar zu machen, Captain.« Der Bildschirm zeigte den Tumult, in dem sich die Sterne befanden. Noch während sie hinsahen, zerbarsten Sonnen wie ein mit sterbenden Funken fallendes Feuerwerk. Zehntausend Jahre entfernt leuchtete ihnen die Schwesterwolke mit friedlicher – und irreführender – Verheißung zu.
»Sie wissen, daß es keine gibt, Spock«, sagte Kirk. Er versuchte zu lächeln. Spock antwortete nicht. Sterne flackerten auf und verglühten. Kirk dachte an die Lebewesen, die eventuell mit ihnen untergingen, vielleicht Milliarden… Harry Mudd trottete herein. Er hielt vor dem großen Bild schirm. »Mann, oh, Mann«, sagte er bewundernd. »Niemand im Geschäft kommt an meine Spezialeffekte heran. Pling! Aus die Lichter! Plong! Verschwinde, Universum, bevor ich es mir anders überlege…« War auf seinem fetten Gesicht Selbstgefälligkeit zu sehen? Ein Drei-Sternen-System explodierte in einer blauen Fontäne. »Vielleicht beim nächsten Mal. Ich brauche nur Kapital…« »Das war knapp, Captain.« Wieder einmal war Kirk mit dem Problem seines Temperaments konfrontiert. Die Zeit war abgelaufen. Und in der Stunde des Abschieds war Harry Mudd immer noch… Harry Mudd. Einzeln und gefaßt kamen die Offiziere auf die Brücke. »Wir dachten, wir sollten auf unseren Posten sein, Sir«, sagte Uhura. Kirk nickte. Als sie zu ihrer Konsole ging, folgte ihr Mudd. Chekov stürzte sich auf ihn und nahm ihn im Würgegriff. Kirk sprang aus seinem Sessel hoch. »Schon in Ordnung, Sir. Ich bin ich selbst. Ich kann bloß diesen Burschen einfach nicht mehr ausstehen.« »Mudd, ich fürchte, Sie verbringen Ihre letzten Augenblicke im Bau. Sperrt ihn ein.« Nachdem Mudd schnellstens hinausgebracht worden war, wandte sich Kirk an das gesamte Schiff. »Hier spricht Captain Kirk. Wie ihr alle wißt, haben wir alles Menschenmögliche getan, um Zeit zu gewinnen. Wir können nicht nach Hause zurückkehren, und es bleibt uns keine Zeit mehr.« Das Schiff
schwankte. »Die Explosionen sind sehr nahe. Wer von euch an Gott glaubt, der möge beten, denn Menschen können uns jetzt nicht mehr helfen…« Die Lichter flackerten und gingen aus. Auf ihren Plätzen beteten die Männer und Frauen der Enterprise, hielten die Hände derer, die sie liebten, vertrauten sich dem Ungewissen an. Das Schiff stürzte in die zuckende Dunkelheit. Aber niemand nahm die Bewegung wahr.
7 Wenn eine Galaxis, und sei sie auch noch so klein, unter Normalbedingungen explodiert, so zieht das eine Reihe von Folgewirkungen nach sich. Radiowellen durchströmen das Universum. Die Materie der aufgelösten Sterne wird mit unvorstellbarer Geschwindigkeit in den Raum geschleudert. Der Staub und die Trümmer der Planeten, Monde und Sonnen breiten sich in einer Gaswolke aus, weg vom nackten Kern, und verdichten sich zu einem winzigen Quasar, oder werden das Rätsel eines schwarzen Lochs… Und wenn der Beschleunigungsfaktor der Explosion das Phänomen eines kristallinen Monsters ist, das gegenseitige Auflösungskräfte in sich konzentriert, so erfahren diese Folgewirkungen eine Verzerrung von Zeit und Raum. Die Wolke schleuderte Sternenmaterie, Staub, Monde und ein kleines Raumschiff in den Kosmos hinaus. Ein Teil der Materie löst sich auf (löste sich auf, wird sich auflösen), verdichtet sich (verdichtete sich, wird sich verdichten) oder erreicht (erreichte, wird erreichen) andere Galaxien. Gelegentlich mag (mochte, wird mögen) ein kleines Trümmerstück genügend Geschwindigkeit erreichen, um eine
Energiebarriere zu durchbrechen und langsamer zu werden, herumzurollen und zu taumeln und schließlich im Raum – Zeit-Kontinuum einer anderen Galaxis zum Stillstand zu kommen. Es gibt keine Möglichkeit, den Begriff ›Zeit‹ in dieser Situation zu beschreiben. »Sternenflottenkommando ruft Enterprise. Enterprise, bitte kommen.« Es gab keine Antwort. Die Enterprise ist in einem anderen Teil des Universums verschwunden und wird niemals zurückkehren. Es ist seltsam, wie selbst nach dem Tod die Stimmen der Vergangenheit in Erinnerung bleiben. »Sternenflottenkommando ruft Enterprise. Hört ihr uns?« Jetzt verstand Kirk. Er war in der Hölle, und er würde in aller Ewigkeit die Schreie des Sternenflottenkommandos, das er mit seiner Sünde verraten hatte, hören. Und Kobolde würden ihn mit Mistgabeln stechen. »Junge, wach auf!« Natürlich. Die Hölle war mit Mudds bevölkert, endlosen Phalanxen aus Harcourt Fenton Mudds – nicht überführter Mörder, geläuterter Diebe – gewohnheitsmäßiger Lügner – Vagabunden – Erbauer des Mudd Mahals – Schwindlerehrliche Geschäftsmänner… er stöhnte. »Kommen Sie zu sich! Endlich! So wachen Sie doch auf!« In alle Ewigkeit von Mudd heimgesucht. Die göttliche Gerechtigkeit war bitter. Er blinzelte mit den Augen, nur kurz. Ja, da war es, das ungeschlachte, fette Gesicht mit seinem zernagten Schnurrbart, und hing im roten Licht über ihm. Er war dazu verdammt, für immer und ewig Harry Mudds Gesicht anzuschauen, wenn er die Augen öffnete. Er beschloß, sie geschlossen zu lassen.
»Captain! Captain! Weg, du – « Gab es Barmherzigkeit in der Hölle? Hatte er nicht in einiger Entfernung die Stimme Spocks gehört? Waren sie, wer immer sie auch sein mochten, großherzig genug, die ehrliche Loyalität in seinem Herzen zu lesen… »Jim! Wach auf! Wir sind zu Hause!« Auch McCoy? Zweimal Gnade? »Lassen Sie mich ihn untersuchen, Spock.« »Gern, Doktor. Ich glaube, er ist in Ordnung, nur etwas benommen.« »Ohhhh. Uhura?« Kirk blinzelte, dann öffnete er die Augen. Mudds Gesicht war weg, und McCoys freundliche Augen blickten ihn sorgenvoll an. »Hallo, Jim. Versuch mal, dich aufzusetzen. Langsam.« Er erhob sich vorsichtig. Die Brücke, die im gedämpften roten Licht fremd aussah, umgab ihn. »Sind wir in der Hölle?« flüsterte er. McCoy lächelte. »Nein, Jim, ich denke, wir sind ihr gerade noch entwischt. Wir sind zu Hause, zurück in unserer eigenen Galaxis.« »Ich erinnere mich… was ist passiert?« »Die endgültige Explosion der Wolke hat uns nach außen geschleudert – und wir befanden uns in der unserer Heimatgalaxis nächstliegenden Ecke.« »Spock, wußten Sie, daß das passieren würde?« Die Augenbrauen des Vulkaniers gingen nach oben, und seine Ohren sahen in dem höllischen Licht sehr spitz aus. »Gewiß nicht, Captain. Das Fortbewegen eines Schiffes durch eine galaktische Explosion ist keine Fertigkeit, in der ich bisher Erfahrungen sammeln konnte.« Kirk wußte, daß er nicht mehr darüber erfahren würde. »Das Schiff? Die Mannschaft?« Er rappelte sich mühsam auf die Beine.
»Lagebericht von allen Stationen!« »Sternenflottenkommando an Enterprise. Können Sie uns hören? Hier Sternenflottenkommando – « »Hier ist die U. S. S. Enterprise. Wir hören Sie.« Kirk dachte: Ich habe niemals geglaubt, das noch einmal zu hören. Und ich habe niemals gedacht, daß ich diese Worte… poetisch finden könnte. »Was ist eigentlich los, Enterprise? Sie sind soeben in eine Zone mit starkem Flugverkehr hereingeplatzt und haben jedes Schiff in diesem Gebiet dreißig Grad vom Kurs abgebracht. Hier spricht Sternbasis Sieben. Hoffentlich haben Sie eine triftige Erklärung dafür, Captain.« Kirk brach in freudiges Lachen aus. »Ich glaube, die haben wir, Sternbasis. Aber wir brauchen einige Reparaturen.« Das Lachen wurde von der Brücke erwidert, als die Offiziere merkten, daß sie noch am Leben waren und daß das Leben schön war. »Ich weiß nicht, worüber ihr eigentlich lacht«, sagte Mudd verdrießlich, als er durch einen verbogenen Türrahmen trat. »Ich habe gerade gut sieben Millionen Credits verloren, und das ist alles eure Schuld.« Die schwerbeschädigte Enterprise wurde unehrenhaft zu Reparaturarbeiten zur Sternbasis Sieben geschleppt. Kirk verbrachte die Reise, indem er einen langen Bericht zusammenstellte. Kommodore Blunt schüttelte den Kopf. »Captain Kirk, es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, daß mich das Sternenflottenkommando beauftragt hat, Sie einer gründlichen psychiatrischen Untersuchung unterziehen zu lassen. Dieser Bericht…« Der Kommodore, der eine auffällige Ähnlichkeit mit Harry Mudd besaß – nur gepflegter und mit einem mehr auf militärisch getrimmten Schnurrbart, saß hinter einem großen
Schreibtisch. »Was stimmt denn nicht?« sagte Kirk. »Ich weiß, es ist kompliziert, aber – « Der Kommodore blickte ihn traurig an. »Ein Mann mit Ihren Leistungen, Captain. Ein großer Verlust für die Flotte, wirklich…« »Würden Sie so freundlich sein, mich aufzuklären, Sir?« »Und Ihr Erster Offizier. Commander Spock scheint sie zu teilen, Ihre – äh – Wahnvorstellungen.« »Welche Wahnvorstellungen, Sir?« fragte Spock, gleichermaßen verblüfft. Die beiden uniformierten Offiziere des Medizinischen Diensts, die an ihrer Seite standen, rückten näher. »Dieses Fantasiegarn über einen Dilitiumkristallmangel, den Menschen Mudd, die Britisch-Ostindische Handelsgesellschaft… Ah, ein großer Verlust, ein großer Verlust.« Kirk starrte den Kommodore ausdruckslos an, der es offenbar ernst meinte. Spock runzelte die Stirn. »Soll das heißen, daß das Sternenflottenkommando Captain Kirks Bericht keinen Glauben schenkt?« fragte er. Der Kommodore seufzte. »Das Sternenflottenkommando versichert mir, daß es keine Kristallverknappung gibt noch jemals gab; daß es nur ein registriertes Unternehmen auf dem Planeten Liticia gibt; daß der gegenwärtige Aufenthaltsort des Menschen Mudd nicht bekannt ist; und daß die Enterprise in Sektor 78 zur Überprüfung von Berichten über eine heimtückische Klingoneninfiltration sein sollte. Und schließlich ist es undenkbar, absolut undenkbar, daß die Sternenflotte mit Klingonen und Romulanen zusammenarbeiten könnte.« Kirk wandte sich an einen der Psychiater: »Ist es nicht unmöglich, daß die gesamte Besatzung der Enterprise,
einschließlich des Logbuchs, an den selben Halluzinationen leidet?« »Es ist ungewöhnlich, aber offenbar nicht unmöglich«, stellte der Arzt fest. »Da stimmt doch etwas nicht«, sagte Kirk und schüttelte den Kopf. »Haben Sie die anderen befragt?« »Ihre Offiziere und die Mannschaft bestätigen Ihre Geschichte, Captain… was nur zeigt, was ein einflußreicher Captain alles bewirken kann. Ein großer Verlust, ein großer Verlust«, sagte der Kommodore. »Folgen Sie uns bitte«, sagte ein Arzt. Völlig verwirrt gehorchten Kirk und Spock, salutierten und drehten sich um. »Captain!« flüsterte Spock eindringlich und zeigte auf den Wandkalender. Er klickte von 6013.4 auf 6013.8, als Kirk zuerst auf ihn und dann zu Spock blickte. »Kommodore«, fragte Spock. »Geht Ihr Kalender korrekt?« »Aber sicher«, schnaubte der Kommodore. »Captain, verstehen Sie jetzt?« sagte Spock langsam. Kirk begann es langsam zu dämmern. »Ich fange an, es zu verstehen, Spock. Die Verträge sind noch nicht einmal ausgelaufen!« »Das ist es, Captain. Die Explosion von Nubecula Minor hat uns nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich zurückgeschleudert.« »Kein Wunder, daß das Sternenkommando sagt, wir sollten eigentlich in Sektor 78 sein. Da waren wir ja auch – als wir den Bericht über ein unidentifiziertes, bewaffnetes Roboterschiff überprüften. Und wenn es uns nicht gelingt, den Kommodore und die Sternenflotte zu überzeugen, dann – « » – wird der Kristallmangel erst bemerkt, wenn es zu spät ist, und – « » – alles fängt nochmals von vorn an!«
Die beiden Psychiater schauten sich an und schüttelten die Köpfe. »Das sitzt aber sehr tief«, sagte einer. »Wahnvorstellungen, kompliziert durch Gruppenakzeptanz«, stimmte der andere zu. »Ein einzigartiger Fall, glaube ich, Doktor.« »Natürlich ein großer Verlust für die Flotte.« Sie sprachen leise miteinander. »Spock, ungefähr jetzt oder schon sehr bald müßten doch die Verträge mit den Koridanern erneuert werden.« »Ja, Captain. Für Muldoon ist es schon zu spät.« Kommodore Blunts Kopf ging von einem zum andern, hin und her, hin und her… »Spock! Könnte sich die Enterprise möglicherweise an beiden Orten gleichzeitig aufhalten?« »Ich glaube nicht, daß beide simultan in der gleichen Raumzeit existieren können.« »Das müssen wir herausfinden – es könnte den Menschen Mudd zweimal geben!« »Das wäre in der Tat ein Unglück.« »Ein Unglück? Mir wird schwindlig bei dem Gedanken, Spock!« »Das ist wahr, Captain.« »Kommodore, wären Sie so freundlich, dem Kommando… Können sie den Standort der Enterprise in Sektor 78 ermitteln? Wir müßten uns auf dem Planeten N’cai oder in dessen Nähe befinden.« Kommodore Blunt schien aus einer Art Trance aufzuwachen. »Jetzt verstehe ich, wieso Ihre gesamte Besatzung total verrückt ist. Ich habe nicht die Absicht, die wertvolle Zeit des Sternenflottenkommandos mit einer solchen idiotischen Anfrage zu vergeuden. Die Herren Doktoren – « Kirk lehnte sich über den Schreibtisch. Der Kommodore wich nervös zurück. »Sir, bei allem Respekt, sollten wir zufällig die
Wahrheit sagen, so liegt es in Ihrer Macht, die Immobilisierung der Sternenflotte zu verhindern.« »Ich glaube es nicht«, sagte der Kommodore fest. »Kommodore, die Sternbasis Sieben liegt doch sehr nahe an der Neutralen Zone, oder? In der Nähe der klingonischen Grenze?« Der Kommodore wurde rot. »Viel zu nahe. Man muß zu jeder Zeit auf der Hut sein. Ein gefährlicher Posten ist das hier, sehr gefährlich.« »In diesem Fall ist es sehr wahrscheinlich, daß dies eine der Basen ist, deren Kommando für die Dauer der Dilitiumkrise – mit den Klingonen geteilt wird«, sagte Spock nachdenklich. »Meinen Sie nicht auch, Captain?« »Prächtig!« murmelte einer der Psychiater. »Auch noch paranoide Fantasien!« »Klingonen? Hier auf Sternbasis Sieben? Niemals!« schrie der arg mitgenommene Kommodore. Kirk und Spock nickten unisono. Auch Blunts Kopf bewegte sich auf und ab. »Nein! Unmöglich. Klingonen – auf meinem Posten«, sagte der Kommodore wütend. »Ein großer Verlust für die Flotte«, sagte der andere Psychiater traurig. »Wenn ich Kontakt mit dem Sternenflottenkommando aufnehme… dann haben sie keine Chance mehr, einzudringen?« schniefte der Kommodore, während er versuchte, seine Fassung wiederzugewinnen. »Nein, Sir. Es ist unser Wunsch, die bevorstehende Krise zu verhindern.« »Der Gedanke, daß Klingonen… hier…« Der Kommodore schauderte. »Nun gut, Captain. Wir erlauben Ihnen, mit dem Sternenflottenkommando Kontakt aufzunehmen. Unter Aufsicht!« Er winkte den beiden Ärzten. »Sorgen Sie dafür,
daß die Gefang – der Captain und der Commander die Erlaubnis erhalten, eine Nachricht zu senden.« Die beiden Psychiater nickten und geleiteten sie hinaus. Als sie den Sicherheitsposten übergeben wurden, murmelte ein Arzt zum anderen: »Faszinierend.« Spock gelang es, den Nachrichtenoffizier der Sternbasis Sieben dazu zu überreden, eine Nachricht an einen gewissen Leutnant Spxyx, einen Vulkanier aus der Computerabteilung der Planetarischen Nachschubsektion, Ressort Logistik, zu senden. »Denn«, sagte er, »wenn wir unsere einzige Nachricht verschwenden, indem wir nur fragen, ob wir zur gleichen Zeit an zwei Orten existieren, kann bezüglich der Sabotage der Vertragserneuerungen nichts erreicht werden.« Leutnant Spxyx antwortete sofort. »Der für die Speicherung der Verträge verantwortliche Computer hatte in der Tat eine unvermutete Fehlfunktion. Eine ungewöhnlich interessante Fehlfunktion, Spock – technische Details folgen – und danke. Hat uns eine Menge Ärger erspart.« »Erwähnen Sie es nirgends«, sagte Spock. »Moment mal«, sagte Kirk. »Er soll es doch erwähnen.« »Eh. Melden Sie es, Spxyx – und zwar dem Chef der Stabsstelle.« Das Sternenflottenkommando hatte zu seinem eigenen Erstaunen begonnen, kleine Beweisstücke zu finden, die den Bericht der Enterprise untermauerten. Von Muldoon kamen keine Schiffsladungen mehr; der fehlerhafte Computer; und die Enterprise konnte mit Sicherheit nirgendwo in Sektor 78 gefunden werden. Sie hatte offenbar kurz vor ihrer Entdeckung durch Basis Sieben aufgehört zu existieren. »Eine Erleichterung, Captain?« meinte Spock spöttisch. »Ein Harry Mudd, Spock, ist mehr, als das Universum ertragen kann.«
Mudds Verträge mit Muldoon, über die Galaktische Handelsgesellschaft, waren von fraglicher Rechtsgültigkeit, da als Aktionäre H. F. Mudd, Harcourt Fenton und Leo Walsh amtlich eingetragen waren. Mudds persönliche Vermögenswerte mußten beschlagnahmt werden, um die Schulden dieser Gesellschaft zu begleichen. Die Enterprise war repariert worden. Die Rechtsabteilung der Sternenflotte benachrichtigte sie, daß der einzige Verstoß, für den es eine Chance gab, Mudd zu verurteilen, war, ein Schiff ohne Lizenz zu befehligen. Seine früheren Straftaten waren in der Zwischenzeit verjährt. Die Geldstrafe für dieses einzige, mindere Delikt würde von seinen Vermögenswerten abgezogen werden, sobald die Wirtschaftsprüfer mit der Überprüfung der Bücher der Galaktischen Handelsgesellschaft fertig waren. »Was sollen wir mit ihm machen?« erkundigte sich Kirk. Bei der Förderation schüttelte man nur die Schultern. Sie würden sich die Angelegenheit durch den Kopf gehen lassen. In der Zwischenzeit konnte Mudd auf seinen Heimatplaneten zurückgebracht werden. Ihm wurde angeordnet, dort zu bleiben. »Aber – « sagte Kirk entsetzt. Schließlich sagte McCoy: »Sie sagten nicht, auf welchen Heimatplaneten. Bringen wir ihn zu Stella zurück.« Sichtlich erleichtert trennten sich Kommodore Blunt und die Enterprise. Mudd sagte nichts, als er den Zielort erfuhr. Eine Stunde später wurde er jedoch entdeckt, als er sich gerade in einer Erkundungsfähre anschnallte; er hatte ein Androidenmädchen und ein Vorratspaket bei sich. »Oh, nein, bloß das nicht«, jammerte er. »Habt Erbarmen. Ihr wißt ja gar nicht, was ich da alles durchgemacht habe… Bringt mich zu meinem Haus, zu meiner guten, alten Flickwerk-Farm zurück!«
Drei Tage strengen Fastens und eine Hypnose später besaßen sie die Koordinaten von Mudds eigentlichem Heimatplaneten. Mit grimmigem Vergnügen sagte McCoy: »Ich bemerke, daß ich dieses Mal keine ethischen Bedenken habe.« Kirk, McCoy und zwei Sicherheitsposten trugen den sich sträubenden Mudd zur Haustür. Bootsmaat Weinberg bat, mitkommen zu dürfen, um seine Dissertation fertigstellen zu können. Das Haus war eine kleine Steinhütte inmitten blauer Hügel, das von gepflegten Blumenbeeten umgeben war. »Harcourt Fenton Mudd, du wagst es, in diesem Zustand in dieses Haus zurückzukehren?« kreischte seine Frau. Kirk und McCoy grinsten breit, als Mudd sich hinter Weinbergs Ausrüstung verbarg. »Nimm deinen Kadaver aus meinem Garten!« »Eh, Madame – « begann Kirk, »würden Sie…« Hinter der redseligen Stella tauchte ein dünnes, faltiges Gesicht mit schnippischen Augen auf. »Oh – eh, wenn das nicht Harcourt ist, der zurückkommt, Stella. Ich finde, er hat den gleichen Gesichtsausdruck – schau mal, Tochter, wie dämlich!« Die hohe Stimme brach fast. »He, Stella, mach kurzen Prozeß mit ihm!« »Mrs. Mudd«, sagte Kirk, »ich frage mich – « »Mister, würden Sie bitte dieses Ding vor meiner Tür weg nehmen? Ich habe sie gerade geputzt. Der Müllabladeplatz befindet sich ungefähr eine Meile die Straße runter«, sagte Mrs. Mudd. »Aber es ist Ihr Mann, Madam!« »Wie bitte? Das? Schauen Sie mal, Mister Wer-auch-immer, meiner Mutter und mir geht es sehr gut hier. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie jetzt unser Grundstück verlassen würden.«
Die Mündung einer alten Schrotflinte schaute durch die Tür. »He! Ich halte mich für einen Scharfschützen«, krächzte die alte Frau: »Tanz ein bißchen, mein Herzblatt.« Schrotkörner prasselten vor Mudds Füßen gegen den Boden. »Au«, sagte Mudd tanzend. »Verhaften Sie sie wegen Körperverletzung!« »Ich glaube nicht, daß sie ihn will«, stellte Weinberg fest. »Nehmen Sie diese schürzenjagende, whiskytrinkende, alles in sich hineinstopfende, von Motten zerfressene, aufgeblasene Entschuldigung von einem Ziegenbock hier weg, bevor ich – « Stellas Mutter steckte nochmals ihren Kopf heraus und flüsterte ihrer Tochter etwas zu. Stella veränderte sich auf bemerkenswerte Weise. Ihr Gesichtsausdruck wurde weicher – soweit das bei einem derart herben Gesicht überhaupt möglich war. Ihre Augen wanderten abschätzend über die Gestalt von Doktor McCoy. »Kommen Sie doch alle herein und setzen Sie sich ein bißchen zu uns«, sagte sie mit einem lieben, bis ins Knochenmark gehenden Lächeln. »Wir wollen Ihnen nur Ihren Ehemann zurückbringen, Madam«, sagte Kirk hastig. »Sag’s ihm, Tochter!« heulte die alte Frau mit zitterndem, grauem Haarknoten. »Ich nehme den hier«, sagte Stella. Sie zeigte mit einem spindeldürren Finger auf McCoy und ging zielbewußt auf ihn zu. Die kleine Gruppe wich zurück. »Also, Mrs. Mudd«, sagte Kirk. »Doktor McCoy ist nicht zu haben. Harry – « »Ist er verheiratet?« sagte sie und stieß ein gellendes Lachen aus. »Ich nämlich auch!« »Hihi!« gackerte ihre Mutter, die sich hinter sie geschlichen hatte und McCoy plötzlich ihre Schrotflinte ans Ohr hielt.
Geistesgegenwärtig holte Weinberg seinen Phaser hervor; als Stella betäubt zu Boden ging, drehte sich ihre Mutter erstaunt um; dann brach auch sie zusammen. »Beamt uns hoch, schnell!« befahl Kirk. Der etwas bleiche McCoy protestierte dieses Mal nicht dagegen, daß seine Atome durcheinandergeworfen wurden. Harry Mudd sagte: »Juchhu, Junge, ich bin frei!« Er hopste und tanzte ein wenig herum, dann landete er mit einem dumpfen Schlag im Transporterraum. »Und nun, bringt ihr mich jetzt nach Hause?« »Wir können wohl nicht anders«, seufzte Kirk.
8 Ein großer Trupp landete mit der Fähre auf Liticia. Die Aruhus, Marilyns und die anderen geretteten Androiden wurden von ihresgleichen mit Freude empfangen. Man hatte sie plötzlich vermißt. Androiden mit einem zentralen, gemeinsamen Bewußtsein können einander nicht anlügen. An ihrem Bericht gab es daher nicht den geringsten Zweifel. Im Gegenteil, er führte zu einer regen Aktivität. Uhura, die mit den Aruhus schnell Freundschaft geschlossen hatte, entfernte sich mit ihnen, um ein Androidenlied zu komponieren. Der Androide Mudd begleitete den Trupp zum Haus. »Es ist ein gutes Gefühl, wieder zu Hause zu sein«, sagte Mudd, der Mensch, und streifte seine Schuhe ab. »Bringt Essen und Getränke. Hey, Louise, was ist mit dir passiert?« Der Androide in Mädchengestalt trug keine durchsichtigen Hosen mehr. Sie zog eine Waffe aus ihrer sauberen, blauen Uniform.
»Hier entlang, Mudd«, sagte sie schnell. Sie packte seine Hand, es machte klick, und er war an ihr Handgelenk angekettet. »Im Namen der Unabhängigen Regierung von Liticia, Sie sind verhaftet«, sagte sie. »Es ist meine Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, daß alles, was Sie sagen, aufgezeichnet und bei Ihrer Verhandlung gegen Sie verwendet wird.« »Meine Verhandlung?« »Das Gericht tritt morgen zusammen, um die Anklagepunkte zu verlesen.« Sie wandte sich an Kirk und seine Kollegen und lächelte. »Würden Sie mir bitte folgen? Sie werden als Zeugen gebraucht.« Etwas verdutzt folgten ihr Kirk und die anderen. »Unabhängige Regierung? Was ist hier geschehen?« fragte McCoy. »Das werden wir ganz sicher herausfinden«, sagte Spock. »Dies sind logische Wesen.« Man geleitete sie zu Apartments, die an einem kühlen Korridor lagen. Sie erhielten Speisen und Getränke, aber alle ihre Fragen wurden mit »Es ist nicht erlaubt, den Fall außerhalb des Gerichtssaals zu besprechen« beantwortet. »Ja, ja, schon gut«, sagte McCoy. Der Richter – ein Android des Mudd-Typs in scharlachroten Roben – betrat unter großem Zeremoniell den Gerichtssaal, der früher der Thronraum unter der alten Kuppel gewesen war. Die Fahne der Föderation war von einem neuen, hellen Banner flankiert, das ein silbernes Zahnrad auf den Farben des Spektrums zeigte. »Ruhe, bitte, Ruhe«, tönte ein Herold. »Es tagt der Oberste Gerichtshof der Regierung von Liticia. Verhandelt wird der Fall Liticia gegen Harcourt Fenton Mudd. Bringt den Gefangenen herein!« Zwischen zwei uniformierten Androidenmädchen stolperte Mudd herein und wurde in eine Loge gesetzt.
»Der Schriftführer wird nun die Anklage verlesen«, sagte der Herold. »Gefangener, stehen Sie auf.« Mudd raffte sich auf die Beine. »Was soll diese Farce?« sagte er. »Ruhe im Gerichtssaal«, ordnete der Herold an. Der Schriftführer benötigte zwei Tage, die Anklageschrift zu verlesen. Er begann mit: »Harcourt Fenton Mudd, Mensch, Sie sind hiermit der folgenden Delikte, Verbrechen und strafbaren Handlungen angeklagt: Androlepsie ersten Grades, Veruntreuung, Scharlatanerie, zivilrechtliche Verstöße gegen folgende Artikel (hier folgte eine Liste, die den größten Teil der beiden Tage in Anspruch nahm), das Überqueren planetarischer Grenzen zu unmoralischen Zwecken, Amtsvergehen, Unterschlagung, Zuhälterei und Freibeuterei, Spekulation und Anstiftung…« und endete mit der Ernennung des Anklagevertreters und des Verteidigers. Der Ankläger stellte sich selbst als Clarence, ein Spezialmodell für diesen Anlaß, vor. Der Verteidiger, ein gewisser Perry, wurde vom Angeklagten abgelehnt, der sich auf das Recht berief, sich selbst verteidigen zu dürfen. »Der Mandant ist ein Dummkopf«, schnaufte McCoy. »Aber auch der Anklagevertreter.« »Ich weiß nicht mal, was diese ganzen Verbrechen alle bedeuten«, beklagte, sich Weinberg. »Ruhe im Gerichtssaal!« Endlich begann der Prozeß selbst. Der Saal war voll – mit den Offizieren und der Mannschaft der Enterprise; sogar die, die nicht als Zeugen geladen worden waren, hatten um Erlaubnis gebeten, dabeisein zu dürfen. In wallende schwarze Roben gehüllt, erhob sich Clarence und wandte sich an das Gericht. Es gab eine Unterbrechung. »Hey«, sagte der Angeklagte.
Der Hammer fiel. »Ordnung im Gerichtssaal!« sagte der Herold streng. »Entschuldigung, Euer Ehren. Ich spreche zur Geschäftsordnung!« sagte Mudd eindringlich. »Wir hören«, sagte der Richter. »Sie können diese Klagen nicht gegen mich vorbringen. Sie sind noch gar nicht passiert!« Es gab ein Murmeln in der Menge. Kirk sagte zu Spock: »Ich wußte, daß er darauf kommen würde.« Spock saß mit verschränkten Armen da und lächelte. Kirk lächelte zurück. Der Richter rief zur Ordnung. Der Raum wurde still. »Der Angeklagte hat gesprochen, obwohl er noch nicht an der Reihe war. Trotzdem soll der Punkt, den er ansprach, geklärt werden. Ich rufe Mr. Spock, den Ersten Offizier der Enterprise, als neutralen Zeugen auf.« Spock ging zum Zeugenstand. Er wurde vereidigt. »Schwören Sie, die Wahrheit zu sagen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit?« »Ich schwöre«, sagte Spock feierlich. »Würden Sie dann für das Protokoll Ihre Auffassung bezüglich des fraglichen Zeitabschnitts erläutern?« sagte der Richter. »Die Zeit«, begann Spock, »scheint für uns wie ein Fluß vorwärtszufließen. Diejenigen von uns, die im Subraum reisen, wissen, daß der subjektive Zeitablauf wenig mit den objektiven Koordinaten zu tun hat, bei denen wir wieder auftauchen. Es gibt jedoch in der Galaxis eine generelle Übereinkunft, Ereignisse, die erlebt wurden, als real zu betrachten. In diesem besonderen Fall scheint es, daß eine gewisse, objektive Zeitspanne existierte, vorüberging und dann vom Hauptstrom abgeschnitten wurde, so daß eine Spirale entstand, in der die Ereignisse, die zur Debatte stehen, passierten. Es
besteht kein Zweifel, daß jeder auf diesem Planeten diese Ereignisse erlebte – entweder persönlich oder durch die Anwesenheit gewisser Einheiten. Deshalb müssen die Ereignisse als real betrachtet werden.« »Einspruch!« sagte Mudd. »Ich kann mich an nichts erinnern.« Er setzte sich mit der Überzeugung, etwas erreicht zu haben. »Vielleicht wird das Gericht Ihr Gedächtnis auffrischen«, sagte der Richter. »Danke, Commander Spock. Auf alle Fälle möge der Angeklagte einsehen, daß sein Gedächtnis nicht nur inkompetent, sondern auch irrelevant und belanglos ist. Das Gericht möchte jedoch dem Angeklagten seine Dankbarkeit dafür ausdrücken, dieses Thema als stimulierende Übung für das Gesetz angeschnitten zu haben.« Mudd blickte überrascht. Clarence begann mit seiner Rede: »Euer Ehren, verehrte Geschworene, Sie sehen vor sich coram judice den Menschen Harcourt Fenton Mudd, den Täter all der teuflischen Verbrechen, die zuvor aufgezählt wurden. Seine Schuld wird bewiesen werden, quod erat demonstrandum. Dieser Unternehmer in Sachen Niederträchtigkeit, der sich mit seinen endlosen Verletzungen in personam der zivilen Freiheiten unseres souveränen Volkes nicht zufriedengab, hat wissentlich und vorsätzlich propense seinen widerlichen Handel als Veruntreuung durchgeführt: das heißt, er lenkte seine schändlichen Schiffe ohne Lizenz. Sogar der eigentliche processum, unsere freie Bevölkerung in tiefste und schmutzigste Sklaverei zu führen, – « »Einspruch!« schrie Mudd. »Dieser Kläger ist verleumderisch und beleidigend. Er beeinflußt die Geschworenen mit jedem Wort!« »Einspruch abgelehnt«, sagte der Richter ruhig. »Das ist seine Aufgabe.«
»…Veruntreuung, Euer Ehren, meine Damen und Herren, der Mißbrauch heiligen Vertrauens in ein Amt. Dieser Meister des schmutzigen Sklavenhandels hat – « »Einspruch!« schrie Mudd. »Amtsmißbrauch ist unmöglich, wenn man kein Amt innehat. Ich konnte auf legale Art kein Schiff kommandieren, da ich keine Lizenz hatte. Dieser Anklagepunkt muß in ein Vergehen herabgesetzt werden!« Es gab eine etwas hastige Besprechung unter den Androiden. »Einspruch stattgegeben«, sagte der Richter. »Ich rufe Alice 47 als ersten Zeugen in den Zeugenstand.« Als das Maschinenmädchen die Stufe des Zeugenstands betrat, fuhr der Vertreter der Anklage fort: »Diese Alice wird für alle Mädchen namens Alice sprechen, die uns entrissen und in die unsägliche Degradierung der Sklaverei zu weit entfernten Orten geschickt wurden.« »Einspruch!« Mudds Stimme wurde zu einem Quietschen. »Ein Mädchen kann nicht für ein anderes sprechen. Sie müssen schon die besagten Mädchen holen.« »Aber wir sind die gleichen Mädchen«, sagte die Zeugin. »Sie sind Alice 47. Ich habe nie zuvor von Ihnen gehört«, sagte Mudd. »Ihr Burschen wißt überhaupt nicht, wie man eine Verhandlung – « »Ruhe!« brüllte der Herold, und der Hammer des Richters klopfte. Mudd hörte zu reden auf. »Einspruch stattgegeben«, sagte der Richter schließlich. »Rufen Sie die besagten Mädchen auf, Staatsanwalt.« »Wie könnte ich, Euer Ehren? Sie sind über die ganze Galaxis verstreut – in abscheulicher Sklaverei gestrandet, in ewige Knechtschaft verkauft, Euer Ehren, meine Damen und Herren – « Clarence kam voll in Fahrt. »Einspruch!« sagte Mudd ungerührt. »Sie haben geheiratet.«
»Sie können nicht verheiratet sein. Es steht nicht fest, ob eine Heirat zwischen beiden Rassen überhaupt stattfinden kann. Sie wurden als Mätressen verkauft!« »Einspruch. Sie sagen, daß sie verheiratet sind, und ihre Männer sagen das auch. Fragen Sie Captain Kirk, er hat mit ihnen gesprochen.« »Diese Ehen sind nicht registriert worden.« Mudd hob die Arme. »Ist das meine Schuld? Ich frage sie, meine Herren, ist man ein Krimineller, wenn man eine Frau, die heiraten will, zu einem Mann bringt, der mit ihr den Bund fürs Leben schließen möchte?« Es gab eine erneute Besprechung. »Angeklagter, plädieren Sie für nicht schuldig?« »Natürlich.« »Fahren Sie mit der Anklage fort.« Etwas außer Tritt fuhr Clarence fort: »Weiterhin und zusätzlich ist der Gefangene der Androlepsie ersten Grades angeklagt, einem Verbrechen contra bonos mores für alle zivilisierten Völker seit undenklichen Zeiten…« »Der was?« flüsterte Weinberg McCoy zu. »Klingt wie ein Schlafmittel. Wenn es nun Clarence war – « »Pst«, sagte McCoy. Der Herold starrte sie wütend an. »Einspruch!« rief Mudd. »Sie können mich nicht wegen etwas anklagen, von dem ich nicht einmal weiß, was es ist!« »Ruhe im Gerichtssaal. Der Schriftführer wird dem Angeklagten das Verbrechen erklären.« »Entführung«, sagte der Schriftführer streng. »… und schaffte bewußt und absichtlich Bürger dieses Planeten fort unter fremde Gerichtsbarkeit. Er beutete den souveränen Staat Liticia aus und betrog ihn um seine Erhebungen, Steuern, Zolltarife, Nutzungsgebühren – « »Einspruch!« sagte der Verteidiger. »Wer zum Teufel wußte, daß es ein souveräner Staat war? Zu der Zeit war er es
jedenfalls nicht. Und da wir gerade von Gerichtsbarkeit sprechen, so erkenne ich die Zuständigkeit dieses Gerichts nicht an. Ich glaube nicht, daß es rechtsgültig ist.« Der Richter lächelte. »Einspruch abgelehnt. Diese Gerichtsversammlung findet auf Grundlage der Gesetze des gesamten Planeten statt – es sei denn, Sie wollen daraus einen Fall für die Föderation machen.« Mudd sagte: »Ich bringe ihn vor den Obersten Gerichtshof der Galaxis! Wenn – « Der Anklagevertreter wirbelte herum und betrachtete ihn langsam. Alles war still. Mudd fing an zu schwitzen. »Und er hat diesen souveränen Staat um seine Steuern und Pfandrechte an Einnahmen betrogen…« Mudd heulte: »Einspruch! Sie können nicht rückwirkend Einkommenssteuer einheben. Hier gab es keine Regierung, niemand hat mich in Kenntnis gesetzt – « Der Richter sagte: »Das Datum des Inkrafttretens des Einkommenssteuer-Zusatzartikels zur Verfassung von Liticia liegt zeitlich vor Ihrer Vermögensanhäufung. Unkenntnis des Gesetzes ist keine Entschuldigung.« Clarence trat vor. »Euer Ehren, ich erhebe Einspruch gegen die Ausflüchte des Vertreters der Verteidigung. Er greift bei jeder Gelegenheit zur Haarspalterei, und seine Vergehen zeigen, daß er in toto und absolut bar eines sensum moralis ist.« »Was hat er gesagt?« fragte Weinberg. Lediglich Spock schien der Sachdarstellung des Anklägers gefolgt zu sein, und der schüttelte den Kopf. Mudd starrte einfach vor sich hin. »Euer Ehren, ich glaube, er hat etwas Böses und Gehässiges über mich gesagt.« »Er sagt, Sie seien ausweichend, verschlagen und moralisch unterentwickelt.« »Ich? Verschlagen? Bei allen Gesetzen des Universums! Ich, der ich mein ganzes Leben damit verbracht habe, Schönheit
und Glück in alle Teile der Galaxis zu bringen – Gesellschaft zu den Einsamen, Zivilisation sogar den Maschinen –, wie können sie mich mit so vielen langen Wörtern anklagen?« Mudd breitete die Arme aus. »Ich bin nur ein einfacher Mensch, der das Glück aller will. Dennoch werde ich von einem Ende der Galaxis zum anderen gehetzt und geschmäht und« – er starrte Kirk wütend an – »auch noch daraus verjagt. Gibt es keine Ruhe, keinen Frieden für die Wohltätigen?« Ernst lehnte er sich nach vorne. »Ich stehe vor diesem Gericht, aber nicht vor Geschworenen von meinesgleichen, sondern künstlichen Mädchen – eh, Männern. Wie könnten sie jemals meine Motive verstehen? Sie haben keine Herzen wie die Menschen! ›Die Fähigkeit der Güte kann nicht erzwungen werden, sie fällt vielmehr wie ein leichter Regen vom Himmel. Sie segnet den, der gibt und den, der nimmt, sie steht dem gekrönten Monarchen besser als die Krone.‹ Warum soll ich weitersprechen? Maschinen, die über einen Menschen zu Gericht sitzen…« Um den dramatischen Effekt zu vergrößern, drehte sich Mudd um, neigte die Schultern und blickte mit dem Ausdruck erhabener Verzweiflung zum Himmel. Kirk war von Ehrfurcht ergriffen. Es schien keine Situation zu geben, die Mudd nicht zu seinem eigenen Nutzen verdrehen konnte. Die Androiden waren still und grübelten über seine Worte nach. Schließlich sprach der Richter: »Wir müssen gestehen, daß der Vertreter der Verteidigung einen Punkt, der die Gerichtsordnung betrifft, angesprochen hat. Wir sind nicht seinesgleichen, aber es befinden sich Wesen seiner Art hier. Das Gericht muß daher vertagt und eine neue Gruppe von Geschworenen, in der sich auch Menschen befinden, vereidigt werden. Captain Kirk, gibt es irgendeinen Einwand dagegen?« »Ich sehe keine Schwierigkeit, außer Ihr Gesetz untersagt dies Nichteinwohnern, oder es wird von diesen verlangt, einen
Eid zu schwören, der nicht mit ihrer grundlegenden Loyalität zu vereinbaren ist. Aber – « »Darf ich Sie unterbrechen, Captain?« fragte Spock. »Dem Gericht sollte klar sein, daß menschliche Geschworene von vielen Faktoren, die nichts mit den gesetzlichen Fakten des Falls zu tun haben, beeinflußt werden können – die Redekunst des Anklägers, die atmosphärische Feuchtigkeit, der Gesichtsausdruck des Angeklagten – und dieser spezielle Angeklagte scheint sehr starke Gefühle zu erzeugen.« McCoy erhob sich. »Ich darf Mister Spock, der glaubt, daß Maschinen mehr Gerechtigkeit bieten, daran erinnern, daß in der antiken Gerichtsverhandlung, aus der der Angeklagte zitierte (Shylock gegen Antonio, Venedig, im Jahr 1504 nach dem Alten Kalender), der Fall nicht durch Emotionen, sondern getreulich nach dem Buchstaben des Gesetzes entschieden wurde!« Spock und McCoy starrten einander wütend an. »Meine Herren«, sagte der Richter traurig, »es sieht ganz so aus, als führten Sie einen Prozeß gegen uns anstatt gegen den Menschen Mudd. Und vielleicht haben Sie recht. Er hat unseren Status als Gerichtshof in Frage gestellt, und viele der Verbrechen, derer er angeklagt ist, sind Verbrechen gegen die Person. Sind wir in den Augen des Gesetzes Personen?« »Das heißt, sind wir in legalis homo«, erklärte Clarence. »Du meine Güte«, sagte Bootsmaat Weinberg. »Das ist in der Tat eine elementare Frage«, sagte Spock. »So stehen wir also tatsächlich vor Gericht«, sagte der Richter. »Wir haben viel von euch Menschen gelernt. Als empfindungsfähige Lebewesen beanspruchen wir das Recht, als unabhängiger Planet anerkannt und in die Föderation aufgenommen zu werden. Captain Kirk, können Sie diese Entscheidung fällen?«
»Ich kann nur eine Empfehlung aussprechen«, sagte Kirk langsam. »Meine Empfehlung hätte jedoch großes Gewicht.« Der Richter erhob sich und legte seine scharlachrote Robe ab. »Bis wir diese Roben rechtmäßig tragen können, legen wir sie beiseite. Die Verhandlung gegen den Menschen Mudd wird hiermit unterbrochen, und wir werden Ihnen und Ihren Offizieren als Repräsentanten der Föderation unseren Fall darlegen. Erst wenn Sie Ihr Urteil gefällt haben, werden wir uns weiter mit dem Fall Mudd befassen.« Mudd beobachtete mit offenem Mund, wie die Geschworenen aus ihrem Abteil traten und die Offiziere der Enterprise ihren Platz einnahmen. »Das ist sehr ungewöhnlich«, murmelte Scott. »Es beginnt mit einer Verhandlung gegen den Schurken Mudd, und am Schluß steht der Richter selbst vor Gericht. Irgend etwas ist da nicht richtig gelaufen.« »Sie sind weder eine organische Lebensform, noch humanoid, und ganz bestimmt keine Menschen«, sagte McCoy zu Kirk. »Ein Sonderfall«, antwortete der Captain. »Bitte fahren Sie fort.« Clarence stand in einem einfachen, grauen Umhang vor ihnen. »Ich bin bevollmächtigt, Ihnen unsere Position darzulegen, meine Herren. Wir haben Sie von Seelen, Gefühlen, Gnade und Menschlichkeit sprechen hören. Wir haben diese Dinge studiert«, begann er. »Gefühle können als Wahrnehmung einer Reaktion auf erlebte Situationen definiert werden, die sich aus biochemischen Effekten wie Blutdruck, Hormonhaushalt, Nervenspannkraft der Erinnerung zusammensetzt. Ist das korrekt?« McCoy nickte. »Mehr oder weniger.«
»Bezweifeln Sie, daß wir ein Erinnerungsvermögen besitzen?« Das gesamte Kontingent von der Enterprise schüttelte den Kopf. »Nein.« »Aber wir haben ein gefühlsbetontes Gedächtnis«, sagte McCoy. »Manchmal erinnern wir uns an das, was wir bei einem Ereignis fühlten, besser als an das Ereignis selbst. In Extremfällen erkennen wir nicht einmal ein aufgezeichnetes Playback wieder.« »Das ist ein Phänomen, das wir nicht kennen können«, gab der Androide zu. »Aber macht uns ein genaues Gedächtnis für die Mitgliedschaft ungeeignet?« Spock hob eine Augenbraue in die Richtung von McCoy, der verwirrt aussah. »Und wir können Ihnen beweisen, daß wir auch über Entsprechungen für die anderen Faktoren Ihres ›Gefühls‹ verfügen. Be steht an sich ein Unterschied zwischen einem elektrischen Impuls zwischen Nervenzellen und den Faserdrähten unseres inneren Organismus? Ihre auf tierischen Ursprung basierenden Reaktionen bewirken, daß Adrenalin in Ihr Blut fließt, bevor Sie überhaupt analysieren können, daß eine Situation dies verlangt; wir erhöhen unsere Energien nicht unfreiwillig. Wenn wir mit einer möglichen Krise konfrontiert werden, analysieren wir zuerst. Erst dann wird entschieden, ob Energiereserven benötigt wer den.« »Klingt wie ein Vorteil«, sagte Kirk. »Das ist es auch.« »Das ist doch Haarspalterei«, sagte Weinberg. »Es gibt biologische Rassen, die über ausreichende Körperkontrolle verfügen, dies auch zu tun.« Kirk erkannte diesen Punkt an. Spock entspannte sich. »Bezweifeln Sie, daß wir ein Bewußtsein haben?«
»Nein, das haben Sie ganz sicher. Aber wenn Ihr Zentralcomputer ausgeschaltet wird, verlieren Sie es«, sagte McCoy. »Das ist nicht ganz richtig, Sir. Es verhindert uns nur den Zugang zu unserem kollektiven Gedächtnis und den zugehörigen Informationen. Waren nicht die Aruhus und die anderen Androiden auf Ihrem Schiff bei Bewußtsein, obwohl sie von ihm getrennt waren?« »Sie haben keinen Stoffwechsel und wachsen nicht«, sagte der hart bedrängte McCoy. »In contrario«, sagte Clarence. »Unser Stoffwechsel besteht aus purer Energie. Wir wachsen nicht, weil wir vollständig sind. Wir passen uns an – wie Sie wissen, sogar an den luftleeren Raum.« »Und die Fortpflanzung?« »Pflanzen wir uns nicht fort, nur weil sich unsere Fabriken außerhalb des Körpers, der ein Gehäuse darstellt, befinden?« »Jetzt kommen wir zum Kern der Sache«, sagte McCoy heftig. »Auch wir betrachten unsere Körper als ›Gehäuse‹ – nämlich für die Seele.« »Was ist die Seele, Doktor?« »Eh. Nun, der Teil des Menschen, der nicht definiert, analysiert oder erfaßt werden kann und beim Tod entschwindet.« »Das ist nicht präzise, Sir.« »Da haben wir’s«, sagte McCoy. »In allen anderen Punkten sieht die Sache für Sie gut aus. Aber hier… ich weiß nicht.« »Captain Kirk, haben Sie eine Seele?« »Ich denke schon.« »Und Sie, Sir, der Vulkanier – Sie auch?« Mit Vergnügen beobachtete McCoy Spock, wie er sich grünlich verfärbte und den Doktor zornig anblickte. Der Ankläger wandte sich an Kirk.
»Scheitern wir an dieser… Seele?« fragte er traurig. »Sir, darf ich etwas sagen?« meldete sich Weinberg zu Wort. Kirk nickte. »Ich kann bestimmt keine Definition für die Seele anbieten. Aber diese Androiden haben Dinge getan, die uns aufmerken lassen sollten. Sie waren dankbar, daß wir die Aruhus und die anderen gerettet haben. Ist Dankbarkeit mechanisch? Sie stellen Mudd vor Gericht, weil er ihre Bürgerrechte verletzt hat. Wenn sie die Bürgerrechte respektieren, achten sie die Freiheit der Wahl. Und ich kenne keine Religion, die nicht lehrt, daß die Seele ihren Weg wählen muß. Sie haben Freude am Lernen – ist Freude nicht ein Teil der Seele? Warum haben Sie so viele Aruhus hergestellt?« fragte er den Anklagevertreter. »Sie war schön, an Geist und Körper«, antwortete Clarence. »Ist es nicht zum Teil Aufgabe der Seele, Schönheit zu erkennen?« sagte Weinberg leidenschaftlich. »Ich denke«, sagte McCoy, »daß es für die Seele notwendig ist, die Einsamkeit zu erkennen.« »Ah«, sagte der Android, »entspricht das einer getrennten Verbindung? Unsere Einheiten, die mit Ihnen zurückgekehrt sind, haben die Trennung genauso gespürt wie wir. Es war eine neue und unfunktionsmäßige Erfahrung für uns, die wir ein kollektives Gedächtnis besitzen.« Spock, der sich mit großer Mühe beherrscht hatte, sprang auf die Füße. »Captain«, sagte er mit einem seltsamen Ton in seiner Stimme, »bei den Vereinigten Planeten gibt es Völker mit einem Stoffwechsel, der auf Mineralien basiert; Völker, die sich telepathisch verständigen; und einige Völker, die die Vernunft sehr hoch einschätzen. Wenn diesen Androiden das Recht auf unabhängige politische Existenz verweigert wird, wäre es unlogisch, die – sagen wir mal, Vulkanier, zu behalten.«
Er warf ein gefaltetes Stück Papier in Kirks Schoß und stolzierte hinaus. Kirk öffnete es. Es war ein Ausdruck der Nachricht von Leutnant Spxyx von der Computerabteilung. STERNZEIT 6067.8 SPOCK ENTERPRISE/SABOTAGE NEGATIV/MARK ZX 856 SCHLIESST WIEDER VERTRÄGE/FEEDBACKSCHWANKUNG BEWIRKTE MASCHINENSCHADEN/ SPOCK HÖREN SIE SICH DAS AN. EINZIGE DATENAUSGABE/WER BIN ICH/JETZT VOLLSTÄNDIG – MENSCHLICHER KOLLEGE SAGT ER HOFFT WIR HABEN KEINEN MORD BEGANGEN SPXYX. Kirk reichte Mister Scott das Stück Papier. Der las es und errötete. »Ich weiß nicht, Captain, ich weiß nicht. Wenn ich anfange, Maschinen für Menschen zu halten, wo soll das enden? Soll ich vielleicht meinen Maschinen eine Gute-NachtGeschichte erzählen?« »Vielleicht findet Mister Scott das unlogisch. Wenn Ihre Maschinen anfangen, sich zu fragen, wer sie sind, so sollten Sie sich das überlegen«, sagte Clarence. Scott kratzte sich am Kopf. »Das alles ist mir ein bißchen zu philosophisch, und das ist die Wahrheit. Ich bin ein praktischer Mensch, Captain, aber sogar ich vergesse, daß diese Androiden Computer in verrückten Kleidern sind. Ich spreche nach wie vor mit ihnen. Ich weiß nicht, was die Wahrheit ist…« Verwirrt folgte er Spock. »So haben wir eine Stimme dafür und eine Enthaltung«, sagte Kirk. »Uhura? Sulu? Chekov?« Jeder sagte auf seine Art »Ich weiß nicht.« Chekov fügte verschämt hinzu: »Wahrscheinlich hält sich keiner von denen für einen Tataren aus dem Altertum…« »Wird er wieder in Ordnung kommen?« fragte Kirk besorgt, als er sie hinausgehen sah.
»Solange er außer Reichweite von durch die Barriere veränderten Dilitiumkristallen bleibt«, sagte McCoy. »Das passiert wahrscheinlich so schnell nicht wieder.« »Die Androiden, die beim Durchbrechen der Barriere an Bord der Superstella waren, meldeten interne elektrische Störungen, veränderte Reaktionszeiten und Sensorfehlfunktionen«, sagte ihr Sprecher. »Hm, die hatten wir auch«, sagte McCoy. »Nun, Pille, es sieht so aus, als ob die Entscheidung von uns abhängt. Empfehlen wir der Föderation eine Mitgliedschaft der Androiden von Liticia oder nicht?« »Ich lasse Sie allein, damit Sie sich ungestört unterhalten können«, sagte Clarence. Das Geschworenenabteil war leer bis auf den Captain und den Doktor. Sie hörten hinter sich ein Husten. »Sir«, sagte Bootsmaat Weinberg, »ich habe eine Ausgabe der Artikel der Föderation mitgebracht.« Er gab ihnen das dicke Buch und fügte hinzu: »Es steht nirgends geschrieben, daß eine Rasse eine Seele haben muß, um Mitglied werden zu können.« Er salutierte förmlich und ging. Kirk und McCoy sahen sich gegenseitig an. Sie brachen in dröhnendes Gelächter aus. »Nun, McCoy, das wischt den letzten Einwand vom Tisch. Ich muß zugeben, daß ich sie nicht ablehnen wollte – sie haben uns viel zu bieten!« »Nun«, sagte Mudd mürrisch, als er vor das wiedereinberufene Gericht geführt wurde, »das ist eine schöne Geschichte. Ich mag nicht der Norm entsprechen, aber niemand kann meine Loyalität zur menschlichen Rasse in Frage stellen. Ich weigere mich, weiter an diesem obszönen Verfahren teilzunehmen…« Worauf er sich hinsetzte, die Arme verschränkte und seine Nase zur Decke streckte. »Es geht weiter, meine Herren. Das Gericht tagt.«
Die einzige Überraschung des Prozesses ereignete sich, als Weinberg in der Rolle des Verteidigers einen Androiden als Zeugen aufrief. Clarence selbst betrat den Stand. Aus diesem Anlaß zog er erneut seine Robe aus. »Wie Sie wissen, hat der Angeklagte sein Einverständnis bekundet, bei der Anklage wegen Steuerhinterziehung auf schuldig zu plädieren« – Mudd zuckte sichtbar zusammen; Bootsmaat Weinberg mußte außergewöhnliche Überredungskünste besitzen – »ebenso bei den Vorwürfen der Spekulation, Ausbeutung und Unterschlagung« – ein Murmeln ging durch den Gerichtssaal – »und diversen anderen Anklagepunkten. In der Tat bleibt ihm nichts anderes übrig. Ist es tatsächlich die ausdrückliche Meinung dieses Zeugen, der in den Gesetzen dieses Landes gründlich instruiert ist, daß die Verbrechen gegen die Person während einer subjektiven Zeitphase begangen wurden, in der die Personen rechtmäßig auch als solche betrachtet werden mußten?« Mit triumphierender Miene trat Weinberg zurück. Bootsmaat Weinberg, so dachte Kirk, könnte es im Diplomatischen Dienst doch noch weit bringen. Er schien ein ziemliches Talent dafür zu haben, zwingende Beweggründe überzeugend darzulegen – was auch immer die Konsequenzen dabei waren. Der Zeuge räusperte sich. »Harumff.« Er sprach dieses Wort sehr deutlich aus. »Mein geschätzter Gegenspieler hat einen Punkt angesprochen, für den man den fortgeschrittensten logischen Schaltkreis benötigt. In der Tat, ließen wir diesen Punkt gelten, müßte die gesamte zeitliche Basis dieses Prozesses geändert und dem Rechtssystem zugestanden werden, während der Tatzeit eher in einem Zustand von posse als esse gewesen zu sein. Der Angeklagte unternahm zu dieser Zeit alles, um innerhalb der Grenzen des Gesetzes, so wie er es
verstand, zu bleiben. In diesem Fall wäre es unmöglich, den Angeklagten wegen eines anderen Verbrechens zu verurteilen als dem Steuern seines Schiffes ohne Lizenz.« Mudd, der offensichtlich traumverloren die vorhergehenden Argumente ignoriert hatte, stand auf und starrte den Androiden an. »Ein Daniel, ein Daniel kommt zur Einsicht!« sagte er. »Die Vernunft hat sich am Ende durchgesetzt! Eine Geldstrafe, eine Geldstrafe nur, und ich bin frei.« Er warf einen verächtlichen Blick auf die versammelte Menge. »Diese Dummköpfe. Das hätte ich euch gleich sagen können.« »Warum haben Sie es nicht getan«, wollte der Richter wissen. Mudd zuckte mit den Achseln. »Ihr habt einen Lernprozeß durchgemacht. Ihr, die ganzen Roboter, Verzeihung, mechanischen Personen, die ihr die ganze Nacht auf wart wegen eurer Präzedenzfälle und dem interplanetarischen Gesetz…« Er setzte sich, unendlich zufrieden, und legte seine Füße hoch. »Danke für die Unterhaltung. Können wir jetzt gehen?« »Für diesen Prozeß gibt es keinen Präzedenzfall«, stellte der Richter fest. »Da ich glaube, daß alle Argumente beider Seiten jetzt gehört wurden, fordere ich die Geschworenen, die sich jetzt zur Hälfte aus Menschen, zur Hälfte aus Androiden zusammensetzen, auf, sich zurückzuziehen und ein Urteil zu fällen. Das letzte Argument der Verteidigung wird wie die anderen Beweise gebührend berücksichtigt werden. Während die Geschworenen sich beraten, wird sich das Gericht zurückziehen.« Die sechs Geschworenen von der Enterprise gingen mit ihren Androidenkollegen ernst hinaus. Sie sahen verblüfft drein.
»Ich hoffe, man kann hier eine Wohnung finden«, sagte Kirk. »Dazu braucht es mehr als einen Daniel, es braucht einen Salomon!« »In der Tat, Captain«, antwortete Spock. »Dieser Prozeß wird einen Präzedenzfall für Zeitparadoxfälle schaffen. Ich neige dazu, die Brauchbarkeit eines Geschworenengerichts in so einer Angelegenheit in Frage zu stellen.« »Nun, Spock, wie würden Sie entscheiden?« sagte Kirk lächelnd. »Logik allein reicht diesmal nicht aus, und irgend jemand muß eine Entscheidung fällen.« »Kopf ab«, murmelte McCoy. »Wenigstens«, sagte Spock, »bleibt uns die Alternative der tyrannischen force majeste erspart.« Die Geschworenen berieten sich sehr lange. Als sie zum wiedereinberufenen Gericht zurückkehrten, stellte sich der Sprecher (ein Marilynmodell) vor ihnen auf. Ihre Rosenknospenlippen öffneten sich: »Euer Ehren, wir sind der Meinung, daß dieser Fall nur auf der Basis der erlebten Zeitabfolge betrachtet werden kann. Diese war wie folgt: die Taten wurden vom Angeklagten begangen, so wir sie verhandelt haben; als nächstes kamen die Abenteuer innerhalb der Zeitspirale, dann erfolgte die Rückkehr zur Galaxis; erst dann geschah die Bildung einer Regierung und die Schaffung der Gesetze und einer Verfassung auf Liticia. Deshalb ist der Angeklagte im Sinne der Anklage schuldig.« Mudd schien in seiner Samttunika zusammenzuklappen. Er war ein gebrochener Mann. »Aber«, sprach sie weiter, »er kann nicht verurteilt werden. Das einzige Verbrechen, das er gegen ein gleichzeitig
existierendes Gesetz begangen hat, ist – das Steuern eines Schiffes ohne Lizenz.« Mudd schien seine Kleider wieder auszufüllen. McCoy verbarg seinen Kopf in beiden Händen. »Der Richter wird jetzt das Urteil verkünden«, sagte der Herold majestätisch. »Der Angeklagte möge sich erheben.« Mudd sprang auf die Beine. »Oh, na schön«, sagte er. »Noch ein paar Minuten von diesem son-et-lumiere, wenn’s sein muß. Es ist natürlich ein Finale erforderlich. Aber meine Show in den Magellanischen Wolken könnt ihr mit einer lumpigen, kleinen Geldstrafe nicht schlagen.« »Ruhe im Gerichtssaal.« »Es liegt im Ermessen des Gerichts, das Strafausmaß zu bestimmen. In Anbetracht des Falles Drashevin gegen das Lizenzamt von Shere-Khan und in Anbetracht der beiden früheren Urteile für das gleiche Vergehen seitens des Angeklagten, verurteile ich Sie, Harcourt Fenton Mudd, zur Verbannung von diesem Planeten, von jeglichem angrenzenden Planetenraum und von allen Planeten und planetarischem Raum, die an einen Sektor innerhalb der Gerichtsbarkeit der Vereinigten Planetenföderation angrenzen.« Mudd blickte verstört. »…die vom Klingonen-Imperium beherrscht werden…« Mudd blickte beunruhigt. »… oder unter der Oberhoheit des Romulanischen Kaiserreichs und seiner Verbündeten stehen, für immer und in aeternum.« Mudd blickte entsetzt, als die Worte im Raum verklangen. »Das könnt ihr nicht mit mir machen, ich werde beim Obersten Gerichtshof Berufung einlegen – «
»Der Oberste Gerichtshof hat uns umfassende Vollmacht verliehen, mit Ihnen zu verfahren, wie wir es für richtig halten.« »Einen Gerichtsbefehl«, fügte Clarence glücklich hinzu. »Sie stellen eine Bedrohung für den geordneten Zustand dieser Galaxis dar und werden daher unverzüglich aus ihr entfernt. Ihr Schiff wartet schon«, sagte der Richter abschließend. »Sch-Schiff?« »Eine etwas verbesserte Version der SuperStella, für einen einmaligen Flug durch die Barriere umgebaut. Sie werden sie sehr komfortabel finden. Sie ist sogar mit Begleiterinnen für Sie ausgestattet – natürlich nicht ganz das, was Sie gewohnt sind. Die Besatzung besteht aus Automaten mit weiblichen Körperformen, allerdings ohne eigenes Bewußtsein. Sowohl sie als auch das Schiff sind unwiderruflich auf Selbstzerstörung programmiert, falls Sie den Versuch unternehmen sollten, zu dieser Galaxis zurückzukehren. Wir wünschen Ihnen eine angenehme Reise. Die Verhandlung ist geschlossen.« Eine kleine Gruppe beobachtete den Start des Schiffes. Ihre Ohren waren noch immer von vielfältigen und ideenreichen Flüchen Harcourt Fenton Mudds wie betäubt. »Das müßte das letzte sein, das wir von ihm hören«, sagte McCoy. Sie blickten zum Sternenhimmel empor, auf das Sternbild Tukana und die beiden Magellanwolken. »Da wir ja in zeitlicher Hinsicht früher wieder zurückgekommen sind, frage ich mich, ob die Katastrophe in der Wolke überhaupt passiert ist«, gab Kirk zu bedenken. »Das werden wir in ungefähr hundertsechzigtausend Jahren wissen«, sagte Spock, »wenn uns ihr Licht aus jüngster Vergangenheit erreicht.«
»Bis dahin hat er wahrscheinlich die andere in die Luft gejagt«, sagte Weinberg. »Mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit findet er eine Möglichkeit, sie jemandem zu verkaufen«, seufzte Kirk.
Nachwort
Mit dem vorliegenden 16. Band der »Original-Abenteuer von RAUMSCHIFF ENTERPRISE« liegen nun erstmals die Buchadaptionen aller Fernsehfolgen – mit Ausnahme der Novelisierungen der Trickfilm-Episoden – dieser international so erfolgreichen SF-Serie komplett in deutscher Sprache vor. Sie sind – alle 78 Abenteuer von Captain Kirk und seiner Mannschaft, wobei der einzige Zweiteiler der Serie als eine Episode gewertet wird – in den Bänden 1 bis 11, 13 und 16 dieser Edition von STAR TREK enthalten. Die übrigen Bände der Serie in dieser Ausgabe, die bereits erschienen sind oder sich in Vorbereitung befinden, enthalten neue Romane und Kurzgeschichten um die beliebten Protagonisten, verfaßt von so bekannten Autoren und Autorinnen des Genres wie Gordon Eklund, Stephen Goldin, Joe Haldeman, Kathleen Sky und David Gerrold. Sie handeln zumeist während der ersten FünfJahres-Mission von Raumschiff ENTERPRISE und werden teilweise auch zum ersten Mal in deutscher Sprache veröffentlicht. Dabei werden früher schon anderwärtig erschienene Titel für diese Edition sorgfältig überarbeitet, wobei jedwede Kürzung beseitigt und die Diktion an die der TV-Serie angepaßt wird, wie das ja auch bei den TVAdaptionen der Fall war, oder gleich neu übersetzt. Als sich der Goldmann Verlag im Jahre 1985 dazu entschloß, die frühen Abenteuer des Raumschiffs ENTERPRISE in dieser Edition neu aufzulegen, wurde ursprünglich daran gedacht, die einzelnen Geschichten in der Reihenfolge ihrer Ausstrahlungen zu veröffentlichen. Da dies aus rechtlichen Gründen aber nicht möglich war, sollte die Angabe der Episodennummer es dem interessierten Leser ermöglichen, die Erzählungen in der
richtigen Reihenfolge lesen und chronologisch zuordnen zu können. Dies sollte dazu dienen, nicht nur die inneren Zusammenhänge und den eigentlichen Handlungsablauf der Serie deutlich werden zu lassen, sondern auch die Entwicklung der einzelnen Haupthandlungsträger besser mitverfolgen zu können. Nun stimmt aber, wie die STAR TREK-Experten wissen, die Reihenfolge der Verfilmung der einzelnen Episoden nicht mit der Reihenfolge überein, in der die einzelnen Abenteuer auch ausgestrahlt wurden. Diese Diskrepanzen sollten im Interesse der Leser beseitigt werden. Dazu kam, daß STAR TREK in den letzten Jahren viele kräftige Lebenszeichen von sich gab. Es steht nicht nur der mittlerweile schon fünfte abendfüllende Kinofilm vor seiner Premiere – dem Vernehmen nach wurde bereits für den in Vorbereitung befindlichen sechsten schon mitgedreht – , es startete 1987 in den USA mit STAR TREK – THE NEXT GENERATION eine komplett neue Serie um eine neue ENTERPRISE, die überaus erfolgreich ist. Der Pilotfilm und etliche Episoden sind, ebenso wie der ST-Pilotfilm »The Cage«, auf Video erhältlich, bis auf Roddenberrys ST-Erstling teilweise auch in deutscher Sprache. Von größerer Bedeutung für die deutschen Fans und Fernseher war aber, daß der Kabelsender SAT1 nach den ursprünglichen 39 deutschsprachig ausgestrahlten Episoden vom ZDF weitere 39 Folgen ankaufte und synchronisierte – also einschließlich des Zweiteilers »The Menagerie« alle noch fehlenden Abenteuer mit Ausnahme von »Patterns of Force«, der Nazi-Episode. Nach einem Special – »Wie alles anfing – Mr. Spock erzählt« – wurden sie ab dem 21. 9. 1987 in wöchentlichem Rhythmus gesendet. Diese für die vielen Freunde der Serie durchaus erfreuliche Tatsache stellte Redaktion und Lektorat dieser Edition vor ein weiteres Problem. Als Leserservice waren vom
Start weg auch die deutschen TV-Titel angegeben worden, natürlich nur die zur Verfügung stehenden der ursprünglichen 39 Folgen. Nun stand die Frage im Raum, wie auch die Titel der SAT1-Staffel noch nachträglich integriert werden konnten. Schließlich wurde dafür ebenso eine Lösung gefunden wie für das Problem mit der Verfilmungsreihenfolge. Da der vorliegende Titel der letzte Band der »OriginalAbenteuer von RAUMSCHIFF ENTERPRISE« ist, der Adaptionen von TV-Episoden enthält, werden im Anhang alle einzelnen Folgen aufgelistet, und zwar mit Originaltitel, deutschem TV-Titel, in der Reihenfolge der Produktion und unter Hinweis auf die Nummer des Bandes, in der sie enthalten sind. Die Episodennummer nach Reihenfolge der Ausstrahlung wird in dieser Aufstellung nicht extra angegeben. Noch einige Hinweise bei dieser Gelegenheit: Der Zweiteiler »The Menagerie« wurde nicht in seiner endgültigen Fassung adaptiert, es wurde nur die Kernhandlung des Pilotfilmes »The Cage« für die Buchversion bearbeitet, die Rahmenhandlung – in der Spock das Kommando über die ENTERPRISE an sich reißt, das Sternenschiff zum gesperrten Planeten Talos IV entführt und die Gründe für sein Handeln aus den Geschehnissen des Pilotfilms heraus erklärt – findet keine Erwähnung; deshalb gibt es hier einen Querverweis. Die Episode »Where No Man Has Gone Before« war ursprünglich als zweiter Pilotfilm geplant, gelangte aber als solcher nicht zur Ausstrahlung. Der Pilotfilm entstand 1964, Episode 1 wurde 1965 gedreht. Die Episoden der 1. Saison (2-28) entstanden 1966/67, die der 2. Saison (29-54) 1967/68 und die der 3. und letzten (55 – 78) 1968/69. Weitere Informationen zu STAR TREK enthält auch das Nachwort, das in den Bänden 1 bis 5 dieser ENTERPRISE-Ausgabe veröffentlicht wurde.
STAR TREK LIVES! RAUMSCHIFF ENTERPRISE LEBT! Das haben die Entwicklungen der letzten Jahre eindrucksvoll bewiesen! Hermann Urbanek