© 2004 CORA Verlag GmbH & Co. KG
Die Hochzeitssuite von Sandra Marton
Seit dem Kuss von Griff McKenna hat sich etwas i...
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Die Hochzeitssuite von Sandra Marton
Seit dem Kuss von Griff McKenna hat sich etwas in Danas Leben verändert. Plötzlich erkennt sie, dass sie die Liebe nicht länger aus ihrem Leben verbannen kann. Und dann kommt der Tag, an dem sie Griff nach Miami begleitet – und mit ihm in der Hochzeitsuite übernachten muss ...
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Kapitel 1 Den Zeitungen und "Wall Street"-Gurus nach zu urteilen, war Griffin McKenna ein Finanzgenie ersten Ranges. Aber Dana Anderson wusste es besser: Bei dem Mann handelte es sich um einen Piraten. Er nahm sich, was er wollte, sei es nun eine Firma oder eine Frau. Jawohl, er war ein Pirat! Wie sollte man einen solchen Menschen sonst bezeichnen? Vielleicht als atemberaubend, wie die Autorinnen der Klatschspalten? Nun, Dana konnte sich schon vorstellen, dass ihn einige Frauen attraktiv fanden. Bei seinen saphirblauen Augen, dem dichten schwarzen Haar, dem Grübchen im Kinn und der beinah geraden Nase, die lediglich in der Mitte eine leichte Krümmung aufwies ... All das passte hundertprozentig zu seiner auch sonst beeindruckenden Erscheinung. Er war groß, breitschultrig und wirkte überaus männlich. Na und? Behauptete jemand, Piraten müssten unansehnlich sein? McKenna kaufte Firmen auf, die in finanziellen Schwierigkeiten steckten, und machte aus ihnen Goldgruben. Überall las oder hörte man, wie außerordentlich gebildet, mutig und entschlossen er sei. Aber man vergaß immer zu erwähnen, dass er schon als vermögender Unternehmerssohn auf die Welt gekommen war und es ihm sehr gefiel, andere Menschen zu gängeln. Auch dass er ein ganz außergewöhnliches Talent besaß, Leute - besonders Frauen - für sich einzunehmen, stand nirgends. Aber nicht alle Frauen, dachte Dana, während sie den Flur entlang zu McKennas Büro ging. Nein, ganz bestimmt nicht alle. Sie, zum Beispiel, ließ sich kein bisschen von ihm beeindrucken. Von Anfang an war ihr klar gewesen, was sie von ihm zu erwarten hatte. Bei ihm handelte es sich nicht nur um einen modernen Piraten, sondern auch um ein Ehrenmitglied der guten alten Macho-Liga: einen arroganten, egoistischen, selbstgerechten Chauvinisten! Aber schwärmende Kolumnistinnen und kriechende Mitarbeiter brachten ihn und die Firma nicht weiter - jemand musste ihm endlich mal reinen Wein einschenken. Und das würde sie jetzt tun. Vor seinem Büro blieb Dana noch einmal stehen. Natürlich durfte sie ihm nicht die Wahrheit bezüglich seines übertriebenen Selbstwertgefühls sagen. Sie war ja nicht dumm. Ihre Position bei "Data Bytes" stellte nicht nur irgendeinen Job dar, sie war ein Sprungbrett auf der Karriereleiter. Dafür hatte Dana verdammt hart gearbeitet, und sie würde diesen Erfolg nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. O nein! Deshalb wollte sie dem neuen Firmeneigner auch nur die Wahrheit über das hoch gezüchtete Computerprogramm sagen, das übermorgen bei der großen Software-Konferenz in Miami vorgestellt werden sollte und dazu ausersehen war, die Firma vor dem Ruin zu bewahren. Dummerweise verfügte der Programmcode noch über zahlreiche Schwachstellen. Das hatte Dana Griffin McKenna schon letzte Woche klarzumachen versucht. Aber als es um einen Termin gegangen war, hatte ihr seine fünfundfünfzigjährige Sekretärin Macy, die Wert auf die Anrede "Miss" legte, erklärt: "Mr. McKenna ist ein viel beschäftigter Mann." Doch Dana setzte dem entgegen, dass der ach so beschäftigte Mann beim letzten Meeting behauptet hätte, für seine Mitarbeiter jederzeit ein offenes Ohr zu haben. Sie verschwieg der Vorstandssekretärin allerdings, dass ihrer beider Chef ebenfalls hatte durchblicken lassen, von der Gleichberechtigung so viel zu halten wie ein Stinktier von Deodorant. Das war ja auch kein Wunder! Wie sollte er sonst ständig zum Thema der Klatschspalten werden und jede Woche mit einer anderen Frau am Arm abgelichtet auf den Titelblättern der Boulevardpresse erscheinen? Oder auf die Idee kommen, bei einem Personalmeeting sexistische Witze zu reißen? "Und denken Sie daran", hatte er bei dieser Gelegenheit das letzte Mal betont, "wir sitzen alle im gleichen Boot. Wenn Data Bytes die Vision erfüllen soll, die mir vorschwebt - und ich kann Ihnen versichern, dass wir da hinkommen - dann nur, weil jedermann sich hineinkniet." Als ihre Kollegin und Freundin Jeannie Aarons ergänzte: "Und jede Frau", lächelte dieser McKenna genauso mitleidig wie die meisten anderen Männer im Raum. Und nachdem sich die allgemeine Erheiterung gelegt hatte, fügte er augenzwinkernd hinzu: "Ein interessanter Einwand, Miss Aarons, ich habe auch nie an den Qualitäten der weiblichen Spezies gezweifelt." "Da wette ich!" schimpfte Dana nun leise vor sich hin. Die letzten diesbezüglichen Zweifel waren ihr genommen worden, als Macy ihr schließlich doch eine Audienz beim Chef gewährt hatte und sich Dana im Gespräch unter vier Augen noch einmal bestätigte, wes Geistes Kind dieser McKenna
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war. Sie hatte sich gut vorbereitet, um ihm zu erklären, dass das neue Programm einfach mit zu
vielen Fehlern behaftet sei. Aber McKenna wollte nicht auf sie hören, da Frauen bei ihm
offensichtlich nur für eine ganz bestimmte Sache infrage kamen.
"Wie geht es Ihnen?" hatte er bei ihrem Eintreten gefragt und sich von seinem Schreibtischstuhl
erhoben wie ein Kaiser von seinem Thron, der sich dazu herabließ, einen Untertanen zu begrüßen.
"Hätten Sie gern eine Tasse Kaffee oder Tee?" "Nein, danke", hatte sie höflich geantwortet und mit
ihrer vorbereiteten Rede begonnen, bis McKenna sie mit einer ungeduldigen Handbewegung
unterbrach.
"Ja, ja, Dave hat mir schon gesagt, dass Sie sich wahrscheinlich beschweren würden."
"Aber das tue ich nicht, Sir", verteidigte sich Dana, bevor sie begriff, was McKenna damit
ausdrücken wollte. "Dave hat Ihnen schon davon erzählt? Das heißt, Sie wissen bereits, dass es ein
Problem gibt?" Erleichtert über Daves Offenheit, lächelte sie. "Ich hätte mir ja nie träumen lassen
..."
"... dass Sie bei der Beförderung übergangen werden." McKenna nickte. "Auch das hat mir Dave
erzählt. Er versteht, warum Sie das ärgert." "Ich bin allerdings übergangen worden, aber darauf
wollte ich gar nicht hin..."
"Er hat mir auch erklärt, dass Sie sich beschwert hätten, weil Sie für Ihre Arbeit nicht ausreichend
entlohnt würden." "Ich soll mich beschwert haben?"
"Ganz höflich natürlich." McKenna schenkte ihr ein beinah väterliches Lächeln. "Er hat mir
versichert, Sie seien dabei ganz Dame geblieben." "So", sagte Dana kühl. "Er war offen und ehrlich
zu mir." Wieder lächelte McKenna, diesmal übertrieben mitleidig. "Sie müssen wissen, dass Dave
und ich uns schon lange kennen. An der Universität waren wir in derselben Verbindung." "Was Sie
nicht sagen!" erklärte Dana noch eine Spur eisiger. "Ich versichere Ihnen, Miss Anderson, dass Ihre
Bemühungen honoriert werden. Ich beabsichtige, einen Prämienplan auszuarbeiten, und ..."
"Mr. McKenna ...", Dana atmete tief durch, "... deshalb bin ich nicht hergekommen, weder wegen
einer längst überfälligen Gehaltserhöhung noch wegen der Beförderung, die leider nicht
stattgefunden hat. Ich bin hier, um Ihnen mitzuteilen, dass unser neues Programm nicht funktioniert!
Falls Sie es bei der Konferenz in Miami vorstell..."
"Nicht ,falls', Miss Anderson, sondern ,wenn'. Und nicht ich werde es vorstellen, sondern Dave. Ich
schätze mal, Sie hatten gehofft, diejenige zu sein, die nach Miami ..."
"Verdammt noch mal!" Dana sprang auf. "Ich will mich nicht an Ihrer Schulter ausweinen, sondern
Sie warnen, dass das Programm eine einzige Katastrophe ist. Aber wenn Sie das nicht interessiert,
kann ich Ihnen auch nicht helfen."
"Und warum ist das Programm eine Katastrophe, Miss Anderson?"
"Weil ..." Dana zögerte. ,Weil Dave Alkoholiker ist', wäre ihr beinah herausgerutscht. Aber das
hätte ihr McKenna niemals abgekauft, und deshalb sagte sie schließlich: "Weil es viele kleine Bugs
hat: fehlerhaft geschriebene Programmteile."
"Das hat mir Dave auch schon erzählt, und dass Sie sie geschrieben hätten, Miss Anderson. Nicht
dass er oder ich Sie dafür verantwortlich machen würden. Schließlich verfügen Sie gar nicht über
die Erfahrung ..." "Was tue ich nicht?"
"Aber er hat mir versichert, Sie würden es schon noch lernen, weil Sie ziemlich helle und fix seien
für eine Frau."
"Ach?" Nicht nur entrüstet über diesen Zusatz, blickte ihn Dana wie gebannt an. "Dave hat also
behauptet, ich hätte keine ...? Das glaube ich einfach nicht. Ich kann nicht ..."
"Es sei denn, Sie haben die Fehler absichtlich eingebaut." Als er ihren Blick sah, fügte er rasch
hinzu: "Das war natürlich nur ein Scherz! Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden ..." McKenna
lächelte höflich, kam um den Schreibtisch herum und nahm Dana beim Arm, um ihr auch mit dieser
Geste unmissverständlich klarzumachen, dass die Unterredung beendet war. "Danke, dass Sie
hereingesehen haben", sagte er noch, "Sie wissen ja: Ich habe immer ein offenes Ohr für meine
Mitarbeiter, Miss Anderson - oder darf ich Dana zu Ihnen sagen?"
Wütend hatte sich Dana von ihm losgemacht und böse erklärt: "Sie können mich Ms. Anderson
nennen."
Wie töricht von ihr! Noch im Nachhinein lief es ihr bei dem Gedanken eiskalt den Rücken hinunter.
Keiner, absolut keiner der Mitarbeiter von Data Bytes war so lächerlich förmlich wie sie. Die
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anderen redeten sich alle mit Vornamen an und kamen in Jeans und T-Shirt zur Arbeit. Sie war die
Einzige, die lieber beim Sie blieb und fast immer Hosenanzüge und nur hin und wieder einmal ein
Kostüm trug. Als Frau musste man nun einmal viel disziplinierter sein und härter arbeiten, um ganz
vorne mitzumischen. Trotz all der Gesetze zur Gleichberechtigung waren die Trümpfe auf dem
Schlachtfeld "Arbeitsplatz" immer noch nicht gleichmäßig verteilt. Man brauchte doch nur mal
daran zu denken, wie McKenna letzte Woche versucht hatte, ihr ein Kompliment zu machen, indem
er betonte, sie habe sich "damenhaft" beschwert.
"Miss ... Entschuldigung ... Ms. Anderson", hörte sie jetzt hinter sich eine ihr inzwischen nur allzu
bekannte, tiefe Stimme, die zwar honigsüß klang, aber irgendwie an Donnerrollen erinnerte. Als
Dana sich umdrehte, stand Griffin McKenna vor ihr.
"Mr. McKenna, ich ... Wie ...? Ich dachte ..."
"Dass Ihnen auch mal die Worte fehlen, Ms. Anderson, hätte ich ja nie erwartet!"
Dana errötete und fragte sich gleichzeitig, was sie dazu veranlasst hatte. Irgendwie brachte einen
dieser Mann immer dazu, sich ... Was war das passende Wort? Unfähig zu fühlen? Nein. Sie wusste,
wovon sie sprach, sonst wäre sie in der Firma wohl kaum so weit gekommen. Unsicher? Ja, das traf
es. Er brachte einen dazu, sich unsicher zu fühlen. Das lag an dem spöttischen Lächeln, das seinen
Mund umspielte, als würde er etwas wissen, das er den anderen vorenthielt.
"Haben Sie nach mir gesucht? Oder wollten Sie einfach nur ein bisschen hier im Flur stehen und
schmollen?"
"Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht geschmollt, Mr. McKenna, und war tatsächlich auf
dem Weg zu Ihnen. Wir müssen uns unterhalten." "Schon wieder?" McKenna zog eine Augenbraue
hoch. "Ja, schon wieder", bestätigte Dana, ohne mit der Wimper zu zucken. "Nun ...", stirnrunzelnd
warf er einen Blick auf seine Armbanduhr und nickte, "... einige Minuten könnte ich schon
erübrigen."
Wie großzügig! Dana rang sich ein Lächeln ab und ging vor ihm durch die Tür zum
Vorstandssekretariat, an das sich sein Büro anschloss. Dabei ließ sie die völlig verblüffte Macy im
wahrsten Sinne des Wortes links liegen und betrat auf direktem Weg McKennas Büro.
Normalerweise bewachte Macy die Tür wie ein Drache seine Höhle. Deshalb konnte sie jetzt auch
nicht umhin, Dana hinterherzufauchen: "Sie haben keinen Termin!" Aber McKenna beruhigte die
Frau.
Griffin ließ "die kleine Anderson", wie sein Freund Dave sie nannte, gern vorgehen. Das gebot
schließlich die Höflichkeit. Höflichkeit? So ein Blödsinn! Wenn er ehrlich war, wollte er ihren
Anblick genießen. Ms. Anderson schritt aus wie eine Löwin, ganz stolz und vor Energie strotzend.
Auch die blonden Haare passten dazu und ihre grünen Augen. Als sie sich jetzt zu ihm umdrehte,
leuchteten sie wie Smaragde. Ihr Mund war weich und sinnlich und wirkte nur noch verführerischer,
weil sie offensichtlich nie Lippenstift benutzte. Und diese Figur! Herrlich weiblich, trotz der
furchtbar strengen Hosenanzüge, die sie meistens trug.
Griffin schloss die Tür, lehnte sich von innen dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust. Es
war wirklich eine Schande, dass eine so schöne Frau so schwierig war. Aber Dave hatte ihn ja
vorgewarnt. "Die kleine Anderson ist eine harte Nuss, Griffin", hatte er gesagt. "Eine von denen, die
lieber ein Mann geworden wären und jeden Tag verfluchen, dass es anders gekommen ist - wofür
sie dann natürlich die Männer dieser Welt verantwortlich machen."
Griffin seufzte, ging zu seinem Schreibtisch und setzte sich. "Nun, Ms. Anderson, was kann ich
denn heute für Sie tun?"
"Mr. McKenna, ich habe gerade das neue Programm getestet." "Und?"
Dana räusperte sich. "Wie ich schon das letzte Mal angedeutet habe, ist es eine einzige Katastrophe.
Es kann übermorgen bei der Konferenz in Miami unmöglich richtig funktionieren. Und Dave ..."
"Das scheint ja bei Ihnen langsam zur fixen Idee zu werden, Ms. Anderson." Griffin klang höflich,
aber sein Lächeln wirkte kühl. "Wir schätzen Ihre Mitarbeit wirklich sehr, doch das Gleiche gilt für
Mr. Forrester. Und er zeichnet für dieses Projekt nun einmal verantwortlich."
"Genau", platzte Dana heraus, "er trägt die Schuld an der ganzen Misere, weil er zu viel trinkt."
"Ms. Anderson, Dave ist der richtige Mann für diesen Job, und das hat gar nichts mit seinem
Geschlecht oder seinen Aktivitäten nach Feierabend zu tun. Und was Sie betrifft ... Ich schlage vor,
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Sie überdenken Ihre Haltung noch einmal. Data Bytes würde Sie gern weiterbeschäftigen, aber ...
wenn Sie nicht im Team arbeiten können, sollten Sie sich vielleicht woanders bewerben."
Dana war immer stolz darauf gewesen, auch in brenzligen Situationen die Nerven zu behalten. Aber
jetzt hätte sie Griffin McKenna am liebsten gesagt, dass er sich seinen Rat sonst wohin stecken
könne. Aber natürlich hielt sie sich zurück. Bisher _ das hieß, bevor dieser McKenna aufgetaucht
war - hatte sich ihre Karriere wie geplant entwickelt. Und sie wollte verdammt sein, wenn sie
zuließ, dass er ihre Pläne durchkreuzte.
"Habe ich mich klar ausgedrückt, Ms. Anderson?" Dana zwang sich, seinen eiskalten Blick zu
erwidern und ganz ruhig zu antworten: "Allerdings. Schönen Tag noch, Mr. McKenna." Dann
drehte sie sich auf dem Absatz um und verließ erhobenen Hauptes das Büro.
Außer sich, stieß sie kurze Zeit später die Tür zur Damentoilette auf und dachte: Dieser McKenna
ist nicht nur ein Macho, wie er im Buche steht, sondern auch ein Obertrottel. "So ein Idiot!" sagte
sie leise, als sie zum Waschbecken ging. Dann stellte sie das Wasser an und kühlte sich die erhitzten
Wangen. "Dieser dickschädelige, nichts wissende Macho!"
Sie riss ein Wegwerfhandtuch aus dem Spender, fuhr sich damit übers Gesicht und knüllte das
Papier zusammen, bevor sie es in den Mülleimer feuerte.
War der Kerl denn mit Blindheit geschlagen? Er hatte sich seinen Erfolg zwar mit geerbtem Geld
erkauft, aber ein bisschen Talent besaß er doch, auch wenn er keinen blassen Schimmer von
Computerprogrammen hatte und auch nicht von seinem Studienfreund Dave - ihrem direkten
Vorgesetzten. Dave brachte noch die ganze Firma um Kopf und Kragen, aber als sie, Dana, versucht
hatte, McKenna das klarzumachen, hatte er ihr mit Kündigung gedroht. Und wieso?
Weil er und Forrester Freunde waren und weil sie als Frau niemals der Freund von einem Mann sein
konnte. Auch wenn McKenna behauptete, das Geschlecht habe nichts damit zu tun, dass man Dave
zum Boss der Entwicklungsabteilung gemacht hatte, glaubte Dana ihm kein Wort. Sie war vielleicht
direkt nach der Uni noch naiv genug gewesen, Sexismus in der Arbeitswelt - besonders bei den
Programmierern - für überholt zu halten. Aber fünf Jahre in den Schützengräben hatten sie eines
Besseren belehrt.
Wenn man ein Mann war, gab es bei entsprechender Vorbildung nach oben keine Grenzen, aber als
Frau stieß man irgendwann unweigerlich an eine Glaswand, und bei ihr war es jetzt so weit. Die
einzigen Frauen, mit denen die McKennas dieser Welt umgehen konnten, waren mit den Wimpern
klimpernde Luxusweibchen. Und wenn Griffin McKenna mit seinen fünfunddreißig noch nicht jede
gehabt hatte, dann nur, weil es ihrer leider immer noch zu viele gab.
In diesem Augenblick ging die Tür auf, und ihre Freundin Jeannie kam herein.
"Sprich mich bloß nicht an", sagte Dana aufgebracht, woraufhin Jeannie erstaunt eine Augenbraue
hochzog.
"Auch dir ein herzliches Hallo." "Wie kann dieser Mann überhaupt noch in den Spiegel sehen? Er
ist doch der sturste, unfähigste Geschäftsmann der Welt."
"Arthur?" "Nein, McKenna."
"Also ich finde, was sein Aussehen angeht, gibt es nichts an ihm auszusetzen. Nur ein
Höhlenmensch würde ihn nicht wahnsinnig männlich finden. Und was seinen Ruf als
Geschäftsmann betrifft ... Soweit ich gehört habe, hat Griffin McKenna letztes Jahr wenigstens ein
halbes Dutzend maroder Firmen aufgekauft und wieder in die schwarzen Zahlen gebracht."
"Na, toll! Erst singt Arthur Lobeshymnen auf ihn und jetzt auch noch du."
"Bitte, nenn mich nicht in einem Atemzug mit deinem Freund Arthur. Nachher färbt sein
langweiliges Wesen noch auf mich ab."
"Was du immer hast! Aber jetzt mal ehrlich, Jeannie, findest du, dass ich mich wie eine Närrin
anhöre, wenn's um geschäftliche Dinge geht?" Jeannie sah ihre Freundin an und seufzte. "Dein
Problem ist nicht, wie du dich anhörst, sondern wie du aussiehst. Normalerweise können Leute, die
komplizierte Computerprogramme schreiben, Michelle Pfeiffer nicht doubeln. Nun ja, von deiner
Frisur einmal abgesehen und wenn du dein Haar nur ein bisschen heller tönen und es offen ..."
"Vergiss doch mal mein Aussehen", unterbrach Dana sie scharf, "obwohl das wahrscheinlich zu
dem Problem beiträgt, das ich mit McKenna habe. Wenn er mich ansieht, hat er nur Augen für die
Frau in mir."
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"Wen wundert's?" erklärte Jeannie lächelnd. "Wann ist das Ganze denn passiert? Ich meine, wann
hat er dich so weit getrieben, dass du denkst, du bekommst morgen deine Tage?" "Letzte Woche
und gerade eben. Ich habe ihn jetzt erst zwei Mal persönlich gesprochen, aber jedes Mal war es ein
Fiasko."
"Meinst du nicht, Dana, dass du da ein bisschen übertreibst?" "Da täuschst du dich aber. Es gibt ein
ernsthaftes Problem mit unserem neuen Programm, dank meines direkten Vorgesetzten. Dave baut
seit einigen Wochen Riesenbockmist."
"Bist du sicher?"
"Ganz sicher." Sie atmete tief durch. "Er hat ein Alkoholproblem." "Du machst doch Witze!" "Nein,
ich mein's todernst. Er lallt zwar nicht oder fällt stockbetrunken über die eigenen Beine, aber
manchmal ist er so besoffen, dass er nicht einmal mehr den Monitor erkennt." "Hast du ihn darauf
angesprochen?"
"Natürlich." "Und?"
"Er hat alles abgestritten und dann gesagt, mir würde sowieso niemand glauben. Schließlich sei er
derjenige mit dem berühmten Namen und der Erfahrung. Jetzt verbringe ich den halben Tag damit,
seine Fehler auszumerzen, und die restlichen Stunden brauche ich, um mein eigenes Arbeitspensum
einigermaßen zu bewältigen. Und das Ergebnis davon ist ein Riesendurcheinander."
Jeannie biss sich auf die Lippe und fluchte leise vor sich hin. In diesem Augenblick ging die Tür
auf, und der Raumpfleger Charlie, der mit dem Putzjob bei Data Bytes seine Rente aufbesserte, kam
herein und strahlte die beiden an. "Es ist bereits kurz vor zwölf, meine Damen", erklärte er fröhlich,
"Zeit zum Wischen! Ich dachte, Sie wären schon in der Mittagspause. Aber ich habe extra geklopft,
wahrscheinlich haben Sie mich einfach nicht gehört."
"Schon in Ordnung." Jeannie warf Dana einen beschwichtigenden Blick zu. "Wir sind eigentlich
fertig, und unsere Mittagspause beginnt erst in einer Stunde." "Hin und wieder ein Pläuschchen
muss ja auch mal sein, nicht wahr, Mädchen?" Charlie lächelte großväterlich, bevor er fortfuhr:
"Und bestimmt haben Sie sich auch ein bisschen zurechtgemacht. Aber, meine Hübschen, ich kann
Ihnen versichern, das hätte keine von Ihnen nötig gehabt."
Als Jeannie Danas Gesichtsausdruck sah, unterdrückte sie ein Seufzen. Doch da erklärte Dana auch
schon eisig: "Was sollten wir Mädchen auch tun, wenn uns kein Mann sein Okay geben würde?"
Charlie, der keine Ahnung hatte, dass er sich auf ganz dünnem Eis bewegte, grinste breit. "Nicht
wahr!"
"Wollen Sie wirklich wissen, was ,nicht wahr' ist?" Mit erhobenem Zeigefinger ging Dana auf ihn
zu, woraufhin Charlies Lächeln verschwand und er sich ganz dicht an die Tür drückte. "Nicht wahr
ist, dass wir Mädchen sind: Wir sind Frauen. Und was Ihren ungefragten Kommentar zu unserem
Aussehen angeht ..."
Aber bevor Dana den Satz zu Ende führen konnte, hatte Jeannie sie beim Arm genommen und zog
sie zum Ausgang. Auf der Schwelle warf Jeannie Charlie noch ein entschuldigendes Lächeln zu.
"Das geht nicht gegen Sie persönlich, Charlie. Dana ist einfach nur aufgeregt!"
"Ich bin nicht aufgeregt." Dana machte sich von ihr los und fuhr herum. "Ich habe es einfach satt, so
zu tun, als müsste ich von jedem Chauvi gehätschelt werden - als wäre ich ein Pudel."
Völlig verblüfft sah Charlie von einer zur anderen. "Ich habe doch kein Wort von einem Pudel
gesagt, Miss."
"Oh, verdammt noch mal! Das hat doch überhaupt nichts mit Hunden zu tun. Ich wollte damit
ausdrücken ..." Dana verstummte, warf entnervt die Arme hoch und stieß unwirsch hervor:
"Männer!", bevor sie endgültig die Damentoilette verließ.
Nur Augenblicke später stand Charlie vor Griffin McKennas riesigem Schreibtisch. Die weißen
Augenbrauen hatte er immer noch zusammengezogen und erzählte seinem Boss, was passiert war.
Griffin mochte Charlie, aber er war mit seinen Gedanken ganz woanders. Er überlegte zum Beispiel,
wie er die Firma bei der übermorgen beginnenden Konferenz in Miami in einem guten Licht
darstellen und mit dem neuen Finanzdatenbank-Programm Großkunden gewinnen konnte, damit
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Data Bytes zurück in die schwarzen Zahlen kam. Dazwischen dachte er immer wieder darüber nach,
was eine atemberaubende Frau wie Dana Anderson dazu veranlasst haben mochte, sich so
unmöglich aufzuführen.
Griffin runzelte die Stirn. Warum verschwendete er überhaupt noch einen Gedanken an sie? Okay,
sie sah umwerfend aus, war aber ansonsten eine elende Zicke. Wenn sie bloß zugeben würde, dass
sie die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen hatte, und nur einmal tat, was man ihr sagte. "... nur,
dass die beiden hübsche Dinger wären, so wie der Pudel der einen auch, glaube ich." Griffin zwang
sich, wieder an Charlie zu denken. Der arme Kerl war wirklich total aufgelöst, aber weswegen?
Griffin konnte sich die Frage genauso wenig beantworten wie noch vor fünf Minuten, als der alte
Knabe an der Furcht erregenden Miss Macy vorbei in sein Büro gestürmt war. Griffin hatte die
Sekretärin vom ehemaligen Vorstand übernommen. Sie war es einfach gewöhnt, die Tür zu
bewachen wie ein Schießhund. Da konnte er noch so oft darauf hinweisen, dass er immer für seine
Mitarbeiter zu sprechen sei.
"... meine Schwägerin hatte auch mal einen Pudel. Garstiges kleines Ding, das. Ständig am
Zähnefletschen und kläffen, und zwar so hoch, dass es einem in den Ohren dröhnte." Griffin nickte
verständnisvoll und sah in seinem Terminkalender nach, wann Dave das neue Programm noch
einmal mit ihm durchgehen wollte.
"... und dachte mir, ich komme am besten gleich zu Ihnen, Sir, weil Sie doch immer sagen, Ihre Tür
würde jedermann offen stehen. Stimmt's?"
"Absolut richtig." Griffin räusperte sich. "Obwohl ich nicht ganz sicher bin, wo das Problem ..."
"Nun, Sir, die junge Dame denkt, ich hätte sie beleidigt oder vielleicht auch ihren Pudel. Aber das
hab ich nicht."
Griffin rieb sich das Kinn.
"Wer weiß schon, wozu die in der Lage ist. Womöglich beschwert sie sich noch bei Ihnen wegen
sexueller Belästigung, oder so was. So'n dummes Zeug liest man ja ständig." Charlie wirkte richtig
beunruhigt. "Mit ihren grünen Augen hat sie mich ganz böse angesehen und mit eiskalter Stimme
erklärt, dass sie eine Frau sei und kein kleines Mädchen. Dabei wollte ich ihr doch nur ein
Kompliment machen." "Um welche Frau handelt es sich denn?" fragte Griffin, obwohl er es
eigentlich schon wusste.
"Um Dana Anderson." Griffin rang sich ein Lächeln ab und stand auf, um Charlie zum Abschied die
Hand zu reichen.
"Ich hoffe, es war richtig, gleich zu Ihnen zu kommen, Mr. McKenna. Ich will ja nicht, dass das
Mädchen - die Frau - in Schwierigkeiten gerät. Aber ich möchte natürlich auch keine haben."
"Sie können ganz beruhigt sein, Charlie. Ich löse das Problem ,Dana Anderson' für Sie."
"Dann reden Sie also mit ihr? Sagen Sie ihr bitte, dass ich ihren Hund nicht beleidigen wollte."
"Das werde ich." Griffin schob den alten Mann sanft aus seinem Büro und schloss die Tür hinter
ihm.
O ja, er würde mit Ms. Dana Anderson reden. Verdammt noch mal! Erst versuchte sie, Dave an den
Karren zu fahren, und dann regte sie auch noch diesen netten alten Mann auf. Sie bereitete auf der
ganzen Linie nur Probleme, und die zu bewältigen war seine, Griffins, Stärke. Leise pfeifend ging er
zurück zum Schreibtisch. Allein der Gedanke, dass "die kleine Anderson" ihr hitziges Gemüt ab
morgen in der Schlange beim Arbeitsamt abkühlen würde, besserte seine Laune um hundert
Prozent.
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Kapitel 2 Dana steckte bis zum Hals in Arbeit. Unglücklicherweise gehörte nichts davon zu ihrem eigenen
Tätigkeitsbereich. Zu sehr war sie damit beschäftigt, Daves' neuerliches Chaos im Quellcode zu
beseitigen, als dass sie sich noch um ihre eigenen Aufgaben hätte kümmern können.
Ihre winzige Büroecke war voll gestopft mit Aktenordnern, und auf ihrem Schreibtisch stapelten
sich die Ausdrucke, Memos, zahlreiche Disketten und wenigstens fünf Kaffeebecher aus dem
Automaten. "Miss Ordentlich" hatte Dave immer zu ihr gesagt, noch lange bevor er befördert
worden war. Aber das mit der Ordentlichkeit hatte sich inzwischen erledigt. Wie sollte man denn
mit Sorgfalt vorgehen, wenn um einen die Welt zusammenbrach?
Die letzte Stunde hatte sich Dana über die Tastatur gebeugt und gehofft, wenigstens die neuesten
Schwachstellen des Programmcodes auszubessern. Immer noch ließ sie die Finger über die Tastatur
sausen. Auf dem Bildschirm erschienen für Außenstehende unablässig kryptische Buchstaben- und
Zahlenkombinationen. Aber Dana überflog kurz die Zeilen und drückte dann die Eingabetaste.
"Bitte", flüsterte sie schließlich vor sich hin, "lass es diesmal funktionieren." Fehlanzeige!
Nicht dass sie wirklich etwas anderes erwartet hätte. In der schönen, neuen Welt der Computer gab
es Fehler viel häufiger als Wunder. Wenn Griffin McKenna das nur in seinen Dickschädel bekäme
... in seinen markanten Dickschädel.
Dana murmelte ein Schimpfwort, das McKenna sicher nicht von ihr erwartet hätte, und sah wieder
auf den Monitor. Dann seufzte sie, lehnte sich im Stuhl zurück und griff nach dem am nächsten
stehenden Kaffeebecher. Am Boden schwappte daumenbreit eine zähflüssige schwarze Masse. Dana
schnitt ein Gesicht, hielt den Atem an und schüttete das Zeug in eins hinunter. Eine Minute später
sah sie wieder auf den Monitor.
McKennas Gesicht mit dem selbstzufriedenen, überheblichen Grinsen schien wie eine Erscheinung
über den Bildschirm zu flackern. Der Bildschirmschoner hatte sich eingeschaltet.
"Richtig so, McKenna, lächeln Sie nur! Sie haben ja auch allen Grund dazu: Die Welt ist Ihre
Spielwiese, was?" Ärgerlich tippte sie auf die Tastatur, so dass der Programmcode wieder erschien.
Dann löschte sie einige Zahlenreihen, aber irgendwie hatte sie McKennas Konterfei immer noch vor
Augen. "Ich hätte kündigen sollen", murmelte sie, "ich hätte diesem Mann sagen sollen, wohin er
sich seinen blöden Job stecken kann."
Es war nicht zu spät. Sie konnte einfach das Vorstandssekretariat anrufen und ... Gerade wollte
Dana den Hörer abnehmen, als das Telefon klingelte. "Hallo", sagte sie kurz angebunden. "Dana?"
Es war Arthur, und sie schloss genervt die Augen, bevor sie erklärte: "Ach, du bist's!"
"Hast du jemand anders erwartet, meine Liebe?" Rasch warf Dana einen Blick auf den Bildschirm.
Natürlich war McKennas Porträt wieder da. Dave hatte es auf allen Rechnern als Bildschirmschoner
installiert. Es sollte ein Scherz sein, und keiner der Mitarbeiter hatte gewagt, etwas dagegen
einzuwenden. Und sie, Dana, hatte bisher einfach noch nicht die Zeit gehabt, etwas daran zu ändern.
"Nein", sagte sie jetzt zu Arthur, "ganz und gar nicht. Es ist nur ... Ich bin gerade furchtbar im
Stress. Wenn es dir nichts ausmacht ..."
"Natürlich nicht, Dana. Ich wollte nur Hallo sagen." "Ja, dann: Hallo!" Sie bemühte sich, nicht
unhöflich zu klingen. "Wenn du mich jetzt entschuldigen ..." "Sehen wir uns heute Abend?" "Nein,
ich meine, ja, ich meine ..."
Verdammt, jetzt war sie doch unhöflich geworden und fing auch noch an zu stammeln, und das alles
nur wegen dieses McKennas. Noch einmal warf sie rasch einen Blick auf den Bildschirm. McKenna
war immer noch da und grinste hämisch. Sie streckte ihm die Zunge heraus und verdrehte die
Augen. Was war nur mit ihrer Contenance geschehen, auf die sie immer so stolz gewesen war? Und
logisch denken konnte sie auch nicht mehr. Arthur musste ihr helfen.
Dana atmete tief durch. "Arthur, hast du Zeit zum Mittagessen? Wenn ja, würde ich dich gern im ..."
Sie verstummte und überlegte kurz, welche Restaurants zwischen ihrem und Arthurs Büro infrage
kamen. McKenna konnte überall essen, und er war bestimmt der Letzte, dem sie in ihrer
Mittagspause begegnen wollte. "Im ,Portofino'", sagte sie schließlich. Der Name war ihr einfach so
eingefallen. Erst kürzlich hatte sie in der "Times" darüber gelesen. "Im Portofino? Gern, aber ...
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Geht es dir gut, Dana?" "Ja, ja, ich ... ich muss dich einfach nur sehen."
"Oh, meine Liebe", sagte Arthur wieder, und Dana wurde erst, als sie schon auf dem Weg zur Tür
war, bewusst, dass man ihre Bemerkung auch anders hatte verstehen können. Doch da war es bereits
zu spät.
Griffin war in seinem Leben schon in vielen Restaurants gewesen, hatte bisher aber in keinem das
Gefühl gehabt, in einer Hochzeitskapelle zu sitzen.
"Wenn du lieber woanders essen möchtest", sagte Cynthia, die auf seinen verwunderten
Gesichtsausdruck aufmerksam geworden war, "können wir auch ..."
"Nein", erklärte Griffin, "hier ist es okay." Aber das war es nicht. Schon möglich, dass die "Times"
das Portofino in ihrer letzten Ausgabe hoch gelobt hatte, aber er fand es furchtbar.
"Ich wusste ja, dass es dir hier gefallen würde", sagte Cynthia und klimperte mit den Wimpern.
Blinzel, blinzel, blinzel. Eigentlich dachte Griffin, so etwas käme nur in Romanen vor. Es sah
irgendwie komisch aus. Machten das alle Frauen, um die Aufmerksamkeit eines Mannes auf sich zu
lenken? Die Anderson bestimmt nicht. Wahrscheinlich hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht
mit den Wimpern geklimpert.
"Griffin?" Wie immer lächelte Cynthia _ ebenfalls ganz anders als diese Dana, die ihn nur
anfunkelte.
"Griffin." Jetzt kicherte Cynthia auch noch und neigte den Kopf wie Liz Taylor in einem ihrer
ersten Filme. "Du scheinst mit den Gedanken ja ganz woanders zu sein."
Griffin räusperte sich. "Entschuldige bitte, aber ich ... ich denke die ganze Zeit an die Konferenz."
"Die in Florida? Deine Mutter hat so etwas angedeutet."
Bitte, Mama, kannst du mir einmal eine Atempause gönnen? dachte Griffin, bevor er bestätigte: "Ja,
die Konferenz in Miami verspricht ziemlich interessant zu werden. Ich war noch nie bei einem
Software-Treffen."
"Wie ich dich beneide!" "Seit wann interessierst du dich für Computer?"
"Doch nicht wegen der Computer, du Dummer, du. Ich beneide dich darum, dass du diesem
nasskalten New Yorker Wetter für ein verlängertes Wochenende in Florida entfliehen kannst. Ich
wünschte nur, ich könnte das auch."
Griffin biss die Zähne zusammen. Diesmal hatte seine Mutter, die alte Kupplerin, wirklich ganze
Arbeit geleistet. "Ja", erklärte er höflich, "das hört sich bestimmt toll an. Aber ich habe sicherlich
keine Zeit, auch nur einen Fuß auf den Strand zu setzen. Ein Meeting folgt dem anderen." "Ah",
Cynthia blickte angelegentlich auf ihre Hände, "ich verstehe."
Nein, sie verstand gar nichts, und Griffin seufzte. Cynthia war ein nettes Mädchen auf der Suche
nach einem Ehemann, aber mit ihm verschwendete sie nur ihre Zeit. Das würde er ihr früher oder
später möglichst schonend beibringen müssen, weil er gar keine Ehefrau haben wollte. Zumindest
jetzt noch nicht. Vielleicht nie. Sein Leben war auch so erfüllt und spannend. Er liebte seine Arbeit
und seine Freiheit. Er war froh, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein und kommen und gehen
zu können, wann er wollte. Natürlich war es manchmal ganz nett, ein bisschen von dieser Freiheit
aufzugeben, aber nur für wenige Wochen oder Monate.
Die Welt war voll von umwerfenden Frauen, die gern eine Zeit lang mit ihm verbrachten, ohne dass
er sich zu irgendetwas verpflichtet zu fühlen brauchte. Sie taugten natürlich nicht zur Ehefrau, wie
seine Mutter sich ausdrücken würde, und jedes Mal, wenn sie das sagte, dachte Griffin insgeheim:
glücklicherweise! Aber _ und das war ein ganz großes Aber _ wenn er sich jemals dazu entschließen
sollte, in den Hafen der Ehe einzusteuern, und Cynthia wäre noch frei, würde sie möglicherweise
den Zuschlag bekommen. Er mochte sie ganz gern, vielleicht war es ihm sogar möglich, sie lieben
zu lernen. Auch wenn er sich im Augenblick nicht vorstellen konnte, sie so in die Arme zu nehmen,
wie er das gern mit Dana Anderson tun würde, um mit ihr auf einem warmen, tropischen Sandstrand
zu schlafen.
Schließlich ging es in einer Ehe nicht darum, wilde Leidenschaft auszuleben, oder? Griffin runzelte
die Stirn. Verdammt, um Leidenschaft ging es der kleinen Anderson auch nicht. Wieso dachte er
dann ständig an sie und diesen blöden Strand? Als ob Ms. Anderson sich einem Mann im Freien
hingeben würde! Allein der Gedanke daran war lächerlich. Wahrscheinlich hatte sie in ihrem ganzen
Leben noch mit keinem Mann geschlafen, wahrscheinlich nicht einmal ein einziges Rendezvous
gehabt. Griffin ließ sich, während sein Blick durchs Restaurant schweifte, in seinem Stuhl
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zurückfallen und dachte gleich darauf: Das ist ja wohl nicht die Möglichkeit! Doch, direkt
gegenüber von ihm, auf der anderen Seite des Gewölbekellers, saß, in eine kleine Nische
gekuschelt, Dana Anderson ... mit einem Mann.
Griffin hätte Stein und Bein geschworen, dass Ms. Anderson mittags nur einen Salat zu sich nahm
oder am Schreibtisch sitzen blieb, um einen Joghurt zu essen. Stattdessen rekelte sie sich in diesem
pseudo-romantischen, furchtbar überladenen Portofino zwischen Kunstpalmen und Samtvorhängen
... und hatte auch noch einen Kerl dabei. Einen, der ihr bestimmt jeden Wunsch von den Lippen
ablas. Griffins Stirnrunzeln verstärkte sich noch. Der Mann sah aus, als hätte man ihn extra für sie
ausgewählt. Er war vollkommen, trug sogar eine Fliege, die sich beim Schlucken bewegte. Und er
stand auf sie, das war nicht zu übersehen. Er sah sie an wie ein Welpe einen Knochen, an den er
nicht herankam.
Spöttisch zog Griffin einen Mundwinkel herunter. Das war also der Typ Mann, auf den die kleine
Anderson abfuhr. Sie wollte einen Kerl, den sie an der Nase herumführen konnte. Jemanden, der
niemals von ihr verlangen würde, nackt vor ihm im Mondschein an einem einsamen Strand zu
tanzen und ...
"Griffin? Griffin, geht's dir gut?"
Griffin nahm sich zusammen und sah zu Cynthia. "Ja, mir geht's wunderbar." Und das war nicht
einmal gelogen. Er hatte doch nur aus Neugierde wissen wollen, warum Dana Anderson sich so
ausschließlich auf den Mann konzentrierte, mit dem sie hier war, dass sie ihn, Griffin, gar nicht
bemerkte. Oder?
"Du isst ja gar nichts, meine Liebe. Ist dein Fisch nicht gut?" Schon der Morgen war nicht gerade
dazu angetan gewesen, ihren Appetit zu steigern, aber die Atmosphäre im Portofino hatte ihn ihr
endgültig verdorben. Wäre Dana vorher bewusst gewesen, dass das Restaurant wie eine
Liebesgrotte aussah, hätte sie niemals den Vorschlag gemacht herzukommen. Kein Wunder, dass
der arme Arthur sie die ganze Zeit so merkwürdig ansah. Schließlich hatte sie erklärt, sie würde ihn
brauchen, und dann auch noch dieses Lokal ausgesucht. Da musste er ja davon ausgehen, dass sie
endlich etwas von ihm wollte. Sein Lächeln war wie eingemeißelt, und seine Augen hinter der
Hornbrille schienen nebelverhangen. Dana räusperte sich, legte das Besteck auf den Teller und
faltete die Hände im Schoß.
Erstaunt zog Arthur eine Augenbraue hoch. "Der Fisch ist also doch nicht gut, meine Liebe?" "Nein,
das Problem ist nicht das Essen, sondern Griffin McKenna." Arthur blinzelte verwundert. "Aber
überall hört man nur Gut..."
"Ich habe Probleme mit meinem direkten Vorgesetzten, der Lügenmärchen über mich erzählt und
ständig Fehler bei dem Programm macht, das wir gerade schreiben, weil er nach dem Mittagessen
meist schon total betrunken ist. Aber als ich McKenna davon in Kenntnis setzen wollte, weigerte er
sich, mir zuzuhören, und hat mich behandelt, als wäre ich nur zu ihm gekommen, um Ärger zu
machen. Dave weiß das natürlich und wird erst Ruhe geben, wenn ich die Firma verlassen habe.
Jetzt frage ich dich, sollte ich da nicht lieber gleich kündigen? Doch was bekomme ich dann für ein
Arbeitszeugnis?"
"Gute Fra..." "Andererseits wird sich Dave nicht ändern, und McKenna wird auch weiterhin zu ihm
halten, weil sie in der gleichen Verbindung waren." "Ich verstehe. Vielleicht solltest du ..."
"McKenna wird mich sowieso feuern, wenn das Programm auf der Konferenz abstürzt. Aber wenn
ich vorher kündige, bildet er sich ein, er hätte mich kleingekriegt." Dana kniff die Augen
zusammen. "Doch das gönne ich ihm nicht."
"Nun", warf Arthur rasch ein, "wenn du meine Meinung hören willst ..."
"Vielleicht brauche ich ja gar kein Zeugnis. Ich kenne viele Leute, die bei großen Firmen als
leitende Programmierer beschäftigt sind. Bestimmt finde ich wieder eine Anstellung _ eine bessere
_, und dann bin ich in der Lage, diesem McKenna ins Gesicht zu sagen, wohin er sich seinen Job
stecken kann."
"Stimmt, aber ..."
"Das würde allerdings bedeuten aufzugeben, und so etwas mache ich nicht. Niemals!" Dana nahm
Arthurs Hand und drückte sie. "Oh, ich bin ja so froh, dass du mir dabei geholfen hast, eine logische
Entscheidung zu treffen."
Arthur blinzelte. "Äh ... gern geschehen."
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"Du bist einfach wunderbar, weißt du das?" Entzückt nahm Arthur ihre Hand und hauchte einen
Kuss darauf.
Als Griffin das sah, biss er unwillkürlich die Zähne zusammen, warf die Serviette auf den Tisch und
schob seinen Stuhl zurück. "Griffin?" rief Cynthia erstaunt, aber der hatte nur Augen für seine
Angestellte.
Ms. Anderson hakte sich gerade bei diesem Kerl unter und kam den Gang entlang direkt auf sie zu.
Dabei sah sie den Fliegenheini an, als wäre er der einzige Mann auf der ganzen Welt, und zu allem
Überfluss hörte Griffin sie auch noch sagen: "Was sollte ich bloß ohne dich machen? Du tust mir so
gut."
Der Fliegenheini strahlte sie an, und jeden Augenblick würden sie mit ihm, Griffin,
zusammenstoßen. Griffin freute sich schon darauf, Dana Andersons überraschtes Gesicht zu sehen.
Aber in letzter Sekunde blickte ihr Begleiter auf, und als er Griffin mitten im Gang stehen sah,
wurde er weiß wie ein Laken und rief: "Mr. McKenna!"
Die Anderson nickte. "Genau, man hört nichts anderes mehr in der Firma: ,McKenna hier,
McKenna da.' Aber dabei flüstern die Leute so ehrfürchtig, dass ich manchmal am liebsten ..."
"Na, na, na", sagte Griffin und lächelte spöttisch, während Dana wie angewurzelt stehen blieb.
"Seien Sie vorsichtig mit Ihrer Ausdrucksweise, Ms. Anderson, schließlich befinden wir uns hier in
der Öffentlichkeit."
Dana schlug das Herz bis zum Hals, als sie mit heiserer Stimme fragte: "Sie, hier?"
"Allerdings, Ms. Anderson. Wie klein die Welt doch ist!"
In Danas Kopf ging alles durcheinander. Handelte es sich bei dem Mann vor ihr wirklich um
McKenna? Sie hatte das Restaurant doch extra ausgewählt, weil es weitab von ihrem Büroviertel
lag, um diesem Typ nicht zu begegnen.
Und wieso ließ er sie eigentlich nicht vorbei? Und warum blieb Arthur wie angenagelt hinter ihr
stehen, so dass sie nicht zurückweichen konnte und gezwungen war, den Kopf zurückzulegen, um
nicht McKennas Kinn zu berühren, während die Knöpfe ihres Jacketts längst Kontakt zu seiner
breiten Brust hatten.
"Stell mich ihm vor", raunte Arthur ihr ins Ohr.
McKenna fragte: "Nun hat Ihnen das Essen geschmeckt, Ms. Anderson?" "Dana", flüsterte Arthur
wieder, "bitte stell mich ..." Doch Dana sagte nur: "Entschuldigen Sie bitte, Mr. McKenna, aber ich
würde gern vorbeigehen." Endlich bewegte sich dieser Kerl, aber auch nur so weit, dass sie nicht
mehr sein betörendes After Shave einatmen musste. "Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden,
Mr. McKenna, wir sehen uns dann im Büro."
Griffin nickte. "Allerdings, Miss ... oh, entschuldigen Sie ... Ms. Anderson."
Wie gelang es diesem Mann nur, das "Ms." so auszusprechen, als wäre es eine Beleidigung? Dana
brannten die Wangen, als sie die Tür erreichte, und sobald sie draußen war, fragte sie Arthur: "Wie
kann dieser Kerl es wagen ...?"
"Du hättest uns wenigstens vorstellen können. Das war eine wunderbare Gelegen..."
"Und was für eine Frau er wieder dabeihatte! Miss Perfekt höchstpersönlich." Verärgert blies sich
Dana eine blonde Strähne aus der Stirn. "Also ich fand sie eigentlich ganz hüb..." "Pah, sie war total
aufgedonnert und stellt die Autorität dieses Obermachos bestimmt nicht infrage." "Also, Dana, ich
begreife wirklich nicht, warum du dich so aufregst."
"Genau das ist das Problem, Arthur! Du begreifst nie irgendetwas. Aber das liegt einfach nur daran,
dass ... dass ... Wenn ich das auch noch erklären muss, hat es sowieso keinen Sinn", fügte Dana
hochmütig hinzu. "Auf Wiedersehen, Arthur. Vielen Dank für die Einladung."
"Was ist jetzt mit heute Abend? Gehen wir zusammen essen, oder nicht?" "Ja ... Nein ... Ich weiß
nicht. Lass uns doch später noch einmal telefonieren." "Nein, ich will es jetzt wissen", sagte Arthur
bestimmter, als es sonst seine Art war. "Abendessen um sieben im ,Arbor'? Einverstanden?" Sie
seufzte. "Na gut."
Als Dana ins Büro zurückkam, stand Dave Forrester neben ihrem Schreibtisch. Er schien noch
einigermaßen nüchtern zu sein, grinste aber irgendwie dämlich. "Der Boss will dich sehen", sagte er
dann. "Weshalb wollten Sie mich sprechen?" fragte Dana fünf Minuten später, als sie McKennas
Büro betrat.
Auch er lächelte, wirkte dabei aber eher wie ein wachsamer Kater, der einen Käfig voller
Kanarienvögel beobachtete. "Um Sie zu feuern." "Wie bitte?"
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"Sie sind gefeuert, Ms. Anderson, das heißt, Sie gehen jetzt zurück zu Ihrem Schreibtisch, nehmen
Ihre Sachen, lassen sich den Scheck über Ihr Monatsgehalt geben und kommen nicht wieder."
"Sie können mich nicht rauswerfen, ich kündige!" Griffin lehnte sich im Stuhl zurück und
verschränkte die Hände hinterm Kopf. "Nennen Sie es, wie Sie wollen, Ms. Anderson. Mir ist es
egal, Hauptsache, wir sind uns einig, dass Sie nicht länger für mich arbeiten."
Vielleicht lag es daran, wie er das sagte, oder an seinem unverschämten Lächeln, das ganz deutlich
machte, wer am längeren Hebel saß. Oder vielleicht war es auch nur die lässige Art, mit der er da in
seinem Sessel saß und ihr die Existenzgrundlage entzog. Auf jeden Fall brachte irgendetwas das
Fass zum Überlaufen, und Dana durchmaß mit großen Schritten den Raum, schnappte sich den
erstbesten Stapel Papier auf McKennas Schreibtisch und warf ihn in die Luft, dass sich die Blätter
im ganzen Raum verteilten. "Sie sind einfach ein unverbesserlicher Idiot!"
Erstaunt sah Griffin Dana an. Sie atmete, als hätte sie gerade einen Zehn-Kilometer-Lauf hinter
sich. In ihren grünen Augen blitzte es wie bei einem Gewitter, und sie sah ganz so aus, als würde sie
ihm am liebsten ein Messer in den Bauch rammen. Unwillkürlich krampfte sich ihm der Magen
zusammen. Ganz langsam, ohne sie aus den Augen zu lassen, schob Griffin den Stuhl zurück, stand
auf und ging um den Schreibtisch herum.
"Und Sie", sagte er dann, "sind eine Frau, der man mal eine Lektion erteilen muss."
"Worin denn?" fragte Dana wütend. "Ich weiß längst, dass die Welt von unfähigen Männern wie
Ihnen regiert wird."
Ein gefährliches Lächeln umspielte seine Lippen. Schon wieder hatte Dana das Gefühl, es wäre
besser, einen Schritt zurückzumachen, genau wie vorhin im Restaurant. Das war ihr im ganzen
Leben noch nicht passiert. Aber sie blieb stark. Klein beizugeben war ein Fehler, doch das Gelände
zu behaupten, erwies sich als noch größerer.
Denn als McKenna nun die Arme nach ihr ausstreckte, konnte er Dana problemlos an sich ziehen.
"Eine Lektion darin, Ms. Anderson, dass ich Ihnen einmal zeigen wollte, wofür Frauen gut sind."
Dabei beugte er sich zu ihr hinunter, schob eine Hand in ihr Haar und küsste sie.
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Kapitel 3 Sofort wurden in Dana ungeahnte Energien frei. Sie entwand sich McKennas Griff, ballte eine Faust und boxte ihm in den Bauch. Aber da hätte sie auch eine Felswand bearbeiten können. Doch das Erstaunen in seinem markanten Gesicht war es wert, dass ihr die Knöchel schmerzten. "He", sagte er empört, während Dana das Blut in den Adern kochte. "He, he", wiederholte sie und bohrte ihm einen Zeigefinger in die Brust. Auch die war stahlhart. "Ist das alles, was Sie zu Ihrer Verteidigung vorzubringen haben, Sie Neandertaler?" "Moment mal ..." "Wie können Sie es wagen ...? Wie können Sie es wagen, McKenna, mich zu küssen?" Sie verstummte, um Atem zu schöpfen, und Griffin war wild entschlossen, seinen Satz diesmal zu Ende zu führen, aber dann unterließ er es lieber. Dana Anderson erwartete eine Erklärung für sein Verhalten, und die hatte sie auch verdient. Unglücklicherweise wusste er nicht, was er zu seiner Verteidigung sagen sollte. Warum hatte er sie überhaupt geküsst? Eine gute Frage. Dana Anderson hatte einfach dagestanden und ihn böse angefunkelt und dabei sozusagen eine Trennlinie in den Sand gezogen, nach dem Motto: Frauen hierhin, Männer dorthin. Na und? Schließlich küsste man eine Frau nicht nur, weil sie keine Männer mochte, und man sah einem Menschen auch nicht einfach ins Gesicht, erkannte, dass es sich dabei um eine Frau handelte, und betrachtete das als Herausforderung, die man unbedingt annehmen musste. Obwohl er, Griffin, genau das getan hatte. Sein Leben lang hatte er Herausforderungen angenommen - annehmen müssen. Angefangen mit dem Tag der Testamentseröffnung seines Vaters, wobei ihm dessen peinlich berührter Anwalt eine Mitteilung überreicht hatte, auf der zu lesen stand: Hier ist mein Vermögen, Sohn. Ich habe vierzig Jahre gearbeitet, um es aufzubauen. Wie lange brauchst Du, um es zu verprassen? Auch wenn diese Zeilen von einem Mann stammten, der niemals für Frau und Kind da gewesen war, hatten sie Griffin ins Herz getroffen, und er hatte die Herausforderung angenommen. Er war daran gewachsen, vielleicht sogar über sich hinaus, und hatte ein Imperium aufgebaut, das womöglich selbst seinen Vater beeindruckt hätte. Doch worin bestand die Herausforderung, eine unwillige Frau in die Arme zu schließen? Da war keine. Absolut keine. Blieb die Frage, wieso er es getan hatte. Griffin runzelte die Stirn. Ihm würde doch wohl eine Antwort einfallen? Eine Lektion wolle er ihr erteilen, hatte er gesagt. Aber was denn für eine? Nicht einmal er glaubte an diesen überholten Quatsch vom Heimchen am Herd und vielleicht noch im Schlafzimmer. In Ordnung, dann mochte er einfach Frauen nicht, die in Männern den Feind sahen und nichts sehnlicher herbeiwünschten als den Tag, an dem sie sich endlich durch Klonen selbst vermehren konnten und zusehen, wie die Angehörigen des anderen Geschlechts ausstarben, weil es ihnen nicht mehr gelang, einen Harem aufzubauen. Das hieß schließlich noch lange nicht, dass er zu den Männern gehörte, die den Frauen am liebsten eins auf den Schädel gaben, sie sich über die Schulter warfen und in ihre Höhle schleppten. Doch wie sollte man sonst erklären, was er da soeben getan hatte? "Ihr Schweigen spricht Bände, McKenna." Griffin konzentrierte sich jetzt wieder auf Danas Gesicht, das immer noch ganz gerötet war. "Hören Sie, Ms. Anderson", sagte er dann. "Nein!" Der Blick ihrer grünen Augen konnte in Sekundenschnelle von Gluthitze auf Eiszeit wechseln. "Nein", wiederholte sie, "jetzt hören Sie mir mal zu!" Griffin packte Dana am Arm. "Ms. Anderson, wenn Sie sich nur beruhigen ..." "Hände weg von mir, McKenna!" Hände weg von mir? Griffin musste ein Lachen unterdrücken. Aber das hätte die Situation nur noch verschärft. Doch Hände weg! zu sagen, obwohl er sie nur am Handgelenk festhielt ... Aber dann ließ er sie doch los. Daraufhin bohrte sie ihm wieder ihren Zeigefinger in die Brust. "Wenn Ihnen die Worte fehlen, macht das gar nichts. Ihre Anwälte werden das schon für Sie regeln, Mr. McKenna, und ich sorge dafür, dass danach jede Frau in New York ganz genau weiß, was von Ihnen zu halten ist!" Diesmal musste er wirklich lachen. "Was, um alles in der Welt, soll das denn bedeuten? Sie machen doch bestimmt Witze?" "Sehe ich etwa so aus?" Griffin dachte darüber nach. Sie sah wütend aus, empört und rechthaberisch ... und ganz, ganz umwerfend. Immer noch bohrte sie ihm den Zeigefinger in die Brust, und wieder umfasste er ihr Handgelenk. Dabei spürte er, wie ihr Puls raste. Ihre Augen hatten die Farbe des Atlantik bei Cape
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Cod kurz vor einem Gewitter, ihre Wangen die von jungen Rosenblättern. Und irgendwie war ihr Haar durcheinander geraten. Irgendwie? In ihm zog sich alles zusammen. Warum war er denn so bescheiden? Er wusste doch genau, wie ihre Frisur in Unordnung geraten war. Das hatte an ihm gelegen, weil er ihr beim Küssen die Hände ins Haar geschoben hatte. Aber eigentlich hatte er sie gar nicht richtig geküsst, zwar daran gedacht und es auch vorgehabt. Aber bevor er hatte richtig loslegen können, war ihm trotz seiner Verärgerung bewusst geworden, was er da im Begriff zu tun war. Deshalb hatte er eigentlich nur Ms. Andersons Lippen berührt. Ein richtiger Kuss von ihm hätte ganz anders ausgesehen. Er hätte sie noch enger an sich gezogen, ihr mit der Zunge den Mund geöffnet und all die Wärme geschmeckt, die sie so gut unter Verschluss hielt. Er hätte die Weichheit ihrer Lippen ausgekostet - dieser süßen, verführerischen Lippen. Er hätte ihren Duft eingeatmet, ihren Namen geflüstert und es genossen, wenn sie ihm endlich nachgegeben und ihm die Arme um den Nacken gelegt hätte."... wollten Sie sagen?" Griffin blinzelte und ließ ihr Handgelenk los. "Wie bitte?" "Für einen Mann, der gewohnt ist, Befehle auszuteilen, scheinen Sie mir ja im Augenblick geradezu sprachlos zu sein." Wieder funkelten ihre grünen Augen. "Vielleicht glauben Sie ja tatsächlich, dass ich nur scherze, wenn ich sage, dass ich Ihnen einen Prozess wegen sexueller Belästigung anhänge!" "Anderson, wenn Sie wollen, dass ich mich entschuldige ..." "Ich will keine Entschuldigung", sagte Dana in einem Ton, bei dem sich in Griffin alles sträubte. "Ich will sehen, wie sich die Schlinge des Gesetzes um Ihren Hals legt und zuzieht." Dann warf sie ihm einen Blick zu, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ, und dabei lächelte sie, als würde sie die Zähne fletschen. "Und wenn die Justiz mit Ihnen fertig ist, wird jede Frau auf der ganzen Welt wissen, was für ein sexistischer, hinterhältiger Mistkerl Sie sind." Die Frau ist umwerfend, aber leider auch total verrückt, dachte Griffin und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit einem selbstgefälligen Lächeln erklärte er dann: "Sie können mich gar nicht wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz belangen.""Wer sagt das?" "Die Logik. Sie arbeiten nicht mehr für mich, schon vergessen?" Hatte er Recht? Kurzzeitig spürte Dana Panik in sich aufsteigen. Sie konnte ihn doch nicht einfach so davonkommen lassen - auch wenn es da einen Moment gegeben hatte, an dem sie sich gewünscht hätte, dieser McKenna wäre noch weiter gegangen. "Forrester hat ganz richtig gelegen." "Forrester?" Dana runzelte die Stirn. "Was hat der denn damit zu tun?" "Er hat mir vom ersten Tag an versucht klarzumachen, was ich von Ihnen zu halten habe. Er sagte, Sie seien ein frustriertes Weibsstück, das Männer aus Prinzip hasst." Wieder wurde Dana vor Wut rot. "Unerhört! Darauf antworte ich nicht einmal." "Warum? Kommt es der Wahrheit so nahe?" "Hallo! Wir befinden uns im einundzwanzigsten Jahrhundert, McKenna! Frauen, die die Karriere der Ehe vorziehen sind nicht frustriert." Griffin lächelte kalt. "Sie haben ja auch eine ganz tolle Sache mit diesem Fliegenheini am Laufen, nicht wahr?" "Sie sind ... Sie sind ...!" "... ein Mann, wollten Sie das damit ausdrücken?" "Nein, Sie sind ein Anachronismus, und da dieses Wort viel zu viele Silben hat, als dass Sie es verstehen könnten, will ich Ihnen erklären, was es bedeutet." "Oh, Anderson, nichts wäre mir lieber!" "Bei Ihnen, Mr. McKenna, handelt es sich um einen Mann, der immer noch glaubt, eine Frau gehört hinter den Herd." Danas zuvor so ordentlich frisiertes Haar hing ihr jetzt wild ins Gesicht. Ihre Wangen waren gerötet, als wäre sie gerade zum Höhepunkt gekommen, und sie atmete so schnell, dass selbst die hochgeschlossene Bluse und das strenge Jackett nicht mehr verbergen konnten, wie wohlgeformt ihre Brüste waren. Irgendetwas Steinzeitliches schien sich in Griffin Bahn zu brechen. Tu's nicht! warnte ihn eine innere Stimme. Aber Griffin hatte noch nie eine Herausforderung abgelehnt, besonders dann nicht, wenn er sie sich selbst gestellt hatte. "Sie irren sich", sagte er jetzt kalt, was so gar nicht zu seinem erhitzten Gemüt passen wollte. "Ich habe immer ganz genau gewusst, wohin Frauen wirklich gehören." Und dann streckte er die Arme nach Dana aus und zog sie an sich, um sie diesmal richtig zu küssen. Dieser Kuss ist ganz anders als der von vorhin. Das war Danas erster Gedanke. Der zweite: dass es in New York ein Erdbeben geben musste, weil sie spüren konnte, wie der Boden unter ihren Füßen
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schwankte. Als McKenna sie vorhin geküsst hatte, war sein Mund kühl gewesen, jetzt fühlte er sich ganz warm an ... und hart. Doch während sie das dachte, wurden seine Lippen weich, formten ihre nach und öffneten sie für ihn. Dieser verfluchte Mistkerl! dachte Dana noch, und dann wurde sie von Leidenschaft überwältigt, so dass sie nichts anderes mehr wahrnahm. Der Boden unter ihr schwankte jetzt nicht mehr nur, er gab regelrecht nach, und ihr blieb nichts anderes übrig, als sich an den Aufschlägen von Griffins Jackett festzuhalten. Irgendjemand gab ein leises Stöhnen von sich. Sie etwa? Offensichtlich, denn Griffin stöhnte nicht. Und dann zog er sie noch fester an sich, so dass sie miteinander zu verschmelzen schienen. Daraufhin ließ er die Hände zu ihrem Po gleiten, hob Dana hoch, und sie spürte, wie erregt er war. Was mache ich hier eigentlich? dachte sie in einem lichten Moment, bevor sie McKenna die Arme um den Nacken legte und die Finger in sein Haar schob. Als Griffins Kuss noch fordernder wurde und er ihr damit zeigte, wie sehr er sie begehrte, hätte sie vor Lust beinah laut aufgeschrien. Aber dann, genauso schnell, wie Griffin Dana in die Arme genommen hatte, umfasste er ihre Ellbogen, schob sie von sich und trat einen Schritt zurück. Dana hatte Mühe, das Gleichgewicht wieder zu finden, und blinzelte erst einmal verwundert, während sie in Griffins völlig ausdrucksloses Gesicht blickte. "Sehen Sie?" erklärte er dann ganz ruhig. "Dahin gehören Frauen, und es gefällt ihnen." "Wie bitte?" fragte sie heiser. "Man könnte es auch so ausdrücken: Sie haben sich nicht gerade verhalten, als wäre Ihnen mein Kuss unangenehm, Ms. Anderson. Also gibt es keinen Grund für Sie, mich anzuzeigen." "Keinen ..." Dana schluckte. "Keinen Grund?" Griffin rang sich ein Lächeln ab, wiegte sich auf den Absätzen und schob die Hände in die Hosentaschen. "Gar keinen. Außer Sie wollen, dass ich dem Gericht jedes schlüpfrige Detail der letzten Sekunden unseres netten kleinen Geplänkels hier beschreibe." Unwillkürlich fasste sich Dana an die Kehle. "Wollen Sie damit sagen ... Sie haben .... Sie haben das extra ...?" "Dachten Sie etwa, die Leidenschaft hätte mich überwältigt, Ms. Anderson?" Sein arrogantes Lächeln war eine Zumutung. "Vielleicht sollte ich Ihr Gedächtnis auffrischen: Sie haben geseufzt und ..." Flammende Röte überzog Danas Wangen. "Das habe ich nicht!" "Gestöhnt", fügte er geradezu liebenswürdig hinzu, "und Sie hätten mich beinah erwürgt, als Sie mir die Arme um den Nacken legten." "Sie elende Ratte, Sie! Sie Schwein! Sie nichtsnutziger ..." "Und dann haben Sie sich mir geöffnet, Ms. Anderson, und meinen Kuss erwidert. Gar nicht schlecht, wie ich gestehen muss." "Sie ... Sie .... Sie ..." Bevor ihre Handfläche mit seiner Wange in Berührung kommen konnte, fing er ihren Arm ab. "Denken Sie darüber nach", flüsterte er dann. Jetzt lächelte er nicht mehr, ganz im Gegenteil, die Kälte, die aus seinem Gesicht sprach, verschlug Dana den Atem. "Wollen Sie mir wirklich ein Verfahren anhängen, das letztlich nur meinen Standpunkt beweist?" "Was für einen Standpunkt denn?" fragte Dana mit vor Ärger zittriger Stimme. "Dass Sie eine frustrierte Frau sind, die dringend einen guten F..." Er verstummte taktvoll. "... Freund braucht." Verzweifelt rang Dana um Selbstbeherrschung. Sie wusste genau, was dieser McKenna damit beabsichtigte. Sie sollte in Tränen ausbrechen, herumwüten oder tun, was Frauen sonst taten, wenn sie das Gefühl hatten, die Welt würde sich gegen sie richten. Aber das gönnte sie ihm nicht. Frauen - starke, unabhängige Frauen - sollten sich immer unter Kontrolle haben und die Fäden ihres Schicksals selbst in der Hand halten. Das hatte sie sich schon als kleines Mädchen geschworen, als sie mit ansehen musste, wie ihre Mutter die Launen ihres Stiefvaters ertrug. Aber gerade hatte sie, Dana Anderson, mit ihren dreißig Jahren sich diesem McKenna gefügt. Er hatte sie dazu gebracht, ihre Fassung, ihre Gemütsruhe und ihren gesunden Menschenverstand zu verlieren. Warum hätte sie sonst seinen Kuss erwidern sollen? Denn das hatte sie getan, da brauchte sie sich gar nichts vorzumachen. Wie konnte das bloß geschehen? Wieso hatte sie sich dazu hinreißen lassen? "Haben Sie denn gar nichts zu sagen, Ms. Anderson?" Jetzt machte er sich auch noch über sie lustig. Dana erstarrte und blickte in sein markantes Gesicht mit dem selbstsicheren Ausdruck. "Nein, gar nichts", erklärte sie dann wieder ganz gefasst, "nur dass ich Ihnen, falls es mir das Schicksal noch einmal antun sollte, Ihnen zu begegnen, einen Baseballschläger über den Dickschädel ziehen werde."
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Griffin drehte ihr den Rücken zu und ging zu seinem Schreibtisch. "Bestimmt werden Sie dazu nie Gelegenheit haben, und jetzt rufe ich die Personalabteilung an, damit die Ihnen Ihren Scheck ausstellen." Dana nickte und ging zur Tür. Doch bevor sie die Klinke hinunterdrückte, drehte sie sich noch einmal um. McKenna hatte sich wieder in seine Unterlagen vertieft und schien längst nicht mehr an sie zu denken. Aber Dana wollte sich nicht geschlagen geben. "Nur damit wir uns richtig verstehen: Das Stöhnen, das Sie gehört haben wollen, war eigentlich ein Würgen. Wir können beide von Glück reden, dass Sie mich rechtzeitig losgelassen haben." Als die Tür zufiel und Griffin sich wieder allein und sicher in seinem Büro wusste, seufzte er erleichtert auf. Dann legte er die Unterlagen weg, die er zu lesen vorgegeben hatte, und fuhr sich aufgebracht durchs Haar. Was war bloß in ihn gefahren? Wie konnte es dazu kommen, dass er diese Anderson noch ein zweites Mal geküsst und dabei das Gefühl gehabt hatte, auf Wolke sieben zu schweben? Und als sie sich dann auch noch auf die Zehenspitzen stellte und ihm ihre schlanken Arme um den Nacken legte, hatte er beinah völlig die Kontrolle über sich verloren. Am liebsten hätte er Dana Anderson zum Sofa in der Besprechungsecke getragen und so lange mit ihr geschlafen, bis keiner von ihnen noch Kraft gehabt hätte, sich zu rühren. "Verdammt", sagte Griffin und schüttelte den Kopf. "Sir?" Er wirbelte herum. Miss Macy stand auf der Türschwelle und sah ihn fragend an. "Ich habe geklopft, Sir, aber Sie haben mich wohl nicht gehört. Ich sollte Ihnen doch noch die Unterlagen für die Konferenz in Miami bringen." "Die Konferenz?" Daran hatte er ja überhaupt nicht mehr gedacht. "Ach ja!" "Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?" Ja, dachte Griffin, besorgen Sie mir einen Psychiater. Aber dann sagte er: "Nein, danke, Miss Macy, das wär's." Nur Augenblicke später hatte er sich tatsächlich in die neuen Unterlagen vertieft. Dabei handelte es sich um den ausgedruckten Quellcode des Programms, das in Miami vorgestellt werden sollte. Nach einer Weile schob Griffin den Stapel zur Seite und rieb sich die Schläfen. Die Zeilen sagten ihm genauso viel wie Sanskrit. Schließlich war er kein Programmierer und würde sich wohl auf Daves Urteil verlassen müssen. Eigentlich hing ganz schön viel von seinem alten Kumpel ab. Wenn das Programm bis heute Abend nicht perfekt funktionierte, konnten sie die Konferenz vergessen - und die Firma. Und das alles nur, weil diese Anderson total versagt hatte. Warum war er bloß nicht hellhöriger gewesen, als Dave ihm schon vor Wochen zu verstehen gegeben hatte, es wäre besser, der Anderson zu kündigen. Wo blieb der Junge überhaupt? Griffin sah gerade stirnrunzelnd zur Uhr, als die Tür aufging und seine Sekretärin völlig aufgelöst stammelte: "Mr. McKenna, ich ... ich habe versucht, ihn aufzuhalten, aber ... Da drängelte sich auch schon ein Mann an ihr vorbei, und Griffin rief fragend: "Dave, bist du das?" Es war Dave, aber so hatte Griffin ihn noch nie gesehen. Seine Augen waren rot gerändert und glänzten fiebrig. Er hatte einen großen Fleck auf dem Hemd und grinste breit und übertrieben. "Du hast sie also gefeuert?" fragte er und schwankte leicht. Griffin nickte. "Was ist denn mit dir, Dave, bist du krank?" "Mir geht's gut, supergut, Alter." Wieder grinste er übertrieben und schwankte erneut. Griffin eilte auf ihn zu und packte ihn am Arm. "Wurde auch Zeit, dass du uns von dieser Zicke befreit hast, Griff." "Dave, setz dich lieber hin. Miss Macy, könnten Sie vielleicht in Erfahrung bringen, ob hier in dem Gebäude eine Arztpraxis ist?" "Ich brauch kein Doktor nich", lallte Forrester, aber erst als er hickste, begriff Griffin, was los war. "Verdammt, Forrester, du stinkst ja wie eine Brauerei!" "Destille", sagte er lachend. "Das ist zwölf Jahre alter Scotch." Er blinzelte und beugte sich vor. "Der Wodka ist mir schon vor einiger Zeit ausgegangen. Würde mich nicht wundern, wenn Miss Übereifrig mir den Inhalt der Flaschen in den Abfluss geschüttet hätte." "Miss Übereifrig?" fragte Griffin und versuchte, nicht einzuatmen, während er Forrester zum Sofa führte. "Die Anderson! Die hat ihre Nase immer in Sachen gesteckt, die sie nichts angingen." Auf einmal wurde Griffin ganz anders, und er erklärte: "Sie hat gesagt, du seist Alkoholiker." Dabei sah er seinen alten Freund prüfend an. "Und ich habe ihr nicht geglaubt." "Ich, ein Säufer? Was für'n Quatsch ..." Forrester hickste noch einmal, verdrehte die Augen und fiel rückwärts auf die Couch.
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Kapitel 4 Das letzte Mal, als Dana mit Arthur im Arbor zu Abend gegessen hatte, war es darin etwa so gemütlich gewesen wie in einer Museumscafeteria. Jetzt schien man sich hier eine Schlacht mit dem Portofino zu liefern, nach dem Motto: Welches Restaurant würde sich am besten als Hochzeitskapelle eignen? Was ist nur mit den Gaststätten in Manhattan los? überlegte Dana. Gerade hatte sie Arthur von ihrer Kündigung erzählt, und jetzt sagte er: "Du machst doch Witze!" "Über ein solches Thema würde ich niemals scherzen." Arthur wurde blass. "Willst du damit sagen ...?" "Ja, ich bin meinen Job los." "Einfach so?" "Nun ja, nicht ganz." Sie erzählte Arthur, wie es dazu gekommen war, ließ allerdings die Sache mit den Küssen aus. Doch natürlich dachte sie selbst wieder daran und erklärte schließlich: "Ich ... Ich muss an die frische Luft, Arthur. Hier drin ist es so stickig. Und ... Und ich hatte einen furchtbaren Tag." "Natürlich." Auch Arthur stand auf und zückte die Brieftasche, bevor er zur Decke blickte und anscheinend überschlug, wie hoch die Rechnung sein würde. "Sechzig dürfte ausreichen", murmelte er, zählte einige Scheine ab, zögerte dann aber. "Eigentlich waren es nur achtundfünfzig fünfundsiebzig, doch ..." Dana biss sich auf die Lippe. Griffin McKenna wäre nie so geizig. Er würde einfach aufrunden und zehn Prozent Trinkgeld geben. Bestimmt hätte er es auch nie so weit kommen lassen, dass er übereilt zahlen musste, weil die Frau an seiner Seite dringend das Lokal verlassen wollte. Er hätte von Anfang an bemerkt, dass etwas nicht stimmte, sie in die Arme genommen, ihr lächelnd das Haar aus dem Gesicht gestrichen und sie so lange geküsst, bis all ihre Sorgen verschwunden waren und sie nur noch an ihn denken konnte. "Und dann haben wir ja auch noch beide Mousse au chocolat zum Nachtisch bestellt." "Verdammt, Arthur!" Dana entriss ihm die Scheine und warf sie auf den Tisch. Dann schnappte sie sich ihr Jackett und die Handtasche und eilte aus dem Restaurant, so dass Arthur nichts anderes übrig blieb, als ihr zu folgen und das Geld Geld sein zu lassen. New York galt als Stadt, die niemals schlief, schon Frank Sinatra hatte das in seinem berühmten Lied besungen, und es stimmte. Egal, zu welcher Tages- oder Nachtzeit: Es waren immer zahlreiche Läden, Büros und Restaurants geöffnet. Deshalb konnte Dana um sechs Uhr morgens auch in ihrem Wohnzimmer sitzen, Pizza essen und Diätcola trinken, obwohl sie schon seit Wochen nicht mehr einkaufen war. Picassos perfekter 24-Stunden-Pizzaservice machte es möglich. "Ich habe keine Angst vor der Zukunft", hatte sie zu Arthur gesagt, als er sie um kurz vor neun am vergangenen Abend in ein Taxi gesetzt hatte, "ich bin sauer. Wenn ich daran denke, dass dieser Kerl mich gefeuert und all den Müll geglaubt hat, den Forrester ihm erzählt hat ..." "Ich werde mich um alles kümmern", sagte Arthur beschwichtigend. "Natürlich war die Kündigung ungerechtfertigt, und wenn er behauptet, du hättest gekündigt, werden wir ihm nachweisen, dass dieser Forrester dich gemobbt hat." Er bückte sich zum offenen Fenster hinunter und gab ihr rasch einen Kuss auf die Wange. Dann riet er ihr, sich den Ärger auf dem Hometrainer abzustrampeln. Er hatte ihr das Fahrrad zu Weihnachten geschenkt, nachdem sie erwähnt hatte, eventuell wieder mit dem Joggen anfangen zu wollen. "Du kannst doch nicht allein laufen!" war seine Antwort gewesen. "Das ist nicht sicher." "Ich beherrsche Karate, Arthur! Das habe ich dir doch schon einmal gesagt. Ich habe während des Studiums regelmäßig entsprechende Kurse besucht." Arthurs Stirnrunzeln war genug gewesen, um Dana klarzumachen, was er von derart schweißtreibenden Sportarten hielt. "Ich würde mir ständig Sorgen um dich machen, meine Liebe", sagte er dann. "Du sollest wirklich nicht allein laufen." Einen Augenblick dachte sie, er würde ihr gleich vorschlagen, mit ihr zu joggen, aber das hatte er nicht getan - Arthur war keine Sportskanone. Stattdessen war Heilig Abend ein großes Paket mit der Post gekommen. Darin hatte sich ein Home-Trainingsfahrrad befunden, das Dana aber nie benutzte. Sie mochte es nicht. Und so blöd es auch klang, aber seitdem erinnerte sie das Gerät in ihrer Wohnzimmerecke immer an Arthurs blassen, teigigen Körper. Sie hatten sich letzten Sommer einmal einen Tag auf Fire Island gegönnt. Aber Arthur in Badehose war kein erhebender Anblick gewesen.
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Schäm dich, Dana! Warum sollte er auch muskulös sein? dachte sie, als sie den Rest der Pizza in den Abfalleimer warf, um die eigene Figur nicht zu ruinieren. Arthur arbeitete mit dem Kopf, nicht mit den Händen. Für einen Mann wie ihn gab es überhaupt keinen Grund, Muskeln aufzubauen. Aber warum hatte Griffin McKenna dann einen Körper wie ein griechischer Gott? Seine Arme und seine Brust waren fest wie Granit gewesen, als er sie an sich gedrückt hatte. Nein, nicht wie Granit, der war kalt, aber Griffin McKenna ... Griffin hatte sich ganz warm angefühlt. Doch dann sagte Dana laut zu sich: "Idiotin!", zog T-Shirt und Jogginghose aus und stellte sich unter die Dusche. Um sieben Uhr trank sie statt Diätcola schwarzen Kaffee, trug Jeans und ein T-Shirt mit einem Aufdruck von Lois Lane, der Gefährtin von Superman. Auch wenn die Gute immer noch viel zu sehr von diesem Macho abhing, stellte sie für heute Morgen eine annehmbare Wahl dar - zumal kein anderes T-Shirt sauber war. Dana nippte an ihrem Kaffee. Sie fühlte sich jetzt besser, obwohl sie die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte. Sie war einfach nicht zur Ruhe gekommen, weil sie ständig an McKennas demütigende Kündigung und seine zärtlichen Hände denken musste. Aber jetzt brach ein neuer Tag an, sowohl im wahrsten Sinne des Wortes als auch im übertragenen, und es wurde Zeit, die Vergangenheit ruhen zu lassen und sich auf die Zukunft zu konzentrieren. Okay, deshalb würde sie auch hinunter in den Coffeeshop gehen, um die Mittwochszeitung bitten und die Stellenanzeigen durchsehen. Bestimmt standen am morgigen Samstag mehr Annoncen in der Zeitung, aber sie konnte ja schon einmal anfangen zu suchen. Danach würde sie Jeannie anrufen, die sich bestimmt schon Sorgen machte, weil sie, Dana, gestern so plötzlich verschwunden war. Dana hatte das erste der zahlreichen Sicherheitsschlösser bereits geöffnet, als ihr einfiel, dass sie Jeannie lieber sofort anrufen sollte, solange diese noch zu Hause war. Wer wusste schon, was inzwischen in der Firma erzählt wurde? Besser, sie informierte Jeannie, bevor ihre Freundin irgendwelchen Gerüchten aufsaß. Jeannie war noch ein wenig verschlafen, als sie ans Telefon ging, wurde aber hellwach, sobald sie hörte, dass es sich am anderen Ende der Leitung um Dana handelte. Dana erzählte ihr von den Begebenheiten in McKennas Büro und ließ diesmal auch nicht aus, dass der Kerl sie einfach so geküsst hatte. Danach berichtete Jeannie, zwei der Männer vom Vertrieb hätten den betrunkenen Forrester nach Hause gebracht. Sie erwähnte gerade, dass McKenna sich gleich darauf an Forresters Rechner gesetzt habe, als es an Danas Wohnungstür klingelte. Stirnrunzelnd sah Dana auf die Armbanduhr: fast halb acht. Wer kam denn so früh bei ihr vorbei? "... McKenna hat alles versucht, um das Programm zum Laufen zu bringen, aber natürlich war da nichts zu machen." "Bleib dran, Jeannie, da ist jemand an der Tür." "Um kurz nach sieben? Sei bloß vorsichtig! Ich glaube zwar nicht, dass Jack the Ripper klingelt, bevor er seine Opfer überfällt, aber man kann ja nie wissen." Als es erneut klingelte, klemmte sich Dana den Hörer zwischen Kinn und Schulter und ging zur Tür, um zu öffnen. "Erzähl mir mehr von McKenna", forderte sie ihre Freundin auf, während sie die restlichen Schlösser öffnete, bis nur noch die Sicherheitskette übrig blieb. "Da gibt's nicht mehr viel zu sagen. Kurz vor Feierabend saß er immer noch abwechselnd an deinem Rechner und an Forresters, fluchte wie ein Bürstenbinder und raufte sich die Haare, während er eine Tasse Kaffee nach der anderen hinunterstürzte. Aber es gelang ihm einfach nicht, dem Programm sein Geheimnis zu entlocken." "Kein Wunder", sagte Dana verächtlich, während sie die Tür öffnete, "Griffin McKenna legt wahrscheinlich schneller hundert Frauen flach, als dass er dem Programm seinen Quellcode ... Ach, du meine Güte!" "Dana?" fragte Jeannie. "Dana, was ist los? Das mit Jack the Ripper sollte nur ein Scherz ..." Dana blickte starr durch den Türspalt und dachte: Jack the Ripper wäre mir lieber gewesen, während Griffin McKenna ausdruckslos erklärte: "Ich könnte schneller tausend Frauen flach legen, als diesem verdammten Computer seinen Quellcode zu entlocken, um ihn auf CD zu speichern und mit nach Miami zu nehmen." "Dana?" Jeannie war jetzt völlig außer sich. "Wer ist da? Sprich mit mir!" "Öffnen Sie die Tür, Anderson." Vielleicht ist er ja gar nicht echt, sondern nur eine Erscheinung, dachte Dana, aber da erklärte Griffin auch schon kühl: "Ich versichere Ihnen, dass ich rein beruflich hier bin." "Dana? Sag was, Dana!" "Tür aufmachen, und sorgen Sie dafür, dass dieses hysterische Weib am anderen Ende der Leitung auf der Stelle die Klappe hält!" Er war also doch echt und richtig wütend, so wie er da vor ihr stand, Augen und Mund
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zusammengekniffen. "Dana", kreischte Jeannie, "rede mit mir!" McKenna verschränkte die Arme vor der Brust. "Ja, reden Sie mit ihr!" Dana schluckte. Sie wusste nicht, ob sie überhaupt einen Ton herausbrachte. Irgendwie fühlte sich ihre Zunge ganz taub an. "Alles in Ordnung", sagte sie schließlich in den Hörer, "ehrlich", und nahm die Kette ab. "Da ist doch jemand!" kreischte Jeannie. "Ja, und ich muss jetzt auflegen." "Soll ich die Polizei rufen?" Dana verspürte plötzlich große Lust, wie eine Verrückte zu lachen, aber dann sagte sie nur: "Die kann mir jetzt auch nicht mehr helfen." "Das kann niemand", erklärte McKenna mit eisigem Lächeln, während er den Flur betrat, "außer mir." "Dana?" Dana befeuchtete sich die trockenen Lippen. "Mir geht's gut, Jeannie." "Wirklich?" "Wirklich." "Ruf mich später wieder an, okay?" Dana nickte, drückte auf "Auflegen" und sah Griffin direkt in die Augen. "Sie haben zwei Minuten, um mir zu erklären, warum Sie hier sind. Und dann ..." "Und dann rufen Sie die Polizei?" fragte er belustigt. "Nein." Dana legte das Telefon auf den Beistelltisch an der Garderobe, stellte sich breitbeinig hin und nahm drohend die Hände hoch. Schließlich konnte McKenna nicht wissen, dass ihr das Herz bis zum Hals schlug. "Dann versetze ich Ihnen einen Tritt in die Weichteile, dass Sie lange Zeit keine einzige Frau mehr flach legen."
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Kapitel 5 Griffin musterte Dana, die immer noch dastand wie ein Sumoringer. Aber sie hatte ja keine Ahnung, dass er ihre Deckung in null Komma nichts unterlaufen könnte. Beinah hätte er gelächelt. Er trainierte zwei, drei Mal in der Woche in einer alten Turnhalle, die einem Amateurboxverein gehörte. Dort roch es nach Schweiß und Bohnerwachs, anstatt nach After Shave und Raumspray, aber manchmal brauchte er das einfach. Seine Beinarbeit ließ noch zu wünschen übrig, doch er wäre allemal flink genug, um die Anderson in Sekundenschnelle dort zu haben, wo er sie wollte: am Boden. Auf dem Rücken mit ihm oben drauf. Verdammt, dachte er dann, was stimmt denn bloß nicht mit mir? Er mochte die Anderson doch gar nicht. Sie war überhaupt nicht sein Typ. Während er sie so betrachtete, runzelte er unwillkürlich die Stirn. Was trug sie denn da für ein T-Shirt? Erstaunt zog er eine Augenbraue hoch und sagte, ohne es zu wollen: "Das ist ja Lois Lane!" "Na und", Dana hob das Kinn, "wollen Sie mir daraus einen Strick drehen?" "Nein", sagte er schnell. Schließlich ging es ihn überhaupt nichts an, was auf Dana Andersons TShirt gedruckt war. Ihn hatte lediglich die Tatsache zu interessieren, dass Dana Anderson Schuld an den Fehlern des neuen Finanzdatenbank-Programms trug. Doch vielleicht war sie ja auch die Einzige, die die Sache wieder hinbiegen konnte! Aber er hätte nie gedacht, dass eine Emanze wie die Anderson mit einem T-Shirt herumlief, auf dem Lois Lane, die überaus weibliche Begleiterin von Superman, dargestellt war. Trug sie etwa keinen BH darunter? Sah ganz danach aus, so wie sich ihre Brüste beim Atmen unter dem Jersey bewegten. Und diese Jeans saßen wie angegossen, betonten den leichten Schwung ihrer Hüften und die wunderbar langen Bei... "Ich weiß genau, was Sie denken, McKenna!" Griffin sah ihr wieder in die Augen. "Und an Ihrer Stelle würde ich nichts versuchen. Ich habe den schwarzen Gürtel in Karate." Er nickte und war jetzt ganz sicher, dass sie keine Ahnung hatte, wo er mit seinen Gedanken gewesen war. Denn sonst hätte sie ihn längst angesprungen wie eine wilde Löwin. "Wenn Sie mir nicht glauben, können Sie's ja ausprobieren." Griffin dachte an die Nacht, die er größtenteils vor Forresters und Danas Computern verbracht hatte, um ihnen das Geheimnis des neuen Programms zu entlocken, und schlagartig verschwanden seine Lustgefühle. Gegen drei Uhr war er endlich nach Hause gefahren, nachdem er Forrester noch ein Kündigungsschreiben in den Briefkasten gesteckt hatte. Zu Hause war er erst einmal unter die Dusche gegangen und hatte sich dann noch für drei Stunden hingelegt. Danach fühlte er sich besser und war in der Lage, sich einzugestehen, dass es sich bei Dana Anderson um die Einzige handelte, die Data Bytes jetzt noch retten konnte - selbst wenn sie das Programm vorher tatsächlich sabotiert haben sollte, um Dave das Leben schwer zu machen. Deshalb sagte er sich nun auch, dass man Mäuse am besten mit Speck fing. "Glauben Sie etwa, McKenna, ich hätte vergessen, was Sie getan haben?" Sie meinte den Kuss, aber er ging absichtlich nicht darauf ein. "Ich versichere Ihnen, dass es mir auf ewig Leid tun wird, einer so wertvollen Mitarbeiterin wie Ihnen gekündigt zu haben." "Was wollen Sie hier, McKenna? Raus mit der Sprache!" "Ich will wissen, was Sie mit meinem Quellcode gemacht haben." Erstaunt sah Dana ihn an. "Wie bitte?" "Ich sagte ..." "Ich weiß, was Sie gesagt haben. Sind Sie verrückt geworden? Ich habe nichts mit Ihrem Code angestellt." "Forrester meint ..." "Abgesehen davon ist das nicht Ihr Code." "Ach tatsächlich?" Griffin lächelte gezwungen. "Und wem glauben Sie, gehört Data Bytes?" "Sie mögen vielleicht genug Geld haben, um sich die ganze Welt zu kaufen, McKenna, aber Sie haben einfach nicht genug Grips, um ..." Er stand so schnell vor ihr, dass Dana froh war, ihre Karatekünste nicht an ihm ausprobiert zu haben. Jetzt packte er Dana an den Oberarmen und fuhr sie an: "Sie sollten es nicht auf die Spitze treiben, Anderson!" Wieder schlug Dana das Herz bis zum Hals. Sie sah, wie es um McKennas Mund gefährlich zuckte - um diesen wunderschönen Mund, der sich so unendlich warm auf ihren Lippen angefühlt hatte. "Lassen Sie mich los, McKenna." Als er das tat, schnappte sich Dana ihre Kaffeetasse und ging in die Küche. Griffin folgte ihr. "Forrester hat gesagt, Sie hätten das Programm vermasselt." "Glauben Sie doch, was Sie wollen!" Dana schüttete den kalten Kaffee weg und schenkte sich eine frische Tasse ein. Griffin runzelte die
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Stirn, sah zum in der Kanne verbleibenden Rest und dann zu Dana. "Wer kocht in Ihrer Abteilung den Kaffee?" Dana blinzelte verwundert. "Wie bitte?" "Neben zahlreichen Styroporbechern steht eine große gelbe Kaffeetasse auf Ihrem Schreibtisch. Darin befindet sich irgendeine schwarze zähflüssige Masse, die stark an Schmieröl erinnert, allerdings riecht, als wäre sie in ihrem früheren Leben einmal Kaffee gewesen. Wer hat das Zeug gemacht? Sie etwa?" "Nein, SueEllen, sie arbeitet am anderen Ende des Flu..." "Wenn das so ist, nehme ich eine Tasse." "Ich höre wohl nicht richtig?" "Ich sagte ..." "Was Sie gesagt haben, weiß ich, nur habe mich nicht sagen hören: Darf ich Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten?" Kopfschüttelnd griff Griffin an Dana vorbei nach der Kanne, nahm sich eine Tasse vom Regal und füllte sie. "Ihre Gastfreundschaft lässt zu wünschen übrig, Anderson." Er trank einen großen Schluck. "Der ist viel besser als der im Büro." Dana verdrehte die Augen. "Wo sind wir hier, McKenna? In einem Spot für Kaffeewerbung?" Griffin unterdrückte ein Lächeln. "Ich wusste einfach nicht, ob das Gemisch auf Ihrem Schreibtisch ein fehlgeschlagenes chemisches Experiment war oder eine Geheimformel für Motoröl." Dana lachte, ohne es zu wollen. Aber wenn sie daran dachte, wie oft es ihr bei SueEllens Kaffee eiskalt den Rücken hinuntergelaufen war, selbst wenn das Zeug frisch aus der Kanne kam ... Doch mit dem Gebräu hatte man kein Problem, die Augen auch noch bis weit nach Mitternacht offen zu halten. Was ihr, Dana, oft genug geholfen hatte. Auch Griffin lachte, und Dana klopfte das Herz auf einmal wie wild. Er sah unglaublich gut aus, wenn er lachte. Nun ja, er sah eigentlich immer gut aus, aber wenn er lachte ... wenn er lachte ... Für einen Augenblick schloss Dana die Augen, doch dann klingelte das Telefon, und sie nahm ab. "Anderson." "Dana." "Arthur!" "Fühlst du dich jetzt besser?" "Besser?" "Du warst gestern Abend so aufgeregt, dass ich mich gefragt habe ..." "Anderson!" sagte da Griffin direkt hinter ihr, und Dana fragte Arthur stirnrunzelnd: "Entschuldige bitte, aber was hast du gesagt?" "Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, Anderson! Wer immer da dran ist, soll später wieder anrufen." Dana legte eine Hand auf die Sprechmuschel. "Ich bin nicht länger Ihre Angestellte, McKenna. Ich muss mir von Ihnen gar nichts mehr sagen lassen." "Als ob Sie das jemals getan hätten." "Dana?" fragte Arthur, so dass auch Griffin es hören konnte, "hast du Besuch?" Dana hielt sich den Hörer wieder ans Ohr. "Ja, Arthur, Griffin McKenna ist hier." "Was, bei dir zu Hause?" Dana seufzte, und Griffin beugte sich über ihre Schulter, bevor er laut erklärte: "Er hat wohl Angst, dass ich in seinem Revier wildere, was?" Dabei strich sein Atem über Danas Wange. "Weiß er, dass Sie mich geküsst haben?" fügte er noch hinzu, so dass Dana herumwirbelte. "Das habe ich nicht!" Arthur erklärte sie dann: "Ich rufe dich zurück", bevor sie sich wieder an McKenna wandte. "Sie wollten mir doch sagen, warum Sie hergekommen sind. Also bitte!" Griffin runzelte die Stirn. Warum war er noch einmal hier? Er konnte sich gar nicht mehr erinnern. Nach wie vor hatte er den Duft von Danas Parfüm in der Nase. Er wollte sie eigentlich nur an den Kuss erinnern, um sie und diesen Fliegenheini zu ärgern, aber das hätte er besser gelassen. Denn jetzt konnte er selbst auch an nichts anderes mehr denken. Wie gut sich ihr Mund dabei angefühlt hatte und wie schön sie gestöhnt hatte, als er ihr mit der Zunge die Lippen geöffnet ... Griffin trat einen Schritt zurück und räusperte sich, während sich Dana eine Locke aus der Stirn blies. "Beeilung, ja, ich habe heute Morgen noch etwas anderes vor!" "Wie etwa, sich nach einem neuen Job umzusehen?" "Kommen Sie zur Sache, McKenna, was wollen Sie hier?" "Wie viel vom neuen Programm stammt von Ihnen?" Dana wollte ihm erst eine schnippische Antwort geben, aber irgendetwas in seinen Augen hielt sie davon ab. "Ein Großteil." "Geht die Hälfte auf Ihr Konto und die andere auf Forresters?" Dana lächelte kühl. "Das hätte er wohl gern." "Dann will ich meine Frage anders formulieren, Anderson. Könnten Sie die Fehler im Quellcode wenigstens ausmerzen, so dass das Programm tut, was es soll?" "Soll das heißen, Sie wollen jetzt nicht mehr wissen, ob ich es geschrieben habe, sondern ob ich es wenigstens zum Laufen bringen kann?" "So kann man es auch ausdrücken!"
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Erbost stellte Dana ihren Kaffeebecher auf den Tisch. "Sie sind der chauvinistischste, unverschämteste und unmöglichste Mann, der mir jemals begegnet ist." "Vielen Dank für das Kompliment, aber deshalb bin ich nicht ..." "Ach, zum Teufel noch eins!" Als Dana an ihm vorbeiwollte, hielt Griffin sie am Arm fest. "Ich bin noch nicht fertig, Anderson." Mit Blick auf die Küchenuhr fuhr er fort: "Der Vertreter von Data Bytes soll schon heute Nachmittag in Florida sein, um den Messestand abzunehmen _ der Flug ist für neun Uhr gebucht. Wenn der Auftritt in Miami ein Fiasko wird, geht Data Bytes den Bach runter, und viele Leute verlieren ihren Job." Doch Dana ließ sich davon nicht beeindrucken und entgegnete kalt: "Allerdings, Sie wollten ja nicht auf mich hören, McKenna, und jetzt haben Sie ein Problem." "Nein", Griffin stellte seine Kaffeetasse hin, "das haben die Leute, deren Job daran hängt, nicht ich." Damit hatte er sie dort, wo er sie haben wollte. Wenn Data Bytes Konkurs anmelden musste, würde McKenna nur eine seiner zahlreichen Firmen verlieren, aber Jeannie, Charlie, SueEllen und hundert andere ihre Existenz. "Sie haben Recht", sagte Dana nach einer Weile. "Wenn Sie nur die Wahrheit hätten hören wollen ..." "... und ich Sie nicht gefeuert hätte." Dana zuckte die Schultern. "Das hätte auch nichts mehr geändert. Ich wäre niemals in der Lage gewesen, das Programm bis heute Morgen zur Produktionsreife zu bringen." "Und Forrester?" "Wenn er nüchtern wäre, gäbe es eine Chance - wenn auch nur eine ganz kleine - Sie übers Wochenende zu retten." Sie gingen ins Wohnzimmer, und Dana nahm auf der Couch Platz und Griffin im Schaukelstuhl vom Flohmarkt. Erstaunlich, dachte sie dabei, wenn Arthur darin saß, wirkte das Möbelstück schäbig und sah tatsächlich aus wie aus zweiter oder dritter Hand. Aber mit Griffin ... mit Griffin wirkte es ganz anders. War der Stuhl daneben immer so klein oder Griffin einfach nur so groß? "Anderson?" Dana blinzelte. "Wie meinen Sie das: Er könnte mich übers Wochenende retten?" Dana räusperte sich. "Nun ja, auch wenn er den Programmcode nicht selbst entwickelt hat, hat er doch mit mir zusammengearbeitet. Und er ist ein echtes Genie - wenn er nüchtern ist. Deshalb könnte er wahrscheinlich dafür sorgen, dass das Programm zumindest so aussieht, als würde es funktionieren. Mit einem bisschen Glück wäre er in der Lage, wenigstens die Demos zum Laufen zu bringen." "Ich habe ihn gefeuert." "Oh!" "Sie könnten doch für ihn einspringen." Mit einem Satz war Dana auf den Beinen. War das der Grund für das ganze Theater? Glaubte dieser McKenna etwa, er könnte sie dazu bringen, ihren alten Job wieder anzunehmen? Nachdem er sie so schmählich davongejagt und zuvor jede von Forresters Lügen geschluckt hatte, angefangen beim Vorwurf der Inkompetenz bis hin zu Sabotage? "Vergessen Sie's!" Auch Griffin war aufgestanden und sah ihr jetzt ganz tief in die Augen. "Verdammt, wie schwer von Begriff sind Sie eigentlich? Sie sind die Einzige, die uns aus diesem Schlamassel heraushelfen kann." "Uns? Es gibt kein ,Wir' mehr, haben Sie das vergessen? Ich arbeite nicht mehr für Ihre Firma, und ich will auch meinen Job nicht wiederhaben, verstanden?" Ein Lächeln umspielte Griffins Mund. "Aber ich habe doch nichts davon gesagt, dass Sie Ihre Stelle zurückbekommen, oder?" Danas Wangen färbten sich rot. Dieser Mistkerl! Schon wieder machte er sich nur über sie lustig, und sie ließ es geschehen! "Raus hier, McKenna!" Mit großen Schritten ging sie zur Wohnungstür, um sie aufzureißen. "Ich biete Ihnen eine neue Stellung an", hörte sie da Griffin hinter sich sagen und blieb wie angewurzelt stehen. "Eine neue Position?" fragte Dana mit Blick zur Tür. "Sie übernehmen Forresters Job." Ganz langsam drehte sie sich um und erwartete fast, Griffin breit grinsen zu sehen, aber er wirkte ganz ernst. "Meinen Sie damit, Sie machen mich zur Abteilungsleiterin?" "Sicher." Dana nickte, als hätte sie von Anfang an nichts anderes erwartet. "Natürlich verlange ich auch eine entsprechende Gehaltserhöhung." "Selbstredend. Ich habe der Personalabteilung schon Bescheid gesagt. "Sie haben, was?" Dana verdrehte die Augen. Da war er doch von Anfang an davon ausgegangen, sie würde sich einverstanden erklären. "Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, McKenna, was für ein eingebildetes ... na, Sie wissen schon, was ... Sie sind?" "Was wollen Sie noch? Eine Sekretärin? Gemacht. Mitarbeiter fürs Grobe? Kein Problem. Jetzt kommen Sie schon, Anderson, noch mehr kann ich Ihnen wohl kaum bieten." "Doch, einen Titel! ,Vorstandsvorsitzende mit dem Verantwortlichkeitsbereich Entwicklung' klingt gut", erklärte sie und hatte gleich darauf ein mulmiges Gefühl, da selbst ihr soeben klar geworden war, dass sie es
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damit wohl übertrieben hatte. "In Ordnung", sagte McKenna nach einer Weile, "Sie sind zuständig für Forschung und Entwicklung. Wie hört sich das an?" Wie sich das anhörte? Wie ein Wunder! "Alles hängt natürlich davon ab, ob Sie Data Bytes übers Wochenende retten." Dana nickte. "Natürlich." "Haben Sie in zwanzig Minuten gepackt?" Dana lachte und versuchte, dabei nicht so aufgekratzt zu klingen, wie sie sich fühlte. "Stoppen Sie die Zeit." Wohlwollend sah Griffin sie an. Ihr Gesicht war gerötet, die Augen leuchteten, und er kämpfte wieder mit dem Bedürfnis, sie in die Arme zu schließen und so lange zu küssen, bis ihr Entzücken sich auf ihn und nicht auf die neue Stellung bezog. Vorsichtshalber trat er einen Schritt zurück und sagte heiser: "Dann mal los, Anderson, die Zeit läuft. Mein Chauffeur wartet unten. Und ... bitte ziehen Sie heute ausnahmsweise einmal einen Rock an. Schließlich ist es in Miami warm." Dana war über seinen Wunsch zwar verwundert, aber ansonsten viel zu gut gelaunt, um gleich wieder einen Streit vom Zaun zu brechen. Als Dana und Griffin beim Flughafen ankamen, wandte Dana sich ihrem alten und neuen Boss zu und erklärte ganz höflich: "Ich kann Ihnen nichts versprechen, Mr. McKenna, aber ich tue mein Möglichstes und halte Sie selbstverständlich auf dem Laufenden. Also bis dann." Griffin schüttelte ihr die Hand und erklärte genauso höflich: "Es freut mich, dass Sie sich doch noch entschlossen haben, mich zu begleiten." Ihren kleinen Koffer in der einen Hand, den Laptop auf dem Schoß, runzelte Dana die Stirn. "Wie meinen Sie das?" "Ganz einfach." Griffin stieg aus, ließ sich von seinem Fahrer das Gepäck geben und half Dana beim Aussteigen. Dann nahm er sie am Ellbogen und führte sie auf den Terminal zu. "Wir fliegen zusammen nach Miami."
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Kapitel 6 Griffin konnte fast sehen, wie Dana ein Licht aufging. Sie blieb stehen, verarbeitete seine letzte Bemerkung und fragte: "Was haben Sie da gerade gesagt?" Erstaunlich, dachte Griffin, wie ruhig sie klingt. Verdächtig ruhig. Aber dadurch ließ er sich nicht täuschen - nicht eine Sekunde. Es war noch nicht lange her, dass er diesen Ausdruck in ihren Augen gesehen hatte, und jetzt überkam ihn das Gefühl, sie würde gleich wieder ihre Karatekünste an ihm ausprobieren wollen. Um ihr aber zuvorzukommen, nahm er sie erneut beim Arm und erklärte rasch: "Sie haben doch gehört, was ich gesagt habe: Ich begleite Sie zu dieser Konferenz." "Nein, das werden Sie nicht!" "Bitte weitergehen, Ms. Anderson. Wir sind auch so schon spät dran." "Wir kommen noch später, wenn Sie nicht sofort bestätigen, dass es nur ein Scherz war." "Höre ich mich etwa an, als würde ich Witze machen?" Dana blickte zu Griffin, während er mit ihr durch den Terminal eilte, und dachte: Er sieht eindeutig nicht so aus, als würde er scherzen. Im selben Augenblick begann ihr Magen zu rebellieren. "Jetzt passen Sie mal auf, Mr. McKenna, Ihre Chancen, mit mir dorthin zu kommen, sind etwa so groß wie die ... eines Schweins zu fliegen!" "Eine faszinierende Metapher, Anderson." "Würden Sie jetzt bitte sofort meinen Arm loslassen?" fragte sie wütend. "Ich will nicht wie ein Gepäckkarren durch den ganzen Flughafen gezerrt werden." "Und ich beabsichtige nicht, hier stehen zu bleiben und über etwas zu diskutieren, das längst entschieden ist. Uns läuft die Zeit davon. Wie oft muss ich Ihnen das noch sagen?" "Das ,Wir' können Sie sich schenken. Ich fliege allein nach Florida oder gar nicht!" Inzwischen waren sie bei der Sicherheitskontrolle angelangt, und Griffin stellte ihr Gepäck auf das Fließband. "Legen Sie Ihren Laptop aufs Band, Anderson." "Einen Teufel werde ich!" "Oh, verflu... Packen Sie jetzt das verdammte Ding da drauf!" fuhr er sie an und entriss ihr den tragbaren Computer. Dann schob er sie ziemlich unsanft durchs Tor der Sicherheitskontrolle und folgte ihr. "Ich fliege mit nach Miami", sagte er, während er darauf wartete, dass ihrer beider Gepäck wieder aus dem Tunnel des Durchleuchtungsgeräts auftauchte. "Und Sie kommen mit mir." "Nein, und außerdem kann ich meine Sachen selber tragen." "Davon bin ich überzeugt", erklärte er und ignorierte ihre Bemühungen, ihm ihren Koffer zu entreißen. "Sie können alles, was ein Mann auch kann, Anderson, nur hundert Mal besser, was?" "Allerdings." "Gate sieben", sagte Griffin und bugsierte sie mit dem Ellbogen nach links, "da müssen wir hin." "Es gibt kein ,Wir', Mr. McKenna." "Das war nur so eine Redensart, glauben Sie mir." Kalt lächelnd sah er sie an. "Selbst wenn ich dem Tod geweiht wäre und keine andere Frau weit und breit, würde ich privat nichts mit Ihnen zu tun haben wollen." "Das beruht auf Gegenseitigkeit." Danas Augen funkelten. "Würden Sie bitte ein wenig langsamer gehen?" "Dann verpassen wir unseren Flieger. Ich muss Sie leider noch einmal darauf hinweisen, dass wir spät dran sind." "Und ich kann mich nur wiederholen, indem ich betone, dass es nicht ,unser' Flugzeug ist, sondern meins. Und der Flug wurde noch nicht einmal ausge..." "Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit. Die Passagiere der East Coast Air, Flug Nummer 356 nach Miami, werden gebeten, zu Gate sieben zu kommen. Die Maschine steht bereit." Dana packte ihn beim Arm, so dass Griffin gezwungen war, stehen zu bleiben. "Sie haben mich angelogen, als Sie behaupteten, der ,Data Bytes'-Vertreter müsste heute noch den Messe beziehungsweise Konferenzstand in Miami abnehmen!" "Aber, das wird er ja auch, wenn Sie jetzt endlich den Mund halten und weitergehen." "Sie haben doch nicht den blassesten Schimmer von Computern. Das haben Sie selbst zugegeben." "Stimmt genau." "Warum wollen Sie dann mitkommen?" Er lachte. "Es ist mir wirklich unangenehm, Sie darauf hinzuweisen, Anderson, aber mir gehört die Firma." "Und mir ist es unangenehm, Sie darauf hinzuweisen, dass die anderen Besucher das nicht die Bohne interessiert." Griffin schnitt ein Gesicht. "Doch, sobald sie erfahren, dass wir ein großartiges neues Programm haben, und es kaufen wollen." "Wovon träumen Sie eigentlich nachts?" murmelte Dana leise vor sich hin. "Auf dieser Konferenz sind nicht nur Programmierer, sondern auch Geschäftsleute, Anderson, und für die verkörpere ich die Firma: Data Bytes. Wenn potenzielle Geschäftspartner dem Kerl an der Spitze gegenübersitzen, flößt ihnen das Vertrauen ein."
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"Hm." "Glauben Sie mir, Anderson, das ist die Wahrheit. Das hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin." "Du meine Güte, Sie sind wirklich unglaublich! Ein wandelndes Machoego. Sie sind doch mit einem silbernen Löffel im Mund geboren worden. Deshalb sind Sie da, wo Sie heute sind." Jetzt war es an Griffin, sie beim Arm zu packen und zu sich herumzuwirbeln. "Ich bin dorthin gekommen, weil ich mir den Hintern aufgerissen habe", sagte er kalt, "genau wie Sie." "Oh, ersparen Sie mir das, Mr. McKenna! Als Unternehmerssohn ist Ihnen alles zugeflogen, während normale Menschen wie ich ..." "Während normale Menschen, was?" Dana schüttelte den Kopf. "Ach, nichts. Sie würden das sowieso nicht verstehen." "Sie sind ein elender Snob, Anderson. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt? Sie glauben, dass jeder, der in eine reiche Familie geboren wird, ein nutzloser Faulenzer sei." "Das stimmt nicht!" "Doch." Er schnitt ein Gesicht. "Und lassen Sie sich eins gesagt sein - nicht dass Sie das etwas angehen würde - aber ich habe auch arbeiten müssen, um mir mein Studium zu verdienen, genau wie Sie." "Das ist doch läch..." Dana kniff die Augen zusammen. "Woher wissen Sie überhaupt, dass ich während des Studiums gearbeitet habe?" "Weil ich Ihre Personalakte kenne." Wieder nahm Griffin sie beim Arm und zog sie auf das Abfluggate zu. "Haben Sie denn tatsächlich geglaubt, ich würde Ihnen als meiner Stellvertreterin den Vorsitz in meiner Firma anbieten, ohne mich vorher davon zu überzeugen, dass Sie auch das Zeug dazu mitbringen?" "Sie haben mir den Posten nicht angeboten, ich habe ihn verlangt", erklärte Dana und sah ihn spöttisch lächeln. "Verdammt noch mal, Mr. McKenna! Sie hatten von Anfang an vor, mir den Posten anzubieten, stimmt's?" "Sagen wir, ich war darauf vorbereitet, Punkt. Gut geplant ist halb gewonnen. Deshalb weiß ich auch, dass Sie Harvard-Absolventin sind, jedes der acht Semester unter den zehn besten Ihres Jahrgangs waren und mit Auszeichnung abgeschlossen haben." Er lächelte herausfordernd. "Eine beeindruckende Leistung, Anderson, fast genauso beeindruckend wie meine." "Da wette ich." Griffin lachte. "Nun, zuerst bin ich zwei Mal hintereinander von verschiedenen Unis geflogen, aber als ich mir mein Studium selbst verdienen musste, blieb ich bei der Stange und ... Ah, da sind wir ja! Gate sieben." Er stellte das Gepäck ab und suchte in seiner Tasche nach den Boardingkarten. "Ich habe sie, dann mal los!" Seine Geschichte - seine halb erzählte Geschichte, die zweifellos gelogen war - hatte Dana einen Augenblick vom aktuellen Geschehen abgelenkt. Erst als ihr Chef mit Blick aufs Abfluggate nachdrücklich nickte, kam sie wieder zu sich. "Kommt gar nicht infrage." Dana wich zurück. "Mit Ihnen fliege ich nirgendwohin, McKenna." "Wie mir scheint, kann ich nicht länger damit rechnen, ganz so förmlich von Ihnen angesprochen zu werden." "Verdammt richtig! Sehen Sie doch allein zu, wie Sie das Programm fehlerfrei bekommen. Ich gehe nicht mit." "Jetzt seien Sie doch nicht albern!" "Das bin ich nicht, deshalb bleibe ich ja auch ..." "Okay, dann also Klartext." Griffin sah ihr direkt in die Augen und fragte, ohne mit der Wimper zu zucken: "Wollen Sie nun Vorstandsvorsitzende werden, oder machen Sie plötzlich einen auf schüchtern?" "Schüchtern?" Danas Augen funkelten böse, während Griffins Gesicht maskenhaft starr blieb. Die Lippen hatte er ganz fest zusammengepresst, und sein Blick war kalt. Trotzdem wollte Dana wissen: "Was soll denn das heißen?" "Dass ich weiß, warum Sie nicht mit mir kommen wollen." "Na, das will ich auch hoffen, McKenna! Wenigstens ist Ihnen klar, wie beleidigend es auf mich wirkt, wenn Sie so wenig Vertrauen in mich setzen, dass Sie mich unbedingt begleiten wollen." Griffin lächelte und sah dabei so selbstzufrieden aus, dass Dana ihm das Lächeln am liebsten vom Gesicht gewischt hätte. "Sie haben Angst", sagte er dann ganz leise. "Ich?" fragte Dana entrüstet. "Wie lächerlich! Ich fürchte mich vor gar nichts." "Ach nein?" "Nein, ich mag nur keine Lügner." Wieder kniff er die Augen zusammen. "Man kann mich vieler Dinge bezichtigen, Anderson, aber ich bin kein Lügner!" "Sie haben gelogen, als Sie behaupteten, nicht mit nach Miami zu fliegen damals bei unserem ersten Gespräch." "Erstens stimmt das nicht, ich sagte nur, ich würde das Programm nicht vorstellen, und zweitens wüsste ich gern, warum ich Sie anlügen sollte?" Dana zögerte, ein leichtes Rot färbte ihre Wangen. "Damit Sie ... Damit Sie ..." "Damit ich, was?" Sie schluckte. Beinah hätte sie gesagt: ,Damit ich am Ende mit Ihnen in diesen Flieger steige und Sie mit mir allein sein können, um mich zu verführen.' Aber das wäre doch ganz schön töricht gewesen. Warum, um alles in der Welt, sollte Griffin McKenna sie verführen wollen? Sie war doch
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überhaupt nicht sein Typ, und das erleichterte die Sache ungemein, denn er war garantiert nicht ihrer. Was machte es da schon aus, dass er sie einmal geküsst hatte? Nun ja, zwei Mal, aber den ersten Kuss konnte man ja nicht zählen. Dabei hatten sich nur ihre Lippen berührt, und das war gar nichts gegen den zweiten Kuss gewesen, bei dem ihr die Knie ganz weich geworden waren. Aber das bewies doch nur, wie sehr McKenna diese Verführungsspielchen beherrschte. Der Mann war ein arroganter Chauvi. Er verkörperte alles, wogegen Frauenrechtlerinnen seit Generationen ankämpften, wobei die Schlacht noch lange nicht gewonnen war. Trotzdem war Dana durchaus bewusst, dass es weibliche Wesen gab, die sich geradezu nach ihm verzehrten. Viele sogar. Wahrscheinlich ganze Heerscharen. Wenn das Flugzeug erst einmal in Miami gelandet war, würden McKenna wahrscheinlich die Bikinihäschen bis zum Abflug auf Trab halten. "Damit ich was machen kann?" wollte Griffin jetzt endlich wissen. Sein Lächeln war noch breiter und selbstgefälliger geworden. Dabei sah er sie aus tiefblauen Augen an und schien sich gar nicht mehr von ihrem Anblick losreißen zu können. Dana stockte der Atem, und sie fühlte sich unweigerlich an eine Episode aus ihrer Kindheit erinnert. Als kleines Mädchen hatte sie einmal eine Katze besessen. Natürlich nicht lange, weil ihr Stiefvater keine Tiere gemocht hatte. Aber sie erinnerte sich immer noch daran, wie glücklich sie während dieser kurzen Zeit gewesen war, als das Kätzchen ihr gehört hatte. Es war so zierlich und anmutig gewesen, sein Fell so kuschelig, seine Pfoten hatten sich samtweich angefühlt - und wie seine Augen immer geglänzt hatten, wenn es Spatzen beobachtete, die im Dreck im Innenhof nach Würmern scharrten. Ein Schauder überlief sie. O ja, die Katze war ein unglaublich schönes Geschöpf gewesen. Aber einmal hatte Dana das Tier dabei überrascht, wie es einem der Spatzen hinterherschlich. Nicht aus Hunger, sondern weil es ihr Spaß machte, zu jagen. Genau wie McKenna. Nur dass jetzt sie, Dana, die Beute war. Sie zuckte zusammen, als Griffin ihr ganz leicht einen Daumen auf den Mund legte und ihn dann über ihre vollen Lippen gleiten ließ. "Sie haben Angst", wiederholte er dann noch einmal, während es in seinen Augen verführerisch glitzerte. "Vor dem, was passieren könnte, wenn wir gemeinsam ein Wochenende verbringen." Dana reagierte, ohne nachzudenken. Sie stellte ihren Laptop hin, stellte sich auf die Zehenspitzen, schob die Hände in Griffins Haar und zog ihn zu sich herunter. "He ..." sagte er, aber der Rest blieb sein Geheimnis, weil Dana ihn jetzt fordernd auf den Mund küsste. Warum soll das Weibchen nicht auch einmal haben, was dem Männchen lieb und teuer ist, dachte sie dabei. McKenna hatte sie geküsst, um ihr seinen Standpunkt klarzumachen. Das konnte sie auch. Oder vielleicht doch nicht? Plötzlich schien zwischen ihren und McKennas Lippen ein Funke überzuspringen, und ihr Blut begann zu kochen, so dass sie dachte: Was geschieht mit mir?, bevor sie sich mit rasendem Pulsschlag zurückzog. Griffin wirkte, als hätte man das Sägeblatt, an dem er gerade sorglos gefeilt hatte, eingeschaltet, um ihn in kleine Appetithäppchen zu zerlegen. "Aber, Anderson!" sagte er heiser, und Dana befahl sich im Stillen: Sag etwas! Um Himmels willen, sag etwas Intelligentes! "Sehen Sie, McKenna?" Auch ihre Stimme klang nicht wie sonst, aber Dana fuhr unbeirrt fort: "Wenn ich Angst vor Ihnen hätte oder befürchten müsste, Ihrem Charme zu erliegen - oder was immer -, hätte ich Sie jetzt doch wohl nicht geküsst, oder? Würde ich dann etwa hier stehen, die Ruhe selbst?" Dabei befahl sie sich insgeheim: Beruhig dich wieder, weil ihr Puls nach wie vor raste. "Nein, das würde ich nicht. Also schlage ich vor, Sie kriegen Folgendes in Ihren Dickschädel: Ich habe keine Angst vor Ihnen oder davor, ein Wochenende in Ihrer Gesellschaft zu verbringen." Ohne den Blick von ihm zu wenden, bückte sie sich und tastete nach dem Griff ihrer Computertasche. "Ich habe lediglich davor Angst, dass Sie mir in die Quere kommen, unseren Geschäftspartnern zeigen, dass Sie überhaupt keine Ahnung von Computern haben, und mich davon abhalten, die Programmfehler zu finden." Griffin wollte noch etwas sagen, aber zum ersten Mal in seinem Leben hatte es ihm die Sprache verschlagen. "Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit. Das ist der letzte Aufruf für den Flug 356 nach Miami." Dana entriss ihm ihre Bordkarte und stürmte davon, bevor sie Griffin über die Schulter zurief: "Beeilen Sie sich, sonst verpassen wir noch unser Flugzeug!" Griffin brauchte einige Sekunden, während derer er sich mehrmals räusperte. Dann rückte er seine Krawatte zurecht, nahm das Gepäck auf und folgte seiner Angestellten. Was war bloß in dem Terminal am Kennedy-Flughafen in New York geschehen? Griffin saß auf der
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Rückbank des Taxis, das sie vom Miami Airport zum Hotel "de las Palmas" bringen sollte, und versuchte, sich einen Reim auf das Ganze zu machen. Verdammt noch mal, dachte er unbehaglich, ich habe doch schon den gesamten Flug damit verbracht, um dahinter zu kommen. Warum sollte es ihm dann jetzt gelingen? Vorsichtig warf er Dana einen Blick zu. Sie saß so weit von ihm entfernt wie nur möglich, den Rücken ganz gerade, die Beine sittsam geschlossen, die Hände im Schoß gefaltet. Von der Seite wirkte ihr Gesicht ernst. Wahrscheinlich spulte sie in Gedanken wieder die Programmzeilen vor sich ab. Das hatte sie auch während des gesamten Fluges gemacht, allerdings mit dem Computer auf dem Schoß und den Fingern auf der Tastatur. Dabei hatte sie mit dem Rücken zum Fenster gesessen, so dass Griffin nur die Rückseite ihres Laptops sehen konnte und ganz deutlich wurde, dass sie ihn von ihrem Tun ausschloss. Während er sich daran erinnerte, ging seine Laune noch einmal ein ganzes Stück in den Keller. Die Frau war kalt wie eine Hundeschnauze und das Paradebeispiel einer ehrgeizigen jungen Angestellten, die sich vor lauter Erfolgszwang am liebsten in einen Mann verwandeln würde. Aber nein, nicht ganz. Noch einmal betrachtete Griffin Dana von Kopf bis Fuß. Trotz ihrer starren Haltung war ihr der Rock ein wenig über die Knie gerutscht und gab den Blick auf einen viel versprechenden, wohlgeformten Oberschenkel frei. Und es hatten sich auch einige Locken aus dem entsetzlich strengen Knoten gelöst, die sich nun an ihren Schläfen und ums Ohr kringelten. Das letzte Mal, als Danas Haar während der Arbeitszeit in Unordnung geraten war, hatte das an ihm gelegen. Er wusste noch gut, wie schön seidig es sich angefühlt und wie süß Danas Mund beim Küssen geschmeckt hatte. Zum Teufel! Griffin wandte den Blick ab und sah durchs Fenster ins Leere. Im Bruchteil einer Sekunde hatte sich alles geändert. Der Kuss im Büro war eine Sache gewesen, aber der am Gate ... Dana hatte ihn nicht einfach nur geküsst. Obwohl das an sich schon Überraschung genug gewesen war. Doch noch mehr hatte ihn verwundert, wie sie es getan hatte. So spontan. So ruhig. Sie hatte ihm einfach ins Haar gegriffen und ihn zu sich heruntergezogen. Er war wie vom Donner gerührt gewesen. Aber nachdem die erste Schrecksekunde vorbei war, begriff er, was Dana ihm damit zu verstehen geben wollte: Ich bin hier diejenige, die die Sache unter Kontrolle hat. Nur, dass dem nicht so war. Aber auch er wusste nicht mehr, was er tat. Von einem Herzschlag auf den nächsten war aus dem kalten, berechnenden Kuss ein heißer, inniger geworden, an dem er sich beinah verbrannt hätte. Aber noch bevor er überhaupt die Chance hatte zu reagieren, rückte Dana schon von ihm ab und sah ihn ganz ungerührt an, als wäre es genauso aufregend, ihn zu küssen, wie seinem Großonkel Edgar die Hand zu schütteln. Aber wie sollte er ihren Kuss jetzt einordnen? Bildete er, Griffin, sich nur etwas ein, oder hatte sie tatsächlich die Kontrolle über sich verloren? Nicht, dass das etwas ändern würde. Selbst wenn Dana Anderson die einzige Frau auf der Welt wäre, könnte sie ganz schön lange warten, bis er sich für sie interessierte. Welcher intelligente Mann wollte schon so eine Frau haben? Sie hatte eine spitze Zunge und war genauso schlecht gelaunt wie ein Hai mit chronischen Zahnschmerzen. Außerdem verabscheute sie Männer, war offensichtlich eine frustrierte Emanze und wahrscheinlich peinlich berührt von ihrer eigenen Weiblichkeit. Mit anderen Worten: Sie stellte eine interessante Herausforderung dar. Eine Herausforderung? Griffins Gesichtsausdruck verfinsterte sich noch mehr. Lächerlich! Es war eine Herausforderung, Data Bytes wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen, aber Dana Anderson in eine richtige Frau zu verwandeln stellte keine Herausforderung für ihn dar. Sollte doch ein anderer Mann dieses Kunststück vollbringen. Der Fliegenheini zum Beispiel. Aber würde sich Dana von diesem Kerl jemals küssen lassen? Würde sie seinen Kuss so innig erwidern wie bei ihm, Griffin? Würde dieser Arthur jemals erfahren, wie sich in einem alles zusammenzog, nur weil Dana plötzlich wieder um Kontrolle rang und von einem zurückwich, als hätte sie am Abgrund gestanden? War der Fliegenheini oder irgendein anderer Mann überhaupt in der Lage, ihr beizubringen, dass das Feuer der Leidenschaft viel gefährlicher war als die Hitze des Zorns? Dass eine Frau in den Armen eines Mannes liegen konnte, ohne sich dafür aufgeben zu müssen? Griffin runzelte die Stirn und dachte: Verdammt noch mal, ich bin wirklich verrückt geworden. Verrückt nach ihr! Dann beugte er sich vor. "He, Mann? Kann dieses Taxi nicht schneller fahren?"
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Der Mann warf einen Blick in den Rückspiegel und seufzte. Noch ein durchgedrehter New Yorker, der wegen der Sonne herkam, aber viel zu ungeduldig war, um kürzer zu treten und sich zu entspannen. "Natürlich", sagte er dann, "kein Problem", und trat ein wenig mehr aufs Gaspedal. Kein Problem? So sollte ich das auch sehen, dachte Griffin, bevor er sich zurücksetzte, die Arme vor der Brust verschränkte und sich auf die bevorstehende Konferenz mit anschließender Messe konzentrierte. Das Hotel de las Palmas war groß, neu und lag direkt am Strand. Mit seinem knallrosa und cremefarbenem Anstrich und den goldfarbenen Markisen sah es aus wie ein überladener Hochzeitskuchen. Dana hätte es nicht überrascht, wenn ihnen Marilyn Monroe höchstpersönlich auf der breiten Freitreppe entgegengeschwebt wäre. Während sie und Griffin ihren Weg in die Lobby fortsetzten, bemerkte er: "Interessant." Sein erstes Wort, seitdem Dana ihn auf dem Flughafen in New York geküsst hatte. Offensichtlich hatte sie damit ihr Ziel erreicht. Griffin McKenna war darüber so schockiert gewesen, dass er sich ihr nun fügte. Ein angenehmer Gedanke. Und Dana fragte sich, ob sie Griffins Bemerkung wohl als weiße Fahne werten konnte? Was sie sich gleich selbst mit Ja beantwortete. In Ordnung, sie nahm das Angebot an. Schließlich würden sie während des Wochenendes um ein Minimum an Konversation nicht herumkommen. "Sehr interessant sogar", sagte sie, während sie mit Griffin aufschloss. Ein Wochenende hart arbeiten, einige Programmroutinen neu schreiben, ein, zwei Tage Griffins Gesellschaft ertragen, und sie wäre stellvertretende Vorstandsvorsitzende von Data Bytes. Sie würden nach New York zurückkehren, und nach einigen Wochen wäre die Firma wieder auf der sicheren Seite. Griffin McKenna würde zu neuen Ufern aufbrechen, und sie, Dana, wäre Vorstandsvorsitzende. Was für ein herrlicher Gedanke! Arthur wäre so stolz auf sie. Er wäre so ... Beinah hätte Dana laut geseufzt. Er wäre vor allem völlig verwirrt, wenn er heute Abend bei ihr vorbeikam, um sie zum Essen abzuholen, und sie war nicht da. Bei all der Hektik hatte sie ganz vergessen, ihm telefonisch Bescheid zu geben. Aber das würde sie nachholen, sobald sie sich auf ihrem Zimmer befand. Der Mann an der Rezeption hatte einen streichholzdünnen Schnurrbart und ein breites Lächeln. Er trug einen dunklen Anzug mit schmalen Aufschlägen und eine geschmackvolle, ordentlich gebundene Fliege. Griffins Meinung nach, eine Fliege zu viel für diese Woche. Abgesehen davon verabscheute er das Lächeln des Kerls. Wie konnte ein Mann lächeln, wenn er gleichzeitig sagte: "Nein, im Namen der Data Bytes Corporation sind ganz bestimmt keine Zimmerreservierungen vorgenommen worden." "Sehen Sie noch einmal nach", forderte Griffin ihn auf. "Das hat überhaupt keinen Sinn, Sir, ich habe meine Datenbank schon durchsucht und keine Res..." "Nachsehen!" fuhr Griffin ihn an. Aber auch das änderte nichts am Lächeln des Angestellten. Doch der Mann war kein Narr und hämmerte noch einmal mit flinken Fingern auf seine Computertastatur ein. "Es tut mir Leid, Sir, eine Reservierung seitens der Data Bytes Corporation ist hier nicht verzeichnet." Mit finsterem Blick sah Griffin zu Dana. "Wer hat die Zimmer bestellt, Anderson?" "Woher soll ich das wissen?" "Stimmt auch wieder", entgegnete Griffin spöttisch. "Nur weil Sie mit diesem Projekt betraut sind, heißt das ja noch lange nicht, dass ..." So viel also zum Thema "Weiße Fahne und Waffenstillstand", dachte Dana, bevor sie antwortete: "Es war nicht mein Projekt, Dave ist bis gestern der Verantwortliche gewesen, wissen Sie noch?" Nervös fuhr sich Griffin durchs Haar und sagte dann kurz angebunden: "In Ordnung, Dave war vielleicht wieder betrunken und hat die Reservierung unter seinem eigenen Namen vornehmen lassen. ,Forrester'", erklärte er dann dem Angestellten, "mit Doppel-R." "Forrester, Forrester ..." Der Mann schüttelte den Kopf. Inzwischen hatte sich auch sein Lächeln verändert, war kaum mehr als eine Grimasse. Doch seine Stimme klang unverändert freundlich, als er sagte: "Ich fürchte, auch unter diesem Namen haben wir nichts, Sir." "Dann suchen Sie unter ,McKenna'." Griffin bemühte sich, seine Verärgerung nicht durchklingen zu lassen. Schließlich war es nicht die Schuld des Angestellten, dass er, Griffin, nicht wusste, unter welchem Namen die Reservierung vorgenommen worden war. "Großes M, kleines C, großes K, E, Doppel-N, A." "Lassen Sie mich mal sehen ... Hier ist eine Reservierung für Macintosh und für McDouglas, aber
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keine für McKenna." Nachdenklich fasste sich Griffin an die Nasenspitze und fragte dann Dana: "Ich nehme nicht an, Anderson, dass Sie je auf die Idee gekommen sind zu überprüfen, ob etwas so Banales wie eine Zimmerreservierung erledigt wurde. Ich meine, in Anbetracht dessen, dass Ihnen Daves Alkoholproblem bekannt war." "Warum sollte ich?" fragte sie honigsüß. "Schließlich haben Sie mir bei unserer ersten Unterredung klipp und klar gesagt, dass ich sowieso nicht nach Miami fliegen würde." Wo sie Recht hatte, hatte sie Recht. Griffin seufzte und wandte sich wieder an den Angestellten. "Okay, damit hätten wir also keine Reservierung." "Korrekt, Sir." "Wir brauchen eine Suite." "Im Leben nicht!" Danas Lächeln wetteiferte mit Griffins, als sie sich nun ihrerseits an den Angestellten wandte. "Wir benötigen zwei getrennte Zimmer", erklärte sie höflich, "auf unterschiedlichen Stockwer..." "Wir brauchen Besprechungsräumlichkeiten", fiel ihr Griffin ins Wort, "da eignet sich eine Suite mit einem großen Wohnzimmer, in dem wir unsere Geschäftspartner treffen können, am besten. Natürlich sollte sie auch über zwei getrennte Schlafzimmer verfügen - möglichst jedes mit eigenem Bad. Haben Sie in diesem Hotel derartige Räumlichkeiten?" Mit dem Mittelfinger der rechten Hand schnippte der Angestellte eine Fluse vom Aufschlag seines linken Ärmels, bevor er erklärte: "Aber natürlich, Sir." "Großartig, wir nehmen eine!" "Das will ich Ihnen gern glauben, Mr. McKenna." Der Angestellte verstummte, und Griffin konnte beinah das Donnerrollen im Hintergrund hören. "Leider sind alle Suiten vergeben." "Wie bitte?" "Die für Geschäftstreffen geeigneten Suiten waren als Erste weg. Sie wurden schon vor Monaten gebucht." Nur mit der Ruhe! sagte sich Griffin. Wenn er jetzt über die Theke griff und den Angestellten bei der Fliege packte, erreichte er gar nichts. Aber dieses verdammte Lächeln ging ihm allmählich auf die Nerven. Wahrscheinlich würde der Kerl noch lächeln, wenn er ihm an die Gurgel sprang. Nimm es leicht, und bleib höflich, befahl sich Griffin dann und erklärte beschwichtigend: "Ich denke, wir sollten den Rat meiner Assistentin befolgen und zwei Zimmer nehmen." "Den Rat seiner Stellvertreterin", verbesserte ihn Dana, "zwei Zimmer auf zwei verschiedenen Stockwerken, möglichst in getrennten Flügeln." "Drei Räume", stieß Griffin zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Auf demselben Stock, möglichst mit einer Verbindungstür. Ich schätze mal, dass man Betten und Schrank aus dem mittleren Zimmer räumen und dafür eine Couch und einige Stühle bereitstellen kann?" "Das würde natürlich extra berechnet." "Natürlich, aber wäre es möglich?" Der Angestellte seufzte. "Da bin ich sogar ganz sicher, Sir ... vorausgesetzt, wir hätten drei miteinander verbundene Räume. Aber dem ist nicht so." Griffin umklammerte die Theke. "Dann eben drei nebeneinander liegende Zimmer." "Es tut mir wirklich Leid, Sir ..." "Okay, vergessen Sie, dass die Zimmer nebeneinander liegen sollen, geben Sie uns einfach nur drei Zimmer auf demselben ..." Der Angestellte schüttelte den Kopf. "Damit kann ich Ihnen leider auch nicht dienen, Sir." "Dann eben zwei", sagte Griffin gefährlich leise. Endlich schien das Lächeln des Angestellten völlig zu verschwinden. "Sir, ich habe überhaupt keine Zimmer, alle waren schon vor Wochen ausgebucht." Griffin kniff die Augen zusammen. "Nur, dass ich Sie richtig verstehe: Sie haben weder eine Reservierung auf den Namen meiner Firma noch auf meinen oder auf irgendjemandes Namen, der mit mir zu tun hat. Und jetzt _ nachdem wir zehn Minuten gebraucht haben, um das herauszufinden _ sagen Sie mir einfach so ins Gesicht, dass Sie kein einziges verdammtes Zimmer mehr in diesem Riesenkasten von Hotel frei haben?" "Ich fürchte, das stimmt, Sir. Nun, da wäre allerdings noch eine Übernachtungsmöglichkeit, aber ..." "Wir nehmen sie!" Dana berührte Griffin am Arm und flüsterte: "McKenna." Griffin fuhr zu ihr herum. "Was?" Erst blickte Dana zum Angestellten, dann zu Griffin, bevor sie ihm zuraunte: "Wir können uns kein Zimmer teilen." "Haben Sie nicht mitbekommen, was der Mann soeben gesagt hat, Anderson? Er hat nur noch diese eine Übernachtungsmöglichkeit." Wieder hörte sich Griffin gefährlich leise an. Dana erklärte trotzdem: "Ich schlafe bestimmt nicht mit Ihnen im selben Raum!" "Oh, Madam, es handelt sich nicht nur um ein Zimmer." Völlig verwirrt sahen Griffin und Dana den Angestellten an, der nervös schluckte. "Es ist eine Suite." Ein winziges Lächeln umspielte Griffins Mund. "Eine Suite?" "Ja, Sir." Dana neigte den Kopf. "Aber Sie haben doch gerade gesagt ..." "Er hat sich nur vertan", erklärte Griffin schnell und lächelte beschwichtigend. "Wir machen doch alle mal Fehler,
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nicht wahr?" "Äh, ja, Sir. Nun, aber in diesem Fall, Sir, ist es kein Fehler. Ich meine ..." "Sie machen Ihre Arbeit wunderbar! Ich werde der Geschäftsleitung schreiben, wie tüchtig Sie sind. Wenn Sie uns jetzt bitte die Schlüsselkarte geben würden." Der Angestellte zögerte. "Vielleicht sollte ich da vorher noch etwas erklären, Mr. McKenna. Diese Suite ist etwas ganz Besonderes. Ziemlich gemütlich, wenn Sie verstehen, was ich meine?" "Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie so um unser Stilempfinden bemüht sind, aber wir nehmen sie." "Ja, Sir. Aber der Grund, weswegen die Suite etwas Besonderes ist, ist der, dass ..." "Sagen Sie's nicht", rief Griffin lachend und beugte sich zu ihm. "Ist es etwa die Präsidentensuite?" Der Angestellte sah von Griffin zu Dana, die seine Verzweiflung regelrecht spüren konnte, besonders als ihr der Mann in die Augen blickte. Klingelte da irgendwo ein Telefon, oder war das die Alarmglocke in ihrem Hinterkopf? "Nicht ganz, Sir", sagte der Angestellte jetzt und räusperte sich. "Es ist ... die Hochzeitssuite." "Das ist nur ein Name", sagte Griffin, als er mit Dana durch die Lobby zum Aufzug ging, "er ist ohne Bedeutung." "Das stimmt nicht", beharrte Dana, "dann würden sie die Suite ja ,Raum 2010' oder ,Suite 2010?' nennen, oder was weiß ich wie, aber nicht ,Hochzeitssuite'." "Das ist ein Hotel, Anderson. Sie geben ihren Suiten alle möglichen Namen, die nichts zu bedeuten haben. Hätte George Washington an all den Plätzen und Orten übernachtet, die nach ihm benannt worden sind, hätte er überhaupt keine Zeit gehabt, Präsident zu werden." "Es ist mir völlig egal, was Sie sagen, McKenna. Ich übernachte auf jeden Fall nicht mit Ihnen in einer Hochzeitssuite." Vor mehreren verspiegelten Aufzugtüren blieben sie stehen, und Griffin drückte auf den Rufknopf. "Wer weiß denn schon, dass wir in einer Hochzeitssuite untergebracht waren, wenn wir es niemandem erzählen? Wir haben doch alles probiert. Sie haben gehört, was der Mann gesagt hat. Alle anderen Zimmer sind belegt." "Es gibt ja auch noch andere Hotels." "Ja, aber die Konferenz ist hier im Hotel de las Palmas. Die Treffen finden hier statt und die Präsentationen. Die Leute, deretwegen wir fünfzehnhundert Meilen hinter uns gebracht haben, steigen in diesem Hotel ab." Er warf ihr ein kühles Lächeln zu. "So erschreckend das auch für Sie klingen mag, Anderson, aber wir müssen hier bleiben." "Aber nicht in der Hochzeitssuite." "Anderson, könnten Sie jetzt einmal diesen blöden Namen vergessen? Sie waren doch mit mir an der Rezeption und haben die Antwort des Angestellten gehört, als ich ihn gefragt habe, was sich hinter diesem Namen verberge. Und seine Antwort lautete, er habe nichts zu bedeuten." "Das hat er nicht gesagt", erwiderte Dana genauso kühl. "Das musste er ja auch nicht. Ich meine, er hat es doch erklärt. Er hat uns gesagt, dass es in dieser Suite ein Schlafzimmer gibt ..." "Ein einziges", führte Dana aus und funkelte ihn an. "Also gut, ein einziges Schlaf- und ein großes Wohnzimmer mit einem Sofa. Es macht Ihnen doch nichts aus, darauf zu schlafen, oder?" Als sich die Fahrstuhltür beim Öffnen in der Mitte teilte, wurde Griffins Lächeln im Spiegel scheinbar noch breiter. Nicht im Traum wäre Dana eingefallen, ihm irgendetwas auf diese Unverfrorenheit zu erwidern. "Und es gibt nur ein Badezimmer", sagte sie stattdessen, als sie den Aufzug betraten. "Ein einziges Badezimmer, McKenna, wissen Sie, was das heißt?" "Mehr brauchen wir doch nicht", meinte Griffin, als ein altes Ehepaar in den Fahrstuhl stieg und sich gleich darauf die Türen schlossen. "Obwohl auch mir der Gedanke nicht gefällt. Wenn ich erst einmal verschiedene Dessous weghängen muss, bevor ich meine morgendliche Dusche nehmen kann, habe ich schon schlechte Laune." Dana warf den beiden anderen Fahrgästen rasch einen prüfenden Blick zu. Sie sahen stur vor sich hin, waren aber bestimmt ganz Ohr. "Nur zur Information", erklärte sie dann leise an Griffin gewandt, "ich verteile meine Dessous nicht übers ganze Badezimmer." "Nicht?" "Nein." "Was machen Sie denn sonst damit? Waschen und mit ins Bett nehmen?" "Nein, ich hänge sie ordentlich auf den Handtuchhalter, auch wenn Sie das überhaupt nichts angeht." "Jetzt, da wir die Hochzeitssuite miteinander teilen, geht es mich sehr wohl etwas an." Er lächelte übertrieben und sagte laut: "Erstaunlich, da verbringen wir heute die Nacht miteinander und kannten uns bis gestern noch kaum." Die alte Dame wandte den Kopf und sah Dana an, die stockend erklärte: "Es ... Es ist nicht, wie Sie denken, Ma'am. Wir ... Wir ... Wir haben ..." "Eine Schande ist das!" Ihr Ehemann legte ihr beschwichtigend eine Hand auf den Arm. "Na, na, Maude, die Zeiten haben sich geändert."
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"Manche Dinge ändern sich nie, Harold", sagte sie und wandte sich wieder Dana zu. "Junge Dame, eins kann ich Ihnen versprechen, wenn Sie diesem Mann hier geben, was er von Ihnen haben will, bevor er Ihnen einen Ehering an den Finger steckt, können Sie das mit der Heirat auch gleich vergessen." "Aber ich will ihn doch gar nicht heiraten!" Dana biss sich auf die Lippe. "Sie verstehen nicht. Ich ... Wir ..." Glücklicherweise hielt der Aufzug jetzt auf ihrem Stockwerk, und Dana eilte mit gesenktem Blick auf den Flur, während Griffin ihr in normalem Tempo folgte. Sobald der Aufzug weiterfuhr, wirbelte sie zu Griffin herum. "Das war nicht witzig! Wenn Sie sich einbilden, dass ich das Wochenende damit verbringe, mich von Ihnen bloßstellen zu lassen ..." Dana runzelte die Stirn, als sie Griffins Gesichtsausdruck sah. "Was ist denn los?" Griffin blickte ihr über die Schulter und sagte leise: "Sehen Sie selbst!" Dana drehte sich um und stöhnte auf. Am Ende des Flurs befand sich eine Tür, neben der zwei kleine runde Tische mit vergoldeten Vasen standen, die von weißen und rosa Rosen geradezu überquollen. Danas Augen wurden noch größer, als sie die Möbelstücke genauer betrachtete. Das konnte doch nur ein Scherz sein! Keine einzige Firma stellte Tische her, deren Beine aus pausbäckigen Putten mit rosa Po bestanden. Und doch entsprach es der Wirklichkeit, genauso wie das glänzende Messingschild an der Tür. Selbst auf die Entfernung konnte man die Gravur lesen. Ganz langsam näherten sich die beiden der Tür, und Dana flüsterte: "Das darf einfach nicht wahr sein", während Griffin ein Lachen unterdrückte und die Nummer auf der Zimmerkarte mit der auf dem Messingschild verglich. "Doch", sagte er dann: "Ich fürchte, da wären wir. Willkommen in der Hochzeitssuite!"
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Kapitel 7 Dana stand knöcheltief in einem weißen Flokati, der sich anscheinend über die gesamte Suite erstreckte. Dabei versuchte sie verzweifelt, Ruhe zu bewahren, während Griffin neben ihr in Begeisterungsstürme ausbrach. "Wow! Haben Sie so was schon mal gesehen? Das ist ja unglaublich!" Allerdings, dachte Dana, nur dass es leider der Realität entspricht. "Herzförmige Kissen!" rief Griffin und nahm eines der Plüschherzen vom Sofa. "Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt." "Nein?" fragte Dana spöttisch. "Waren Sie etwa noch nie im Puff?" "Das habe ich nicht nötig." Griffin war inzwischen durchs Wohnzimmer gegangen und hatte eine Tür geöffnet, die wohl ins Schlafzimmer führte. Er warf Dana einen Blick über die Schulter zu und erklärte: "Warten Sie erst einmal, bis Sie das hier gesehen haben!" Hinter der Tür befand sich kein Schlafzimmer, sondern ein Bad, und Dana hätte nie für möglich gehalten, dass ein gekachelter Raum so gemütlich aussehen konnte. Wenn sie daran dachte, dass Griffin besorgt gewesen war, es mit ihr zu teilen, weil es womöglich zu klein war, konnte sie jetzt nur lachen. "Rosa Marmor", sagte Griffin und pfiff bewundernd durch die Zähne. "Eine Duschkabine, in der Platz für sechs wäre." "Und da drin für acht", meinte Dana, während sie die Badewanne betrachtete. Wenn man das Ding so nennen konnte. Kein Mensch würde darin einfach nur baden, das war mal sicher. Auch die Wanne bestand aus rosa Marmor, war umgeben von zahlreichen großen Farnen und dezent beleuchtet. Auf dem Wannenrand standen ein Sektkühler und zwei Champagnerflöten. "Vielleicht sollten wir morgens immer zusammen ins Bad gehen, Platz genug ist auf jeden Fall, und wir wären schneller fertig, oder?" Dana spürte, wie sie errötete, und verabscheute sich dafür genauso, wie sie Griffin vorwarf, sie dazu gebracht zu haben. Aber sie sah ihm herausfordernd in die Augen und erklärte scheinbar gelassen: "Ich mache einen Plan für die Badbenutzung und hänge ihn von außen an die Tür. Was dagegen?" "Aber, aber, Anderson, wo bleibt denn Ihr Sinn fürs Abenteuer?" "Ich dusche morgens einfach lieber allein, und Sie können ja abends in aller Ruhe Ihr Bad nehmen." Sein Lächeln wurde noch breiter. "Badet der Fliegenheini abends manchmal mit Ihnen?" Verdammt, dachte Dana, jetzt brachte Griffin sie schon wieder zum Erröten. "Die Gewohnheiten meines Verlobten gehen Sie gar nichts an, Mr. McKenna." "Ach, Sie sind verlobt?" "So gut wie, und auch das hat Sie überhaupt nicht zu interessieren." Griffins Augen schienen ganz dunkel zu werden, und er sagte leise: "Wenn Sie meine Verlobte wären, würde ich Sie bestimmt nicht mit einem anderen Mann das Wochenende verbringen lassen." "Ich bin nicht mit einem anderen Mann weg, sondern mit Ihnen, und wir sind rein geschäftlich unterwegs. Arthur weiß das. Na ja, er wird es auf jeden Fall erfahren, wenn ich ihn anrufe." Griffin verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich mit der Schulter gegen die Wand. "Aha!" "Was heißt denn da ,aha'? Außerdem würde ich jetzt gern mein Schlafzimmer sehen und auspacken." Als Griffin ihr zärtlich über die Wange strich, stockte ihr der Atem. "Sie haben nicht einmal daran gedacht, den guten alten Arthur anzurufen, stimmt's?" "Ich habe doch gerade gesagt ..." "Bei Ihnen zu Hause, meine ich. Ich habe Ihnen einen Job angeboten, und Sie konnten nur daran denken, wie Sie Ihr Gehalt in die Höhe treiben." Sein Lächeln war genauso verführerisch wie das Streicheln seiner Hand. "Also, wenn Sie meine Verlobte wären, würde ich doch erwarten, dass Sie erst einmal an mich denken, bevor Sie sich in ein Flugzeug setzen, um das Wochenende mit einem anderen Mann zu verbringen." "Hören Sie jetzt vielleicht mal damit auf?" Ärgerlich schob Dana seine Hand weg. "Sie haben doch ständig betont, wir hätten keine Zeit zu verlieren, McKenna. Und ich wiederhole, dass ich nicht mit einem anderen Mann ins Wochenende gefahren bin, denn Sie sind kein ..." "Vorsichtig, Anderson." Griffin lachte leise. "Wenn Sie meine Männlichkeit infrage stellen, können Sie sich darauf gefasst machen, dass ich Ihnen das Gegenteil beweise." Ihre Blicke trafen sich, und Dana kniff böse die Augen zusammen. "Sie genießen das", erklärte sie dann ärgerlich. "Es macht Sie irgendwie an, mich in Verlegenheit zu bringen." "Tue ich das denn?" "Das wissen Sie doch genau!" Griffin runzelte die Stirn. Dana hatte Recht, und es war nur zu verständlich, dass sein Verhalten sie ärgerte. Es gab überhaupt keinen Grund, sie zu necken. Das zu tun, vor allem mit zweideutigen Bemerkungen, war nichts anderes, als mit ihr zu flirten. Und er
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flirtete nicht mit Frauen, die für ihn arbeiteten. Das hatte er noch nie getan und hielt es für eine schlechte Angewohnheit. Aber es war so leicht, Dana Anderson auf die Palme zu bringen. Vielleicht lag es daran, dass sie außergewöhnlich ernst war oder eine Naivität an den Tag legte, die man bei Karrierefrauen sonst nicht antraf. Eigentlich bei keiner Frau, so verrückt, wie die Welt heutzutage war. "Wenn diese Suite Ihnen Unbehagen bereitet, McKenna, lassen Sie es bitte nicht an mir aus!" "Seien Sie doch nicht albern", erklärte er kühl, obwohl er natürlich wusste, dass Dana mit ihrer Vermutung Recht hatte. Die Suite verursachte ihm tatsächlich Unbehagen, aber er wollte verflucht sein, wenn er das zugab. Er hatte alles im Griff - das musste er einfach haben - und deshalb erklärte er jetzt locker: "Es wird Zeit, uns unters Volk zu mischen." Dann ging er an Dana vorbei ins Wohnzimmer, hob ihre beiden Koffer hoch und trug sie zur verbleibenden Tür. "Wir packen aus und hängen unsere Sachen ..." Nachdem er sie geöffnet hatte, verstummte er. "McKenna, was ist denn los? Stimmt was nicht?" Griffin gab ein unterdrücktes Lachen von sich. "Machen Sie sich auf etwas gefasst!" "Nach dem Badezimmer kann mich nichts mehr erschüttern!" sagte Dana, doch als sie ins Schlafzimmer sah, hielt sie unwillkürlich den Atem an. "Du meine Güte!" "Das trifft es." Aber Griffin irrte sich. Mit Worten konnte man nicht wirklich beschreiben, welcher Anblick sich ihnen bot. Wenn das Wohnzimmer mit seiner plüschigen Ausstattung an ein Nobelbordell erinnerte und das Badezimmer an eine Badelandschaft für griechische Götter, sah das Schlafzimmer aus wie ... wie ... "Wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht", flüsterte Griffin, als hätte er ihre Gedanken gelesen, und Dana blickte ihn erstaunt an. "Ja, Sie haben Recht. Es ist ... Es ist ..." ‚Schwülstig' hätte sie beinah gesagt, aber das wäre dem Raum nicht gerecht geworden. Er sah einfach aus wie ein Schlafzimmer, von dem man manchmal mitten in der Nacht träumte. Zwei Wände waren mit rosa Satin bespannt, eine bestand ganz aus Glas und bot einen atemberaubenden Blick aufs Meer. Die vierte Wand war verspiegelt und lag dem Bett gegenüber - einem Himmelbett, das mit zartrosa Seide bezogen war und von dem meterweise alberner Spitzenstoff hing. "Verdammt", sagte Griffin leise und wandte sich Dana zu. Die Spiegelwand warf sein Abbild vielfach zurück, so dass Dana den Eindruck hatte, von einem Dutzend Griffin McKennas angesehen zu werden. Und alle hatten einen Gesichtsausdruck, der ihr das Herz stillstehen ließ. Ihre Blicke trafen sich, und plötzlich war es ganz ruhig im Zimmer. Nein, nicht ganz. Dana hörte ein Rauschen wie vom Meer. Bestimmt stammte es von den Wellen, die sich unten am Strand brachen ... "Dana", flüsterte Griffin jetzt ihren Namen, und Dana überlief ein lustvoller Schauer, als hätte Griffin ihr mit einer Feder über den Rücken gestrichen. Und da wusste sie, dass nicht die brechenden Wellen das Geräusch in ihren Ohren verursachten, sondern ihr eigenes vor Aufregung rauschendes Blut. "Nein", sagte sie, bewegte sich dabei aber auf ihn zu. Oder war es umgekehrt? Das wusste sie nicht mehr so genau, als sie und Griffin sich plötzlich in den Armen lagen. "Nein, Griffin", hauchte sie noch einmal, meinte aber Ja. Als er sich zu ihr hinunterbeugte, bog sie sich ihm entgegen, schob ihm die Hände ins Haar und bot ihm ihren Mund dar. Und nicht nur den ... Griffin stöhnte, umfasste mit einer Hand ihren Nacken und bemächtigte sich ihrer Lippen. Sein Kuss war fordernd, heiß und drängend - nicht besonders zärtlich. Aber Dana stand der Sinn im Augenblick auch nicht nach Zärtlichkeit. Sie wollte Griffin, und das schon seit Tagen. Eigentlich schon ihr Leben lang, und als er sie nun hochhob und zum Bett trug, schmiegte sie sich begierig an ihn und sank schließlich seufzend mit ihm in die seidigen Kissen. Sie konnte es kaum erwarten, ihn zu spüren, hatte die Hände längst unter sein Hemd geschoben und streichelte seine muskulöse Brust, während sie sich seinem Zungenkuss hingab. "Dana", flüsterte Griffin danach wieder, als könnte er nur noch ihren Namen denken. Er versuchte, sich ein wenig von ihr freizumachen, um sich auszuziehen. Aber sie klammerte sich an ihn, flüsterte immer wieder: "Griffin, o Griffin!" und küsste ihn mit einer Begierde, die sie gar nicht von sich kannte. Griffin legte ihr eine Hand auf die Brust, aber die Bluse war noch dazwischen. Ungeduldig zog er daran, bis sie in Fetzen ging. Er klappte ein Körbchen ihres BHs um und beugte sich über Dana, die kaum noch erwarten konnte, dass sein fordernder Mund auch ihre Brustspitze liebkoste. Irgendwo im Hintergrund ertönte ein Glockenspiel. Die ersten Takte des Hochzeitswalzers? Nein, die Klingel! Gerade noch hatten Dana und Griffin sich leidenschaftlich umarmt, aber jetzt erstarrten sie in der Bewegung. Als es erneut klingelte, rollte sich Griffin fluchend vom Bett und ging zur Eingangstür. Dana setzte sich auf. Plötzlich zitterte sie am ganzen Körper. Wozu hatte sie sich da
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bloß hinreißen lassen? Zumindest beinah. Rasch stand sie auf, hielt, so gut es ging, ihre zerrissene
Bluse zusammen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Aus dem Wohnzimmer hörte sie
Stimmen, Griffins - rau und ärgerlich - und die eines anderen Mannes - von der Rezeption?
entschuldigend und einschmeichelnd.
Ohne es zu wollen, entrang sich ihrer Kehle ein Schluchzer. Panisch sah sie sich im Zimmer um.
Hier musste es doch irgendwo einen Wandschrank geben oder einen Balkon, irgendetwas, wo sie
sich verstecken konnte, ihre Frisur wieder in Ordnung bringen und die Bluse ... "Es war der
Manager."
Dana drehte sich zur Tür. Griffin stand auf der Schwelle und sah Dana ganz kühl an. Rasch zog sie
sich ihren Blazer über. Aber das wäre nicht nötig gewesen, denn Griffin hielt den Blick auf ihr
Gesicht gerichtet. "Vergessen Sie, was gerade passiert ist! Denn eigentlich ist da gar nichts
gewesen", sagte er. Er wirkte, als hätte man ihn in Stein gehauen - die Gesichtszüge stoisch, der
Blick der blauen Augen eisig. Wie gebannt sah Dana ihn an. Der Mann da vor ihr war Griffin
McKenna, der gefürchtete Firmensanierer. Und jetzt wusste sie, warum man ihm so viel Ehrfurcht
entgegenbrachte.
"Es ist nichts passiert", wiederholte er, und Dana fühlte sich dadurch wie gewogen und für zu leicht
befunden.
"Sie können doch nicht einfach so tun, als ..." "Ich tue nicht einfach nur so ...", er kam auf sie zu,
und Dana zwang sich, nicht erschrocken zurückzuweichen, "... ich stelle nur fest. Wir sind beide
müde, und dieser verdammte Lustpalast trägt nicht gerade dazu bei, dass man sich wie ein Heiliger
aufführt." "Da muss ich Ihnen zustimmen, Mr. McKenna."
Griffin lächelte angestrengt. "Meinen Sie nicht, wir könnten uns auch weiterhin mit dem Vornamen
anreden? In Anbetracht unserer Beziehung."
Dana warf ihm einen warnenden Blick zu, und Griffin ergänzte rasch: "Unserer
Geschäftsbeziehung, meine ich natürlich." Dann fuhr er fort: "Mit allen Leuten, die für mich
arbeiten, halte ich es so. Und was das da angeht ..." Mit abfälligem Gesichtsausdruck wies er zum
Bett mit den zerwühlten Laken. "... vergessen Sie es einfach!" Er klang sehr bestimmt und
irgendwie gehetzt. Wovor hatte er Angst? Hielt er sich für so unwiderstehlich, dass er glaubte, sie,
Dana, das ganze Wochenende von sich abwehren zu müssen? Nach diesem Auftritt? Aber da konnte
er ganz beruhigt sein. Was sich da gerade zugetragen hatte, war nur der Preis, den sie für all die
Aufs und Abs der vergangenen Tage bezahlen musste.
"Zumal Sie überhaupt nicht mein Typ sind, Dana." Das sagte er, aber seine Augen blickten plötzlich
wieder ganz gefühlvoll - so gefühlvoll, dass ihr das Herz unwillkürlich schneller schlug.
"Nun, Sie sind auch nicht gerade mein Traummann." Griffin strich ihr mit dem Daumen am Ohr
entlang, während er mit der anderen Hand ihren Nacken umfasste und sie dann in ihr Haar gleiten
ließ. Unwillkürlich fragte sich Dana: Was ist eigentlich mit meinen Haarklemmen geschehen? Und
was passierte da gerade mit ihren Knien?
Doch in diesem Augenblick berührten Griffins Lippen auch schon ihre. Dana seufzte leise und hätte
ihn beinah umarmt, ließ die Arme dann aber wieder sinken. Griffin gab einen kurzen Moment ihren
Mund frei und flüsterte: "Es war nur eine Verirrung der Gefühle, eine Entgleisung, wenn Sie so
wollen. Verstanden?" Wieder hob Dana die Hand, und diesmal streichelte sie Griffin und spürte sein
Herz rasen. Er sog scharf die Luft ein, nahm ihre Hand und führte sie an die Lippen.
"Eine Entgleisung?" Danas Stimme bebte.
"Natürlich." Er stützte ihr den Kopf und küsste sie noch einmal, ganz langsam, aber doch
leidenschaftlich, die Lippen geöffnet, während seine Zungenspitze mit ihrer spielte. Dana
erschauerte lustvoll, seufzte und sagte: "Natürlich", bevor sie seinen Kuss richtig erwiderte. Griffin
stöhnte auf, ließ die Hände hinabgleiten, umschloss ihren Po und drückte sie an sich. Sie stellte sich
auf die Zehenspitzen, hielt sich an den Aufschlägen seines Jacketts fest und spürte, wie erregt
Griffin war.
Beinah gleichzeitig wichen sie voreinander zurück, wobei sich Danas Ausdruck auf Griffins Gesicht
widerzuspiegeln schien. Lange sahen sie sich einfach nur an, bis Griffin schließlich tief durchatmete
und sagte: "Ich gehe dann mal hinunter in die Lobby. Mal sehen, wer noch so alles eingecheckt hat."
Mit dem Handrücken berührte er sanft die Mulde an Danas Halsansatz. "In Ordnung?" "Ja." "Gut,
gut." Er klang ganz gelassen, als wäre nichts passiert. Dabei legte er ihr allerdings zwei Finger
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unters Kinn und sah ihr prüfend in die Augen. "Wir treffen uns dann um sechs Uhr in der Lobby. Schaffen Sie das?" "Sieben wäre mir lieber." Sobald Griffin seine Hand zurückzog, verlangsamte sich Danas Herzschlag merklich. "So kann ich noch einmal die Änderungen am Programmcode durchgehen, die ich im Flugzeug vorgenommen habe." "Okay, um sieben dann." Er trat einen Schritt zurück. "Dana?" Sie räusperte sich. "Ja?" Griffin antwortete nicht gleich, und die Zeit kam Dana vor wie eine Ewigkeit. Dann küsste er sie noch einmal, wobei die süße Sehnsucht, die diesem Kuss zu Grunde lag, Dana ganz schwindelig machte. "Wenn die Tür hier über ein Schloss verfügt, solltest du heute Nacht lieber abschließen", sagte Griffin noch heiser und verließ das Zimmer. Dana wartete, bis sie ganz sicher war, dass ihre Knie nicht nachgaben, sobald sie einen Schritt machte. Die Tür verfügte tatsächlich über ein Schloss. Eine Weile blickte Dana nachdenklich darauf, dann drehte sie den Schlüssel um, obwohl sie nicht hätte sagen können, ob sie Griffin dadurch draußen halten oder verhindern wollte, dass sie ihm nachging. Daraufhin setzte sie sich auf die Bettkante und atmete erst einmal tief durch. Schließlich nahm sie ihr Handy aus der Handtasche und wählte Arthurs Büronummer. "Mr. Coakley, bitte", sagte sie zu seiner Sekretärin. Und als sie Arthurs Stimme hörte, hätte sie vor Erleichterung beinah geweint. Doch sie ließ sich nichts anmerken. "Arthur, ich fürchte, ich kann unsere Verabredung heute Abend nicht einhalten. Du glaubst nie, wo ich bin ..."
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Kapitel 8 Griffin saß in der Coconut-Lounge des Hotels de las Palmas und überlegte, ob er denn tatsächlich verrückt geworden war. Wie sollte man sonst erklären, was er da soeben getan hatte? Er war doch ein erwachsener, kultivierter Mann. Intelligent und normalerweise im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, die viel stärker sein sollten als seine Hormone. Aber eine Begegnung mit Dana Anderson unter vier Augen führte regelmäßig dazu, dass er sich aufführte wie ein brunftiger Hirsch. Griffin wollte einen Schluck Bourbon trinken, stellte das Glas dann aber wieder hin. Alkohol war das Letzte, was er jetzt brauchte. Besser wäre ein Eimer voll Eiswasser oder eine Sitzung beim Psychiater. Sagen Sie mir, Doktor, warum sollte ein Mann, der normalerweise jede haben kann das war schließlich nicht der Zeitpunkt, falsche Bescheidenheit zu zeigen versuchen, eine Frau ins Bett zu bekommen, die ihn eigentlich überhaupt nicht interessiert? Eine ausgezeichnete Frage! Wieder blickte Griffin auf seinen Drink, runzelte die Stirn und bestellte beim Barkeeper ein Glas Mineralwasser. Nachdem er einen großen Schluck getrunken hatte, überlegte er noch einmal, was da oben in der Hochzeitssuite mit ihm passiert war. Warum hatte er Dana Anderson geküsst? Sie geküsst? Welch eine Untertreibung! Griffin hätte beinah laut gelacht. Er hatte Dana nicht einfach nur geküsst, sondern war regelrecht über sie hergefallen, zumindest hätte er das getan, wenn ihn das Klingeln an der Tür nicht davon abgehalten hätte. Auf jeden Fall hatte er sich in seinem ganzen Leben noch nicht so verhalten. Natürlich war er gern mit Frauen zusammen. Er genoss es, mit ihnen zu schlafen, und gab sich gern leidenschaftlich, aber dabei verlor er nie die Kontrolle über sich. Nie! "Hallo!" Griffin drehte sich um. Auf dem Barhocker neben ihm ließ sich gerade eine Frau nieder, die lange rote Haare, ein ovales Gesicht, große dunkle Augen und einen Schmollmund hatte, der dazu angetan war, Griffins Aufmerksamkeit zu fesseln. Sieht nett aus, dachte er, sehr hübsch. Mit betont sinnlicher Stimme fragte die Frau lächelnd: "Sind Sie auch wegen der Konferenz hier?" Sie trug ein rückenfreies schwarzes Kleid, unter dem sich ihre Brüste abzeichneten wie reife Früchte. Wieder lächelte sie, lehnte sich ein wenig zurück und überschlug die Beine. Ein bisschen aufdringlich, befand Griffin, nicht ganz so unterschwellig sexy wie die Anderson, aber ... Er runzelte die Stirn, verbat sich jeden weiteren Gedanken an seine Mitarbeiterin und sagte sich, dass er noch einmal Glück gehabt habe. "Ja, ich nehme auch an der Software-Konferenz teil", erklärte er dann und erwiderte das Lächeln der Frau. "Und Sie?" Sie nickte und reichte ihm die Hand. "Julie Everett von Omniplex Computers." "Angenehm, Griffin McKenna." Er hielt ihre Hand ein wenig länger fest, als es beim Händeschütteln sonst üblich war, und dabei fiel ihm ein Stein vom Herzen. Am Ende würde es doch noch ein angenehmes Wochenende werden, ohne dass er sich seiner Mitarbeiterin nähern musste. "Mr. McKenna?" Griffin sah auf. "Entschuldigen Sie die Störung, Sir, aber da ist ein Anruf für Sie." Griffin seufzte, entschuldigte sich bei der Rothaarigen und wandte ihr den Rücken zu. "McKenna." "Griffin!" Dana klang ausgesprochen ärgerlich, und er hielt sich den Hörer noch dichter ans Ohr. "Anderson, wo brennt's denn?" "Sind wir wieder bei den Nachnamen? Na, auch egal! Mein Koffer ist weg." "Was soll das heißen?" "Du musstest ihn ja unbedingt oben in die Gepäckablage legen. Ich hätte ihn unter den Sitz geschoben. Na, auf jeden Fall ist das hier nicht mein Koffer, sondern der von irgendeinem Kerl mit schmutziger Wäsche." Griffin seufzte. Das hatte ihm gerade noch gefehlt! "Ich rufe bei der Airline an!" "Für wie blöd hältst du mich? Das habe ich längst getan. Mein Koffer ist weiter nach Bogotá geflogen und steht jetzt wahrscheinlich in irgendeiner Hütte an den Ufern des Amazonas." Griffin verdrehte die Augen. "Der Amazonas fließt nicht einmal durch Kolumbien." "Darum geht's doch gar nicht. Ich brauche was zum Anziehen!" "Okay, ganz ruhig. Eine Kofferverwechslung passiert schon mal. Aber ich habe in der Lobby eine Boutique gesehen. Dort findest du bestimmt, was du brauchst. Komm runter, und such dir etwas aus. Die Rechnung übernehme ich." "Das geht nicht." "Jetzt sei nicht albern! Schließlich biete ich dir nicht an, dir als meine Mätresse die Miete zu bezahlen." Er war laut geworden und sah gerade noch, wie die Rothaarige aufstand. Danas Stimme dröhnte aus dem Apparat, aber Griffin ignorierte sie, während er mit Bedauern feststellen musste, dass sich seine Pläne fürs Wochenende soeben in Luft auflösten, weil die Frau im kleinen Schwarzen erhobenen Hauptes die Bar verließ. Er biss die Zähne zusammen, drehte der Tür den
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Rücken zu und hielt sich wieder den Hörer ans Ohr.
"Anderson, du hast fünf Minuten, um deinen Hintern in diese Boutique zu bewegen, sonst kannst du
deinen Job vergessen. Habe ich mich klar ausgedrückt?" "Ich hoffe nur, du hast auch eine Erklärung
auf Lager, warum ich mit zerfetzter Bluse in die Lobby kommen soll." "Okay, ich verstehe. Ich
kümmere mich um alles." "Das sollst du ja gar nicht, bring mir nur etwas, das ich heute Abend
anziehen kann. Ich bleibe bis um sieben hier und arbeite an dem Code. Was ich sonst noch brauche,
kaufe ich morgen früh." "Hört sich gut an." Griffin erbat sich Block und Bleistift vom Barkeeper.
"Größe?" "Achtunddreißig, aber kauf mir irgendetwas Unauffälliges, ja?" Griffin grinste. "Wie
wär's mit einem Kartoffelsack?" "Sehr witzig." "Ich werde mein Bestes tun." "Eine weiße Bluse mit
langen Ärmeln und hochgeschlossenem Kragen." "Ich sagte doch gerade, dass ich mein Bestes
versuchen werde."
"Und einen Hosenanzug oder ein Kostüm. Irgendetwas ganz Konservatives." "Anderson, ich bin
nicht der Saks Personal Shopper." "Sag der Verkäuferin, ich brauche einen Rock, der bis übers Knie
reicht, oder Hosen. Aus Tweed, wenn möglich, sonst irgendeinen leichten Wollstoff. Oh, und am
liebsten in gedeckten Farben ..."
Griffin legte auf.
Der "Shoppe de Mer" lag direkt neben der Lobby. Das Schaufenster war mit silbernen und goldenen
Luftballons, einem ausgestopften Flamingo und einigen Bikinis dekoriert, bei denen Griffin der
Atem stockte. Derartige Badebekleidung _ wobei das Wort "Bekleidung" eigentlich stark
übertrieben war hatte er schon einmal in Frankreich an der Côte d'Azur gesehen. Aber gab es im
prüden Amerika wirklich Frauen, die sich mit zwei untertassegroßen Stofffetzen als Oberteil und
einem winzigen Dreieck als Höschen, die lediglich mit Schnüren am Körper gehalten wurden, an
den Strand wagten?
Bedauernd dachte er, wie umwerfend diese Julie Wie-auch-immer in so einem Fummel ausgesehen
hätte ...
Dana würde er noch besser stehen!
Griffin runzelte die Stirn und betrat das Geschäft. Die Verkäuferin, scheinbar alterslos, war sehr
elegant gekleidet, und Griffin bezweifelte, dass das Wort "Tweed" überhaupt in ihrem Wortschatz
vorkam. Bestimmt gäbe es auch kein einziges Kleidungsstück aus diesem Material im Lager. Aber
er konnte es ja mal versuchen. Griffin äußerte seinen Wunsch, und die Verkäuferin wiederholte
fragend: "Aus Tweed?" Dabei machte sie ein Gesicht, als hätte man ihr gerade Zitronensaft
eingeflößt.
"Ja", bestätigte Griffin liebenswürdig. "Sie wissen schon, dieses kratzige Wollzeug, das am liebsten
altjüngferliche Tanten tragen. Aber ich brauche es in Größe achtunddreißig." Die Verkäuferin
lächelte, weil sie das Ganze für einen Scherz hielt. "Mir ist das Material durchaus bekannt, Sir, aber
ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Derartiges am South Beach zu selten nachgefragt wird, um es
auf Lager ..."
Griffin nickte und sah sich ein wenig in der Boutique um. Erstaunlich, aber er war noch nie in einem
solchen Laden gewesen. Seiner jeweiligen Freundin schenkte er niemals Kleidung, immer nur
Blumen und Parfüm und manchmal auch Schmuck. Kleidung war viel zu persönlich. Aber es war
auf jeden Fall interessant, für eine Frau einzukaufen. "Was ist das?" Er deutete mit dem Kopf auf
ein Dessous aus zartblauer Seide.
"Eine Corsage, Sir. Trägt die betreffende Dame denn lieber Corsagen als BHs?" Gute Frage? Griffin
dachte an heute Morgen und war ziemlich sicher, dass Dana unter dem Lois-Lane-T-Shirt gar nichts
angehabt hatte. Und vorhin unter der Bluse? War das ein BH gewesen? Auf jeden Fall hätte sie
keinen nötig. Beinah hätte er ihre festen Brüste mit dem Mund berührt, aber dann hatte es ja leider
geklingelt ...
"Sir?" Griffin blinzelte, räusperte sich und sagte mit nach wie vor rauer Stimme: "Ich nehme es."
"Wir haben auch dazu passende Höschen." Sie hielt zwei Seidenslips hoch. "Welche Form würde
Madam denn bevorzugen? Die mit dem String oder die etwas ausgeführtere Variante?" Madam
würde bevorzugen, mir einen Baseballschläger über den Kopf zu ziehen, wenn ich ihr mit
Unterwäsche komme, dachte Griffin, sagte dann aber bestimmt: "Den mit dem String."
"Es gibt natürlich auch dazu passende Strumpfhalter."
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"Natürlich", sagte er leise. "Und was ist mit den Strümpfen? Trägt Madam lieber Seidenglanz, oder
ist ihr die natürliche Optik angenehmer? Es sieht dann aus, als würde sie gar nichts darunter
anhaben." Als wäre sie nackt? An Dana Andersons bloße Beine wollte er jetzt absolut nicht denken,
und trotzdem erschien vor seinem geistigen Auge eine Dana, die mit der Korsage, dem String und
dem Strumpfhalter bekleidet war, während er ihr die schier unsichtbaren Stümpfe herabrollte.
Verdammt, was war bloß in ihn gefahren? Um seiner Fantasie nicht noch länger freien Lauf zu
lassen, sagte er: "Ich nehme die, die aussehen wie eine zweite Haut."
Die Verkäuferin nickte. "Sie erwähnten, Madam würde am liebsten Zweiteiler tragen?" "Ja." Nur
mit Mühe gelang es Griffin, sich wieder auf den eigentlichen Grund seines Kommens zu
konzentrieren. "Aber ich glaube, Sie sagten schon, dass nichts Konservatives in Tweed vorrätig sei."
"Ich habe ein Seidenkostüm, das vielleicht auch infrage kommt."
"In Größe achtunddreißig?"
"Ja, wenn ich es Ihnen einmal zeigen dürfte?" Die Verkäuferin ging die betreffenden
Kleidungsstücke holen, aber Griffin ließen die sexy Dessous, die Bikinis im Fenster und die halb
durchsichtigen, weichen Materialien der Kleider, die überall im Geschäft hingen, einfach keine
Ruhe. Doch das Ensemble auf dem Bügel, das ihm die Frau nun hinhielt, holte ihn rasch auf den
Boden der Tatsachen zurück. Es bestand aus weißer Seide, die ihn unwillkürlich an den Bauch eines
toten Fisches erinnerte. Der Rock war lang genug für eine Nonne und der Blazer weit genug für
zwei. Griffin fand das Ensemble furchtbar, wusste aber, dass Dana es lieben würde. "Halten Sie
dieses Kostüm für konservativ?" fragte er die Verkäuferin. Verwundert sah die Frau ihn an, aber
Griffin gestand es ihr zu, denn wahrscheinlich gab es in dem ganzen Laden nichts wirkliches
Konservatives.
"Ich glaube schon", sagte sie dann langsam. Er nickte und ließ den Blick noch einmal über die
anderen Kleider schweifen. Aber es hatte keinen Sinn, zu träumen. Dana würde lieber eine Decke
tragen als irgendetwas, das dort auf den Bügeln hing. Da war das Seidenensemble wahrscheinlich
die beste Lösung trotz Fischbauchassoziation.
"Großartig, lassen Sie es auf die ..." ,Hochzeitssuite schicken', hätte er beinah gesagt. "Auf die Suite
2010 schicken und auf meine Rechnung setzen." "Wie steht's mit Schuhen, Sir?"
Verwundert sah Griffin die Verkäuferin an. "Dana ... die Dame hat welche. Schwarze, wenn ich
mich recht erinnere. Konservativ wie das Kostüm. Sie wissen schon, mit flachem Absatz." "Nun,
wenn ich da einen Vorschlag machen dürfte ...?" Die Verkäuferin räusperte sich und hielt zwei
hochhackige Sandaletten im gleichen Farbton wie Seidenblazer und -rock hoch. "Diese würden
bestimmt besser dazu passen." "Ja, da haben Sie wohl Recht." Allmählich fühlte sich Griffin
unbehaglich. Vielleicht hätte er der Verkäuferin einfach sagen sollen, was er brauchte, und es sie
aussuchen lassen, anstatt alles selbst zu begutachten. "Wenn Sie glauben, dass die Dame auch noch
andere Schuhe benötigt, packen Sie sie dazu." "Und die Schuhgröße?"
Nervös fuhr sich Griffin durchs Haar. "Die kenne ich nicht." "Manchmal kann man von der
Körpergröße darauf schließen."
"Nun, sie ist groß, aber so groß auch wieder nicht. Sie ist ..." "Etwa so wie ich?" "Ja, vielleicht
einige Zentimeter größer und ein bisschen ... kurviger", platzte Griffin heraus, und er dachte sofort:
Verdammt, was hat denn das mit der Schuhgröße zu tun? Die Verkäuferin rang sich ein Lächeln ab,
und ihm war das Ganze äußerst peinlich. Ihm, Griffin McKenna! Und das nur, weil ihn Dana mit
einer Aufgabe betraut hatte, die man keinem Mann zumuten sollte.
Verärgert sagte er schließlich: "Schicken Sie einfach mehrere Größen hinauf." Dabei hörte er sich
an, als würde er seinen Broker damit beauftragen, zehntausend Anteile einer gut gehenden Firma zu
kaufen. "Irgendeine wird schon passen." Er warf einen Blick auf die schlüpfrigen hellblauen
Dessous, die Dana bestimmt niemals in ihre Kommode legen würde, geschweige denn anziehen.
"Und was das Zeug da angeht ..." "Sir?" Eigentlich hatte er sagen wollen: ,Vergessen Sie's', aber ein
Mann durfte ja wohl noch hoffen. "Schicken Sie es auch mit nach oben", erklärte er und schrieb
seinen Namen auf die Rechnung, bevor er mit großen Schritten den kleinen, frivolen Laden verließ.
Griffin informierte Dana übers Haustelefon, dass die Verkäuferin aus der Boutique ihr die
benötigten Sachen hinaufschicken lassen würde. Er wollte sich noch ein wenig auf der für die
Konferenz angemieteten Etage umsehen, den "Data Bytes"-Stand abnehmen und Dana dann wie
verabredet um sieben Uhr in der Lobby treffen. Um fünf vor sieben fand er sich dort ein. Morgens
war Dana auch blitzschnell fertig gewesen, deshalb ging Griffin davon aus, dass sie sich nicht
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verspäten würde. Die Zeit verrann, und als Griffin auf die große Uhr über den Fahrstühlen blickte,
runzelte er unwillkürlich die Stirn. Zwanzig nach sieben. Wo blieb Dana bloß? Normalerweise
hatten Frauen ein anderes Zeitverständnis als Männer, aber Dana verhielt sich ja auch sonst nicht
wie andere Vertreterinnen ihres Geschlechts.
Abends sollte für die Konferenzteilnehmer eine Cocktailparty stattfinden und danach ein
Abendessen. Griffin verabscheute solche gesellschaftlichen Anlässe, aber da es dabei ums Geschäft
ging, musste er wohl oder übel daran teilnehmen. Er würde einige Kontakte knüpfen und die
Fachgespräche Dana überlassen.
Ob sie mit dem Programm wohl weitergekommen ist? überlegte er und hielt die Ausgänge der
Aufzüge im Blick. Sie hatte zwar erst wenige Stunden Zeit dafür gehabt, aber ... Er stutzte und hatte
gleich darauf den Eindruck, als würde ihm das Herz stehen bleiben. Zögerlich trat da eine Frau aus
dem Aufzug, eine, die er noch nie gesehen hatte eine, auf die er sein Leben lang gewartet hatte.
Dana! Kein Wunder, dass die Verkäuferin ihn bei der Frage, ob man das Kostüm als konservativ
bezeichnen könnte, angesehen hatte, als wäre er verrückt geworden. Auf einmal war die Seide nicht
mehr weiß, sondern elfenbeinfarben und brachte Danas leicht gerötete Wangen besonders gut zur
Geltung. Die blonden Locken, die sie diesmal offen trug, glänzten dadurch richtig golden. Der
Blazer, den er für viel zu weit gehalten hatte, saß wie angegossen und betonte Danas schlanke
Taille. Das Revers ließ ihren Hals frei und gewährte auch tiefen Einblick in ihr Dekolleté.
Und erst der Rock! Wie hatte er ihn nur als nonnentauglich bezeichnen können? Er reichte Dana
zwar bis zu den Knöcheln, saß aber wie eine zweite Haut und war bis zum Schenkel geschlitzt. In
der Lobby wurde es auf einmal mucksmäuschenstill. Die Leute hatten nur noch Augen für Dana,
und Griffin stand mit stolzgeschwellter Brust auf, um ihr entgegenzugehen. Am liebsten hätte er sie
in die Arme geschlossen, um jedem der anwesenden Männer klarzumachen, dass sie ihm gehörte.
Ihm? Aber nein, das wollte er doch gar nicht. Oder? "Griffin?" Ihre leise, wundervoll süße Stimme
ließ sein Herz schneller schlagen. Sie standen nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt.
Dana hatte den Kopf zurückgelegt, um Griffin anzusehen. Ihre Augen glänzten, und ihre Lippen
waren leicht geöffnet. Griffin gab auf. Natürlich wollte er sie, und sie wollte ihn. Da brauchte er nur
ihren Blick richtig zu deuten, der ihn leicht erschauern ließ.
"Dana!" sagte er ebenso leise, lächelte hingerissen und dachte: Vielleicht funktioniert es ja.
Zumindest konnte er sich mit Dana das Geschäftswochenende angenehmer gestalten, und vielleicht
würden sie ihre kleine Affäre auch noch eine Weile in New York fortsetzen. Einen Monat,
möglicherweise zwei ...
Dann würde er Data Bytes ohnehin verlassen und sich nach etwas Neuem umsehen. "Griffin", hörte
er nun wieder Dana sagen, "wenn wir allein wären ..." Jeder Muskel in ihm spannte sich. Die
Atmosphäre knisterte vor Erotik, und jeden Augenblick würde Dana ihm hier vor allen Leuten ins
Ohr flüstern, wie sehr sie ihn begehrte. "Wenn wir allein wären, Griffin, würde ich dir kalt lächelnd
einen Dolch ins Herz stoßen." Verwundert sah Griffin sie an. "Ich wollte etwas aus Tweed oder
Wolle." "Das hatten sie nicht." "Ich wollte etwas Konservatives." "Die Verkäuferin sagte, dieses
Ensemble sei ..." "Ich habe noch nie etwas so ... so ..." "Weibliches getragen?" "Offenherziges! Ich
bin sicher, alle starren mich an." "Stimmt", sagte Griffin und fragte sich, wie er nur eine derart
nüchterne Unterhaltung führen konnte, während er sich dieses atemberaubende Geschöpf am
liebsten über die Schulter geworfen hätte, um es davonzutragen. "Du siehst ... Du siehst ..."
Da spürte er ihre Faust in der Magengegend. "Und was ist mit den Dess... mit der Unterwäsche?"
Griffin legte ihr einen Arm um die Taille. "Könnten wir das nicht woanders besprechen?" "Nein,
wir diskutieren es hier aus."
"Nun, in diesem Fall musst du ein bisschen lauter reden, weil der Herr zu deiner Rechten sonst nicht
alles mitbekommt."
Dana sah zur Seite und nickte. Woraufhin Griffin sie durch die Lobby zu einer Nische führte, bei
der Palmwedel sie vor neugierigen Blicken schützten. "Beantworte meine Frage!" fuhr Dana ihn
sogleich an und entwand sich seinem Griff. "Warum, um alles in der Welt, hast du mir Unterwäsche
gekauft?" Er zuckte die Schultern. "Ich dachte, du würdest eine Garnitur zum Wechseln brauchen."
"Ja, vielleicht, aber was du mir da ausgesucht hast, ist ... ist unerhört."
"Was anderes hatten sie nicht." Einen Augenblick musterte er Dana von Kopf bis Fuß und fragte
dann: "Und?"
"Und, was?" "Trägst du es?" Hoheitsvoll hob sie das Kinn. "Das geht dich gar nichts an." Er
lächelte, und dabei lag ein Ausdruck in seinen Augen, der Dana den Atem raubte. Griffin hatte ihr
eine Hand auf die Schulter gelegt und erklärte nun: "Das heißt also, du trägst es?"
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"Schließlich konnte ich nach dem Duschen nicht noch einmal das Gleiche anziehen. Aber es wird
nicht funktionieren, McKenna." Er schob ihr die Finger ins Haar und fragte: "Was denn?" "Dein ...
Dein lächerlicher Plan." Sanft massierte Griffin ihr den Nacken, und Dana konnte nur noch daran
denken, wie gut es sich anfühlte, wenn Griffin sie berührte. Am liebsten hätte sie die Augen
geschlossen und geschnurrt wie ein Kätzchen. "Was für ein Plan denn?" "Ich bin eine intelligente
Frau, McKenna. Ich weiß, was du vorhast."
"Wirklich?" Griffins Augen wirkten vor Leidenschaft ganz dunkel. Er kam ein wenig näher, und
Dana wich zurück, bis sie mit dem Rücken an der Wand stand. "Das ist gut, wenn du weißt, was ich
vorhabe. Denn ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich tue." "Natürlich weißt du das, du versuchst
... du versuchst ..." "Ich will doch nur an dir riechen." Er hatte sich zu ihr hinuntergebeugt, und jetzt
berührte sein Mund die empfindliche Stelle hinter ihrem Ohrläppchen. "Was ist das?"
Gleich geben meine Knie nach, dachte Dana und sagte stockend: "... Badeöl. Es war ... in dem
Körbchen ... auf dem Wannenrand." "Ich dachte, du hättest geduscht." "Habe ich auch. Aber mein
Parfüm ist im verschwundenen Koffer, und da habe ich mir ein bisschen Badeöl hinters Ohr
getupft."
"Nachdem du aus der Dusche gekommen bist und allein deinen schönen Körper abgetrocknet hast.
Das hätte ich doch für dich tun können." Griffin stand jetzt direkt vor ihr, und Dana spürte seine
Erregung. "Bitte lass das", flüsterte sie und schloss die Augen. "Was denn? Ich will dir doch nur
zeigen, wie nützlich ich mich machen kann." Ein leises Stöhnen entrang sich ihrer Kehle, und
Griffin beugte sanft ihren Kopf zurück. Dabei schlug ihr das Herz so schnell, dass sie sicher war,
Griffin könnte es hören. "McKenna ..."
"Sag doch wieder ,Griffin'." Mit dem Mund ganz dicht an ihren Lippen fuhr er fort: "Ein Mann und
eine Frau, die die Hochzeitssuite teilen, sollten sich doch wenigstens beim Vornamen nennen." "Hör
mir bitte einmal zu", sagte Dana verzweifelt. "Ich habe geduscht, weil ich vorher den ganzen
Nachmittag damit verbracht habe, das Programm in Ordnung zu bringen, und spät dran war, und du
... du versuchst hier einfach, mich zu verführen." "Stimmt." Griffin umfasste ihr Gesicht. "Wir sind
doch keine Kinder mehr, Dana. Wir wissen beide, dass es früher oder später passieren wird. Also,
warum dann nicht gleich? So können wir die Zeit, die uns noch bleibt, wenigstens nutzen." Was von
Danas gesundem Menschenverstand noch übrig war, gebot ihr, Griffin zu widersprechen. Aber wie
hätte sie das nach den Geschehnissen in der Hochzeitssuite tun können? Wie konnte sie Nein zu
seinem Angebot sagen, während sie vor Begehren bebte? "Aber es wäre falsch", hauchte sie
schließlich und sah ihm tief in die Augen.
"Warum denn?" "Weil ..." Wieso wäre es nicht richtig? "Wegen der Frau, die ich mit dir im
,Portofino' gesehen habe."
"Cynthia?" Er schüttelte den Kopf. "Sie ist nur eine Freundin. Aber was ist mit dem Fliegenheini?
Hast du wirklich was mit ihm laufen?" "Mit Arthur? Nein, ich meine, er hat noch nie ..." Griffin
nahm sie in die Arme und küsste sie fordernd, bevor er erklärte: "Und ich habe noch nie eine Frau
so sehr begehrt wie dich. Wenn du ehrlich bist, Dana, willst du mich doch auch." Er hatte Recht,
und deshalb war es auch falsch, ihm nachzugeben. Denn wenn sie einmal mit ihm geschlafen hatte,
könnte sie ihn bestimmt nie wieder vergessen.
Griffin legte ihr einen Arm um die Taille. "Komm mit mir, Dana." "Wohin denn?" ,Ins Bett', hätte
er beinah gesagt, aber er wollte sich noch eine Weile darauf freuen können es so lange
hinauszögern, bis ihnen beiden vor Begierde ganz schwindelig war. "Ich weiß nicht, wir könnten
doch einen Spaziergang am Meer machen." Wieder stellte er sich vor, wie Dana nackt für ihn tanzte.
"Wir könnten ein Feuer anzünden", flüsterte er, "und im Sand tanzen. Tanzt du gern?"
Lächelnd sah sie zu ihm auf. "Und wie!" Er küsste sie noch einmal, und diesmal stellte sich Dana
auf die Zehenspitzen, legte ihm zärtlich die Arme um den Nacken und erwiderte hingebungsvoll
seinen Zungenkuss. "Griffin", flüsterte sie dann und barg ihre glühende Wange an seiner breiten
Brust. "Griffin ..."
Sie spürte, wie er erstarrte. "Zum Teufel mit dem Strand", schimpfte er, führte Dana hinter den
Palmen hervor, so dass sie wieder die ganze Lobby einsehen konnten, und fügte hinzu: "Wozu
haben wir denn diese Hochzeitssuite mit Meerbl...?"
"Ach, du meine Güte!" Unvermittelt war Dana stehen geblieben, und ihr Gesicht hatte plötzlich den
gleichen Farbton wie das elfenbeinfarbene Ensemble. "Sieh doch nur!" flüsterte sie und zeigte mit
zittriger Hand zur Rezeption.
"Was ist denn?" fragte Griffin zunächst beinah verärgert, stöhnte dann aber auf, als er sah, was oder
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besser gesagt, wen Dana meinte. "Cynthia?" murmelte Griffin ungläubig. Die neueste Wunschschwiegertochter seiner Mutter wirkte sehr verloren in der großen Lobby. Dana machte sich von ihm los. "Nur eine Freundin, was?" Ihre Stimme bebte, aber Dana sah Griffin mit vor Wut blitzenden Augen an. "Du ... du Ratte! Was bist du eigentlich für einer? Da versuchst du, mich zu verführen, obwohl du genau weißt, dass deine Freundin irgendwann hier auftaucht, um das Wochenende mit dir zu verbringen! Wie wolltest du das denn deichseln? Im Viertelstundentakt von einem Bett ins andere hüpfen? Oder dachtest du an einen flotten Dreier?" "Dana, ich schwöre dir, ich hatte keine Ahnung, dass Cynthia herkommen würde." "Ach?" "Wirklich nicht." "Und da dachtest du, in Ermangelung deiner Freundin könntest du ja erst einmal mich flach legen?" "Sie ist nicht meine Freundin! Aber offensichtlich wollte sie mich überraschen." "Was ihr ja wohl gelungen ist!" "Jetzt hör mir doch mal zu." Griffin sah an Cynthia vorbei und kniff die Augen zusammen. "Da will ich doch verdammt sein!" "Dem widerspreche ich nicht!" Dana stemmte die Arme in die Hüften. "Für Männer wie dich, McKenna, gibt es nette Formulierungen. Wenn ich nicht so gut erzogen wäre, würde ich ..." "Jetzt steig mal wieder von deinem hohen Ross herunter, Anderson!" Griffin packte sie bei den Schultern und drehte sie so, dass sie die Eingangstür des Hotels sehen konnte. Seine Stimme war ausdruckslos, wenn nicht eisig, als er fortfuhr: "Dir steht es bestimmt am wenigsten zu, mir Moralpredigten zu halten, wenn man in Betracht zieht, wer da gerade hereinschneit." Dana zuckte zusammen und sagte mit versagender Stimme: "Arthur!" "Ja, der Fliegenheini, wie er leibt und lebt." Griffin schüttelte den Kopf. "Deshalb wolltest du also keine Suite mit mir teilen!" "Das verstehst du nicht. Ich hatte niemals die Absicht ..." "Da bin ich sicher. Aber wer mit dem Feuer spielt, muss damit rechnen, dass er sich verbrennt." Griffin umfasste ihr Handgelenk. "So, und nun wird es Zeit, sich in die Höhle der Löwen zu begeben, Schätzchen." Dana hatte kaum Gelegenheit, für Arthur ein Lächeln aufzusetzen, so schnell zerrte Griffin sie durch die Hotelhalle.
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Kapitel 9 "Da siehst du, was du angerichtet hast!" rief Dana und machte sich von Griffin los. "Ich erwarte,
dass wir uns wieder siezen", sagte sie noch und eilte auf Arthur zu. Während Griffin ihr nachsah,
fragte er sich unweigerlich: Was habe ich denn getan? Typisch Frau! Ihm einfach die Schuld für
dieses Dilemma in die Schuhe zu schieben, obwohl er gar nichts dafür konnte. Im Leben wäre er
nicht auf die Idee gekommen, Cynthia hierher einzuladen. Und wie stand es da bei Dana mit
Arthur? So wie sie ihn, Griffin, gerade noch unter Palmen geküsst hatte, schien es unmöglich, dass
sie auf Arthurs Kommen vorbereitet gewesen war. Aber Frauen waren nun einmal unberechenbar,
weshalb sie in der Geschäftswelt eigentlich auch nichts verloren hatten.
"Griffin!" Den Bruchteil einer Sekunde später warf sich ihm Cynthia im wahrsten Sinne des Wortes
an den Hals. Das hatte sie noch nie getan, und Griffin wünschte, sie hätte auch jetzt davon
abgesehen. Aber dann legte er ihr doch die Arme um die Taille. Drüben an der Drehtür tat der
Fliegenheini das Gleiche mit Dana, und Griffin dachte: Verdammt noch mal!
Cynthia ließ Griffin los und nahm ihn bei der Hand. "Bist du überrascht, Darling?" Überrascht?
dachte er. ,Geschockt' träfe es besser. Und wieso sagte sie plötzlich "Darling" zu ihm? Doch dann
wurde Griffins Aufmerksamkeit wieder ganz von Arthur und Dana eingenommen, die diesen Kerl
anhimmelte, als wäre er der Märchenprinz.
"Also ist mir die Überraschung gelungen, Griffin?" "O ja!" "Wunderbar, Darling! Ich werde dir
auch nicht in die Quere kommen. Ich weiß ja, dass du geschäftlich hier bist." Ihr Lächeln
verschwand, als sie seinem Blick folgte. "Wie ich sehe, habe ich dich schon bei einer Besprechung
gestört. Was für eine attraktive Frau! Kaum zu glauben, dass sie etwas von Computern versteht."
Griffin betrachtete die scheinbar überglückliche Dana und sagte zwischen zusammengebissenen
Zähnen: "Ja, nicht wahr?" "Was macht sie denn?" Mich verrückt, dachte Griffin, und runzelte die
Stirn."Griffin, ist sie auch wegen der Konferenz hier?" Er nickte. "Um ehrlich zu sein, arbeitet sie
für Data Bytes _ die Firma, die ich vor einigen Wochen übernommen habe. Sie ist
Vorstandsvorsitzende mit dem Verantwortlichkeitsbereich ,Forschung und Entwicklung'."
Cynthia bekam große Augen. "Tatsächlich? Ich würde Sie so gern kennen lernen, Griffin. Ich wollte
immer schon wissen, wie Frauen sind, die kein Problem damit haben, ihre Weiblichkeit aufzugeben,
um in der Männerwelt erfolgreich zu sein." Lächelnd hakte sie sich bei ihm unter. "Mach mich mit
ihr bekannt, Darling, ja?"
Arthur und Dana kamen gerade auf sie zu, und Griffin fragte: "Darf ich vorstellen? Cynthia
Gooding, Dana Anderson."
"Ich bin entzückt, Sie kennen zu lernen, Miss ..." Cynthia zögerte. "Sind wir uns nicht schon einmal
begegnet?"
"Ich glaube nicht", antwortete Dana. Schließlich waren sie einander im Portofino nicht vorgestellt
worden. "Freut mich, Sie kennen zu lernen, Ms. Gooding." "O bitte, nennen Sie mich nicht ,Ms'."
Cynthia kicherte. "Ich bin immer noch eine Miss. Mit dem ganzen Emanzengetue können Sie mich
jagen, stimmt doch, Darling?"
Vier Darlings in weniger als fünf Minuten, dachte Griffin und spürte, wie es in seinen Schläfen zu
pochen begann. "Ja, Cynthia, du machst dir nichts daraus." "Nun, ich schon", erklärte Dana kurz
angebunden. "Da sollten wir uns die Sache vereinfachen und uns beim Vornamen nennen. Ich bin
Dana, Sie sind Cynthia." "Und ich bin Arthur", sagte Arthur fröhlich.
"Oh!" rief Dana erschrocken. "Es tut mir Leid, dass ich dich noch nicht vorgestellt habe. Arthur
Coakley, Griffin McKenna, mein ... mein ..."
Arthur lachte. "Ich weiß, wer er ist, meine Liebe. Jeder kennt doch Mr. McKenna. Freut mich, Ihre
Bekanntschaft zu machen." Griffin nickte, und die beiden Männer schüttelten einander die Hand.
"Wie geht es Ihnen, Coakley?"
"Ich habe Ihre Karriere mit großem Interesse verfolgt, Mr. McKenna." "Nennen Sie mich Griffin",
sagte Griffin, "oder McKenna", und fügte schnell hinzu, "warum trinken wir nicht alle etwas an der
Bar?"
"Eine herrliche Idee!" rief Cynthia, "aber ..." Sie wurde rot. "Ich habe da ein kleines Problem,
Darling. An der Rezeption sagte man mir, dass es keine Zimmer mehr geben würde. Und ich dachte
... Ich habe sie gefragt ... Es ist doch nur wegen der Koff..." "Ich weiß noch etwas Besseres, als an
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die Bar zu gehen", warf Griffin rasch ein. "Cynthia? Coakley? Habt ihr schon zu Abend gegessen?
Nein? Wir auch nicht. Warum gehen wir nicht gleich hier ins Restaurant."
"Zusammen?" fragte Dana, und die Blicke aller wandten sich ihr erstaunt zu. "Ich meine ... Ich
dachte, wir hätten noch eine geschäftliche Verab..."
"Die lassen wir ausfallen." "Aber ..." Bevor Dana ausreden konnte, wandte sich Griffin an Cynthia.
"Oder hättest du etwas dagegen?" "Nein, ich würde mich freuen. Aber vorher ..." Wieder errötete
sie. "Was ist denn jetzt mit den Zimmern? Ich muss dem Liftboy doch sagen, wo er meine Koffer
hinbringen soll." "Ja, Mr. McKenna." Dana lächelte, aber in ihren Augen stoben Funken, "sprechen
wir doch über die Unterbringung der beiden.""Nun", erklärte Arthur mit einem schüchternen
Lächeln, "um mich braucht ihr euch keine Sorgen zu machen, ich bleibe bei Dana."
"Das ist eine Geschäftsreise, Coakley!" Am liebsten hätte Griffin diesem Fliegenheini eins auf die
Nase gegeben. Doch was hätte das schon geändert? Offensichtlich liebte Dana diesen Kerl, und das
war ihm, Griffin, auch völlig egal. Schließlich hätte er sich mit Dana nur die Zeit zwischen den
Meetings vertreiben und vielleicht noch einige Wochenenden mit ihr in New York verbringen
wollen. "Griffin?" Cynthia kicherte nervös. "Du tust mir weh." Er blickte zu ihr und ließ Cynthias
Hand los. "Tut mir Leid, Cynthia, ich ..." Als er wieder aufsah, traf sich sein Blick mit Danas, und
plötzlich waren sie wieder unter Palmen, und er hielt sie in seinen Armen. An ihrem
Gesichtsausdruck erkannte er, dass sie an das Gleiche dachte, und unwillkürlich wich er einen
Schritt zurück.
"Ms. Anderson, warum gehen Sie nicht schon einmal mit Cynthia ins Restaurant, während wir
Männer mit dem Mann an der Rezeption sprechen, damit er Cynthia und Arthur Zimmer in einem
anderen Hotel reserviert?" Griffin hörte, wie Cynthia den Atem anhielt und dann leise hauchte:
"Oh!", bevor sie sich ihm zuwandte und erklärte: "Aber ich dachte, Griffin, ich könnte bei dir
bleiben!" Er hatte Mühe, sein Lächeln aufrechtzuerhalten. "Nein, Cynthia, es tut mir Leid, aber du
musst woanders schlafen."
Okay, dachte Dana, als sie mit Cynthia im Restaurant saß, während Arthur in dem anderen Hotel
eincheckte und Griffin sie beim Abendessen für die Konferenzteilnehmer entschuldigte. Griffin
wollte also nicht, dass Cynthia bei ihm schlief. Aber das wollte sie, Dana, von Arthur genauso
wenig. Was war überhaupt in ihn gefahren, einfach so herzukommen, ohne ihr etwas davon zu
sagen? So weit war ihre Beziehung nun auch nicht gediehen. Sie gingen doch erst seit wenigen
Monaten miteinander aus.
Griffin kennst du erst seit wenigen Wochen, bist vorhin aber trotzdem kurz davor gewesen, mit ihm
ins Bett zu steigen.
Dana biss sich auf die Lippe. Ob Griffin mit einem eigenen Zimmer Cynthia wohl hätte bei sich
schlafen lassen? Natürlich. Cynthia war schließlich seine ... seine ... Ja, was denn? Auf jeden Fall
nicht seine Verlobte. Das hätte längst in den Klatschspalten gestanden. Und seine Geliebte konnte
sie auch nicht sein. Irgendwie wirkte sie dafür viel zu unnahbar.
Aber was war sie dann? Dana spähte über den Rand ihrer Speisekarte. Cynthia saß schweigend
neben ihr, hielt die Karte so, dass sie nicht ihr Gesicht verdeckte, und den Kopf hübsch geneigt. Sie
trug ein aprikotfarbenes Kostüm, winzige Perlohrstecker und eine am Hals anliegende Perlenkette.
Sie sah sehr elegant und gelassen aus, erinnerte Dana aber irgendwie an einen dressierten Pudel.
"So", sagte Dana aufgeräumt und klappte ihre Speisekarte zu, "wie lange kennen Sie Griff... Mr.
McKenna denn schon?"
Lächelnd blickte Cynthia auf. "Oh, schon ewig. Unsere Mütter sind alte Freundinnen. Griffin und
ich waren zusammen in der Schule." "Bestimmt waren Sie sich von Anfang an versprochen",
erklärte Dana mit einem künstlichen Lächeln.
"Nun ..." Cynthia errötete. "Ich wollte ihn schon immer, aber Griffin ging nach der Schule
woandershin." "Tatsächlich?" Dana dachte an Griffins lächerliche Geschichte, dass er sich sein
Studium angeblich hatte erarbeiten müssen. "Ja, auf eine andere Universität, ich glaube sogar, auf
verschiedene, doch so genau weiß ich da auch nicht Bescheid. Und seit wann kennen Sie Ihren
Arthur?"
Dana zuckte die Schultern. "Sei einigen Monaten." Cynthia lächelte. "Na, da wette ich doch, dass
im Juni die Hochzeitsglocken läuten." "Nun, eigentlich hat er mich noch gar nicht gefragt, ob ich ..."
"Das wird er schon noch. Und dann sagen Sie Ja. Das wollen wir Mädchen doch alle, nicht wahr?
Endlich einen Mann haben, der sich um uns sorgt?"
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Dana standen die Haare zu Berge. "Ich brauche keinen Mann, der auf mich aufpasst. Keine Frau hat das nötig." "Mag schon sein, dass es heutzutage immer mehr Frauen gibt, die diese Einstellung teilen." Cynthia seufzte. "Aber ich bin da wohl ein wenig altmodisch. Und Griffin ist es auch. Wir sind beide der Meinung, eine Frau sollte ihr Leben nach ihrem Mann ausrichten." Dana stockte der Atem. Das war Cynthia also! Nicht seine Geliebte. Nicht seine Mätresse. Nicht einmal seine Freundin. Sie war seine Auserwählte! Darüber hätte er ja wenigstens einmal ein Wort verlieren können. "Das ... Das ist ja wunderbar", erklärte Dana scheinbar gelassen, obwohl sie innerlich kochte. Cynthia seufzte. "Ich wünschte nur ..." "Was denn?" Beide Frauen sahen auf. Griffin war an ihren Tisch getreten, und sofort flog ihm Danas Herz wieder zu. Er sah so gut aus, so aufregend. Und er würde Cynthia Gooding heiraten, die jedem seiner Befehle widerspruchslos Folge leisten, jedem seiner Wünsche nachgeben und ihn für den Rest seines Lebens zu Tode langweilen würde. Anstatt gegen ihn aufzubegehren, mit ihm zu streiten und ihn so ärgerlich zu machen, dass es nur noch eine Möglichkeit gab, ihn zu beruhigen mit ihm zu schlafen. "Was würdest du wünschen, Cynthia?" fragte Griffin nach, und Dana stand auf und kam ihr zu Hilfe. "Dass Arthur bald zurückkommt und wir dieses Abendessen hinter uns bringen können." Sie hatte Mühe, ihr Lächeln aufrechtzuerhalten, und eilte aus dem Saal, auf der Suche nach Arthur. Auf der Suche nach Vernunft und ihrem gesunden Menschenverstand. "Die beiden geben ein schönes Paar ab, findest du nicht auch?" fragte Cynthia und legte ihre Hand auf Griffins. "Sieht doch unheimlich harmonisch aus, wie sie so zusammen tanzen." "Ja", sagte Griffin und rang sich ein Lächeln ab. "Die Musiker sind auch ziemlich gut, meinst du nicht?" Er nickte und sagte wieder: "Ja", während er gedanklich zu Dana und dem Fliegenheini zurückkehrte. "Griffin?" Cynthia rutschte näher zu ihm heran. "Du hast heute Abend noch kein einziges Mal mit mir getanzt." "Später vielleicht." "Nur ein einzig..." "Ich bin nicht in Stimmung, Cynthia.""Oh!" Griffin seufzte. Ihr einfacher Ausruf klang wie eine Anklage. Zum Teufel, dachte er düster, ich bin aber auch ein gefühlloser Mistkerl! Doch wessen Schuld war das denn? Warum widersprach Cynthia ihm nicht? Warum bohrte sie ihm nicht einen Finger in die Brust und sagte: ‚Hör mal zu, McKenna, du behandelst mich unmöglich, und wenn du nicht damit aufhörst, gehe ich zu jemandem, der weiß, was er an mir hat.' Weil sie nicht Dana war, deshalb. Verdammt, dachte Griffin wieder und drehte der Tanzfläche den Rücken zu. "Cynthia?" "Ja?" Tränen standen ihr in den Augen, und Griffin strich ihr über die Wange. "Es tut mir Leid, Cynthia." Sie lächelte tapfer. "Du brauchst dich für nichts zu entschuldigen." "Doch." "Nein, das ist nicht nötig." "Verdammt!" Griffin zog seine Hand zurück. "Tu nicht so, als wäre ich ein Heiliger, obwohl ich ein elender Mistkerl bin. Ich weiß, dass ich mich dir gegenüber den ganzen Abend unmöglich benommen habe." "Nicht den ganzen Abend. Aber du bist mit deinen Gedanken bestimmt auch woanders. Schließlich ist morgen die Konferenz, und da platze ich einfach so hier herein." Sie lächelte wieder, aber eine Träne rollte ihr vollendet über die Wange. "Ich wollte dich doch nur überraschen." Er seufzte und wischte die Träne mit dem Daumen weg. "Nun, das ist dir auch gelungen." Cynthia blickte zur Tanzfläche. "Sie ist sehr hübsch, deine Miss Anderson." "Findest du? Ich habe gar nicht so darauf geacht..." "Und klug. Sie hat allerdings merkwürdige Ansichten. Sie gehört zu diesen Feministinnen." "Sie ist einfach nur sehr unabhängig, Cynthia." "Hast du gesehen, wie sie beim Essen das Heft an sich gerissen hat? Sie hat sich hingesetzt, noch bevor Arthur ihr behilflich sein konnte, und dann dem Ober auch noch direkt gesagt, was sie essen wollte, anstatt das Arthur zu überlassen." Cynthia schüttelte den Kopf. "So etwas würden die Partner meiner Freundinnen nie dulden." "Nun, der Fliegenhei... Coakley hätte ja was sagen können, wenn er etwas dagegen gehabt hätte." "Man sollte einem Mann erst gar keinen Anlass zur Kritik geben, sondern sich als Frau seiner Weiblichkeit erinnern und abwarten, bis der Mann eine Entscheidung trifft." "Dana ist weiblich." "Nun, sie sieht wohl so aus, nehme ich an. Aber ich finde ihre Kleidung ein wenig ... Wie soll ich sagen? Nun ..." "Ja?" "Aufdringlich, weißt du? Dieser Schlitz im Rock, dieser Ausschnitt. Ich bin sicher, ihrem Freund wäre es auch lieber, wenn sie etwas Diskreteres tragen würde." Jetzt wandte sich auch Griffin wieder der Tanzfläche zu. Die Musiker spielten inzwischen einen Tango, und Dana beugte sich gerade mit dem Rücken über den Arm des Fliegenheinis. Dabei zog sich ihr Haar hinter ihr her wie eine goldene Flamme, und ein Bein war vom Knöchel bis zum Oberschenkel entblößt. "Sie sieht ...", Griffin räusperte sich, "... okay aus."
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Schon wieder wechselte die Musik, wurde ganz leise und träumerisch. Man dimmte sogar die Lichter. Der Fliegenheini versuchte, Dana näher an sich zu ziehen, aber sie verweigerte offensichtlich die Mithilfe. Doch als sie bemerkte, dass sie von Griffin beobachtet wurde, ergab sie sich sofort der Umarmung. Griffins Blick verfinsterte sich. Der Fliegenheini ließ eine Hand zu Danas Poansatz gleiten, und Dana legte ihm die Arme um den Nacken. "Genug", schimpfte Griffin und sprang auf. "Griffin, Darling, was ist denn?" "Es ist schon spät", erklärte er und warf einige Geldscheine auf den Tisch. "Morgen ist ein langer Tag." "Ich habe mein Getränk noch nicht ..." Cynthia blinzelte verwundert, als Griffin ihr den Stuhl zurückzog, sie auf die Beine stellte und dann mit ihr zur Tanzfläche eilte. "Griffin!" Sie lächelte verunsichert. "Wenn du nur ein wenig langsamer ..." Dana und Arthur wiegten sich rhythmisch im Takt der Musik. Dana hatte ihm den Kopf auf die Schulter gelegt und die Augen geschlossen. Ungehalten murmelte Griffin etwas vor sich hin, bevor er Dana auf die Schulter klopfte. "Zeit, schlafen zu gehen, Anderson." Sie hob den Kopf und blickte Griffin erstaunt an. "Wie bitte?" "Ich sagte, es ist schon spät, und wir müssen morgen früh raus." "Aber ..." "Mr. McKenna?" Griffin dachte sich schon, dass Arthur protestieren würde, aber er, Griffin, hatte das Tête-à-Tête der beiden einfach unterbrechen müssen, bevor sich noch seine niederen Instinkte Bahn brachen. Und trotzdem wünschte er, dass Coakley ihm einen Vorwand geben würde, um ihm ... "Ja, Dana", sagte Arthur dann und ließ sie los. Beim Schlucken bewegte sich seine Fliege einmal hinauf und hinunter. "Mr. Mc... ich meine, Griffin hat Recht. Wir hatten alle einen langen Tag." Griffin nahm Dana beim Ellbogen, sagte: "Allerdings", und marschierte mit einer Frau an jedem Arm aus dem Nachtclub, der dem Hotel angegliedert war. Sobald sie bei der Lobby ankamen, wirbelte Dana zu Griffin herum. "Lassen Sie mich los, McKenna!" "Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass es spät ist." "Ich bin Ihre Angestellte, aber nicht Ihr Eigentum. Ich gehe ins Bett, wann es mir passt, und ich werde ..." "Das hätten Sie schon vor Stunden tun sollen. Sie müssen noch an dem Code arbeiten, Anderson, oder haben Sie vergessen, welche Verantwortung auf Ihren Schultern lastet?" "Ich bin fast fertig. Noch eine halbe Stunde, und ..." "Nun, ich will aber, dass Sie diese halbe Stunde heute Nacht absolvieren und nicht erst morgen früh." Dana trat einen Schritt zurück. "Sie sind zweifellos der selbstsüchtigste Mistk..." "Griffin!" Cynthia war ganz blass geworden. "Lässt du etwa so mit dir reden?" "Na, na, na, McKenna." Arthurs Gesicht war plötzlich noch blasser geworden. "Bestimmt können Sie sich einer Dame gegenüber auch benehmen." "Sie halten sich da raus, Coakley!" "Ja, Arthur." Danas Augen blitzten. "Halt dich da raus! Das geht nur Griffin McKenna und mich etwas an." Griffin ließ Cynthia los, ging auf Dana zu und sagte im Befehlston: "Gehen Sie jetzt auf Ihr Zimmer!" "Ich bin kein kleines Kind mehr, McKenna!" "Sie sind mit mir als Angestellte hier und nicht auf einer Vergnügungsreise. Wenn Sie Ihren Job behalten wollen, tun Sie, was ich Ihnen sage." "Ich soll also in mein Zimmer gehen, ja?" Danas Stimme bebte vor Zorn. "In mein Zimmer? Damit meinen Sie doch nicht etwa diese Perversion, die man hier Hoch..." Oje, beinah hätte sie "Hochzeitssuite" gesagt und dann alles verloren: ihren Job, ihre Beförderung und Arthurs Respekt, weil er die Wahrheit niemals glauben würde. Wer hätte das schon? Nicht einmal Cynthia, die einfach mit dümmlichem Gesichtsausdruck dastand und vor Staunen den Mund nicht mehr zubekam. Dabei hielt sie sich erschrocken die Hände ans Gesicht. Nicht einmal dieses Schäfchen würde glauben, dass sie, Dana, sich mit dem mächtigen McKenna die Hochzeitssuite teilte, obwohl sie jetzt lieber mit ihm in den Ring gestiegen wäre. "Ich verabscheue Sie, McKenna", flüsterte Dana mit bebender Stimme. "O Dana!" Vor Entsetzen und Ehrfurcht hätte Arthur beinah aufgestöhnt und wandte sich sogleich an Griffin: "Mr. McKenna, sie hat das nicht so ..." "O doch, das hat sie", sagte Griffin kühl, "und das ist auch ganz gut so, Coakley. Ich erwarte von meinen Mitarbeitern Ergebnisse und keine Zuneigungsbekundungen. Und wenn Sie und Cynthia mich jetzt begleiten würden, bitte ich den Nachtportier, Ihnen ein Taxi zu rufen." "Dana?" Arthur befeuchtete sich die Lippen. "Soll ich wirklich gehen?" Dana hob das Kinn. "Wenn du schon eine so blöde Frage stellen musst, Arthur, ist es wohl besser." Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und ging durch die Lobby in den bereitstehenden Aufzug. Die ärgerlichen Tränen hielt sie zurück, bis sich die Aufzugtüren schlossen. Aber sie sah noch, wie Griffin Arthur und Cynthia wie Schafe zur Tür führte.
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Kapitel 10 "Der Kerl hat vielleicht Nerven!" schimpfte Dana, als sie die Tür der Hochzeitssuite hinter sich zuzog. Gleich darauf stürmte sie ins Badezimmer, riss sich das elfenbeinfarbene Kostüm vom Leib und trat die Stöckelsandaletten in eine Ecke. Wie konnte er es wagen, sie einfach so herumzukommandieren? Und nicht nur sie, die anderen auch! Erst kaufte er ihr ein unerhörtes Outfit und dann auch noch Unterwäsche. Das musste man sich einmal vorstellen: Unterwäsche vom eigenen Chef! Und zu allem Überfluss besaß er die Dreistigkeit, sie zu fragen, ob sie die Sachen anhabe! Natürlich, was hätte sie denn sonst anziehen sollen? Beim besten Willen hätte sie ihren eigenen Slip und BH unter diesem sexy Ensemble nicht tragen können, weil es viel zu weit ausgeschnitten war; sowohl was die Jacke als auch den Rock mit Schlitz betraf. Dana nahm einen der bereit hängenden Frotteebademäntel vom Haken, zog ihn über, band den Gürtel in der Aufregung aber nur locker zu. Plötzlich überkam sie eine unerhörte Müdigkeit. Es war ja auch wirklich ein furchtbar langer Tag gewesen, zumal sie die vergangene Nacht kein Auge zugetan hatte. Was das betraf, musste sie McKenna Recht geben: Jetzt brauchte sie erst einmal einige Stunden Schlaf. Dann konnte sie morgen früh immer noch das Programm durchgehen. Sie öffnete die Glastür und trat hinaus auf den Balkon. Die Luft war lau und roch nach Salzwasser. Dana hörte, wie sich unten am Strand die Wellen brachen, stützte die Ellbogen auf das Geländer und sah seufzend übers dunkle Wasser. Wie süß von Arthur, einfach so hierher zu fliegen, um mit ihr das Wochenende zu verbringen. Nie hätte sie gedacht, dass er so impulsiv sein könnte. Aber wem machte sie hier eigentlich etwas vor? Trotz allem war es ein schrecklicher Abend gewesen, und zwar von dem Moment an, da sie Arthur in der Lobby gesehen hatte, bis hin zu dem Augenblick, in dem sie von McKenna ins Bett geschickt worden war wie ein kleines Kind. Die letzten Stunden hatten furchtbar an ihren Nerven gezerrt! Die ganze Zeit gab sie vor, sich gut zu amüsieren, während sie mit ansehen musste, wie Arthur bei jedem Ton von McKenna ehrfürchtig zusammenzuckte. Hätte nur noch gefehlt, dass er salutierte! Cynthia hatte sich auch nicht viel besser benommen. Ständig dieses Kleinmädchengetue, der demütige Blick. Und wie sie an McKennas Lippen gehangen hatte, sobald er einen Ton von sich gab! Obwohl er eigentlich ziemlich schweigsam gewesen war. Irgendwie schien er die meiste Zeit vor sich hinzubrüten. Deshalb hatte Dana auch sofort zugestimmt, als Cynthia nach dem Essen nervös vorschlug, doch den HotelNachtclub zu besuchen. Beim Slowfox auf der Tanzfläche musste sie, Dana, Arthur dann allerdings regelrecht überreden, sie richtig in die Arme zu nehmen, nachdem sie sich zuvor beim Tango ziemlich spröde gegeben hatte. "Ich will, dass du mich ganz eng an dich drückst", hatte sie gesagt und sogar mit den Wimpern geklimpert. Wenn sie nur daran dachte, bekam sie noch im Nachhinein die Krise. Wie hatte sie nur so gemein sein können! Sie wollte doch gar nicht, dass Arthur sie umarmte. Sie hatte McKenna nur verrückt machen wollen. Aber das war ihr gelungen. Als sie an Griffins Gesichtsausdruck dachte, schlug ihr der Puls sofort schneller. Und wie schmal seine Augen geworden waren! In früheren Zeiten hätte er sie Arthurs Armen einfach entrissen und mit auf seine Burg genommen, um sie so lange leidenschaftlich zu lieben, bis sie um Gnade gefleht, sich an ihn geklammert und ihm die Wahrheit zugeflüstert hätte. Dass sie nur ihn wolle und sich das auch niemals ändern werde. Dana ließ den Kopf hängen und überlegte, was denn plötzlich in sie gefahren war. Dann ging sie zurück in die Suite. Sie brauchte einfach nur einige Stunden Schlaf, ohne irgendetwas von Griffin McKenna zu sehen oder zu hören. Dann käme sie schon wieder in Ordnung. Allerdings gab es nur eine Möglichkeit, sich ihn vom Leib zu halten. Entschlossen ging sie zur Eingangstür und nahm das Schild mit der Aufschrift "Bitte nicht stören" von der Klinke. Sollte er doch in der Lobby schlafen oder vor der Tür. Auf jeden Fall würde sie ihn nicht hereinlassen. Plötzlich fiel ihr ein Stein vom Herzen. Natürlich würde er nicht hier drin schlafen! Warum hatte sie das nicht von Anfang an ganz deutlich gemacht? Er hätte sich sehr wohl ein Zimmer in einem anderen Hotel nehmen können. Wenn er auch manchmal zu spät zu irgendwelchen Meetings gekommen wäre, hätte das nicht so viel ausgemacht. Schließlich war sie die Programmiererin, mit der die potenziellen Geschäftspartner reden wollten, und brauchte Ruhe. Sie öffnete die Tür. Im gleichen Augenblick trat Griffin aus dem Fahrstuhl. "Dana?" Sie erstarrte, aber nur für einen winzigen Augenblick. "Griffin", sagte sie dann ganz höflich, hängte das Schild von außen an die
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Klinke und knallte die Tür zu. Sie hörte, wie er durch den Flur rannte und seine Codekarte ins Lesegerät steckte, aber sie, Dana, war schneller und brachte die Sicherheitskette an. "Dana", Griffin rüttelte an der Kette, "mach auf!" "Nein", sagte sie und versuchte, die Tür wieder zuzudrücken. "Jetzt sei keine Närrin und öffne!" "Den ganzen Abend hast du mich behandelt, als wäre ich eine Närrin." Sie atmete tief durch. "Aber das habe ich jetzt satt. Du bildest dir ein, du könntest die Leute herumstoßen, wie es dir ..." Es war ihr gelungen, die Tür wieder zuzudrücken, und Griffin trommelte jetzt dagegen. "Aufmachen, Anderson!" "Vielleicht hörst du mir zur Abwechslung mal zu!" rief Dana durch die geschlossene Tür. "Ich verabscheue dich, ich hasse dich, ich verachte dich. Habe ich mich klar ausgedrückt, McKenna?" "Anderson, wenn du deinen Job ..." "Du kannst mich gar nicht feuern! Im Augenblick zumindest noch nicht. Du brauchst mich doch für die Präsentation und um dein Programm fehlerfrei zu machen." "Ich zähle jetzt bis drei, und dann solltest du diese verdammte Tür besser öffnen, denn ..." "Ich höre dir sowieso nicht zu", sagte sie. "Geh weg!" "Sieh mal, ich weiß überhaupt nicht, warum du so aufgebracht bist, Dana, aber ..." "Das ist genau der Grund! Du weißt es nicht, obwohl du das eigentlich solltest." Er seufzte, und da Dana das Ohr an die Tür hielt, hörte sie seinen Seufzer genauso deutlich, als würde Griffin neben ihr im Zimmer stehen. "Bist du sauer, weil ich Cynthia und dem Fliegenhei... Coakley vorgeschlagen habe, nach Hause zu gehen?" "Vorgeschlagen?" Dana trat einen Schritt zurück, sah böse auf die Tür und verschränkte die Arme. "Vorgeschlagen? Dass ich nicht lache!" "Okay, vielleicht war ich ein wenig grob, aber ..." "Es ist zu spät für Entschuldigungen, McKenna, du bist ein schrecklicher Mensch, und ich hasse dich." "Das sagtest du bereits." "Ich verabscheue dich." "Auch das." "Nun, das kann man nicht oft genug sagen." Griffin schloss die Augen und lehnte sich mit der Stirn gegen die Tür. "Dana, bitte, sei vernünftig. Wo soll ich denn schlafen?" "Ist mir doch egal! Meinetwegen am Strand, in einer Telefonzelle oder bei Cynthia." Ihre Stimme zitterte, obwohl es dafür doch eigentlich keinen Grund gab, oder? "Ich schlafe weder bei ihr, noch ..." Griffin hörte, wie eine Tür aufging, und dachte: Nicht das auch noch! "Ich schlafe nicht mit Cynthia", sagte er dann mit gedämpfter Stimme, "obwohl dich das nichts angeht." "Das stimmt, aber warum schläfst du eigentlich nicht mit ihr?" Wie oft hatte er sich diese Frage wohl schon selbst gestellt? "Ich weiß es auch nicht. Und warum lässt du den Fliegenheini am langen Arm verhungern?" "Woher willst du denn das wissen?" "Ich weiß es einfach", sagte er und überlegte, warum er auf einmal so erleichtert war. "Also warum tust du das?" "Weil wir eine rein intellektuelle Beziehung führen, deshalb!" "Das habe ich vorhin gesehen!" erklärte Griffin spöttisch. "Trotzdem brauche ich einen Platz zum Schlafen." "Wie wär's mit der Lobby oder einem anderen Hotel?" Wieder ging irgendwo eine Tür auf. "Dana, bitte lass mich rein!" "Nein." "Was haben Sie denn für ein Problem, junger Mann?" Eine ältere Frau mit Lockenwicklern im Haar kam auf ihn zu. Griffin räusperte sich. "Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie gestört habe, Ma'am, aber Sie können sich ruhig wieder hin..." "Haben Sie etwa Ihre Schlüsselkarte im Zimmer vergessen und sind jetzt ausgesperrt? Das ist mir auch schon mal passiert. Ich rufe schnell unten bei der Rezeption an. Die schicken dann gleich jemanden hoch, der Ihnen die Tür aufmacht." "Nein", sagte Griffin, neigte dann aber nachdenklich den Kopf. Warum eigentlich nicht? "Ja, Ma'am, vielen Dank." Als die Dame in ihrem Zimmer verschwunden war, sagte Griffin durch die Tür: "Na, Dana, hast du das gehört? Gleich kommt jemand, der die Tür öffnet." "Diese Tür bekommt keiner auf, McKenna. Ich habe die Sicherheitskette davorgehängt, weißt du nicht mehr?" Griffin seufzte. "Dann lasse ich die Tür aushebeln! Dadurch werden wir richtig Aufsehen erregen." Es verging keine Sekunde, und Griffin hörte die Kette klirren. Gleich darauf machte Dana ihm die Tür auf. "Noch schlimmer, als mit dir eine Nacht in der gleichen Suite zu verbringen, wäre, alle Leute wissen zu lassen, dass ich es tue." "Da sind wir wenigstens einmal einer Meinung." Sofort ging Griffin ans Telefon, um unten Bescheid zu sagen einer der Liftboys hatte gerade heraufkommen wollen. "Entschuldigen Sie die Störung", sagte Griffin noch und legte auf, bevor er sich Dana wieder zuwandte. Er biss die Zähne zusammen. In seinem ganzen Leben war er noch nie so böse auf eine Frau gewesen. Was bildete sich Dana überhaupt ein? Er brauchte sie nur mit dem kleinen Finger anzutippen, und sie würde bereitwillig mit ihm ins Bett fallen. Wie gern würde er sich jetzt mit ihr auf den seidenen Laken ... Verdammt! Sicherheitshalber schob er die Hände in die Hosentaschen. "Wenn du es je wieder wagen solltest, mich zum Gespött der Leute zu machen, zahlst du einen hohen Preis!" "Jetzt hör schon auf mit dem Mackergetue,
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McKenna! Du bist doch derjenige, der seine Mitarbeiter, Bekannte und Freunde in aller
Öffentlichkeit beleidigt." "Entschuldige mal!" "Schließlich hast du mich wie ein Kind ins Bett
geschickt vor allen Leuten!"
"Du musst hier ja auch arbeiten, falls du das vergessen haben solltest." Er ging an ihr vorbei und
hängte sein Jackett auf einen Stuhl. "Ich weiß ja, dass du lieber Urlaub machen würdest, so wie du
auf der Tanzfläche über den Fliegenheini hergefall..." "Das bin ich nicht!" Dana ging um Griffin
herum und baute sich vor ihm auf die Hände in die Hüften gestemmt. Dabei öffnete sich der
Bademantel ein wenig. "Nein?" "Nein." "Bist du denn mit dem Programm fertig?" "Machst du
Witze? Ich bin gerade erst heraufgekommen. Ich hatte nicht einmal Zeit, mich abzuschminken."
Aber zum Ausziehen schon, was? dachte Griffin. Inzwischen gab der Bademantel den Blick auf
Danas herrliches Dekolleté und die wunderbar langen, schlanken Beine frei. Unwillkürlich spürte
Griffin ein Ziehen in den Lenden und versuchte, seine Erregung zu überspielen, indem er schimpfte:
"Geh mir aus dem Weg, Dana!" "Erst reden wir, dann komme ich deiner Aufforderung mit dem
größten Vergnügen nach." Musste sie ihren Kopf dabei so aufreizend zurückwerfen, dass ihr die
Locken nur so ums Gesicht flogen? "Verdammt", sagte Griffin zwischen zusammengebissenen
Zähnen, "geh zur Seite!" Aber Dana blieb, wo sie war. "Was den Programmcode betrifft: Ich stehe
auf, bevor es dämmert, und erledige das." Griffin nahm sich die Krawatte ab. "Na, das will ich auch
hoffen."
"So, und jetzt gehe ich schlafen. Und eins kann ich dir versprechen: Ich befolge deinen Rat mit dem
Schloss an der Tür." "Wieso?" "Wie meinst du das, wieso?" Sie zögerte. Griffin knöpfte sich gerade
das Hemd auf, zog es aus und ließ es zu Boden fallen. "Was machst du denn da?" "Mich fürs Bett
fertig oder besser gesagt fürs Sofa." "Moment mal!" Sie schluckte, hob sein Hemd auf und hielt es
ihm wieder hin. "Anziehen!"
Verwundert sah er sie an. "Warum sollte ich? Ich schlafe nie in meiner Kleidung, du etwa?" Griffin
öffnete den Hosengürtel. "Nein, natürlich nicht, ich meine ..." Was wollte sie überhaupt sagen? Sie
konnte keinen klaren Gedanken fassen, wenn er so mit bloßem Oberkörper vor ihr stand. Diese
breiten Schultern, die goldbraune Haut und der flache, durchtrainierte Bauch ... Der oberste
Hosenknopf stand offen. "Worin schläfst du denn dann, Dana?"
Rasch hob sie den Blick. Griffin betrachtete sie aus halb geschlossenen Augen. "Was für eine
alberne Frage!" "So? Das findest du also albern! Und warum bist du so sauer auf mich, Dana?" Er
sprach jetzt ganz leise, beinah zärtlich, und Dana lief ein lustvoller Schauer über den Rücken. "Du
weißt doch, warum. Du hast mich behandelt wie ... wie eine Sklavin. ,Anderson, tun Sie dies,
Anderson, tun Sie das. Jetzt ist es aber Zeit fürs Bett, Anderson.'" "Sonst hättest du dich diesem
Coakley auf der Tanzfläche womöglich noch hingegeben." "Nein, das hätte ich nicht!"
"Der arme Kerl!" Langsam und zielsicher kam Griffin auf sie zu. "Er ist über beide Ohren in dich
verliebt, aber du erwiderst seine Liebe nicht." "Woher willst du ...? Was machst du denn da?"
Griffin löste den Gürtel ihres Bademantels jetzt ganz und lächelte _ gefährlich und unheimlich sexy.
"Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet, Dana." "Welche denn?" "Ob du die Dessous
trägst, die ich dir heraufgeschickt habe?" "Natürlich habe ich dir das gesagt." "Ich will es aber selbst
sehen."
"Nennst du mich eine Lügnerin?" "Soll ich den Bademantel wieder zumachen?"
Plötzlich schien die Zeit stillzustehen. Der Frotteemantel glitt zu Boden, aber Griffin blickte Dana
weiter in die Augen und sagte heiser: "Dana, willst du mich?" "Ja, o ja!" Und dann lag sie in seinen
Armen. Eigentlich hatte sie gedacht, er würde sie gleich hier im Wohnzimmer nehmen, aber das tat
er nicht. Stattdessen hob er sie hoch und trug sie rasch ins Schlafzimmer, wo der Mondschein
durchs große Fenster aufs Bett fiel. Griffin küsste sie so begierig und selbstvergessen, dass ihr ganz
heiß wurde. Langsam, unendlich langsam ließ er sie dann an sich heruntergleiten, bis ihre Füße
wieder den Boden berührten.
"Ich will dich ansehen", sagte er und hielt sie ein wenig von sich ab. Noch nie hatte ein Mann sie so
betrachtet, und Dana schlug das Herz vor Aufregung bis zum Hals. Griffin streichelte sie nicht,
berührte sie nicht einmal, und doch tat sein Blick nichts anderes, als sie zu liebkosen. Dabei spürte
sie, wie sich ihre Brustknospen aufrichteten. "Du bist wunderschön", flüsterte Griffin, und Dana
wusste, dass dem so war zumindest in diesem Augenblick und in den Augen dieses Mannes. Noch
eine Weile betrachtete Griffin sie im Schein des Mondlichts, bevor er die Bänder ihrer Korsage löste
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und Dana das Dessous von den Armen streifte. Beim Anblick ihrer bloßen Brüste hielt er den Atem an, und aus seinen Augen sprach unbändiges Verlangen. "Meine wunderschöne Dana!" flüsterte er und kniete sich vor sie hin. Strumpfhalter und Nylons hatte sie erst gar nicht angezogen. Nachdem Griffin ihr den Seidenslip von den Beinen gestreift hatte, streichelte er sie dazwischen, bis sie seinen Namen schrie. Dann beugte er sich vor. Einen Augenblick strich sein Atem über ihre Haut, und dann berührte er Dana mit den Lippen. Bei dem intimen Kuss hatte Dana den Eindruck, ein Stromstoß würde sie durchfahren. Sie fühlte, wie sie erbebte, und hörte sich wieder aufstöhnen. Nein, dachte sie dabei, so schnell darf es nicht vorbei sein. Was da gleich passieren würde, wollte sie so lange wie möglich hinauszögern, um das Vorspiel zu genießen. Wieder küsste Griffin sie an ihrer empfindsamsten Stelle, und ein Seufzer entrang sich Danas Kehle. Sie schwankte und hielt sich an Griffins Schultern fest. "Nein, Griffin", flüsterte sie, "noch nicht ..." "Doch", sagte er begierig, stand auf und trug sie zum Bett. Und plötzlich fand sich Dana in den seidenen Kissen wieder und hatte gleichzeitig das Gefühl, auf einem Karussell zu fahren, einem Karussell der Leidenschaft. Sie sah zu, wie Griffin sich auszog und sich dann über sie beugte mit seinen breiten Schultern, dem festen Bauch, den schmalen Hüften, den ach so muskulösen Beinen und seinem voll erblühten ... Oh! Er nahm sie in die Arme und küsste sie innig, bevor er hingebungsvoll an ihren Brüsten saugte, ihren Bauch liebkoste und ihren Duft einatmete. "Griffin", flüsterte sie, "ich will ... ich will ..." "Alles", ergänzte er und kam mit einem festen, aber zärtlichen Stoß zu ihr. Sofort erklomm Dana den Gipfel der Ekstase und erbebte immer wieder, während sich Griffin auf und ab bewegte. Bevor sie sich beide gänzlich der Leidenschaft ergaben, dachte Dana noch: Wenn es schon derartige Folgen hat, Griffin McKenna angeblich zu verabscheuen, wie wird es dann erst sein, wenn ich zugebe, dass ich ihn liebe? Mitten in der Nacht erwachte Griffin, und Dana schlief in seinen Armen. Sie lag auf der Seite, das Gesicht ihm zugewandt. Ihr Kopf ruhte auf seiner Schulter, und ihr Mund war nur wenige Zentimeter von seinem Hals entfernt. Jedes Mal, wenn sie ausatmete, spürte er ihren warmen Atem auf der Haut. Griffin verlagerte sein Gewicht ein wenig, und Dana schmiegte sich seufzend nur noch enger an ihn. Er neigte den Kopf und barg das Gesicht in ihrem seidenweichen Haar. Es duftete nach Blumen nach Lilien oder Veilchen. So gut kannte er sich damit nicht aus. Die einzigen Blumen, die er sofort benennen konnte, waren rote Rosen die langstieligen aus dem Treibhaus. Jahrelang hatte er Dutzende davon an seine zahlreichen Freundinnen schicken lassen. Er lächelte. Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, dass sich die Frau in seinen Armen von Gewächshausrosen beeindrucken lassen würde. Griffin zog Dana noch enger an sich. Gab es da nicht so etwas wie eine Wüstenrose? Wenn nicht, dann müsste sie auf jeden Fall noch gezüchtet werden für Dana. Eine vollkommene, herrlich duftende Rose, die allerdings noch ihre Stacheln besaß. Dana murmelte etwas im Schlaf, und Griffin legte ihr eine Hand auf die Wange. Dann ließ er den Daumen über ihre glatte Haut gleiten. "Was hast du denn, Liebes?" Im Schlaf hauchte sie seinen Namen und seufzte. Und plötzlich wurde es Griffin ganz warm ums Herz. Dana träumt, dachte er, von mir! Dann ließ er sich von dem Wohlgefühl, sie im Arm zu halten, selbst in den Schlaf wiegen.
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Kapitel 11 Als Dana mit dem Programm fertig war und nachdenklich über die blaue See blickte, überkam sie ein Gefühl, das sie eigentlich nicht kannte: Schuld! Zwei Menschen, die nur wenige Autominuten von ihnen entfernt jetzt gerade in ihren einsamen Hotelbetten erwachten, wären bestimmt am Boden zerstört, wenn sie erfahren würden, dass sie, Dana und Griffin, sich geliebt hatten. "Darling?" Dana schloss die Augen, als sie Griffins gedämpfte Stimme hörte. Dann ging die Balkontür auf, und kurz darauf stellte er sich hinter sie und nahm sie in die Arme. Lass dich nicht noch einmal dazu hinreißen, dich ihm hinzugeben! sagte sich Dana. Es war falsch. "Dana!" Als Griffin ihr den Nacken liebkoste, hielt sie unwillkürlich den Atem an und dachte: Ich liebe ihn. Ich liebe ihn so sehr. Warum noch dagegen ankämpfen? Weil er deine Gefühle nicht erwidert. Sie war für ihn nur ein netter Zeitvertreib, und das machte ihr Handeln während der letzten Nacht noch schlimmer. Zwei so arglose Menschen wie Arthur und Cynthia zu hintergehen, nur damit sie in den Armen eines Mannes liegen konnte, der ihr niemals die drei Zauberworte ins Ohr flüstern würde: Ich liebe dich. "Wo warst du denn so lange, Dana?" Mit der Nase schob er ihr das Haar zur Seite und küsste sanft die empfindliche Stelle hinter ihrem Ohrläppchen. "Ich habe dich vermisst." "Ich ... Ich konnte nicht mehr schlafen, und ich musste doch noch das Programm fertig machen. Und dann habe ich nachgedacht." "Worüber denn?" "Über Arthur." "Du bist ihm keine Rechenschaft schuldig." "Ich weiß, und du bist Cynthia gegenüber zu nichts verpflichtet, aber ..." Griffin drehte Dana zu sich um und legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. "Wir haben sie nicht darum gebeten, hierher zu fliegen, Dana." "Nein, natürlich nicht, aber ..." "Und wir haben auch nicht geplant, was da zwischen uns geschehen ist." "Du hast Recht, das haben wir nicht." Sie lachte leise. "Wenn man mir gestern Morgen gesagt hätte, wir würden zusammen nach Miami fliegen, wäre ich sicher gewesen, einer von uns landet mit durchgeschnittener Kehle im Atlantik." Griffin lachte. "Hätte ich geahnt, dass meine neue Vorstandsvorsitzende sich mit Mordgedanken trägt, hätte ich niemals eine Suite mit ihr genommen." Danas Lächeln verschwand. "Wir hätten uns auch nie darauf einlassen sollen, Griffin." Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie. Dana versuchte noch, sich ihm zu entziehen. Aber wie hätte sie das tun können, wo sein Kuss so süß schmeckte? Dana gab ihren Gefühlen nach und legte Griffin seufzend die Arme um den Nacken. "Wir hätten auch Zimmer auf zwei verschiedenen Fluren haben können", raunte er ihr ins Ohr, "und wären schließlich zusammen in einem Bett gelandet. Das war unvermeidlich, Dana. Bestimmt empfindest du das genauso wie ich." Sie nickte und lehnte die Stirn gegen sein Kinn. "Trotzdem muss ich ständig an Arthur denken, und ..." "Ich weiß, wie wir diesem Problem Abhilfe schaffen können", sagte Griffin und hob sie hoch. "Nein." Sanft legte Dana ihm eine Hand auf die Schulter. "Wir müssen uns jetzt anziehen, Griffin. Apropos! Ich hoffe, unten in der Boutique haben sie etwas Geeignetes für mich. Zur Not lasse ich mir nur eine neue Bluse heraufschicken." "Dana ..." "Die Präsentationen fangen bald an, und unsere Demo ..." "Zum Teufel damit!" "Das meinst du doch nicht ernst?" Er seufzte. Dana hatte Recht: Data Bytes stand auf dem Spiel, falls das neue Programm hier keine Käufer fand. Aber während er Dana beim Sofa langsam wieder herunterließ, kam es ihm vor, als sollte er sich lieber um sein Herz Sorgen machen, anstatt um die Firma. Denn mit einem Mal schien es ihm so zerbrechlich wie Glas. In der dem Konferenzsaal angeschlossenen Halle präsentierten sich zahlreiche auf FinanzdatenbankProgramme spezialisierte Firmen. Aber ein Großteil der Konferenzteilnehmer hatte sich um den Stand von Data Bytes geschart. Die Programmdemo lief nicht nur reibungslos, sondern tat auch genau das, was sie sollte. Und Griffin konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal so viele Hände geschüttelt hatte. "McKenna? He, Alter, tolles Programm!" Griffin blickte auf. Ein Mann, mit dem er zur Schule gegangen war und der jetzt im Vorstand einer großen Bostoner Bank saß, strahlte ihn an. "Evans", sagte Griffin, "schön, dich wieder zu sehen!" "Geht mir genauso. Ich habe gelesen, dass du diese Firma aufgekauft hast, aber ich hatte ja keine Ahnung ..." Evans erzählte und erzählte, und Griffin versuchte, ihm zuzuhören. Er lächelte, nickte hin und wieder und fragte ab und zu: "Tatsächlich?" Aber mit den Gedanken war er nicht bei der Unterhaltung, sondern bei Dana. Sie stand einige Meter von ihm entfernt und erklärte das neue "Data Bytes"-Programm einem Interessenten, der offensichtlich nicht einmal wusste, dass es einen Unterschied zwischen Kartoffel- und Microchips gab. Aber Dana machte das einfach wunderbar. Sie war wunderbar! Und irgendwann hielt der Mann
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sie nicht mehr nur für eine Messehostess, sondern sah in ihr den Geschäftspartner. Griffin hatte
noch nie eine Frau wie Dana kennen gelernt. Und nie war ihm etwas so schwer gefallen, wie sie
heute Morgen reizugeben und hier herunter zu kommen, wo er sie mit mehr als hundert Menschen
teilen musste. Wie lange würde es wohl noch dauern, bis er endlich wieder mit ihr allein sein
konnte? "... du bist also gewarnt, McKenna." Griffin konzentrierte sich erneut auf seinen alten
Schulfreund. "Ich meine es wirklich ernst."
"Entschuldige bitte, Tim, aber ich glaube, ich habe da irgendetwas nicht richtig verstanden. Weshalb
wolltest du mich warnen?" "Weil ich beabsichtige, dir deine Mitarbeiterin abzuwerben. Sollte sie
jemals nach Massachusetts umsiedeln wollen, braucht sie es nur zu sagen. Die sieht nicht nur nach
was aus, die hat auch noch was auf dem Kasten. Eine verteufelte Kombination, McKenna." "Ja, da
hast du wohl Recht." "So'n Mädchen könnten wir in unserer Bank gut gebrauchen." "Eine Frau wie
sie, meinst du wohl?" fragte Griffin locker, und Evans boxte ihm spielerisch auf den Arm.
"Es geschehen noch Zeichen und Wunder, was, Griffin? Hat dich die Frauenpower endlich
überzeugt?" "Man muss schließlich mit der Zeit gehen." Griffin lächelte und gab seinem
Schulfreund zum Abschied die Hand. "Und, Evans, du brauchst dich gar nicht anzustrengen: Dana
Anderson wird Data Bytes nicht verlassen." Ganz bestimmt nicht, dachte Griffin, während er Evans
nachsah. Er würde nicht zulassen, dass man ihm Dana wegnahm. Es war ohnehin ein Wunder, ihr
begegnet zu sein, und er wollte es sich bewahren. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust,
lehnte sich gegen einen der Computertische und beobachtete, wie Dana das neue Programm gerade
wieder einem interessierten Konferenzteilnehmer erklärte.
An diesem Tag trug sie ihr Haar offen, und ein schlichtes, aber sehr weiblich anmutendes Kleid
brachte ihre herrliche Figur besonders gut zur Geltung. Sie hatte es heute Morgen telefonisch in der
Boutique bestellt. "Ich brauche zwei Mal etwas zum Anziehen", hatte sie der Verkäuferin erklärt,
während Griffin neben ihr, Dana, auf dem Sofa mit den roten Plüschherzen saß. "Schlicht sollte es
sein, ohne Schnickschnack, etwas, das man bei der Arbeit tragen kann, in Größe achtunddreißig."
"Und ein Kleid für heute Abend", hatte er hinzugefügt und ihr einen Kuss auf die Schläfe gedrückt.
"Nein, für heute brauche ich kein Abendkleid", flüsterte sie. "Es wird ein Dinner gegeben, und dann
tritt ein Gastredner ..."
"Etwas Seidiges, Schwarzes", sagte er und schob ihr die Hand unters T-Shirt."Griffin", hauchte sie.
"Ich kann nicht ... hör auf damit ..."
Er leistete ihrem Wunsch Folge, aber erst nachdem sie ein schwarzes seidenes Abendkleid bestellt
hatte. Dann nahm er ihr den Hörer aus der Hand, drückte sie in die Plüschkissen und fragte leise:
"Womit soll ich aufhören?" Und gleich darauf lag sie wieder in seinen Armen, und er brannte
lichterloh ...Griffin runzelte die Stirn und verlagerte sein Gewicht. Dabei befahl er sich, unbedingt
an etwas anderes zu denken, bevor er noch zu einem öffentlichen Ärgernis wurde. Er könnte zum
Beispiel an heute Abend denken und die Tischbestellung, die er aufgegeben hatte in einem direkt
am Wasser gelegenen Restaurant, das ihm vom Mann an der Rezeption empfohlen worden war.
Griffin malte sich aus, wie es wäre, wenn Dana und er ins Hotel zurückkehrten und sich die Tür
ihrer Suite hinter ihnen schloss. Er stellte sich vor, wie ... Zum Teufel!
Da kamen gerade Cynthia und Arthur zur Tür herein. Irgendwie war es ihm gelungen, nicht mehr an
die beiden zu denken, nachdem er Cynthia morgens telefonisch mitgeteilt hatte, er wäre wohl den
ganzen Tag über beschäftigt. Das schuldgefühl, das beim traurigen Klang ihrer Stimme in ihm
aufgekommen war, hatte er rasch abgeschüttelt.
"Das ist schon in Ordnung", hatte Cynthia gesagt, "ich verstehe." Nein, hätte er am liebsten
geantwortet, du verstehst es nicht. Er verstand es ja selbst nicht. Irgendetwas geschah da mit ihm.
Etwas, das genauso erschreckend wie aufregend war. Er empfand ein Gefühl, das er nicht näher
benennen konnte und jetzt noch nicht so genau unter die Lupe nehmen wollte. Aber ihm aus dem
Weg gehen wollte er auch nicht.
Eins war auf jeden Fall sicher: Er musste Cynthia sagen, dass sie keine gemeinsame Zukunft hatten.
Das war ihm von Anfang an klar gewesen, und er hatte sein Bestes getan, um es Cynthia spüren zu
lassen. Aber entweder war er zu wenig deutlich geworden, oder sie hatte der Wahrheit nicht ins
Auge sehen wollen. Wenn er ehrlich war, hatte es ihm auch ganz gut gefallen, dass Cynthia immer
irgendwie in Bereitschaft stand und er mit dem Gedanken spielen konnte, sie eines Tages vielleicht
genug zu mögen, um sie zu heiraten.
Aber jetzt wusste er, dass dieser Tag niemals kommen würde. Cynthia war eine nette Frau mit dem
Herzen am rechten Fleck, aber sie war nicht die Richtige für ihn und er nicht der richtige Mann für
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sie. Wenn er einmal heiraten sollte, dann aus Liebe. Auch zu diesem Schluss war er jetzt endlich gelangt. Sein Vater hatte geheiratet, wie er Geschäfte machte, und genauso hatte er auch ihn, Griffin, seinen Sohn, erzogen. John McKenna wog immer genau ab, ob sich eine Investition lohnte, selbst wenn es dabei um Gefühle ging. Dafür hatte er am Ende allerdings auch die Quittung erhalten: Sohn und Ehefrau hatten sich von ihm losgesagt. Ein Mann sollte nur heiraten, wenn er die Frau gefunden hatte, die sein Leben bereicherte, die ihm Leidenschaft entgegenbrachte und seinen Alltag mit Freude erfüllte: eine Frau, die seine Interessen teilte und seine Träume. Und was war mit den Träumen des Fliegenheinis? War Coakley nicht hierher geflogen, weil er Dana liebte und heiraten wollte? Vor Aufregung klopfte Griffin das Herz auf einmal wie wild. Er musste schnell handeln, Dana festhalten, ihr sagen, dass ... dass ... falls er sich jemals verlieben sollte, falls er jemals beschließen sollte zu heiraten ... "Griffin?" Dana war ganz blass geworden. Auch sie hatte Cynthia und Arthur entdeckt. Griffin ging zu ihr und nahm ihre Hand. Sie war eiskalt. "Darling, hör mir zu ..." "Griffin, ich kann ihnen nicht in die Augen sehen. Ich dachte, ich könnte es, aber es geht nicht. Wie auch? Wie könnten wir?" Dana war ganz außer sich, und ihre Panik machte ihm Angst. Sie würde bestimmt das Falsche sagen, das Falsche tun, allem zustimmen, worum Coakley sie bat, womöglich den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen, um wieder gutzumachen, dass sie sich in einen anderen Mann verliebt hatte. Verdammt! Dana hat sich tatsächlich in mich verliebt, dachte Griffin. Deshalb hatte sie auch mit ihm geschlafen. Weil sie ihn liebte. Nur ihn. Und er erwiderte diese Liebe. Er betete Dana geradezu an, war bisher nur zu feige gewesen, sich das einzugestehen. "Dana." Griffin wusste, dass er ärgerlich klang, aber er konnte es nicht ändern: Die Angst, die Frau seines Lebens zu verlieren, machte seine Stimme heiser. Das wollte er Dana erklären, aber dazu blieb keine Zeit mehr. "Halt dich zurück, Dana", sagte er stattdessen. "Hast du verstanden? Wenn die beiden hier ankommen, überlass mir das Reden. Tu nichts unbesonn..." "Griffin", begrüßte ihn da schon Cynthia, "endlich! Wir haben überall nach euch Ausschau gehalten." Griffins Aufregung wuchs, aber über all die Jahre als Firmensanierer war er daran gewöhnt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Er rang sich ein Lächeln ab, beugte sich vor und küsste Cynthia auf die Wange. "Wie sind deine Meetings gelaufen?" fragte sie, und Griffin dachte: Wenigstens nennt sie mich nicht mehr "Darling". Vielleicht war das ja ein gutes Zeichen. "Sie waren erfolgreich." "Wie schön!" Cynthia blickte über die Schulter. "Ist das nicht schön, Arthur?" Arthur nickte. "Ja, wunderbar", aber dabei sah er rasch zwischen ihm, Griffin und Dana hin und her. Ahnt er etwas? überlegte Griffin und dachte gleich darauf: Ich muss Dana unbedingt hier rauslotsen und mit ihr reden. "Nun", sagte er dann, "wir sehen uns ja spä..." Aber Arthur fiel ihm ins Wort. "Ich möchte vorher mit Dana reden." Das war eindeutig kein gutes Zeichen! "Nein, das geht jetzt nicht, Coakley. Dana und ich haben eine Verabredung." "Die muss dann eben warten." Halt suchend umklammerte Dana die Computertischplatte. Arthur wusste Bescheid! Wie war sonst zu erklären, dass er gegen Griffin aufbegehrte? "Kommst du, Dana?" wandte sich Arthur jetzt direkt an sie. Dana umschlang sich mit den Armen. "Ja, ich muss auch mit dir sprechen." Jetzt blickten alle drei zu ihr. Cynthia mit höflicher Neugier, Arthur besorgt und Griffin, als wollte er sagen: "Tu's nicht!" Tatsächlich sagte er dann aber: "Anderson, ich rate dir, hier zu bleiben!" "Ich muss mit Arthur sprechen, und zwar allein." Dana zitterten die Lippen, und sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen. Es war alles so schrecklich offensichtlich. Griffin hatte nur Angst, sie könnte Arthur erzählen, was geschehen war, weil dann womöglich auch Cynthia davon erfuhr. Und dann wäre Griffins Chance auf dieses Sahnestückchen dahin. O Griffin, dachte Dana, und es brach ihr das Herz. Laut sagte sie aber: "Du hast nichts zu befürchten, Griffin, das betrifft nur Arthur und mich." "Hörst du mir jetzt mal zu, verdammt?" "Nein", sie räusperte sich und kämpfte gegen die Tränen an, "ich muss mit Arthur reden." Griffin biss die Zähne zusammen. "Dann heb dir das für New York auf, wenn es nicht auf Kosten von Data Bytes geht." "Ach, du meine Güte", mischte sich nun sogar Cynthia ein, "wie kannst du nur so etwas sagen, Griffin?" "Du hältst dich da raus! Ms. Anderson ist meine Angestellte. Tut mir Leid, dass ich sie schon wieder daran erinnern muss, aber die Pflicht ruft." "Jetzt hören Sie mir mal zu, McKenna, in diesem Ton reden Sie mir weder mit Cynthia noch mit Dana!" "Wer will mich denn davon abhalten? Sie, etwa, Coakley?" "Bist du jetzt total verrückt geworden, McKenna?" Dana sprach so
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laut, dass sämtliche Umstehenden verstummten, aber das war ihr egal. "Was stimmt denn nicht mit dir, McKenna? Kannst du es nicht tolerieren, dass jemand anderer Meinung ist?" "Dana", Griffin versuchte, sie beim Arm zu nehmen, "beruhig dich wieder! Du weißt ja nicht, was du sagst. Du bist viel zu aufgeregt." "Da hast du verdammt Recht, ich bin unheimlich wütend! Ich hätte mich niemals von dir überreden lassen sollen, mit nach Miami zu fliegen. Niemals!" "Dana", sagte Griffin beschwichtigend und sah ihr tief in die Augen. Dabei versuchte er, das Ruder noch einmal herumzureißen, bevor es zu spät war. "Dana, ich flehe dich an, bitte hör mir zu." "Dann sag auch etwas, das es wert ist, angehört zu werden!" Ich liebe dich, dachte er ... Aber er durfte Cynthia nicht noch mehr vor den Kopf stoßen, indem er Dana hier vor allen Leuten und in ihrem, Cynthias, Beisein eine Liebeserklärung machte. Cynthia sah auch so schon aus, als würde sie jeden Augenblick einen Weinkrampf bekommen. "Siehst du, McKenna?" Danas Stimme bebte. "Der einzige Mensch, der dich interessiert, bist du selbst. In Ordnung, offensichtlich bleibt mir keine andere Wahl, als dir meine Neuigkeit hier und jetzt zu überbringen. Eigentlich wollte ich damit warten, bis wir wieder in New York sind, aber ..." "Wie du willst", sagte er scheinbar gelassen, "dann raus damit!" Sie lächelte, hakte sich bei Arthur unter und erklärte: "Timothy Evans hat mir eine Stellung in seiner Bank angeboten." Plötzlich hätte man eine Stecknadel fallen hören können, so still war es geworden. "Und?" fragte Griffin. "Ich nehme an, wenn Arthur sich dazu bereit erklärt, mit mir nach Boston zu gehen." Griffins überraschter Gesichtsausdruck wurde bald von Wut überlagert, und Dana lächelte Arthur tapfer zu. "Wir werden dort glücklich sein, nicht wahr?" Und Arthur der gute alte Arthur zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor er Dana zustimmte.
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Kapitel 12 Wie lange brauchte ein vernünftiger Mann, um sich einzugestehen, dass er nur ganz knapp einer
Katastrophe entronnen war? Höchstens wenige Stunden. Eigentlich nicht einmal die. Denn Griffin
wusste längst Bescheid, als er mit Cynthia in der Achtzehn-Uhr-Maschine nach New York saß. Das
Einzige, was Dana Anderson und ihn verband, war Sex. Eigentlich kein Wunder! Wenn man zwei
junge, ungebundene Menschen zweierlei Geschlechts in ein tropisches Paradies steckte und sie dann
auch noch zusammen in die Hochzeitssuite sperrte, musste ja so etwas dabei herauskommen. Aber
Liebe? Beinah hätte Griffin laut gelacht. Mit Liebe hatte das nichts zu tun. Begierde traf es da wohl
eher. Er hatte eben für eine Weile die Zügel aus der Hand gegeben, sowohl was seine Hormone als
auch sein Betragen Cynthia gegenüber anging.
Arme Cynthia! Sie saß neben ihm in der ersten Klasse bei diesem Samstagabendflug, hatte die
Augen geschlossen und die Hände sittsam im Schoß gefaltet. Die gute, freundliche Cynthia! Griffin
betrachtete sie beinah liebevoll. Niemals würde sie ihm zeigen, dass sie verärgert war, oder ihm
widersprechen. Sie hatte sich nicht einmal darüber beklagt, dass er während des Wochenendes so
abweisend zu ihr gewesen war. Natürlich stand ihr das auch gar nicht zu. Schließlich hatte er sie
nicht nach Miami eingeladen. Griffin atmete tief durch. Warum versuchte er eigentlich, ihr die
Schuld für das ganze Durcheinander zuzuschieben? Cynthia hatte sich ihm zwar wie ein Paket vor
die Haustür geliefert, aber das hatte sie bestimmt viel Mut gekostet. Zumindest hätte er ihr sagen
sollen, wie sehr er ihre Courage bewunderte, und er hätte sie auch nicht Danas undamenhaftem
Zornesausbruch aussetzen dürfen.
Wie unterschiedlich die beiden Frauen doch waren: Cynthia wollte nur gefallen, und Dana ging
wegen jeder Kleinigkeit gleich in die Luft. Nur ein Narr hätte nicht auf der Stelle gewusst, welche
Frau vorzuziehen war. Cynthia natürlich!
Aber was für ein furchtbares Gefühlswirrwarr er da angerichtet hatte! Und weshalb? Weil er den
Schleier der Romantik um dieses Wochenende hatte legen wollen. "Wie lächerlich!" platzte er
heraus, so dass Cynthia die Augen öffnete und ihn verwundert ansah. "Hast du etwas gesagt,
Griffin?" Ihre Stimme klang sanft und freundlich wie immer. Er lächelte und tätschelte ihr die Hand.
"Nein, nichts, Cynthia, mach die Augen wieder zu, und versuch, dich ein wenig auszuruhen."
"Griffin, was dieses Wochenende be..." "Ich weiß", beruhigte er sie, "es tut mir Leid. Ich verspreche
dir, dass ich es wieder gutmache."
Cynthia seufzte. "Ja, bestimmt wirst du das." Und ob, dachte Griffin. Erstaunlich eigentlich, dass er
sich überhaupt zu Dana hingezogen gefühlt hatte. Sie war schön, ja, aber Cynthia auch. Und
Cynthia war gern Frau und hielt die Wertvorstellungen der Elterngeneration hoch, wo die Frau zu
Hause blieb und der Mann für ihr Auskommen sorgte. Während Dana einem Mann wahrscheinlich
die Augen auskratzen würde, wenn er so etwas nur andeutete. Sie hatte von Anfang an keinen
Zweifel daran gelassen, dass sie in der Lage war, sich selbst zu ernähren und sich in der Männerwelt
zu behaupten. Deshalb brauchte es ihn auch nicht zu verwundern, dass sie genauso bereitwillig
einen besseren Job annahm, wie sie zuvor mit ihm ins Bett gegangen war. Danach hatte sie zwar
behauptet, sich schuldig zu fühlen, aber wer würde das nicht? Wenn man sich mal überlegte, wie er
und Dana übereinander hergefallen waren, obwohl sie von Cynthias und Coakleys Anwesenheit
wussten. Daran war nur Danas Sex-Appeal schuld. Trotz ihrer emanzipierten Art besaß sie davon
unheimlich viel, und deshalb hatte er sich zu ihr hingezogen gefühlt. Aber doch nicht, weil er sie
liebte! Auch Dana war nicht in ihn verliebt, und das war gut so. Schließlich erwiderte er dieses
Gefühl doch nicht, oder?
Auf einmal war Griffin die Kehle wie zugeschnürt. Nein, ich habe mich nicht in Dana verliebt,
dachte er und sah gedankenverloren durchs kleine Flugzeugfenster hinaus in die Wolken. Arthur
und Dana hatten auf der Maschine zum "John-F.-Kennedy"-Airport in New York keine Plätze mehr
bekommen und nahmen stattdessen den Flug um sieben Uhr nach Newark im angrenzenden
Bundesstaat New Jersey. "Wir können ja mit dem Taxi nach Manhattan reinfahren", sagte Dana, die
ganz genau wusste, dass Arthur wahrscheinlich dagegenhalten würde, der Bus sei günstiger. Aber
ob das Taxi jetzt fünfzig Dollar mehr oder weniger kostete, war ihr völlig egal. Sie wollte nur
schnell nach Hause. Doch Arthur nickte einfach nur und sagte, dass es ein guter Vorschlag sei, nach
der Ankunft in Newark mit dem Taxi nach New York zu fahren. Während sie ihre Sicherheitsgurte
anlegten, wandte er sich Dana zu. "Dana? Bist du sicher, dass du mit mir zusammenwohnen willst?"
Er war ganz blass. Aber was hatte sie denn erwartet? Sie wusste ja, dass ihr Heiratsantrag für ihn
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überraschend gekommen war. Schließlich hatte er sich in all den Monaten selbst nicht getraut, sie
um ihre Hand zu bitten.
"Da bin ich mir ganz sicher", sagte sie jetzt, schenkte ihm ein Lächeln und dachte dabei: Der gute
alte Arthur hat bestimmt gehofft, ich würde auch noch den Sonntag in Miami verbringen wollen, um
unsere Verlobung zu feiern. Irgendwann würden sie das auch tun, aber nicht an dem Ort, wo sie sich
wie eine liebestolle Närrin benommen hatte, der ein Mann wie McKenna nur einmal zuzulächeln
brauchte, damit sie mit ihm ins Bett stieg. Und obwohl sie gewusst hatte, dass er sich für einen
unwiderstehlichen Liebhaber hielt und glaubte, Frauen seien nur auf der Welt, um ihm als
Lustobjekt zu dienen, hatte sie sich ihm geradezu in die Arme geworfen! Sie hatte es zugelassen,
dass er mit ihr diese lächerliche Suite nahm und sie verführte ... Was für ein egoistischer,
rechthaberischer Mistkerl er doch war!
Dana hatte plötzlich das Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben. Wem wollte sie hier eigentlich etwas
vormachen? Griffin hatte sie gar nicht zu verführen brauchen. Bereitwillig hatte sie sich von ihm ins
Schlafzimmer tragen lassen und vorher selbst gesagt: "Ich will dich", wie eine ... wie eine ... oh!
Aber sie wäre auf ewig Sein geblieben, wenn er nur gewollt hätte.
Nein, nein, nein! Da machte sie sich doch nur etwas vor. Sie musste der Wahrheit ins Auge sehen.
Sie hatte sich sexuell zu einem Mann hingezogen gefühlt, der ansonsten überhaupt nicht zu ihr
passte, der ganz andere Wertvorstellungen besaß und ... "Dana?" ... den sie von ganzem Herzen
liebte. "Dana, was das Wochenende betrifft ..." Nein, das war doch Unsinn! Ihr Herz hatte gar nichts
damit zu tun. Wegen dieser schmierigen Geschichte mit McKenna hatte sie den lieben, guten,
zuverlässigen Arthur unmöglich behandelt.
"Dana", sagte Arthur jetzt wieder, und diesmal wandte sie sich ihm zu und nahm lächelnd seine
Hand. "Ich weiß. Es war ein furchtbares Wochenende, aber ich verspreche dir, es wieder
gutzumachen." "Nein", sagte er schnell, "das ist ja genau der Punkt. Du schuldest mir nich..."
"Doch", unterbrach sie ihn, auch wenn ihr Lächeln ein wenig unsicher war.
Arthur zögerte, als würde er ihr nicht glauben. Dann seufzte er und sagte: "Ja, bestimmt wirst du
das." Er schloss die Augen, und nach einer Weile tat Dana dasselbe. Dabei nahm sie sich noch
einmal ganz fest vor, alles wieder gutzumachen. Sie würde ihn heiraten, ihm eine gute Frau sein und
lernen, ihn zu lieben und ...
... nicht mehr an Griffin zu denken. Als unter ihren geschlossenen Lidern Tränen hervortraten,
wandte Dana den Kopf ab.
Einen Monat später ging das außerordentliche Meeting, das Griffin McKenna einberufen hatte,
allmählich seinem Ende entgegen, und die Grundaussage war inzwischen allen Anwesenden klar:
Data Bytes schrieb wieder schwarze Zahlen. Tosender Applaus erklang, als der Hauptaktionär selbst
ans Mikrofon trat. Jemand pfiff anerkennend, und Griffin hob lächelnd und um Ruhe bittend die
Hände. "Jetzt habe ich noch mehr gute Nachrichten für Sie", sagte er dann. "Da Data Bytes wieder
auf eigenen Beinen steht, werde ich mich aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Das dürfte
den einen oder anderen unter Ihnen sicher aufatmen lassen." Lachen.
"Wie auch immer, ich bin sicher, Sie kommen auch ohne mich wunderbar zurecht. Aber bevor ich
gehe, möchte ich Ihnen noch etwas zu Ihren Aktienanteilen sagen, die ich zu verdopp..." Er konnte
nicht weitersprechen, weil ihm die Leute bereits zujubelten, darunter auch Jeannie Aarons. Sie
musste Dana heute Abend unbedingt von der Versammlung erzählen. Nicht dass Dana McKennas
nobles Handeln jetzt noch etwas bedeutete, wo sie, Dana, diesen aufregenden neuen Job in Boston
hatte und ihrer gemeinsamen Zukunft mit Arthur entgegensah. Jedes Mal, wenn sie am Telefon
darüber sprachen, sprudelte es nur so aus Dana heraus. Wie toll es in Boston sei und wie glücklich
sie sich schätzen könne, dass Arthur und sie heiraten würden. Obwohl sie sich bisher noch auf kein
Hochzeitsdatum geeinigt hatten ...
McKenna beendete seine kleine Rede, und die Zuhörer applaudierten. "Champagner für alle",
erklärte er noch, zog sich dann aber rasch zurück, nachdem er einige Hände geschüttelt hatte. Seit
diesem Wochenende in Miami erzählte man sich, würde er nur noch ans Geschäft denken. Jeannie
seufzte. Ein Wochenende in Miami! Sonnenwarme Tage, mondbeschienene Nächte und die in der
Gesellschaft von einem Mann wie McKenna zu verbringen war doch der Traum jeder Frau. Und da
kam Dana als Arthurs Verlobte zurück? Nun ja, über Geschmack ließ sich bekanntlich nicht streiten.
Als Jeannie gerade wieder an ihrem Arbeitsplatz saß, erhielt sie einen Anruf von Miss Macy, die ihr
mitteilte, McKenna wolle sie sprechen. Es geschehen noch Zeichen und Wunder, dachte Jeannie
und machte sich gleich auf den Weg zur Vorstandsetage. Sie wurde von Macy auch sofort in
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McKennas Büro weitergewinkt. Aber als Jeannie eintrat, drehte ihr Griffin den Rücken zu und sah zum Fenster hinaus. Sie gönnte sich einen Augenblick, um seine stattliche Gestalt zu betrachten, bevor sie sich räusperte. "Hallo, Mr. McKenna! Sie wollten mich sprechen?" Griffin drehte sich um. "Ah, Ms. Aarons! Nehmen Sie doch Platz." Unwillkürlich dachte Jeannie: Der Mann hat wohl schon lange nicht mehr richtig geschlafen. Er sah zwar immer noch umwerfend aus, aber irgendwie wirkte sein Gesichtsausdruck angespannt, und da waren einige Fältchen, die auf dem Bildschirmschoner-Porträt nicht zu sehen waren. Und persönlich hatte sie ihm noch nie gegenübergesessen. Er schien noch zu überlegen, wie er anfangen sollte. "Ms. Aarons, Sie sind doch ..." Ein rotes Lämpchen blinkte auf seinem Telefon. Er drückte auf einen Knopf und fragte ärgerlich: "Was gibt's denn, Miss Macy? Sie sollten doch keine Gespräche ... Ach, Miss Gooding ist in der Leitung ... Was mit dem Abendessen heute wäre? Hatte ich ja ganz vergessen! Sagen Sie ihr: um sieben Uhr im ,Chez Maude'. Es könnte etwas später werden. Und jetzt bitte keine Anrufe mehr." Dann wandte er sich erneut Jeannie zu. "Ms. Aarons ... " Wieder tat er sich schwer fortzufahren, und Jeannie rechnete schon mit dem Schlimmsten. "... Sie sind doch eine gute Freundin von Dana Anderson." "Ja, Sir." "Hören Sie manchmal noch von ihr?" "Aber natürlich. Wir telefonieren oft miteinander, und heute Abend treffen wir uns." "Dana ist in New York?" Jeannie runzelte die Stirn. So wie McKenna das sagte, hörte es sich an, als würde er sich auf einem sinkenden Schiff befinden und hätte gerufen: "Sie meinen, hier an Bord befinden sich noch Schwimmwesten?" "Dana hat geschäftlich in New York zu tun, danach treffen wir uns, und später gesellt sich auch ihr Verlobter zu uns." McKenna schnitt ein Gesicht und stand auf. "Natürlich", sagte er dann, ging zum Fenster und schob die Hände in die Hosentaschen. "Und was erzählt sie so? Ist sie zufrieden?" "Zufrieden?" Jeannie entspannte sich wieder. Jetzt wusste sie, was McKenna von ihr wollte. Dana war gut in ihrem Job, und McKenna überlegte wohl, ob er sie erneut für Data Bytes gewinnen konnte. "Nun, soweit ich weiß, gefällt ihr die neue Anstellung ..." "Zum Teufel damit!" Griffin wirbelte herum. Seine Augen schienen ganz dunkel geworden zu sein. "Ich frage Sie, wie es Dana persönlich geht, ob sie glücklich ist!" Wow! dachte Jeannie, die in McKennas Gesicht lesen konnte wie in einem Buch. Aus seinen Augen sprach ein Begehren, das ihr den Atem nahm. Was immer da in Florida vorgefallen war, hatte nicht nur neue Kunden für Data Bytes, einen neuen Job für Dana und deren Verlobung mit Arthur zur Folge gehabt. "Ob sie glücklich ist?" überlegte Jeannie jetzt laut, denn die Frage war nicht so leicht zu beantworten. Dana sagte zumindest, dass sie es sei. Eigentlich sagte sie das dauernd. Vielleicht ein wenig zu oft ... und vielleicht wirkten auch ihre Augen manchmal so merkwürdig düster wie jetzt McKennas. "Ich ... Ich weiß es nicht, Mr. McKenna, und das ist die Wahrheit." "Ist sie schon verheiratet?" Jeannie zögerte, schob eine Hand in ihre Rocktasche und überkreuzte Zeige- und Mittelfinger, bevor sie erklärte: "Noch nicht, aber die Trauung findet nächsten Monat statt." McKenna nickte, und Jeannie dachte, dass er noch etwas sagen würde. Aber dann ging er einfach nur zum Fenster und blickte selbstvergessen hinaus. Nach einer Weile verließ Jeannie auf Zehenspitzen das Büro und überlegte, ob es wohl richtig gewesen war, ihm diese Lüge mit Danas und Arthurs Hochzeitstermin aufzutischen. Aber irgendwie hatte sie dabei das Gefühl gehabt, als hätte sie gesagt: "Ja, es sind noch Schwimmwesten an Bord, hier, ich werfe Ihnen eine zu."Ob sie nun falsch oder richtig gehandelt hatte, wusste sie nicht. Auf jeden Fall würden die Dinge jetzt unabänderlich ihren Lauf nehmen. Kurz vor neunzehn Uhr eilte Dana die Third Avenue entlang und wünschte, sie hätte das Treffen mit ihrer Freundin und ihrem Verlobten abgesagt. Nicht weil sie Jeannie nicht sehen wollte oder Arthur, sondern weil sie in Boston noch so viel zu tun hatte. Ihr neuer Job, ihr neues Apartment, ihre Zukunftspläne ... Wie sollte sie das alles unter einen Hut bringen, wenn sie in New York zu Abend aß? Na ja, vielleicht wäre das wirklich eine fadenscheinige Begründung gewesen, um das Essen abzusagen. Aber irgendwie spielte sich in dieser Stadt nicht mehr ihr Leben ab. Ihr Job bei Data Bytes, ihre alte Wohnung, all das gehörte der Vergangenheit an. Genau wie Griffin McKenna. Dana beschleunigte den Schritt. So lächerlich es war, aber sie hatte den ganzen Tag an ihn denken müssen. Und das, obwohl sie sonst nie mehr an ihn dachte. Warum auch? Die Erinnerungen, die sie mit ihm verband an dieses gemeinsame Wochenende in Miami waren peinlich. Nicht nur, weil sie sich dazu hatte
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hinreißen lassen, mit dem größten Macho New Yorks zu schlafen, sondern weil ausgerechnet sie
auch noch versucht hatte, das Ganze ins rosarote Deckmäntelchen der Romantik zu hüllen. Liebe?
Da konnte sie bloß lachen.
Na gut, sie dachte also immer noch an ihn, allerdings nur noch hin und wieder wenn sie einen
Mann sah, der ihm ähnelte oder ein ähnliches Lachen hatte. Und manchmal, ja manchmal träumte
sie auch von ihm. Aber nicht, dass sie mit ihm schlafen würde, nein. In ihren Träumen taten sie all
die Dinge, zu denen sie keine Zeit mehr gehabt hatten: Hand in Hand spazieren gehen, miteinander
essen und lachen und abends eng aneinander gekuschelt auf dem Sofa sitzen und sich unterhalten. In
ihren Träumen teilten Griffin und sie ihre Ansichten, Wünsche und Hoffnungen.
"He, junge Frau, können Sie nicht aufpassen?" Dana murmelte eine Entschuldigung, während sich
jemand an ihr vorbeidrängte. Großartig, einfach großartig! Jetzt war sie schon so in Gedanken, dass
sie fremde Leute anrempelte. Dabei führte es doch zu nichts, noch länger darüber nachzugrübeln,
was mit Griffin und ihr hätte sein können. Warum war sie bloß nicht nach Boston zurückgeflogen,
so wie sie es vorgehabt hatte? Das wollte sie Jeannie eigentlich mitteilen, als sie ihre Freundin am
späten Nachmittag noch einmal angerufen hatte. Aber Jeannie ließ sie irgendwie nicht zu Wort
kommen.
"Ich habe jetzt leider überhaupt keine Zeit", sagte sie kurz angebunden, "wir können ja heute Abend
darüber reden. Es gibt ein brandneues französisches Restaurant: Chez Maude. Todschick und alles.
Treffen wir uns doch da um sieben Uhr, ja?" Dana seufzte. Noch so ein überladenes Restaurant.
Überall Blumen und Kerzen, und bestimmt konnte wieder kein Mensch die Speisekarte lesen. Und
da war es auch schon: Chez Maude! Direkt vor ihr. Sie hatte auch Arthur hierher gebeten, weil sie
wollte, dass Jeannie ihn endlich besser kennen lernte. Vielleicht mochte sie ihn ja doch. Arthur war
ein guter Mensch. Und so verständnisvoll. Ihm war klar, dass sie Zeit brauchte, um sich an die
Vorstellung zu gewöhnen, ihn zu heiraten. Er drängte sie überhaupt nicht. Er hatte das Wort
"Heirat" nicht einmal erwähnt, seitdem sie an jenem Samstagabend von Florida zurückgeflogen
waren.
Arthur hatte wirklich seine Vorzüge. Keine Frage! Aber er war einfach nicht Griffin McKenna.
Unvermittelt traten Dana Tränen in die Augen. Und als sie bei der Restauranttür ankam, rollten ihr
schon die ersten über die Wangen. Dadurch sah sie kaum noch etwas und fühlte sich auch so
unwohl, dass sie dachte: Ich kann Jeannie und Arthur heute Abend unmöglich treffen. Und mit
einem Mal war ihr auch klar, dass sie Arthur beim besten Willen nicht heiraten konnte, nicht,
solange sie noch so viel für Griffin empfand _ also nie. Dana wollte schon umkehren, als sich die
Restauranttür öffnete und ein Mann heraustrat. Dana bemerkte ihn zu spät und ...
... gleich darauf fand sie sich in Griffins Armen wieder.
Griffin hatte im kleinen Eingangsbereich von "Chez Maude" gestanden und war sich dabei wie ein
Gefangener vorgekommen, der auf den Richterspruch wartete. Es erschien ihm von Grund auf
falsch, sich mit Cynthia zum Abendessen zu treffen, während er ausschließlich an Dana dachte, und
das machte ihn unheimlich wütend. Obwohl er sich die ganze Zeit einzureden versuchte, dass er das
Abendessen mit Cynthia schon irgendwie überstehen würde, wäre er doch viel lieber mit Dana
essen gegangen.
Warum dachte er überhaupt noch an die Anderson? Dafür gab es doch gar keinen Grund. Und wie
er sich heute bei Jeannie Aarons zum Narren gemacht hatte! All diese dummen Fragen über eine
Frau zu stellen, die er weder wieder sehen würde noch wollte. Er musste das Kapitel "Dana
Anderson" ein für alle Mal abschließen und ein neues Leben beginnen. Aber das konnte er nur,
wenn er die Vergangenheit ruhen ließe.
Es wurde Zeit, Cynthia zu zeigen, dass sie die richtige Frau für ihn war. Sie würde sich nahtlos in
sein Leben einfügen. Mit ihr konnte man gut auskommen. Sie war sanft und immer freundlich und
ordnete sich jedem seiner Wünsche unter. Niemals würde sie ihm das Leben schwer machen, weil
sie anderer Meinung war. Und niemals würde er sie lieben.
Na und? Eine gute Ehe musste man anpacken wie eine Firma, die Gewinn abwerfen sollte. Hatte
sein Vater das nicht auch immer gesagt? Eine Ehe brauchte eine solide Basis, und die hätte er,
Griffin, mit Cynthia bestimmt. Ein Zusammenleben mit ihr wäre bequem, angenehm ... und
langweilig.
Das wäre es mit Dana nie! Natürlich würde es zwischen ihnen immer Reibungspunkte geben, aber
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umso größer wäre dann die Freude, sich wieder zu vertragen. Dana würde ihn beflügeln, ihre
Gedanken würden ihn befruchten, und wenn er nur daran dachte, sie in den Armen zu halten, ging
ihm das Herz auf. "Verdammt noch mal", murmelte er vor sich hin, bevor er sich umdrehte und die
Eingangstür des Restaurants aufriss. Er wollte kein bequemes Leben führen, sondern ein glückliches
und erfülltes. Er wollte Dana! Sie war irgendwo da draußen. Und er würde nicht ruhen, bis er sie
gefunden und dazu gebracht hatte, ihm ihre Liebe zu gestehen. Selbst wenn er ihr dieses Geständnis
durch intensives Küssen würde abringen müssen. Selbst wenn er gezwungen wäre, die Kirche
ausfindig zu machen, in der sie getraut werden sollte.
Und wenn ich Dana diesem Arthur vom Altar weg entführen muss, dachte Griffin gerade, als er auf
den Bürgersteig hinaustrat und Dana ihm in die Arme stürzte.
Gleich darauf wich sie vor ihm zurück und fragte verwundert: "Griffin?" Sie hatte auf einmal ganz
weiche Knie und dachte: Wie ich ihn vermisst habe! Wenn er doch nur ... Wenn nur ein Wunder
geschehen würde und er sie ...
"Dana, bist du's wirklich?" Ja, o ja! Hier war die Frau, die ihn spüren ließ, was Leben hieß. Sein
Herz klopfte wie wild. Sie musste ihn einfach lieben, verdammt noch mal! "Ich ..." Dana machte
eine vage Handbewegung. "Ich hatte nicht erwartet, dich hier zu treffen."
"So ...", er räusperte sich, "... so geht es mir auch." "Griffin", sagte sie dann atemlos, "Griffin, ich ...
ich ..." Erzähl ihm die Wahrheit, Dana, dass du ihn von ganzem Herzen liebst denn das tust du
doch, das weißt du genau. "Dana ..." Griffin sah in das Gesicht der Frau, die sein Lebensglück in
Händen hielt. "Dana ..." begann er noch einmal, wusste aber nicht, wie er fortfahren sollte. Jetzt reiß
dich mal zusammen, Mann, und stell dich nicht so an! "Du darfst Arthur nicht heiraten", erklärte er
schließlich in seiner Not. "Das lasse ich einfach nicht zu."
"Wie bitte?" Entgeistert sah Dana zu ihm auf. "Also wirklich, McKenna, du kannst doch nicht ..."
"Doch", sagte er, "ich kann und ich werde. Verdammt, Anderson, du heiratest mir diesen Mann
nicht!" "Natürlich tue ich das, ich meine, ich ... wenn ich wollte ..." "Du kannst ihn nicht heiraten",
sagte Griffin und kniff die Augen zusammen, "weil du mich heiratest."
"Wie bitte?" flüsterte Dana. "Sag das noch einmal!" Griffin atmete tief durch. "Ich sagte ... oh, zum
Teufel, Anderson, jetzt komm schon her!" Er streckte die Hände nach ihr aus, aber für den Bruchteil
einer Sekunde _ scheinbar ein unendlich langer Augenblick zögerte sie. Und gerade als Griffin
dachte, er hätte sie für immer verloren, umspielte ihren Mund ein Lächeln, und sie hauchte: "O
Griffin!" Dann fielen sie sich in die Arme und küssten sich.
"Dana", flüsterte Griffin nach einer Weile mit den Lippen ganz dicht an ihren, "mein Liebling!"
"Griffin, ich habe dich so vermisst, dass ..." Wieder küsste er sie. Dann umfasste er ihr Gesicht und
sagte: "Ich liebe dich von ganzem Herzen."
Dana seufzte. "Sag das noch einmal!" Das tat er zwar nicht mit Worten, aber er küsste sie so innig,
dass sie sich an ihn lehnen musste, weil ihr diesmal tatsächlich die Beine den Dienst zu versagen
drohten. "Als du auf dem ,Data Bytes'-Stand in Miami behauptet hast, mit Coakley zusammenleben
zu wollen", raunte Griffin ihr ins Ohr, "wäre ich fast verrückt geworden." "Ich auch, als mir klar
wurde, dass du nur versucht hast, Cynthia zu beschütz..." "Sie zu beschützen?"
"Hm." Dana berührte mit der Zungenspitze ihre Oberlippe. "Weißt du, ihr nichts von uns zu
erzählen, weil du sie liebst."
"O Darling, ich glaube, wir müssen uns mal richtig unterhalten. Cynthia ist ein nettes Mädchen, aber
ich habe sie nie geliebt."
"Und ich nicht Arthur." "Wirklich nicht?" Dana schüttelte den Kopf. "Du bist der einzige Mann, für
den ich jemals wirklich etwas empfunden habe, Griffin McKenna." "Das will ich aber auch
meinen", sagte er bärbeißig, während er vor Freude hätte jubeln mögen. "Und ich will nicht nur der
einzige, sondern auch der erste und letzte sein. Irgendwelche Einwände, Anderson?" "Nein, keinen
einzigen", sagte sie leise, und Griffin umarmte sie noch fester. "Wenn ich an all die Tage und
Wochen denke, die wir verschenkt ..."
Dana stellte sich auf die Zehenspitzen und bedeckte sein Gesicht mit zärtlichen Küssen, bevor sie
ihn so leidenschaftlich küsste wie noch keine Frau vor ihr. "Ich dachte, ich hätte dich verloren",
flüsterte er. "Ich auch. Ich dachte, dass das, was wir hatten ... was uns verbunden hat ... Nun, dass
die Erinnerung daran alles sein würde, was mir bleiben und womit ich mich für den Rest meines
Lebens würde begnügen müssen." Griffin hielt Dana ein wenig von sich ab. Ihre Augen glänzten,
und Freudentränen rollten ihr über die Wangen. Er küsste sie weg und dachte daran, dass er Dana
tatsächlich um Haaresbreite verloren hätte. Dabei wurde ihm ganz anders zu Mute, und er fragte
rau: "Anderson?"
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Lächelnd strich sie ihm über die Wange. "Ja, McKenna!" Er lehnte seine Stirn gegen ihre. "Ich bin
nicht einfach. Ich meine, mit mir auszukommen, ist ..." "Ach, sag bloß!" "Ich bin stur und vielleicht
auch ein bisschen egoistisch." "Ja, ein bisschen."
"Und ich neige dazu, bei Dingen, die mir gehören, sehr besitzergreifend zu sein, und natürlich
kommen meine Machoallüren ..."
"He, McKenna, das wird ja eine richtige Rede! Willst du mir damit etwa sagen, du seist ein bisschen
chauvinistisch angehaucht?" "Ich? Nun, kann schon sein." Sie sahen einander in die Augen, und
Griffin lächelte breit. Aber dann verschwand sein Lächeln. "Anderson?" "Ja." "Wann heiraten wir?"
"Wie bitte? Das ist ja mal wieder typisch für dich! Du hast mich noch nicht einmal gefragt, ob ich
dich überhaupt heiraten möchte, und schon ..." Um ihren Wortschwall zu unterbrechen, küsste er sie
einfach, und danach fragte Dana träumerisch: "Wie wär's mit nächster Woche? Oder ist dir das zu
früh?"
"Nun, ich will dich ja nicht drängen, aber ..." Er lächelte. "Wie wär's mit diesem Wochenende?"
"Das klingt wunderbar!" rief Dana überglücklich, wurde dann aber ganz blass. "O Griffin, wir haben
ja ganz vergessen ..." "Was denn, Darling?"
"Wie bringen wir das Arthur und Cynthia bei?" Griffin seufzte und legte ihr die Hände auf die
Schultern. "Das wird hart."
"Arthur ist danach bestimmt am Boden zerstört." "Und Cynthia auch." "Ich weiß." Dana runzelte die
Stirn und blickte über Griffins Schulter. "Nun, wir müssen ihnen wohl einfach ... Wir müssen ..."
Sie verstummte. "Arthur? Ist das etwa Arthur?"
"Wer? Wo?" Als Griffin sich umsah, fiel sein Blick auf ein Pärchen, das nur wenige Meter von
ihnen entfernt stand und sich umarmte. "Und die Frau bei ihm ist ja Cynthia!" stellte er entgeistert
fest und sagte dann zu Dana: "Sei tapfer, Darling, und überlass das ..." Jetzt wurden die beiden auf
sie aufmerksam, und Cynthia erklärte schüchtern: "Wir ... Wir wollten gerade ... Arthur und ich sind
zufällig zur selben Zeit angekommen und haben euch beide gesehen. Ich meine ... wir haben euer
Gespräch mit angehört und ..."
"Cynthia und ich haben uns an dem Wochenende in Miami ineinander verliebt." Ganz aufrecht
stand Arthur neben Cynthia und hatte ihr einen Arm um die Schultern gelegt. "Es war Liebe auf den
ersten Blick, wisst ihr? Wir wollten es euch die ganze Zeit sagen, aber ..." "... irgendwie war nie der
richtige Moment dazu", führte Cynthia seinen Satz zu Ende. "Und wir wollten euch doch auch nicht
verletzen." "Schließlich beschlossen wir, es euch heute Abend unabhängig voneinander
mitzuteilen." Arthur räusperte sich. "Wir haben uns Sorgen gemacht, wie ihr wohl darauf reagieren
würdet ..." "... aber", fuhr Cynthia fort und lehnte den Kopf an Arthurs Schulter, "so wie es aussieht,
hat sich ja alles wunderbar entwickelt."
Lächelnd wandte sich Dana an Griffin. "Ich würde sagen, das ist eine Untertreibung."
Griffin nickte. "Weißt du, Anderson, ich habe meine Meinung bezüglich des Hochzeitstermins am
Wochenende geändert." Er legte ihr zwei Finger unters Kinn. "Was hältst du von morgen?" Dana
lachte, und Tränen des Glücks standen ihr in den Augen. "Ich würde sagen, das ist die beste Idee,
die du je hattest, McKenna." Griffin widersprach ihr nicht, denn er wusste, dass sie Recht hatte.
Die neuerliche Zusammenlegung der Andersonschen und Griffinschen Aktivitäten warf drei Jahre
später den ersten sichtbaren Gewinn ab: ein Baby einen gesunden hübschen Jungen von
sechseinhalb Pfund. Er hatte die blauen Augen seines Vaters und das goldfarbene Haar seiner
Mutter. Und als er alt genug war, um einige Tage allein bei seiner stolzen Großmutter zu
verbringen, nutzten seine Eltern die Gelegenheit zu einem verlängerten Wochenende in Miami,
wobei sie selbstverständlich im Hotel de las Palmas abstiegen und die Hochzeitssuite buchten.
_ ENDE _
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