Anne Najderek Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts
GABLER RESEARCH Rechnungswesen und Unternehmensüberwachung...
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Anne Najderek Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts
GABLER RESEARCH Rechnungswesen und Unternehmensüberwachung Herausgegeben von Professor Dr. Hans-Joachim Böcking, Professor Dr. Michael Hommel und Professor Dr. Jens Wüstemann
Die Schriftenreihe präsentiert Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung zu den Themengebieten Financial Accounting, Business Reporting, Business Audit, Business Valuation und Corporate Governance. Die Beiträge dieser Reihe verfolgen das Ziel, Vorgaben der Gesetzgebung, der nationalen und internationalen Standardsetter sowie Empfehlungen der Wirtschaftspraxis mittels des Instrumentariums der betriebswirtschaftlichen Theorie zu beschreiben, zu analysieren und insbesondere vor dem Hintergrund der Anforderungen des Kapitalmarktes weiterzuentwickeln.
Anne Najderek
Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts Problembestimmung und konzeptionelle Würdigung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Jens Wüstemann
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Mannheim, 2009
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Claudia Jeske | Sabine Schöller Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-1881-9
Geleitwort Mit der EG-Verordnung 1606/2002 („IAS-Verordnung“) wurde das europäische Bilanzrecht grundlegend neu tariert: Mit dem Ziel eines hohen Grades an Transparenz und Vergleichbarkeit der Rechnungslegungsinhalte und damit einer effizienten Funktionsweise des Kapitalmarktes in der Gemeinschaft und im Binnenmarkt (Art. 1) wurden zumindest kapitalmarktorientierte Unternehmen innerhalb der EU verpflichtet, ihre konsolidierten Abschlüsse nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) aufzustellen. Für Kapitalgesellschaften insgesamt gelten zudem unvermindert die Richtlinien, insbesondere die Jahresabschlussrichtlinie 78/660/EWG und die Konzernabschlussrichtlinie 83/349/EWG, als harmonisierter Rahmen des Rechnungslegungsrechts der Mitgliedstaaten weiter. Es wäre naiv zu glauben, dass sich dadurch die Lage vereinfacht hätte; das Gegenteil ist der Fall. Geblieben sind freilich die alten Probleme: Die von Kompromissen geprägten Richtlinien mit ihrem breiten Umsetzungsrahmen; die ungeklärten Folgen einer möglichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs auf die zumindest in Deutschland intendierte Steuerneutralität der Richtlinien; das schwierige Verhältnis von Kapitalrichtlinie 77/91/EWG und Jahresabschlussrichtlinie; und schließlich die Auslegungsoffenheit zentraler Bilanzierungsprinzipien wie Vorsichts-, Realisations- und Imparitätsprinzip einerseits und Trueand-fair-view-Gebot andererseits. Indem die IAS-Verordnung die Übernahme und Anwendung der IFRS an dieses True-and-fair-view-Gebot bindet, schlagen alle Probleme auch dort voll durch. Mit der einhergehenden Verrechtlichung von IFRS innerhalb Europas stellen sich zudem weitreichende Fragen hinsichtlich der Rechtsqualität europäischer IFRS, der anzuwendenden Auslegungsmethode sowie der Auslegungshoheit verschiedenster staatlicher und privater Instanzen – von inhaltlichen Unbestimmtheiten der IFRS ganz zu schweigen. Nicht zuletzt ist offen, inwieweit der von den IFRS gewählte „management approach“ bei der Auslegung unbestimmter Rechnungslegungsstandards und bei Lücken in den Standards gem. IAS 8.10ff. überhaupt innerhalb Europas Geltung erlangen kann. In dieser Gemengelage weist Frau Dr. Najderek in souveräner Manier den Weg. Mit dem Blick für das Ganze, aber auch für die Problemstellungen im Detail würdigt sie Regelungswillen und -form der „beiden“ europäischen Normgeber und bestimmt dann anhand des wohlverstandenen True-and-fair-view-Gebots inhaltlich den Harmonisierungsrahmen des europäischen Bilanzrechts: eine beeindruckende Arbeit, der man viele Leser wünscht. Rechtssicherheit und wohlverstandene Harmonisierung des Bilanzrechts wird man dauerhaft nicht durch Problemverdrängung, sondern nur durch ihre inhaltliche Bewältigung erreichen. Prof. Dr. Jens Wüstemann
V
Vorwort Die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts stellt aufgrund ihrer fortlaufenden Entwicklung und vielseitigen Betrachtungsmöglichkeiten eine nahezu unerschöpfliche Forschungsquelle dar und ist somit auch Gegenstand umfangreicher wissenschaftlicher Diskussionen. Speziell vor dem Hintergrund der IAS-Verordnung von 2002 ergeben sich zahlreiche Aspekte, eine Harmonisierung zu würdigen. Insbesondere auf Einzelnormenebene der IFRS liegt eine Vielzahl normvergleichender Forschungsbeiträge vor, so dass eine konzeptionelle Betrachtung in den Hintergrund rückt. Ziel dieser Arbeit, die im April 2009 in leicht veränderter Form von der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Universität Mannheim als Dissertation angenommen wurde, ist es daher, die IAS-Verordnung als Grundlage der zweiten Harmonisierungsphase systematisch in das bestehende europäische Bilanzrichtlinienrecht einzuordnen und die IFRS konzeptionell vor dem europarechtlichen Hintergrund zu würdigen. Zunächst gilt mein besonderer Dank meinem verehrten akademischen Lehrer und Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Jens Wüstemann, M.S.G., für die Möglichkeit, an seinem Lehrstuhl zu promovieren. Für seine umfassende Betreuung und Förderung, die stets von großem Interesse, konstruktiven Anmerkungen, Verständnis und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit geprägt waren, bin ich ihm in aufrichtiger Dankbarkeit verbunden. Herrn Prof. Dr. Christoph Spengel danke ich für die unkomplizierte Übernahme und rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme in die Reihe „Rechnungswesen und Unternehmensüberwachung“ beim Gabler-Verlag gilt mein Dank den Herausgebern. Meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsprüfung der Universität Mannheim danke ich herzlich für ihre kollegiale Unterstützung, die freundschaftliche Arbeitsatmosphäre, die unermüdliche Bereitschaft zur wissenschaftlichen Diskussion sowie das Verständnis für meine privaten Belange aufgrund der Geburt meiner Tochter. Ein besonderer Dank soll an dieser Stelle an Frau Ilona Gersdorf, Herrn Dr. Christopher Koch, Herrn Peter Küting und Herrn Nils Manegold gerichtet sein. Den Kollegen der frühen Phase meiner Dissertation danke ich als DiplomRomanistin überdies besonders für die herzliche Aufnahme in den Kollegenkreis, die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die stete Hilfsbereitschaft. Hier seien insbesondere Frau Dr. Sigrid Dexheimer, Frau Dr. Christina Reifschneider, Herr Dr. Christopher Sessar und Herr Dr. Marc Weindel genannt. Herrn Dr. Jannis Bischof und Herrn Dr. Andreas Duhr danke ich von ganzem Herzen für all das Vorstehende und darüber hinaus für die kritische Durchsicht der Arbeit, die vielen fachlichen Gespräche, aber vor allem auch für die freundschaftliche Unterstützung in allen Phasen der Dissertation. Ein gleichsam herzlicher Dank gilt Frau Susanne Frenzel, Frau Ilona Gersdorf und Frau Dr. Barbara Unterreiner für die selbstlose und gewissenhafte Korrektur meiner Dissertation. VII
Außerhalb der Festen der Universität richtet sich mein besonders herzlicher Dank an meine moralischen Wegbegleiterinnen auf dem Weg zur Promotion: Hier seien an erster Stelle Frau Julia Freyschmidt, Frau Nicole Krass, Frau Dr. Martine Niederkorn und Frau Dr. Barbara Unterreiner und genannt, die in allen Situationen als wertvolle Ansprechpartnerinnen an meiner Seite standen. Ein ganz besonderer Dank gebührt meiner Familie, insbesondere meinen Eltern, Schwiegereltern und Geschwistern, die durch ihren bedingungslosen Rückhalt, ihre stete Hilfsbereitschaft und Fürsorge sowie Unterstützung einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen dieser Arbeit geleistet haben. Mein größter Dank gebührt jedoch meinem Mann Tom und unserer Tochter Marie, die durch ihr übergroßes Verständnis, stete Ermutigung, Geduld, Unterstützung, bedingungslosen Verzicht und liebevollen Beistand einen wesentlichen Anteil an dieser Arbeit tragen; meiner Tochter danke ich überdies für die Lehre, das Wesentliche im Leben zu erkennen. Ihnen beiden ist diese Arbeit in Liebe gewidmet. Anne Najderek
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Inhaltsübersicht
INHALTSVERZEICHNIS .............................................................................................................XI ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ..................................................................................................XIX PROBLEMSTELLUNG .................................................................................................................. 1 1.
KAPITEL: REGLUNGSWILLE UND FORM DER HARMONISIERUNG IM EUROPÄISCHEN BILANZRICHTLINIENRECHT ............................................................................................... 7
A. Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts aufgrund primärrechtlicher Vorgaben .... im Rahmen der Errichtung eines Gemeinsamen Marktes................................................... 7 B. Maßnahmen zur Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts im Rahmen des sekundären Gemeinschaftsrechts ...................................................................................... 11 2. KAPITEL: REGELUNGSWILLE UND FORM DER STANDARDISIERUNG IM EUROPÄISCHEN BILANZRECHT NACH DER IAS-VERORDNUNG ................................................................. 75 A. Strategiewechsel des europäischen Gesetzgebers im Hinblick auf die internationale Harmonisierung der Rechnungslegung............................................................................. 75 B. Maßnahmen der Bilanzrechtsangleichung auf Basis europäischen Gemeinschaftsrechts im Rahmen der Ausrichtung auf die IFRS......................................................................... 90 3. KAPITEL: WÜRDIGUNG DES TRUE AND FAIR VIEW ALS GRUNDLAGE DER VERGLEICHBARKEIT IM EUROPÄISCHEN BILANZRECHT .............................................. 137 A. Der European-True-and-fair-View-Grundsatz als Bindeglied zwischen Bilanzrichtlinienrecht und den übernommenen IFRS ..................................................... 137 B. Das Prinzip der fair presentation im Normengefüge der IFRS ...................................... 175 C. Harmonisierungsbegrenzende Wirkung des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO ................................. 198 ZUSAMMENFASSENDE THESEN .............................................................................................. 208 VERZEICHNIS DER ABGEKÜRZT ZITIERTEN SCHRIFTEN ...................................................... 213 VERZEICHNIS DER ZITIERTEN SCHRIFTEN............................................................................ 219 VERZEICHNIS DER ZITIERTEN RECHTSPRECHUNG ............................................................... 259 VERZEICHNIS DER ZITIERTEN GESETZE UND ÄHNLICHER MATERIALIEN .......................... 263 VERZEICHNIS DER ZITIERTEN RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS ................................... 27171 SACHREGISTER .................................................................................................................. 27979
IX
Inhaltsverzeichnis
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ..................................................................................................XIX PROBLEMSTELLUNG .................................................................................................................. 1 1.
KAPITEL: REGLUNGSWILLE UND FORM DER HARMONISIERUNG IM EUROPÄISCHEN BILANZRICHTLINIENRECHT ............................................................................................... 7
A. Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts aufgrund primärrechtlicher Vorgaben ... im Rahmen der Errichtung eines Gemeinsamen Marktes................................................... 7 I.
Angleichung mitgliedstaatlicher Rechtsvorschriften auf Basis des Art. 2 EGV i. V. m. Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV ..................................................................................................... 7
II. Primärrechtliche Konzeption des Bilanzrechts als Teil des europäischen Gesellschaftsrechts .............................................................................................................. 9 B. Maßnahmen zur Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts im Rahmen des sekundären Gemeinschaftsrechts ...................................................................................... 11 I.
Grundsätze der Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts durch das sekundäre Gemeinschaftsrecht ........................................................................................................... 11 1. Rechtsangleichung im europäischen Bilanzrecht......................................................... 11 a) Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft nach Art. 249 EGV als primärrechtliche Grundlage der Geltungskraft von Sekundärrecht......................... 11 b) Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung..................................................... 13 2. Regelungsintensität im Bilanzrechtsharmonisierungsprozess...................................... 14 a) Abgrenzung von Rechtsangleichung und Rechtsvereinheitlichung aufgrund primärrechtlicher Vorgaben..................................................................................... 14 b) Abgrenzung von Harmonisierung und Standardisierung im europäischen Bilanzrecht............................................................................................................... 16 3. Implikation des Europäischen Gerichtshofs als Schutzinstanz zur Wahrung des europäischen Gemeinschaftsrechts............................................................................... 18 a) Kompetenzen europäischer Normauslegung: Der EuGH als Wächter des europäischen Rechts ................................................................................................ 18 b) Die Auslegungsmethoden im europäischen Gemeinschaftsrecht............................ 20 aa) Determinanten europäischer Normauslegung................................................... 20 aaa) Grundsatz der autonomen Rechtsnatur der Europäischen Gemeinschaft 20 bbb) Richterliche Rechtsfortbildung durch den EuGH ................................... 21 bb) Auslegungsprinzipien ....................................................................................... 23 aaa) Bedeutung des klassischen Auslegungskanons....................................... 23 bbb) Besonderheiten der Auslegung im Gemeinschaftsrecht ......................... 27 XI
ccc) Bedeutung der Rechtsvergleichung für die Auslegung des europäischen Rechts................................................................................ 28 c) Einfluss europäischer Auslegungsmethodik auf nationale Rechtsordnungen: richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Bilanzrechts .................................. 29 II. Richtlinien als Ausdruck des historischen Willens des europäischen Gesetzgebers im Bilanzrechtsharmonisierungsprozess ................................................................................ 31 1. Richtlinien als Grundlage des europäischen Bilanzrechts............................................ 31 2. Bestimmung der Zielsetzungen der Harmonisierungsrichtlinien im europäischen Bilanzrecht.................................................................................................................... 32 a) Bestimmung des Rechnungslegungszwecks in Abhängigkeit der Rechtsstruktur .. 32 b) Primärrechtliche Grundsätze der Rechtsangleichung im europäischen Bilanzrecht durch Richtlinien ..................................................................................................... 32 c) Divergierende Zielsetzungen der Jahresabschlussrichtlinie 78/660/EWG als Grundlage des europäischen Bilanzrechts ............................................................... 35 aa) Ableitung des Richtlinienziels der Informationsvermittlung auf Basis sekundärrechtlicher Bestimmungen.................................................................. 35 aaa) Marktintegration durch Informationsvermittlung ................................... 35 bbb) Gesellschafter- und Drittschutz durch Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen .................................................. 36 bb) Ausschüttungsbemessungszweck der Jahresabschlussrichtlinie: Kapitalschutz durch die Bindung an die Kapitalrichtlinie................................ 37 aaa) Schutzzwecke der Jahresabschlussrichtlinie: Ausschüttungsbemessung und Gewinnanspruchsermittlung .................. 37 bbb) Implikation des Ausschüttungsbegrenzungszwecks in der Präambel der Jahresabschlussrichtlinie................................................................... 39 ccc) Ausprägungen des Kapitalschutzes der Kapitalrichtlinie als gemeinschaftsweites Konzept und Instrument des Gläubigerschutzes ... 40 d) Bestimmung der Zielsetzung der Konzernabschlussrichtlinie 83/349/EWG: Informationsvermittlung .......................................................................................... 43 e) Bestimmung der Zielsetzung der achten EG-Richtlinie 84/253/EWG (Prüferbefähigungsrichtlinie) bzw. 2006/43/EG (Abschlussprüfungsrichtlinie)..... 44 3. Rückschlüsse auf den Regelungswillen durch die Transformation der Jahresabschlussrichtlinie durch die Mitgliedstaaten .................................................... 45 a) Mindestnorm- oder Höchstnormcharakter der Jahresabschlussrichtlinie – Implikationen für die Umsetzung ............................................................................ 45 b) Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie durch die Mitgliedstaaten ...................... 48 aa) Politische Notwendigkeit bilanzieller Wahlrechte im Harmonisierungsprozess................................................................................... 48 bb) Probleme bei der Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie............................. 51 aaa) Das Gebot des true and fair view als Ausgangspunkt differierender Richtlinienumsetzung.............................................................................. 51 XII
bbb) Unterschiedliche Interpretation der den true and fair view konkretisierenden Einzelnormen durch die Mitgliedstaaten................... 54 (aaaa)
Unscharfe Einzelnormenkonkretisierung.................................. 54
(bbbb) Konsequenzen für die Richtlinientransformation ..................... 57 4. Rückschlüsse der objektiven Gesetzesauslegung des EuGH auf den Regelungswillen durch die bisherige EuGH-Rechtsprechung im Bilanzrecht............. 59 a) Das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 EGV im Rahmen des Rechtschutzes vor den europäischen Gerichten ...................................................... 59 aa) Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens ................................................ 59 bb) Vorlagerecht und Vorlagepflicht im europäischen Bilanzrecht im Rahmen einer überschießenden Umsetzung und mittelbaren Verweisung..................... 61 (aaaa)
Grundsätzliche Zuständigkeit des EuGH für überschießend geregeltes Recht ........................................................................ 61
(bbbb) Keine Vorabentscheidungskompetenz in bilanzsteuerrechtlichen Fragen ................................................. 64 b) Würdigung der EuGH-Rechtsprechung hinsichtlich des historischen Regelungswillens..................................................................................................... 66 aa) Sachverhaltsdarstellung und Urteilsbegründung der Urteile Tomberger/Wettern GmbH, DE+ES Bauunternehmung GmbH und BIAO .... 66 aaa) Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH) ............................................ 66 bbb) Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH) und Rs. C-306/99 (BIAO) 68 bb) Würdigung der Urteile hinsichtlich einer objektiven Richtlinienauslegung zur Umsetzungsreichweite des European-True-and-fair-View-Gebots ........... 70
XIII
2.
KAPITEL: REGELUNGSWILLE UND FORM DER STANDARDISIERUNG IM EUROPÄISCHEN BILANZRECHT NACH DER IAS-VERORDNUNG ...................................... 75
A. Strategiewechsel des europäischen Gesetzgebers im Hinblick auf die internationale Harmonisierung der Rechnungslegung............................................................................. 75 I.
Neue Harmonisierungsstrategie aus Sicht des europäischen Gesetzgebers ...................... 75 1. Veranlassung eines neuen Ansatzes zur Harmonisierung europäischer Rechnungslegung aufgrund geänderter Markterfordernisse ........................................ 75 2. Neue Rechnungslegungsstrategie zur Anpassung an internationale Kapitalmarktzwecke und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit .................................... 77
II. Hinwendung zu internationalen Rechnungslegungsstandards .......................................... 79 1. Der private Standardsetzer IASB als Einflussgröße auf das europäische Bilanzrecht. 79 2. Politische Notwendigkeit der Kompatibilität der IFRS mit den Rechnungslegungsrichtlinien ....................................................................................... 80 a) Kompatibilität der europäischen Rechnungslegungszwecke mit dem Zweck eines Abschlusses nach IFRS............................................................................................ 80 aa) Vermittlung entscheidungsnützlicher Information durch einen IFRS-Abschluss: Widersprüchlichkeit des IFRS-Regelwerks ......................... 80 bb) Informationsvermittlung als Instrument des informationellen Anlegerschutzes................................................................................................ 84 b) Kompatibilität der IFRS mit dem Bilanzrichtlinienrecht ........................................ 86 aa) Vereinbarkeitsprüfung im Normwandlungsprozess: Divergenzen bei der Auslegung der Reichweite der Normen............................................................ 86 bb) Keine dynamische Interpretation der Richtlinien als Lösung zur Vereinbarkeit .................................................................................................... 89 B. Maßnahmen der Bilanzrechtsangleichung auf Basis europäischen Gemeinschaftsrechts im Rahmen der Ausrichtung auf die IFRS......................................................................... 90 I.
Kritische Würdigung der Fair-Value-Richtlinie als integrativer Bestandteil des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen zur Vollendung des Binnenmarktes................. 90
II. Kritische Würdigung der Modernisierungsrichtlinie als integrativer Bestandteil des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen zur Vollendung des Binnenmarktes................. 92 III. Anwendung der IFRS im europäischen Bilanzrecht durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 vom 19. Juli 2002............................................................................................ 94 1. Bestimmung der Zielsetzung der IAS-Verordnung 1606/2002.................................... 94 a) Primärrechtliche Grundsätze der Rechtsangleichung im europäischen Bilanzrecht durch Verordnungen: Maßgeblichkeit des Funktionierens des Binnenmarktes ...... 94 b) Sekundärrechtliche Bestimmung der Zielsetzung ................................................... 95 2. Anwendungsbereich der IAS-Verordnung ................................................................... 96 a) Pflicht für konsolidierte Abschlüsse kapitalmarktorientierter Gesellschaften ........ 96 b) Wahlrecht gemäß Art. 5 IAS-VO und ihre Umsetzung durch die Mitgliedstaaten. 97
XIV
3. Würdigung der Bedeutung der IAS-Verordnung für die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts ............................................................................................ 98 a) Das IASB im Spannungsfeld europäischer Normsetzung und privater Standardsetzung....................................................................................................... 98 aa) Normsetzungsbefugnis und Regelungskompetenz des IASB........................... 98 bb) Übernahme der IFRS in europäisches Recht .................................................. 100 aaa) European true and fair view als zentraler Übernahmemaßstab gemäß Art. 3 Abs. 2 IAS-VO ........................................................................... 100 bbb) Übernahmemechanismus gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle ............................................................................................... 102 ccc) Das IASB im Spannungsfeld europapolitischer Anforderungen und Unabhängigkeit ..................................................................................... 106 b) Vollständige Anwendung der IFRS....................................................................... 108 c) Auslegungskompetenzen der IFRS als europäische Rechtsnorm.......................... 109 aa) Grenzen der Integration der IFRS in das europäische Normgefüge aufgrund einer nur teilweisen Übernahme des IFRS-Regelungsgefüges....................... 109 bb) Kritische Würdigung der Interpretation von IFRS im Spannungsfeld privater Normsetzung und Gemeinschaftsrecht.............................................. 110 aaa) Norminterpretation durch die Gerichtsbarkeit, dem IFRIC und nationalen Interpretationsinstanzen....................................................... 110 bbb) Grundsatz der autonomen Normauslegung aufgrund der gleichen Verbindlichkeit aller Amtssprachen bei den IFRS................................ 113 ccc) Auslegungsgeneralnorm des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO ............................. 114 (aaaa)
Inhaltliche Auslegungsrestriktion durch Artikel 3 Abs. 2 IAS-VO ................................................................................... 114
(bbbb) Institutionelle Auslegungsrestriktion des Art. 3 Abs. 2 IASVO: Rechtsschutz bei fehlerhafter Übernahme von IFRS ...... 116 ddd) Behandlung von Regelungslücken innerhalb der IFRS: Auslegung durch den Bilanzierenden...................................................................... 119 eee) Kritische Würdigung der normativ-rechtlichen Reichweite der IFRS in Europa aufgrund der Rechtsprechung des EuGH ............................. 121 (aaaa)
Ausstrahlungswirkung der Entscheidungen des EuGH auf die Auslegung der IFRS.......................................................... 121
(bbbb) Ausstrahlungswirkung der IFRS auf die Bilanzrichtlinien ..... 125 d) Implikation der Ausschüttungsbegrenzung bei der tatsächlichen Anwendung der IFRS im Einzelabschluss – Dilemma des europäischen Gläubigerschutzes ... 127 e) Enforcementmechanismen zur Durchsetzung einer einheitlichen Anwendung der IFRS in Europa ................................................................................................ 132
XV
3.
KAPITEL: WÜRDIGUNG DES TRUE AND FAIR VIEW ALS GRUNDLAGE DER VERGLEICHBARKEIT IM EUROPÄISCHEN BILANZRECHT .............................................. 137
A. Der European-True-and-fair-View-Grundsatz als Bindeglied zwischen Bilanzrichtlinienrecht und den übernommenen IFRS ..................................................... 137 I.
Sinn und Zweck des European-True-and-fair-View-Gebots im europäischen Bilanzrecht ...................................................................................................................... 137 1. Umstrittene Bedeutung des European-True-and-fair-View-Grundsatzes als gemeinschaftsrechtliches Prinzip ............................................................................... 137 2. Sinn und Zweck des European-True-and-fair-View-Gebots gemäß den Schutzzwecken des Jahresabschlusses ....................................................................... 138 3. Der European true and fair view im Spannungsverhältnis von Zielfunktion und Schutzwirkung............................................................................................................ 140 a) Effektivlagen als Zielfunktion des true and fair view ........................................... 140 b) Gesetzlicher Informationsanspruch als Grenze des Prinzips der Entscheidungsnützlichkeit von Informationen ...................................................... 141
II. Kritische Würdigung der Regelungsschärfe des true and fair view................................ 144 1. Fehlende einheitliche europäische Definition eines true and fair view ..................... 144 2. Würdigung der dem true and fair view zugeschriebenen Funktionen ....................... 145 III. Normkonkretisierung des European true and fair view .................................................. 148 1. Mögliche Normkonkretisierung des European true and fair view durch die Einzelnormen und die EuGH-Rechtsprechung .......................................................... 148 a) Bedeutung der Einzelnormen für die Generalnorm............................................... 148 b) Richtlinienkonforme Auslegung des Art. 31 Abs. 1 lit. c) Jahresabschlussrichtlinie........................................................................................ 150 aa) Richtlinienkonforme Auslegung des Vorsichtsprinzips nach Art. 31 Abs. 1 lit. c) Jahresabschlussrichtlinie ....................................................................... 150 aaa) Grundsätzlich unbestimmte Reichweite des Vorsichtsprinzips in der Jahresabschlussrichtlinie ....................................................................... 150 bbb) Ausprägungen des Vorsichtsprinzips der Jahresabschlussrichtlinie ..... 151 ccc) Hinweise auf die Regelungsreichweite des Vorsichtsprinzips durch die EuGH-Rechtsprechung.................................................................... 153 bb) Richtlinienkonforme Auslegung des Realisationsprinzips nach Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) Jahresabschlussrichtlinie...................................................... 156 aaa) Unbestimmte Terminologie der Jahresabschlussrichtlinie.................... 156 bbb) Auslegungshinweise für ein enges Realisationsprinzips im Sinne des deutschen Bilanzrechts.......................................................................... 157 ccc) Auslegungshinweise für ein weites Verständnis des Realisationsprinzips im Sinne des britischen Bilanzrechts ................... 158 ddd) Hinweise auf die Regelungsreichweite des Realisationsprinzips durch die EuGH-Rechtsprechung.................................................................... 159
XVI
eee) Hinweise auf eine bewusste Erweiterung des Realisationsprinzips durch die Anpassung des Bilanzrichtlinienrechts an die IFRS ............. 161 cc) Richtlinienkonforme Auslegung des Imparitätsprinzips nach Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) und Art. 31 Abs. 1 a) Jahresabschlussrichtlinie.............................. 163 aaa) Unterschiedliche Auslegung der Risiko- und Verlusterfassung durch die Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) und Art. 31 Abs. 1 a) Jahresabschlussrichtlinie ....................................................................... 163 bbb) Auslegungshinweise durch das historische Richtlinienrecht ................ 164 ccc) Hinweise auf ein enges und weites Imparitätsprinzip durch die terminologische Anpassung der Modernisierungsrichtlinie.................. 166 ddd) Unbestimmter Zeitpunkt der Risiko- und Verlusterfassung ................. 169 (aaaa)
Passivierungszeitpunkt............................................................ 169
(bbbb) Wertaufhellung........................................................................ 170 2. Kritische Würdigung eines European true and fair view als gemeinschaftsrechtliches Konzept ............................................................................. 172 3. Harmonisierungsbegrenzende Wirkung des European-True-and-fair-View-Gebots. 174 B. Das Prinzip der fair presentation im Normengefüge der IFRS ...................................... 175 I.
Übergeordneter Grundsatz einer fair presentation im Normengefüge der IFRS ............ 175
II. Konkretisierung des Konzepts der fair presentation nach IFRS ..................................... 176 1. Fair presentation nach IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“................................... 176 a) Bedeutung der Einzelstandards und des Rahmenkonzepts für die fair presentation..................................................................................................... 176 b) Entwicklung des overriding principle nach IAS 1.19 ........................................... 177 c) Bedingungen des overriding principle................................................................... 179 2. True and fair view bzw. fair presentation nach dem Rahmenkonzept ....................... 181 a) Qualitative Anforderungen an entscheidungsnützliche Informationen ................. 181 b) Konkretisierung einer fair presentation durch die qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts und IAS 1.15(b) .................................................................. 183 aa) Würdigung der die fair presentation konkretisierenden Anforderungen im Rahmenkonzept .............................................................................................. 183 bb) Faithful representation als qualitative Anforderung im Exposure Draft eines überarbeiteten Rahmenkonzepts von IASB und FASB......................... 187 3. Entsprechung der qualitativen Anforderungen als wesentliche Voraussetzung einer fair presentation mit Art. 3 Abs. 2 IAS-VO............................................................... 188 4. Grenzen der Vermittlung einer fair presentation nach IFRS vor dem Hintergrund der Zielsetzung vergleichbarer Abschlüsse ................................................................ 189 a) Inkonsistenzen in der Regelungslückenschließung nach IFRS im Rahmen der Zielfunktion einer fair presentation....................................................................... 189 b) Systematische Inkonsistenzen, Wahlrechte und Ermessensspielräume als Determinanten einer fair presentation................................................................... 191 XVII
c) Management approach als Bestandteil des Regelungsgefüges der IFRS und Determinante einer fair presentation..................................................................... 194 C. Harmonisierungsbegrenzende Wirkung des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO ................................. 198 I.
Fehlende konzeptionelle Vergleichbarkeit eines European true and fair view und einer fair presentation .............................................................................................................. 198
II. Fehlende Vergleichbarkeit eines European true and fair view und einer fair presentation auf Einzelnormenebene .............................................................................. 200 1. Die den European true and fair view konkretisierenden Prinzipien im Regelungssystem der IFRS als Scheidepunkt von European true and fair view und fair presentation ......................................................................................................... 200 2. Grenzen des konzeptionellen Vergleichs und Konkretisierung der Vergleichbarkeitsproblematik .................................................................................... 204 3. Konsequenzen hinsichtlich einer Vergleichbarkeit europäischer Abschlüsse ........... 205 ZUSAMMENFASSENDE THESEN .............................................................................................. 208 VERZEICHNIS DER ABGEKÜRZT ZITIERTEN SCHRIFTEN ...................................................... 213 VERZEICHNIS DER ZITIERTEN SCHRIFTEN............................................................................ 219 VERZEICHNIS DER ZITIERTEN RECHTSPRECHUNG ............................................................... 259 VERZEICHNIS DER ZITIERTEN GESETZE UND ÄHNLICHER MATERIALIEN .......................... 263 VERZEICHNIS DER ZITIERTEN RECHNUNGSLEGUNGSSTANDARDS ................................... 27171 SACHREGISTER .................................................................................................................. 27979
XVIII
Abkürzungsverzeichnis A.A./a. A. AAAJ a. a. O. ABACUS ABl. Abl.EG A.B.R. Abs. Abt. AEUV a. F. AG AICPA a. M. AMF ARC Art. ASB ASC Aufl.
anderer Ansicht Accounting, Auditing & Accountability Journal am angegebenen Ort A Journal of Accounting, Finance and Business Studies Amtsblatt der Europäischen Union Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Accounting and Business Research (Zeitschrift) Absatz Abteilung Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) American Institute of Certified Public Accountants am Main Autorité des Marchés Financiers Accounting Regulatory Committee Artikel Accounting Standards Board Accounting Standards Committee Auflage
BB bearb. BFH BFuP BGBl. BGH BIAO BilMoG BilMoG-RefE BilReG BilKoG bspw. BVerfG BVerfGE bzgl. bzw.
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European Accounting review edited European Company and Financial Law Review European Court of Justice Einheitliche Europäische Akte Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) European Financial Reporting Advisory Group Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch Vertrag zur Gründunge der Europäischen Gemeinschaft (vormals EWGV) E.L.Rev. European Law Review endg. endgültig erw. erweitert EStG Einkommensteuergesetz et al. und andere EU Europäische Union EuG Europäisches Gericht erster Instanz EuGH Europäischer Gerichtshof Eur. Bus. Law Rev. European Business Law Review EuR Europarecht (Zeitschrift) EUV Vertrag über die Europäische Union EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht e.V. eingetragener Verein EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWR Europäischer Wirtschaftsraum EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift)
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f./ff. FASB FIFO FSAP FEE FG Fn. FR FRRP FS
folgende Financial Accounting Standards Board First In First Out Financial Service Action Plan Fédération des Experts Comptables Européens Finanzgericht Fußnote Finanz-Rundschau (Zeitschrift) Financial Reporting Review Panel Festschrift
GAAP gem. GesRZ GG ggf. GmbH GmbHR GoB GuV GZT
Generally Accepted Accounting Principles gemäß Der Gesellschafter – Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung/Bilanzierung Gewinn- und Verlustrechnung Gemeinsamer Zolltarif
HdJ HFA HGB Hrsg. hrsg. v. HuRB
Handbuch des Jahresabschlusses Hauptfachausschuss Handelsgesetzbuch Herausgeber herausgegeben von Handwörterbuch unbestimmter Rechtsbegriffe
i. Br. i. S. i. S. d. i. S. e. i.S. v. i. Ue. i. V. m. IAS IAS-VO
im Breisgau im Sinne im Sinne der/im Sinne des im Sinne eines/im Sinne einer im Sinne von im Üechtland in Verbindung mit International Accounting Standard Verordnung betreffend die Anwendung internationaler RechnungsXXI
IASB IASC IASCF IDW IDW-FN IFRIC IFRS ISA/ISAs IStR
legungsgrundsätze International Accounting Standards Board International Accounting Standards Committee International Accounting Standards Foundation Institut der Wirtschaftsprüfer Institut der Wirtschaftsprüfer Fachnachrichten (Zeitschrift) International Financial Reporting Interpretation Committee International Financial Reporting Standards International Standards on Auditing Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)
JaR Jahresabschlussrichtlinie JITE Journal of Institutional and Theoretical Economics Jg. Jahrgang J. of Bus. Fin. & Acc. Journal of Business Finance and Accounting JuS Juristische Schulung (Zeitschrift) JZ Juristenzeitung Kap. KaR KapR KoR KPMG
Kapitel Konzernabschlussrichtlinie Kapitalrichtlinie Zeitschrift für kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Klynveld, Peat, Marwick und Goerdeler
LIFO lit.
Last In First Out litera
MI m. w. N.
Michigan mit weiteren Nachweisen
neubearb. NJW No. Nr. NY NZG
neubearbeitet Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Number Nummer New York Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
para. PiR
paragraph Praxis der internationalen Rechnungslegung (Zeitschrift)
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Prof.
Professor
RabelsZ RIC RIDC RIW RK Rn. Rs. RS
Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rechnungslegungs Interpretations Committee Revue Internationale de Droit Comparé Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Rahmenkonzept Randnote/Randnummer Rechtssache Stellungsnahmen zur Rechnungslegung
SABI S. SARG sbr SEC SEBG SE VO SFAC SFAS SIC Slg. sog. Sp. SSAP StbJb StuB StuW StVj SWI
Sonderausschuss Bilanzrichtlinien-Gesetz Seite Standards Advice Review Group Schmalenbach Business Review Securities and Exchange Commission Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft Statement of Financial Accouting Concepts Statement of Financial Accounting Standards Standards Interpretation Committee Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sogenannte(r) Spalte Statement of standard accounting practice Steuerberater-Jahrbuch Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Steuerliche Vierteljahresschrift (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft International (Zeitschrift)
ThürVBl. Ts.
Thüringer Verwaltungsblätter (Zeitschrift) Taunus
u. u. a. überarb. UEC
und und andere überarbeitet Union Européenne des Experts Comptables Economiques et Financiers/ XXIII
UK umgearb. US USA Urt. U.S./US-GAAP
European Union of Public Accountants (Zeitschrift) United Kingdom umgearbeitet United States United States of America Urteil United Stats Generally Accepted Accounting Principles
v. verarb. Vgl./vgl. v. H. Vol. vollst. vs. VuR
von verarbeitet vergleiche von Hundert Volume vollständig versus Verbraucher und Recht (Zeitschrift)
WPg WPK
Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wirtschaftsprüferkammer
z. B. ZEuP ZEuS ZfB zfbf ZfCM ZfRV
zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für europarechtliche Studien Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Controlling & Management Zeitschrift für Europarecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Planung Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft
ZfZ ZGR ZHR ZIP ZP ZVglRWiss
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Problemstellung Mit der EG-Verordnung Nr. 1606/2002,1 die eine verpflichtende Anwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) für den konsolidierten Abschluss kapitalmarktorientierter Gesellschaften der Europäischen Union vorschreibt, erfährt das europäische Bilanzrecht eine grundlegende Wende. Diese ergibt sich einerseits hinsichtlich der materiellen Auswirkungen der Ausrichtung eines Abschlusses auf die IFRS, der monofunktional die Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen zum Ziel hat,2 und andererseits aus europarechtlicher Sicht einer unmittelbar geltenden Verordnung im Vergleich zum bestehenden, auf Richtlinien basierendem, europäischem Bilanzrecht.3 Die Entwicklung des europäischen Bilanzrechts kann demnach in zwei grundlegende Phasen untergliedert werden: Während die erste durch eine Harmonisierung mittels Richtlinien gekennzeichnet ist,4 vollzieht sich mit der zweiten Phase der Neuorientierung der Europäischen Kommission auf die IFRS5 ein beginnender Standardisierungsprozess mittels Verordnungen.6 Diese Ausrichtung auf die IFRS resultiert aus der Erkenntnis, dass die Zielsetzung der Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts, namentlich eine Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der Finanzinformationen von Kapitalgesellschaften innerhalb der Europäischen Union7 auf Basis der Vierten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Jahresabschlussrichtlinie) und Siebenten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Konzernabschlussrichtlinie),8 nur
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Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, in: ABl.EG, Nr. L 243 vom 11.9.2002 (IASVerordnung), S. 1–4. Vgl. Moxter, Adolf: Besitzen IAS-konforme Jahres- und Konzernabschlüsse im Hinblick auf die Unternehmens- und Konzernsteuerung Vorteile gegenüber den Rechnungslegungstraditionen im EWR?, in: FS Seicht, S. 497–505, hier S. 500. Zur Ausrichtung der Informationsinteressen an der Effektivlage vgl. Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, Tübingen 2002, S. 58–65. Zur Frage der Eignung der IFRS aufgrund dieses alleinigen Schutzzwecks der Informationsvermittlung vgl. Spengel, Christoph: Inwieweit eignen sich die International Accounting Standards für die steuerliche Gewinnermittlung?, ZEW Discussion Paper No. 02–52, Mannheim Juli 2002. Vgl. zur Zielsetzung der Rechtsangleichung des Bilanzrechts mittels Richtlinien z. B. Hayn, Sven: Internationale Rechnungslegung: Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze zur Überwindung internationaler Rechnungslegungsdivergenzen, Stuttgart 1997, S. 121–135; Auer, Kurt V.: International harmonisierte Rechnungslegungsstandards aus Sicht der Aktionäre, 2. überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden 1999, S. 61–88. Vgl. zur Internationalisierung der Rechnungslegung durch Harmonisierung Spanheimer, Jürgen: Internationale Rechnungslegung: Hintergründe, Entwicklungstendenzen, Folgewirkungen, Düsseldorf 2002, S. 105–119. Vgl. hierzu sowie zu alternativen Vorschlägen Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, Brüssel 14.11.1995, S. 5–9. Vgl. Daske, Holger: Adopting International Financial Reporting Standards in the European Union – Empirical Essays on Causes, Effects and Economic Consequences, Dissertation Frankfurt a. M. 2005, S. 8. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Die Zukunft der Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung in den Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 1990, S. 1. Vgl. Hulle, Karel van: Tendenzen bei der Koordinierung der Rechnungslegung in der EU, in: Neuorientierung der Rechenschaftslegung – Bericht über die Fachtagung 1994 des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V., Düsseldorf 1995, S. 39–54, hier S. 40.
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eingeschränkt erreicht wurde9 und dadurch den Kapitalmarktanforderungen von vergleichbaren Finanzinformationen für Investoren nicht entsprochen werden kann.10 Diese Erkenntnis wird durch Studien, die eine Messung des Harmonisierungserfolgs zum Ziel haben, bestätigt.11 Der unbefriedigende Harmonisierungserfolg durch die Bilanzrichtlinien ist u. a. auf den gewählten Rechtsakt der Richtlinie zurück zu führen, da diese nur hinsichtlich des Ziels bindend ist,12 die Jahresabschlussrichtlinie an vielen Stellen Mindestregelungen vorgibt,13 aufgrund der Harmonisierungslösung zahlreiche Wahlrechte enthält14 und dadurch materiell bei der Umsetzung nationale Besonderheiten beibehalten werden können.15 Die als Kompromisslösung16 bezeichnete Jahresabschlussrichtlinie bietet hierdurch auch Raum für die Integration divergierender Jahresabschlusszwecke. Ebenso unterliegt die Harmonisierung des Bilanzrechts der Grundproblematik einer Rahmensetzung für Rechnungslegungsordnungen, 9
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Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 2. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Rechnungslegungsstrategie der EU: Künftiges Vorgehen, KOM (2000) 359 endg., Brüssel 13.6.2000, S. 3. Vgl. z. B. Tay, J. S. W./Parker, Robert H.: Measuring International Harmonization and Standardization, in: ABACUS, Vol. 26 (1990), S. 71–88; Archer, Simon/Delvaille, Pascale/McLeay, Stuart: The Measurement of Harmonization and the Comparability of Financial Statement Items: Within-Country and Between Country effects, in: A.B.R., Vol. 25 (1995), S. 67–80; Emenyonu, Emmanuel N./Gray, Sidney J.: International Accounting Harmonization and the Major Developed Stock Market Countries: An Empirical Study, in: The International Journal of Accounting, Vol. 31 (1996), S. 269–279; Archer, Simon/Delvaille, Pascale/McLeay, Stuart: A Statistical Model of International Accounting Harmonization, in: ABACUS, Vol. 32 (1996), S. 1–29; Krisement, Vera M.: An approach for measuring the degree of comparability of financial accounting information, in: EAR, Vol. 6 (1997), S. 465–485; Aisbitt, Sally: Measurement of harmony of financial reporting within and between countries; the case of Nordic Countries, in: EAR, Vol. 10 (2001), S. 51–72; D’Arcy, Anne: The Degree of Determination of National Accounting Systems, Working Paper Series: Finance and Accounting, No. 20, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M., September 1998; D’Arcy, Anne: The Degree of Determination of National Accounting Systems – An Empirical Investigation, in: sbr, Vol. 52 (2000), S. 45–67; D’Arcy, Anne: Accounting classification and the international harmonisation debate – an empirical investigation, in: Accounting, Organizations and Society, Vol. 26 (2001), S. 327–349; Garrido, Pascual/León, Ángel/Zorio, Ana: Measurement of formal harmonization progress: The IASC experience, in: The International Journal of Accounting, Vol. 37 (2002), S. 1–26; Garrido, Pascual/ Sanabria, Sonia: Proximidad de los paises de la UE desde la Cuarta Directiva: Un análisis empírico, Working Paper, Series EC, Instituto Valenciano de Investigaciones Económicas, S.A. (Ivie), Juli 2002; Rahman, Asheq/Pererea, Hector/Ganesh, Siva: Accounting Practice Harmony, Accounting Regulation and Firm Characteristics, in: ABACUS, Vol. 38 (2002), S. 46–77. Vgl. Ruffert, Matthias: Kommentierung zu Art. 249 EGV, in: Calliess/Ruffert, Rn. 45. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, in: BB, 50. Jg. (1995), S. 1463–1466, hier S. 1464: Hulle, Karel van: The EC Experience of Harmonisation: Part 2, in: Accountancy, Vol. 103 (1989), S. 96–99, hier S. 96–97. Vgl. Hulle, Karel van: Harmonization of accounting standards: A view from European community, in: EAR, Vol. 1 (1992), S. 161–172, hier S. 165–166. Zu einer Übersicht der Wahlrechte vgl. z. B. Niehus, Rudolf J.: Zur Harmonisierung der Rechnungslegung in der EG, in: WPg, 40. Jg. (1987), S. 248–252, hier S. 250–252. Vgl. vertiefend und m. w. N. unten, Gliederungspunkt B.II.3.b)aa) dieses Kapitels. Vgl. Egger, Anton: Kann durch die IAS die Vergleichbarkeit internationaler Jahresabschlüsse hergestellt werden?, in: FS Loitlsberger, S. 79–91, hier S. 79–80; Hulle, Karel van: Harmonization of accounting standards: A view from European community, a. a. O., hier S. 162. Vgl. Hulle, Karel van: Fortentwicklung des Europäischen Bilanzrechts aus Sicht der EU, in: Bilanzrecht unter dem Einfluss internationaler Reformzwänge, hrsg. von Lothar Schruff, Düsseldorf 1996, S. 7–25, hier S. 11.
die jeweils einen Bestandteil eines komplexen, national gewachsenen Systems mit seinen Subsystemen bilden. Sie werden durch sozioökonomische und kulturelle Umweltbedingungen17 geprägt, die zu zahlreichen Unterschieden in den Rechnungslegungssystemen führen.18 Dieses Problem wird durch empirische Studien belegt, die nationale Divergenzen der Rechnungslegungssysteme anhand wichtiger Einflussfaktoren zu klassifizieren suchen.19 Für die in dieser Arbeit angestrebte Problembestimmung und konzeptionelle Würdigung der Harmonisierungsschritte des europäischen Bilanzrechts erweist sich insbesondere der unbestimmte Rechtsbegriff des true and fair view, der als Bindeglied von Bilanzrichtlinienrecht und IAS-Verordnung fungiert, als problematisch. Diese Generalnorm der Vermittlung eines „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bild[es] der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ erhält mit Art. 2 Abs. 3 JaR Eingang in das europäische Bilanzrichtlinienrecht. Zwar erfährt sie aufgrund ihrer vagen und unbestimmten Natur eine umfassende Würdigung in der Literatur,20 dennoch bleibt sie aber bis heute in ihrer Bedeutung und Reichweite 17
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Vgl. Hayn, Sven: Internationale Rechnungslegung: Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze zur Überwindung internationaler Rechnungslegungsdivergenzen, a. a. O., S. 19. Ebenso Artsberg, Kristina: International accounting standardization vis-à-vis European accounting harmonization, Conference Paper Svensk ekonomisk Europaforskning, Mölle, 23.–26. Mai 2000, S. 2–3. CHOI/MEEK führen vor allem als Faktoren, die ein Rechnungslegungssystem wesentlich beeinflussen, „Sources of Finance“, „Legal System“, „Taxation“, „Political and Economic Ties“, „Inflation“, „Level of Economic Development“, „Education Level“ sowie „Culture“ auf. Vgl. Choi, Frederick D. S./Meek, Gary K.: International Accounting, fifth edition, Upper Saddle River, Nersey: Pearson Prentice Hall u. a., 2005, S. 58–64 (auch alle Zitate). Vgl. auch Hayn, Sven: Internationale Rechnungslegung: Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze zur Überwindung internationaler Rechnungslegungsdivergenzen, a. a. O., S. 14–46. Allen aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren auf ein Rechnungslegungssystem unterschiedlichen Studien ist hierbei der Versuch einer Klassifizierung der unterschiedlichen nationalen Bilanzrechte nach Rechnungslegungssystemen gemein, anhand derer Einflussfaktoren, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Rechnungslegungssystemen abgeleitet werden können. Vgl. mit einer Übersicht über Klassifizierungsversuche nationaler Rechnungslegungssysteme z. B. Hayn, Sven: Internationale Rechnungslegung: Ursachen, Wirkungen und Lösungsansätze zur Überwindung internationaler Rechnungslegungsdivergenzen, a. a. O., S. 47–83; D’Arcy, Anne: Gibt es eine anglo-amerikanische oder eine kontinentaleuropäische Rechnungslegung?, Frankfurt a. M. 1999, S. 121–125. Es gilt zu beachten, dass es keinen Klassifikationsansatz gibt, der globale Aussagen über alle Rechnungslegungssysteme erfasst, da die Einflüsse, Faktoren und Unterschiede zu komplex sind und sich auf einzelne Teilbereiche beziehen. Eine Einteilung nationaler Rechnungslegungssyteme in homogene Gruppen ist somit nur auf genau bestimmten Ebenen möglich. Eine derart verstandene angloamerikanische oder kontinentaleuropäische Rechnungslegung wird daher von D’ARCY abgelehnt. Vgl. D’Arcy, Anne: Accounting classification and the international harmonisation debate – an empirical investigation, in: Accounting, Organizations and Society, Vol. 26 (2001), S. 327–349. Vgl. z. B. Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgabe nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, in: AG, 24. Jg. (1979), S. 141–146; Hoffmann, Klaus-Jürgen: „True and fair view“ aus englischer Sicht dargestellt am Verhältnis zwischen Bilanzrecht und SSAP, Frankfurt u. a. 1989; Chambers, Raymond J./Wolnizer, Peter W.: A true and fair view of position and results: the historical background, in: Accounting, Business and Financial History, Vol. 1 (1991), S. 197–213; Kupfernagel, Sabine: Die Generalnorm für den Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften: Herleitung, Ziele und teleologische Auslegung, Frankfurt a. M. 1991; Alexander, David: A European True and fair view?, in: EAR, Vol. 2 (1993), S. 59–80; Walton, Peter: Introduction: the true and fair view in British accounting, in: EAR, Vol. 2 (1993),S. 49–58; Parker, Robert H./Nobes, Christopher W.: An International View of True and Fair Accounting, London/New York: Routledge 1995; Parker, Robert H./Wolnizer, Peter W./Nobes, Christopher W. (Hrsg.): Readings in true and fair, New York: Routledge 1996; Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective, a. a. O.; Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective II, in: EAR, Vol. 5 (1996), S. 495–506; Sucher, Pat/Seal,
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umstritten. Während einerseits Teile des Schrifttums die Norm gemäß ihrem englischen Ursprung als overriding principle ansehen, die Einzelnormen verdrängen kann,21 findet sie andererseits (vor allem im deutschen Schrifttum) eine Konkretisierung, ohne eine solche Abweichungsfunktion zu begründen;22 eine Qualifizierung der Norm als „hohes moralisches Gebot“23 kann aber keinesfalls genügen. In diesen Auffassungen spiegelt sich auch die erfolgte – und somit breite – Transformation der Bilanzrichtlinien durch die Mitgliedstaaten wider. Da die IFRS mit Art. 3 Abs. 2 IAS-VO, der u. a. eine Konformität einzelner IFRS mit dem true and fair view der Bilanzrichtlinien fordert, in das geltende Richtlinienrecht eingebunden werden, gibt dieser true and fair view ferner auch den Rahmen für die Übernahme und den Maßstab der Auslegung der IFRS vor.24 Das Ziel der IAS-Verordnung, eine Harmonisierung von Finanzinformationen mit einem hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit zu erreichen (Art. 1 IASVO), ist daher nicht unabhängig vom Richtlinienrecht zu sehen. Es muss jedoch beachtet werden, dass das True-and-Fair-View-Gebot mit seiner Einführung durch die Jahresabschlussrichtlinie ein gemeinschaftsrechtliches Prinzip darstellt,25 das somit einerseits der Auslegungshoheit des EuGH unterliegt und andererseits gemäß der Rechtsprechung des EuGH autonom europäisch,26 d. h. unter Vernachlässigung nationaler Rechtsvorstellungen i. S. e. European true and fair view, ausgelegt werden muss.27 Hierbei wird die Frage der Zuständigkeit der europäischen Gerichtsbarkeit in sog. überschießenden Rechtsbereichen,28 wie sie sich im Rahmen der deutschen Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie
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Willie/Zelenka, Ivan: True and fair in the Czech Republic: a note on local perceptions, in. EAR, Vol. 5 (1996), S. 545–557; Hulle, Karel van: The true and fair view override in the European Accounting Directives, in: EAR, Vol. 6 (1997), S. 711–720; Low, Kee Chan/Koh, Hian Chye: Concepts Associated with the ‘True and Fair View’: Evidence from Singapore, in: A.B.R., Vol. 27 (1997), S. 195–202; Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenen deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, in: FS Beisse, S. 347361; Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, Frankfurt u. a. 1999; Nobes, Christopher/Aisbitt, Sally: The true and fair view requirement in recent national implementations, in: A.B.R., Vol. 31 (2001), No. 2, S. 83–90; Kosmala, Katarzyna: True and Fair View or rzetelny i jasny obraz? A Survey of Polish Practitioners, in: EAR, Vol. 14 (2005), S. 579–602; Lambert, Sascha: Die Rolle des § 264 Abs. 2 HGB – true and fair view – im deutschen Bilanzrecht, Berlin 2005; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models, Current Proposals and Practical Consequences, in: Accounting in Europe, Vol. 2 (2005), S. 69–106, hier S. 71–74; Kirk, Ngaire: Perceptions of True and Fair View Concept: An Empirical Investigation, in: ABACUS, Vol. 42 (2006), S. 205–235. So z. B. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 75. Vgl. vertiefend m. w. N. Kapitel 3, Gliederungspunkt A.II.2. So z. B. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, Wiesbaden 2000, S. 143–145. Vgl. vertiefend m. w. N. Kapitel 3, Gliederungspunkt A.II.2. Clemm, Hermann: § 264 HGB und Wahlrechte, in: FS Budde, S. 135–156, hier S. 148. Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, in: BB, 59. Jg. (2004), S. 763–768, hier S. 767. Vgl. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der EG-Bilanzrichtlinie, Köln 1999, S. 141—142. Vgl. EuGH-Urteil vom 17. Dezember 1980, Rs. 149/79 (Kommission/Belgien), Slg. 1980, 3881, Rn. 19. Vgl. Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective, in: EAR, Vol. 3 (1993), S. 81–90, hier S. 82. A. A. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 75. Vgl. zum Begriff der autonomen bzw. überschießenden Umsetzung Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, Baden-Baden 2006, S. 54–55.
ergibt,29 zu diskutieren sein. Für die angestrebte Problembestimmung und Würdigung der Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts ergibt sich daher folgender Gang der Untersuchung: Im ersten Kapitel wird der Regelungswille der ersten Harmonisierungsphase des europäischen Bilanzrechts mittels der Bilanzrichtlinien, im Speziellen der Jahresabschlussrichtlinie, erarbeitet. Hierbei erfolgt zunächst die Einordnung des Bilanzrechts in den gemeinschaftsrechtlichen Kontext (Abschnitt A.).30 Den Kern des Kapitels bildet eine Untersuchung der durch den europäischen Normgeber in dieser Angleichungsphase ergriffenen Maßnahmen zur Bilanzrechtsharmonisierung (Abschnitt B.) unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden europarechtlichen Grundsätze der Rechtsangleichung (Abschnitt B.I.). Darauf aufbauend werden die Rechnungslegungsrichtlinien hinsichtlich ihrer Zielsetzung beleuchtet und Rückschlüsse auf den Regelungswillen aufgrund der erfolgten Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie als zentrale Angleichungsrichtlinie durch die Mitgliedstaaten bzw. der EuGH-Rechtsprechung gezogen (Abschnitt B.II.). Das zweite Kapitel analysiert die materiellen Auswirkungen der Fokussierung des europäischen Normgebers auf die IFRS. Hierbei gilt es, zunächst die Gründe der neuen Strategie und die notwendige Kompatibilität der IFRS mit den Bilanzrichtlinien zu beleuchten (Abschnitt A.) und darauf aufbauend die notwendigen Maßnahmen des europäischen Gesetzgebers zur Einpassung der IFRS in das europäische Bilanzrecht aufzuzeigen (Abschnitt B.I. und B. II.). Den Schwerpunkt des Kapitels bildet die Würdigung der Bedeutung der IFRS für die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts (Abschnitt B.III.). Die Analyse erarbeitet hierbei die sich durch das Spannungsfeld von privat gesetzten IFRS im europarechtlichen Kontext bei der Anwendung der IFRS ergebenden Herausforderungen. Im dritten Kapitel wird der True-and-fair-View-Grundsatz aufgrund seiner umfassenden Relevanz im europäischen Bilanzrecht näher beleuchtet. Zentral ist hierbei die Erarbeitung der Bedeutung und Konzeption des European-True-and-fair-View-Grundsatzes als Bindeglied von Bilanzrichtlinienrecht und IAS-Verordnung (Abschnitt A.). Dabei gilt es, zunächst den Sinn und Zweck dieses Grundsatzes zu bestimmen und die Regelungsschärfe aufzuzeigen (Abschnitt A.I. und Abschnitt A.II.). Im Anschluss erfolgt eine Konkretisierung der Generalnorm anhand der Einzelnormen des Art. 31 Abs. 1 lit. c) JaR gemäß der zugrunde liegenden 29
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Der deutsche Gesetzgeber hat die Jahresabschlussrichtlinie, die sich auf Kapitalgesellschaften bezieht, zweifach überschießend umgesetzt: Einerseits erfolgt eine Umsetzung der Richtlinienregelungen zum Teil rechtsformunabhängig für alle Kaufleute (§ 238–§ 263 HGB) und andererseits ergibt sich aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips des § 5 Abs. 1 EStG ein Rückbezug des nicht harmonisierten Steuerrechts auf den handelsrechtlichen GoB-Begriff. Die zugrunde liegenden primärrechtlichen Normen orientieren sich aufgrund der noch nicht geltenden Europäischen Verfassung am derzeit geltenden Vertrag über die Europäische Union (EUV) und am Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) unter Angabe der entsprechenden Artikel des zukünftig geltenden Vertrags über die Europäische Union (EUV) und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gemäß der konsolidierten Fassung vom 9.5.2008 auf Grundlage des Vertrags von Lissabon. Vgl. Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in: Abl., Nr. C 115 vom 9.5.2008, S. 1–388.
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Anforderung der EuGH-Rechtsprechung. Der erarbeiteten Konzeption des European true and fair view folgt die Würdigung der (in der deutschen Fassung zum true and fair view gleichlautenden) zentralen Forderung einer fair presentation nach IFRS. Dies erfolgt – aufgrund in der Literatur bereits vielfach aufgezeigter systematischer Unschärfen der IFRS auf Einzelnormenebene31 – unter einem rein konzeptionellen Aspekt anhand einer Analyse der eine fair presentation bestimmenden Anforderungen des Rahmenkonzepts sowie unter Berücksichtigung allgemeiner Determinanten einer fair presentation der IFRS (Abschnitt B.). Beide Konzeptionen werden abschließend vergleichend vor dem Hintergrund des gewünschten Harmonisierungsziels gewürdigt (Abschnitt C.). Den Abschluss der Arbeit bildet die thesenförmige Zusammenfassung.
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Vgl. z. B. zum Regelungssystem der IFRS Preißler, Gerald: Prinzipienbasierung der Rechnungslegung nach IAS/IFRS, Frankfurt a. M. u. a. 2005. Zu Inkonsistenzen der Prinzipien nach IFRS allgemein Schildbach, Thomas: Prinzipienorientierung – wirksamer Schutz gegen Enronitis?, in: BFuP, 55. Jg. (2003), S. 247–266. Zur Goodwillbilanzierung vgl. Duhr, Andreas: Grundsätze ordnungsmäßiger Geschäftswertbilanzierung. Objektivierungskonzeptionen des Geschäftswertes nach HGB, IFRS und U.S.GAAP, Düsseldorf 2006. Zu Inkonsistenzen der Fair-Value-Bewertung vgl. z. B. Hitz, Jörg-Markus: Rechnungslegung zum fair value, Frankfurt a. M. 2005. Zu Inkonsistenzen der Fair-Value-Bewertung nach IFRS unter theoretischer Fundierung und empirischen Nachweisen der Auswirkungen von Wahlrechten bei der Bilanzierung von Finanzinstrumenten auf die Vergleichbarkeit von Abschlüssen vgl. grundlegend Bischof, Jannis: Issues in Fair Value Accounting under IFRS, unveröffentlichtes Manuskript Dissertation Thesis, Mannheim September 2008. Zu Inkonsistenzen der Ertragsvereinnahmungskonzeption der IFRS vgl. grundlegend Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, Düsseldorf 2007, S. 215–334; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – internationaler Abschied vom Realisationsprinzip?, in: BB, 60. Jg. (2005), S. 427– 434, hier S. 427–430. Zu Inkonsistenzen der bilanztheoretischen Fundierung des Normgefüges der IFRS und der daraus erwachsenden konfliktären Bilanzierungsregeln im Rahmen des principle-based approach der IFRS vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: IFRS als neues Bilanzrecht für den Mittelstand? – Bilanztheoretische Erkenntnisse und Würdigung der IFRS in ihrem Lichte –, in: BFuP, 59. Jg. (2007), S. 358–375. Zu Unschärfen bei der Bilanzierung von Rückstellungen vgl. grundlegend Rüdinger, Andreas: Regelungsschärfe bei Rückstellungen, Wiesbaden 2004; Kaiser, Stephan: Rückstellungsbilanzierung, Wiesbaden 2008. Zu Problematiken der Verlustabschreibung und damit einhergehenden Ermessensspielräumen nach IFRS vgl. Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, Wiesbaden 2008.
1. Kapitel: Reglungswille und Form der Harmonisierung im europäischen Bilanzrichtlinienrecht A.
Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts aufgrund primärrechtlicher Vorgaben im Rahmen der Errichtung eines Gemeinsamen Marktes
I.
Angleichung mitgliedstaatlicher Rechtsvorschriften auf Basis des Art. 2 EGV i. V. m. Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV
Die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts beginnt in den 1960er Jahren;32 rechtlich findet sie ihren Ausgangspunkt in den Römischen Verträgen von 1957,33 die gemeinsam mit dem Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl von 1951 die Gründungsverträge der Europäischen Union darstellen. Die Europäische Union ist hierbei eine „internationale Organisation eigener Art“34,35 die als Dachorganisation die Europäischen Gemeinschaften, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen umfasst.36 Die Harmonisierung des Bilanzrechts vollzieht sich im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft als erste Säule der EU. Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft37 sieht gemäß Art. 2 EGV38 als zentrale Aufgabe der Gemeinschaft die „Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und einer Wirtschafts- und Währungsunion“ vor.39 Die europäische Rechtsprechung konkretisiert den Begriff des Gemeinsamen Marktes hinsichtlich der Zielsetzung „der Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt, dessen Bedingungen denjenigen eines wirklichen Binnenmarktes möglichst nahe kommen“40 sollen. Mit der Einheitlichen Europäischen Akte von 198641 wird der Terminus Binnenmarkt42 durch
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Vgl. Hulle, Karel van: Von den Bilanzrichtlinien zu International Accounting Standards, in: WPg, 56. Jg. (2003), S. 968–981, hier S. 968. Vgl. Geiger, Rudolf: Kommentierung zu Art. 1 EUV, in: EUV/EGV, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, 4. neubearb. und erw. Aufl., München 2004, Rn. 1–5. Borchardt, Klaus-Dieter: Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, 3. völlig neu bearb. und erw. Aufl., Heidelberg 2006, Rn. 131 (im Original hervorgehoben). Das Bundesverfassungsgericht hat sie als Staatenverbund bezeichnet. Vgl. BVerfG-Entscheidung vom 12. Oktober 1993 2 BvR 2134, 2159/92 (Maastricht), in: BVerfGE 89, 155 (186). Vgl. Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, 9., neu bearb. Aufl., Heidelberg 2008, S. 19–26. Vgl. Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, in: ABl., Nr. C 321 E vom 29.12.2006, S. 1–331. Art. 2 EGV wird mit dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Wesentlichen durch Art. 3 AEUV ersetzt. Die Übereinstimmungsangaben der Artikel richten sich (auch im Folgenden) nach den Übereinstimmungstabellen der konsolidierten Fassung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in: ABl., Nr. C 115 vom 9.5.2008, S. 1–388, hier S. 361–388. Zur historischen Entwicklung der Vertragsziele vgl. Ukrow, Jörg: Kommentierung zu Art. 2 EGV, in: Calliess/Ruffert-2. Aufl., hier Rn. 11–13. EuGH-Urteil vom 5. Mai 1982, Rs. 15/81(Gaston Schul), Slg. 1982, 1409, Rn. 33; ferner EuGH-Urteil vom 9. Februar 1982, Rs. 270/80 (Polydor), Slg. 1982, 329, Rn. 18. Einheitliche Europäische Akte vom 28. Februar 1986, in: ABl.EG, Nr. L 169 vom 29.6.1987, S. 1–27. Vgl. zur Bedeutung des Begriffs Binnenmarkt Herdegen, Matthias: Europarecht, 10. überarb. und erw. Aufl., München 2008, S. 249–253; Streinz, Rudolf: Europarecht, 8. völlig neu bearb. Aufl., Heidelberg 2008,
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den europäischen Gesetzgeber in das Primärrecht – auf Grundlage des 1985 durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ausgearbeiteten Weißbuchs zur Vollendung des Binnenmarktes43 – eingeführt und gleichsam die Aufgabe der Gemeinschaft um das Ziel der Verwirklichung eines Binnenmarktes erweitert.44 Die Legaldefinition gemäß Art. 14 Abs. 2 EGV45 qualifiziert den Begriff Binnenmarkt als „einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital […] gewährleistet ist“.46 Diese sog. Grundfreiheiten des Binnenmarktes47 werden durch Art. 3 Abs. 1 lit. c) EGV48 primärrechtlich als Ziele der Gemeinschaft bestätigt,49 so dass das Funktionieren eines Gemeinsamen Marktes bzw. die Verwirklichung eines Binnenmarktes eine „Beseitigung der Hindernisse“ hinsichtlich dieser Grundfreiheiten voraussetzt (Art. 3 Abs. 1 lit. c) EGV). In dem oben genannten Sinne verpflichtet das Ziel eines Binnenmarktes bzw. Gemeinsamen Marktes gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV zu einer „Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, soweit dies für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist“, so dass Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV die Grundlage für Rechtsetzungsaktivitäten der Europäischen Union darstellt:50 Diese Rechtsangleichung im Rahmen der Errichtung eines Gemeinsamen Marktes ist folglich Aufgabe der Gemeinschaft (Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV),51 durch die u. a.
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Rn. 905–908. Vgl. ferner zur Zielsetzung und Ausfüllung Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vollendung des Binnenmarktes: Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat (Mailand, den 28./29. Juni 1985), KOM (85) 310 endg., Brüssel 14.6.1985. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vollendung des Binnenmarktes: Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat (Mailand, den 28./29. Juni 1985), KOM (85) 310 endg., a. a. O.. Die Abgrenzung der Begriffe Binnenmarkt und Gemeinsamer Markt ist umstritten, gleichwohl aber hinsichtlich der Verfahren der Rechtsangleichung nach Art. 94 und Art. 95 EGV bedeutsam. Vgl. zur Diskussion und Abgrenzung der Begriffe Kahl, Wolfgang: Kommentierung zu Art. 14 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 5–11; Kahl, Wolfgang/Maier, Petra: § 1 Europarechtliche Grundlagen, in: Kompendium öffentliches Wirtschaftsrecht, hrsg. von: Reiner Schmidt und Thomas Vollmöller, 3. überarb. und aktual. Aufl., Berlin u. a., 2007, hier Rn. 11. Anderer Ansicht z. B. Streinz, Rudolf: Europarecht, a. a. O., Rn. 909–915. KILIAN geht von einer inhaltlich synonymen Bezeichnung der Begriffe aus. Vgl. Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., München 2003, Rn. 23–24. Vgl. zur Abgrenzung der Begriffe und zur Bedeutung des Art. 95 EGV (ex-Artikel 100a) Müller-Graff, Peter-Christian: Die Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarktes, in: EuR, 24. Jg. (1989), S. 107–151. Der Vertrag von Lissabon gibt die Unterscheidung der Begriffe zu Gunsten des Binnenmarktes auf. Vgl. Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichnet in Lissabon am 13. Dezember 2007, in: ABl., Nr. C 306 vom 17.12.2007, S. 1–271, hier S. 42. Art. 14 EGV entspricht Art. 26 AEUV. Vgl. hierzu sowie zur juristischen Präzisierung des Begriffs Reich, Norbert: Binnenmarkt als Rechtsbegriff, in: EuZW, 2. Jg. (1991), S. 203–210. Die Einteilung in die vier Grundfreiheiten erfolgt systematisch in Anlehnung an den Normtext. Gleichwohl bildet der freie Zahlungsverkehr eine notwendige Annexfreiheit (Art. 56 Abs. 2 EGV). Zu den Grundfreiheiten vgl. Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 116–176. Art. 3 Abs. 1 EGV wird mit dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Wesentlichen durch Art. 3–6 AEUV ersetzt. Vgl. Ruffert, Matthias: Kommentierung zu Art. 3 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 6. Vgl. Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., München 2003, Rn. 23 und 206–207; Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, in: ZGR, 29. Jg. (2000), S. 706–742, hier S. 706. Zur Rechtsangleichung im europarechtlichen Kontext des Binnenmarktes vgl. auch Herrnfeld, Hans-Holger: Kommentierung zu Art. 94 EGV, in: Schwarze EU-Kommentar, hier Rn. 6–23. Vgl. Eiden, Hanns Christoph: § 26 Die Angleichung der Rechtsvorschriften, in: Europarecht. Das Recht der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften, hrsg. von Albert Bleckmann, 6., neubearb. und
„eine verbesserte Ausübung der Grundfreiheiten des Gemeinsamen Marktes“ ermöglicht werden soll.52 Gleichwohl stellt Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV nicht Grundlage für die zu ergreifenden Maßnahmen selbst dar, sondern greift lediglich das Ziel der Rechtsangleichung im europäischen Binnenmarkt auf.53 Diese Zielsetzung wird von den allgemeinen Rechtsangleichungskompetenzen der Art. 94–97 EGV54 ergänzt55 und durch spezielle Kompetenzvorschriften, wie z. B. Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV56, für das Gesellschaftsrecht konkretisiert.57 II.
Primärrechtliche Konzeption des Bilanzrechts als Teil des europäischen Gesellschaftsrechts
Das europäische Bilanzrecht gilt als „Herzstück des EG-Gesellschaftsrechts“58. Die Vorschriften im Rechnungslegungsrecht haben eine direkte Bedeutung für Gesellschaften und Gesellschafter und den mit ihnen in Verbindungen stehenden Personengruppen.59 Die Rechtsetzung für das europäische Gesellschaftsrecht basiert größtenteils auf den Normen der Niederlassungsfreiheit, die als Teil der Personenfreiheit60 durch die Art. 43–48 EGV61 ihre primärrechtliche Ausgestaltung findet.62 Die Niederlassungsfreiheit gestattet Angehörigen eines Mitgliedstaats sowie den in Mitgliedstaaten gegründeten Gesellschaften, die innerhalb der Gemeinschaft niedergelassen sind, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen und eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen und auszuüben (Art. 43 EGV, Art. 48 EGV).63 Art. 48 EGV stattet diese Gesellschaften mit den Grundfreiheiten des Binnen-
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erw. Aufl., Köln u. a. 1997, S. 759–783, hier Rn. 2103; Herdegen, Matthias: Europarecht, a. a. O., S. 308– 314, hier Rn. 1. Zu Zielen und Funktionen der Rechtsangleichung vgl. auch Schwarz, Ivo E.: 30 Jahre EGRechtsabgleichung, in: FS Groeben, S. 333–368, hier S. 335–337. Oppermann, Thomas: § 18. Rechtsangleichung, in: Europarecht, 3. vollständig neu bearb. Aufl., München 2005, S. 376–405, Rn. 5 (auch Zitat). Vgl. Lutter, Marcus: Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, Karlsruhe 1964, S. 3. Art. 94–97 EGV entsprechen mit dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union den Artikeln 114–117. Vgl. zur Konzeption der Rechtsangleichung allgemein Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, a. a. O., Rn. 360–365. Vgl. zur Rechtsangleichung im Binnenmarkt durch Art. 95 EGV (ex-Atikel 100a) Müller-Graff, Peter-Christian: Die Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarktes, a. a. O., S. 107–151. Art. 44 EGV entspricht Art. 50 AEUV. Vgl. Kahl, Wolfgang: Kommentierung zu Art. 94 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 3. So geht z. B. Art. 44 Abs. 2 lit. g) als speziellere Norm, die die Gewährleistung der Niederlassungsfreiheit betrifft, Art. 95 EGV vor. Vgl. Herrnfeld, Hans-Holger: Kommentierung zu Art. 95 EGV, in: Schwarze EU-Kommentar, hier Rn. 9. Grundmann, Stefan: Europäisches Gesellschaftsrecht – Eine systematische Darstellung unter Einbeziehung des Europäischen Kapitalmarktrechts –, Heidelberg 2004, Rn. 491 (im Original hervorgehoben). Vgl. mit Beispielen Schulze-Osterloh, Joachim: Die Beziehungen zwischen Gesellschaftsrecht und Betriebswirtschaftslehre, diskutiert an bilanzrechtlichen Problemen, in: BFuP, 56. Jg. (2004), S. 81–99, hier S. 95. Vgl. Oppermann, Thomas: § 19. Binnenmarkt – Freier Warenverkehr, in: Europarecht, 3. Vollständig neu bearb. Aufl., München 2005, S. 406–423, hier Rn. 2; Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 143, vertiefend S. 152–161. Das Niederlassungsrecht der Art. 43–48 EGV entspricht den Artikeln 49–54 AEUV. Vgl. Pipkorn, Jörn: Zur Entwicklung des europäischen Gesellschafts- und Unternehmensrechts, in: ZHR, 136. Jg. (1972), S. 499–516, hier S. 504. Vgl. zur Niederlassungsfreiheit Schlag, Martin: Kommentierung zu Art. 43 EGV, in: Schwarze EUKommentar, hier Rn. 1–32; Bröhmer, Jürgen: Kommentierung zu Art. 43 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier
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marktes aus, so dass diese der Koordination der Schutzbestimmungen gemäß Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV unterliegen.64 Um dieser Grundfreiheit und damit der Erreichung des Binnenmarktziels nachkommen zu können, ist die Angleichung nationaler Gesellschaftsrechte eine im Kontext der Niederlassungsfreiheit zu betrachtende Aufgabe der Gemeinschaft.65 Ziel der Angleichung der nationalen Gesellschaftsrechte bei Öffnung der Märkte ist die Vermeidung eines sog. Delaware-Effekts66, indem unterschiedlich strenge nationale Gesellschaftsrechte vermieden werden und damit keinen Einfluss auf die Wahl des Niederlassungslandes haben.67 Anders als in den USA, wo die Regulierung der Rechnungslegung aufgrund ihrer reinen Informationsfunktion68 dem Kapitalmarktrecht69 entspringt70 und der Anleger als Adressat der Rechnungslegung vornehmlich durch Kapitalmarktrecht geschützt wird,71 begründet sich eine Normierung im europäischen Bilanzrecht primär zunächst auf gesellschaftsrechtlichen Bedürfnissen.72 Gleichwohl sind Überschneidungen von Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht vorhanden.73 Aus der zunehmenden Kapitalmarktorientierung der Unternehmen74 resultiert
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Rn. 5–19. SCHÖN zeigt hierbei die Bedeutung der Doppelnatur der Gesellschaft „als Subjekt und Objekt der Niederlassungsfreiheit“ anhand der EuGH-Rechtsprechung auf. Vgl. Schön, Wolfgang: Das Bild des Gesellschafters im Europäischen Gesellschaftsrecht, in: RabelsZ, 64. Jg. (2000), S. 1–37. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 706. Vgl. Habersack, Mathias: § 1 Gegenstand und Anliegen des Buches, in: Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., München 2006, hier Rn. 4. Die Bezeichnung Delaware-Effekt rührt aus einem Wettbewerbseffekt aus dem US-amerikanischen Gesellschaftsrecht, nach dem der Unternehmenssitz aufgrund des liberalsten Unternehmensrechts (in diesem Fall im Bundesstaat Delaware) gewählt wird. Vgl. Merkt, Hanno: Das Europäische Gesellschaftsrecht und die Idee des „Wettbewerbs des Gesetzgebers“, in: RabelsZ, 59. Jg. (1995), S. 545568, hier S. 546547 und vertiefend S. 549554. Vgl. Timmermans, Christiaan W. A.: Die europäische Rechtsangleichung im Gesellschaftsrecht. Eine integrations- und rechtspolitische Analyse, in: RabelsZ, 48. Jg. (1984), S. 1–47, hier S. 14. Vgl. Duhr, Andreas: Grundsätze ordnungsmäßiger Geschäftswertbilanzierung. Objektivierungskonzeptionen des Geschäftswertes nach HGB, IFRS und U.S.GAAP, a. a. O., S. 6–7. Vgl. zu den Informationspflichten US-amerikanischer Kapitalmarktregulierung insbesondere Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., S. 131–146. Vgl. zum Begriff des Kapitalmarktrechts in einer weiten und engeren Definition m. w. N. Deckert, Martina R.: Anlegerschutz durch Europäisches Kapitalmarktrecht – Publizität statt Verbot, in: EWS, 9. Jg. (1998), S. 46–54, hier S. 46. In den USA resultierten erste Rechnungslegungsnormierungen aus der Kapitalmarktkrise im Jahr 1929, so dass die getroffenen Regelungen an die Börsenzulassungsbestimmungen anknüpfen. Vgl. Dexheimer, Sigrid: Gewinnerläuterungsgrundsätze nach US-GAAP und SEC-Recht, Düsseldorf 2004, S. 9–21; Grund, Matthias: Die Anpassung des HGB an internationale Rechnungslegungsstandards, Inauguraldissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Rechte durch die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Universität Bonn 2005, S. 24–26. Zur US-amerikanischen Rechnungslegungsordnung vgl. grundlegend Wüstemann, Jens: Generally Accepted Accounting Principles, Berlin 1999. Vgl. Möllers, Thomas: Anlegerschutz durch Aktien- und Kapitalmarktrecht – Harmonisierungsmöglichkeiten nach geltendem und künftigem Recht –, in: ZGR, 26. Jg. (1997), S. 334–367, hier S. 335. Vgl. Hueck, Götz/Windbichler, Christine: § 1 Begriff und Bedeutung des Gesellschaftsrechts, in: Gesellschaftsrecht, 21. Aufl., München 2008, Rn. 6–7. Vgl. Hueck, Götz/Windbichler, Christine: § 1 Begriff und Bedeutung des Gesellschaftsrechts, a. a. O., Rn. 6–7. Zum Verhältnis von Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht vgl. Grundmann, Stefan: Europäisches Gesellschaftsrecht, a. a. O., Rn. 6; Habersack, Mathias: § 1 Gegenstand und Anliegen des Buches, in: Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., a. a. O., hier Rn. 5; Garrido García, José M.: Company Law and Capital Markets Law, in: RabelsZ, 69. Jg. (2005), S. 761–786; Assmann, Heinz-Dieter/Buch, Petra: Europäisches Kapitalmarktrecht, in: EWS, 1. Jg. (1990), S. 110–123, S. 190–193, S. 220–226, hier S. 118. Vgl. Kühne, Mareike: Kapitalmarktorientierte Rechnungslegung nach US-GAAP. Weiterentwicklung
zudem die immer stärker werdende reziproke Beeinflussung von Bilanzrecht und Kapitalmarktrecht,75 die im Bilanzrecht zu einer Unterscheidung „nicht zwischen Gesellschaftsformen, sondern zwischen kapitalmarktorientierten und anderen Gesellschaften“76 geführt hat. Merkt diagnostiziert gar eine „schleichende Verdrängung zwingenden Gesellschaftsrechts durch zwingendes Kapitalmarktrecht“77.78 B.
Maßnahmen zur Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts im Rahmen des sekundären Gemeinschaftsrechts
I.
Grundsätze der Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts durch das sekundäre Gemeinschaftsrecht
1.
Rechtsangleichung im europäischen Bilanzrecht
a)
Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft nach Art. 249 EGV als primärrechtliche Grundlage der Geltungskraft von Sekundärrecht
Der EG-Vertrag stellt für die sekundäre Rechtsetzung im Primärrecht verschiedene Rechtsakte mit unterschiedlicher Bindungswirkung zur Verfügung:79 Art. 249 EGV80 zählt als Rechtshandlungsformen der Europäischen Gemeinschaft Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen, Empfehlungen und Stellungnahmen auf.81 Eine Verordnung hat „allgemeine Geltung“, „ist in allen ihren Teilen verbindlich“, von allen Mitgliedstaaten anzuwenden und „gilt unmittelbar“ (Art. 249 Abs. 2 EGV), während die Richtlinie82 nur hinsichtlich ihres Ziels verbindlich von den Mitgliedstaaten innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umzusetzen ist (Art. 249 Abs. 3 EGV). Die Richtlinie
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deutscher Rechnungslegungsregeln vor dem Hintergrund US-amerikanischer Einflüsse, Bielefeld 2002, S. 18–29. Vgl. Goette, Wulf u. a.: Bilanzrecht, Gesellschaftsrecht, Kapitalmarktrecht. ZGR-Symposion 2000 vom 14./15. Januar 2000 in Kronberg/Ts., in: ZGR, 29. Jg. (2000), S. 535–536, hier S. 535 f.; Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 706; Kübler, Friedrich: Fragen und Wünsche des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts an das Recht der Rechnungslegung, in: ZGR, 29. Jg. (2000), S. 550–564; Hulle, Karel van: Die Reform des europäischen Bilanzrechts: Stand, Ziele und Perspektiven, in: ZGR, 29. Jg. (2000), S. 537–449. Grundmann, Stefan: Europäisches Gesellschaftsrecht, a. a. O., Rn. 6. Merkt, Hanno: Zum Verhältnis von Kapitalmarktrecht und Gesellschaftsrecht in der Diskussion um die Corporate Governance, in: AG, 48. Jg. (2003), S. 126–136, hier S. 128. Eine Verschärfung der Problematik ergibt sich zudem durch die IAS-Verordnung, die das Bilanzrecht kapitalmarktorientiert ausrichtet. HOMMELHOFF spricht aufgrund der Nutzung der handelsrechtlichen Rechnungslegung durch das Kapitalmarktrecht von einem „[k]apitalmarkt-indutzierte[n] Funktionswandel des Bilanzrechts“. Vgl. Hommelhoff, Peter: Anlegerinformationen im Aktien-, Bilanz- und Kapitalmarktrecht, in ZGR, 29. Jg. (2000), S. 748–775, hier S. 758 (Überschrift, im Original hervorgehoben). Zu den Rechtsetzungsverfahren vgl. Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, a. a. O., Rn. 102–114. Art. 249 EGV entspricht Art. 288 AEUV. Vgl. zur Bedeutung der Vorschrift Biervert, Bernd: Kommentierung zu Art. 249 EGV, in: Schwarze EUKommentar, hier Rn. 1–3; zur genauen Abgrenzung der einzelnen Rechtakte vgl. auch Hetmeier, Heinz: Kommentierung zu Art. 249 EGV, in: EU- und EG-Vertrag, hrsg. von Carl Otto Lenz und Klaus-Dieter Borchardt, 3. Auflage 2003, Köln, Rn. 5–20. Vgl. zur Bedeutung der Richtlinie z. B. Streinz, Rudolf: Europarecht, a. a. O., Rn. 433–463; Biervert, Bernd: Kommentierung zu Art. 249 EGV, a. a. O., hier Rn. 22–30.
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ergeht an Mitgliedstaaten und folgt einer zweistufigen Rechtsetzung,83 durch die eine „Bewahrung nationaler Eigentümlichkeiten“84 gewährleistet bleiben soll.85 Während eine Verordnung für Gemeinschaftsbürger Rechte und Pflichten begründet, weist die Richtlinie somit nur eine mittelbare Wirkung auf.86 Dennoch konstatiert der Europäische Gerichtshof (EuGH) auch für Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen eine unmittelbare Wirkung, durch die konträres nationales Recht verdrängt wird, wenn sie dem Einzelnen Rechte verleiht, „die sie bei den Gerichten eines Mitgliedstaates geltend machen können“87, so dass sich ein Gemeinschaftsbürger direkt auf die Richtlinie berufen kann.88 Diese sog. vertikale Direktwirkung einer Richtlinie unterliegt jedoch den Voraussetzungen, dass eine Richtlinie durch einen Mitgliedstaat nach Fristablauf89 nicht oder nur mangelhaft umgesetzt wurde90 und die Bestimmung der Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau91 ist.92 Gleichwohl entfaltet eine Richtlinie keine unmittelbare Verpflichtungswirkung gegenüber einem Marktbürger; eine unmittelbare horizontale Wirkung einer Richtlinie unter Privaten wurde vom EuGH ausgeschlossen.93 Art. 249 Abs. 4 EGV bestimmt weiterhin die Bindungswirkung von Entscheidungen und begrenzt ihre Verbindlichkeit auf den durch sie bestimmten Adressatenkreis, so dass ihr eine „individuelle Geltung“94 zukommt; gleichwohl ist sie dann in „allen ihren Teilen verbindlich“. Empfehlungen und Stellungnahmen95 besitzen gemäß Art. 249 Abs. 5 EGV hingegen keine rechtliche Bindungswirkung, jedoch sind Gerichte „verpflichtet, bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten die Empfehlungen zu berücksichtigen“96.97 83
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Zum Rechtsetzungscharakter der Richtlinie vgl. Ruffert, Matthias: Kommentierung zu Art. 249 EGV, a. a. O., hier Rn. 45. Streinz, Rudolf: Europarecht, a. a. O., Rn. 434. Zur kritischen Würdigung der Richtlinie als „äußerst tauglich[es]“ Angleichungsinstrument vgl. Timmermans, Christiaan W. A.: Die europäische Rechtsangleichung im Gesellschaftsrecht. Eine integrations- und rechtspolitische Analyse, a. a. O., hier S. 10–11 (Zitat S. 10). Vgl. Bach, Albrecht: Direkte Wirkungen von EG-Richtlinien, in: JZ, 45. Jg. (1990), S. 11081116, hier S. 1109; Groh, Manfred: Bilanzrecht vor dem EuGH, in: DStR, 34. Jg. (1996), S. 12061213, hier S. 1206. EuGH-Urteil vom 4. Dezember 1974, Rs. 41/74 (van Duyn/Home Office), Slg. 1974, 1337, Rn. 4. Die dogmatische Begründung der Direktwirkung von Richtlinien basiert auf dem geltenden Grundsatz des effet utile sowie auf dem Grundsatz von Treu und Glauben. Vgl. Ruffert, Matthias: Kommentierung zu Art. 249 EGV, a. a. O., Rn. 74. Vgl. EuGH-Urteil vom 5. April 1979, Rs. 148/78 (Ratti), Slg. 1979, 1629, Rn. 43–44. Vgl. Drinkuth, Henrik: Die Kapitalrichtlinie – Mindest- oder Höchstnorm?, Köln 1998, S. 17. Vgl. EuGHUrteil vom 26. Februar 1986, Rs. 152/84 (Marshall), Slg. 1986, 723, Rn. 46. EuGH-Urteil vom 5. April 1979, Rs. 148/78 (Ratti), a. a. O., Rn. 23; Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 82. Diese unmittelbare Wirkung von Richtlinien ist im Rahmen der Rechtsfortbildung durch den EuGH durchaus umstritten. Vgl. z. B. Grundmann, Stephan M.: Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof, Konstanz 1997, S. 374. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. Juli 1994, Rs. 91/92 (Paola Faccini Dori), Slg. 1994, I-3325, Rn. 20; Borchardt, Klaus-Dieter: Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, a. a. O., Rn. 456; vertiefend Ruffert, Matthias: Kommentierung des Art. I-33 Verfassung der Europäischen Union, a. a. O., Rn. 61–66. Biervert, Bernd: Kommentierung zu Art. 249 EGV, a. a. O., hier Rn. 33. Vgl. z. B. Ruffert, Matthias: Kommentierung zu Art. 249 EGV, a. a. O., hier Rn. 126–128. EuGH-Urteil vom 11. September 2003, Rs. C-207/01 (Altair Chimica), Slg. 2003, I-8875 (Leitsatz 3); gleichermaßen EuGH-Urteil vom 13. Dezember 1989, Rs. C-322/88 (Grimaldi/Fonds des Maladies
b)
Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung
Der Rechtsetzungsprozess der Europäischen Gemeinschaft unterliegt aufgrund der eigenen Struktur der Europäischen Union jedoch Besonderheiten: Für den Erlass von Rechtsakten bedürfen die Organe der EG einer Ermächtigungsgrundlage, da sie keine unbegrenzte Rechtsetzungskompetenz besitzen.98 Die europäische Rechtsangleichung im Gesellschaftsrecht erfolgt daher über das sog. Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung:99 Art. 5 Abs. 1 EGV100 sieht vor, dass die Gemeinschaft „innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig“ wird,101 so dass die Organe der EG keine generelle Ermächtigung zum Erlass von Rechtshandlungen haben,102 sondern einer Kompetenzzuweisung bedürfen.103 Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip nach Art. 5 Abs. 2 EGV darf die EG „in Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen“, nur dann handeln, wenn „die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können“ und die Zielerreichung besser auf Gemeinschaftsebene gegeben ist.104 Die allgemeinen Kompetenznormen der Rechtsangleichung im Binnenmarkt, die gemäß Art. 94 EGV der „Errichtung und des Funktionieren des Gemeinsamen Marktes“ dienen, bilden die Art. 94–97 EGV sowie als weitere wichtige Rechtsgrundlage des EG-Vertrags Art. 308 EGV, der „geeignete[.] Vorschriften“ zur Verwirklichung der Ziele eines Gemeinsamen Marktes vorsieht.105 Diese allgemeinen Angleichungskompetenzen werden durch spezielle Ermächtigungsnormen ergänzt, die die Verwirklichung der Grundfreiheiten gewährleisten sollen.106 Von besonderer Bedeutung der Bilanzrechtsharmonisierung sind besonders Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV sowie Art. 95 EGV, die bisher auch maßgebend vom europäischen Gesetz-
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Professionelles), in: Slg. 1989, 4407 (Leitsatz 3). Der Katalog des Art. 249 EGV ist nicht abschließend, da weitere ungekennzeichnete Rechtsakte hinzutreten. Vgl. Ruffert, Matthias: Kommentierung zu Art. 249 EGV, a. a. O., hier Rn. 129–140. Vgl. Borchardt, Klaus-Dieter: Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, a. a. O., Rn. 417; Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, Frankfurt u. a. 2005, S. 9. Zur Einordnung und Abgrenzung zum Subsidiaritätsprinzip vgl. Langguth, Gerd: Kommentierung zu Art. 5 EGV, in: Lenz, Carl Otto/Borchadt, Klaus-Dieter: EU-und EG-Vertrag, 3. Auflage, Köln 2003. Art. 5 EGV wird durch Art. 5 EUV ersetzt. Vgl. zur Regelungsreichweite und europarechtlichen Einordnung der Norm Schön, Wolfgang: Gesellschaftsrecht nach Maastricht – Art. 3b EGV und das europäische Gesellschaftsrecht –, in: ZGR, 24. Jg. (1995), S. 1–38. Vgl. Calliess, Christian: Kommentierung zu Art. 5 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 8–14. Vgl. Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 30–32. Gleichwohl kann die Gemeinschaft auch hinsichtlich des Subsidiaritätsprinzips nur im Rahmen der ihr verliehenen Kompetenzen handeln. Vgl. Everling, Ulrich: Subsidiaritätsprinzip und „ausschließliches“ Gemeinschaftsrecht – ein „faux problème“ der Verfassungsauslegung, in: Verfassungsstaatlichkeit, FS Stern, S. 1227–1237, hier S. 1232. Zum Subsidiaritätsprinzip allgemein Calliess, Christian: Kommentierung zu Art. 5 EGV, a. a. O., hier Rn. 1–7. Zu dieser im Vertrag über eine Verfassung von Europa so genannten Flexibilitätsklausel vgl. m. w. N. Schmalenbach, Kirsten: Kommentierung zu Art. 308 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 3. Zum Charakter als Generalermächtigungsnorm vgl. Geiss, Marcus: Kommentierung zu Art. 308 EGV, in: Schwarze EUKommentar, hier Rn. 3–5. Vgl. Fischer, Hans Georg: Vorbemerkung zu Art. 94–97 EGV, in: EU- und EG-Vertrag, hrsg. von Carl Otto Lenz und Klaus-Dieter Borchardt, 3. Auflage, Köln 2003, Rn. 4.
13
geber als Kompetenznorm der ergriffenen Maßnahmen im Bilanzrecht herangezogen wurden. Die im Bereich der Bilanzrechtsharmonisierung erlassenen Richtlinien verpflichten sich damit gemäß Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV dem Ziel der Koordinierung von Schutzbestimmungen die „den Gesellschaften […] im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten“.107 2.
Regelungsintensität im Bilanzrechtsharmonisierungsprozess
a)
Abgrenzung von Rechtsangleichung und Rechtsvereinheitlichung aufgrund primärrechtlicher Vorgaben
Die Harmonisierungsbestrebungen in der Europäischen Gemeinschaft dienen dem primärrechtlichen Ziel der Errichtung und des Funktionierens des Gemeinsamen Marktes bzw. des Binnenmarktes gemäß Art. 94 EGV und Art. 95 EGV.108 Gleichwohl unterliegt der europäische Gesetzgeber hierbei „einem Spannungsverhältnis zwischen Harmonisierungsauftrag und Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen nationalen Rechtsordnung“, was Überlegungen hinsichtlich der Regelungsintensität von Angleichungsmaßnahmen erfordert.109 In der Literatur finden sich in der Diskussion um die sekundärrechtliche Verwirklichung des Binnenmarktes bzw. Gemeinsamen Marktes in diesem Zusammenhang zunächst die Begriffe „Rechtsangleichung“ und „Rechtsvereinheitlichung“, die keiner einheitlichen Terminologie unterliegen.110 Eine inhaltlich trennscharfe Konkretisierung der Begriffe sowie auch eine primärrechtliche Definition bleiben zu vermissen. Der Terminus der Rechtsvereinheitlichung wird, im Sinne eines loi uniforme,111 jedoch grundsätzlich von dem der Rechtsangleichung abgegrenzt.112 Der primärrechtliche Begriff der Rechtsangleichung (Art. 94 und 95 EGV) wird weitgehend synonym mit den Termini der Harmonisierung (Art. 93 EGV) und Koordinierung (Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV, Art. 46 Abs. 2, Art. 47 Abs. 2 EGV) verwendet.113 Rechtsangleichung 107
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Vgl. auch Niessen, Hermann: Zur Angleichung des Bilanzrechts in der Europäischen Gemeinschaft, in: RabelsZ, 48. Jg. (1984), S. 81–122, hier S. 85. Vgl. Lutter, Marcus: Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts in Europa, in: EuR, 10. Jg. (1975), S. 44–72, hier S. 53. Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EGV, a. a. O., S. 12-13 (Zitat S. 12). Vgl. Taupitz, Jochen: Europäische Privatrechtsvereinheitlichung heute und morgen, Tübingen 1993, S. 18 (Fn. 97); FISCHER bezeichnet den (Schlüssel)Begriff der Rechtsangleichung bzw. Rechtsharmonisierung aufgrund dessen mangelnden Präzision gar als ein „theoriedefizitäres Arkanum“. Fischer, Nikolaj: >>Rechts-Harmonisierung<< – Schlagwort oder Rechtsprinzip? – kritische Anmerkungen zum Prozess der >>Rechts-Angleichung<< –, in: VuR, 18. Jg. (2003), S. 374–382, hier S. 375. Vgl. Lutter, Marcus: Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, a. a. O., S. 19. Vgl. Kahl, Wolfgang: Kommentierung zu Art. 94 EGV, a. a. O., hier Rn. 1; Lutter, Marcus: Europäisches Unternehmensrecht, 4. vollst. überarb. und erw. Aufl., Berlin/New York 1996, S. 7. Gleichermaßen findet sich aber auch die synonyme Verwendung dieser Begriffe im Rahmen der Europäisierung des Rechts. Vgl. Fischer, Nikolaj: >>Rechts-Harmonisierung<< – Schlagwort oder Rechtsprinzip? – kritische Anmerkungen zum Prozess der >>Rechts-Angleichung<< –, a. a. O., hier S. 379. Vgl. z. B. Streinz, Rudolf: Europarecht, a. a. O., Rn. 918; Bärmann, Johannes: Europäische Integration im Gesellschaftsrecht, Köln u. a. 1970, S. 6061. LUTTER geht ebenfalls von einer synonymen Verwendung der
zielt dabei auf eine Beseitigung nationaler rechtlicher Unterschiede ab, die das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes behindern.114 Einer Rechtsvereinheitlichung115 wird indes als Ziel die vollständige inhaltliche Übereinstimmung der Rechtsordnungen zugeschrieben.116 Lutter bezeichnet als „das Charakteristikum der Rechtsangleichung, dass sie nur Gleichwertigkeit der Lösungen erstrebt und daher wo immer nur möglich Unterschiede belässt“117. Eine Unterscheidung der Begriffe erfolgt zudem nach ihrer Relevanz hinsichtlich der daraus resultierenden Rechtsetzungstätigkeit der Europäischen Union: Während für die Rechtsangleichung im Gemeinsamen Markt vornehmlich auf Richtlinien zurückgegriffen wird, werden Verordnungen gemäß Art. 95 EGV mit Rechtsvereinheitlichung in Verbindung gebracht.118 Dies wird mit dem zweistufigen Mechanismus der Richtlinie, mithin durch die einzelstaatliche Umsetzungsverpflichtung von Richtlinien hinsichtlich ihres verbindlichen Ziels begründet, währenddessen Verordnungen unmittelbare Wirkung in allen Teilen entfalten. Dennoch unterliegen viele Richtlinien zwischenzeitlich einer Regelungsdichte, die einer EG-Verordnung gleichkommt, so dass in diesem Sinne die Tendenz einer Rechtsvereinheitlichung mittels Richtlinien besteht.119 Gleichermaßen bleibt festzuhalten, dass Art. 95 EGV, auf den sich auch die bilanzrechtlichen Verordnungen beziehen,120 mit dem Ziel eingeführt wurde, neben Richtlinien auch weitere Rechtshandlungen zur Rechtsangleichung zuzulassen sowie mit einer qualifizierten Mehrheit gemäß Art. 251 EGV die Rechtsangleichung zu erleichtern, die zuvor gemäß Art. 94 EGV ausschließlich auf Richtlinien unter
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Begriffe aus und zeigt dabei differenziert andere Meinungen auf. Er hebt hierbei hervor, dass für eine synonyme Verwendung der Begriffe auch die unterschiedliche Verwendung und Entsprechung der Termini in den einzelnen Sprachfassungen des Vertrages spricht, die alle gleich verbindlich sind; dementsprechend bleibt der Wortauslegung eine Aussage hinsichtlich eines beabsichtigten Angleichungsumfangs aufgrund der sprachlichen Divergenzen in den Einzelfassungen der Verträge verschlossen. Vgl. Lutter, Marcus: Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, a. a. O., S. 1825. Zur inhaltlichen Bestimmung des Begriffs Rechtsharmonisierung vgl. Fischer, Nikolaj: >>Rechts-Harmonisierung<< – Schlagwort oder Rechtsprinzip? – kritische Anmerkungen zum Prozess der >>Rechts-Angleichung<< –, a. a. O., hier S. 375–378. SCHÄFER stuft die Begriffe inhaltlich zwischen Vereinheitlichung, Harmonisierung bzw. Angleichung und Koordinierung ab. Vgl. Schäfer, Cornelia: Einwirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Steuerrecht durch Maßnahmen der Harmonisierung und die Rechtsprechung des EuGH, Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades des Doktors der Rechtswissenschaft, Universität Konstanz 2004, S. 7. GRUND setzt den Begriff der Vereinheitlichung mit einer Totalharmonisierung gleich. Vgl. Grund, Matthias: Die Anpassung des HGB an internationale Rechnungslegungsstandards, a. a. O., S. 74. Vgl. Borchardt, Klaus-Dieter: Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union a. a. O., Rn. 724; Oppermann, Thomas: § 18. Rechtsangleichung, a. a. O., hier Rn. 13. Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verwendet diesen Begriff explizit nur in Art. 132 EGV und Art. 133 EGV. Vgl. Taupitz, Jochen: Europäische Privatrechtsvereinheitlichung heute und morgen, a. a. O., S. 3–4. Lutter, Marcus: Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts in Europa, a. a. O., hier S. 53. Vgl. Habersack, Mathias: § 3 EG-vertragliche Grundlagen, in: Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., a. a. O., Rn 58; Niessen, Hermann: Zur Angleichung des Bilanzrechts in der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O., hier S. 84; Taupitz, Jochen: Europäische Rechtsvereinheitlichung heute und morgen, a. a. O., S. 18– 19; Schnorbus, York: Autonome Harmonisierung in den Mitgliedstaaten durch die Inkorporation von Gemeinschaftsrecht, in: RabelsZ, 65. Jg. (2001), S. 654705, S. 657 und S. 662663; Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 2526. Vgl. Groh, Manfred: Bilanzrecht vor dem EuGH, a. a. O., hier S. 1206. Vgl. z. B. Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, a. a. O..
15
dem Primat der Einstimmigkeit basierte.121 Die primärrechtliche Verwendung der zu differenzierenden Begriffe im systematischen Vergleich der Sprachfassungen,122 zeigt jedoch, dass anhand der Terminologie keine Aussage über die vom europäischen Gesetzgeber beabsichtigte Regelungsintensität möglich ist,123 und die Begriffe Harmonisierung, Koordinierung und Angleichung aufgrund ihrer undifferenzierten Verwendung in den Verträgen „gemeinschaftsrechtlich als Synonyme zu verstehen sind“, die aber gleichzeitig eine Rechtsvereinheitlichung nicht ausschließen.124 Eine Rechtsangleichung wird daher im Folgenden als Vorstufe der Rechtsvereinheitlichung verstanden.125 b)
Abgrenzung von Harmonisierung und Standardisierung im europäischen Bilanzrecht
In der Diskussion um die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts erfolgt in der betriebswirtschaftlichen Literatur vornehmlich eine Unterscheidung der Begriffe Harmonisierung und Standardisierung.126 Wenngleich hinsichtlich des Bilanzrechtsharmonisierungsprozesses bereits vielfach eine Abgrenzung dieser beiden Begriffe vorgenommen wurde,127 unterliegen auch diese weiterhin keiner einheitlichen Definition.128 Den Definitionsversuchen ist gemein, dass Harmonisierung als Prozess beschrieben wird, der zu einer steigenden Kompatibilität der Rechnungslegungspraktiken führt, indem die Möglich-
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16
Vgl. Kahl, Wolfgang: Kommentierung zu Art. 95 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 1. Vgl. zu Art. 95 auch Oppermann, Thomas: § 18. Rechtsangleichung, a. a. O., Rn. 14–19. KILIAN verneint eine Rechtsetzungstätigkeit der Organe hinsichtlich des Ziels der Rechtsvereinheitlichung mit dem Argument, dass es der Gemeinschaft an der Rechtsetzungskompetenz mangelt, nationale Gesellschaftsrechte zu vereinheitlichen. Vgl. Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, a. a. O., Rn. 538. LOCHNER widmet sich in einer rechtsvergleichenden Studie der europäischen Verträge der undifferenzierten Verwendung der Begriffe Harmonisierung, Koordinierung und Rechtsvereinheitlichung sowie der fehlenden systematischen Untersuchung der Begriffsbildung. Vgl. Lochner, Norbert: Was bedeuten die Begriffe Harmonisierung, Koordinierung und gemeinsame Politik in den Europäischen Verträgen, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 118. Jg. (1962), S. 3561. Vgl. Lutter, Marcus: Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, a. a. O., S. 1925; m. w. N. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 100–101. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 5657 (auch Zitat). So auch Schäfer, Cornelia: Einwirkungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Steuerrecht durch Maßnahmen der Harmonisierung und die Rechtsprechung des EuGH, a. a. O., S. 7. Zu dieser Auffassung sowie zur vertiefenden Diskussion anderer Auffassungen vgl. auch Lutter, Marcus: Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, a. a. O., S. 1925. Vgl. z. B. Daske, Holger: Adopting International Financial Reporting Standards in the European Union – Empirical Essays on Causes, Effects and Economic Consequences, a. a. O., S. 6–7. Weitere Nachweise siehe nächste Fußnote. Vgl. z. B. Tay, J. S. W./Parker, R. H.: Measuring International Harmonization and Standardization, in: ABACUS, Vol. 26 (1990), S. 71–88, hier S. 73; Nobes, Christopher: International harmonization, in: Nobes, Christopher/Parker, Robert: Comparative International Accounting, 10. Aufl., Harlow u. a.: Prentice Hall 2008, S. 74–98, hier S. 75; Hayn, Sven: Internationale Rechnungslegung: Ursachen, Stuttgart 1997, S. 84– 83; ferner ausführlich zur Begriffsabgrenzung und Definitionsversuchen Krisement, Vera Marcelle: Ansätze zur Messung des Harmonisierungs- und Standardisierungsgrades der externen Rechnungslegung, Frankfurt 1994, S. 9–47. Vgl. Spanheimer, Jürgen: Internationale Rechnungslegung: Hintergründe, Entwicklungstendenzen, Folgewirkungen, Düsseldorf 2002, S. 105.
keiten unterschiedlicher Rechnungslegungsalternativen eingegrenzt werden.129 Während Harmonisierung „eine Konzentration auf eine reduzierte Anzahl übereinstimmender gemeinsamer internationaler Rechnungslegungspraktiken“130 herbeiführt, wird Standardisierung hingegen oft mit einem starren System strenger Regelungen verknüpft131 und findet sich in der Literatur regelmäßig in Verbindung mit einer Vereinheitlichung wieder.132 Harmonisierung und Standardisierung grenzen sich somit hinsichtlich der Zielvorstellung ab: Während eine Regelungsstandardisierung alle Unterschiede zwischen den betroffenen Ländern eliminiert, bezieht sich eine Harmonisierung auf eine Reduktion der Unterschiede auf eine kompatible Masse an akzeptablen Rechnungslegungsalternativen.133 Das Ziel der Harmonisierung, eine Vergleichbarkeit bzw. Gleichwertigkeit von Finanzinformationen,134 kann folglich nur dann zu sinnvollen Ergebnissen führen, wenn die Finanzinformationen sich auf eine Basis von sich gegenseitig nicht ausschließenden Rechnungslegungspraktiken beziehen.135 Analog zur synonymen Verwendung der Begriffe Rechtsangleichung und Harmonisierung geht Grund von einer synonymen Verwendung der Begriffe Rechtsvereinheitlichung und seinem angloamerikanischen Pendant standardization aus.136 Wenngleich das europäische Bilanzrecht stets von einer Harmonisierungsstrategie geprägt war,137 bleibt festzustellen, dass in den jüngsten Entwicklungen der europäischen Rechnungslegung die Grenze zwischen Harmonisierung und Standardisierung weiter verschwimmt,138 wenn nicht gar seit der EG-Verordnung 1606/2002 (IAS-Verordnung)139 grundsätzlich von einer Standardisierung auszugehen ist.140
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Vgl. Nobes, Christopher: International harmonization, a. a. O., hier S. 75. Rost, Peter: Der internationale Harmonisierungsprozess der Rechnungslegung, Frankfurt u. a. 1991, S. 21 (im Original teilweise hervorgehoben). Vgl. Nobes, Christopher: International harmonization, a. a. O., hier S. 75. Vgl. z. B. Tay, J. S. W./Parker, R. H.: Measuring International Harmonization and Standardization, a. a. O., S. 73. Vgl. Rost, Peter: Der internationale Harmonisierungsprozess der Rechnungslegung, a. a. O., S. 22; Emenyonu, Emmanuel N./Gray, Sidney J.: International Accounting Harmonization and the Major Developed Stock Market Countries: An Empirical Study, a. a. O., hier S. 270–271. Vgl. Hulle, Karel van: Fortentwicklung des Europäischen Bilanzrechts aus der Sicht der EU, a. a. O., hier S. 9. Vgl. Spanheimer, Jürgen: Internationale Rechnungslegung: Hintergründe, Entwicklungstendenzen, Folgewirkungen, a. a. O., S. 106–107. Vgl. Grund, Matthias: Die Anpassung des HGB an internationale Rechnungslegungsstandards, a. a. O., S. 74 (Fn. 165). Vgl. Hulle, Karel van: Die Reform des europäischen Bilanzrechts: Stand, Ziele und Perspektiven, a. a. O., hier S. 537. Vgl. Hayn, Sven: Internationale Rechnungslegung, a. a. O., S. 85. Vgl. Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, a. a. O.. Vgl. Daske, Holger: Adopting International Financial Reporting Standards in the European Union – Empirical Essays on Causes, Effects and Economic Consequences, a. a. O., S. 8.
17
3.
Implikation des Europäischen Gerichtshofs als Schutzinstanz zur Wahrung des europäischen Gemeinschaftsrechts
a)
Kompetenzen europäischer Normauslegung: Der EuGH als Wächter des europäischen Rechts
Das europäische Bilanzrecht als Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung hat eine Angleichung nationaler Rechtsnormen hinsichtlich der Vergleichbarkeit von Abschlussinformationen im Sinne gleichwertiger Schutzbestimmungen von Gesellschaftern und Dritten zum Ziel. Grundlage einer effektiven Harmonisierung in der Gemeinschaft ist eine einheitliche Auslegung und Anwendung von Gemeinschaftsrecht durch die Mitgliedstaaten. Demgemäß sollen in den folgenden Abschnitten die für das Bilanzrecht bedeutsamen Grundsätze dieses Rechtsschutzes aufgezeigt werden. Gemäß Art. 220 EGV141 obliegt dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und dem Europäischen Gericht erster Instanz (EuG) die Sicherung der „Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung“ der Verträge.142 Folglich wird dem Gerichtshof durch Art. 220 EGV in Verbindung mit Art. 7 EGV143 der Rechtsschutzauftrag in der EG erteilt,144 der die Kontrolle der Anwendung und die einheitliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts umfasst.145 Zur Erfüllung seiner Aufgabe sieht der EG-Vertrag verschiedene Verfahrensarten vor, die in den Verträgen geregelt sind.146 Im Rahmen des EG-Vertrags erhält der Gerichtshof hierbei die Kompetenz, über verfassungsrechtliche und verwaltungsrechtliche Streitigkeiten zu entscheiden sowie auch bei Streitigkeiten betreffend den gewerblichen Rechtsschutz und bei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EGV147 tätig zu werden.148 Als multifunktionales Gericht obliegt es dem EuGH, gemeinschaftsrechtliche Verpflichtungen und Zuständigkeiten zu klären, die Gemeinschaftsorgane bei der Durchführung ihrer Tätigkeiten zu überwachen sowie eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu garantieren;149 gleichwohl ist seine Jurisdiktion auf gemeinschaftsrechtliche Normen beschränkt.150
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18
Art. 220 EGV wird im Wesentlichen durch Art. 19 EUV ersetzt. Zu Aufbau und Zuständigkeiten des Gerichtshofs gemäß den Art. 220–245 EGV vgl. Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, a. a. O., Rn. 63–65. Art. 7 EGV wird im Wesentlichen durch Art. 13 EUV ersetzt. Vgl. Schwarze, Jürgen: Kommentierung zu Art. 220 EGV, in: Schwarze EU-Kommentar, hier Rn. 1; Calliess, Christian: Grundlagen, Grenzen und Perspektiven des europäischen Richterrechts, in: NJW, 58. Jg. (2005), S. 929–933, hier S. 930. Vgl. Schwarze, Jürgen: Kommentierung zu Art. 220 EGV, a. a. O., hier Rn. 21. Vgl. Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 46–49. Vgl. zum Rechtschutzsystem und den einzelnen Verfahren vertiefend Schweitzer, Michael/Hummer, Waldemar/Obwexer, Walter: Europarecht: Das Recht der Europäischen Union, Wien: Manz 2007, Rn. 734–885. Ar. 234 EGV entspricht Art. 267 AEUV. Vgl. Borchardt, Klaus-Dieter: Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, a. a. O., Rn. 354. Vgl. Matthies, Heinrich: Die Bindungswirkung von Urteilen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften, in: FS Hallstein, S. 304–321, hier S. 304. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, Frankfurt am Main u. a. 1997, S. 19.
Die primärrechtliche Zielsetzung des Gemeinschaftsgesetzgebers des Errichtens und Funktionieren eines Gemeinsamen Marktes macht eine einheitliche Anwendung des geregelten Gemeinschaftsrechts in allen einzelstaatlichen Rechtsordnungen unabdingbar. Das Gemeinschaftsrecht unterliegt daher dem „Gebot der einheitlichen Geltung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts“151, das auch aus den Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit152 nach Art. 10 EGV153 abgeleitet wird.154 Das Postulat des „Grundsatz[es] der Einheitlichkeit des Gemeinschaftsrechts“155 erfordert eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts.156 Um diese einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten, obliegt dem Europäischen Gerichtshof die Auslegungskompetenz sowie die Zuständigkeit für das „reibungslose Zusammenwirken der Gemeinschaftsrechtsordnung mit den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen“157. Der Rechtsprechung des EuGH wird aufgrund der wohlverstandenen dynamischen Elemente der Auslegung – im Sinne einer Orientierung am sog. Grundsatz des effet utile – häufig eine rechtsfortbildende Funktion zugeschrieben, aufgrund dessen der EuGH immer wieder auch als „Motor der Integration“ bezeichnet wird.158 Gleichwohl stellt Alber fest, dass der Gerichtshof aufgrund der erreichten Regelungsdichte legislative Lücken nicht mehr unabdingbar durch Rechtsfortbildung, sondern anhand einer teleologischen Auslegung schließt, so dass der EuGH sich eher zu einem „Wächter des europäischen Rechts“ entwickelt hat.159
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Hatje, Armin: Kommentierung zu Art. 10 EGV, in: Schwarze EU-Kommentar, hier Rn. 9. Zur Terminologie des Art. 10 EGV vgl. Kahl, Wolfgang: Kommentierung zu Art. 10 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 2–7. Art. 10 EGV wird im Wesentlichen durch Art. 4 Abs. 3 EUV ersetzt. Vgl. Dauses, Manfred A.: Aufgabenteilung und justizieller Dialog zwischen den einzelstaatlichen Gerichten und dem EuGH als Funktionselemente des Vorabentscheidungsverfahrens, in: FS Everling, S. 223–243, hier S. 227. Zur Loyalitätspflicht nach Art. 10 EGV vgl. ausführlich auch Frederiksen, Halvard H.: Die Zusammenarbeit zwischen dem EuGH und deutschen Zivilgerichten im Lichte des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 EGV, in: Göttinger Online-Beiträge zum Europarecht, hrsg. vom Institut für Völkerrecht – Abteilung Europarecht der Georg-August-Universität Göttingen, Nr. 26, 14.7.2005, S. 9–11. Ferner EuGH-Urteil vom 15. Juli 1964, Rs. 6/64 (Costa/E.N.E.L.), Slg. 1964, 1251, 1269. Groh, Thomas: Die Auslegungsbefugnis des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren Plädoyer für eine zielorientierte Konzeption , Berlin 2005, S. 42. Vgl. EuGH-Urteil vom 10. April 1984, Rs. 14/83 (von Colson und Kamann), Slg. 1984, 1891, Rn. 26. Schweitzer, Michael/Hummer, Waldemar/Obwexer, Walter: Europarecht: Das Recht der Europäischen Union, a. a. O., Rn. 520. Vgl. mit weiteren Nachweisen: Stein, Torsten: Richterrecht wie anderswo auch? Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften als „Integrationsmotor“, in: FS Juristische Fakultät Heidelberg, S. 619–641, hier S. 621. Vgl. Alber, Siegbert: Tendenzen der neueren Rechtsprechung des EuGH, in: ZEuS, 6. Jg. (2003), S. 2–50, hier S. 3 (auch Zitat). SCHWARZE bezeichnet den EuGH als „Hüter der Verfassung“. Schwarze, Jürgen: Kommentierung zu Art. 220 EGV, a. a. O., hier Rn. 28.
19
b)
Die Auslegungsmethoden im europäischen Gemeinschaftsrecht
aa)
Determinanten europäischer Normauslegung
aaa)
Grundsatz der autonomen Rechtsnatur der Europäischen Gemeinschaft
Der EuGH als Schutzinstanz und Wächter des Gemeinschaftsrechts besitzt die alleinige Auslegungskompetenz von Gemeinschaftsrecht. Da gemäß Art. 220 EGV durch seine Rechtsprechung eine einheitliche Anwendung des Europäischen Gemeinschaftsrechts gewährleistet werden soll, ergibt sich die Frage nach den Auslegungsmethoden des EuGH. Auslegung hat nach hermeneutischem Verständnis die Aufgabe, den Sinn eines Textes mittelbar zu machen.160 Um dem Sinn eines Textes durch Auslegung gerecht zu werden, stellt Mertens de Wilmars fest, dass „un lien nécessaire entre la nature d’un ordre juridique et les méthodes d’interprétation des règles qui le constituent“161 existiert. Die Rechtsnatur einer Rechtsordnung ist somit konstituierendes Element der Auslegungsmethoden. Die Europäische Gemeinschaft unterliegt einer besonderen Rechtsnatur: Sie stellt keinen völkerrechtlichen Zusammenschluss internationaler Staaten im herkömmlichen Sinne dar. Der EuGH klassifiziert sie als „eine neue Rechtsordnung des Völkerrechts“, deren Organe „Hoheitsrechte übertragen sind, deren Ausübung in gleicher Weise die Mitgliedstaaten wie die Staatsbürger berührt“162.163 Dieser supranationale Staatenverbund164 unterliegt einer autonomen Rechtsordnung, deren „Recht wegen dieser seiner Eigenständigkeit keine wie immer gearteten innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgehen können“165. Die Europäische Gemeinschaft erhält ihre Kompetenz folglich durch Übertragung von Souveränitätsrechten 160
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165
20
Vgl. Larenz, Karl/Canaris, Claus-Wilhelm: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., Berlin u. a. 1995, S. 134. Vgl. Wilmars, Mertens de: Réfléxions sur les methodes d’interprétation de la Cour de Justice des Communautés Européennes, in: CDE, 22. Jg. (1986), S. 5–20, hier S. 6. EuGH-Urteil vom 5. Februar 1963, Rs. 26/62 (van Gend & Loos), Slg. 1963, 3, S. 24 (beide Zitate). Das Gemeinschaftsrecht folgt trotz der völkerrechtlichen Züge der objektive Auslegungstheorie, die sich grundsätzlich an dem im Gesetz innewohnenden Sinn orientiert, was vornehmlich mit dem autonomen dynamischen Integrationscharakter der Gemeinschaftsverträge begründet wird, da eine statische, am historischen Willen orientierte Auslegung nicht dem gemeinschaftsrechtlichen Integrationsziel der EG gerecht werden kann. Vgl. Kutscher, Hans: Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, aus der Sicht eines Richters, in: Begegnung Justiz und Hochschule S. I/1-I/53, hier S. I/33. A. A. Bleckmann, Albert: Teleologie und dynamische Auslegung des Europäischen Gemeinschaftsrechts, in: EuR, 14. Jg. (1979), S. 239–260, hier S. 1177–1182. Aufgrund der völkerrechtlichen Züge erfolgt im Gemeinschaftsrecht auch der Rückgriff auf den völkerrechtlichen Grundsatz des „effet utile“. Vgl. Olbertz, Frank Florian: Auslegungsgrundsätze des Europäischen Gerichtshofs, in: StVj, 4. Jg. 1992, S. 37–41, hier S. 38. Vgl. vertiefend zur Diskussion um die subjektive bzw. objektive Auslegungsmethode im Gemeinschaftsrecht Beisse, Heinrich: Rechtsfortbildung durch den Europäischen Gerichtshof, in: StVj, 4. Jg. (1992), S. 42–50, hier S. 43; Meyer, Peter: Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, in: Jura, 16. Jg. (1994), S. 455– 458, hier S. 455–456. Der besondere Charakter des Gemeinschaftsrechts Brown, Neville L./Kennedy, Tom: The Court of Justice of the European Communities, London: Sweet & Maxwell, 1994; Monaco, Riccardo: Hauptreferat: Auslegungsgrundsätze des Gerichtshofes – Les principes d’interprétation suivis par la Cour, in: Zehn Jahre Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, Köln u. a. 1965, S. 177– 187. Zur Terminologie bezüglich der Rechtsnatur der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft vgl. Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 22–23. EuGH-Urteil vom 15. Juli 1964, Rs. 6/64 (Costa/E.N.E.L.), a. a. O., 1270.
durch die Mitgliedstaaten, so dass sie keine eigene Hoheitsgewalt besitzt, ihr somit die sog. Kompetenz-Kompetenz fehlt.166 Aus der Eigenständigkeit der europäischen Rechtsordnung klärt sich auch das Rangverhältnis zu einzelstaatlichen Rechtsordnungen:167 In ständiger Rechtsprechung stellt der EuGH fest, dass das Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber den nationalen Rechtsordnungen hat (sog. Grundsatz vom Vorrang des Gemeinschaftsrechts).168 Aufgrund der Tatsache, dass der EuGH Rechtsprechungsorgan einer supranationalen Rechtsgemeinschaft ist und die Europäische Gemeinschaft einen besonderen Charakter aufweist, ergeben sich hinsichtlich der Auslegung des Gemeinschaftsrechts spezielle Erfordernisse, denen bei der Rechtsprechung durch den EuGH Rechnung zu tragen ist.169 Zu berücksichtigen ist ferner, dass die „gemeinschaftsrechtlichen Methoden der Auslegung und Rechtsfortbildung über das Vorlageverfahren […] auch in die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen hinein[wirken]“ und die einheitliche Anwendung von Gemeinschaftsrecht folglich einen gemeinschaftsrechtskonformen Methodenkanon über nationale Begrenzungen hinaus erforderlich macht.170 bbb)
Richterliche Rechtsfortbildung durch den EuGH
In engem Zusammenhang mit der Auslegungsproblematik steht die sog. Rechtsfortbildung, welche die Ausfüllung von Gesetzeslücken durch die Rechtsprechung zum Gegenstand hat.171 Der EuGH unterscheidet in seiner Methodik aufgrund der Besonderheiten des Gemeinschaftsrechts, anders als beispielsweise die deutsche Methodenlehre, nicht zwischen Auslegung und Rechtsfortbildung;172 er folgt damit eher der französischen Rechtsmethodik, die beide Begriffe unter dem Terminus der Interpretation subsumiert.173 Die Auslegung von unbe-
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Vgl. Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 22–23. Vgl. Wegener, Bernhard: Kommentierung zu Art. 220 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 27. Vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 9. März 1978, Rs. 106/77 (Simmenthal), Slg. 1978, 629, Rn. 17/18; EuGHUrteil vom 19. Juni 1990, Rs. C-213/89 (Factortame U. A.), Slg. 1990, I-2433, Rn. 18. Zum besonderen Charakter der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Rechtsordnung vgl. vertiefend Kutscher, Hans: Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus Sicht eines Richters, a. a. O., hier S. I/32–I/37; ferner Rasmussen, Hjalte: Between Self-restraint and Activism: A Judicial Policy for the European Court, in: E.L.Rev., Vol. 13 (1988), S. 28–38, S. 34. Behrens, Peter: Gemeinschaftsrecht und juristische Methodenlehre, in: EuZW, 5. Jg. (1994), Editorial (auch Zitat). Die Grenze der Auslegung stellt der mögliche Wortsinn dar; Rechtsfortbildung hingegen bezeichnet Lückenausfüllung, indem die Grenze der Auslegung im Rahmen der Teleologie des Gesetzes überschritten wird. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung über den Rahmen des Gesetzes hinaus. Vgl. Larenz, Karl/Canaris, Claus-Wilhelm: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, a. a. O., S. 187. DUMON stellt fest, dass es nicht Aufgabe des Richters ist, Lücken im Recht aufzufüllen, es aber gleichwohl zu den Aufgaben der Rechtsprechung gehört, Lücken im Gesetzestext aufzufüllen. Vgl. hierzu sowie zu einer differenzierten terminologischen Betrachtung Dumon, Frédéric: Die Rechtsprechung des Gerichtshofes – Kritische Prüfung der Auslegungsmethoden, in: Begegnung Justiz und Hochschule, S. III/1– III/164, hier S. III/146–III/154. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 38. Vgl. Constantinesco, Léontin-Jean: Das Recht der Europäischen Gemeinschaften, Band 1: Das institutionelle Recht, Baden-Baden 1977, S. 807; Schroeder, Werner: Die Auslegung des EU-Rechts, in: JuS, 44. Jg. (2004), S. 180–186, hier S. 184.
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stimmten Rechtsbegriffen174 sowie die Ausfüllung von Lücken, die jedem Gesetz und dem europäischen Gemeinschaftsrecht im Besonderen inhärent sind,175 erlangt durch den Gerichtshof besondere Relevanz: Obwohl der EG-Vertrag hierzu unbestimmt bleibt, stellt Constantinesco fest, dass der künstliche Charakter des Gemeinschaftsrechts eine Weiterentwicklung und Vervollständigung durch die Rechtsprechungspraxis des Gerichtshofs erforderlich macht.176 Dies begründet sich in der Struktur und den Zielen der Gemeinschaft, die einem stetigen Entwicklungsprozess unterliegen,177 so dass dem Gemeinschaftsrecht eine wichtige dynamische Integrationsfunktion zukommt.178 In diesem Sinne weist auch Kutscher dem EuGH die Aufgabe der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe zu.179 Diese Kompetenz des EuGH zur Lückenfüllung entspricht der ihm durch den EG-Vertrag zugedachten Aufgabe der „Wahrung des Rechts“ gemäß Art. 220 EGV sowie dem Sinn und Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 234 EGV.180 Richterliche Rechtsfortbildung durch den EuGH folgt daher dem besonderen Charakter des Gemeinschaftsrechts.181 Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass “the distinctive nature of Community Law, […] as well as the manner in which the Treaties are drafted, have led the Court to evolve its own style of interpretation”182.
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Vgl. hierzu Remien, Oliver: Die Vorlagepflicht bei Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, in: RabelsZ, 66. Jg. (2002), S. 503–530. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 35. Vgl. Constantinesco, Léontin-Jean: Das Recht der Europäischen Gemeinschaften, Band 1: Das institutionelle Recht, a. a. O., S. 808; Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 52–59; Bleckmann, Albert: Zu den Auslegungsmethoden des EuGH, in: NJW, 35. Jg. (1982), S. 1177–1182, hier S. 1181. Vgl. Everling, Ulrich: Richterliche Rechtsfortbildung in der Europäischen Gemeinschaft, in: JZ, 55. Jg. (2000), S. 217–227, hier S. 220; Stein, Torsten: Richterrecht wie anderswo auch? – Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften als „Integrationsmotor“, a. a. O., hier S. 621. Vgl. Wendel, Matthias: Die Auslegung der Verfassung für Europa – Interpretationsgrundsätze und die Bedeutung der Erläuterungen des Konventspräsidiums nach Art. II-112 Abs. 7 VVE, WHI –Paper 4, 2005, S. 5. Vgl. Kutscher, Hans: Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus Sicht eines Richters, a. a. O., hier S. I/9–I/10. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 56. Vgl. Dänzer-Vanotti, Wolfgang: Der Europäische Gerichtshof zwischen Rechtsprechung und Rechtsetzung, in: FS Everling, S. 205–221, hier S. 205. STEIN zeigt hinsichtlich des Gemeinschaftsrechts kritisch auf, dass die Klassifikation als gesetzesüberschreitende oder gesetzesimmanente Rechtsfortbildung von der Interpretation des Charakters der Gemeinschaftsverträge als Rechtsordnung oder als Gesetz im Sinne eines „Grundgesetz[es] der Gemeinschaft“ abhängig ist und sieht in der Rechtsfortbildung des EuGH eher eine Tendenz zu ersterer Form. Vgl. Stein, Torsten: Richterrecht wie anderswo auch? – Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften als „Integrationsmotor“, a. a. O., hier S. 631–633 (Zitat S. 633). Brown, Neville L./Kennedy, Tom: The Court of Justice of the European Communities, London: Sweet & Maxwell, 1994, S. 301; Monaco, Riccardo: Hauptreferat: Auslegungsgrundsätze des Gerichtshofes – Les principes d’interprétation suivis par la Cour, in: Zehn Jahre Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, Köln u. a. 1965, S. 177–187, hier S. 181.
bb)
Auslegungsprinzipien
aaa)
Bedeutung des klassischen Auslegungskanons
Obwohl die Mitgliedstaaten grundsätzlich unterschiedlichen Rechtskreisen entstammen,183 greift der EuGH bei seiner Auslegung im Sinne der kontinentaleuropäischen Tradition eines Civil Law zunächst auf den klassischen Methodenkanon der grammatischen, systematischen und teleologischen Interpretationsmethode zurück.184 Die historische Methode der Auslegung, die am historischen Kontext einer Norm anknüpft, findet im Gemeinschaftsrecht kaum Berücksichtigung. Einerseits wird zwischen einer Orientierung an der Zielsetzung zum Zeitpunkt der Entstehung einer Norm (objektive Methode) und dem Erforschen des durch den Willen der Normgeber bezweckten Ziels einer Norm (subjektive Methode) unterschieden. Andererseits wird eine Bedeutung dieser Methode für das Primärrecht aufgrund eines mangelnden Zugriffs auf begleitende Dokumente, des Kompromisscharakters des Gemeinschaftsrechts und einer bewussten Abkehr durch die Rechtsprechung abgelehnt und für das Sekundärrecht aufgrund fehlender Rechtsverbindlichkeit begleitender Materialien nur eingeschränkt bejaht.185 Eine Hierarchie einzelner Auslegungsmethoden existiert nicht, vielmehr wendet der EuGH die einzelnen Interpretationsmethoden ergänzend an.186 Den ersten Ansatzpunkt der Rechtsauslegung bildet der Wortlaut einer Norm,187 der zugleich auch ihre Grenze darstellt.188 Das Gemeinschaftsrecht unterliegt bei der Wortauslegung jedoch besonderen Anforderungen, denen aufgrund der Rechtsnatur der Europäischen 183
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Das in England vorherrschende angloamerikanische Common Law, das sich an Präjudizien und Fallgruppen orientiert, steht dem römischen Recht entstammende Civil Law gegenüber, das als kontinentaleuropäische Ausprägung Anwendung in fast allen Mitgliedstaaten gefunden hat. Gleichwohl sind auch hier Unterschiede vor allem zum nordischen Rechtskreis auszumachen. Vgl. hierzu Grundmann, Stephan: Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof, a. a. O., S. 17–46. Vgl. Bleckmann, Albert: Probleme der Auslegung von EWG-Richtlinien, in: RIW, 33. Jg. (1987), S. 929– 935, hier S. 930. Vgl. Grundmann, Stephan M.: Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof, a. a. O., S. 238; Zuleeg, Manfred: Die Auslegung des Europäischen Gemeinschaftsrechts, in: EuR, 4. Jg. (1969); S. 97–108, hier S. 101–102; Brown, Neville L./Kennedy, Tom: The Court of Justice of the European Communities, a. a. O., S. 307; Bleckmann, Albert: Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofs, a. a. O., hier S. 1178; Kutscher, Hans: Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, aus der Sicht eines Richters, a. a. O., hier S. I/23; Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 262–263; Meyer, Peter: Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 456. Zur Bedeutung der travaux préparatoires vgl. Degan, Vladimir Duro: Procédés d'interprétation tirés de la jurisprudence de la Cour de Justice des Communautés européennes, in: Revue trimestrielle de droit européen, 1. Jg. (1966), S. 189–227, hier S. 196. Vgl. Zuleeg, Manfred: Die Auslegung des Europäischen Gemeinschaftsrechts, a. a. O., hier S. 108; z. B. auch EuGH-Urteil vom 16. Dezember 1960, Rs. 6/60 (Jean-E. Humblet/Belgian State), Slg. 1960, 1163, S. 1193. Zur Anwendung einzelner Methoden in der Rechtsprechung vgl. Dederichs, Marlene: Die Methodik des EuGH, Baden-Baden 2004; hier wird ein Jahrgang der EuGH-Rechtsprechung empirisch nach seiner Methodik untersucht. Vgl. Larenz, Karl/Canaris, Claus-Wilhelm: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, a. a. O., S. 141; Der EuGH geht bei der Auslegung „vom gewöhnlichen Sinn der Begriffe in ihrem Kontext“ aus (EuGH-Urteil vom 23. März 1982, Rs. 53/81 (D.M. Levin), Slg. 1982, 1035, Rn. 9). Vgl. Grundmann, Stephan: Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof, a. a. O., S. 213.
23
Gemeinschaft Rechnung zu tragen ist: Da im Gemeinschaftsrecht alle Sprachfassungen gleichermaßen verbindlich sind,189 erfordert „die Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift [...] somit einen Vergleich ihrer sprachlichen Fassungen“190, was freilich bei der Vielzahl an Amtssprachen191 eine unrealistische Forderung für nationale Richter darstellt.192 Gleichwohl bleibt auch bei einem sprachlichen Vergleich zu bedenken, dass (Rechts)Begriffe aus einem spezifischen nationalen Kontext resultieren, der ihnen eine besondere Bedeutung zuordnen kann und es Übersetzungen immer an sprachlicher Authentizität mangeln kann.193 Aus der sprachlichen Gleichverbindlichkeit der Sprachfassungen folgt auch, dass Übersetzungen von Rechtsdokumenten aufgrund des Erfordernisses der Rechtssicherheit zu gleichen Textfassungen führen müssen, was aufgrund der nationalen Konnotationen oftmals nur sehr eingeschränkt möglich ist. Ein Beispiel wäre der unbestimmte Rechtsbegriff des true and fair view der Jahresabschlussrichtlinie; auch ist die Gefahr von fehlerhaften Übersetzungen immer gegeben.194 In diesem Sinne hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz der autonomen gemeinschaftsrechtlichen Interpretation für Begriffe des europäischen Rechts entwickelt, der nationale Rechtsvorstellungen bei der Auslegung nicht berücksichtigt.195 Bei der Auslegung ist demnach die eigene Terminologie des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen: “Sodann ist auch bei genauer Übereinstimmung der sprachlichen Fassungen zu beachten, dass das Gemeinschaftsrecht eine eigene besondere Terminologie verwendet. Im Übrigen ist hervorzuheben, dass Rechtsbegriffe im Gemeinschaftsrecht und in den verschiedenen nationalen Rechten nicht unbedingt den gleichen Gehalt haben müssen”196.
Obgleich der EuGH auch feststellt, dass es möglich ist, “dass die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt”197, ist das Prinzip in claris not fit interpretatio aufgrund der plurilinguistischen
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„Zunächst ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in mehreren Sprachen abgefasst sind und dass die verschiedenen sprachlichen Fassungen gleichermaßen verbindlich sind“. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), Slg. 1982, 3415, Rn. 18; ebenso bereits 1969 die Verbindlichkeit aller Amtssprachen betonend EuGH-Urteil vom 12. November 1969, Rs. 29/69 (Stauder/Ulm), Slg. 1969, 419, Leitsatz 1. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 18. Derzeit gelten in der EU 21 Amtssprachen. Vgl. Artikel 1, Verordnung (EG) Nr. 920/2005 vom 13. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung Nr. 1 vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und der Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Atomgemeinschaft sowie zur Einführung befristeter Ausnahmeregelungen zu diesen Verordnungen, in: ABl., Nr. L 156 vom 18.6.2005, S. 3–4, hier S. 3. ANWEILER folgert daraus die Gefahr der Nichterkennung von Auslegungsproblemen. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 147–148. Vgl. Braselmann, Petra: Übernationales Recht und Mehrsprachigkeit – Linguistische Überlegungen zu Sprachproblemen in EuGH-Urteilen, in: EuR, 27. Jg. (1992), S. 55–74, S. 58–59. Zu Übersetzungsfehlern in EG-Dokumenten und deren Folgen vgl. auch Armbrüster, Klaus: Rechtliche Folgen von Übersetzungsfehlern und Unrichtigkeiten in EG-Dokumenten, in: EuZW, 1. Jg. (1990), S. 246– 248. Vgl. m. w. N. Wegener, Bernhard, Kommentierung zu Art. 220 EGV, a. a. O., Rn. 12. Vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 19. Vgl. mit Beispielen Schmidt, Marek: Privatrechtsangleichende EU-Richtlinien und nationale Auslegungsmethoden, in: RabelsZ, 59. Jg. (1995), S. 569–597, S. 574–577. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 16. Dieser Fall wird oft mit der
Dimension und deren Problematik als Auslegungsprinzip des Gemeinschaftsrechts abzulehnen,198 auch da unter den aufgezeigten Bedingungen ein solcher Fall nur schwerlich denkbar erscheint. Dennoch erweist sich die grammatische bzw. sprachliche Auslegung als eine bedeutende Anwendungsmethode durch den EuGH,199 bildet sie doch auch den Ausgangspunkt einer jeden Interpretation. Beachtet werden muss jedoch, dass gerade im Bilanzrechtsharmonisierungsprozess, der einer stetigen Internationalisierung unterliegt, klare Wortlaute von besonderer Bedeutung sind, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit nachkommen zu können.200 Diese wird auch aus europarechtlicher Perspektive als wichtiges Prinzip in der EuGH-Rechtsprechung aufgegriffen.201 Eine wichtige Bedeutung bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts erlangt die systematische Interpretationsmethode, bei der die auszulegende Norm im Verhältnis zu ihrer Stellung im Regelungsgefüge betrachtet wird.202 Die systematische Interpretation betrachtet die Normen des Gemeinschaftsrechts damit in ihrem Zusammenhang im Lichte eines einheitlichen Gemeinschaftsrechts,203 das alle Normen in ihrem Ursprung, der formalen
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Theorie des „acte clair“ begründet, die sich auf das französische Recht bezieht, in dem der Exekutiven die Auslegungsgewalt und der Judikatur die reine Anwendung völkerrechtlicher Verträge obliegt. Bedarf es einer Auslegung, muss um eine Klärung ersucht werden; hierbei wurde durch die Gerichte die Acte-ClairDoktrin entwickelt, nach der in unzweifelhaften Anwendungsfragen auf eine Klärung durch die Exekutive verzichtet wurde. Diese Doktrin wurde durch ein vorlegendes französisches Gericht auf das Europäische Recht übertragen, was jedoch im europarechtlichen Schrifttum vor allem mit der Begründung der Gefahr einer „Aushöhlung des Vorabentscheidungsverfahrens“ weitestgehend abgelehnt wird, auch da es weiterhin dem auslegenden Gericht obliege, über die Klarheit einer Norm zu entscheiden. Vgl. hierzu Dauses, Manfred: Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EG-Vertrag, München 1995, S. 113–117 (Zitat, S. 114). Vgl. ferner zur europäischen Interpretation des Grundsatzes in claris non fit interpretatio und dessen Auswirkungen Hahn, Hartmut: Nationale Auslegungsmethoden, vergleichend betrachtet – europäische Anforderungen an die Methodenlehre, in: ZfRV, 44. Jg. (2003), S. 163–170. Zur Acte-Clair-Doktrin im Gemeinschaftsrecht vgl. auch Hahn, Hartmut: Der Vergleich der Rechtsmethodologien – eine europäische Notwendigkeit, in: ThürVBl., 13. Jg. (2004), S. 228–233, S. 230. ZULEEG verneinte bereits früh die Gültigkeit dieses Prinzips im Gemeinschaftsrecht. Vgl. Zuleeg, Manfred: Die Auslegung des Europäischen Gemeinschaftsrechts, a. a. O., hier S. 100; ferner auch Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 162–163. Vgl. Dederichs, Marlene: Die Methodik des EuGH, a. a. O., S. 79–80. Vgl. Ballwieser, Wolfgang/Zimmermann, Doris: Bilanzrecht und Sprache, in: WPg, Sonderheft 2004, Wirtschaftsprüfung und Zeitgeist, 57. Jg. (2004), S. S 71–S 83, hier S. S 83. Vgl. ständige Rechtsprechung des EuGH z. B. EuGH-Urteil vom 14. September 2006, Rs. C-228/05 (Stradasfalti SRL), Slg. 2006, I-8417, Rn. 72; EuGH-Urteil vom 13. Dezember 1990, Rs. C-22/89 (Niederlande/Kommission), Slg. 1990, I-4799, Rn. 8 und Rn. 14; EuGH-Urteil vom 25. Januar 1979, Rs. 98/87 (A. Racke/Hauptzollamt Mainz), Slg. 1979, 69, Leitsatz 5; EuGH-Urteil vom 18. März 1970, Rs. 43/69 (Bilger Soehne/Jehle), Slg. 1970, 127, Rn. 11. KILIAN geht beim Grundsatz der Rechtssicherheit von einem „Strukturprinzip des Gemeinschaftsrechts“ aus, das Grundlage für weitere allgemeine Rechtsgrundsätze darstellt. Vgl. Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, a. a. O., Rn. 351. „[J]ede Vorschrift des Gemeinschaftsrechts [ist] in ihrem Zusammenhang zu sehen und im Lichte des gesamten Gemeinschaftsrechts, seiner Ziele und seines Entwicklungsstands zur Zeit der Anwendung der betreffenden Vorschrift auszulegen.” (EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 20; vgl. auch Lutter, Marcus: Die Auslegung angeglichenen Rechts, in: JZ, 47. Jg. (1992), S. 593–607, hier S. 595; Brown, Neville L./Kennedy, Tom: The Court of Justice of the European Communities, a. a. O., S. 311. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 173.
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Ausgestaltung und ihrer Zielsetzung durch Gleichartigkeit verbindet.204 Monaco zeigt auf, dass der EuGH “montre souvent que l’évaluation d’une norme se fait à travers un examen systématique, pour lequel on se rapporte aux principes généraux de la Communauté envisagée”.205 Eine Norm in systematischer Weise auszulegen, bedeutet damit auch das Vermeiden konfliktärer Normen im Gemeinschaftsrecht.206 Die systematische Interpretationsmethode erlangt hinsichtlich ihres Ziels eines widerspruchsfreien Gemeinschaftsrechts durch dessen strikte Systematik eine wichtige Bedeutung.207 Zentrale Bedeutung bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den EuGH kommt der teleologischen Auslegungsmethode zu,208 bei der über „Ziel, Gegenstand und Zweckbestimmung“ einer Norm auf deren Inhalt geschlossen wird.209 So legt der EuGH Gemeinschaftsrecht nach den Vertragszielen aus, indem er bspw. auf „Wortlaut und Geist des Vertrages”210, „System und Ziele des Vertrages”211, auf ein Prinzip, das „dem Wesen der mit dem EG-Vertrag geschaffenen Rechtsordnung”212 folgt oder auf „Geist und System”213 eines Artikels verweist. Gleichwohl verbleibt die teleologische Auslegung beim EuGH eng mit der systematischen Methode verknüpft.214
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Vgl. Pescatore, Pierre: Die Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten, in: Begegnung Justiz und Hochschule, S. VI/4–VI/47, S. VI/9. Monaco, Riccardo: Hauptreferat: Auslegungsgrundsätze des Gerichtshofs – Les principes d’interprétation suivis par la Cour“, a. a. O., hier S. 183; vgl. ferner EuGH-Urteil vom 14. Dezember 1962, verbundene Rechtsachen 2/62 and 3/62 (Kommission/Großherzogtum Luxemburg), Slg. 1962, 869; EuGH-Urteil vom 21. Februar 1973, Rs. 6/72 (Continental Can), Slg. 1973, 215. Vgl. Kutscher, Hans: Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, aus der Sicht eines Richters, a. a. O., S. I/40. Vgl. Meyer, Peter: Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 456. Kritisch hierzu Dederichs, Marlene: Die Methodik des EuGH, a. a. O., S. 110. Vgl. Trimidas, Takis: The Court of Justice and Judicial Activism, in: E.L.Rev., Vol. 21 (1996), S. 199–210, hier S. 205; Kutscher, Hans: Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, aus der Sicht eines Richters, a. a. O., hier S. I/17; Streinz, Rudolf: Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den EuGH, in: ZEuS, 7. Jg. (2004), S. 387–414, hier S. 404–405; Everling, Ulrich: Rechtsanwendungs- und Auslegungsgrundsätze des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, in: Zölle, Verbrauchssteuern, europäisches Marktordnungsrecht, hrsg. von Heinrich Wilhelm Kruse, Köln 1988, S. 51–73, hier S. 59; Bleckmann, Albert: Probleme der Auslegung von EWG-Richtlinien, a. a. O., hier S. 930. Vgl. Dumon, Frédéric: Die Rechtsprechung des Gerichtshofes – Kritische Prüfung der Auslegungsmethoden, a. a. O., hier S. III/89. EuGH-Urteil vom 15 Juli 1964, Rs. 6/64 (Costa/E.N.E.L.), a. a. O., Leitsatz 3 ; EuGH-Urteil vom 5. Februar 1963, Rs. 26/62 (van Gend & Loos), a. a. O., Leitsatz 5. EuGH-Urteil vom 21. Februar 1973, Rs. 6/72 (Continental Can), a. a. O., Rn. 10. EuGH-Urteil vom 19. November 1991, verbundene Rechtssachen C-6/90 and C-9/90 (Francovich), Slg. 1991, I-5357, Leitsatz 3. EuGH-Urteil vom 2. Juli 1974, Rs. 173/73 (Italian Republic), Slg. 1974, 709, Leitsatz 1. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 200.
bbb)
Besonderheiten der Auslegung im Gemeinschaftsrecht
Die teleologische Auslegung bzw. die Zweckorientierung des Gemeinschaftsrechts215 führt zu weiteren Besonderheiten in der Auslegungsmethodik. Bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts greift der EuGH auf den dem Völkerrecht entstammenden Grundsatz des effet utile zurück, der sich an der Nutzwirkung einer Norm orientiert und Teil der teleologischen Auslegungsmethode darstellt. Danach ist eine Norm so auszulegen, dass sie ihre „nützliche Wirkung“216, bzw. größtmögliche praktische Wirksamkeit entfalten kann.217 Eng verbunden mit der teleologischen Auslegung bzw. der Frage nach dem Sinn und Zweck einer Norm ist der dynamische Charakter der Auslegung: Sicherlich fällt hierunter die stetig wachsende Rechtsprechung und die Entwicklung europäischer Rechtssätze, die zu einer eigenständigen Rechtsordnung führen.218 Ebenso wird durch die Rechtsprechung dem dynamischen Charakter des Gemeinschaftsrechts und seiner Integrationsausrichtung entsprochen.219 Eine eigene dynamische Auslegungsmethode, nach der bei der Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung ihre Entwicklung berücksichtigt wird, ist jedoch als kritisch zu erachten:220 Danach wird einer (alten) Bestimmung der Sinn und die Tragweite zugeordnet, „den der Gesetzgeber […] [ihr] beigemessen hätte, wenn er die heutigen Fakten, Umstände oder Sitten in Betracht gezogen hätte“221. Diese Art der Auslegung verfolgt bspw. der europäische Normgeber im Bilanzrecht zur Rechtfertigung einer Kompatibilität von internationalen Rechnungslegungsstandards mit den Bilanzrichtlinien.222 Während im Primärrecht kaum Möglichkeiten zur Änderung von Verträgen bestehen, ergibt sich vor allem hier die Notwendigkeit einer dynamischen Reaktion auf dessen Entwicklung durch den EuGH. Gleichwohl sind auch hier einer dynamischen Auslegung Grenzen gesetzt.223 Eine andere Sachlage ergibt sich für das Sekundärrecht: Weder kann der EuGH Einzelbestimmungen mit fortschreitender Integration weiter auslegen – bspw. im Sinne einer Subsumption eines gemeinschaftsrechtsfremden Sachverhalts unter die Regelungskompetenz des Gemeinschaftsrechts – und damit „die Souveränität der Mitgliedstaaten zunehmend einschränken“224, noch ist mit dem Verweis des EuGH auf den „derzeitigen Stand des
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Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 90. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1970, Rs. 9/70 (Grad/Finanzamt Traunstein), Slg. 1970, 825, Leitsatz 1. Vgl. Wegener, Bernhard: Kommentierung zu Art. 220 EGV, a. a. O., hier Rn. 15. Vgl. Bleckmann, Albert: Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofs, a. a. O., hier S. 1180. Vgl. Bleckmann, Albert: Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofs, a. a. O., hier S. 1180. Vgl. Grundmann, Stephan: Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof, a. a. O., S. 283–284. Vgl. Dumon, Frédéric: Die Rechtsprechung des Gerichtshofes – Kritische Prüfung der Auslegungsmethoden, a. a. O., hier S. III/94. Vgl. Hulle, Karel van: Die Zukunft der Europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, in: WPg, 51. Jg. (1998), S. 138–153. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 239–245; Bleckmann, Albert: Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofs, a. a. O., hier S. 1180. Meyer, Peter: Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 457.
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Gemeinschaftsrechts“225 eine erweiternde Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den EuGH verbunden.226 Vielmehr kommt der Berücksichtigung des gegenwärtigen Standes der Integration eine einschränkende Funktion zu, dergestalt, dass es zu dem jeweiligen Zeitpunkt noch keine entsprechende Regelung im Sekundärrecht gibt, die eine Lösung bieten könnte.227 Eine dynamische Auslegungsmethode ist folglich abzulehnen, vielmehr ist sie „charakterisierendes Prinzip“ der teleologischen Auslegungsmethode und verleiht dem Gemeinschaftsrecht einen dynamischen Charakter.228 ccc)
Bedeutung der Rechtsvergleichung für die Auslegung des europäischen Rechts
Da das Gemeinschaftsrecht eine internationale Rechtsordnung darstellt, die mit den nationalen Rechtstraditionen verwurzelt ist, greift der EuGH in seiner Rechtsprechung ergänzend auf die rechtsvergleichende Methode zurück.229 Die Implikation der Rechtsvergleichung in die Auslegungsmethodik des EuGH folgt schon aus der Zusammensetzung des Gerichtshofs, der gemäß Art. 221 Abs. 1 EGV230 aus „einem Richter je Mitgliedstaat“ besteht. Der Einfluss rechtsvergleichender Aspekte ist anlagebedingt und folgt aus der Tatsache, dass Richter des EuGH „bring to their task the conceptual background and instinctive reactions derived from previous careers in their own legal system”231. Der Rechtsvergleichung kommt sowohl bei der Lückenfüllung,232 der Entwicklung allgemeiner Rechtsgrundsätze,233 der außervertraglichen Haftung gemäß Art. 288 EGV234,235 als auch bei der Interpretation von Textbegriffen236 – „terms or concepts which are well known in the national laws, without itself defining them”237 – Bedeutung zu. Obgleich der EuGH in der Rechtsprechung selten explizit auf die Rechtsvergleichung verweist,238 greift er regelmäßig auf die 225
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Z. B. EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2005, Rs. C-446/03 (Marks&Spencer), Slg. 2005 , I-10866, Rn. 59; EuGH-Urteil vom 27. September 1988, Rs. 81/87 (Daily Mail), Slg. 1988, 5483, Rn. 14. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 245–246. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 246. Vgl. Grundmann, Stephan: Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof, a. a. O., S. 383 (auch Zitat). Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 280. Art. 221 EGV wird im Wesentlichen durch Art. 19 Abs. 2 Unterabsatz 2 EUV ersetzt. Brown, Neville L./Kennedy, Tom: The Court of Justice of the European Communities, a. a. O., S. 315. Vgl. Wendel, Matthias: Die Auslegung der Verfassung für Europa – Interpretationsgrundsätze und die Bedeutung der Erläuterungen des Konventspräsidiums nach Art. II-112 Abs. 7 VVE, a. a. O., S. 11. Vgl. Bleckmann, Albert: Zu den Auslegungsmethoden des EuGH, a. a. O., hier S. 1182. Art. 288 EGV entspricht Art. 340 AEUV. Vgl. Dann, Philipp: Thoughts on a Methodology of European Constitutional Law, in: German Law Journal, Vol. 6 (2005), S. 1453–1474, hier S. 1466; Olbertz, Frank Florian: Auslegungsgrundsätze des Europäischen Gerichtshofs, a. a. O., hier S. 38. Vgl. Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 280; Meyer, Peter: Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 457. Brown, Neville L./Kennedy, Tom: The Court of Justice of the European Communities, a. a. O., S. 315. Vgl. Kutscher, Hans: Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, aus der Sicht eines Richters, a. a. O., S. I/30; z. B. EuGH-Urteil vom 12. Juli 1957, verbundene Rechtssachen 7/56 und 3/57 bis
Rechtsvergleichung zurück: Über eine eigene rechtsvergleichende Abteilung werden dem EuGH auf Anfrage rechtsvergleichende Dokumente („note de recherche“) zur Verfügung gestellt, die durch den EuGH ausgewertet werden.239 Pescatore stellt fest, dass “la méthode comparative est utilisée tous les jours, même si, dans l’effet final, ses résultats sont absorbés dans l’interprétation d’un droit qui s’affirme avant tout comme un droit commun et autonome”240. c)
Einfluss europäischer Auslegungsmethodik auf nationale Rechtsordnungen: richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Bilanzrechts
Der Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 10 EGV sowie der Zielsetzung des Art. 249 Abs. 3 EGV241 unterliegt auch die Rechtsfigur der gemeinschaftsrechtskonformen bzw. der richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts.242 In diesem Sinne stellt der EuGH fest, „dass das nationale Gericht bei der Anwendung des nationalen Rechts […] dieses nationale Recht im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen hat, um das in […] [Art. 249 Abs. 2 EGV] genannte Ziel zu erreichen“243, unabhängig davon, „ob es sich um vor oder nach der Richtlinie erlassene Vorschriften handelt“244. Der EuGH erachtet die richtlinienkonforme Auslegung einer nationalen Vorschrift besonders dann für notwendig, wenn ein Mitgliedstaat bereits geltende nationale Vorschriften für ausreichend hinsichtlich des umzusetzenden Richtlinienrechts qualifiziert.245 In seiner Rechtsprechung erstreckt der EuGH das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung auf das gesamte nationale Recht, was auch autonome Rechtsbereiche, die nicht unmittelbar durch Gemeinschaftsrecht geregelt
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7/57 (Algera), Slg. 1957, 85. Vgl. z. B. Borchardt, Klaus-Dieter: Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, a. a. O., Rn. 378; Anweiler, Jochen: Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 281. Pescatore, Pierre: Le recours, dans la jurisprudence de la Cour de Justice des Communautés Européennes, à des normes déduites de la comparaison des droits des États Membres, in : RIDC, 32. Jg. (1980), S. 337–359, hier S. 358. Die Legitimation der richtlinienkonformen Auslegung ist umstritten. Während einerseits ihre Anwendung durch Artikel 10 EGV begründet wird, wird die richtlinienkonforme Auslegung andererseits als Bestandteil der Umsetzungsverpflichtung nach Art. 249 EGV gesehen. Vgl. m. w. N. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 15–17. ARNDT fügt dem noch den Auslegungsgrundsatz der praktischen Wirksamkeit (effet utile) hinzu. Vgl. Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 50. SCHMID grenzt die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts, die sich am gesamten EGRecht orientiert, von der richtlinienkonformen Auslegung ab, der als Maßstab lediglich eine Auslegung nationaler Normen im Lichte einer nach Art. 249 Abs. 3 EGV erlassenen Richtlinie zugrunde liegt. Vgl. Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 79. DÄNZER-VANOTTI sieht die richtlinienkonforme Auslegung als Unterfall der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung an, die sich aus der Methodenlehre ergibt und keineswegs Vorrang vor anderen Auslegungsmethoden hat. Vgl. Dänzer-Vanotti, Wolfgang: Richtlinienkonforme Auslegung und Rechtsfortbildung, in: ZfZ, 68. Jg. (1992), S. 34–41, hier S. 37. Anderer Ansicht z. B. Lambert, Sascha: Die Rolle des § 264 Abs. 2 HGB – true and fair view – im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 39. EuGH-Urteil vom 10. April 1984, Rs. 79/83 (Harz/Deutsche Tradax), Slg. 1984, 1921, Rn. 26; EuGH-Urteil vom 10. April 1984, Rs. 14/83 (von Colson und Kamann), a. a. O., Rn. 26. EuGH-Urteil vom 13. November 1990, Rs. C-106/89 (Marleasing), Slg. 1990, I-4135, Rn. 8. Vgl. EuGH-Urteil vom 16. Dezember 1993, Rs. C-334/92 (Wagner Miret), Slg. 1993, I-6911, Rn. 21.
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werden, grundsätzlich einbezieht.246 Nur eine Auslegung im Lichte des Wortlauts und des Zwecks des Gemeinschaftsrechts vermag eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten.247 Die Frage der richtlinienkonformen Auslegung im Rahmen der autonomen Rechtsangleichung ist für bilanzsteuerrechtliche Fragen von Bedeutung, da auch hier bspw. in Deutschland eine sog. überschießende Umsetzung248 stattgefunden hat: Einerseits wurde die Jahresabschlussrichtlinie hinsichtlich der von ihr erfassten Rechtsform der Kapitalgesellschaften und atypischen Personengesellschaften überschießend umgesetzt, da neben den Vorschriften für Kapitalgesellschaften (§§ 264 ff. HGB) auch Normen der Jahresabschlussrichtlinie in den allgemeinen Teil des Handelsbilanzrechts übernommen wurden (§§ 238 ff. HGB). Andererseits verweist das nicht durch den Anwendungsbereich der Richtlinie betroffene Steuerbilanzrecht gemäß dem sog. Maßgeblichkeitsprinzip (§ 5 Abs. 1 EStG) auf die handelsrechtlichen GoB der §§ 238 ff. HGB.249 Jäger stellt indes heraus, dass eine richtlinienkonforme Auslegung grundsätzlich an den Anwendungsbereich einer Richtlinie gebunden ist250 und in überschießenden Sachverhalten auf Rechtsgrundlage des Gemeinschaftsrechts keine Pflicht zu einer richtlinienkonformen Auslegung besteht.251 Dies entspreche auch der Rechtsprechung des EuGH, in der lediglich das „Interesse der Gemeinschaft“ an einer einheitlichen Auslegung zur Vermeidung künftiger Auslegungsunterschiede formuliert wird;252 durch eine solche Auslegung wird folglich die Wirksamkeit der Richtlinie sichergestellt.253 Eine Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung aufgrund EG-rechtlicher Vorgaben lehnt auch Jarass ab: Vielmehr ergibt sich eine richtlinienkonforme Auslegung nationaler Normen, die zur Erfüllung des Ziels einer Richtlinie durch den nationalen Gesetzgeber erlassen werden, „kraft nationalen Rechts“, da es im Willen des nationalen Gesetzgebers liegt, das Richtlinienziel zu erfüllen. Normen, die sich auf EG-Recht stützen, unterliegen hingegen der Verpflichtung einer richtlinienkonformen
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Vgl. Riesenhuber, Karl/Domröse, Ronny: Richtlinienkonforme Rechtsfindung und nationale Methodenlehre, in: RIW, 51. Jg. (2005), S. 47–54, hier S. 50; Rot, Wulf-Henning: Die richtlinienkonforme Auslegung, in: EWS, 16. Jg. (2005), S. 385–396, hier S. 388; EuGH-Urteil vom 13. November 1990, Rs. C-106/89 (Marleasing), a. a. O., Rn. 8. Vgl. Lenz, Carl Otto/Grill, Gerhard: Zum Verhältnis zwischen dem Bundesfinanzhof und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, in: FS Klein, S. 103–120, hier S. 112. Vgl. zum Begriff der überschießenden Umsetzung Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 54–55. Vgl. Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 31 und S. 35–36. Vgl. Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 102. Vgl. mit ausführlicher Diskussion und Begründung Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 107–142. Zustimmend Schnorbus, York: Autonome Harmonisierung in den Mitgliedstaaten durch die Inkorporation von Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 686. Die Verpflichtung zur einheitlichen Auslegung auf Regelungsgrundlage des Gemeinschaftsrechts ablehnend vgl. Habersack, Mathias: Die Richtlinien des Gesellschaftsrechts, in: MüKom AG, Rn. 8. Vgl. EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997, Rs. C- 28/95 (Leur-Bloem), Slg. 1997, I-4161, Rn. 32 (auch Zitat); Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 151. Vgl. Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 128.
Auslegung.254 Wird eine richtlinienkonforme Auslegung mit dem Willen des nationalen Gesetzgebers begründet, erscheint jedoch eine Auslegung nationalen Rechts, das bereits vor einer Richtlinie ergangen ist, nicht möglich.255 Mit dieser Argumentation wäre eine richtlinienkonforme Auslegungsverpflichtung im Rahmen des Bilanzsteuerrechts, das bereits vor dem Bilanzrichtliniengesetz von 1985 das Maßgeblichkeitsprinzip kannte,256 abzulehnen. Dem steht jedoch weiterhin die Verweisung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auf europäisches Recht im Sinne der umgesetzten Normen der Jahresabschlussrichtlinie als europäisches Recht entgegen. Gleichwohl wurden diese im deutschen Recht überschießend für alle Kaufleute umgesetzt, so dass auch hier keine unmittelbare EG-rechtliche Grundlage zur richtlinienkonformen Auslegung greifen kann. II.
Richtlinien als Ausdruck des historischen Willens des europäischen Gesetzgebers im Bilanzrechtsharmonisierungsprozess
1.
Richtlinien als Grundlage des europäischen Bilanzrechts
Die den Gesellschaften durch das Primärrecht garantierten Grundfreiheiten und somit die Schaffung eines einheitlichen Marktes erfordern sekundärrechtliche Maßnahmen, die diese Marktintegration unterstützen und gleichartige Wettbewerbsbedingungen schaffen. Gleichermaßen unterliegen die Integrationsmaßnahmen gemäß Art. 44 Abs. 2 lit g) EGV der Verpflichtung, dem Schutzbedürfnis „Gesellschafter sowie Dritter“ gerecht zu werden. Die Harmonisierung des Bilanzrechts vollzieht sich somit über sekundärrechtliche Maßnahmen des europäischen Gesetzgebers. Sie beginnt mit der ersten Richtlinie des Rates vom 9. März 1968 (Publizitätsrichtlinie) 68/151/EWG, die die Offenlegung der Abschlüsse von Kapitalgesellschaften regelt.257 Maßgeblich für die Anfänge der Rechtsangleichung im Bilanzrecht und damit für den historischen Willen des Gesetzgebers im europäischen Rechnungslegungsrecht sind jedoch vor allem drei Richtlinien:258 Grundlage der Rechtsangleichung bildet hierbei die 4. EG-Richtlinie 78/660/EWG259 über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (Jahresabschlussrichtlinie), die gemäß Art. 55 JaR eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren vorsah. 1983 folgte die siebente gesellschaftsrechtliche 254
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Vgl. Jarass, Hans D.: Richtlinienkonforme bzw. EG-rechtskonforme Auslegung nationalen Rechts, in: EuR, 26. Jg. (1991), S. 211–223, hier S. 217 (auch Zitat; Zitat im Original hervorgehoben); Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 79–80. Vgl. Jarass, Hans D.: Richtlinienkonforme bzw. EG-rechtskonforme Auslegung nationalen Rechts, a. a. O., hier S. 217. Vgl. Euler, Roland: Steuerbilanzielle Konsequenzen der internationalen Rechnungslegung, in: StuW, 75. Jg. (1998), S. 15–24, hier S. 15. Vgl. Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (Publizitätsrichtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 65 vom 14.3.1968, S. 8–12. Vgl. Lutter, Marcus: Europäisches Unternehmensrecht, a. a. O., S. 60. Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (Jahresabschlussrichtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 222 vom 14.8.1978, S. 11–31.
31
Richtlinie, die Maßgaben über den konsolidierten Abschluss regelt (Konzernabschlussrichtlinie)260 und binnen vier Jahren umzusetzen war. Ebenfalls zum europäischen Rechnungslegungsrecht zählt die 8. gesellschaftsrechtliche Richtlinie 84/253/EWG über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen (Prüferbefähigungsrichtlinie) vom 10.04.1984.261 Diese wurde zwar durch die Richtlinie 2006/43/EG aufgehoben,262 bildet aber dennoch die historische Grundlage der Harmonisierungsbestrebungen auf dem Gebiet der europäischen Abschlussprüfung. 2.
Bestimmung der Zielsetzungen der Harmonisierungsrichtlinien im europäischen Bilanzrecht
a)
Bestimmung des Rechnungslegungszwecks in Abhängigkeit der Rechtsstruktur
Wie bereits dargestellt, erhält die teleologische Auslegungsmethode im Gemeinschaftsrecht besondere Bedeutung, da der Normzweck bzw. das Ziel einer gesetzlichen Regelung wichtigstes Auslegungskriterium ist. Auch im Bilanzrecht werden die Prinzipien bzw. Normen eines Rechnungslegungssystems durch die Regelungszwecke (hier Rechnungslegungszwecke) bestimmt,263 die wiederum den Adressaten der Rechnungslegung gerecht werden müssen.264 In diesem Sinne treffen im europäischen Bilanzrecht unterschiedliche Rechtstraditionen und Rechnungslegungszwecke aufeinander, deren Harmonisierung hinsichtlich der primärrechtlich gewünschten Schaffung eines Gemeinsamen Marktes auch vom europäischen Gesetzgeber als notwendig und erstrebenswert erachtet wurde. Um ein europäisches Rechnungslegungssystem ausarbeiten bzw. die Harmonisierungsmaßnahmen würdigen zu können, ist zunächst die Bestimmung der Rechungslegungszwecke relevant. b)
Primärrechtliche Grundsätze der Rechtsangleichung im europäischen Bilanzrecht durch Richtlinien
Einen ersten Hinweis auf den Rechnungslegungszweck liefert die primärrechtliche Normgrundlage der Richtlinien. Primärrechtlich basieren die Richtlinien des Bilanzrechts auf der speziellen Kompetenznorm des Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV (ex Artikel 54 Abs. 3 lit. g) EGV), der für die Angleichung im Gesellschaftsrecht maßgeblich ist und die Grundfreiheiten 260
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32
Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss (Konzernabschlussrichtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 193 vom 18.7.1983, S. 1–17. Achte Richtlinie 84/253/EWG des Rates vom 10. April 1984 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen (Prüferbefähigungsrichtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 126 vom 12.5.1984, S. 20–26. Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (Abschlussprüfungsrichtlinie), in: ABl., Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 87–107. Vgl. Baetge, Jörg/Thiele, Stefan: Gesellschafterschutz versus Gläubigerschutz – Rechenschaft versus Kapitalerhaltung, in: FS Beisse, S. 11–24, hier S. 20. Vgl. Moxter, Adolf: Fundamentalgrundsätze ordnungsmäßiger Rechenschaft, in: FS Leffson, S. 87–100, hier S. 94–96.
garantieren soll:265 Die Gewährleistung und Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit als eine Zielsetzung des Binnenmarktes sieht durch den Rat und die Kommission u. a. gemäß Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV „soweit erforderlich“ die Koordination von nationalen Schutzbestimmungen von Gesellschaften i. S. d. Art. 48 Abs. 2 EGV vor, die „im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind“, um eine Konkurrenz nationaler Gesellschaftsrechte im Rahmen der gemeinschaftsrechtlich zu gewährleistenden Niederlassungsfreiheit zu Lasten von Gesellschaftern und Dritten zu vermeiden.266 Eine Angleichung auf Basis des Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV kann gemäß dieser Regelungsnorm nur über Richtlinien erfolgen. Das primärrechtliche Ziel ist dabei eine gleichwertige Gestaltung der Bestimmungen zum Schutze von Gesellschaftern und Dritten.267 „Dritte“ werden damit den Gesellschaftern mit ihren Schutzinteressen gleichgestellt.268 Die genaue Reichweite der Norm ist allerdings umstritten:269 Der Europäische Gerichtshof präzisiert hierbei im Daihatsu-Urteil die Regelungsreichweite der Norm, die systematisch in den Regelungen zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit verankert ist, in einem weiten Verständnis:270 Art. 44 Abs. 2 lit. g.) EGV sei in Verbindung „mit Artikel 3 Buchstabe h EGVertrag zu sehen, wonach die Tätigkeit der Gemeinschaft die Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften umfasst, soweit dies für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist“271. Eine Einschränkung auf Harmonisierungsakte, die allein der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit dienen, kann demnach nicht gemeint sein.272 Vielmehr ist Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV in dem Sinne weit auszulegen, dass das Integrationsziel und damit die Verwirklichung der Grundfreiheiten insgesamt gefördert werden.273 Die primärrechtliche Formulierung der gleichwertigen Gestaltung von Schutzbestimmungen für „Gesellschafter und Dritte“ bleibt gleichwohl zu unbestimmt und ist weiter 265
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Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschaftsrecht nach Maastricht – Art. 3b EGV und das europäische Gesellschaftsrecht –, a. a. O, hier S. 13. Vgl. Bröhmer, Jürgen: Kommentierung zu Art. 44 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 12. Vgl. Bröhmer, Jürgen: Kommentierung zu Art. 44 EGV, a. a. O., hier Rn. 12. Vgl. Hommelhoff, Peter: Anlegerinformation im Aktien-, Bilanz- und Kapitalmarktrecht, a. a. O., hier S. 750. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschaftsrecht nach Maastricht – Art. 3b EGV und das europäische Gesellschaftsrecht –, a. a. O., hier S. 13–16. Vgl. zur engen und weiten Auffassung Lutter, Marcus: Europäisches Unternehmensrecht, a. a. O., S. 10–11; Habersack, Mathias: § 3 EG-vertragliche Grundlagen, in: Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., a. a. O., Rn. 35–39. Eine ausführliche Darlegung beider Auffassungen und eine systematische Auffächerung mit Plädoyer für das weite Verständnis des Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV m. w. N. leistet BÄRMANN bereits 1970. Vgl. Bärmann, Johannes: Europäische Integration im Gesellschaftsrecht, a. a. O., S. 3745. Zur Regelungsreichweite vgl. auch Schön, Wolfgang: Mindestharmonisierung im europäischen Gesellschaftsrecht, in: ZHR, 160. Jg. (1996), S. 221–249, hier S. 223–226. Zur Regelungsreichweite des Art. 44 Abs. 2 lit. g) allgemein vgl. Fresl, Karlo: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 96– 98 und speziell für die 4. EG-Richtlinie S. 153–158. EuGH-Urteil vom 4. Dezember 1997, Rs. C-97/96 (Daihatsu), Slg. 1997, I-6843, Rn. 18. Vgl. Bröhmer, Jürgen: Kommentierung zu Art. 44 EGV, a. a. O., hier Rn. 12. Vgl. Grundmann, Stefan: Europäisches Gesellschaftsrecht, a. a. O, Rn. 98; Habersack, Mathias: § 3 EGvertragliche Grundlagen, in: Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., a. a. O., Rn. 36–37. Kritisch: Ebke, Werner F.: Unternehmensrecht und Binnenmarkt – E pluribus unum?, in: RabelsZ, 62. Jg. (1998), S. 195– 242, hier S. 220–223; vertiefend unter Bezug auf die Regelungen der Kapitalrichtlinie vgl. Drinkuth, Henrik: Die Kapitalrichtlinie – Mindest- oder Höchstnorm?, a. a. O., S. 8494.
33
konkretisierungsbedürftig. Das europäische Gemeinschaftsrecht definiert auch die Adressaten der Rechnungslegung nicht näher. Maßgeblich ist hierbei lediglich der Schutz von Gesellschaftern und Dritten. Unklar ist damit, welche Gruppen unter den Begriff der Dritten fallen und damit auch, welche Adressaten bzw. Interessengruppen274 durch die Rechnungslegung im Bilanzrichtlinienrecht angesprochen und zu schützen sind. Wie bei der weiten Auslegung der Niederlassungsfreiheit beschränkt der EuGH den Begriff der Dritten grundsätzlich nicht auf Gläubiger, sondern geht vom „Schutz der Interessen Dritter ganz allgemein“ aus, „ohne dass insoweit einzelne Gruppen unterschieden oder ausgeschlossen würden“:275 Die Vorschrift erstreckt sich danach auf alle, „die auf irgendeine Weise mit der Kapitalgesellschaft in Verbindung treten“276, wie z. B. auch Kapitalanleger, Arbeitnehmer oder auch die allgemeine Öffentlichkeit.277 Während Schneider der Präambel keine Gewichtung bei den genannten zu schützenden Gruppen der Gesellschafter und Dritter entnimmt,278 stellt Schön den Gläubigerschutz aufgrund der in den Bilanzrichtlinien fortgeführten Bestätigung eines „’Gläubigerschutzes durch Unternehmenspublizität’“, wie es bereits die 1. EG-Richtlinie vorsieht, in den Vordergrund der Betrachtung.279 Gleichwohl dienen die Vorschriften der Richtlinie gemäß den Erwägungsgründen und der primärrechtlichen Grundlagen wie aufgezeigt auch dem Schutz der Gesellschafter, der sich wiederum zweiseitig gestaltet: Während einerseits eine Informationsvermittlung gemäß der Vermittlung des geforderten Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erforderlich ist und Informationen über den Jahresabschluss der Rechenschaft und Kontrolle der Unternehmensleitung dienen, müssen andererseits gleichzeitig auch die Ausschüttungsinteressen der Gesellschafter geschützt werden.280 Die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts folgt damit den primärrechtlichen Schutzbestimmungen einer gleichwertigen Gestaltung von Regelungen, die auf das Interesse von Gesellschaftern und Dritten – im Sinne einer „umfassende[n] Rechtsangleichung im
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Zum Begriff der Interessengruppe und seiner terminologischen Einordnung sowie zu deren Einfluss im politischen Prozess vgl. Tietz-Weber, Susanne: Interessengruppen und Rechnungslegungsregeln, Wiesbaden 2006, S. 9 u. S. 2339. EuGH-Urteil vom 4. Dezember 1997, Rs. C-97/96 (Daihatsu), a. a. O., Rn. 19–20. Zur Reichweite des Begriffs der Schutzbestimmungen vgl. auch Bärmann, Johannes: Europäische Integration im Gesellschaftsrecht, a. a. O., S. 4650, der auch einer weiten Auslegung und damit einer Koordinierung von Schutzbestimmungen des gesamten Gesellschaftsrechts zustimmt. Timmermans, Christiaan W. A.: Die europäische Rechtsangleichung im Gesellschaftsrecht. Eine integrations- und rechtspolitische Analyse, a. a. O., hier S. 20. Vgl. Bröhmer, Jürgen: Kommentierung zu Art. 44 EGV, a. a. O., hier Rn. 12; Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 157; Baetge, Jörg/Thiele, Stefan: Gesellschafterschutz versus Gläubigerschutz – Rechenschaft versus Kapitalerhaltung, a. a. O., hier S. 13. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 55. Vgl. Schneider, W. Edelfried: Bilanztheoretische Probleme der vierten EG-Richtlinie, Bonn 1980, S. 99. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 709–710 (Zitat S. 710). Vgl. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., S. 95.
Gesellschaftsrecht“281 – abstellen,282 um der Zielsetzung der Öffnung nationaler Märkte sowie der Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes gerecht werden zu können.283 Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV berechtigt demnach zu Maßnahmen der Rechtsangleichung, die zum Schutze von Gesellschaftern und Dritten erforderlich sind.284 Diesem Ziel entspricht auch die gleichwertige Gestaltung von Rahmenbedingungen im Bereich der Rechnungslegung mittels der dafür vorgesehenen Richtlinien. Schön schreibt der Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts eine Doppelfunktion zu: Während mit den gesellschaftsrechtlichen Richtlinien einerseits die Marktintegration erleichtert und gefördert werden soll, hat das Bilanzrecht andererseits die Aufgabe, „den Drittbeteiligten ein angemessenes Schutzniveau zu sichern“.285 c)
Divergierende Zielsetzungen der Jahresabschlussrichtlinie 78/660/EWG als Grundlage des europäischen Bilanzrechts
aa)
Ableitung des Richtlinienziels der Informationsvermittlung auf Basis sekundärrechtlicher Bestimmungen
aaa)
Marktintegration durch Informationsvermittlung
Mit der Jahresabschlussrichtlinie werden erstmals die Normen zur Erstellung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften geregelt.286 Neben der primärrechtlichen Basis des Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV zeugen die Erwägungsgründe der Präambel der Richtlinie von den Zielsetzungen der ergriffenen Maßnahmen im Bilanzrecht.287 In diesem Sinne greifen die Erwägungsgründe der Jahresabschlussrichtlinie zunächst das primärrechtliche Ziel der gleichwertigen Gestaltung von Bestimmungen zum Schutze von Gesellschaftern und Dritten auf, dem – entsprechend des ersten Erwägungsgrunds – die „Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die Gliederung und den Inhalt des Jahresabschlusses und des 281
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Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., S. 111. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschaftsrecht nach Maastricht – Art. 3 b EGV und das europäische Gesellschaftsrecht –, a. a. O., hier S. 14. Vgl. Hulle, Karel van: Fortentwicklung des Europäischen Bilanzrechts aus Sicht der EU, a. a. O., hier S. 9. Zur Anwendungsvoraussetzung des Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV der Erforderlichkeit vgl. m. w. N. Bärmann, Johannes: Europäische Integration im Gesellschaftsrecht, a. a. O., S. 50–59; Habersack, Mathias: § 3 EGvertragliche Grundlagen, in: Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., a. a. O., Rn. 38. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 708. Vgl. Hulle, Karel van: Das Europäische Bilanzrecht: Entwicklungen und Herausforderungen, in: WPKMitteilungen, 33. Jg. (1994), S. 9–18, hier S. 10. Mit Art. 2 der Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten i. V. m. Art. 1 der Publizitätsrichtlinie findet sich eine europarechtliche Begriffsbestimmung der Kapitalgesellschaft. Vgl. ABl., Nr. L 310 vom 25.11.2005, S. 1–9, hier S. 3. Der Anwendungsbereich der 4. EG-Richtlinie wurde durch die Elfte Richtlinie 89/666/EWG (Publizitätsrichtlinie für Zweigniederlassungen) sowie durch die Richtlinien 86/635/EWG (Bankbilanzrichtlinie), 89/117/EWG (Bankenzweigniederlassungsrichtlinie) und 90/605/EWG auf Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften erweitert. Vgl. auch EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), Slg. 2003, I-1, Rn. 71. Die in der Präambel von Richtlinien stehenden Erwägungsgründe sind Bestandteil der Richtlinie. BACK ordnet die Eignung der Präambel hinsichtlich einer Zielbestimmung in den europarechtlichen Kontext ein. Vgl. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 59.
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Lageberichts sowie über die Bewertungsmethoden und die Offenlegung dieser Unterlagen“ dienen soll. Um die Marktintegration zu erleichtern, wird es als notwendig erachtet, „hinsichtlich des Umfangs der zu veröffentlichenden finanziellen Angaben in der Gemeinschaft gleichwertige rechtliche Mindestbedingungen für miteinander im Wettbewerb stehende Gesellschaften [herzustellen]“288. Gleichwohl fordert das europäische Bilanzrecht damit „lediglich eine Untergrenze für den zu veröffentlichenden Umfang von Informationen“289. Diese „Gleichheit der rechtlichen Chancen“ beruht auf der Zielsetzung der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen infolge einer „künstliche[n] Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den konkurrierenden Gesellschaften einer Rechtsform“290. Eine gleichwertige Ausgestaltung der Rechnungslegungsvorschriften soll demnach eine Bevorzugung durch Unternehmen von Niederlassungsstandorten aufgrund geringerer Anforderungen an das Rechnungslegungsrecht innerhalb der Mitgliedstaaten vermeiden.291 bbb)
Gesellschafter- und Drittschutz durch Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen
Neben dem Ziel einer rechtlich gleichwertigen Gestaltung von marktlichen Rahmenbedingungen, das auch schon primärrechtlich mit der Schaffung eines Gemeinsamen Marktes einhergeht, treten mit der Harmonisierung des Bilanzrechts weitere Ansprüche hinzu, denen die Ausgestaltung des europäischen Bilanzrechts genügen muss: Maßgeblich sind hierbei die Adressaten der Rechnungslegung, die ihr Ansprüche verbinden.292 Mit den im Jahresabschluss veröffentlichten finanziellen Angaben sollen zunächst „gleichwertige rechtliche Mindestbedingungen für miteinander im Wettbewerb stehende Gesellschaften hergestellt werden“ (3. Erwägungsgrund). Der Jahresabschluss muss „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermitteln“ (4. Erwägungsgrund). Um dies zu erreichen sieht der europäische Normgeber für die Gewinn- und Verlustrechnung ein „zwingend vorgeschriebene[s] Gliederungsschemata“ vor sowie die Festlegung eines „Mindestinhalts des Anhangs sowie des Lageberichts“ (5. Erwägungsgrund). Der Jahresabschluss hat weiterhin vergleichbare und gleichwertige Informationen über die in den Jahresabschlüssen gemachten Angaben zu gewährleisten,293 so 288
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4. EG-Richtlinie vom 25. Juli 1978 (78/660/EWG), in: ABl.EG, Nr. L 222 vom 14.8.1978, S. 11–31, hier S. 11 (3. Erwägungsgrund). Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 99. Vgl. Busse von Colbe, Walther: Vereinheitlichung des Jahresabschlusses in der EWG, in: ZGR, 2. Jg. (1973), S. 105–122, hier S. 107 (beide Zitate). SCHÖN verweist hierbei auf die gleiche Zielsetzung der Marktintegration in weiteren gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Richtlinien. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 708–709. Vgl. Koch, Gunner: Die Richtlinienkonformität der handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften, Bergisch-Gladbach 1993, S. 8. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 713. Vgl. auch Kirchner, Christian/Schwartze, Andreas: Umsetzung der EG-Rechnungslegungsrichtlinien in nationales Recht – Die Ausübung der Wahlrechte durch Mitgliedstaaten, in: WPg, 38. Jg. (1985), S. 397–
dass „verschiedene Bewertungsmethoden […], soweit erforderlich, vereinheitlicht werden [müssen]“ (6. Erwägungsgrund). Der Jahresabschluss muss dem Informationsinteresse von Gesellschaftern und Dritten gerecht werden und einen Einblick in die Vermögens-, Finanzund Ertragslage gewährleisten und gleichzeitig solche Informationen vermitteln, die zu einer Gleichwertigkeit und Vergleichbarkeit dieser Informationen führen.294 Der Informationsvermittlung kommt damit eine zentrale Rolle im europäischen Bilanzrecht zu. Neben den Erwägungsgründen zeugt auch die Generalnorm des Art. 2 JaR von der hervorgehobenen Bedeutung der Informationsvermittlung durch die Rechnungslegung:295 „der Jahresabschluss hat ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln“.296 Durch die Richtlinie sollen Informationsregelungen geschaffen werden, die über Offenlegungsverpflichtungen eine Schutzwirkung bei den Jahresabschlussadressaten entfaltet.297 Der Rechnungslegung und damit dem Jahresabschluss kommt somit eine Informationsfunktion zu, über die die Entscheidungen der Adressaten verbessert werden sollen, um sie vor „’Fehlentscheidungen’ zu schützen“298. Gleichwohl müssen die Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und damit die zugrunde liegenden Rechnungslegungsnormen für die Adressaten entscheidungsrelevant sein, um eine wirksame Schutzfunktion entfalten zu können.299 Die Rechnungslegung dient somit der Informationsvermittlung, wobei unterschiedliche Interessen der Zielgruppen Schutzmaßnahmen begründen.300 bb)
Ausschüttungsbemessungszweck der Jahresabschlussrichtlinie: Kapitalschutz durch die Bindung an die Kapitalrichtlinie
aaa)
Schutzzwecke der Jahresabschlussrichtlinie: Ausschüttungsbemessung und Gewinnanspruchsermittlung
Der Informationszweck ist nicht alleine maßgeblich im europäischen Bilanzrecht.301 Während nach angloamerikanischer Tradition302 die Informationsfunktion des Jahresabschlusses in den
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404, hier S. 402. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 713–714. Vgl. vertiefend Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 107. Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 3.A. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1464. Moxter, Adolf: Fundamentalgrundsätze ordnungsmäßiger Rechenschaft, a. a. O., hier S. 96. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, in: FS Baetge, S. 97–116, hier S. 107. Vgl. Wüstemann, Jens: Mängel bei der Abschlussprüfung, in: Der Wirtschaftsprüfer als Element der Corporate Governance, hrsg. von Marcus Lutter, Düsseldorf 2001, S. 1943, hier S. 27. So aber etwa Leffson, Ulrich: Bild der tatsächlichen Verhältnisse, in: HuRB, S. 94–105, hier S. 98. Der Versuch der Klassifikation von Rechnungslegungssystemen führt immer wieder zu der Unterscheidung eines angloamerikanischen und kontinentaleuropäischen Rechnungslegungssystems. Gleichwohl ist es so, dass auch innerhalb dieser beiden Gruppen große Unterschiede existieren. Vgl. zu einem Überblick solcher Klassifikationsansätze D’Arcy, Anne: Gibt es eine anglo-amerikanische oder eine kontinentaleuropäische Rechnungslegung?, a. a. O., S. 121–125. Die Existenz eines einheitlichen angloamrikanischen Rechnungslegungsmodells lehnt sie ab. Vgl. D’Arcy, Anne: Gibt es eine anglo-amerikanische oder eine kontinental-
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Vordergrund rückt, unterliegt die Rechnungslegung nach kontinentaleuropäischer Tradition, bei der eine enge Verknüpfung zwischen Handels- und Steuerbilanz vorhanden ist, vor allem dem Zweck der Konkretisierung von Gewinnansprüchen.303 Durch eine vorsichtige Bewertung wird ein ausschüttungsfähiger Gewinn ermittelt, durch das dem Unternehmen lediglich Kapital entzogen werden kann, das nur realisierte Gewinne beinhaltet.304 Dieser bilanzielle Kapitalschutz findet im Bilanzrecht nach kontinentaleuropäischer Tradition seine Ausprägung, indem die Gewinnanspruchsermittlung durch das Rechnungslegungsrecht bestimmt wird. Dieses bestimmt einerseits den Schutz von Gewinnberechtigten im Sinne eines Schutzes vor Gewinnverkürzung und andererseits den Schutz Dritter, insbesondere Gläubiger, im Sinne von Ausschüttungsbegrenzungen, wobei sich diese diametral gegenüberstehen können.305 Moxter stellt fest, dass aufgrund des begrenzten Regelungsumfangs der Jahresabschlussrichtlinie auf Kapitalgesellschaften, eine notwendigerweise rechtsformunabhängige Sicherung von Gewinnansprüchen nicht Regelungszweck der Richtlinie sein kann. Gleichwohl bescheinigt er den Regelungen der Richtlinien eine grundsätzliche Zweckadäquanz zur Sicherung von Gewinnansprüchen, die aber durch den Zweck der Sicherung von Informationsansprüchen überlagert werden.306 So scheint der Umfang der Vereinheitlichung der Normen durch den Gesetzgeber hinsichtlich der Regelungen zur Gewinnermittlung weniger detailliert zu sein, als es bei den informationsvermittelnden Normen der Fall ist, was zu impliziten Mitgliedstaaten-Wahlrechten hinsichtlich der Ermittlung eines ausschüttungsfähigen Gewinns geführt hat307 und somit den dem nationalen Recht immanenten Ansatz- und Bewertungsnormen unterliegt.308 Diese „stiefmütterliche Behandlung des Gewinnermittlungsrechts“309 spiegelt den „kompromisshafte[n] Charakter“ der Richtlinie wider, bei der der Gesetzgeber sowohl der angloamerikanischen sowie auch der kontinentaleuropäischen Rechtstradition, die eine enge Verknüpfung zwischen Handels- und Steuerbilanzen und damit einer Gewinnanspruchsermittlung auf Basis der Handelsbilanz vorsieht, berücksichtigt hat.310 Gleichwohl ergibt sich aufgrund der Bindung der Jahresabschluss- an die Kapitalrichtlinie311 das Erfordernis durch die Regelungen der Jahresabschlussrichtlinie Schutzzwecke für Dritte, insbesondere für Gesellschaftsgläubiger, zu entfalten, die der Ausschüttungsbemessung
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europäische Rechnungslegung?, a. a. O., S. 221. Vgl. Hulle, Karel van: Fortentwicklung des Europäischen Bilanzrechts aus Sicht der EU, a. a. O., hier S. 9– 10. Vgl. Hulle, Karel van: Fortentwicklung des Europäischen Bilanzrechts aus Sicht der EU, a. a. O., hier S. 10. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, Düsseldorf 2003, S. 3. Vgl. Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenen deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 349. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 14641465. Vgl. Niehues, Michael: EU-Rechnungslegungsstrategie und Gläubigerschutz, in: WPg, 54. Jg. (2001), S. 12091222, hier S. 1213. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1464. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 155 (auch Zitat), m. w. N.; Hulle, Karel van: Fortentwicklung des Europäischen Bilanzrechts aus Sicht der EU, a. a. O., hier S. 11. Vgl. hierzu unten, B.II.2.c)bb) dieses Kapitels.
dienen, um den Kapitalschutzvorschriften gerecht zu werden.312 bbb)
Implikation des Ausschüttungsbegrenzungszwecks in der Präambel der Jahresabschlussrichtlinie
Der Notwendigkeit der Vermittlung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage einer Gesellschaft steht bereits in der Präambel der Jahresabschlussrichtlinie das Erfordernis des Kapitalschutzes gegenüber, da der 2. Erwägungsgrund der Präambel der Jahresabschlussrichtlinie die Problematik hervorhebt, dass Dritte nur über das Gesellschaftsvermögen abgesichert werden. Aufgrund der grenzüberschreitenden Tätigkeit der Gesellschaften sowie deren Sicherheit von Dritten mitunter „nur durch ihr Gesellschaftsvermögen“ (2. Erwägungsgrund JaR) hat die Richtlinie die Aufgabe, dem Informationsbedürfnis der mit der Gesellschaft in Verbindung stehenden Personen gerecht zu werden, gleichzeitig aber auch Regeln aufzustellen, die Schutzbestimmungen für Gesellschafter und Dritte hinsichtlich eines ausschüttungsfähigen Gewinns im Sinne einer Ausschüttungsbegrenzung begründen. Die rechtlich begrenzte Haftungssicherheit von Dritten zu Gunsten der Gesellschafter erfordert Schutzmechanismen, die der Kapitalerhaltung dienen und Dritte wie aktuelle und potentielle Gläubiger zu schützen vermögen.313 Obwohl der EuGH hervorhebt, dass der „Begriff der Dritten im Sinne des Artikels [44] Absatz [2] Buchstabe g des Vertrages […] nicht auf die Gläubiger der Gesellschaft beschränkt werden [darf]“314, steht nach Schön die Gefährdung der Gesellschaftsgläubiger im Vordergrund der europarechtlichen Schutzbetrachtung, greift doch schon die erste EG-Richtlinie des Rates von 1968,315 die die Offenlegungsverpflichtung von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen regelt, in der Präambel (3. Erwägungsgrund) die Sicherheit Dritter nur durch das Gesellschaftsvermögen auf.316 Demgegenüber stellt Niehues hinsichtlich der Verpflichtung zur Registerpublizität nach der ersten EG-Richtlinie fest, dass eine Beschränkung des Begriffs der Dritten auf Gläubiger derart gestaltete Offenlegungsregelungen dieser Richtlinie nicht notwendig machen würde, so dass von einem bevorrechtigten Schutz der Gläubiger nicht ausgegangen werden kann.317 Gleichwohl stellt die bilanzielle Kapitalerhaltung durch Gewinnermittlung einen wesentlichen Zweck im europäischen Bilanzrecht dar, wird doch dieser durch die Kapitalschutzregeln angesprochen, die an den bilanziellen Gewinn anknüpfen.
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Vgl. Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenen deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 350. Vgl. Luttermann, Claus: Juristische Übersetzung als Rechtspolitik im Europa der Sprachen – Eine wirtschaftsrechtlich-linguistische Betrachtung, in: EuZW, 9. Jg. (1998), S. 151–157, hier S. 152. Vgl. EuGH-Urteil vom 4. Dezember 1997, Rs. C-97/96 (Daihatsu), a. a. O., Rn. 20. Vgl. Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in der Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, a. a. O., S. 1. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 709. Vgl. Niehues, Michael: EU-Rechnungslegungsstrategie und Gläubigerschutz, a. a. O., hier S. 1211.
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ccc)
Ausprägungen des Kapitalschutzes der Kapitalrichtlinie als gemeinschaftsweites Konzept und Instrument des Gläubigerschutzes
Das Konzept des Gläubigerschutzes durch bilanzielle Kapitalerhaltung ist in der 2. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie des Rates (77/91/EWG)318 verankert. Sie regelt das europäische System des festen Kapitals, das einerseits durch die Kapitalaufbringung und andererseits durch dessen Erhaltung gekennzeichnet ist.319 Aus der Präambel der Kapitalrichtlinie, die sich nur an die Rechtsform der Aktiengesellschaft320 richtet, geht bereits die gläubigerschützende Funktion durch Kapitalerhaltung hervor.321 Grundlage der bilanziellen Kapitalerhaltung bildet Art. 15 Abs. 1 der KapR, durch den auf die bilanziellen Bezugsgrößen des Nettoaktivvermögens (Abs. 1 lit. a))322 sowie auf den Bilanzgewinn (Abs. 1 lit. c)) verwiesen wird. Zielsetzung der Richtlinie ist somit eine Ausschüttungsbegrenzung, anhand derer die Gesellschaftsgläubiger durch die Vermeidung überhöhter Ausschüttungen an Gesellschafter geschützt werden sollen. Hierbei zeigt Fresl die explizite Verknüpfung der Kapitalrichtlinie mit der Jahresabschlussrichtlinie auf:323 Während einerseits die Kapitalrichtlinie auf das Nettoaktivvermögen des Jahresabschlusses (Art. 15, Abs. 1 lit. a) KapR) verweist, folgt andererseits aus teleologischer Sichtweise auch, dass es dem Jahresabschluss unterliegt, dieses Nettoaktivvermögen durch Regelungen zu dessen Ermittlung zu schützen bzw. auch zu sichern.324 Demnach dient die Bilanz durch Rückbezug auf Art. 15 KapR an dieser Stelle der „Bemessung des entziehbaren Gewinns“325, bzw. „der maximal zulässigen Ausschüttung“326. „Das in Art. 31 Abs. 1 JaR verankerte Vorsichtsprinzip kennzeichnet dabei das vorgegebene
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Zweite Richtlinie des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (Kapitalrichtlinie – KapR), in: ABl.EG, Nr. L 26 vom 31.1.1977, S. 113. Vgl. Eidenmüller, Horst/Grunewald, Barbara/Noack, Ulrich: Das Mindestkapital im System des festen Kapitals, in: ZGR, 35. Jg. (2006), Sonderheft 17, S. 17–41, hier S. 20. Vgl. Art. 1 KapR. Dieser Unterschied im Regelungsbereich begründet hingegen keine Ablehnung einer Verbindung beider Richtlinien, weist FRESL doch auf eine Mindestregelungsabsicht des Europäischen Gesetzgebers hin. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 162, ferner zu den Konsequenzen der Mindestregelungsabsicht auch S. 169174. Der 4. Erwägungsgrund der Präambel zeugt von der Intention der Gemeinschaft, Vorschriften zu erlassen, „um das Kapital als Sicherheit für die Gläubiger zu erhalten, indem insbesondere untersagt wird, dass das Kapital durch nicht geschuldete Ausschüttungen an die Aktionäre verringert wird“. Art. 15 Abs.1 lit. a) lautet wie folgt: „Ausgenommen in den Fällen einer Kapitalherabsetzung darf keine Ausschüttung an die Aktionäre erfolgen, wenn bei Abschluss des letzten Geschäftsjahres das Nettoaktivvermögen, wie es der Jahresabschluss ausweist, den Betrag des gezeichneten Kapitals zuzüglich der Rücklagen, deren Ausschüttung das Gesetz oder die Satzung nicht gestattet, durch eine solche Ausschüttung unterschreitet oder unterschreiten würde“. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 158161. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 159; Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenen deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 350. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 710. Niehues, Michael: EU-Rechnungslegungsstrategie und Gläubigerschutz, a. a. O., hier S. 1212.
Niveau des Gläubigerschutzes“327. Neben dem Verweis auf das Nettoaktivvermögen des Jahresabschlusses der KapR nimmt auch die Jahresabschlussrichtlinie mehrfach explizit Bezug auf die KapR,328 ferner weist Moxter auf explizite Ausschüttungssperrvorschriften der Jahresabschlussrichtlinie unter Bezugnahme auf die KapR hin.329 Der unmittelbare Verweis der Kapitalrichtlinie auf einen anderen Regelungsbereich des europäischen Rechts, in diesem Fall auf die Jahresabschlussrichtlinie, und umgekehrt, vermag „formal (noch) eine geschlossene Konzeption“ eines Kapitalschutzsystems bedeuten.330 Ein alleiniger Informationsvermittlungszweck der Jahresabschlussrichtlinie kann der offenkundigen Verknüpfung von Jahresabschlussrichtlinie mit der gläubigerschützenden Aufgabe der Kapitalrichtlinie nicht standhalten, so dass durch die Jahresabschlussrichtlinie auch die Ausschüttungsbemessung angesprochen wird. Hierfür spricht auch, dass die Ausübung vieler Mitgliedstaatenwahlrechte an Ausschüttungssperren geknüpft ist.331 Dieser weitere Schutzzweck wird auch durch den primärrechtlichen Regelungszweck unterstützt, nach dem ein gleichwertiger Schutz Dritter, und damit auch der Gläubiger, nicht alleine durch Informationen gewährleistet werden kann. Vielmehr ergibt sich dadurch auch die Notwendigkeit der Bestimmung eines solchen Betrags, der ohne Bestandsgefährdung dem Unternehmen entzogen werden kann.332 Die vom Gesetzgeber dadurch gleichzeitig bejahte Schutzwirkung des Jahresabschlusses einerseits durch Informationsvermittlung andererseits durch Ausschüttungsbegrenzung und weniger explizit auch der Anknüpfung an die Gewinnanspruchsermittlung vermag den kompromisshaften Charakter der Richtlinie aufzuzeigen, der sich aufgrund der unterschiedlichen Rechtstraditionen ergibt. Kapitalschutzvorschriften in der Funktion des Gläubigerschutzes als Korrelat von „Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsregeln, flankiert von vorsichtigen Bilanzansatz- und Bewertungsregeln zur Ermittlung des Kapitals auf Basis der 4. Richtlinie“ entsprechen grundsätzlich einem kontinentaleuropäischen Rechtsverständnis.333 Obgleich die Kapitalrichtlinie sich nur an die Rechtsform der Aktiengesellschaft richtet, weist Schön darauf hin, dass Kapitalschutz durchaus ein gemeinschaftsweites Konzept des Kapitalgesellschaftsrechts darstellt.334 327
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Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: Internationale Gläubigerschutzkonzeptionen, in: BB, 62. Jg. (2007), Beilage 5 zu Heft 17, S. 13–19, hier S. 14. Vgl. auch Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 161. Vgl. Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenen deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 350; vgl. auch zum Schutz Dritter durch Ausschüttungssperren hinsichtlich der JaR Niehues, Michael: EU-Rechnungslegungsstrategie und Gläubigerschutz, a. a. O., hier S. 1213. Vgl. Fuchs, Markus/Stibi, Bernd: Reform des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung? Problembereiche eines Systemwandels der Ausschüttungsbemessung, in: BB, 62. Jg. (2007), S. 9398, hier S. 94 (auch Zitat). Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 160–161. Vgl. Schulze-Osterloh, Joachim: Deutsches Bilanzrecht und Ertragssteuerrecht vor dem Europäischen Gerichtshof, in: DStZ, 85. Jg. (1997), S. 281286, hier S. 282. Vgl. Pellens, Bernhard/Sellhorn, Thorsten: Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes, in: Kapital Aktiengesellschaft in Europa, S. 451487, hier S. 451452 (Zitat S. 452); Drinkuth, Henrik: Die KapitalrichtlinieMindest- oder Höchstnorm?, a. a. O., S. 15. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O.,
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Dennoch ergeben sich mitgliedstaatliche Unterschiede im System des Gläubigerschutzes bei Kapitalgesellschaften. Grundsätzlich lassen sich zwei Systeme im europäischen Kapitalschutz differenzieren: Während in einem Verständnis Gläubigerschutz und Gesellschaftsrecht miteinander verknüpft werden und gesetzliche Mindestkapitalregelungen Ausschüttungssperren begleiten, wird nach angloamerikanischem Verständnis beides voneinander getrennt, so dass letztlich das Bilanzrecht auch alleine der Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen dient.335 Den sich ergebenden unterschiedlichen Schutzanforderungen in einzelnen Mitgliedstaaten steht jedoch europarechtlich keine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit gegenüber, so dass letztlich strengere Anforderungen an den Gläubigerschutz durch ein gesetzliches Mindestkapital von Gesellschaften aufgrund der vom EuGH bestätigten Gründungstheorie336 umgangen werden können, indem sie sich in einem anderen Mitgliedsland mit geringeren Anforderungen niederlassen. Diese vom Gründungsvertrag gewährleistete Niederlassungsfreiheit bestätigte der EuGH in den Urteilen Centros,337 Überseering338 und Inspire Art Ltd.339 in seiner jüngeren Rechtsprechung. Die bilanzielle Kapitalerhaltung als Instrument des Gläubigerschutzes soll auch mit der überarbeiteten Fassung der KapR nicht in Frage gestellt werden,340 obwohl die sich ergebenden Änderungen im geltenden europäischen Bilanzrecht durch die Hinwendung zu den IFRS dem bilanziellen Kapitalschutz seine Grundlage der vorsichtigen Gewinnermittlung zu entziehen drohen, tritt diese doch hinter eine vornehmlich paritätisch ausgerichtete erfolgswirksame Zeitwertbilanzierung unter Betonung der Informationsfunktion zurück.341 Dennoch
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hier S. 710. Vgl. Merkt, Hanno: Der Kapitalschutz in Europa – ein rocher de bronze?, in ZGR, 33. Jg. (2004), S. 305323, hier S. 311313. Für Gesellschaften, die von einem EU-Bürger in einem EU-Mitgliedstaat gegründet werden, gilt die sog. Gründungstheorie. Während nach der Gründungstheorie die Gesellschaft dem Recht des Staates unterliegt, in dem sie gegründet wurde – unabhängig vom Ort der tatsächlichen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft – erfordert die sog. Sitztheorie (diese gilt bspw. in Deutschland) die Anwendung der Rechtsordnung des Staates, in der die Tätigkeit entfaltet wird bzw. in der sie ihren Sitz hat. Die Gründungstheorie (die bspw. in Großbritannien und den Niederlanden gilt) ermöglicht Gesellschaften demnach die „Wahl einer ausländischen Rechtsordnung unter Gesichtspunkten wie Gründungsaufwand, Gründungskapital, Steuerbelastung“, etc. Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, a. a. O., Rn. 533 (auch Zitat); Altmeppen, Holger: Europäische Niederlassungsfreiheit, in: MüKom AG, Rn. 36 und 48. Vgl. EuGH-Urteil vom 9. März 1999, Rs. C-212/97 (Centros Ltd.), Slg. 1999, I-1459. Vgl. die Entscheidung unter international-gesellschaftsrechtlichem Aspekt und gemeinschaftsrechtlichem Aspekt würdigend Klinke, Ulrich: Europäisches Unternehmensrecht und EuGH – die Rechtsprechung des EuGH in den Jahren 1998–2000, in: ZGR, 31. Jg. (2002), S. 163–202, hier S. 167–171. Riesenhuber weist darauf hin, dass der EuGH mit der Centros-Entscheidung von den Gläubigern „ein ganz erhebliches Maß an Eigenverantwortung“ abverlangt, da sie die ausländische Rechtslage kennen müssen. Vgl. Riesenhuber, Karl: Primärrechtliche Grundlagen der Kapitalmakrttransparenz, in: Kapitalmarktgesetzgebung im Europäischen Binnenmarkt, hrsg. von Klaus J. Hopt, Rüdinger Veil und Jörn Axel Kämmerer, Tübingen 2008, S. 23–59, hier S. 49. Vgl. EuGH-Urteil vom 5. November 2002, Rs. C-208/00 (Überseering BV), Slg. 2002, I-9919. Vgl. EuGH-Urteil vom 30. September 2003, Rs. C-167/01 (Inspire Art), Slg. 2003, I-10155; würdigend Klinke, Ulrich: European Company Law and the ECJ: The Court’s Judgements in the Years 2001 to 2004, in: ECFR, Vol. 2 (2005), No. 2, S. 270–321, hier S. 282–288. Vgl. Pellens, Bernhard/Sellhorn, Thorsten: Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes, a. a. O., hier S. 452. Vgl. Merkt, Hanno: Der Kapitalschutz in Europa – ein rocher de bronze?, a. a. O., hier S. 307; vertiefend
steht die bilanzielle Kapitalerhaltung in dieser Form mit dem Vordringen der IFRS unter Druck,342 was zu zahlreichen Reformüberlegungen führt.343 d)
Bestimmung der Zielsetzung der Konzernabschlussrichtlinie 83/349/EWG: Informationsvermittlung
Neben der Jahresabschlussrichtlinie bildet die Konzernabschlussrichtlinie,344 die ebenfalls auf Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV beruht, einen wesentlichen Bestandteil des europäischen Bilanzrechts. Hinweise auf die Zielsetzung der Konzernabschlussrichtlinie bietet neben den auch hier verfolgten primärrechtlichen Zielsetzungen die Präambel: Da in der Europäischen Gemeinschaft eine Vielzahl von Gesellschaften einem Unternehmenszusammenschluss angehören, wird ein konsolidierter Abschluss erforderlich, um den in der Präambel und in der Richtlinie geforderten Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der wirtschaftlichen Einheit erfüllen zu können, da Einzelabschlüsse nur eine eingeschränkte Aussagekraft hinsichtlich der übergeordneten wirtschaftlichen Einheit besitzen.345 Bereits der 1. Erwägungsgrund dieser Richtlinie stellt diese Bedeutung der Informationsvermittlung durch den Konzernabschluss heraus: „Damit die Informationen über die finanziellen Verhältnisse dieser Unternehmenszusammenschlüsse zur Kenntnis der Gesellschafter und Dritter gebracht wird, muss ein konsolidierter Abschluss erstellt werden“. Die Vorschriften zur Harmonisierung der Konzernrechnungslegung stellen folglich eine notwendige Ergänzung des Einzelabschlusses dar, durch die der Schutzzweck der Jahresabschlussrichtlinie erfüllt werden kann.346 Gemäß dem 1. Erwägungsgrund obliegt es der Richtlinie, die „Koordinierung der nationalen Vorschriften über den konsolidierten Abschluss“ vorzunehmen, „um die Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der Informationen zu verwirklichen“. Die Harmonisierung der Konzernrechnungslegung stellt hierbei auf den „Schutz der Interessen, die gegenüber Kapitalgesellschaften bestehen“ ab (3. Erwägungsgrund). Aufgrund der Ergänzungsfunktion der Konzernabschlussrichtlinie zur Jahresabschlussrichtlinie, unterliegen auch hier neben der Koordinierung der Schutzbestimmungen nach Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV, der Verwirklichung eines Binnenmarktes und eines europäischen Kapitalmarktes, die Vergleichbarkeit der Abschlüsse sowie eine gleichwertige Mindestinformation für Gesellschafter, Angestellte und Dritte den Zielvorstellungen des
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auch Pellens, Bernhard/Sellhorn, Thorsten: Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes, a. a. O., hier S. 452453. Vgl. Fuchs, Markus/Stibi, Bernd: Reform des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung? Problembereiche eines Systemwandels der Ausschüttungsbemessung, a. a. O., hier S. 98. Vgl. vertiefend Pellens, Bernhard/Kemper, Thomas/Schmidt, André: Geplante Reformen im Recht der GmbH: Konsequenzen für den Gläubigerschutz, in: ZGR, 37. Jg. (2008), S. 381–430; Hennrichs, Joachim: IFRS und Mittelstand – Auswirkungen der GmbH-Reform und Zukunft der Kapitalerhaltung, in: ZGR, 37. Jg. (2008), S. 361–380. Vgl. Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss, a. a. O., S. 1. Vgl. Gersenich, Clemens W.: Konzernrechnungslegung in der Bundesrepublik Deutschland, Belgien und den Niederlanden, Bergisch-Gladbach, Köln 1993, S. 49. Vgl. Niehues, Michael: EU-Rechnungslegungsstrategie und Gläubigerschutz, a. a. O., hier S. 1212.
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europäischen Gesetzgebers.347 Das Anknüpfen der Kapitalrichtlinie an das Vermögen im Jahresabschluss führt zu keiner mittelbaren Ausschüttungswirkung des Konzernabschlussgewinns. Die Orientierung der Richtlinienregelungen am „Schutz der Abschlussadressaten durch Informationsvermittlung“ macht auch deutlich, dass der Konzernabschluss „ausschließlich als Informationsinstrument dient“348. Aufgrund einer starken Differenzierung der Ausgestaltung der Konsolidierungspraxis innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten, erforderte die Konzernabschlussrichtlinie teilweise eine komplette Neuorientierung und Änderung der Regelungen zur Aufstellung von Konzernabschlüssen.349 e)
Bestimmung der Zielsetzung der achten EG-Richtlinie 84/253/EWG (Prüferbefähigungsrichtlinie) bzw. 2006/43/EG (Abschlussprüfungsrichtlinie)
Da Art. 51 JaR und Art. 37 KaR den Unternehmen die Verpflichtung auferlegt, den Jahresabschluss respektive Konzernabschluss durch prüfungsbefähigte Personen prüfen zu lassen, findet die 8. EG-Richtlinie 84/253/EWG (Prüferbefähigungsrichtlinie)350 immer wieder Berücksichtigung hinsichtlich der Harmonisierungsbestrebungen des europäischen Bilanzrechts.351 Aus diesem Grund sieht die Richtlinie als Ziel vor, „die Anforderungen in Bezug auf die Befähigung der zur Durchführung der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen befugten Personen zu harmonisieren“ (3. Erwägungsgrund). Neben Regelungen hinsichtlich der Prüferbefähigung (Art. 222) sieht die Richtlinie Regelungen zur Prüfungsqualität vor, welche die gesetzliche Abschlussprüfung einer beruflichen Sorgfalt und einer Unabhängigkeit unterwerfen (Art. 2327). Gleichwohl bleiben in der Richtlinie insbesondere Regelungen zur Art und Weise der Prüfung selbst zu vermissen, so dass im Bereich der Abschlussprüfung keine Harmonisierung durch diese oder eine andere Richtlinie erfolgte.352 Dieser Missstand wurde durch den europäischen Gesetzgeber dennoch erkannt und führte letztlich zu einer Aufhebung bzw. Änderung der achten EG-Richtlinie im Jahre 2006,353 durch die die Aufgaben des gesetzlichen Abschlussprüfers EU-weit gestärkt und
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Vgl. Hulle, Karel van/Tas, Leo van der: European Union – Group Accounts, in: Transnational Accounting, second edition, ed. by Dieter Ordelheide and KPMG Worldwide, Vol. 1, Houndmills et al.: Palgrave 2001, S. 879951, hier S. 885; unter Hinweis auf die Begründungen zum ursprünglichen Richtlinienentwurf vgl. Gersenich, Clemens W.: Konzernrechnungslegung in der Bundesrepublik Deutschland, Belgien und den Niederlanden, a. a. O., S. 50. Niehues, Michael: EU-Rechnungslegungsstrategie und Gläubigerschutz, a. a. O., hier S. 1212. Vgl. Alexander, David/Archer, Simon: An Overview of European Accounting, in: European Accounting Guide, ed. by David Alexander and Simon Archer, fourth edition, New York, NY: Aspen Law & Business, 2001, S. 125, hier S. 1920; Hulle, Karel/Tas, Leo van der: European Union – Group Accounts, a. a. O., hier S. 885. Achte Richtlinie 84/253/EWG des Rates vom 10. April 1984 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen (Prüferbefähigungsrichtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 126 vom 12.5.1984, S. 20–26. Vgl. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter: Internationale Bilanzierung, Herne/Berlin 1994, S. 34. Vgl. Richter, Thomas: Jahresabschlussprüfung und Prüfungsanforderungen in der Europäischen Union, Baden-Baden 2003, S. 196197. Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates,
harmonisiert werden sollen.354 Zusätzlich sollen alle Abschlussprüfungen in der EU „nach internationalen Prüfungsstandards durchgeführt werden“ (Erwägungsgrund 13, Art. 26 der Richtlinie 2006/43/EG), so dass nun auch die Abschlussprüfung selbst einer (Mindest-)Harmonisierung (Art. 52 der Richtlinie 2006/43/EG) unterliegt. Gemäß Art. 53 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten die Richtlinie bis zum 29. Juni 2008 in nationales Recht umzusetzen. 3.
Rückschlüsse auf den Regelungswillen durch die Transformation der Jahresabschlussrichtlinie durch die Mitgliedstaaten
a)
Mindestnorm- oder Höchstnormcharakter der Jahresabschlussrichtlinie – Implikationen für die Umsetzung
Gemäß der Natur einer Richtlinie obliegt es den Mitgliedstaaten, diese hinsichtlich ihres Ziels in nationales Recht umzusetzen. Auf dieser Grundlage muss durch den europäischen Gesetzgeber entsprechend der Ziele des Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV gewährleistet sein, dass auch durch deren Umsetzung gleichwertige Maßnahmen zum Schutze von Gesellschaftern und Dritten geschaffen werden. In diesem Zusammenhang wird die Frage der Regelungsreichweite der Richtlinien und somit die Frage nach Mindest- oder Höchstnormregelungen regelmäßig hinterfragt und kontrovers diskutiert,355 da sich daraus doch Konsequenzen für die Umsetzung einer Richtlinie ergeben. Gemäß den Auslegungsmethoden einer Rechtsnorm kann die Frage jedoch keiner Pauschalbetrachtung im Sinne einer Mindest- oder auch Höchstnormannahme im Gesellschaftsrecht zugänglich sein, sondern ist nach Maßgabe der Auslegungsmethoden des Gemeinschaftsrechts anhand des Wortlauts, der Systematik und des Zwecks einer Richtlinienvorschrift zu beantworten.356 Vertreter einer allgemeinen Höchstnormtheorie begründen die (generelle) Unzulässigkeit einer strengeren Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht anhand der primärrechtlichen Einordnung der Richtlinie in Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV und dessen Sinn und Zweck einer gleichwertigen Gestaltung marktrechtlicher Bestimmungen im Rahmen der Niederlassungs-
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a. a. O., S. 87–107. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Press Release vom 11. Oktober 2005, IP/05/1249: Das für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige Kommissionsmitglied McCreevy begrüßt die Einigung des Rates zur Richtlinie über die Abschlussprüfung (Achte Richtlinie Gesellschaftsrecht). Vgl. z. B. Meyer-Arndt, Lüder: Die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für das Bilanzrecht, in: BB, 48. Jg. (1993), S. 16231627; Fraberger, Friedrich: Die Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie als „Mindestvorgabe“ – Auswirkung auf die Rechnungslegungsvorschriften, in: SWI, 7. Jg. (1997), S. 123130. Vgl. Fraberger, Friedrich: Die Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie als „Mindestvorgabe“ – Auswirkung auf die Rechnungslegungsvorschriften, a. a. O., hier S. 125; Meilicke, Wienand: Vereinbarkeit der Inhaltskontrolle des Bezugsrechtsausschlusses mit europäischem Recht, in: DB, 49. Jg. (1996), S. 513517, hier S. 514. Die Diskussion um die abschließende Regelung der Jahresabschlussrichtlinie basiert auf den Argumenten, die im Rahmen der Kapitalrichtlinie zu diesem Thema erörtert wurden. Aufgrund derselben zugrunde liegenden primärrechtlichen Ermächtigungsnorm können die Argumente auf die Jahresabschlussrichtlinie übertragen werden.
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freiheit.357 Da es sich um gleichwertige Schutzbestimmungen handeln muss und das „Gesellschaftsrecht Schutzvorschriften für ganz verschiedene Personengruppen mit unterschiedlichen und teilweise diametral entgegen gesetzten Interessen koordinieren muss“, kann eine als Mindestnorm ausgestaltete Regelung für eine zu schützende Gruppe zudem zugleich Höchstnorm einer anderen sein,358 bzw. könnte „ein größerer Schutz der einen zu Lasten der anderen gehen“359. In der Literatur wird indes regelmäßig die Theorie einer Mindestnorm auf gesellschaftsrechtlicher Ebene vertreten, die Mitgliedstaaten einen Spielraum für eine strengere Umsetzung in nationales Recht gestattet.360 Als Begründung wird angeführt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber gemäß der Richtlinie sowie deren primärrechtlicher Norm die Harmonisierungsziele unter das Primat des Gesellschafter- und Drittschutzes stellt und strengere nationale Regelungen zu Gunsten Gesellschafter und Gläubiger zielkonform seien.361 Zieht man für die Erörterung der Frage die Präambel der Jahresabschlussrichtlinie heran, fällt auf, dass der europäische Gesetzgeber nach der Form der Harmonisierung differenziert. Während hinsichtlich des Umfangs der zu veröffentlichenden finanziellen Angaben (3. Erwägungsgrund) sowie im Anhang und Lagebericht aufgrund des Richtlinienwortlauts der Präambel ein Mindestinhalt maßgeblich ist (5. Erwägungsgrund), erfordert eine Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit der vermittelten Informationen in den Jahresabschlüssen gar eine weitestgehende Vereinheitlichung der verschiedenen Bewertungsmethoden (6. Erwägungsgrund). Meyer-Arndt schließt daraus, dass es sich bei den Gewinnermittlungsnormen um abschließende Regelungen handeln muss, von denen weder nach oben noch nach unten abgewichen werden darf.362 Auch Fraberger stimmt dieser These mit der Begründung zu, dass das Harmonisierungsziel der gleichwertigen Schutzbestimmungen und der Vergleichbarkeit und Transparenz der Jahresabschlüsse nur durch in beide Richtungen 357
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Vgl. Steindorff, Ernst: Gesellschaftsrechtliche Richtlinien der EG und strengeres innerstaatliches Recht, in: EuZW, 1. Jg. (1990), S. 251254; Helmrich, Heribert: Aufbau und Auslegung des BilanzrichtlinienGesetzes, in: GmbHR, 77. Jg. (1986), S. 68, hier S. 7. Vgl. Meilicke, Wienand: Vereinbarkeit der Inhaltskontrolle des Bezugsrechtsausschlusses mit europäischem Recht, a. a. O., hier S. 515 (auch Zitat). Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 8. April 1992, Rs. C-83/91 (Meilicke), Slg. 1992, I-4871, Nr. 12. Vgl. z. B. Bleckmann, Albert: Gemeinschaftsrechtliche Probleme des Entwurfs des BilanzrichtlinieGesetzes, in: BB, 40. Jg. (1985), S. 15251526; Fraberger, Friedrich: Die Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie als „Mindestvorgabe“ – Auswirkung auf die Rechnungslegungsvorschriften, a. a. O. Die Frage der Mindestnormregelung trat zunächst hinsichtlich der Kapitalrichtlinie auf und wurde vielfältig diskutiert. Vgl. z. B. Steindorff, Ernst: Gesellschaftsrechtliche Richtlinien der EG und strengeres innerstaatliches Recht, a. a. O., hier S. 252–253; Meilicke, Wienand: Vereinbarkeit der Inhaltskontrolle des Bezugsrechtsausschlusses mit europäischem Recht, a. a. O., hier S. 513–516. Vgl. Fraberger, Friedrich: Die Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie als „Mindestvorgabe“ – Auswirkung auf die Rechnungslegungsvorschriften, a. a. O., hier S. 123. STEINDORFF lehnt diese Argumentation jedoch vehement ab. Vgl. Steindorff, Ernst: Gesellschaftsrechtliche Richtlinien der EG und strengeres innerstaatliches Recht, a. a .O., S. 253. Vgl. Meyer-Arndt, Lüder: Die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für das Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1624. MOXTER zeigt auf, dass die Richtlinie von einem weiten Begriffsverständnis der Bewertungsmethoden ausgeht, durch den auch die Ansatznormen eingeschlossen werden. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1464.
abschließende Normen zur Gewinnermittlung – mit Ausnahme der Länderwahlrechte – erreicht werden kann.363 Insgesamt vermag aber eine auf rein sprachlicher Interpretation gestützte Argumentation nicht zu überzeugen, auch da der Vergleich der Begrifflichkeiten der Präambel mit anderen Sprachfassungen zeigt, dass die verwendeten Termini auch hier keiner einheitlichen Definition unterliegen;364 eine Aussage zur Harmonisierungsintensität bzw. Regelungsdichte kann demnach hieraus nicht abgeleitet werden. Moxter zeigt auf, dass gerade die Gewinnermittlungsnormen einer Mindestregelungsintention unterliegen: Während die Informationsvermittlung über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ohne Einschränkungen ausgestaltet ist – dies zeigt sich auch in der Einblicksgeneralnorm des Art. 2 der Richtlinie – müssen die Bewertungsmethoden (unter Annahme der impliziten Berücksichtigung auch von Ansatznormen) nur „soweit [für die Vergleichbarkeit und die Gleichwertigkeit] erforderlich“ vereinheitlicht werden.365 Die skizzenhaften Gewinnermittlungsvorschriften, die „eine Aneinanderreihung extrem unbestimmter Rechtsbegriffe“ darstellen, sind somit lediglich Rahmenvorgaben, deren Konkretisierung den Mitgliedstaaten obliegt.366 Da der Gewinn an sich erst durch Offenlegung der angewendeten Bewertungsmethoden hinsichtlich einer Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit Aussagekraft erhält, wird die Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und damit auch das Richtlinienziel durch die Erläuterung dieser Rahmenvorschriften gesichert; eine konkretisierende Regelung der Gewinnermittlungsmethoden ist weder notwendig noch durch den Gesetzgeber gewollt.367 Dies zeigt sich ebenso in der Ausgestaltung der Einzelnormen, fehlt doch auch hier eine einheitliche Terminologie in den verschiedenen Sprachfassungen.368
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Vgl. Fraberger, Friedrich: Die Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie als „Mindestvorgabe“ – Auswirkung auf die Rechnungslegungsvorschriften, a. a. O., hier S. 125 u. S. 129. Die französische Sprachfassung verwendet in dem 5. Erwägungsgrund den Begriff coordiner, die englische to coordinate, die spanische coordinar. Vgl. hiezu auch Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 65. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1464. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 14631464 (Zitat S. 1463). Ebenso Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: True and Fair View Revisited – A Reply to Alexander and Nobes, in: Accounting in Europe, Vol. 3 (2006), S. 91–116; hier S. 93. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 14641465. Vgl. z. B. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1464; MOXTER zeigt hier das Beispiel des Art. 18 JaR bzw. Art. 21 JaR zu den Rechnungsabgrenzungsposten auf, die wesentliche Unterschiede in den Sprachfassungen aufweisen. Diese Argumentation wird durch die präzise Analyse von FRESL gestützt, die aufzeigt, dass hinsichtlich der Ansatz- und Bewertungsnormen breite Umsetzungsspielräume bestehen, die eine Rechtsvereinheitlichung durch den Gesetzgeber nicht vorsehen. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 184270.
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b)
Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie durch die Mitgliedstaaten
aa)
Politische Notwendigkeit bilanzieller Wahlrechte im Harmonisierungsprozess
Obwohl die Jahresabschlussrichtlinie eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren vorsah und die Konzernabschlussrichtlinie die Frist auf vier Jahre festsetzte, wurden beide Richtlinien in nahezu allen Mitgliedstaaten mit großen Verzögerungen transformiert.369 Bereits das Ringen um die endgültigen Regelungen der Richtlinien zeugt von der schwierigen Aufgabe des europäischen Gesetzgebers, unterschiedliche Ländertraditionen und somit auch differierende Rechnungslegungstraditionen zu harmonisieren.370 Da die Rechnungslegung ein im Kontext des jeweiligen Landes zu verstehendes, verwurzeltes System darstellt, das als „integraler Bestandteil eines Gesamtsystems“ nicht einfach austauschbar ist, stehen sich im Harmonisierungsprozess vor allem die kontinentaleuropäische Rechnungslegungs- und die angloamerikanische Rechnungslegungsphilosophie gegenüber:371 Im kontinentaleuropäischen Rechtskreis unterliegt die Rechnungslegung mit ihren detaillierten gesetzlichen Vorschriften als Teil des Handelsrechts den Anforderungen des jeweiligen Rechtssystems, während die angloamerikanische Rechnungslegung Einzelregelungen umfasst, die von berufsständischen Organen geprägt wurden.372 Hinsichtlich der Adressaten ist ein kontinentaleuropäisch geprägtes Bilanzrecht dem Gläubigerschutz verpflichtet und fordert gemäß seiner Zielsetzung der Kapitalerhaltung eine durch das Vorsichtsprinzip geprägte Ermittlung des Gewinns. Die durch die angloamerikanische Rechtstradition geprägte Rechnungslegung verfolgt einen grundsätzlich anderen Bilanzzweck, der die Informationsvermittlung in den Vordergrund rückt: Die Rechenwerke des Jahresabschlusses dienen „als Entscheidungsgrundlage für Investoren und Kreditoren“ und sind damit investorschutzorientiert.373 Eine durch ein Vorsichtsprinzip geprägte Bilanzierung wird zu Gunsten der Informationsvermittlung mittels eines true and fair view zurückgedrängt. Diese 369
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Zur zeitlichen Umsetzung der 4. und 7. Richtlinie vgl. Haller, Axel: Financial accounting developments in the European Union: past events and future prospects, in: EAR, Vol. 11 (2002), S. 153190, hier S. 156, Tabelle 1. Nicht berücksichtigt sind hierbei die durch die Osterweiterung 2004 hinzugekommenen Mitgliedstaaten. Zur Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten vgl. „Von den Mitgliedstaaten mitgeteilte nationale Vorschriften betreffend: Vierte Richtlinien 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen. Zum Zeithorizont von der Verabschiedung bis zur Anwendung in Deutschland vgl. Küting, Karlheinz: Europäisches Bilanzrecht und Internationalisierung der Rechnungslegung, in: BB, 48. Jg. (1993), S. 3038, hier S. 30. Bereits die lange Entstehungsgeschichte der Jahresabschlussrichtlinie verdeutlicht die Schwierigkeiten dieses Prozesses. Vgl. hierzu bspw. Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung der AG und GmbH nach neuem Recht (4. EG-Richtlinie), Düsseldorf 1978. Vgl. Havermann, Hans: Internationale Entwicklungen in der Rechnungslegung, in: FS Moxter 1994, S. 655677, hier S. 660661 (Zitat S. 661). Vgl. Küting, Karlheinz: Europäisches Bilanzrecht und Internationalisierung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 36. Für eine historische Ableitung und Einordnung der beiden Rechtssysteme und ihre Bedeutung für die Rechnungslegung vgl. Evans, Lisa: Language, translation and the problem of international accouting communication, in: AAAJ, Vol. 17 (2004), S. 210–248, hier S. 213–220. Vgl. Küting, Karlheinz: Europäisches Bilanzrecht und Internationalisierung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 36 (auch Zitat).
unterschiedliche Wertigkeit von Ansatz- und Bewertungsnormen ist abhängig vom Interesse der Rechnungslegungsadressaten.374 Weitere Kontrapunkte ergeben sich aufgrund der unterschiedlich starken Verknüpfung von Steuer- und Bilanzrecht, die dem angloamerikanischen Rechtsraum unbekannt ist,375 sowie der ungleichen Eigentums- und Kapitalmarktstrukturen.376 Durch diese andersartig gelagerten Strukturen ergeben sich voneinander abweichende Bedeutungen von Bilanzierungsgrundsätzen, die letztlich zu unterschiedlichen Lösungen in Bilanzierungsfragen führen.377 Da der europäische Gesetzgeber „die Harmonisierung im Jahre 1978 nicht zum Scheitern […] bringen [wollte]“378, spiegeln die Regelungen der Bilanzrichtlinien diese Intention wider. Nach Art. 2 Abs. 1 JaR besteht die Einheit des Jahresabschlusses aus der Bilanz, der GuV und dem Anhang. Ausgehend von der Tatsache, dass der Anhang einen integralen Bestandteil und eine „notwendige Ergänzung für das richtige Verständnis der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung“379 darstellt, können Richtlinien unterschiedliche Bewertungsregeln gestatten, sofern im Anhang entsprechende Angaben gemacht werden, welche die für die Vergleichbarkeit nötige Information bereitstellen.380 Derart finden sich in den Normen der Richtlinien zahlreiche Wahlrechte,381 die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben, spezifische nationale Rechtsbesonderheiten im Umsetzungsprozess beizubehalten bzw. an ihren
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Vgl. Lutz, Stefan: Meinungsspiegel zum Thema Rechnungslegung im Spannungsfeld von Tradition, Globalisierung und europäischer Integration, in: BFuP, 50. Jg. (1998), S. 77–93, hier S. 80. Vgl. Havermann, Hans: Internationale Entwicklungen in der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 661662. Vgl. Küting, Karlheinz: Europäisches Bilanzrecht und Internationalisierung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 36; vertiefend Leuz, Christian/Wüstemann, Jens: The Role of Accounting in the German Financial System, in: The German Financial System, hrsg. v. Jan Perer Krahnen und Reinhard H. Schmidt, Oxford: Oxford University Press, 2004, S. 450–481, hier S. 450–466; ebenso Wüstemann, Jens: Disclosure Regimes and Corporate Governance, in: Journal of Institutional and Theoretical Economics (JITE), Vol. 159 (2003), S. 717–726, hier S. 720–724; Wüstemann, Jens: Evaluation and Response to Risk in International Accounting and Audit Systems: Framework and German Experiences, in: The Journal of Corporation Law, Volume 29 (2004), S. 449–466, hier S. 454–457. Vgl. vertiefend: Küting, Karlheinz: Europäisches Bilanzrecht und Internationalisierung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 3637. Küting, Karlheinz: Zur Problematik internationaler Rechtsangleichung von Bilanzierungsvorschriften, in: WPK-Mitteilungen, 33. Jg. (1994), S. 6976, hier S. 70. Begründung zu Art. 2 Abs. 1 des Vorschlags der Jahresabschlussrichtlinie, abgedruckt in Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung der AG und GmbH nach neuem Recht (4. EG-Richtlinie), a. a. O., S. II/11. Vgl. Hulle, Karel van: Das Europäische Bilanzrecht: Entwicklungen und Herausforderungen, a. a. O., hier S. 10. KÜTING spricht bspw. von 76 Wahlrechten. Vgl. hierzu Küting, Karlheinz: Europäisches Bilanzrecht und Internationalisierung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 31. Die Anzahl der Wahlrechte schwankt in der Literatur beträchtlich. Vgl. z. B. Kirchner, Christian/Schwartze, Andreas: Umsetzung der EGRechnungslegungsrichtlinien in nationales Recht – Die Ausübung der Wahlrechte durch Mitgliedstaaten, a. a. O., S. 397404, S. 397 (Fußnote 4); Kaminski, Horst: Neue Vorschriften zur Rechnungslegung, Prüfung und Offenlegung von Jahresabschlüssen der Kapitalgesellschaften in der Europäischen Gemeinschaft nach der 4. EG-Richtlinie, in: UEC, 14. Jg. (1979), S. 334346, hier S. 335. Diese unterschiedliche Anzahl der Wahlrechte in der Literatur erklärt KLOOS über den Interpretationsspielraum zu der Frage, ob es sich überhaupt um ein Wahlrecht handelt und ob ein solches, das bei Ausnutzung zu einem anderen Wahlrecht führt, als Einheit gewertet wird oder nicht. Vgl. m. w. N. Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EGRichtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, Berlin 1993, hier S. 91.
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tradierten Bilanzierungsvorschriften festzuhalten.382 Die Wahlrechte, die dem Bilanzierenden „Rechtsfolgealternativen bei der Rechnungslegung“383 eröffnen, sind vielfältig und unterschiedlich ausgestaltet.384 Das Bilanzrichtlinienrecht unterliegt demnach einer gewollt breiten Anlageform, die sich an die spezifischen Bedingungen der einzelnen Rechnungslegungstraditionen anzupassen versucht, so dass eine Vereinheitlichung durch Standardisierung demnach durch den historischen Willen des Gesetzgebers nicht intendiert ist. Die Richtlinien sind somit Ausdruck von Kompromissen der Mitgliedstaaten.385 Gesellschaftsrechtlich wird durch die Wahlrechte – die Beisse als „Verlustliste der europäischen Rechtsangleichung“386 bezeichnet – zwar „ein zu abrupter Einschnitt“ in das historisch gewachsene Recht und in das Rechtsverständnis eines Landes vermieden,387 die Annahme sämtlicher Wahlrechte aus Sicht des einzelnen Landes ermöglicht jedoch erweiterte Variationen bei der Ausgestaltung der Rechnungslegung, so dass dem Ziel der Harmonisierung, der Reduktion von Rechnungslegungsunterschieden, neue Wahlmöglichkeiten gegenüber stehen.388 Die Existenz von vorübergehenden Wahlrechten in der Richtlinie, wie bspw. Art. 33 JaR, nach dem „bis zu einer späteren Koordinierung“ von der Bewertung zu Anschaffungs- oder 382
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386 387
388
50
So auch Egger, Anton: Kann durch die IAS die Vergleichbarkeit internationaler Jahresabschlüsse hergestellt werden?, a. a. O., hier S. 79–80. Zur materiellen Umsetzung der Wahlrechte durch die Mitgliedstaaten vgl. z. B. Vgl. z. B. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O.; Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O.. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 35. Vgl. auch GimpelKloos, Brigitte: Die Ausübung nationaler Wahlrechte im Hinblick auf die Zielsetzungen der 4. EGRichtlinie, Heidelberg 1990, S. 22–29. Einen Überblick über die Wahlrechte der 4. EG-Richtlinie bietet auch Hopwood, Anthony G: Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung der EG und ihre Zukunftsperspektiven, in: Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Die Zukunft der Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung in den Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 44–81, hier S. 74–81. KLOOS systematisiert die Wahlrechte der Jahresabschlussrichtlinie nach expliziten bzw. impliziten Wahlrechten, Mitgliedstaaten bzw. Unternehmenswahlrechten, vorübergehenden bzw. dauernden Wahlrechten, bedeutenden bzw. unbedeutenden Wahlrechten sowie nach inhaltlichen Aktivierungs- und Bewertungs- und sonstigen Wahlrechten. Vgl. Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O., S. 92–99. Vgl. mit Beispielen zu abgeleiteten Unternehmenswahlrechten Jäger, Sylvia: Im HGB nicht umgesetzte Ansatz- und Bewertungswahlrechte der 4. EG-Richtlinie, in: Internationale Rechnungslegung und Prüfung, hrsg. von Wolfgang Blomeyer und Volker H. Peemöller, Berlin 2000, S. 127146, hier S. 132; ferner Kirchner, Christian/Schwartze, Andreas: Umsetzung der EG-Rechnungslegungsrichtlinien in nationales Recht – Die Ausübung der Wahlrechte durch Mitgliedstaaten, a. a. O., S. 397404, S. 398. Vgl. Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O., S. 90; Otte, Hans-Heinrich: Harmonisierte Europäische Rechnungslegung, zfbf, 42. Jg. (1990), S. 505525, hier S. 521. Beisse, Heinrich: Die Generalnorm des neuen Bilanzrechts, in: FS Döllerer, S. 25–44, hier S. 38. Vgl. Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O., S. 91 (auch Zitat). Vgl. Rost, Peter: Der internationale Harmonisierungsprozess der Rechnungslegung, a. a. O., hier S.188–189. Einen Überblick über die länderspezifische Bilanzierung, die sich durch die nationale Umsetzung im Einzelwie auch im Konzernabschluss ergibt, zeigen ORDELHEIDE/D’ARCY in ihrer Reference-Matrix auf, die zudem auch weitere, nicht EU-Staaten umfasst. Vgl. Ordelheide, Dieter/D’Arcy, Anne: A Reference Matrix, in: Transnational Accounting, second edition, ed. by Dieter Ordelheide and KPMG Worldwide, Vol. 1, Houndmills et al.: Palgrave 2001, Vol. 1, RM-1RM-101.
Herstellungskosten zu Gunsten der Wiederbeschaffungswertbewertung, „anderer Methoden […], die der Inflation Rechnung tragen“ sowie der Neubewertungsmethode abgewichen werden kann, zeugt davon, dass auch der europäische Gesetzgeber die Harmonisierung mittels der Richtlinien als einen ersten, jedoch keinen abschließenden Schritt im Harmonisierungsprozess betrachtete.389 Aufgrund der unterschiedlichen Wahrnehmung dieser Wahlrechte durch die Mitgliedstaaten wird eine Vergleichbarkeit von Abschlüssen deutlich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich. Demnach wird auch der Erfolg der Harmonisierung als Angleichung der Rechnungslegungssysteme insgesamt immer wieder verneint.390 bb)
Probleme bei der Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie
aaa)
Das Gebot des true and fair view als Ausgangspunkt differierender Richtlinienumsetzung
Die Transformation der Richtlinien in nationales Recht391 hat Änderungen der gesetzlichen Rechnungslegungsanforderungen in den einzelnen Ländern hervorgerufen, was unterschiedliche Auswirkungen in den einzelnen Mitgliedstaaten hatte.392 Während bspw. in Großbritannien mit der Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie erstmals detaillierte Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften gesetzlich vorgeschrieben werden, ergeben sich in Spanien und Italien erstmals spezifische Regelungen bezüglich der Darstellung und des Inhalts des Jahresabschlusses.393 Die Beurteilung der Harmonisierungsmaßnahmen entscheidet sich jedoch nach Maßgabe der Zielsetzung von gleichwertigen und vergleichbaren Jahresabschlüssen zum Schutze von Gesellschaftern und Dritten. Bei der materiellen Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht ergeben aber sich wesentliche Bilanzierungsunterschiede aufgrund unterschiedlich ausgenutzter Wahlrechte, abweichender Interpretationen unscharfer Einzelnormen sowie durch ungeregelte Tatbestände (bspw. langfristige Auftragsfertigung, Leasingbilanzierung)394 389
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391
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Vgl. Lanfermann, Josef: Meinungsspiegel zum Thema Neue Entwicklungen in der Harmonisierung der Rechnungslegung, in: BFuP, 44. Jg. (1992), S. 441455, hier S. 443. Vgl. z. B. D’Arcy, Anne: IAS: Neue Rechnungslegungsregeln in der EU, in: Deutsche Bank Research: EUFinanzmarkt Spezial, Nr. 250, Frankfurt, 2002, S. 4; Rost, Peter: Der internationale Harmonisierungsprozess der Rechnungslegung, a. a. O., S. 193. Zur formellen Umsetzung in die nationalen Rechtssysteme bis 1993 vgl. Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O., S. 102121. Vgl. zu den nationalen Durchführungsbestimmungen für die nachfolgend hinzugekommenen Mitgliedstaaten zu den nationalen Durchführungsbestimmungen „Von den Mitgliedstaaten mitgeteilte nationale Vorschriften betreffend: Vierte Richtlinien 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen“. Zur genauen Umsetzung der Richtlinie in den einzelnen Ländern vgl. Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O.; ferner European Commission: Implementation of the Fourth Directive in EU Member States, Brüssel 1998. Vgl. Haller, Axel: Financial accounting developments in the European Union: past events and future prospects, a. a. O., hier S. 155. Zu den genauen Bestimmungen des englischen Companies Act 1981 vgl. Meinhardt, Peter: Der englische Companies Act 1981, in: RIW, 28. Jg. (1982), S. 618–622. Vgl. Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bilanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O., hier S. 130.
51
basierend auf der aufgezeigten Grundproblematik im Entstehungsprozess der Normen.395 Ein zentrales Problem der Transformation der Jahresabschlussrichtlinie in nationales Recht stellt der unbestimmte Rechtsbegriff des true and fair view gemäß Art. 2 Abs. 3–5 JaR396 dar. Danach muss der Jahresabschluss gemäß der deutschen Fassung „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermitteln“.397 Art. 2 Abs. 4 und 5 ergänzen Abs. 3 wie folgt: „(4) Reicht die Anwendung dieser Richtlinie nicht aus, um ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Absatzes 3 zu vermitteln, so sind zusätzliche Angaben zu machen. (5) Ist in Ausnahmefällen die Anwendung einer Vorschrift dieser Richtlinie mit der in Absatz 3 vorgesehenen Verpflichtung unvereinbar, so muss von der betreffenden Vorschrift abgewichen werden, um sicherzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Absatzes 3 vermittelt wird. Die Abweichung ist im Anhang anzugeben und hinreichend zu begründen; ihr Einfluss auf die Vermögens- Finanz- und Ertragslage ist darzulegen. Die Mitgliedstaaten können die Ausnahmefälle bezeichnen und die entsprechende Ausnahmeregelung festlegen.“
Mit dieser Vorschrift hat eine aus dem englischen Recht stammende Bilanzierungs- und Bewertungsnorm auf Drängen von Großbritannien, den Niederlanden und Dänemark Einzug in das europäische Bilanzrecht erhalten.398 In Ermangelung einer gesetzlichen europäischen Definition fand der aus dem englischen Bilanzrecht stammende True-and-fair-View-Begriff als unbestimmter Rechtsbegriff und eigenständige europäische Norm399 in der Richtlinie Eingang und stellt aufgrund einer fehlenden gefestigten Rechtsprechung400 eine der größten Umsetzungsprobleme der Jahresabschlussrichtlinie dar.401 Bereits die sprachliche Analyse des True-and-fair-View-Gebots der Richtlinie zeigt die unterschiedliche Auffassung der Konzeption des true and fair view durch die Mitgliedstaaten und damit einen breiten Umsetzungsrahmen auf.402 Aufgrund der fehlen395
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399 400 401
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Vgl. Lanfermann, Josef, Meinungsspiegel zum Thema Neue Entwicklungen in der Harmonisierung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 443. Art. 2 Abs. 3 JaR lautet wörtlich: „The annual account shall give a true and fair view of the company’s assets, liabilities, financial position and profit or loss“. Die Vorentwürfe der Richtlinie schränkten das True and Fair View Gebot ein, indem sie zunächst von einem „möglichst sicheren Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage“ sprachen und auf die „Grundsätze ordnungsmäßiger und zuverlässiger Rechnungslegung“ (Vorentwurf 1968) bzw. auf die „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung“ (Ursprünglicher Vorschlag der JaR von 1971) verwiesen. Im geänderten Vorschlag von 1974 wurde der Verweis auf die GoB gestrichen und statt von einem „möglichst sicheren“ von einem „getreuen Einblick“ gesprochen. Vgl. Moxter, Adolf : Zur Interpretation des True-andfair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, in: FS Baetge, S. 97–116, hier S. 99–104. Vgl. Haller, Axel: Financial accounting developments in the European Union: past events and future prospects, a. a. O., hier S. 157. Vgl. Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German perspective, a. a. O., hier S. 81. Vgl. Walton, Peter: Introduction: the true and fair view in British accounting, a. a. O., hier S. 49. Vgl. Haller, Axel: Financial accounting developments in the European Union: past events and future prospects, a. a. O., hier S. 157. NOBES/AISBITT untersuchen die Implementierung des true and fair view in die nationalen Rechtsordnungen der Länder Österreich, Finnland, Norwegen und Schweden. Die Studie baut auf einer vergangenen Studie über die 12 EU Länder auf, die die Anforderung der 4. EG-Richtlinie umgesetzt haben. Dabei untersuchen sie zusätzlich die sprachliche Übersetzung und das Prinzip des overriding principle für die betreffenden Länder. Vgl. Nobes, Christopher/Aisbitt, Sally: The true and fair view requirement in recent national implementations, a. a. O., hier S. 83–90. Auch KLOOS stellt einige Studien vor, die sich mit der sprachlichen Umsetzung dieser Norm beschäftigen. Vgl. Kloos, Gerhard: Die Transformation der 4. EG-Richtlinie (Bi-
den konzeptionellen Grundlage erfolgte die Umsetzung des True-and-fair-View-Gebots unter Berücksichtigung der nationalen Gegebenheiten und Traditionen,403 so dass die Übersetzungen in nationales Recht nicht die gleiche Bedeutung haben, „since these are merely signifiers, and what is important is the signified“404. Der True-and-fair-view-Grundsatz, der im englischen Bilanzrecht eine lange Tradition hat,405 ist in England als overriding principle konzipiert, so dass Einzelnormen dort zu Gunsten der Generalnorm zur Erreichung eines true and fair view verdrängt werden können.406 Die in Art. 2 Abs. 5 (vermeintlich) geforderte Abweichung von Einzelnormen zu Gunsten eines true and fair view in Ausnahmefällen wurde bspw. von Österreich, Deutschland und Schweden nicht als override-Funktion in nationales Recht umgesetzt.407 In Deutschland wurde Art. 2 Abs. 3 JaR unter strenger Orientierung an einem vorsichtig ermittelten ausschüttbaren Gewinn umgesetzt: Während die Vorsichts- und Objektivierungsprinzipien die Gewinnermittlung bestimmen, wird die Informationsfunktion des true and fair view in den Anhang verlagert, mithin von der Gewinnermittlung abgekoppelt.408 Während Bilanz und GuV somit dem Zweck der Ausschüttungsbemessung dienen, kommt dem Anhang die Informationsvermittlung zu.409 Sollte die Bilanzierung bspw. bei der Langfristfertigung zu einer Verzerrung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslagen führen, vermag das Ergänzungsgebot des Art. 2 Abs. 4 JaR – aufgrund der Einheit von Bilanz, GuV und Anhang gemäß Art. 2 Abs. 1 JaR – diesen Konflikt zwischen True-and-fair-View-Gebot und Einzelnorm zu lösen:410 Um die bilanziell vermeintlich verzerrte Gewinngröße zu heilen, sind differenzierte Gewinnerläuterungen im Anhang vorzunehmen, der gemäß Art. 2 Abs. 1 JaR mit Bilanz und GuV eine
403
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409 410
lanzrichtlinie) in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, a. a. O., hier S. 134–130. Vgl. z. B. Dragneva, Rilka/Millan, Emile: Transposing the “True and Fair View” Concept in the Legislation of Hungary and Poland in the Context of EU Enlargement, in: Review of Central and East European Law, Vol. 28 (2002-3), S. 183–209, hier S. 186–189. Walton, Peter: Introduction: the true and fair view in British accounting, a. a. O., hier S. 52. Mit der Bezeichnung signifier and signified greift WALTON auf den schweizerischen Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure zurück, der das sprachliche Zeichen in zwei Komponenten, das „signifiant“ (Bezeichnung) und „signifier“ (Bezeichnetes/sprachlicher Inhalt) unterteilt. Vgl. Saussure, Ferdinand de: Cours de linguistique générale, édition critique préparée par Tullio de Mauro, Paris: Payot, 1994, S.97–103. Zur Entstehungsgeschichte vgl. z. B. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 60–61. Vgl. Küting, Karlheinz: Zur Problematik internationaler Rechtsangleichung von Bilanzierungsvorschriften, a. a. O., hier S. 71; Alexander, David/Jermakowicz, Eva: A True and Fair View of the Principles/Rules Debate, in: ABACUS, Vol. 40 (2006), No. 2, S. 132–164, hier S. 139. Vgl. European Commission: Implementation of the Fourth Directive in EU Member States, Brüssel 1998, S. 11. Zur Umsetzung des true and fair view in anderen Mitgliedstaaten m. w. N. vgl. z. B. Lambert, Sascha: Die Rolle des § 264 Abs. 2 HG – true and fair view – im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 68–76. Zum Verständnis des true and fair view in Polen vgl. Kosmala-MacLullich, Katarzyna: The true and fair view construct in the context of the Polish transition economy: some local insights, in: EAR, Vol. 12 (2003), S. 465–485: Vgl. Moxter, Adolf: Der Einfluss der EG-Bilanzrichtlinie auf das Bilanzsteuerrecht, in: BB, 33. Jg. (1978), S. 1629–1632, hier S. 1630–1631; grundlegend Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Band II: Einführung in das neue Bilanzrecht, 3. Auflage, Wiesbaden 1986, S. 67–68. Vgl. Beisse, Heinrich: Die Generalnorm des neuen Bilanzrechts, a. a. O., hier S. 33–34. Vgl. Moxter, Adolf : Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 105–106.
53
Einheit bildet.411 Eine detaillierte Erläuterung der angewandten Gewinnermittlungsmethoden hinsichtlich deren Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermag somit die geforderten Informationen zuverlässig bereit zu stellen.412 Damit gilt das Vorsichtsprinzip gemäß den Anforderungen einer bilanziellen Kapitalerhaltung und es kann eine klare und regelungsscharfe Umsetzung der Richtlinie erfolgen. Die Bedeutung des Art. 2 Abs. 5 JaR „liegt in Abweichungen von Gliederungs- und Anhangvorschriften“.413 bbb)
Unterschiedliche Interpretation der den true and fair view konkretisierenden Einzelnormen durch die Mitgliedstaaten
(aaaa) Unscharfe Einzelnormenkonkretisierung Der EuGH stellte 1996 in der Rechtssache C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH) fest, dass Art. 2 JaR in Verbindung mit Artikel 31 JaR auszulegen sei: „Die Anwendung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit hat sich möglichst weitgehend an den in Artikel 31 der Vierten Richtlinie enthaltenen allgemeinen Grundsätzen zu orientieren“.414 Damit wird die Reichweite des Einblicksgebots eingeschränkt.415 Die Diskussion um den Vorrang von Generalnorm und Einzelnorm stellt somit ein „Scheinproblem“416 dar: Die Richtlinie sieht gemäß der Präambel vor, über einen Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eine Schutzwirkung gegenüber Gesellschaftern und Dritten zu entfalten. Da die Vermögensund Finanzlage417 vornehmlich durch die Bilanz und die Ertragslage durch die GuV umrissen werden, bestimmen die Einzelnormen der Richtlinie den Inhalt des True-and-fair-ViewGebots. Die Interpretationsbedürftigkeit der Einzelnormen erfordert wiederum eine Auslegung unter Berücksichtigung der mit dem true and fair view angedeuteten Jahresabschlussaufgaben;418 beide erhellen sich somit wechselseitig.419 In diesem Sinne unterliegt die Bilanzierung dem Grundsatz der Vorsicht gemäß Art. 31 Abs. 1 c) JaR, der durch das Realisations- und Imparitätsprinzip konkretisiert wird.420 Auch wenn 411
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Vgl. Moxter, Adolf : Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 110. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1465. Vgl. Moxter, Adolf : Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 112 (auch Zitat). EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), Slg. 1996, I-3133, Rn. 18. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 119. Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgabe nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EGBilanzrichtlinie, a. a. O., hier S. 143 Der Darstellung der Finanzlage dient insbesondere die Kapitalflussrechnung. Obwohl die Protokollerklärung zu Art. 2 Abs. 6 JaR den Mitgliedstaaten explizit die Möglichkeit gegeben wird, eine Kapitalflussrechnung zu verlangen, wird diese gesetzlich nicht vorgeschrieben. Vgl. Schulze-Osterloh, Joachim: Jahresabschluss, Abschlussprüfung und Publizität der Kapitalgesellschaften nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz, in: ZHR, 150. Jg. (1986), S. 532–569, hier S. 540. Vgl. Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgabe nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., hier S. 143. Vgl. Moxter, Adolf : Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 108–109. Entwicklungshistorisch interessant ist, dass das Vorsichtsprinzip erst mit dem Geänderten Vorschlag der
die nationalen Umsetzungen den formal gleichen Grundsätzen folgen, ergeben sich materielle Unterschiede in der Bilanzierung, die auf die unterschiedlich weiten Interpretationen dieser Rechtsnormen aufgrund der zugrunde liegenden mitgliedstaatlichen Rechtsysteme zurückzuführen sind.421 „Der Grund dafür ist die unterschiedliche Auffassung von Risiko oder Ungewissheit; der Grundsatz der Vorsicht wird in den Mitgliedstaaten folglich aus historischen, kulturellen und wirtschaftlichen Gründen unterschiedlich ausgelegt.“422 Das Gremium der Fédération des Experts Comptables Européens konstatiert als Grund für die unterschiedliche Interpretation des Vorsichtsprinzips die mit dem Abschluss verbundenden Zwecke: Länder, in denen Kapitalerhaltung eine wesentliche Rolle spielt, messen dem Vorsichtsprinzip im Rahmen der Gewinnermittlung eine höhere Bedeutung bei als dies für Informationsvermittlungszwecke geschieht.423 Die unterschiedliche Interpretation des Vorsichtsprinzips424 (und damit auch des Realisations- und Imparitätsprinzips) zeigt sich bereits in dessen Verankerung im Normsystem: Während das Accounting Standards Board (ASB) in Großbritannien Vorsicht als eine „innere Einstellung“425 qualifiziert, genießt es in Deutschland als maßgebliches Bilanzierungsprinzip Vorrangstellung426.427
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Jahresabschlussrichtlinie 1974 explizit verankert wurde. Vgl. Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung der AG und GmbH nach neuem Recht (4. EG-Richtlinie), a. a. O., S. II/67. EVANS/NOBES führen dies auf den Beitritt von Großbritannien 1973 zurück und auf den im englischen Bilanzrecht des SSAP 2 kurz zuvor verankerten Grundsatz der prudence, dessen Gewicht sich aber wieder abgeschwächt hat. Vgl. m. w. N. Evans, Lisa/Nobes, Christopher: Some mysteries relating to the prudence principle in the Fourth Directive and in German and British law, in: EAR, Vol. 5 (1996), S. 361–371, hier S. 364–366. Vgl. Lanfermann, Josef: Meinungsspiegel zum Thema Neue Entwicklungen in der Harmonisierung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 443; vgl. zur Analyse der Reichweite des Begriffs „Vorsicht“ im Vergleich zu „prudence“ auch Evans, Lisa: Language, translation and the problem of interntational accouting communication, a. a. O., hier S. 233–235. Das BERATENDE FORUM FÜR RECHNUNGSLEGUNG nennt als Gründe der unterschiedlichen Auffassung und Anwendung von Rechnungslegungsnormen die Weiterentwicklung der Volkswirtschaften, „Unterscheide in Kultur, Geschichte, Tradition und Sprache“, unterschiedliche Rechnungslegungszwecke in den Mitgliedstaaten sowie unterschiedliche Rechtsstrukturen. Vgl. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 8–9. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 19. Vgl. Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on the Application of Prudence and Matching in selected European Countries, Brüssel 1994, S. 5–6. Die angloamerikanische Literatur verbindet mit einer vorsichtigen Bilanzierung den Begriff des conservatism. Erst die endgültige englische Fassung der Jahresabschlussrichtlinie enthält den Begriff „prudence“. Vgl. Evans, Lisa/Nobes, Christopher: Some mysteries relating to the prudence principle in the Fourth Directive and in German and British law, a. a. O., hier S. 363. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 10; ASB (Hrsg.): Statement of Principles of Financial Reporting, London 1999, 3.18–3.20 und 3.36 sowie ASB (Hrsg.): Financial Reporting Standard 18: Accounting Policies, London 2000. Vgl. grundlegend Euler, Roland: Das System der Grundätze ordnungsmäßiger Bilanzierung, Stuttgart 1996, S. 118–120. Ganz anders das International Accounting Standards Board (IASB), das das Vorsichtsprinzip lediglich als Bestandteil qualitativer Merkmale eines Abschlusses einordnet (RK.37). Die Überarbeitung des Framework im gemeinsamen Projekt von FASB und IASB sieht gar einen vollständigen Verzicht der Nennung des Prinzips aus Gründen der Unvereinbarkeit mit dem Prinzip der neutrality vor. Vgl. FASB/IASB: Preliminary Views on an improved Conceptual Framework for Financial Reporting: The Objective of Financial Reporting and Qualitative Characteristics of Decision-useful Financial Reporting Information (Preliminary Views Conceptual Framework), 6.7.2006, BC2.20–BC2.21; bestätigend auch in der überarbeiteten Version
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Tendenzen ergeben sich diesbezüglich bereits in den gleichermaßen verbindlichen Sprachfassungen der Richtlinie selbst, die bereits die unterschiedliche Interpretation dieser Prinzipien erahnen lassen: Während die deutsche Fassung bspw. eine strenge Durchsetzung des Vorsichtsprinzips vorsieht („muss in jedem Fall beachtet werden“), findet sich in der englischen Sprachfassung die deutlich abgeschwächtere Formulierung, dass „valuation must be made on a prudence basis“.428 Der gleichen „babylonische[n] Sprachverwirrung“ unterliegt das Realisationsprinzip, das nach der deutschen und französischen Fassung „realisierte Gewinne“ bzw. „bénéfices réalisés“ berücksichtigt sehen will, während bspw. die englische und spanische Fassung auf „profits made“ bzw. „beneficios obtenidos“429 verweisen.430 Auch erweist sich eine Untersuchung der Wortwahl des Richtliniengebers hinsichtlich des Begriffs des realisierten Gewinns als nicht stringent, bedient sich der Normsetzer doch unterschiedlicher Termini in den einzelnen Sprachfassungen (bspw. profit/gains bzw. bénéfice/plusvalue).431 Deutlich lässt sich die Unschärfe der Einzelnormen am Beispiel des Realisationsprinzips des Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) JaR aufzeigen: Die Jahresabschlussrichtlinie bestimmt lediglich, dass „[n]ur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne ausgewiesen werden“; wann dies der Fall ist, bleibt indes ungeklärt. Die FEE stellt in einer Studie zur Anwendung der Vorsicht und Matching in bestimmten Mitgliedstaaten fest, dass „[t]he interpretation of the prudence principle in individual countries may differ depending on the interpretation given to the term ‚realisation‘ or, in the terminology of the Directive, ‚profits made at the balance sheet date‘“.432 Während in Deutschland „das Realisationsprinzip aus dem Vorsichtsprinzip abgeleitet wird, interpretiert es die angloamerikanische Bilanzierungswelt […] aus dem Grundsatz der ‚periodengerechten Gewinnermittlung‘ (accrual principle) heraus“433. Eine solche Interpretation aus dem Prinzip der periodengerechten Erfolgsermittlung, das seinen als solchen verstandenen Niederschlag in Art. 31 Abs. 1 lit. d) JaR findet,434 ist im angloamerikanischen Bilanzrecht eng mit dem sog. matching principle verbunden, das die Zuordnung von Aufwendungen zu den mit ihnen erzielten Erträgen nach Maßgabe ihrer
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IASB: Exposure Draft of an improved Conceptual Framework for Financial Reporting, Mai 2008 (Exposure Draft Conceptual Framework), BC2.20–BC2.21. Auch die dänische, französische, italienische, niederländische, portugiesische und spanische Sprachfassung folgen in der Formulierung der deutschen Gewichtung des Vorsichtsprinzips. Vgl. Evans, Lisa/Nobes, Christopher: Some mysteries relating to the prudence principle in the Fourth Directive and in German and British law, a. a. O., hier S. 362–363. Die spanische Fassung i. S. eines „erzielten Gewinns“ sowie die englische Regelung unterliegen demnach einer schwächeren Wertung als die dem deutschen GoB-System zugrunde liegenden Voraussetzungen eines realisierten Gewinns. Vgl. Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, in: WPg, 51. Jg. (1998), S. 799–808, hier S. 802 (auch Zitat). Vgl. vertiefend Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 210 (Fn. 1164). Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on the Application of Prudence and Matching in selected European Countries, a. a. O., S. 5. Krawitz, Norbert: Die bilanzielle Behandlung der langfristigen Auftragsfertigung und Reformüberlegungen unter Berücksichtigung internationaler Entwicklungen, in: DStR, 35. Jg (1997), S. 886–894, hier S. 888. Vgl. Strobl, Elisabeth: Matching Principle und deutsches Bilanzrecht, in: FS Moxter 1994, S. 407–432, hier S. 419.
Verursachung regelt.435 Dieses ist in der Jahresabschlussrichtlinie nicht explizit verankert.436 (bbbb) Konsequenzen für die Richtlinientransformation Die unterschiedliche Auffassung des Realisationsprinzips durch die Mitgliedstaaten kann sehr bezeichnend am Beispiel der Bilanzierung von Fertigungsaufträgen, speziell der langfristigen Auftragsfertigung, aufgezeigt werden, die höchst unterschiedlich geregelt wurde, obwohl alle die Richtlinie (richtlinienkonform) umgesetzt haben. In Frage stehen grundsätzlich die Teilgewinnrealisierung über die Fertigungszeit nach Maßgabe des Fertigstellungsgrades (Percentage-of-Completion-Methode) oder eine Ertragsvereinnahmung nach Fertigstellung des Werks (Completed-Contract-Methode).437 Eine am Vorsichtsprinzip orientierte Interpretation des Realisationsprinzips tendiert gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) JaR zu einer Gewinnrealisierung nach Fertigstellung des Werks, während eine Bilanzierung unter dem Primat einer periodengerechten Gewinnermittlung Gewinne eher nach Maßgabe des Fertigstellungsgrads ausweist. Gemäß der letzten Betrachtungsweise würde die Completed-ContractMethode folglich dem Grundsatz des true and fair view sowie Art. 31 Abs. 1 lit. d) JaR widersprechen.438 Während sich aber bspw. in Deutschland eine Teilgewinnrealisierung aus Gläubigerschutzaspekten und damit aus Vorsichtsgründen bei der Langfristfertigung grundsätzlich verbietet,439 führt in Großbritannien die Interpretation des Realisationsprinzips (aufgrund einer strengen Orientierung an der Vermittlung eines true and fair view – auch hinsichtlich der bilanziellen Bewertung – ohne Berücksichtigung einer Gewinnanspruchsermittlung)440 zu einer sukzessiven Gewinnverwirklichung nach der Percentage-ofCompletion-Methode.441 435
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Vgl. zur Konzeption des matching principle im anglo-amerikanischen Bilanzrecht Strobl, Elisabeth: Matching Principle und deutsches Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 410–418. Vgl. Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on the Application of Prudence and Matching in selected European Countries, a. a. O., S. 12. Vgl. grundlegend z. B. Backhaus, Klaus: Die Gewinnrealisation bei mehrperiodigen Lieferungen und Leistungen in der Aktienbilanz, in: zfbf, 32. Jg. (1980), S. 347–360; Krawitz, Norbert: Die bilanzielle Behandlung der langfristigen Auftragsfertigung und Reformüberlegungen unter Berücksichtigung internationaler Entwicklungen, a. a. O., hier S. 888–894. Vgl. Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on the Application of Prudence and Matching in selected European Countries, a. a. O., S. 18. Eine Teilgewinnrealisierung in Deutschland unterliegt strengen Anforderungen. Vgl. hierzu Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 97– 104. Alexander lehnt gleichwohl die Begründung über die Anwendung der Percentage-of-Completion-Methode in Großbritannien anhand des true and fair view ab, da sich eine Anwendung dieser Methode aus den Regelungen des SSAP 9 ergibt und ein true and fair view hier nicht bemüht werden muss. Vgl. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 71–72. Vgl. Cooke, Terry E./Choudhury, Mohammed/Wallace, R. S. Olusequen: United Kingdom – Individual Account, in: Transnational Accounting, second edition, ed. by Dieter Ordelheide and KPMG Worldwide, Vol. 3, Houndmills et al.: Palgrave 2001, S. 2571–2716, hier S. 2654–2655. Die Regelungen des UK-GAAP zur Teilgewinnrealisierung finden sich im SSAP 9, dessen Regelungen zur Teilgewinnrealisierung gemäß para. 44 auch explizit nicht den Regelungen des britischen Companies Act 1985 entgegenstehen. Vgl. ASC (Hrsg.): SSAP 9 (revised 1988) Stock and long-term contracts, London 1988. Zur Entwicklung der Regelungen in Fragen der Langfristfertigung nach englischem Recht vor dem Hintergrund eines true and fair view vgl. Forker, John/Greenwood, Margaret: European harmonization and the true and fair view – The
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Innerhalb dieser beiden Extreme bewegen sich die Normen der anderen EU-Mitgliedstaaten:442 In Österreich bspw. dürfen bei Aufträgen, die länger als 12 Monate dauern, angemessene Teile der Verwaltungs- und Vertriebskosten angesetzt werden, wenn eine verlässliche Kostenrechnung existiert und aus dem Auftrag keine Verluste drohen.443 Belgiens Rechnungslegungssystem steht seit jeher unter dem Primat des Vorsichtsprinzips, obwohl dieses zunehmend aufgeweicht wird, so dass sowohl die sog. Completed-Contract-Methode als auch die Percentage-of-Completion-Methode wahlweise angewendet werden darf.444 Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden bspw. stellen beide Methoden mit unterschiedlichen Gewichtungen zur Auswahl, jedoch besteht zunehmend eine Tendenz hin zur Percentage-of-Completion-Methode; in Norwegen ist alleine die Percentage-of-Completion-Methode zulässig.445 Die Umsetzungsproblematik liegt somit maßgeblich in der Reichweite des Einblicksgebots: Orientiert man die Bilanzierung durch die aufgezeigte Bindung der Jahresabschlussrichtlinie an die Kapitalrichtlinie an seinem Ausschüttungsbemessungszweck, führt dies unter Gläubigerschutzaspekten zu einem vorsichtig zu ermittelnden ausschüttungsfähigen Gewinn. Diese Größe entspricht jedoch nicht der effektiven Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, an der Gesellschafter interessiert sind, da sich deren Informationsbedürfnisse an einem zukunfts-, abschlussstichtags- und vergangenheitsorientierten Zahlungsstrom orientieren;446 die Einzelnormen wirken daher als Einblicksgrenze. Wendet man die Einzelnormen hingegen dergestalt an, dass einem true and fair view in jedem Fall entsprochen wird, kommt es im Zweifel zu einer Verdrängung von Einzelnormen, insbesondere des Vorsichtsprinzips.447 Eine Zurückdrängung von Vorsichts- und Objektivierungsprinzipien zu Gunsten eines übergeordneten Einblicksgebots führt wiederum zu Umsetzungsspielräumen und letztlich zu einer breiten Gewinnrealisierung, was aber der bilanziellen Gewinnermittlung entgegensteht.448
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case of long-term contracts in the UK, in: EAR, Vol. 4 (1995), S. 1–31, hier S. 4–15. Vertiefend auch Barz, Katja: Die Auswirkungen von Rechnungslegungsunterschieden auf die Ermittlung ausschüttbarer Gewinne der britischen „public company limited by shares“ und der deutschen Aktiengesellschaft, Frankfurt u. a. 1995, S. 148–153. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Daten aus dem Jahr 2001. Da es aber um die Umsetzungsunterschiede der Jahresabschlussrichtlinie geht, die letztlich zur Übernahme der IFRS in Europa geführt haben, kann hierdurch die eigentliche Problematik gut aufgezeigt werden. Vgl. Wagenhofer, Alfred: Austria – Individual Accounts, in: Transnational Accounting, second edition, ed. by Dieter Ordelheide and KPMG Worldwide, Vol. 1, Houndmills et al.: Palgrave 2001, S. 236–318, hier S. 293. Vgl. Jorissen, Ann/Oostveldt, Karel M. van: Belgium – Individual Accounts, in: Transnational Accounting, second edition, ed. by Dieter Ordelheide and KPMG Worldwide, Vol. 1, Houndmills et al.: Palgrave 2001, S. 375–467, hier S. 393, 426 und S. 437–438. Vgl. Ordelheide, Dieter/D’Arcy Anne: A Reference Matrix – Individual Accounts, in: Transnational Accounting, second edition, ed. by Dieter Ordelheide and KPMG Worldwide, Vol. 1, Houndmills et al.: Palgrave 2001, S. RM-40–RM-45. Vgl. hierzu Moxter, Adolf : Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 108–109. Vgl. Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenem deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 357. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Verhältnis von handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung und
Entscheidend ist die Interpretation der bilanziellen Gewinngröße: Während ein an der Informationsvermittlung orientierter Gewinn eine Zurückdrängung des Vorsichtsprinzips bedeutet – dies wird am Beispiel der Langfristfertigung deutlich –, bedeutet ein Gewinn als Ausschüttungsregelungsgröße eine Verzerrung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.449 Dieser Konflikt spiegelt sich in der Umsetzung der Richtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten wider. Während in einer angelsächsischen Rechnungslegungstradition Vorsichtsund Objektivierungsprinzipien aufgrund einer weniger engen Bindung von Handels- und Steuerbilanzrecht450 zurückgedrängt werden und der Gewinn damit nicht primär als Ausschüttungsgröße dient, stellen ebendiese Prinzipien in den Ländern, deren Bilanzierung sich an einem vorsichtig bemessenen ausschüttungsfähigen Gewinn orientiert, die Grundpfeiler der Bilanzierung dar.451 Als Transformationspole stehen sich somit Großbritannien und Deutschland in ihren teilweise entgegengesetzten Bilanzierungspositionen gegenüber. Da es dem EuGH obliegt, Gemeinschaftsrecht auszulegen, soll im Folgenden versucht werden, über die zum Bilanzrecht ergangenen Urteile Rückschlüsse hinsichtlich des Regelungswillens des europäischen Gesetzgebers zu ziehen. 4.
Rückschlüsse der objektiven Gesetzesauslegung des EuGH auf den Regelungswillen durch die bisherige EuGH-Rechtsprechung im Bilanzrecht
a)
Das Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 EGV im Rahmen des Rechtschutzes vor den europäischen Gerichten
aa)
Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens
Art. 234 EGV stellt ein bedeutsames „Instrument für die Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten“452 zur Verfügung, nach dem nationale Gerichte mittels des Vorabentscheidungsverfahrens berechtigt bzw. verpflichtet sind, dem Gerichtshof Fragen „über die Auslegung“ bzw. „Gültigkeit“ von Gemeinschaftsrecht vorzulegen.453 Art. 234 EGV sorgt folglich „für einen Brückenschlag und fördert einen weiterführenden Dialog
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True-and-Fair-View-Gebot bei Kapitalgesellschaften, in: FS Budde, S. 419–429, hier S. 425. Vgl. Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenem deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 358. Vgl. Haller, Axel: Financial accounting developments in the European Union: past events and future prospects, a. a. O., hier S. 157. Vgl. Auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Die Zukunft der Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung in den Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 23. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Verhältnis von handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung und True-and-Fair-View-Gebot bei Kapitalgesellschaften, a. a. O., hier S. 424–425; Haller, Axel: Financial accounting developments in the European Union: past events and future prospects, a. a. O., hier S. 157. EuGH-Urteil vom 16. Juli 1992, Rs. C-83/91 (Meilicke), a. a. O., Rn. 22. Der EuGH bestätigt in ständiger Rechtsprechung das Vorabentscheidungsverfahren als ein solches Instrument. Vgl. z. B. auch EuGH-Urteil vom 8. November 1990, Rs. C-231/89 (Gmurzynska-Bscher), Slg. 1990, I-4003, Rn. 13. Neben dem Ziel einer einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts kommt dem Vorabentscheidungsverfahren auch hinsichtlich des Individualrechtschutzes eine wichtige Bedeutung zu. Vgl. Calliess, Christian: Rechtsfortbildung und Richterrecht in der EU, in: Institut für Völkerrecht der Universität Göttingen, Abteilung Europarecht – Göttinger Online-Beiträge zum Europarecht, Nr. 28, 28.7.2005, S. 1213.
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zwischen den staatlichen Gerichten und dem EuGH“454. Als prozessuales Zwischenverfahren455 dient das Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH als Entscheidungshilfe. Es ist folglich kein selbstständiges Streitverfahren, so dass die Entscheidungszuständigkeit Prärogative des vorlegenden Gerichts ist.456 Gleichwohl entfaltet die Entscheidung des EuGH für das vorlegende Gericht Bindungswirkung und verlangt aufgrund ihres präjudikativen Charakters ggf. eine erneute Vorlage vor dem EuGH, sollte ein anderes Gericht der Entscheidung nicht folgen wollen.457 Vorlageberechtigt im Sinne des Vorabentscheidungsverfahrens sind gemäß Art. 234 Abs. 2 EGV grundsätzlich alle mitgliedstaatlichen Gerichte, die dem „autonom gemeinschaftsrechtlich bestimmten Gerichtsbegriff“458 folgen.459 Eine Vorlagepflicht ergibt sich hingegen gemäß Art. 234 Abs. 3 EGV für ein letztinstanzliches Gericht, „dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“.460 Die Vorlagepflicht wird jedoch verneint, wenn die zu entscheidende Frage bzw. eine gleichgelagerte Fragestellung nicht entscheidungserheblich ist,461 bereits Gegenstand einer Vorabentscheidung gewesen war462 oder zu einer gesicherten Rechtsprechung des EuGH geführt hat,463 bzw. wenn „keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel“464 bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts bestehen465.466 Letzt genannter Grund unterliegt jedoch 454
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Schwarze, Jürgen: Grundzüge und neuere Entwicklung des Rechtschutzes im Recht der Europäischen Gemeinschaft, in: NJW, 45. Jg. (1992), S. 10651072, hier S. 1071; vgl. auch Due, Ole: Pourqoui cette solution?, in: FS Everling, S. 273–282, hier S. 276. Vgl. Ferrand, Frédérique: Das Vorabentscheidungsverfahren aus französischer Sicht, in: RabelsZ, 66. Jg. (2002), S. 391416, hier S. 394; Dauses, Manfred: Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EGVertrag, a. a. O., S. 39. Vgl. Dauses, Manfred A.: Aufgabenteilung und justizieller Dialog zwischen den einzelstaatlichen Gerichten und dem EuGH als Funktionselemente des Vorabentscheidungsverfahrens, a. a. O., hier S. 224 und 230. Vgl. Groh, Manfred: Bilanzrecht vor dem EuGH, a. a. O., hier S. 1206. Wegener, Bernhard: Kommentierung zu Art. 234 EGV, in: Calliess/Ruffert, Rn. 11. Der EuGH hat die Anforderungen eines vorlegenden Gerichts anhand bestimmter Kriterien konkretisiert. Vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 30. Juni 1966, Rs. 61/65 (Vaassen-Göbbels), Slg. 1966, 584. Hierbei ist strittig, wie der Begriff des letztinstanzlichen Gerichts auszulegen ist. Eine gefestigte Rechtsprechung durch den EuGH existiert hierzu noch nicht. Die strittige Unterscheidung basiert auf einer konkreten und einer abstrakten Betrachtungsweise, wobei Erstere auch solche Gerichte als letztinstanzlich betrachtet, deren Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, und Letztere auf eine institutionelle Betrachtung abstellt und sich mithin auf eine hierarchische Ordnung bezieht. Hinsichtlich des zu gewährleistenden Rechtschutzgedankens ist sicherlich der konkreten Betrachtungsweise Vorzug zu geben. Vgl. Schwarze, Jürgen: Kommentierung zu Art. 234 EGV, in: Schwarze EU-Kommentar, Rn. 41. Vgl. EuGH-Urteil vom 6.Okotber 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 21. Vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 13. Ferner EuGH-Urteil vom 27. März 1963, Rs. 28/62 (Da Costa), Slg. 1963, 63, 80, mit dem auch der Begriff der acte éclairé in Verbindung gebracht wird. Vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 10–14. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 16. Dieser Fall wird oft mit der Theorie des „acte clair“ begründet, die sich auf das französische Recht bezieht, in dem der Exekutiven die Auslegungsgewalt und der Judikatur die reine Anwendung völkerrechtlicher Verträge obliegt. Bedarf es einer Auslegung, muss um eine Klärung ersucht werden; hierbei wurde durch die Gerichte die Acte-Clair-Doktrin entwickelt, nach der in unzweifelhaften Anwendungsfragen auf eine Klärung durch die Exekutive verzichtet wurde. Diese Doktrin wurde durch ein vorlegendes französisches Gericht auf das Europäische Recht übertragen, was jedoch im europarechtlichen Schrifttum vor allem mit der Begründung der Gefahr einer „Aushöhlung des Vorabentscheidungsverfahrens“ weitestgehend abgelehnt wird, auch da es weiterhin dem auslegenden Gericht obliege, über die Klarheit einer Norm zu entscheiden.
der Bedingung, dass das vorlegende Gericht davon überzeugt sein muss, „dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit“467 über die Entscheidung bestehen würde. Aufgrund der europäischen Sprachenvielfalt, der unterschiedlichen Auslegungen von Rechtsbegriffen sowie der kulturellen Eigenheiten eines jeden nationalen Rechtssystems werden gleichwohl regelmäßig vernünftige Zweifel über eine Anwendungsfrage bestehen bleiben, die eine Zurückweisung der Vorlage aufgrund einer so offenkundigen Anwendung des Gemeinschaftsrechts unwahrscheinlich erscheinen lassen.468 Entfällt aus einem dieser Gründe die Vorlagepflicht, bleibt das Recht zur Vorlage gleichwohl erhalten.469 bb)
Vorlagerecht und Vorlagepflicht im europäischen Bilanzrecht im Rahmen einer überschießenden Umsetzung und mittelbaren Verweisung
(aaaa) Grundsätzliche Zuständigkeit des EuGH für überschießend geregeltes Recht Nach vorstehenden Ausführungen ergibt sich die Frage, inwieweit sich die Vorlagefrage und damit eine richtlinienkonforme Auslegung auch auf eine überschießende Umsetzung des Gemeinschaftsrechts im Falle von Richtlinien erstreckt:470 Da Richtlinien nur hinsichtlich des Ziels für Mitgliedstaaten verbindlich sind, kann eine Umsetzung im Falle einer Mindestregelungslösung auch über das vorgegebene Ziel der Richtlinie hinaus, d. h. überschießend, möglich sein. So setzte bspw. der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der Jahresabschlussrichtlinie in weiten Teilen nicht nur für die von der Richtlinie erfassten Kapitalgesellschaften und atypischen Personengesellschaften um, sondern schloss bei ihrer Umsetzung durch §§ 238–263 HGB zugleich auch allgemeine Regelungsnormen für alle Kaufleute mit ein,471 für welche die Überlegung der Notwendigkeit der Beachtung des Gemeinschaftsrechts bei Anwendung und Auslegung der Normen zu hinterfragen ist. Gleichermaßen ergibt sich die Frage nach der Zuständigkeit des EuGH für solche Rechtsgebiete, in denen sich das harmonisierte Gemeinschaftsrecht auf ein angrenzendes nicht
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Vgl. hierzu Dauses, Manfred: Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 177 EG-Vertrag, a. a. O., S. 113– 117 (Zitat, S. 114). Vgl. zu den Gründen, die zu einer Zurückweisung der Vorlage führen, bzw. von einer Vorlagepflicht ausnahmsweise absehen, auch Malferrari, Luigi: Zurückweisung von Vorabentscheidungsersuchen durch den EuGH – Systematisierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen und Reformvorschlägen zu Art, 234 EGVertrag –, Baden-Baden 2003, S. 264–265. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 16. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, Wiesbaden 2002, S. 62; Groh, Manfred: Bilanzrecht vor dem EuGH, a. a. O., hier S. 1208. Zu den Ausführungen der Bedingungen vgl. auch EuGH-Urteil vom 6.Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., 3430 (Rn. 16–21). Vgl. Lenz, Carl-Otto/Grill, Gerhard: Zum Verhältnis zwischen dem Bundesfinanzhof und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., hier S. 114. Unter der sog. überschießenden Umsetzung einer Richtlinie versteht man eine freiwillige Orientierung nationalen Rechts an europäischen Vorgaben. In der Literatur wird dieses Phänomen auch unter dem Begriff der autonomen Harmonisierung diskutiert. Vgl. zur Einordnung und m. w. N. Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 54. Vgl. Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 31.
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harmonisiertes Rechtsgebiet nur mittelbar auswirkt. Dies ist bspw. der Fall, wenn ein nationales Gesetz auf ein anderes verweist, das Gemeinschaftsrecht umsetzt. Hinsichtlich des europäischen Bilanzsteuerrechts fordert diese Fragestellung eine Klärung insbesondere für diejenigen Länder, deren Handelsbilanzrecht mit dem Steuerbilanzrecht gesetzlich miteinander verknüpft ist,472 da hierdurch auch das durch die Harmonisierungsmaßnahme nicht unmittelbar erfasste Recht der steuerlichen Gewinnermittlung durch Verweisung mittelbar beeinflusst wird.473 Der EuGH nahm zur Zuständigkeit in Vorabentscheidungsersuchen für die Auslegung überschießenden Rechts bereits verschiedentlich in seinen Urteilen Stellung.474 Als grundlegend erweist sich die Rechtsprechung des EuGH zum Fall Dzodzi, bei dem aufgrund einer nationalen Regelung das Gemeinschaftsrecht außerhalb seines ursprünglichen Geltungsbereichs Geltung erhält.475 In diesem Fall bejahte der EuGH die Zuständigkeit über die Auslegung des überschießend geregelten Bereichs in teleologischer Auslegung mit der Begründung, dass „für die Gemeinschaftsrechtsordnung […] ein offensichtliches Interesse daran [bestehe], dass jede Bestimmung des Gemeinschaftsrechts unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewandt werden soll, eine einheitliche Auslegung erhält, damit künftige unterschiedliche Auslegungen verhindert werden“476.
An seiner Zuständigkeit hält der EuGH auch weiterhin fest477 und bestätigt in der Rechtssache 472
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Mit Ausnahme von Irland und den Niederlanden folgen alle Länder der Europäischen Union einer Form der Maßgeblichkeit. Vgl. Gammie QC, Malcom/Giannini, Silvia/Klemm, Alexander/ Oestreicher, Andreas/Parascandolo, Paola/Spengel, Christoph: Achieving a Common Consolidated Corporate Tax Base in the EU, Centre for European Policy Studies (CEPS), Brüssel 2005, S. 23. Eine Relevanz hinsichtlich der Auslegungsfrage durch den EuGH ergibt sich für diejenigen Länder, in denen eine Form der Maßgeblichkeit gesetzlich verankert ist. Vgl. zu den einzelnen Formen der Maßgeblichkeit. Wartenburger, Lucas: § 9 Die IAS als Basis steuerlicher Rechnungslegung – Diskussion in anderen Mitgliedstaaten, in: Schön, Wolfgang: Steuerliche Maßgeblichkeit in Deutschland und Europa, Köln 2005, S. 697–726, hier S. 700. Vgl. Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 36. Vgl. zu einer Ausführung und vertiefenden Würdigung der Verfahren – auch der neueren Rechtsprechung – und Ausführungen zu den Positionen der Gegenanwälte Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 127145. Bereits in der Rechtsache Thomasdünger lag dem EuGH ein Sachverhalt vor, der auf nationalem Recht basierte, das auf Gemeinschaftsrecht verwies. Indes nahm der EuGH zu der Zuständigkeitsproblematik keine Stellung. Vgl. EuGH-Urteil vom 26. September 1985, Rs. 166/84 (Thomasdünger), Slg. 1985, 3001. Vgl. EuGH-Urteil vom 18. Oktober 1990, verbundene Rs. 297/88 und C-197/89 (Dzodzi), Slg. 1990, I3763. Zur genauen Untersuchung der Dzodzi-Rechtsprechung für überschießend geregelte Sachverhalte vgl. Bärenz, Christian: Zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf das Steuerbilanzrecht, Berlin 2004. EuGH-Urteil vom 18. Oktober 1990, verbundene Rs. 297/88 und C-197/89 (Dzodzi), a. a. O., Rn. 37. Diese Argumentation wurde durch den EuGH mehrfach bestätigt. Den Ausgangspunkt über die Rechtsprechung zu überschießenden Sachverhalten bildet das EuGH-Urteil vom 26. September 1985, Rs. 166/84 (Thomasdünger), a. a. O., in dem der EuGH erstmals seine Zuständigkeit bejahte, wobei es sich nicht um die Auslegung einer Richtlinie, sondern um den Gemeinsamen Zolltarif (GZT) handelte. Auch das Urteil Gmurzynska-Bscher betraf eine mittelbare Geltung des Gemeinschaftsrechts hinsichtlich der Auslegung des GZT. Vgl. EuGH-Urteil vom 08. November 1990, Rs. C-231/89 (Gmurzynska-Bscher), a. a. O.. Vgl. m. w. N. Habersack, Mathias/Mayer, Christian: Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, in: JZ, 54. Jg. (1999), S. 913921, hier S. 917. Weiterhin bejahte der EuGH seine Zuständigkeit in überschießendem Recht in den Sachen Federconsorzi (EuGH-Urteil vom 25. Juni 1992, Rs. C-88/91, Slg. 1992, I-4035) und Fournier (EuGH-Urteil vom 12. November 1992, Rs. C-73/89, Slg. 1992, I-5621). Einen Überblick und eine ausführliche Diskussion zu den einzelnen Urteilen leistet Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 174223. In der Rs. C-346/94 (Kleinwort
Leur-Bloem478 seine sog. „Dzodzi-Rechtsprechung“479 und damit seine Auslegungskompetenz auch in Bereichen überschießend umgesetzten Rechts.480 Maßgebend für die Zulässigkeit einer Vorlagefrage in überschießend geregeltem Recht an den EuGH ist, dass das nationale Gericht die Auslegung des Gemeinschaftsrechts für den konkreten Fall für entscheidungserheblich hält.481 In der Literatur wird diese Rechtsprechung kontrovers diskutiert.482 Auch die Frage, ob eine Vorlagepflicht für letztinstanzliche Gerichte in überschießenden Sachverhalten besteht, ist umstritten: Während der EuGH in seinem Kooperationsverhältnis gemäß Art. 234 EGV als zusätzliche Instanz im Rahmen eines Vorlagerechts die nationale Judikatur nicht beeinflusst, würde eine Vorlagepflicht bei Nichtvorlage einen Eingriff in die nationale Gerichtsbarkeit bedeuten.483 Nur hinsichtlich eines wirksamen Rechtschutzes zu Gunsten einer einheitlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts wäre eine Bejahung der Vorlagepflicht zu befürworten.484
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Benson) lehnt der EuGH seine Zuständigkeit mangels einer Verweisung von nationalem auf Gemeinschaftsrecht ab. Vgl. EuGH-Urteil vom 25. März 1995, Rs. C-346/93 (Kleinwort Benson), Slg. 1995, I-615, Rn. 16. Zur Kritik hierzu vgl. Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 223. Vgl. EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997, Rs. C-28/95 (Leur-Bloem), a. a. O., Rn. 27. Im besagten Urteil weist der EuGH auf diejenigen Urteile hin, in denen er seine Zuständigkeit in Vorabentscheidungsersuchen bejaht hat, „die Gemeinschaftsvorschriften in Fällen betrafen, in denen der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht unter das Gemeinschaftsrecht fiel, aber die genannten Vorschriften entweder durch das nationale Recht oder aufgrund bloßer Vertragsbestimmungen für anwendbar erklärt worden waren“. Namentlich fallen unter die Dzodzi-Rechtsprechung damit die Urteile: „Dzodzi und Gmurzynska-Bscher sowie die Urteile vom 26. September 1985 in der Rechtssache 166/84, Thomasdünger, Slg. 1985, 3001, und vom 24. Januar 1991 in der Rechtssache C-384/89, Tomatis und Fulchiron, Slg. 1991, I-127, und in Bezug auf die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nach Vertragsbestimmungen die Urteile vom 25. Juni 1992 in der Rechtssache C-88/91, Federconsorzi, Slg. 1992, I-4035, und vom 12. November 1992 in der Rechtssache C-73/89, Fournier, Slg. 1992, I-5621“. EuGHUrteil vom 17. Juli 1997, Rs. C-28/95 (Leur-Bloem), a. a. O., alle Zitate Rn. 27. Vgl. zur ausführlichen Darstellung und Analyse Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 127–133. Vgl. Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 120; Habersack, Mathias/Mayer, Christian: Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, a. a. O., hier S. 919; Bärenz, Christian: Zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf das Steuerbilanzrecht, a. a. O., S. 93 und S. 214–215. Die Entscheidungserheblichkeit ist allein vom nationalen Gericht zu beurteilen. Vgl. ausführlich hierzu Schnorbus, York: Autonome Harmonisierung in den Mitgliedstaaten durch die Inkorporation von Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 697. Die Zuständigkeit des EuGH unter Bezugnahme der Reichweite des Art. 234 EGV bejahend vgl. z. B. Schnorbus, York: Autonome Harmonisierung in den Mitgliedstaaten durch die Inkorporation von Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 696. Vgl. mit der Begründung der Gefahr einer gespaltenen Auslegung der nationalen Rechtsnorm bejahend Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 147. Vgl. zur Diskussion vertiefend Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O. S. 206–208; Schmid, Martina: Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG, a. a. O., S. 37. Aufgrund eines fehlenden Geltungsbereichs des Gemeinschaftsrecht in überschießend geregeltem Recht hingegen ablehnend vgl. z. B. Bärenz, Christian: Zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf das Steuerbilanzrecht, a. a. O., S. 35, S. 214–215; Habersack, Mathias/Mayer, Christian: Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, a. a. O., hier S. 919. So auch Schlussanträge des Generalanwalt Darmon vom 3. Juli 1990, verb. Rs. C-297/88 und C-197/89 (Dzodzi), Slg. 1990 I, 3778, Rn. 8–9, 11. Ebenso wird die Zuständigkeit des Gerichtshofs in überschießenden Sachverhalten als kritisch erachtet, da hierdurch ein starker Anstieg der Vorlageersuche befürchtet wird. Vgl. Bärenz, Christian: Keine gemeinschaftsrechtliche Vorlagepflicht des BFH gemäß Art. 234 EGV im Bilanzsteuerrecht, In: DStR, 39. Jg. (2001), S. 692–696, hier S. 694–695. Vgl. Habersack, Mathias/Mayer, Christian: Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, a. a. O., hier
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(bbbb) Keine Vorabentscheidungskompetenz in bilanzsteuerrechtlichen Fragen Obwohl der EuGH bisher dreimal zu Fragen des deutschen Bilanzsteuerrechts485 und einmal explizit betreffend das Recht von Personengesellschaften486 Stellung genommen hat, ist eine Vorabentscheidungskompetenz aufgrund eines fehlenden Bezugs zum Gemeinschaftsrecht des EuGH abzulehnen:487 Die Gegner der Vorabentscheidungskompetenz des EuGH – betreffend das (deutsche) Bilanzrecht488 – verweisen darauf, dass sich die Verweisung des § 5 Abs. 1 EStG auf den unbestimmten Rechtsbegriff der GoB beziehe, der selbst nicht Gegenstand der Richtlinie sei und demnach auch keinen Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweise.489 Ebenso bewirke die rechtstechnisch dynamische Außenverweisung des § 5 Abs. 1 EStG eine direkte Übernahme der handelsrechtlichen Normen in das Steuerrecht und sei dadurch der Entscheidungskompetenz des EuGH entzogen.490 Kolb zeigt auf, dass § 5 Abs. 1
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S. 919; Trotz der oben genannten Bedenken später befürwortend Bärenz, Christian: Zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf das Steuerbilanzrecht, a. a. O., S. 214–215, S. 238. Vgl. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O.; EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), Slg. 1999, I-5331; EuGHUrteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O.. Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O.. In dieser Rechtsache nimmt der EuGH erstmals explizit Stellung zu seiner Vorabentscheidungskompetenz: Diese ergibt sich nun nicht mehr nur für Kapitalgesellschaften oder im Bereich des gesamten Bilanzrechts, sondern auch für Fragen des Bilanzsteuerrechts. Vgl. Dziadkowski, Dieter: Anmerkung zum EuGH-Urteil Rs. C-306/99 vom 7.1.2003, in: IStR, 12. Jg. (2003), S. 100–101, hier S. 100. Diese „weite Auslegungszuständigkeit“ und deren Anerkennung vermögen nach DE WEERTH eine Normspaltung zu verhindern. Vgl. De Weert, Jan: Bilanzsteuerrecht und Europarecht: Anmerkungen zum BIAO-Urteil des EuGH, in: RIW, 49. Jg. (2003), S. 460–463, hier S. 461 (auch Zitat). A. A. und somit die Zuständigkeit des EuGH bejahend: Kropff, Bruno: Phasengleiche Gewinnvereinnahmung aus der Sicht des Europäischen Gerichtshofs, in: ZGR, 26. Jg. (1997), S. 115–128; Bärenz, Christian: Der EuGH und das deutsche Steuerbilanzrecht – Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 7.1.2003, C-306/99, BIAO, in: DStR, 41. Jg. (2003), S. 492–495; Meilicke, Wienand: Zur Vorlagepflicht des BFH in Bilanzierungsfragen von Personengesellschaften und Einzelunternehmen, in: BB, 56. Jg. (2001), S. 40–41; Dziadkowski, Dieter: Zuständigkeit des EuGH in Bilanzierungsfragen – zugleich Anmerkung zu EuGH, Urt. v. 7.1.2003 – Rs. C-306/99, FR 2003, 561 ff. –, in: FR, 85. Jg. (2003), S. 552–555; Broer, Frank: Vorlagepflicht des BFH beim EuGH in bilanzsteuerrechtlichen Fragen, in: RIW, 47. Jg. (2001), S. 756–765; De Weerth, Jan: Bilanzrecht und Europarecht, in: RIW, 42. Jg. (1996), S. 763–765; Schütz, Robert: Der EuGH und die deutsche Steuerbilanz, in: DB, 56. Jg. (2003), S. 688–691. BEISSE hat explizit seine frühere Auffassung der Bejahung der Vorlagepflicht des BFH aufgegeben. Vgl. Beisse, Heinrich: „True and fair view“ in der Steuerbilanz? – Keine Anrufung des EuGH in steuerbilanzrechtlichen Fragen -, in: DStZ, 86. Jg. (1998), S. 310–317, hier S. 315; ebenfalls ablehnend Kolb, Franz-Josef: Der Maßgeblichkeitsgrundsatz als Schleuse zum Gemeinschaftsrecht?, in: FS Rädler, S. 377–401, hier S. 398–399; Hermanns, Tillmann: Ist der EuGH für Fragen des deutschen Bilanzsteuerrechts zuständig? Gleichzeitig Besprechung des EuGH-Urt. v. 14.9.1999 – Rs. C-275/97, in: GmbHR, 90. Jg. (1999), S. 1123–1132, hier S. 1125; Schulze-Osterloh, Joachim: Deutsches Bilanzrecht und Ertragsteuerrecht vor dem Europäischen Gerichtshof, a. a. O., hier S. 283–286; Hennrichs, Joachim: Die Bedeutung der EG-Bilanzrichtlinie für das deutsche Handelsbilanzrecht, in: ZGR, 26. Jg. (1997), S. 66–88; Hoffmann, Wolf-Dieter: Quo vadis deutsches Bilanzsteuerrecht?, in: DB, 54. Jg. (2001), S. 452–453; MEYER-ARNDT, LÜDER verneint eine Vorlagepflicht für Nicht-Kapitalgesellschaften, bejaht aber eine Vorlagepflicht für Kapitalgesellschaften in bilanzsteuerrechtlichen Fragen basierend auf § 5 EstG; vgl. Meyer-Arndt, Lüder: Die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für das Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1624–1625. Vgl. Weber-Grellet, Heinrich: Bilanzrecht im Lichte, Bilanzsteuerrecht im Schatten des EuGH, in: DB, 49. Jg. (1996), S. 2089–2092, hier S. 2092. Vgl. Weber-Grellet, Heinrich: Bilanzrecht im Lichte, Bilanzsteuerrecht im Schatten des EuGH, a. a. O., hier S. 2092. Anderer Ansicht Bärenz, Christian: Zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf das Steuerbilanzrecht, a. a. O., S. 214–215, S. 229, der den gemeinschaftsrechtlichen Einfluss mit der materiellen
EStG eine rechtsformunabhängige Verweisung darstellt, die sich auf die Bilanznormen bezieht, die alle Kaufleute betreffen. Die rechtsformspezifische Umsetzung des True-and-fairview-Grundsatzes der 4. EG-Richtlinie fordert folglich ein richtlinienkonformes Handelsbilanzrecht nur für Kapitalgesellschaften. Gesetzessystematisch führt der vom Gesetzgeber gewollte Doppelcharakter dieser Rechtsnormen, einerseits als GoB und andererseits als Teilumsetzung der 4. EG-Richtlinie,491 demnach dazu, dass die rechtsformunabhängige Verweisung des § 5 Abs. 1 EStG ohne gemeinschaftsrechtlichen Bezug bleibt und der Vorabentscheidungskompetenz des EuGH entzogen ist.492 Diese (entscheidende) Differenzierung zwischen den allgemeinen Vorschriften für alle Kaufleute und den speziellen Vorschriften für Kapitalgesellschaften wird durch den EuGH in der Rechtssache C-275/97 nicht beachtet, wenn er vor dem Hintergrund seiner Zuständigkeitskompetenz lediglich auf das HGB als Grundlage des Steuerrechts verweist.493 Dies würde konsequenterweise zu einer Ausweitung des GoB-Begriffs auf alle transformierten Vorschriften, wie auch den true and fair view, führen und damit auch eine Auslegungskompetenz in steuerrechtlichen Fragen begründen.494 Eine fehlende Kompetenz zur Auslegungsfrage des EuGH im Bereich der Vorschriften für alle Kaufleute495 bei Nicht-Kapitalgesellschaften496 führt konsequenterweise zu einer gespaltenen Auslegung im Bilanzrecht, da nur bei Kapitalgesellschaften eine richtlinienkonforme Auslegung maßgebend ist.497 Auch Fresl stimmt der aufgezeigten Konsequenz und der Normspaltungsthese von Beisse unter Diskussion des Vorrangs der richtlinienkonformen Auslegung zu und lehnt aufgrund der lediglich mittelbaren Beeinflussung des
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Begriffsidentität bzw. Parallelregelung begründet. FRESL weist darauf hin, dass dies jedoch dem Willen des Gesetzgebers widersprechen würde. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 69. Vgl. Beisse, Heinrich: „True and fair view“ in der Steuerbilanz? – Keine Anrufung des EuGH in steuerbilanzrechtlichen Fragen -, a. a. O., hier S. 314. Vgl. zu dieser Ausführung Kolb, Franz-Josef: Der Maßgeblichkeitsgrundsatz als Schleuse zum Gemeinschaftsrecht?, a. a. O., hier S. 392–398. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), Slg. 1999, I5331, Rn. 19. So auch in der Rs. C-306/99 (BIAO). Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 90. So Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, in: zfbf, 53. Jg. (2001), S. 366–390, hier S. 374–375. BEISSE nennt dies die Umsetzungsmasse I, während die Vorschriften für Kapitalgesellschaften die Umsetzungsmasse II darstellen. Vgl. Beisse, Heinrich: „True and fair view“ in der Steuerbilanz? – Keine Anrufung des EuGH in steuerbilanzrechtlichen Fragen -, a. a. O., hier S. 314. Anderer Ansicht Hennrichs, Joachim: Die Bedeutung der EG-Bilanzrichtlinie für das deutsche Handelsbilanzrecht, a. a. O., hier S. 78. Vgl. Beisse, Heinrich: „True and fair view“ in der Steuerbilanz? – Keine Anrufung des EuGH in steuerbilanzrechtlichen Fragen -, a. a. O., hier S. 315. BEISSE gibt damit die von ihm früher vertretene These einer einheitlichen Auslegung des allgemeinen Bilanzrechts auf. Vgl. Beisse, Heinrich: Grundsatzfragen der Auslegung des neuen Bilanzrechts, in: BB, 45. Jg. (1990), S. 2007–2012, hier S. 2009. Der Normspaltungsthese zustimmend Kolb, Franz-Josef: Der Maßgeblichkeitsgrundsatz als Schleuse zum Gemeinschaftsrecht?, a. a. O., hier S. 398–399; SCHULZE-OSTERLOH schwächt die Gefahr einer gespaltenen Auslegung aufgrund einer grundsätzlichen materiellen Übereinstimmung der Regelungen von Personen- und Kapitalgesellschaften ab, weist aber zugleich auf die Gefahren einer Normspaltung hin. Vgl. SchulzeOsterloh, Joachim: Deutsches Bilanzrecht und Ertragsteuerrecht vor dem Europäischen Gerichtshof, a. a. O., hier S. 284–285.
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Bilanzsteuerrechts durch das Gemeinschaftsrecht eine Zuständigkeit des EuGH ab.498 Moxter führt gegen die Vorabentscheidungskompetenz das Argument der Mindestanforderung der Jahresabschluss-Richtlinie an: Da der europäische Gesetzgeber hinsichtlich der Gewinnermittlungsnormen aufgrund von Wahlrechten die Konkretisierung bewusst der nationalen Judikatur überließ und den Mitgliedstaaten Ermessens- und Gestaltungsspielraum ermöglichte, liegen diese außerhalb der Regelungsabsicht und stellen somit kein durch den EuGH auslegbares Gemeinschaftsrecht dar.499 Dies gilt auch für implizite500 bzw. verdeckte Wahlrechte, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihr nationales Recht fortzuführen.501 Durch eine detaillierte Informationsvermittlung hinsichtlich der angewandten Gewinnermittlungsmethoden lässt sich das unkoordinierte Gewinnermittlungsrecht kompensieren.502 b)
Würdigung der EuGH-Rechtsprechung hinsichtlich des historischen Regelungswillens
aa)
Sachverhaltsdarstellung und Urteilsbegründung der Urteile Tomberger/Wettern GmbH, DE+ES Bauunternehmung GmbH und BIAO
aaa)
Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH)
Erstmals wurde dem EuGH 1994 eine Frage zum Bilanzrecht vorgelegt.503 In der Rechtssache C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH)504 hatte er über die Frage zu entscheiden, ob es gegen das Realisationsprinzip gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) JaR und Art. 59 JaR verstoße, wenn eine Muttergesellschaft, die im Konzernverbund zu 100 v. H. an der Tochtergesellschaft beteiligt ist, beide Gesellschaften identische Geschäftsjahre haben und die Feststellung des Jahresabschlusses sowie der Gewinnverwendungsbeschluss der Tochter vor dem Ende der Jahresabschlussprüfung der Muttergesellschaft erfolgt, den Gewinnanspruch phasengleich aktiviert.505 498 499
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Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 65–85. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1463. Ebenso Bleckmann, Albert: Die Richtlinie im Europäischen Gemeinschaftsrecht und im Deutschen Recht, in: HuRB, S. 11–28, hier S. 12; Kessler, Harald: Anmerkung zum BFH-Beschluss vom 9.9.1998 – I R 6/96, in: StuB, 1. Jg. (1999), S. 91–92. Kritisch Bärenz, Christian: Zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf das Steuerbilanzrecht, a. a. O., S. 88–91 und S. 214–215; Herlinghaus, Andreas: „Tomberger“ und die Folgen – ein Beitrag zur Frage der Entscheidungskompetenz des EuGH im Handels- und Steuerbilanzrecht, in: IStR, 6. Jg. (1997), S. 529–539, hier S. 531–532. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1463. Vgl. Biener, Herbert: Bilanzierung im Spannungsfeld von Europa-, Umwandlungs- und Steuerrecht, in: StbJb, 1995/96, Köln 1996, S. 29–52, hier S. 40–41. Kritisch und ablehnend hinsichtlich des Begriffs des impliziten bzw. verdeckten Wahlrechts, Bärenz, Christian: Zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf das Steuerbilanzrecht, a. a. O., S. 214–215, S. 88–89. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Umfang der Entscheidungskompetenz des Europäischen Gerichtshofes im Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1465. Vgl. BGH-Beschluss vom 21. Juli 1994 II ZR 82/93, in: BB, 49. Jg. (1994), S. 1673–1675. Vgl. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O.. Das Urteil wurde 1997 berichtigt. Vgl. Beschluss des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 10. Juli 1997 in der Rechtssache C234/94: Waltraud Tomberger gegen Gebrüder von der Wettern GmbH (Urteilsberichtigung), in: ABl., Nr. C318 vom 18.10.1997, S. 3–4. Vgl. BGH-Beschluss vom 21. Juli 1994 II ZR 82/93, a. a. O.. Zu einer ausführlichen Würdigung vgl. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, Frankfurt u. a. 1999, S. 195–224.
Entgegen des Schlussantrags des Generalanwalts G. Tesauro506 entschied der EuGH, dass in diesem „ganz spezifischen Zusammenhang“ in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine phasengleiche Dividendenvereinnahmung nicht gegen Art. 31 Abs. 1 lit. c) Doppelbst. aa) JaR verstoße, wenn der Jahresabschluss der Tochtergesellschaft ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt.507 Der EuGH stellt fest, dass im fraglichen Fall der Gewinn der Tochtergesellschaft realisiert und der Muttergesellschaft zugewiesen wurde. Die Begründung des EuGH ist knapp: In dem Urteil – wie auch im nachfolgenden Urteilen zum Bilanzrecht508 – hebt der EuGH die Beachtung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit als Hauptzielsetzung der Jahresabschlussrichtlinie hervor, durch den „die Jahresabschlüsse der Gesellschaften, für die die Vierte Richtlinie gilt, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ihrer Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln [müssen] (vgl. vierte Begründungserwägung und Artikel 2 Absätze 3 und 5 der Vierten Richtlinie). Die Anwendung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit hat sich möglichst weitgehend an den in Artikel 31 der Vierten Richtlinie enthaltenen allgemeinen Grundsätzen zu orientieren“509.
Namentlich erwähnt der EuGH im Folgenden das Realisations-, das Vorsichts- und das Periodisierungsprinzip. Obgleich die Anwendung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit eine Beachtung der Einzelnormen erforderlich macht, in den Mitgliedstaaten das Realisationsprinzip unterschiedlich weit ausgelegt wird und Generalanwalt Tesauro den Terminus des „realisierten Gewinns“ weniger weit auszulegen sucht als die deutsche Regierung,510 nimmt der EuGH keine konkretisierenden Definitionen der Einzelprinzipien bzw. des Realisationsprinzips vor.511 Die phasengleiche Dividendenvereinnahmung bestimmt sich gemäß dem Urteil vielmehr nach der durch den EuGH unbestimmten „Zuweisung“ des Gewinns.512
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Generalanwalt TESAURO verneinte eine Vereinbarkeit des Realisationsprinzips gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) JaR mit einer phasengleichen Vereinnahmung von Dividenden. TESAURO beruft sich hierbei auf die formalrechtliche Betrachtungsweise, nach der für eine Aktivierung die Notwendigkeit der rechtlichen Entstehung des Dividendenanspruchs gegeben sein muss. Dies ist bei identischen Geschäftsjahren nicht möglich, da der Anspruch erst nach dem Stichtag des Jahresabschlusses der Tochtergesellschaft zu rechtssicher realisierten Gewinnen führen kann. Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 25. Januar 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), Slg. 1996, I-3135. Vgl. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 55. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 26. Auch in der Rechtsache C-306/99 vom 7. Januar 2003 (BIAO) baut der EuGH seine Urteilsbegründung auf dem True-and-fair-View-Grundsatz auf. Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 72. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 17–18. Generalanwalt TESAURO schränkt den von der deutschen Regierung vorgetragenen weiten Auslegungsspielraum im Sinne einer nationalen Ausfüllung des Begriffs „realisierter Gewinn“ dahingehend ein, dass nur die „tatsächlich realisierten Gewinne“ auszuweisen sind. Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 25. Januar 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Nr. 22–23. SCHRUFF schließt daraus, dass eine „Vereinheitlichung der Auffassungen über den Inhalt des Realisationsprinzips“ auch weiterhin nicht erreicht wird. Vgl. Schruff, Wienand: Zur Bilanzierung von Beteiligungserträgen nach dem Urteil des EuGH vom 27. Juni 1996, in: FS Baetge, S. 427–449, hier S. 440. Eine „Zuweisung“ des Gewinns ist im deutschen Bilanzrecht kein bilanzrechtliches Kriterium der Gewinnrealisierung. Zu den Erörterungen des Terminus technicus „Zuweisung des Gewinns“ vgl. z. B. Gelhausen, Hans Friedrich/Gelhausen, Wolf: Die „Zuweisung“ des Gewinns – eine neue bilanzrechtliche
67
bbb)
Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH) und Rs. C-306/99 (BIAO)
Die folgenden beiden Entscheidungen weisen ähnliche Begründungen aufgrund der sich teilweise überschneidenden Fragestellung auf: In der Rechtssache C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH)513 hatte der EuGH über die Frage der Zulässigkeit der Bildung einer Pauschalrückstellung für Gewährleistungsverpflichtungen eines Unternehmens gegenüber seinen Auftraggebern zu entscheiden.514 In der Rechtssache C-306/99 (BIAO)515 wurden dem EuGH mehrere Fragen zur Bilanzierung einer Risiko-Unterbeteiligungs-Garantie gestellt. A hatte dem B gegen eine Avalprovision eine Garantie über eine Kredithaftung für den Fall gegeben, dass C seinen von B erhaltenen Kredit nicht zurückzahlen würde. A passivierte für den Fall der Inanspruchnahme eine Drohverlustrückstellung.516 Dem EuGH wurden die Fragen der Zuständigkeit des EuGH, die Bilanzierung von Kreditrisiken und die Frage der Wertaufhellung zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Urteilsbegründung hinsichtlich der Zulässigkeit einer Pauschalrückstellung ist sinngemäß in beiden Urteilen übereinstimmend: Wenn „zur Wahrung der Grundsätze der Vorsicht sowie des den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögenslage eine pauschale Beurteilung aller relevanten Gesichtspunkte die geeignetste Bewertungsmethode darstellt“, kann vom Grundsatz der Einzelbewertung gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. e) JaR gemäß Art. 31 Abs. 2 JaR abgewichen werden.517 In beiden Urteilen basiert die Urteilsbegründung einmal für die Verpflichtung einer Rückstellungsbildung für potentielle Verbindlichkeiten, denen sich der Bilanzierende nicht entziehen kann (DE+ES Bauunternehmung GmbH), und zum anderen für die Zulässigkeit der Pauschalbewertung im Rahmen einer Risikobewertung (BIAO) auf dem Vorsichtsprinzip der Richtlinie sowie dem Grundsatz der Bilanzwahrheit.518 In beiden Fällen verweist das Gericht auf die Passivierungsverpflichtung der jeweiligen Rückstellung gemäß Art. 20 Abs. 1 JaR.519 Ein Nichtausweis einer solchen Verbindlichkeit begründet für den EuGH einen Verstoß gegen das Vorsichtsprinzip und gegen die Hauptzielsetzung der Richtlinie, den Grundsatz der Bilanzwahrheit.520 Das Abweichen vom Grundsatz der Einzelbewertung in Ausnahmefällen gemäß Art. 31 Abs.
513 514 515 516 517
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Kategorie, in: WPg, 49. Jg. (1996), S. 573–580; Küspert, Klaus: Phasenkongruente Vereinnahmung von Dividenden, in: BB, 52. Jg. (1997), S. 877–885, hier S. 877–879; Moxter, Adolf: Zur phasengleichen Aktivierung von Gewinnansprüchen einer Muttergesellschaft, in: GS Knobbe-Keuk, S. 487–498, hier S. 495. Für eine ausführliche Analyse des Urteils vgl. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 195–224. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O.. Vgl. FG Köln, Vorlagebeschluss vom 16. Juli 1997 13 K 812/97, in: EFG 1997, S. 1166–1167. Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O.. Vgl. FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 22. April 1999 II 23/97, in: EFG 1999, S. 1022–1034. Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 119 (auch Zitat), EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 30–31. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 25–26. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 24–25; EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 107–110. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 26; EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 110, 117.
2 JaR aufgrund einer im Sachverhalt gegebenen möglichen verzerrten Darstellung der Finanzlage sei zu Gunsten der Vermittlung eines true and fair view notwendig.521 Wie in der Entscheidung Tomberger/Wettern GmbH wird die Auslegung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit an Art. 31 JaR gebunden, so dass der gemeinschaftsrechtliche True-and-fair-ViewGrundsatz muss „im Lichte des Vorsichtsprinzips“522 ausgelegt werden muss. Des Weiteren stellt der EuGH fest, dass die Jahresabschlussrichtlinie keine Aussagen über die Zulässigkeit der Bildung und der Höhe einer Pauschalrückstellung enthält.523 Dies müsse sich nach dem nationalen Rechtssystem unter Beachtung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanzund Ertragslage richten.524 In seiner Urteilsbegründung verweist der EuGH überdies mehrfach bestätigend auf das Urteil Tomberger/Wettern GmbH vom 27. Juni 1996. Anders als in diesem Urteil geht im Fall DE+ES Bauunternehmung Generalanwalt Léger der Frage der Zuständigkeit des EuGH nach, die er unter Berufung auf das Leur-Bloem-Urteil525 bejaht.526 Der EuGH selbst nimmt zur Frage der Zuständigkeit keine Stellung, er begnügt sich mit dem Hinweis, dass „die Körperschaft- und die Gewerbesteuer in Deutschland auf der Grundlage der nach dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht erstellten Bilanz ermittelt werden“527.528 Auch im Fall BIAO wird die Zuständigkeit sowohl von Seiten des Generalanwalts529 als nun auch durch den EuGH bejaht.530
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Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 28–34; EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 116. Hermanns, Tillmann: Ist der EuGH für Fragen des deutschen Bilanzsteuerrechts zuständig? Gleichzeitig Besprechung des EuGH-Urt. v. 14.9.1999 – Rs. C-275/97, a. a. O., hier S. 1129. Zum Einzelbewertungsgrundsatz des Art. 31 Abs. 1 lit. e) JaR im Falle einer Pauschalrückstellung vgl. Moxter, Adolf: BB-Kommentar zum EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003 – Rs. C-306/99, in: BB, 58. Jg. (2003), S. 363. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 35–40; EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 118. Vgl. EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997, Rs. C-28/95 (Leur-Bloem), a. a. O.. Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 26. November 1998, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), Slg. 1999, I-5331, Nr. 26–27. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 19. Zur Kritik an diesem Selbstverständnis der Zuständigkeit durch den EuGH und der Gefahr, durch den nun zu hinterfragenden Maßgeblichkeitsgrundsatz ein „Einfallstor“ für eine Harmonisierung des Ertragsteuerrechts zu schaffen vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 372–375. Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 15. November 2001, Rs. 306/99 (BIAO), Slg. 2003, I1, Nr. 34–35. Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 88–94.
69
bb)
Würdigung der Urteile hinsichtlich einer objektiven Richtlinienauslegung zur Umsetzungsreichweite des European-True-and-fair-View-Gebots
Obwohl bisher nur drei Urteile zum Bilanzrecht ergangen sind, die einer teilweise knappen Begründung unterliegen, können sie dennoch Aufschlüsse über das Prinzip des true and fair view respektive der zu beachtenden Einzelprinzipien geben: Aus der Verknüpfung des Begriffs der „Bilanzwahrheit“ mit der vierten Begründungserwägung sowie Art. 2 Abs. 3 und 5 JaR wird zunächst deutlich, dass der EuGH diesen scheinbar mit dem True-and-fair-ViewGebot gleichsetzt.531 Dies ergibt sich auch aus den anderen Sprachfassungen des Urteils, die den Terminus der Richtlinie zu Art. 2 Abs. 3 JaR aufgreifen.532 Alle drei Urteile basieren in ihrer Begründung auf dem True-and-fair-View-Grundsatz. Luttermann stellt aus der hervorgehobenen Bedeutung durch den EuGH fest, dass „der Grundsatz der Bilanzwahrheit unteilbar ist“ und „national, europarechtlich und international umfassend als Grundlage und Maß jeder Rechnungslegung“ gilt.533 Die stete Betonung des EuGH der Beachtung der Bilanzwahrheit als Hauptzielsetzung der Jahresabschlussrichtlinie – überdies auch in anderen EuGH-Urteilen außerhalb von Vorlagefragen zur Auslegung der Jahresabschlussrichtlinie –534 wurde vielfach dahingehend gewertet, dass das True-and-fair-View-Gebot eine override-Funktion besitzt.535 Dies entspräche der englischen Rechnungslegungstradition; mithin wäre die deutsche Abkopplungsthese nicht richtlinienkonform.536 Eine override-Funktion des True-and-fair-View-Gebots ist 531
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Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 114; ferner Hoffmann, Wolf-Dieter: Phasengleiche Vereinnahmung von Dividenden, in: Europäisierung des Bilanzrechts, hrsg. von Norbert Herzig, Köln 1997, S. 1–24, hier S. 9. Der Begriff der Bilanzwahrheit ist im deutschen Bilanzrecht indes keineswegs mit dem true and fair view gleichzusetzen, da der Grundsatz der Bilanzwahrheit als GoB für alle Kaufleute gilt und lediglich besagt, dass „die Bilanz […] nichts im Rechtssinne Falsches enthalten darf“. Beisse, Heinrich: Zehn Jahre „True and fair view“, in: Rechnungslegung – warum und wie, FS Clemm, S. 27–58, hier S. 28–30 (Zitat S. 28); Knobbe-Keuk, Brigitte: Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. völlig überarb. und erw. Aufl., Köln 1993, S. 44–45. Grundlegend zum Grundsatz der Bilanzwahrheit m. w. N. statt vieler Berndt, Thomas: Wahrheits- und Fairnesskonzeptionen in der Rechnungslegung, Stuttgart 2005. So ergeben sich für die einzelnen Sprachfassungen des Urteils z. B. im Englischen: true and fair view; französisch: image fidèle, spanisch: imagen fidel, italienisch: quadro fedele, niederländisch: getrouw beeld. Luttermann, Claus: Anmerkung zum EuGH-Urteil Rs. C-306/99 (BIAO), in: JZ, 58. Jg. (2003), S. 413–419, hier S. 419 (beide Zitate). Vgl. EuGH-Urteil vom 3. Mai 2005, verbundene Rs. C-387/02 (Silvio Berlusconi), C-391/02 (Sergio Adelchi) und C-403/02 (Marcello Dell’Utri u. a.), Slg. 2005, I-3565, Rn. 54. Der EuGH konstatiert hier bzgl. einer Auslegungsfrage zur 1. gesellschaftsrechtlichen Richtlinie „dass Sanktionen bei Straftaten der Bilanzfälschung […] bezwecken, schwerwiegende Zuwiderhandlungen gegen das grundlegende Prinzip zu ahnden, dessen Beachtung das Hauptziel der Vierten Richtlinie ist und das sich aus dem vierten Erwägungsgrund und Artikel 2 Absätze 3 und 5 dieser Richtlinie ergibt, wonach der Jahresabschluss der Gesellschaften, auf die sich diese Richtlinie bezieht, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermitteln muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Januar 2003 in der Rechtssache C-306/99, BIAO, Slg. 2003, I-1, Randnr. 72 und die dort zitierte Rechtsprechung)“. Vgl. z. B. Weber-Grellet, Heinrich: Bilanzrecht im Lichte, Bilanzsteuerrecht im Schatten des EuGH, a. a. O., hier S. 2090; Klinke, Ulrich: Europäisches Unternehmensrecht und EuGH – Die Rechtsprechung in des Jahren 1996–1997, in: ZGR, 27. Jg. (1998), S. 212–252, hier S. 233. Vgl. Groh, Manfred: Der Fall Tomberger – Nachlese und Ausblick, in: DStR, 36. Jg. (1998), S. 813–819, hier S. 816–817.
aus der expliziten Betonung des EuGH seiner Beachtung als Hauptzielsetzung der Richtlinie jedoch nicht zwingend abzuleiten.537 Da der True-and-fair-View-Grundsatz seine Verankerung in der 4. und 7. EG-Richtlinie findet, unterliegt er als autonomer Gemeinschaftsbegriff der Auslegung des EuGH538 und entzieht sich somit einzelner nationalstaatlicher Auffassungen; er wird autonom europäisch ausgelegt.539 Gemäß der teleologischen Auslegungsmethode muss der unbestimmte Rechtsbegriff des True-and-fair-View-Gebots dem Erfordernis der Rechtssicherheit genügen: Ein zu starkes Abweichen von Einzelnormen aufgrund einer sehr breiten Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs des True-and-fair-View-Gebots birgt die Gefahr, dass das primärrechtliche Ziel der Rechtsangleichung verfehlt wird, aber auch, dass der Jahresabschluss dem Schutzzweck der Richtlinie nicht mehr genügt. Eine Abweichung von den Einzelnormen zu Gunsten der Generalnorm darf somit nur innerhalb des Umsetzungsspielraums der Richtlinie erfolgen.540 Die zentrale Frage ist demnach, welchen Umsetzungsspielraum des European true and fair view der Regelungswille des europäischen Gesetzgebers für die Mitgliedstaaten vorgesehen hat. Stellt der EuGH in seinen Urteilen fest, dass für die Anwendung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit die allgemeinen Grundsätze des Art. 31 JaR möglichst weitgehend berücksichtigt werden müssen, legt er den True-and-fair-View-Grundsatz als gemeinschaftsweites Konzept aus. Dieser European-True-and-fair-View-Grundsatz bestimmt sich demnach unter Beachtung der Einzelnormen der Richtlinie.541 Eine override-Funktion des true and fair view stünde dieser Forderung entgegen.542 Bei alleiniger Orientierung der Jahresabschlussrichtlinie am Zweck der Informationsvermittlung – im Sinne eines overriding principle – „ließe sich der true and fair view nur bei informationsgerechter Auslegung der Ansatz- und Bewertungsvorschriften erreichen“543. Die deutsche Umsetzung im Sinne der Abkopplungsthese würde dann der Rechtsprechung des EuGH widersprechen.544 Eine solch weite Konzeption 537
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Vgl. z. B. Hoffmann, Wolf-Dieter: Phasengleiche Vereinnahmung von Dividenden, a. a. O., hier S. 10; Herzig, Norbert/Rieck, Ulrich: Europäisierung der handels- und steuerrechtlichen Gewinnermittlung im Gefolge der Tomberger-Entscheidung, in: IStR, 7. Jg. (1998), S. 309–320, hier S. 315. Anderer Ansicht z. B. Herlinghaus, Andreas: „Tomberger“ und die Folgen – ein Beitrag zur Frage der Entscheidungskompetenz des EuGH im Handels- und Steuerbilanzrecht, a. a. O., hier S. 533; mit gleichem Ergebnis eine overrideFunktion ablehnend Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective II, a. a. O., hier S. 502. Vgl. Hulle, Karel van: Truth and untruth about true and fair: a commentary on a ‘European true and fair view’ comment, in: EAR, Vol. 2 (1993), S. 99–104, hier S. 99. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models, Current Proposals and Practical Consequences, a. a. O., hier S. 71–72; m. w. N. Herlinghaus, Andreas: „Tomberger“ und die Folgen – ein Beitrag zur Frage der Entscheidungskompetenz des EuGH im Handelsund Steuerbilanzrecht, a. a. O., hier S. 534. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 115–119. Vgl. Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective, a. a. O., hier S. 82. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 119. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 144. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 144–145. Die Abkopplungsthese ablehnend z. B. Großfeld, Bernhard: Bilanzziele und kulturelles Umfeld, in: Neuorientierung der
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des true and fair view würde indes das Ziel der Harmonisierung massiv gefährden.545 Außerdem wird eine solche Auslegung durch die zwingende Orientierung an den Einzelnormen deutlich eingeschränkt.546 Wenngleich Art. 2 Abs. 5 JaR aufgrund des deutschen Auslegungsverständnisses textlich nicht (notwendigerweise) in das HGB aufgenommen wurde,547 zeigt Fresl auf, dass sich die deutsche Umsetzung im Sinne der Abkopplungsthese dennoch im Umsetzungsspielraum der Richtlinie befindet:548 Damit die Richtlinie ihre Schutzwirkung durch Informationsvermittlung entfalten kann, müssen die vermittelten Informationen entscheidungsrelevant sein. Dies erfordert eine Orientierung am erwarteten Nettoausschüttungsstrom und damit an den Effektivlagen des Unternehmens.549 Eine solch weite Informationsvermittlung kann aufgrund von Objektivierungserfordernissen durch die Jahresabschlussrichtlinie nicht gewollt sein.550 Eine Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen durch einen objektiviert ermittelten Gewinn als pauschale Gewinngröße vermag jedoch nicht, dem Informationsinteresse gerecht zu werden.551 Um die geforderten Informationen alleine aus den Ansatz- und Bewertungsnormen entnehmen zu können, müsste auf notwendige Objektivierungsrestrik-
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Rechenschaftslegung – eine Herausforderung für Unternehmer und Wirtschaftsprüfer, Bericht über die Fachtagung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V., Düsseldorf 1995, S. 19–37, hier S. 35. Kellersmann, Dietrich: Zur Diskussion um die Vorlagepflicht in bilanzsteuerlichen Fragen – geklärte und offene Fragen, in: StuB, 3. Jg. (2001), S. 122–132, hier S. 127; Kothes, Markus: Die Wahlrechtsproblematik im handelsrechtlichen Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft, Frankfurt u. a. 1999, S. 89; Lambert, Sascha: Die Rolle des § 264 Abs. 2 HGB – true and fair view – im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 160–163; Groh, Manfred: Der Fall Tomberger – Nachlese und Ausblick, a. a. O., hier S. 816–817; Arndt, HansWolfgang/Wiesbrock, Michael: Der EuGH als gesetzlicher Richter in ertragsteuerlichen Rechtsstreitigkeiten? – zu den möglichen Konsequenzen für die nationale Steuerrechtsordnung, in: DStR, 37. Jg. (1999), S. 350–354, hier S. 351. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 115. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 119; ebenso Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, Hamburg 2001, S. 35. Vgl. Groh, Manfred: Der Fall Tomberger – Nachlese und Ausblick, a. a. O., hier S. 817. Ebenso Beine, Frank: Scheinkonflikte mit dem True and Fair View, in: WPg, 48. Jg. (1995), S. 467–475, hier S. 470. Gleichwohl kommt GROH aufgrund dieser Tatsache zu einer anderen Konsequenz: Da aufgrund der teleologischen Auslegungsmethode eine explizite Umsetzung der override-Funktion des Art. 2 Abs. 5 JaR nicht vorgenommen werden musste, wurde Art. 2 der JaR vollständig und korrekt umgesetzt. Gleichwohl folgert er daraus, dass dann im Konfliktfall von den Einzelnormen abgewichen werden muss, was sich auf die Bilanz und GuV auswirken würde. Die Abkopplungsthese sei demnach nicht haltbar. Vgl. Groh, Manfred: Der Fall Tomberger – Nachlese und Ausblick, a. a. O., hier S. 817. Ähnlich Heni, Bernhard: Tomberger: EuGH erlaubt phasengleiche Bilanzierung bei Mutter- und Tochtergesellschaft, in: DStR, 34. Jg. (1996), S. 1093–1095, hier S. 1094. Auch SCHULZE-OSTERLOH stimmt einer richtlinienkonformen Umsetzung des True-and-fair-View-Grundsatzes unter Berufung der Begründung des Gesetzgebers zu und wertet die fehlende wörtliche Umsetzung des Art. 2 Abs. 5 JaR nicht als Verstoß, sondern als „Einpassung […] in die nationale Rechtsordnung“. Schulze-Osterloh, Joachim: Jahresabschluss, Abschlussprüfung und Publizität der Kapitalgesellschaften nach dem Bilanzrichtlinien-Gesetz, a. a. O., hier S. 542. Auch ORDELHEIDE argumentiert unter Bejahung der Abkopplungsthese die richtlinienkonforme Umsetzung des Art. 2 Abs. 3–5 JaR in deutsches Recht mit einer funktionalen Interpretation des Rechts. Vgl. Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective, a. a. O., hier S. 86–87. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 137–145. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Prüfung des „true and fair view“, in: FS Ludewig, S. 671–682, hier S. 675. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 128. Vgl. Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgabe nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., hier S. 143.
tionen verzichtet werden. Detaillierte Gewinnerläuterungen hingegen würden grundsätzlich die Entscheidungsnützlichkeit der durch Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung vermittelten Informationen erhöhen.552 Die Richtlinienkonformität der Abkopplungsthese begründet sich vor allem in der Mindestinformationskonzeption der Richtlinie, nach der der European-True-and-fair-ViewGrundsatz lediglich einen Mindestinformationsanspruch zu erfüllen hat. Dieser ergibt sich sowohl aus dem in Art. 31 JaR inhärenten Einzelbewertungsgebot, das wiederum einer Darstellung der Effektivlagen widerspricht, als auch aus den zahlreichen Wahlrechte der Richtlinie sowie der Anlage der Einzelinformationsnormen.553 Durch die systematische Bindung der Jahresabschlussrichtlinie an die Kapitalrichtlinie554 wird der Schutzzweck der Ausschüttungsbemessung innerhalb des Umsetzungsspielraums der Richtlinie legitimiert. Eine Zuordnung der Ansatz- und Bewertungsnormen zum Zweck der Gewinnermittlung und damit auch der Ausschüttungsbemessung sowie auch die Verlagerung der Informationsvermittlung in den Anhang (im Sinne der Abkopplungsthese) kann nicht der Mindestinformationskonzeption der Richtlinie widersprechen.555 Beisse verweist bzgl. der Richtlinienkonformität der Abkopplungsthese insbesondere auf Art. 2 Abs. 5 S. 3 JaR, nach dem die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, die Ausnahmefälle, die der Einblicksnorm des Abs. 3 entgegenstehen, zu bezeichnen und festzulegen: „Sie lässt es zu, in den bezeichneten Fällen eine Ergänzung im Anhang vorzuschreiben, wie dies in § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB geschehen ist“556. Dies führt nach Beisse zu dem Schluss, dass damit „der Konfliktbestimmung des Art. 2 Abs. 5 der 4. EG-Richtlinie im Ergebnis Rechnung getragen [ist]: es braucht nicht von einer Bilanznorm abgewichen werden, wenn im Anhang entsprechende zusätzliche Angaben gemacht werden“557. Dies deckt sich auch mit dem Votum des EuGH im Urteil Tomberger/Wettern GmbH, da die Anwendung des true and fair view eine möglichst weitgehende Orientierung an den Einzelnormen erfordert, diese als solche aber auch dem Schutzzweck der Ausschüttungsbemessung folgen können.558 Sowohl aus der unbestimmten Konzeption des true and fair view, der durch die (ebenso unbestimmten) Einzelnormen konkretisiert wird, als auch aus der durch den EuGH zugewiesenen Bedeutung der die Generalnorm bestimmenden Einzelnormen kann geschlossen werden, dass der true and fair view nicht als overriding principle ausgelegt
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Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 140–142. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 126–137. Vgl. oben, Gliederungspunkt B.II.2.c)bb) dieses Kapitels. Vgl. m. w. N. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 141–145. Beisse, Heinrich: Die Generalnorm des neuen Bilanzrechts, a. a. O., hier S. 38. Beisse, Heinrich: Die Generalnorm des neuen Bilanzrechts, a. a. O., hier S. 38 (Fn. 48). Vgl. m. w. N. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 145. A. A. WELLER, der den Grundsatz des true and fair view auf alle drei Bestandteile des Jahresabschlusses bezieht. Die Ablehnung der Abkopplungsthese sieht er auch durch die Tomberger-Entscheidung bestätigt, da der EuGH den fraglichen Bilanzansatz mit dem Grundsatz der Bilanzwahrheit begründet. Vgl. Weller, MarcPhilippe: Kapitel 18: Handels- und Gesellschaftsrecht, in: Zivilrecht unter europäischem Einfluss, hrsg. von Martin Gebauer und Thomas Wiedmann, Stuttgart u. a. 2005, S. 769–819, hier Rn. 55.
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werden muss.559 Eine override-Funktion des True-and-fair-View-Grundsatzes ist demnach aus Rechtsprechung des EuGH nicht abzuleiten,560 so dass von einer großen Regelungsreichweite des European true and fair view ausgegangen werden kann.
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Vgl. m. w. N. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 35 und S. 41. A. A. Weber-Grellet, Heinrich: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts. Perspektiven und Entwicklungen, in: Europäisierung des Bilanzrechts, hrsg. von Norbert Herzig, Köln 1997, S. 95–104, hier S. 96; Hoffmann, Wolf-Dieter: Phasengleiche Vereinnahmung von Dividenden, a. a. O., hier S. 10.
2. Kapitel: Regelungswille und Form der Standardisierung im europäischen Bilanzrecht nach der IAS-Verordnung A.
Strategiewechsel des europäischen Gesetzgebers im Hinblick auf die internationale Harmonisierung der Rechnungslegung
I.
Neue Harmonisierungsstrategie aus Sicht des europäischen Gesetzgebers
1.
Veranlassung eines neuen Ansatzes zur Harmonisierung europäischer Rechnungslegung aufgrund geänderter Markterfordernisse
Die Harmonisierung mittels Richtlinien konnte zwar Erfolge vor allem hinsichtlich der Koordinierung des Inhalts und der Gliederung von Jahresabschlüssen verzeichnen, bleibt aber aufgrund der nur kompromisshaften Regelungslösung und der Dynamik der Entwicklungen auf dem Gebiet der Rechnungslegung561 an vielen Stellen unbefriedigend.562 Nicht nur dort, wo die Richtlinie keine bzw. nur teilweise Regelungslösungen vorsieht bzw. Wahlrechte gestattet werden, ergeben sich weiterhin gravierende Bilanzierungsunterschiede,563 auch führt die aufgezeigte unterschiedliche Auslegung von Bilanzierungsgrundsätzen der Richtlinie zu einer mangelhaften Vergleichbarkeit der Abschlüsse.564 Aufgrund der geänderten Marktsituation hin zu einem effizienten Kapitalmarkt zum Ende des 20. Jahrhunderts wurde das Europäische Bilanzrecht vor neue Herausforderungen gestellt:565 Um dem internationalen Wettbewerb standhalten sowie den wachsenden Kapitalbedarf befriedigen zu können, müssen die Unternehmen leistungsfähige Kapitalmärkte in Anspruch nehmen.566 Um sich an einer Wertpapierbörse notieren zu lassen und damit am Kapitalmarkt teilnehmen zu können, muss eine Gesellschaft ihren Abschluss wiederum dem Publikum am Kapitalmarkt zur Verfügung stellen.567 Diesbezüglich stellt die Europäische Kommission fest, dass Abschlüsse basierend auf den Rechnungslegungsrichtlinien internationalen Kapital561
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Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Die Zukunft der Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung in den Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 60. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Die Zukunft der Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung in den Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 20. Ebenso belegen Studien zur Messung von Harmonisierung, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht zu dem gewünschten Effekt der Vergleichbarkeit von Jahresabschlussinformationen geführt haben. Vgl. zu einem Überblick der Studien Fn. 11. HULLE führt dazu aus, dass die Informationen zwar gleichwertig sein mögen, eine Vergleichbarkeit jedoch nicht erreicht wurde. Vgl. Hulle, Karel van: Tendenzen bei der Koordinierung der Rechnungslegung in der EU, a. a . O., hier S. 46. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Die Zukunft der Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung in den Europäischen Gemeinschaften, a. a. O., S. 20, konkretisierend S. 90. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, Brüssel 14.11.1995, S. 5. Vgl. Hulle, Karel van: Die Reform des europäischen Bilanzrechts: Stand, Ziele und Perspektiven, a. a. O., hier S. 537. Vgl. o. V.: Meinungsspiegel zum Thema Rechnungslegung im Spannungsfeld von Tradition, Globalisierung und europäischer Integration, in: BFuP, 50. Jg. (1998), S. 77–93, hier S. 77. Vgl. Richtlinie 79/279/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse, in: ABl.EG, Nr. L 066 vom 16.3.1979, S. 21–32.
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marktzwecken, insbesondere den Anforderungen für den US-amerikanischen Kapitalmarkt nicht genügen.568 Vergleichbare Finanzinformationen in den Mitgliedstaaten dienen der primärrechtlichen Erfüllung eines Binnenmarktes und der Sicherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen, die ihrerseits wichtig für einen effizienten Kapitalmarkt sind.569 Aufgrund der sich ändernden Marktsituation hin zu einem „informationellen Kapitalmarkt“ werden standardisierte, transparente Unternehmensinformationen sowie die regelmäßige Vermittlung finanzieller Informationen für einen effizienten Anlegerschutz sowie für eine Stabilisierung der Märkte erforderlich, um den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten zu erleichtern.570 Mit dieser Forderung nach Kapitalmarkttransparenz geht die ökonomische These einher, dass Kapitalkosten durch Transparenz gesenkt werden können, indem hierdurch einerseits Informationsasymmetrien abgebaut werden und eine verbesserte Einschätzung der künftigen Entwicklung des Unternehmens führt.571 Während demnach die Marktanforderungen einer steten dynamischen Änderung unterliegen, konnten nach der Transformation der Richtlinien keine weiteren Harmonisierungserfolge auf dem Gebiet der europäischen Rechnungslegung verzeichnet werden. Vielmehr wurden die Unzulänglichkeiten der Vergleichbarkeit unterschiedlicher Rechnungslegungssysteme, bspw. des europäischen Bilanzrichtlinienrechts mit den US-GAAP, aufgrund der Internationalisierung der Kapitalmärkte immer deutlicher,572 da europäische Unternehmen, die einen internationalen Kapitalmarkt in Anspruch nehmen, gezwungen wurden, zwei Abschlüsse zu erstellen: Einerseits einen Abschluss, der den europäischen Bilanzrichtlinien genügt und einen weiteren, der den Anforderungen, denen auch internationale Kapitalmarktunternehmen genügen müssen, nachkommt. Dies führt zu einer deutlichen Verwirrung hinsichtlich der unterschiedlichen Zahlenwerke vor allem von Seiten der Anleger.573 Auch aus einem rein europäischen Aspekt ist es wichtig, eine Regelungslösung bzgl. der Regelungslücken der Vierten Richtlinie zu finden: Aufgrund der Entwicklungen auf dem Finanzmarkt verändern sich die Anforderungen an die Rechnungslegung, denen das Richt-
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Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 5–6. Vgl. Hulle, Karel van: Die Reform des europäischen Bilanzrechts: Stand, Ziele und Perspektiven, a. a. O., hier S. 537. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Rechnungslegungsstrategie der EU: Künftiges Vorgehen, KOM (2000)359 endg., Brüssel 13.6.2000, S. 3. Vgl. hierzu sowie zu diesem ökonomischen Ansatz würdigend: Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Koch, Christopher: Regulierung durch Transparenz – Ökonomische Analysen, empirische Befunde und Empfehlungen für eine europäische Kapitalmarktregulierung –, in: Kapitalmarktgesetzgebung im Europäischen Binnenmarkt, hrsg. von Klaus J. Hopt, Rüdinger Veil und Jörn Axel Kämmerer, Tübingen 2008, S. 1–18, hier S. 4. Vgl. hierzu Hayn, Sven: Internationale Rechnungslegung, a. a. O., S. 132–135. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 5.
linienrecht nicht ohne Weiteres nachkommen kann.574 Da die Jahresabschlussrichtlinie bspw. keine expliziten Regelungen bzgl. Leasing, Währungsumrechnung oder latente Steuern kennt, ergeben sich Regelungslücken, die durch die Mitgliedstaaten ausgefüllt werden müssen,575 was zu der Frage führt, wie eine Lückenfüllung erfolgen soll.576 Des Weiteren stellt Hulle heraus, dass das unvollendete europäische Richtlinienrecht auch bei den Beitrittskandidaten zu Problemen führt, da sich die Frage ergibt, „ob ihre inzwischen schon weiterentwickelte Rechnungslegung auf das niedrigere Niveau der 4. Richtlinie zurückentwickelt werden sollte“577. 2.
Neue Rechnungslegungsstrategie zur Anpassung an internationale Kapitalmarktzwecke und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
1995 eröffnet die Kommission ihre neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung der Rechnungslegung, die die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen, die auf den internationalen Kapitalmarkt streben wollen, heilen soll.578 Ziel des Ansatzes ist es, durch die Anwendung von international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen den „Zugang der international tätigen europäischen Unternehmen zu den internationalen Kapitalmärkten zu erleichtern“579. Da nach Ansicht der Kommission eine gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen von Seiten der USA zum fraglichen Zeitpunkt scheitere, eine Errichtung einer europäischen Normungseinrichtung für die Rechnungslegung, eine Aktualisierung der Rechnungslegungsrichtlinien und auch die Änderung der bestehenden Richtlinien der Zeitrestriktion durch die Dringlichkeit des Problems nicht nachkommen könne, konzentrieren sich die Bemühungen der Kommission auf das private Rechnungslegungsgremium des IASC, das „Ergebnisse mit einer deutlichen Aussicht auf Anerkennung auf den internationalen Kapitalmärkten“ bringen kann.580 Auch wenn grundsätzlich eine Anwendung der US-GAAP denkbar wäre, fokussiert die Kommission ihre Bemühungen auf die International Accounting Standards (IAS) des IASC, dessen Ziel die Entwicklung eines „single set of […] global accounting standards“581 ist und diese somit nicht auf den US-
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Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 6. Vgl. Hierzu auch Thorell, Per/Whittingtom, Geoffrey: The harmonization of accounting within the EU – Problems, perspectives and strategies, in: EAR, Vol. 3 (1994), S. 215–239, hier S. 222. Vgl. Hulle, Karel van: Tendenzen bei der Koordinierung der Rechnungslegung in der EU, a. a. O., hier S. 46. Hulle, Karel van: Tendenzen bei der Koordinierung der Rechnungslegung in der EU, a. a. O., hier S. 46. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O.. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Rechnungslegungsstrategie der EU: Künftiges Vorgehen, KOM (2000)359 endg., Brüssel 13.6.2000, S. 4. Vgl. zum gesamten Absatz Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 6 (auch Zitat). IASCF Constitution February 2009, Rn. 2.
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amerikanischen Kapitalmarkt beschränkt sind.582 Am 13.06.2000 erfolgt der konkrete Vorschlag der Kommission zum künftigen Vorgehen auf dem Gebiet der Rechnungslegung der Übernahme der IFRS in europäisches Recht.583 Gesellschaften, die sich an internationalen Kapitalmärkten beteiligen wollen, soll demnach die Möglichkeit eröffnet werden, ihren Abschluss nach den International Accounting Standards (IAS) aufzustellen. Das IASB stellt damit das „Bindeglied der angestrebten Harmonisierung“584 dar. Um Eingriffe in das nationale Gesellschaftsrecht zu vermeiden, erfordert eine Internationalisierung der handelsrechtlichen Rechnungslegung aufgrund der Verbindung von Handelsund Steuerrecht in einzelnen Mitgliedstaaten eine Unterscheidung zwischen dem Einzel- und dem Konzernabschluss.585 Durch die Anwendung einheitlicher internationaler Rechnungslegungsstandards erhofft sich die Kommission, die finanziellen Informationen zuverlässig und vergleichbar zu gestalten, um gleiche Marktbedingungen gewährleisten und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken zu können.586 Durch das sog. Norwalk Agreement von 2002 wird die Zusammenarbeit von IASB und FASB zu Gunsten einer Konvergenz und grenzüberschreitenden Anerkennung von Abschlüssen forciert und die Bedeutung des IASB für kapitalmarktorientierte Unternehmen zu Lasten eines eigenen von der EU weiterentwickelten Rechnungslegungssystems verstärkt.587 Rechtliche Grundlage der „Neuen Strategie“ ist Art. 29 Abs. 2 lit. a) KaR, nach dem das Mutterunternehmen im Konzernabschluss vom Einzelabschluss abweichende Bewertungsregeln anwenden darf, sofern diese mit der Jahresabschlussrichtlinie im Einklang stehen.588 Damit können IFRS grundsätzlich als Regelungsnormen angewendet werden, sofern sie mit den einschlägigen Bestimmungen der Vierten Richtlinie kompatibel sind. Diese Prüfung erfolgt durch den Kontaktausschuss der Richtlinien für Rechnungslegung.589 Die Neuausrichtung der Kommission auf die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards hat aber aus Gründen der Rechtssicherheit in den durch die Rechnungslegungsrichtlinien
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Vgl. Hulle, Karel van: Die Zukunft der europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 139. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Rechnungslegungsstrategie der EU: Künftiges Vorgehen, KOM (2000) 359 endg., a. a. O.. Berndt, Thomas/Hommel, Michael: Konzernrechnungslegung zwischen Konvergenz und Wettbewerb – USGAAP, IFRS oder Euro-IFRS?, in: BFuP, 57. Jg. (2005), S. 407–423, hier S. 408. Vgl. Hulle, Karel van: Die Zukunft der europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 139. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Rechnungslegungsstrategie der EU: Künftiges Vorgehen, KOM (2000) 359 endg., a. a. O., S. 5. Vgl. kritisch würdigend Berndt, Thomas/Hommel, Michael: Konzernrechnungslegung zwischen Konvergenz und Wettbewerb – US-GAAP, IFRS oder Euro-IFRS?, a. a. O., hier S. 408–413. Vgl. auch Hulle, Karel van: Die Reform des europäischen Bilanzrechts: Stand, Ziele und Perspektiven, a. a. O., hier S. 541. Der Kontaktausschuss wurde als beratendes Gremium auf Basis des Art. 52 JaR gebildet.
vorgegebenen Grenzen zu erfolgen590 und muss somit gleichermaßen dem herkömmlichen europäischen Bilanzrecht sowie auch den neuen Zielen genügen.591 Dieser Interessenpluralismus führt zu einer Reihe im Folgenden zu erläuternden Problemen. II.
Hinwendung zu internationalen Rechnungslegungsstandards
1.
Der private Standardsetzer IASB als Einflussgröße auf das europäische Bilanzrecht
Mit dem Vorschlag der Übernahme der IFRS greift die Europäische Kommission auf das privatwirtschaftlich organisierte Standardsetzungsgremium International Accounting Standards Board (IASB) mit Sitz in London zurück, welches der Trägerorganisation der IASC Foundation (IASCF) mit 22 Treuhändern (Trustees)592 untergeordnet ist.593 Das IASB steht in seiner Organisation und Aufgabe in der Tradition angloamerikanischer Standardsetzung:594 Die Festlegung und Entwicklung von Rechnungslegungsnormen obliegt einem Gremium aus Fachleuten, das „the best available combination of technical expertise and diversity of international business and market experience“595 umfasst. Die Regelsetzung erfolgt nicht wie in kontinentaleuropäischen Rechtskreisen durch Gesetzgeber und Gerichte, sie ist auch nicht aufgrund des Normcharakters verbindlich.596 Das IASB gibt die IAS/IFRS, die Interpretationen (SIC/IFRIC), die den Standards angehängten Application Guidance und die Basis for Conclusions als auch das Rahmenkonzept heraus. Das Rahmenkonzept ist selbst kein Standard und hat daher nur eine untergeordnete Bedeutung. Es bildet die Grundlage für die Entwicklung neuer und die Überarbeitung bestehender Standards597 und dient bei Regelungslücken gemäß IAS 8.11 als Auslegungshilfe zur Bestimmung einer Bilanzierungslösung, die mit den IFRS in Übereinstimmung steht. Da die IFRS aufgrund ihrer fehlenden Verbindlichkeit und damit mangelnder Rechtssicherheit nicht ohne weiteres im europäischen Rechtsraum angewendet werden können, müssen die IFRS vorab als europäisches Recht legitimiert werden.
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Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 7–8. Vgl. Zaß, Manfred: Meinungsspiegel zum Thema Rechnungslegung im Spannungsfeld von Tradition, Globalisierung und europäischer Integration, in: BFuP, 50. Jg. (1998), S. 77–93, hier S. 83. Vgl. IASCF Constitution February 2009, Rn. 6–7. Zum Aufbau und zur Struktur des IASB vgl. vertiefend IASCF Constitution February 2009. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, in: Law and Legalization in Transnational Relations, hrsg. von Christian Brütsch und Dirk Lehmkuhl, London: Routledge 2007, S. 33–57, hier S. 34. Zum Aufbau und der Arbeit des IASB vgl. auch Whittington, Geoffrey: The Adoption of International Accounting Standards in the European Union, in: EAR, Vol. 14 (2005), S. 127–153, hier S. 130–137. IASCF Constitution February 2009, Rn. 25. Vgl. Kirchner, Christian/Schmidt, Matthias: Hybride Regelsetzung im Recht der Unternehmensrechnungslegung – Fehlentwicklungen im europäischen Gemeinschaftsrecht, in: BFuP, 58. Jg. (2006), S. 387–407, hier S. 391. Vgl. Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements, F.1.
79
2.
Politische Notwendigkeit der Kompatibilität der IFRS mit den Rechnungslegungsrichtlinien
a)
Kompatibilität der europäischen Rechnungslegungszwecke mit dem Zweck eines Abschlusses nach IFRS
aa)
Vermittlung entscheidungsnützlicher Information durch einen IFRS-Abschluss: Widersprüchlichkeit des IFRS-Regelwerks
Die durch die Rechtsgrundlage des Art. 29 Abs. 2 lit. a) KaR geforderte Kompatibilität der Rechnungslegungsnormen der IFRS mit den EG-Richtlinien hat eine Überprüfung der Übereinstimmung der Einzelregelungen der IFRS mit der Vierten Richtlinie zur Folge. Da eine Übernahme der IFRS in den Grenzen der Bilanzrichtlinien zu erfolgen hat und sich die Einzelregelungen an dem Sinn und Zweck der Richtlinie messen, ist zunächst eine Überprüfung des Rechnungslegungszwecks nach IFRS notwendig. Ziel des IAS-Jahresabschlusses ist gemäß RK.12 „Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie Veränderungen in der Vermögens- und Finanzlage eines Unternehmens zu geben“, die einem weiten Adressatenkreis nützlich sein sollen, um wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen (decision usefulness).598 Die durch den Jahresabschluss vermittelten Informationen sollen den Adressaten demnach befähigen, interessenwahrende Entscheidungen zu treffen.599 RK.9 präzisiert den Adressatenkreis, zu dem „derzeitige und potenzielle Investoren, Arbeitnehmer, Kreditgeber, Lieferanten und weitere Kreditoren, Kunden, Regierungen sowie deren Institutionen und die Öffentlichkeit“ gehören. Trotz des weiten Adressatenkreises setzt das Rahmenkonzept den Fokus der Informationsvermittlung auf die Investoren600 und legt diese als Maßstab der Informationsvermittlung durch die IFRS fest,601 indem die Annahme getroffen wird, dass Abschlussangaben, welche die Informationsbedürfnisse eines Risikokapitalgebers befriedigen, „auch den Informationsbedürfnissen der meisten anderen Adressaten entsprechen“ (RK.10). Diese im Rahmenkonzept getroffene Annahme der Gleichsetzung der Informationsinteressen „der meisten anderen Adressaten“ (RK.10) mit denen der Investoren erscheint fragwürdig:602 Informationsinteressen richten sich nach den „von den Informationsadressaten zu treffenden 598
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Das Prinzip der Entscheidungsnützlichkeit ist auch oberster Grundsatz der Finanzberichterstattung im conceptual framework des FASB. Vgl. Wüstemann, Jens: Generally Accepted Accounting Principles, a. a. O., S. 134. Vgl. Moxter, Adolf : Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, Tübingen 1982, S. 219. Vgl. auch Rüdinger, Andreas: Regelungsschärfe bei Rückstellungen, a. a. O., S. 16. STREIM/BIEKER/LEIPPE subsumieren unter dem Begriff des Investors sowohl die Eigenkapital- als auch die Fremdkapitalgeber, vgl. Streim, Hannes/Bieker, Marcus/Leippe, Britta: Anmerkungen zur theoretischen Fundierung der Rechnungslegung nach International Accounting Standards, in: Stützel, Wolfgang: Moderne Konzepte für Finanzmärkte, Beschäftigung und Wirtschaftsverfassung, hrsg. von Hartmut Schmidt, Eberhart Ketzel und Stefan Prigge, Tübingen 2001, S. 177–206, hier S. 179. Vgl. Plock, Marcus: Ertragsrealisation nach International Financial Reporting Standards (IFRS), Düsseldorf 2004, S. 16. Vgl. auch Ballwieser, Wolfgang: Informations-GoB – auch im Lichte von IAS und US-GAAP, in: KoR, 3. Jg. (2003), S. 115–121, hier S. 120.
Entscheidungen“603. Die Entscheidungsnützlichkeit ist demnach abhängig von dem individuellen Entscheidungsproblem des Entscheiders.604 Damit Abschlussinformationen dem Adressaten entscheidungsnützlich sind, müssen sie der Verbesserung dieser Entscheidungen dienen.605 Da die einzelnen Adressatengruppen unterschiedliche Zielvorstellungen und damit Informationsinteressen haben,606 selbst innerhalb der Gruppe der Investoren Interessenkonflikte denkbar sind607 und somit eine Interessen- bzw. Zielrealisierungshomogenität nicht angenommen werden darf,608 kann es zu einer unterschiedlichen Bewertung des Nutzens aus den Rechnungslegungsinformationen kommen.609 Ebenso erscheint die Qualität der Abschlussinformationen, die gleichermaßen derartig unterschiedliche Anspruchsgruppen befriedigen soll, fragwürdig.610 Um wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu können, müssen die Abschlussadressaten die Fähigkeit des Unternehmens, Zahlungsmittel und deren Äquivalente zu erwirtschaften sowie den Zeitpunkt und die Wahrscheinlichkeit ihres Entstehens einschätzen können (RK.15). Diese Beurteilung soll durch die Vermittlung von Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens sowie über die Veränderungen der Vermögensund Finanzlage erleichtert werden (RK.15). Ein IFRS-Jahresabschluss stellt dem Abschlussempfänger als Pflichtbestandteile gemäß IAS 1.10 die Bilanz, Gesamtergebnisrechnung für die Periode, die Eigenkapitalveränderungsrechnung, die Kapitalflussrechnung und den Anhang zur Verfügung. Die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erfolgt demnach über diese einzelnen Bestandteile des IFRS-Abschlusses. Während die Bilanz in erster Linie Informationen über die Vermögenslage bereitstellt, kommt der Gewinn- und Verlustrechnung die Vermittlung von Informationen über die Ertragskraft des Unternehmens zu (RK.19). Die Darstellung der Finanzlage wird wiederum durch den Cashflow-Ansatz über die Kapitalflussrechnung (IAS 1.10(d)) erfasst.611 Problematisch an dieser Art von entscheidungsnützlichen Informationen erscheint, dass den 603 604
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Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 223. Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Die Konzeptionslosigkeit des International Accounting Standards Board (IASB), in: FS Röhricht, S. 727–745, hier S. 733. Vgl. Moxter, Adolf: Fundamentalgrundsätze ordnungsmäßiger Rechenschaft, a. a. O., hier S. 97. Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Zur Begründetheit informationsorientierter Jahresabschlussverbesserungen, in: zfbf, 34. Jg. (1982), S. 772–793, hier S. 777–778. Vgl. Wüstemann, Jens: Generally Accepted Accounting Principles, a. a. O., S. 132. Vgl. Moxter, Adolf: Besitzen IAS-konforme Jahres- und Konzernabschlüsse im Hinblick auf die Unternehmens- und Konzernsteuerung Vorteile gegenüber den Rechnungslegungstraditionen im EWR?, a. a. O., hier S. 501. Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Zur Begründetheit informationsorientierter Jahresabschlussverbesserungen, a. a. O., hier S. 784; vgl. aus institutionenökonomischer Sicht vertiefend Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., S. 16–22; Reifschneider, Christina: Informationeller Anlegerschutz, Wiesbaden 2007, S. 30–38. Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Informations-GoB – auch im Lichte von IAS und US-GAAP, a. a. O., hier S. 120. Vgl. vertiefend Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, in: HdJ, Abt. I/3, Stand 2007, Rn. 121–123.
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IFRS bisher keine einheitliche Konzeption zugrunde liegt: Eine Konkretisierung der Vermögenslage bleibt aus. Vielmehr definiert das Rahmenkonzept lediglich Vermögenswerte und Schulden als Träger wirtschaftlichen Nutzens (RK.49) ohne ein klares Vermögenskonzept aufzuzeigen, was aber auch an der Unbestimmtheit der Bewertungskriterien liegt.612 So fordern die IFRS sowohl Bewertungen auf Basis der Anschaffungs- und Herstellungskosten (bspw. IAS 2 „Vorräte“), einer Fair-Value-Bewertung (bspw. IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“, IAS 41 „Landwirtschaft“) oder ein sog. mixed model im Rahmen der Folgebewertung von Sachanlagen gemäß IAS 16 oder immateriellen Vermögenswerten gemäß IAS 38.613 Ebenso ergeben sich Unterschiede bei der Behandlung der zu Zeitwerten erfassten Posten hinsichtlich ihrer Erfolgswirksamkeit in der Gewinn- und Verlustrechnung.614 Wüstemann/Bischof/Kierzek leiten aus den Regelungen der Einzelstandards jedoch ab, dass die Vermögenskonzeption der IFRS „Ausdruck eines AssetLiability-Ansatzes“ ist,615 nach dem die einzelbewertungsorientierte Vermögensermittlung der Ermittlung der (Effektiv)vermögenslage des Unternehmens dienen soll.616 Aufwendungen und Erträge ergeben sich danach als Nebenprodukt aus der Veränderung von Vermögenswerten und Schulden als Vermögensträger.617 Zentraler Informationsträger der Ertragslage ist nach dem Rahmenkonzept der IFRS der Gewinn als Maßstab der Unternehmensperformance, der durch Erträge und Aufwendungen
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Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Die Konzeptionslosigkeit des International Accounting Standards Board (IASB), a. a. O., hier S. 731–732; Schruff, Wienand: Die Zeitwertbilanzierung nach IFRS/IAS – ein zukunftsweisendes Konzept oder ein fundamentaler Irrtum?, in: FS Siegel, S. 111–137, hier S. 112–131; m. w. N. Reifschneider, Christina: Informationeller Anlegerschutz, Wiesbaden 2007, S. 78–79. Vgl. Hommel, Michael: Die Neubewertungsmethode als Allowed Alternative Treatment für Sachanlagen und immaterielle Werte, in: Fair Value – Bewertung in Rechnungswesen, Controlling und Finanzwirtschaft, hrsg. von Hartmut Bieg und Reinhard Heyd, München 2005, S. 287–308, hier S. 293. Auch IAS 40 „Als Finanzinvestitionen gehaltene Immobilien räumt in IAS 40.30 im Rahmen der Folgebewertung ein Wahlrecht zur Anwendung des Anschaffungskostenmodells bzw. eine Bewertung zum fair value ein. Vgl. Rehkugler, Heinz: Fair-Value-Bewertung bei investment property, in: Fair Value – Bewertung in Rechnungswesen, Controlling und Finanzwirtschaft, hrsg. von Hartmut Bieg und Reinhard Heyd, München 2005, S. 263–285, hier S. 270. So erfolgt etwa in IAS 38.85 bzw. IAS 16.39 eine erfolgsneutrale Erfassung von Wertdifferenzen im Eigenkapital, sofern es sich nicht eine zuvor erfolgswirksam erfasste Wertberichtigung handelt. IAS 40.35 und IAS 41.26 sehen hingegen eine erfolgswirksame Verrechnung der Wertdifferenzen in der Gewinn- und Verlustrechnung vor. Vgl. Schruff, Wienand: Die Zeitwertbilanzierung nach IFRS/IAS – ein zukunftsweisendes Konzept oder ein fundamentaler Irrtum?, a. a. O., hier S. 114–116. Zum fair value als Oberbegriff unterschiedlicher Konzeptionen hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Informationsvermittlung und Vergleichbarkeit Vgl. Ballwieser, Wolfgang/Küting, Karlheinz/Schildbach, Thomas: Fair Value – erstrebenswerter Wertansatz im Rahmen einer Reform der handelsrechtlichen Rechnungslegung?, in: BFuP, 56. Jg. (2004), S. 529–549, hier S. 533–534 und S. 543. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 110. Vgl. grundlegend zu diesem Ansatz Sprouse, Robert/Moonitz, Maurice: A Tentative Set of Broad Accounting Principles for Business Enterprises, New York: AICPA, 1962. Vgl. vertiefend z. B. FASB: Discussion Memorandum – Conceptual Framework for Financial Accounting and Reporting: Elements of Financial Statements and Their Measurement, Stamford, CT: FASB, 1976, hier para. 34–37, 208–213; Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 218–220; Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 110–114.
bestimmt wird (RK.69); maßgeblich für die Gewinnermittlung ist das Prinzip der Periodenabgrenzung („accrual basis“) sowie das sog. matching principle (RK.95). Durch die Erfassung der Aufwendungen und Erträge in der Gewinn- und Verlustrechnung wird diese zum zentralen Informationsinstrument über die Ertragslage des Unternehmens (RK.19). Das Rahmenkonzept zeigt jedoch nicht auf, was den Gewinn bzw. dessen maßgeblichen Komponenten Ertrag und Aufwand ausmacht. Auch hier kann nur die Zusammenschau aller Ansatz- und Bewertungsnormen zu einer impliziten Aussage führen,618 nach der eine Vermittlung der Informationen über die Ertragslage „als Ausdruck eines Revenue-ExpenseAnsatzes“619 gewertet werden kann.620 Hiernach bestimmt sich der Periodenerfolg als Performancemaß im Sinne eines dynamischen Bilanzverständnisses.621 Die Auflösung des Dilemmas der Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen auf der Basis sich wechselseitig ausschließender Bilanzierungskonzeptionen (Asset-Liability-Ansatz vs. Revenue-Expense-Ansatz) scheint dem IASB nicht nur ein Anliegen bei der derzeitigen Überarbeitung des Rahmenkonzeptes zu sein.622 Auch die Überarbeitung von Standards,623 die geplante Neuregelung der Ertragsvereinnahmung nach IFRS im Rahmen des gemeinsamen Projektes von IASB und FASB624 sowie auch die Hinwendung zu einer umfassenden Fair-Value-Bilanzierung625 deuten auf ein Umdenken des IASB bzw. eine Abkehr vom Revenue-Expense-Ansatz hin.626 Die Unvereinbarkeit verschiedener Konzeptionen innerhalb der IFRS erschwert die gezielte Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen aufgrund uneindeutiger oder wider-
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Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Die Konzeptionslosigkeit des International Accounting Standards Board (IASB), a. a. O., hier S. 735. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 115 (im Original hervorgehoben). Vgl. grundlegend zu diesem Ansatz Paton, William Andrew/Littleton, Ananias Charles: An Introduction to Corporate Accounting Standards, Ann Arbour, MI: American Accounting Association 1955. Vertiefend z. B. FASB: Discussion Memorandum – Conceptual Framework for Financial Accounting and Reporting: Elements of Financial Statements and Their Measurement, Stamford, CT: FASB, 1976, hier para. 38–42, 214–224; Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 218–220; Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 115–120; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models, Current Proposals and Practical Consequences, in: Accounting in Europe, Vol. 2 (2005), S. 69–106, hier S. 77. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 123. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das Projekt „Revenue Recognition“ von FASB und IASB – Notwendigkeit, Vorschläge und Bewertung möglicher Neufassungen von IAS 18 und IAS 11, in: Internationale Rechnungslegung: Standortbestimmung und Zukunftsperspektiven, hrsg. von Karlheinz Küting, Norbert Pfitzer und Claus-Peter Weber, Stuttgart 2006, S. 245–270, hier S. 252. Vgl. hierzu würdigend Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – internationaler Abschied vom Realisationsprinzip?, a. a. O., hier S. 430–434. Vgl. hierzu sowie zur bilanztheoretischen Fundierung Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis: Der Grundsatz der Fair-Value-Bewertung bei Schulden nach IFRS: Zweck, Inhalte und Grenzen, in: ZfB, 76. Jg. (2006), Special Issue 6, S. 77–110; Hitz, Jörg-Markus: Rechnungslegung zum fair value, Frankfurt a. M. 2005. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – Update zu BB 2005, 427 ff., in: BB, 60. Jg. (2005), S. 2799–2802, hier S. 2799.
83
sprüchlicher konzeptioneller Grundlagen. Die alleinige Ausrichtung der IFRS auf eine Informationsvermittlung mag (wenn auch unter Fokussierung der Anleger) der Konzernabschlussrichtlinie entsprechen, jedoch nicht dem Regelungszweck der Jahresabschlussrichtlinie, dem auch eine Ausschüttungsbemessungsfunktion zukommt. Dies wird vor allem dann problematisch, wenn sich der Anwendungsbereich der IFRS auf den Einzelabschluss erstreckt, da der IFRS-Einzelabschluss dann die Jahresabschlussrichtlinie ersetzen und ihm dadurch gleichermaßen eine Ausschüttungsbemessungsfunktion in Verbindung mit dem zu beachtenden Schutzzweck der Kapitalrichtlinie (Mindestgläubigerschutz) zukommen würde.627 bb)
Informationsvermittlung als Instrument des informationellen Anlegerschutzes
Um dem Postulat der decision usefulness sinnvoll nachkommen zu können, muss sich die Informationspflicht an den Informationsinteressen der Adressaten und den von ihnen zu treffenden Entscheidungen ausrichten.628 Die explizite Betonung der Informationsinteressen der Investoren im Rahmenkonzept führt konsequenterweise zu der Lesart, dass der Schutz der Investoren den primären Zweck der Rechnungslegung nach IFRS darstellt.629 Durch kapitalmarktorientierte Rechnungslegungsnormen sollen den Investoren Informationen als Entscheidungsgrundlage bereit gestellt werden (RK.9).630 Als aktive Teilnehmer am Kapitalmarkt benötigen sie daher marktrelevante Informationen, die der Anlageentscheidung dienlich sind.631 Es kommt zu einer Externalisierung der Rechnungslegungsinformation,632 durch die einerseits einem wirksamen Anlegerschutz entsprochen wird und die andererseits der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes dient.633 Obwohl der Fokus des Adressatenkreises der Bilanzrichtlinien umstritten ist, und sich die 627
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Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 48. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 223; Busse von Colbe, Walther: Die Entwicklung des Jahresabschlusses als Informationsinstrument, in: Ökonomische Analyse des Bilanzrechts, zfbf Sonderheft 32, hrsg. von Franz W. Wagner, Düsseldorf/Frankfurt a. M. 1993, S. 11–29, hier S. 18. STREIM bezieht die Fremdkapitalgeber neben den Eigenkapitalgebern hierbei in den Kreis der Investoren mit ein und folgert daraus, dass der primäre Zweck der IFRS demnach der Kapitalgeberschutz sei, was sich mit dem Schutzzweck des handelsrechtlichen Jahresabschlusses für Gesellschafter und Gläubiger deckt. Der Unterschied der beiden Regelwerke liegt deshalb nicht in der Zwecksetzung des Kapitalgeberschutzes, sondern in der Art und Weise der Verwirklichung desselben. Während die IFRS eine Schutzwirkung durch die Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen suchen, entfaltet der handelsrechtliche Jahresabschluss diese Wirkung durch die Konzeption eines ausschüttbaren Gewinns. Vgl. Streim, Hannes: Die Vermittlung von entscheidungsnützlichen Informationen durch die Bilanz und die GuV – Ein nicht einlösbares Versprechen der internationalen Standardsetter, in: BFuP, 52. Jg. (2000), S. 111–131, hier S. 113. Vgl. Schmidt, Matthias: Das Konzept einer kapitalmarktorientierten Rechnungslegung, Bielefeld 2000, S. 16. Vgl. Reifschneider, Christina: Informationeller Anlegerschutz, a. a. O., S. 2; RK.9 (a). Vgl. Wüstemann, Jens: Normdurchsetzung in der deutschen Rechnungslegung – Enforcement nach dem Vorbild der USA?, in: BB, 57. Jg. (2002), S. 718–725, hier S. 719. Im deutschen Rechnungslegungssystem werden Informationen für den Kapitalmarkt im Gegensatz dazu intern verarbeitet. Vgl. Leuz, Christian/Wüstemann, Jens: The Role of Accounting in the German Financial System, in: The German Financial System, hrsg. v. Jan Perer Krahnen und Reinhard H. Schmidt, Oxford: Oxford University Press, 2004, S. 450–481, hier S. 461–465. Vgl. m. w. N. Reifschneider, Christina: Informationeller Anlegerschutz, a. a. O., S. 2.
Diskussion vornehmlich auf die Frage der Bedeutung der Gläubiger im Kreise der schutzwürdigen Dritten bezieht, steht außer Frage, dass sich die Bilanzrichtlinien gleichermaßen an Gesellschafter wie auch Dritte richten. Die exklusive Bedeutung der Anleger im Regelwerk der IFRS entspricht somit nicht dem Adressatenkreis der Bilanzrichtlinien. Die sich ergebende Problematik liegt, wie bereits aufgezeigt, in der Konsequenz des Rechnungslegungszwecks im Einzelabschluss nach IFRS und der Wertung von IFRS-Einzelnormen.634 In diesem Zusammenhang steht die Frage, ob sich die IFRS „passgenau in einem kapitalschutzbedachten gesellschaftsrechtlichen Kontext“ einbinden lassen.635 Dem IFRSAbschluss liegt kein expliziter Regelungszweck bezüglich bilanzieller Kapitalerhaltung bzw. Ausschüttungsbemessung zugrunde.636 Dennoch kennt das Rahmenkonzept zwei Kapitalerhaltungskonzepte (RK.102–110), die sich nach finanz- und leistungswirtschaftlicher Kapitalerhaltung unterscheiden lassen. Diese den IFRS zugrunde liegenden Kapitalerhaltungskonzeptionen betrachten den Gewinn aber vorrangig als Informationsträger statt als Ausschüttungsrichtgröße. Entgegen der Konzeption des Gemeinschaftsrechts wird bei einem IFRS-Abschluss eine Verknüpfung von gesellschaftsrechtlicher Kapitalerhaltung mit den Ansatz- und Bewertungsnormen des Jahresabschlussrechts bei der Regelsetzung durch den Standardsetzer nicht beachtet.637 Der institutionelle Gläubigerschutz durch bilanzielle Kapitalerhaltung des europäischen Bilanzrichtlinienrechts steht mit der Übernahme der IFRS in europäisches Recht einem informationellen Gläubigerschutz gegenüber,638 was zu Überarbeitungsbestrebungen der Kapitalrichtlinie bzw. zu alternativen Kapitalerhaltungsmodellen anstelle der sekundärrechtlich verankerten bilanziellen Kapitalerhaltung führt.639
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Vgl. hierzu grundlegend Merschmeyer, Marc: Die Kapitalschutzfunktion des Jahresabschlusses und Übernahme der IAS/IFRS für die Einzelbilanz, Frankfurt a. M. 2005. Merschmeyer, Marc: Die Kapitalschutzfunktion des Jahresabschlusses und Übernahme der IAS/IFRS für die Einzelbilanz, a. a. O., S. 155. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 107–109; Wüstemann, Jens: Die betriebswirtschaftliche Bedeutung von Rückstellungen für die nukleare Entsorgung, in: Deutsches Atomrechtssymposium, 7. Und 8. Oktober 2003 in Köln, hrsg. von Hans-Joachim Koch u. a. (Forum Energierecht), Baden-Baden 2004, S. 277–310, hier S. 291; Kahle, Holger: Bilanzieller Gläubigershcutz und internationale Rechnungslegungsstandards, in: ZfB, 72. Jg. (2002), S. 695–711, hier S. 706–707. Die erfolgsneutrale Erfassung von Neubewertungsbeträgen über den Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach IAS 38.85 bzw. IAS 16.39 mögen zwar implizit auf eine Ausschüttungsbegrenzung hindeuten, diesen steht allerdings eine erfolgswirksame Verbuchung anderer Neubewertungsbeträge (z. B. IAS 40.35 und IAS 41.26) gegenüber, so dass auch von einer impliziten Zahlungsbemessungsfunktion nicht ausgegangen werden kann. So etwa Klein, Gabriele: Internationale Rechnungslegung und Konzernabschluss, Wiesbaden 2003, S. 62. Zur systematischen Verknüpfung von Kapitalrichtlinie und Jahresabschlussrichtlinie als Basis des europäischen Kapitalschutzsystems vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.2.c)bb). Zum informationellen Gläubigerschutz vgl. Kübler, Friedrich: Institutioneller Gläubigerschutz oder Kapitalmarkttransparenz, in: ZHR, 159. Jg. (1995), S. 550–566, hier S. 560–563. Vgl. auch würdigend bzgl. der IFRS Merschmeyer, Marc: Die Kapitalschutzfunktion des Jahresabschlusses und Übernahme der IAS/IFRS für die Einzelbilanz, a. a. O., S. 273–286. Vgl. z. B. die von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie zu europäischen Kapitalerhaltungssystemen KPMG (Hrsg.): Contract EDT/2006/IM/F2/71 Feasibility study on an alternative to the capital maintenance regime established by the Second Company Law Directive 77/91/EES of 13 December
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b)
Kompatibilität der IFRS mit dem Bilanzrichtlinienrecht
aa)
Vereinbarkeitsprüfung im Normwandlungsprozess: Divergenzen bei der Auslegung der Reichweite der Normen
Die durch Art. 29 Abs. 2 lit. a) KaR geforderte Konformität führte im Rahmen der zu erwägenden neuen Rechnungslegungsstrategie der Europäischen Union zu einer Notwendigkeit der Überprüfung der Vereinbarkeit von den bestehenden IFRS mit den Rechnungslegungsrichtlinien durch den Kontaktausschuss der Europäischen Kommission.640 Bei der Überprüfung sollten keine Unterschiede der Bilanzierung erfasst werden, sondern wertungsfrei die Frage erörtert werden, ob eine Übernahme, „ohne in Konflikt mit den Bilanzrichtlinien zu geraten“, erfolgen kann.641 Für den aus Sicht der Kommission im Jahr 1995 eher unwahrscheinlichen Fall einer Unvereinbarkeit einer IFRS-Regelung mit bestehendem Richtlinienrecht sieht die Kommission entweder eine Änderung der Einzelnorm durch das IASB oder eine Änderung der Richtlinien vor.642 Aufgrund der zahlreichen Richtlinienwahlrechte kann es im einzelstaatlichen Recht jedoch zu dem Fall kommen, dass die IFRS, die als vereinbar mit den Richtlinien gelten, dennoch gegen nationales Recht verstoßen:643 Wenn die Regelungen des IAS 38 „Immaterielle Vermögenswerte“ (ehemals Art. 15–17 des IAS 9: Forschungs- und Entwicklungskosten, 1993) ein Ansatzverbot von Forschungskosten und bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen eine Aktivierungspflicht für Entwicklungskosten vorsehen und Art. 37 Abs. 1 JaR den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht zur Aktivierung von Forschungs- und Entwicklungskosten gestattet, besteht zwar kein Konflikt mit der Richtlinie, bei Nichtinanspruchnahme des Wahlrechts durch einen Mitgliedstaat und sofortiger Erfassung in der Gewinn- und Verlustrechnung ergibt sich jedoch ein Konformitätsproblem mit nationalem Recht.644 Zwischen 1995 und 2001 hat der Kontaktausschuss mehrere Studien veröffentlicht, in denen die geforderte Vereinbarkeit überprüft wurde.645 Diese Vereinbarkeitsstudien befassten sich
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1976 and an examination of the impact on profit distribution of the new EU-accounting regime – Main Report, Januar 2008 (KPMG Feasibility Study in capital maintenance). Der Kontaktausschuss wurde gemäß Art. 52 JaR gegründet. Ihm obliegt die Aufgabe, die gleichmäßige Anwendung der Richtlinie durch regelmäßige Abstimmung, insbesondere bei Anwendungsfragen, zu erleichtern sowie die Kommission bei Ergänzungen und Änderungen der Richtlinien zu beraten. Vgl. Hulle, Karel van: Die Zukunft der Europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 140 (auch Zitat). Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 7. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 7. Vgl. Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: „Eine Überprüfung der Konformität der Internationalen Rechnungslegungsgrundsätze (IAS) mit den europäischen Richtlinien der Rechnungslegung“, 1996, S. 14. Zunächst wurde 1996 eine Studie vorgelegt, die alle bis zum 31.12.1995 veröffentlichten IAS berücksichtigt, ausgenommen IAS 32 „Finanzinnovationen“, der gesondert geprüft wurde. IAS, die nicht Themen der Richtlinie sind oder einer Überarbeitung unterlagen, wurden ebenfalls nicht berücksichtigt. Studien zu diesen Standards wurden nach und nach vorgenommen. Die letzte Vereinbarkeitsstudie wurde im April 2001
ausschließlich mit den Regelungsnormen, nicht jedoch mit Überlegungen hinsichtlich bestehender Probleme aufgrund konzeptioneller Unterschiede.646 Im Ergebnis stellte der Kontaktausschuss – neben einer generellen Unvereinbarkeit einer Fair-Value-Bewertung bestimmter Vermögenswerte mit den Richtlinien – zwei unwesentliche Unvereinbarkeiten fest,647 so dass einer Aufstellung eines konsolidierten Abschlusses nach IAS im Rahmen europäischen Rechnungslegungsrechts – unter Berücksichtigung einer Normanpassung der Richtlinien zum Zwecke einer Fair-Value-Bewertung bei Finanzinstrumenten – grundsätzlich nichts entgegenstünde.648 In Deutschland wurde auf nationaler Ebene ebenfalls eine Untersuchung durch das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) vorgenommen, in der Bilanzierungsabweichungen zwischen den Rechnungslegungsrichtlinien und den IAS geprüft wurden. Im Ergebnis kommt der Arbeitskreis im Gegensatz zum Kontaktausschuss zu sieben relevanten Abweichungen. Neben den zwei durch den Kontaktausschuss erwähnten Konflikten, sieht das IDW Probleme bei der Umrechnung von Fremdwährungstransaktionen, der langfristigen Fertigung, der Aktivierung von Vorteilen aus steuerlichen Verlustvorträgen, der Bewertung von Pensionsrückstellungen und der sonstigen Rückstellungen.649 Die unterschiedliche Bewertung der Vereinbarkeit beruht auf einer unterschiedlichen Auslegung der Rahmengrundsätze durch das IDW und durch den Kontaktausschuss.650 Während der Kontaktausschuss bspw. das Realisationsprinzip bei der Bilanzierung von Umrechnungsdifferenzen bei Fremdwährungstransaktionen sehr weit auslegt und unabhängig von Art. 32 JaR (Orientierung der Bewertung an den Anschaffungs- oder Herstellungskosten) isoliert interpretiert, betont das IDW die nach deutscher Ansicht klare Gewinnermittlungskonzeption gemäß dem historischen Willen des
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veröffentlicht und berücksichtigt alle IAS, deren Thematik in den Rechnungslegungsrichtlinien behandelt wird und die bis zum 31.12.2000 veröffentlicht wurden. Eine Ausnahme hiervon ist IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“, der für eine Anwendung im europäischen Recht zu einer Änderung der Richtlinien führt, und IAS 41 „Landwirtschaft“, dessen Fair-Value-Bewertung zu einer offensichtlichen Unvereinbarkeit mit den Rechnungslegungsrichtlinien führt. Alle „Studien zur Prüfung der Vereinbarkeit“ sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/accounting/ias/legis-process_de.htm, letzter Abruf 6.12.2008. Beide Konflikte werden als unwesentlich erachtet. Vgl. Hulle, Karel van: Die Zukunft der Europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 140–141. Vgl. Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, a. a. O., hier S. 801. Der erste Konflikt resultiert aus der Behandlung eines negativen Goodwill gemäß IAS 22.49–IAS 22.51 a. F. im Vergleich zu den Regelungen des Art. 31 Konzernabschlussrichtlinie. Die zweite Unvereinbarkeit betrifft die Regelungen zum Ausschluss eines Tochterunternehmens vom Konsolidierungskreis. Vgl. Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: Prüfung der Vereinbarkeit von IAS 1 bis IAS 41 mit den europäischen Rechnungslegungsrichtlinien, April 2001, S. 27 und S. 29–30. Vgl. Hulle, Karel van: Die Zukunft der Europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 139. Dem Ergebnis einer grundsätzlichen Vereinbarkeit stimmt auch der Europäische Berufsverband der FEE zu. Vgl. Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): FEE Study – Comparison of the EC Accounting Directives and IASs, Brüssel 1999, S. 12. Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): Praktisch relevante Abweichungen zwischen den Rechnungslegungsstandards des IASC und der 4. und 7. EG-Richtlinie, in: WPg, 51. Jg. (1998), S. 183–188. Vgl. auch Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): FEE Study – Comparison of the EC Accounting Directives and IASs, a. a. O., S. 12.
87
Richtliniengebers unter Bindung der Gewinnrealisierung an den Umsatzakt.651 Das gleiche Problem ergibt sich bspw. bei der Bewertung von sonstigen Rückstellungen aufgrund von Wertungsdifferenzen beim Vorsichtsprinzip.652 Die durch den Kontaktausschuss und die Kommission unterstellte Vereinbarkeit beider Regelwerke aufgrund der dynamischen Auslegung der Normen der Jahresabschlussrichtlinie führt implizit auch zu einer Übertragung der Zwecke der Rechnungslegung nach IAS auf die Jahresabschlussrichtlinie. Dies ist jedoch in höchstem Maße als problematisch zu erachten:653 Der Rechnungslegung nach IFRS liegt eine andere Regelungskonzeption zugrunde als den Richtlinien.654 Die zentrale Orientierung an der Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der IFRS, die den Prinzipien der Entscheidungsverbundenheit (relevance) und Verlässlichkeit (reliability) unterliegt,655 führt zu einer Betonung des Prinzips der periodengerechten Gewinnermittlung (accrual principle) bei gleichzeitig untergeordneter Bedeutung des Vorsichtsprinzips.656 Das Richtlinienrecht unterliegt allerdings einer zwingenden Beachtung des Vorsichtsprinzips mit seinen Folgeprinzipien. Dieses wird zwar je nach Rechnungslegungstradition unterschiedlich weit ausgelegt,657 dennoch entspricht auch die enge Interpretation der Einzelnormen der deutschen Rechnungslegungstradition dem objektiven Verständnis der Richtlinie.658 Um dauerhaft dem europäischen Erfordernis der Rechtssicherheit nachkommen zu können, wird eine andauernde Überprüfung von zu übernehmenden IFRS notwendig sein.659 Problematisch wird hierbei sicherlich sein, dass die Geschwindigkeit, mit der sich IFRS aufgrund geänderter Marktsituationen anpassen können, deutlich von den zeitlichen Restriktionen der europäischen Gesetzgebung abweicht.660
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Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): Praktisch relevante Abweichungen zwischen den Rechnungslegungsstandards des IASC und der 4. und 7. EG-Richtlinie, a. a. O., hier S. 184–185. Hier spiegelt sich die unterschiedliche Reichweite der Regelungsinterpretation wider. Vgl. hierzu auch § 1. II. 2. c) bb) ccc). Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): Praktisch relevante Abweichungen zwischen den Rechnungslegungsstandards des IASC und der 4. und 7. EG-Richtlinie, a. a. O., hier S. 187. Vgl. Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, a. a. O., hier S. 803–804. Vgl. z. B. Kierzek, Sonja/Wüstemann, Jens: Grundlagen der Rechnungslegung nach IFRS, in: Hommel, Michael/Wüstemann, Jens: Synopse der Rechnungslegung nach HGB und IFRS, München 2006, S. 1–21. Vgl. zu den Anforderungen Reifschneider, Christina: Informationeller Anlegerschutz, a. a. O., S. 30–38. Vgl. Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, a. a. O., hier S. 804. Vgl. KPMG Feasibility Study in Capital Maintenance, S. 8; ferner oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.3.b)bb). Vgl. Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, a. a. O., hier S. 804. Hulle, Karel van: Die Zukunft der Europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 141. Vgl. Busse von Colbe, Walther: Zur Anpassung der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften an internationale Normen, in: BFuP, 47. Jg. (1995), S. 373–391, hier S. 374.
bb)
Keine dynamische Interpretation der Richtlinien als Lösung zur Vereinbarkeit
Eine enge Interpretation des Vorsichtsprinzips und seiner Folgeprinzipien (und damit die Identifizierung weiterer Konfliktpotentiale) wird von Hulle, dem damaligen Leiter der Generaldirektion Binnenmarkt, als nicht mehr zeitgemäß kritisiert und nicht geteilt.661 Um eine erleichterte Vereinbarkeit der IAS mit dem europäischen Bilanzrecht zu erreichen und das europäische Bilanzrecht zeitgemäß an die internationalen Entwicklungen anzupassen, erwägt Hulle eine dynamische Auslegung des Richtlinienrechts, durch die eine Anpassung an sich ändernde Auffassungen der Mitgliedstaaten und Entwicklungen ermöglicht werden soll. Ebenso besteht die Intention, eine vollständige Überarbeitung der Richtlinien aufgrund einer eventuellen Gefährdung des erreichten Harmonisierungsstands662 zu vermeiden.663 Die durch den Kontaktausschuss vorgenommenen Überprüfungen und in Folge auch die Europäische Kommission gehen von dieser „optimistisch-dynamischen Betrachtungsweise“ aus, um eine weitestgehende Übereinstimmung der IAS mit den Richtlinien zu suggerieren.664 Europarechtlich ist eine solche dynamische, „harmonisierungserhöhende“ Auslegung im Sekundärrecht – wie aufgezeigt –665 auch aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen.666 Ferner erfordert eine Änderung europäischer Richtlinienziele im Sinne einer stärkeren Kapitalmarktorientierung des Bilanzrechts ein förmliches Gesetzgebungsverfahren durch den europäischen Normsetzer.667 Auch aus wirtschaftlichen Gründen ist eine dynamische Interpretation mit Nachteilen verbunden: Der europäische Berufsverband FEE zeigt auf, dass eine dynamische Interpretation der Richtliniennormen größere Wahlmöglichkeiten eröffnen könnte, durch die die Vergleichbarkeit der Abschlüsse gar erschwert würde.668 Ebenso würde eine dynamische Interpretation der Jahresabschlussrichtlinie aufgrund der abgeschwächten Betrachtung des Vorsichtsprinzips die systematische Verknüpfung mit der Kapitalrichtlinie aufweichen und damit den europäischen bilanziellen Kapitalschutz angreifbar machen. Des Weiteren erscheint eine dynamische Auslegung des Bilanzrichtlinienrechts bei einer – aufgrund der Vermeidung unerwünschter Steuereffekte – als notwendig angenommenen Trennung von Konzern- und 661
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Vgl. Hulle, Karel van: Die Zukunft der Europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 147. Vgl. Hulle, Karel van: International Harmonization of Accounting Principles: A European Perspective, in: Rechnungslegung und Abschlussprüfung in globalen Kapitalmärkten, Sonderheft WPK-Mitteilungen, 1997, S. 44–50, hier S. 45. Vgl. Hulle, Karel van: Die Zukunft der Europäischen Rechnungslegung im Rahmen einer sich ändernden internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 147. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 720 (auch Zitat). Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.I.3.b)bb). Vgl. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 108 (auch Zitat). Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 721. Vgl. Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): FEE Study – Comparison of the EC Accounting Directives and IASs, a. a. O., S. 8.
89
Einzelabschluss mit einer einheitlichen Auslegung des Bilanzrechts unvereinbar:669 Da die grundlegenden Ansatz- und Bewertungsnormen der Konzernabschlussrichtlinie auf die Jahresabschlussrichtlinie verweisen, ist eine abweichende Auslegung beider Rechenwerke dem jeweiligen Zweck entsprechend sachlich nicht begründbar. Eine an den Kapitalmarktzwecken orientierte Auslegung der Ansatz- und Bewertungsnormen der Jahresabschlussrichtlinie würde sich aufgrund der verweisenden Bindung beider Richtlinien zwangsweise auch auf den Einzelabschluss auswirken.670 Eine dynamische Auslegung der Richtliniennorm ist folglich abzulehnen. B.
Maßnahmen der Bilanzrechtsangleichung auf Basis europäischen Gemeinschaftsrechts im Rahmen der Ausrichtung auf die IFRS
I.
Kritische Würdigung der Fair-Value-Richtlinie als integrativer Bestandteil des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen zur Vollendung des Binnenmarktes
Die Beseitigung der offensichtlichen Unvereinbarkeit einer Fair-Value-Bewertung respektive der erfolgswirksamen Erfassung daraus resultierender Gewinne im Normgefüge der IFRS mit den Bewertungsregelungen der Jahresabschlussrichtlinie (insbesondere mit dem Realisationsprinzip in Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) und Art. 33 JaR) ist Bestandteil des Aktionsrahmens für Finanzdienstleistungen von 1999: Die im europäischen Bilanzrecht bestehenden Unzulänglichkeiten sollen im Zuge der vom Rat der Europäischen Union verlangten Vollendung eines Binnenmarkt für Finanzdienste beseitigt werden, um den Unternehmen eine EU-weite Kapitalbeschaffung zu erleichtern. Der 1999 vorgeschlagene Aktionsplan für die Umsetzung eines Finanzmarktrahmens sieht hierfür eine wichtige Voraussetzung in vergleichbaren, transparenten und verlässlichen Jahresabschlüssen, die durch die Anwendung der IFRS erhofft werden.671 Mit der Richtlinie 2001/65/EG vom 27. September 2001 (Fair-ValueRichtlinie) wird eine Fair-Value-Bewertung für Finanzinstrumente im europäischen Bilanzrecht eingeführt.672 Die Richtlinie greift – wie auch die Rechnungslegungsrichtlinien – als Rechtsgrundlage auf Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV zurück, der der Angleichung und Koordinierung des Gesellschaftsrechts dient und Schutzzwecke von Gesellschaftern und Dritten verfolgt. Durch die Richtlinie wird den Mitgliedstaaten eine von den Anschaffungs- und Herstellungskosten abweichende Bewertung bestimmter Finanzinstrumente673 zum beizu669
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Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): Praktisch relevante Abweichungen zwischen den Rechnungslegungsstandards des IASC und der 4. und 7. EG-Richtlinie, a. a. O., hier S. 184. Vgl. Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, a. a. O., hier S. 805. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission: Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232, 11.5.1999, S. 6. Vgl. Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG und 83/635/EWG des Rates im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen und Banken und anderen Finanzinstituten zulässigen Wertansätze (Fair-Value-Richtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 283 vom 27.10.2001, S. 28–32. Art. 42a Abs. 4 JaR schließt bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinstrumente, ausgegebene Darlehen und Forderungen, die nicht zu Handelszwecken gehalten werden, Anteile an Tochtergesellschaften, assoziierten Unternehmen und Joint Ventures, ausgegebene Eigenkapitalinstrumente, Verträge über eventuelle
legenden Zeitwert gestattet. In Konsequenz dieser Zeitbewertung bestimmt Art. 42 Abs. 1 JaR – unter explizitem Verweis auf die Irrelevanz des Art. 31 Abs. 1 lit. c) – grundsätzlich eine erfolgswirksame Erfassung der sich ergebenden Wertänderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung. Die Durchbrechung des Anschaffungswertprinzips durch die erfolgswirksame Erfassung nicht realisierter Gewinne674 wird auch aus Sicht der Europäischen Kommission erkannt, wenn sie feststellt, dass „[a]us einer vorsichtigen Perspektive bzw. aus Sicht der Kapitalerhaltung es als unvorsichtig angesehen werden [könnte], diese Gewinne zur Ausschüttung an die Anteilseigner zur Verfügung zu stellen“675. Dennoch dominiert die Anpassung an die IFRS im europäischen Bilanzrichtlinienrecht aufgrund der sich ergebenden Kapitalmarkterfordernisse. Da der europäische Normsetzer die Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Wertansatz in den Rechnungslegungsrichtlinien nicht ersetzen will, wird die Bewertung zum fair value auf bestimmte Finanzinstrumente beschränkt676 und explizit andere Posten, die keine Finanzinstrumente darstellen, von einem Ansatz zum beizulegenden Zeitwert ausgeschlossen.677 Diese Beschränkung bei Einführung einer Fair-Value-Bewertung auf bestimmte Finanzinstrumente entbehrt jedoch die Problematik anderer Konflikte zwischen EG-Richtlinien und IFRS, die auch nicht durch eine geänderte Auslegung der Richtlinien überwunden werden können.678 Der Kontaktausschuss selbst hat schließlich eine Unvereinbarkeit bei der FairValue-Bewertung bspw. bei IAS 41 „Landwirtschaft“ mit den Anforderungen des gemeinschaftsrechtlichen Realisationsprinzips gemäß Art. 31 JaR respektive der Anforderungen einer erfolgswirksamen Erfassung von Wertänderungen im Anlagevermögen gemäß Art. 33 JaR festgestellt.679 Dieser Widerspruch und andere Inkompatibilitäten zwischen Richtlinien
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Gegenleistungen bei einem Unternehmenszusammenschluss und andere Finanzinstrumente von der FairValue-Bewertung aus. Vgl. hierzu ebenfalls kritisch: Hommel, Michael/Berndt, Thomas: Neue Entwicklungen in der Jahresabschlussrichtlinie: Bewertung zum Fair Value, in: BB, 55. Jg. (2000), S. 1184–1189, hier S. 1186. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen zulässigen Wertansätze, KOM (2000) 80 endg., Brüssel 24.2.2000, S. 9. Art. 42 a JaR bestimmt, welche Finanzinstrumente zum fair value zu erfassen sind. Da aufgrund der Regelungskonzeption einer Richtlinie auf Definitionen verzichtet wird und aufgrund der „ständig wachsenden Variationen komplexer derivativer Finanzinstrumente“, bestimmt die Richtlinie lediglich, welche Finanzinstrumente nicht zum fair value bewertet werden dürfen. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen zulässigen Wertansätze, KOM (2000) 80 endg., a. a. O., S. 8–9. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen zulässigen Wertansätze, KOM (2000) 80 endg., Brüssel a. a. O., S. 7–8. Vgl. hierzu Helmschrott, Harald: Der Vorschlag der EU zur Anpassung der Bilanzrichtlinien an die IAS durch die Einführung einer Fair-Value-Bewertung von Finanzinstrumenten, in: DStR, 38. Jg. (2000), S. 941–948, hier S. 942. Auch bei anderen Vermögensgegenständen sehen die IFRS eine Fair-Value-Bewertung vor, allerdings handelt es sich hierbei um Optionen, die bei Nichtausübung eine Vereinbarkeit herbeiführen.
91
und IFRS wurden erst durch den europäischen Gesetzgeber mit der Richtlinie 2003/51/EG vom 18. Juni 2003 (Modernisierungsrichtlinie) beseitigt. II.
Kritische Würdigung der Modernisierungsrichtlinie als integrativer Bestandteil des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen zur Vollendung des Binnenmarktes
Mit der Modernisierungsrichtlinie680 reagiert der Rat auf weitere Anpassungserfordernisse des europäischen Bilanzrichtlinienrechts an die IFRS aufgrund der IAS-Verordnung.681 Anders als die Rechnungslegungsrichtlinien und die Fair-Value-Richtlinie basiert die Modernisierungsrichtlinie primärrechtlich auf Art. 44 Abs. 1 EGV, nach dem der Rat „Richtlinien zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für eine bestimmte Tätigkeit“ erlässt. Als allgemeine Rechtsetzungskompetenz wird Art. 44 Abs. 1 EGV durch die Handlungsaufträge des Art. 44 Abs. 2 EGV als speziellere Rechtsetzungsgrundlage konkretisiert. Beide haben demnach die Angleichung von Rechtsvorschriften zum Ziel. Als allgemeinere Rechtsetzungsgrundlage müsste bei korrekter Anwendung dann auf Art. 44 Abs. 1 zurückgegriffen werden, wenn die Bestimmungen der Richtlinie über den Anwendungsbereich des Art. 44 Abs. 2 lit g) EGV hinausgehen würden. Der europäische Normsetzer nennt hingegen keine Begründung für den Wechsel der Rechtsgrundlage auf Art. 44 Abs. 1 EGV. Sekundärrechtlich verfolgt die Richtlinie gemäß der Begründung des Vorschlags der Richtlinie drei Ziele, wonach zunächst alle Unstimmigkeiten zwischen beiden Regelwerken beseitigt werden sollen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen den Unternehmen, die die IFRS anwenden und solchen, die dies nicht tun, herstellen zu können (Art. 5). Des Weiteren wird versucht, die Rechnungslegungsoptionen nach IFRS mit der Anpassung des Richtlinienrechts auch für solche Unternehmen zu öffnen, die nicht für eine Übernahme der IFRS in ihrem Abschluss optieren. Ebenso zielt die Modernisierungsrichtlinie darauf ab, den Rechnungslegungsrahmen der Richtlinien für künftige Entwicklungen der IAS zu flexibilisieren.682 Die sich ergebenden Änderungen erfolgen zumeist in Form von Mitgliedstaatenwahlrechten,
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Vgl. Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: Prüfung der Vereinbarkeit von IAS 1 bis IAS 41 mit den europäischen Rechnungslegungsrichtlinien, April 2001, S. 27 und S. 29–30. Vgl. Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen (Modernisierungsrichtlinie), in: ABl., Nr. L 178 vom 17.7.2003, S. 16–22. In einem Diskussionspapier schlägt die FEE vier alternative Methoden für die Anpassung der Richtlinien vor: Scoping out, High-Level-Ansatz, Änderung der Richtlinien als Rahmenregelung sowie vollständige Anpassung der Richtlinien im Sinne der Anpassung von Einzelnormen. Vgl. Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on Modernization of the Accounting Directives, Brüssel 2001, S. 16–23. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, KOM (2002) 259/2 endg., Brüssel 9.7.2002, S. 4.
die letztlich die Zahl der Wahlrechte in den Bilanzrichtlinien weiter erhöhen.683 Als Mitgliedstaatenwahlrecht betreffend die Jahresabschlussrichtlinie684 wird im Wesentlichen eine Erweiterung der Jahresabschlussbestandteile um „weitere Unterlagen“ vorgenommen (Art. 2 Abs. 1 JaR), der Grundsatz der substance over form gestärkt (Art. 4 Abs. 6 JaR), Abweichungen vom starren Gliederungsschema der Bilanz und GuV erlaubt (Art. 10a JaR), die Möglichkeit gegeben, eine „Ergebnisrechnung“ anstelle einer Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen (Art. 22), die Neubewertung des gesamten Anlagevermögens und nicht mehr nur des Sachanlagevermögens und der Finanzanlagen gestattet (Art. 33 JaR) sowie eine Zeitwertbewertung für „bestimmte Arten von Vermögensgegenständen“ und den entsprechenden Ausweis der Wertänderungen in der Gewinn- und Verlustrechnung eingeführt (Art. 42 e) und f) JaR). Als verpflichtende Änderung gleicht die Modernisierungsrichtlinie die Schuld- und Rückstellungsdefinition an die IAS an (Art. 20 Abs. 1 JaR, Art. 31 Abs. 1 JaR) und ermöglicht dadurch nur noch die Bildung von Verbindlichkeitsrückstellungen; Verlustrückstellungen und Aufwandsrückstellungen werden jedoch durch ein Wahlrecht weiterhin zugelassen (Art. 31 Abs. 1a) JaR).685 Verpflichtend werden auch Änderungen bei der Lageberichterstattung (Art. 46 JaR) vorgenommen, durch die der Lagebericht aufgewertet wird, da die Änderungen eine „größere Übereinstimmung der Qualität der Lageberichte und eine weiterreichende Orientierung im Hinblick auf den Informationsgehalt eines den ‚tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden’ Lageberichts“ fokussieren.686
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Vgl. Niehus, Rudolf J.: Der EU-Vorschlag für eine „Modernisierung“ der Bilanzrichtlinien, in: DB, 55. Jg. (2002), S. 1385–1390, hier S. 1385. Die Darstellung beschränkt sich auf die Änderungen der Jahresabschlussrichtlinie. NIEHUS kritisiert die Angleichung der Definitionen an den enger gefassten Begriff der IAS einerseits und die Einführung eines Wahlrechts zur Beibehaltung der bisher möglichen Aufwands- und Verlustrückstellung andererseits als „außerordentlich bemerkenswerte Doppelstrategie“, die dem Ziel einer besseren Vergleichbarkeit aufgrund zweier unterschiedlicher Rückstellungsbegriffe nicht nachkommen kann. Vgl. Niehus, Rudolf J.: Der EU-Vorschlag für eine „Modernisierung“ der Bilanzrichtlinien, a. a. O., hier S. 1387 (auch Zitat). Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, KOM (2002) 259/2 endg., a. a. O., S. 7.
93
III.
Anwendung der IFRS im europäischen Bilanzrecht durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 vom 19. Juli 2002
1.
Bestimmung der Zielsetzung der IAS-Verordnung 1606/2002
a)
Primärrechtliche Grundsätze der Rechtsangleichung im europäischen Bilanzrecht durch Verordnungen: Maßgeblichkeit des Funktionierens des Binnenmarktes
Der durch das Richtlinienrecht erreichte Stand der Harmonisierung bedurfte eines neuen Impulses hinsichtlich eines effektiven Funktionierens des Binnenmarktes, der durch die Ausrichtung auf die IFRS erfolgte. Mit der EG-Verordnung 1606/2002 (IAS-Verordnung) weicht der Normgeber im europäischen Bilanzrecht von der Harmonisierungsstrategie zu Gunsten einer Tendenz zur Vereinheitlichung bzw. Standardisierung ab.687 Gemäß Art. 249 Abs. 2 EGV ist die Verordnung in allen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar, so dass durch die Umsetzung der neuen Strategie der Kommission mittels einer Verordnung eine umfassende und damit langwierige Änderung der Richtlinie umgangen werden kann.688 Für den Erlass von Verordnungen zur Rechtsangleichung im Bilanzrecht bedarf es jedoch einer anderen Ermächtigungsgrundlage als die den Richtlinien zugrunde liegende, da Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV nur die Handlungsform der Richtlinie vorsieht. Allgemeine Grundnorm und auch die umfassendste689 der Rechtsangleichung bildet zwar Art. 94 EGV, durch den der Rat ermächtigt wird, durch Einstimmigkeit nationale Vorschriften, die sich auf den Gemeinsamen Markt auswirken, mittels Richtlinien zu harmonisieren.690 Zentrale Ermächtigungsnorm zur Rechtsangleichung im Binnenmarkt, die auch die Ermächtigungsgrundlage für Verordnungen sein kann,691 ist jedoch Art. 95 EGV, nach dem der Rat „Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten [erlässt], welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben“. Er ergänzt als allgemeine Kompetenznorm den Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV für das Kapitalmarktrecht.692 Die Einführung des Art. 95 EGV durch die EEA sieht eine erleichterte Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens nach Art. 251 EGV und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses vor.693 Art. 95 EGV verdrängt mit seinem funktionalen Anwendungsbereich in seiner Ausrichtung auf den Binnenmarkt die 687
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94
Vgl. Daske, Holger: Adopting International Financial Reporting Standards in the European Union – Empirical Essays on Causes, Effects and Economic Consequences, a. a. O., S. 8. Vgl. Pottgießer, Gaby: Einflüsse internationaler Standards auf die handelsrechtliche Rechnungslegung und die steuerrechtliche Gewinnermittlung, Wiesbaden 2006, S. 31. Vgl. Lutter, Marcus: Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, a. a. O., S. 3. Zum Umfang der Angleichungsnormen nach Art. 94 und 95 EGV vgl. Schweitzer, Michael/Hummer, Waldemar/Obwexer, Walter: Europarecht: das Recht der Europäischen Union, a. a. O., Rn. 1835–1840. Vgl. Habersack, Mathias: § 3 EG-vertragliche Grundlagen, in: Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., a. a. O., Rn. 58. Vgl. Schön, Wolfgang: Gesellschafter-, Gläubiger- und Anlegerschutz im Europäischen Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 708. Zu den einzelnen Rechtsetzungsverfahren vgl. Kilian, Wolfgang: Europäisches Wirtschaftsrecht, a. a. O., Rn. 102–113.
allgemeinen Angleichungsvorschriften des Art. 94 EGV694 und dient bei seiner Anwendung der Verwirklichung der Grundfreiheiten bzw. der Beseitigung von Hindernissen, die das Ziel des Binnenmarktes gefährden.695 Gleichwohl darf die Norm nicht als allgemeine Kompetenzgrundlage zur Rechtsangleichung im Binnenmarkt verstanden werden: Materiell besteht auch hier eine Beschränkung der Kompetenz auf solche Maßnahmen, die „die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben“. Der EuGH knüpft die Anwendung des Art. 95 EGV an die Bedingung, durch die Maßnahme das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern696 und negiert in ständiger Rechtsprechung eine Rechtsangleichungsmaßnahme basierend auf Art. 95 EGV, „wenn die vorzunehmende Handlung nur nebenbei eine Harmonisierung der Marktbedingungen innerhalb der Gemeinschaft bewirkt“697. b)
Sekundärrechtliche Bestimmung der Zielsetzung
Erklärtes Ziel der IAS-Verordnung bzw. der „Übernahme und Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards innerhalb der Gemeinschaft“ ist gemäß Art. 1 die Harmonisierung der „von Gesellschaften im Sinne des Artikels 4 vorgelegten Finanzinformationen […], um einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit der Abschlüsse und damit eine effiziente Funktionsweise des Kapitalmarkts in der Gemeinschaft und im Binnenmarkt sicherzustellen.“
Die sekundärrechtliche Zielsetzung der IAS-Verordnung basiert demnach auf der neuen Rechnungslegungsstrategie der EU vom Jahr 2000. Trotz der Erstanwendung einer Verordnung im europäischen Bilanzrecht gemäß Art. 95 EGV wird sprachlich als Ziel keine Rechtsvereinheitlichung gefordert, sondern weiterhin von einer Harmonisierung ausgegangen. Die Unterscheidung der Rechtsform bei der Harmonisierung der Rechnungslegung wird jedoch zu Gunsten einer Trennung nach Einzel- und Konzernabschluss sowie nach Kapitalmarktorientierung aufgegeben.698 Die durch das Richtlinienrecht verfolgte Gleichwertigkeit von Finanzinformationen zum Schutze Dritter im Rahmen des Gesellschaftsrechts wird aber explizit um die kapitalmarktrechtliche Perspektive im Sinne einer „fairen Information der Kapitalmarktteilnehmer“699 ergänzt; mithin findet eine Verlagerung der gesellschafts- zur kapital-
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Vgl. Herrnfeld, Hans-Holger: Kommentierung zu Art. 95 EGV, in: Schwarze EU-Kommentar, hier Rn. 4. Vgl. Fischer, Hans Georg: Kommentierung zu Art. 95 EGV, in: EU- und EG-Vertrag, hrsg. von Carl Otto Lenz und Klaus-Dieter Borchardt, 3. Auflage, Köln 2003, Rn. 13. Vgl. EuGH-Urteil vom 5. Oktober 2000, Rs. C-376/98 (Bundesrepublik Deutschland/Europäisches Parlament und Rat), Slg. 2000, I-8419 Rn. 83. EuGH-Urteil vom 28. Juni 1994, Rs. C-187/93 (Parlament/Rat), Slg. 1994, I-2857, Rn. 25; vgl. auch EuGHUrteil vom 17. März 1993, Rs. C-155/91 (Kommission/Rat), Slg. 1993, I-939, Rn. 19. Vgl. m. w. N. zum Anwendungsbereich des Art. 95 EGV Herrnfeld, Hans-Holger: Kommentierung zu Art. 95 EGV, a. a. O., Rn. 4–8. Vgl. Busse von Colbe, Walther: Vorschlag der EG-Kommission zur Anpassung der Bilanzrichtlinien an die IAS – Abschied von der Harmonisierung, in: BB, 57. Jg. (2002), S. 1530–1536, hier S. 1531. Busse von Colbe, Walther: Zur Anpassung der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften an internationale Normen, a. a. O., hier S. 374 (Zitat im Original teilweise hervorgehoben).
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marktrechtlichen Rechnungslegung statt.700 Die verbindliche Anwendung der International Accounting Standards (IAS) respektive der International Financial Reporting Standards (IFRS) seit dem Jahr 2005 im konsolidierten Abschluss kapitalmarktorientierter Unternehmen resultiert demnach aus der Notwendigkeit einer „schnelleren Vollendung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen“ und dem daraus folgenden Erfordernis der „Vergleichbarkeit der Abschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen“ (Erwägungsgrund 1) aufgrund einheitlicher Rechnungslegungsstandards von hoher Qualität, die als Weltstandards dienen (Erwägungsgrund 2). Sie sind Grundlage einer effizienten Funktionsweise des Kapitalmarktes und der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Kapitalmärkte (Erwägungsgrund 3–5). Mit der IAS-Verordnung werden die technischen Notwendigkeiten der Anwendung privater Standards im europäischen Bilanzrecht festgelegt und geregelt (Erwägungsgrund 8–18). Die Kommission begründet die Wahl der Regelung mittels einer (unmittelbar wirkenden) Verordnung mit der Notwendigkeit der Vermeidung einer „Rechtszersplitterung durch nationale Alleingänge“701, wie sie sich im Rahmen einer Umsetzungsnotwendigkeit einer Richtlinie ergeben können, um „vollständige Rechtssicherheit und eine durchgängige Anwendung der IAS durch alle in der EU börsennotierten Unternehmen zu erreichen“702. 2.
Anwendungsbereich der IAS-Verordnung
a)
Pflicht für konsolidierte Abschlüsse kapitalmarktorientierter Gesellschaften
Die IAS-Verordnung verpflichtet kapitalmarktorientierte Gesellschaften gemäß Art. 4, ihren konsolidierten Abschluss ab 2005 nach den IFRS aufzustellen;703 diese umfassen die IAS, die IFRS sowie deren Auslegungen SIC bzw. IFRIC (Art. 2 IAS-VO). Die IFRS sind folglich nur für den Konzernabschluss verpflichtend. Ihre Anwendung wird auch nur dann wirksam, „wenn diese konsolidierten Abschlüsse von anderer Seite gefordert werden“, da sich die Aufstellung eines Konzernabschlusses gemäß den Bestimmungen der Konzernabschlussrichtlinie nach einzelstaatlichem Recht richtet.704 Unterliegt eine Gesellschaft der Verpflichtung
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Vgl. Busse von Colbe, Walther: Zur Anpassung der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften an internationale Normen, a. a. O., hier S. 390. Ekkenga, Jens: Neuordnung des Europäischen Bilanzrechts für börsennotierte Unternehmen: Bedenken gegen die Strategie der EG-Kommission, in: BB, 56. Jg. (2001), S. 2362–2369, hier S. 2362. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsgrundsätze, KOM (2001) 80 endg., Brüssel 13.2.2001, S. 4. Zum Zeitpunkt der Verordnung betrifft diese verpflichtende Kapitalmarktmaßnahme ca. 7.000 Gesellschaften. Vgl. Hulle, Karel van: Von den Bilanzrichtlinien zu International Accounting Standards, a. a. O., hier S. 976. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Vierten Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 sowie zur Siebenten Richtlinie 83/349/EWG vom 13. Juni 1983 über Rechnungslegung (Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002), Brüssel 2003, S. 7 (auch Zitat). Vgl. vertiefend Hayn, Sven/Grüne, Michael: Konzernabschluss nach IFRS, München 2006, S. 3–37.
zur Aufstellung eines Konzernabschlusses, bestimmen folglich die IFRS den Anwendungsbereich und die Anforderungen der Konsolidierung.705 Die Unterscheidung der Rechtsform bei der Harmonisierung der Rechnungslegung wird mit der IAS-Verordnung zu Gunsten einer Trennung nach Einzel- und Konzernabschluss sowie nach Kapitalmarktorientierung aufgegeben.706 Die Verordnung versteht unter dem Begriff der Kapitalmarktorientierung nach Art. 4 die Zulassung von Wertpapieren zum Handel in einem beliebigen Mitgliedstaat in einem geregelten Markt gemäß der sog. Wertpapierdienstleistungsrichtlinie707 bzw. der Richtlinie 2004/39/EWG vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente.708 Gemäß Art. 47 der Richtlinie 2004/39/EWG „sind alle Mitgliedstaaten befugt, den auf ihrem Gebiet errichteten Märkten, die ihren Vorschriften entsprechen, den Status des ‚geregelten Marktes‘ zu verleihen“709. Sie müssen der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten jährlich ein Verzeichnis mit den von ihnen genehmigten Märkten übermitteln, das im Amtsblatt zu veröffentlichen ist. Für Gesellschaften, „von denen lediglich Schuldtitel zum Handel in einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats zugelassen sind“ oder „deren Wertpapiere zum öffentlichen Handel in einem Nichtmitgliedstaat zugelassen sind und zu diesem Zweck […] international anerkannte Standards anwenden“, sieht die IAS-Verordnung eine Übergangsfrist von zwei Jahren zur Anwendung der IFRS vor. b)
Wahlrecht gemäß Art. 5 IAS-VO und ihre Umsetzung durch die Mitgliedstaaten
Neben einer verpflichtenden Anwendung kann ein Mitgliedstaat die Anwendung der IFRS gemäß Art. 5 der IAS-VO im Einzelabschluss und im Konzernabschluss nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen gestatten oder vorschreiben. Die derzeit 27 Mitgliedstaaten der EU haben von diesem Wahlrecht unterschiedlich Gebrauch gemacht: 18 von 27 Ländern sehen die Anwendung der IFRS im Einzelabschluss entweder verpflichtend oder als Wahlrecht vor.
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Vgl. Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 8. Vgl. Busse von Colbe, Walther: Vorschlag der EG-Kommission zur Anpassung der Bilanzrichtlinien an die IAS – Abschied von der Harmonisierung, a. a. O., hier S. 1531. Vgl. Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, in: ABl.EG, Nr. L 141 vom 11.6.1993, S. 27–46. Die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie wurde mit der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates ersetzt und zum 30.4.2006 aufgehoben. Die zuvor durch Art. 1 Abs. 13 der Richtlinie 93/22/EWG vorgenommene Begriffsbestimmung des „geregelten Marktes“ wird durch Artikel 4 Abs. 1 Ziffer 14 der neuen Richtlinie ersetzt. Sie definiert einen geregelten Markt hierbei als „ein von einem Marktbetreiber betriebenes und/oder verwaltetes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach seinen nichtdiskretionären Regeln in einer Weise zusammenführt oder das Zusammenführen fördert, die zu einem Vertrag in Bezug auf Finanzinstrumente führt, die gemäß und/oder den Systemen des Marktes zum Handel zugelassen wurden, sowie eine Zulassung erhalten hat und ordnungsgemäß und gemäß den Bestimmungen des Titels III funktioniert“. Mit Anmerkungen versehene Übersicht über die geregelten Märkte und einzelstaatliche Rechtsvorschriften zur Umsetzung der entsprechenden Anforderungen der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 93/22/EWG des Rates), in: ABl., Nr. C 57 vom 1.3.2008, S. 21–27, hier S. 21.
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Das bedeutet, dass in diesen Fällen die Jahresabschlussrichtlinie – mit ihrer Bindung an die Kapitalrichtlinie im Rahmen des europäischen Kapitalschutzsystems – durch die übernommenen IFRS ersetzt wird und damit die Kapitalrichtlinie Auslegungsmaßstab auch für die IFRS wird.711 Die Übernahme der IFRS – mit ihrem exklusiven Ziel der Informationsvermittlung – in europäisches Jahresabschlussrecht führt demnach auch zu der Frage, inwieweit sich diese als Ausschüttungsbemessungsgrundlage vor dem Hintergrund des europäischen Kapitalschutzsystems eignen bzw. auf welcher Basis eine Gewinnausschüttung vorgenommen wird.712 3.
Würdigung der Bedeutung der IAS-Verordnung für die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts
a)
Das IASB im Spannungsfeld europäischer Normsetzung und privater Standardsetzung
aa)
Normsetzungsbefugnis und Regelungskompetenz des IASB
Die Entscheidung der Europäischen Kommission zur Übernahme der IFRS in europäisches Recht mag überraschen, wenn man berücksichtigt, dass die Normsetzung durch private Institutionen713 im europäischen Recht Legitimationsproblemen unterliegt;714 sie vollzieht sich im Rahmen der Rechnungslegung weitgehend außerhalb von staatlichen Organisationen.715 Bei der Entwicklung seiner Standards („single set of […] global standards“716) ist das IASB dennoch bemüht, im Rahmen des Entwicklungsprozesses eines Standards (due process)717 unterschiedlichste Interessengruppen und damit ein breites Meinungsspektrum auf allen Ebenen des Verfahrens einzubinden.718
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Bulgarien (Pflicht), Zypern (Pflicht), Tschechische Republik (Pflicht), Dänemark (Pflicht), Estland (Pflicht), Finnland (Wahlrecht), Griechenland (Pflicht), Irland (Wahlrecht), Italien (Pflicht), Lettland (Pflicht), Litauen (Pflicht), Malta (Pflicht), Niederlande (Wahlrecht), Polen (Wahlrecht), Portugal (Wahlrecht/Pflicht), Slowakei (Wahlrecht/Pflicht), Slowenien (Wahlrecht) und Großbritannien (Wahlrecht). Vgl. mit allen Details: Dokument: „Umsetzung der in der IAS-Verordnung eingeräumten Wahlrechte durch die Mitgliedstaaten“ sowie mit einer tabellarischen Übersicht Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Funktionsweise der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, KOM (2008) 215 endg., Brüssel 24.4.2008, S. 3. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 48. Vgl. KPMG Feasibility Study in Capital Maintenance, S. 1. Zum privat gesetzten Recht vgl. Kirchhof, Ferdinand: Private Rechtsetzung, Berlin 1987, S. 98–107. Vgl. m. w. N. Kirchner, Christian/Schmidt, Matthias: Hybride Regelsetzung im Recht der Unternehmensrechnungslegung – Fehlentwicklungen im europäischen Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 387. Hommelhoff, Peter/Schwab, Martin: Gesellschaftsrechtliche Selbststeuerung im Bilanzrecht – Standard Setting Bodies und staatliche Regulierungsverantwortung nach deutschem Recht, in: BFuP, 50. Jg. (1998), S. 38–56, hier S. 38. Vgl. Wüstemann, Jens: Generally Accepted Accounting Principles, a. a. O., S. 41. IASC Foundation Constitution, London: IASCF 2007, Abs. 2. Zum due process des IASB vgl. IASCF: Due Process for the International Accounting Standards Board (IASB), London: IASCF 2006. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 37; ferner IASCF (Hrsg.): Due Process Handbook for the International Accounting Standards Board (IASB), a. a. O., Rn. 6.
Während die Regelsetzung durch private Rechnungslegungsgremien in Ländern angloamerikanischer Rechnungslegungstradition üblich ist, unterliegen Länder mit kontinentaleuropäischer Prägung einem vom nationalen Gesetzgeber entwickelten Normsystem.719 Die Durchsetzbarkeit und Verbindlichkeit eines Normsystems ist an das Gesetz gebunden, wenn es der staatlichen Rechtsordnung unterworfen ist, so dass eine Verbindlichkeit privat entwickelter Rechnungslegungsnormen aufgrund deren freiwilligen Anwendung nicht gegeben ist.720 Da das IASB als privates Rechnungslegungsgremium nicht zur Normsetzung legitimiert ist, bedarf eine verbindliche Anwendung der IFRS als Rechtsnorm721 im europäischen Rechtsraum somit einer demokratischen Legitimation.722 Die IFRS sind zunächst Fachnormen723 und können daher nicht unmittelbar durch die IAS-Verordnung rechtlich bindend sein: Eine dynamische Verweisung724 auf fremde Normsetzer, durch die auch spätere Änderungen der IFRS automatisch als europäisches Recht gelten würden, widerspräche dem Unionsverfassungsrecht, da sie damit dem Einfluss des europäischen Gesetzgebers entzogen wären.725 Die Europäische Kommission erkennt das Dilemma, dass es „weder politisch noch rechtlich möglich ist, eine private Organisation, in der die EU keinen Einfluss hat, vorbehaltlos und unwiderruflich mit der Ausarbeitung und Verabschiedung von Rechnungslegungsnormen zu betrauen“726, so dass auch aus Gründen der Rechtssicherheit den IFRS zur verbindlichen Anwendbarkeit mittels eines Geltungsbefehls erst Rechtsnormqualität mit Rechtsfolge verschafft werden muss.727 Die IAS-Verordnung sieht hierfür ein spezielles 719
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Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 34; Havermann, Hans: Private Regelsetzung aus der Sicht des Handelsbilanzrechts, in: ZGR, 29. Jg. (2000), S. 693–701, hier S. 695–696. Vgl. Kirchner, Christian/Schmidt, Matthias: Hybride Regelsetzung im Recht der Unternehmensrechnungslegung – Fehlentwicklungen im europäischen Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 391. Zum Begriff der Rechtsnorm vgl. Kirchhof, Ferdinand: Private Rechtsetzung, a. a. O., S. 57–98. Vgl. Schulze-Osterloh, Joachim: Internationale Rechnungslegung für den Einzelabschluss und für Unternehmen, die den öffentlichen Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen, in: ZIP, 24. Jg. (2003), S. 93– 101, hier S. 98. Zu allgemeinen Grundlagen der Standardisierung und zur Verbindlichkeit von Standards vgl. Biener, Herbert: Die Standardisierung als neue Möglichkeit zur Fortentwicklung der Rechnungslegung, in: FS Weber, S. 451–462. Vgl. zum Begriff der Fachnorm Wüstemann, Jens: Generally Accepted Accounting Principles, a. a. O., S. 95. BIENER konkretisiert die (Rechnungslegungs)Norm, die von Standardisierungsgremien entworfen wird, allgemein als eine von einer Normorganisation gebilligte, der Öffentlichkeit zugängliche, in einem due process entwickelte, dem Nutzen der Allgemeinheit dienende und zur ständigen Nutzung bestimmte Norm, die keiner verpflichtenden Anwendung unterliegt. Vgl. Biener, Herbert: Die Standardisierung als neue Möglichkeit zur Fortentwicklung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 454. Zur dynamischen Verweisung im Rechnungslegungsrecht vgl. Kirchhof, Paul: Gesetzgebung und private Regelsetzung als Geltungsgrund für Rechnungslegungspflichten?, in: ZGR, 29. Jg. (2000), S. 681–692, hier S. 685–686. Vgl. Heintzen, Markus: EU-Verordnungsentwurf zur Anwendung von IAS: Kein Verstoß gegen Unionsverfassungsrecht, in: BB, 56. Jg. (2001), S. 825–829, hier S. 827. Vgl. zur bundesdeutschen Perspektive und dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip: Bischof, Jannis: Makrohedges in Bankbilanzen nach GoB und IFRS, Düsseldorf 2006, S. 36–39. Als dynamischen Verweis auffassend Becker, Klaus: Rechnungslegung nach IAS/IFRS: IAS 39 – Europäischer Alleingang oder weltweite Konvergenz?, in: DK, 3. Jg. (2005), S. 286–297, hier S. 287. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Rechnungslegung: Die IAS-Verordnung – Häufig gestellte Fragen, Memo/01/40, Brüssel, 13. Februar 2001, S. 2. Vgl. Kirchhof, Ferdinand: Private Rechtsetzung, a. a. O., S. 138 (auch Zitat, im Original teilweise hervorgehoben).
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Übernahmeverfahren, das sog. Komitologieverfahren, und die Einrichtung eines Regelungsausschusses vor, mittels dem die Europäische Kommission formal in den Gesetzgebungsprozess eingebunden wird. Die Überwachung des IASB durch eine staatliche Regulierungsinstanz macht „aus privater Regelsetzung etwas qualitativ anderes“728: Den IFRS wird „(Quasi)Rechtsnormqualität“729 verliehen; sie werden unmittelbar geltendes sekundäres Gemeinschaftsrecht. Durch diese Ausgestaltung obliegt die Regelsetzung formal keinem privaten Standardsetzer und unterliegt einer demokratischen Legitimation;730 materiell erfolgt die Rechtsetzung aber durch das IASB.731 bb)
Übernahme der IFRS in europäisches Recht
aaa)
European true and fair view als zentraler Übernahmemaßstab gemäß Art. 3 Abs. 2 IAS-VO
Die IFRS müssen gemäß Art. 3 Abs. 2 IAS-Verordnung bestimmte Grundanforderungen erfüllen, um in europäisches Recht übernommen werden zu können: Danach darf der infrage stehende IFRS zunächst dem European-True-and-fair-View-Grundsatz732 nicht zuwider laufen. Des Weiteren muss ein zu übernehmender Standard dem europäischen öffentlichen Interesse entsprechen733 und die Grundanforderungen hinsichtlich der Informationsqualität, nämlich der Verständlichkeit, Erheblichkeit, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit zur Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen erfüllen (Art. 3 Abs. 2 IAS-VO). Die Erfüllung dieser letzten Kriterien wird als unproblematisch eingestuft, da sie den grundsätzlichen Anforderungen des IFRS-Rahmenkonzepts entsprechen, die der Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen dienen sollen.734 728
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Kirchner, Christian/Schmidt, Matthias: Hybride Regelsetzung im Recht der Unternehmensrechnungslegung – Fehlentwicklungen im europäischen Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 392. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 13. KIRCHNER/SCHMIDT gehen davon aus, dass das Problem von Legitimationsdefiziten durch das Endorsementverfahren nicht gelöst, sondern nur verschoben wird, da aus agencytheoretischer Sichtweise die fragliche Verantwortlichkeit der Regelsetzer gegenüber Regelungsadressaten durch die hybride Form der Regelsetzung verloren geht. Vgl. hierzu und zur Problematik hybrider Regelsetzung unter dem PrincipalAgent-Aspekt Kirchner, Christian/Schmidt, Matthias: Hybride Regelsetzung im Recht der Unternehmensrechnungslegung – Fehlentwicklungen im europäischen Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 402. Vgl. Euler, Roland: Paradigmenwechsel im handelsrechtlichen Einzelabschluss: Von den GoB zu den IAS?, in: BB, 57. Jg. (2002), S. 875–880, hier S. 876; Schulze-Osterloh, Joachim: Internationalisierung der Rechnungslegung und ihre Auswirkungen auf die Grundprinzipien des deutschen Rechts, in: DK, 2. Jg. (2004), S. 173–177, hier S. 174. Die IAS-Verordnung bezieht sich hierbei auf Art. 2 Abs. 3 JaR und Art. 16 Abs. 3 KaR. HULLE qualifiziert diese Anforderung als politisches Faktum, das den Grundsatz der Konvergenz der Abschlüsse in der EU mit den US-GAAP betonen soll. Das öffentliche Interesse schließt hierbei aber alle Anspruchsgruppen ein. Vgl. Hulle, Karel van: Von den Bilanzrichtlinien zu International Accounting Standards, a. a. O., hier S. 979; ebenso Schaub, Alexander: The Use of International Accounting Standards in the European Union, in: Northwestern Journal of International Law & Business, Vol. 25 (2004), S. 609– 629, hier S. 618–619. Vgl. zu der Übernahmerestriktion des öffentlichen Interesses beispielhaft die Angabepflichten zum Zeitwert im Rahmen der Übernahmediskussion der Änderungen zu IAS 32 und IAS 1 Hennrichs, Joachim/Schubert, Daniela: EG-Rechtswidrigkeit übermäßiger Angabepflichten nach IFRS, in: ZIP, 28. Jg. (2007), S. 563–569, hier S. 565. Vgl. Schaub, Alexander: The Use of International Accounting Standards in the European Union, a. a. O.,
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Der Verweis auf den European-True-and-fair-View-Grundsatz bedeutet, dass die zu übernehmenden IFRS an der Vermittlung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gemäß den Anforderungen der Jahres- und Konzernabschlussrichtlinie gemessen werden. Die Übernahme der IFRS in europäisches Recht sieht hierbei jedoch „keine strenge Einhaltung jeder einzelnen Bestimmung dieser Richtlinie“ vor, gleichwohl ist der true and fair view nach den Rechnungslegungsrichtlinien auszulegen.735 Der europäische Gesetzgeber geht insoweit von einer Prinzipienkongruenz von endorsed IFRS und Jahresabschlussrichtlinie aus, die an der Einhaltung der Vermittlung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gemessen wird.736 Eine richtlinienkonforme Auslegung des True-and-fair-View-Grundsatzes zur Anwendung der IFRS als Teil der europäischen Rechtsordnung erscheint jedoch zumindest dann schwierig, sofern eine Anwendung der Standards im Einzelabschluss vorgesehen ist: Dieser unterliegt aufgrund seiner Bindung an die Kapitalrichtlinie auch einem Gläubigerschutzgedanken, während ein Abschluss nach IFRS das Informationsinteresse von Kapitalmarktteilnehmern in den Vordergrund rückt. Diesem Dilemma scheint der europäische Gesetzgeber dadurch entgegenzuwirken, dass die Vermittlung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht über eine strenge Einhaltung jeder einzelnen Bestimmung der Jahresabschlussrichtlinie zu erfolgen hat. Hierdurch können Konflikte auf Einzelnormenebene in den Hintergrund gedrängt werden bzw. kann eine Übernahme der IFRS hieran nicht scheitern.737 Art. 2 Abs. 3 JaR bzw. Art. 16 Abs. 3 KaR muss jedoch als Referenzmaßstab bei der Anerkennung von IFRS als wenig geeignet qualifiziert werden, den Einfluss der Kommission auf die Normgestaltung der IFRS zu stärken und damit die notwendige demokratische Legitimation zur Anwendung privat entwickelter Standards zu begründen:738 Das Zusammenspiel der durch die Jahresabschlussrichtlinie nur als Rahmenregelungen ausgestalteten Einzelnormen des Art. 31 JaR mit der unbestimmten Generalnorm des European-Trueand-fair-View-Grundsatzes739 begründet einen außerordentlich breiten Anwendungsbereich des European-True-and-fair-View-Gebots aufgrund der Reichweite der Einzelnormen.740 Eine Übernahme der IFRS vermag aufgrund dieser Restriktion somit kaum zu scheitern. Dies zeigt sich auch am erfolgten Carve-Out des IAS 39,741 das nicht aufgrund einer fehlenden
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hier S. 619. Vgl. 9. Erwägungsgrund der IAS-Verordnung (auch Zitat). Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 48–49. Vgl. auch Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 49. Vgl. Schulze-Osterloh, Joachim: Internationalisierung der Rechnungslegung und ihre Auswirkungen auf die Grundprinzipien des deutschen Rechts, a. a. O., hier S. 174. Art. 2 Abs. 3 JaR ist nach der EuGH-Rechtsprechung unter Berücksichtigung des Art. 31 JaR auszulegen. Vgl. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 18. Zur Reichweite der Einzelnormen vgl. unten, 3. Kapitel, Gliederungspunkt A.III.1.b); vertiefend vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 184–270. Vgl. m. W. Einzelheiten zum partiellen Endorsement des IAS 39 und einer Würdigung hinsichtlich europarechtlicher Konsequenzen Thiele, Konstanze: Partielles Endorsement von IAS 39: Europäischer Sonderweg
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Übereinstimmung mit dem European-True and Fair View erfolgte,742 sondern aufgrund von Bedenken hinsichtlich der von IAS 39 geforderten umfassenden Fair-Value-Bilanzierung für alle finanziellen Vermögenswerte und finanziellen Verbindlichkeiten bzw. aufgrund der von europäischen Banken geäußerten Bedenken hinsichtlich bestimmter Regelungen des IAS 39 zur Bilanzierung von Sicherungsgeschäften.743 bbb)
Übernahmemechanismus gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle
Wichtige Voraussetzung für die Übernahme der IFRS in europäisches Recht ist die rechtssichere Einbettung der privatrechtlich entwickelten Normen in europäisches Recht. Um dem demokratischen Legitimationserfordernis nachkommen zu können, müssen die IFRS gemäß Art. 3 Abs. 1 IAS-VO ein Übernahmeverfahren nach den Regelungen des Komitologieverfahrens (Ausschussverfahren)744 durchlaufen.745 Das Komitologieverfahren, das auf europäischer Ebene ein bereits erprobtes Verfahren der Entscheidungsfindung darstellt,746 ist Teil des im Rahmen des Financial Service Action Plan (FSAP) entwickelten Lamfalussy-Verfahrens, das eine beschleunigte Rechtsetzung über ein vierstufiges Verfahren vorsieht:747 Auf
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von Finanzinstrumenten, in: DStR, 42. Jg. (2004), S. 2162–2168. Vgl. European Commission: IAS 39 financial instruments: recognition and measurement – frequently asked questions (FAQ), MEMO/04/265 from 19 November 2004, S. 3; ferner Löw, Edgar: Partielles Endorsement von IAS 39: Fair-Value-Option, in: BB, 60. Jg. (2005), Die Erste Seite, Heft 4. Vgl. Verordnung (EG), Nr. 2086/2004 vom 19. November 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates und im Hinblick auf die Einführung von IAS 39, in: ABl., Nr. L 363 vom 19.12.2004, S. 1–65, hier S. 1–2, Erwägungsgrund 5–8; European Commission: IAS 39 financial instruments: recognition and measurement – frequently asked questions (FAQ), MEMO/04/265 from 19 November 2004, S. 3; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models, Current Proposals and Practical Consequences, in: Accounting in Europe, Vol. 2 (2005), S. 69–106, hier S. 73. Der zugrunde liegende Rechtsakt ist der sog. Komitologiebeschluss, der vier Verfahrensarten vorsieht (Beratungs-, Verwaltungs-, Regelungs- sowie Regelungsverfahren mit Kontrolle), bei denen die Kommission von einem Ausschuss unterstützt wird. Vgl. Beschluss des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Befugnisse (1999/468/EG), in: ABl.EG, Nr. L 184 vom 17.7.1999, S. 23–26, geändert durch den Beschluss des Rates vom 17. Juli 2006 zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG (2006/512/EG), in: ABl.EG, Nr. L 200 vom 22.7.2006, S. 11– 13 (konsolidierte Fassung ABl., Nr. C 255 vom 21.10.2006, S. 4–8). Der Begriff der Komitologie bezeichnet die Regeldelegation von Rat auf Kommission gemäß Art. 202 EGV, nach dem „der Rat der Kommission in den von ihm angenommenen Rechtsakten die Befugnisse zur Durchführung der Vorschriften, die er erlässt [überträgt]“. Dieser Artikel korrespondiert mit Art. 211 EGV, 4. Spiegelstrich, der die Kommission zur Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse i. S. eigener Befugnisse veranlasst. Vgl. Ruffert, Matthias: Kommentierung zu Art. 211 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn.15. Mit dem Vertrag von Lissabon wurden beide Artikel gestrichen; Art. 202 wurde im Wesentlichen durch die Art. 16 EUV i. V. m. Art. 290 und 291 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) ersetzt; Art. 290 und 291 AEUV ersetzen im Wesentlichen Art. 202 EGV, dritter Spiegelstrich; Art. 211 wurde im Wesentlichen durch Art. 17 EUV ersetzt. Vgl. Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichnet in Lissabon am 13. Dezember 2007, a. a. O., hier S. 202–229. Vgl. m. w. N. Wüstemann, Jens/Kierzek., Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 40. Das Rechtsetzungsverfahren durch Mitentscheidungsverfahren nach Art. 251 EGV wurde als zu langwierig und unflexibel erachtet, um die im FSAP vorgeschlagenen Maßnahmen zur Erreichung eines Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen in der vorgegebenen Zeit zu erreichen, so dass ein vereinfachtes Rechtsetzungsverfahren auf Vorschlag des Ausschusses der Weisen unter Vorsitz von Alexandre Lamfalussy
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der ersten Stufe wird die Rahmengesetzgebung nach dem Rechtsetzungsverfahren gemäß Art. 251 EGV (Mitentscheidungsverfahren) geregelt und die Modalitäten der Durchführungsbestimmungen durch die Kommission mittels des Komitologieverfahrens der Stufe 2 festgelegt. Auf der zweiten Stufe erlässt die Kommission die auf der ersten Stufe delegierten Durchführungsbestimmungen.748 In diesem Rahmen arbeitet die Kommission gemäß Art. 6 Abs. 1 IAS-VO mit dem Regelungsausschuss für Rechnungslegung (ARC)749 zusammen und wird durch die hierfür eingesetzte European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG)750 beraten. Seit 2006 wird die Kommission zusätzlich durch eine weitere Prüfgruppe aus Sachverständigen beratend unterstützt, die für die Prüfung der Ausgewogenheit und Objektivität der EFRAG-Stellungnahmen zuständig ist.751 Durch die vereinfachte Rechtsetzung soll dem europäischen Normgeber die Möglichkeit gegeben werden, flexibel auf sich ändernde Marktanforderungen zu reagieren und schnelle Rechtsänderungen herbeizuführen.752 Da Art. 4 IAS-VO nur eine Anwendung von in Gemeinschaftsrecht übernommenen Standards berücksichtigt, sieht die Europäische Kommission im Komitologieverfahren die Möglichkeit, auf die andauernden Überarbeitungen der IFRS bzw. IFRIC zu reagieren und diese relativ schnell für eine verbindliche rechtssichere Anwendung zu legitimieren. Art. 6 Abs. 2 IAS-VO verweist auf den Komitologie-Beschluss 1999/468/EG, in dem die einzelnen Verfahren der Durchführungsbefugnisse der Kommission geregelt werden.753 Mit
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eingerichtet wurde. Vgl. Schmolke, Klaus Ulrich: Die Einbeziehung des Komitologieverfahrens in den Lamfalussy-Prozess – Zur Forderung des Europäischen Parlaments nach mehr Entscheidungsteilhabe, in: EUR, 41. Jg. (2006), S. 432–448, hier S. 433–436. Stufe 3 betrifft die Umsetzung und Stufe 4 die Durchsetzung der auf den Stufen 1 und 2 erlassenen Vorschriften. Auf diesen Stufen kommt der EU-Wertpapierregulierungsbehörde (CESR) eine umfassende Bedeutung zur Umsetzung und Durchsetzung der IFRS zu. Vgl. Schmolke, Klaus Ulrich: Die Einbeziehung des Komitologieverfahrens in den Lamfalussy-Prozess – Zur Forderung des Europäischen Parlaments nach mehr Entscheidungsteilhabe, a. a. O., hier S. 433; ferner Buchheim, Regine/Gröner, Susanne/Kühne, Mareike: Übernahme von IAS/IFRS in Europa: Ablauf und Wirkung des Komitologieverfahrens auf die Rechnungslegung, in: BB, 59. Jg. (2004), S. 1783–1784. Der Regelungsausschuss für Rechnungslegung setzt sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammen. Die EFRAG wurde 2001 gegründet. Es handelt sich um einen privatrechtlich organisierten technischen Ausschuss, der die Kommission bei der Übernahme der IFRS fachlich berät. Vgl. Working Agreement between European Commission and EFRAG, März 2006. Vgl. Entscheidung der Kommission 2006/505/EG vom 14. Juli 2006 zur Einsetzung einer Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen zur Beratung der Kommission hinsichtlich der Objektivität und Neutralität der von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) abgegebenen Stellungnahmen, in: ABl., Nr. L 199 vom 21.7.2006, S. 33–35. Vgl. Schmolke, Klaus Ulrich: Die Einbeziehung des Komitologieverfahrens in den Lamfalussy-Prozess – Zur Forderung des Europäischen Parlaments nach mehr Entscheidungsteilhabe, a. a. O., hier S. 436. Vgl. zur Übertragung von Durchführungsbefugnissen z. B. Wichard, Johannes Christian: Kommentierung zu Art. 202 EGV, in: Calliess/Ruffert, hier Rn. 5–20. Erstmals kam der Rat den Modalitäten der Kompetenzübertragung gemäß Art. 202 S. 4 EGV mit dem Komitologiebeschluss 87/373/EWG vom 13. Juli 1987 nach. (ABl.EG, Nr. L 197 vom 18.7.1987, S. 33–35). Vgl. zu den Modalitäten der Kompetenzübertragung nach diesem Beschluss Küting, Karlheinz: Europäisches Bilanzrecht und Internationalisierung der Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 34–36. Der Beschluss wurde durch Art. 9 des Beschlusses 1999/468/EG vom 28. Juni 1999 (ABl.EG, Nr. L 184 vom 17.7.1999, S. 23–26) aufgehoben. Allgemein zum Ausschusswesen vgl. Glatthaar, Christiane: Einflussnahme auf Entscheidungen der EG durch die Ausschüsse der EGKommission, in: RIW, 38. Jg. (1992), S. 179–182.
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der EG-Verordnung 297/2008 vom 11. März 2008754 gilt für die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards ein zweistufiges Verfahren,755 das sog. Regelungsverfahren mit Kontrolle gemäß Art. 5a des Komitologiebeschlusses 1999/468/EG in der Fassung vom 17. Juli 2006.756 Das geänderte Komitologieverfahren (Regelungsverfahren mit Kontrolle) verfolgt das Ziel, einerseits das inter-institutionelle Kräftegleichgewicht zwischen Rat und Parlament bei der Kontrolle der Durchführungsbefugnisse herzustellen.757 Andererseits sollen Rat und Parlament wie vorgesehen als Gesetzgeber und die Kommission als exekutive Gewalt tätig sein können758 und damit das bemängelte Demokratiedefizit beseitigt werden.759 Das Übernahmeverfahren beginnt mit der Erarbeitung einer Übernahmeempfehlung durch die EFRAG760 und die SARG (Standards Advice Review Group)761 nach der Verabschiedung eines IFRS durch das IASB.762 Darauf aufbauend erarbeitet die Kommission einen Vorschlag zur Übernahme oder auch Ablehnung eines Standards, den sie nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle dem Regelungsausschuss für Rechnungslegung (ARC) vorlegt und der zeitgleich gemäß Art. 4 der Geschäftsordnung des ARC an das Europäische Parlament übermittelt wird. Stimmt das ARC der zu ergreifenden Maßnahme der Kommission zu, wird der
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Vgl. Verordnung (EG) Nr. 297/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1607/2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards im Hinblick auf die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, in: ABl., Nr. L 97 vom 9.4.2008, S. 62–63. In einem ersten Schritt beschließt die Kommission in Zusammenarbeit mit dem ARC über die Übernahme eines IFRS in die EU, in einem zweiten Schritt erfolgt die Kontrolle durch den Rat und das Parlament. Vgl. Beschluss des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Befugnisse (1999/468/EG), in: ABl.EG, Nr. L 184 vom 17.7.1999, S. 23–26, geändert durch den Beschluss des Rates vom 17. Juli 2006 zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG (2006/512/EG), in: ABl., Nr. L 200 vom 22.7.2006, S. 11–13 (konsolidierte Fassung ABl., Nr. C 255 vom 21.10.2006, S. 4–8). Zuvor galt für die Übernahme eines IFRS das Regelungsverfahren gemäß Art. 5 des Komitologiebeschlusses. Vgl. zum Endorsement Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 37– 43. Zum Übernahmemechanismus nach dem Regelungsverfahren Buchheim, Regine/Gröner, Susanne/Kühne, Mareike: Übernahme von IAS/IFRS in Europa: Ablauf und Wirkung des Komitologieverfahrens auf die Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 1783–1785. Vgl. Kern, Steffen: EU-Monitor: Reform der EU-Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen: Zwischenbericht, in: Deutsche Bank Research, Nr. 4, 19. August 2003, S. 1–11, hier S. 9. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (KOM (2002) 719 endg.), Brüssel 11.12.2002, S. 5. Vgl. Buchheim, Regine/Knorr, Liesel/Schmidt, Martin: Anwendung der IFRS in Europa: Das neue Endorsement-Verfahren, in: KoR, 8. Jg. (2008), S. 334–341, hier S. 338; ausführlich zu beiden Verfahren und Würdigung hinsichtlich der demokratischen Legitimation Kirchhof, Ferdinand: Außerstaatliche Normsetzung am Beispiel von IFRS – Perspektiven und rechtliche Probleme –, a. a. O., hier S. 176–178. Die EFRAG nimmt im Übernahmeverfahren der IFRS eine wichtige Funktion ein. Sie beurteilt die EUKonformität der Standards und bindet im Rahmen eines due process die öffentliche Meinung in das Urteil ein. Neben der Beratung der Kommission über die Annahme eines Standards, nimmt die EFRAG am Standardsetzungsprozess des IASB teil. Zur genauen Aufgabe der EFRAG vgl. Working Agreement between European Commission and EFRAG, März 2006; ferner Buchheim, Regine/Gröner, Susanne/Kühne, Mareike: Übernahme von IAS/IFRS in Europa: Ablauf und Wirkung des Komitologieverfahrens auf die Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 1784. Vgl. vertiefend Imwinkl, Petra: Die neue Prüfgruppe der EU-Kommission und das neue Verfahren zur Anerkennung der IFRS, in: WPg, 60. Jg. (2007), S. 289–295. Vgl. zum genauen Ablauf des Verfahrens Buchheim, Regine/Knorr, Liesel/Schmidt, Martin: Anwendung der IFRS in Europa: Das neue Endorsement-Verfahren, a. a. O., hier S. 337–338.
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Vorschlag dem Europäischen Parlament und dem Rat zur politischen Kontrolle vorgelegt. Wird der Entwurf von einem der beiden Gremien abgelehnt, kann die Kommission einen geänderten Vorschlag dem ARC einreichen oder „einen Vorschlag für einen Rechtsakt auf der Grundlage des Vertrags vorlegen“ (Art. 5 a Abs. 3 lit. c) Komitologiebeschluss).763 Eine Ablehnung kann unter den Begründungen geschehen, dass die auf Stufe 1 festgelegten Durchführungsbefugnisse überschritten werden, der Vorschlag mit dem Basisrechtsakt hinsichtlich Zielsetzung und Inhalt unvereinbar ist oder er gegen die Grundsätze der Subsidiarität oder Verhältnismäßigkeit verstößt (Art. 5 a Abs. 3 lit. b) Komitologiebeschluss 2006/C 255/02). Macht das Parlament bzw. der Rat keine Einwände geltend, führt dies zu einem Erlass der Maßnahmen durch die Kommission. Kommt das ARC zu einer von der Kommission abweichenden Stellungnahme bzw. liegt keine Stellungnahme durch das ARC zur Übernahme bzw. Ablehnung eines IFRS vor, hat die Kommission unter gleichzeitiger Übermittlung an das Parlament dem Rat den Vorschlag über die geplanten Maßnahmen zu unterbreiten. Bei Ablehnung der Maßnahme durch den Rat stehen der Kommission erneut die oben genannten Möglichkeiten zur Verfügung. Stimmt der Rat dem Vorschlag der Kommission zu, wird dieser dem Europäischen Parlament übermittelt. Sollte der Rat über die Maßnahmen nicht innerhalb einer bestimmten Frist befinden, obliegt es der Kommission den Entwurf an das Parlament weiterzuleiten, das dann nach dem gleichen Prozedere wie oben beschrieben über den Entwurf befinden kann.764 Erfolgt keine negative Stellungnahme zu den vorgeschlagenen Maßnahmen durch das Parlament, werden diese durch den Rat bzw. die Kommission erlassen.765 Durch die Kontrollaufgabe von Rat und Parlament wurde zwar die Stellung von Letzterem gestärkt und durch das Prüfungsrecht sein Einfluss erhöht, gleichwohl beinhaltet die Beteiligung des europäischen Normgebers auch in diesem Verfahren faktisch nur ein Vetorecht.766 Gleichzeitig führt das Regelungsverfahren mit Kontrolle aber zu einem verlängerten Endorsementprozess.767 763
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Letztlich kann die Kommission jedoch nur den Vorschlag zur Übernahme der vorgeschlagenen IFRS-Norm machen, so dass die Möglichkeiten in diesem Fall eher theoretischer Natur sind. Vgl. Buchheim, Regine/Knorr, Liesel/Schmidt, Martin: Anwendung der IFRS in Europa: Das neue Endorsement-Verfahren, a. a. O., hier S. 339. Für eine Ablehnung gelten gemäß Art. 4 lit. e) Komitologiebeschluss die gleichen Voraussetzungen wie zuvor. Der Kommission stehen im Falle der Ablehnung die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung wie bereits oben aufgeführt (Art. 5 a Abs. 4 lit. f) Komitologiebeschluss). Die zugrunde liegenden Fristen können gemäß Abs. 5 Komitologiebeschluss geändert werden. Das Übernahmeverfahren kann sich zudem je nach Dringlichkeit gemäß Abs. 6 Komitologiebeschluss verkürzen, indem die Kommission (bei Übereinstimmung mit der Stellungnahme des ARC) die Maßnahme direkt erlässt und Rat und Parlament unterrichtet; diese können durch Rat oder Parlament unter den gewohnten Voraussetzungen abgelehnt werden, was zu einer grundsätzlichen Aufhebung der Maßnahme durch die Kommission führt. Übergangsweise kann die erlassene Maßnahme gemäß Art. 5 a Abs. 6 lit. c) Komitologiebeschluss in Kraft bleiben, wenn dies aus Gründen der Gesundheit der Sicherheit oder des Umweltschutzes gerechtfertigt ist. Hiervon ist bei den IFRS nicht auszugehen, da aus Gründen der Rechtssicherheit der bilanzierenden Unternehmen eine solche Übergangsregelung nicht erstrebenswert ist. Vgl. Kirchhof, Ferdinand: Außerstaatliche Normsetzung am Beispiel von IFRS – Perspektiven und rechtliche Probleme –, a. a. O., hier S. 178. Vgl. Lanfermann, Georg/Röhricht, Victoria: Auswirkungen des geänderten IFRS-Endorsement-Prozesses
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ccc)
Das IASB im Spannungsfeld europapolitischer Anforderungen und Unabhängigkeit
Der mit dem Regelungsverfahren mit Kontrolle gewählte Übernahmemechanismus, der eine durchschnittliche Übernahmezeit eines Standards von mindestens 8–10 Monaten768 erfordert, stellt die EU hinsichtlich ihrer Handlungsfähigkeit vor große Herausforderungen. Sollten Änderungen des europäischen Bilanzrechts von Nöten sein, hat der europäische Normgeber grundsätzlich mehrere Möglichkeiten: Denkbar wäre zunächst, dass er im Rahmen des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung Richtlinien erlassen könnte, die eine Änderung des bestehenden Bilanzrichtlinienrechts vorsehen. Dies wurde jedoch schon 1995 aufgrund des langwierigen Prozesses als grundsätzlich weniger praktikable Möglichkeit erachtet, die auf Ausnahmefälle beschränkt werden solle.769 Außerdem würde eine Richtlinienänderung bei Aussetzen oder Abweichen von den IFRS zu europaspezifischen Bilanzierungsregelungen führen. Des Weiteren könnte der europäische Gesetzgeber eine eigene europäische Normungseinrichtung zur Verabschiedung eigener Bilanzierungsgrundsätze mittels der zur Verfügung stehenden europäischen Rechtsakte schaffen.770 Diese europaspezifischen Rechnungslegungsstandards würden europäische Unternehmen, wie auch eine von den IFRS abweichende Richtlinienänderung, jedoch vor große Herausforderungen stellen, so dass diese Lösung nicht nur aufgrund der Zeitaufwendigkeit, sondern auch vor dem Hintergrund von zu vermutenden Wettbewerbsnachteilen nicht realistisch erscheint. Die dritte sich ergebende Alternative besteht in Änderungen der IFRS aufgrund von politischen Anforderungen der EU an das IASB, die dann wiederum dem üblichen Prozess entsprechend in europäisches Recht übernommen würden. Dieser letzten Möglichkeit steht indes die Zielvorstellung des IASB, als unabhängiges und neutrales Gremium zu fungieren und in einem demokratischen Prozess (due porcess) Standards zu entwickeln,771 massiv entgegen. Nachdem das IASB im Oktober 2008 aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklungen und vor
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auf die Unternehmen, in: BB, 63. Jg. (2008), S. 826–830, hier S. 827–828. PELLENS/JÖDICKE/JÖDICKE berechnen bereits für eine Übernahme gemäß dem zuvor geltenden Komitologieverfahren bereits einen durchschnittlichen Zeitraum von 260 Tagen. Dies entspricht der Aussage der Europäischen Kommission, die 8–10 Monate veranschlagen. Vgl. Pellens, Bernhard/Jödicke, Dirk/Jödicke, Ralf: Anwendbarkeit nicht freigegebener IFRS innerhalb der EU, in: BB, 62. Jg. (2007), S. 2503–2507, hier S. 2503; Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Funktionsweise der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, KOM (2008) 215 endg., Brüssel 24.4.2008, S. 10. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 6. Zu einer vollständigen Außerkraftsetzung der IAS-Verordnung vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW): Schreiben an Bundejustizministerin Brigitte Zypries, Düsseldorf, 5. November 2008. Dies wurde im Zuge der Erarbeitung einer neuen Rechnungslegungsstrategie für Europa durchaus disktutiert. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 6–7. Vgl. IASCF Constitution February 2009 sowie auch IASCF: Conflict of Interest Policy for Trustees, IASB Members and Staff, March 2009.
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allem „[a]uf massiven Druck der EU-Kommission sowie der europäischen Regierungen“772 Änderungen des IAS 39 „Finanzinstrumente: Bilanzierung und Bewertung“ und IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“ ohne den üblichen Due Process vorgenommen hat,773 und diese von der EU innerhalb von zwei Tagen übernommen wurden,774 sieht sich das IASB massiv dem Vorwurf konfrontiert, einer Politisierung zu unterliegen.775 Dies scheint sich auch dadurch zu bestätigen, dass die vorgenommenen Änderungen eine Abkehr von dem zuvor verfolgten Ziel einer umfassenden Fair-Value-Bilanzierung darstellen.776 Kritisch ist überdies anzumerken, dass der entfallene Due-Process nicht dem demokratischen Verständnis der sonst üblichen Standardentwicklung entspricht. Die Glaubwürdigkeit eines in der Zielsetzung des IASB unabhängigen und neutralen Gremiums wird hierdurch in Frage gestellt und damit auch das Vertrauen der Interessensgruppen der Rechnungslegung in das Normgefüge der IFRS gefährdet. Dies hat auch dazu geführt, dass von einer verfolgten Anerkennung der IFRS in den USA wieder Abstand genommen wird.777 Im Rahmen der von der EU gewählten Ausrichtung der Harmonisierungsstrategie auf die IFRS kann die EU in Fragen der Rechnungslegung grundsätzlich nur auf Vorschläge des IASB reagieren, wenn es nicht EU-spezifisches IFRS-Recht schaffen möchte, was bisher explizit vermieden wurde. Das IASB sieht sich derzeit wiederum im Dilemma, dem Druck der EU ausgesetzt zu sein. Aus Sicht der EU ergeben sich aufgrund der gewählten Harmonisierungsstrategie daher gravierende Probleme, angemessen schnell und flexibel auf die Marktanforderungen zu reagieren. Auch die Glaubwürdigkeit des IASB und das sinkende Vertrauen in die IFRS, auch aufgrund der mit der Finanzmarktkrise einsetzenden Abkehr von der propagierten Fair-Value-Bilanzierung, stellen das europäische Bilanzrecht vor großen Herausforderungen.
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Dobler, Michael/Kuhner, Christoph: Die internationale Rechnungslegung im Belastungstest der subrimeKrise, in: WPg, 62. Jg. (2009), S. 24–33, hier S. 31; vgl. auch IASB Press Release: IASB amendments permit reclassification of financial instruments, London 13 October 2008; Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Press Release vom 15. Oktober 2008, IP/08/1512: Rechnungslegungsstandards: Kommission nimmt Änderungen an, um Folgen der Finanzmarktkrise einzudämmen; Schildbach, Thomas: Was bringt die Lockerung der IFRS für Finanzinstrumente?, in: DStR, 46. Jg. (2008), S. 2381–2385, hier S. 2383. Vgl. IASB Press Release: IASB amendments permit reclassification of financial instruments, London 13 October 2008; vertiefend IAS 39 Dissenting Opinions 1–4. Zum Hintergrund vgl. U.S. Congress: Emergency Economic Stabilization Act oft 2008, Sec. 2, 132, 133; IAS 39.BC 104A–E; Moody’s Global Credit Research: How the Global Credit and Economic Crisis are Affecting Accounting and Financial Reporting Issues. Special Comment, London/New York, December 2008, S. 3. Vgl. Verordnung (EG) Nr. 1004/2008 der Kommission vom 15. Oktober 2008 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf International Accounting Standard (IAS) 39 und International Financial Reorting Standard (IFRS) 7, in: ABl., Nr. L 275 vom 15.10.2008, S. 1–41. Vgl. Lanfermann, Georg: Steht das IASB durch die Finanzkrise vor einer Zerreißprobe?, in: DB, 62. Jg. (2009), Heft 10, S. I. Vgl. Dobler, Michael/Kuhner, Christoph: Die internationale Rechnungslegung im Belastungstest der subrime-Krise, a. a. O., S. 25. Würdigend Schildbach, Thomas: Was bringt die Lockerung der IFRS für Finanzinstrumente?, a. a. O.. Vgl. Lanfermann, Georg: Steht das IASB durch die Finanzkrise vor einer Zerreißprobe?, a. a. O., S. I.
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b)
Vollständige Anwendung der IFRS
Die Anwendung der IFRS zur Abschlusserstellung verfolgt das Ziel der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens (IAS 1.15). Um als IFRS-konformer Abschluss qualifiziert werden zu können, bestimmt IAS 1.16, dass „sämtliche Anforderungen der IFRS“778 erfüllt sein müssen. Gemäß Art. 4 IAS-VO haben Gesellschaften, die der IAS-Verordnung unterliegen bzw. eine freiwillige Anwendung der IFRS vornehmen, ihre Abschlüsse indes auf Basis der freigegebenen, d. h. in EU-Recht übernommenen IFRS aufzustellen. Diese Grundanforderungen mögen problematisch sein, wenn ein Standard aufgrund einer zeitlichen Verzögerung zwischen dem Zeitpunkt der IASB-Verabschiedung und der endgültigen Übernahme durch die EU noch nicht freigegeben bzw. wenn ein IFRS von der EU explizit abgelehnt wurde. Der (unverbindliche) Kommentar der EU-Kommission zur IAS-VO sieht für diese Konstellationen eine unbefriedigende Lösung vor:779 In dem Fall, in dem ein Standard des IASB noch nicht übernommen oder abgelehnt wurde, kann dieser in dem Maße als Anhaltspunkt der Bilanzierung verwendet werden, als er „mit den bereits freigegebenen Standards kohärent ist“ und auch den Bedingungen des IAS 8.10–IAS 8.12 (Methoden der Lückenschließung) genügt.780 Für den Fall, dass ein abgelehnter Standard mit einem übernommenen Standard kollidiert, ist allein der freigegebene Standard maßgeblich. Für die Fälle, in denen sich keine Widersprüche zwischen einem noch nicht übernommenen IFRS bzw. einem abgelehnten Standard und einem bereits freigegebenen IFRS ergeben, wird folglich der bereits übernommene IAS 8.10–8.12 zur Lückenschließung maßgeblich. Ein (aufgrund fehlender Übereinstimmung mit den Übernahmekriterien) nicht freigegebener Standard kann somit im Falle von Regelungslücken aufgrund der Regelungen zur Lückenschließung Berücksichtigung finden.781 Fraglich bleibt aber, inwieweit ein Unternehmen in der Lage sein kann, die genannten Bedingungen sachgerecht zu beurteilen. Eine Kollision, wie bspw. bei dem partiellen Endorsement von IAS 32 „Finanzinstrumente: Darstellung“ und IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“, führt zudem einerseits dazu, dass die Anforderung gemäß IAS 1.16 durch einen Vermerk eingeschränkt werden muss,782 und andererseits, dass ggf. die Bildung europaspezifischer IFRS gefördert wird.783
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Im Original hervorgehoben. Vgl. Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 4–5. Vgl. Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 5 (auch Zitat). Vgl. auch zu den anderen möglichen Fällen Pellens, Bernhard/Jödicke, Dirk/Jödicke, Ralf: Anwendbarkeit nicht freigegebener IFRS innerhalb der EU, a. a. O., hier S. 2506–2507. Die Kommission sieht hier die Erklärung vor, „dass der Abschluss gemäß ‘…sämtlicher International Financial Reporting Standards‘“ erstellt wurde, die ‘zwecks Anwendung in der Europäischen Union angenommen wurden‘“. Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 5. Vgl. Berndt, Thomas/Hommel, Michael: Konzernrechnungslegung zwischen Konvergenz und Wettbewerb – US-GAAP, IFRS oder Euro-IFRS?, a. a. O., hier S. 415.
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c)
Auslegungskompetenzen der IFRS als europäische Rechtsnorm
aa)
Grenzen der Integration der IFRS in das europäische Normgefüge aufgrund einer nur teilweisen Übernahme des IFRS-Regelungsgefüges
Bezüglich der Transformation der IFRS in europäisches Recht ergeben sich aufgrund der spezifischen Konstruktion der Normsetzung durch das IASB einige Besonderheiten, die hinsichtlich einer rechtssicheren, verbindlichen und einheitlichen Anwendung der IFRS als weltweite Rechnungslegungsstandards gemäß der Zielsetzung des IASB problematisch erscheinen: Das Normgefüge der IFRS umfasst neben Standards und Interpretationen zudem noch das Vorwort, das Rahmenkonzept, in dem Ziele, Anforderungen und Prinzipien der IFRS-Rechnungslegung definiert werden, die Basis for Conclusions, die als Grundlagen für Schlussfolgerungen den Standards folgend den zugrunde liegenden „Regelungswillen“ des IASB des in Frage stehenden Einzelstandards aufzeigen, ggf. die Implementation Guidance, die Umsetzungsleitlinien darstellen, oder die Illustrative Examples, die Anwendungsbeispiele aufzeigen. Durch das Komitologieverfahren werden zwar die Standards (IAS/IFRS) und deren Interpretationen (SIC/IFRIC) als verbindliche Rechtsnormen qualifiziert, grundsätzlich jedoch nicht die anderen aufgezeigten Bestandteile des Regelunsgefüges der IFRS,784 so dass der Übernahmeprozess demnach lückenhaft ist.785 Als europäisches Recht mit den daran anknüpfenden Rechtsfolgen gelten daher nur die Einzelstandards und die Interpretationen, die gleichgestelltes Sekundärrecht sind; nur diese unterliegen einer europäischen Auslegungshoheit. Dennoch geht die Europäische Kommission davon aus, dass auch die anderen Bestandteile bei der Normanwendung zu berücksichtigen sind.786 Da lediglich die Standards und deren Interpretationen eine rechtliche Verbindlichkeit entfalten, können sich hinsichtlich einer einheitlichen Anwendung der IFRS als weltweite Standards Unterschiede zwischen den IAS-Standards und den übernommenen europäischen Standards ergeben. Bei der Interpretation von Standards ergeben sich mehrere Problemkreise, die bei der Auslegung des spezifischen Konstrukts der IFRS zu berücksichtigen sind. Dies wird im Folgenden aufzuzeigen sein.
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Vgl. zur rechtlichen Bindung nicht anerkannter IASB-Verlautbarungen Bischof, Jannis: Makrohedges in Bankbilanzen nach GoB und IFRS, a. a. O., S. 41-43. Vgl. Hennrichs, Joachim: Unternehmensfinanzierung und IFRS im deutschen Mittelstand, in: ZHR, 170. Jg. (2006), S. 498–521, hier S. 513. Vgl. Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 5–6.
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bb)
Kritische Würdigung der Interpretation von IFRS im Spannungsfeld privater Normsetzung und Gemeinschaftsrecht
aaa)
Norminterpretation durch die Gerichtsbarkeit, dem IFRIC und nationalen Interpretationsinstanzen
Die Regelungstechnik der IFRS umfasst neben einem einheitlichen Aufbau der Standards, die alle Bilanzierungsdetails zu beschreiben suchen, auch den Einbezug des privaten Norminterpretationsgremiums International Financial Reporting Interpretations Committees (IFRIC), das für die Auslegung der IFRS zuständig ist und zu speziellen Auslegungsfragen zu Standards Interpretationen ausarbeitet. Diese Zusammenlegung von Normschöpfung und auslegung entspricht dem angloamerikanischen Rechtskreis und ist dem kontinentaleuropäischen System fremd.787 Das IFRIC kann hierbei von jeder interessierten Einzelperson oder Organisation bei Zweifelsfragen über die Auslegung eines IFRS angerufen werden.788 Das Verfahren zur Erstellung einer Interpretation durch das IFRIC umfasst sieben Phasen bis zur Herausgabe durch das IASB, in denen eine Zusammenarbeit mit allen relevanten Kreisen angestrebt wird.789 Aufgrund ihrer Rechtsqualität können IFRS auch Gegenstand eines Rechtsstreits werden, so dass ggf. eine Auslegung durch die Gerichtsbarkeit erforderlich wird.790 Bei der Interpretation der IFRS ergibt sich somit ein „normativ-rechtliche[s] Problem“ der „Bestimmung der Auslegungsmethoden und Auslegungskompetenzen“791, das auf der spezifischen Konstruktion des geltenden Bilanzrechts basiert, da für die Auslegung der IFRS einerseits explizit das vom IASB eingerichtete International Financial Reporting Interpretations Committee zuständig ist, andererseits die rechtliche Bindungswirkung der IFRS die Gerichte zur Auslegung verpflichten könnte. Durch die Übernahme der SIC/IFRIC mittels des Komitologieverfahrens in europäisches Recht sind auch diese aber verbindlich anzuwendendes Gemeinschaftsrecht und unterliegen dem Gebot der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung. Auch in nationalen Streitfällen sind sie verbindlich anzuwenden.792 Den SIC/IFRIC kommt damit eher Rechtsnormcharakter als ein eigentlicher Auslegungscharakter zu.
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Vgl. Schulze-Osterloh, Joachim: Internationale Rechnungslegung für den Einzelabschluss und für Unternehmen, die den öffentlichen Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen, a. a. O., hier S. 98. Zum Prozess des IFRIC vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, in: Handbuch des Jahresabschlusses, a. a. O., Rn. 20–21. Vgl. vertiefend zu den sieben Schritten IASCF: Due Process Handbook for the IFRIC, London: IASCF 2007, Rn. 17–43. Vgl. IASCF: Due Process Handbook for the IFRIC, a. a. O., Rn. 17–43. Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 763; so auch Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – internationaler Abschied vom Realisationsprinzip?, a. a. O., hier S. 428. Kirchner, Christian: Zur Interpretation von internationalen Rechnungslegungsstandards: das Problem ‚hybrider Rechtsfortbildung‘, in: FS Siegel, S. 201–217, hier S. 202 (beide Zitate). Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 764.
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Aufgrund ihres Ranges als Sekundärrecht obliegt das rechtsverbindliche Auslegungsmonopol der endorsed IFRS letztlich dem EuGH, 793 der gemäß Art. 234 Abs. 1 EGV im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens in Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten über deren Auslegung zu entscheiden hat.794 Die Auslegung der IFRS auf der Ebene der nationalen Gerichtsbarkeit795 wird jedoch je nach Rechnungslegungstradition unterschiedliche Ausprägungen haben.796 Wüstemann/Kierzek nehmen aber an, dass auf Ebene des Konzernrechnungslegungsrechts, in dem die IFRS eine reine Informationsfunktion erfüllen, die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten keinen wesentlichen Einfluss auf die Auslegung der IFRS haben werden. Anders gestaltet sich die Sachlage jedoch dann, wenn die Mitgliedstaaten eine Anwendung der IFRS im Jahresabschluss verbindlich vorschreiben bzw. gestatten, da es hierbei zu Auswirkungen auf die Gewinnermittlung kommen und damit zu einer stärkeren Gerichtsbarkeit führen kann.797 Die Bindung der Jahresabschlussrichtlinie an die Kapitalrichtlinie – und die damit dem europäischen Bilanzrecht zugrunde liegende Gläubigerschutzkonzeption – ist nach einer teleologischen Auslegung auch bei der Interpretation der IFRS zu berücksichtigen, wenn der Jahresabschluss nach diesen aufgestellt ist.798 Gemäß der europäischen Rechtsprechung gilt, dass ein nationales Gericht nur dann keinem Vorabentscheidungsersuch nachkommen muss oder kann, wenn dieses der Überzeugung ist, dass alle anderen nationalen Gerichte und der EuGH zu derselben Auslegung kommen würden.799 Eine zweifelsfreie Feststellung darüber erscheint allerdings äußerst schwierig, so dass davon auszugehen ist, dass dem EuGH auch Vorabentscheidungsersuche zur Auslegung von IFRS zugetragen werden. Eine Übernahme der IFRS in europäisches Recht ohne eine rechtliche Kontrolle lediglich 793 794
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Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 3. In Deutschland gilt der sog. Justizerwägungsanspruch des Art. 20 Abs. 3 GG, der die Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Auslegung und Anwendung des deutschen Rechts regelt. Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 764; Schulze-Osterloh, Joachim: Rechtsgrundlagen des Jahres- und Konzernabschlusses, in: HdJ, Abt. I/1, Stand 2007, Rn. 123. Zu den Möglichkeiten der Übernahme der IFRS in die deutsche Rechtsordnung und einer differenzierten Diskussion um den verbindlichen Rechtscharakter der einzelnen Möglichkeiten nach § 315 a HGB vgl. Kirchhof, Ferdinand: Außerstaatliche Normsetzung am Beispiel von IFRS – Perspektiven und rechtliche Probleme –, in: Kapitalmarktgesetzgebung im Europäischen Binnenmarkt, hrsg. von Klaus J. Hopt, Rüdinger Veil und Jörn Axel Kämmerer, Tübingen 2008, S. 167–180. Für den zuvor geltenden § 292a HGB lehnt ADOLPHSEN die IFRS als Teil der deutschen Rechtsordnung aufgrund des Charakters des § 292a HGB als Kollisionsnorm ab. Vgl. Adolphsen, Jens: Grenzen der internationalen Harmonisierung der Rechnungslegung durch Übernahme internationaler privater Standards, in: RabelsZ, 68. Jg. (2004), S. 154– 190, hier S, 162–184. Vgl. Herzig, Norbert: Einheitliche Bemessungsgrundlage für die laufende Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, in: Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, hrsg. von Norbert Herzig, Köln 2004, S. 87–100, hier S. 92. Mit Beispielen zur Gerichtsbarkeit Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 47–48. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 48. Zu den möglichen Einfallstoren für gerichtliche Auseinandersetzungen nach deutschem Recht vgl. Nerlich, Christoph: Entwicklung einer Auslegungsmethodik für IFRS im EU-Kontext, Düsseldorf 2007, S. 258–261. Vgl. auch Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 48–49. Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.4.a)aa).
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aufgrund des Ziels der Vergleichbarkeit und weltweit einheitlicher Standards ist grundsätzlich nicht möglich,800 so dass das Zusammenspiel der Auslegungskompetenzen der IFRS von IFRIC und Gerichten die Gefahr der Herausbildung europaspezifischer IFRS aufgrund einer uneinheitlichen Interpretation von übernommener und nicht in Europarecht übernommener IFRS birgt.801 Auch wenn die SIC bzw. IFRIC bindende Wirkung entfalten, wird eine rückwirkende Gesetzgebung durch den EuGH grundsätzlich als nicht zulässig erachtet, so dass die Gerichtsbarkeit auf die SIC/IFRIC als Auslegungsmaßstab regelmäßig nicht zurückgreifen kann, wenn ihnen zum Zeitpunkt der Streitfrage noch keine bindende Wirkung zukam;802 eine einheitliche Auslegung der IFRS würde dies aber erforderlich machen.803 Da es bisher keine Rechtsprechung zu den IFRS gibt, wird abzuwarten sein, inwieweit der EuGH tatsächlich eine abweichende Normauslegung vornehmen wird und damit die Bildung europaspezifischer IFRS fördert. Eine Vergleichbarkeit der Finanzinformationen eines Abschluss erfordert auch eine einheitliche Anwendung des Regelwerks durch die Mitgliedstaaten. Aufgrund eines derzeit noch fehlenden zentralen Enforcement der IFRS804 obliegt es den Mitgliedstaaten, die Normdurchsetzung zu regeln. Die nationalen Institutionen müssen in diesem Rahmen auch Durchsetzungsentscheidungen treffen und damit im Zweifel eine weitere Auslegung der IFRS vornehmen. Diese auf europäischer Ebene durch das Committee of European Securities Regulator (CESR) zu koordinierenden Durchsetzungsentscheidungen durch nationale Auslegungsinstanzen mögen zwar nicht zwingend zu einer rechtlichen Bindungswirkung führen,805 gleichwohl aufgrund des Drucks des Kapitalmarkts faktisch eine solche zum Ergebnis haben.806 Ebenso sind auf nationaler Ebene Auslegungsinstanzen zu berücksichtigen, deren Äußerungen zwar keine Rechtsverbindlichkeit zukommen, aber dennoch aus Sicht der Praxis für Unternehmen eine zentrale Bedeutung besitzen. Hier wären bspw. an die
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Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 765. Vgl. Kirchner, Christian: Zur Interpretation von internationalen Rechnungslegungsstandards: das Problem ‚hybrider Rechtsfortbildung‘, a. a. O., hier S. 203–204. So auch Berndt, Thomas/Hommel, Michael: Konzernrechnungslegung zwischen Konvergenz und Wettbewerb – US-GAAP, IFRS oder Euro-IFRS?, a. a. O., hier S. 408. Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung der IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 765. A. A. Asche, Michael: Europäisches Bilanzrecht und nationales Gesellschaftsrecht, Berlin 2007, S. 198. Vgl. auch zur Zulässigkeit rückwirkender Gesetzgebung im europäischen Recht m. w. N. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 765. Die Fehlerhaftigkeit von Abschlüssen muss im Rahmen der Normdurchsetzung (Enforcement) zur einheitlichen Anwendung der IFRS in Europa betrachtet werden. Vgl. Zum Enforcement unten, Gliederungspunkt B.III.3.e) dieses Kapitels. Zur fehlenden rechtlichen Bindungswirkung der Verlautbarungen der CESR unter Einodnung der CESR in den europarechtlichen Kontext und weiteren Nachweisen vgl. ausführlich Möllers, Thomas: Europäische Methoden- und Gesetzgebungslehre im Kapitalmarktrecht – Vollharmonisierung, Generalklauseln und soft law im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens als Mittel zur Etablierung von Standards, in: ZEuP, 16. Jg. (2008), S. 480–505. Vgl. vertiefend bzgl. BaFin und DPR Nerlich, Christoph: Entwicklung einer Auslegungsmethodik für IFRS im EU-Kontext, a. a. O., S. 253–256. Zur Bedeutung der Interpretationsinstanzen der IFRS unten, Gliederungspunkt B.III.3.e) dieses Kapitels.
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Stellungnahmen zu Rechnungslegungsstandards des IDW oder an Verlautbarungen des RIC zu denken.807 Die Vielzahl der Interpretationsinstanzen der IFRS ist einer europäischen oder gar weltweit einheitlichen Anwendung der IFRS nicht dienlich. bbb)
Grundsatz der autonomen Normauslegung aufgrund der gleichen Verbindlichkeit aller Amtssprachen bei den IFRS
Die IAS-Verordnung bestimmt, dass alle IFRS im Amtsblatt und damit in allen Amtssprachen veröffentlicht werden (Artikel 3 Abs. 4 IAS-VO), so dass – der Rechtsprechung des EuGH folgend – alle Sprachfassungen gleich verbindlich sind.808 Gleichwohl können Übersetzungen in andere Sprachen grundsätzlich nicht die hinter den einzelnen Begriffen stehenden Konzeptionen und Voraussetzungen adäquat erfassen, so dass sich nationalstaatliche Unterschiede bei der Norminterpretation aufgrund differierender Definitionen eines Begriffs ergeben werden.809 Die durch das IASB entwickelten IFRS unterliegen angloamerikanischer Prägung, schon aufgrund der englischen Sprache, in der die IFRS entwickelt werden.810 Auch eine Normauslegung auf Basis des englischen Originaltextes würde eine nach dem Willen des IASB erfolgende (korrekte) Anwendung der IFRS und damit einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten nicht ermöglichen,811 da die zugrunde liegenden englischen Begriffe in den Nationalstaaten dennoch einer anderen Bilanzierungsinterpretation unterlägen. Eine solche Normanwendung widerspräche aber nicht nur den europäischen Auslegungsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts,812 sondern würde auch eine vollständige Einordnung und Systematisierung der IFRS in den Kontext des IASB notwendig machen, was aufgrund der Vielzahl an Determinanten, die ein Rechnungslegungssystem ausmacht, unmöglich wäre. So ergeben sich neben bereits uneinheitlich und mehrdeutig gefassten Begriffen im Originaltext813 Unschärfen in den Übersetzungen,814 die eine einheitliche Norminterpretation erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen.815 807
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Vgl. vertiefend Nerlich, Christoph: Entwicklung einer Auslegungsmethodik für IFRS im EU-Kontext, a. a. O., S. 250–252. Vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), a. a. O., Rn. 18. Vgl. Braselmann, Petra: Übernationales Recht und Mehrsprachigkeit – Linguistische Überlegungen zu Sprachproblemen in EuGH-Urteilen, a. a. O., S. 58–59. Vgl. Schulze-Osterloh, Joachim: Internationale Rechnungslegung für den Einzelabschluss und für Unternehmen, die den öffentlichen Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen, a. a. O., hier S. 99. A. A. Schulze-Osterloh, Joachim: Internationale Rechnungslegung für den Einzelabschluss und für Unternehmen, die den öffentlichen Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen, a. a. O., hier S. 99. Vgl. auch Küting, Karlheinz/Ranker, Daniel: Tendenzen zur Auslegung der endorsed IFRS als sekundäres Gemeinschaftsrecht, in: BB, 59. Jg. (2004), S. 2510–2515, hier S. 2511. BALLWIESER/ZIMMERMANN führen hinsichtlich eines mehrdeutigen Terminus z. B. den Begriff income an, der sowohl mit „Ertrag“ als auch mit „Gewinn“ übersetzt werden kann; als Beispiel für die uneinheitliche Verwendung greifen sie bspw. die Begriffe gains und losses auf. Vgl. Ballwieser, Wolfgang/Zimmermann, Doris: Bilanzrecht und Sprache, a. a. O., hier S. S78–S79. SCHULZE-OSTERLOH verweist bspw. auf den Begriff asset, der in seiner Übersetzung als Vermögenswert unscharf ist. Schulze-Osterloh, Joachim: Internationale Rechnungslegung für den Einzelabschluss und für Unternehmen, die den öffentlichen Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen, a. a. O., hier S. 99; ferner Ballwieser, Wolfgang/Zimmermann, Doris: Bilanzrecht und Sprache, a. a. O., hier S. S78–S82. Vgl. auch Hauck, Anton/Prinz, Ulrich: Zur Auslegung von (europarechtlich übernommenen) IAS/IFRS, in: DK, 3. Jg. (2005), S. 635–641, hier S. 639.
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Das sich bei der Norminterpretation ergebende sprachliche Problem ist dem europäischen Bilanzrecht nicht fremd: Bereits der unbestimmte Rechtsbegriff des true and fair view der Bilanzrichtlinien und dessen Umsetzung zeugen von der Problematik.816 Der mit dem C.I.L.F.I.T.-Urteil des EuGH bestätigte Grundsatz der Verbindlichkeit aller Amtssprachen in Europa817 führt dazu, dass der sprachlichen Auslegung bei der Norminterpretation eine beschränkte Bedeutung zukommen kann. Grundsätzlich gilt der durch den EuGH in seiner ständigen Rechtsprechung entwickelte Grundsatz der autonomen Normauslegung, nach dem Begriffe des Gemeinschaftsrechts autonom gemeinschaftsrechtlich, d. h. unabhängig von nationalen Rechtsvorstellungen, europäisch ausgelegt werden müssen. Solange es aber keine gefestigte Rechtsprechung durch den EuGH gibt, bleibt die Frage nach der autonomen Auslegung offen. Wenn es zu einer autonomen Auslegung kommt, besteht jedoch die Gefahr, dass der EuGH nach seinen Auslegungsgrundsätzen zu einer vom IASB abweichenden Auslegung kommt, was die Tendenz der Bildung von europäischen IFRS verstärken wird.818 Dies wiederum würde dem Ziel des IASB, einheitliche Weltstandards zu setzen, die ein effizientes Funktionieren von Kapitalmärkten aufgrund von Vergleichbarkeit der Finanzdaten erleichtern sollen, zuwiderlaufen. Gleichwohl ist dies ein Problem, das sich auf der Ebene des privaten Standardsetzers IASB ergibt, da das europäische Bilanzrecht dieses Ziel nicht adaptiert hat. ccc)
Auslegungsgeneralnorm des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO
(aaaa) Inhaltliche Auslegungsrestriktion durch Artikel 3 Abs. 2 IAS-VO Gemäß der ständigen Rechtsprechung des EuGH kommt der teleologischen Auslegungsmethode besondere Bedeutung zu.819 Das europäische Bilanzrecht ist folglich nach Maßgabe seiner Zielsetzung eines harmonisierten (standardisierten) Rechnungslegungsrechts im Rahmen der Niederlassungsfreiheit eines funktionierenden Binnenmarktes unter Einbezug eines Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen auszulegen.820 Dies führt dazu, dass Art. 3 Abs. 2 IAS-VO, als Komplement des formellen Komitologieverfahrens gemäß Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 2 IAS-VO,821 zum Maßstab der Auslegung der IFRS wird, da die dort verankerten Prinzipien Prüfgegenstand der Übernahme in europäisches Recht sind.822 Konkret bedeutet das, dass die Auslegung von IFRS dem europäischen öffentlichen Interesse 816 817 818
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Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.3.b)bb). Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.I.3)b)bb). Vgl. Küting, Karlheinz/Ranker, Daniel: Tendenzen zur Auslegung der endorsed IFRS als sekundäres Gemeinschaftsrecht, a. a. O., hier S. 2511. Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.I.3)b)cc). Vgl. auch Kirchner, Christian: Zur Interpretation von internationalen Rechnungslegungsstandards: das Problem ‚hybrider Rechtsfortbildung‘, a. a. O., hier S. 209. Vgl. Hauck, Anton/Prinz, Ulrich: Zur Auslegung von (europarechtlich übernommenen) IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 635–636. SCHÖN spricht sogar von der „Generalnorm des Europäischen Bilanzrechts“. Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 767 (auch Zitat; Zitat im Original hervorgehoben).
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entsprechen muss und sich Auslegungsfragen der IFRS einerseits an der korrekten Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, dem European true and fair view, andererseits an den Kriterien der Verständlichkeit, Erheblichkeit, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit zu orientieren haben (Art. 3 Abs. 2 IAS-VO). Bei Zweifelsfragen über die Auslegung wird demnach die Zielsetzung des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO entscheidend sein.823 Schön sieht in diesen Auslegungsleitlinien grundsätzlich keine Gefahr einer europaspezifischen Auslegung von IFRS zu Lasten einer weltweit einheitlichen Anwendung der Rechnungslegungsstandards, da diese auch im Rahmenkonzept der IFRS angelegt sind:824 Die geforderten Kriterien der „Verständlichkeit, Erheblichkeit, Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit“ des Art. 3 Abs. 2 der IAS-VO sind Bestandteile der qualitativen Anforderungen an den Abschluss gemäß RK.24–46. Dem ist indes zu entgegnen, das der True-and-fair-ViewGrundsatz bzw. eine fair presentation explizit nicht Gegenstand des Rahmenkonzepts ist, sondern lediglich „die Anwendung der grundlegenden qualitativen Anforderungen und der einschlägigen Rechnungslegungsstandards im Regelfall zu einem Abschluss [führt], der das widerspiegelt, was im Allgemeinen als Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes verstanden wird“ (RK.46). Ferner ist das Rahmenkonzept kein in europäisches Recht übernommener Bestandteil der IFRS und somit auch nicht für eine Interpretation bindend. Der EuGH muss sich bei seiner Auslegung aber an Art. 2 Abs. 3 JaR i. V. m. Art. 16 Abs. 3 KaR orientieren, mithin an der Zielsetzung des European-True-and-fairView-Grundsatzes, dem eine andere Konzeption zugrunde liegt, als die Einhaltung der qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts. Auch das in IAS 1.15–24 geforderte tatsächliche Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage kann nicht als Auslegungsrichtschnur für den EuGH dienen, da explizit auf den true and fair view der Richtlinien verwiesen wird. Während der European-True-and-fair-View-Grundsatz gemäß der EuGH-Rechtsprechung unter Beachtung der Einzelnormen des Art. 31 JaR, insbesondere des Vorsichts-, Realisations- und Periodisierungsprinzips auszulegen ist, sieht die IAS-Verordnung eine Berücksichtigung dieser Einzelnormen als Auslegungsprinzipien aufgrund der reinen Informationsfunktion der IFRS nicht explizit vor.825 Auch werden diese Prinzipien in den Einzelregelungen der Standards zurückgedrängt und bilden kein vorrangiges Orientierungskonzept bei Bilanzierungsfragen. Eine teleologische Auslegung des True-and-fair-ViewGrundsatzes, der über die IAS-Verordnung das Bindeglied der Bilanzrichtlinien zu den IFRS darstellt, erfordert jedoch eine richtlinienkonforme Auslegung des True-and-fair-View-Gebots unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden Zielsetzung. Eine implizite Berücksichtigung 823 824
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Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 767. Eine Ausnahme stellt aber das europäisch öffentliche Interesse dar. Vgl. hierzu sowie zum folgenden Abschnitt Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 767. Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 767 (Fußnote 44).
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des Vorsichtsprinzips zur Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bei der Auslegung der IFRS entspricht somit einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO. Die Transformation der Richtlinien in den einzelnen Mitgliedstaaten zeigt aber auch, dass die Generalnorm und damit auch die Einzelnormen aufgrund ihrer Konzeption einem (bewusst) breiten Anwendungsspielraum unterliegen,826 was zu großen Auslegungsspielräumen der Normen führen kann. Das Vorsichtsprinzip bestimmt auch den Auslegungsrahmen von Jahresabschlussnormen hinsichtlich einer zugrunde liegenden Gläubigerschutzkonzeption. Da die Jahresabschlussrichtlinie einer systematischen Verknüpfung mit der Kapitalrichtlinie unterliegt, wird im Falle einer Anwendung der IFRS im Jahresabschluss der (bilanzielle) Gläubigerschutz als weitere Auslegungsrichtlinie maßgeblich sein.827 Da die IFRS keinen expliziten Schutzzweck im Rahmen der Gewinnermittlung kennen, dürften sich im Falle einer Auslegungsfrage von IFRS als Jahresabschlussnormen Auslegungsdiskrepanzen eines europäischen Jahresabschlusses, der nach endorsed IFRS aufgestellt ist, mit einem Jahresabschluss, der nach IFRS aufgestellt ist, ergeben. (bbbb) Institutionelle Auslegungsrestriktion des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO: Rechtsschutz bei fehlerhafter Übernahme von IFRS Die Übernahmerestriktion des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO setzt der Verbindlichkeit der IAS/IFRS bzw. SIC/IFRIC Grenzen: IFRS können nur soweit Verbindlichkeit entfalten, wie sie den Anforderungen des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO entsprechen.828 Dies begründet sich darin, dass eine Durchführungsverordnung, wie sie eine Verordnung zur Übernahme der IFRS mittels des Komitologieverfahrens darstellt, durch die Ermächtigungsnormen (Art. 3 IAS-VO) der Grundverordnung (IAS-VO) abgedeckt sein muss;829 sie darf nicht von der Ermächtigungsnorm abweichen.830 Dies entspricht der europarechtlichen Wertung, dass die Basisrechtsakte der Durchführungsbestimmungen übergeordnet sind und im Kollisionsfall vorgehen.831 Materiell ergibt sich hierdurch die Frage, inwieweit eine fehlerhafte Übernahme eines Standards überhaupt Wirksamkeit entfalten kann. Gemäß der für die erlassenen Rechtsakte der Organe geltenden Vermutung der Gleichgültigkeit entfalten fehlerhafte und damit rechtswidrige Rechtsakte solange Wirksamkeit, bis sie aufgehoben oder zurückgenommen werden.832
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Vgl. zum Umsetzungsspielraum der Richtliniennormen Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 184–270. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 48. Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 767. Vgl. Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, in: KoR, 8. Jg. (2008), S. 325–333, hier S. 326. Vgl. EuGH-Urteil vom 2. März 1999, Rs. C-179/97 (Spanien/Kommission), Slg. 1999, I-1251, Rn. 20. Vgl. Wichard, Johannes C.: Kommentierung zu Art. 202 EGV, a. a. O., Rn. 9; EuGH-Urteil vom 2. März 1999, Rs. C-179/97 (Spanien/Kommission), a. a. O., Rn. 9. Vgl. Ruffert, Matthias: Kommentierung zu Artikel 249 EGV, a. a. O., Rn. 17; m. w. N. auch Pöschke,
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Die sich daraus ergebenden Probleme im Rahmen der Rechtsanwendung im europäischen Bilanzrecht sind gleichwohl gravierend: Da die IAS für die korrekte Erstellung eines Abschlusses die Erfüllung sämtlicher Anforderungen der IFRS erfordern (IAS 1.16), in der Europäischen Union aber nur die übernommenen IFRS anzuwenden sind, kann eine rechtswidrige Übernahme (beispielsweise aufgrund einer fehlenden Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 2 IAS-VO) der IFRS zu einem fehlerhaften Konzernabschluss führen, der letztlich sogar zur Versagung eines Bestätigungsvermerks833 des Abschlusses führen kann.834 Als fehlerhaft und damit als rechtswidrig umgesetzt wurde bisher das Verbot planmäßiger Abschreibung des Goodwills gemäß IFRS 3.54–3.55 sowie der Ausweis von Eigenkapital einer Personengesellschaft als Verbindlichkeit gemäß IAS 32.18(b) qualifiziert.835 Ebenso kritisieren Wüstemann/Kierzek die Übernahme des IAS 18.30(c), der eine Vereinnahmung von Dividenden mit Entstehung des Rechtsanspruches auf Zahlung verlangt, was dem bindenden EuGH-Urteil vom 27.6.1996 „Tomberger/Wettern GmbH“ entgegensteht, das unter bestimmten Voraussetzungen eine phasengleiche Gewinnvereinnahmung als richtlinienkonform bestimmt.836 Hennrichs lehnt eine Verbindlichkeit einer rechtswidrig übernommenen Norm für das europäische Bilanzrecht ab und stellt zugleich fest, dass trotz der fehlenden Erfüllung der Anforderung des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO eine Übernahme der Standards in europäisches Recht stattfand, so dass die Ermächtigungsnorm der Grundverordnung (IAS-VO) de facto „keine Begrenzungswirkung“ entfaltet und eine „inhaltliche Kontrolle“ durch die EU materiell nicht erfolgt.837 Wüstemann/Kierzek folgern daraus, dass diese Entscheidung aufgrund des Ziels der
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Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 326. Zum Bestätigungsvermerk nach deutschem Recht vgl. Weindel, Marc/Wüstemann, Jens: Bestätigungsvermerk, in: Wüstemann, Jens: Wirtschaftsprüfung case by case, Frankfurt 2005, S. 153–176. Gemäß Artikel 2 der Richtlinie 2006/43/EG ist der Bestätigungsvermerk „der in Artikel 51 a der Richtlinie 78/660/EWG und Artikel 37 der Richtlinie 83/349/EWG genannte Vermerk des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft“. Vgl. Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates, in: ABl., Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 87–107. Hiernach hat der Bestätigungsvermerk u. a. ein Urteil darüber zu geben, dass der Abschluss „im Einklang mit den jeweils maßgebenden Rechnungslegungsgrundsätzen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt“ (Artikel 51 a JaR). Vgl. auch zum Bestätigungsvermerk Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Grünbuch – Rolle, Stellung und Haftung des Abschlussprüfers in der Europäischen Union, KOM (1996) 338 endg., in: ABl.EG, Nr. C 321 vom 28.10.1996, S. 1–20, hier Abs. Nr. 3.39–3.47. Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 763; Schulze-Osterloh, Joachim (2007): Rechtsgrundlagen des Jahres- und Konzernabschlusses, a. a. O., Rn. 106; zur Diskussion auch Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 326. Für eine ausführliche Darstellung vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 41–43; Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, in: NZG, 8. Jg. (2005), S. 783–787, hier S. 785; Hennrichs, Joachim: Kündbare Gesellschaftereinlagen nach IAS 32, in: WPg, 59. Jg. (2006), S. 1253–1261; Hennrichs, Joachim: Unternehmensfinanzierung und IFRS im deutschen Mittelstand, a. a. O., hier S. 504–509. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, in: BB, 61. Jg. (2006), Beilage 14 zu Heft 17/2006, S. 14–22, hier S. 16. Vgl. Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen
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Vermeidung der Bildung europaspezifischer IFRS zu Gunsten einer einheitlichen Anwendung erfolgt sein könnte.838 Dennoch sind die rechtlichen Konsequenzen und Möglichkeiten nicht geklärt.839 Da der EuGH „Garant des gemeinschaftlichen Rechtsschutzes“840 ist, müsste er für eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Durchführungsverordnung zuständig sein. Gemäß dem europarechtlichen Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung kann der EuGH aber nur in den vorgesehenen Verfahren tätig werden,841 so dass im Falle der Überprüfung der Rechtswirksamkeit einer Durchführungsverordnung der IFRS allenfalls eine Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 Abs. 4 EGV842, eine Überprüfung im Vorabentscheidungsverfahren gemäß 234 EGV oder eine Inzidentrüge843 gemäß Art. 241 EGV in Frage kommt. Eine Nichtigkeitsklage kommt für Unternehmen aufgrund fehlender Tatbestandsmerkmale nicht in Betracht.844 Eine Inzidentkontrolle setzt ein anhängiges Verfahren vor dem EuGH voraus, so dass in Zweifelsfragen das nationale Gericht die Frage der Normgültigkeit auch dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 vorlegen kann bzw. muss.845 Somit scheidet ein direkter Rechtsschutz für ein Unternehmen vor dem EuGH aus.846 Die durch den EuGH festgestellte gemeinschaftsrechtliche Rechtsschutzgarantie847 führt dazu, dass die nationalen Gerichte dieser mitgliedstaatlichen Pflicht nachkommen müssen, wenn eine direkte Klage vor dem EuGH nicht möglich ist, wobei nationale Verfahrensvorschriften im Lichte eines effektiven Rechtsschutzes „gegen Gemeinschaftsunrecht“ angewendet werden müssen.848 Da ein Unternehmen nicht direkt vor dem EuGH die Gültigkeit einer IFRS-Norm feststellen lassen kann, müssen mittels nationaler Regelungen Möglichkeiten einer Überprüfung geschaffen werden.849
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des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“ –, a. a. O., hier S. 785 (auch beide Zitate). Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 43. Zu den Möglichkeiten der Überprüfung einer Übernahmeverordnung im Rahmen des europäischen Rechtsschutzsystems vgl. Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 327–333; ferner Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 786. Herdegen, Matthias: Europarecht, a. a. O., S. 188 (im Original hervorgehoben). Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.I.1.b) sowie Herdegen, Matthias: Europarecht, a. a. O., S. 188, Rn. 1. Vgl. Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 327. Vgl. Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 786; zur Inzidentrüge, den Voraussetzungen und Wirkung vgl. Cremer, Wolfram: Kommentierung zu Art. 230 EGV, in: Calliess/Ruffert, Rn. 1–8. Vgl. vor allem vertiefend zu den Anforderungen der individuellen Betroffenheit m. w. N. Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 327, Cremer, Wolfram: Kommentierung zu Art. 230 EGV, in: Calliess/Ruffert, Rn. 4–71. Vgl. Cremer, Wolfram: Kommentierung zu Art. 241 EGV, in: Calliess/Ruffert, Rn. 1. Vgl. Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 326. Vgl. m. w. N. Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 327. Vgl. Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 328 (auch Zitat). Für das deutsche Recht wäre z. B. das Verfahren nach § 324 HGB (Meinungsverschiedenheiten zwischen Kapitalgesellschaft und Abschlussprüfer) denkbar. Vgl. ausführlich sowie zu weiteren Möglichkeiten
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ddd)
Behandlung von Regelungslücken innerhalb der IFRS: Auslegung durch den Bilanzierenden
Ergeben sich im Normsystem der IFRS Regelungslücken, sieht IAS 8.10–12 einen Maßnahmenkatalog zur Lückenschließung für den Bilanzierenden vor. Eine Regelungslücke liegt nach IAS 8.10 beim „Fehlen eines Standards oder einer Interpretation“ vor. Dies umfasst sowohl das Fehlen der Norm als Ganzes, eine Regelungslücke innerhalb einer vorhandenen Norm, aber auch eine lediglich auslegungsbedürftige Norm.850 Nach IAS 8.10 kommt dem Management die Aufgabe zu, die anzuwendenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu entwickeln, die wiederum zu Informationen führen müssen, die entscheidungserheblich (relevant) und zuverlässig (reliable) sind. Um zuverlässig zu sein, müssen Informationen gemäß IAS 8.10(b) einem tatsächlichen Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage dienen, einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unterliegen, neutral, vorsichtig und vollständig sein. Zur Zielerreichung sehen IAS 8.11 und 8.12 eine Maßnahmenhierarchie vor, nach der sich das Management bei der Lückenschließung durch Analogiebildung zunächst an Standards und Interpretationen verwandter und ähnlicher Sachverhalte (IAS 8.11(a)) und dann an den allgemeinen Definitionen, Ansatz- und Bewertungsvorschriften des Rahmenkonzepts (IAS 8.11(b)) zu orientieren hat.851 Ferner kann das Management bei der Lückenschließung auf die Verlautbarungen anderer Standardsetzer zurückgreifen, „die ein ähnliches konzeptionelles Rahmenkonzept zur Entwicklung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden einsetzen“852 und auch „sonstige Rechnungslegungs-Verlautbarungen und anerkannte Branchenpraktiken berücksichtigen“, sofern sie den Anforderungen des IAS 8.11 entsprechen (IAS 8.12). Die Lückenfüllung durch Analogieschluss steht grundsätzlich im Einklang mit den juristischen Methoden der Lückenschließung.853 Die Problematik von IAS 8.10–8.12 erschließt sich vielmehr bei der genauen Ausgestaltung: Zunächst erscheint die hervorgehobene Bedeutung des Rahmenkonzepts, die IAS 8.11 zuspricht, hinsichtlich seines Status im Normgefüge der IFRS widersprüchlich, da es selbst keinen Standard darstellt und auch keinem Standard vorgeht (RK.2).854 Dennoch soll es als verpflichtende Deduktionsbasis dienen. Dies
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Pöschke, Moritz: Effektiver Rechtsschutz gegen fehlerhaft übernommene IFRS, a. a. O., hier S. 328–333; ebenso Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 786. Vgl. Ruhnke, Klaus/Nerlich, Christoph: Behandlung von Regelungslücken innerhalb der IFRS, in: DB, 57. Jg. (2004), S. 389–395, hier S. 390. Hier kommen insbesondere die Standardsetzer FASB und ASB in Betracht. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Filling Gaps: Why Consistency of Accounting Standards Matters – Normative Evidence from the U. S. and Germany as Related to IFRS, Working Paper, University of Mannheim, Mannheim 2007, S. 15. Vgl. hierzu kritisch würdigend am Beispiel der Ertragsvereinnahmung bei Mehrkomponentenverträgen Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Normative Bilanztheorie und Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung für Mehrkomponentenverträge, in: zfbf, 59. Jg. (2007), S. 882–913. Vgl. Ruhnke, Klaus/Nerlich, Christoph: Behandlung von Regelungslücken innerhalb der IFRS, a. a. O., hier S. 393; vertiefend auch Larenz, Karl/Canaris, Claus-Wilhelm: Methodenlehre der Rechtswissenschaft, a. a. O., S. 202–210. Vgl. Schulze-Osterloh, Joachim: Internationalisierung der Rechnungslegung und ihre Auswirkungen auf die Grundprinzipien des deutschen Rechts, a. a. O., hier S. 175.
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erstaunt umso mehr, da das Rahmenkonzept keiner einheitlichen Systematik einer Bilanztheorie unterliegt855 und damit als Deduktionsbasis der Lückenfüllung für eine einheitliche Auslegung grundsätzlich ungeeignet erscheint. Des Weiteren verweist mit IAS 8.10–8.12 ein in EU-Recht übernommener (rechtsverbindlicher) Standard auf außerhalb des Gemeinschaftsrechts liegende Verlautbarungen anderer Standardsetzer.856 Gelangt nun eine Rechnungslegungsmethode zur Anwendung, die auf einer Verlautbarung anderer Standardsetzer beruht (bspw. Interpretationen der SEC), ergibt sich die Frage der Bindungswirkung an diese Verlautbarung durch gerichtliche Instanzen.857 Da es sich hierbei jedoch lediglich um eine Empfehlung858 handelt, sind europäische Gerichte nicht an diese gebunden.859 Weiterhin gibt die unspezifische Verweisung des IAS 8.10–8.12 keine Objektivierungskriterien hinsichtlich der gestellten Ableitungsalternativen zu Gunsten einer einheitlichen Lückenschließung vor, was „vielfach nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führt“860: So unterliegt die Wahl der Bilanzierungsmethode, die nach Einschätzung des Managements im Rahmen der Möglichkeiten von IAS 8.10–8.12 zu einem entscheidungserheblichen und zuverlässigen Ergebnis führt, letztlich dem Urteilsvermögen der Unternehmensleitung (business judgement)861. Eine einheitliche Normanwendung kann damit nicht durchgesetzt werden, so dass hierdurch letztlich die Vergleichbarkeit von (europäischen) Abschlüssen gefährdet ist.862 Da weder das Rahmenkonzept noch die Verlautbarungen anderer Standardsetzer und erst recht nicht anerkannte Branchenpraktiken einer Rechtsverbindlichkeit in der EU unterliegen, die IFRS aber für eine Übernahme in Gemeinschaftsrecht den Anforderungen der IAS-VO genügen müssen, kann eine Lückenschließung durch die Bilanzierenden somit nur durch eine zwingende Ausrichtung an den Endorsement-Kriterien des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO maßgeblich sein, um dem Zweck des Übernahmeverfahrens zu entsprechen.863 Eine Lückenschließung hat 855 856
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Vgl. oben, Gliederungspunkt A.II.2.a)aa) dieses Kapitels. Kritisch hierzu aufgrund von fehlender Verpflichtung Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), in: Haufe IFRS-Kommentar, Rn. 80–82. Vgl. Kirchner, Christian: Zur Interpretation von internationalen Rechnungslegungsstandards: das Problem ‚hybrider Rechtsfortbildung‘, a. a. O., hier S. 210. Dies wird in IAS 8.BC16 nochmals ausdrücklich betont. Vgl. Kirchner, Christian: Zur Interpretation von internationalen Rechnungslegungsstandards: das Problem ‚hybrider Rechtsfortbildung‘, a. a. O., hier S. 210. Schulze-Osterloh, Joachim (2007): Rechtsgrundlagen des Jahres- und Konzernabschlusses, a. a. O., Rn. 120 (beide Zitate); so auch Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), a. a. O., Rn. 81. Vgl. Ruhnke, Klaus/Nerlich, Christoph: Behandlung von Regelungslücken innerhalb der IFRS, a. a. O., hier S. 393. Vgl. das angloamerikanische Konzept des business judgement kritisch hinsichtlich der rechtlichen Auswirkungen (mit einem anschließend sehr eindrücklichen Beispiel zu Ableitungsvarianten und der daraus folgenden unterschiedlichen Ertragsvereinnahmung) würdigend Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: True and Fair View Revisited – A Reply to Alexander and Nobes, a. a. O., hier S. 104–109. Zur Vergleichbarkeitserschwernis aufgrund der Regelungslückenschließung nach IAS 8.10–12 und der daraus folgenden Unterschiede vgl. auch Freisleben, Norbert/Leibfried, Peter: Warum IAS/IFRS-Abschlüsse nicht (miteinander) vergleichbar sind, in: KoR, 4. Jg. (2004), S. 101–109. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur
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sich damit – genau wie die Übernahme der Standards – vor allem an der Erfüllung des Prinzips des European true and fair view auszurichten, um zu einem rechtsverbindlichen Ergebnis zu gelangen.864 Eine Auslegung durch den Bilanzierenden kann nach IAS 1.19 „in den äußerst seltenen Fällen“ zu dem Schluss des Managements führen, dass eine von einem Standard oder einer Interpretation abweichende Bilanzierung zur korrekten Darstellung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Cashflows notwendig ist. Die Abweichung von einem Standard oder einer Interpretation zu Gunsten des Gebots der fair presentation nach IAS 1.15 (i. V. m. RK.46) unterliegt aber der Anforderung der Rechtfertigung der besonderen (sich unterscheidenden) Umstände im Vergleich zu anderen Unternehmen, die in ähnlichen Situationen nicht von der vorgegebenen Bilanzierungsmethode abweichen; es gilt nämlich „die widerlegbare Vermutung, dass die Einhaltung der Anforderung durch das Unternehmen nicht so irreführend wäre, dass sie zu einem Konflikt mit der Zielsetzung des Abschlusses im Sinne des Rahmenkonzepts führen würde“ (IAS 1.24). Eine Inanspruchnahme des IAS 1.19 f. wird somit erheblich erschwert.865 eee)
Kritische Würdigung der normativ-rechtlichen Reichweite der IFRS in Europa aufgrund der Rechtsprechung des EuGH
(aaaa) Ausstrahlungswirkung der Entscheidungen des EuGH auf die Auslegung der IFRS Der EuGH hat bisher in den bereits genannten drei Urteilen über die Auslegung der Jahresabschlussrichtlinie entschieden. Eine Entscheidung des EuGH hinsichtlich der Anwendung eines IFRS, wie auch der Übernahmekriterien der IFRS, Ausstrahlungswirkung haben und Berücksichtigung finden, da die Entscheidungen des EuGH grundsätzlich Bindungswirkung entfalten866 und der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts dienen. Wie bereits gezeigt, fokussiert der EuGH in seiner Rechtsprechung zum Bilanzrecht den Grundsatz der Bilanzwahrheit,867 den er mit der Vermittlung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, also dem true and fair view, gleichsetzt.868 Da er nur zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts befugt ist, legt er diesen Grundsatz entsprechend der Vorlagefrage am Maßstab der Jahresabschlussrichtlinie aus. Dieser European true and fair view stellt mittels des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO das Bindeglied zu
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Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 18. Vgl. Hauck, Anton/Prinz, Ulrich: Zur Auslegung von (europarechtlich übernommenen) IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 640–641; Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 766–767; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: True and Fair View Revisited – A Reply to Alexander and Nobes, a. a. O., hier S. 108–109. Vgl. ähnlich Hinz, Michael: Rechnungslegung nach IFRS, München 2005, S. 80. Vgl. Wegener, Bernhard: Kommentierung zu Art. 234 EGV, a. a. O., Rn. 36–38. Bzgl. einer Begründung auch für unterinstanzliche Gerichte vgl. auch Jäger, Torsten: Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, a. a. O., S. 203. Vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 17–18. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 114; ferner Hoffmann, Wolf-Dieter: Phasengleiche Vereinnahmung von Dividenden, a. a. O., hier S. 9.
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den IFRS dar, so dass die entschiedene Vorlagefrage aufgrund der Bindungswirkung von EuGH-Urteilen Einstrahlungswirkung auf die Übernahme und Auslegung der IFRS zeigen müsste. In diesem Zusammenhang ist das EuGH-Urteil „Tomberger/Wettern GmbH“ von 1996 zu sehen, nach dem eine phasengleiche Dividendenvereinnahmung unter bestimmten Voraussetzungen nicht dem gemeinschaftsrechtlichen Realisationsprinzip des Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) JaR widerspricht869 und somit zu der Vermittlung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führt. IAS 18 „Erträge“, der mit der Verordnung (EG) 1725/2003870 übernommen wurde und unter anderem auch die Dividendenvereinnahmung regelt, stellt indes für den Ertragsvereinnahmungszeitpunkt von Dividendenansprüchen auf den entstandenen Rechtsanspruch auf Zahlung ab (IAS 18.30(c)). Dieser ist in IAS 18 „Erträge“ nicht geregelt, so dass zu dessen Konkretisierung auf das nationale Zivilrecht zurückgegriffen werden muss.871 Ein Rechtsanspruch wird aber grundsätzlich mit Vorliegen des Gewinnverteilungsbeschlusses und somit im folgenden Geschäftsjahr bestehen.872 Gemäß dem Wortlaut des IAS 18.30(c) kommt demnach eine phasengleiche Gewinnvereinnahmung nicht in Betracht.873 Dies korrespondiert mit IAS 10.12, der eine Passivierung einer Dividendenverpflichtung zum Abschlussstichtag explizit ausschließt, wenn diese nach dem Bilanzstichtag vorgeschlagen oder beschlossen werden,874 so dass im Umkehrschluss davon ausgegangen werden kann, dass eine Aktivierung eines Dividendenanspruchs ebenso verneint werden muss.875 Obwohl der EuGH eine phasengleiche Gewinnvereinnahmung unter ganz spezifischen Umständen nicht als richtlinienwidrig und dem true and fair view der Richtlinie entsprechend beurteilt hat, wurde IAS 18 „Erträge“ jedoch in dieser Form übernommen. Der Wortlaut des IAS 18.30(c) steht damit grundsätzlich dem Urteil des EuGH entgegen.876 Die zentrale Frage, die sich ergibt, ist demnach, ob die beiden (scheinbar) entgegenstehenden Bilanzierungslösungen dem gleichen European-True-and-fair-View-Gebot entsprechen können. IAS 869 870
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Vgl. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 24. Vgl.Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29. September 2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 261 vom 13.10.2003, S. 1–420. Vgl. Heuser, Paul/Theile, Carsten/Pawelzik, Kai Udo: IAS/IFRS Handbuch, 3. neu bearb. Aufl., Köln 2007, Rn. 645. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models, Current Proposals and Practical Consequences, a. a. O., hier S. 72. Vgl. Scharfenberg, Astrid/ Schulz-Danzo, Martin: § 11 Sonstige kurzfristige Vermögenswerte, in: Beck’sches IFRS-Handbuch, Rn. 7; Hoffmann, Wolf-Dieter: § 4 Ereignisse nach dem Bilanzstichtag, in: Haufe IFRS-Kommentar, Rn. 34. Vgl. Engel-Ciric, Dejan: § 4 Ereignisse nach dem Bilanzstichtag, in: Haufe IFRS-Kommentar 2007, Rn. 24. Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Einzelfragen zur Anwendung von IFRS (IDW RS HFA 2), in: WPg, 58. Jg. (2005), S. 1402–1415, hier S. 1403. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models, Current Proposals and Practical Consequences, a. a. O., hier S. 72; Berndt, Thomas/Hommel, Michael: Konzernrechnungslegung zwischen Konvergenz und Wettbewerb – US-GAAP, IFRS oder Euro-IFRS?, a. a. O., hier S. 414.
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18.30(c) wird eine Konformität aufgrund der erfolgten Übernahme in Gemeinschaftsrecht bestätigt, während der phasengleichen Dividendenvereinnahmung im Fall Tomberger/Wettern GmbH eine Auslegungsentscheidung des EuGH zugrunde liegt. Sollte diese Frage verneint werden, ergibt sich wiederum die Frage, welcher Rechtsakt (Entscheidung des EuGH oder Durchführungsverordnung) Vorrangstellung genießt; dies ist wiederum Aufgabe der Rechtswissenschaft.877 Zunächst ist festzuhalten, dass der EuGH eine phasengleiche Dividendenvereinnahmung unter den gegebenen Voraussetzungen für gemeinschaftsrechtskonform hält. Eine Pflicht zur phasengleichen Vereinnahmung c. p. kann hieraus jedoch nicht abgeleitet werden.878 Auch äußere sich der EuGH nach Nobes nicht dahingehend, dass die noch nicht beschlossenen Dividenden als Erträge zu vereinnahmen seien.879 Der Gerichtshof stelle nur fest, dass es nicht gegen die Richtlinie verstoße, „wenn das nationale Gericht befindet, dass die fraglichen Gewinne […] in der Bilanz der Muttergesellschaft für das Geschäftsjahr auszuweisen sind, für das sie von der Tochtergesellschaft zugewiesen wurden“880.881 Dennoch bleibt auch damit eine Konvergenz mit dem European true and fair view fraglich. Eine phasengleiche Dividendenvereinnahmung nach IAS 18 „Erträge“ unter Berufung auf IAS 1.19–1.20, der nur in äußerst seltenen Fällen ein Abweichen vom Standardwortlaut zu Gunsten eines true and fair view erlaubt, ist aufgrund des vorliegenden typischen und damit keineswegs seltenen Beteiligungsverhältnisses im Streitfall Tomberger/Wettern GmbH nicht möglich.882 Auch die Argumentation unter Hinweis auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise883 zu Gunsten einer rein formalrechtlichen Wertung wird in der Literatur aufgrund ihrer unklaren Stellung im Normgefüge der IFRS kritisiert.884 Die wirtschaftliche Betrachtungsweise (substance over form) wird in RK.35 als Bestandteil der qualitativen Anforderungen an einen 877
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Vgl. Berndt, Thomas/Hommel, Michael: Konzernrechnungslegung zwischen Konvergenz und Wettbewerb – US-GAAP, IFRS oder Euro-IFRS?, a. a. O., hier S. 414. Vgl. Eilers, Stephan/Heinemann, Klaus: Urteil des EuGH zur phasengleichen Aktivierung von Gewinnansprüchen – Anmerkungen aus der Sicht von Verfahrensbeteiligten –, in: Europäisierung des Bilanzrechts, hrsg. von Norbert Herzig, Köln 1997, S. 25–40, hier S. 37. Vgl. Nobes, Christopher: Revenue Recognition and EU Endorsement of IFRS, in: Accounting in Europe, Vol. 3 (2006), S. 81–89, hier S. 83. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 24 berichtigt durch den Beschluss des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 10. Juli 1997, a. a. O.. Vgl. Nobes, Christopher: Revenue Recognition and EU Endorsement of IFRS, a. a. O., hier S. 83. Vgl. Wüstemann, Jens: Gewinnrealisierung, in: Wüstemann, Jens: Bilanzierung case by case, Heidelberg 2004, S. 59–73, hier S. 68–69. Vgl. Ordelheide, Dieter/Böckem, Hanne: Kommentierung zu IAS 18, in: Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/Bischof-IFRS, Rn. 94; vgl. auch Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Einzelfragen zur Anwendung von IAS (IDW RS HFA 2), in: IDWFN, o. Jg. (1999), S. 260–275, hier S. 263. Das IDW hat im Jahr 2005 diese Argumentation auch revidiert. Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung: Einzelfragen zur Anwendung von IFRS (IDW RS HFA 2), a. a. O., hier S. 1403 (Vorbemerkung). Vgl. Wüstemann, Jens/Wüstemann, Sonja/Neumann, Simone: Kommentierung zu IAS 18, in: Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/Bischof-IFRS, 6. erg. Lfg. 2008, Rn. 108; Wüstemann, Jens: Gewinnrealisierung, in: Wüstemann, Jens: Bilanzierung case by case, a. a. O., S. 59–73.
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Abschluss unter dem Punkt der Verlässlichkeit (reliability) erfasst. Nach dem Rahmenkonzept sind die Informationen eines Abschlusses verlässlich, wenn sie einer glaubwürdigen Darstellung unterliegen (RK.33). Glaubwürdigkeit erlangen Informationen jedoch erst dann, wenn die Geschäftsvorfälle „gemäß ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt und nicht allein gemäß der rechtlichen Gestaltung bilanziert und dargestellt werden“ (RK.35). Eine pauschale Ablehnung einer phasengleichen Dividendenvereinnahmung für nach IFRS aufgestellte Einzelabschlüsse (bzw. auch nicht vollkonsolidierte Konzernabschlüsse) würde konsequenterweise zu der Lesart einer rechtswidrigen Umsetzung des IAS 18.30(c) führen, da dieser den Anforderungen des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO widerspräche; dies ergibt sich – wie gesagt – daraus, dass der EuGH bereits in einer verbindlichen Rechtsprechung unter bestimmten Umständen dieselbe bejaht hat.885 Obwohl das Rahmenkonzept keiner rechtlichen Verbindlichkeit unterliegt und die wirtschaftliche Betrachtungsweise keine hervorgehobene Stellung im Normgefüge der IFRS einnimmt und damit insgesamt „regelungsunscharf“ ist,886 kann dennoch nur eine wirtschaftlich orientierte Betrachtungsweise dem Dilemma eine Grenze setzen: Einer phasengleichen Vereinnahmung als richtlinienkonforme Bilanzierungsmethode sind enge Grenzen gesetzt, da die gegebenen Voraussetzungen des Streitfalls887 einem „ganz spezifischen Zusammenhang“888 unterliegen. Geht man von diesen ganz spezifischen Bedingungen aus, kann unter Zugrundelegung einer wirtschaftlich orientierten Betrachtungsweise eine phasengleiche Dividendenvereinnahmung im Sinne des EuGHUrteils nach IFRS nicht ausgeschlossen werden. Diese gegenteilige Auslegung des klaren Wortlauts des IAS 18.30(c) im Sinne einer „teleologischen Reduktion“ führt dazu, dass dieser spezielle Fall aufgrund eines gemeinschaftsrechtlichen weit verstandenen Realisationsprinzips den Anwendungsbereich des 18.30(c) gemäß einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise beschränkt und dem Gebot eines European-True-and-fair-View-Gebots von beiden Seiten nachgekommen werden kann.
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Ähnlich, aber mit gleichem Ergebnis, Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models, Current Proposals and Practical Consequences, a. a. O., hier S. 72. NOBES stimmt mit dieser Konsequenz nicht überein, da es sich lediglich um einen ganz spezifischen Sonderfall handelt, der einem Endorsement nicht entgegen steht. Vgl. Nobes, Christopher: Revenue Recognition and EU Endorsement of IFRS, a. a. O., hier S. 83. Vgl. Wüstemann, Jens: Gewinnrealisierung, in: Wüstemann, Jens: Bilanzierung case by case, a. a. O., hier S. 70 (auch Zitat). Dem Sachverhalt liegen vier wesentliche Kriterien zugrunde: Es geht um eine Muttergesellschaft, die im Konzernverbund zu 100 v. H. an der Tochtergesellschaft beteiligt ist; beide Gesellschaften haben identische Geschäftsjahre und die Feststellung des Jahresabschlusses sowie der Gewinnverwendungsbeschluss der Tochter erfolgt vor dem Ende der Jahresabschlussprüfung der Muttergesellschaft. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 15.
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(bbbb) Ausstrahlungswirkung der IFRS auf die Bilanzrichtlinien Ein zweiter Aspekt ergibt sich hinsichtlich der normativen Reichweite der IFRS aus dem EuGH-Urteil „BIAO“ vom 7.1.2003,889 das erstmals die IFRS explizit im Urteil erwähnt. Zu hinterfragen ist, inwieweit die IFRS für die Auslegung zu Bilanzierungsfragen von nicht durch Art. 4 der IAS-VO erfassten Gesellschaften zu berücksichtigen sind. Diese Fragestellung beruht auf einer Vorlagefrage des FG Hamburg,890 das eine Ausstrahlungswirkung der IFRS bei der Auslegung nationalen Rechts (im Einzelabschluss) vermutet, wenn es feststellt, dass aufgrund der Rahmenregelungen der Jahresabschlussrichtlinie bei der Auslegung der Richtlinie die IFRS zu berücksichtigen sind891 und diese damit auch für das nationale Recht aufgrund der Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung ergänzend heranzuziehen sind.892 Erstmals bezieht der EuGH in seine Rechtsprechung hinsichtlich der Anwendung des Trueand-fair-View-Grundsatzes durch Beachtung der Einzelnormen auch die IAS in die Betrachtung mit ein,893 da sich „die nationalen Praktiken im Laufe der Jahre tendenziell immer stärker internationalen Rechnungslegungsstandards, den so genannten IAS, angleichen“894. Grundsätzlich mag bereits erstaunen, dass der EuGH für den vorgelegten Sachverhalt auf die IAS verweist, da zu diesem Zeitpunkt keine Rechtsgrundlage für deren Anwendung im Streitfall ersichtlich ist.895 Während De Weerth darin eine Zustimmung des EuGH zur Politik der Kommission zur Übernahme der IAS sieht,896 verweist Kessler kritisch auf die Vorlage des Finanzgerichts, das sich in seinem Vorabentscheidungsersuch auch – wenngleich zu Unrecht – an den IAS orientiert.897 Auch wird der Verweis auf die IAS hinsichtlich des Bilanzsteuerrechts kritisch betrachtet.898 Da den IAS erst mit Änderung der Bilanzrichtlinien zur Vereinbarkeit von beiden Regelwerken eine Bedeutung für die Konkretisierung des Gemeinschaftsrechts zukommt899 und diese mit ihrer Übernahme in 889 890 891 892 893 894 895
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Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O.. Vgl. FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 22. April 1999 II 23/97, a. a. O.. Vgl. FG Hamburg, Urteil vom 28. November 2003 III 1/01, in: EFG 2004, S. 746–756, hier S. 749. Vgl. FG Hamburg, Urteil vom 28. November 2003 III 1/01, a. a. O., hier S. 746 (erster Leitsatz). Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 77, 103 und 118. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 77. Vgl. Lohse, Christian: EWS-Kommentar zum EuGH-Urteil Rs. C-306/99 vom 7.1.2003, in: EWS, 14. Jg. (2003), S.129–130, hier S. 130. Vgl. De Weerth, Jan: Bilanzsteuerrecht und Europarecht: Anmerkungen zum BIAO-Urteil des EuGH, a. a. O., hier S. 461. Vgl. Kessler, Harald: Das Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg vom 22. April 1999 in Sachen Bilanzierung von Kreditrisiken: Paradebeispiel für einen misslungenen Vorlagebeschluss, in: IStR, 9. Jg. (2000), S. 531–542, hier S. 535. Vgl. Dziadkowski, Dieter: Der EuGH entscheidet zu deutschem Bilanzrecht, in: FR, 81. Jg. (1999), S. 1300– 1303, hier S. 1302; De Weerth, Jan: Bilanzsteuerrecht und Europarecht: Anmerkungen zum BIAO-Urteil des EuGH, a. a. O., hier S. 461. Vgl. Kessler, Harald: Das Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg vom 22. April 1999 in Sachen Bilanzierung von Kreditrisiken: Paradebeispiel für einen misslungenen Vorlagebeschluss, a. a. O., hier S. 537.
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europäisches Recht einer Auslegung durch den EuGH zugänglich werden,900 mag der Verweis auf die IAS durch den EuGH in der BIAO-Entscheidung allenfalls als Hinweis auf die zukünftige Gerichtsbarkeit der IFRS im Zuge eines veränderten europäischen Bilanzrechtsverständnisses gewertet werden. Zunächst ist übereinstimmend mit Hennrichs festzuhalten, dass die IFRS keine Einstrahlungswirkung auf die Auslegung der Bilanzrichtlinien im Zuge der Lückenfüllung haben, da dies zu einer Verfälschung des Charakters der Richtlinien führen würde und einer „Rechtsfortbildung contra legem“ entspräche.901 Eine IFRS-konforme Auslegung nationalen Bilanzrechts für den Einzelabschluss ist nicht grundsätzlich abzulehnen, unterliegt aber bestimmten Anforderungen: Der EuGH konstatiert, dass die Jahresabschlussrichtlinie lediglich Rahmenregelungen aufstellt und „[i]n Ermangelung solcher Detailregelungen […] diese Bewertung“ unter uneingeschränkter Beachtung der Grundsätze der Jahresabschlussrichtlinie „nach dem nationalen Recht vorzunehmen [ist]“. Internationale Rechnungslegungsstandards (IAS) sind „gegebenenfalls“ in dem Maße zu berücksichtigen „wie sie zur Zeit der im Ausgangsverfahren maßgebenden Vorgänge galten“.902 Eine (un)mittelbare Berücksichtigungspflicht der IFRS bei der Auslegung nationalen Rechts wird somit – entgegen der Auffassung des FG Hamburg – durch den EuGH nicht bejaht. Da kein europäischer Normbefehl existiert, der eine Berücksichtigung der IFRS bei der Auslegung nationalen Rechts vorsieht, kann der EuGH hierzu auch keine Stellung nehmen.903 Da die Auslegung nationalen Rechts den nationalen Gerichten obliegt, kann sich eine Berücksichtigung der IFRS (neben den zur Anwendung der IFRS verpflichteten Unternehmen) nur für die Fälle ergeben, in denen die Mitgliedstaaten von dem Wahlrecht des Art. 5 IAS-VO Gebrauch machen und den Anwendungsbereich der IFRS auf den Einzelabschluss bzw. auf den Konzernabschluss nicht kapitalmarktorientierter Gesellschaften ausdehnen und die IFRS somit zu nationalem Recht werden.904 Eine rückwirkende Einstrahlungswirkung, wie im Folgeurteil des FG Hamburg zur BIAO-Entscheidung, ist auch nicht möglich.905 Auch wenn der deutsche Gesetzgeber mit dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 21.05.2008 900
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Vgl. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 764; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, a. a. O., hier S. 48–50. Vgl. Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 784 (auch Zitat). EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 118 (beide Zitate). Vgl. Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 786. Vgl. Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 786. Dies bestätigt im Ergebnis auch das Revisionsurteil des BFH im Streitfall, wobei der BFH ergänzend noch hinzufügt, dass aufgrund der zeitlichen Dimension die IFRS im Streitfall überdies keine Anwendung finden konnten. Vgl. BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 5/04, in: DB, 58. Jg. (2005), S. 312–315, hier S. 312. Zustimmend und würdigend Dziadkowski, Dieter: Der Fall BIAO: „Ab welchem Zeitpunkt sind IAS anzuwenden?“, in: IStR, 13. Jg. (2004), S. 323–324.
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eine Annäherung an einen IFRS-Abschluss „unter Berücksichtigung der bereits bisher geltenden handelsrechtlichen Bilanzierungsprinzipien und -grundsätze“906 und Beibehaltung der handelsrechtlichen Jahresabschlussfunktion „als Grundlage der Gewinnausschüttung und seine Maßgeblichkeit für die steuerliche Gewinnermittlung“907 erreichen möchte, ermächtigt das die nationalen Gerichte nicht, eine „‘IFRS-konforme Rechtsfortbildung‘“908 vorzunehmen. Auch weiterhin muss die Auslegung von Bilanzierungsfragen am Maßstab des geltenden nationalen Rechts,909 d. h. unter Orientierung an einer teleologischen Auslegung gemäß dem Sinn und Zweck der GoB, vorgenommen werden. Dieser explizite Wille des deutschen Gesetzgebers, den Schutzzweck der Gewinnanspruchsermittlung durch ein gläubigerschützendes GoB-System, das einen vorsichtig ausschüttungsfähigen ermittelten Gewinn zu ermitteln sucht,910 beizubehalten und damit die IFRS als Grundlage einer Gewinnermittlung auszuschließen, wird zudem dadurch erneut bestätigt, dass das im Referentenentwurf geplante Wahlrecht zur Übernahme der IFRS in den Einzelabschluss nicht nur zum Zwecke der Informationsvermittlung (§ 264 e HGB BilMoG-RefE) im Regierungsentwurf ersatzlos gestrichen wurde.911 Dies muss bei der Auslegung nationalen Rechts beachtet werden.912 Gleichwohl können die IFRS in solchen Fällen „für die praktische Rechtsanwendung durchaus ‚Erkenntnisgewinn’ bringen“.913 d)
Implikation der Ausschüttungsbegrenzung bei der tatsächlichen Anwendung der IFRS im Einzelabschluss – Dilemma des europäischen Gläubigerschutzes
Die Verbindung von IFRS und Bilanzrichtlinien mittels des European true and fair view führt – wie bereits festgestellt – dazu, dass sie im Lichte dieser Richtlinien und bei Anwendung der IFRS im Einzelabschluss folglich unter dem Aspekt eines „Mindestgläubigerschutzes“ auszulegen sind.914 Eine Anwendung der IFRS im Einzelabschluss führt demnach auch zu einer Implikation der Ausschüttungsbemessung,915 die sich für 18 Mitgliedstaaten ergibt, da 906
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BMJ: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG), S. 71. BMJ: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG), S. 72. Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 787. Vgl. Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 787. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 3–4. Vgl. BMJ: Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG), S. 8. Ähnlich bereits zum BilReG vgl. Hennrichs, Joachim: Zur normativen Reichweite der IFRS – Zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des EuGH und des FG Hamburg in der Rechtssache „BIAO“, a. a. O., hier S. 786. Prinz, Ulrich: Eigenkapitalvernichtende Konsequenzen freiwilliger IAS/IFRS Bilanzierung bei deutschen Personengesellschaften, in: FR, 88. Jg. (2006), S. 566–572, hier S. 571. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 49 (Zitat im Original hervorgehoben). So schon Oestreicher, Andreas/Spengel, Christoph: Anwendung der IAS in der EU – Zukunft des Maßgeblichkeitsprinzips und Steuerbelastung, in: RIW, 47. Jg. (2001), S. 889–902, hier S. 892.
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diese eine Anwendung der IFRS im Rahmen des Einzelabschlusses verpflichtend bzw. wahlweise vorsehen.916 Dies ist grundsätzlich problematisch, da ein IFRS-Einzelabschluss als nicht unmittelbar geeignet zum Zwecke der Ausschüttungsbemessung und der bilanziellen Kapitalerhaltung qualifiziert wird.917 Das Schutzniveau eines Abschlusses konkretisiert sich anhand der Rechnungslegungsregelungen, mithin der Ansatz- und Bewertungsvorschriften, die der Gewinnermittlung zugrunde liegen.918 Der Zweck der Rechnungslegung im Normsystem der IFRS basiert auf dem Anspruch, entscheidungsnützliche Informationen zu vermitteln (RK.12). Eine Bilanzierung mit dem Ziel der Effektivvermögensapproximation zum Zweck einer bilanziellen Informationsvermittlung führt zu einer Aufweichung objektivierender Kriterien und einer Zurückdrängung des Vorsichts-919 respektive Realisationsprinzips, das nur realisierte Gewinne einer Ausschüttung zugänglich macht.920 Im Normsystem der IFRS wird diese Ausschüttungssperrfunktion der Bilanz zu Gunsten des Ziels der Marktinformation zurückgedrängt.921 Der Gewinn nach IFRS stellt demnach auch einen zentralen Informationsträger dar, der nicht in Form eines vorsichtig bemessenen, disponiblen und damit ausschüttungsfähigen Gewinns ermittelt wird.922 Eine vorsichtige und objektivierte Gewinnermittlung wird jedoch als wichtige Voraussetzung der bilanziellen Kapitalerhaltung und damit des Gläubigerschutzes erachtet.923 Ein solchermaßen ermittelter und damit entziehbarer Gewinn
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Bulgarien (Pflicht), Zypern (Pflicht), Tschechische Republik (Pflicht), Dänemark (Pflicht), Estland (Pflicht), Finnland (Wahlrecht), Griechenland (Pflicht), Irland (Wahlrecht), Italien (Pflicht), Lettland (Pflicht), Litauen (Pflicht), Malta (Pflicht), Niederlande (Wahlrecht), Polen (Wahlrecht), Portugal (Wahlrecht/Pflicht), Slowakei (Wahlrecht/Pflicht), Slowenien (Wahlrecht) und Großbritannien (Wahlrecht). Vgl. mit allen Details: „Umsetzung der in der IAS Verordnung eingeräumten Wahlrechte durch die Mitgliedstaaten“, Stand: 25.2.2008. Vgl. z. B. Euler, Roland: Paradigmenwechsel im handelsrechtlichen Einzelabschluss: Von den GoB zu den IAS?, a. a. O., hier S. 880; Kahle, Holger: Bilanzieller Gläubigerschutz und internationale Rechnungslegungsstandards, a. a. O., hier S. 706–707. Vgl. Merkt, Hanno: Der Kapitalschutz in Europa – ein rocher de bronze?, a. a. O., hier S. 318. Vgl. Moxter, Adolf: Besitzen IAS-konforme Jahres- und Konzernabschlüsse im Hinblick auf die Unternehmens- und Konzernbesteuerung Vorteile gegenüber den Rechnungslegungstraditionen im EWR?, a. a. O., hier S. 500. Vgl. Euler, Roland: Paradigmenwechsel im handelsrechtlichen Einzelabschluss: Von den GoB zu den IAS?, a. a. O., hier S. 879–880; BALLWIESER geht davon aus, dass die bilanzielle Kapitalerhaltung unabhängig von der Art der Gewinnermittlung ist, da sich diese durch „Nichtausschüttung von gezeichnetem Kapital […] und durch Gesetz oder Satzung ausschüttungsgesperrte[r] Rücklagen“ manifestiert. Ballwieser, Wolfgang: Gläubigerschutz durch bilanzielle Kapitalerhaltung, in: DK, 5. Jg. (2007), S. 419–421, hier S. 419. Vgl. für das (analog zu sehende) US-amerikanische Bilanzrecht sprechend Kübler, Friedrich: Vorsichtsprinzip versus Kapitalmarktfunktion – Bilanzprobleme aus der Perspektive der Gesellschaftsrechtsvergleichung –, in: FS Budde, S. 361–375, hier S. 363–365. Zur Ausschüttungssperrfunktion der Bilanz vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Band I: Einführung in die Bilanztheorie, 3. vollst. umgearb. Aufl., Wiesbaden 1983, S. 3. Dies beruht darauf, dass im Normgefüge der IFRS – bspw. im Rahmen der Langfristfertigung gemäß IAS 11 „Fertigungsaufträge“ oder der Fair-Value-Bewertung nach IAS 40 „Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien“ – auch unrealisierte Gewinne ausgewiesen werden. Vgl. auch Velte, Patrick/Köster, Max: Bilanzielle Kapitalerhaltung in der EU vor einer Neuausrichtung?, in: Der Schweizer Treuhänder, 82. Jg. (2008), S. 444–448, hier S. 445. Beisse, Heinrich: Gläubigerschutz – Grundprinzip des deutschen Bilanzrechts, in: FS Beusch, S. 77–97, hier S. 82–85; m. w. N. auch Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: Internationale Gläubigerschutzkonzeptionen, a. a. O., hier S. 16.
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mag zwar den Liquiditätsaspekt sowie auch die Risikolage des Unternehmens nicht widerspiegeln, gleichwohl entspricht dieser den Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.924 Ein Abschluss nach IFRS ist in seiner Grundkonzeption daher nicht für Zwecke der Kapitalerhaltung, bilanziellen Gläubigerschutz oder Ausschüttungsbemessung geeignet.925 Entscheidend hinsichtlich einer der Mindestgläubigerschutzkonzeption der Kapitalrichtlinie entsprechenden Ausschüttungsgröße bei Anwendung der IFRS im Einzelabschluss ist daher die Forderung einer „Neuregelung des gesetzlichen Systems des Gläubigerschutzes durch Kapitalerhaltung“ zum Zwecke gesellschaftsrechtlicher Schutzmechanismen.926 Reformüberlegungen927 des europäischen Kapitalschutzsystems führen unter anderem928 dazu, einen alternativen Solvenztest929 (ergänzend) einzuführen,930 um die Defizite eines IFRS-Einzelabschlusses zum Zwecke eines Gläubigerschutzes zu beheben. Durch diesen soll gewährleistet werden, dass eine Ausschüttung nur unter der Restriktion vorgenommen werden kann, dass das Unternehmen danach zahlungsfähig bleibt, um die Forderungen der Gläubiger erfüllen zu können.931 Da der Solvenztest932 einem vereinfachten Finanzplan entspricht, der mittels „Prognose von zukünftigen Zahlungsströmen und ihrer zugrunde liegenden Wahrscheinlich-
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Vgl. Moxter, Adolf: Entziehbarer Gewinn?, in: FS Clemm, S. 231–241, hier S. 239–240. Vgl. Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft: Zur Fortentwicklung des deutschen Bilanzrechts, in: BB, 57. Jg. (2002), S. 2372–2381, hier S. 2373. Vgl. Naumann, Peter: Fortentwicklung der handelsrechtlichen Rechnungslegung und Konsequenzen für die Kapitalerhaltung, in: DK, 5. Jg. (2007), S. 422–427, hier S. 424 (auch Zitat). Diese wurden im Aktionsplan zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts aufgenommen. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan, KOM (2003) 284 endg. v. 21.5.2003, S. 20–21. Für eine Übersicht der vorgeschlagenen Alternativen (Rickford-Vorschlag/Lutter-Vorschlag/DutchVorschlag/High Level Group) vgl. Stellungnahme der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen der EU-Kommission: Results of the external study on the feasibility of an alternative tot he Capital Maintenance Regime of the Second Company Law Directive and the impact of the adoption of IFRS on profit distribution, S. 5. Zur Funktion, Anforderungen, Ausgestaltung und Würdigung eines Solvenztests als Gläubigerschutzinstrument vgl. Pellens, Bernhard/Sellhorn, Thorsten: Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes, a. a. O., hier S. 471–484. Vgl. Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, Brüssel 2002, S. 94–97. Vgl. grundlegend zu den Reformüberlegungen bzgl. eines Solvenztests Rickford, Jonathan: Reforming Capital, in: Eur. Bus. Law Rev., Vol. 15 (2004), S. 919–1027. Zu weiteren Schutzkonzeptionen, ihrer Einordnung und Würdigung vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: Internationale Gläubigerschutzkonzeptionen, a. a. O., hier S. 15–18; ferner Velte, Patrick/Köster, Max: Bilanzielle Kapitalerhaltung in der EU vor einer Neuausrichtung?, a. a. O., hier S. 445–446. Zu Solvenztests im US-amerikanischen Recht vgl. Pellens, Bernhard/Jödicke, Dirk/Richard, Marc: Solvenztests als Alternative zur bilanziellen Kapitalerhaltung?, in: DB, 58. Jg. (2005), S. 1393–1401, hier S. 1395–1397. Zu Kapitalerhaltungskonzeptionen nach USamerikanischem Gesellschaftsrecht vgl. ausführlich Booth, Richard: Capital Requirements in United States Corporation Law, in: Kapital Aktiengesellschaft in Europa, S. 717–742; Wüstemann, Jens: US-GAAP: Modell für das deutsche Bilanzrecht?, in: WPg, 49. Jg. (1996), S. 421–431, hier S. 427; Kahle, Holger: Bilanzieller Gläubigershcutz und internationale Rechnungslegungsstandards, a. a. O., hier S. 697–699. Vgl. Bericht der Hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa, Brüssel 2002, S. 94–95. Vgl. zu den Anforderungen eines Solvenztests zum Zwecke der Ausschüttungsbemessung Pellens, Bernhard/Jödicke, Dirk/Richard, Marc: Solvenztests als Alternative zur bilanziellen Kapitalerhaltung?, a. a. O., hier S. 1398.
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keitsverteilung“933 zu einem Ergebnis führt, das zudem aufgrund des begrenzten Prognosezeitraums nur eine eingeschränkte liquiditätsorientierte Betrachtung kurzfristiger Werte erfasst,934 werden einerseits die sich ergebenden Ermessensspielräume bei der Ermittlung kritisiert,935 andererseits die Verlässlichkeit und Nachprüfbarkeit in Frage gestellt.936 Ebenso zeigen Wüstemann /Bischof/ Kierzek auf, dass ein solvenztestbasiertes Gläubigerschutzsystem aufgrund der mangelnden Rechtssicherheit und des geringen Objektivierungsgrades letztlich das bestehende Schutzniveau des bilanziellen Gläubigerschutzes nicht übersteigt.937 Ein Solvenztest kann damit höchstens flankierend zum bilanziellen Kapitalschutz als Instrument des Gläubigerschutzes eingesetzt werden.938 Im Zuge der Reformüberlegungen des europäischen Kapitalschutzsystems und (wohl) aufgrund der Wahlrechtsoption des Art. 5 der IAS-VO sah sich die Europäische Kommission veranlasst, eine Studie hinsichtlich alternativer Kapitalerhaltungssysteme und der Folgen einer Ausschüttungsbemessung auf Basis der IFRS in Auftrag zu geben.939 Die wesentlichen Ergebnisse dieser Studie zeigen auf, dass zunächst der Kostenpunkt der vorgeschlagenen Alternativen keine entscheidende Rolle bei der Wahl eines Kapitalerhaltungssystems spielt.940 Hinsichtlich der IFRS als Ausschüttungsbemessungsgrundlage zeigt sich, dass 18 Mitgliedstaaten die IFRS verpflichtend oder auf freiwilliger Basis bereits als Grundlage des Einzelabschlusses verwenden und der Bestimmung von Ausschüttungsbemessungen zugrunde legen, wobei lediglich acht dieser 18 Staaten den Gewinn der IFRS-Einzelabschlüsse für eine Ausschüttungsbemessung anpassen.941 Einer Anpassung des Gewinns zur Ausschüttungsbemessung liegt indes der Gedanke zugrunde, dass ein – durch eine im Verhältnis zu den
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Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: Internationale Gläubigerschutzkonzeptionen, a. a. O., hier S. 17. Vgl. Naumann, Peter: Fortentwicklung der handelsrechtlichen Rechnungslegung und Konsequenzen für die Kapitalerhaltung, a. a. O., hier S. 425. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: Internationale Gläubigerschutzkonzeptionen, a. a. O., hier S. 17; ebenso Arbeitskreis Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft: Zur Fortentwicklung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., hier S. 2375. Vgl. Pellens, Bernhard/Sellhorn, Thorsten: Zukunft des bilanziellen Kapitalschutzes, a. a. O., hier S. 472. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: Internationale Gläubigerschutzkonzeptionen, a. a. O., hier S. 17–18; Ekkenga, Jens: Einzelabschlüsse nach IFRS – Ende der aktien- und GmbH-rechtlichen Kapitalerhaltung?, in: AG, 51. Jg. (2006), S. 389–397, S. 390. Vgl. Naumann, Peter: Fortentwicklung der handelsrechtlichen Rechnungslegung und Konsequenzen für die Kapitalerhaltung, a. a. O., hier S. 425; Pellens, Bernhard/Jödicke, Dirk/Schmidt, André: Reformbestrebungen zum Gläubigerschutz, in: DK, 5. Jg. (2007), S. 427–435, hier S. 433–434. Dies entspricht den Vorschlägen des IDW und auch der sog. Lutter-Arbeitsgruppe. Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): Vorschläge des IDW zur Neukonzeption der Kapitalerhaltung und zur Ausschüttungsbemessung, Presseinformation 8/06 vom 11.9.2006; Lutter, Marcus: Das (feste Grund-)Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, in: Kapital Aktiengesellschaft Europa, S. 1–14, hier S. 11. A. A. hinsichtlich eines zusätzlich notwendigen Solvenztests und die Reformvorschläge des IDW und der Lutter-Arbeitsgruppe würdigend Böcking, Hans-Joachim/Dutzi, Andreas: Zur Notwendigkeit eines zusätzlichen Solvenztests, in DK, 5. Jg. (2007), S. 435–441, hier S. 439–441. Vgl. KPMG Feasibility Study in Capital Maintenance. Vgl. KPMG Feasibility Study in Capital Maintenance, S. 1. Diese sind: Dänemark, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Malta, Niederlande und Polen. Vgl. KPMG Feasibility Study in Capital Maintenance, S. 319–320.
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Bilanzrichtlinien unvorsichtigere Bewertung der IFRS bedingter – höherer Gewinn bereinigt werden kann, indem bestimmte Gewinnbestandteile für eine Ausschüttung durch Ausschüttungssperren eliminiert werden.942 Damit wird ein am Vorsichtsprinzip orientierter, ausschüttungsfähiger, dem Zweck des Kapitalschutzes entsprechender Gewinn943 – i. S. von realisierten Gewinnen –944 ermittelt.945 Diese Vorgehensweise erfolgt in den betreffenden Mitgliedstaaten jedoch auf unterschiedliche Art und Weise,946 so dass im Ergebnis eine unterschiedlich bereinigte Ausschüttungsgröße maßgeblich ist. Hinsichtlich der verbleibenden 10 Staaten muss davon ausgegangen werden, dass diese den IFRS die Fähigkeit zusprechen, der „traditionelle[n] gesellschaftsrechtliche[n] Funktion der Rechnungslegung, nämlich d[er] Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns“947 nachkommen zu können. In Anbetracht der Tatsache, dass mit Ausnahme von Irland und den Niederlanden alle europäischen Mitgliedstaaten eine mehr oder weniger starke Verknüpfung von Handels- und Steuerbilanz aufweisen,948 mag das Ergebnis der Studie einerseits erstaunen andererseits die Untauglichkeit der IFRS für Zwecke der Gewinnermittlung bestätigen, auch da gerade die beiden Länder, die keine Form der Maßgeblichkeit kennen und die IFRS (wahlweise) im Einzelabschluss anwenden eine Anpassung an die Gewinngröße vornehmen.949 Die Ergebnisse der Studie führten zu der Entscheidung der EU-Kommission, zunächst keine Änderungen hinsichtlich der Kapitalrichtlinie vorzunehmen. Das bestehende System der bilanziellen Kapitalerhaltung kann nach Ansicht der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen um nationale Regelungen ergänzt werden.950 Folglich wird die „detaillierte Ausgestaltung von
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Vgl. zu einer kritischen Diskussion hinsichtlich der ergänzenden Instrumente Ausschüttungssperren oder Solvenztest Pellens, Bernhard/Kemper, Thomas/Schmidt, André: Geplante Reformen im Recht der GmbH: Konsequenzen für den Gläubigerschutz, a. a. O., hier S. 423–428. Vgl. Schön, Wolfgang: Wer schützt den Kapitalschutz, in: ZHR, 166. Jg. (2002), S. 1–5, hier S. 3. Ein zweckadäquater Kapitalschutz basiert auf einer vorsichtigen Gewinnermittlung, wie es auch der gesellschaftsrechtlichen Grundlage der Jahresabschlussrichtlinie und deren Forderung, das Vorsichtsprinzip zwingend zu beachten (Art. 31 Abs. 1 lit. c) JaR), entspricht. Hieraus resultiert auch das Realisationsprinzip, nach dem „nur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne“ zu berücksichtigen sind (Art. 31 Abs. 1 lit. c) Doppelbst. aa) JaR). Vgl. z. B. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: Internationale Gläubigerschutzkonzeptionen, a. a. O., hier S. 16; Hoffmann, Wolf-Dieter/Lüdenbach, Norbert: Bilanzrechtsreformgesetz – seine Bedeutung für den Einzel- und Konzernabschluss der GmbH, in: GmbHR, 95. Jg. (2004), S. 145–150, hier S. 146. Während bspw. das englische Gesellschaftsrecht den ausschüttungsfähigen Betrag auf einen realisierten Gewinn begrenzt und die britische Wirtschaftsprüferkammer in sog. Technical Releases Leitlinien hinsichtlich eines ausschüttungsfähigen – i. S. v. realisierten – Gewinns (distributable profit) aufstellen, finden sich im griechischen Gesellschaftsrecht keine Bestimmungen hinsichtlich einer Modifizierung des bilanziell ermittelten Gewinns. Grundsätzlich gelten nach griechischen GAAP aber nicht realisierte Gewinne als nicht ausschüttungsfähig, so dass ein nach IFRS ermittelter Gewinn zu Abweichungen führt; eine Modifizierung ist indes nicht bindend, so dass quasi ein Wahlrecht besteht. Vgl. KPMG Feasibility Study in Capital Maintenance, S. 319–322. Gelter, Martin: Kapitalerhaltung und internationale Rechnungslegung, in: GesRZ, 33. Jg. (2004), S. 177– 188, hier S. 177. Vgl. mit einer Übersicht Spengel, Christoph/Malke, Christiane: Die Besteuerung von Unternehmen in der Europäischen Union, DSWR, 35. Jg. (2006), S. 19–24, hier S. 20–21. Vgl. Vgl. KPMG Feasibility Study in Capital Maintenance, S. 319–320 Vgl. Stellungnahme der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen der EU-Kommission: Results of the external study on the feasibility of an alternative to the Capital Maintenance Regime of the Second
131
auf der bilanziellen Kapitalerhaltung aufbauenden Gläubigerschutzsystemen innerhalb Europas künftig eine nationale Frage [darstellen]“951. e)
Enforcementmechanismen zur Durchsetzung einer einheitlichen Anwendung der IFRS in Europa
Die Vielzahl der eine einheitliche Anwendung der IFRS gefährdenden Aspekte und damit die Gefährdung des Harmonisierungsziels führt zu dem Erfordernis, eine harmonisierte Normdurchsetzung zu erreichen, die eine einheitliche Normanwendung überwacht. Das Ideal eines einzigen Enforcementsystems zur Durchsetzung einer einheitlichen Anwendung der IFRS952 wird derzeit, bspw. aufgrund weitreichender Unterschiede in den Rechts- oder CorporateGovernance-Strukturen,953 als nicht praktikabel erachtet,954 so dass der europäische Normgeber die Durchsetzung der IFRS im Rahmen der IAS-Verordnung an die Mitgliedstaaten delegiert. Diese werden angehalten, „[a]ngemessene und strenge Durchsetzungsregelungen“ zu schaffen, „um das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte zu stärken“ (Erwägungsgrund 16 der IAS-VO).955 Die Gewährleistung eines gemeinsamen Konzepts zur Normdurchsetzung obliegt dem hierfür eingerichteten Ausschuss der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (Committee of European Securities Regulators – CESR).956 Der CESR verfolgt das Ziel, die Investoren zu schützen sowie das Vertrauen in die Märkte „by contributing to the transparency of financial information relevant to the investors‘ decision making process“957 zu stärken.958 Ein effektives Enforcement erfordert hierfür sowohl die Überwachung der Übereinstimmung der im Abschluss enthaltenen Finanzinformationen mit den IFRS als auch das Ergreifen angemessener Maßnahmen im Fall von Verstößen, die im
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Company Law Directive and the impact of the adoption of IFRS on profit distribution, S. 2. Pellens, Bernhard/Kemper, Thomas/Schmidt, André: Geplante Reformen im Recht der GmbH: Konsequenzen für den Gläubigerschutz, a. a. O., hier S. 422. So z. B. Arbeitskreis „Externe Unternehmensrechnung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft (AKEU): Enforcement der Rechnungslegung, in: DB, 55. Jg. (2002), S. 2173–2176, hier S. 2174. Vgl. CESR: Standard No. 1 on Financial Information – Enforcement of Standards on Financial Information in Europe, Paris 2003, S. 5; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 18; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Transnational Legalization of Accounting – The Case of International Financial Reporting Standards, hier S. 45. So auch Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on Enforcement of IFRS within Europe, Brüssel 2002, S. 41. So auch die Zielsetzung der CESR. Vgl. CESR, Standard No. 1, S. 3–4. Die Gründung des beratenden Ausschusses „Committee of European Securities Regulator“ (CESR) erfolgte auf den Beschluss der Kommission vom 6. Juni 2001 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (2001/527/EG), in: ABl., Nr. L 191 vom 13.7.2001, S. 43–44. Im vierstufigen Lamfalussy-Verfahren nimmt der CESR die dritte Stufe der Normdurchsetzung ein. Vgl. ausführlich unter Würdigung aus europarechtlicher Sicht Möllers, Thomas: Europäische Methoden- und Gesetzgebungslehre im Kapitalmarktrecht – Vollharmonisierung, Generalklauseln und soft law im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens als Mittel zur Etablierung von Standards, a. a. O., passim. CESR: Standard No. 1 on Financial Information – Enforcement of Standards on Financial Information in Europe, a. a. O., Principle 1, S. 4. Zu einer frühen Untersuchung hinsichtlich der Wirkung von Enforcementaktivitäten des FRRP auf den Kapitalmarkt vgl. Böcken, Hanne: An Investigation into the Capital Market Reaction on Accounting Standards Enforcement, Working Paper Series: Finance, No. 17, Johann Wolfgnag Goethe-Universität Frankfurt a. M., Juli 1998.
132
Rahmen des Enforcementprozesses aufgedeckt werden.959 Die notwendigen Bestandteile der Durchsetzungsinfrastruktur identifiziert die Kommission bereits bei ihrer Hinwendung zur neuen Rechnungslegungsstrategie: So spielt nicht nur eine „Anleitung zur Implementierung der (anerkannten) IAS“ eine wichtige Rolle im Rahmen des bereitzustellenden Enforcementsystems, sondern auch eine harmonisierte Abschlussprüfung sowie eine „koordinierte Aufsicht durch die Regulierungsbehörden“.960 Eine effektive Durchsetzung der IFRS beruht daher auf mehreren Säulen. Um eine vergleichbare Anwendung der IFRS zu gewährleisten, muss eine einheitliche Auslegung der IFRS gewährleistet sein.961 Daher kommt den Auslegungsinstanzen der IFRS, d. h. neben der Gerichtsbarkeit auch dem IFRIC,962 eine wichtige Rolle im Rahmen der Normdurchsetzung zu. Gegen eine wirksame Normdurchsetzung spricht allerdings, dass die Interpretation der IFRS mehreren Auslegungsinstanzen obliegt, die eine weltweit einheitliche Interpretation erschweren.963 Dies geht mit dem Problem des bisher ungeklärten Verhältnisses von EuGH und IFRIC, d. h. möglicher Konflikte zwischen EuGH-Entscheidungen und nachträglich in europäisches Recht übernommenen Interpretationen des IFRIC,964 einher. Ebenso können sich durch die Auslegungskompetenz des EuGH etwa Konflikte zwischen EuGH-Urteilen und Durchsetzungsentscheidungen der nationalen Überwachungsinstanzen ergeben.965 Gegen eine einheitliche Interpretation der IFRS sprechen aber auch die dezentralisierten Enforcementkompetenzen der Mitgliedstaaten, die – auch wenn sie angehalten werden, keine parallelen
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Vgl. CESR: Standard No. 1 on Financial Information – Enforcement of Standards on Financial Information in Europe, a. a. O., Principle 2, S. 4; Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on Enforcement of IFRS within Europe, a. a. O., S. 29–30. Zur unterschiedlichen Definitionen des Terminus „Enforcement” vgl. Böcking, Hans-Joachim: Audit und Enforcement: Entwicklungen und Probleme, in: zfbf, 55. Jg. (2003), S. 683–706, hier S. 692. HULLE knüpft ein wirksames Enforcement auch an die Notwendigkeit wirksamer Sanktionen. Vgl. Hulle, Karel van: Anforderungen an ein wirksames Enforcement aus Sicht der EU, in: WPg, Sonderheft 2001, Reformbedarf in der deutschen Corporate Governance im globalen Wettbewerb, 54. Jg. (2001), S. S 30—S 34, hier S. S 33. Hierbei muss indes beachtet werden, dass auch die Sanktionen einzelstaatlich bestimmt werden. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Rechnungslegungsstrategie der EU: Künftiges Vorgehen, KOM (2000) 359 endg., a. a. O., S. 2 (auch beide Zitate); ferner Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 17. Vgl. Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on Enforcement of IFRS within Europe, a. a. O., S. 49. Ein wirksames Enforcement erfordert gleichzeitig eine Auslegung unklarer Rechnungslegungsnormen durch die Enforcementstellen. Vgl. Scheffler, Eberhard: Auslegungs- und Ermessensfragen beim Enforcement, in: BB, 61. Jg. (2006), Beilage 5 zu Heft 17/2006, S. 2–8, hier S. 3. Vgl. oben, Gliederungspunkt B.III.3.c)bb) dieses Kapitels. Vgl. Fédération des Experts Comptables Européens (FEE): Discussion Paper on Enforcement of IFRS within Europe, a. a. O., S. 49. Ob die Auslegungskompetenz des EuGH eine praktische Beschränkung durch nachträglich in EU-Recht übernommene IFRIC erfährt, ist in der Literatur umstritten. Vgl. bejahend z. B. Kirchner, Christian: Zur Interpretation von internationalen Rechnungslegungsstandards: das Problem ‚hybrider Rechtsfortbildung‘, a. a. O., hier S. 213–214; Asche, Michael: Europäisches Bilanzrecht und nationales Gesellschaftsrecht, Berlin 2007, S. 198. A. A. Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung der IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 765. Vgl. m. w . N. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 21.
133
Interpretationen zu den IFRS-Regelungen zu entwickeln966 – zu widersprüchlichen Durchsetzungsentscheidungen hinsichtlich nachträglich entwickelter Interpretationen des IFRIC führen können.967 Eine dezentrale Normdurchsetzung der IFRS mittels Anlegerklagen (private action), wie sie in den USA als notwendige und wirksame Ergänzung zu der SEC-Normdurchsetzung gesehen wird,968 spielt hingegen im europäischen Rechtsraum derzeit keine wesentliche Rolle.969 Ein wichtiger Schritt zu einem wirksamen Enforcement wurde durch die Harmonisierung der gesetzlichen Abschlussprüfung mit der Verabschiedung der Abschlussprüfungsrichtlinie 2006/43/EG gemacht. Sie sieht vor, durch die Übernahme von International Standards on Auditing (ISA) eine EU-weite „gleich bleibend hohe Qualität“970 der gesetzlichen Abschlussprüfung zu gewährleisten; sie bildet den Maßstab einer „international verständliche[n] und vertrauensbildende[n] Abschlussprüfung“971. Die angestrebte Qualitätserhöhung sowie Harmonisierung der Abschlussprüfung durch Übernahme der ISA in europäisches Recht wird hingegen von Wüstemann/Kierzek aufgrund der nationalen Möglichkeiten, von den ISAs abzuweichen, stark bezweifelt.972 Da die Enforcementkompetenzen auf die Mitgliedstaaten übertragen wurden, kommt der CESR, neben einer beratenden Funktion, die Aufgabe der Koordination der nationalen Durchsetzungsmechanismen, aber auch die Abstimmung mit anderen Durchsetzungsinstanzen – wie der SEC973 –, zu.974 Der Erfüllung der Zielsetzung dienen zwei unverbindliche Standards der CESR. CESR Standard No. 1 legt hierbei die Definition und Durchführung der Normdurchsetzung fest.975 Da in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich organisierte Prüfstellen existieren, fordert der CESR eine Übereinstimmung der nationalen Regelungen mit den von ihnen entwickelten Standards.976 CESR Standard No. 2 widmet sich der Koordination der Durchsetzungsmaßnahmen der Institutionen,977 mit dem Ziel ein möglichst 966
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Vgl. CESR: Standard No. 1 on Financial Information – Enforcement of Standards on Financial Information in Europe, a. a. O., Principle 20, S. 10. Vgl. zur Problematik vertiefend Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 19. Vgl. Wüstemann, Jens: Normdurchsetzung in der deutschen Rechnungslegung – Enforcement nach dem Vorbild der USA?, a. a. O., hier S. 723. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 22. Erwägungsgrund 13 der Abschlussprüfungsrichtlinie. Hillmer, Hans-Jürgen: Perspektiven der Unternehmensberichterstattung in Europa, in: KoR, 7. Jg. (2007), S. 633–637, hier S. 637. Vgl. m. w. N. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 18. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 20. Vgl. Erwägungsgrund 8 und 9 des Beschlusses der Kommission vom 6. Juni 2001 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (2001/527/EG), a. a. O., S. 43. Vgl. zum CESR Standard No. 1 unter Einbezug der deutschen Umsetzung Knorr, Liesel: Gewährleistung der Einhaltung internationaler Rechnungslegungsstandards, in: KoR, 4. Jg. (2004), S. 85–89. Vgl. CESR: Standard No. 1 on Financial Information – Enforcement of Standards on Financial Information in Europe, a. a. O., Principle 5 und S. 5. Vgl. CESR: CESR Standard No. 2 – Coordination of Enforcement Activities, Paris 2004.
134
einheitliches Enforcementergebnis zu erhalten. Einen wichtigen Bestandteil der zu koordinierenden Maßnahmen bildet die auf Empfehlung dieses Standards eingerichtete EnforcerDatenbank, die alle wichtigen Enforcemententscheidungen aufnimmt und als Referenzquelle zur Verfügung stellt,978 sowie die damit in Verbindung stehende Einrichtung der European Enforcers Coordination Sessions (EECS), bei denen nationale Durchsetzungsentscheidungen diskutiert werden können.979 Mithilfe dieser Datenbank sollen die nationalen Enforcementinstitutionen ihre Entscheidungen aufeinander abstimmen können.980 Da dem CESR nur eine koordinierende Funktion zukommt, obliegt letztlich den Mitgliedstaaten die Ausgestaltung des jeweiligen Enforcementsystems, so dass die Standards nur Rahmenbedingungen formulieren können.981 Zusätzlich zur Problematik einer dezentralen Normdurchsetzung mittels einer Kontrollinstanz, deren Standards keine rechtliche Verbindlichkeit aufweisen, ist die völlig unterschiedliche Ausgestaltung der nationalen Normdurchsetzung982 zur Verwirklichung eines effektiven Enforcement der IFRS kritisch zu sehen. Diese unterscheidet sich bspw. bereits in der Organisationsform der nationalen Enforcementstellen,983 im Gegenstand984 und im Umfang der Prüfung,985 im Prüfungsanlass,986 in der
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Vgl. CESR: CESR Standard No. 2 – Coordination of Enforcement Activities, a. a. O., S. 4–5; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 18. Bis Juni 2008 wurden 136 Entscheidungen in die Datenbank aufgenommen. Vgl. CESR: Half-Yearly Report 2008, CESR/08-678, S. 13. Vgl. CESR: CESR Standard No. 2 – Coordination of Enforcement Activities, a. a. O., Principle 4, S. 5. So wurden bspw. im ersten Halbjahr 2007 fünf Meetings abgehalten, bei denen 18 Entscheidungen und 14 aufkommende Belange diskutiert wurden. Vgl. CESR: Half-yearly report on the activities of the Committee of European Securities Regulators to the European Commission, the European Parliament, the European Securities Committee, CESR/07-671, Januar 2008, S. 13. Vgl. Wolf, Klaus: Entwicklungen im Enforcement unter Berücksichtigung des Referentenentwurfs für ein Bilanzkontrollgesetz (BilKoG), in: DStR, 42. Jg. (2004), S. 244–248, hier S. 246. Vgl. Wolf, Klaus: Entwicklungen im Enforcement unter Berücksichtigung des Referentenentwurfs für ein Bilanzkontrollgesetz (BilKoG), a. a. O., hier S. 246. Vgl. z. B. Brown, Philipp/Tarca, Ann: A Commentary on Issues Relating to the Enforcement of International Financial Reporting Standards in the EU, in: EAR, Vol. 14 (2005), S. 181–212; Lohwasser, Ekatarina: Ein Beitrag zur Effizienz der Kapitalmärkte durch Enforcement von IFRS – Notwendigkeit, Herausforderung, Empfehlungen, Dissertation Nr. 3234 der Universität St. Gallen, Lohmar-Köln 2006, S. 122–193. Vgl. Böcking, Hans-Joachim: Audit und Enforcement: Entwicklungen und Probleme, in: zfbf, 55. Jg. (2003), S. 683–706, hier S. 695–696. In Deutschland wurde ein zweistufiges Verfahren eingerichtet, bei dem auf der ersten Stufe das private Gremium der DPR und auf der zweiten Stufe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) tätig wird. Vgl. Gelhausen, Hans Friedrich/Hönsch, Henning: Das neue Enforcement-Verfahren für Jahres- und Konzernabschlüsse – Durchsetzung fehlerfreier Rechnungslegung durch die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in: AG, 50. Jg. (2005), S. 511–529, hier S. 511; ferner unter Berücksichtigung der Bedeutung des Enforcement für den Abschlussprüfer Haller, Peter/Bernais, Nina: Enforcement und BilKoG, Berlin 2005, S. 43–70; Kämpfer, Georg: Enforcementverfahren und Abschlussprüfer, in. BB: 60. Jg. (2005), Beilage 3 zu Heft 20, S. 13–16. In Frankreich ist eine staatliche Regulierungsbehörde (Autorité des Marchés Financiers AMF) mit dem Enforcement beauftragt. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 19–20; für Frankreich, Italien, Österreich vgl. z. B. Niederhuemer, Silvia/Niedermayr, Thomas: Enforcement – Überwachung der Rechnungslegungsstandards im europäischen Vergleich, in: Internationale und nationale Rechnungslegung am Wendepunkt, hrsg. von Helge Löffler und Roman Rohatschek, Wien 2007, S. 299– 323, hier S. 306–315. Vgl. für Großbritannien z. B. Fabian, Jakob; Enforcement von Rechnungslegung, Saarbrücken 2006, S. 64, vertiefend zum FRRP im Vergleich zum deutschen System S. 61–81. Vgl. für Deutschland § 342b Abs. 2 HGB.
135
Ausgestaltung der Kompetenzen der Enforcementinstitutionen987 oder etwa im Rahmen der Möglichkeiten bei der Fehlerfeststellung.988 Ob daher die Einhaltung der unverbindlichen Standards des CESR ausreichend ist, um vergleichbare und gleichwertige Ergebnisse innerhalb der national unterschiedlichen Enforcementsysteme zu erzielen, bleibt fraglich, auch da die unterschiedlichen europäischen Rechtssysteme zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der „Beurteilung des Einklangs von gewählten Bilanzierungspraktiken mit den IFRS“ führen können.989
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Während bspw. in Deutschland und Frankreich die Prüfung auf kapitalmarktorientierte Unternehmen beschränkt werden, können in Großbritannien alle großen Unternehmen einer Prüfung unterzogen werden. Zimmermann, Jochen: Beurteilungskriterien für enforcement-Modelle – Eine Analyse und Darstellung anhand des britischen Financial Reporting Review Panels, in: StuB, 5. Jg. (2003), S. 353–360, hier S. 354. Während in Deutschland bspw. auch eine Stichprobenprüfung durch die DPR vorgesehen ist, nimmt die englische Enforcementinstitution (FRRP) unter anderen eine Prüfung auf Basis ihres eigenen Risikomodells vor. Zum deutschen System vgl. z. B. Gelhausen, Hans Friedrich/Hönsch, Henning: Das neue EnforcementVerfahren für Jahres- und Konzernabschlüsse – Durchsetzung fehlerfreier Rechnungslegung durch die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, in: AG, 50. Jg. (2005), S. 511–529, hier S. 516; Gelhausen, Hans Friedrich/Hönsch, Henning: Rechtsschutz im Enforcement-Verfahren, in: AG, 52. Jg. (2007), S. 308–320, hier S. 308. Vgl. für Großbritannien Financial Reporting Review Panel (FRRP): How the FRRP works, abrufbar unter: http://www.frc.org.uk/frrp/how/, letzter Abruf 11.12.2008; Lohwasser, Ekatarina: Ein Beitrag zur Effizienz der Kapitalmärkte durch Enforcement von IFRS – Notwendigkeit, Herausforderung, Empfehlungen, Dissertation Nr. 3234 der Universität St. Gallen, a. a. O., S. 154–158. Aufgrund ihrer privatrechtlichen Organisationsstruktur ist die DPR bei ihrer Prüfung auf die Mitarbeit der Unternehmen angewiesen und besitzt keine Ermittlungsrechte. Die BaFin kann hingegen mittels hoheitlicher Befugnisse eine Prüfung durchsetzen. Vgl. Gelhausen, Hans Friedrich/Hönsch, Henning: Rechtsschutz im Enforcement-Verfahren, a. a. O., hier S. 309. Vgl. Lohwasser, Ekatarina: Ein Beitrag zur Effizienz der Kapitalmärkte durch Enforcement von IFRS – Notwendigkeit, Herausforderung, Empfehlungen, Dissertation Nr. 3234 der Universität St. Gallen, a. a. O., S. 158–161, 170–171 u. 179–181; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 19–21. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung der Sanktionsmöglichkeiten sehen PELLENS U. A. die Gefahr einer „Regulierungsarbitrage“. Vgl. Pellens, Bernhard/Detert, Karsten/Nölte, Uwe/Sellhorn, Thorsten: Enforcement von Rechnungslegungsregeln, in: KoR, 4. Jg. (2004), S. 1–4, hier S. 4. Vgl. zur Definition von Fehlerhaftigkeit in der internationalen Rechnungslegung Erchinger, Holger/Melcher, Winfried: Fehler in der internationalen Rechnungslegung – Bilanzierung, Prüfung und Berichterstattung (Teil 1) –, in: KoR, 8. Jg. (2008), S. 616–625, hier S. 618–622. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das europäische Harmonisierungsprogramm zur Rechnungslegung: Endorsement und Enforcement von IFRS, a. a. O., hier S. 19 (auch Zitat); ebenso Wolf, Klaus: Entwicklungen im Enforcement unter Berücksichtigung des Referentenentwurfs für ein Bilanzkontrollgesetz (BilKoG), a. a. O., hier S. 246.
136
3. Kapitel: Würdigung des true and fair view als Grundlage der Vergleichbarkeit im europäischen Bilanzrecht A.
Der European-True-and-fair-View-Grundsatz als Bindeglied zwischen Bilanzrichtlinienrecht und den übernommenen IFRS
I.
Sinn und Zweck des European-True-and-fair-View-Gebots im europäischen Bilanzrecht
1.
Umstrittene Bedeutung des European-True-and-fair-View-Grundsatzes als gemeinschaftsrechtliches Prinzip
Das durch die IAS-Verordnung geregelte europäische Bilanzrecht ist mit dem Bilanzrichtlinienrecht untrennbar durch Art. 3 Abs. 2 der IAS-VO, also durch den schon mehrfach angeführten True-and-fair-View-Grundsatz, verknüpft. Die IFRS, die in europäisches Recht übernommen werden, dürfen demnach diesem Grundsatz – wie aufgezeigt – nicht entgegenstehen. Die IFRS selbst sehen in IAS 1 „Darstellung des Abschlusses (überarbeitet 2007)“ dem (deutschen) Wortlaut nach eine entsprechende Darstellung durch den Abschluss vor (IAS 1.15); die englische Originalfassung spricht dagegen von einer fair presentation. Der Wortlaut des true and fair view – der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage – geht auf Art. 2 Abs. 3 JaR zurück. Die Umsetzung des true and fair view der Bilanzrichtlinien erfolgte nach nationalen Maßstäben,990 gleichwohl ist seine Anwendung am Maßstab des europäischen Bilanzrechts auszurichten. Eine mögliche Normkonkretisierung dieses Grundsatzes orientiert sich an der normativen Bedeutung als gemeinschaftsrechtliches Prinzip,991 und somit an einem European true and fair view,992 der sich nach der Rechtsprechung des EuGH durch die Einzelnormen der Jahresabschlussrichtlinie konkretisiert.993 Auch ist der European true and fair view in
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Vgl. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 59. Vgl. Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective, a. a. O., hier S. 82; ebenso Beine, Frank: Scheinkonflikte mit dem True and Fair View, a. a. O., hier S. 474; Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 141; Hulle, Karel van: Truth and untruth about true and fair: a commentary on a ‘European true and fair view’ comment, a. a. O., hier S. 99. Die Einstufung des true and fair view von CLEMM als “hohes moralisches Gebot” ist demnach keine ausreichende Klassifizierung des True-and-fair-view-Gebots. Vgl. Clemm, Hermann: § 264 HGB und Wahlrechte, a. a. O., hier S. 148. Zu einer weiteren Übersicht zu Definitionsversuchen vgl. z. B. Amat, Oriol/Blake, John/Oliveras, Ester: Spanish Auditors and the ‚True and fair View’, Economic Working Paper 408, Januar 2000, S. 3–6. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: True and Fair View revisited – A Reply to Alexander and Nobes, a. a. O., hier S. 97–98; Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective, a. a. O., hier S. 83; Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective II, a. a. O., hier S. 496–500. A. A. Alexander, David: A European true and fair view?, a. a. O., hier S. 75; Alexander, David: Legal Certainty, European-Ness and Realpolitik, in: Accounting in Europe, Vol. 3 (2006), S. 65–80, hier S. 70. ALEXANDER lehnt einen europäischen true and fair view aufgrund spezifischer nationalstaatlicher Bilanzierungstraditionen ab, die eine nationale Interpretation erzwingen und eine einheitliche Auslegung dieses Begriffs unmöglich machen. So auch Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models,
137
dieser Bedeutung als Auslegungskriterium im Falle von Regelungslücken maßgeblich.994 Als europäische Norm obliegt dessen letztverbindliche Auslegung damit auch dem EuGH.995 Diese Ansicht wird kritisiert.996 Die konzeptionelle Bestimmung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs unterliegt aufgrund seiner offenen und vagen Natur großen Schwierigkeiten,997 dennoch ist eine Konkretisierung zu Gunsten der Rechtssicherheit und auch zu Gunsten eines einheitlichen europäischen Bilanzrechts von großer Bedeutung. Da die IAS-VO den true and fair view der Rechnungslegungsrichtlinien als ein Endorsementkriterium festlegt, soll dieser im Folgenden als gemeinschaftsrechtliches Prinzip aufgefasst werden und dem Versuch einer Konkretisierung gemäß europäischer Grundsätze unterliegen. Sinn und Zweck des European-True-and-fair-View-Gebots gemäß den Schutzzwecken des Jahresabschlusses
2.
Der True-and-fair-View-Grundsatz nimmt schon im Bilanzrichtlinienrecht eine zentrale Stellung ein.998 Er blickt hierbei auf eine wechselhafte und langwierige Entwicklung zurück,999 was aber auch mit den zähen Verhandlungen bzgl. der Jahresabschlussrichtlinie zusammen hängt.1000 Der Normzweck des true and fair view richtet sich gemäß einer teleologischen Betrachtungsweise nach den durch die Jahresabschlussrichtlinie tendierten Zwecken.1001 Eine Zielsetzung der Jahresabschlussrichtlinie ist – wie aufgezeigt –1002 gemäß Art. 2 Abs. 3 JaR die Informationsvermittlung, die mittels eines true and fair view erreicht werden soll. Die
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1000
1001 1002
Current Proposals and Practical Consequences, a. a. O., hier S. 72. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 73. So auch Hulle, Karel van: Truth and untruth about the true and fair: a commentary on ‘A European true and fair view’ comment, a. a. O., hier S. 99. Der true and fair view wird im englischen Recht als ein dynamisches Konzept aufgefasst: „Accordingly it follows that, since the Court is seeking a contemporaneous meaning for the requirement, what is necessary to show will be subject to continuous update and change”. Arden, Mary: True and fair view: A European perspective, in: EAR, Vol. 6 (1997), S. 675–679, hier S. 676. Gleicher Ansicht z. B. Alexander, David: Legal Certainty, European-ness and Realpolitik, a. a. O., hier S. 70; Nobes, Christopher: Revenue Recognition and EU Endorsement of IFRS, a. a. O., hier S. 86. Vgl. zum Begriff und Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe Tipke, Klaus: Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, in: HuRB, S. 1–11. Vgl. zur hervorgehobenen Stellung der Norm im Richtlinienrecht Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 106–113. Die Entwicklung der deutschen Fassung verlief von einem „möglichst sicheren Einblick“ über einen „getreuen Einblick“ hin zur geltenden Fassung des „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes“ in Art. 2 Abs. 3 JaR. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorentwurf einer 4. Richtlinie der EG-Kommission vom 9. März 1968, in: ABl.EG, Nr. L 65 vom 14.3.1968, S. 8–12, Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag einer 4. Richtlinie der EG-Kommission vom 16. November 1971, in: ABl., Nr. C 7 vom 28.1.1972, S. 11–26 sowie Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Geänderter Vorschlag einer 4. Richtlinie der EG-Kommission vom 26.2.1973, Beilage 6/74 zum Bulletin der EG, abgedruckt in: Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung nach neuem Recht (4. EG-Richtlinie), a. a. O., S. II/11. Vgl. zur Entwicklung der Richtlinie auch Walton, Peter: The true and fair view and the drafting of the Fourth Directive, in: EAR, Vol. 6 (1997), S. 721–730. Vgl. z. B. Hulle, Karel van: Die Reform des Europäischen Bilanzrechts: Stand, Ziele und Perspektiven, a. a. O., hier S. 539. Vgl. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 133. Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.2.c).
138
zentrale Bedeutung der Norm wird einerseits durch die 4. Begründungserwägung bekräftigt, die bereits die Formulierung des true and fair view aufgreift, andererseits weist die systematische Stellung der Norm selbst in den allgemeinen Vorschriften des Art. 2 JaR,1003 der allen anderen Regelungen vorsteht, auf seine große Bedeutung hin. Unterstützt wird die zentrale Bedeutung der Informationsvermittlung mittels eines true and fair view auch durch Art. 43 Abs. 1 Nr. 2 JaR, der die Erfüllung der „Zielsetzung“ des Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie als zentrales Kriterium der zu treffenden Angaben aufgreift.1004 Die Begründungserwägung konkretisiert das Ziel der Vermittlung eines true and fair view: „Zu diesem Zweck müssen für die Aufstellung der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung zwingend vorgeschriebene Gliederungsschemata vorgesehen und muss der Mindestinhalt des Anhangs sowie des Lageberichts festgelegt werden. Jedoch können für bestimmte Gesellschaften wegen ihrer geringeren wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung Ausnahmen zugelassen werden“.
Die Konkretisierung der Informationsvermittlung bezieht sich also vornehmlich auf Ausweisund Erläuterungsvorschriften. Gleichwohl dienen auch die Ansatz- und Bewertungsvorschriften (mittelbar) einer Informationsvermittlung,1005 da durch die Jahresabschlussrichtlinie auch diese „vereinheitlicht werden, um die Vergleichbarkeit und die Gleichwertigkeit der in den Jahresabschlüssen gemachten Angaben zu gewährleisten“1006. Für den Fall, dass die Anwendung der Jahresabschlussrichtlinie für eine Vermittlung eines true and fair view nicht ausreicht, bestimmt die endgültige Fassung der Richtlinie mit Art. 2 Abs. 4 JaR, dass „zusätzliche Angaben zu machen [sind]“.1007 Die Bedeutung dieser Vorschrift wird allerdings durch die Protokollerklärung des Rates eingeschränkt, in der festgestellt wird, dass die Anwendung der (Einzelnormen der)1008 Richtlinie „normalerweise“ für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes ausreicht.1009 Im Vergleich zu den vorherigen Fassungen wurde Art. 2 Abs. 5 JaR, dem eine Abweichungs-1010 bzw. Korrektivfunktion1011 zugeschrieben wird, neu eingeführt:1012
1003
1004
1005 1006 1007
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1010 1011
1012
Vgl. Meyer-Arndt, Lüder: Die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs für das Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 1624. Vgl. zu diesem Abschnitt auch Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 107–108. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 108. 5. Erwägungsgrund JaR. Diese nun kodifizierte Forderung war zuvor nur in der Begründung zum geänderten Vorschlag enthalten. Vgl. Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung der AG und GmbH nach neuem Recht (4. EGRichtlinie), a. a. O., S. II/11. MOXTER weist darauf hin, dass in der Protokollerklärung lediglich von der Anwendung der Richtlinie gesprochen wird, wobei nur die Einzelnormen der Richtlinie gemeint sein können. Er führt dies weniger auf Nachlässigkeiten denn auf eine bewusste Abwertung der Generalnorm zurück. Vgl. Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgaben nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., hier S. 143. Vgl. Protokollerklärung des Rates zu Art. 2 Abs. 4 JaR, abgedruckt in: Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung der AG und GmbH nach neuem Recht (4. EG-Richtlinie), a. a. O., S. II/12 (auch Zitat). Vgl. z. B. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 136–137. Vgl. z. B. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 109; Weber-Grellet, Heinrich: Bilanzrecht im Lichte, Bilanzsteuerrecht im Schatten des EuGH, a. a. O., hier S. 2090. Vgl. zur Entwicklung der Norm ausführlich Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, in: FS Budde, S. 313–326, hier S. 313—317.
139
„Ist in Ausnahmefällen die Anwendung einer Vorschrift dieser Richtlinie mit der in Absatz 3 vorgesehenen Verpflichtung unvereinbar, so muss von der betreffenden Vorschrift abgewichen werden, um sicherzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild im Sinne des Absatzes 3 vermittelt wird. Die Abweichung ist im Anhang anzugeben und hinreichend zu begründen; ihr Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist darzulegen. Die Mitgliedstaaten können die Ausnahmefälle bezeichnen und die entsprechende Ausnahmeregelung festlegen.“
Die Hauptaufgabe des True-and-fair-View-Gebots ist demnach die Gewährung von Informationen, um den Informationsansprüchen der Abschlussadressaten nachzukommen.1013 Trotz ihrer umfassenden Relevanz wird die sog. Generalklausel nicht näher definiert,1014 so dass auch ihre Bedeutung unterschiedlich bewertet wird.1015 Eine konkrete Bestimmung ihres Wesens bzw. des Norminhalts muss somit über eine richtlinienkonforme Auslegung erfolgen, d. h. dass der true and fair view vor allem gemäß seinem Zweck auszulegen ist. 3.
Der European true and fair view im Spannungsverhältnis von Zielfunktion und Schutzwirkung
a)
Effektivlagen als Zielfunktion des true and fair view
Die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage soll gemäß der Informationsfunktion der Rechnungslegung einen Einblick in das Unternehmen gewähren, um die Entscheidungen der Abschlussadressaten zu verbessern und sie vor Fehlentscheidungen zu schützen.1016 Der Informationsschutzzweck der Rechnungslegung kann demnach nur entfaltet werden, wenn die durch die Rechnungslegungsnormen vermittelten Informationen den Adressaten „in die Lage versetzen, interessenwahrende Entscheidungen zu treffen“; nur dann sind sie entscheidungsnützlich.1017 Das Informationsinteresse ist jedoch je nach Adressatengruppe unterschiedlich gelagert, so dass Informationsinhalte bei einer mangelnden präzisen Festlegung eines Adressatenkreises letztlich einer willkürlichen Begründung unterliegen,1018 da „Rechnungslegungsinhalte […] Interessenwertungen [implizieren]“1019. Die Jahresabschlussrichtlinie präzisiert nicht näher, was unter der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu verstehen ist. Orientiert man die Aufgabe des Jahresabschlusses an der bedeutenden Gruppe der Gesellschafter ergibt sich ein vornehmliches Informationsinteresse an dem an sie zukünftig fließenden Zahlungsstrom, also am Nettoausschüttungsstrom.1020 Dieser finanzielle Zielstrom der Nettoauszahlungen, der einer Optimierung im Zeitablauf 1013
1014 1015
1016 1017
1018 1019 1020
Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzrechtlicher Aufbruch beim Bundesfinanzhof?, in: DStZ, 90. Jg. (2002), S. 243– 248, hier S. 244. Vgl. Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, a. a. O., hier S. 317. Vgl. zu einem Überblick über die Literaturmeinungen bzgl. der Bedeutung des true and fair view z. B. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 69–76. Vgl. Moxter, Adolf: Fundamentalgrundsätze ordnungsmäßiger Rechenschaft, a. a. O., hier S. 96. Vgl. Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., S. 19 (auch Zitat); ebenso Moxter, Adolf: Zur Prüfung des „true and fair view“, a. a. O., hier S. 675. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 223–224. Moxter, Adolf: Rechnungslegungsmythen, in: BB, 55. Jg. (2000), S. 2143–2149, hier S. 2148. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Prüfung des „true and fair view“, a. a. O., hier S. 675; Streim, Hannes: Die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB – Eine kritische Analyse, in: FS Moxter 1994, S. 391–406, hier S. 399.
140
unterliegt, weist drei Dimensionen auf: „Die zeitliche Struktur (Anteil pro Periode bei gegebener Breite des Stroms)“, „die Breite pro Periode bei gegebener zeitlicher Struktur“ sowie der Unsicherheitsgrad.1021 Entscheidungsrelevante Informationen vermögen in diesem Sinne Informationen über die Risikostruktur, Veränderungen und die Sollgröße des Nettoausschüttungsstroms bereit zu stellen, so dass sich eine Orientierung an den wirtschaftlichen Effektivlagen,1022 im speziellen der Effektiv-Ertragslage, ergibt.1023 Das Informationsinteresse gilt somit den Effektivlagen1024 des Unternehmens.1025 b)
Gesetzlicher Informationsanspruch als Grenze des Prinzips der Entscheidungsnützlichkeit von Informationen
Die Informationsvermittlung der Richtlinie mittels eines true and fair view stößt schnell an ihre Grenzen: Dem Schutzzweck der Gewährung von Einblicken in die Vermögens-, Finanzund Ertragslage eines Unternehmens steht nämlich gleichzeitig die Anforderung gegenüber, Einblicksgrenzen zum Schutz vor Missbrauch von Informationen zu bestimmen, da das Informationsinteresse weitreichend sein kann.1026 Dem Informationsinteresse Einzelner kann demnach nur im Rahmen rechtlich durchsetzbarer Informationsansprüche nachgekommen werden,1027 was eine erhebliche Einschränkung der entscheidungsrelevanten Informationsinhalte bedeuten kann.1028 Auch bleibt zu bedenken, dass dem Jahresabschluss eine gläubigerschützende Funktion zukommt, durch welche die Informationsvermittlung aufgrund der erforderlichen vorsichtigen, objektivierten Bilanzierung eingeschränkt wird. Das Ziel der Gewinnermittlung anhand einer objektivierten Gewinngröße beschränkt somit die Reichweite der Informationsfunktion. Das tatsächliche Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage muss demnach durch den Jahresabschluss als Einheit aus Bilanz, GuV und Anhang bestimmbar sein.1029 Hierbei stehen
1021
1022
1023 1024
1025
1026 1027
1028 1029
Vgl. Moxter, Adolf: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung und der Stand der Bilanztheorie, in: zfbf, 18. Jg. (1966), S. 28–59, hier S. 38 (auch beide Zitate). Vgl. Wüstemann, Jens: Internationale Rechnungslegungsnormen und Neue Institutionenökonomik, Working Paper Series: Finance and Accounting, No. 37, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt a. M., Mai 1999, S. 5–6. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Prüfung des „true and fair view“, a. a. O., hier S. 675. Zu den Effektivlagenprinzipien vgl. Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., S. 58–60. Vgl. Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., S. 58; Wüstemann, Jens/Duhr, Andreas: Entspricht die Full Fair-Value-Bewertung nach den Vorschlägen der Joint Working Group of Standard Setters den Informationsbedürfnissen der Bilanzadressaten, in: Fair Value – Bewertung in Rechnungswesen, Controlling und Finanzwirtschaft, hrsg. von Hartmut Bieg und Reinhard Heyd, München 2005, S. 107–127, hier S. 118–121. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 227–228. Vgl. Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgabe nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., hier S. 144. Vgl. Moxter, Adolf: Rechnungslegungsmythen, a. a. O., hier S. 2148. Vgl. z. B. Hinz, Michael (2005): B 106 Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung – HGB und IFRS –, hrsg. von Edgar Castan u. a., Band I, München 2008 (Loseblatt), Rn. 11.
141
die einzelnen Lagen in einem wechselseitigen Zusammenhang.1030 Während der Jahresabschluss objektivierungsbedingt einer Vergangenheitsorientierung unterliegt, richten sich die Informationsbedürfnisse in der Zielvorstellung der Adressaten an zukünftigen Zahlungsströmen aus.1031 Eine umfassende Informationsvermittlung bezüglich der einzelnen Effektivlagen1032 bedarf somit ergänzender Informationsinstrumente. So wäre für Informationen über eine effektive Ertragslage neben der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang als zentrale Instrumente des Jahresabschlusses1033 auch Planungserfolgsrechnungen notwendig, die Aufschluss über zukünftige Erfolgspotentiale geben könnten. 1034 Der Jahresabschluss an sich kann daher nur Anhaltspunkte über die Veränderungen der Ertragslage wiedergeben.1035 Die durch das Gesetz geforderte Vermögenslage1036 stellt das Bilanzvermögen dar, das einzeln unter Vereinfachungs- und Objektivierungserwägungen ermittelt wird.1037 Auch wenn die Darstellung der Vermögenslage hauptsächlich über die Bilanz und den Anhang erfolgt,1038 kann eine effektive Vermögenslage nicht alleine durch diese Abschlussinstrumente dargestellt 1030
1031
1032
1033
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1035 1036
1037
1038
Vgl. Adler/Düring/Schmaltz: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Band 5, neu bearbeitet von Karl-Heinz Forster, Reinhard Goerdeler, Josef Lanfermann, Hans-Peter Müller, Günter Siepe und Klaus Stolberg, 6. Aufl., Stuttgart 1997, Kommentierung zu § 264 HGB, hier Rn. 61; Krawitz, Norbert: Finanzlage, in: Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, hrsg. von Wolfgang Ballwieser, Adolf G. Coenenberg und Klaus von Wysocki, 3. überarb. und erw. Auflage, Stuttgart 2002, Sp. 796–812, hier Sp. 798–799. Vgl. für eine ausführliche Analyse der einzelnen Lagen auch Kupfernagel, Sabine: Die Generalnorm für den Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften: Herleitung, Ziele und teleologische Auslegung, a. a. O., S. 123–244. Vgl. Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgabe nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., hier S. 144. Informationen über die effektive Ertragslage umfassen sowohl den vergangenen Erfolg des Geschäftsjahres als auch Informationen über die Fähigkeit des Unternehmens, zukünftige Erfolgspotentiale zu realisieren. Vgl. Coenenberg, Adolf G.: Ertragslage, in: HuRB, S. 155–163, hier S. 160–161. Die effektive Vermögenslage würde statt der bilanziellen Einzelbewertung eine Gesamtbewertung erforderlich machen, anhand derer der potentielle Marktpreis des Unternehmens bestimmt werden kann. Vgl. Hinz, Michael (2005): B 106 Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, a. a. O., Rn. 12; Moxter, Adolf: Vermögenslage gem. § 264, a. a. O., hier S. 346; Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., S. 60–65. Der Effektivvermögensermittlung liegen Ertragswertbeiträge zugrunde, die durch die Vermögensermittlung im Rahmen des Bilanzrechts nicht erfasst werden können. Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Kommentierung zu § 264 HGB, in: Baetge/Kirsch/ThieleBilanzrecht, Rn. 33. Das Informationsinteresse der Adressaten hinsichtlich der Finanzlage richtet sich auf eine mögliche Gefährdung des Unternehmens aufgrund einer Zahlungsunfähigkeit. Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Band II: Einführung in das neue Bilanzrecht, 3. Auflage, a. a. O., S. 66. Vgl. Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, a. a. O., hier S. 319; Pfaff, Dieter/Stefani, Ulrike: Ertragslage, in: Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, hrsg. von Wolfgang Ballwieser, Adolf G. Coenenberg und Klaus von Wysocki, 3. überarb. und erw. Auflage, Stuttgart 2002, Sp. 689–702, hier Sp. 694–695. Vgl. Streim, Hannes: Die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB – Eine kritische Analyse, a. a. O., hier S. 402. Zukünftige Erfolgspotentiale können des Weiteren aus dem Lagebericht geschlossen werden. Vgl. Coenenberg, Adolf G.: Ertragslage, a. a. O., hier S. 162. Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Band II: Einführung in das neue Bilanzrecht, 3. Auflage, a. a. O., S. 66. Als Vermögen werden die für den Kaufmann verfügbaren Güter bezeichnet. Vgl. Moxter, Adolf: Vermögenslage gem. § 264, in: HuRB, S. 346–351, hier S. 346. Zur Definition des Begriffs Brutto- bzw. Nettovermögen vgl. Baetge, Jörg/Zülch, Henning: Vermögenslage, in: Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, hrsg. von Wolfgang Ballwieser, Adolf G. Coenenberg und Klaus von Wysocki, 3. überarb. und erw. Auflage, Stuttgart 2002, Sp. 2518–2539, hier Sp. 2521. Vgl. Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., S. 60–61. Vgl. Winkeljohann, Norbert/Schellhorn, Mathias: (Teil-)Kommentierung zu § 264 HGB, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, Rn. 37.
142
werden. Während ein Einblick in die effektive Vermögenslage bilanzrechtlich zwar verwehrt bleibt, können hinsichtlich des Informationsinteresses dennoch „ausgeprägte Veränderungen des Effektivvermögens“ durch den Jahresabschluss signalisiert werden.1039 Auch eine umfassende Darstellung einer effektiven Finanzlage1040 kann nicht anhand bilanzieller Liquiditätskennzahlen erreicht werden,1041 sondern nur durch eine Kapitalflussrechnung1042 hinsichtlich vergangener bzw. mithilfe eines Finanzplans bezüglich zukünftiger finanzieller Aspekte.1043 Ferner werden über den Lagebericht bei den zu dessen Aufstellung verpflichteten Unternehmen weitere Informationen zur Finanzlage zur Verfügung gestellt.1044 Im Zuge der Reformüberlegungen hinsichtlich des europäischen Kapitalschutzes wird aber vermehrt zur Prüfung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens die zusätzliche Erstellung eines Solvenztests gefordert, der konzeptionell – wie schon weiter oben erwähnt – einem stark vereinfachten Finanzplan entspricht.1045 Hierdurch wird die eingeschränkte Informationsgewährung über die wirkliche Finanzlage durch den Jahresabschluss evident. Wie auch bei der Vermögens- und Ertragslage kommt dem Jahresabschluss damit vielmehr die Aufgabe zu, Veränderungen der entsprechenden Lage aufzuzeigen1046 und Anhaltspunkte zur Beurteilung der Effektivlage zu geben,1047 denn einen Einblick in die eigentliche Effektivlage zu vermitteln. Diese Veränderungen werden durch die Einzelnormen bestimmt, die somit den True-and-fair-View-Grundsatz konkretisieren. Der Informationsvermittlung mittels eines true and fair view sind demnach Grenzen gesetzt. Auch diese sprechen für eine nicht allumfassende Reichweite des True-and-fair-view-Gebots i. S. e. overriding principle.
1039 1040
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1047
Vgl. Moxter, Adolf: Vermögenslage gem. § 264, a. a. O., hier S. 347–348 (Zitat, S. 348). Die Finanzlage bezieht sich auf die finanzierungstechnischen Aspekte eines Unternehmens, wie z. B. die „Finanzstruktur, Deckungsverhältnisse, Fristigkeiten, Finanzierungsspielräume, Investitionsvorhaben, schwebende Bestellungen und Kreditlinien“. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): Sonderausschuss Bilanzrichtlinien-Gesetz: Stellungnahme SABI 3/1986, in: WPg, 39. Jg. (1986), S. 670–671, hier S. 670. Vgl. zur Finanzlage auch Rückle, Dieter: Finanzlage, in: HuRB, S. 168–184. Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Band I: Einführung in die Bilanztheorie, 3. vollst. umgearb. Aufl., a. a. O., S. 88; ausführlich auch Ballwieser, Wolfgang: Sind mit der neuen Generalklausel zur Rechnungslegung auch neue Prüfungspflichten verbunden?, in: BB, 40. Jg. (1985), S. 1034–1043, hier S. 1041—1042. Eine explizite Bestimmung zur Erstellung eines Finanzplans bzw. einer Kapitalflussrechnung sieht die Jahresabschlussrichtlinie nicht vor. Das in Art. 2 Abs. 6 JaR erfasste Wahlrecht zur Gestattung weiterer Angaben ermöglicht es, den Mitgliedstaaten nach Auffassung von Rat und Kommission zwar eine Kapitalflussrechnung zu verlangen, ein Finanzplan stellt jedoch keinen Regelungswillen des Gesetzgebers dar. Vgl. Moxter, Adolf: Bilanzlehre, Band II: Einführung in das neue Bilanzrecht, 3. Auflage, a. a. O., S. 66. Vgl. Adler/Düring/Schmaltz: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Band 5, neu bearbeitet von Karl-Heinz Forster, Reinhard Goerdeler, Josef Lanfermann, Hans-Peter Müller, Günter Siepe und Klaus Stolberg, 6. Aufl., a. a. O., Kommentierung zu § 264 HGB, hier Rn. 71. Vgl. vertiefend Krawitz, Norbert: Finanzlage, a. a. O., hier Sp. 803. Ferner grundlegend zum Lagebericht Maucher, Matthias: Grundsätze ordnungsmäßiger Lageberichterstattung, Wiesbaden 2008. Vgl. m. w. N. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: Internationale Gläubigerschutzkonzeptionen, a. a. O., hier S. 17. Vgl. Moxter, Adolf: Zum Sinn und Zweck des handelsrechtlichen Jahresabschlusses nach neuem Recht, in: FS Goerdeler, S. 361–374, hier S. 373. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Prüfung des „true and fair view“, a. a. O., hier S. 677.
143
II.
Kritische Würdigung der Regelungsschärfe des true and fair view
1.
Fehlende einheitliche europäische Definition eines true and fair view
Das Grundproblem der konzeptionellen Bestimmung eines European true and fair view liegt in dem offenen und vagen Charakter dieses unbestimmten Rechtsbegriffs, da das Gemeinschaftsrecht keine Konkretisierung vornimmt.1048 Obwohl gemeinschaftsrechtlich eine sprachliche Auslegung einer Norm durchaus der Vorgehensweise des EuGH entspricht,1049 muss beachtet werden, dass die Gleichverbindlichkeit aller Sprachfassungen einen Textvergleich hinsichtlich der Beurteilung eines Norminhalts ungeeignet erscheinen lassen, da jede Übersetzung nationale Kontexte und Wertungen berücksichtigt.1050 Dies wird auch hinsichtlich Art. 3 Abs. 2 JaR deutlich, bei dem eine Wortauslegung schnell an ihre Grenzen stößt.1051 Hulle konstatiert diesbezüglich: „I find it difficult to draw any important conclusions from the different language versions of the fourth Directive for the interpretation of the true and fair view principle. It is impossible to translate the words ‘true and fair’ literally into any other Company language in a meaningful way”1052.
Burlaud geht aufgrund der unterschiedlichen Sprachfassungen gar von mehreren Jahresabschlussrichtlinien aus,1053 dem aber aufgrund der Gleichverbindlichkeit aller Sprachfassungen keinesfalls zuzustimmen ist.1054 Bereits die Unbestimmtheit des Terminus macht eine einheitliche Normumsetzung nahezu unmöglich. Auch der Versuch, den European true and fair view aus seinem historischen Ursprung im englischen Bilanzrecht zu bestimmen,1055 muss grundsätzlich einer eingeschränkten Bedeutung unterliegen, da das Gemeinschaftsrecht ausschließlich einer autonomen Auslegung zugänglich ist, die nationale Vorstellungen der Bedeutung des true and fair 1048
1049
1050
1051
1052 1053
1054 1055
Zu einem Überblick über die einzelnen Auffassungen hinsichtlich Bedeutung des true and fair view und dessen Stellung aus europäischer Sicht vgl. Vieten, Holger: The True and Fair View: a European Retrospective, in: EAR, Vol. 4 (1995), S. 381–385. Vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 14. Oktober 1999, Rs. 223/98 (Adidas), Slg. 1999, I-7081, Rn. 23; ferner Dederichs, Marlene: Die Methodik des EuGH, a. a. O., S. 79–80. Braselmann, Petra: Übernationales Recht und Mehrsprachigkeit – Linguistische Überlegungen zu Sprachproblemen in EuGH-Urteilen, a. a. O., S. 58–59; Evans, Lisa: Language, translation and the problem of international accounting communication, a. a. O., S. 223–226. Vgl. zur sprachlichen Analyse z. B. Nobes, Christopher/Aisbitt, Sally: The true and fair view requirement in recent national implementations, a. a. O., hier S. 83–90; Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 60–72; Nobes, Christopher: The True and Fair View Requirement: impact on and of the Fourth Directive, in: Accounting and Business Research, Vol. 24 (1993), No. 93, S. 35–48. Hulle, Karel van: Truth and untruth about true and fair, a. a. O., hier S. 100. So stellt er die These auf „qu’il y a des 4e Directives“. Burlaud, Alain: Commentaires sur l’article de David Alexander ‘A European True and Fair View?’, in : EAR, Vol. 2 (1993), S. 91–98, hier S. 92. So auch Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 113. Zur geschichtlichen Entwicklung und zur Bedeutung des true and fair view in England vgl. z. B. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 60–61; Hoffmann, Klaus-Jürgen: „True and fair view“ aus englischer Sicht dargestellt am Verhältnis zwischen Bilanzrecht und SSAP, a. a. O., S. 13–27; Niehus, Rudolf J.: “True and Fair View” – in Zukunft auch ein Bestandteil der deutschen Rechnungslegung?, in: DB, 32. Jg. (1979), S. 221–225, hier S. 221–222; Scholtissek, Wolfgang: True and fair view im Vereinigten Königreich und in der Bundesrepublik Deutschland, in: RIW, 32. Jg. (1986), S. 966–970, hier S. 966–968; Tubbesing, Günter: „A True and Fair View“ im englischen Verständnis und 4. EG-Richtlinie, in: AG, 24. Jg. (1979), S. 91–95, hier S. 91–93.
144
view von einer Berücksichtigung ausschließt.1056 Somit kann dem Urteil, die Bedeutung des European true and fair view ergebe sich aus seinem britischen Vorbild,1057 nicht gefolgt werden, zumal dieses ebenso unbestimmt bleibt.1058 Gleichwohl kann eine diesbezügliche Auslegung hinsichtlich des inhaltlichen Gehalts der Norm erhellend sein: So stellt Lambert nach der Analyse der historischen Auslegung fest, dass die „englische Regelung […] Vorbild für die europäische Norm“ war.1059 Eine andere Aussage kann aber aufgrund der Unbestimmtheit der Norm pauschal zunächst nicht getroffen werden. 2.
Würdigung der dem true and fair view zugeschriebenen Funktionen
Dem true and fair view werden drei Funktionen zugeschriebenen (Interpretations-, Erläuterungs- und Korrektivfunktion).1060 Die Interpretationsfunktion wird aus Art. 2 Abs. 3 JaR abgeleitet, nach der interpretationsbedürftige Einzelbestimmungen nach den Zielsetzungen der Richtlinie ausgelegt werden.1061 Ballwieser verweist hierbei auf den zirkulären Zusammenhang von General- und Einzelnormen: Der Inhalt der Generalnorm wird erst durch die Einzelnormen erhellt. Andererseits ist es Aufgabe der Generalnorm, auslegungsbedürftige Einzelnormen zu konkretisieren (hermeneutischer Zirkel).1062 Das Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verschärft sich somit erst durch die wechselseitige Erhellung von Einzelvorschriften und Generalklausel.1063 Der Interpretationsfunktion wird die Ergänzungsfunktion zugeordnet, nach der die Generalnorm bei der Lückenfüllung hilft.1064 Wie oben aufgezeigt ergeben sich bereits in dieser Grundnorm des Art. 2 Abs. 3 JaR Normunschärfen bezüglich der Reichweite des geforderten Einblicksgebots und damit der Bedeutung des geforderten Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Damit einher geht die unbestimmte Bedeutung der Einzelnormen, die die einzelnen Lagen konkretisieren. 1056
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Ebenso Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German perspective, a. a. O., hier S. 81– 82. Vgl. z. B. Claussen, Peter: Zum Stellenwert des § 264 Abs. 2 HGB, in: FS Goerdeler, S. 79–92, hier S. 82; Großfeld, Bernhard: Europäisches Unternehmensrecht und internationaler Wettbewerb, in: FS Havermann, S. 183–200, hier S. 194; Haller, Axel: Die Jahresabschlusserstellung der Europäischen Aktiengesellschaft nach dem Statut-Entwurf der EG-Kommission, in: DB, 43. Jg. (1990), S. 1573–1579, hier S. 1576; Alsheimer, Herbert: Das den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, in: RIW, 38. Jg. (1992), S. 645–647, hier S. 645. Vgl. Parker, Robert H./Nobes, Christopher: ‚True and Fair‘: UK Auditor’s view, in: Accounting and Business Research, Vol. 21 (1991), No. 84, S. 349–361, hier S. 349; mit dem gleichen Ergebnis Niehus, Rudolf J.: “True and Fair View” – in Zukunft auch ein Bestandteil der deutschen Rechnungslegung?, a. a. O., hier S. 225. Vgl. unter detaillierter Ausführung u. a. zur historischen Auslegung Lambert, Sascha: Die Rolle des § 264 Abs. 2 HGB – true and fair view – im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 50–59 (Zitat S. 59). Vgl. Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, a. a. O., hier S. 319–322; Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 125–129. Vgl. Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, a. a. O., hier S. 322; so auch EuGHUrteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 31. Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Sind mit der neuen Generalklausel zur Rechnungslegung auch neue Prüfungspflichten verbunden?, a. a. O., hier S. 1035. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 108–109. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 109; Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 134.
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Das Verständnis der Umsetzungsreichweite der Norm entscheidet sich an dem zugrunde liegenden Jahresabschlusszweck: Bei alleiniger Orientierung an der Informationsvermittlung erfolgt eine breitere Auslegung der Ansatz- und Bewertungsnormen zu Gunsten der Vermittlung eines true and fair view. Unter Berücksichtigung des Jahresabschlusszwecks der Gewinnanspruchsermittlung schränken objektivierte und vorsichtige Gewinnermittlungsregeln die Informationsvermittlung ein. Art. 2 Abs. 4 JaR wird eine Erläuterungsfunktion zugeschrieben, die zu zusätzlichen Angaben führt, wenn die Anwendung der Einzelnormen zur Vermittlung dieses Bildes in Ausnahmefällen nicht ausreicht.1065 Da die Einzelnormen der Richtlinie grundsätzlich auslegungsbedürftig sind, sind diese zunächst zu konkretisieren, wobei sich (wiederum entsprechend der Interpretationsfunktion) „Zielnorm und Einzelvorschriften nur simultan interpretieren lassen“.1066 Diskutiert wird in der Literatur aber, ob sich die zusätzlich erforderlichen Angaben lediglich auf den Anhang1067 oder auch auf die Bilanz oder die Gewinn- und Verlustrechnung beziehen.1068 Alexander lehnt die Einschränkung dieser Norm auf den Anhang mit dem Argument ab, dass bei einer Beschränkung auf den Anhang kein Unterschied mehr zwischen Art. 2 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 5 bestehen würde.1069 Gleichwohl argumentiert Ordelheide diesbezüglich konform zu der im deutschen Bilanzrecht geltenden Abkopplungsthese: Während sich Art. 2 Abs. 5 JaR auf Ausnahmefälle beziehe, gelte Art. 2 Abs. 4 JaR für die grundsätzlich heilende Funktion des Anhangs zur Herstellung eines true and fair view.1070 Fresl wertet die simultane Einführung des Art. 2 Abs. 4 JaR und des Art. 2 Abs. 5 JaR1071 als eine Begrenzung der dem Art. 2 Abs. 5 JaR zugeschriebenen override-Qualität.1072 Gemäß dieser in Art. 2 Abs. 5 JaR gründenden Korrektiv- bzw. Abweichungsfunktion muss von den Einzelvorschriften in Ausnahmefällen zu Gunsten eines true and fair view abgewichen werden, wenn die Anwendung einer Einzelregelung mit diesem unvereinbar ist.1073 Eine Abweichung von den Richtlinienbestimmungen unterliegt zum Schutze vor Willkür aber einer detaillierten Dokumentationspflicht im Anhang und wird explizit auf Ausnahmefälle unter einer „konkret-individuelle[n] Betrachtung“1074 des bilanzierenden
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Vgl. Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, a. a. O., hier S. 320. Vgl. Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgaben nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., hier S. 143 (auch Zitat). Vgl. z. B. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 143. Vgl. z. B. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 135; Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, a. a. O., hier S. 320. Vgl. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 62. Ebenso Lambert, Sascha: Die Rolle des § 264 Abs. 2 HGB – true and fair view – im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 161. Vgl. Ordelheide, Dieter: True and fair view – A European and a German Perspective, a. a. O., hier S. 85. Vgl. Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung nach neuem Recht (4. EG-Richtlinie), a. a. O., S. II/11. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 143. Vgl. Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, a. a. O., hier S. 320–321. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 136 (im Original hervorgehoben).
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Unternehmens begrenzt.1075 Diese dem true and fair view zugeschriebene Funktion wird in der Literatur als ausschlaggebender Grund für eine hervorgehobene Stellung der Generalnorm i. S. eines overriding-principles gesehen;1076 dies ist bis heute umstritten.1077 Die zusätzliche Regelung in Satz 3 des Absatzes über die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die Ausnahmefälle zu bezeichnen und festzulegen, dient ebenso dem Schutz vor Missbrauch der Korrektivfunktion und schränkt die Möglichkeit der Abweichungen bewusst ein. 1078 Da die Korrektivfunktion zudem erst zum Einsatz kommt, wenn zusätzliche Angaben nicht ausreichen, um dem true and fair view nachzukommen, und auch Art. 31 Abs. 2 JaR in Ausnahmefällen Abweichungen von den Einzelnormen unter einer detaillierten Berichtspflicht im Anhang zulässt, wird der tatsächliche Anwendungsbereich dieser Regelung auf ein Minimum eingegrenzt.1079 Da diese Fälle im Richtlinienrecht nicht konkretisiert werden, „ist dieser Ausdruck im Licht des mit der Richtlinie verfolgten Zweckes“, mithin gemäß der Vermittlung eines true and fair view auszulegen.1080 Auch hier erschwert der zirkuläre Zusammenhang die Konkretisierung und damit eine einheitliche Auslegung. Obwohl der Wortlaut des Art. 2 Abs. 5 JaR dem Einblicksgebot des Abs. 3 JaR insgesamt eine dominierende Rolle hinsichtlich einzelner Prinzipien zuzusprechen scheint, zeigt bereits Moxter auf, dass das True-and-fair-View-Gebot nicht generell als overriding principle vom europäischen Gesetzgeber gewollt sein kann: Art. 2 Abs. 5 S. 3 JaR schränkt das True-andfair-View-Gebot wieder zu Gunsten der Einzelvorschriften ein, da Mitgliedstaaten die „Ausnahmefälle bezeichnen und die entsprechende Ausnahmeregelung festlegen
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Vgl. Hulle, Karel van: The true and fair view override in the European Accounting Directives, a. a. O., hier S. 713–714. Vgl. z. B. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 75. Ebenso die Norm als overriding principle auffassend Alsheimer, Herbert: Das den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, a. a. O., hier S. 645; Beine, Frank: Scheinkonflikte mit dem True and Fair View, a. a. O., hier S. 469; Biener, Herbert: Auswirkungen der Vierten Richtlinie der EG auf den Informationsgehalt der Rechnungslegung deutscher Unternehmen, in: BFuP, 31. Jg. (1979), S. 1–16, hier S. 6; Claussen, Peter: Zum Stellenwert des § 264 Abs. 2 HGB, a. a. O., hier S. 82; Cotting, René: Rechnungslegung von latenten Ertragsteuern im Konzernabschluss nach einem True-and-Fair-View, Freiburg i. Ue. 2000, S. 34; Herlinghaus, Andreas: „Tomberger“ und die Folgen – ein Beitrag zur Frage der Entscheidungskompetenz des EuGH im Handels- und Steuerbilanzrecht, a. a. O., hier S. 533; Hoffmann, Klaus-Jürgen: „True and fair view“ aus englischer Sicht: dargestellt am Verhältnis zwischen Bilanzrecht und SSAP, a. a. O., S. 37; Hulle, Karel van/Tas, Leo van der : European Union – Individual Accounts, in: Transnational Accounting, second edition, ed. by Dieter Ordelheide and KPMG Worldwide, Vol. 1, Houndmills et al.: Palgrave 2001, S. 771–877, hier S. 795–797; Klinke, Ulrich: Europäisches Unternehmensrecht und EuGH – Die Rechtsprechung in den Jahren 1996–1997, a. a. O., hier S. 233–234; Weber-Grellet, Heinrich: Bilanzrecht im Lichte, Bilanzsteuerrecht im Schatten des EuGH, a. a. O., hier S. 2090; Weller, Marc-Philippe: Kapitel 18: Handels- und Gesellschaftsrecht, a. a. O., hier Rn. 55. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 143–145; Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 35 und S. 41; Hoffmann, Wolf-Dieter: Phasengleiche Vereinnahmung von Dividenden, a. a. O., hier S. 10; Herzig, Norbert/Rieck, Ulrich: Europäisierung der handels- und steuerrechtlichen Gewinnermittlung im Gefolge der Tomberger-Entscheidung, a. a. O., hier S. 315. Vgl. Hulle, Karel van: „True and Fair View“ im Sinne der 4. Richtlinie, a. a. O., hier S. 320. Vgl. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 136—137. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 31 (auch Zitat).
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[können]“.1081 Diese Erkenntnis deckt sich mit den Ergebnissen, die aus dem aufgezeigten Umsetzungsspielraum der Richtlinien resultieren: Durch die Anlage der Jahresabschlussrichtlinie ergibt sich zwar ein grundsätzlich weiter Umsetzungsspielraum, eine zu weitreichende Auslegung der Richtliniennormen steht aber einer notwendigen, europäisch geforderten Rechtssicherheit entgegen. Auch der Rechtsprechung des EuGH konnte eine override-Funktion nicht zwingend entnommen werden, da dieser feststellt, dass sich die inhaltliche Konkretisierung des true and fair view maßgeblich an den Einzelnormen orientiert, was einer dominierenden Funktion des Einblicksgebots entgegensteht. Fresl schreibt dem True-and-fair-View-Grundsatz dadurch vielmehr die Funktion einer teleologischen Auslegungsmethode zu.1082 Er kann somit als Zielnorm im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gesehen werden, die notwendigen Informationen in den Abschlüssen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend darzustellen. III.
Normkonkretisierung des European true and fair view
1.
Mögliche Normkonkretisierung des European true and fair view durch die Einzelnormen und die EuGH-Rechtsprechung
a)
Bedeutung der Einzelnormen für die Generalnorm
Da der Gewinn als zentraler Informationsträger fungiert,1083 ist jedes am true and fair view orientierte Bild an diesem auszurichten.1084 Entsprechend den Schutzzwecken der Jahresabschlussrichtlinie kann der Gewinn – wie aufgezeigt – nicht als ökonomisch verstandene Größe i. S. einer Effektivvermögensänderung interpretiert werden.1085 Die Gewinnermittlung hat vielmehr „dem in der Jahresabschlussrichtlinie geforderten Schutzgedanken Rechnung [zu] tragen“: Über eine objektiviert ermittelte Gewinngröße sollen einerseits Gesellschaftern Informationen über die Entwicklung des zur Verfügung gestellten Kapitals und den damit verbundenen Informationsinteressen bereitgestellt werden, andererseits aber auch die Informationsinteressen der Gläubigern hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens befriedigt werden.1086 Die Einzelnormen der Jahresabschlussrichtlinie konkretisieren diese objektiviert ermittelte Gewinngröße unter gleichzeitiger Erhellung des true and fair view.1087 Inhaltlich kann das gemeinschaftsrechtliche Prinzip des true and fair view demnach nur aus
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Vgl. Moxter, Adolf : Zur Interpretation des True-and-fair-view-Gebots der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 105. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 135–137. Vgl. Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., S. 64 und S. 66–69. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Prüfung des „true and fair view“, a. a. O., hier S. 678. Vgl. zum ökonomischen Gewinn grundlegend Moxter, Adolf: Betriebswirtschaftliche Gewinnermittlung, a. a. O., passim. Vgl. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 32–33 (Zitat S. 32). Vgl. m. w. N. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 33–34; Moxter, Adolf: Die Jahresabschlussaufgabe nach der EG-Bilanzrichtlinie: Zur Auslegung von Art. 2 EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., hier S. 144.
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der Richtlinie selbst1088 bzw. der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Richtlinie gewonnen werden.1089 Wie im Rahmen der Richtlinienumsetzung und der Frage der Umsetzungsreichweite der Richtliniennormen bereits aufgezeigt,1090 unterliegt die Konzeption des European true and fair view der wechselseitigen Erhellung von Einzelnormen und Generalnorm.1091 Auch die Rechtsprechung des EuGH orientiert die Auslegung der Generalnorm an den allgemeinen Grundsätzen des Art. 31 JaR. Sie findet ihre konkrete Ausgestaltung demnach unter Berücksichtigung der Interpretation der Einzelnormen. In diesem Sinne betont der EuGH auch eine Auslegung der Einzelnormen im Lichte der Generalnorm.1092 Der durch den EuGH in Bezug genommene Art. 31 JaR umfasst neben den allgemeinen Grundsätzen der Unternehmensfortführung (Abs. 1 lit. a)), Stetigkeit (Abs. 1 lit. b)), Periodisierung (Abs. 1 lit. d)), Einzelbewertung (Abs. 1 lit. e)) und dem Grundsatz der Bilanzidentität (Abs. 1 lit. f)) vor allem das Vorsichtsprinzip (Abs. 1 lit. c)), das durch Realisations- und Imparitätsprinzip konkretisiert wird.1093 Zusätzlich sieht Art. 31 Abs. 2 JaR die Möglichkeit zu Abweichungen von diesen Grundsätzen unter gesonderter Berichterstattung vor. Da vor allem die Interpretation des Vorsichtsprinzips durch die Nationalstaaten eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Harmonisierungsdifferenzen spielt,1094 soll im Folgenden Art. 31 Abs. 1 lit. c) JaR genauer untersucht werden, um den European true and fair view zu konkretisieren.1095
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Vgl. Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften, a. a. O., S. 143. Vgl. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 38–46. Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.3.b). Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Sind mit der neuen Generalklausel zur Rechnungslegung auch neue Prüfungspflichten verbunden?, a. a. O., hier S. 1035. Vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 26. Die Rangfolge der Prinzipien ist umstritten. Aufgrund der Verknüpfung durch das Wort „insbesondere“ kann nicht zwingend von einer Unterordnung unter das Vorsichtsprinzip ausgegangen werden. So z. B. Strobl, Elisabeth: Matching Principle und deutsches Bilanzrecht, a. a. O., hier S. 419. Vgl. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 7 und S. 10. Zu den anderen Prinzipien vgl. z. B. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzsteuerrechts, a. a. O., S. 65–73.
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b)
Richtlinienkonforme Auslegung des Art. 31 Abs. 1 lit. c) Jahresabschlussrichtlinie
aa)
Richtlinienkonforme Auslegung des Vorsichtsprinzips nach Art. 31 Abs. 1 lit. c) Jahresabschlussrichtlinie
aaa)
Grundsätzlich unbestimmte Reichweite des Vorsichtsprinzips in der Jahresabschlussrichtlinie
Art. 31 Abs. 1 lit. c) JaR bestimmt in seiner deutschen Fassung, dass der „Grundsatz der Vorsicht […] in jedem Fall beachtet werden“ muss. Weiterhin konkretisiert die Richtlinie wie folgt: „Das bedeutet insbesondere: aa) Nur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne werden ausgewiesen. bb) Es müssen alle Risiken berücksichtigt werden, die in dem betreffenden Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr entstanden sind, selbst wenn diese Risiken erst zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz bekannt geworden sind. cc) Wertminderungen sind unabhängig davon zu berücksichtigen, ob das Geschäftsjahr mit einem Gewinn oder einem Verlust abschließt.“
Als Mitgliedstaatenwahlrecht können zudem gemäß Art. 31 Abs. 1a) JaR „alle voraussehbaren Risiken und zu vermutenden Verluste berücksichtigt werden“.1096 Das Vorsichtsprinzip wird somit durch das Realisations- und Imparitätsprinzip konkretisiert.1097 Der Transformationsspielraum des Vorsichtsprinzips, der durch die unterschiedlichen Sprachfassungen bedingt ist, wurde bereits aufgezeigt,1098 darf jedoch auch aufgrund der national konnotierten Aussagekraft von Übersetzungen nicht überbewertet werden.1099 Dies begründet sich auch darin, dass vergleichbare Informationen, wie sie durch die Jahresabschlussrichtlinie intendiert sind, Objektivierungserfordernissen unterliegen.1100 Die vermittelten Informationen sollen zwar entscheidungserheblich, aber auch verlässlich und damit intersubjektiv nachprüfbar sein. Das Vorsichtsprinzip wird somit grundsätzlich durch das Objektivierungsprinzip1101 begrenzt.1102 Die Einzelnormen und damit auch der Grad der Objektivierung
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Art. 31 Abs. 1a) JaR, der seit der Modernisierungsrichtlinie gilt, entspricht der früher verbindlichen Originalfassung des Art. 31 Abs. 1 JaR. Das BERATENDE FORUM FÜR RECHNUNGSLEGUNG identifiziert dementsprechend drei Hauptanwendungsbereiche des Vorsichtsprinzips: Hiernach ist es beim „Ausweis und der Bewertung von Aktiva und Passiva“, für „eine angemessene Bewertung in besonders riskanten Situationen“ und „im Zusammenhang mit Gewinnen“ von besonderer Bedeutung. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 11–19 (Zitate S. 12). Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.3.b). Vgl. zu einer sprachlichen Gegenüberstellung von „prudence“ und „Vorsicht“ m. w. N. Evans, Lisa: Language, translation and the problem of international accounting communication, a. a. O., hier S. 233–235. Sie kommt zu dem Schluss, dass beide Konzepte aufgrund ihres nationalen Verständnisses unterschiedliche Dinge meinen. Vgl. m. w. N. Wüstemann, Jens: Institutionenökonomik und internationale Rechnungslegungsordnungen, a. a. O., hier S. 62. Vgl. zum Objektivierungsprinzip und Beispielen Euler, Roland: Das System der Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung, a. a. O., S. 120–122. Vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 379–380.
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bleiben jedoch durch die Richtlinie1103 und auch durch die EuGH-Rechtsprechung unbestimmt. Schon das nationale Wahlrecht des Art. 9 JaR und Art. 10 JaR hinsichtlich der Bindung des Ansatzes immaterieller Vermögenswerte an die Restriktion des entgeltlichen Erwerbs1104 bzw. die Zulassung der Aktivierung – gemäß Art. 34 Abs. 1 lit. b) JaR i. V. m. Art. 37 Abs. 1 JaR gleichwohl ausschüttungsgesperrter – selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände ist nur ein Beispiel eines offenkundigen und damit auch bedenklichen1105 Objektivierungskorridors der Richtlinie.1106 In dieser Norm zeigt sich auch der doppelte Schutzzweck der Jahresabschlussrichtlinie, indem einerseits durch eine Aktivierung dem true and fair view nachgekommen werden kann, andererseits dann aber eine Ausschüttungssperre zum Zwecke der Ausschüttungsbegrenzung vorgesehen ist.1107 Orientiert man das Vorsichtsprinzip am Informationsschutzzweck der Richtlinie müsste es zu Gunsten der Vermittlung relevanter Informationen in den Hintergrund treten. Unter Berücksichtigung des Ausschüttungsbegrenzungszwecks käme dem Vorsichtsprinzip jedoch eine stärker gewichtete Bedeutung zu.1108 bbb)
Ausprägungen des Vorsichtsprinzips der Jahresabschlussrichtlinie
Für ein weniger starkes Vorsichtsprinzip sprechen nach Fresl vor allem das Going-ConcernPrinzip, das einem Gläubigerschutzzweck widerspricht, sowie das für eine dynamische Gewinnermittlung zentrale Stetigkeitsprinzip.1109 Gleichermaßen zeugen Einzelnormen von einer schwächeren Bedeutung des Vorsichtsprinzips, wenn bspw. unsichere Werte wie Forschungs- und Entwicklungskosten gemäß Art. 9 und Art. 10 einen Ansatz finden können. Dennoch wirkt bei deren Aktivierung eine Ausschüttungssperre gemäß Art. 34 Abs. 1 b) JaR i. V. m. Art. 37 Abs. 1 JaR einer unvorsichtigen Gewinnermittlung entgegen.1110 1103
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So unterliegt bspw. bereits der Vermögensgegenstandsbegriff der Richtlinie Unschärfen, die auch die dem Terminus des entgeltlichen Erwerbs zugeschriebene objektivierende Funktion einschränken. Ebenso unterliegt der Passivenansatz bspw. bei Rückstellungen gemäß Art. 20 JaR keiner regelungsscharfen Konzeption; die Beurteilung von Wahrscheinlichkeitsschwellen bleibt unbestimmt und die Höhe des notwendigen Betrags bestimmt sich nach nationalen Regelungen. Vgl. vertiefend Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 219–248. Auch eine Objektivierung hinsichtlich des Zeitpunkts der Gewinnrealisierung, wie bspw. nach deutschem Recht, durch die Zivilrechtstruktur unter Berücksichtigung einer wohlverstandenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise bleibt selbst nach dem Tomberger-Urteil noch ungeklärt. Vgl. zur Objektivierung des Gewinnrealisationszeitpunkts im deutschen Recht grundlegend Euler, Roland: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung, Düsseldorf 1989; Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, a. a. O.. Zur Objektivierungsfrage der Richtliniennorm vgl. Moxter, Adolf: Immaterielle Anlagewerte im neuen Bilanzrecht, in: BB, 34. Jg. (1979), S. 1102–1109. Bei Forschungs- und Entwicklungskosten sieht Art. 37 Abs. 1 JaR Möglichkeiten für Abweichungen von der genannten Abschreibungsfrist und damit auch von der Ausschüttungssperre vor, was zu einer „Verwässerung der Ausschüttungssperraufgabe des Jahresabschlusses“ und der Objektivierungen führt. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Problematik der Ansatzvorschriften der Jahresabschlussrichtlinie, in: FS Egger, S. 3–12, hier S. 5 (auch Zitat). Vgl. Euler, Roland: Steuerbilanzielle Konsequenzen der internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 21. Vgl. Moxter, Adolf: Zur Problematik der Ansatzvorschriften der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 4. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 202. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 198–202. Vgl. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 60.
151
Die Argumentation nach dem Wortlaut „muss in jedem Fall beachtet werden“ wertet Moxter als eine „uneingeschränkte Geltung des Vorsichtsprinzips“, die auch aufgrund der Ausschüttungssperraufgabe, der die Jahresabschlussrichtlinie verpflichtet ist, notwendig ist.1111 Ausnahmen gemäß Art. 31 Abs. 2 JaR gelten demnach nicht für das Vorsichtsprinzip.1112 Auch könnten diese nicht zu Gunsten eines besseren Einblicks in die Vermögens-, Finanzund Ertragslage vorgenommen werden, da zum einen im Normenkonflikt der Grundsatz lex specialis (Art. 31 Abs. 1 lit. c) JaR) derogat legi generali (Art. 2 Abs. 5 JaR) gelte1113 und zum anderen dem true and fair view durch Art. 2 Abs. 4 JaR, nämlich durch zusätzliche Angaben, nachzukommen sei.1114 Das Wortlautargument kann nicht überzeugen, da bspw. die englische (gleichverbindliche) Sprachfassung eine weniger starke Betonung des Vorsichtsprinzips aufweist.1115 Eine unbedingte Beachtung des Grundsatzes der Vorsicht gemäß der deutschen Fassung des Art. 31 Abs. 1 lit. c) JaR kann daher keinesfalls abgeleitet werden. Für eine starke Gewichtung des Vorsichtsprinzips spricht hingegen die Wertung Hulles hinsichtlich der Entstehungsgeschichte des Vorsichtsprinzips in der Richtlinie: „As to prudence, there is no doubt that the negotiators of the Fourth Directive considered it as an accounting principle and wanted to give it an important place“1116. Auch wenn es keine Hierarchie unter den in Art. 31 JaR genannten Prinzipien gibt, konstatiert er, dass „there can be no doubt, that the prudence principle was considered to be the most important one. This follows from the fact that it is the only principle which receives a clear definition in the Directive“1117. Dennoch betont Hulle, dass es nicht als overriding principle zu sehen ist.1118 Auch die enge Begrenzung der Möglichkeiten zur Anwendung der Ausnahmeregelung des Art. 31 Abs. 2 JaR – wie auch bei Art. 2 Abs. 5 – spricht für eine stärkere Gewichtung des Vorsichtsprinzips.1119 Diese hervorgehobene Stellung des Vorsichtsprinzips kann auch aus seiner nachgewiesenen1120 Bedeutung als Ansatznorm geschlossen werden. Die Richtlinie setzt einer starken Gewichtung des Vorsichtsprinzips aber auch Grenzen, indem einer 1111
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Vgl. Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenem deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 356 (auch Zitat). So auch Euler, Roland: Steuerbilanzielle Konsequenzen der internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 21; wohl auch HARTUNG, der von einem „Richtlinienbefehl“ spricht. Vgl. Hartung, Werner: Negative Firmenwerte als Verlustrückstellungen, in: FS Beisse, S. 235–249, hier S. 248 (Zitat Fn. 104). BACK begründet die Unzulässigkeit einer Verdrängung des Vorsichtsprinzips durch Art. 31 Abs. 2 JaR – trotz eines dadurch entstehenden semantischen Widerspruchs – mit der engen Verknüpfung des Richtlinienziels des Gläubigerschutzes. Vgl. Back, Christian: Richtlinienkonforme Interpretation des Handelsbilanzrechts, a. a. O., S. 151–152. Zu den Normenkollisionsregeln im Europarecht vgl. z. B. Haratsch, Andreas/Koenig, Christian/Pechstein, Matthias: Europarecht, 5. völlig neu bearb. Aufl., Tübingen 2006, Rn. 327. Vgl. Moxter, Adolf: Grundwertungen in Bilanzrechtsordnungen – ein Vergleich von überkommenem deutschen Bilanzrecht und Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 357. Der englische Wortlaut der Richtlinie lautet „…must be made on a prudence basis”. Hulle, Karel van: Prudence: a principle or an attitude?, in: EAR, Vol. 5 (1996), S. 375–382, hier S. 375. Hulle, Karel van/Tas, Leo van der : European Union – Individual Accounts, a. a. O., hier S. 820. Hulle, Karel van: Prudence: a principle or an attitude?, a. a. O., hier S. 376. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 203. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 203–204.
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willkürlichen Bildung stiller Reserven bewusst1121 entgegengewirkt wird: Sowohl das Wertaufholungsgebot des Art. 35 Abs. 1 lit. c) dd) JaR und Art. 39 Abs. 1 lit. d) JaR als auch die Begrenzung der Höhe der Rückstellungen auf den notwendigen Wert gemäß Art. 42 JaR zeugen von den Grenzen eines starken Vorsichtsprinzips.1122 Selbst wenn aus den Argumenten ein starkes Gewicht des Vorsichtsprinzips abgeleitet würde, ergäbe sich aufgrund der einzelstaatlich unterschiedlichen Wertung und Bedeutung des Vorsichtsprinzips1123 auch eine unterschiedliche Auslegung. So würde bspw. das prudence principle im englischen Bilanzrecht wohl dennoch eine deutlich schwächere Auswirkung auf die Bilanzierung zeigen als nach deutschem Recht, da dieses entgegen dem deutschem Recht kein systembildender Grundsatz1124 ist, sondern „one aspect of the overall objective of reliability“1125 darstellt und sich dadurch grundlegend andere Auslegungsprämissen ergeben.1126 Das gemeinschaftsbilanzrechtliche Vorsichtsprinzip scheint somit einen Umsetzungsrahmen aufzuweisen, der grundsätzlich je nach Rechnungslegungszweck eine andere Gewichtung des Vorsichtsgrundsatzes zulässt. ccc)
Hinweise auf die Regelungsreichweite des Vorsichtsprinzips durch die EuGHRechtsprechung
Der anscheinend weite Umsetzungsspielraum des Vorsichtsprinzips scheint sich auch in der Rechtsprechung des EuGH zu bestätigen, der bei seiner Konkretisierung des Vorsichtsprinzips insgesamt aber dennoch vage bleibt und keine Grenzen des Vorsichtsprinzips nach oben oder unten festlegt. Auch der EuGH beschränkt das Vorsichtsprinzip – entgegen seiner systematischen Stellung
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Bereits im Vorentwurf der Richtlinie wird in den Vorbemerkungen zu den Bewertungsregeln festgestellt, dass die Bildung stiller Reserven aufgrund einer willkürlichen Bewertung nicht gestattet werden darf. Stille Reserven, die aufgrund von Unsicherheitsfaktoren bei der Schätzung entstehen oder sich als Residualgröße bei einer Anschaffungs- und Herstellungskostenbewertung ergeben, werden hiervon abgegrenzt. Vgl. Begründung Vorentwurf zu den Bewertungsregeln – Vorbemerkungen, abgedruckt in: Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung der AG und GmbH nach neuem Recht (4. EG-Richtlinie), a. a. O., S. II/64– II/65. Vgl. Hulle, Karel van: Prudence: a principle or an attitude?, a. a. O., hier S. 379. Das BERATENDE FORUM FÜR RECHNUNGSLEGUNG identifiziert als Gründe für die unterschiedliche Auslegung des Vorsichtsprinzips u. a. die „unterschiedlichen Auffassungen über die Ziele der Abschlüsse“, (steuer)rechtliche Gründe oder etwa eine unterschiedliche Auffassung hinsichtlich des Zusammenhangs von Vorsicht und Risiko aufgrund der systematischen Stellung der Norm im Regelungsgefüge. Vgl. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 7–11. Vgl. zu den englischen Rechnungslegungsnormen Barz, Katja: Die Auswirkungen von Rechnungslegungsunterschieden auf die Ermittlung ausschüttbarer Gewinne der britischen „public company limited by shares“ und der deutschen Aktiengesellschaft, a. a. O., S. 31–61. ASB (Hrsg.): Financial Reporting Standard 18: Accounting Policies, London 2000, Appendix IV, Rn. 14. Vgl. zur Entwicklung und Bedeutung von prudence im englischen Bilanzrecht Maltby, Josephine: The Origins of Prudence in Accounting, in: Critical Perspectives on Accounting, Vol. 11 (2000), S. 51–70; Bircher, Paul: The changing face of prudence, in: Accountancy, Vol. 113 (1993), issue 1199, S. 97. So auch Evans, Lisa: Language, translation and the problem of international accounting communication, a. a. O., hier S. 233–235.
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als Bewertungsnorm der Richtlinie – nicht auf Bewertungsfragen.1127 Dies wird in der Rs. C234/94 (Tomberger/Wettern GmbH) vom 27.6.1996 deutlich, wenn der EuGH bestätigt, dass „die Frage des Ansatzes von Gewinnansprüchen nicht gegen die vermeintlich (enge) Bewertungsnorm des Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) JaR verstößt“1128. Auch die Begründung des EuGH in der Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH) und der Rs. C-306/99 (BIAO), dass ein Nichtausweis potentieller Verbindlichkeiten aufgrund der sich ergebenden Überbewertung des Vermögens gegen das Vorsichtsprinzip verstoßen würde, zeugt grundsätzlich von der Bedeutung des Vorsichtsprinzips auch als Ansatznorm.1129 Obwohl er den Grundsatz der Vorsicht in der Rechtssache C- 275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH) als rückstellungsbegründendes Element qualifiziert und in der Rechtssache C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH) hinsichtlich einer Ansatzfrage bemüht und damit nicht auf die Bewertung beschränkt, nimmt er keine konkretisierenden Aussagen hierzu vor. Weder erläutert er die Vermögenslage, der ein Nichtausweis von Rückstellungen gemäß Art. 20 JaR widersprechen würde,1130 noch konkretisiert er den Zeitpunkt, wann ein Gewinn gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR als realisiert gilt. Der Terminus der „Zuweisung des Gewinns“1131 unterliegt letztlich der Bestimmung nationalstaatlicher Regelungen. Generalanwalt Léger betont in der Rechtssache C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), dass der fragliche Art. 20 Abs. 1 JaR, der die Rückstellungsbilanzierung klärt, „nicht nur unmittelbar auf dem Grundsatz der Vorsicht [beruht], sondern […] auch ein wichtiger Anwendungsfall des Grundsatzes der Bilanzwahrheit“ 1132 sei. Dies greift der EuGH auf, indem er das Vorsichtsprinzip als rückstellungsbegründendes Prinzip zur Vermeidung einer Überbewertung des Vermögens entsprechend eines true and fair view auffasst.1133 Berndt stellt fest, dass damit durch Generalanwalt Léger ein (möglicher) Widerspruch, der sich an der Regelungsreichweite der Normen entscheidet, zwischen einer vorsichtigen Bewertung und der Vermittlung eines true and fair view unbeachtet bleibt.1134 Dies bestätigt sich auch in der Rechtsprechung des EuGH in derselben Rechtssache: Der EuGH konkretisiert Gewährleistungsverpflichtungen als Verbindlichkeiten, „denen sich die Gesellschaft nicht entziehen
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Vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 377. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 204. 1129 Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 26; EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 110. 1130 Vgl. vertiefend Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 377–379. 1131 Vgl. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 23–24. 1132 Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 26. November 1998, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Nr. 38. 1133 Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 26. 1134 Vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 371. 1128
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kann“.1135 Eine strenge Orientierung am Vorsichtsprinzip würde einen Rückstellungsansatz gemäß Art. 20 Abs. 1 JaR unabhängig vom Bestehen einer Rechtsverpflichtung fordern. Eine Bilanzierung gemäß eines true and fair view würde einen Rückstellungsansatz hingegen auf wirtschaftliche Vermögensbelastungen begrenzen.1136 Weder erkennt der EuGH das sich ergebende Spannungsverhältnis noch nimmt er eine Konkretisierung des fraglichen Grundsatzes der Unentziehbarkeit und damit des Grades der Objektivierung vor.1137 Ein gewollter Umsetzungsspielraum scheint sich auch hinsichtlich der Bewertungsfrage zu bestätigen: Wenn „zur Wahrung der Grundsätze der Vorsicht sowie des den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögenslage eine pauschale Beurteilung aller relevanten Gesichtspunkte die geeignetste Bewertungsmethode darstellt“, kann vom Grundsatz der Einzelbewertung (Art. 31 Abs. 1 lit. e) JaR) gemäß Art. 31 Abs. 2 JaR abgewichen werden.1138 Die Bewertungsfrage müsse sich nach dem nationalen Rechtssystem unter Beachtung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage richten.1139 Hierdurch verbleiben den nationalen Rechtssystemen Bewertungsspielräume, was hinsichtlich einer angestrebten Harmonisierung überraschen mag.1140 Ein weiteres Indiz für einen gewollten nationalen Umsetzungsspielraum von Einzelnormen ergibt sich aus der Rückstellungsdefinition des EuGH in der Rechtsache C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), wenn der EuGH Gewährleistungsrückstellungen als Verbindlichkeiten konkretisiert, „denen sich die Gesellschaft nicht entziehen kann“1141. Berndt macht deutlich, dass „sich bei einer auf die rechtliche Unentziehbarkeit abstellenden Rückstellungsdefinition […] das Problem, auf das jeweilige nationale Zivilrecht rekurrieren zu müssen“1142, ergebe. Auch scheint der EuGH sich der Reichweite der Einzelnormen der Richtlinie bewusst zu sein, wenn er die Rückstellungsbewertung auf den „in Anbetracht des jeweiligen Risikos angemessen[en]“1143 Betrags begrenzt. Schließlich ergibt sich „aus historischen, kulturellen und wirtschaftlichen Gründen“ eine unterschiedliche Auslegung des Vorsichtsprinzips durch die Mitgliedstaaten aufgrund der „unterschiedliche[n] Auffassung von Risiko oder Ungewissheit“1144. Die Unbestimmtheit der Gewinnermittlungsregeln der Jahresabschluss1135 1136
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EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 25. Vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 376. Vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 375–377 u. S. 380. Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 119 (auch Zitat), EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 30–31. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 35 und 40. Vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 368. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 25. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 376. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 39. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und
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richtlinie im Sinne von Rahmenregelungen, lässt aus europarechtlicher Sicht den Mitgliedstaaten die Freiheit, diese nach nationalem Recht auszugestalten. Diese Freiheit sieht auch Deák mit dem Urteil in der Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH) bestätigt.1145 Der EuGH betont damit aber gleichzeitig, dass ein Beurteilungsspielraum durch die Richtlinie begrenzt ist: Einerseits muss der True-and-fair-View-Grundsatz beachtet werden, andererseits gebietet Art. 42 Abs. 1 JaR eine Begrenzung der Höhe auf den notwendigen Betrag bzw. angemessenen Betrag;1146 dieser wird wiederum durch das Vorsichtsprinzip beschränkt.1147 Er überlässt somit zwar den nationalen Stellen einen Umsetzungsspielraum der Bewertungskriterien, allerdings wird dieser durch die aufgezeigten (nicht näher konkretisierten) Grundsätze beschränkt.1148 bb)
Richtlinienkonforme Auslegung des Realisationsprinzips nach Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) Jahresabschlussrichtlinie
aaa)
Unbestimmte Terminologie der Jahresabschlussrichtlinie
Das gemeinschaftsrechtliche Realisationsprinzip gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. c) aa) JaR besagt in seiner deutschen Fassung, dass „[n]ur die am Bilanzstichtag realisierten Gewinne […] ausgewiesen [werden]“. Die deutsche Version des Realisationsprinzips bindet den Gewinnausweis grundsätzlich an das Kriterium eines realisierten Gewinns. Was unter diesem Kriterium zu verstehen ist, bleibt aber unbestimmt, auch da der Richtlinie weder eine einheitliche Wortwahl für den Begriff realisierter Gewinn noch eine in sich stringente Wortwahl hinsichtlich des Terminus Gewinn zugrunde liegt.1149 Der Auslegungsrahmen des Realisationsprinzips wird durch seine Bindung an das Vorsichtsprinzip bestimmt. Hierdurch bezieht sich das Realisationsprinzip wie das Vorsichtsprinzip grundsätzlich auch auf Ansatzfragen und ist ebenso der Mindestgläubigerschutzkonzeption der Richtlinie verpflichtet.1150 Der Transformationsspielraum des Realisationsprinzips durch die Mitgliedstaaten wurde bereits aufgezeigt.1151 Ob sich ein solch breites Realisationsprinzip gemeinschaftsrechtlich bestätigen lässt, ist nun zu überprüfen.
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Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 19 (beide Zitate). Vgl. Deák, Dániel: The true and fair view principle in recent Community Law with special regard to Hungarian accounting legislation, in: EC Tax Review, Vol. 9 (2000), S. 83–89, hier S. 84. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 36 und Rn. 39. Dies entspricht der nachfolgenden Rechtsprechung zum Bilanzrecht in der Rechtsache C-306/99 vom 7. Januar 2003 (BIAO). Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 75. Vgl. auch Hermanns, Tillmann: Ist der EuGH für Fragen des deutschen Bilanzsteuerrechts zuständig? Gleichzeitig Besprechung des EuGH-Urt. v. 14.9.1999 – Rs. C-275/97, a. a. O., hier S. 1130. Vgl. m. w. N. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 210. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 207–208. Vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.3.b).
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bbb)
Auslegungshinweise für ein enges Realisationsprinzips im Sinne des deutschen Bilanzrechts
Ein eng ausgelegtes Realisationsprinzip, das einen vorsichtig ermittelten ausschüttungsfähigen Gewinn sucht, findet sich im deutschen Bilanzrecht wieder:1152 Im GoB-System ist es sowohl Ansatz- als auch Bewertungsprinzip, das realisierte Gewinne an den Umsatzakt bindet.1153 In dieser Funktion bezieht es sich nicht nur auf die Ertragsrealisierung, sondern bestimmt auch die Ausgabenaktivierung.1154 Eine Objektivierung des Zeitpunkts der Gewinnrealisierung wird durch das Zivilrecht vorgenommen und die Gewinnvereinnahmung an den Umsatzakt geknüpft,1155 wenn die Forderung so gut wie sicher ist.1156 Reinvermögensmehrungen, die durch Wertsteigerungen am ruhenden Vermögen entstehen, also realisierbare Gewinne, dürfen demnach nicht erfasst werden.1157 Ausfluss eines solchen Realisationsprinzips ist das Anschaffungswertprinzip, nach dem die Bewertung auf die Anschaffungsoder Herstellungskosten begrenzt wird,1158 und das Erfolgsneutralitätsprinzip, das eine erfolgswirksame Erfassung von Vermögensmehrungen an den Umsatzakt knüpft.1159 Ein derartiges Verständnis des Anschaffungskostenprinzips als Folge des Realisationsprinzips und damit auch die Bindung des Gewinns an den Umsatzakt1160 scheint durchaus dem Verständnis der Europäischen Kommission zu entsprechen:1161 Hierfür spricht, dass die Kommission vor dem Hintergrund der Einführung einer Fair-Value-Bewertung für bestimmte Finanzinstrumente diesen Gedanken aufgreift und feststellt, dass bei einer Bewertung zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten „die in der Gewinn- und Verlustrechnung […] ausgewiesenen Gewinne auch tatsächlich ‚realisiert‘ wurden, da dem Ausweis dieser Gewinne ein Erwerb oder Verkauf vorausging“. Ein Ausweis von nach einer Fair-Value-Bewertung unrealisierten Gewinnen könnte „aus Sicht der Kapitalerhaltung […] als unvorsichtig
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Vgl. grundlegend Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 41–54. Vgl. Moxter, Adolf: Das Realisationsprinzip – 1884 und heute, in: BB, 39. Jg. (1984), S. 1780–1786, hier S. 1783. Vgl. Moxter, Adolf: Wirtschaftliche Gewinnermittlung und Bilanzsteuerrecht, in: StuW, 60. (13.) Jg. (1983), S. 300–307, hier S. 304–305; Moxter, Adolf: Das Realisationsprinzip – 1884 und heute, a. a. O., hier S. 1784; zur Diskussion vgl. Siegel, Theodor: Das Realisationsprinzip als allgemeines Periodisierungsprinzip?, in: BFuP, 46. Jg. (1994), S. 1–24. Vgl. Moxter, Adolf: Gewinnrealisierung nach IAS/IFRS: Erosion des HGB-Realisationsprinzips, in: ZVglRWiss, 103. Jg. (2004), S. 268–280, hier S. 270. Vgl. zum Prinzip des quasisicheren Anspruchs Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 43–51. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 41. Vgl. Najderek, Anne/Wüstemann, Jens: Anschaffungskosten, in: Wüstemann, Jens: Buchführung case by case, 2. Aufl., Frankfurt 2007, S. 106–123, hier S. 107. Vgl. Najderek, Anne/Sessar, Christopher/Wüstemann, Jens: Herstellungskosten und Ergebnisrechnung, in: Wüstemann, Jens: Buchführung case by case, 2. Aufl., Frankfurt 2007, S. 229–258, hier S. 231–232. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen zulässigen Wertansätze, KOM (2000) 80 endg., a. a. O., S. 9. So auch Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, a. a . O., hier S. 802.
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angesehen werden“1162. Ebenso konstatiert das Beratende Forum für Rechnungslegung, dass die Jahresabschlussrichtlinie „[i]n jedem Fall“ vom Grundsatz der Anschaffungskosten ausgeht „und den Ansatz von Vermögensgegenständen zu ihrem höheren Wert nur unter den in ihrem Artikel 33 niedergelegten Voraussetzungen“ erlaubt.1163 Gleichwohl erachtet die Kommission (in einer dynamischen Interpretation der Richtlinie) eine für bestimmte Finanzinstrumente geltende Fair-Value-Bewertung als mit dem Realisationsprinzip des Art. 31 JaR konform: „Da diese Instrumente häufig kurzfristig ge- und verkauft werden, gelten die Gewinne und Verluste als ‚realisiert‘“1164.1165 ccc)
Auslegungshinweise für ein weites Verständnis des Realisationsprinzips im Sinne des britischen Bilanzrechts
Der englischen Version der Richtlinie, die den Ausdruck „profits made“ nutzt, wird dagegen eine weniger strenge Gewinnvereinnahmungskonzeption zugesprochen, nach der durchaus auch der Ausweis realisierbarer Gewinne denkbar wäre,1166 da die Richtlinie keinerlei Anhaltspunkte gibt, was unter „profits made“ zu verstehen ist.1167 Ein grundsätzlich weiter Auslegungsrahmen des Realisationsprinzips lässt sich aufgrund der Tatsache vermuten, dass die Europäische Kommission die Anwendung der Percentage-of-Completion-Methode unter bestimmten Voraussetzungen1168 als richtlinienkonform erachtet. Eine Richtlinienkonformität eines solch weiten gemeinschaftsrechtlichen Realisationsprinzips ergäbe sich aus informationeller Perspektive, nach der die Gewinnermittlung dem Informationszweck dient.1169 Ein solches Auslegungsergebnis deckt sich auch mit der – europarechtlich gleichwohl abzulehnenden – dynamischen Interpretation der Richtlinien, wie es durch die Kommission zu Gunsten der IFRS befürwortet wird. Auch spricht für eine Gültigkeit einer solchen Auslegung des Realisationsprinzips, dass zahlreiche Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Bilanzrichtlinien die Percentage-of-Completion-Methode gestatten oder gar einer 1162
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Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen zulässigen Wertansätze, KOM (2000) 80 endg., a. a. O., S. 9. Vgl. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 18 (beide Zitate). Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen zulässigen Wertansätze, KOM (2000) 80 endg., a. a. O., S. 9. Vgl. Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, a. a. O., hier S. 802. Vgl. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 59. So sieht Alexander die Teilgewinnrealisierung im Rahmen der langfristigen Auftragsfertigung als gerechtfertigt an. Vgl. Alexander, David: A European True and fair view?, a. a. O., hier S. 72–73. Der Kontaktausschuss nennt drei Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit eine Gewinnvereinnahmung nach Fertigstellungsgrad dem Vorsichtsprinzip entspricht: Erstens muss der Gesamtbetrag der Einnahmen aus dem Vertrag bekannt sein, zweitens muss sich der Anteil der abgeschlossenen Arbeiten exakt errechnen lassen und drittens müssen sich die im Vertrag vorgesehenen Arbeiten in einem ausreichend fortgeschrittenen Stadium befinden. Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: Prüfung der Vereinbarkeit von IAS 1 bis IAS 41 mit den europäischen Rechnungslegungsrichtlinien, April 2001, S. 16. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 211.
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verpflichtenden Anwendung unterwerfen1170 und eine solche Umsetzung zweifelsfrei als richtlinienkonform erachten. Dies mag daraus resultieren, dass keine einheitliche Definition hinsichtlich eines „realisierten Gewinns“ bzw. eines „profit made“ in der Jahresabschlussrichtlinie besteht. Auch nach IAS 11 „Fertigungsaufträge“ bzw. IAS 18 „Erträge“ ergeben sich keine einheitlichen Ertragsvereinnahmungskriterien,1171 nach denen eine konsistente Interpretation für alle Mitgliedstaaten möglich wäre. Eine Anwendung der Percentage-ofCompletion-Methode scheint sich daher durchaus im Umsetzungsrahmen des gemeinschaftsbilanzrechtlichen Realisationsprinzips zu befinden. Die unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig erachtete Anwendung der Percentage-ofCompletion-Methode bei Fertigungsaufträgen als Ausfluss eines milden Realisationsprinzips1172 scheint aber auch nach Ansicht der Kommission keiner uneingeschränkten Anwendung zu unterliegen, da die für eine Konformität mit IAS 11 gesetzten Voraussetzungen strenger formuliert sind als die Kriterien in IAS 11.1173 Dies kann – auch wenn explizit betont wird, dass die Meinung des Kontaktausschusses nicht unbedingt die offizielle Meinung der Kommission widerspiegelt – als Einschränkung einer sehr weiten Auslegung des Realisationsprinzips zu Gunsten eines true and fair view gewertet werden. ddd)
Hinweise auf die Regelungsreichweite des Realisationsprinzips durch die EuGHRechtsprechung
In der Rechtssache C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH) vom 27.6.1996 präzisiert der EuGH das gemeinschaftsrechtliche Realisationsprinzip, indem er die phasengleiche Dividendenvereinnahmung des vorgelegten spezifischen Falls bejaht und damit die in diesem Fall deutsche Interpretation des Realisationsprinzips als richtlinienkonform hinsichtlich des gemeinschaftsrechtlichen Realisationsprinzips respektive des European-True-and-fair-ViewGrundsatzes erachtet.1174 Dennoch bleibt eine weitergehende Präzisierung des EuGH dahingehend zu vermissen, ob auch andere Bilanzierungsmöglichkeiten diesem gemeinschaftsrechtlichen Realisationsprinzip entsprechen oder nicht. So geht er im Urteil Tomberger/Wettern GmbH weder von einer Aktivierungspflicht noch von einem Wahlrecht zur phasengleichen Vereinnahmung von Dividenden aus;1175 er konstatiert lediglich, dass eine phasengleiche Vereinnahmung in dem vorgelegten speziellen Fall nicht Art. 31 JaR
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Vgl. Nobes, Christopher W.: Revenue Recognition and EU Endorsement of IFRS, a. a. O., hier S. 83. Vgl. z. B. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – internationaler Abschied vom Realisationsprinzip?, in: BB, 60. Jg. (2005), S. 427–437, hier S. 428–430. So Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 212. Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): Praktisch relevante Abweichungen zwischen den Rechnungslegungsstandards des IASC und der 4. und 7. EG-Richtlinie, a. a. O., hier S. 186. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: True and fair view revisited – A Reply to Alexander and Nobes, a. a. O., hier S. 98. Vgl. M. w. N. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: True and fair view revisited – A Reply to Alexander and Nobes, a. a. O., hier S. 98.
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widerspreche.1176 Das Ausbleiben einer weiteren Konkretisierung des Realisationsprinzips könnte darauf hindeuten, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, das Realisationsprinzip in ihrem Bilanzrechtsverständnis auszulegen.1177 Eine breite Auslegung des Realisationsprinzips wird damit auch durch die Rechtsprechung des EuGH nicht eigeschränkt, so dass ein Umsetzungsspielraum der Richtlinie beim Realisationsprinzip bestätigt zu sein scheint.1178 Dies zeigt sich auch in den Begründungen einerseits des EuGH andererseits des Generalanwalts Tesauro, die unter Berufung auf das in Art. 31 JaR verankerten Realisationsprinzip zu entgegenstehenden Ergebnissen gelangen. Berndt spricht Generalanwalt Léger in der Rechtssache C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH) zudem die Auslegung des Realisationsprinzips als Maßstab auch für die Passivseite im Gemeinschaftsrecht zu, wenn dieser bzgl. der Rückstellungsbildung auf die Kosten der eventuellen Gewährleistung im fraglichen Geschäftsjahr zurückgreift, die durch die erbrachten Bauleistungen entstehen, auch wenn diese Kosten erst in späteren Geschäftsjahren anfallen.1179 Hieraus leitet er die den Passivenansatz bestimmende Voraussetzung ab, dass „auf den durch die Leistungserbringung bereits realisierten Erträgen noch künftige, diesen konkretisiert zugehörige Ausgaben lasten“1180. Eine weitere Konkretisierung durch den EuGH bleibt aber aus. Da sich für viele Einzelnormen der Jahresabschlussrichtlinie „hinsichtlich des zuzuordnenden Primärzwecks ein implizites Mitgliedstaatenwahlrecht“ ergibt, können die Einzelnormen der Richtlinie zweckunterschiedlich ausgelegt werden.1181 Dies könnte man auch durch die EuGH-Rechtsprechung bestätigt sehen, wenn der EuGH in seinem Urteil C-306/99 (BIAO) vom 7.1.2003 zu bedenken gibt, dass die Vierte Richtlinie keine Detailregelungen zur Lösung konkreter Sachverhalte vorsieht, sondern allgemein zu beachtende Grundsätze aufstellt, die durch nationale (unterschiedliche) Regelungen ausgefüllt werden müssen.1182 Wenn dem Jahresabschluss somit – wie aufgezeigt – auch eine Ausschüttungsbemessungsfunktion zugeordnet werden kann bzw. das Gewinnermittlungsrecht dem nationalen Mitgliedstaat überlassen bleibt, kann diese EuGH-Rechtsprechung hinsichtlich eines gemeinschaftsrechtlichen Umsetzungsspielraums der Einzelnormen gewertet werden. Allerdings muss auch hier bedacht werden, dass ein zu weiter Auslegungsspielraum gerade hinsichtlich des Realisationsprinzips einer Kapitalerhaltungsaufgabe der Ansatz- und Bewertungsnormen 1176 1177
1178
1179
1180
1181 1182
Vgl. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 25. Vgl. Theile, Carsten: Zeitkongruente Aktivierung von Dividendenansprüchen und Realisationsprinzip, in: IStR, 5. Jg. (1996), S. 395–400, hier S. 397; Küting, Karlheinz: Die phasengleiche Dividendenvereinnahmung nach der EuGH-Entscheidung „Tomberger“, in: DStR, 34. Jg. (1996), S. 1947–1952, hier S. 1947. Vgl. mit detaillierter Analyse Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 207–231. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 44–45. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 371. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des europäischen Bilanzrechts, a. a. O., S. 206 (auch Zitat). Vgl. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 76; EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 35.
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entgegensteht.1183 Letztlich können nur Informationen im Anhang über die Rückstellungsbewertung diesen Missstand sinnvoll beheben und eine Vergleichbarkeit herbeiführen.1184 Der grundsätzlich weite Umsetzungsspielraum der Einzelnormen scheint sich somit auch durch die EuGH-Rechtsprechung zu bestätigen. eee)
Hinweise auf eine bewusste Erweiterung des Realisationsprinzips durch die Anpassung des Bilanzrichtlinienrechts an die IFRS
Eine weite Auslegung eines Realisationsprinzips kann auch aus der Begründung des Kontaktausschusses (bei der Prüfung der Konformität der Bilanzrichtlinien mit den IFRS) hinsichtlich der Erfassung positiver Differenzen bei der Währungsumrechnung in der GuV entnommen werden. Hier stellt der Kontaktausschuss fest, dass Artikel 31 JaR eine solche Auslegung aufgrund der umgehenden Realisierbarkeit der Beträge auf einem liquiden Markt zulasse, und damit diese realisierbaren Gewinne, die noch nicht durch einen Umsatzakt bestätigt wurden, nicht dem Realisationsprinzip der Jahresabschlussrichtlinie widersprechen würden.1185 Aus der Sicht des IDW konterkariert eine solche Auslegung von Art. 31 JaR den ursprünglichen gesetzgeberischen Willen, nach dem gemäß Art. 31 JaR i. V. m. Art. 32 JaR (Anschaffungskostenprinzip) der Gewinn – wie im deutschen Verständnis – an den Umsatzakt zu binden ist.1186 Die mit der Fair-Value-Richtlinie eingeführte Zeitbewertung für bestimmte Finanzinstrumente unterliegt der gleichen Argumentation. Anders erweist es sich mit der Begründung für mit der Modernisierungsrichtlinie eingeführte erfolgswirksame Zeitbewertung bestimmter Vermögensgegenstände gemäß Art. 42 e und Art. 42 f JaR: Hier wird die Änderung als notwendig erachtet, damit die betreffenden Standards (IAS 40 „Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien“ und IAS 41 „Landwirtschaft“) angewendet werden können. Die Europäische Kommission setzt sich jedoch nicht mehr mit der Frage der Konsistenz dieser Regelung zum historischen Richtlinienrecht auseinander, so dass die Regelung einer Durchbrechung des Realisationsprinzips der historischen Jahresabschlussrichtlinie gleichkommt. Sie geht davon aus, dass die Anwendung der Bewertung zum fair value „im Einklang mit einem allgemein anerkannten Rechnungslegungssystem, wie es durch die übernommenen IAS gewährleistet wird“ 1187, erfolgt. Die allgemeine Anerkennung, die bei der Konformitätsprüfung im Fall der erfolgswirksamen Zeitbewertung über die An1183 1184
1185
1186
1187
Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des europäischen Bilanzrechts, a. a. O., S. 208. Vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 384–385. Vgl. Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: Prüfung der Vereinbarkeit von IAS 1 bis IAS 41 mit den europäischen Rechnungslegungsrichtlinien, April 2001, S. 25. Hierbei wird zudem explizit betont, dass sich die Konformitätsprüfung auf den konsolidierten Abschluss bezogen hat. Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW): Praktisch relevante Abweichungen zwischen den Rechnungslegungsstandards des IASC und der 4. und 7. EG-Richtlinie, a. a. O., hier S. 185. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, KOM (2002) 259/2 endg., a. a. O., S. 6.
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schaffungs- und Herstellungskosten vor allem nach IAS 41 „Landwirtschaft“ noch bezweifelt wurde,1188 über eine Richtlinienänderung herbeizuführen, kann nicht überzeugen und widerspricht der Konzeption des Realisationsprinzips des historischen Richtlinienrechts. Unzweifelhaft erweist sich die erzwungene Richtlinienänderung zu Gunsten der IFRS damit als eine Erweiterung des im historischen Bilanzrichtlinienrecht gesetzten Regelungsrahmens des Realisationsprinzips aufgrund einer, aus Sicht der Europäischen Kommission notwendigen, dynamischen Auslegung. Bis zur Fair-Value-Richtlinie1189 bzw. Modernisierungsrichtlinie1190 zeugte die der Jahresabschlussrichtlinie zugrunde liegende Bewertung auf Basis der Anschaffungs- und Herstellungskosten gemäß Art. 32 JaR von einer grundsätzlich engeren Auslegung des Realisationsprinzips: Dass diese Bewertungsbasis für einen vorsichtig ermittelten Gewinn spricht und damit für einen gemeinschaftsrechtlichen Gläubigerschutz, wird nicht dadurch abgewertet, dass nach Art. 33 Abs. 1 JaR den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belassen wird, eine Neubewertung für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens,1191 eine Bewertung zu Wiederbeschaffungswerten oder „auf Grundlage anderer Methoden […], die der Inflation Rechnung tragen sollen“ vorzunehmen, da sich ergebende Differenzbeträge erfolgsneutral in einer Neubewertungsrücklage erfasst werden (Art. 33 Abs. 2 JaR). Erst mit der Fair-ValueRichtlinie wurde diese engere Konzeption des Realisationsprinzips zu Gunsten der konfliktfreien Anwendung der IFRS aufgeweicht und mit der Modernisierungsrichtlinie gar durchbrochen und eine wahlweise erfolgswirksame Bewertung zum beizulegenden Zeitwert (fair value)1192 eingeführt. Diese Angleichung an die IFRS zeugt von der gewollten – wenn auch europarechtlich abzulehnenden – dynamischen Auslegungskonzeption der Europäischen Kommission zu Gunsten der IFRS und legitimiert den sich damit verbreiternden Auslegungsrahmen des Realisationsprinzips zu Gunsten der Vermittlung eines true and fair view. Gleichwohl kann eine strengere Auslegung des Realisationsprinzips auch bei einer dynamischen Interpretation der Richtlinie nicht entgegenstehen, da es sich immer noch um
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1192
Vgl. Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: Prüfung der Vereinbarkeit von IAS 1 bis IAS 41 mit den europäischen Rechnungslegungsrichtlinien, April 2001, S. 45. Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG und 83/635/EWG des Rates im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen und Banken und anderen Finanzinstituten zulässigen Wertansätze (Fair-Value-Richtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 283 vom 27.10.2001, S. 28–32. Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen (Modernisierungsrichtlinie), in: ABl., Nr. L 178 vom 17.7.2003, S. 16–22. Zuvor war eine Neubewertungsmethode nur für Sachanlagevermögen und Finanzanlagen als Wahlrecht vorgesehen. Art. 60 JaR wurde mit der Modernisierungsrichtlinie in seiner Terminologie angepasst und der Terminus „Marktpreis“ durch „beizulegender Zeitwert“ ersetzt. Gleichwohl ist in Artikel 39 Abs. 1 JaR und Artikel 40 Abs. 2 JaR weiterhin von „Marktpreis“ die Rede.
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Mindestnormen handelt, die eine strengere Umsetzung in nationales Recht gestatten,1193 und die das Realisationsprinzip explizit erweiternden Normen als Wahlrechte ausgestaltet sind.1194 Ein grundsätzlich existierender Umsetzungsspielraum beim Realisationsprinzip wurde bereits durch die EuGH-Rechtsprechung bestätigt. Die Erweiterung der Auslegung des Realisationsprinzips durch das neue Richtlinienrecht ist konzeptionell und unter dem Aspekt der Rechtssicherheit fragwürdig, jedoch europarechtlich legitimiert. Die grundsätzliche Frage des Zeitpunkts der Gewinnrealisierung wird sich aber aufgrund der Verknüpfung an eine vertragsmäßige Leistungserbringung letztlich nach Maßgabe nationaler zivilrechtlicher Vorgaben entscheiden;1195 hier sind einer Harmonisierung Grenzen gesetzt.1196 Die europarechtlich durch die Änderungsrichtlinien legitimierte weite Auslegung eines gemeinschaftsrechtlichen Realisationsprinzips bestimmt auch die künftige Auslegung des European true and fair view zugunsten des Informationsschutzzweck und zulasten eines gläubigerschützenden Aspekts. cc)
Richtlinienkonforme Auslegung des Imparitätsprinzips nach Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) und Art. 31 Abs. 1 a) Jahresabschlussrichtlinie
aaa)
Unterschiedliche Auslegung der Risiko- und Verlusterfassung durch die Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) und Art. 31 Abs. 1 a) Jahresabschlussrichtlinie
Wie auch das Realisationsprinzip wird die Regelung in Art. 31 Abs. 1 lit c) bb) JaR i. V. m. Art. 31 Abs. 1a) JaR durch das Vorsichtsprinzip bestimmt. Gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR „müssen alle Risiken berücksichtigt werden, die in dem betreffenden oder einem früheren Geschäftsjahr entstanden sind, selbst wenn diese Risiken erst zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz bekannt geworden sind“. Zusätzlich sieht Art. 31 Abs. 1a) JaR die mögliche Berücksichtigung aller „voraussehbaren Risiken und zu vermutenden Verluste“ vor. In diesem Sinne fungiert die Norm als Pendant zum die Ertragsperiodisierung regelnden Realisationsprinzip hinsichtlich der Aufwandsperiodisierung;1197 sie regelt somit die Frage des Zeitpunkts der Risiko- bzw. Verlusterfassung.1198 Es ergibt sich somit eine imparitätische Wertung von Chancen und Risiken, nach der Risiken stärker gewichtet werden als Chancen. Vor der Modernisierungsrichtlinie umfasste der Wortlaut des Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR noch als Pflichtberücksichtigung „alle voraussehbaren Risiken und zu vermutenden Verluste“. Die Änderung des Wortlauts erfolgte mit der Begründung der Anpassung des Rückstellungs-
1193 1194 1195 1196
1197 1198
Vgl. Schön, Wolfgang: Mindestharmonisierung im europäischen Gesellschaftsrecht, a. a. O., hier S. 239. Vgl. z. B. Art. 42 e) JaR und 42 f) JaR. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 44. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 53; erläuternd und mit Beispielen Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 187–191. Vgl. Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., S. 66–67. Vgl. Beine, Frank: Abschreibungsgrenzen im Vorratsvermögen, in: BB, 50. Jg. (1995), S. 2415–2421, hier S. 2417.
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begriffs an IAS 37 „Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen“, nach dem eine Beschränkung auf am Bilanzstichtag bestehende Verbindlichkeiten besteht.1199 Hier zeigt sich, dass auch diese Norm Auswirkungen auf Ansatz und Bewertung hat. Entscheidend für eine Beurteilung der Reichweite dieses gemeinschaftsrechtlichen Imparitätsprinzips ist die Risiko- bzw. Verlustkonzeption, die der Richtlinie zugrunde liegt. Mit der Änderung der Jahresabschlussrichtlinie durch die Modernisierungsrichtlinie lässt sich auch eine Änderung der Verlustkonzeption der Richtlinie vermuten, da nun die Erfassung voraussichtlicher Risiken und zu vermutenden Verluste im Entscheidungsbereich der Mitgliedstaaten liegt. Diese zentrale Änderung lässt auf eine unterschiedliche Auslegung innerhalb der Verlustkonzeption der Richtlinie schließen. bbb)
Auslegungshinweise durch das historische Richtlinienrecht
Im deutschen Schrifttum wird die vor der Modernisierungsrichtlinie geltende Regelung des Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR (das jetzige Wahlrecht des Art. 31 Abs. 1a) JaR) mit dem Terminus des Imparitätsprinzips umschrieben,1200 das durch die Bilanzierung „aller voraussehbaren Risiken und Verluste“ (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) eine systemkonforme Verlustantizipation1201 erfordert.1202 In einem solch engeren Verständnis – wie es im geltenden Richtlinienrecht nur noch für das Wahlrecht des Art. 31 Abs. 1a) JaR diskutiert werden kann – regelt das Imparitätsprinzip aus Gläubigerschutzaspekten eine Verlusterfassung noch vor deren (umsatzgebundener) Realisierung, um überhöhte Ausschüttungen zu vermeiden.1203 In diesem Sinne ist es ein „typisiertes Vorsichtsprinzip, als die unrealisierten Verluste bestimmt werden durch Wertminderungen der Aktiven, bestimmte Zuwächse der Schulden und drohende Verluste aus schwebenden Verträgen, die jeweils am Abschlussstichtag vorliegen“1204. In einem weiteren Verständnis kann das Imparitätsprinzip als Ausprägung eines allgemeinen Vorsichtsprinzips verstanden werden, nach dem Risiken stärker gewichtet werden als Chancen.1205 1199
1200
1201
1202
1203 1204
1205
Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, KOM (2002) 259/2 endg., a. a. O., S. 5. Hier wird eine Gleichsetzung der Normen vermutet. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 264; so auch Beine, Frank: Abschreibungsgrenzen im Vorratsvermögen, a. a. O., hier S. 2417. Aufgrund seiner Funktion im deutschen Bilanzrecht wird das Imparitätsprinzip auch als Grundsatz der Verlustvorwegnahme bezeichnet. Vgl. Schneider, Dieter: Betriebswirtschaftslehre, Band 2: Rechnungswesen, 2. vollst. überarb. u. erw. Aufl., München/Wien 1997, S. 105. Vgl. zur normativen Bestimmung des Imparitätsprinzips unter Einordnung in das GoB-System nach deutschem Recht Wüstemann, Jens: Funktionale Interpretation des Imparitätsprinzips, in: zfbf, 47. Jg. (1995), S. 1029–1043. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 55. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 34; ebenso Moxter, Adolf: Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und Höchstwertprinzip, in: BB, 44. Jg. (1989), S. 945–949, hier S. 946. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 34.
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Eng mit der Frage der Interpretation dieses Imparitätsprinzips verbunden sind die beiden in der deutschen Literatur diskutierten Interpretationsansätze zur Verlustkonzeption des Imparitätsprinzips als ausschüttungsstatische bzw. zeitwertstatische Ausprägung. In einer ausschüttungsstatischen Verlustkonzeption dient das Imparitätsprinzip als Gewinnermittlungsprinzip, das „als zukunftsbezogener Grundsatz […] künftige Geschäfte verlustfrei in der Gewinn- und Verlustrechnung“1206 erfassen soll. Dies dient dem Bilanzzweck der „vorsichtigen Bestimmung einer umsatzgebundenen Ausschüttungsrichtgröße“1207. Der Wortlaut des Wahlrechts der Richtlinie „voraussehbar“ bzw. „zu vermutend“ deutet einen solchen Zukunftsbezug an, der nach Beine aber durch die kodifizierte Restriktion der Entstehung der Risiken und Verluste bis zum Bilanzstichtag wieder eingeschränkt wird, so dass eine Deutung als Verlustantizipationsgrundsatz eine rechtliche Grundlage entbehren würde.1208 Das Imparitätsprinzip „als Leitgedanke bestimmter sog. Verlustantizipationen“ im Sinne der Ausschüttungsstatik darf jedoch nicht missverstanden werden: Es nimmt keine Verluste vorweg, „sondern die Vermögensminderung ist bereits eingetreten, wenngleich sie noch nicht endgültig ist“1209. In einer solchen Interpretation des Imparitätsprinzips wird das Vorsichtsprinzip im Ansatz weniger streng ausgelegt als nach einer zeitwertstatischen Interpretation, da nur die sich zukünftig in der Gewinn- und Verlustrechnung niederschlagenden Verluste im Sinne einer Saldogröße erfasst werden. Zeitwertstatisch kann eine Abschreibung auf niedrigere Zeitwerte dem Vermögensermittlungsprinzip zum Zwecke der Schuldendeckungskontrolle dienen.1210 Es ist jedoch fraglich, ob eine solche Verlusterfassung als Ausfluss eines Imparitätsprinzips gewertet werden kann, da vor dem Hintergrund der korrekten Darstellung der (Effektiv-)Vermögenslage keine imparitätische Wertung von Chancen und Risiken erfolgt: Zeitwertstatisch müssten auch Zuschreibungen auf Vermögensgegenstände aufgrund eines höheren Zeitwerts Berücksichtigung finden, so dass eine ungleiche Behandlung von Gewinnen und Verlusten demnach nicht vorliegt. Eine grundsätzlich zeitwertstatische Verlustkonzeption der Richtlinie scheint auch deshalb ausgeschlossen, da diese eine Wertminderung von Aktiva zum Zwecke der Vermögensermittlung unabhängig von der Dauer der Wertminderung erzwingen würde.1211 Dies entspräche wiederum nicht Art. 35 Abs. 1 lit. c) aa), bb) und dd) JaR, der ein Wertminderungswahlrecht für Finanzanlagen vorsieht.1212 Auch spricht gegen eine zeitwertstatische Auslegung, dass es sich bei dem gemeinschaftsrechtlichen Terminus „Verlust“ 1206 1207 1208 1209
1210
1211
1212
Wüstemann, Jens: Funktionale Interpretation des Imparitätsprinzips, a. a. O., hier S. 1032. Wüstemann, Jens: Funktionale Interpretation des Imparitätsprinzips, a. a. O., hier S. 1032. Vgl. Beine, Frank: Abschreibungsgrenzen im Vorratsvermögen, a. a. O., hier S. 2417. Beisse, Heinrich: Zum neuen Bild des Bilanzrechtssystems, in: FS Moxter 1994, S. 3–31, hier S. 18–19 (beide Zitate). Vgl. Wüstemann, Jens: Funktionale Interpretation des Imparitätsprinzips, a. a. O., hier S. 1031; vertiefend Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., S. 63–64. Vgl. analog für das HGB argumentierend Wüstemann, Jens: Funktionale Interpretation des Imparitätsprinzips, a. a. O., hier S. 1037–1038. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 266.
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gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. c) cc) JaR um eine Saldogröße handelt.1213 ccc)
Hinweise auf ein enges und weites Imparitätsprinzip durch die terminologische Anpassung der Modernisierungsrichtlinie
Die Bestimmung einer Verlustkonzeption ist schwierig, da weder der Begriff des Risikos noch der Begriff des Verlustes einer Legaldefinition unterliegt. Unklar bleibt daher, was der Normgeber unter diesen Termini versteht. Wenngleich eine sprachliche Auslegung nur bedingt Aufschluss geben kann,1214 fällt auf, dass mit der Modernisierungsrichtlinie die Tendenz zur terminologischen Angleichung sowohl der verschiedenen Sprachfassungen als auch der Richtlinienregelungen einher geht. Eng mit der Regelung des Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR und Art. 31 Abs. 1a) JaR verbunden ist die Frage der Rückstellungsbilanzierung. Während das historische Richtlinienrecht den Terminus des Verlustes auch in anderen Sprachfassungen1215 noch für die Rückstellungsbildung nutzt (Art. 20 Abs. 1 JaR a. F.) und Verlustrückstellungen als Pflichtrückstellung vorsieht, wird mit der Modernisierungsrichtlinie der Rückstellungsbegriff an die IAS angepasst und grundsätzlich der Verlustbegriff gestrichen, so dass nur noch Verbindlichkeitsrückstellungen einer Pflichterfassung unterliegen. Eine Ausnahme bildet weiterhin die französische Sprachfassung, die unverändert von Verlusten spricht (pertes). Gleichwohl fallen die zuvor in anderen Sprachfassungen als der deutschen enthaltenen Zusätze, die den Terminus der Rückstellungen – im Sinne von „Rückstellungen für Aufwendungen und Risiken“1216 – konkretisiert haben, weg.1217 Auch in Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR wurden durch die Modernisierungsrichtlinie die Termini analog angepasst und der Verlustbegriff gestrichen sowie die Regelung auf den Terminus des Risikos eingeschränkt. Eine Ausnahme stellt die englische Version der Richtlinie dar, die von Verbindlichkeiten (liabilities) spricht. Es liegt die Vermutung nahe, dass der Gesetzgeber grundsätzlich zwischen Risiken und Verlusten unterscheiden möchte, da er sonst im Rahmen der Modernisierungsrichtlinie das Wahlrecht der voraussehbaren Risiken und drohenden Verluste des Art. 31 Abs. 1 a) JaR auf Risiken hätte beschränken können. Dem kann aber entgegen gehalten werden, dass ein Wegfall der zu vermutenden Verluste aufgrund der Anpassung des Rückstellungsbegriffs an die IFRS durch die Modernisierungsrichtlinie einem Verbot der Bilanzierung von Verlustrückstellungen gleichgekommen wäre, was auch zu Änderungen der Rückstellungsbilanzierung bei nicht börsennotierten Unternehmen oder eventuell im Jahresabschluss 1213 1214
1215
1216
1217
Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 265. Zur grammatischen Betrachtung und sprachvergleichenden Wortauslegung der für Passiva maßgeblichen Begriffe „Verbindlichkeit“, „Aufwand“, „Risiko“ und „Verlust“ für die vor der Modernisierungsrichtlinie geltende Fassung der Jahresabschlussrichtlinie vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 232–237. So zum Beispiel auch die französische, englische, spanische, italienische und niederländische Fassung der Richtlinie. Vgl. hierzu und zu der Feststellung einer uneinheitlichen Terminologie ausführlich Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 234–236. Dies gilt sowohl für Art. 9 Passiva lit. B., Art. 10 lit. J. und Art. 20 Abs. 3 JaR.
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geführt hätte.1218 So bleibt Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR auf den Begriff der Risiken beschränkt. Dies könnte als eine bewusste Wertung des Normgebers, das weite Imparitätsprinzip im Sinne eines allgemeinen Vorsichtsprinzips zu stärken, aufgefasst werden. Im deutschsprachigen Vorschlag der Modernisierungsrichtlinie wurde von der Verwendung des Begriffs des Risikos hingegen ganz abgesehen und die Formulierung von „(vorhersehbaren) Schulden und (potenziellen) Verlusten“1219 genutzt. Bei einer solchen Umsetzung hätte sich der Begriff des Risikos dann auf den Lagebericht beschränkt, wie dies in der englischen Version der Fall ist. Die dem historischen Richtlinienrecht unterstellte Sprachverwirrung um die Begriffe der Passivkategorien „Aufwand“, „Risiko“, „Verlust“ und „Verbindlichkeit“1220 wird durch die Modernisierungsrichtlinie dergestalt entschärft, dass auch in anderen als der deutschen Sprachfassung Art. 20 Abs. 1 JaR nun von „Verbindlichkeiten“, Art. 20 Abs. 2 JaR von „Aufwendungen“, Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR von „Risiken“ und Art. 31 Abs. 1 a) JaR von „Risiken“ und „Verlusten“ spricht. Aus der terminologischen Anpassung durch die Modernisierungsrichtlinie und der daraus folgenden ausschließlichen Verwendung des Begriffs „Verlust“ in Art. 31 Abs. 1 lit. c) cc) JaR und Art. 31 Abs. 1a) JaR könnte geschlossen werden, dass dieser als bewusste Saldogröße fungieren soll. Dies würde mit der Anpassung des Terminus „Aufwand“ in Art. 20 Abs. 2 JaR korrespondieren und auf eine ausschüttungsstatische Verlustkonzeption i. S. von (künftigen) Aufwandsüberschüssen1221 und damit auf ein eng auszulegendes Imparitätsprinzip hindeuten. Diese Auslegungsprämisse würde damit zu einer zweigeteilten Auslegung des gemeinschaftsrechtlichen Imparitätsprinzips führen: Für die Pflichtregelung der Risikoerfassung des Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR würde ein allgemeines Vorsichtsprinzip gelten, für den Wahlbereich würde eine engere Auslegung des Imparitätsprinzips greifen. Für eine enge Auslegung des gemeinschaftsrechtlichen Imparitätsprinzips in der Wahlrechtsnorm – im Sinne eines strengen Vorsichtsprinzips – spricht auch, dass die Richtlinie seit jeher keine Einschränkung für Verlustrückstellungen i. S. d. deutschen Bilanzrechts vornimmt, nach dem nur „drohende Verluste aus schwebenden Geschäften“ (§ 249 Abs. 1 HGB) angesprochen werden. Dergestalt erfährt die Regelung des Art. 31 Abs. 1a) JaR keine 1218
1219
1220 1221
So wohl auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, KOM (2002) 259/2 endg., a. a. O., S. 5. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, KOM (2002) 259/2 endg., a. a. O., S. 15. Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 232–237. Vgl. Moxter, Adolf: Beschränkung der gesetzlichen Verlustantizipation auf die Wertverhältnisse des Abschlussstichtags?, in: FS Rose, S. 165–174, hier S. 167.
167
Objektivierungsrestriktion, so dass dem Richtliniengeber eine bewusste „Ausweitung der Verlustrückstellungen“ unterstellt werden kann.1222 Auch die Tatsache, dass für eine Verlusterfassung Vermutungen ausreichen und Risiken nur drohen müssen, könnte eine streng am Vorsichtsprinzip orientierte Auslegung stützen.1223 Ebenso könnte man ein solches Verständnis durch den Terminus „Risiko“ in Art. 31 Abs. 1a) JaR bestätigt sehen, der dann keine Dopplung1224 bedeuten würde, sondern aus Vorsichtsgründen auch drohende Risiken berücksichtigt sehen will; gleichwohl bleibt der Risikobegriff unbestimmt. Auch die Umgliederung der Verlustrückstellung als Pflichtrückstellung in den Bereich der Mitgliedstaatenwahlrechte könnte eine solche Auslegung bestärken. Dies würde ein bewusst weites gemeinschaftsrechtliches Imparitätsprinzip als allgemeines Vorsichtsprinzip gemäß Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR bestätigen. Die nationalen Bilanzierungsgepflogenheiten der Verlusterfassung, etwa im deutschen Bilanzrecht,1225 blieben durch das Wahlrecht richtlinienkonform. Diese Auslegungsprämisse könnte auch die Auffassung der unterschiedlichen Bedeutung der Begriffe „Verlust“ und „Risiko“ und der damit korrespondierenden Saldofunktion des Terminus „Verlust“ durch die Einführung der Bilanzierungsoption des Art. 31 Abs. 1a) JaR bestärken. Die Norm rechtfertigt damit lediglich die Richtlinienkonformität einer solchen Auslegung. Die Regelungsreichweite des Imparitätsprinzips bleibt somit weit. Auch wenn die Jahresabschlussrichtlinie „die klare Absicht“ verfolgt, „dass alle materiellen Risikosituationen adäquat geprüft und durch sowohl quantitative als auch qualitative Angaben hinreichend ausgewiesen sind“1226, stellt sie den europäischen Normsetzer gerade hinsichtlich einer hinreichenden Objektivierung des Art. 31 Abs. 1 lit. c) bb) JaR mangels Konkretisierung des Risikobegriffs vor eine große Herausforderung.
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1223 1224
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Vgl. Moxter, Adolf: Zur Problematik der Ansatzvorschriften der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 9 (auch Zitat). Vgl. Fresl, Karlo D.: Die Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 268. So für das deutsche Bilanzrecht z. B. Moxter, Adolf: Beschränkung der gesetzlichen Verlustantizipation auf die Wertverhältnisse des Abschlussstichtags?, a. a. O., hier S. 167; Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., S. 15. Vgl. grundlegend Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., passim. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 19.
168
ddd)
Unbestimmter Zeitpunkt der Risiko- und Verlusterfassung
(aaaa) Passivierungszeitpunkt Das in Art. 31 Abs. 1a) JaR kodifizierte Wahlrecht, nach dem voraussehbare Risiken und zu vermutende Verluste berücksichtigt werden können, suggeriert zunächst, dass die Berücksichtigung solcher Negativbeiträge zum Periodenerfolg des Unternehmens einen vorsichtsbedingt frühen Zeitpunkt der Verlusterfassung fordert. Dieser bleibt zwar grundsätzlich unbestimmt, unterliegt aber dennoch nicht einer willkürlichen Erfassung von Risiken, was dem Schutzzweck der Richtlinie zuwiderlaufen würde.1227 Ein Ansatz von (voraussehbaren) Risiken und zu vermutenden Verlusten erfordert eine Objektivierung, um einen willkürlichen Zeitpunkt der Verlusterfassung zu vermeiden. Eine erste Objektivierung wird durch die Anforderung, dass die Risiken bereits entstanden sein müssen, vorgenommen.1228 Hierdurch erfolgt eine Einschränkung, die nicht konkretisierte Verluste und drohende Risiken allgemeiner Art ausschließt.1229 Die Annahme eines Ausschlusses des allgemeinen Unternehmerrisikos deckt sich auch mit der Regelung der Rückstellungen in Art. 20 Abs. 1 JaR, nach der „genau umschriebene Verbindlichkeiten“ auszuweisen sind; eine Mindestobjektivierung bei der Rückstellungsbilanzierung ist demnach erforderlich.1230 Der genaue Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung bleibt dennoch unbestimmt. Art. 20 JaR fordert, dass die zu erfassenden Aufwendungen „wahrscheinlich oder sicher“ sein müssen. Welche Wahrscheinlichkeitsschwellen zugrunde gelegt werden, bleibt jedoch offen und wird abhängig von der Wertung des Vorsichtsprinzips sein. Dass eine mathematische 50 %-Hürde, wie sie auch im deutschen Bilanzrecht abgelehnt wird, keine hinreichende Objektivierung darstellt,1231 kann auch unter dem Primat der Rechtssicherheit für die Richtlinie angenommen werden. Gleichwohl werden auch das Vorsichtsprinzip aufweichende Tendenzen, wie bei den Wahrscheinlichkeitsschwellen nach IAS 37,1232 mit einem weit ausgelegten Vorsichtsprinzip begründbar sein. Der EuGH bindet eine Rückstellungsbilanzierung zwar grundsätzlich an das objektivierende Kriterium der Unentziehbarkeit,1233 gleichwohl lässt er offen, wann dies der
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Vgl. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 62–63. Vgl. Heusinger, Sabine: Europäisierung des deutschen Bilanzrechts, a. a. O., S. 62–63. Vgl. Schneider, W. Edelfried: Bilanztheoretische Probleme der vierten EG-Richtlinie, a. a. O., S. 137; Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., S. 10. Vgl. Moxter, Adolf: Rückstellungskriterien nach neuem Bilanzrecht, in: BB, 33. Jg. (1978), S. 433–440, hier S. 436. Vgl. für die deutsche Konzeption, nach der eine qualitative Bewertung der Mindestwahrscheinlichkeit ausschlaggebend ist, grundlegend Eibelshäuser, Manfred: Rückstellungsbildung nach neuem Handelsrecht, in: BB, 42. Jg. (1987), S. 860–866; Moxter, Adolf: Wahrscheinlichkeitsschwellen bei Schulden, in: BB, 53. Jg. (1998), S. 2464–2467; Rüdinger, Andreas: Regelungsschärfe bei Rückstellungen, a. a. O., S. 63–79. Vgl. z. B. Moxter, Adolf: Rückstellungen nach IAS: Abweichungen vom geltenden deutschen Bilanzrecht, in: BB, 54. Jg. (1999), S. 519–525, hier S. 520–521; Euler, Roland/Engel-Ciric, Dejan: Rückstellungskriterien im Vergleich – HGB versus IFRS, in: WPg, Sonderheft 2004, Wirtschaftsprüfung und Zeitgeist, 57. Jg. (2004), S. S 139–S 154. Vgl. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), a. a. O., Rn. 25.
169
Fall ist,1234 so dass auch dieses Kriterium unbestimmt bleibt. (bbbb) Wertaufhellung Eine maßgebliche Konkretisierung erfährt der Verlustbegriff bzw. die Erfassung von Risiken und Verlusten durch das Wertaufhellungsgebot des Art. 31 JaR, nach dem „alle Risiken berücksichtigt werden, die in dem betreffenden oder einem früheren Geschäftsjahr entstanden sind, selbst wenn diese Risiken erst zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz bekannt geworden sind“.1235 Eine explizite Verankerung eines objektivierenden Abschlussstichtagprinzips, das einer periodengerechten Gewinnermittlung dient,1236 indem es die Trennung von „Informationen, die das Abschlussstichtags-Reinvermögen betreffen […] und Informationen, die sich auf ein Reinvermögen beziehen, wie es sich erst für die Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellt“1237 vornimmt, kennt das Rechnungslegungsrichtlinienrecht nicht. Gleichwohl erfährt die Verlusterfassung mit ihren inhärenten subjektiven Ermessensspielräumen bei deren Schätzung durch die am Bilanzstichtag orientierte Bewertung (Art. 35 Abs. 1 lit. c) aa) bb) JaR, Art. 39 Abs. 1 lit. b) JaR) eine objektivierungsbedingte Begrenzung, die regelt, welche Verluste im betreffenden Geschäftsjahr berücksichtigt werden müssen.1238 Solche Ereignisse, die ihre Verursachung nach dem Bilanzstichtag finden, sind nicht zu berücksichtigen.1239 Unklar bleibt jedoch die Reichweite der zugrunde liegenden Wertaufhellungskonzeption, d. h. ob für die Verlusterfassung der subjektive Informationsstand des Bilanzierenden, im Sinne des für diesen Wissbare, oder die am Abschlussstichtag objektiven, „tatsächlich gegebenen reinvermögensrelevanten Verhältnisse“1240 maßgeblich sind. Entgegen einem stark ermessensbehafteten subjektiven Verständnis, genügt nach einem objektiven Wertaufhellungsverständnis „die Erkennbarkeit durch Dritte“1241. In der Rechtssache C-306/99 (BIAO) wurde dem EuGH unter anderem die Frage nach der Reichweite der Wertaufhellung und dem Zeitraum der Wertaufhellung vorgelegt. Der EuGH hatte neben der Frage der Zuständigkeit des EuGH und der Bilanzierung von Kreditrisiken
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Vgl. Berndt, Thomas: Vorsichtsprinzip und Grundsatz der Bilanzwahrheit im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie, a. a. O., hier S. 375–377. Vgl. zur Konkretisierung des Wertaufhellungsverständnisses nach HGB und IFRS grundlegend Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a .O., S. 36–58. Vgl. Moxter, Adolf: Beschränkung der gesetzlichen Verlustantizipation auf die Wertverhältnisse des Abschlussstichtags?, a. a. O., S. 165–174, hier S. 169; vertiefend Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., S. 36–37. Moxter, Adolf: Unterschiede im Wertaufhellungsverständnis zwischen den handelsrechtlichen GoB und den IAS/IFRS, in: BB, 58. Jg. (2003), S. 2559–2564, hier S. 2559. Vgl. mit derselben Argumentation für das HGB Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., S. 37. Vgl. vertiefend Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., S. 38. Moxter, Adolf: Unterschiede im Wertaufhellungsverständnis zwischen den handelsrechtlichen GoB und den IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 2559. Moxter, Adolf: Unterschiede im Wertaufhellungsverständnis zwischen den handelsrechtlichen GoB und den IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 2560; vertiefend Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, a. a. O., S. 38–46.
170
unter anderem über die Frage zu entscheiden, ob die Tilgung eines Kredits zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz eine rückwirkend wertaufhellende Tatsache darstellt.1242 Der EuGH stellt fest, dass die Jahresabschlussrichtlinie „nicht ausdrücklich die Berücksichtigung der Tatsache [regelt], dass ein Risiko […] vor dem Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz entfallen ist“1243. Die eigentliche Aussage vermag die Wertaufhellungsfrage jedoch nicht zu konkretisieren: Der EuGH führt aus, dass das Vorsichtsprinzip die Einhaltung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit „die Berücksichtigung aller Faktoren gebietet, die sich tatsächlich auf das fragliche Geschäftsjahr beziehen“. Er stellt ferner fest, „dass sich ein Vorgang wie die Rückzahlung des […] gewährten Kredits […] nach dem Bilanzstichtag nicht tatsächlich auf das fragliche Geschäftsjahr bezieht“1244. Eine Auseinandersetzung des Gerichtshofs mit den Aufhellungsgrundsätzen bleibt jedoch aus.1245 Aus der Aussage kann – entgegen der Ansicht von Bärenz, der auf eine subjektive Wertaufhellungskonzeption des EuGH schließt1246 – somit keine Tendenz bezüglich einer vom EuGH vertretenen Wertaufhellungskonzeption abgeleitet werden:1247 Für eine subjektive Konzeption spräche, dass ein Risikowegfall für den Bilanzierenden am Bilanzstichtag nicht erkennbar war. Für eine objektive Wertaufhellung spräche, dass im Urteil hervorgehoben wurde, dass „die prognostizierte Rückzahlung der Schuld […] mit einem doppelten Risikofaktor behaftet“ war. Daher war nicht auszuschließen, dass der Bilanzierende „die nach dieser Vereinbarung garantierte Summe […] würde zahlen müssen. In diesem Fall hätte die Garantie ein am Bilanzstichtag nicht unerhebliches Verlustrisiko dargestellt“1248. Objektiv war ein Risikowegfall nicht erkennbar. Das Urteil bleibt hinsichtlich der vorgelegten Frage der Reichweite der Wertaufhellung folglich ergebnislos. Vor dem Hintergrund des zu erfassenden Risikos nimmt der EuGH zumindest eine wichtige Konkretisierung vor, indem er feststellt, dass der true and fair view es erfordere, die Verringerung oder den Wegfall eines Risikos „an irgendeiner Stelle des Jahresabschlusses“ zu erwähnen.1249 Diese Forderung würde mit der Anpassung des Risikobegriffs der Modernisierungsrichtlinie übereinstimmen, indem eben der Terminus „Risiko“ nicht auf den Lagebericht beschränkt wird, sondern eine adäquate Erfassung von Risiken im Jahresabschluss verlangt.
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Vgl. FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 22. April 1999 II 23/97, a. a. O., hier S. 1033. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 122. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 123–124 (beide Zitate). Vgl. Moxter, Adolf: Unterschiede im Wertaufhellungsverständnis zwischen den handelsrechtlichen GoB und den IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 2562. Vgl. Bärenz, Christian: Zum Einfluss des Gemeinschaftsrechts auf das Steuerbilanzrecht, a. a. O., S. 213. Vgl. zu dieser Argumentation Moxter, Adolf: Unterschiede im Wertaufhellungsverständnis zwischen den handelsrechtlichen GoB und den IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 2562. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., Rn. 99. LUTTERMANN sieht hierin seine Ablehnung gegenüber der deutschen Abkopplungsthese bestätigt. Vgl. Luttermann, Claus: Anmerkung zum EuGH-Urteil Rs. C-306/99 (BIAO), a. a. O., hier S. 418.
171
2.
Kritische Würdigung eines European true and fair view als gemeinschaftsrechtliches Konzept
Eine Normkonkretisierung eines European-True-and-fair-View-Konzepts als einheitliches europäisches Konstrukt unter Orientierung an den Einzelnormen des Art. 31 Abs. 1 JaR stößt auf Kritik:1250 Die Generalnorm der Bilanzrichtlinien konkretisiere sich vielmehr im Sinne von „a true and fair view“ als im Sinne von „the true and fair view“.1251 Alexander erachtet die Bedeutung des in der Richtlinie geforderten true and fair view als Endorsementkriterium aufgrund der geänderten Bilanzrichtlinien zu Gunsten der Anpassung an die IFRS als bedeutungslos.1252 Dies begründe sich darin, dass es sich bei dem true and fair view um ein dynamisches Konzept handele, das durch Rechnungslegungsregelungen beeinflusst wird,1253 aber anhand der Rechnungslegungspraxis interpretiert werden müsse. Da auch die Einzelnormen diesem dynamischen Konzept unterliegen, Rechnungslegung sich durch (nationale) unterschiedliche konzeptionelle Systeme erschließe und somit keinem einheitlichen Konzept („economic reality“1254) folgen könne,1255 ergäbe sich auch ohne eine Änderung der Bilanzrichtlinien eine Änderung dieses in Frage stehenden European true and fair view. Ferner bedeute dies eine unterschiedliche Auslegung der IFRS durch die Mitgliedstaaten im Sinne von „a true and fair view“. Aufgrund dieser dynamischen Konzeption1256 der den true and fair view bestimmenden Faktoren könne gleichermaßen keine Rechtssicherheit im Rahmen des Endorsementprozesses aus der Forderung nach Übereinstimmung mit einem true and fair view entstehen. Ein einheitliches europäisches Konzept eines European true and fair view existiere demnach nicht.1257 Da Rechtssicherheit aus Sicht des Europarechts eine fundamentale Forderung darstellt und in der Rechtsprechung des EuGH regelmäßig angesprochen wird,1258 kann der Argumentation
1250
Vgl. Alexander, David: Legal Certainty, European-ness and Realpolitik, a. a. O., hier S. 67–71; Nobes, Christopher: Revenue Recognition and EU Endorsement of IFRS, a. a. O., hier S. 82. 1251 Vgl. Nobes, Christopher: Revenue Recognition and EU Endorsement of IFRS, a. a. O., hier S. 82. Die Bedeutung der Termini „a true and fair view” bzw. „the true and fair view” war bspw. auch bei der nationalen Umsetzung der Prüferbefähigungsrichtlinie in Spanien Gegenstand von Diskussionen. Vgl. Bougen, Philip D./Vasquez, David: Debating Spanish audit legislation: the audit law of 1988, in: EAR, Vol. 6 (1997), S. 1–17, hier S. 7–12. 1252 Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Alexander, David: Legal Certainty, European-ness and Realpolitik, a. a. O., hier S. 67–71. 1253 So auch Arden, Mary: Accounting Standards Board: The true and fair view requirement – opinion –, 21. April 1993; Hoffmann, Leonard/Arden, Mary: Legal opinion obtained by Accounting Standards Committee of true and fair view, with particular reference to the role of accounting standards, 13. September 1983. 1254 Alexander, David: Legal Certainty, European-ness and Realpolitik, a. a. O., hier S. 67. 1255 So auch Colmant, Bruno: Quelques réfléxions sur la fidélité des images comptables, in: Accountancy&Tax, 2006/2, S. 5–16, hier S. 12. 1256 Bestätigend auch Vieten, Holger: The True and Fair View: a European Retrospective, a. a. O., hier S. 383. 1257 So auch Nobes, Christopher: Revenue Recognition and EU Endorsement of IFRS, a. a. O., hier S. 82. 1258 Vgl. zur Rechtssicherheit als Strukturprinzip der EU m. w. N. oben, 1. Kapitel B.I.3.a)cc)aaa), sowie aus Sicht der Kommission hinsichtlich der IFRS als notwendige Anforderung z. B. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, a. a. O., S. 7–8; Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
172
aus europarechtlicher Perspektive so nicht gefolgt werden. Auch der Feststellung, dass es sich bei dem true and fair view gemäß der englischen Konzeption um ein dynamisches Konzept handele, das sich letztlich durch länderspezifische Bilanzierungstraditionen und -praktiken erschließt, mag vielleicht der erfolgten Umsetzung durch die Mitgliedstaaten entsprechen, genügt jedoch keiner europarechtlichen Auslegung, nach der nationale Bestimmungen zur Norminterpretation unerheblich sind.1259 Auch wenn die nationale Bilanzierungspraxis Unterschiede in der Interpretation von Normen aufweist1260 und nach wie vor das Rechnungslegungsrecht durch unterschiedliche nationale Kontexte bedingt ist, muss sich eine Konzeptionsbestimmung aus dem zugrunde liegenden Rechtsrahmen unabhängig von nationalen Bilanzierungspraktiken ergeben. Richtig ist sicherlich das Argument Alexanders, dass die IFRS aufgrund der differierenden historischen und kulturellen nationalen Hintergründe einer unterschiedlichen Auslegung und Anwendung unterliegen werden.1261 Wüstemann/Kierzek zeigen auf, dass diese Problematik einem plurilinguistischen Europa aufgrund der Gleichverbindlichkeit europäischer Regelungen immanent ist. Umso mehr ist es Aufgabe der EU, eine einheitliche und konsistente Auslegung europäischer Normen, hier der IFRS, zu erreichen.1262 Zuzustimmen ist auch der Aussage, dass sich mit der Änderung der Bilanzrichtlinien auch die Konzeption des true and fair view ändert, da eine Änderung der normbestimmenden Einzelnormen erfolgt.1263 Es wurde deutlich aufgezeigt, dass der European true and fair view hierdurch einen noch breiteren Auslegungsspielraum zu Gunsten der Schutzfunktion einer Informationsvermittlung erhält. Ferner ergibt sich daraus, dass sich die nationalen Bilanzierungspraktiken im Umsetzungsspielraum dieses European-True-and-fair-View-Konzepts befinden können. Die Existenz eines European true and fair view spricht demnach nicht gegen mögliche nationale Ausgestaltungsmöglichkeiten der Norm. Der Umsetzungsspielraum dieses European true and fair view in seiner Konkretisierung durch die Einzelnormen der Richtlinie ist hinreichend weit und lässt sowohl eine override-Funktion als auch eine Abkopplungsthese nach deutschem Recht als gemeinschaftsrechtskonform zu. Dies wird aber dem Harmonisierungsziel insbesondere dann entgegenstehen, wenn der European true and fair view als Auslegungshilfe für in Frage stehende Regelungslücken dienen soll.
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betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsgrundsätze, KOM (2001) 80 endg., a. a. O., S. 4. So auch Hennrichs, Joachim: Wahlrechte im Bilanzrecht der Kapitalgesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der EG-Bilanzrichtlinie, a. a. O., S. 141–142. Zum Grundsatz der autonomen Auslegung des Gemeinschaftsrechts vgl. oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.I.3.b)bb). Vgl. für eine unterschiedliche Rechnungslegungspraxis innerhalb der EU am Beispiel des IFRS 7 „Financial Instruments: Disclosures“ Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis: Ausweis von Finanzinstrumenten in Europäischen Bankbilanzen nach IFRS: Normative Erkenntnisse empirischer Befunde, in: WPg, 61. Jg. (2008), S. 865–873; Bischof, Jannis: The Effects of IFRS 7 Adoption on Bank Disclosure in Europe, Working Paper, Universität Mannheim 2008. So auch Hulle, Karel van: Truth and untruth about the true and fair: a commentary on ‘A European true and fair view’ comment, a. a. O., hier S. 100. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: True and Fair View revisited – A Reply to Alexander and Nobes, a. a. O., hier S. 95. Vgl. Alexander, David: Legal Certainty, European-ness and Realpolitik, a. a. O., hier S. 70.
173
3.
Harmonisierungsbegrenzende Wirkung des European-True-and-fair-View-Gebots
Die Erarbeitung der Konzeption des European true and fair view und die Analyse der Rechtsprechung zum europäischen Bilanzrecht hat die grundsätzliche Umsetzungsbreite von General- und Einzelnormen bestätigt. Die Tendenz der Fair-Value- bzw. Modernisierungsrichtline, das Realisations- und das Imparitätsprinzip weiter aufzuweichen, kann als Stärkung des Informationszwecks der Richtlinie zu Gunsten der Anwendung der IFRS gewertet werden. Hinsichtlich des geltenden europäischen Bilanzrechts ergibt sich hierdurch jedoch eine massive Gefährdung der gewollten Harmonisierung bzw. ein Widerspruch zum Anspruch einer Standardisierung, da vor allem durch die Einführung regelungserweiternder Wahlrechte (wie der Fair-Value-Option des Art. 42 e und 42 f JaR), bzw. zum Wahlrecht degradierte regelungseinschränkende Normen (wie die Erfassung voraussehbarer Risiken und zu vermutende Verluste) neue Abweichungsmöglichkeiten geschaffen werden und sich der Auslegungsrahmen eines true and fair view nochmals erweitert. Dieser Aspekt kann hinsichtlich der Übernahme des IAS 18 i. V. m. dem EuGH-Urteil in der Rs. 234/94 (Tomberger/Wettern GmbH) bestätigt werden: Die erfolgte Übernahme des IAS 18 durch die Kommission, der im Wortlaut dem EuGH-Urteil zur phasengleichen Dividendenvereinnahmung (Tomberger/Wettern GmbH) entgegensteht, könnte dahingehend gewertet werden, dass der Umsetzungsspielraum des European true and fair view auch im geltenden Bilanzrecht bewusst weit belassen – wenn nicht gar erweitert – wird. Wenn der Wortlaut des IAS 18.30(c) dem in wirtschaftlicher Betrachtungsweise erfolgten Urteil Tomberger/Wettern GmbH und damit dem European true and fair view entspricht (was eine korrekte Übernahme des IAS 18 durch die Kommission suggeriert), unterliegt auch das geltende Bilanzrecht nach IFRS einem weit gefassten European true and fair view. Dies vermag andererseits vor dem Hintergrund der neu verfolgten Strategie des europäischen Gesetzgebers einer Standardisierung nicht zu überzeugen, soll doch eine weitgehende Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der Abschlüsse in Europa erreicht werden. Eine derartige Auslegungsbreite des European true and fair view steht diesem Ziel gerade deutlich entgegen, da der European-True-and-fair-View-Grundsatz Bindeglied von Richtlinien- und Verordnungsrecht ist, und das Problem der Lückenschließung über einen true and fair view auch im geltenden Bilanzrecht bei einem gemeinschaftsrechtlich weiten Auslegungsspielraum grundsätzlich bestehen bleibt. Dies erscheint insbesondere im Hinblick auf eine notwendige Rechtssicherheit bedenklich. Unter der Annahme, dass IAS 18 nicht rechtmäßig übernommen wurde, obliegt es dem EuGH, im Rahmen einer Vorlagefrage über eine Ungültigkeit der Norm zu entscheiden. Als Konsequenz einer fehlerhaften Übernahme dieses Standards ergäben sich dann eine erhebliche Rechtsunsicherheit und die Gefahr einer unterschiedlichen Auslegung von übernommenen IFRS und den IFRS des IASB. Beide Möglichkeiten sind einer Harmonisierung oder gar Standardisierung nicht dienlich.
174
B.
Das Prinzip der fair presentation im Normengefüge der IFRS
I.
Übergeordneter Grundsatz einer fair presentation im Normengefüge der IFRS
Gemäß der Zielsetzung der Informationsvermittlung unterliegt ein IFRS-Abschluss dem Grundsatz der fair presentation. Dieser erfährt in IAS 1.15–24 eine nähere Konkretisierung: Als „übergeordnete Zielnorm“1264 haben Abschlüsse gemäß IAS 1.15 „die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Cashflows eines Unternehmens den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend darzustellen. Eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Darstellung erfordert, dass die Auswirkungen der Geschäftsvorfälle sowie der sonstigen Ereignisse und Bedingungen übereinstimmend mit den im Rahmenkonzept enthaltenen Definitionen und Erfassungskriterien für Vermögenswerte, Schulden, Erträge und Aufwendungen glaubwürdig dargestellt werden.“
Entsprechend dem Prinzip der Entscheidungsnützlichkeit von Informationen nach IAS 1.9 sollen den Adressaten ein tatsächliches Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt werden. Die Gewährung einer fair presentation schließt auch die Beachtung der im Rahmen des Management-Ansatzes nach IAS 8.10–12 geltenden Kriterien zur Lückenschließung (IAS 1.17(a)), eine die qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts erfüllende Darstellung von Informationen (IAS 1.17(b)) sowie eine Bereitstellung zusätzlicher Angaben zur besseren Verständlichkeit von Auswirkungen einzelner Geschäftsvorfälle auf die Unternehmenslagen (IAS 1.17(c)) ein. Die Forderung nach einer fair presentation führt nach IAS 1.19 im äußerst seltenen Fall dazu, dass von den Einzelregelungen eines Standards oder einer Interpretation gemäß dem im Rahmenkonzept geregelten Rechnungslegungszweck abgewichen werden muss, „sofern die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen eine solche Abweichung erfordern oder ansonsten nicht untersagen“. Dem Konzept der fair presentation kommt demnach eine override-Funktion zu, 1265 die im Folgenden zu konkretisieren sein wird. Diese den IFRS vorstehenden grundlegenden Überlegungen des IAS 1 entsprechen in ihrer deutschen Fassung dem Wortlaut des true and fair view der Bilanzrichtlinien: Der IFRSAbschluss muss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermitteln. Dass eine sprachliche Gleichsetzung aber nicht zu einer inhaltlichen Übereinstimmung führen muss, zeigt sich nicht nur in der noch aufzuzeigenden inhaltlichen Konkretisierung: Bereits eine Betrachtung des englischen Wortlauts des IAS 1.15, der nicht von einem true and fair view, sondern vom Ziel der Erreichung einer fair presentation bei Anwendung der IFRS spricht, legt eine solche Vermutung nahe, auch wenn in der englischen Version des Rahmenkonzepts beide Begriffe
1264
1265
Kierzek, Sonja/Wüstemann, Jens: Aufstellungsgrundsätze, in: Hommel, Michael/Wüstemann, Jens: Synopse der Rechnungslegung nach HGB und IFRS, München 2006, S. 21–39, hier S. 22. So auch Bonham, Mike et al.: International GAAP 2008, Vol. 1, Chichester et al.: Wiley & Sons 2008, S. 223; Hayn, Sven: Abschnitt 2: Darstellung der Vermögens- und Finanzlage (Bilanz), in: Wiley IFRS 2008, Rn. 112–113; Kierzek, Sonja/Wüstemann, Jens: Aufstellungsgrundsätze, a. a. O., hier S. 22. A. A. Hinz, Michael: Rechnungslegung nach IFRS, a. a. O., S. 79.
175
synonym verwendet werden.1266 Die synonyme Verwendung beider Termini in RK.46 findet sich mit Ausnahme der deutschen Sprachfassung, die lediglich von einer „Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes“ spricht, in allen offiziell abrufbaren Sprachfassungen des unverbindlichen Rahmenkonzepts wieder.1267 In den einzelnen Sprachfassungen des IAS 1 hingegen erfolgt dann wiederum eine Berufung auf den entsprechenden Begriff der Bilanzrichtlinien zum true and fair view, so z. B. spanisch: „imagen fiel“, französisch: „image fidèle“, niederländisch: „gretouw beeld“. Die italienische Fassung gleicht sich indes an die „representazione attendibile“ des Rahmenkonzepts an. Das Verhältnis beider Zielnormen zueinander ist demnach ungeklärt. Die Zielsetzung beider Normen basiert jedoch auf demselben Ursprung: „Es ist die Erkenntnis, dass Transparenz und eine zeitgerechte Übermittlung von Informationen die Grundvoraussetzungen für Vertrauen und damit eine rationale wirtschaftliche Entscheidung darstellen“1268. Die sich dennoch ergebenden Unterschiede können anhand der unterschiedlichen Zwecksetzung des Abschlusses vermutet werden: Während nach IFRS die reine Informationsvermittlung in den Vordergrund rückt, muss ein true and fair view gemäß den Bilanzrichtlinien auch Raum für Zwecke der Ausschüttungsbemessung bieten. Dies führt aufgrund notwendiger Objektivierungsrestriktionen tendenziell zu einer stärkeren Einschränkung der Informationsfunktion. Eine solche inhaltliche Differenzierung wird im Folgenden zu überprüfen sein. II.
Konkretisierung des Konzepts der fair presentation nach IFRS
1.
Fair presentation nach IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“
a)
Bedeutung der Einzelstandards und des Rahmenkonzepts für die fair presentation
Dem Konzept der fair presentation nach IAS 1 liegt die Annahme zugrunde, dass durch die „Anwendung der IFRS, gegebenenfalls um zusätzliche Angaben ergänzt“ (IAS 1.15) „[u]nter nahezu allen Umständen […] ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild“ (IAS 1.17) vermittelt wird. Wüstemann/Bischof/Kierzek folgern daraus, dass sich eine fair presentation „aus der Gesamtschau der einschlägigen Bilanzierungsgrundsätze erschließt“. Eine fair presentation nach IFRS findet demnach durch die gegenseitige Bedingung von Einzel- und Generalnorm eine zum European true and fair view analoge Konkretisierung.1269 Wie IAS 1.15 bereits andeutet, wird eine fair presentation aber nicht allein durch diese 1266
1267 1268
1269
Auch für das englische Bilanzrecht nach drei Konzepten des true and fair view unterscheidend (UK-GAAP, EG-Richtlinien und IFRS) Freshfields Bruckhaus Deringer: The „True and fair Requirement“ and International Accounting Standards, London 22 June 2005, S. 4–5. Vgl. Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002. Cotting, René/Boemle, Max: True and fair View-Konzept versus Fair Presentation, in: Der Schweizer Treuhänder, 74. Jg. (2000), S. 788–794, hier S. 789. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 72.
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Gesamtschau determiniert, sondern auch durch die dem Rahmenkonzept zugrunde liegenden Annahmen und Definitionen als Deduktionsbasis für die in den Einzelstandards zugrunde gelegten Normen.1270 Die geforderte Informationsvermittlung nach IAS 1.15 unterliegt der Anforderung einer glaubwürdigen Darstellung (faithful representation), die eine Nebenbedingung einer verlässlichen Information gemäß RK.31–38 darstellt. Diese ist eine der vier qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts an einen Abschluss nach IFRS, die wiederum als Voraussetzungen für eine fair presentation angenommen werden (RK.46). Diese wesentlichen Grundsätze der IFRS werden auch in IAS 1.17(b) aufgegriffen und besitzen durch die Kodifizierung in diesem Standard „materiellen Verbindlichkeitscharakter“1271. Weiterhin greift IAS 1 bei seinen Anforderungen an die Inanspruchnahme des die fair presentation bestimmenden overriding principle gemäß IAS 1.19–IAS 1.24 auf das Rahmenkonzept zurück. Eine fair presentation ist daher nicht losgelöst vom Rahmenkonzept zu konkretisieren: Die Konzeption der fair presentation erschließt sich somit einerseits über die einschlägigen Bilanzierungsgrundsätze der IFRS und andererseits – wie aufzuzeigen sein wird – vor allem über die qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts. Da das Rahmenkonzept aufgrund der fehlenden Übernahme kein zwingendes europäisches Recht darstellt, ist aus europäischer Sicht eine Konkretisierung einer fair presentation nach dem Rahmenkonzept nicht bindend. Eine Bestimmung der in IAS 1.17(b) genannten Anforderungen einer fair presentation von „relevanten, verlässlichen, vergleichbaren und verständlichen Informationen“, die zudem dem dritten Endorsementkriterium entsprechen, ist jedoch ohne den Rückgriff auf die qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts nach IFRS kaum möglich.1272 b)
Entwicklung des overriding principle nach IAS 1.19
Das override-Gebot des derzeit geltenden IAS 1 war nicht immer Bestandteil der IFRS. IAS 1 (1975) sah weder eine Abweichung von Einzelnormen zu Gunsten der Vermittlung eines true and fair view oder einer fair presentation vor, noch war ein Bezug zu einem true and fair view oder einer fair presentation in den Regelungen enthalten.1273 Bis zu seiner Überarbeitung und der Entwurfsfassung E53 von 19961274 lag die Prämisse zugrunde, dass eine angemessene Anwendung der IAS sowie der Einhaltung der durch RK.46 in Bezug genommenen
1270 1271
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1274
Zum Zweck und Status des Rahmenkonzepts vgl. RK.1–4. Lopatta, Kerstin: Goodwillbilanzierung und Informationsvermittlung nach internationalen Rechnungslegungsstandards, Wiesbaden 2006, S. 26. So wohl auch Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), a. a. O., Rn. 4. Vgl. Achleitner, Ann-Kristin/Kleekämper, Heinz: Kommentierung zu IAS 1, in: Rechnungslegung nach International Accounting Standards (IAS), hrsg. von Jörg Baetge u. a., Stuttgart 1997, hier Rn. 98–101; Goebel, Andrea/Fuchs, Markus: Rechnungslegung nach den International Accounting Standards vor dem Hintergrund des deutschen Rechnungslegungsrechts für Kapitalgesellschaften, in: DStR, 32. Jg. (1994), S. 874–880, hier S. 875–876. Zur Geschichte des IAS 1 vgl. Evans, Lisa: The true and fair view and the ‚fair presentation‘ override of IAS 1, in: Accounting and Business Research, Vol. 33 (2003), No. 4, S. 317–318.
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qualitativen Anforderungen zu diesem tatsächlichen Bild führt. Ein overriding principle wurde demnach nicht als notwendig erachtet.1275 Mit der Neufassung des IAS 1 (überarbeitet 1997) wurden die Standards IAS 1 „Disclosure of Accounting Policies”, IAS 5 „Information to be Disclosed in Financial Statements” und IAS 13 „Presentation of Current Assets and Current Liabilities” ersetzt. Obwohl das IASB zunächst eine Einführung eines fair presentation override aufgrund des – aus Sicht des IASB – weniger starren Regelungssystems der IFRS im Vergleich zur Jahresabschlussrichtlinie und aus Angst vor Missbrauch einer solchen Norm1276 weiterhin als nicht notwendig erachtete,1277 wurde mit der Neufassung des IAS 1 (überarbeitet 1997) „Darstellung des Abschlusses“ ein solches eingeführt.1278 Allerdings macht das IASB deutlich, dass der Anwendungsbereich des overriding principle beschränkt ist: IAS 1.14 (1997) legt fest, dass den IFRS entgegenstehende nationale Regelungslösungen für sich alleine genommen keinen Grund für eine Abweichung darstellen. Ferner weist das IASB darauf hin, dass abweichende Fälle durch das IASB überwacht werden und ggf. zu „Klarstellungen durch Interpretationen oder Änderung der Standards“ führen werden, um die Anwendung eines override einzuschränken (IAS 1.18 (1997)).1279 In der Version des IAS 1 (überarbeitet 2003/2007) „Darstellung des Abschlusses“ wird das Konzept der fair presentation weiter konkretisiert, der Bezug zum Rahmenkonzept hergestellt, umfangreiche Angabepflichten bei Inanspruchnahme des override eingeführt und der Anwendungsbereich weiter bewusst eingeschränkt.1280 IAS 1.13 (überarbeitet 2003)1281 stellt klar, dass sich die Bedeutung einer fair presentation aus den IFRS und dem Rahmenkonzept ergibt:1282 Ein IFRS-Abschluss hat hierfür nach IAS 1.13 (überarbeitet 2003) die „Geschäftsvorfälle, sonstige[.] Ereignisse und Bedingungen gemäß den im Rahmenkonzept enthaltenen Definitionen und Erfassungskriterien für Vermögenswerte, Schulden, Erträge und Aufwendungen“ glaubwürdig darzustellen (faithful representation).1283 1275
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Vgl. Cairns, David: Applying International Accounting Standards, third edition, London: Tolley Lexis Nexis 2002, S. 127; Goebel, Andrea/Fuchs, Markus: Rechnungslegung nach den International Accounting Standards vor dem Hintergrund des deutschen Rechnungslegungsrechts für Kapitalgesellschaften, a. a. O., hier S. 876. Vgl. zu den Bedenken eines true and fair view override auch Gearin, Michael/Khandelwal, Sanjay: A True and Fair View or Mandatory Standards?, in: Australian Accountant, 65. Jg. (1995), S. 12–16, hier S. 15. Vgl. Achleitner, Ann-Kristin/Peji, Philip: Des Abschlusses neue Kleider, in: DB, 49. Jg. (1996), S. 2037– 2043, hier S. 2038; Harding, Terry: A Fair Presentation, in: IASC-Insight, Juli 1996, S. 16–17, hier S. 16. Vgl. Cairns, David: Applying International Accounting Standards, third edition, a. a. O., S. 127–128; IASC Update, April 1997, S. 2. Vgl. auch Alexander, David: A benchmark for the adequacy of published financial statements, in: Accounting and Business Research, Vol. 29 (1999), No. 3, S. 239–253, hier S. 251. Vgl. auch Evans, Lisa: The true and fair view and the ‚fair presentation‘ override of IAS 1, a. a. O., hier S. 318; Küting, Karlheinz/Gattung, Andreas: Der Principle Override nach IFRS – vom Mythos einer fairen Rechnungslegung (Teil A), in: PiR, 2. Jg. (2006), S. 33–37, hier S. 36. Vgl. auch IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ (überarbeitet 2003) BC.6. Dies entspricht IAS 1.15 (überarbeitet 2007). Evans, Lisa: Problems with fairness, in: Accountancy, Vol. 134 (2004), No. 1334, S. 81. Die Terminologie in der deutschen Fassung ist uneinheitlich: Während IAS 1.13 für den englischen Begriff der faithful representation die Übersetzung „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Darstellung“ verwendet, ist in der deutschen Fassung des Rahmenkonzepts die Rede von einer „glaubwürdigen Darstellung“ (RK.33). Dies wäre in Anbetracht des durch den true and fair view bzw. der fair presentation
178
Die Einführung des fair presentation override stellt einen gravierenden Unterschied zu den US-GAAP dar: Obwohl der Wortlaut des IAS 1.13 (überarbeitet 2003) bzw. IAS 1.15 (überarbeitet 2007)1284 eine Annäherung an den US-amerikanischen Prüfungsgrundsatz, nach dem ein Abschlussprüfer eine Meinung darüber abgeben muss, „as to whether the financial statements present fairly […] in conformity with generally accepted accounting principles“1285, suggeriert, stellt dieser nach US-GAAP kein overriding principle dar.1286 Des Weiteren ergibt er sich auch nicht explizit aus den US-amerikanischen Rechnungslegungsregelungen, sondern erlangt seine „Bedeutung für die Rechnungslegung […] über die Kodifizierung als Prüfungsgrundsatz“1287.1288 c)
Bedingungen des overriding principle
Eine Abweichung von Einzelnormen darf mit IAS 1.19 (überarbeitet 2007) nur vorgenommen werden, „sofern die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen eine solche Abweichung erfordern oder ansonsten nicht untersagen“. Der Anwendungsbereich des IAS 1.19 wird durch die bereits mit der überarbeiteten Version 2003 aufgenommenen Bedingung einer „so irreführend[en]“ Darstellung, dass es zu einem Konflikt mit dem in dem Rahmenkonzept geschilderten Zweck der Abschlüsse kommen würde, bewusst eingeschränkt.1289 Sollten jedoch konfligierende nationale Regelungen einer Abweichung entgegenstehen, befreit IAS 1.23 (überarbeitet 2007) Unternehmen wieder vom Abweichungsgebot unter Auflage der
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besetzten Terminus eines „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanzund Ertragslage“ auch die konsistente Übersetzung zu der Forderung einer solchen faithful representation. „present fairly […] in accordance with“ AICPA (Hrsg.): AU Section 508: Reports on Audited Financial Statements, in: Codification of Statements on Auditing Standards, New York 1998, Abs. 08 h; AICPA (Hrsg.): AU Section 411: The Meaning of Present Fairly in Conformity with Generally Accepted Accounting Principles in the Independent Auditor’s Report, in: Codification of Statements on Auditing Standards, New York 1998, Abs. 01; AICPA: Statement on Auditing Standards No. 69: The Meaning of Present Fairly in Conformity with Generally Accepted Accounting Principles in the Independent Auditor’s Report. Vgl. Zeff, Stephan: International accounting principles and auditing standards, in: EAR, Vol. 2 (1993), S. 403–410, hier S. 403–404. Vgl. zur Bedeutung der fair presentation nach US-GAAP auch Adler/Düring/Schmaltz (2006): Abschnitt 1: Konzeptionelle Grundlagen, in: ADS International Band 1, Rn. 116–120. WÜSTEMANN zeigt auf, dass die US-Gerichte entgegen dieser engen Auffassung des AICPA eine fair presentation durchaus als overriding Norm verstehen. Vgl. Wüstemann, Jens: Generally Accepted Accounting Principles: Zur Bedeutung und Systembildung der Rechnungslegungsregeln der USA, a. a. O., S. 80–90. Ebenso Reifschneider, Christina: Informationeller Anlegerschutz, Wiesbaden 2007, S. 69–72. Vgl. für einen Vergleich des Begriffs fair presentation in den USA und Kanada mit dem Terminus des true and fair view in europäischen Rechtsordnungen unter Gleichsetzung beider Termini Zahid, Anowar: „True and Fair View“ Versus „Fair Presentation“ Accountings: Are They Legally Similar or Different?, in: Eur. Bus. Law Rev., Vol. 19 (2008), Issue 4, S. 677–690. Baetge, Jörg/Roß, Heinz-Peter: Was bedeutet »fair presentation«?, in: US-amerikanische Rechnungslegung, hrsg. von Wolfgang Ballwieser, 4. überarb. und erw. Aufl., Stuttgart, 2000, S. 29–47, hier S. 34. Vgl. zum Konzept der fair presentation nach US-GAAP auch McEnroe, John E./Martens, Stanley C.: Individual Investor’s Perceptions regarding the Meaning of US and UK Audit Report Terminology: ‘Present Fairly in Conformity with GAAP’ and ‘Give a True and Fair View’, in: J. of Bus. Fin. & Acc., Vol. 25 (1998), No. 3/4, S. 289–307; Kirk, Ngaire E.: ‘True and fair view’ versus ‘present fairly in conformity with generally accepted accounting principles`, Discussion Paper Series 208, Massey University, School of Accountancy, August 2001. Vgl. Küting, Karlheinz/Gattung, Andreas: Der Principle Override nach IFRS – vom Mythos einer fairen Rechnungslegung (Teil B), in: PiR, 2. Jg. (2006), S. 49–54, S. 50.
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bestmöglichen Verringerung der „für irreführend erachteten Aspekte“ durch Angaben im Anhang. Dies wiederum steht im Widerspruch zu IAS 1.18, nach dem die „Anwendung ungeeigneter Rechnungslegungsmethode […] weder durch die Angabe der angewandten Methoden noch durch Anhangangaben oder zusätzliche Erläuterungen behoben werden [kann]“.1290 Durch diesen politisch motivierten „geteilten Ansatz“1291, der eine Abweichung von den geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen gemäß IAS 1.19 und IAS 1.23 abhängig macht, soll den unterschiedlichen nationalen Rechnungslegungsregelungen Rechnung getragen werden.1292 Allerdings wird der Terminus der „geltenden gesetzlichen Rahmenbestimmungen“ nicht näher konkretisiert. Küting/Gattung stellen diesbezüglich fest, dass die IASVerordnung als supranationales Recht für die betroffenen Unternehmen – d. h. für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU – unmittelbare Bindungswirkung entfaltet und gemäß der (gleichwohl unverbindlichen) Auffassung der Kommission hinsichtlich der Interaktion zwischen nationalem umgesetzten Richtlinienrecht und der IAS-Verordnung „keine aus den Rechnungslegungsrichtlinien umgesetzte Bestimmung eine Gesellschaft daran hindern oder dahingehend einschränken [darf], dass sie die übernommenen IAS vollumfänglich anwendet oder deren Wahlmöglichkeit in Anspruch nimmt“1293.
Ein override-Gebot nach IAS 1.15 kann demnach durch national entgegenstehendes Recht nicht untersagt werden.1294 Von dieser override-Funktion kann aber erst dann Gebrauch gemacht werden, wenn trotz (der ohnehin erforderlichen) zusätzlichen Angaben im Anhang gemäß IAS 1.17(c) i. V. m. IAS 1.15 eine irreführende Darstellung, die im Konflikt mit den Zwecken der IFRS Rechnungslegung nach dem Rahmenkonzept stünde, gegeben wäre.1295 Wird von IAS 1.19 Gebrauch gemacht, unterliegt eine solche Abweichung einer Einzelregelung eines Standards oder einer Interpretation der Anforderung der genauen Dokumentation nach den Vorgaben des IAS 1.20.1296 Ein solcher Konflikt, der zur Anwendung des fair presentation override gemäß IAS 1.19 führt, liegt dann vor, wenn die in Frage stehende Angabe „die Geschäftsvorfälle, sonstigen Ereignisse und Bedingungen nicht so glaubwürdig darstellt […] und die einzelne Information folglich wahrscheinlich die wirtschaftlichen Entscheidungen der Abschlussadresaten beeinflusst“ (IAS 1.24). Eine Abweichung zu Gunsten einer fair presentation wird folglich vom Verlust einer glaubwürdigen Darstellung (faithful representation), wie sie auch 1290
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So auch Bonham, Mike et al.: International GAAP 2007, Global Edition 2, London: Lexis Nexis 2006, S. 44–45. Küting, Karlheinz/Gattung, Andreas: Der Principle Override nach IFRS – vom Mythos einer fairen Rechnungslegung (Teil B), a. a. O., hier S. 49. Vgl. IAS 1 (überarbeitet 2003) BC.9. Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 11. Vgl. Küting, Karlheinz/Gattung, Andreas: Der Principle Override nach IFRS – vom Mythos einer fairen Rechnungslegung (Teil B), a. a. O., hier S. 49–50. Vgl. Küting, Karlheinz/Gattung, Andreas: Der Principle Override nach IFRS – vom Mythos einer fairen Rechnungslegung (Teil B), a. a. O., hier S. 50. Vgl. auch Rammert, Stefan: § 51 Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, in: Haufe IFRS-Kommentar, Rn. 35.
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in RK.33 beschrieben wird, bestimmt.1297 IAS 1.24 stellt an eine solche Abweichung allerdings die Anforderung einer Rechtfertigung der besonderen (sich unterscheidenden) Umstände im Vergleich zu anderen Unternehmen, die in ähnlichen Situationen nicht von der vorgegebenen Bilanzierungsmethode abweichen, da nämlich „die widerlegbare Vermutung [gilt], dass die Einhaltung der Anforderung durch das Unternehmen nicht so irreführend wäre, dass sie zu einem Konflikt mit der Zielsetzung des Abschlusses im Sinne des Rahmenkonzepts führen würde“ (IAS 1.24). Das Abweichen von Standards unter Berufung auf eine fair presentation wird vor allem hinsichtlich der Auffüllung von Regelungslücken als relevant erachtet.1298 Eine allgemeingültige Regelung hinsichtlich des Abweichungsgebots gibt IAS 1 jedoch nicht vor.1299 Eine tatsächliche Inanspruchnahme des overriding principle wird durch die genannten Einschränkungen und die Unklarheit des Standards, wann zu Gunsten einer fair presentation von Einzelvorschriften abgewichen werden muss,1300 massiv erschwert.1301 Gleichwohl ist die fair presentation als overriding principle konzipiert, was überdies nicht vom EU-Recht eingeschränkt wird.1302 Eine praktische Anwendung unterliegt daher großen Einschränkungen,1303 so dass es sich bei der override-Funktion des IAS 1.19 letztlich um eine theoretische Norm handelt.1304 2.
True and fair view bzw. fair presentation nach dem Rahmenkonzept
a)
Qualitative Anforderungen an entscheidungsnützliche Informationen
Das Abweichungsgebot der fair presentation in IAS 1.19 i. V. m. IAS 1.20, nach dem von einer Einzelregelung abgewichen werden muss, wenn es „zu einem Konflikt mit dem in dem Rahmenkonzept geschilderten Zweck der Abschlüsse“ kommt, suggeriert, dass im Rahmenkonzept das den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Cashflows wie in IAS 1.9 als Rechnungslegungszweck hervorgehoben wird. Die Vermittlung eines solchen Bildes als Rechnungslegungszweck der IFRS lässt sich jedoch nicht explizit aus dem Rahmenkonzept entnehmen. Gemäß RK.12–21 ist als Zielsetzung von Abschlüssen zunächst nur erwähnt, „Informationen über die Vermögens-,
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1298 1299
1300 1301
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Vgl. Küting, Karlheinz/Gattung, Andreas: Der Principle Override nach IFRS – vom Mythos einer fairen Rechnungslegung (Teil B), a. a. O., hier S. 51. Vgl. Harding, Terry: Europe fights back, in: Accountancy, Vol. 120 (1997), Issue 1249, S. 69. Vgl. Mujkanovic, Robin: Fair Value im Financial Statement nach International Accounting Standards, Stuttgart 2002, S. 69. Vgl. Kierzek, Sonja/Wüstemann, Jens: Aufstellungsgrundsätze, a. a. O., hier S. 22. Vgl. Hinz, Michael: Rechnungslegung nach IFRS, a. a. O., S. 80; HAYN stellt gar fest, dass „[n]amhafte internationale Anwendungsfälle einer true and fair override […] empirisch derzeit nicht nachgewiesen werden [können]“. Hayn, Sven: Abschnitt 2: Darstellung der Vermögens- und Finanzlage (Bilanz), a. a. O., Rn. 113. Vgl. Heuser, Paul J./Theile, Carsten/Pawelzik, Kai Udo: IFRS Handbuch, 3. neu bearb. Aufl., a. a. O., Rn. 4515. So auch Bonham, Mike et al.: International GAAP 2008, Vol. 1, a. a. O., S. 224. Vgl. hierzu weitergehend i. S. einer obsoleten overriding-Norm m. w. N. auch Küting, Karlheinz/Gattung, Andreas: Der Principle Override nach IFRS – vom Mythos einer fairen Rechnungslegung (Teil A), a. a. O., hier S. 37.
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Finanz- und Ertragslage sowie Veränderungen in der Vermögens- und Finanzlage eines Unternehmens zu geben, die für einen weiten Adressatenkreis bei dessen wirtschaftlichen Entscheidungen nützlich sind“ (RK.12). Auch in RK.46 wird lediglich festgestellt, dass es sich bei der Vermittlung eines „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens sowie der Veränderungen in dessen Vermögens- und Finanzlage“ um ein häufig durch Abschlüsse verfolgtes Konzept handelt. Es wird unterstellt, dass „die Anwendung der grundlegenden qualitativen Anforderungen und der einschlägigen Rechnungslegungsstandards im Regelfall zu einem Abschluss [führt], der das widerspiegelt, was im Allgemeinen als Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes verstanden wird“ (RK.46). Eine Definition einer fair presentation oder eines true and fair view ist dem Rahmenkonzept demnach nicht zu entnehmen.1305 Allerdings wird die Zielsetzung der IFRS, die Vermittlung entscheidungsnützlicher Informationen, durch das Rahmenkonzept mittels der Basisannahmen der periodengerechten Erfolgsermittlung und der Unternehmensfortführung sowie der qualitativen Anforderungen konkretisiert.1306 Der explizite Verweis in IAS 1.15 und IAS 1.19 auf das Rahmenkonzept sowie die den qualitativen Anforderungen in RK.24 entsprechenden Kriterien des IAS 1.17(b) (sowie des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO) lassen die Zielnorm der fair presentation jedoch nicht losgelöst von dem (unverbindlichen) Rahmenkonzept erscheinen. Auch da das Abweichungsgebot des IAS 1.19 i. V. m. IAS 1.20 immer wieder das den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Bild zur Begründung heranzieht, ist für die Konkretisierung der Zielnorm zunächst RK.46 zu beachten, in dem dieses Konzept aufgegriffen wird.1307 Hiernach stellt die Einhaltung der qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts neben der Einhaltung der Einzelstandards für die Vermittlung eines true and fair view bzw. einer fair presentation eine wesentliche Voraussetzung dar. Das Rahmenkonzept umfasst als qualitative Anforderungen die Verständlichkeit (understandability), Relevanz (relevance),1308 Verlässlichkeit (reliability) und Vergleichbarkeit (comparability) (RK.24). Die Forderung in IAS 1.17(b), nach dem das Unternehmen für eine fair presentation „außerdem“ die Darstellung von Informationen auf eine Weise vorzunehmen hat, „die zu relevanten, verlässlichen, vergleichbaren und verständlichen Informationen führt“, erscheint daher inkonsistent zum Rahmenkonzept, welches eine Einhaltung dieser Anforderungen bereits als Voraussetzung einer fair presentation erachtet.1309
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1309
So auch Cairns, David: Applying International Accounting Standards, third edition, a. a. O., S. 142 (Fn. 5). Vgl. auch Lopatta, Kerstin: Goodwillbilanzierung und Informationsvermittlung nach internationalen Rechnungslegungsstandards, a. a. O., S. 27–28. Vgl. auch Kleekämper, Heinz/Knorr, Liesel/Somes, Karen/Bischof, Stefan/Doleczik, Günter: Kommentierung zu IAS 1 – Darstellung des Abschlusses –, in: Baetge/Wollmert/Kirsch/ Oser/ Bischof-IFRS, Rn. 13. PREIßLER übersetzt dieses Kriterium mit dem Terminus der Entscheidungsrelevanz. Vgl. Preißler, Gerald: Prinzipienbasierung der Rechnungslegung nach IAS/IFRS, a. a. O., S. 157–158. REIFSCHNEIDER rekurriert indes auf den Begriff der Entscheidungsverbundenheit. Vgl. Reifschneider, Christina: Informationeller Anlegerschutz, a. a. O., S. 30. Einem IFRS-Abschluss liegen ferner die Basisannahmen des Konzepts der Periodenabgrenzung (accrual basis) gemäß RK.22 und der Unternehmensfortführungsprämisse (going concern) gemäß RK.23 zugrunde.
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b)
Konkretisierung einer fair presentation durch die qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts und IAS 1.15(b)
aa)
Würdigung der die fair presentation konkretisierenden Anforderungen im Rahmenkonzept
Der (indirekte) Verweis des IAS 1.17(b) i. V. m. RK.46 auf die qualitativen Anforderungen des RK.24 sowie auf die Erfüllung der Zielnorm macht auch den Grundsatz der fair presentation aufgrund der wenig konkretisierten Prinzipien1310 einer einheitlichen Auslegung nur schwer fassbar: Zunächst verweist das Rahmenkonzept darauf, dass Jahresabschlussinformationen verständlich sein müssen (understandability). Nach RK.25 setzt die Verständlichkeit einen sachverständigen Abschlussadressaten voraus, der bereit ist, „die Informationen mit entsprechender Sorgfalt zu lesen“ (RK.25). Das Kriterium der verständlichen Informationen findet keine nähere Konkretisierung in den Einzelstandards; auch bei der Schließung von Regelungslücken gemäß IAS 8.10–8.12 bleibt das Kriterium unberücksichtigt.1311 Die zweite Anforderung ist der Grundsatz der Relevanz (relevance) von Informationen. Diesem liegt die Prämisse zugrunde, dass Informationen die wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten bestimmen. Relevante Informationen sind demnach solche, die Adressaten „bei der Beurteilung vergangener, derzeitiger oder zukünftiger Ereignisse helfen oder ihre Beurteilungen aus der Vergangenheit bestätigen oder korrigieren“ (RK.26).1312 Relevante Informationen werden gleichermaßen durch ihre Art und Wesentlichkeit bedingt (RK.29), so dass die Anforderung an Relevanz eine „qualitative und eine quantitative Dimension“1313 erhält. Die Wesentlichkeit der Informationen bestimmt sich danach, ob „ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte Darstellung die auf der Basis des Abschlusses getroffenen wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten beeinflussen könnten“ (RK.30, IAS 1.7). Es sind somit nur wesentliche Informationen entscheidungsrelevant.1314 Es wird jedoch kritisiert, dass die IFRS sowie auch das Rahmenkonzept keine Bestimmung einer Wesentlichkeitsgrenze festlegen1315 und der Grundsatz sich als „weitgehend unscharfes Konzept“1316 erweist. Ebenso steht der Grundsatz der Wesentlichkeit einer geforderten Vollständigkeit (completeness) von
Zum accrual principle und dem damit in Zusammenhang stehenden matching principle vgl. Niehus, Rudolf J.: „Vorsichtsprinzip“ und „Accrual Basis“ – Disparitäten bei den Determinanten der „Fair Presentation“ in der sog. internationalen Rechnungslegung, in: DB, 50. Jg. (1997), S. 1421–1427, hier S. 1421–1422. Zum Grundsatz der Unternehmensfortführung vgl. z. B. Heuser, Paul J./Theile, Carsten/Pawelzik, Kai Udo: IFRS Handbuch, 3. neu bearb. Aufl., a. a. O., Rn. 264–265. 1310 Vgl. detailliert Preißler, Gerald: Prinzipienbasierung der Rechnungslegung nach IAS/IFRS?, a. a. O., S. 158–192. 1311 Vgl. Preißler, Gerald: Prinzipienbasierung der Rechnungslegung nach IAS/IFRS?, a. a. O., S. 158. 1312 Vgl. zur Würdigung der Relevanz auch Lopatta, Kerstin: Goodwillbilanzierung und Informationsvermittlung nach internationalen Rechnungslegungsstandards, a. a. O., S. 29. 1313 Adler/Düring/Schmaltz: Abschnitt 1: Konzeptionelle Grundlagen, a. a. O., Rn. 62. 1314 Vgl. auch schon Leffson, Ulrich: „wesentlich“, in: HuRB, S. 434–447, hier S. 436. 1315 Adler/Düring/Schmaltz: Abschnitt 1: Konzeptionelle Grundlagen, a. a. O., Rn. 66. 1316 Löcke, Jürgen: Der Materiality-Grundsatz bei Jahres- und Konzernabschlüssen nach International Accounting Standards, in: BB, 54. Jg. (1999), S. 307–312, hier S. 307.
183
Informationen als konkretisierende Anforderung verlässlicher Informationen gemäß RK.38 unvereinbar entgegen.1317 Gemäß IAS 1.7 hängt die Beurteilung als wesentliche Information „vom Umfang und von der Art der Auslassung oder fehlerhaften Darstellung ab, wobei diese unter den gegebenen Begleitumständen beurteilt werden“; somit wird die Beurteilung in das Ermessen des Bilanzierenden gestellt.1318 Preißler zeigt auf, dass es sich um einen wichtigen, jedoch abstrakten Grundsatz der IFRS handelt, der aufgrund seiner Beurteilungsnotwendigkeit durch den Bilanzierenden zu subjektiven Ermessensspielräumen und einer Missbrauchsanfälligkeit des Kriteriums führt.1319 Die Berücksichtigung unwesentlicher Informationen in einem Abschluss ist einer fair presentation nicht dienlich und darf daher nach Ansicht von Löcke nicht erfolgen.1320 Einer willkürlichen Ausnutzung von Wesentlichkeitsgrenzen steht jedoch das Kriterium der Verlässlichkeit entgegen, nach dem der Abschluss frei von verzerrenden Einflüssen sein muss.1321 Gleichwohl erweist sich die Definition der Wesentlichkeit als unscharf, so dass eine Beurteilung über das Vorliegen von wesentlichen Sachverhalten hiermit nicht ermessensfrei möglich ist. Neben dieser Unschärfe der die Relevanz konkretisierenden Kriterien ist zu berücksichtigen, dass eine eindeutige Beurteilung über diese qualitative Anforderung aufgrund einer fehlenden einheitlichen bilanztheoretischen Konzeption der IFRS nicht möglich ist: Hier können sich unterschiedliche Wertungen über die Relevanz von Informationen entweder gemäß einer vermögensorientierten Darstellung (Asset-Liability-Ansatz) oder hinsichtlich von ertragsorientierten Informationsvermittlung (Revenue-Expense-Ansatz) ergeben.1322 Das Rahmenkonzept stellt klar, dass Informationen, um nützlich zu sein, auch verlässlich sein müssen (RK.31). Dieser Grundsatz der Verlässlichkeit (reliability) als drittes qualitatives Merkmal stellt an Informationen fünf konkretisierende Anforderungen. Zunächst müssen diese glaubwürdig sein (faithful representation, RK.33), was wiederum der Fall ist, wenn Informationen „gemäß ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt“ dargestellt werden (substance over form, RK.35). Die Unterordnung einer faithful representation als Nebenbedingung der reliability mag erstaunen, da eine fair presentation gemäß IAS 1.15 und IAS 1.24 von der glaubwürdigen Darstellung der Informationen abhängt. RK.33 fordert, dass „Informationen die Geschäftsvorfälle und andere Ereignisse glaubwürdig darstellen, die sie zum Inhalt haben oder die sie entweder vorgeben darzustellen oder von denen vernünftigerweise erwartet werden kann, dass sie sie darstellen“. Eine faithful representation unterliegt
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1320
1321 1322
Vgl. Schildbach, Thomas: Prinzipienorientierung – wirksamer Schutz gegen Enronitis?, a. a. O., hier S. 249. So auch IAS 34.25, der feststellt, dass „die Einschätzung der Wesentlichkeit immer Ermessensentscheidungen erfordert“. Vgl. m. w. N. Preißler, Gerald: Prinzipienbasierung der Rechnungslegung nach IAS/IFRS?, a. a. O., S. 159– 160. Vgl. Löcke, Jürgen: Der Materiality-Grundsatz bei Jahres- und Konzernabschlüssen nach International Accounting Standards, a. a. O., hier S. 308. Vgl. Adler/Düring/Schmaltz: Abschnitt 1: Konzeptionelle Grundlagen, a. a. O., Rn. 68. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Filling Gaps: Why Consistency of Accounting Standards Matters – Normative Evidence from the U. S. and Germany as Related to IFRS, Working Paper, University of Mannheim, a. a. O., S. 11.
184
nach Küting hierbei einem dynamischen Charakter, da die nach RK.33 zugrunde liegende Erwartungshaltung der Abschlussadressaten Änderungen unterworfen sein kann.1323 Neben der glaubwürdigen Darstellung und der wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird der Grundsatz der Verlässlichkeit durch die Anforderungen der neutralen Darstellung, „also frei von verzerrenden Einflüssen“ (neutrality, RK.36), der Berücksichtigung der Vorsicht i. S. e. gewissen Maßes an Sorgfalt bei der Ermessensausübung (prudence, RK.37) sowie der Vollständigkeit (completeness, RK.38) konkretisiert. Der Grundsatz der Vorsicht erschließt sich demnach als „Sekundärgrundsatz der Verlässlichkeit“1324 und bezieht sich auf ein gewisses Maß an Sorgfalt im Rahmen der Ermessensausübung, „so dass Vermögenswerte oder Erträge nicht zu hoch und Schulden oder Aufwendungen nicht zu niedrig angesetzt werden“ (RK.37). Das Vorsichtsprinzip steht so gesehen in Konflikt mit der Forderung nach einer neutralen Berichterstattung,1325 da es eine neutrale Berichterstattung verzerren kann.1326 Die zurückgedrängte Bedeutung des Vorsichtsprinzips begründet sich in der Informationsorientierung der IFRS, da für Zwecke der Informationsvermittlung das Vorsichtsprinzip unbeachtlich bleiben muss.1327 Aufgrund seiner Bedeutung als Maßstab der Sorgfalt bei der Ermessensausübung entfaltet es im Regelungsgefüge der IFRS auch eine andere Schutzwirkung als in der Jahresabschlussrichtlinie, da er lediglich als Begrenzung eines Ermessensspielraums dient. Diese Betonung als Sorgfaltsmaßstab wird im Exposure Draft von IASB und FASB zum Conceptual Framework noch unterstrichen, in dem prudence bzw. conservatism als im Widerspruch stehend zu einer neutralen, also unverzerrten, Darstellung gewertet wird.1328 Der Grundsatz der Verlässlichkeit zielt darauf ab, dem Adressaten Informationen zu Abschlussposten zur Verfügung zu stellen, die das „zum Inhalt haben, was sie vorgeben darzustellen oder was vernünftigerweise von ihrem Inhalt erwartet werden kann“1329. Gleichwohl darf hieraus nicht geschlossen werden, „dass ein Rechnungslegungssystem den Periodenerfolg verlässlich im Sinne von zutreffend wiedergeben muss“, da es sich um ein „von Wertvorstellungen geprägtes Konstrukt“ handelt,1330 das sich in Abhängigkeit der Rechnungslegungszwecke bestimmt.1331 Die Verlässlichkeit unterliegt damit der Ein1323
Vgl. Küting, Karlheinz/Gattung, Andreas: Der Principle Override nach IFRS – vom Mythos einer fairen Rechnungslegung (Teil A), a. a. O., hier S. 36. Lorson, Peter/Gattung, Andreas: Die Forderung nach einer „Faithful representation“ – Quantitative und qualitative Schranken des Grundsatzes „Wahrheitsgemäßer Darstellung der IFRS“ –, in: KoR, 7. Jg. (2007), S. 657–665, hier S. 658 (im Original hervorgehoben). 1325 Vgl. Brinkmann, Jürgen: Zweckadäquanz der Rechnungslegung nach IFRS, Berlin 2006, S. 45. 1326 Vgl. Schildbach, Thomas: Prinzipienorientierung – wirksamer Schutz gegen Enronitis?, a. a. O., hier S. 249. 1327 Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Informations-GoB – auch im Lichte von IAS und US-GAAP, a. a. O., hier S. 117. 1328 Vgl. IASB: Exposure Draft of an improved Conceptual Framework for Financial Reporting, Mai 2008, BC2.20–BC2.21. 1329 Heuser, Paul J./Theile, Carsten/Pawelzik, Kai Udo: IFRS Handbuch, 3. neu bearb. Aufl., a. a. O., Rn. 270. 1330 Vgl. Brinkmann, Jürgen: Zweckadäquanz der Rechnungslegung nach IFRS, a. a. O., S. 42 (auch beide Zitate); Ballwieser, Wolfgang: Anforderungen des Kapitalmarkts an Bilanzansatz- und Bilanzbewertungsregeln, in: KoR, 1. Jg. (2001), S. 160–164, hier S. 161. 1331 Vgl. Küting, Karlheinz: Auf der Suche nach dem richtigen Gewinn, in: DB, 59. Jg. (2006), S. 1441–1450, 1324
185
schränkung, dass der ermittelte Gewinn aufgrund von Wertungen grundsätzlich nicht (mehr oder weniger) unverzerrt abgebildet werden kann.1332 Die Grundsätze der Verlässlichkeit und Relevanz können zudem in einem Spannungsverhältnis stehen, da relevante Informationen auch unverlässlich berichtet werden können.1333 Die Entscheidungsnützlichkeit von Informationen hängt aber von deren Zuverlässigkeit ab, so dass dem Grundsatz der Verlässlichkeit eine Objektivierungsrestriktion zugrunde liegt1334 und Verlässlichkeit gleichzeitig eine wesentliche Anforderung eines informationsorientierten Rechnungslegungssystems darstellt.1335 Als vierte qualitative Anforderung schließt sich der Grundsatz der Vergleichbarkeit (comparability) an, nach dem es Abschlussadressaten möglich sein muss, Abschlüsse eines Unternehmens über mehrere Geschäftsjahre, aber auch verschiedener Unternehmen, zu vergleichen (RK.39). RK.45 betont, dass in der Praxis „häufig ein Abwägen der qualitativen Anforderungen notwendig“ ist. Gerade im Rahmen einer Wahlrechtsausübung können sich daher unauflösbare Spannungsverhältnisse ergeben.1336 Die geforderte Zielnorm einer fair presentation erweist sich überdies als noch unspezifischer, wenn RK.46 feststellt, dass im Rahmen der Prinzipienabwägung die „relative Bedeutung der Anforderungen in den einzelnen Fällen […] eine Frage fachkundiger Beurteilung“ ist. Das Rahmenkonzept liefert mit der Übertragung der Beurteilung einer relativen Bedeutung sich widersprechender Anforderungen in das Ermessen des Bilanzierenden keine Auslegungshilfe und somit auch keine Begrenzung möglicher Auslegungen.1337 Da die qualitativen Anforderungen in einem Konkurrenzverhältnis stehen, ist eine eindeutige Definition einer fair presentation nicht möglich.1338 Die einem IFRS-Abschluss zugrunde liegenden Anforderungen erweisen sich wegen der fehlenden präzisen Inhalte als „im Grund unerreichbare Ideale“1339.
1332
1333
1334
1335 1336 1337 1338 1339
hier S. 1449. Vgl. m. w. N. Brinkmann, Jürgen: Zweckadäquanz der Rechnungslegung nach IFRS, a. a. O., S. 43; Ballwieser, Wolfgang: Informations-GoB – auch im Lichte von IAS und US-GAAP, a. a. O., hier S. 118– 119; Schildbach, Thomas: Rechnungslegungsideale, Bilanzkulturen, Harmonisierung und internationaler Wettbewerb, in: BB, 50. Jg. (1995), S. 2635–2644, hier S. 2636. Vgl. Ballwieser, Wolfgang: Informations-GoB – auch im Lichte von IAS und US-GAAP, a. a. O., hier S. 118. Zum trade-off zwischen Relevanz und Verlässlichkeit vgl. auch Klein, Gabriele: Internationale Rechnungslegung und Konzernabschluss, a. a. O., S. 94–95. Vgl. Saelzle, Rainer/Kronner, Markus: Die Informationsfunktion des Jahresabschlusses – dargestellt am sog. „impairment-only-Ansatz“, in: WPg, Sonderheft 2004, Wirtschaftsprüfung und Zeitgeist, 57. Jg. (2004), S. S 154–S 165, hier S. S 155. Vgl. m. w. N. Brinkmann, Jürgen: Zweckadäquanz der Rechnungslegung nach IFRS, a. a. O., S. 43. Vgl. Rammert, Stefan: § 51 Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, a. a. O., Rn. 37. Vgl. Schildbach, Thomas: Prinzipienorientierung – wirksamer Schutz gegen Enronitis?, a. a. O., hier S. 250. Vgl. Rammert, Stefan: § 51 Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, a. a. O., Rn. 37. Schildbach, Thomas: Prinzipienorientierung – wirksamer Schutz gegen Enronitis?, a. a. O., hier S. 249.
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bb)
Faithful representation als qualitative Anforderung im Exposure Draft eines überarbeiteten Rahmenkonzepts von IASB und FASB
Die Unterordnung der faithful representation unter die Verlässlichkeit im derzeit geltenden Rahmenkonzept in formaler Gleichrangigkeit zu den anderen konkretisierenden Merkmalen der Verlässlichkeit entspricht nicht der Stellung, die der fair presentation nach IAS 1.15 zukommt.1340 Die Konzeption der faithful representation als Anforderung an eine fair presentation scheint sich mit der Überarbeitung des Rahmenkonzepts daher bewusst zu ändern:1341 Der Vorschlag des überarbeiteten gemeinsamen Rahmenkonzepts von IASB und FASB unterscheidet zunächst zwischen grundlegenden qualitativen Anforderungen und erweiternden qualitativen Anforderungen. Die grundlegenden qualitativen Anforderungen (relevance, faithful representation) sollen die entscheidungsnützlichen Informationen von unwichtigen oder irreführenden Informationen trennen und sind daher immer zu erfüllen.1342 Die erweiternden Anforderungen (comparability, verifiability, timeliness, understandability) sind den grundlegenden damit untergeordnet.1343 Gemäß QC.2 müssen nützliche Informationen somit die Anforderungen der Relevanz (relevance) und der glaubwürdigen Darstellung (faithful representation) erfüllen. Die Relevanz von Informationen wird nicht mehr durch ihre Art und Wesentlichkeit, sondern durch ihre Aussagekraft hinsichtlich eines „predictive value“ und/oder „confirmatory value“ (QC.3) bestimmt: Informationen müssen demnach für Prognosen verwendbar sein (QC.4) und/oder einen bestätigenden Charakter für frühere Prognosen aufweisen können (QC.5).1344 Eine faithful presentation wiederum wird durch eine neutrale, vollständige und fehlerfreie Darstellung der Information bedingt (QC.7). Gleichzeitig wird neben der Vergleichbarkeit (comparability), Zeitnähe (timeliness) und Verständlichkeit (understandability) das Kriterium der Nachprüfbarkeit (verifiability) als erweiternde qualitative Anforderung explizit hinzugefügt. Während das Kriterium der Nachprüfbarkeit im Discussion Paper zum gemeinsamen Rahmenkonzept von IASB und FASB noch konkretisierendes Kriterium der faithful representation war,1345 wird es im vorliegenden Exposure Draft aufgrund einer teilweise schwierigen Nachprüfbarkeit von (gleichwohl entscheidungsrelevanten) Informationen nachrangig als erweiternde qualitative Anforderung (BC.28) eingestuft.1346 Die erweiternden Kriterien unterliegen keiner speziellen 1340
1341
1342 1343
1344
1345 1346
So auch Lorson, Peter/Gattung, Andreas: Die Forderung nach einer „faithful representation“ – Verhältnis zur Objektivität, Neutralität und Nachpürfbarkeit –, in: KoR, 8. Jg. (2008), S. 556–565, hier S. 556. Vgl. zum entwicklungstheoretischen Zusammenhang zur Korrespondenztheorie unter Rückgriff auf den SFAC 2 des FASB m. w. N. Lorson, Peter/Gattung, Andreas: Die Forderung nach einer „Faithful representation“ – Quantitative und qualitative Schranken des Grundsatzes „Wahrheitsgemäßer Darstellung der IFRS“ –, a. a. O., hier S. 659–660. Vgl. IASB: Exposure Draft of an improved Conceptual Framework for Financial Reporting, Mai 2008, S4. Vgl. Lorson, Peter/Gattung, Andreas: Die Forderung nach einer „faithful representation“ – Verhältnis zur Objektivität, Neutralität und Nachprüfbarkeit –, a. a. O., hier S. 556. Dies entspricht der Konzeption des SFAC 2 “Qualitative Characteristics of Accounting Information” des FASB. Vgl. IASB: Information for Observers, 17.5.2005, Project: Conceptual Framework, S. 3, Rn. 6. Vgl. FASB/IASB: Preliminary Views Conceptual Framework, QC23–QC26. Vgl. ausführlich Gassen, Joachim/Fischkin, Michael/Hill, Verena: Das Rahmenkonzept-Projekt des IASB
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Rangordnung, sondern sind situationsbezogen gegeneinander abzuwägen (QC.26). Die Bedeutung des Grundsatzes der fair presentation i. V. m. einer faithful representation würde durch das zukünftige Rahmenkonzept nach derzeitigem Stand bewusst aufgewertet und damit seine Bedeutung in IAS 1 weiter hervorheben. Die Umklassifizierung der faithful representation als konkretisierender Grundsatz der Verlässlichkeit in eine grundlegende qualitative Anforderung an nützliche Informationen wird durch die unterschiedlichen Interpretationen des Grundsatzes der Verlässlichkeit, auch durch die IASB-Mitglieder, begründet:1347 „For many, the meaning seems to be verifiability, for some it is precision, for some it may be faithful representation, for a few perhaps all of those plus neutrality“1348. Allerdings stellt das IASB klar, dass eine faithful representation nur möglich ist, sofern Informationen auch vollständig, neutral sowie nachprüfbar sind.1349 Es mag daher erstaunen, dass das objektivierende Kriterium der Nachprüfbarkeit nicht auch als konkretisierender Grundsatz der faithful representation aufgenommen wurde, sondern im Exposure Draft lediglich eine erweiternde qualitative Anforderung darstellt. Lorson/Gattung stellen in diesem Zusammenhang fest, dass hierdurch der Eindruck entsteht, „dass hier der viel diskutierten Entobjektivierung der IFRS-Rechnungslegung ggf. nicht entgegengewirkt werden soll“1350. Durch die phasenweise Überarbeitung des Rahmenkonzeptes – wie im Vorwort des Exposure Draft aufgegriffen (P15) – und die (noch) unklare Stellung bzw. der noch unklare Verbindlichkeitsgrad (P13–P14) desselben im Regelungsgefüge der IFRS, erscheint fraglich, wie die angestrebte Konsistenz der Rahmenkonzepte erreicht werden soll1351 und inwieweit dies eine konsistente Grundlage für Auslegungsfragen bei Einzelstandards und Interpretationen sein kann. Entsprechung der qualitativen Anforderungen als wesentliche Voraussetzung einer fair presentation mit Art. 3 Abs. 2 IAS-VO
3.
Die qualitativen Anforderungen des RK.24 bzw. des IAS 1.17(b) entsprechen den Übernahmekriterien des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO, wobei relevance in der deutschen Fassung der Verordnung mit dem Terminus der Erheblichkeit übersetzt wurde. Der Rückgriff des europäischen Normsetzers auf die qualitativen Anforderungen eines Abschlusses nach IFRS gemäß dem Rahmenkonzept als Endorsementkriterien mag einerseits deren Bedeutung für die Abschlusserstellung nach IFRS unterstreichen, umso mehr, da diese Anforderungen gemäß RK.46 und auch IAS 1.17(b) für die Darstellung einer fair presentation maßgeblich sind.
1347
1348 1349 1350
1351
und FASB: Eine normendeskriptive Analyse des aktuellen Stands, in: WPg, 61. Jg. (2008), S. 874–882, hier S. 879. Vgl. IASB: Exposure Draft of an improved Conceptual Framework for Financial Reporting, Mai 2008, BC2.12–BC2.17. IASB: Information for Observers, 17.5.2005, Project: Conceptual Framework, S. 11, Rn. 41. Vgl. IASB: Information for Observers, 17.5.2005, Project: Conceptual Framework, S. 12, Rn. 45. Lorson, Peter/Gattung, Andreas: Die Forderung nach einer „faithful representation“ – Verhältnis zur Objektivität, Neutralität und Nachprüfbarkeit –, a. a. O., hier S. 565. Vgl. Gassen, Joachim/Fischkin, Michael/Hill, Verena: Das Rahmenkonzept-Projekt des IASB und FASB: Eine normendeskriptive Analyse des aktuellen Stands, a. a. O., hier S. 875.
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Andererseits aber überrascht dies, da das Rahmenkonzept selbst aufgrund der fehlenden Übernahme europarechtlich nicht bindend ist. Die Implikation dieser der fair presentation zugrunde liegenden Anforderungen in den Endorsementkriterien könnte als Hinweis darauf gewertet werden, dass es sich bei dem European true and fair view und einer fair presentation nach IFRS um zwei unterschiedliche Konzepte handelt, da die Erwähnung dieser Kriterien in Art. 3 Abs. 2 IAS-VO als Teilvoraussetzung einer fair presentation sonst einer semantischen Redundanz unterliegen würde. Andererseits könnte dies auch lediglich als rhetorische Figur fungieren und würde dann die Bedeutung des European true and fair view hervorheben.1352 Dagegen spricht aber, dass Art. 3 Abs. 2 IAS-VO für die Endorsementkriterien keine Rangfolge vorgibt und alle drei Kriterien kumulativ zu erfüllen sind, so dass aus dieser Sicht nichts für eine konkretisierende Anforderung eines (European) true and fair view spricht. Auch die Tatsache, dass mit Ausrichtung der Kommission auf die neue Strategie der Rechnungslegung seit 1995 eine Anpassung des Bilanzrichtlinienrechts an die IFRS verfolgt wird, spricht im Ergebnis mehr für eine eigenständige Bedeutung einer fair presentation nach IFRS im Sinne einer europarechtlichen Legalisierung dieses Konzepts für das europäische Bilanzrecht. Vor diesem Hintergrund wiegt die aufgezeigte konzeptionelle Unausgereiftheit dieser Kriterien, die zudem in einem Konkurrenzverhältnis stehen und damit eine Abwägung durch den Bilanzierenden erfordern (RK.46),1353 umso schwerwiegender hinsichtlich einer Konkretisierung der wesentlichen Zielsetzung eines IFRS-Abschlusses. Fraglich bleibt auch, ob mit einer zukünftig angenommenen Änderung des Rahmenkonzepts auch eine Änderung des IAS 1.17(b) bzw. der Endorsementkriterien einhergeht. 4.
Grenzen der Vermittlung einer fair presentation nach IFRS vor dem Hintergrund der Zielsetzung vergleichbarer Abschlüsse
a)
Inkonsistenzen in der Regelungslückenschließung nach IFRS im Rahmen der Zielfunktion einer fair presentation
Es mag erstaunen, dass IAS 8.10–8.12 hinsichtlich der Auffüllung von Regelungslücken im Rahmen eines business judgement1354 Informationen verlangt, die lediglich relevant und zuverlässig sein müssen (IAS 8.10), wohingegen die Erfüllung der Zielfunktion der fair presentation nach IAS 1.17(b) und RK.46 auch den qualitativen Anforderungen der Verständlichkeit und Vergleichbarkeit unterliegen muss. Während die Verlässlichkeit nach IAS 8.10(b) gemäß den fünf Sekundäranforderungen der reliability des Rahmenkonzepts (RK.31– 38) bestimmt wird (faithful representation, substance over form, neutrality, prudence, completeness), wird hinsichtlich der Relevanz (IAS 8.10(a)) auf eine konkretisierende
1352 1353 1354
Vgl. Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft, 3. Auflage, Stuttgart 2002, S. 520. Vgl. Rammert, Stefan: § 51 Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, a. a. O., Rn. 37. Das Management hat gemäß IAS 8.10 nach Maßgabe von IAS 8.10–IAS8.12 „darüber zu entscheiden, welche Bilanzierungs- und Bewertungsmethode zu entwickeln und anzuwenden ist“.
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Betonung der Wesentlichkeit im Sinne von RK.29–RK.30 verzichtet.1355 Dies erscheint umso schwerwiegender, da auch die konkurrierenden bilanztheoretischen Konzeptionen des AssetLiability-Ansatzes und des Revenue-Expense-Ansatzes der IFRS keinen eindeutigen Schluss hinsichtlich der zu fordernden relevanten Informationen zulassen; diese würden je nach zugrunde liegendem Ansatz unterschiedlich beurteilt.1356 Weiterhin finden für die Lückenschließung die Anforderungen der Endorsementkriterien bzw. der die fair presentation konkretisierenden qualitativen Anforderungen der Verständlichkeit und Vergleichbarkeit in IAS 8.10 keine Berücksichtigung.1357 Diese Nichtberücksichtigung dieser Anforderungen erfolgt analog zu IAS 8.8, nach dem die „IFRS Rechnungslegungsmethoden“ festlegen, „die aufgrund einer Schlussfolgerung des IASB zu einem Abschluss führt (sic!), der relevante und zuverlässige Informationen über die Geschäftsvorfälle, sonstige Ereignisse und Bedingungen enthält, auf die sie zutreffen“. Vor dem Hintergrund, dass der Grundsatz der Verlässlichkeit (reliability) aufgrund seiner unklaren Definition im derzeitigen Exposure Draft für ein überarbeitetes Rahmenkonzept durch die Anforderung einer faithful representation ersetzt wurde, erscheint die Forderung nach Verlässlichkeit umso unbestimmter. Das Einschränken der Anforderungen an die darzustellenden Informationen in IAS 8.10 auf die Kriterien der Relevanz und Verlässlichkeit erscheint inkonsistent: IAS 1.17 formuliert die Anforderungen, die für das Erreichen einer fair presentation notwendig sind: Einerseits müssen nach IAS 1.17(a) die Kriterien des IAS 8 „Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler“ bei der Regelungslückenschließung beachtet werden. IAS 1.17(a) 2. Satz weist darauf hin, dass in IAS 8 „eine Hierarchie der maßgeblichen Leitlinien aufgeführt [ist], die das Management beim Fehlen eines spezifischen Standards bzw. einer Interpretation für Posten anwendet“. Gleichzeitig verweist IAS 1.17(a) 1. Satz auf IAS 8, was u. a. bedeutet, dass die darzustellenden Informationen gemäß IAS 8.10 relevant und zuverlässig sein müssen. Andererseits hat gemäß IAS 1.17(b) die „Darstellung von Informationen, einschließlich der Rechnungslegungsmethoden, auf eine Weise [zu erfolgen], die zu relevanten, verlässlichen, vergleichbaren und verständlichen Informationen führt“.1358 Gerade unter dem Aspekt der Forderung einer fair presentation nach IAS 1.15–1.24 als eine der grundlegenden Überlegungen der IFRS erscheint es fraglich, warum nach IAS 1.17(b) die Darstellung von Sachverhalten – explizit unter Berücksichtigung von Rechnungslegungsmethoden – relevante, verlässliche,
1355
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1357 1358
IAS 8.10(a) fordert, dass die zu entwickelnden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu Informationen führen müssen, die „für die Bedürfnisse der wirtschaftlichen Entscheidungsfindung der Adressaten von Bedeutung sind“. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Filling Gaps: Why Consistency of Accounting Standards Matters – Normative Evidence from the U. S. and Germany as Related to IFRS, Working Paper, University of Mannheim, a. a. O., S. 11. Vgl. auch Preißler, Gerald: Prinzipienbasierung der Rechnungslegung nach IAS/IFRS?, a. a. O., S. 158. Mit der Überarbeitung des Rahmenkonzepts würde im Wesentlichen eine Konformität zu IAS 8.8 geschaffen werden, der nur diese beiden zukünftigen Grundanforderungen erfasst.
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vergleichbare und verständliche Informationen fordert, während IAS 8.8 und IAS 8.10 Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden fordern, die lediglich zu relevanten und verlässlichen Informationen führen. Diese Konzeption erscheint umso fragwürdiger, da gerade diese beiden Anforderungen Zielkonflikten unterliegen, die sie gemäß RK.43–45 besonderen Beschränkungen unterwerfen. Bedenkt man, dass das Abweichen von Standards unter Berufung auf eine fair presentation nach IAS 1 vor allem hinsichtlich der Auffüllung von Regelungslücken als relevant erachtet wird,1359 sollte die zugrunde liegende Zielformulierung der fair presentation nach IAS 1 im Regelungssystem der IFRS einer konsistenten Konkretisierung unterliegen. Da die Regelungslückenschließung letztlich der Einschätzung der Unternehmensleitung unterliegt, die immer durch subjektive Komponenten, wie z. B. nicht beeinflussbare kulturelle Faktoren und Rechnungslegungstraditionen geprägt ist, kann eine Vergleichbarkeit, wie es die Zielformulierung des Art. 1 der IAS-VO fordert, nur schwer erreicht werden. Unter diesem Aspekt der Harmonisierung und dem Ziel der IAS-Verordnung, eine „Transparenz und Vergleichbarkeit“ (Art. 1 IAS-VO) der Abschlüsse zu erreichen, kann dies nicht überzeugen, auch da der Wert einer Information durch Vergleichbarkeit geschaffen wird und diese somit zum Qualitätsmerkmal wird.1360 Sicherlich kann aber aufgrund des Fehlens eines Standards oder einer Interpretation gerade keine Vergleichbarkeit erreicht werden. Daher muss für europäische Unternehmen, die dem Anwendungsbereich der IAS-VO unterliegen, auch die Berücksichtigung des European true and fair view im Rahmen der Regelungslückenschließung maßgeblich sein,1361 um Rechnungslegungsmethoden abzuleiten, die letztlich zu vergleichbaren Informationen führen. Dies ist gerade vor dem Hintergrund relevant, dass bei einer Ablehnung eines Standards zur Übernahme durch die Kommission Regelungslücken zu schließen sind. Gleichwohl ergibt sich aufgrund der Regelungsreichweite des European true and fair view auch hierbei ein enormer Bilanzierungsspielraum im Rahmen der Regelungslückenschließung. b)
Systematische Inkonsistenzen, Wahlrechte und Ermessensspielräume als Determinanten einer fair presentation
Mit der IAS-Verordnung wurde die weiter bestehende Notwendigkeit, Finanzinformationen zu harmonisieren, um „einen hohen Grad an Transparenz und Vergleichbarkeit zu schaffen“ (Art. 1 IAS-VO), als Ziel der Anwendung des einheitlichen Regelwerks der IFRS verankert. Die Vermittlung eines tatsächlichen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage und der Cashflows als Zielfunktion eines IFRS-Abschlusses verdeutlicht, dass auch die Einzelnormen der Regelungswerke dieses Bild maßgeblich bestimmen: Eine fair presentation nach IAS 1.15
1359 1360 1361
Vgl. Harding, Terry: Europe fights back, a. a. O., Issue 1249, S. 69. Vgl. Rammert, Stefan: § 51 Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, a. a. O., Rn. 51. So auch Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 73; Schön, Wolfgang: Kompetenzen der Gerichte zur Auslegung von IAS/IFRS, a. a. O., hier S. 767.
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erfordert eine „Anwendung der IFRS, gegebenenfalls um zusätzliche Angaben ergänzt“, wobei die „im Rahmenkonzept enthaltenen Definitionen und Erfassungskriterien für Vermögenswerte, Schulden, Erträge und Aufwendungen“ der Bilanzierungsentscheidung zugrunde liegen. Vor diesem Hintergrund stößt aber auch eine Bilanzierung auf Basis dieses einzigen Regelwerks der IFRS an Vergleichbarkeitsgrenzen, die sich zunächst aufgrund von – in der Literatur bereits vielseitig aufgezeigten –1362 systemimmanenten Inkonsistenzen sowie einer fehlenden einheitlichen bilanztheoretischen Konzeption1363 ergeben. Des Weiteren bedingen explizite Wahlrechte,1364 durch die dem Bilanzierenden die Möglichkeit eingeräumt wird, gleiche Sachverhalte unterschiedlich abzubilden, und zahlreiche Ermessensspielräume eine erschwerte Vergleichbarkeit von IFRS-Abschlüssen.1365 Die Ermessensspielräume ergeben sich aufgrund der „unvermeidbaren Unbestimmtheit von Abbildungsnormen und der Unsicherheit bei der Beurteilung zukunftsbezogener Sachverhalte“1366. Die sich ergebenden Ermessensspielräume resultieren demnach aus Regelungslücken, Unschärfen der Einzelnormen1367 und durch Regelungen, die entweder eine Ermessensausübung im Rahmen von Schätzungsunsicherheiten bzw. implizit notwendige Ermessensausübungen wie bei der Bestimmung eines fair value erfordern, oder die auf einer expliziten Forderungen nach der
1362 1363 1364
1365 1366
1367
Vgl. m. w. N. Fn. 31. Vgl. hierzu Kapitel 2, Gliederungspunkt A.II.2.a)aa). Diese Wahlrechte wurden zwar im Laufe der Zeit erheblich reduziert, gleichwohl finden sich weiterhin zahlreiche Wahlrechte in den Einzelregelungen. Vgl. Pellens, Bernhard/Fülbier, Rolf Uwe/Gassen, Joachim/Sellhorn, Thorsten: Internationale Rechnungslegung, 7. Aufl., Stuttgart 2008, S. 81–86. Explizite Wahlrechte finden sich bspw. in IAS 1.88 (Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Umsatzkosten- oder Gesamtkostenverfahren), IAS 2.25 (Bewertung des Vorratsvermögens nach dem FIFOVerfahren oder nach der Durchschnittsmethode), IAS 7.18 (Darstellung der Cashflows aus der betrieblichen Tätigkeit nach der direkten oder indirekten Methode), IAS 16.29 bzw. IAS 38.72 (Folgebewertung zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder Neubewertung), IAS 16.35 bzw. IAS 38.80 (Behandlung der kumulierten Abschreibungen zum Zeitpunkt der Neubewertung entweder durch Anpassung dieser im Verhältnis zur Änderung des Bruttobuchwertes des Vermögenswertes oder Verrechnung gegen den Bruttowert), IAS 16.50 (Wahl der Abschreibungsmethode), IAS 19.93 (Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste nach Korridormethode, bei schnellerer Erfassung in GuV, nach anderen systematischen Verfahren oder nach IAS 19.93A–IAS 19.93D erfolgsneutral), IAS 27.37 (Bilanzierung von Beteiligungen im IFRS-Einzelabschluss mit Anschaffungskosten oder in Übereinstimmung mit IAS 39), IAS 40.30 (Bewertung von als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien nach dem Modell des beizulegenden Zeitwerts oder nach dem Anschaffungskostenmodell), IFRS 1.13–IFRS 1.25 (verschiedene Wahlrechte bzgl. der Befreiungen von anderen IFRS). Zu den zahlreichen Wahlrechten nach IAS 39 vgl. z. B. Löw, Edgar/Blaschke, Silke: Verabschiedung des Amendment zu IAS 39 Financial Instrument: Recognition and Measurements – the Fair Value Option, in: BB, 60. Jg. (2005), S. 1727–1736. Vgl. mit einer Übersicht über die Wahlrechte nach IFRS z. B. Rammert, Stefan: § 51 Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, a. a. O., Rn. 23. Vgl. Rammert, Stefan: § 51 Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, a. a. O., Rn. 15–34. Rammert, Stefan: § 51 Bilanzpolitik und Bilanzanalyse, a. a. O., Rn. 9 (im Original teilweise hervorgehoben). Vgl. hierzu bspw. die aufgezeigten Unschärfen der qualitativen Anforderung der Verlässlichkeit (reliability) nach RK.31. Ebensolche Unsicherheiten ergeben sich bspw. bei der verlässlichen Schätzung des Ergebnisses des Fertigungsauftrags nach IAS 11.22, dem Begriff der Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Rückstellungsbildung nach IAS 37 oder der Abgrenzung von Forschungs- und Entwicklungskosten nach IAS 38.54–IAS 38.56. Vertiefend mit weiteren Beispielen zu Unschärfen in den Einzelnormen Tanski, Joachim: Bilanzpolitische Spielräume in den IFRS, in: DStR, 42. Jg. (2004), S. 1843–1847, hier S. 1846–1847.
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Beurteilung von Sachverhalten durch die Unternehmensleitung (judgement) beruhen.1368 Dieses business bzw. professional judgement ist in den IFRS systemimmanent angelegt1369 und folgt aus dem Anspruch der IFRS, im Rahmen eines prinzipienorientierten Regelungssystems (principle-based approach)1370 übergeordnete Prinzipien bereitzustellen, „deren Anwendung auf konkrete Sachverhalte eine breite Ausübung des unternehmerischen Ermessens […] erfordert“1371. Das geforderte professional judgement führt jedoch zu unterschiedlichen Bilanzierungslösungen für den Sachverhalt, der ein solches Urteil notwendig macht.1372 Diese dem Normgefüge der IFRS immanente Problematik führt auch bei einer Bilanzierung nach einem einheitlichen Regelwerk zu einer natürlichen Vergleichbarkeitsgrenze, da trotz der gegebenenfalls notwendigen Anhangangaben eine Vergleichbarkeit deutlich erschwert ist. So weisen z. B. Wüstemann/Bischof nach, dass neben der sich bei der Bilanzierung von Finanzinstrumenten ergebenden Wahlrechte auch „erhebliche Spielräume hinsichtlich des Ausweises von Finanzinstrumenten“ bestehen, die eine Vergleichbarkeit von Bankbilanzen
1368 1369
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1372
Vgl. Tanski, Joachim: Bilanzpolitische Spielräume in den IFRS, a. a. O., hier S. 1843. Vgl. für ein erforderliches explizites judgement (unabhängig von einer notwendigen Ermessensausübung im Rahmen von Schätzungsunsicherheiten oder implizit notwendigen Ermessensausübungen wie bei der Bestimmung eines fair value) z. B. IAS 1.11 (Wesentlichkeit), IAS 1.47 (Darstellung der Abschlussinformationen), IAS 1.72 (gesonderter Ausweis zusätzlicher Posten in der Bilanz) und IAS 1.92 („considerable judgement“, i. S. v. erheblichen Ermessensspielräumen, beim Umsatzkostenverfahren). IAS 1.114 zeigt Beispiele der Ermessensausübung bei der Anwendung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Rahmen der Einordnung von Finanzinstrumenten, der Übertragung aller wesentlichen mit dem rechtlichen Eigentum verbundenen Risiken und Chancen der Finanzanlagen und des Leasingvermögens auf andere Unternehmen, der Einordnung bestimmter Warenverkaufsgeschäfte als Finanzierungsvereinbarungen sowie der Beurteilung des Verhältnisses zwischen einem Unternehmen und einer Zweckgesellschaft auf, IAS 1.118 (Angaben von Schätzungsunsicherheiten), IAS 8.10–8.12 (Regelungslückenschließung), IAS 16.9 (Ansatz von Sachanlagen in Abgrenzung zum Vorratsvermögen), IAS 16.44 (Zuordnung der Anschaffungsoder Herstellungskosten im Rahmen des Komponentenansatzes), IAS 16.57 (Bestimmung der Nutzungsdauer eines Vermögenswertes), IAS 16.75 (Wahl der Abschreibungsmethode), IAS 21.12 (Bestimmung der funktionalen Währung nach Maßgabe einer faithful representation), IAS 23.11 (Bestimmung des Betrags der Fremdkapitalkosten eines qualifizierten Vermögenswerts), IAS 29.3 (Bestimmung einer Inflationsrate zur Anwendung des Standards), IAS 36.68 (Identifizierung zahlungsmittelgenerierender Einheiten), IAS 37.38 (Schätzungen von Ergebnis und finanzieller Auswirkung bei der bestmöglichen Schätzung des Rückstellungsbetrags), IAS 38.4 (Beurteilung über wesentliche Komponenten des Vermögenswerts), IAS 38.23 (Grad der Sicherheit des zukünftigen Nutzenzuflusses eines Vermögenswerts), IAS 39.62 (Schätzung der Höhe einer Wertberichtigung bei finanziellen Vermögenswerten bei mangelnden beobachtbaren Daten), IAS 40.14 (Einschätzung einer Immobilie über Erfüllung der Kriterien einer Finanzinvestition), IFRS 7.B8 (Qualitative Angaben/Feststellung von Risikokonzentration), IFRS 7.B11 (Bestimmung der Zeitbänder für die Analyse der vereinbarten Fälligkeitstermine für finanzielle Verbindlichkeiten gemäß IFRS 7.39(a)), SIC 12.9 (Anwendung des Control-Konzepts), RK.45 (Abwägen der qualitativen Kriterien). Vgl. zur Diskussion eines principle-based versus rule-based Accouting z. B. Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), a. a. O., Rn. 44–54; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, WolfDieter: Vom Principle-based zum Objective-oriented Accounting, in: KoR, 3. Jg. (2003), S. 387–398, hier S. 390–394. Beispielhaft zur mangelhaften Umsetzung des principle-based approach im Normgefüge der IFRS Schildbach, Thomas: Prinzipienorientierung – wirksamer Schutz gegen Enronitis?, a. a. O.. M. w. N. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: IFRS als neues Bilanzrecht für den Mittelstand? – Bilanztheoretische Erkenntnisse und Würdigung der IFRS in ihrem Lichte –, a. a. O., hier S. 366. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Filling Gaps: Why Consistency of Accounting Standards Matters – Normative Evidence from the U. S. and Germany as Related to IFRS, Working Paper, University of Mannheim, a. a. O., S. 9.
193
auf europäischer Ebene erheblich erschweren.1373 Ebenso unterliegen bspw. die Regelung zur Ertragsvereinnahmung einer kasuistischen Regelungslösung, die ein „erkennbares System der Ertragsvereinnahmungsgrundsätze“ vermissen lässt.1374 Gleichermaßen können nationale zivilrechtliche Konkretisierungen bei Fragen der Gewinnrealisierung einer Harmonisierung Grenzen setzen.1375 Auf Ebene des Einzelabschlusses kommt die harmonisierungsbegrenzende Wirkung noch deutlicher zum Vorschein, wenn neben dem Informationsvermittlungszweck eines Konzernabschlusses auch noch einem Ausschüttungsbemessungszweck des Einzelabschlusses Rechnung getragen werden muss, da sich hier deutliche Unterschiede in der Bilanzierung einzelner Sachverhalte ergeben können. Insbesondere die Auslegung eines Vorsichtsprinzips mag hier je nach Rechnungslegungszweck Vergleichbarkeitserschwernisse verursachen, wenn bspw. ein Mitgliedstaat vom Wahlrecht des Art. 5 IAS-VO Gebrauch macht und ein anderer Mitgliedstaat im Jahresabschluss nationales Recht zugrunde legt. Management approach als Bestandteil des Regelungsgefüges der IFRS und Determinante einer fair presentation
c)
Neben diesen systematischen Inkonsistenzen, Wahlrechten und Ermessensspielräumen bestimmt auch der in den IFRS vermehrt geforderte management approach1376 das vermittelte Bild einer fair presentation des Abschlusses mit. Hierbei wird für die Berichterstattung in der IFRS-Rechnungslegung auf die Daten des internen Rechnungswesens zurückgegriffen.1377 Die Art der Ermittlung der Daten durch das interne Reporting bzw. Controlling ist hierbei unerheblich.1378 Mit RK.11, nach dem „die veröffentlichten Abschlüsse […] auf den vom Management verwendeten Informationen“ basieren, wird der Ansatz als IFRS-Rechnungslegungsprinzip verankert;1379 die Konkretisierung erfolgt über die relevanten Einzel-
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Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis: Ausweis von Finanzinstrumenten in europäischen Bankbilanzen nach IFRS: Normative Erkenntnisse empirischer Befunde, a. a. O., Zitat S. 873. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – internationaler Abschied vom Realisationsprinzip?, a. a. O., hier S. 428–430, Zitat S. 434. Vgl. Moxter, Adolf: Grundsätze ordnungsgemäßer Rechnungslegung, a. a. O., S. 53; Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, a. a. O., S. 187–191. Der management approach wurde in den 90er Jahren im Rahmen der Entwicklung eines neuen Standards zur Segmentberichterstattung (SFAS 131) erarbeitet. Zur Entwicklung und den konzeptionellen Grundlagen des Ansatzes vgl. Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, in: Haufe IFRSKommentar, Rn. 13–14. Auch nach dem deutschen Handelsrecht wird bspw. zur Ermittlung der Herstellungskosten bzw. zur Vorratsvermögensbewertung (zwangsweise) regelmäßig auf die Daten der internen Kostenrechnung zurückgegriffen. Gleichwohl sind die Schnittstellen von IFRS-Rechnungslegung und Controlling im Rahmen des management approach deutlich umfangreicher und werden unter dem Gesichtspunkt der Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen auch bewusst eingeführt (z. B. IFRS 8). Vgl. auch Weißenberger, Barbara E./Maier, Michael: Der Management Approach in der IFRS-Rechnungslegung: Fundierung der Finanzberichterstattung durch Informationen aus dem Controlling, in: DB, 59. Jg. (2006), S. 2077–2083, hier S. 2077. Vgl. Wagenhofer, Alfred: Zusammenwirken von Controlling und Rechnungslegung nach IFRS, in: Controlling und IFRS-Rechnungslegung, hrsg. von Alfred Wagenhofer, Berlin 2006, S. 1–20, hier S. 4. Vgl. Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, a. a. O., Rn. 15.
194
standards.1380 Ziel des Ansatzes ist es, aufgrund einer unterstellten Entscheidungsrelevanz, „solche Informationen an externe Adressaten zu berichten, die auch das Management für seine operativen Entscheidungen verwendet und nach denen die Performance des Managements gemessen wird“1381. Die IFRS sehen sowohl eine unmittelbare Übernahme von Controllinginformationen in die IFRS-Finanzberichterstattung (bspw. IFRS 8 „Geschäftssegmente“1382) als auch eine mittelbare Herleitung von Informationen auf Basis von Controllinginformationen vor (bspw. IAS 11 „Fertigungsaufträge“1383 bzw. IAS 36 „Wertminderung von Vermögenswerten“).1384 Die im Rahmen dieses Ansatzes für die IFRS-Finanzberichterstattung übernommenen Informationen beziehen sich auf die unterschiedlichen Controllingsysteme Planung, Berichtswesen, Performance-Messung, Projekt- und Risikocontrolling.1385 Der in den IFRS angelegte management approach ist demnach eine wichtige Determinante einer fair presentation als Zielfunktion eines IFRS-Abschlusses, da viele Abschlussinformationen mittels dieses Ansatzes hier Eingang finden. Der Rückgriff des IFRS-Normgefüges auf diesen Ansatz mag hinsichtlich der eine fair presentation konkretisierenden qualitativen Anforderung zu konzeptionellen Schwierigkeiten bei der Informationsabbildung gemäß einer fair presentation und der nach IFRS geforderten Transparenz und Vergleichbarkeit von Abschlüssen führen. Auch wenn Controllingsysteme grundsätzlich eine Vergleichbarkeit von Informationen aufgrund einer einheitlichen Ermittlung interner Daten bezwecken, unterliegt die interne Berichterstattung keinem Stetigkeitsprinzip, das die temporäre Vergleichbarkeit des IFRS-Abschlusses garantieren könnte.1386 Auch erfolgt die Ausgestaltung von
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So z. B. IFRS 8: Segmentabgrenzung und Herleitung quantitativer Segmentdaten, IAS 2: Ermittlung der Herstellungskosten nach dem produktionsorientierten Vollkostenansatz, IAS 11: Bewertung von langfristigen Fertigungsaufträgen im Rahmen der Percentage-of-Completion-Methode, IAS 16 und IAS 38: Folgebewertung von Sachanlagen und immateriellen Vermögenswerten im Rahmen der Neubewertungsmethode, IAS 39: hedge accounting und Riskoberichterstattung. Vgl. zu den Anwendungsfeldern des management approach Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, a. a. O., Rn. 17, Weißenberger, Barbara E./Maier, Michael: Der Management Approach in der IFRSRechnungslegung: Fundierung der Finanzberichterstattung durch Informationen aus dem Controlling, a. a. O., hier S. 2077–2079; Wagenhofer, Alfred: Zusammenwirken von Controlling und Rechnungslegung nach IFRS, a. a. O., hier S. 5–12. Wagenhofer, Alfred: Zusammenwirken von Controlling und Rechnungslegung nach IFRS, a. a. O., hier S. 4. Die Orientierung in IFRS 8 am internen Berichtswesen wird „sowohl für die Segmentabgrenzung als auch für die Herleitung der quantitativen Segmentdaten“ gefordert. Vgl. Hütten, Christoph/Fink, Christian: § 36 Segmentberichterstattung (Operating Segments), in: Haufe IFRS-Kommentar, Rn. 2 (auch Zitat); ausführlich zum management approach nach IFRS 8 im Vergleich zu IAS 14 Wenk, Oliver/Jagosch, Christian: Konzeptionelle Neugestaltung der Segmentberichterstattung nach IFRS 8 – Was ändert sich tatsächlich?, in: KoR, 8. Jg. (2008), S. 661–670. Vgl. hierzu ausführlich Mansch, Helmut: Bilanzierung und Controlling im Rahmen der langfristigen Auftragsfertigung, in: Controlling und IFRS-Rechnungslegung, hrsg. von Alfred Wagenhofer, Berlin 2006, S. 105–122. Vgl. Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, a. a. O., Rn. 16. Vgl. mit einer Übersicht der einzelnen IFRS-Standards Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, a. a. O., Rn. 18. Vgl. Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, a. a. O., Rn. 53; Grottke, Markus/Krammer, Stefan: Was bringt der management approach des IFRS 8 den Jahresabschlussadressaten?
195
Controllingsystemen unternehmensabhängig, so dass eine Informationsvermittlung auf Basis des management approach zu einer unterschiedlichen Abbildung gleichartiger Geschäftsvorfälle und -strukturen in den IFRS-Abschlüssen führen kann.1387 Der Verlust der Vergleichbarkeit wird am Beispiel von IFRS 8 deutlich, mit dem der management approach vollständig implementiert wurde:1388 Gemäß IFRS 8.25 ermittelt sich der Betrag jedes Segmentpostens aus „der Bewertung, die dem Hauptentscheidungsträger des Unternehmens übermittelt wird“, d. h. aus den Daten des Controllings.1389 Anpassungen im Rahmen der Abschlusserstellung werden nur dann berücksichtigt, „wenn sie in die Bewertung des Periodenergebnisses des Segments eingeflossen sind, die von dem Hauptentscheidungsträger des Unternehmens zugrunde gelegt wird“ (IFRS 8.25). Dies bedeutet, dass sich in der Segmentberichterstattung aufgrund der strengen Orientierung am internen Finanzberichtswesen vom Konzernabschluss abweichende Segmentbilanzierungs- und Bewertungsmethoden ergeben können.1390 Um die Segmentdaten zu verstehen und zu beurteilen, sind umfangreiche Erläuterungen nach IFRS 8.27 und Überleitungsrechnungen nach IFRS 8.28 vorgesehen.1391 Mit der Überleitungsrechnung sollen die Unterschiede aus abweichenden Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden dargestellt und die Segmentdaten auf die Konzernwerte übergeleitet werden.1392 Da eine Überleitungsrechnung nicht für alle Segmentinformationen erforderlich ist und eine „kumulierte Angabe über alle Segmente“, d. h. nur für die Summe der Daten, gemäß IFRS 8.BC39–IFRS 8.BC42 als ausreichend erachtet wird, ergibt sich eine mangelnde Vergleichbarkeit einzelner Segmente zwischen den Unternehmen“1393. Auch die Tatsache, dass IFRS 8 keine einheitliche Berechnung des Segmentergebnisses vorgibt, mag einer zwischenbetrieblichen Vergleichbarkeit abträglich sein.1394 Neben einer mangelnden temporären und zwischenbetrieblichen Vergleichbarkeit führen die Regelungen des IFRS 8
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– Eine kritische Analyse, a. a. O., hier S. 678. FINK/ULBRICH gestehen dem IFRS 8 durchaus die Potenz einer temporären Vergleichbarkeit zu, gleichwohl stehen auch sie der zwischenbetrieblichen Vergleichbarkeit kritisch gegenüber. Vgl. Fink, Christian/Ulbrich, Philipp: IFRS 8: Paradigmenwechsel in der Segmentberichterstattung, in: DB, 60. Jg. (2007), S. 981–985, hier S. 985. Vgl. Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, a. a. O., Rn. 53. Vgl. European Commission: Endorsement of IFRS 8 Operating Segments Analysis of Potential Effects – Report, Brüssel, 3 September 2007, MARKT F3 D(2007), S. 6. Zur Umsetzung des management approach in IFRS 8 und einer Würdigung vgl. Grottke, Markus/Krammer, Stefan: Was bringt der management approach des IFRS 8 den Jahresabschlussadressaten? – Eine kritische Analyse, in: KoR, 8. Jg, (2008), S. 670–679. Bspw. kann die Vorratsbewertung in der internen Berichterstattung nach der LIFO-Methode erfolgen, die nach IAS 2 indes nicht gestattet ist. Diese Bewertung wäre dann auch in der Segmentberichterstattung abzubilden. Vgl. Beine, Frank/Nardmann, Hendrik: Abschnitt 20 Segmentberichterstattung, in: Wiley IFRS 2008, Rn. 98. Vgl. Beine, Frank/Nardmann, Hendrik: Abschnitt 20 Segmentberichterstattung, a. a. O., Rn. 98. Vgl. Hütten, Christoph/Fink, Christian: § 36 Segmentberichterstattung (Operating Segments), a. a. O., Rn. 101. Wenk, Oliver/Jagosch, Christian: Konzeptionelle Neugestaltung der Segmentberichterstattung nach IFRS 8 – Was ändert sich tatsächlich?, a. a. O., hier S. 667 (beide Zitate).Vgl. auch Hütten, Christoph/Fink, Christian: § 36 Segmentberichterstattung (Operating Segments), a. a. O., Rn. 101–Rn 105. Vgl. Hütten, Christoph/Fink, Christian: § 36 Segmentberichterstattung (Operating Segments), a. a. O., Rn. 69.
196
auch zu einer eingeschränkten intersegmentären Vergleichbarkeit,1395 die darauf beruht, dass die Regelungen des IFRS 8 gestatten, „für jedes Segment eine individuelle Ergebnisgröße zu definieren, so dass für verschiedene Segmente auch unterschiedliche Ergebnisgrößen existieren können“1396. Vor dem Hintergrund, dass die Segmentberichterstattung den Adressaten in die Lage versetzen soll, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage besser einzuschätzen und differenziertere Prognosen über die zukünftigen Cashflows zu erhalten,1397 dem Zweck eines Abschlusses nach IAS 1.9 entsprechend, erweist sich der Mangel an Vergleichbarkeit aufgrund des management approach als schwerwiegende Durchbrechung des IAS 1.17(b), nach dem die „Darstellung von Informationen, einschließlich der Rechnungslegungsmethoden“ so zu geschehen hat, dass sie gemäß einer fair presentation „zu relevanten, verlässlichen, vergleichbaren und verständlichen Informationen“ führt. Die Kommission führt gegen die Bedenken des Vergleichbarkeitsverlustes an, „that the increased usefulness and relevance of the segment information based on the management approach according to IFRS 8 outweigh concerns expressed on comparability”1398. Die Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen durch die Anwendung des management approach steht demnach im Vordergrund.1399 Aufgrund der Tatsache, dass durch den management approach Controllinginformationen Eingang in die IFRS-Rechnungslegung finden, unterliegen auch die Controllingsysteme in den Fällen wesentlicher Bedeutung der Abschlussprüfung, so dass im Idealfall von einer verlässlichen Informationsvermittlung – gemäß der Anforderung der reliability – ausgegangen werden kann.1400 Eine Einschränkung der Verlässlichkeit wird jedoch einerseits dadurch vermutet, dass die durch den management approach vermittelten Informationen aufgrund bilanzpolitisch motivierter Überlegungen, bspw. im Sinne einer gezielten Informationsdarstellung für Kapitalmarktzwecke, einer Beeinflussung durch die Unternehmensleitung unterliegen können (Zirkularitätseffekt). Hierdurch würden die internen Controllingsysteme bewusst anders ausgestaltet werden, als im Rahmen einer Datenverwendung für rein interne
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Vgl. m. w. N. Grottke, Markus/Krammer, Stefan: Was bringt der management approach des IFRS 8 den Jahresabschlussadressaten? – Eine kritische Analyse, a. a. O., hier S. 678. A. A. Kajüter, Peter/Barth, Daniela: Segmentberichterstattung nach IFRS 8 – Übernahme des Management Approach, in: BB, 62. Jg. (2007), S. 428–434, hier S. 432. Hütten, Christoph/Fink, Christian: § 36 Segmentberichterstattung (Operating Segments), a. a. O., Rn 69. Vgl. Grottke, Markus/Krammer, Stefan: Was bringt der management approach des IFRS 8 den Jahresabschlussadressaten? – Eine kritische Analyse, a. a. O., hier S. 670. European Commission: Endorsement of IFRS 8 Operating Segments Analysis of Potential Effects – Report, Brüssel, 3. September 2007, MARKT F3 D(2007), S. 13. Dies wird auch als Vorteil des Ansatzes gesehen. Vgl. Grottke, Markus/Krammer, Stefan: Was bringt der management approach des IFRS 8 den Jahresabschlussadressaten? – Eine kritische Analyse, a. a. O., hier S. 674. Vgl. Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, a. a. O., Rn. 50 und Rn. 54. Zur Prüfung von Management-Approach-Informationen durch den Abschlussprüfer vgl. Hachmeister, Dirk: Das Controlling als Objekt der handelsrechtlichen Abschlussprüfung, in: ZP, 14. Jg. (2003), S. 437–456.
197
Zwecke.1401 Eine solche Anpassung von Controllingsystemen würde neben einer eingeschränkten Verlässlichkeit die Gefahr interner Fehlsteuerungen bergen.1402 Andererseits können sich Einschränkungen der Verlässlichkeit von solchen Informationen auch dadurch ergeben, dass eine bewusste Verzerrung von Informationen durch dezentrale Manager für eigene Zwecke vorgenommen wird (Manipulationseffekt).1403 Kajüter/Barth vermuten hinsichtlich der Implementierung des management approach in IFRS 8 – ähnlich wie nach der Einführung des SFAS 131 in den USA – diesbezüglich positive Effekte, wie einen größeren Umfang an Segmentinformationen sowie eine höhere Verlässlichkeit der durch diesen Ansatz in der IFRS-Rechnungslegung gewonnenen Daten.1404 Auch die mit dem Ziel der Verwendung des management approach verbundene Entscheidungsrelevanz von Informationen wird kritisch diskutiert: Weißenberger/Maier zeigen auf, dass die mittels des management approach erworbenen Daten für die IFRS-Finanzberichterstattung im Falle einer möglichen eingechränkten objektivierten Ausgestaltung von Controllingsystemen, bspw. für Zwecke der Veraltensseuerung, nur noch eine eingeschränkte Eignung für die Übernahme in die IFRS-Rechnungslegung besitzen und somit auch nur eine eingeschränkte Relevanz für Investoren aufweisen.1405 Die vermehrte Orientierung am management approach in den IFRS aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung von internen Controllingsystemen und den im Rahmen der internen Berichterstattung gegebenen Freiheiten wird somit zu einem weiteren Angriffspunkt der Vergleichbarkeit und Transparenz von IFRS-Abschlüssen. C.
Harmonisierungsbegrenzende Wirkung des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO
I.
Fehlende konzeptionelle Vergleichbarkeit eines European true and fair view und einer fair presentation
Die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilder im Bilanzrichtlinienrecht (European true and fair view) sowie im IAS-Verordnungsrecht (fair presentation) unterliegen einer grundsätzlich unterschiedlichen konzeptionellen Ausgestaltung. Vergleicht man die sich ergebende Konzeption einer fair presentation nach IFRS mit dem European true and fair view der Bilanzrichtlinien, kann einerseits festgestellt werden, dass dem Konzept der fair presentation, wie auch dem European true and fair view, eine herausragende Bedeutung in ihrem jeweiligen Regelwerk zukommt.1406 Beide Normen 1401
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Vgl. Weißenberger, Barbara E./Maier, Michael: Der Management Approach in der IFRS-Rechnungslegung: Fundierung der Finanzberichterstattung durch Informationen aus dem Controlling, a. a. O., hier S. 2082. Vgl. Weißenberger, Barbara E.: § 52 IFRS-Rechnungslegung und Controlling, a. a. O., Rn. 50 und Rn. 54. Vgl. Weißenberger, Barbara E./Maier, Michael: Der Management Approach in der IFRS-Rechnungslegung: Fundierung der Finanzberichterstattung durch Informationen aus dem Controlling, a. a. O., hier S. 2083. Vgl. Kajüter, Peter/Barth, Daniela: Segmentberichterstattung nach IFRS 8 – Übernahme des Management Approach, a. a. O., hier S. 432–433. Vgl. Weißenberger, Barbara E./Maier, Michael: Der Management Approach in der IFRS-Rechnungslegung: Fundierung der Finanzberichterstattung durch Informationen aus dem Controlling, a. a. O., hier S. 2083. So wurde der European true and fair view z. B. durch den EuGH in der Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH) als Hauptzielsetzung der Jahresabschlussrichtlinie bezeichnet. Vgl. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996,
198
verfolgen das gleiche Ziel der Vermittlung zuverlässiger Informationen als Grundlage wirtschaftlicher Entscheidungen.1407 Während sich – wie aufgezeigt – der European true and fair view anhand der zugrunde liegenden Einzelnormen der Richtlinien vor allem des Art. 31 JaR und dessen breiten Umsetzungsspielraum konkretisiert, erfolgt nach IFRS eine Systematisierung einerseits aus der Gesamtschau der fallbezogenen Einzelstandards und Interpretationen1408 und andererseits über die abstrakten Grundsätze des Rahmenkonzepts. Obwohl verschiedene Bilder grundsätzlich dasselbe aussagen können, machen die unterschiedlichen Konzeptionen deutlich, dass „la comptabilité est autant un système d’information qu’un pratique sociale“1409. Das entsprechende Bild ist demnach auch abhängig von Konventionen und Prinzipien des Abschlusserstellers bzw. dessen sozioökonomischem Kontext. Ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild kann demnach nicht universell bestimmt werden,1410 gleichwohl unterliegt es einem europäischen, gemeinschaftsweiten Konzept, das den europarechtlichen Rahmen vorgibt. Damit wird die Vergleichbarkeit der Bilanzierung, nicht nur transnational gesehen, aber auch immer Beeinträchtigungen unterliegen. Der European true and fair view muss demnach eine Zielfunktion sowohl für solche Abschlüsse darstellen, die diesem eine alleinige Informationsvermittlungsfunktion zuschreiben, als auch für solche, die auch eine Ausschüttungsbemessung- bzw. Gewinnermittlungsfunktion erfüllen müssen. Ein IFRS-Abschluss muss hingegen zur Erfüllung seiner Zielfunktion der fair presentation der Informationsvermittlung nachkommen und bildet durch die Änderungen der Rechnungslegungsrichtlinien eine Teilmenge des European true and fair view. Somit können sich vor allem auf Ebene des Einzelabschlusses grundlegende Unterschiede von Abschlussinformationen ergeben, die sich aufgrund der unterschiedlichen Rechnungslegungszwecke von Rechnungslegungssystemen, bspw. des deutschen HGB und der IFRS ergeben. Die IAS-Verordnung gibt diesem Regelungsspielraum durch die Option in Art. 5 IAS-VO jedoch Raum, so dass sich, vor allem auf Ebene des Einzelabschlusses, neben der grundsätzlichen Schutzwirkung des Art. 3 Abs. 2 IAS-VO auch eine harmonisierungsbegrenzende Wirkung einstellt, wenn allen Rechnungslegungszwecken in ihren jeweiligen Ausgestaltungen Raum gegeben wird.
Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), a. a. O., Rn. 17. Vgl. Cotting, René/Boemle, Max: True and fair View-Konzept versus Fair Presentation, a. a. O., hier S. 789. Vgl. Wüstemann, Jens/Bischof, Jannis/Kierzek, Sonja: International Financial Reporting Standards: Zur Bedeutung und Systembildung der internationalen Rechnungslegungsregeln, a. a. O., Rn. 72. 1409 Colmant, Bruno: Quelques réfléxions sur la fidélité des images comptables, a. a. O., hier S. 5. 1410 Vgl. Colmant, Bruno: Quelques réfléxions sur la fidélité des images comptables, a. a. O., hier S. 5 und S. 9 ; auch Alexander, David: Legal Certainty, European-ness and Realpolitik, a. a. O., hier S. 66 und S. 70–71. 1407 1408
199
II.
Fehlende Vergleichbarkeit eines European true and fair view und einer fair presentation auf Einzelnormenebene
1.
Die den European true and fair view konkretisierenden Prinzipien im Regelungssystem der IFRS als Scheidepunkt von European true and fair view und fair presentation
Auch die Orientierung der fair presentation an den Einzelstandards und den Interpretationen der IFRS lässt ein anderes Verständnis der Konkretisierung des geforderten Bildes von Informationen als bei dem European true and fair view vermuten. Dies kann auch an der untergeordneten Bedeutung der den European true and fair view konkretisierenden Prinzipien im Regelwerk der IFRS in Verbindung mit dem einem Abschluss zugrunde liegenden Rechnungslegungszweck gezeigt werden. Während das Rechnungslegungsrichtlinienrecht gerade bei den Ansatz- und Bewertungsnormen lediglich Rahmenprinzipien vorgibt, die durch nationale Regelungen konkretisiert werden, soll mit der Orientierung an einem „einzige[n] Regelwerk internationaler Rechnungslegungsgrundsätze von hoher Qualität“1411, den IFRS, grundsätzlich ein dem Richtlinienrecht immanenter vergleichbarkeitserschwerender Umsetzungsspielraum von Einzelnormen umgangen werden. Gleichwohl wird auch gerade das Regelwerk der IFRS – wie aufgezeigt – selbst zum Angriffspunkt der Vergleichbarkeit, da es im Rahmen seines (offiziellen) principle-based approach1412 aufgrund von einer widersprüchlichen Implementierung wegweisender Prinzipien, Wahlrechte und Ermessensspielräume deutliche Schwachstellen aufzeigt und damit eine fair presentation auch auf Einzelnormenebene nur schwer fassbar macht.1413 Da die IAS-Verordnung keine Übereinstimmung von Detailregelungen der Richtlinie mit den IFRS verlangt1414 und die geltenden Bilanzrichtlinien einen weitreichenden Umsetzungsspielraum vorsehen, können auch die übernommenen IFRS grundsätzlich als dem Richtlinienrecht konform qualifiziert werden. Diese Annahme wird auch durch das erfolgreiche Anerkennungsverfahren eines Standards oder einer Interpretation bestätigt. Gleichwohl bestimmt die unterschiedliche Gewichtung der Einzelnormen in den Bilanzrichtlinien und den IFRS das vermittelte Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Abschlusses. 1411
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1413
1414
Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsgrundsätze, KOM (2001) 80 endg., a. a. O., 2. Erwägungsgrund. Vgl. Schildbach, Thomas: Prinzipienorientierung – wirksamer Schutz gegen Enronitis?, a. a. O., hier S. 247. Dieser vom IASB deklarierte Ansatz der IFRS wird in der Literatur kritisch hinterfragt. Vgl. z. B. Lüdenbach, Norbert: § 25 Erlöse (Revenue), in: Haufe IFRS-Kommentar, Rn. 14–16; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition – Würdigung aktueller Entwicklungen aus prinzipienorientierter Sicht, in: Unternehmensübernahme, Unternehmensaufsicht und Unternehmensberichterstattung, hrsg. von Kurt Bock und Axel v. Werder, Stuttgart 2008, S. 141–160, hier S. 143–150. Vgl. beispielhaft zur mangelhaften Umsetzung des principle-based approach im Regelungsgefüge der IFRS Schildbach, Thomas: Prinzipienorientierung – wirksamer Schutz gegen Enronitis?, a. a. O., hier S. 249–261. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 4.
200
Dem in der Jahresabschlussrichtlinie kodifizierten Vorsichtsprinzip wird bezüglich des Ausweises und der Bewertung von Aktiva und Passiva, der Bewertung in besonders riskanten Situationen und in Zusammenhang mit Gewinnen besondere Bedeutung zugewiesen.1415 Je nach Auffassung von Vorsicht ergeben sich unterschiedliche Bilanzierungskonsequenzen auf Ebene eines nach nationalem Recht erstellten Abschlusses.1416 Das Regelwerk der IFRS spricht dem Vorsichtsprinzip und damit auch dem Realisations- und Imparitätsprinzip eine völlig andere Aufgabe zu als die Jahresabschlussrichtlinie. In seiner Erfassung als sekundäres qualitatives Kriterium gemäß RK.37 erhält das Vorsichtsprinzip, wie aufgezeigt, lediglich als Sorgfaltsmaßstab im Rahmen von notwendigen Schätzungen eine untergeordnete Bedeutung hinsichtlich der Darstellung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes1417 und wird zudem durch die Vorschläge der Überarbeitung des Rahmenkonzepts zusätzlich zurückgedrängt.1418 In den Standards selbst findet mit der überarbeiteten Version des endorsed IAS 1 (rev. 2003), aber auch mit der überarbeiteten Version von 2007, das Prinzip der Vorsicht keine explizite Berücksichtigung mehr. Zuvor wurde in IAS 1.20 (1997) eine vorsichtige Bilanzierung als Voraussetzung einer verlässlichen Information gewertet. Bereits hierzu hatte der Kontaktausschuss festgestellt, dass dem Vorsichtsprinzip „nicht umfassend Rechnung getragen wurde“, dieses jedoch „einer der wichtigsten Grundsätze“ für die Vermittlung eines true and fair view darstellt.1419 Die fehlende Kodifizierung des Vorsichtsprinzips im IFRS-Regelwerk mag angesichts dessen grundsätzlicher Bedeutung für die Bestimmung eines European true and fair view, dem die IAS nicht zuwiderlaufen dürfen, überraschen, entspricht aber einer angloamerikanischen Rechnungslegungsphilosophie. Die Legitimation der IFRS als europäisches Recht durch die Kommission kann als Auswirkung einer dynamischen Interpretation des Bilanzrichtlinienrechts gewertet werden, gleichwohl wird hierdurch ein deutlich weiterer „Auslegungskorridor“1420 der Prinzipien determiniert. Fraglich ist somit, inwieweit dem European true and fair view durch die IFRS entsprochen werden kann, wenn eine derart unterschiedliche Grundwertung dieses normbestimmenden Prinzips existiert. Ob die implizite Annahme eines auslegungsbestimmenden Vorsichtsprinzips in den IFRS dem grundsätzlich weiten Rahmen des Vorsichtsprinzips und damit des European true and fair view noch entspricht, ist fraglich, müsste aber hinsichtlich des vorgenommenen Endorsement angenommen werden. 1415
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Vgl. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 7 und S. 12. Vgl. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 7 und S. 10. Vgl. zur nationalen Umsetzungsreichweite oben, 1. Kapitel, Gliederungspunkt B.II.3.b). Vgl. auch Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), a. a. O., Rn. 21. Vgl. FASB/IASB: Preliminary Views Conceptual Framework, BC2.20–BC2.21. Vgl. Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: Prüfung der Vereinbarkeit von IAS 1 bis IAS 41 mit den europäischen Rechnungslegungsrichtlinien, April 2001, S. 10 (auch beide Zitate). Euler, Roland: Steuerbilanzielle Konsequenzen der internationalen Rechnungslegung, a. a. O., hier S. 21.
201
Aufgrund dieser grundlegend unterschiedlichen Auffassung lässt sich auch für die Einzelstandards weder eine einheitliche, aus dem Vorsichtsprinzip stammende Imparitätsregel, i. S. e. durchgängig ungleichen Behandlung von Risiken und Chancen,1421 noch ein einheitliches bzw. „erkennbares System der Ertragsvereinnahmungsgrundsätze“1422 ableiten. Eine explizit ungleiche Behandlung von Chancen und Risiken sieht gleichwohl z. B. IAS 37.16 i. V. m. IAS 37.33 vor: Während IAS 37.16 für den Ansatz einer Rückstellung fordert, dass die zugrunde liegende Verpflichtung „more likely than not“ ist, besteht für eine Aktivierung eine höhere Wahrscheinlichkeitsschwelle („virtually certain“ gemäß IAS 37.33). Eine imparitätische Wertung von Risiken und Chancen ergibt sich auch im Rahmen von Fertigungsaufträgen, „indem gemäß IAS 11.32 Verluste aus Fertigungsaufträgen sofort in voller Höhe, Gewinne hingegen nur nach Auftragsfortschritt zu realisieren“ sind, und bei den Regelungen zu latenten Steuern, indem „passive latente Steuern gemäß IAS 12.24 in voller Höhe, aktive hingegen gemäß IAS 12.29a nur nach Maßgabe ihrer wahrscheinlichen Realisierung zu erfassen sind“1423.1424 Ebenso ist dem Normgefüge der IFRS ein gemeinschaftsbilanzrechtliches Realisationsprinzip, das durch die Modernisierungs- und Fair-Value-Richtlinie zur Erzielung einer IFRSKonformität einer umfassenden Erweiterung der Reichweite zur Legalisierung einer erfolgswirksamen Fair-Value-Bewertung im Einklang mit den IFRS unterliegt, fremd. So bestimmt sich bspw. die Frage der Ertragsvereinnahmung im Normgefüge der IFRS neben den grundlegenden Anforderungen des Rahmenkonzepts, das die Ertragsvereinnahmung grundsätzlich an die Zunahme des wirtschaftlichen Nutzens gemäß RK.92 i. V. m. RK.70(a) knüpft,1425 anhand kasuistischer Regelungen für Fertigungsaufträge des IAS 11, anhand der Anwendungsfälle des IAS 18 „Erträge“1426 sowie anhand einer umfassenden Zeit1421
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Vgl. hierzu und im Folgenden Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), a. a. O., Rn. 21–23; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: Imparitätische Wahrscheinlichkeit – Zukunftswerte im IAS-Regelwerk, in: KoR, 3. Jg. (2003), S. 5–14. So wohl auch Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – internationaler Abschied vom Realisationsprinzip?, a. a. O., hier S. 428–430, Zitat S. 434; für eine ausführliche Würdigung der Ertragsvereinnahmungskonzeption der IFRS vgl. Sessar, Christopher: Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung im deutschen Bilanzrecht, Düsseldorf 2007, S. 215–334. Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), a. a. O., Rn. 21–22 (beide Zitate). Ebenso nehmen die IAS keine einheitliche Behandlung von Risiken vor: So kann nach IAS 11 auch bei noch vorhandenen Restrisiken eine anteilige Ertragsrealisation erfolgen, während bei den Regelungen zur Leasingbilanzierung bzw. im Rahmen des Verkaufs von Gütern nach IAS 18 die maßgeblichen Risiken übergegangen sein müssen. So auch Helmschrott, Harald: Der Vorschlag der EU zur Anpassung der Bilanzrichtlinien an die IAS durch die Einführung einer Fair-Value-Bewertung von Finanzinstrumenten, a. a. O., hier S. 943; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition under IFRS Revisited: Conceptual Models, Current Proposals and Practical Consequences, a. a. O., S. 69–106, hier S. 82. Vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – internationaler Abschied vom Realisationsprinzip?, a. a. O., hier S. 428. Der Anwendungsbereich des IAS 18 umfasst den Verkauf von Gütern, die Erbringung von Dienstleistungen sowie die Frage der Nutzung von Vermögenswerten des Unternehmens durch Dritte gegen Zinsen, Nutzungsentgelte und Dividenden. Vgl. zu IAS 18 vertiefend Wüstemann, Jens/Wüstemann, Sonja/Neumann, Simone: Kommentierung zu IAS 18, in: Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/Bischof-IFRS, 6.
202
wertbilanzierung gemäß IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“, IAS 40 „Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien“ sowie des IAS 41 „Landwirtschaft“.1427 Die sich im Rahmen der Ertragsvereinnahmung ergebenden systematischen Unschärfen, Regelungslücken oder Widersprüche zeigen deutlich das Fehlen eines einheitlichen Systems zur Ertragsvereinnahmung auf.1428 Dies wird einerseits durch das jüngst veröffentlichte Diskussionspapier von IASB und FASB zu Fragen der Ertragsvereinnahmung1429 sowie andererseits durch mehrere konkretisierende Interpretationen des IFRIC bestätigt, die der Vereinheitlichung in Fragen der Ertragsvereinnahmung dienen sollen.1430 Die zahlreichen Unstimmigkeiten in der Frage der Ertragsvereinnahmung wurde durch das IASB erkannt und bereits im Jahr 2002 im Rahmen des Revenue-Recognition-Projekts von IASB und FASB aufgegriffen,1431 mit dem Ziel, einen einheitlichen Standard zur Ertragsvereinnahmung zu schaffen, der zudem den Konvergenzbestrebungen beider Institutionen nachkommen soll.1432 Die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wird damit im Bilanzrichtlinienrecht und im Regelungsgefüge der IFRS unterschiedlich konkretisiert, so dass die Vermutung nahe liegt, dass sich hierdurch auch wesentliche Unterschiede in der Vermittlung eines solchen Bildes ergeben können.
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erg. Lfg. 2008. Vgl. für einen Überblick Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Ertragsvereinnahmung im neuen Referenzrahmen von IASB und FASB – internationaler Abschied vom Realisationsprinzip?, a. a. O., hier S. 428–430. Vgl. zur Kritik an einem konsistenten System von Ertragsvereinnahmungsgrundsätzen im Regelungsgefüge der IFRS z. B. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition – Würdigung aktueller Entwicklungen aus prinzipienorientierter Sicht, a. a. O., hier S. 143–147. Vgl. FASB/IASB: Discussion Paper: Preliminary Views on Revenue Recognition in Contracts with Customer, December 2008. Vgl. z. B. die jüngst veröffentlichten IFRIC 12: Service Concession Arrangements (Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen) vom 30. November 2006, IFRIC 13: Customer Loyality Programmes (Kundentreueprogramme) vom 28. Juni 2007 sowie IFRIC 15: Agreements for the Construction of Real Estate (Immobilienverkäufe) vom 3. Juli 2008. Zur Würdigung vgl. z. B. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition – Würdigung aktueller Entwicklungen aus prinzipienorientierter Sicht, a. a. O., hier S. 147–150. Vgl. zu Einzelheiten IASB: Current IASB Projects – Revenue Recognition, abrufbar unter: http://www.iasb.org/Current+Projects/IASB+Projects/Revenue+Recognition/Revenue+Recognition.htm, letzter Abruf 1.12.2008 sowie FASB/IASB: Project Update: Revenue Recognition – Joint Project of the IASB and FASB, abrufbar unter: http://www.fasb.org/project/ revenue_recognition.shtml (Stand 1.12.2008). Das Projekt ist Bestandteil des Memorandum of Understanding between the FASB and the IASB. Vgl. FASB/IASB: A Roadmap for Convergence between IFRSs and US GAAP – 2006-2008, Memorandum of Understanding between the FASB and the IASB, 27 February 2006. Zum Anlass des Projekts vertiefend vgl. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Das Projekt „Revenue Recognition“ von FASB und IASB – Notwendigkeit, Vorschläge und Bewertung möglicher Neufassungen von IAS 18 und IAS 11, a. a. O., hier S. 249–253; Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: Revenue Recognition – Würdigung aktueller Entwicklungen aus prinzipienorientierter Sicht, a. a. O., hier S. 150–154. Vgl. mit Einzelheiten IASB: Current IASB Projects – Revenue Recognition, abrufbar unter : http://www.iasb.org/Current+Projects/IASB+Projects/Revenue+Recognition/Revenue+Recognition.htm, letzter Abruf 1.12.2008.
203
2.
Grenzen des konzeptionellen Vergleichs und Konkretisierung der Vergleichbarkeitsproblematik
Der konzeptionelle Vergleich der geforderten Darstellung der Informationen mit seiner Unterscheidung zwischen fair presentation und European true and fair view alleine mag nicht zwingend zu Unterschieden in der Bilanzierungswirklichkeit und damit zu einer unterschiedlichen Darstellung der geforderten Bilder führen. Lüdenbach/Hoffmann stellen fest, dass die Konzepte der handelsrechtlichen Rechnungslegung „so unbestimmt sein können, dass sie alle möglichen Lösungen zulassen, oder umgekehrt kann die Lösung so zwingend sein, dass sie durch mehrere Konzepte zu begründen ist“1433. Dass die unterschiedlichen Rechnungslegungskonzeptionen und die ihnen zugrunde liegenden Bilder nicht unbedingt zu einem unterschiedlichen Bilanzierungsergebnis führen, macht das Beispiel der Abschreibung auf das Vorratsvermögen deutlich: Während nach handelsrechtlichen GoB das Imparitätsprinzip aus Vorsichtsgründen eine außerplanmäßige Abschreibung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen des Umlaufvermögens auf den niedrigeren Wert („objektivierungsbedingt auf gesunkene Wiederbeschaffungskosten“1434) erzwingt, resultiert eine solche außerplanmäßige Abschreibung auf den Nettoveräußerungswert gemäß IAS 2.32 „Vorräte“ nur dann, wenn „ein Preisrückgang für diese Stoffe darauf hindeutet, dass die Herstellungskosten der Fertigerzeugnisse über dem Nettoveräußerungswert liegen“. Die dieser Abschreibung zugrunde liegende (ermessensbehaftete) Konzeption zum „Zweck der Annäherung an den (effektiven) Stichtagswert der Materialien“, die zudem dem Einzelbewertungsprinzip zuwider läuft,1435 führt in vielen Fällen dennoch zu einer Übereinstimmung mit der Bilanzierungslösung nach handelsrechtlichen GoB.1436 Dass die Konzepte der fair presentation und des European true and fair view aufgrund der unterschiedlichen Rechnungslegungskonzeptionen aber auch zu tatsächlich unterschiedlichen Bilanzierungswirklichkeiten führen können, zeigt das Beispiel der langfristigen Auftragsfertigung: Während nach der Konzeption der IFRS im Rahmen der langfristigen Auftragsfertigung nach IAS 111437 eine Regelungslösung gemäß der Completed-Contract-Methode
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Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), a. a. O., Rn. 8. Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, Wiesbaden 2008, S. 245. Vgl. Weindel, Marc: Grundsätze ordnungsmäßiger Verlustabschreibungen, Wiesbaden 2008, S. 245 (auch Zitat). Vgl. Hoffmann, Wolf-Dieter: § 17 Vorräte, in: Haufe IFRS-Kommentar, Rn. 20; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter: § 1 Rahmenkonzept (Framework), a. a. O., Rn. 8. IAS 11 sieht zwei Varianten der Percentage-of-Completion-Methode vor, die sich nach der Art der Vertragskonstellation unterscheiden: Festpreisverträge und Kostenzuschlagsverträge. Vgl. z. B. Lüdenbach, Norbert: § 18 Fertigungsaufträge, in: Haufe IFRS-Kommentar, Rn. 20–27. Die Completed-Contract-Methode wurde in den IAS erst mit der nach wie vor gültigen überarbeiteten Version des IAS 11 (überarbeitet 1993) abgeschafft. Vgl. Krawitz, Norbert: Die bilanzielle Behandlung der langfristigen Auftragsfertigung und Reformüberlegungen unter Berücksichtigung internationaler Entwicklungen, a. a. O., hier S. 892. Vgl. zur Bilanzierung von Werkverträgen unter Darstellung systemgerechter Bilanzierungsprinzipien Wüstemann, Jens/Wüstemann, Sonja: Betriebswirtschaftliche Bilanzrechtsforschung und Grundsätze ordnungsmäßiger Gewinnrealisierung für Werkverträge, erscheint im Januar 2009 in ZfB, 79. Jg. (2009), S. 1–28.
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unzulässig ist,1438 ist diese im Rahmen der Jahresabschlussrichtlinie als mögliche Lösung im Umsetzungsspielraum enthalten.1439 3.
Konsequenzen hinsichtlich einer Vergleichbarkeit europäischer Abschlüsse
Da die IAS-Verordnung gemäß Art. 1 eine Transparenz und Vergleichbarkeit der in den IFRS-Abschlüssen enthaltenen Finanzinformationen zum Zwecke der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts fordert und gemäß Art. 4 damit alle kapitalmarktorientierten Gesellschaften verpflichtend einen IFRS-Abschluss zu erstellen haben, scheint das sich ergebende unterschiedliche Bild des Unternehmens nach IFRS im Vergleich zu den Rechnungslegungsrichtlinien zunächst kein Problem darzustellen. Die Anwendung eines einzigen Regelwerks und die Vermittlung einer fair presentation (als zulässiger Umsetzungsspielraum eines European true and fair view) durch alle kapitalmarktorientierten Gesellschaften scheint diesem Ziel – trotz aller aufgezeigten dem Regelungsgefüge der IFRS immanenten Probleme – eher noch zu entsprechen. Gleichwohl ergeben sich durch die IAS-Verordnung zwei Aspekte, die hinsichtlich der Unterschiedlichkeit der Bilder dem Ziel der Harmonisierung bzw. Standardisierung des Bilanzrechts weiterhin abträglich sind: Vor dem Hintergrund, dass die IAS-Verordnung gemäß Art. 3 Abs. 2 für die Übernahme der IFRS eine verpflichtende Konvergenz eines Standards oder einer Interpretation mit dem European true and fair view der Bilanzrichtlinien fordert, und dieser dadurch als Auslegungsmaßstab im Rahmen der Regelungslückenschließung heranzuziehen ist, können sich zunächst aufgrund der außerordentlichen Reichweite dieser europäischen Norm theoretisch weiterhin vergleichbarkeitseinschränkende Effekte auf der Ebene der konsolidierten Abschlüsse ergeben. Wenn das Übernahmeverfahren die Prüfung eines IAS-Standards oder einer Interpretation dahingehend vorzunehmen hat, ob die Regelung zur Vermittlung des European true and fair view führt, können sich unterschiedliche Bilder andererseits grundsätzlich nur noch im Vergleich von Einzelabschlüssen ergeben. Hier können Anhangangaben eventuelle Verzerrungen zwar annahmegemäß ausgleichen, einer umfassenden Vergleichbarkeit ist dies aber nicht zuträglich. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass nicht die Detailregelungen der IFRS mit dem Bilanzrichtlinienrecht übereinstimmen müssen, sondern ein zu übernehmender Standard in der Gesamtschau dem European true and fair view nicht widersprechen darf.1440 Da Art. 5 IAS-VO eine optionale Ausweitung des Anwendungsbereichs der
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Vgl. Velte, Patrick: ZP-Stichwort: Percentage-of-Completion-Methode, in: ZP, 17. Jg. (2006), S. 223–228, hier S. 224–225. Da sich die IAS in Konformität mit den Bilanzrichtlinien befinden müssen, stellt IAS 11 einen Umsetzungsspielraum der Jahresabschlussrichtlinie dar. Demnach ist der Aussage von WÜSTEMANN/KIERZEK zuzustimmen, dass „[t]he fact, that IAS 11 prohibits the application of other methods, that result from other legitimate interpretations of the ‚European’ realisation principle, such as the completed contract method, should (and actually did) not inhibit the endorsement of IAS 11”. Wüstemann, Jens/Kierzek, Sonja: True and Fair View revisited – A Reply to Alexander and Nobes, a. a. O., hier S. 99. Vgl. Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, S. 4.
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IFRS für Jahresabschlüsse bzw. für nicht kapitalmarktorientierte Gesellschaften vornimmt, und zahlreiche Mitgliedstaaten diese Option verpflichtend oder auch wahlweise ergreifen,1441 bleibt auf Ebene des Einzelabschlusses eine Harmonisierung und damit eine Transparenz und Vergleichbarkeit von Finanzinformationen weiterhin unbefriedigend. Einer umfassenden Harmonisierung auf der Ebene des Einzelabschlusses stehen weiterhin vor die Grundprobleme der Harmonisierung der Rechnungslegungsrichtlinien entgegen. Diese wurden bspw. durch das Beratende Forum für Rechnungslegung hinsichtlich von Differenzen im Umsetzungs- und Anwendungsprozesses aufgrund kultureller, geschichtlicher, traditioneller und sprachlicher Unterschiede, der differierenden Zielsetzungen der Abschlüsse, steuerlicher Erwägungen sowie nationaler Unterschiede in sozialwirtschaftlichen und rechtlichen Bereichen identifiziert.1442 Unter diesen Gesichtspunkten hilft es daher nur wenig, wenn bspw. in Deutschland eine umfassende Modernisierung des Handelsbilanzrechts durch den nationalen Gesetzgeber vorgeschlagen wird, wobei dieser als Zielsetzung eine Annäherung der handelsrechtlichen Regelungen an die IFRS unter Beibehaltung der traditionellen Zielsetzungen eines deutschen Jahresabschlusses formuliert: „[D]ie HGB-Bilanz bleibt Grundlage der Ausschüttungsbemessung und der steuerlichen Gewinnermittlung“1443. Während Divergenzen bei der Anwendung und Umsetzung von Normen durch regelungsscharfe, eindeutige und einheitliche Vorschriften grundsätzlich begrenzt werden können, stellen vor allem nationalrechtliche Regelungen, bspw. auf dem Gebiet der direkten Steuern, die aufgrund des Subsidiaritätsprinzips1444 keinem Harmonisierungsauftrag unterliegen,1445 auch künftig ein großes Problem hinsichtlich einer Rechtsangleichung dar. Solange die steuerliche Gewinnermittlung an das Handelsrecht geknüpft ist,1446 das sich nach einzelstaatlich konkretisiertem Recht bestimmt, werden der Harmonisierung weiterhin enge Grenzen gesetzt. Die Möglichkeit, die IFRS europaweit für eine verpflichtende Anwendung 1441
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Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Funktionsweise der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, KOM (2008) 215 endg., a. a. O., S. 3. Vgl. Beratendes Forum für Rechnungslegung: Vorsicht und Matching, Generaldirektion XV Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen, XV/7002/95 DE, S. 8–10. BMJ: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG), S. 1. Da nach dem Subsidiaritätsprinzip gemäß Art. 5 Abs. 2 EGV die Europäische Union zur Vermeidung einer zu hohen Regelungsdichte durch die Organe der Europäischen Union nur tätig wird, „sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können“, unterliegt die Rechtsetzung auf dem Gebiet der direkten Steuern den einzelnen Mitgliedstaaten. Vgl. auch Beiser, Reinhold/Pülzel, Peter: Harmonisierung der direkten Steuern in der EU. Rechtsgrundlagen, Stand und Perspektiven, in: FS Pernthaler, S. 43–65, hier S. 59. Der EG-Vertrag sieht keine Regelungen über die Steuerpolitik vor, so dass es den Nationalstaaten obliegt, die Steuerbelastung seiner Staatsbürger zu bestimmen. Die Harmonisierung der indirekten Steuern wird hingegen durch Art. 93 EGV erfasst. Vgl. Arndt, Hans-Wolfgang/Fischer, Kristian: Europarecht, a. a. O., S. 234. So besteht nur in Italien und den Niederlanden keine Verknüpfung zwischen Handelsrecht und Steuerrecht. Vgl. Spengel, Christoph/Malke, Christiane: Die Besteuerung von Unternehmen in der Europäischen Union, DSWR, 35. Jg. (2006), S. 19–24, hier S. 20.
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im Einzelabschluss als Basis der steuerlichen Gewinnermittlung heranzuziehen – und damit auch gleichzeitig eine mitgliedstaatliche gemeinsame und vergleichbare Grundlage für den handelsrechtlichen Einzelabschluss zu erhalten – wird in der einschlägigen Literatur dementsprechend gewürdigt.1447 Da die IFRS jedoch nicht unmittelbar für eine Rechnungslegung zum Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung geeignet sind,1448 wird als langfristige Lösung eine einheitliche Überleitungsrechnung vorgeschlagen,1449 so dass die IFRS lediglich als gemeinsamer Ausgangspunkt für eine steuerliche Gewinnermittlung dienen würden.1450 Dies zeigt jedoch auf, dass die IFRS nicht unmittelbar für eine Rechnungslegung zum Zwecke der Gewinnermittlung geeignet sind.1451 Der Vergleichbarkeit wären aufgrund der genannten Probleme der IFRS auch bei Verwendung im Einzelabschluss Grenzen gesetzt. Insgesamt stehen einer Vergleichbarkeit von Finanzinformationen zudem nach wie vor die unterschiedlichen nationalstaatlichen kulturellen und sozioökonomischen Einflussfaktoren entgegen, die eine vollumfängliche Vergleichbarkeit einer wohl natürlichen Harmonisierungsgrenze zuführt.
1447
Vgl. grundlegend unter Würdigung des Maßgeblichkeitsprinzips Herzig, Norbert: IAS/IFRS und steuerliche Gewinnermittlung, Düsseldorf 2004; ferner Spengel, Christoph: Einheitliche Bemessungsgrundlage für die laufende Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, in: Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, hrsg. von Norbert Herzig, Köln 2004, S. 101–117, hier S. 111–115; Spengel, Christoph: Besteuerung von Einkommen – Aufgaben, Wirkungen und europäische Herausforderungen, Gutachten G, in: Seiler, Christian/Spengel, Christoph: Besteuerung von Einkommen – Aufgaben, Wirkungen und europäische Herausforderungen, Gutachten F/G zum 66. Deutschen Juristentag Stuttgart 2006, München 2006, S. G 1–G 75, hier S. G 68–G 72; Spengel, Christoph/Malke, Christiane: Comprehensive Tax Base or Residual Reference to GAAP or Domestic Tax Law?, in: Common Consolidated Corporate Tax Base, ed. by Michael Lang et al., Wien: Linde 2008, S. 63–92, hier S. 88–90; Spengel, Christoph: Rechnungslegung nach IFRS – Konsequenzen für die Besteuerung, in: ZfCM, 47. Jg. (2004), S. 130–140, hier S. 131–132. 1448 Vgl. z. B. Herzig, Norbert: Einheitliche Bemessungsgrundlage für die laufende Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, a. a. O., hier S. 94. 1449 Vgl. Spengel, Christoph/Malke, Christiane: Comprehensive Tax Base or Residual Reference to GAAP or Domestic Tax Law?, in: Common Consolidated Corporate Tax Base, ed. by Michael Lang et al., a. a. O., hier S. 88–90; Spengel, Christoph: Besteuerung von Einkommen – Aufgaben, Wirkungen und europäische Herausforderungen, Gutachten G, a. a. O., hier S. G 68–G 72. 1450 Vgl. Herzig, Norbert: Einheitliche Bemessungsgrundlage für die laufende Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, a. a. O., hier S. 94; Spengel, Christoph: Besteuerung von Einkommen – Aufgaben, Wirkungen und europäische Herausforderungen, Gutachten G, a. a. O., hier S. G 68; Spengel, Christoph: Einheitliche Bemessungsgrundlage für die laufende Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, a. a. O., hier S. 113. 1451 Vgl. auch Herzig, Norbert: Einheitliche Bemessungsgrundlage für die laufende Besteuerung der Europäischen Aktiengesellschaft, a. a. O., hier S. 94.
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Zusammenfassende Thesen 1. Gemäß dem Rechtsangleichungsauftrag des Art. 3 Abs. 1 lit. h) EGV erfolgt die Harmonisierung des europäischen Bilanzrechts auf Basis der allgemeinen Kompetenznormen der Art. 94–97 EGV i. V. m. den speziellen gesellschaftsrechtlichen Regelungen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit durch die Art. 43–48 EGV. Eine Aussage über die Regelungsintensität der auf dieser Basis erlassenen Normen kann aufgrund der uneinheitlichen primärrechtlichen Terminologie nicht getroffen werden. Gleichwohl besteht Einigkeit darüber, dass das europäische Bilanzrichtlinienrecht zunächst der Intention einer Harmonisierung unterlag; mit der IAS-Verordnung, die sich auf Art. 95 EGV beruft, kann jedoch eine Standardisierungsabsicht vermutet werden. 2. Die Aufgabe der für eine effektive Harmonisierung im Rahmen eines funktionierenden Binnenmarkts notwendigen einheitlichen Anwendung und Auslegung des Gemeinschaftsrechts kommt allein der europäischen Gerichtsbarkeit zu. Bei seiner Auslegung greift der Europäische Gerichtshof zunächst auf den klassischen Methodenkanon der grammatischen, systematischen und insbesondere der teleologischen und – anlagebedingt – auf die rechtsvergleichende Methode zurück. Eine dynamische Interpretation ist insbesondere für das Sekundärrecht abzulehnen. Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts unterliegt den Besonderheiten der Gleichverbindlichkeit aller Sprachfassungen sowie dem Grundsatz der autonomen Rechtsauslegung gemeinschaftsrechtlicher Begriffe, wobei die Mitgliedstaaten der Rechtsfigur der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts unterliegen. In diesem Sinne ist das durch die Bilanzrichtlinien geregelte Handelsbilanzrecht richtlinienkonform auszulegen. Eine Erweiterung der richtlinienkonformen Auslegung auf autonome Rechtsbereiche, wie das deutsche Steuerbilanzrecht oder das in Deutschland für alle Kaufleute geregelte Gewinnanspruchsermittlungsrecht, entbehrt indes einer EG-rechtlichen Grundlage. 3. Grundlage der Bilanzrechtsharmonisierung ist gemäß Art. 44 Abs. 2 lit. g) EGV die Angleichung nationaler Rechtsnormen hinsichtlich einer gleichwertigen Gestaltung der Bestimmungen zum Schutze von Gesellschaftern und Dritten mittels Richtlinien. Zentrale Richtlinie ist die Jahresabschlussrichtlinie, deren kompromisshafter Charakter in den divergierenden Schutzzwecken der Informationsvermittlung unter gleichzeitiger Berücksichtigung eines Ausschüttungsbemessungszwecks zu Tage tritt. In Folge der gegenseitigen Verknüpfung der Jahresabschluss- mit der Kapitalrichtlinie wird das Konzept des Gläubigerschutzes durch bilanzielle Kapitalerhaltung in das europäische Bilanzrechts integriert. 4. Ein zentrales Problem bei der Umsetzung der Jahresabschlussrichtlinie begründet sich im unterschiedlichen Verständnis des True-and-fair-View-Grundsatzes des Art. 2 Abs. 3–5 JaR, so dass im Umsetzungsspielraum der Mitgliedstaaten sowohl eine override-Funktion als auch die – gleichwohl diametral entgegenstehende – Abkopplungsthese enthalten sind. Die 208
notwendige Konkretisierung dieser Einblicksgeneralnorm anhand der Einzelnormen der Richtlinie führt aufgrund deren Unbestimmtheit zu einem dem jeweiligen Verständnis der Mitgliedstaaten des true and fair view entsprechenden Bilanzierungsergebnis: Während bei einer Orientierung des Jahresabschlusses am Ausschüttungsbemessungszweck den Einzelnormen eine einblicksbegrenzende Wirkung zukommt, führt eine Bilanzierung zu Gunsten eines übergeordneten Einblicksgebots zu einer Zurückdrängung von Vorsichts- und Objektivierungsprinzipien. 5. Obwohl eine Vorabentscheidungskompetenz in bilanzsteuerrechtlichen Fragen aufgrund eines fehlenden Anwendungsbereichs des Gemeinschaftsrechts theoretisch verneint werden müsste, bejaht der EuGH explizit seine Zuständigkeit für das deutsche Bilanzsteuerrecht. Die bisher ergangene Rechtsprechung des EuGH zum Bilanzsteuerrecht scheint dabei den grundsätzlich weiten Umsetzungsspielraum des True-and-fair-View-Grundsatzes als Regelungswillen des europäischen Normgebers zu bestätigen. 6. Die aufgrund dieses unbefriedigenden Harmonisierungsergebnisses durch die Rechnungslegungsrichtlinien erfolgte Übernahme der IFRS für kapitalmarktorientierte Gesellschaften gemäß der IAS-Verordnung muss in den Grenzen der Bilanzrichtlinien erfolgen. Problematisch ist hierbei die Monofunktionalität des IFRS-Abschlusses, die Informationsvermittlung, die keiner in sich konsistenten bilanztheoretischen Konzeption unterliegt. Eine Anwendung der IFRS im Einzelabschluss wird aufgrund der Ausrichtung der IFRS auf einen informationellen Anlegerschutz und damit aufgrund eines fehlenden Ausschüttungsbemessungszwecks bzw. eines Mindestgläubigerschutzzwecks durch bilanzielle Kapitalerhaltung der Jahresabschlussrichtlinie nicht gerecht. Die durch die Kommission vorgenommene dynamische Auslegung der Richtlinien zur Konformitätserzielung mit den IFRS ist europarechtlich abzulehnen. Die hierfür weiterhin notwendige Anpassung der Rechnungslegungsrichtlinien durch die Fair-Value- und Modernisierungsrichtlinie führt zudem zu einem erweiterten Umsetzungsspielraum der Richtliniennormen. 7. Europarechtlich müssen den privatgesetzten IFRS für ihre Verbindlichkeit und rechtssichere Anwendung Rechtsnormcharakter verliehen werden. Im Rahmen des hierfür vorgesehenen Regelungsverfahrens mit Kontrolle (Komitologieverfahren) wird Art. 3 Abs. 2 IAS-VO und damit insbesondere der European-True-and-fair-View-Grundsatz zum zentralen Übernahmemaßstab. Aufgrund ihrer extremen Umsetzungsbreite im Rahmen des Übernahmeverfahrens entfaltet diese europäische Generalnorm somit nur eine formelle Schutzwirkung, vielmehr wird sie im Rahmen der Auslegung der IFRS bei Regelungslücken für den europäischen Rechtsraum maßgeblich sein. Dies birgt aufgrund der Interpretation des European true and fair view anhand der Einzelnormen der Richtlinie gemäß Art. 31 JaR, die als solche eine andere Konkretisierung in den IFRS finden, die Gefahr der Bildung europaspezifischer IFRS. Der gleichen unerwünschten Folge unterliegen die Konkurrenz der Auslegungs209
instanzen der Gerichtsbarkeit, des IFRIC und der nationalen Auslegungsstellen sowie die zwingende Berücksichtigung der EuGH-Urteile bei der Auslegung der IFRS im europäischen Rechtsraum. Eine einheitliche Anwendung der IFRS wird hierdurch überdies massiv erschwert. 8. Obwohl ein Abschluss auf Basis der IFRS in seiner Grundkonzeption nicht für Zwecke der Kapitalerhaltung oder Ausschüttungsbemessung geeignet ist, bewirkt das Wahlrecht des Art. 5 IAS-VO eine Übernahme der IFRS in den Einzelabschluss durch die Mitgliedstaaten teilweise ohne eine Anpassung des Gewinns für Zwecke der Ausschüttungsbemessung. Trotz der sich daraus ergebenden unterschiedlichen Gewinngrößen in Europa wird die Ausgestaltung der Gläubigerschutzkonzeptionen auf Basis der bilanziellen Kapitalerhaltung wohl auch zukünftig nationalen Regelungen unterliegen. Neben dieser unbefriedigenden Erkenntnis kann auch die Ausgestaltung des europäischen Enforcementsystems zur einheitlichen Anwendung der IFRS in Europa derzeit zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis führen, solange die Normdurchsetzung einer dezentralen Regelung unterliegt. 9. Der European true and fair view, der als zentrale Informationsvermittlungsnorm fungiert, stellt als gemeinschaftsrechtliches Prinzip das Bindeglied zwischen Bilanzrichtlinienrecht und IAS-Verordnung dar. Die Informationsvermittlung erfährt hierbei durch die Rechenwerke des Jahresabschlusses eine natürliche Grenze. Die umstrittene Bedeutung und damit auch die Reichweite des true and fair view entscheiden sich an dem der Jahresabschlussrichtlinie zugeschriebenen Zweck. Hierbei konnte für das gemeinschaftsbilanzrechtliche Vorsichtsprinzip eine entsprechende Umsetzungsreichweite für eine zweckunterschiedliche Auslegung sowohl in der Jahresabschlussrichtlinie als auch durch die EuGH-Rechtsprechung bestätigt werden. 10. Die Änderung der Rechnungslegungsrichtlinien durch die Fair-Value-Richtlinie führt zu einer Durchbrechung des Realisationsprinzips des historischen Bilanzrichtlinienrechts und legitimiert den sich damit verbreiternden Auslegungsrahmen des Realisationsprinzips zu Gunsten der Vermittlung eines true and fair view im Sinne der IFRS. Ebenso lassen die Änderungen der Modernisierungsrichtlinie im Rahmen des gemeinschaftsbilanzrechtlichen Imparitätsprinzips auf eine nun unterschiedliche Auslegung innerhalb der Verlustkonzeption der Richtlinie schließen, die einerseits im Rahmen der Pflichtregelung des Art. 31 Abs. 1 lit c) bb) JaR eine weite Auslegung des Vorsichtsprinzips vorsieht und andererseits über das Wahlrecht des Art. 31 Abs. 1a) JaR eine strengere Orientierung am Vorsichtsprinzip bzgl. der Verlusterfassung gemäß des historischen Bilanzrichtlinienrechts ermöglicht. Diese Aufweichung des Realisations- und Imparitätsprinzips kann als Stärkung des Informationszwecks der Richtlinie zu Gunsten der Anwendung der IFRS gewertet werden, ist jedoch vor dem Hintergrund der verfolgten Standardisierung zugunsten einer Vergleichbarkeit von Finanzinformationen aufgrund des sich erweiternden Auslegungsrahmens des true and fair view als kritisch zu erachten. 210
11. Das Prinzip der fair presentation als übergeordnete Zielnorm der IFRS ist als theoretisches overriding principle ausgestaltet. Eine eindeutige Konkretisierung der fair presentation anhand der qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts ist aufgrund deren Konkurrenzverhältnisses und unpräzisen inhaltlichen Bestimmung nicht möglich. Die Entsprechung der qualitativen Anforderungen des Rahmenkonzepts als wesentliche Voraussetzung einer fair presentation mit Art. 3 Abs. 2 IAS-VO sprechen für eine eigenständige Bedeutung einer fair presentation nach IFRS im Sinne einer europarechtlichen Legalisierung dieses Konzepts für das europäische Bilanzrecht. Auch auf Einzelnormenebene lässt sich keine eindeutige Bestimmung einer fair presentation vornehmen. Hier setzen Inkonsistenzen im Rahmen der Lückenschließung, wo sie besondere Relevanz erhält, systematische Uneinheitlichkeiten innerhalb Einzelnormen, das in den IFRS angelegte business judgment sowie der management approach als Determinanten einer fair presentation dieser Zielfunktion und damit auch der Vergleichbarkeit von IFRS-Abschlüssen Grenzen. 12. Während der European true and fair view als Zielfunktion für Abschlüsse dient, die neben der Informationsvermittlung auch einer Ausschüttungsbemessung und damit einem Mindestgläubigerschutz nachkommen, stellt das in den IFRS geforderte Bild der fair presentation aufgrund seiner Orientierung am Schutzzweck der Informationsvermittlung lediglich eine Teilmenge des European true and fair view dar. Der sich ergebende Umsetzungsspielraum wird durch die IAS-Verordnung jedoch legitimiert. Die unterschiedliche Konzeption beider Zielnormen wird auf Einzelnormenebene aufgrund der divergierenden Ausgestaltung der den European true and fair view bestimmenden Prinzipien in den IFRS bestätigt; eine Vergleichbarkeit beider Konzepte unterliegt aber konzeptionellen Grenzen. Die unterschiedliche Reichweite beider Zielnormen führt indes auf Ebene des Einzelabschlusses aufgrund der Zweckdivergenz der Abschlüsse vor allem hinsichtlich der Vergleichbarkeit von Abschlussinformationen nach wie vor zu einem unbefriedigenden Harmonisierungsergebnis. Gleichwohl wird eine umfassende Vergleichbarkeit von Abschlüssen aufgrund unterschiedlicher sozioökonomischer und kultureller Faktoren immer an ihre Grenzen stoßen.
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Zaß, Manfred: Meinungsspiegel zum Thema Rechnungslegung im Spannungsfeld von Tradition, Globalisierung und europäischer Integration, in: BFuP, 50. Jg. (1998), S. 77–93. Zeff, Stephan: International accounting principles and auditing standards, in: EAR, Vol. 2 (1993), S. 403–410. Zimmermann, Jochen: Beurteilungskriterien für enforcement-Modelle – Eine Analyse und Darstellung anhand des britischen Financial Reporting Review Panels, in: StuB, 5. Jg. (2003), S. 353–360. Zitzelsberger, Siegfried: Ist die 4. EG-Richtlinie noch zeitgemäß?, in: WPg, 51. Jg. (1998), S. 799–808. Zuleeg, Manfred: Die Auslegung des Europäischen Gemeinschaftsrechts, in: EuR, 4. Jg. (1969), S. 97–108.
257
Verzeichnis der zitierten Rechtsprechung 1. a)
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und Schlussanträge der Generalanwälte Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs
Beschluss des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 10. Juli 1997 in der Rechtssache C-234/94: Waltraud Tomberger gegen Gebrüder von der Wettern GmbH (Urteilsberichtigung), in: ABl.EG, Nr. C-318 vom 18.10.1997, S. 3–4. EuGH-Urteil vom 12. Juli 1957, Verbundene Rechtssachen 7/56 und 3/57 bis 7/57 (Algera), Slg. 1957, 85. EuGH-Urteil vom 16. Dezember 1960, Rs. 6/60 (Jean-E. Humblet/Belgian State), Slg. 1960, 1163. EuGH-Urteil vom 14. Dezember 1962, Verbundene (Kommission/Großherzogtum Luxemburg), Slg. 1962, 869.
Rs.
2/62
und
3/62
EuGH-Urteil vom 5. Februar 1963, Rs. 26/62 (van Gend & Loos), Slg. 1963, 3. EuGH-Urteil vom 27. März 1963, Rs. 28/62 (Da Costa), Slg. 1963, 63. EuGH-Urteil vom 15. Juli 1964, Rs. 6/64 (Costa/E.N.E.L.), Slg. 1964, 1251. EuGH-Urteil vom 30. Juni 1966, Rs. 61/65 (Vaassen-Göbbels), Slg. 1966, 584. EuGH-Urteil vom 12. November 1969, Rs. 29/69 (Stauder/Ulm), Slg. 1969, 419. EuGH-Urteil vom 18. März1970, Rs. 43/69 (Bilger Soehne/Jehle), Slg. 1970, 127. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1970, Rs. 9/70 (Grad/Finanzamt Traunstein), Slg. 1970, 825. EuGH-Urteil vom 21. Februar 1973, Rs. 6/72 (Continental Can), Slg. 1973, 215. EuGH-Urteil vom 2. Juli 1974, Rs. 173/73 (Italian Republic), Slg. 1974, 709. EuGH-Urteil vom 4. Dezember 1974, Rs. 41/74 (van Duyn/Home Office), Slg. 1974, 1337. EuGH-Urteil vom 9. März 1978, Rs. 106/77 (Simmenthal), Slg. 1978, 629. EuGH-Urteil vom 25. Januar 1979, Rs. 98/87 (A. Racke/Hauptzollamt Mainz), Slg. 1979, 69. EuGH-Urteil vom 5. April 1979, Rs. 148/78 (Ratti), Slg. 1979, 1629. EuGH-Urteil vom 17. Dezember 1980, Rs. 149/79 (Kommission/Belgien), Slg. 1980, 3881. EuGH-Urteil vom 9. Februar 1982, Rs. 270/80 (Polydor), Slg. 1982, 329. EuGH-Urteil vom 23. März 1982, 53/81 (D.M. Levin), Slg. 1982, 1035.
259
EuGH-Urteil vom 5. Mai 1982, Rs. 15/81(Gaston Schul), Slg. 1982, 1409. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. 283/81 (C.I.L.F.I.T.), Slg. 1982, 3415. EuGH-Urteil vom 10. April 1984, Rs. 14/83 (von Colson und Kamann), Slg. 1984, 1891. EuGH-Urteil vom 10. April 1984, Rs. 79/83 (Harz/Deutsche Tradax), Slg. 1984, 1921. EuGH-Urteil vom 26. September 1985, Rs. 166/84 (Thomasdünger), Slg. 1985, 3001. EuGH-Urteil vom 26. Februar 1986, Rs. 152/84 (Marshall), Slg. 1986, 723. EuGH-Urteil vom 27. September 1988, Rs. 81/87 (Daily Mail), Slg. 1988, 5483. EuGH-Urteil vom 13. Dezember 1989, Rs. C-322/88 (Grimaldi/Fonds des Maladies Professionelles), in: Slg. 1989, 4407. EuGH-Urteil vom 8. November 1990, Rs. C-231/89 (Gmurzynska-Bscher), Slg. 1990, I-4003. EuGH-Urteil vom 13. Dezember 1990, Rs. C-22/89 (Niederlande/Kommission), Slg. 1990, I4799. EuGH-Urteil vom 19. Juni 1990, Rs. C-213/89 (Factortame U. A.), Slg. 1990, I-2433. EuGH-Urteil vom 18. Oktober 1990, verbundene Rs. 297/88 und C-197/89 (Dzodzi), Slg. 1990, I-3763. EuGH-Urteil vom 13. November 1990, Rs. C-106/89 (Marleasing), Slg. 1990, I-4135. EuGH-Urteil vom 19. November 1991, verbundene Rechtssachen C-6/90 and C-9/90 (Francovich), Slg. 1991, I-5357. EuGH-Urteil vom 25. Juni 1992, Rs. C-88/91 (Federconsorzi), Slg. 1992, I-4035. EuGH-Urteil vom 16. Juli 1992, Rs. C-83/91 (Meilicke), Slg. 1992, I-4871. EuGH-Urteil vom 12. November 1992, Rs. C-73/89 (Fournier), Slg. 1992, I-5621. EuGH-Urteil vom 17. März 1993, Rs. C-155/91 (Kommission/Rat), Slg. 1993, I-939. EuGH-Urteil vom 16. Dezember 1993, Rs. C-334/92 (Wagner Miret), Slg. 1993, I-6911. EuGH-Urteil vom 28. Juni 1994, Rs. C-187/93 (Parlament/Rat), Slg. 1994, I-2857. EuGH-Urteil vom 14. Juli 1994, Rs. C-91/92 (Paola Faccini Dori), Slg. 1994, I-3325. EuGH-Urteil vom 25. März 1995, Rs. C-346/93 (Kleinwort Benson), Slg. 1995, I-615. EuGH-Urteil vom 27. Juni 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), Slg. 1996, I3133. EuGH-Urteil vom 17. Juli 1997, Rs. C-28/95 (Leur-Bloem), Slg. 1997, I-4161. EuGH-Urteil vom 4. Dezember 1997, Rs. C-97/96 (Daihatsu), Slg. 1997, I-6843. 260
EuGH-Urteil vom 2. März 1999, Rs. C-179/97 (Spanien/Kommission), Slg. 1999, I-1251. EuGH-Urteil vom 9. März 1999, Rs. C-212/97 (Centros Ltd), Slg. 1999, I-1459. EuGH-Urteil vom 14. September 1999, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), Slg. 1999, I-5331. EuGH-Urteil vom 5. Oktober 2000, Rs. C-376/98 (Bundesrepublik Deutschland/Europäisches Parlament und Rat), Slg. 2000, I-8419. EuGH-Urteil vom 5. November 2002, Rs. C-208/00 (Überseering BV), Slg. 2002, I-9919. EuGH-Urteil vom 7. Januar 2003, Rs. C-306/99 (BIAO), Slg. 2003, I-1. EuGH-Urteil vom 11. September 2003, Rs. C-207/01 (Altair Chimica), Slg. 2003, I-8875. EuGH-Urteil vom 30. September 2003, Rs. C-167/01 (Inspire Art), Slg. 2003, I-10155. EuGH-Urteil vom 3. Mai 2005, verbundene Rs. C-387/02 (Silvio Berlusconi), C-391/02 (Sergio Adelchi) und C-403/02 (Marcello Dell’Utri u. a.), Slg. 2005, I-3565. EuGH-Urteil vom 13. Dezember 2005, Rs. C-446/ 03 (Marks&Spencer), Slg. 2005 , I-10866. EuGH-Urteil vom 14. September 2006, Rs. C-228/05 (Stradasfalti SRL), Slg. 2006, Slg. 2006, I-8417.
b)
Schlussanträge der Generalanwälte beim Europäischen Gerichtshof
Schlussanträge des Generalanwalt Darmon vom 3.7.1990, verb. Rs. C-297/88 und C-197/89 (Dzodzi), Slg. 1990 I, 3778. Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 8. April 1992, Rs. C-83/91 (Meilicke), Slg. 1992, I-4871. Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 25. Januar 1996, Rs. C-234/94 (Tomberger/Wettern GmbH), Slg. 1996, I-3135. Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 26. November 1998, Rs. C-275/97 (DE+ES Bauunternehmung GmbH), Slg. 1999, I-5331. Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 15. November 2001, Rs. 306/99 (BIAO), Slg. 2003, I-1. 2.
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerfG-Entscheidung vom 12. Oktober 1993 2 BvR 2134, 2159/92 (Maastricht), in: BVerfGE 89, 155. 3.
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 5/04, in: DB, 58. Jg. (2005), S. 312–315.
261
4.
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs
BGH-Beschluss vom 21. Juli 1994 II ZR 82/93, in: BB, 49. Jg. (1994), S. 1673–1675. 5.
Entscheidungen der Finanzgerichte
FG Köln, Vorlagebeschluss vom 16. Juli 1997 13 K 812/97, in: EFG 1997, S. 1166–1167. FG Hamburg, Urteil vom 28. November 2003 III 1/01, in: EFG 2004, S. 746–756. FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 22. April1999 II 23/97, in: EFG 1999, S. 1022–1034.
262
Verzeichnis der zitierten Gesetze und ähnlicher Materialien 1.
Europäisches Primärrecht
Einheitliche Europäische Akte vom 28. Februar 1986, in: ABl.EG, Nr. L 169 vom 29.6.1987, S. 1–27. Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, in: ABl., Nr. C 321 E vom 29.12.2006, S. 1– 331. Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, unterzeichnet in Lissabon am 13. Dezember 2007, in: ABl., Nr. C 306 vom 17. Dezember 2007, S. 1–271. Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in: ABl., Nr. C 115 vom 9.5.2008, S. 1–388.
2.
Verordnungen, Richtlinien und andere Verlautbarungen der Europäischen Kommission und des Rates
a)
Verordnungen
Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, in: ABl.EG, Nr. L 243 vom 11.9.2002, S. 1–4. Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29. September 2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 261 vom 13.10.2003, S. 1–420. Verordnung (EG) Nr. 2086/2004 vom 19. November 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates und im Hinblick auf die Einführung von IAS 39, in: ABl., Nr. L 363 vom 19.12.2004, S. 1–65. Verordnung (EG) Nr. 920/2005 vom 13. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung Nr. 1 vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und der Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Atomgemeinschaft sowie zur Einführung befristeter Ausnahmeregelungen zu diesen Verordnungen, in: ABl., Nr. L 156 vom 18.6.2005, S. 3–4. Verordnung (EG) Nr. 297/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1607/2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards im Hinblick auf die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, in: ABl., Nr. L 97 vom 9.4.2008, S. 62–63. 263
Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1–481. Verordnung (EG) Nr. 1004/2008 der Kommission vom 15. Oktober 2008 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf International Accounting Standard (IAS) 39 und International Financial Reorting Standard (IFRS) 7, in: ABl., Nr. L 275 vom 15.10.2008, S. 1–41. b)
Richtlinien
Publizitätsrichtlinie (1968): Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, in: ABl.EG, Nr. L 65 vom 14.3.1968, S. 8–12. Kapitalrichtlinie (1976): Zweite Richtlinie des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (Kapitalrichtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 26 vom 31.1.1977, S. 113. Jahresabschlussrichtlinie (1978): Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (Jahresabschlussrichtlinie), in: ABl.EG, Nr. L 222 vom 14.8.1978, S. 11–31. Börsenzulassungsrichtlinie (1979): Richtlinie 79/279/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierung der Bedingungen für die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse, in: ABl.EG, Nr. L 066 vom 16.3.1979, S. 21–32. Konzernabschlussrichtlinie (1983): Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss, in: ABl.EG, Nr. L 193 vom 18.7.1983, S. 1–17.
264
Prüferbefähigungsrichtlinie (1984): Achte Richtlinie 84/253/EWG des Rates vom 10. April 1984 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen, in: ABl.EG, Nr. L 126 vom 12.5.1984, S. 20–26. Bankbilanzrichtlinie (1986): Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten, in: ABl.EG, Nr. L 372 vom 31.12.1986, S. 1–17. Bankenzweigniederlassungsrichtlinie (1989): Richtlinie 89/117/EWG des Rates vom 13. Februar 1989 über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten und Finanzinstituten mit Sitz außerhalb dieses Mitgliedstaats zur Offenlegung von Jahresabschlussunterlagen, in: ABl.EG, Nr. L 44 vom 16.2.1989, S. 40–42. Publizitätsrichtlinie für Zweigniederlassungen (1989): Elfte Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, ABl.EG, Nr. L 395 vom 30/12/1989 S. 36–39. Richtlinie 90/605/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 84/349/EWG über den Jahresabschluss bzw. den konsolidierten Abschluss hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs, ABl.EG, Nr. L 317 vom 16.11.1990, S. 60–62. Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (1993): Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, in: ABl.EG, Nr. L 141 vom 11.6.1993, S. 27–46. Fair-Value-Richtlinie (2001): Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG und 83/635/EWG des Rates im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen und Banken und anderen Finanzinstituten zulässigen Wertansätze, in: ABl.EG, Nr. L 283 vom 27.10.2001, S. 28–32.
265
Modernisierungsrichtlinie (2003): Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, in: ABl., Nr. L 178 vom 17.7.2003, S. 16–22. Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (2004): Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, in: ABl., Nr. L 145 vom 30.4.2004, S. 1–44. Verschmelzungsrichtlinie (2005): Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, in: ABl., Nr. L 310 vom 25.11.2005, S. 1–9. Abschlussprüfungsrichtlinie (2006): Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates, in: ABl., Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 87–107. c)
Andere offizielle Verlautbarungen der Europäischen Kommission und des Rates
aa)
Legislativvorschläge
Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorentwurf einer 4. Richtlinie der EGKommission vom 9. März 1968, ABl.EG, Nr. L 65 vom 14.3.1968, S. 8–12. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag einer 4. Richtlinie der EGKommission vom 16. November 1971, ABl.EG, Nr. C 7 vom 28.1.1972, S. 11–26. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Geänderter Vorschlag einer 4. Richtlinie der EG-Kommission vom 26.2.1973, Beilage 6/74 zum Bulletin der EG, zitiert aus Schruff, Lothar: Rechnungslegung und Prüfung der AG und GmbH nach neuem Recht (4. EGRichtlinie), Düsseldorf 1978. Komitologiebeschluss 87/373/EWG vom 13. Juli 1987, in: ABl.EG, Nr. L 197 vom 18.7.1987, S. 33–35.
266
Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen zulässigen Wertansätze, KOM (2000) 80 endg., Brüssel 24.2.2000. Europäische Kommission: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsgrundsätze, KOM (2001) 80 endg., Brüssel 13.2.2001. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Beschluss der Kommission vom 6. Juni 2001 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (2001/527/EG), in: ABl., Nr. L 191 vom 13.7.2001, S. 43–44. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, KOM (2002) 259/2 endg., Brüssel 9.7.2002. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, KOM (2002) 719 endg., Brüssel 11.12.2002. bb)
Andere offizielle Mitteilungen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vollendung des Binnenmarktes: Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat (Mailand, den 28./29. Juni 1985), KOM (85) 310 endg., Brüssel 14.6.1985. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Harmonisierung auf dem Gebiet der Rechnungslegung: Eine neue Strategie im Hinblick auf die internationale Harmonisierung, KOM (1995) 508 DE, Brüssel 14.11.1995. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Grünbuch – Rolle, Stellung und Haftung des Abschlussprüfers in der Europäischen Union, KOM (96) 338 endg., in: ABl.EG, Nr. C 321 vom 28.10.1996, S. 1–20. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission: Finanzdienstleistungen: Umsetzung des Finanzmarktrahmens: Aktionsplan, KOM (1999) 232, 11.5.1999, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market /finances/docs/actionplan /index/action_de.pdf, letzter Abruf, 7.12.2008.
267
Beschluss des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Befugnisse (1999/468/EG), in: ABl.EG, Nr. L 184 vom 17.7.1999, S. 23–26, geändert durch den Beschluss des Rates vom 17. Juli 2006 zur Änderung des Beschlusses 1999/468/EG (2006/512/EG), in: ABl., Nr. L 200 vom 22.7.2006, S. 11–13 (konsolidierte Fassung ABl., Nr. C 255 vom 21.10.2006, S. 4–8). Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Rechnungslegungsstrategie der EU: Künftiges Vorgehen, KOM (2000) 359 endg., Brüssel 13.6.2000. Beschluss der Kommission vom 6. Juni 2001 zur Einsetzung des Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden (2001/527/EG), in: ABl., Nr. L 191 vom 13.7.2001, S. 43–44. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan, KOM (2003) 284 endg., Brüssel 21.5.2003. Entscheidung der Kommission 2006/505/EG vom 14. Juli 2006 zur Einsetzung einer Prüfgruppe für Standardübernahmeempfehlungen zur Beratung der Kommission hinsichtlich der Objektivität und Neutralität der von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) abgegebenen Stellungnahmen, in: ABl., Nr. L 199 vom 21.7.2006, S. 33–35. Mit Anmerkungen versehene Übersicht über die geregelten Märkte und einzelstaatliche Rechtsvorschriften zur Umsetzung der entsprechenden Anforderungen der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 93/22/EWG des Rates), in: ABl., Nr. C 57 vom 1.3.2008, S. 21–27. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Funktionsweise der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, KOM (2008) 215 endg., Brüssel 24.4.2008, abrufbar unter: http://eur-lex.europa.eu/ LexUriServ/ LexUriServ.do?uri=COM:2008:0215:FIN:DE:PDF, letzter Abruf 7.12.2008. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Press Release vom 15. Oktober 2008, IP/08/1512: Rechnungslegungsstandards: Kommission nimmt Änderungen an, um Folgen der Finanzmarktkrise einzudämmen.
d)
Sonstige Dokumente von europäischen Gremien
European Commission: Implementation of the Fourth Directive in EU Member States, Brüssel 1998. European Commission: IAS 39 financial instruments: recognition and measurement – frequently asked questions (FAQ), MEMO/04/265 from 19 November 2004, abrufbar unter: http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO /04/265, letzter Abruf 7.12.2008.
268
European Commission: Endorsement of IFRS 8 Operating Segments Analysis of Potential Effects – Report, Brüssel, 3. September 2007, MARKT F3 D(2007), abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/accounting/docs/ifrs8-operating segments-report.pdf, letzter Abruf 25.11.2008. Kontaktausschuss für Richtlinien der Rechnungslegung: „Eine Überprüfung der Konformität der Internationalen Rechnungslegungsgrundsätze (IAS) mit den europäischen Richtlinien der Rechnungslegung“, 1996, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/accounting/docs/markt-1996-7003/7003_de.pdf (letzter Abruf 08.3.2008). Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: Studien zur Prüfung der Vereinbarkeit von den Rechnungslegungsrichtlinien mit den IFRS, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market /accounting /ias/legis-process_de.htm, letzter Abruf 6.12.2008. Kontaktausschuss für die Richtlinien der Rechnungslegung: Prüfung der Vereinbarkeit von IAS 1 bis IAS 41 mit den europäischen Rechnungslegungsrichtlinien, April 2001, abrufbar unter: http://ec.europa .eu/internal _market/accounting/docs/markt-20016926/6926_de.pdf, letzter Abruf: 08.3.2008. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Die Zukunft der Angleichung der Vorschriften der Rechnungslegung in den Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 1990. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Rechnungslegung: Die IAS-Verordnung – Häufig gestellte Fragen, Memo/01/40, Brüssel, 13. Februar 2001. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Kommentare zu bestimmten Artikeln der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Vierten Richtlinien 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 sowie zur Siebenten Richtlinie 83/349/EWG vom 13. Juni 1983 über Rechnungslegung, Brüssel 2003. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Press Release vom 11. Oktober 2005, IP/05/1249: Das für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige Kommissionsmitglied McCreevy begrüßt Einigung des Rates zur Richtlinie über die Abschlussprüfung (Achte Richtlinie Gesellschaftsrecht). Stellungnahme der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen der EU-Kommission: Results of the external study on the feasibility of an alternative tot he Capital Maintenance Regime of the Second Company Law Directive and the impact of the adoption of IFRS on profit distribution, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/company/docs/capital/feasbility/marktposition_en.pdf, letzter Abruf: 8.12.2008.
269
Umsetzung der in der IAS Verordnung eingeräumten Wahlrechte durch die Mitgliedstaaten, Stand: 25.2.2008, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/ internal_market/accounting/docs/ias/ias-use-of-options_en.pdf, letzter Abruf 6.12.2008. Von den Mitgliedstaaten mitgeteilte nationale Vorschriften betreffend: Vierte Richtlinien 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ. do?uri=CELEX:71978L0660:DE:NOT, letzter Abruf 19.11.2008. Working Agreement between European Commission and EFRAG, März 2006, abrufbar unter: http://www.efrag.org/images/Efrag/EFRAG-EC%20Working%20 Arrangement.pdf, letzter Abruf 8.12.2008.
3.
Sonstige Gesetzgebungsmaterialien
BMJ: Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG), abrufbar unter: www.bmj.bund.de/files//2567/RefE%20BilMoG.pdf, letzter Abruf 8.11.2007. BMJ: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG), abrufbar unter: http://www.bmj.de/files/-/3152/RegE%20BilMoG.pdf, letzter Abruf 21.5.2008.
270
Verzeichnis der zitierten Rechnungslegungsstandards 1.
Verlautbarungen des IASB
a)
In das EU-Recht übernommene (endorsed) Standards des IASB
IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ In: Verordnung (EG) Nr. 1274/2008 der Kommission vom 17. Dezember 2008 zur Änderung der Verordnung 1126/2008 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf International Accounting Standard (IAS) 1, in: ABl., Nr. L 339 vom 18.12.2008, S. 1. IAS 2 „Vorräte“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 7 „Kapitalflussrechnungen“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS
8 „Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1.
IAS 10 „Ereignisse nach dem Bilanzstichtag“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 11 „Fertigungsaufträge“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 12 „Ertragsteuern“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1.
271
IAS 16 „Sachanlagen“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 17 „Leasingverhältnisse“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 18 „Umsatzerlöse“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 19 „Leistungen an Arbeitnehmer“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 20 „Bilanzierung und Darstellung von Zuwendungen der öffentlichen Hand“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 21 „Auswirkungen von Wechselkursänderungen“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 23 „Fremdkapitalkosten“ In: Verordnung (EG) Nr. 1260/2008 der Kommission vom 10. Dezember 2008 zur Änderung der Verordnung 1126/2008 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf International Accounting Standard (IAS) 23 , in: ABl., Nr. L 338 vom 17.12.2008, S. 1. IAS 24 „Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1.
272
IAS 26 „Bilanzierung und Berichterstattung von Altersversorgungsplänen“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 27 „Konzern- und Einzelabschlüsse“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 28 „Anteile an assoziierten Unternehmen“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 29 „Rechnungslegung in Hochinflationsländern“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 31 „Anteile an Gemeinschaftsunternehmen“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1 IAS 32 „Finanzinstrumente: Darstellung“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 33 „Ergebnis je Aktie“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 34 „Zwischenberichterstattung“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1.
273
IAS 36 „Wertminderung von Vermögenswerten“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 37 „Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 38 „Immaterielle Vermögenswerte“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 40 „Als Finanzinvestition gehaltene Immobilien“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IAS 41 „Landwirtschaft“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IFRS 1 „Erstmalige Anwendung der International Financial Reporting Standards“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IFRS 3 „Unternehmenszusammenschlüsse“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1.
274
IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IFRS 8 „Geschäftssegmente“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. SIC-12 „Konsolidierung – Zweckgesellschaften“ In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1. IFRIC 13 „Customer Loyality Programmes” In: Verordnung (EG) Nr. 1262/2008 der Kommission vom 16. Dezember 2008 zur Änderung der Verordnung 1126/2008 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Interpretation 13 des International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC) , in: ABl., Nr. L 338 vom 17.12.2008, S. 21–24. b)
Sonstige Standards und Entwürfe von Standards des IASB
RK Rahmenkonzept für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen, April 1989. FK IASB: Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements, in: International Financial Reporting Standards (IFRSs), London 2008. IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ (überarbeitet 1997) In: Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29. September 2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 261 vom 13.10.2003, S. 1. IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ (überarbeitet 2003) In: Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 320 vom 29.11.2008, S. 1.
275
IAS 22 „Unternehmenszusammenschlüsse“ (überarbeitet 1998) Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29. September 2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, in: ABl., Nr. L 261 vom 13.10.2003, S. 1. IASB: Exposure Draft of an improved Conceptual Framework for Financial Reporting, Mai 2008, abrufbar unter: http://www.iasb.org/NR /rdonlyres/464C50D6-00FD-4BE7-A6FF1BEAD353CD97/0/conceptual_frame work_exposure_draft.pdf, letzter Abruf 17.10.2008. IFRIC 12 „Service Concession Arrangements”, London: ISACF 2006. IFRIC 15 „Agreements for the Construction of Real Estate”, London: IASCF 2008. IAS 39 „Financial Instruments: Recognition and Measurement” London: IASCF 2008. c) Sonstige Verlautbarungen des IASB und FASB FASB: Discussion Memorandum – Conceptual Framework for Financial Accounting and Reporting: Elements of Financial Statements and Their Measurement, Stamford, CT: FASB, 1976. FASB/IASB: Project Update: Revenue Recognition – Joint Project of the IASB and FASB, abrufbar unter: http://www.fasb.org/project/ revenue_recognition.shtml, letzter Abruf 1.12.2008. FASB/IASB: Preliminary Views on an improved Conceptual Framework for Financial Reporting: The Objective of Financial Reporting and Qualitative Characteristics of Decision-useful Financial Reporting Information, 06.7.2006, abrufbar unter http://www.iasb.org/NR/rdonlyres/4651ADFC-AB83-4619-A75A4F279C175006/0/DP_Concep-tualFramework.pdf, letzter Abruf 8.12.2008. FASB/IASB: A Roadmap for Convergence between IFRSs and US GAAP – 2006-2008, Memorandum of Understanding between the FASB and the IASB, 27 February 2006, abrufbar unter: http://www.iasb.org/NR/rdonlyres/874B63FB-56DB-4B78-B7AF49BBA18C98D9/0/MoU.pdf, letzter Abruf 1.12.2008. FASB/IASB: Discussion Paper: Preliminary Views on Revenue Recognition in Contracts with Customer, December 2008, abrufbar unter: http://www.standardsetter.de/drsc/docs/press_releases/081219_DP_PV_RR_contractswith customers.pdf, letzter Abruf 24.12.2008. IASB: Current IASB Projects – Revenue Recognition, abrufbar unter: http://www.iasb.org/Current+Projects/IASB+Projects/Revenue+Recognition/Revenue+Re cognition.htm, letzter Abruf 1.12.2008. IASB: Information for Observers, 17.5.2005, Project: Conceptual Framework, , abrufbar unter: http://www.iasb.org/NR/rdonlyres/B961E3F8-A77C-43B3-8B8C5B5AB3504E27/0/May050505ob07_b.pdf, letzter Abruf: 21.10.2008. IASB Press Release: IASB amendments permit reclassification of financial instruments, London 13 October 2008. 276
IASC Update, April 1997. IASCF: Due Process Handbook for the International Accounting Standards Board (IASB), London: IASCF 2006. IASCF: Due Process Handbook for the International Financial Reporting Interpretation Committee (IFRIC), London: IASCF 2007. IASCF: Conflict of Interest Policy for Trustees, IASB Members and Staff, March 2009. IASC Foundation Constitution, London: IASCF 2009. 2.
Verlautbarungen anderer Standardsetzer
a)
Verlautbarungen des Accounting Standards Board (ASB)
ASB (Hrsg.): Statement of Principles of Financial Reporting, London 1999. ASB (Hrsg.): Financial Reporting Standard 18: Accounting Policies, London 2000. ASC (Hrsg.): SSAP 9 (revised 1988) Stock and long-term contracts, London 1988. b)
Verlautbarungen des American Institut of Certified Public Accountants AICPA
AICPA (Hrsg.): Statement on Auditing Standards No. 69: The Meaning of Present Fairly in Conformity with Generally Accepted Accounting Principles in the Independent Auditor’s Report, New York 1992. AICPA (Hrsg.): AU Section 411: The Meaning of Present Fairly in Conformity with Generally Accepted Accounting Principles in the Independent Auditor’s Report, in: Codification of Statements on Auditing Standards, New York 1998. AICPA (Hrsg.): AU Section 508: Reports on Audited Financial Statements, in: Codification of Statements on Auditing Standards, New York 1998.
277
Sachregister Abkopplungsthese 70–73, 146, 173, Abschlussprüfungsrichtlinie 44, 134 Adressaten der IFRS 80 f., 84 f., 175, 182–186 Adressaten der Jahresabschlussrichtlinie 32, 34, 36 f., 44, 48, 140 Accounting Regulatory Committee (ARC) 103–105 Accounting Standards Committee (ASC) 57 Auslegung - autonome Auslegung des Gemeinschaftsrechts 24, 29, 71, 113 f., 144 - Auslegungsmethoden 20–31, 45, 110 - Auslegungsprinzipien 23–26, 115 - Besonderheiten Gemeinschaftsrecht 27 f. - dynamische Auslegung 27 f., 89 - Gemeinschaftsrecht 18, 19–31, 59, 61–63, 65, 70, 110, 115 f., 121, 126, 140, 148 f., 150–171, 208 - gemeinschaftsrechtskonform 19, 21, 29, 110, 116, 123 - richtlinienkonforme 29–31, 61, 65, 101, 115, 125, 140, 150–171 Auslegungsgeneralnorm Art. 3 Abs. 2 IAS-VO s. IFRS Auslegungskompetenzen IFRS s. IFRS Ausschüttungsbegrenzung 38–40, 127, 151 Ausschüttungsbemessung 37 f., 40 f., 53, 58, 73, 84 f., 98, 127–130, 160, 176, 194, 199, 206 Ausschüttungssperre 41 f., 131, 151 Autonome Rechtsbereiche 29 f. BIAO s. EuGH-Urteile Bilanzrichtlinie 2–5, 27, 34, 49 f., 76, 80, 84–86, 93, 114 f., 125–127, 131, 137, 158, 161, 172, 175 f., 198, 200, 205 Bilanzsteuerrecht 31, 62, 64, 66, 125, BilMoG 126 f. Binnenmarkt 7–9, 13, 14, 33, 35, 43, 76, 89 f, 92, 94–96, 114 business judgement 120, 189 cashflow 81, 121, 181, 191, 197 Committee of European Securities Regulator (CESR) 112, 132, 134, 136 completed contract 57 f., 204 DE+ES Bauunternehmung s. EuGH-Urteile decision usefulness s. Entscheidungsnützlichkeit
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Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) 135 f. Drittschutz 36 f. Effektivlage 143, effet utile 19, 27 European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) 103 f. endorsement - fehlerhafte Übernahme IFRS 116–118 - Kriterien 100 f., 188 - Regelungsverfahren mit Kontrolle 102–105 - Übernahme IFRS in europäisches Recht 78–80, 85 f., 92, 95, 98, 100–108, 110 f., 114, 120, 123, 125, 127, 174, 178, 191, 198, 205 enforcement s. Normdurchsetzung Entscheidungsnützlichkeit von Informationen 73, 80 f., 84, 141, 175, 186 EuGH - Auslegungsmethoden s. Auslegung Gemeinschaftsrecht - Kompetenzen 18 f., 110–113 - Rechtsprechung s. EuGH-Urteile - Vorabentscheidungsverfahren 22, 25, 59–66, 111, 118 - Vorlage 21, 60–63, 70, 121, 125, 174 - Zuständigkeit 61–66 EuGH-Urteile - BIAO 64, 68 f., 125–127, 154–160, 170 f. - DE+ES Bauunternehmung 68 f., 147, 149, 154–156, 160, 169 - Tomberger/Wettern GmbH 54, 64, 66 f., 69, 73, 101, 117, 121–124, 154, 159 f., 174 (European) true and fair view - Auslegungsgeneralnorm 114–118, 121 - Bindeglied IAS-Verordnung Bilanzrichtlinienrecht 5, 121 f., 127, 137 - Definition 144 f. - Funktionen 145–148 - gemeinschaftsrechtliches Prinzip 137 f., 172 f. - Normkonkretisierung 148–171 - Sinn und Zweck 137–143 - Regelungsschärfe 144–147 - Übernahmemaßstab 100 f. - Umsetzungsreichweite 51–59, 70–74, 121–124 - Vergleich fair presentation 198–207
280
fair presentation 115, 121, 137, 175–198 fair presentation Vergleich European True and fair view s. (European) True and fair view fair value 82 f., 87, 90–92, 102, 107, 157 f., 161 f., 174, 192, 202, Fair-Value-Richtlinie 90–92, 161 f., 202 faithful representation 177 f., 180, 184, 187–189 Financial Reporting Review Panel (FRRP) 132–136 Financial Service Action Plan (FSAP) 102 Gemeinsamer Markt s. Binnenmarkt Gemeinschaftsrecht - primäres 7–11, 14, 16, 19, 23, 27, 31 – 36, 41, 43, 46, 71, 76, 92, 94 - sekundäres 11, 14, 23, 27 f., 31, 35, 85, 89, 92, 95, 100, 109, 111 Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung s. Auslegung Gewinnanspruchsermittlung 37 f., 41, 57, 127, 146 GoB 30, 64 f., 127, 157, 204 Grundsatz der autonomen Normauslegung s. Auslegung Grundsatz der autonomen Rechtsnatur des Gemeinschaftsrechts 20 f. Grundsatz der Gleichverbindlichkeit aller Amtssprachen 24, 56, 113, 144, 152 GuV 49, 53 f., 93, 141, 161 Höchstnorm 45–47 IASB - Normsetzungsbefugnis 98–100 - Organisation 79 f. - Regelungskompetenz 98–100 IAS-Verordnung - Anwendungsbereich 96–98, 191, 205 - Auslegungsgeneralnorm des Art. 3 Abs. 2 s. IFRS - Übernahmekriterien s. endorsement - Zielsetzung 94–96 IDW 87, 164 International Financial Reporting Interpretation Committee (IFRIC) 79, 96, 103, 109–112, 133 f., 203 International Financial Reporting Standards (IFRS) - Auslegungskompetenz 109–127 - Auslegungsgeneralnorm 114–119 - europaspezifische IFRS 78, 106, 108, 112, 115, 118 - im Einzelabschluss 84 f., 97, 101, 124 f., 127–131, 194, 199, 205 281
- normativ-rechtliche Reichweite 121–127 - Norminterpretation 110–114 - Rechnungslegungszweck 80–85 - Regelungslücken 108, 119–121, 138, 173, 181, 183, 189–192, 203, 205 - vollständige Anwendung 108 f. Imparitätsprinzip 54 f., 149 f., 163–171, 174, 201, 204 Informationeller Anlegerschutz 84 f. Informationsvermittlung/-zweck 34–37, 41, 43 f., 47 f., 53, 55, 59, 71, 84, 98, 127 f., 138 f., 140–143, 146, 151, 163, 173, 175–177, 184 f ., 194, 196 f., 199 International Standards on Auditing (ISA) 134 Jahresabschlussrichtlinie 31–43, 45–58, 66–72, 77 f., 84, 88–90, 93, 98, 101, 111, 116, 121, 125 f., 137–140, 144, 148, 150–171, 178, 185, 201, 205 Kapitalrichtlinie 37 f., 40–42, 44, 58, 73, 84 f., 89, 97 f., 101, 111, 116, 129, 131 Kompatibilitätsprüfung/Vereinbarkeitsprüfung 80–89 Konzernabschlussrichtlinie 32, 43 f., 48, 84, 90, 96, 101, Koordinierung 14, 16, 35, 43, 50, 75, 90 Langfristfertigung 53, 57, 59 management approach 194–198 Mindestnorm 45–47 Modernisierungsrichtlinie 92 f., 161–167, 171, Niederlassungsfreiheit 9 f., 33 f., 42, 92, 114 Normauslegung s. Auslegung Gemeinschaftsrecht Normdurchsetzung 112, 132–136 Normspaltungsthese 65 Objektivierung 53, 58 f., 72, 120, 130, 142, 150 f., 155, 157, 168 f., 176, 186 overriding principle 53, 71, 73, 143, 147, 152, 177–181 Passivierungszeitpunkt 169 percentage of completion 57 f., 158 f., Primärrecht s. Gemeinschaftsrecht Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung 13 f., 106, 118 Private Standardsetzung 79, 98–107 Prüferbefähigungsrichtlinie 32, 44 f. 282
Qualitative Anforderungen 181–190 Rahmenkonzept 79 f., 82–85, 100, 109, 115, 119–121, 124, 175–190, 199, 201 f., Realisationsprinzip 56 f., 66 f., 87, 91, 122, 124, 128, 156–163, 202 Rechtsakt 11–13, 105 f., 116, 123 Rechtsangleichung 9, 11–17, 30–35, 50, 71, 90, 94 f., 206 Rechtsfortbildung 19, 21 f., 126 f. Rechtsschutz 18, 116–118 Rechtsvereinheitlichung 14–17, 95 Regelungslücke 76, 77, 79, 108, 119, 138, 173, 181, 183, 189–192, 203, 205 Rechnungslegung Interpretation Committee (RIC) 113 Richtlinienkonforme Auslegung s. Auslegung Risiko- und Verlusterfassung 163–171, Sekundärrecht s. Gemeinschaftsrecht Standards Interpretation Committee (SIC) s. IFRIC Standardisierung 16 f., 50, 75, 94, 174, 205 Tomberger/Wettern GmbH s. EuGH-Urteile true and fair view s. European true and fair view Übernahmekriterien s. IAS-Verordnung Überschießende Umsetzung des Gemeinschaftsrechts 30 f., 61–66, Umsetzungsspielraum 58, 71–74, 148, 153, 155 f., 160–163, 173 f., 199 f., 205, Vergleichbarkeit 17 f., 37, 43, 46–49, 51, 75 f., 89, 95 f., 100, 112, 114 f., 120, 137, 139, 161, 174, 182, 186–207 Vermögens-, Finanz- und Ertragslage 34, 36 f., 43, 47, 53 f., 58 f., 67, 80 f., 88, 101, 108, 115 f., 119, 121 f., 137, 140 f., 145, 155, 175, 181 f., 191, 197, 200, 203 Verweisung - dynamische 64, 99 - mittelbar 61 - rechtsformunabhängig 65 Vorabentscheidungsverfahren s. EuGH Vorlagepflicht s. EuGH Vorlagerecht s. EuGH Vorsichtsprinzip 40, 48, 54–59, 68 f., 88 f., 116, 131,149–156, 163 – 169, 185, 194, 201 f.
283
Wahlrecht 38, 41, 47–51, 66, 73, 75, 86, 92 f., 97, 126 f., 130, 150 f., 159 f., 163–167, 169, 174, 186, 191–194, 200 Wertaufhellung 68, 170 f. Zuständigkeit EuGH s. EuGH
284