Ren Dhark 80 Die Hypno-Falle KURT BRAND Ren Dhark und seine Welt Im Jahre 2050 ist die politische Lage auf der Erde aus...
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Ren Dhark 80 Die Hypno-Falle KURT BRAND Ren Dhark und seine Welt Im Jahre 2050 ist die politische Lage auf der Erde ausgeglichen, jedoch die Erde ist überbevölkert. Da startet der erste Kolonistenraumer „Galaxis“ mit 50.000 Kolonisten an Bord zur Fahrt in den Weltraum, um neue Siedlungsräume zu suchen. Durch einen Defekt im Antrieb geraten die Kolonisten in einen unbekannten Teil der Milchstraße und wissen nicht mehr, wo sich die Erde befindet. Sie gelangen zu einem bewohnbaren Planeten, den sie „Hope“ nennen, gründen hier die Stadt „Cattan“ und entdecken auf einer großen Insel Spuren einer hochentwickelten Kultur. Die Insel wird „Deluge“ genannt. Ren Dhark, den man zum Stadtpräsidenten gewählt hat, findet in einer riesigen Höhle auf Deluge ein Raumschiff der Ureinwohner, der Mysterious, das von ihm den Namen „Point Of“ erhält. Es gelingt Ren Dhark, die Point Of startklar zu machen, und er bricht auf, um die Erde wiederzufinden. Die Suche führt schließlich zum Erfolg. Jedoch die Menschen auf der Erde sind von einer Invasorenrasse, den „Giants“, überfallen und geistig versklavt worden. Ren Dhark versucht, sie zu befreien. Es gelingt ihm, nach einem mentalen Kampf die Führungsspitze der Eindringlinge, „Cal“ genannt, festzunehmen. Sie wird erst wieder freigelassen, nachdem sie das Geheimnis verraten hat, wie man die Menschen wieder zu normalen Erdbewohnern machen kann. Es geschieht mit Hilfe eines Gehirnwellensenders durch Bestrahlung. Die Menschen wachen aus ihrem Trancezustand auf, und die Giants verschwinden von der Erde. Im Brana-Tal befindet sich die „Cyborg“-Station. Dort sind die Wissenschaftler unermüdlich am Werk. Man unternimmt interessante Experimente auf dem Gebiet der Cyborg-Forschung. Die ersten Cyborgs haben bereits ihre Feuerprobe bestanden. Ren Dharks größtes Ziel ist es jetzt, die neue Heimatwelt der Mysterious, der Ureinwohner Hopes, zu finden. Auf einigen fremden Sonnensystemen trifft er auf Spuren der Geheimnisvollen, doch nie die Mysterious selbst. Plötzlich taucht eine riesige Flotte von 20.000 Ringraumern vor Terra auf. Es sind jedoch wiederum nur Robotschiffe. Fast 4000 von diesen „POINT OF’s“ können die Terraner in ihren Besitz bringen. Bei der Verfolgung eines großen Pulks der abgedrehten Ringraumer stößt Ren Dhark mit dem Flaggschiff der Terranischen Flotte, der POINT OF, auf eine Sternenbrücke von 9 Sonnen. Er glaubt sich am Ziel seiner langen Suche. Doch er trifft nicht auf Mysterious, sondern auf die schwarzen Weißen, die er schon von Hidplace kannte. Ren Dhark lernt eine unfaßbare Technik kennen, die
alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Mit Hilfe eines geheimnisvollen Wesens, das sich Mone nennt, kann sich Ren Dhark aus der Gewalt der schwarzen Weißen befreien. Von Mone erhält der Commander auch den Hinweis auf die siebte Sonne der Sternenbrücke. Hier entdeckt er gewaltige Abwehrforts, die auch sofort in Aktion treten, als die Raumer der schwarzen Weißen über der siebten Sonne auftauchen. *** Die beiden entarteten Cyborgs Dordig und Mildan waren nicht tot. Auf Jos
Aachten van Haags Aufforderung bin waren sie neben dem vorletzten
Ringkörper, der auf seine Abwrackung wartete, stehengeblieben. Langsam und
mißtrauisch ging der GSO-Mann auf sie zu.
Ich darf ihnen keine Chance geben, dachte er, obwohl ich gegenüber Cyborgs,
wenn sie auf ihr zweites System geschaltet haben, eine Null bin!
Hinter seinem Rücken drehte sich Manu Tschobe ratlos nach Chris Shanton um.
Aber dem Dicken erging es nicht viel anders als ihm. Der Diplom-Ingenieur
konnte auch nicht verstehen, daß er zwei Männer vor sich sah, die im
hochgehenden Mammut-Aggregat von Jimmy vernichtet worden waren.
„Projektion?“ flüsterte Shanton, der seine Stimme sonst gern und oft im
orgelnden Baß erklingen ließ.
Der Afrikaner schüttelte den Kopf, obwohl er seinen Widerspruch nicht
beweisen konnte. Diese beiden Männer, die ihn vor dem Groß-Transmitterraum
des Industrie-Doms hatten ermorden wollen, waren aus Fleisch und Blut.
Und Jos sah in ihnen potentielle Mörder!
Dordig erkannte die rücksichtslose Entschlossenheit in den Augen des GSO-
Mannes. Er begriff, daß Mildan und er verloren waren, wenn sie jetzt die
kleinste Bewegung machten. Diese Erkenntnis trieb ihn aber auch zu dem Zuruf:
„Van Haag, wir sind waffenlos!“
Jos’ Reaktion war verständlich. „Langsam die Hände hoch nehmen und noch
langsamer zum Aggregat umdrehen.“
Die Cyborgs gehorchten. Van Haag ließ sie nicht aus den Augen. Mit der linken
Hand winkte er Shanton und Tschobe zu; sie sollten folgen. Fast im gleichen
Moment tauchte Jimmy auf. Der Dicke hatte seinen Robothund losgeschickt.
Die Kommando-Impulse über sein Spezialfunkgerät waren unmißverständlich.
Die aus dem Maul heraushängende Zunge des Scotchterriers war mit ihrem
Abstrahlpol auf die beiden Männer gerichtet, die sich gegen die Verkleidung
eines Aggregats stützten.
„Volle Dosis aus allen Schockern, wenn die Brüder einen Trick versuchen!“
bestimmte Jos.
Chris Shanton hatte seine Kaltblütigkeit wiedergefunden. Seine Stimme orgelte
im Baß, als er sagte: „Jimmy wird ihnen schon jede Lust an der kleinsten
Eskapade nehmen.“
„Okay!“ Jos wußte, daß diese Versicherung kein leeres Gerede war. Er hatte
Shantons Spielzeug, dieses Brikett auf vier Beinen, inzwischen liebgewonnen,
obwohl der Scotchterrier eine seelenlose Konstruktion war. Er steckte seine Strahler ein, und gekonnt durchsuchte er erst Mildan, dann Dordig nach Waffen, aber er entdeckte bei ihnen nur das flache Steuergerät, mit dem sich die Cyborgs in den Phant-Zustand versetzen konnten. „Haben Sie umgeschaltet?“ fragte er scharf und lauschte gleichzeitig mit größter Aufmerksamkeit. Nur wer schon öfter mit Cyborgs zu tun gehabt hatte, wenn sie auf ihr zweites System gegangen waren, vermochte den winzigen Unterschied im Ton der Stimme herauszuhören, wenn sie die Umschaltung vorgenommen hatten. „Jos, wir haben nicht… Großer Himmel, warum geben Sie uns keine Gelegenheit, eine Erklärung… “ „Mund halten!“ fauchte Jos Dordig an, und ohne seine Stellung zu verändern, rief er Tschobe zu: „Kann ich die Phant-Steuergeräte ohne Schwierigkeiten abklemmen?“ „Ja, aber nur dann, wenn Sie wissen, wie es gemacht wird“, antwortete der Afrikaner. „Das weiß ich.“ Eine Minute später hatte er beide Geräte in seinem Besitz, dann durchsuchte er die Cyborgs noch einmal, weil er ihnen einfach nicht traute. „Arme herunternehmen und umdrehen!“ „Herrliche Milchstraße“, schnaubte Dordig, „wir sind doch keine Verbrecher, daß man mit uns so verfährt!“ „Nein“, fiel ihm Jos mit schneidender Schärfe ins Wort, „nur Mörder!“ „Reden Sie kein Blech!“ brüllte ihn Mildan an, der keineswegs den Eindruck eines Angeklagten machte. „Auch Sie können keine Idioten für deren Tun zur Verantwortung ziehen, und wir waren zu Idioten gemacht worden, bis uns die Robs wieder kurierten.“ Manu Tschobe wurde hellhörig. Er stellte keine Überlegungen an, warum er diese beiden Cyborgs plötzlich für harmlos hielt, obwohl doch gerade er vom Gegenteil hätte überzeugt sein müssen. „Wo sind die Roboter, von denen Sie kuriert wurden?“ mischte er sich ein. „Auf T-4! Ach so, Sie können ja nicht wissen, was Dordig und ich unter T-4 verstehen. Wir haben die einzelnen Transmitter-Stationen so benannt. Nur T-1 haben wir nie finden können – den Groß-Transmitter im Industrie-Dom.“ „Verdammter Unsinn!“ knurrte Chris Shanton und schob seinen dicken Bauch vor sich her. Drohend baute er sich vor den beiden Männern auf. „Sie haben doch beide vor ein paar Stunden erst versucht, uns drei umzubringen!“ „Das waren nicht Dordig und Mildan gewesen, Shanton“, rief ihm Manu Tschobe zu. „Aber hören wir uns doch erst einmal an, was man uns zu berichten hat.“ „Nicht viel“, hatte Dordig dazu zu bemerken, „selbst wenn wir mit den nicht umgeschalteten Robonen anfangen, die uns gekidnappt haben. Müssen wir deshalb hier in der Abwrackwerft bleiben, oder wäre es im Kasino nicht gemütlicher?“ Die drei Männer ließen sich nichts anmerken. Hatte gerade Dordig einen Bluff
gestartet, als er von einem Kasino sprach? Jos war ein Mann von schnellem Entschluß. „Gehen Sie voraus! Zeigen Sie uns das Kasino!“ Mildan warf den auf sie gerichteten Strahlern einen mißtrauischen Blick zu. „Es ist kein Vergnügen zu wissen, daß jeden Moment ein Abstrahlpol aktiv werden kann. Und die Zunge des Köters macht mich auch nervös!“ „Reden Sie nicht so viel, Mildan! Gehen Sie endlich, oder ich demonstriere Ihnen, daß ich von der GSO bin!“ Das half. Wortlos setzten sich die beiden Männer in Bewegung. Sie gingen zum Ende der Wrackstraße, bogen links vor den Bändern ab und schritten auf eine fugenlose Unitallwand zu. Kurz bevor sie sie erreichten, öffnete sie sich blendenartig, und ein mannshoher Durchlaß entstand. Blaulicht sprang aus den Wänden eines röhrenartigen, geradeaus verlaufenden Ganges. Der Boden war mit schalldämpfendem Belag beschichtet. Die Luft roch frisch und würzig. Angenehm war die Temperatur. Hin und wieder ließ einer der drei Männer den Blick wandern, nur nicht Jimmy. Seine Befehle lauteten, die beiden Cyborgs keine Sekunde aus der Kontrolle zu entlassen und beim geringsten verdächtigen Anzeichen den paralysierenden Strahl einzusetzen. Und Jimmy mit seinem sensorischen Hundegemüt war bereit, seinen Kommando-Impulsen zu gehorchen. „Vorsicht!“ warnte Dordig. „Wir erreichen gleich ein A-Gravfeld, das uns zum Kasino bringt.“ Dieses Kasino schien also doch keine Fata Morgana zu sein. Doch Jos blieb mißtrauisch. „Sagen Sie uns, wenn Sie das A-Gravfeld erreichen!“ Bereitwillig erwiderte Dordig: „Tun wir, aber Sie werden es gleich sehen, wenn wir den Boden unter den Füßen verlieren.“ Unwillkürlich streckte sich Jos Aachten van Haag. Seinem Gespür nach hatte Dordigs Stimme eine Idee zu freundlich geklungen. Sollte sie der Cyborg verhöhnt haben, oder hatte der Bursche auf sein zweites System umgeschaltet, um gegen die Kraft der paralysierenden Strahlen immun zu sein? Aufpassen! befahl sich der GSO-Mann. „A-Grav!“ rief Mildan, der sich hütete, dabei nach hinten zu sehen. In diesem Moment erkannte Jos, daß man sie hereinlegen wollte. Beide Cyborgs bewegten sich auf gleicher Höhe. Beide hatten zur gleichen Zeit das A-Gravfeld erreicht. Beide verschwanden unter den Augen der drei andern, und unter Jimmys unbestechlichem Kontrollblick. Gegen das technische Können der Mysterious war auch er machtlos! Wie ein Sprinter spurtete Jos los, Tschobe besaß fast das gleiche schnelle Reaktionsvermögen. Der dicke Shanton mit seinen zwei Zentnern Körpergewicht hatte mehr Masse zu beschleunigen und einen schweren Anfangsstart, aber dann holte er erstaunlich schnell zu Tschobe auf. Da verschwand Jimmy! Dabei sah der Gang so harmlos und 1eer aus. Jos verspürte leichten Widerstand. Er glaubte keinen Boden mehr unter den Füßen zu haben und rannte dennoch weiter.
Aber in einer anderen Umgebung! Und vor ihm stand Jimmy, der seinen Kopf drehte, und wahrscheinlich alle Ortungen laufen ließ. „Die sind weg!“ Jos mußte sich daran gewöhnen, daß diese Robotkonstruktion wie ein Mensch sprechen konnte, aber es widersprach seinem Empfinden, die Feststellung des Scotchterriers zu akzeptieren. Die Wirklichkeit nahm von seinen Empfindungen keine Notiz. Die beiden Cyborgs waren und blieben Verschwunden. Hinter dem GSO-Mann tauchten die beiden andern aus dem Nichts auf. Chris Shanton stolperte und stürzte um ein Haar über seine eigenen Beine. Das verbesserte seine Laune nicht. Er fluchte wie ein Trampfahrer auf einem verrotteten Handelsraumer. „Wieder einmal ein anderes Transmitter-Modell!“ stellte Tschobe sarkastisch fest, überhörte das berechtigte Fluchen des Dicken und suchte nach einer Steuerung in der Wand, aus der sie herausgekommen waren. Unwillkürlich mußte er an sein Transmitter-Abenteuer auf der POINT OF denken. Damals waren Professor Tim Acker, Jimmy und er auch an einer Stelle im Ringraumer aus der Wand getreten, hinter der niemand einen Transmitter vermutet hatte. Plötzlich erkannte er in der Unitallschicht die Zahlensymbole der Mysterious. Seine Hand fuhr über die glatte Wand. Mit dieser Bewegung veränderte er nichts. Shanton wollte ihn ansprechen. „Lassen Sie mich mal für einige Momente in Ruhe!“ verlangte der Afrikaner. Er wollte mit der schwachen Alpha-Rhythmus-Frequenz seines Gehirns versuchen, die Schaltung in der Unitallwand anzusprechen. Unterdessen sahen sich Jos Aachten van Haag und Chris Shanton in ihrer neuen Umgebung um. Sie befanden sich in einer vollkommen leeren transparenten Kuppel, die mehr als hundert Meter Durchmesser hatte und mitten in den Tiefen eines unbekannten Ozeans zu schwimmen schien. Wohin sie auch sahen, blickten sie ins Wasser hinaus, das auf viele Kilometer künstlich beleuchtet war. Der Eindruck, selbst mitten im Wasser zu sein, verstärkte sich, je länger die beiden Männer die Ungeheuer der Tiefsee betrachteten, die zu ihnen hereinglotzten. Gewaltsam unterdrückte Manu Tschobe seinen Ärger, weil ihnen diese beiden Cyborgs entkommen waren. Der Verlust ihres Phant-Steuergerätes, das auf der Adhesive-Basis arbeitete, traf die Entarteten nicht besonders schwer. Denn nach wie vor konnten sie auf das zweite System schalten und waren damit jedem Menschen in physischer Hinsicht haushoch überlegen. Den Weg schalten, den die beiden Cyborgs genommen haben! dachte er unter stärkster Konzentration immer wieder. Es spielte bei diesem Verfahren keine Rolle, ob die empfangende Station den Begriff Cyborg kannte oder nicht. Da sah er einige Zahlensymbole verschwinden. An ihrer Stelle tauchten andere auf. Der Gesamtwert veränderte sich um vier Stellen. Dichtauf war das Blinken einer Kontrolle in der Unitallwand zu sehen. „Folgen!“ rief Tschobe seinen Begleitern zu und überwand den schwachen
Widerstand und trat durch die Wand. Lichtloses Dunkel empfing ihn. Um ihn herum drohendes Sausen. Seine Hände flogen zum Schalter, und der grelle Lichtkegel seines Scheinwerfers stach durch die Finsternis! Jetzt fluchte auch der Afrikaner. Die beiden Cyborgs hatten ihnen den zweiten Streich gespielt! In einem lichtlosen Riesenraum, in dem es nur unitallverkleidete Maschinensätze größter Dimensionen gab, konnten Mildan und Dordig innerhalb ihres zweiten Systems über Infrarot so gut sehen wie jeder normale Mensch am hellen Tag, aber Tschobe und seine Begleiter waren trotz ihrer Scheinwerfer in diesem Riesenraum hilflos. Da stieß etwas gegen seine Kniekehlen. Jimmy war eingetroffen. Vor seinem Konstrukteur und dem GSO-Mann. „Ich habe sie in der Ortung!“ Jimmy sah über Infrarot. Manu Tschobe hörte, wie die Robotkonstruktion sich in Bewegung setzte. Als er seinen Scheinwerferstrahl in die Richtung der Laufgeräusche schwenkte, riß er seine Augen weit auf. In einem guten 100 Kilometertempo hatte sich das Brikett auf vier Beinen zur Verfolgung der Cyborgs aufgemacht. Neben Tschobe waren nun auch Jos und Shanton angekommen. Der Afrikaner informierte sie. Der Dicke holte sein Spezialgerät aus der Tasche, hielt es in Tschobes Scheinwerferstrahl und las an den kleinen Instrumenten Werte ab. „Was erfahren Sie?“ verlangte Jos zu wissen. Der Dicke zischte eine Verwünschung. „Beim nächsten Umbau verpasse ich Jimmy ein As-Onentriebwerk. Zur Hölle, was hat Echri Ezbal nur in diese Cyborgs hineingebaut? Die Burschen sind doppelt so schnell wie Jimmy. Und jetzt… “ Er schnaufte. „Aus!“ preßte er über die Lippen. „Aus und vorbei. Die Verdrehten haben mal wieder einen Transmitter erreicht und sind darin verschwunden. Na, du Mistviech, komm schon… Laß dir Zeit, mein Lieber!“ Seine letzten Bemerkungen hatten der Robotkonstruktion gegolten. Verwundert fragte Jos: „Hat Ihr liebes Ungeheuer Ihre Worte vielleicht gehört?“ „Und ob. Was meinen Sie, was das Ding in meiner Hand leisten kann? Doch wenn jetzt jemand auf die Idee kommen sollte, wir müßten den Transmitter erreichen, über den die Brüder verschwunden sind, dann passe ich. Für einen Spaziergang von sechs bis sieben Kilometer sind meine Gehwerkzeuge nicht gebaut!“ Manu Tschobe pflichtete ihm auf andere Weise bei. „Es hat keinen Sinn, die Cyborgs zu verfolgen. Sie scheinen die Werftanlage sehr gut zu kennen, während wir Gefahr laufen, uns in diesem Labyrinth zu verirren. Doch mit einem Ausdruck haben uns Mildan und Dordig auf etwas Lebenswichtiges aufmerksam gemacht: Wir müssen trinken und essen. Ich glaube an dieses Kasino, das erwähnt wurde, und es ist wichtig, daß wir es so schnell wie möglich finden.“ Jos als ein Mann der Galaktischen Sicherheits-Organisation wollte so schnell die Jagd auf die beiden entarteten Cyborgs nicht aufgeben. „Uns steht immer noch
der Rückweg über den Kugel-Transmitter im Dschungel offen. Über ihn können wir jederzeit nach Deluge zurückkehren.“ Der Dicke richtete seinen Scheinwerferstrahl auf den GSO-Mann. „So eilig habe ich es nicht mit der Rückkehr, mein Lieber. Aber ich hab Durst, und ich freue mich wie ein kleines Kind auf einen anständigen, vierstöckigen Kognak. Den brauch’ich zur Ölung, sonst laufen sich meine Gelenke fest!“ Jos hatte dem nichts entgegenzusetzen. Wenn der Dicke in dieser Form redete, dann war er Vernunftsgründen nicht mehr zugänglich. Jimmy tauchte aus der Finsternis auf. Wortlos nahm er neben Shanton Platz, der seinen Scotchterrier streichelte. „Versuchen wir dieses Kasino zu finden“, schlug Tschobe vor. „Ich hoffe, daß wir nicht zu lange danach zu suchen haben, wenn es mir gelingt, mich über meine Alpha-Rhythmus-Frequenz verständlich zu machen.“ Damit meinte er die auf Gedankenimpulse arbeitenden Steuerungen jener Transmitter-Modelle, die in unitallverkleideten Wandungen verborgen waren und im Material daneben in die Zahlensymbole der Mysterious sehen ließen. *** Professor Monty Bell, Chef des Forschungs-Zentrums unter Alamo Gordo, hatte den Chefmetallurgen Cir Monk zu sich beordert, kaum daß er von dem geglückten Tofirit-Versuch in den Res-Works F im Ural gehört hatte. Der leitende Arzt der Res-Works F protestierte, als er von dieser Order hörte. Er bestand darauf, daß der übermüdete Monk im Bett blieb. Der Metallurg war anderer Ansicht. Neun Stunden tiefer Schlaf hatten ausgereicht, seine Kräfte zu regenerieren, und die alte Spannkraft beherrschte ihn wieder. In einem Jet flog er nach Alamo Gordo. Von dem Flug nahm er nichts wahr, denn kurz nach dem Start machte er es sich bequem und schlief bis zur Landung in Alamo Gordo weitere drei Stunden. Cir Monk wunderte sich, persönlich von Monty Bell empfangen zu werden. Auf dem Weg zum Besprechungsraum, noch im A-Gravschacht, der sie sechshundertvierzig Meter tief führte, sagte Bell: „Sie wissen, daß ich auf Ihrem Arbeitsgebiet Laie bin. Mit Trawisheim verhält es sich ebenso. Dennoch wird auch er bei Ihrem Vortrag sein.“ „Trawisheim?“ fiel ihm Monk erstaunt ins Wort. „Henner Trawisheim, der Stellvertreter des Commanders?“ „Ja, Monk, denn wir beide möchten aus erster Hand erfahren, ob wir in absehbarer Zeit Raumschiffe bauen können, deren Zellen aus Tofirit bestehen. Es ist von unserer Seite kein Mißtrauen, daß wir Ihnen gegenüber hegen, wenn wir Sie gezwungen haben, sich Ihren Kollegen zu stellen. Allein das Für und Wider interessiert uns. Sie können sich denken, daß die eventuelle Umstellung der Raumer-Bandstraßen aber Milliarden Dollar kostet, wenn Tofirit verwendet wird. Aber warum sehen Sie mich plötzlich so entgeistert an, Monk?“ Sie hatten die Sechshundertvierzig-Metersohle erreicht. Als sie den Gang entlang zum Besprechungsraum gingen, hatte Cir Monk nicht den Eindruck, sich
tief unter Alamo Gordo zu bewegen. Die Wände waren nicht von eintöniger Langweiligkeit, sondern mittels raffinierter Projektionen so aufgeteilt, daß der Eindruck entstand, durch Panoramafenster auf einen Park zu sehen. Ein schwacher Duftzusatz der Luft vertiefte diese Illusion noch mehr. Während Monk sich noch über diese kostspielige Anlage wunderte, dachte er darüber nach, was er Professor Monty Bell auf seine Frage antworten sollte. Er konnte ihm, dem Chef des Forschungs-Zentrums, doch schlecht sagen, er habe sich in seinem Fall wie ein blutiger Laie verhalten. „Nun, Monk?“ drängte Bell, dem das Schweigen des Metallurgen zu lange dauerte. Der nahm seinen ganzen Mut zusammen. „Bell“, sagte er und blickte dabei starr geradeaus, „in meinem Fall gibt es kein Für und Wider. Nach dem von meinen Kollegen und mir entwickelten Verfahren ist das Schwermetall nach der Strukturveränderung kurzfristig spielend leicht zu bearbeiten. Ob es gelingt, diese Frist zu verlängern, kann ich jetzt noch nicht sagen. Technisch müßte die zur Verfügung stehende Zeit aber ausreichen, eine Kugelzelle, die gerade gegossen worden ist, so zu bearbeiten, daß anschließend alle Installationen vorgenommen werden können. Was Sie und Trawisheim gleich von mir und meinen Kollegen hören werden, wird eine Fachsimpelei reinsten Wassers sein, und wer nicht zu dieser Branche gehört, wird kaum etwas verstehen.“ Er sah das feine Lächeln nicht, das um Beils Mund spielte. Eine halbe Stunde später, als die von Cir Monk prophezeite Fachsimpelei im vollen Gang war, war die Reihe sich zu wundern an ihm. Professor Monty Bell stellte ihm präzise Sachfragen: Henner Trawisheim, Ren Dharks Stellvertreter, entpuppte sich als Metallurg! Cir Monk und auch seine Kollegen begriffen nicht, woher diese beiden Männer ihr solides Wissen geschöpft hatten. Alt Bell zum zehnten- und dann zum zwanzigstenmal Detailfragen stellte, unterbrach ihn Monk mit der Frage: „Bell, jetzt verraten Sie mir und meinen Kollegen doch bitte zuerst einmal, woher Sie und Trawisheim dieses immense Fachwissen haben.“ Die beiden Männer, die damit angesprochen worden waren, wechselten einen vielsagenden Blick. Zustimmend nickte Henner Trawisheim, der erste und bisher einzige Cyborg auf geistiger Basis. Sein Intelligenz-Quotient war so groß, daß viele Experten, die ihn nicht hatten überprüfen können, an der I.Q. Bestimmung zweifelten. „Meine Herren, bis vor achtundvierzig Stunden waren Trawisheim und ich auf metallurgischem Gebiet noch Laien. Wir haben uns gestern einer manschen Schulung unterworfen. Das Resultat erleben Sie nun. Damit haben wir Ihnen etwas über eine Versuchsreihe erzählt, die, wenn sie dauerhaften Erfolg hat, die Ausbildung von guten Spezialisten in einem Maße vorwärtstreibt, deren Auswirkungen jetzt noch nicht zu übersehen sind!“ „Eine utarische Schulung?“ Zweifelnd wurde diese Frage gestellt. „Die der Ratekinnen war noch besser!“ hielt Trawisheim dem Zweifler vor. „Leider werden wir ihr Geheimnis nie erfahren, denn die Rateken haben es in
ihrem selbstmörderischen Geschlechterkampf mit in ihr Grab genommen.“ „Arbeitet diese Schulung auf hypnotischer oder suggestiver Basis?“ Monty Bell war für die Beantwortung der Frage zuständig. „Nein, wenngleich unsere Experten zuerst auch diesen Verdacht hatten; aber als uns die Weisheit der Utaren die Unterlagen zur Verfügung stellte und wir sie auf terranische Werte umgerechnet hatten, ergab sich die erstaunliche Tatsache, daß die Ausgangsbasis das kleine und große Gehirn-Strommuster ist. Unsere Schwierigkeiten lagen darin, ein passendes Sedativum zu entwickeln, das den Lernenden wohl in einen leichten Zwangsschlaf bringt, dabei aber nicht die Aufnahmefähigkeit der einzelnen Gehirnpartien herabsetzt. Nur dank unserer großen Suprasensoren, die wir als Informationsgeber benutzten, und der TeamArbeit im Brana-Tal unter Echri Ezbal kamen wir zu dem sensationellen Resultat, innerhalb von weniger als zwei Stunden Norm-Zeit bis zu 18 Milliarden einzelne Informationen einem Schläfer zu oktroyieren. Mit diesen 18 Milliarden stehen wir erst am Anfang der Entwicklung. Die Hoffnung ist berechtigt, daß die Übertragung von Informationen auf ein Drittel der Zeit verkürzt werden kann, wobei Erkenntniswerte bis zu 50 Milliarden Einheiten übermittelt werden. Trawisheim und ich bitten sie, von dieser Meldung noch keinen Gebrauch zu machen, bis Sie im Nachrichtendienst der Regierung von dieser Sache hören. Wenn keine unerwarteten Pannen eintreten, wird der letzte Großtest in etwa vier bis fünf Wochen abgeschlossen und ausgewertet sein.“ Über Monty Beils Gesicht huschte feines Lächeln. Seine knappe Verbeugung hatte Ähnlichkeit mit einer wortlos vorgebrachten Entschuldigung. „Bitte, meine Herren, verzeihen Sie Trawisheim und mir, daß wir Sie mit unserem metallurgischen Fachwissen konsternieren konnten.“ Cir Monk hatte immer wieder den Kopf geschüttelt. Im stillen beneidete er Monty Bell und den Stellvertreter des Commanders. Was er sich in einem langen Studium an Wissen hatte aneignen können, war diesen beiden Männern im Schlaf geschenkt worden. Und daß ihr Wissen gut fundiert war, hatte er eben als Fachmann beurteilen können. Donnerwetter, dachte er wieder, und die Begeisterung schlug bei ihm durch, dieser Bell und dieser Trawisheim, die können was! Die verstehen was von Metallurgie! Schneller als jeder erwartet hatte, ging die Diskussion zu Ende. Obwohl die erste gelungene Strukturveränderung des Tofirits erst knapp einen Tag zurücklag, einzelne Werte noch nicht hundertprozentig genau waren, hatte sich dieses Gremium schnell dazu durchgerungen, Cir Monk seinen Glückwunsch zu dem grandiosen Erfolg auszusprechen. Das bedeutete mit anderen Worten Grünes Licht für den Raumschiffbau, und in absehbarer Zeit würden die Kugelraumer der TF im prachtvollen Rot des Tofirits strahlen. ***
Das Raumschiff Girr-O’s, dieser Gigant aus zwei Kugeln, die durch einen auffallend dicken Ringwulst verbunden waren, gab es nicht mehr. Zwitt hatte zugeschlagen. Zwitt hatte seine Roboter-Wacht alarmiert, und diese Konstruktionen, die variable Zweckroboter waren, hatten die schwarzen Weißen nicht gewarnt, sondern ihr Schiff und die Besatzung vernichtet. Daß sie sich selbst in dem von ihnen entfesselten Inferno auch zerstörten, hatte einem Roboter noch niemals etwas ausgemacht. Ren Dhark, allein in seinem Flash 002, hatte miterlebt, wie sein Blitz von einer Robotergruppe aufgeschnitten wurde, die sich gleich einem Ring um sein Beiboot gelegt hatte. Unitall war wie Butter durchschnitten worden! Vollkommen geräuschlos und anscheinend ohne Anwendung von Energie oder Hitze! Der hinter der Unitallverkleidung liegende Antrieb war abgeschnitten worden, während die Doppelkugel der schwarzen Weißen in einem atomaren Orkan unterging. Für Sekunden hatte der Commander buchstäblich im Freien gesessen. Mit aller Energie kämpfte er die Angst nieder, die ihn überwältigen wollte. In den Zweckrobotern dieses unheimlichen Planeten sah er Gefahr für sein Leben. Daß seine Begleiter in den anderen Blitzen ihm nicht helfen konnten, war ihm klar. Gegen diese bizarre Konstruktion zu kämpfen, die mit einem RaumschiffRiesen der schwarzen Weißen spielend leicht fertig geworden war, bedeutete Selbstmord. Ren Dhark stellte die schwache Bewegung fest. Im gleichen Moment sah er nichts mehr. Dunkelheit umgab ihn. Die Robotergruppe, die seinen Flash auseinandergeschnitten hatte, umgab ihn wie eine zweite Haut. Er fühlte sie überall, und überall war ihr Druck gleich stark, aber es war kein Druck, der seine Angst noch steigerte. Großer Himmel, dachte er, hätte ich doch auf Dan gehört und niemals diese Sternenbrücke gesehen! Leichter Andruck kam auf; so leicht war er, daß er kurz darauf glaubte, sich geirrt zu haben. Was passiert mit mir, fragte er sich, und Angst steckte in dieser Frage. Und was ist in der Zwischenzeit mit den anderen geschehen, mit den Gruppen unter Oberleutnant Roder vor dem äußeren und mächtigsten Ring Fanals? Eine Idee, bettelte er, eine Idee, um aus diesem robotischen Gefängnis wieder herauszukommen und selbst handeln zu können. Blitzartig fiel die zweite Haut ab. Licht stürzte auf ihn von allen Seiten herein. Die Robotergruppe war verschwunden. Er stand. Er stand wie ein kleines Kind, das Todesängste erlebt hat und nun nicht begreift, daß ihm gar nichts passiert ist! Sein nächster Blick bewies ihm, daß doch etwas mit ihm passiert war! Er befand sich nicht mehr dort, wo man seinen Flash zu Boden gedrückt und auseinandergeschnitten hatte. Ren Dhark konnte keinen einzigen Schritt tun! Dafür gab es keinen Platz. Die
konkav und konvex gebogenen Abstrahlpole, die ihn von allen Seiten einschlossen, verhinderten es. Wie in einer eisernen Jungfrau aus dem Mittelalter, dachte er, um gleichzeitig festzustellen, wie die Angst von ihm abfiel. Er sah überall diese Antennenplatten; keine im Durchmesser größer als zwanzig Zentimeter. Sie umgaben ihn vollkommen. Unter dem Klarsichthelm seines Raumanzuges hörte er sich hastig atmen. Im Empfang war es still. Absolute Abschirmung, Konstatierte er, und die ihm eigene Ruhe kam wieder zurück. Er wurde erst stutzig, als das schwache Übelkeitsgefühl in seiner Magengegend zusehends stärker wurde. Aufregung, die ihm auf den Magen geschlagen war? Seine Sinne konzentrierten sich auf diesen ihm unverständlichen Vorfall. Er gehörte nicht zu den Menschen, die aufgrund starker Erregung Schwierigkeiten mit dem Magen bekamen. Ren Dhark versuchte, den Kopf in den Nacken zu legen, um zu erkennen, was sich über ihm befand. Mit seinem halbstabilen Klarsichthelm stieß er hinter seinem Kopf gegen einen dieser Abstrahlpole, deren gebogene Flächen so wunderbar poliert waren, daß sie wie Spiegel wirkten, die ihn jedoch vielfach verzerrt wiedergaben. Dhark bewegte die Augen. Über sich konnte er einen winzigen Ausschnitt erkennen: Ein leuchtendes Band, das dicht über seinem Kopf stand und sich in seinem grünen Strahlen nicht veränderte. Nur die Übelkeit im Magen wurde unangenehmer. Schluß mit dem Herumsuchen, befahl sich Ren Dhark in Gedanken, denn im Augenblick erfahre ich doch nichts. Er schaltete um, wenngleich es ihn Anstrengung kostete, und kämpfte mit allen Willenskräften dieses scheußliche Gefühl in seinem Magen nieder. Ich darf mich nicht übergeben! Ich darf es nicht! Immer wieder hämmerte er sich mit fast suggestiver Kraft diesen Befehl ein. Ich darf es nicht! Ich darf es nicht! Die polierten Abstrahlpole spiegelten sein von Anstrengung gezeichnetes Gesicht wider, dennoch sah er sich nicht. Wie überrascht war er, als er plötzlich feststellte, sich nicht mehr einzuhämmern: Ich darf es nicht tun!, sondern sich befahl: Ich lasse mich nicht unterkriegen! So kann man mit mir doch nicht umspringen! Und im gleichen Moment sah er in den vielen braunen, armdünnen Metallstäben, an deren Enden diese konvex und konkav gebogenen Pole saßen, den Gegner! Er legte sich keine Rechenschaft ab, wer hinter diesem Angriff auf seine Persönlichkeit steckte. Dafür hatte er einfach keine Zeit, weil er nun wußte, daß man ihn angriff. Diese Pole – diese dreißig oder sogar fünfzig Stück – versuchten ihn physisch zu erledigen! Die Übelkeit breitete sich über seinen ganzen Körper aus. Der Schweiß brach ihm aus den Poren. Seine Beine begannen zu zittern, als ob er einen Marathonlauf hinter sich gebracht hätte.
Du hast doch Strahlwaffen! schoß ihm auf einer anderen Bahn dieser Gedanke durch den Kopf. An seine Strahler kam er. Den Blaster balancierte er zwischen die kleinen Lücken der Abstrahlpole höher. Sein Zeigefinger schob sich dem Kontakt näher. Da schwangen sich in einem einzigen und lautlosen Vorgang alle Pole zurück. Gleichzeitig bewegten sie sich nach oben. Der Boden unter Dhark war zu erkennen. Er blickte hoch. Das leuchtende grüne Band erlosch langsam. Verwirrt ließ Ren Dhark seinen Blaster sinken. Als absurd wies er den Verdacht zurück, daß zwischen seinem Vernichtungswillen und dem Hochschwenken der unerklärlichen Anlage ein Zusammenhang bestehen könnte, wenn auch die Tatsache nicht zu leugnen war, daß sich alles bewegt und entfernt hatte, als er sich mit der Energie aus seinem Blaster den Weg freikämpfen wollte. Dhark, willkommen auf der siebten Sonne der Sternenbrücke, die ihr Zwitt nennt! Dieser unerwartete Gruß in seinen Gehirnwindungen traf ihn wie ein Schlag. War er auf einem Planeten der Sternenbrücke nicht schon einmal in dieser Form empfangen worden, und hatte man ihn nicht aufgefordert, einen Xe-Flash zu benutzen? Und später hatte sich herausgestellt, daß das alles das Werk der schwarzen Weißen gewesen war. Und Girr-O und seine schwarzen Weißen, die den fünften Planeten der fünften Sonne nur als Station benutzten, hatten doch auch mit den Piloten Wonzeff und Doraner ihr übles Spiel getrieben. Der Commander wirbelte herum. Zum erstenmal sah er den Raum, in den man ihn gebracht hatte. Vorhin, als die Robotergruppe sich aufgelöst hatte, um in vielen unregelmäßigen Einzelgliedern davonzuschweben, war ihm keine Gelegenheit gegeben worden, sich umzusehen, denn gleich einer undurchlässigen Glocke hatte sich diese Anlage mit den vielen Abstrahlpolen blitzschnell über ihn gestülpt. Der Raum war eine Kugel. Eine Hohlkugel, auf deren Innenseite er stand. Ein Raum, von Blaulicht erhellt. Ein Raum, in dem es außer der spiegelnden Innenwandung nur ihn, den Terraner, gab! Ren Dharks Blick tastete die Rundung entlang. Er versuchte den Durchmesser dieses Raumes zu bestimmen. Zwanzig Meter? Oder fünfzig? Oder sogar hundert? Seine Umwelt war unwirklich. Sie besaß keinen realen Charakter. Und der Commander erinnerte sich der meisterhaften Projektionen, mit denen man ihn und seine Begleiter düpiert hatte. Und war nicht die gesamte Besatzung der POINT OF ein Opfer dieses technischen Könnens geworden, als sie alle geglaubt hatten, in ein Gebäude einzufliegen, das sich mehr als achttausend Meter hoch über der Stadt mit den Spiraltürmen befand? Warum konnte er den Durchmesser der Hohlkugel nicht schätzen? Weshalb schwankten seine Schätzungsresultate zwischen zwanzig und hundert Meter? Er hatte so hart die Zähne aufeinandergepreßt, daß sein Kiefer zu schmerzen
begann.
Er blickte zu Boden, hob das rechte Bein und stampfte fest mit dem Fuß auf.
Der Boden war real, wie jenes Gefängnis in dem Bauwerk über der
Spiralturmstadt, aus dem er sich mit Riker und den beiden Flashpiloten hatte
befreien müssen; dennoch war alles Projektion gewesen!
Hier auch?
Er hielt den Blaster immer noch in seiner rechten Hand. Den benötigte er
vorläufig nicht mehr, aber als er ihn einstecken wollte, zögerte er. Ein schier
wahnwitziger Gedanke war ihm durch den Kopf geschossen, der zwar mit seiner
Strahlwaffe nicht das geringste zu tun hatte, ihn jedoch in seiner Absurdität
zwang, die Waffe in der Hand zu halten.
Commander Ren Dhark, eingesperrt in einer Hohlkugel, setzte sich in
Bewegung.
Er ging die Rundung hinauf!
Er ging immer weiter!
Und wo er sich befand, war unten!
Überall!
Dhark blieb stehen. Auf seinen Para-Schocker konnte er verzichten.
Er legte ihn zu Boden, ging weiter und ließ ihn hinter sich. Seine gleichgroßen
Schritte zählte er. Über den Umfang der Hohlkugel wollte er ihren Durchmesser
berechnen.
Dhark, gib den Versuch auf, denn er führt zu keinem Resultat! Wieder hörte er diese unpersönlich klingende Stimme in seinem Kopf: Impulse,
die in seinen Gehirnwindungen zu unmißverständlichen Begriffen geworden
waren. Zugleich hatte man ihm den Beweis geliefert, daß er nicht nur beobachtet
wurde, sondern daß man auch seine Gedanken las.
Telepathie?
Die Antwort auf diese Frage interessierte den Commander nicht. Trotz der
Aufforderung, den Versuch abzubrechen, war er unbeirrt weitergegangen.
Der hundertste Schritt war getan!
Er blieb stehen.
Er drehte sich nach seinem zurückgelassenen Para-Schocker um.
Die Waffe lag genau über ihm!
Er mußte den Kopf weit in den Nacken legen, um sie hoch über sich, auf der
anderen Antipode, sehen zu können. In Gedanken triumphierte er schon, daß er
sich nicht hatte abhalten lassen, sein Experiment durchzuführen, als er
aufgefordert wurde, seinen Versuch zu beenden.
Wieder ging er. Es war schwierig, in dieser Hohlkugel ohne Anhaltspunkte nicht
die Richtung zu verlieren.
Zum zweitenmal hatte er den hundertsten Schritt getan.
Aber er hatte seinen Para-Schocker nicht erreicht, obwohl er bei seinem
Meßgang kaum aus der vorgesehenen Richtung gekommen war.
Hypnose! dachte er, und weiter: Diese Mätzchen!
Nein, sagte die Stimme in seinem Kopf, denn du wirst weder durch Hypnose,
noch durch einen schlechten Scherz beeinflußt. Du erlebst Zwitts Herz, den
Mittelpunkt der siebten Sonne, den Girr-O das Tor zur Sonnt genannt hat.
Ren Dhark hatte Angst, sein Herz könnte in diesem Augenblick stehenbleiben.
Er befand sich im Mittelpunkt des Planeten Zwitt, der von einer Sonnenkorona
umgeben war?!
Daran ist nichts besonderes, sprach die Stimme weiter. Auch nicht daran, daß
sich der Durchmesser dieses Hohlraumes ununterbrochen verändert. Die
Kräfte, die entwickelt werden konnten, um auch Zwitts Energien zu nutzen,
mußten in einem gesunden Verhältnis bleiben. Deshalb ist dieser Hohlraum
auch nicht völlig stabil.
Woher kamen die Impulse, die ihm Aufklärung gaben?
Während er sich suchend umsah, fiel sein Blick zufällig auf den absichtlich als
Markierungszeichen zurückgelassenen Para-Schocker.
Keine dreißig Schritte trennten ihn!
Innerhalb weniger Sekunden mußte die. Hohlkugel mehr als zwei Drittel ihres
Durchmessers verloren haben, und er hatte davon nicht das geringste bemerkt!
Der Planet Zwitt hatte den fremden Raum in seinem Mittelpunktsbereich von
allen Seiten zusammengepreßt.
Sie haben das Intervallfeld benutzt, schoß es dem Commander durch den Kopf.
Nein! erwiderte die Stimme. In diesem Fall war es unmöglich, weil Intervallum
und Korona nicht miteinander harmonieren! Allein aus diesem Grund mußte
Vorsorge getroffen werden, daß die POINT OF keinen Versuch unternehmen
konnte, durch die Sonnenhülle zu fliegen!
Ren Dhark mußte sich bewegen. Still auf der Stelle zu stehen, war eine
zusätzliche Belastung. Allein wenn er sich vorstellte, wie groß Zwitts
Durchmesser war und welche Drücke und Hitzegrade im Gebiet seines
Mittelpunktes herrschten, dann drohte ihn das Grauen zu übermannen. Und wie
dieser kugelige Hohlkörper zusammengepreßt wurde und sich wieder ausdehnte,
konnte er jetzt am zurückgelassenen Para-Schocker beobachten.
Die Waffe war inzwischen wieder soweit entfernt, daß er sie kaum erkennen
konnte!
Du kannst den Raum verlassen und bis zur äußeren Schah gehen, wann immer du willst! Und ob Dhark wollte! Aber er vergaß seinen Para-Schocker nicht. Mit weitausgreifenden Schritten ging er darauf zu. Überall, wo er sich aufhielt, war unten, und wo seine Waffe zu sehen war, ebenfalls unten. Seine Achtung vor der Technik der Geheimnisvollen, die von den Terranern den romantischen Namen Mysterious erhalten hatten, wurde noch größer, als sie es bisher schon gewesen war. Er erreichte seine Waffe kurz nach dem Vorgang, in dem die Hohlkugel von planetarischen Kräften wieder stark zusammengepreßt wurde. Innerhalb weniger Sekunden verringerte sich die Distanz so auffallend, daß Dhark unwillkürlich den Atem angehalten hatte, stehengeblieben war und allen Ernstes damit rechnete, jetzt mit dem Hohlraum zerdrückt zu werden – eins zu werden mit dem Planeten Zwitt, dem Intelligenzen seinen Mittelpunkt streitig gemacht hatten.
Doch die Technik der Mysterious widerstand auch diesem Angriff.
Die Hohlkugel brach nicht in sich zusammen; sie behauptete weiterhin ihren
Platz und ihre Existenz.
Ich will diesen Raum verlassen, dachte Dhark unter Aufbietung aller
Konzentrationskräfte, und der nächste Schritt führte ihn mit kaum fühlbarem
Widerstand hinaus und in einen anderen Raum hinein.
Er stand nun auf der Außenseite der sich verändernden Hohlkugel, und die
gebogene Decke über ihm war die Innenseite einer darüberlagernden anderen!
Er entdeckte die Instrumentenwand, ein Schaltpult davor, und unwillkürlich
wurde er an die Zentrale auf W-4 erinnert.
Schon wieder hörte er die unpersönlich klingende Stimme in seinen
Gehirnwindungen.
Der Planet, den ihr W-4 genannt habt, ist von uns vernichtet worden! Nach einigen Minuten gab Ren Dhark den ungleichen Kampf mit seinen schwachen Alpha-Rhythmus-Impulsen auf. Der unbekannte Auskunftgeber ließ sich zu weiteren Erklärungen über den Untergang von W-4 nicht zwingen. Doch ahnte die Stelle, welchen Schock sie Ren Dhark mit dieser Information verpaßt hatte? Die Mysterious waren die Mörder einer Sauerstoffwelt gewesen! Sie hatten die Planeten-Bombe gezündet und eine Sternenkugel wie morsch gewordenes Holz zerbrochen! Mit Gewalt befreite sich der Commander aus seiner Depression. Eine Rasse, die das astronomische Wunder fertigbrachte, ein Sonnensystem zu erstellen wie sie es innerhalb der Sternenbrücke mit dem siebten System bewiesen hatten, mußte schwerwiegende Gründe gehabt haben, eine von ihr beherrschte Welt zu vernichten. An dieser Stelle seiner Überlegungen begann Dharks Herz schneller zu schlagen! Die Mysterious lebten! Mit der Vernichtung von W-4 hatten sie den Beweis ihrer Existenz geliefert!
Er erwartete, daß sich jetzt die Stimme wieder hören ließ, doch seine Erwartung
erfüllte sich nicht.
Dhark überflog die Instrumente. Sein Gesicht entspannte sich, als er seinen
Klarsichthelm öffnete und ihn über den Kopf zurückstreifte.
Kühle und würzige Luft umgab ihn. Es war eine Luft- und Geruchsmischung,
als ob man sie gerade frisch aus einem Tannenhochwald der Rockies nach hier
geschafft hätte.
Der Commander rührte keinen einzigen Steuerschalter an, aber je weiter er an
der Instrumentenwand entlang ging, um so vertrauter wurde ihm alles.
Unbekannte Symbole der Mysterious konnte er plötzlich deuten, und als er vor
der Wand stand, die fugenlos war, schritt er einfach weiter. Voll und ganz
verließ er sich auf die Auskunft, bis zur äußeren Schale gehen zu können.
Abermals erlebte Ren Dhark seine Sternenstunde!
Nach Überwindung des kaum spürbaren Widerstandes befand er sich in einem
Archiv der Mysterious!
In seinen Schläfen pulste das Blut. Beide Hände preßte er dagegen. Er sah den kleinen, ihm aus der Ringraumerhöhle so vertrauten Auffangkorb! Er verlangte nach Wissen – nach Wissen über das Tor zur Sonne; er wollte alles übet die Sternenbrücke erfahren; alles über die Mysterious und auch über die schwarzen Weißen und ihre humanoid aussehenden Roboter! Eine Archiv-Scheibe fiel in den Korb. Sie war aus Metall und sah grau aus. Ihr Durchmesser war ihr bekannt: 4,?? Zentimeter, und die Dicke betrug 0,9 Zentimeter. Enttäuschung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er sie in der Hand hielt. Mutlos blickte er sich um. Hier gab es keinen Spezialsender, der mit 19.500 Herz arbeitete und auf dieser Frequenz die Archiv-Scheibe öffnete, um den Inhalt freizulegen: eine knapp einen Millimeter große schneeweiße Kugel aus synthetischem Stoff einer unbekannten Molekülkette, die sich sofort in Wasser oder Magenflüssigkeit auflöste, um damit das in ihr gespeicherte Wissen freizugeben. Der Sender befindet sich neben dem Auffangkorb rechts! Dort gab es nur die bis auf den Schlitz glatte Metallwand. Dennoch machte Dhark den Versuch. Seine Hand, in der sich die Archiv-Scheibe befand, stieß durch das Metall, ohne den geringsten Widerstand zu verspüren. Für einen Augenblick erlag er der Täuschung, keine rechte Hand mehr zu besitzen und den Armstumpf gegen die glatte graue Fläche gedrückt zu haben. Hastig zog er seine Hand zurück. Als er sie öffnete, sah er in der geöffneten Scheibe eine Mentcap liegen. Bedenkenlos führte Dhark die kleine weiße Kugel zum Mund und schluckte sie. In der Ringraumerhöhle hatte er viele dieser Mentcaps geschluckt und auf diesem Weg sein Wissen über die POINT OF erworben. Er und der Sibirier Arc Doorn waren bis heute die einzigen, die ein umfassendes Wissen über den Ringraumer besaßen, wenngleich dieses Wissen auf verschiedenen Gebieten mangelhaft war. Damals, in den Höhlen Deluges, hatten sie auch erfahren, daß diese Mentcaps ihr Wissen nicht einfach verschenkten, wer sich mit den so leicht erworbenen Kenntnissen nicht intensiv beschäftigte, hatte nach zwei bis drei Wochen keine Ahnung mehr davon. Schlagartig brach der Inhalt der kleinen weißen Kugel bei Ren Dhark durch. Er befand sich in der Kommando-Zentrale der Sternenbrücke! Aber Zwitt war nicht das Tor zur Sonne! Diese Angaben darüber waren unklar. Im nächsten Augenblick wäre er in der Lage gewesen, die Hohlkugel mit ihren sieben Schalenräumen maßstabgetreu mit allen wichtigen Einzelheiten zu zeichnen. Energieerzeuger. Schwerkraft-Regler. Druckabsorber, in regelmäßigen Abständen über die gesamte Station verteilt. Achtzehn Maschinenräume. Sie nahmen vier Fünftel des gesamten Volumens ein. Wohnräume, nach Mannschaftsgraden unterteilt. Die Kabine des Kommandanten neben der FunkZ, gleichzeitig mit einem Transmitter ausgerüstet, um den Kommandanten an
jeden gewünschten Punkt der siebten Schale zu bringen, die ein einziger Bildschirm war! Der Commander der Planeten, Ren Dhark, schluckte Wissen in Form von schneeweißen synthetischen Kugeln. Aber er erfuhr bei dieser Flut an Informationen auch, daß der letzte Mysterious vor. rund tausend Terra-Jahren diese Station verlassen hatte. Ma-Soor! Ein paarmal sprach Ren Dhark den Namen eines Geheimnisvollen leise vor sich hin. Ma-Soor! Ma-Soor… und er lauschte dem Klang dieses Namens nach – dem ersten Namen eines Geheimnisvollen. Dann stoppte er abrupt die Einnahme der Mentcaps. In Gedanken wünschte er sich in diesem Augenblick seinen Stellvertreter Henner Trawisheim herbei, den Cyborg, der niemals etwas vergaß, und der vielleicht auch nicht durch zusätzliches Erarbeiten das eingenommene Wissen in seinen Erinnerungsspeichern festhalten mußte. Aber Henner Trawisheim war nicht verfügbar. Er saß auf Terra in Alamo Gordo – und Terra lag viele, viele tausend Lichtjahre tief im Sternenmeer.
Dhark hielt die letzte Archiv-Scheibe noch in seiner Hand, als er aufmerkte.
Diese Station im Mittelpunkt des Planeten Zwitt besaß keinen Checkmaster!
Keine einzige Mentcap hatte ihm darüber eine Information geliefert. Aber auch
die schwarzen Weißen waren nicht erwähnt worden, und ebenfalls nicht das
System, zu dem der inzwischen vernichtete Planet W-4 gehört hatte!
Dhark, der keine Mentcap mehr schlucken wollte, um von dieser Flut an Wissen
nicht überwältigt zu werden, konzentrierte noch einmal seine Gedanken auf die
Punkte, die ihm gerade eingefallen waren.
Der Schlitz warf keine Scheibe in den Auffangkorb!
Das Archiv enthielt darüber also kein gespeichertes Wissen!
„Sterne und Boliden“, sagte Ren Dhark mehr verwirrt als verärgert, „woher hat
dann der unbekannte Auskunfterteiler von W-4 und den schwarzen Weißen
gewußt?“
Informanten waren die stellaren Kontrollen! Abermals hatte sich die unpersönlich klingende Stimme gemeldet, aber was
unter dem Begriff stellare Kontrolle zu verstehen war, erklärte sie nicht.
Eine Ahnung hatte der Commander, aber auf welcher Basis diese Kontrollen
arbeiteten, konnte er sich nicht vorstellen.
Seine Anwesenheit und die seiner Männer mußte dieser Kontrolle schon bald
nach der Landung der POINT OF bekannt gewesen sein.
Die drei Flammenbogen! Dhark verzichtete darauf, weitere Informationen einzuholen. Sie verwirrten ihn mehr, als daß sie ihm eine klare Übersicht verschafften. Er war nicht in der Lage, sich vorzustellen, daß die drei Flammenbogen über der Tempelanlage etwas mit einer stellaren Kontrolle zu tun haben konnten. Er machte sich auf den Weg zur Kabine des Kommandanten. Der letzte Mysterious, der sie bewohnt hatte, hatte den Namen Ma-Soor getragen.
Eine Schale nach der anderen passierte er. Seine Mentcap-Kenntnisse ließen ihn auf den ersten Blick erkennen, wo er sich aufhielt und welchem Zweck die einzelnen Räume dienten. Dann trat er durch die Wand und stand in Ma-Soors Kabine! Er glaubte in der POINT OF zu sein. Dieser Raum unterschied sich in keinem Detail von seiner Kabine. Doch damals, als sie die fast fertiggestellte POINT OF entdeckt hatten, waren alle Kabinen bis auf die Einrichtungsstücke leer gewesen. Aber hier auf dem kleinen Schwebetisch lagen Gegenstände! Und auf dem Lager auch! Als ob Ma-Soor überstürzt diesen Raum verlassen hatte! Ein Etui, dunkelblau, geschlossen, lag neben drei Gegenständen, die er nicht deuten konnte. Auf dem Lager, das verwühlt war, ein schillernder Gurt, an dem zwei Strahlwaffen klebten. Daneben vier Folien, wie der Commander sie seinerzeit auf Mirac kennengelernt hatte, als er und Riker den im Fels versteckten Flash aufspürten. Sein. Blick wanderte weiter. Er suchte die Wand ab. Kein Bild, kein Foto, dachte er, als er die Augen etwas zusammenkniff und an eine Sinnestäuschung glaubte. Die leere Stelle an der Wand über dem Lager war nicht mehr leer. Er sah einen unitallblauen Ringraumer – das Gegenstück zu seiner POINT OF, nur konnte es nicht das Flaggschiff der Terranischen Flotte sein, weil unbekannte Schriftzeichen im kräftigen Goldton auf der Oberfläche der Ringzelle angebracht waren. Für einen Moment wanderten Dharks Gedanken ab Synchron damit verblaßte das Bild, und die Wand über dem Lager war wieder leer. Ein eigenartiges Gefühl beschlich ihn. all er die Zusammenhänge verstand, aber ihm kam nicht der Wunsch, daß terranische Technik auf diesem Gebiet jemals diesen Grad der Perfektion erreichen würde. Vielleicht war diese Entwicklung nur das Resultat aus der Mentalität der Mysterious, die trotz Beherrschung der größten technischen Probleme im Grunde einfache Intelligenzen geblieben waren. Vorsichtig griff Dhark zu dem schillernden Gurt, an dem zwei Strahlwaffen klebten. Er war erstaunlich leicht. Bevor er eine der Waffen berührte, betrachtete er sie von allen Seiten. Vor Jahren, auf der Flucht vor Rocco, hatte er im Industrie-Dom einen EnergieStrahler der Mysterious gefunden; die einzige Waffe bis zum heutigen Tag. Aber eines Tages war ihm dieses unersetzliche Modell entwendet worden, als man ihn entwaffnete. Seine Augen weiteten sich unwillkürlich, als er an der Kapazitätsanzeige den Wert ablas. Hundert Prozent aufgeladen! Die zweite auch. Trotz tausendjähriger Lagerung! Behutsam schraubte er seine Finger um den Kolben. Im gleichen Moment lag die Waffe in seiner Hand. Sie hatte sich vom schillernden Gurt gelöst. Langsam brachte er sie wieder näher heran. Die Kraft in seinen Fingern reichte nicht aus,
sie festzuhalten. Sie entglitt ihm und klebte wieder am Gurt. Kühl, aber weich fühlte sich das schimmernde Material an. Ma-Soor, der diese Waffen getragen hatte, mußte einen doppelt so großen Leibesumfang gehabt haben wie Dhark. Lautlos sprang der Gurt auf Ahnungslos legte der Commander ihn sich probeweise um. Er brauchte die Länge nicht zu verstellen. Sie hatte sich automatisch angepaßt und saß mit den angeklebten Waffen ohne Druck um seine Hüften. Panisches Entsetzen sprang ihn im nächsten Augenblick an. Die Kabine schrumpfte zusammen! Die Station im Mittelpunkt des Planeten Zwitt wurde wieder einmal von unvorstellbaren Gewalten zusammengepreßt. Die Decke kam herab! Der Boden stieg! Die Wände wurden niedriger! Aber die Einrichtungsgegenstände in der Kabine nicht. Hilflos blickte sich Dhark nach allen Seiten um, und erleichtert atmete er auf, als er feststellte, daß das Schrumpfen ein Ende gefunden hatte und Wände, Decken und Boden sich wieder ausdehnten. „Hier leben? Hier ein Jahr leben?“ Die eigene Stimme klang fremd. Die Wände warfen den Schall ohne jede Dämpfung zurück Bei dem Gedanken, sich im Mittelpunkt eines Planeten aufzuhalten, kroch ihm das Grauen über den Rücken. Er suchte nach dem Transmitter, der sich neben dem Lager in der Wand befinden sollte. Wie diese Anlage bei den sich ständig verschiebenden Massen arbeiten konnte, war ihm rätselhaft. Einrichtungen terranischer Technik hätten dieser Dauerbeanspruchung kein Jahr lang widerstanden. Ren Dhark bewies mit der flüchtigen Inspektion der Station, über welch großes Maß an Beherrschung er verfügte, obwohl ihn mehrfach der Gedanke reizte, die Macht, die von dieser Zentrale aus zu steuern war, auf einzelnen Sektoren zu entfesseln. Dieser Ort, im Mittelpunkt eines Planeten, entschied über Fortbestand oder Untergang der Sternenbrücke! Aber keine einzige Mentcap hatte verraten, warum die Mysterious diese kostspielige Anlage errichtet hatten. Was hatte sie zu schützen? Warum war Zwitt hinter einer Sonnenkorona versteckt worden? Wo lag das, was mit den unvorstellbaren Kräften von acht Sonnen behütet wurde? Fragen über Fragen. Auf keine hatten die Mentcaps eine Antwort gegeben! Aber war es im Höhlensystem auf Deluge nicht genauso gewesen? Der Transmitter in der Wand war zu sehen. Ren Dhark aktivierte seinen schwachen Alpha-Rhythmus. Die Gehirnströme, die von ihm ausgingen, wurden empfangen, ausgewertet, und als er durch den Transmitter stieg, kam er im siebten Schalenraum an der Stelle vor der Bildprojektion heraus, die er erreichen wollte. Er sah Fanal! Er sah die Männer um Oberleutnant Roder. Der blickte gerade auf sein Chrono. Blitzschnell verglich Dhark auf seinem Zeitgeber. Unmerklich lächelte er. Diese
phantastische Bildwiedergabe in den Tiefen eines Planeten gab ihm nun das sichere Gefühl, daß diese Station allen Drücken und Gewalten standhalten würde. Gewaltig war die Innenseite der äußeren Kugelwandung. Vielleicht hatte sie in diesem Augenblick ihre maximale Ausdehnung erfahren. Der gewölbte Boden, die gewölbte Decke – eine ununterbrochene Panoramascheibe machte sich nur bei scharfem Hinsehen bemerkbar. Mehr als fünfzig Meter mußte der Commander zurücklegen, um auf der Wiedergabe die drei Flash zu sehen. Aufgeschnitten die 002; darum herum die drei Piloten mit Dan Riker und Arc Doorn. Er konnte sehen, wie sie ihre Lippen bewegten und bedauerte es, sie in diesem Augenblick nicht sprechen zu hören. „… und das will mir nicht in den Kopf!“ sagte Dan Riker und deutete erregt auf die glatte, kratzerlose Schnittstelle. „Großer Himmel!“ stieß Ren Dhark aus, der den Eindruck abwehren mußte, dicht neben Riker zu stehen und ihn sprechen zu hören. Aber er hörte ihn doch! Und jetzt den Sibirier, er in seiner wortkargen Art sagte: „Hier haben wir es mit dem erstklassigen Beispiel einer Strukturauflösung zu tun! Hier ist weder geschnitten noch gebrannt worden. Und das zwingt mich, mir über Dharks Schicksal nicht besonders große Sorgen zu machen!“ Unwillkürlich schmunzelte der Commander, der interessiert miterlebte, wie alle drei Flashpiloten Arc Doorn widersprachen, ihn aber damit nicht aus der Reserve zwingen konnten. Er hatte seine Meinung gesagt, und damit war der Fall für ihn erledigt. „Aber wir können hier nicht bis zum Jüngsten Tag auf Ren warten.“ Rikers unsichere und ungeduldig vorgebrachte Bemerkung zwang dem Commander den Entschluß auf, die Station zu verlassen. 45-8 in der sechsten Kugelschale! Er hatte den Plan genau im Kopf. Und ein Blick auf die Koordinatenlinien des Kugelschirms sagte ihm, wo sich die fünf Männer aufhielten, die immer noch nicht verstehen konnten, daß auch ein Flash wie eine Konservendose zu öffnen war. In 45-8 kam Dhark an. Die graue Transmitter-Antenne war ihm vertraut. Die Steuerschaltung auch. Die Koordinaten hatte er nicht vergessen. Nur war ihm rätselhaft, wie er seine Begleiter erreichen würde, denn Zwitts Oberfläche konnte doch unmöglich ein einziger Transmitter sein. Sein Herz klopfte doch ein wenig schneller, als er durch den Antennenkreis trat. „Hallo!“ stieß er verblüfft aus, und dann benötigte er auch ein paar Sekunden, um sich klar zu werden, daß er wie eine Transitionsbombe aus dem Mittelpunkt Zwitts zur Oberfläche verschickt worden war. „Mensch, schließ den Raumhelm!“ brüllte ihn Riker über Helmfunk so laut an, daß, er den Ruf aus seinem zusammengeklappten Helm deutlich vernahm. Mit einem Ruck zog Ren Dhark ihn üben den Kopf und der Klarsichthelm wurde innerhalb Sekunden halbstabil. Von allen Seiten wurde er mit Fragen
bestürmt. Er ging auf keine einzige ein. Zuerst wollte er das Rätsel lösen, wie er zwischen seinen Freunden wieder existent werden konnte. Als er zu der Rohröffnung hinübersah und das leichte Flimmern im Bereich der dunklen Öffnung erkannte, verstand er alles. Aber gab es einen Rückweg in die Station? Ungläubig sahen ihn die Männer an. Auch Arc Doorn glaubte ihm kein Wort. Der Bericht des Commanders war zu phantastisch. Es fiel ihnen schwer, sich die physikalischen Verhältnisse im Mittelpunkt eines großen Planeten vorzustellen. Und ausgerechnet dort sollten sich komplizierte Kommando-Anlagen der Mysterious befinden? „Was? Du hast Mentcaps geschluckt?“ An dieser Stelle von Dharks Bericht war Riker bellhörig geworden; auch Doorn. „Ziemlich viele. Daher kenne ich die Station in der Tiefe auch in ihren Einzelheiten.“ Sein Freund bemerkte jetzt erst den schillernden Gürtel, den Dhark um die Hüften trug und daran die beiden klebenden Strahlwaffen unbekannter Art. „In Ma-Soors Kabine gefunden.“ „In wessen Kabine? Wer ist Ma-Soor? Du hast mit einem Mysterious gesprochen?“ Drei Fragen auf einmal. Keine einzige konnte er beantworten. In diesem Augenblick waren Raumschiffe der schwarzen Weißen durch Transition erneut über Zwitt erschienen. Eine Raumschiff-Armada! Fanal war wieder zu einem planetarischen Abwehrfort geworden. Aus der Korona jagten Energiebahnen herab und schlugen mit vernichtender Macht mitten im Pulk der Angreifer ein. Die anderen Anlagen, die nach Dharks Wissen nicht kleiner als Fanal waren, griffen in den Kampf ein. Der gelblich brennende Himmel war zu einer furchtbar aussehenden Kulisse geworden. Überall schien es plötzlich winzige Sonnen zu geben, die in grellen Strahlen schnell vergingen. Aber wo gerade ein Raumschiff des Gegners vernichtet worden war, tauchte an seiner Stelle ein weiterer Verband aus dem Hyperraum auf. Die schwarzen Weißen waren zum entscheidenden Angriff gegen Zwitt angetreten. Die Stunde, die alles entschied, war angelaufen! Ein Planet mit seiner gigantischen Korona, in der es Millionen ProjektorStationen gab, schlug zurück! Ren Dhark wurde weder von seinem Freund Dan noch von den anderen Männern verstanden. Sie verfügten ja auch nicht über das immense Wissen, das er sich durch die Einnahme der Mentcaps erworben hatte. Durch das Tosen und Fauchen der Energiebahnen, die die Lufthülle Zwitts nach allen Seiten zerfetzten und sich gegenseitig störende Orkane entfesselten, brüllte er über Helmfunk: „Ich muß sie finden! Ich muß sehen, daß ich sie aktivieren kann!“ Sie begriffen nicht, was er damit meinte. Sie sahen ihn gegen den Orkan
ankämpfen. Er wurde wie sie zur Seite gewirbelt, raffte sich wieder auf und kroch auf Händen und Füßen der runden, dunklen Öffnung im Boden zu, durch die er aus dem Mittelpunkt des Planeten die Oberfläche wieder erreicht hatte. „Ren, was hast du vor? Sag uns doch endlich einmal, was du beabsichtigst!“ Dan Rikers Stimme brüllte ihm in den Ohren. Er hatte recht. Und die anderen auch. Aber würden sie ihn nicht für verrückt halten? „Dan, wir müssen nach unten. Alle! In die Zentrale. Sie hat keinen Checkmaster! Wir müssen nach unten!“ Der Orkan wollte ihn wie ein Laubblatt davonwirbeln. Er klammerte sich mit gekrallten Händen im Boden fest. Ganz flach lag er, damit die Naturgewalten ihn nicht angreifen konnten. Aber er durfte nicht liegenbleiben. Die Orkanstärke wuchs und wuchs. Wenn er und seine Kameraden es nicht schafften, die Öffnung zu erreichen, dann flogen sie mitsamt den drei Flash in wenigen Minuten davon, um irgendwo zerschmettert wieder zu Boden zu kommen. Verzweifelt gegen den Sturm ankämpfend, richtete er sich auf und winkte seinen Begleitern, ihm zu folgen. Bei dem Brüllen, Heulen und Toben ringsum war es kaum noch möglich, sich über Helmfunk verständlich zu machen. Der Boden bebte. Zwitt wurde von schwersten Strahltreffern erschüttert. Die schwarzen Weißen versuchten die gefährlichen planetarischen Forts zu vernichten. Aber auch der Planet schlug zu. Feuerräder, die Energiefontänen nach allen Seiten verspritzten, rasten vom Himmel herunter; zusammengeschossene Doppelkugelraumer der schwarzen Weißen, die wie Bomben nah und fern einschlugen, zerplatzten und ließen für Sekunden auf Zwitt Vulkane entstehen, die viele tausend Tonnen Erdreich halbvergast in die aufgewühlte Atmosphäre schleuderten. Da hatte Ren Dhark die Öffnung erreicht. Aber er kam nicht ganz heran. Ein Energiefeld hielt ihn zurück. Der Transmitter war aktiv, aber er arbeitete in entgegengesetzer Richtung. Er stieß Robotergruppen wie Transitionsbomben in den Raum hinein, wo sich die Schiffsverbände der schwarzen Weißen befanden. „Hilfe, ich… “ Der gurgelnde Schrei über Helmfunk verstummte abrupt. Rul Warren befand sich in höchster Not. Der Orkan hatte ihn gepackt und drohte ihn wirbelnd über den Boden davonzujagen. Arc Doorn befand sich ihm am nächsten. Der Sibirier dachte nicht an seine eigene Sicherheit. Er wagte sogar einen Hechtsprung, um Warren schneller zu erreichen. Und sich über den hilflosen Flashpiloten zu werfen und ihn mit seinem Körpergewicht gegen den Boden zu drücken, war eine einzige Handlung. „Alles wieder okay!“ brüllte Doorn durch seinen Helmfunk. „Wir kommen.“ Sie erreichten die anderen. Ren Dhark suchte verzweifelt nach einer Steuerschaltung, um den Transmitter umzupolen. Da hatte Dan Riker den rettenden Gedanken. „Versuch’s doch einmal mit der Alpha-Rhythmus-Frequenz, von der du uns so
viel erzählt hast, Ren!“ Sie sprach sofort an, kaum daß der Commander seine Gedanken auf diesen einen Punkt konzentriert hatte. Ein Stein, den er zur Probe in die Öffnung warf, fiel nicht in die Tiefe; er verschwand, kaum daß er die Öffnung erreicht hatte. „Einzeln einsteigen!“ schrie Dhark, der sich wie seine Begleiter kaum noch halten konnte, und schon zweimal befürchtet hatte, daß der Orkan ihn davonwirbeln würde. Er mußte sich aufrichten. Der gefährlichste Augenblick. Er sprang ab. Der Orkan erfaßte ihn, aber bevor er mit ihm fertig werden konnte, hatte Ren Dhark den Transmitter-Bereich erreicht. Er verschwand! In 45-8 trat er aus der grauen Transmitter-Antenne, die in der Wand der Station lag, heraus. Nacheinander trafen Riker, Wonzeff und Doraner ein. Aber Warren und Doorn blieben aus. Hatte sie der Orkan davongetrieben? „Zwei Mann müssen zurück!“ sagte Dan Riker erregt, der sich in Gedanken schon ausmalte, wie die beiden vermißten Männer quer über Zwitt getrieben wurden und jetzt schon drauf und dran waren, sich die Knochen zu brechen. „Keiner geht zurück. Wartet hier!“ stieß Dhark aus, drehte sich auf der Stelle und verschwand durch die Wand. Riker, Doraner und Wonzeff sahen ihm entgeistert nach. Daß man sich in dieser Station derart von Raum zu Raum bewegen konnte, davon hatte ihnen Dhark nichts erzählt. Der Commander ahnte, daß jetzt jede Sekunde kostbar war, obwohl ihm und allen Terranern, die sich auf Zwitt aufhielten, die Zeit unter den Nägeln brannte. Aber bevor er sich um die Verteidigung des Planeten kümmern konnte, hatte er zunächst Doorn und Rul Warren zu retten. Sein Mentcap-Wissen befähigte ihn, Zwitts Robotergruppen einzusetzen – jene bizarren Segmente, die sich aufgrund ihrer Kommando-Impulse zu den verschiedenartigsten Gruppen als Einheit zusammensetzten. Er raste durch die dritte Wand und befand sich in der fünften Schale. Drei Räume nach rechts. Hier hatte er sein Ziel erreicht. Er warf sich in den Sessel, überflog die Instrumente mit einem Blick, als ob er sein ganzes Leben lang nichts anderes getan hätte und schaltete dann. Kontrollen flackerten auf, vergingen wieder. Neue kamen, und auch sie verschwanden. Bestätigung! Auftrag ausgeführt! Ren Dhark wunderte sich nicht einmal!
Bisher war es den Terranern nur gelungen, Zahlensymbole der Mysterious zu
lesen, aber nun hatte der Commander gerade verstanden, was aus einem
versteckt angebrachten Lautsprecher gesagt worden war.
Bestätigung! Auftrag ausgeführt!
Dhark zuckte zusammen. Bis zu diesem Augenblick hatte er nicht gewußt, mit
Einnahme der Mentcaps auch die Sprache der Geheimnisvollen gelernt zu
haben! Er suchte die Bordverständigung. Rechts, zweite Steuerschalter-Reihe,
der kleine Schalter, der auf Aus stand. Ein! Rundspruch dazu! „Hier Dhark, sind Doorn und Rul Warren inzwischen eingetroffen?“ Auf einer kleinen Bildscheibe tauchte Dan Rikers Gesicht auf. „Woher weißt du das denn?“ „Danke!“ sagte Dhark, verließ den, Sessel und raste zurück. Abermals hatte er keine Zeit, Sekunden zu verschwenden. Großer Himmel, dachte er, während er bei jedem Wanddurchbruch einen kaum merkbaren Widerstand zu überwältigen hatte, warum haben die Mysterious dieser Station keinen Checkmaster mitgegeben wie der POINT OF? Wieder stieß er sich durch eine Wand. In diesem Moment schrumpfte die Zentrale im Herzen des Planeten auffallend stark und schnell zusammen. Dhark achtete nicht darauf. Er hatte diese unheimlichen Vorgänge bei seinem kurzen Aufenthalt ein paarmal erlebt. Aber er mußte daran denken, wie es jetzt seinen Begleitern zumute sein mußte, die davon überrascht worden waren, weil er ihnen darüber nichts berichtet hatte. Deshalb streifte er den Klarsichthelm wieder über den Kopf, den er bei Erreichen der Zentrale zurückgenommen hatte, und rief über Helmfunk: „Zentrale verändert ständig ihren Durchmesser. Normaler Vorgang, der vollkommen ungefährlich ist.“ „Das hättest du uns auch früher erzählen können!“ Dhark antwortete seinem Freund nicht. Er hatte keine Zeit, und dennoch mußte er einem seiner Männer Antwort geben. Arc Doorn wollte wissen, wo er das Archiv fand. „Schließlich bin ich nicht zu Besuch hier, Dhark!“ Der Commander beschrieb ihm die Lage des Archivs. „Ich bin in der Waffensteuerung zu finden!“ schloß er seine Erklärung ab. „Wo?“ fragte ihn Riker über seinen Helmfunk verblüfft. „In der Waffensteuerung? Großer Himmel, weißt du denn damit umzugehen?“ Dhark stieß sich durch die letzte Wand. Die Waffensteuerung! Ähnlichkeiten mit den beiden Waffensteuerungen in der POINT OF waren vorhanden, aber diese Zentrale übertraf die des Flaggschiffes um das Zehnfache. Dennoch gab es am Schaltpult nur einen einzigen Sitz! Und keine Bildkugel, aber einen großen Bildschirm, der in viele Quadrate aufgeteilt war und die gesamte Umwelt des Planeten Zwitt wiedergab. Distanzund Massen-Ortung, ein! Koordinaten-Abrufung, ein! Antennenjustierung… in diesem Augenblick kam Ren Dhark erstmals zu Bewußtsein, daß er die planetarischen Forts dieses großen Planeten von hier aus steuern wollte. Für einen Moment dachte er daran, daß der Strahl, der vom äußeren Ring Fanals emittiert wurde, einen Durchmesser von zwölf Kilometern hatte. Keine Zeit, weiteren Gedanken und Überlegungen nachzuhängen. Drei Strukturerschütterungen ereigneten sich innerhalb einer Sekunde. Die Massen- und Distanz-Ortungen hatten die gerade eingebrochenen Verbände erfaßt. Die Auswertung arbeitete so exakt wie Dhark es von seiner POINT OF her
gewohnt war. Nur einen Moment lang dachte er an sein Schiff, das sich dem letzten Funkspruch nach in der Nähe des inneren der drei tanzenden Planeten aufhalten sollte. Die Koordinierung warf mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung die neuesten Resultate aus. Mit einem Blick hatte Dhark alles erfaßt und schaltete durch. Dreihundertachtzehn Anlagen, jede so groß wie Fanal, unterstanden nun seinem Kommando. Er fühlte sich als Verantwortlicher für die Hinterlassenschaft der Mysterious. Er hatte die schwarzen Weißen kennengelernt. Girr-O war der Prototyp gewesen. Er konnte nicht vergessen, daß man ihm sein Wissen gewaltsam entreißen wollte, und daß es den schwarzen Weißen gleichgültig war, ihn dadurch zum Idioten zu machen. Er hatte auch Girr-O’s Drohung nicht vergessen, sich bald einen lächerlichen Planeten näher anzusehen, der den Namen Terra trug. Auch im Namen der Erde, deren Commander er war, handelte er nun. Durch seinen Leichtsinn waren die schwarzen Weißen nach Zwitt gekommen. Erst durch ihn hatten sie erkannt, daß die siebte Sonne in der Sternenbrücke keine F-Sonne war, sondern nur eine künstlich erstellte Korona mit allen Merkmalen eines Muttergestirns, die aber in ihrem Innern einen Planeten vor neugierigen Blicken verbarg. Sechzehn große Verbände kämpften sich, nach oben und unten schießend, nach Zwitt durch. Abstand des nächsten Schiffsverbandes nur noch 32,8 Millionen Kilometer. Über achtzehntausend Doppelkugelraumer befanden sich innerhalb des Koronaraumes! Haupt-Steuerschalter! Er kippte in Position Null-eins! Die Zielerfassungen wurden mit Impulsen überströmt. Die Justierungen sprangen um. Dreihundertachtzehn Anlagen stellten für den Bruchteil einer Sekunde ihr Strahlfeuer ein. Fanal befand sich auch darunter. Dann waren die Ziele erfaßt. Dans hatte Ren Dhark, der Mann von der Erde, auf Zwitt nichts mehr zu tun! Die einzelnen im Raum herumrasenden Doppelkugelraumer der schwarzen Weißen, die vorher von der Planetarischen Abwehr ebenfalls so intensiv bekämpft worden waren; wie ein großer geschlossener Verband, wurden plötzlich nicht mehr belästigt. Das gesamte Abwehrfeuer Zwitts galt jetzt nur noch den starken Formationen, die so eng gestaffelt flogen, daß ein Schutzschirm in den Bereich der anderen Schiffe hineinragte. Die Kontrollen waren dem Commander so vertraut wie die Instrumente seiner POINT OF. Sie veranlaßten ihn, die Augen weit aufzureißen, als er erkannte, welche Schaltung er vorgenommen hatte. „Das wußte ich nicht! Mein Gott, das hatte ich nicht gewußt!“ stieß er bestürzt und zugleich erleichtert aus. Nicht nur diese dreihundertachtzehn planetarischen Forts waren auf die Hauptziele ausgerichtet worden, sondern auch einige Millionen
Flächenprojektor-Stationen in der dicken Koronahülle, die sie kraft der
Energien, die von den anderen acht Sonnen der Sternenbrücke geliefert wurden,
künstlich stabil hielten.
Diese Stationen arbeiteten plötzlich zweigleisig. Sie vernachlässigten ihre
Hauptaufgaben nicht, aber sie waren gleichzeitig auch superstarke Abwehrforts,
von denen jedes einzelne die Kampfkraft des Ringraumers um ein
Vielhundertfaches übertraf.
Dhark hatte seine Bestürzung überwunden.
Die nächste Aufgabe stand vor ihm.
Ununterbrochen schickte Zwitt seine Roboter-Segmente in den freien Raum, wo
sie sich in Gruppen zusammenschlossen und laut ihrer Programmierung
versuchten, über die Strahlantennen die Doppelkugelraumer der schwarzen
Weißen zu vernichten.
Blitzartig setzten sich alle intakten Gruppen ab. Die gerade aus der Transition
kamen und sich zusammenschließen wollten, stoppten und verhielten im freien
Fall.
Dhark hatte sich leicht mit seinem Schwenksessel nach rechts gedreht. Dort war
das Schaltpult deutlich erkennbar unterteilt.
Sein Gehirn arbeitete fast mit der Schnelligkeit eines Suprasensors. Das durch
die Mentcaps erworbene Wissen wurde schlagartig frei. Es bestimmte sein
Handeln und Verhalten.
Jedes Roboter-Segment sollte eine neue Programmierungs-Order erhalten!
Angriff auf die einzelnen oder in kleinen Pulks fliegenden Schiffe des Gegners!
Keinen Raumer mehr angreifen, der zu einem großen Verband gehört!
Besonders auf havarierte Schiffe achten, die versuchen sollten, auf Zwitt zu
landen!
Aber er kam nicht mehr dazu, diese neue Programmierung abzustrahlen.
Zwischen dem Steuerpult und ihm schob sich langsam, aber unaufhaltsam eine
Wand.
Was ist das? fragte sich Ren Dhark entsetzt, und das Entsetzen wurde noch
größer, als er bemerkte, daß er seine Arme nicht mehr bewegen konnte.
Was ist nur? fragte er noch einmal.
Was ist… ?
Da hatte ihn die Wand erreicht.
*** Sie hatten das Kasino gefunden. Die Angaben der beiden Cyborgs waren richtig gewesen, und dieses Kasino arbeitete auf der gleichen Basis wie die Kantine in der Ringraumerhöhle in Deluge. Terranische Technik hatte Ähnliches nicht aufzuweisen. Terranische Experten rätselten ja auch immer noch herum, wieso die Kantine, die seit Jahr und Tag benutzt wurde und ein wohlschmeckendes Gericht nach dem andern lieferte, einschließlich der dazugehörenden. Getränke, sich in ihrem Vorrat nicht erschöpfte.
Der acht mal zehn Meter große Raum, mit runden Schwebetischen und bequemen Sesseln ausgestattet, bot an einer Seite einen phantastischen Einblick in die Tiefen des fremden Ozeans, der mit unbeschreiblichen Ungeheuern übersät war. Obwohl sie grausige Kämpfe sahen, in denen sich wieder einmal zeigte, daß nur der Stärkere überlebte, ließen sich Tschobe, Jos und Shanton ihr Essen schmecken. Besonders oft griff der Dicke zu dem großen Becher, in dem sich ein stark alkoholisches Getränk befand, das ihm ausgezeichnet munden mußte, weil er jeden Schluck intensiv nachschmeckte und dabei zufrieden grunzte. Ein feiner Mann wurde Diplom-Ingenieur Chris Shanton nie. Er kaute und sprach zu gleicher Zeit. Jos Aachten van Haag mußte sich an die Unsitte des andern gewöhnen, ob er wollte oder nicht. Manu Tschobe machte Shantons Benehmen nichts aus. Ihn interessierten viel mehr die beiden Cyborgs, die sie trotz ihrer Aufmerksamkeit mittels eines raffinierten Tricks hereingelegt hatten und entkommen waren. Satt zu sein, macht zufrieden. „Wir können zu drin nur den Hals brechen“, hatte Jos gesagt und darauf angespielt, über den Transmitter im Dschungel nach Deluge zurückzukehren. Shanton und Tschobe waren der gleichen Ansicht. „Gehen wir“, sagte der Dicke, der sich diebisch freute, in diesem Kasino sein Essen nicht bezahlen zu müssen. In dieser Hinsicht waren ihm die vor rund tausend Jahren verschwundenen Mysterious sehr sympathisch. In anderer Hinsicht hatte er sie oft schon aus ganzem Herzen verwünscht. Alle drei Männer warfen noch einmal einen Blick auf die transparente Wand, die ihnen einen Blick in die Tiefen des unbekannten Ozeans erlaubte, dann drehten sie sich um und gingen dem Ausgang zu, der über eine automatisch arbeitende Tür verfügte. Jimmy, der nicht zu fressen und zu saufen brauchte, folgte seinem dicken Herrn auf dem Fuß. Kaum hatten sie den Gang erreicht, all der Robothund verrückt spielte. „Angriff!“ bellte er, und die Männer, die keine Spur von einem Gegner sahen, glaubten sich gefoppt. Selbst Chris Shanton ließ sich irreführen. „Wenn du Mistviech… “ Jos hatte den Schatten gesehen. Schatten von drei oder vier Personen! Aber in dieser unterseeischen Werftanlage konnte es außer ihnen doch nur noch die beiden Cyborgs geben, oder sollte man inzwischen im Industrie-Dom entdeckt haben, auf welchem Weg sie verschwunden waren, und einige Männer waren ihnen gefolgt? Der GSO-Mann, der seine Waffen gezogen hatte, kam nicht zu weiterem Nachdenken. Jimmy raste los und verschwand um die Ecke, von der her die Schattenumrisse von Menschen zu sehen waren, die sich plötzlich aber nicht mehr bewegten. „Hallo!“ schrie Shanton mit seinem orgelnden Baß und fand es überflüssig, nach seinen Strahlern zu greifen. Manu Tschobe war mißtrauischer. Er ahmte das Beispiel des GSO-Mannes
nach. „He! Hallo!“ schrie Shanton noch einmal, weil er auf seinem Ruf keine Antwort bekommen hatte. In der Rechten hielt er sein Spezialgerät, mit dem er dem Scotchterrier Kommando-Impulse geben konnte. Der Dicke hatte sogar noch Zeit, sein Gerät und die winzigen Instrumente zu mustern. Er blies seine Backen auf, daß sein Bart stark wackelte und sagte verwundert: „Der kommt nicht zurück, dieser Lauser!? Der rennt weiter?! Ja, bei allen Sternen, dann stimmt hier doch was nicht!“ Sehr viel stimmte nicht! Jos Instinkt rettete sie; aber daraus wurde nur eine Rettung auf Zeit! „Zurück! In die Kantine!“ brüllte der GSO-Mann, der nicht verstand, warum ihn plötzlich diese furchtbare Unruhe peinigte. Die drei oder vier Schatten, die menschliche Form hatten, waren ihm unheimlich geworden, ebenso Jimmys Verhaken! Er riß den Dicken herum und stieß ihn in Richtung der Tür zum Kasino. Manu Tschobe hatte sie schon erreicht. Der GSO-Agent übernahm die Deckung. Plötzlich glaubte er auf Hidplace, dem Versteck der nicht umgeschalteten Robonen, zu sein. Er sah das Bein eines schwarzen Weißen! Warum er mit seinem Blaster darauf schoß, darüber legte er sich keine Rechenschaft ab. Das Bein zerstrahlte, wurde in Energie umgewandelt, und dann dröhnte eine Explosion durch den langen, nicht allzu breiten Gang, der zu einer Kontrollstelle führte, die in einem großen Saal untergebracht war. Jos sah den grellen Energieblitz. Halb taub auf den Ohren nahm er als letzter den Rückzug vor. Er erreichte die Tür, aber bevor er im Kasino verschwinden konnte, mußte er noch einmal den Blaster benutzen. Der zweite schwarze Weiße explodierte. Aufgeregt empfingen ihn Tschobe und Shanton. Der Afrikaner unterbrach für einige Sekunden die Suche nach der Türsperre, die er verriegeln wollte. „Schwarze Weiße, die Sie auf Hidplace erlebt haben, Jos?“ fragte Manu Tschobe, und er, der so schwer seinem Gesprächspartner in die Augen blicken konnte, sah ihn durchdringend an. „Die Cyborgs, die damals mit Dhark und später auch mit Ihnen auf der Flucht waren… Jos, diese Roboter waren doch harmlos gewesen. Mehr als das. Sie standen offensichtlich auf terranischer Seite. Und auf solche Roboter schießen Sie? Ausgerechnet Sie, der sie doch aus eigener Erfahrung kennen muß?“ Ein hochenergetischer Strahlschuß schmolz ein Loch in die Tür, deren Material leider nicht aus Unitall bestand. Daß keiner der drei Männer getötet wurde, war Zufall. Aber allen dreien war klar, daß diese Roboter ihnen nicht freundlich gesinnt waren. „Die haben uns die beiden Verdrehten auf den Hals gehetzt!“ tobte Shanton, der auch hinter einem der Sessel Deckung gesucht hatte und nun Waffen in den Händen hielt. Sie spähten zur Tür, in der das Loch durch Strahlbeschuß immer größer wurde.
„Raumhelme schließen, sonst werden wir gegrillt!“ rief Tschobe seinen Begleitern zu, der als erster die radioaktive Gefahr erkannt hatte. Im nächsten Augenblick war Verständigung nur noch über Helmfunk möglich. Manu Tschobe sah die Sekunde herankommen, in der Roboter, die schwarzen Terranern ohne jeden negroiden Einschlag glichen, durch die aufgeschmolzene Tür hereinstürzten, und wenn Shanton mit seinem Verdacht recht hatte, daß sie diesen unbegreiflichen Besuch nur den beiden Cyborgs zu verdanken hatten, dann mußten sie mit dem Schlimmsten rechnen. „Ich bohre die transparente Wand zum Ozean an!“ überraschte der Afrikaner seine Begleiter mit dieser selbstmörderischen Idee. „Sollen wir noch viel schneller ersaufen, als uns die schwarzen Weißen umbringen können?“ wehrte Jos sich gegen diesen Vorschlag, und in Gedanken sah er die Wassermassen schon brüllend hereinstürzen und sie mit sich reißen. Er, der zu den besten GSO-Männern gehörte und auch in ausweglosen Lagen selten die Beherrschung verloren hatte, benutzte wieder seinen Blaster. Durch die grelle Glut hatte er Bewegung erkannt. Darauf schoß er. Auf der anderen Seite der halbzerstörten Tür explodierten in kurz hintereinander erfolgenden Donnerschlägen zwei Roboter. Die Gewalt des Explosionsdruckes reichte aber auch aus, die Tür aus ihrer Halterung zu brechen und ins Kasino zu schleudern. Die schweren Trümmer krachten gegen einige Schwebetische, die aber erstaunlicherweise diesem Anprall standhielten. „Schießen! Schießen!“ bellte Jos, der seine Augen zusammengekniffen hatte und als Ziel nur sich schnell bewegende Schatten im Gang erblickte. Chris Shanton briet sich wieder einmal eine Extrawurst. Er hatte seinen Helmfunk auf Jimmys Frequenz geschaltet. Dadurch konnte er Jos Aachten van Haags Aufforderung, zu schießen, nicht hören. Aber was Jimmy ihm auf Abruf zu sagen hatte, brachte ihm einen Schweißausbruch ein. „Roboter haben die Werft besetzt, aber, diese Roboter sind nicht allein gekommen. Habe Gehirnstrom-Muster empfangen. Diese humanoiden schwarzen Weißen haben zum Unterschied keine Augen, die grell glühen.“ Schwarze Weiße, die keine Roboter waren? Schwarze Weiße – Menschen wie Jos, Tschobe und er? Woher sollte er wissen, was Ren Dhark und die Männer der POINT OF mit den schwarzen Weißen und ihren Robotern inzwischen erlebt hatten? Rechts von Shanton löste sich ein Schwebetisch in Höllengluten auf. Die filmdünnen M-Anzüge waren selbst gegen diese harte Strahlung, die bei der Umwandlung frei wurde, ein erstklassiger Schutz. Der Dicke hatte instinktiv die Augen geschlossen, als es neben ihm aufblitzte. Aber weil er wußte, wie wichtig es war, seine Begleiter zu informieren, schaltete er die Frequenz um und teilte ihnen mit, was Jimmy in der unterseeischen Werft festgestellt hatte. „Schwarze Weiße, die keine Roboter sind?“ echote Jos Aachten van Haag. „Woher soll ich es wissen?“ orgelte der Dicke. „Ich weiß nicht mehr, als was Jimmy mir durchgegeben hat, und auf seine supra-sensorischen Auswertungen habe ich mich immer noch verlassen… “
Drei Roboter brachen durch. Sie stießen sich durch die aufgebrochene
Türöffnung und kümmerten sich nicht darum, daß sie mit harter Strahlung
übersättigt wurden. Tschobe, Jos und Shanton, die hinter den letzten
Schwebetischreihen lagen, die sich an den beiden Wänden entlangzogen,
rechneten sich gegen diese Kampfmaschinen keine Chancen mehr aus. Dennoch
gaben sie nicht auf, denn sie wollten ihr Leben so teuer vie möglich verkaufen.
Jos sah ein Paar Beine. Darauf zielte er, aber er kam nicht mehr zum Abdrücken.
Der letzte der drei Robs griff seine vor ihm befindlichen Konstruktionen an.
Ein durchdrehender Roboter, dessen technisches Innenleben durch die
langanhaltende und überaus harte Strahlung Schaden erlitten hatte!
Eine andere Erklärung konnten die drei Terraner, die mit fassungslosem Staunen
diesen Amoklauf beobachteten, nicht abgeben.
Wieder einmal hatten sie eine winzige Galgenfrist erhalten, aber das Kasino war
inzwischen zu einer Brutstätte tödlicher Strahlungen geworden, und warum die
Männer von keinem der umherfliegenden Metallfetzen getroffen worden waren,
blieb ungeklärt.
„Wir müssen hier ‘raus! Raus um jeden Preis!“ stieß Jos aus, der gleichzeitig
aufsprang und schon wieder seinen Blaster benutzen mußte.
Zwei neue Robs waren in der aufgeschmolzenen Türöffnung aufgetaucht.
In einer wilden Explosion, die ihre Blitze nach allen Seiten verschoß, gingen sie
unter.
Zufällig sah Manu Tschobe an der Wand hoch, vor der er lag. Spielte ihm die
Blendung seiner Augen einen Streich? Oder waren die Zahlensymbole echt?
Sie waren echt!
Aber noch posaunte er seine Entdeckung nicht heraus. Zunächst wollte er sich
überzeugen, ob hier tatsächlich ein Transmitter in der Wand steckte.
„Gebt mir eine Chance!“ schrie er über Helmfunk und bedachte dabei nicht, daß
weder Jos noch Shanton mit dieser Aufforderung viel anfangen konnten. Aber
sie hielten ihn mit unnützen Gegenfragen nicht auf. Tschobe stemmte sich hoch,
verzichtete auf die lebenswichtige Deckung und schob in kreisenden
Bewegungen seine Handflächen über die Wand, in der kaum erkennbar die
Zahlensymbole der Mysterious zu sehen waren und fühlte plötzlich die winzige
Erhebung.
Wie auf der POINT OF, schoß es ihm durch den Kopf.
Im gleichen Moment besaß er keine Gefühle mehr, die sein Handeln
beherrschen konnten. Er drehte sich nicht einmal um, als ein greller Blitz durch
das schon zum Teil zerstörte Kasino zuckte und eine starke Druckwelle ihn
heftig gegen die Wand drückte.
Einschalten! Einstellen!
Diese beiden Gedanken beherrschten ihn. Darin allein lag ihre Rettung, wenn es
überhaupt noch eine Rettung vor den schwarzen Weißen gab, die wohl
überfallartig diese unterseeische Werft besetzt haben mußten.
Eingeschaltet!
Und jetzt noch einstellen…
Der graue Ring der Transmitter-Antenne war nicht mehr zu übersehen.
Manu Tschobe und Chris Shanton mußten informiert werden. Hastig stieß der Afrikaner aus: „Achtung! Transmitter! Muß ihn nur noch einstellen, und dann… In drei Sekunden ist es soweit. Klar bei euch?“ Zweimal klang hintereinander ein Okay auf. „Ich verschwinde!“ stieß Tschobe aus und trat durch den Transmitter-Kreis. Er hörte nicht mehr Jos Aachten van Haag sagen: „Der ist weg! Los, Shanton, und jetzt Sie!“ Der Dicke protestierte nicht. Gegen die Schießkunst des GSO-Mannes kam er nicht an. Van Haag hatte sich in den letzten zehn Minuten auf diesem unschönen Arbeitsgebiet als Virtuose gezeigt. Der Diplom-Ingenieur stieß sich in Richtung der Transmitter-Anlage, ließ aber die aufgesprengte Türöffnung nicht aus den Augen. Kollidierte zweimal mit einem Schwebetisch, einmal mit einem Sessel, stoppte dicht vor der rettenden Fluchtanlage ab und schoß aus beiden Waffen auf einen gerade aufgetauchten neuen Rob. Sein Schießversuch war reine Energieverschwendung. Jos war ihm abermals zuvorgekommen und hatte wieder einen Volltreffer angebracht. Der GSO-Mann hatte inzwischen erkannt, wo er diese schwarzen Roboter treffen mußte, um sie mit einem Schuß zu vernichten, und darüber machte er sich noch seine Gedanken, wieso diese Konstruktion, die doch in ihren Reaktionen viel schneller als die Menschen waren, so blindlings in ihren Untergang hineinliefen. Mit denen stimmt etwas nicht, stellte er fest, aber besonders große Freude löste diese -Feststellung nicht in ihm aus. Wenn Jimmys Nachricht richtig war, dann mußten sich ein paar tausend Blechkameraden in der Untersee-Werft herumtreiben, und es war unwahrscheinlich, daß Tschobe, der Dicke und er auf die Dauer immer so viel Glück hatten wie bis jetzt. Shanton war durch den Transmitter verschwunden. Nun war Jos als letzter an der Reihe. Er trat durch die Antenne. Er trat aus einer anderen heraus! Er verlor den Boden unter den Füßen, wirbelte in einem halben Dutzend Saltos so schnell herum, daß er nichts anderes erkennen konnte als lange, helle und leicht gebogene Striche! „Aufpassen!“ hörte er in seinem Helmfunk Manu Tschobe schreien. Jos zerkaute einen Fluch. Der Afrikaner hatte gut reden! Worauf sollte er in drei Teufels Namen denn aufpassen? Er konnte immer noch nichts erkennen, nur daß er einmal schnell hochstieg und dann wieder dreißig oder vierzig Meter tief fiel. Er krachte mit dem verlängerten Rückgrat gegen den Boden. Ein scharfer Stoß jagte durch seine gequälte Wirbelsäule, aber Jos Aachten van Haag ließ seine beiden Strahlwaffen nicht los. Die langen, hellen und leichtgebogenen Striche nahmen wieder Formen an. Großer Himmel, schoß es dem GSO-Mann durch den Kopf, als er in etwa hundert Metern Entfernung auf einer Galerie oder Tribüne die beiden entarteten Cyborgs erkannte, die sich blitzschnell gedreht hatten, ihn nicht mehr
beobachteten, sondern plötzlich im Kampf mit drei Robs lagen, die, von einem A-Gravfeld getragen, gerade die linke Seite der Kommandobrücke erreicht hatten. Jos sprang auf. Er rannte über die freie Fläche dem nächsten Aggregat zu, das er von der POINT OF her kannte, nur war dort die Ausführung viel kleiner. Zwei schwach leuchtende Energiebahnen, weit ab und an seiner linken Seite, konnten ihn nicht stoppen. Sie galten ihm auch nicht, sondern den beiden Cyborgs auf der Brücke. Shanton und Tschobe gaben dem GSO-Mann auf dem Weg zur Deckung Feuerschutz. Heftig atmend ließ Jos sich hinter einem mehr als dreißig Meter durchmessenden M-Konverter zu Boden fallen. Jetzt erst bekam er Gelegenheit, sich umzusehen. Wohin sein Blick fiel, sah er auf Energie-Erzeuger. Kugelförmige, nahtlose Tanks, die in dreiundzwanzigfacher Ausführung auf der POINT OF zu finden waren, dort aber nur einen Durchmesser von zwei Metern hatten, während diese M-Konverter über dreißig Meter maßen. Jos zählte die gewaltigen Aggregate nicht. Wichtiger war es ihm zu wissen, wo Tschobe und Shanton steckten, und wie der Kampf der beiden verdrehten Cyborgs gegen die Robs ausgegangen war. Sein unwahrscheinlich gut arbeitendes Gespür kam wieder zum Tragen. Er fühlte regelrecht, daß hier einiges nicht stimmte. Wahrscheinlich waren die Roboter durch Mildan und Dordig herangeholt worden. Wie? Das zu wissen, war vorläufig von zweitrangiger Bedeutung. Aber wichtig war es zu erfahren, warum die Cyborgs plötzlich mit den Robs Streit bekommen hatten! Da hörte Jos über Helmfunk die orgelnde Stimme des Dicken; aber sie orgelte in schwächster Lautstärke. „Dieses Biest! Dieses ausgezeichnete Miststück! Der verdammte Knochen! Lauser, elender! Na, warte… “ Diese Kosenamen konnten nur Jimmy gelten, und es waren Kosenamen, wenn sie auch im alltäglichen Gebrauch nicht als solche verwendet wurden. Chris Shantons Stimme hatte einen ausgesprochen zärtlichen Klang. Der Dicke freute sich über sein Brikett auf vier Beinen. Er freute sich diebisch, nur hätte Jos gern gewußt, worüber sich der Dicke, der schon oft seinen skurrilen Humor unter Beweis gestellt hatte, so kindlich freute. Er schob den Kopf um die gewaltige Rundung seines M-Konverters, der ihm ausgezeichnete Deckung bot. Jos blinzelte ununterbrochen. Er befand sich doch nicht im Zirkus? Mehr als ein Dutzend Roboter drehten hoch über einem M-Konverter in rasendem Tempo Saltos! Wie ich eben! schoß es dem GSO-Agenten durch den Kopf, und unwillkürlich wanderte sein forschender Blick zur Brücke. Dort standen die beiden Cyborgs völlig frei, als ob sie genau wüßten, daß ihnen von keiner Seite Gefahr drohen könnte. Aber sie standen auch vor einem kleinen Gerät, an dem sie
offensichtlich schalteten!
Sie waren es also auch gewesen, die ihn, Jos Aachten van Haag, hatten Saltos
drehen lassen!
Irgend etwas an deren Verhalten kam dem GSO-Mann unnatürlich vor.
„Tschobe“, flüsterte er in das Mikrophon seines Helmfunks, als ob er besorgt
sei, belauscht zu werden, „sind die beiden Cyborgs übergeschnappt?“
„Nein“, kam prompt die Antwort, „nur paralysiert.“
„Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?“ schnaubte Jos, der keine Lust hatte,
sich schlechte Witze anzuhören, denn er konnte keine Spur von Lähmung an den
beiden Entarteten beobachten.
„Jimmy hat uns auf den Arm genommen. Er muß irgendwo auf der Brücke
stecken und bestrahlt die Cyborgs mit so einer minimalen Dosis, daß sie erstens
nicht in der Lage sind, auf ihr zweites System zu schalten, und zweitens nur
noch über einen Teil ihrer Sinne verfügen. Mann, Jos, fragen Sie nicht so viel.
Es muß so sein, wie ich es, Ihnen gesagt habe, aber wieso es so ist… fragen Sie
doch diesen dreimal verdammten Robotköter! Ich als Arzt kann es nicht besser
erklären. Ende, oder noch was?“
„Wo stecken Sie und Shanton?“
Die Antwort überraschte Jos.
„Genau hinter Ihnen. Sie wären schon zehnmal ein toter Mann, wenn wir Robs
wären!“
Jos grinste verlegen. Solche Fehler unterliefen ihm selten, aber er war auch
selten in solche verfahrene Lage gekommen wie in dieser Werft.
„Müssen wir hierbleiben?“ Seine Frage war an Tschobe und Shanton gerichtet.
„Und wieso drehte ich Saltos, als ich aus dem Gegentransmitter herauskam?“
„Fragen Sie die Cyborgs!“ forderte ihn der orgelnde Baß des Dicken auf.
„Glauben Sie, uns wäre es besser ergangen?“
Abermals zerkaute Jos einen Fluch und ließ seinen Para-Schocker wieder
sinken. Er hatte den Plan aufgegeben, die beiden Cyborgs kampfunfähig zu
machen, weil sie es sonst sofort mit diesen sich in der Luft drehenden Robs zu
tun bekamen.
Jos war kein Robotiker, aber daß diese Roboter, die schwarzen Weißen glichen,
nicht einwandfrei reagierten, stand für ihn fest. Selbst in ihrem Saltozustand
hätten sie in der Lage sein müssen, ihre beiden Gegner zu vernichten. Sie aber
dachten nicht einmal daran, die in ihnen eingebauten Strahlwaffen für einen
einzigen Schuß einzusetzen!
Oder sollten Mildan und Dordig die Möglichkeit besitzen, sie zu blocken?
Robs zu blocken?
Der Gedanke war ihm zu phantastisch, aber er kam nicht davon los. Manu
Tschobe mußte helfen. Der Afrikaner war nicht nur ein hervorragender
Mediziner, nicht nur ein erstklassiger Hyperfunkexperte, sondern bezüglich der
M-Technik ein Allroundman. Das Wissen darüber hatte er seinerzeit aus den
Mentcaps gewönnen, und die Entdeckung des Archivs in der Ringraumerhöhle
war ihm zu verdanken gewesen.
Er hörte Tschobe erregt atmen.
„Jos, wie sind gerade Sie auf diesen Gedanken gekommen? Aber das würde, wenn er den Tatsachen entsprechen würde, auch bedeuten, daß die Mysterious diese Roboter und ihren konstruktiven Aufbau vor rund tausend Jahren gekannt hätten!“ „Warum nicht?“ stellte Jos seine Gegenfrage, hatte sich aber nicht viel dabei gedacht. „Hier wird zuviel geredet!“ mischte sich Shanton grob ein. „Was nützt uns alles Wissen, wenn wir in den nächsten Minuten doch gegrillt werden? Verschwinden wir aus dieser Ecke. Bomben und Boliden, es muß doch in der Werft einen Platz geben, wo wir sicher sind und den Rückzug der Robs in Ruhe abwarten können.“ Auch Jos und Manu Tschobe ahnten nicht, wie sehr sich Chris Shanton mit seinen Vermutungen und Hoffnungen irrte! Manu Tschobe, der im Gegensatz zum Diplom-Ingenieur und Jos Aachten van Haag nur ein paar Saltos nach Passieren der Gegen-Transmitter-Anlage gedreht hatte, warnte davor, sie für den Rückzug zu benutzen. „Die Robs drehen schon seit vielen Minuten Saltos. Wir wären an ihrer Stelle in dieser Zeit schon tot oder verrückt. Der einzige, der uns den Weg weisen könnte, wäre wieder einmal Jimmy.“ „Kommt nicht in Frage!“ protestierte Shanton. „Ich habe doch keine Lust, mich mit den Robs herumzuschlagen. Jimmy bleibt, wo er ist. Bei ihm sind Cyborgs und Roboter in besten Händen. Wir müssen eben etwas riskieren, und daß es zu diesem Energie-Zentrum nur einen Zugang oder Ausgang geben sollte, kann mir niemand erzählen!“ Beinahe wütend fiel ihm Manu Tschobe ins Wort: „Aber wir haben weder Zeit noch Gelegenheit, nach einem weiteren Fluchtweg zu suchen. Die beiden Cyborgs werden von Jimmy teilweise unter Kontrolle gehalten; die Robs von den Cyborgs. Wir müssen es riskieren, den alten Weg zu benutzen.“ Er machte eine kurze Pause. „Wenigstens einer von uns. Und wenn der eine durchkommt, ist für die beiden anderen der Weg wahrscheinlich auch frei.“ Jos sagte in einem Ton, der keinen Widerspruch aufkommen ließ: „Ich geh’ als erster!“ Und weder Tschobe noch Shanton widersprachen! Der GSO-Mann erhob sich, wippte ein paarmal und spurtete los. Sein Funk übertrug, wie sein Atem schneller wurde. Van Haag verließ die Deckung des großen M-Konverters. Er kam ziemlich nah dem Bereich, in dem die Robs immer schneller rotierten und dabei ununterbrochen auf und ab stiegen. Weiß der Teufel, dachte Jos Aachten van Haag, wie die beiden Verdrehten das machen! Er sah sie auf der Brücke stehen und ununterbrochen schalten. In ihrer Nähe mußte sich Jimmy aufhalten. Jimmy… dachte Jos, wenn sie Jimmy nicht bei sich gehabt hätten, wären sie alle drei längst tot, und unwillkürlich stieg van Haags Achtung vor Shantons Können, der mit seiner Robotkonstruktion etwas Einmaliges geschaffen hatte.
Jos rannte wie noch nie in seinem Leben. Ständig ging sein Kopf hin und her.
Blick Kur Brücke und den rotierenden Robs! Dann wieder Blick auf sein Ziel,
die Transmitter-Anlage mit der grauen Ringantenne.
Noch dreißig Meter.
Da stand eine Strahlbahn vor ihm.
Sie kam von der Brücke!
Aber die beiden Cyborgs hatten nicht auf ihn geschossen.
Jimmy war der Schütze – das Miststück, das Hundeviech, das Monstrum, das
aussah wie ein schwarzhaariger Scotchterrier.
Im gleichen Moment hörte der Agent, der seinen Lauf abrupt gestoppt hatte, den
Dicken über Funk brüllen: „Jos, zurück, zurück! Der Transmitter bringt Sie
wahrscheinlich in des Teufels Küche. Jimmy hat Ihnen den Weg verlegt! Jimmy
hat gerade gewarnt, den Transmitter zu benutzen!“
Jos hatte schon kehrtgemacht. Wieder rannte er wie ein Weltrekordmann, und
abermals kam er den rotierenden Robs verdächtig nah. Sein Ziel war wieder der
große, kugelrunde M-Konverter.
Shantons Schnaufen kam wieder durch. Der Dicke war unsicher. „Jos, ich
verstehe meinen Köter selbst nicht mehr. Das, was er uns zeigt, habe ich ihm
niemals eingebaut noch als Programm mitgegeben. Der Lauser hat sich
selbständig gemacht und reagiert auf meine Kommandos nicht mehr.“
„Hinter uns!“ schrie Manu Tschobe dazwischen.
Jos warf sich im vollen Lauf auf den glatten Boden. Von seiner Deckung war er
noch weit entfernt. Er blickte in die Richtung, in der er Tschobe liegen wußte.
Und da sah er schon dessen Strahlbahnen, die der Afrikaner aus beiden Waffen
emittierte.
Und er sah schwarze Roboter! Sie kamen aus einer großen Transmitter-Anlage
am Ende der M-Konverterreihe!
Acht, neun, zehn Stück!
War das ihr Ende?
Jos sah seine letzte Stunde gekommen. Die Robs feuerten aus allen eingebauten
Waffen! Strahlbahnen zischten über den flach am Boden liegenden GSO-Mann
hinweg. Der hielt den Atem an, als er im Bereich der rotierenden Robs eine
Metallkonstruktion in einer hellen Explosionsfontäne auseinanderfliegen sah!
Die neu angekommenen Roboter schossen ihre rotierenden Kameraden ab!
Sie nahmen von Jos keine Notiz!
Noch nicht!
Er setzte alles auf eine Karte. Aufspringen, losrennen und den M-Konverter
erreichen! Dann wußte er nicht, wie er seine Deckung erreicht hatte.
Der große Saal mit den gewaltigen Energie-Erzeugern wurde von einer Kette
heftiger Explosionen erschüttert. Nur noch drei Robs rotierten. Sie lagen im
konzentrischen Strahlfeuer der anderen schwarzen Maschinenkonstruktionen.
„Durch den Transmitter, aus dem die Roboter gekommen sind!“ schrie Manu
Tschobe, der gleichzeitig aufsprang und den neben ihm liegenden Dicken
hochzureißen versuchte.
„Okay!“ orgelte der Diplom-Ingenieur.
„ist ja egal, wo man uns umbringt.“
Jos widersprach nicht. „Ich komme!“
Drei Mann jagten um ihren Deckung gebenden M-Konverter herum, passierten
die andere Seite der kugelrunden Energie-Erzeuger und rasten in Richtung der
großen grauen Transmitter-Antenne los.
Die zuletzt angekommenen Roboter nahmen von ihnen keine Notiz. Sie alle
beschäftigten sich mit dem letzten Rob, der so schnell rotierte, daß er nur noch
als Kugel zu erkennen war.
Manu Tschobe hatte drei Schritte Vorsprung. Diese drei Schritte retteten dem
Dicken das Leben.
Der Afrikaner sah, daß die Anlage auf Einbahn-Verkehr geschaltet war. Die
kurze Sekunde, die ihm zur Verfügung stand, reichte aus, um den Transmitter
umzuschalten.
Mitten in Shantons Sprung durch die Ringantenne wurde der Einbahnweg erst
umgepolt!
Der Dicke war verschwunden! Tschobe trat durch den Ring, und dichtauf folgte
Jos Aachten van Haag.
War der GSO-Mann lebensmüde, weil er sich im letzten Moment umdrehte und
noch einmal der Brücke einen Blick zuwarf?
Er schleuderte sich zur Seite, um nicht in den Transmitter-Bereich zu kommen!
Drei der zehn zuletzt herangekommenen Roboter hatten die Brücke erreicht und
stürzten sich auf Mildan und Dordig, die sich, aus allen Strahlwaffen schießend,
diesem Angriff zu erwehren versuchten.
Von der anderen Seite der gut zwanzig Meter hohen Brücke, die mehr als
achtzig Meter lang war, griff man auch in diesen Kampf ein.
Jimmy, der irgendwo in dieser Ecke stecken mußte, hatte den Abstrahlpol seiner
Zunge wieder aktiviert und schockte zuerst Mildan, und dann Dordig, die wie
gefällte Bäume gegen den Metallboden der Brücke krachten.
Im nächsten Moment war von dem Strahl nichts mehr zu sehen.
Jos kam nicht zum Nachdenken. Ein Schatten flog von er Brücke herunter in die
Tiefe. Eine Höhe von gut zwanzig Metern machten dem Brikett auf vier Beinen
nichts aus.
Jimmy suchte sein Heil auch in der Flucht!
Jos sah einen schwarzen Schatten heranrasen! Unheimlich das Tempo, das die
Robotkonstruktion entwickelte.
Hastig der Blick des GSO-Mannes zur Brücke. Mildan und Dordig wurden von
je einem Rob aufgenommen und davongetragen.
Warum haben diese Metallkonstruktionen nicht auf die beiden Verdrehten
geschossen, fragte sich Jos Aachten van Haag, als der Scotchterrier an ihm
vorbeiraste und durch den Transmitterring sprang.
Das war für Jos das Zeichen, keine Sekunde mehr zu verlieren. Er federte hoch,
drehte sich im Aufspringen und stieß sich in Richtung der grauen Antenne ab.
***
Commander Ren Dhark suchte die Wand, die sich zwischen ihm und der
Steueranlage gestellt hatte, aber er konnte keine Spur mehr von ihr entdecken.
„Ren, hörst du mich nicht? Ren, antworte! Ren, antworte!“
Wie lange wurde er von Dan Riker schon über die Verständigung der Zentrale
gerufen?
„Ja, was ist denn?“
Riker war nicht freundlich. Er überschüttete seinen Freund mit Vorwürfen. „Seit
mehr als fünf Minuten versuchen wir dich zu erreichen. Warum meldest du dich
erst jetzt?“
Dhark richtete sich ruckartig in seinem Sessel auf.
Mehr als fünf Minuten waren vergangen, und er wußte nicht, was in diesem
Zeitraum passiert war?
Fassungslos starrte er den großen Bildschirm, der in viele Quadrate aufgeteilt
war, an.
Wieder sprach Dan Riker erregt auf seinen Freund ein.
„Ren, was ist da draußen auf einmal los? Hast du… Mein Gott, das wird doch
wohl nicht wahr sein… hast du den Angriff eingestellt? Hast du alles auf Null
heruntergeschaltet?“
Dhark preßte verzweifelt die Hände gegen seine Schläfen.
Was war in den vergangenen fünf Minuten passiert?
Hatte er alle planetarischen Forts abgeschaltet?
Hatte er den Flächenprojektor-Stationen in der Korona den Befehl gegeben,
ihren Kampf gegen die Invasion der schwarzen Weißen einzustellen?
Wo waren die Segment-Roboter geblieben, wo die Robotergruppen, deren
Aufgabe es war, über die Geschützantennen der Doppelkugelraumer in die
Schiffe einzudringen und sie mittels den mitgeführten Energien zu vernichten?
Über Zwitt stand keine einzige Strahlbahn mehr!
Über Zwitt gab es keinen Doppelkugelraumer mehr, der die Oberfläche des
Planeten oder die Innenseite der Sonnenkorona angriff!
Die Schiffe der schwarzen Weißen befanden sich aber eindeutig auf Landekurs!
„Ren, warum sagst du nichts? Ren, um alles in der Welt, sag doch, daß du nichts
abgeschaltet hast! Sag es… “
Ren Dhark konnte sich nicht erinnern, jemals in seinem Leben so verwirrt und
ratlos gewesen zu sein wie jetzt.
Er mußte an die Wand denken, die sich zwischen ihn und die Steueranlage
geschoben hatte. Und er war doch auch nicht mehr in der Lage gewesen, seine
Arme zu benutzen!
Was war in diesen fraglichen Minuten mit ihm geschehen?
„Ren, ich kann dich doch auf dem Bildschirm sehen… Ren, antworte doch
endlich! Die ersten Raumer-Verbände setzen schon zur Landung an. Kannst du
auf deinen Kontrollschirmen nicht sehen, mit welcher wahnsinnigen
Geschwindigkeit die Schiffe herunterkommen?!“
Ren Dhark schluckte. Gerade hatte er eine furchtbare Entdeckung gemacht.
Der größte Teil des Wissens, das er durch die Einnahme von Mentcaps
erworben hatte, war aus seinem Gehirn verschwunden!
Die Waffensteuerung, vor der er saß, war ihm plötzlich fremd, bis auf die wenigen Dinge, die es auch in den beiden WS’s der POINT OF gab. Aber er hatte sich doch an dieses Kommandopult gesetzt, als ob er hier schon jahrelang Dienst gemacht hätte! Das wußte er! Das wußte er sogar ganz genau! Aber das alles änderte nichts an den Tatsachen, daß alle Schiffe der Invasionsflotte unbehindert auf Landekurs gegangen waren und sich anschickten, auf Zwitt zu landen! Zwitt, das Tor zur Sonne! Ren Dhark ballte seine Hände und schüttelte den Kopf. Und warum ließ ihn Dan Riker nicht in Ruhe? Ununterbrochen redete sein Freund auf ihn ein, zwang ihn, endlich Aufklärung zu geben. Aber er wußte doch nichts! Diese Fünf-Minutenspanne fehlte in seinem Erinnerungsvermögen. Wieder hörte er Rikers Stimme, und aufbrausend wollte der Commander plötzlich seinen Freund anbrüllen und ihm zurufen, er möge doch endlich seinen Mund halten, ab sich der Sibirier Arc Doorn meldete. „Riker, einen Augenblick, ich muß mit Dhark sprechen.“ Arc Doorn befand sich im Archiv und hatte mehr als drei Dutzend Mentcaps zu sich genommen. „Dhark, hören Sie mich?“ „Sprechen Sie, Doorn.“ „Dhark, diese Mentcaps sind keinen Schuß Pulver wert und in ihrer Zusammensetzung von den weißen Kügelchen im Archiv auf Hope unterschiedlich. Eben, mitten im Einnehmen, wurde mir… tut mir leid es sagen zu müssen, aber anders läßt es sich nicht ausdrücken… da wurde mir speiübel, und als das vorbei war, war das Wissen aus meinem Kopf verschwunden, das ich gerade bezogen hatte.“ „Wann war das, Arc? Können Sie den Zeitpunkt einigermaßen genau angeben?“ „Herrliche Milchstraße!“ brüllte Dan Riker dazwischen, der drauf und dran war, die Fassung zu verlieren. „Draußen landen die ersten Kähne der schwarzen Weißen, und ihr beide unterhaltet euch über die Qualität von Mentcaps!“ Dhark war dieser Einwurf zur rechten Zeit gekommen. Rikers Zwischenbemerkung verschaffte ihm einige Sekunden, um nachzudenken. Allem Anschein nach war dem Sibirier das gleiche passiert wie ihm. Ein Teil des übermittelten Wissens war auch Doorn wieder abgenommen worden, jedoch unter einer anderen Nebenwirkung. Doorn war dabei nur übel geworden; er aber hatte in diesem Prozeß das Bewußtsein oder zumindest seine klare Überlegungskraft verloren gehabt. „Doorn, wann war es? Und du, Dan, mischst dich in den nächsten Minuten nicht mehr ein!“ Der Sibirier gab den Zeitpunkt an. Er stimmte ungefähr mit jener Zeitspanne überein, in der irgend etwas Dhark einen Teil seines Spezialwissens geraubt hatte. Dan Riker kümmerte sich nicht um Dharks Befehl, sich vorläufig nicht mehr zu melden. Riker hielt sich mit Warren, Doraner und Wonzeff in der siebten
Kugelschale auf, die eine einzige Bildscheibe war und die gesamte Oberfläche Zwitt mit der Korona erfaßte. Knapp zwanzig Kilometer von Fanal entfernt waren die ersten Schiffe der schwarzen Weißen gelandet – mehr als fünfhundert Doppelkugelraumer, und aber Tausende befanden sich auf Landekurs, hatten ihren Durchstoß durch die dichten Luftschichten abrupt abgebremst und näherten sich mit geringer Fahrt dem Boden. Gegenüber dem gelblich brennenden Himmel zeichneten sich die noch im Anflug befindlichen Verbände als scharfumgrenzte Doppelscheiben ab, an vielen Stellen aber als unregelmäßige Fläche, die überall an ihren Rändern winzige Rundungen aufwies. Geschlossene Kampfverbände der schwarzen Weißen. Dan Riker war von der Verständigung zurückgetreten und hatte seinen alten Platz zwischen den Flashpiloten Doraner und Wonzeff wieder eingenommen. Schneller als Commander Dhark hatten sie sich daran gewöhnt, daß sich die im Zentrum des Planeten befindliche Station in unregelmäßigen Abständen zusammenzog und dann wieder ausdehnte. Seitdem auch noch die Invasionsflotte ohne Gegenwehr einfach auf Landekurs gehen konnte, war dieses ständige Auf und Ab von ihnen übersehen worden. Zwitt, eine Wunderwelt der Geheimnisvollen, war durch ihre Schuld nun in die Hände der schwarzen Weißen gefallen, und Dan Riker mußte daran denken, als er mit seinen Männern beobachtete, wie weitere geschlossene Verbände landeten. Pjetr Wonzeff machte eine eigentümliche Entdeckung. Ungewollt sprach er aus, was er sich dachte. „Alle Schiffe landen, soweit ich es bis jetzt verfolgen konnte, auf der Seite Zwitts, auf der Fanal liegt. Ob Fanal das wichtigste Abwehrfort des Planeten ist?“ Riker verschaffte sich Gewißheit. Er verschwand und tauchte auf der entgegengesetzten Seite des gigantischen Rundsichtschirmes wieder auf. Er sah wohl Verbände der schwarzen Weißen im Anflug, einige befanden sich einwandfrei im Parkorbit, aber kein einziges Schiff setzte auf der anderen Seite dieser Welt zur Landung an. „Stimmt, Wonzeff“, bestätigte er dem Flashpiloten, nachdem er wieder neben ihm stand. „Auch könnten Sie mit Ihrer Vermutung recht haben, daß Fanal das wichtigste aller Forts ist. Mich wundert nur, wie sicher sich die schwarzen Weißen fühlen, als ob sie wüßten, daß keine einzige Station in der Korona, kein planetarisches Fort noch einen Angriff wagen würde.“ In der gleichen Zeit hatte Commander Dhark sein Gespräch mit Arc Doorn beendet. Nur widerwillig hatte sich der Sibirier der Vermutung des Commanders gebeugt. „Ich zweifele immer noch daran, Dhark“. hatte er zum Schluß der Unterredung gesagt, „weil ich so etwas für unmöglich halte.“ „Warten wir ab, Doorn.“ Aber auch Dhark fiel es schwer, zu warten.
Er war allein in der Waffensteuerung der Station im Mittelpunkt des Planeten.
Dan Riker und die drei Flashpiloten ließen sich nicht sehen. Sie machten auch
keinen Versuch mehr, über die Verständigung mit ihm in Verbindung zu treten.
Doch was sie über die große Schirmanlage sahen, das sah er in der
Waffensteuerung auch.
Ein Verband der schwarzen Weißen nach dem anderen landete. Fast
ausschließlich waren die schwarzen Humanoiden mit Schiffen eingebrochen, die
alle der 450-Meter-Klasse entstammten; dieses Maß war der Durchmesser jeder
Kugel. Terra und die in ihrem Spiralarm wohnenden anderen Raumfahrt-Rassen
hatten Schiffe dieser Dimension nicht aufzuweisen.
Wieviel tausend waren schon gelandet? Wieviel tausend befanden sich noch auf
Landekurs? Wieviel im Parkorbit?
Die Invasoren waren gelandet! – Das war alles!
Keine einzige Schleuse öffnete sich. Kein Robotkommando verließ ein einziges
Schiff. Aber auch die Segment-Roboter des Planeten waren nicht mehr zu sehen.
Ren Dharks Kommando an die Segmente, nur noch Jagd auf einzeln fliegende
Invasionsschiffe zu machen, hatte nicht mehr abgestrahlt werden können, weil
die Wand sich zwischen ihn und die Waffensteuerung geschoben hatte und ihm
jedes Erinnerungsvermögen über die nachfolgenden fünf Minuten genommen
hatte.
Sie waren im Mittelpunkt Zwitts sicher, solange die schwarzen Weißen nicht
entdeckt hatten, wie leicht es war, in die Zentrale zu kommen.
Aber stimmte seine Vermutung, die Doorn nicht so recht glauben wollte?
Wieder warf er einen Blick auf sein Chrono.
Eine lange, lange Stunde war vergangen. Die letzten Großverbände bereiteten
die Landung vor. Auch sie kamen mit unheimlicher Geschwindigkeit herunter,
stoppten in rund zehntausend Metern Höhe, um dann mit Hilfe von A-Grav den
letzten Teil der Landung einzuleiten.
Wunderbar exakt verliefen diese Manöver, um die sie jeder
Raumschiffkommandant Terras beneidet hätte.
Aber dieser gute Eindruck wurde von der Tatsache verwischt, daß eine fremde
Rasse dank des Leichtsinns des Commanders den Planeten Zwitt hinter seiner
Sonnenkorona erobert hatte.
Und dieser Commander saß unbeweglich im Sessel vor den Waffensteuerungen,
deren Schalter man blockiert hatte, und wartete immer noch.
Längst zweifelte er daran, daß seine Vermutung richtig sein könnte.
Arc Doorn mußte recht haben; leider!
Und wieder waren fünfzehn Minuten vergangen. Die letzten Einheiten waren
auf ihren turmdicken Teleskopbeinen federnd gelandet, und nichts rührte sich.
Der Planet hatte seine Eroberung akzeptiert!
Der Planet Zwitt war dem Terraner, der kraft seines Mentcap-Wissens die
Abwehr koordinieren wollte, in die Arme gefallen und hatte ihn vom Geschehen
entfernt!
Dharks Augen weiteten sich! Die Sonnenkorona hatte auf Nacht geschaltet.
Blitzartig war das gelbliche Brennen des Himmels vergangen. Absolut schien
die Dunkelheit über Zwitt zu sein! Nur für einen Augenblick! Die Zentrale im Mittelpunkt des Planeten blähte sich wie ein Ballon immer mehr auf. Die Waffensteuerung, in der Ren Dhark allein saß, war innerhalb weniger Sekunden um das Zehnfache größer geworden und wuchs immer noch. Die Stille, die einem unruhigen Menschen hätte auf die Nerven fallen können, gab es nicht mehr. Alle Energie-Erzeuger der Station waren angelaufen; alle Spul- und Speicherbänke arbeiteten; sämtliche Transformer liefen mit maximaler Belastung. Aber auch von draußen, aus dem Kern des Planeten, kam Dröhnen und Grollen herein! Vor Dhark flammten Kontrollen auf, die vorher nicht zu sehen gewesen waren. Die Instrumente, die keine Werte angezeigt hatten, standen plötzlich im Maximumbereich. Eine Reliefkarte wurde von innen beleuchtet und zeigte ein verwirrendes Bahnmuster. Der Commander beugte sich vor. Er studierte die Reliefkarte. Er konnte sie lesen, wurde sich aber dieser Tatsache nicht bewußt. Die Station im Zentrum des Planeten war nicht die einzige Anlage, wohl die einzige, die betreten werden konnte. Bis auf 4300 Kilometer vom Mittelpunkt entfernt befanden sich ein paar tausend weitere Stationen in dieser Sternkugel, um die unvorstellbaren Drücke und Temperaturen in ihrem Bereich in Energie umzuwandeln! Zwitt wurde die Kraft abgesogen! Die Station in seinem Herzen war ein Vampir! Bestand zwischen dem schlagartigen Nachtwerden und dem Anlaufen aller Transformerstationen in Zwitt ein Zusammenhang? Ren Dhark hoffte es. Seine Zweifel waren in den letzten Minuten seit der Veränderung kleiner geworden, aber er war längst nicht mehr seiner Sache so sicher wie im Gespräch mit Arc Doorn. Oben – auf Zwitt – hatte sich die Situation nicht verändert. Trotz der absoluten Dunkelheit, die draußen herrschte, zeigte die vielquadratische Schirmanlage die gelandeten Verbände, die auf viele tausend Quadratkilometer verteilt lagen. Automatisch hatte die Optik auf Infrarot geschaltet und die Dunkelheit damit durchbrochen. Die leuchtenden Bahnen der Reliefkarte strahlten ein immer helleres Licht aus. Synchron dazu war auch die Geräuschkulisse, die von draußen einbrach, stärker geworden. Das Aufblähen der Station hatte ein Ende gefunden, und Ren Dhark glaubte in einem domartigen Raum zu sitzen, in dem er sich verloren vorkam. Er ließ diesen deprimierenden Eindruck nicht stark werden. „Doorn… “ Aber Arc Doorn meldete sich nicht über die Verständigung. Und mit seinem Freund Riker wollte er nicht sprechen. In dieser Stunde konnte er Rikers Vorwürfe nicht ertragen. Aber hatte sein Freund Dan mit seinen Vorwürfen nicht allzu recht? Unmerklich hatte die Zentrale im Herzen des Planeten zu zittern begonnen. Jetzt lief das Zittern deutlich spürbar durch Boden, Decken und Wände. Es kam von
innen und es kam von außen! Die leuchtenden Bahnen der Reliefkarte erloschen
langsam. Eine Reihe Kontrollen stellte ihren Dienst sin. Viele Instrumente fielen
wieder auf Null.
Als ob eine eisige Hand nach seinem Herzen greifen würde, so entsetzlich war
der Verdacht, der Ren Dhark durch den Kopf schoß.
Ging Zwitt gleich ebenso unter wie Ika-4? War Ika-4 nicht nach Angaben der
unpersönlich klingenden Stimme von der Technik der Mysterious vernichtet
worden?
Verzweifelt konzentrierte Dhark seine Gedanken. Diese Stimme sollte ihm jetzt
Auskunft geben. Sie konnte es tun! Sie mußte es tun! Sie mußte doch wissen,
was gleich geschah. Aber entweder kamen seine Gedanken nicht durch, oder die
Stimme ignorierte seine Impulse der Alpha-Rhythmus-Frequenz. Sie schwieg!
Die Bahnen der Reliefkarte waren nicht mehr zu erkennen.
Da meldete sich Dan Riker mit tonloser Stimme.
„Es hat noch nicht einmal Sinn, unser Testament zu machen, Ren.“
Kein Vorwurf. Keine Frage. Nicht einmal eine Feststellung. Seine Bemerkung
ließ alles offen, aber sie war auch von eindringlicher Deutlichkeit.
Nicht der Trotz wurde in Dhark wach; sein gesunder Menschenverstand wehrte
sich gegen diese depressive Einstellung.
„Dan, rede nicht mehr diesen Unsinn!“ erwiderte er mit selten scharfer Stimme.
„Noch ist das Spiel nicht zu Ende, auch wenn man mir die Hände gebunden hat.
Noch können vier Mann von uns sechsen nach oben und mit den beiden intakten
Flash zur POINT OF transistieren. Also… bitte? lost aus, wer verschwinden
darf, und wer mit mir hierbleiben muß… “
„Jetzt redest du Unsinn, Ren! Niemand von uns denkt daran, dich im Stich zu
lassen. Hörst du gut? Niemand, mein Lieber. Trotzdem machen wir hier die
letzten Lebensstunden durch.“
Er hätte auch gegen den Wind sprechen können.
Dhark allein in der Waffensteuerung der Zentrale hörte gar nicht mehr zu. Er
hatte seinen Sessel verlassen. Mit den Knien berührte er die blaue
Unitallverkleidung der Steuerung. Es kümmerte ihn nicht, daß alle Schalter
blockiert waren.
Bei seinem Willen! Es kam langsam wieder.
Vorhin, als Riker seine letzte Bemerkung machte, war es zurückgekommen; als
Torso. Und dieser Torso erhielt nun die fehlenden Bruchstücke zurück.
Über die Verständigung hörte er Doorn flüsternd sagen, und Dhark erkannte,
daß diese Bemerkung für niemanden bestimmt war: „Ich bin doch noch nicht
verrückt… ?“
Ungewollt nickte Ren Dhark.
Doorn erging es nicht anders als ihm. Nur er hatte keine Sorge, nicht ganz
richtig im Kopf zu sein. Er hatte kaum noch Sorgen. Die letzten Zweifel waren
verflogen. Seins Hypothese stimmte. Sie mußte stimmen!
Wie war das doch gewesen? Seine Stirn war voller Falten. Die Augen hatte er
zusammengekniffen. Krampfhaft überlegte er. Mit aller Energie versuchte er
sein Mentcap-Wissen zu aktivieren, aber darin gab es immer noch Lücken. Zuviel fehlte noch. Alles war ihm nicht wiedergegeben worden. Sein Verstand kam hinzu, sein logisches Denken, sein Wissen um einen Teil der MysteriousTechnik, und seine Erfahrungen, die er mit der POINT OF gemacht hatte. „Es muß stimmen!“ Und doch war es ungeheuerlich, was er damit behauptete. Er betrachtete sich als das Herz des Planeten Zwitt – als das Herz dieser Station im Mittelpunkt des Planeten. Ihm jedoch kam die Ungeheuerlichkeit dieser Vorstellung nicht zu Bewußtsein. Er fühlte, daß er im Rahmen der Mysterious dachte! In diesem Moment stockten seine Gedanken. Ungeheure Leere breitete sich in seinem Kopf aus. Die Unendlichkeit des Alls schien darin nur noch Platz zu haben. Ren Dhark war keines Gedankens mehr fähig. Wieder sah er die Wand, die ihn trennte. Wovor trennte sie ihn? Auch diese Frage wurde in ihm nicht lebendig. Leere, unendliche und unbeschreibliche Leere in ihm! Sein Kopf sank auf die Brust. Leer wurde sein Blick. Die Arme hingen herunter, als ob sie ihm nicht gehörten. Ren Dhark war nur noch eine biologische Hülle; kein Wesen mehr mit Intellekt. Langsam verlor er sein Gleichgewicht. Dann wurde die Bewegung immer schneller, und dumpf schlug sein Körper gegen das Steuerpult, und seine Beine knickten ein, und ganz langsam rutschte er zu Boden. Er hörte nicht mehr, daß Arc Doorn aus dem Archiv versuchte, mit ihm in Verbindung zu treten. Der Sibirier gab auf. Hastig verließ er das Archiv. Das unerklärliche Schweigen des Commanders trieb ihn zu den anderen zurück. Er traf Riker und die Flashpiloten in einer depressiven Verfassung an, die ihn wohl stutzig werden ließ, aber über die er einfach hinwegsah. „Dhark meldet sich plötzlich nicht mehr. Ich konnte ihn auch auf der Bildscheibe nicht mehr sehen.“ Mit einer unnachahmlich müden Bewegung deutete Riker auf eine bestimmte Stelle des Panoramaschirms. „Was spielt das alles noch eine Rolle, Doorn? Können Sie Zählen, ja? Dann versuchen Sie einmal die Anzahl der gelandeten Raumer zu bestimmen und… “ Die Station schrumpfte wieder! Ohne jede Ankündigung hatte sich dieser Verkleinerungsprozeß entwickelt. Aber vielfach schneller als sich diese Zentrale im Herzen des Planeten ausgedehnt hatte, zog sie sich nun wieder zusammen. Unwillkürlich lauschten die Männer trotz des Brummens und Dröhnens, das in seiner Klangfarbe und Stärke unverändert blieb. Sie warteten darauf, das Knirschen und Brechen des Materials zu hören, das gerade einer Belastung unterworfen wurde, für die es kein Gegenbeispiel in der terranischen Technik gab. Der Boden zog sich zusammen, die Wände und Decken. Der Abstand zwischen der Außenwand der siebten Schale und dem Boden, auf dem sie standen, verringerte sich so stark, daß die fünf Männer unwillkürlich den Kopf eingezogen, weil sie den Eindruck hatten, gleich zwischen Decke und Boden
zerdrückt zu werden. Unverständlich in diesem Prozeß war die Tatsache, daß die Wiedergabe des Panoramaschirms unverändert gut blieb. Gegenseitig blickten sich die Männer an, die doch schon so viele gefahrvolle Situationen gemeistert hatten, doch diesen Gewalten standen sie vollkommen hilflos gegenüber. Noch niemals war es einem Menschen gelungen, bis zum Mittelpunkt eines Planeten vorzudringen, und hier hielten sie sich nicht nur in seinem Zentrum auf, in diesem Zentrum hatte eine intelligente Rasse auch noch eine technische Anlage errichtet, die nun von den planetarischen Kräften zerdrückt wurde. Doorn, der auch wie Dhark einen Teil seines Mentcap-Wissens zurückerhalten hatte, wollte daran nicht glauben, und es widersprach seiner Mentalität, sich um den Commander, der sich plötzlich nicht mehr gemeldet hatte, nicht zu kümmern. Er, der oft so sparsam mit seinen Worten war und der so selten aus sich herausging, er brauste auf und machte Riker und den Piloten heftige Vorwürfe. Riker hatte jeden Elan verloren. Er deutete zur Decke, die sich nur noch einen halben Meter von seinem Kopf entfernt befand. „Es ist ja egal, wo wir zerquetscht werden, Doorn. Okay, Sie sollen Ihren Willen haben. Kommen Sie, wir beide gehen Ren suchen.“ Doorn kannte den Weg. Eine Mentcap hatte ihm den Aufbau der Zentrale verraten. Und dann standen sie in der Waffensteuerung, in der der Commander sich so lange allein aufgehalten hatte. Die Zentrale war leer. Nur ein paar Zigarettenstummel verrieten, daß sich Ren Dhark hier tatsächlich aufgehalten hatte. Verblüfft sahen sich Riker und Doorn an. Sie wurden von Angst angesprungen, als sie feststellten, daß alle Steuerschalter blockiert waren. „Hat er aufgegeben?“ Rikers Frage blieb ohne Echo. „Weil alles blockiert ist?“ Auch auf diese Frage ging Doorn nicht ein. Der bullige Mann mit der platten Nase und dem grobporigen Gesicht sah zur Decke hoch. Die Zentrale verkleinerte sich nicht mehr. Der Schrumpfungsprozeß war zum Stillstand gekommen. In der Schale, in der sich die Waffensteuerung befand, betrug der Abstand zwischen Decke und Kopf der beiden Männer noch knapp zwanzig Zentimeter. Doorns aufreizendes Schweigen verjagte Rikers Depressionen. Dazu kam, daß auch er jetzt den Stillstand des Schrumpfprozesses bemerkte. „Doorn, benutzen Sie auch mal Ihren Verstand? Wo kann Dhark stecken?“ Der Sibirier nahm den unberechtigten Vorwurf stillschweigend hin. „Wo soll er sein? Wir müssen ihn suchen… ich muß ihn suchen, denn Sie und die Piloten haben es leider nicht für erforderlich erachtet, Mentcaps zu schlucken. Dadurch bin ich der einzige, der die Station kennt. Wollen Sie hier auf mich warten?“ „Bleiben Sie, Doorn!“ das klang wie ein Befehl. Riker schaltete an der nicht
blockierten Verständigung und stellte sie auf Rundspruch. Danach rief er nach
seinem Freund durch. Aber Dhark meldete sich nicht.
Er konnte sich nicht melden, weil er sich nicht mehr in der Station im
Mittelpunkt des Planeten Zwitt aufhielt.
*** Jos Aachten van Haag hörte den Dicken entsetzlich laut brüllen. Er sah Manu Tschobe im Kampf mit zwei schwarzen Weißen! Gleich einem Schatten sprang ihn von der Seite her ein schwarzer Humanoider an, mit fremdartigen Strahlwaffen in den Händen. Die Defensiv-Technik des GSO-Mannes kam zum Tragen. Wahrscheinlich hatten die schwarzen Weißen noch niemals etwas davon gehört. Blitzschnell verlagerte Jos sein Körpergewicht auf den linken Fuß, duckte sich und schleuderte sich gleichzeitig dem andern entgegen, der für seine Waffen kaum noch ein Ziel hatte. Van Haag packte zu, drehte einen fremden linken Arm, prallte gegen den Körper des anderen und richtete sich selbst wie ein vorher gespannter Stahlbogen senkrecht auf. Über seinen Rücken hinweg machte der schwarze Weiße einen Überschlag, und mit den Beinen in Richtung Decke kam er krachend in der Ecke auf. Gerade war Shanton mit seinem Gegner fertig geworden. Manu Tschobe schlug sich noch mit einem Angreifer herum und hatte im nächsten Augenblick nichts mehr zu tun. Jimmy hatte mit dem Abstrahlpol seiner Zunge dazwischengefunkt und einen prächtigen Schockerschuß angebracht. „Mahlzeit!“ orgelte der Dicke, dessen Gesicht trotz der Klimaanlage seines MAnzuges schweißüberströmt war. „Achtung!“ schrie Jos und seine beiden Strahlwaffen schossen in Richtung auf das Schott, das von der anderen Seite geöffnet worden war. Jimmy war ein seelenloses Monstrum, wenn er auch einem schwarzhaarigen Scotchterrier aufs Haar glich. Jimmy verfügte über Ortungen, die irgendwer irgendwann wieder bei ihm eingeschaltet hatte. Das Resultat seiner Ortungsergebnisse hatte ihn gezwungen, sein technisches Innenleben auf dem Kampfsektor mit sensorischer Schnelligkeit umzuschalten. Während der reaktionsschnelle Jos noch damit beschäftigt war, die drei hereinkommenden schwarzen Weißen als Robs zu erkennen, hatte das Brikett auf vier Beinen sie unter Blasterbeschuß genommen. Die grell leuchtenden Augen der Maschinenkonstruktionen verschwanden in dröhnenden Explosionen und unter wilden Energieblitzen. Jos kämpfte gegen die starken Druckwellen an, stand neben dem Schott und griff zu, ohne sich Rechenschaft über sein Tun abzugeben. Das Schott schloß sich wieder. „Alle Achtung, Jos“, rief Shanton ihm über seinen Helmfunk zu, „wie haben Sie das gemacht?“
Verblüfft schüttelte der GSO Mann den Kopf. „Das möchte ich auch gern wissen.“ Es war ihm ein Rätsel, wie er dazu gekommen war, an dieser fremdartigen Anlage zu hantieren. Jimmy erhielt kein Lob. Daß er drei Mann das Leben gerettet hatte, wurde all selbstverständlich hingenommen. „Stecken wir vielleicht in einer Raumschiff-Zentrale?“ fragte Tschobe, der auch jetzt erst Gelegenheit bekam, sich umzusehen. „Scheint so“, brummte der Dicke, der sich den Bauch festhielt und nun feststellte, daß die beiden schwarzen Weißen, die immer noch besinnungslos am Boden lagen, keine fairen Gegner gewesen waren. Einer davon hatte ihm ein paar gemeine Schläge unter die Gürtellinie verpaßt und nicht nur damit gerechnet, daß ein prächtiger, dicker Bauch wie eine erstklassige Dämpfung arbeitet. „Schöne Überraschung!“ stellte Jos in sarkastischem Ton fest. „Aber habe ich eben richtig gesehen? Die Augen dieser Robs… Großer Himmel!“ Er verstummte, denn er war sich bewußt geworden, vorhin keinen Roboter in die Ecke geschleudert zu haben, sondern einen schwarzen Humanoiden aus Fleisch und Blut! „Die hier… Die hier… “ „Haben wir inzwischen auch gemerkt“, mischte sich Chris Shanton ein. „Diese Burschen sind echt. Ihre Augen glühen nicht. Aber zur Sache. Wenn das hier tatsächlich eine Raumschiff-Zentrale ist, dann sind wir so lange sicher, bis uns Hunger und Durst zur Aufgabe zwingen und es den Kerlen nicht gelingt, hereinzukommen.“ Manu Tschobe hörte nicht zu. Er suchte sich die Augen nach dem Transmitter aus, der sie hier hatte ankommen lassen. Ausgerechnet in dem Raumschiff dieser Fremden, die allem Anschein nach von den beiden entarteten Cyborgs alarmiert worden waren. Er sah nur vier Konturliegen. Davor in Hufeisenform je ein Schaltpult. Im Boden die Instrumente. Einen Schritt weiter ein rechteckiger Rahmen aus braunem Metall, der vielleicht einen Bildschirm erzeugte, wenn die Anlage eingeschaltet wurde. Sechs schwarze Weiße in enganliegenden silbergrauen Uniformen, die auf der Brustleite mit blauen und roten Ornamenten verschiedenartigen Aussehens verziert waren, lagen zwischen den Liegen und in den Ecken. Keiner der Männer hatte protestiert, als Jimmy ihnen zusätzlich als Sicherung noch eine wohldosierte Ladung Parastrahlen über den Abstrahlpol seiner Zunge verpaßte. „Tschobe, suchen Sie vielleicht den Jüngsten Tag?“ fauchte ihn der aufgebrachte Diplom-Ingenieur an, der verärgert festgestellt hatte, daß der andere ihm gar nicht zuhörte. „Den nicht, aber den Transmitter!“ erwiderte der Afrikaner scharf. „Sie wissen natürlich, wo er steckt!“ Der Dicke konnte auch verlieren. „Eins Null für Sie. He, Jos, können Sie uns sagen, an welcher Stelle Sie die Zentrale betreten haben?“ „Bei dem Wirbel, mit dem ich empfangen wurde?!“ Shantons Laune wurde nicht besser. „Glauben Sie, man hätte uns die Hand
gereicht, als wir hier hereinplatzten? Doch wo der Transmitter steckt, möchte ich auch wissen.“ Die Zentrale war ein knapp dreißig Quadratmeter großer viereckiger Raum, dessen Winkel leicht abgerundet waren. Diese vier Konturlager beherrschten das Bild. Fremdartig der Eindruck der im Boden angebrachten Instrumente. Gegenüber den Zentralen der terranischen Kugelraumer und der der POINT OF war dieser Kommandoraum auffallend klein und spartanisch in seiner technischen Ausrüstung. Auch das Schott, das Jos gesperrt hatte, ohne zu wissen, wie er dazu fähig war, war gerade so groß, um zwei Mann gleichzeitig den Durchgang zu gewähren. Die Wände waren glatt und leer. Von einer Transmitter-Anlage keine Spur. „Sie muß in einer der vier Wände sein“, vermutete Chris Shanton und erinnerte sich an Jimmy, der wieder auf die Komando-Impulse seines Spezialgerätes reagierte. Er programmierte die Robotkonstruktion mit einer Schnelligkeit, die auch Tschobe Bewunderung abzwang. Der Hund peilte offensichtlich die knapp drei Meter hohe Decke an. „Da oben?“ zweifelte Jos, der sich nicht erinnern konnte, drei Meter tief gefallen zu sein, als er den Transmitter in dieser Zentrale verließ. Shanton wartete nicht ab, bis Jimmy zu sprechen begann. Er las die Ortungsresultate an den kleinen Instrumenten seines Spezialgerätes ab. „Dieser Transmitter befindet sich tatsächlich in der Decke. Unglaublich!“ stieß der Diplom-Ingenieur verblüfft aus. „Einen besseren Platz konnten sich diese Burschen nicht aussuchen!“ Es klang nicht gut, wenn er die schwarzen Weißen, die doch so menschlich aussahen, Burschen nannte. Wieviel netter hörte es sich an, wenn er Jimmy Miststück rief. Damit verriet der Dicke sein weiches Herz, das er unter einer rauhen Schale verborgen hatte. Tschobe zweifelte nicht an der Ortsbestimmung des Transmitters. Sein technisch geschulter Verstand arbeitete. Von der Decke schweifte sein Blick zu den Konturlagern ab. Jos Aachten van Haag, der Praktiker, hielt die Schleuse zum Deck unter Kontrolle, in der einen Hand den Blaster, in der andern den ParaSchocker. Im stillen dankte er dem Schicksal, daß sie alle drei mit Strahlern so gut versorgt waren. Er nickte zufrieden, als er die Kapazitätsanzeige kontrollierte. Der Energievorrat reichte noch für fünfhundert Entladungen und mehr. Hoffentlich schießen wir unsere Strahler nicht leer, dachte er, als ihn ein instinktives Gefühl blindlings zur Seite springen ließ. Manus Aufschrei brach im Ansatz ab. Neben Jos stand ein Roboter wie aus dem Boden gewachsen. Jimmy kam zu spät. Der Dicke brach lautlos unter dem Strahlbeschuß zusammen. Manu Tschobes Strahl traf die Decke. Jos säbelte dem Roboter die metallenen Beine weg. Die energetischen Entladungen bei der Umwandlung wurden von seinem filmdünnen MRaumanzug abgefangen.
Krachend kippte der verstümmelte Rob zu Boden, wurde im gleichen Moment zur Seite geschleudert, und Jos, dessen Gedanken so schnell den Vorgängen nicht folgen konnten, gab der Maschinenkonstruktion, die aus dem Boden kam, keine Chance! Geblendet schloß der Kampfspezialist seine Augen. Die automatisch arbeitende Abschirmung seines Klarsichthelms hatte nur einen Teil der Lichtflut zurückhalten können. Gefahr! signalisierte sein Gespür. Er sah nur etwas Schattenhaftes aus dem Boden steigen. Ein Vorgang, der sich in unwahrscheinlich kurzer Zeit abspielte. Der Boden schien regelrecht einen Roboter auszuspucken, um nach dem Durchstoß den Boden sofort wieder materiestabil werden zu lassen. Jimmy sah mehr. Seine auf sensorischer Basis arbeitenden Augen, auch wenn sie wie echte Hundeaugen aussahen, die manchmal so treu blicken konnten, hatten das neue Ziel erfaßt und gleichzeitig in einen präzise angebrachten Strahlbeschuß umgewandelt. „Wir müssen ‘raus!“ rief Tschobe erregt, der die Gefahr erkannt hatte, die innerhalb der letzten Minute riesengroß geworden war. „Die schwarzen Weißen zwingen uns, die Zentrale zu… “ Noch konnten sie den Raum nicht verlassen, in dem sich härteste Strahlungen größter Dosen ausbreiteten und die Abschirmfähigkeit der M-Raumanzüge immer stärker belasteten. Ein neuer Roboter war aufgetaucht und auch vernichtet worden. Die schwarzen Humanoiden, die bewußtlos am Boden gelegen hatten, konnten nicht mehr leben. Ihr Sterben hatten sie den eigenen Rassegenossen zu verdanken, die mit unmenschlicher Hartherzigkeit ihre Roboter Kur Zentrale entsandt hatten, obwohl sie sich doch ausrechnen konnten, daß die eigenen Männer bei diesem Strahlinferno den Tod finden mußten. „Jos, noch zwei Roboter… und wir werden trotz Raumanzug verseucht!“ Dabei hatten einmal Spezialisten auf Terra behauptet, die M-Anzüge würden jeder atomaren Belastung standhalten! Die kleine Anzeige aber warnte die Männer jetzt schon davor, noch länger in der Zentrale des unbekannten Raumschiffes zu bleiben. „Zur Hölle mit Ihren Warnungen, Tschobe“, rief Jos, der keinen Cent mehr für ihr Leben gab. „Finden Sie lieber den Schalter, mit dem man den Transmitter umpolen kann.“ Der nächste Roboter brach durch den Boden in den Kommandoraum ein. Sein Schicksal war das gleiche der Konstruktionen, die vor ihm losgeschickt worden waren. Im Lichtblitz sah aber Jimmy, daß es neben dem Schott noch einen weiteren Zugang zum Leitstand gab. Daß sein synthetisches Fell brannte, störte ihn nicht, aber die atomare Verseuchung des relativ kleinen Raumes begann auch auf seine Sensoren einzuwirken. Einige wurden träge. Ihre Schwingungszahlen hatten sich so stark verändert, daß sie durchgehende Impulse verfälschten. Die Aktivierung seines Abstrahlpols an der Zungenspitze war noch in Ordnung. Sein Ziel traf er auch.
Weder Jimmys sensorisches Gehirn noch Jos’ Verstand ahnten, daß vor ihren Augen im zweiten Zugang zum Leitstand der Kommandant dieses Schiffes in Energie umgewandelt worden war. Jos hatte einen schwachen Energieausbruch gesehen und sich nichts dabei gedacht. In Jimmy kam der Alarm nicht mehr durch. Weitere Sensoren seines technischen Innenlebens waren zu träge geworden und betrieben Impulsfälschungen großen Stils. Jos sah den Durchlaß in der Wand rechts des Schotts! Es war ihm gleichgültig, ob der Weg ins Verderben führte. Allein der Gedanke, elendig im Raumanzug umzukommen, trieb ihn hinaus. Tschobe und er packten den bewußtlosen Dicken bei den Beinen und zerrten ihn hinter sich her. Der Robothund lief ihnen voraus. Das Deck war leer. Der Afrikaner hatte die Richtung bestimmt, in der sie gingen. Jos spähte zur Zentrale. Sein Mißtrauen sagte ihm, daß noch weitere Roboter über den Transmitter-Weg hereingeschickt werden würden. „Jos, ein A-Grav!“ Der mußte noch einmal von seinem Blaster Gebrauch machen. Die Explosion am Eingang des Leitstandes traf auch sie mit ihrer heftigen Druckwelle. Jos flog nach hinten, Tschobe stürzte nach vorn. Beide ließen den Dicken nicht los, der keine Ahnung hatte, daß man ihn wie einen Sack behandelte und über den Boden zerrte. Ein A-Gravschacht nahm sie auf und trug sie höher. Vier Meter über ihnen befand sich Jimmy, der unter technischen Krämpfen litt. Sein Zusatzprogramm bemühte sich in dieser kurzen Einsatzpause, nacheinander die vielen Sensoren in seinem Innern zu testen und durch Umschaltung die trägen Elemente daran zu hindern, weiterhin Impulsfälschungen vorzunehmen. Tschobe und Jos schwiegen. Sie machten sich nichts vor. Ihre Chance, dieses unbekannte Raumschiff verlassen zu können, war gleich Null; ihre Lage hatte sich radikal verschlechtert, als Chris Shanton geschockt worden war. Der zwei Zentner schwere Mann war zu dem berühmten Klotz am Bein geworden, der ihnen jede Bewegungsfreiheit nahm. Rund dreißig Meter waren sie schon nach oben geschwebt, als Manu Tschobe das nächste Deck sah. Vergeblich fragte er sich, was auf der Strecke, die sie gerade passiert hatten, liegen würde. Bis jetzt hatte er weder erkennen noch erraten können, welche äußere Form dieses Raumschiff der schwarzen Weißen besaß. Nur daß zwischen den Cyborgs und ihnen schon vorher enger Kontakt bestanden haben mußte, war ihm klar. Das ließ auch erkennen, daß die beiden Entarteten über ein viel größeres Wissen auf dem Gebiet der MysteriousTechnik und dieser Anlagen hier besaßen als jeder andere Mensch, und das machte sie in ihrem anomalen Zustand noch gefährlicher, als sie es jemals nach der vorgenommenen Veränderung gewesen waren. Und steckten hinter dieser Veränderung wirklich die nicht umgeschalteten Robonen? In seinem Empfang hörte er Jos murmeln: „Ob ich das Rätsel jemals lösen werde? Hätte ich doch Eylers gegenüber nur nicht den Mund so voll genommen.“ „Was meinen Sie damit, Jos?“ fragte Tschobe, während sie bis zum Deck noch
ein paar Meter zurückzulegen hatten.
„Ach, ich zerbreche mir über Mildan und Dordig den Kopf. Ehrlich, Tschobe,
diese Kerle werden mir immer unheimlicher, aber in diesem Spukdrama haben
auch die Mysterious ihre Finger im Spiel.“
„Und deren Roboter. Ich habe sie kennengelernt. Los, aussteigen!“
Sie verließen auf der rechten Seite den schwach beleuchteten A-Gravschacht.
Nach vier Richtungen zweigten die Decks ab, und jedes Deck war leer. Weder
ein Roboter mit seinen grell leuchtenden Augen war zu sehen, noch einer der
humanoiden schwarzen Weißen.
Chris Shanton befand sich immer noch im paralysierten Zustand. Jimmy stand
dicht vor dem Zusammenbruch. Jede Ähnlichkeit mit einem Scotchterrier war
ihm abhanden gekommen. Bis auf winzige, halbverkohlte Reste besaß er kein
schwarzes Fell mehr. Blank und nackt schimmerte sein Metallkörper.
Scheußlich sahen die unverkleideten Gelenke aus. Der sonst so rassige Kopf
hatte jede Form verloren und wirkte wie ein mißglückte Versuch eines
Stümpers, einen Hund aus Metall modellieren zu wollen.
Das Zusatzprogramm der Robotkonstruktion war mit der ihm gestellten Aufgabe
nicht fertig geworden. Es hatte nur teilweise die erforderliche Umschaltung
vornehmen können, und dieser mißglückte Versuch glich einer halben
Zerstörung des sensorischen Innenlebens.
Tschobe kannte die Frequenz, mit der Jimmy anzusprechen war. Er befahl ihm,
seine Ortungen einzusetzen und ganz besonders auf Gehirnströme zu achten.
Ein Dutzend Schritte vom A-Grav entfernt entdeckten sie die erste Tür, ein
Haarriß in der glatten Wand, der deutlich ein Viereck begrenzte.
Und dann in Brusthöhe die kaum erkennbare Vertiefung.
Shanton lag direkt an der Wand. Sein Backenbart ließ ihn wie einen alten Mann
aussehen; der leicht geöffnete Mund gab ihm einen törichten Gesichtsausdruck.
Jimmy behauptete noch einmal, daß hinter dieser Tür laut Endergebnis seiner
Energie-Ortungswerte die Funk-Zentrale des Schiffes läge.
Tschobe und Jos verließen sich auf seine Angaben. Der GSO-Mann legte seine
Hand gegen die schwache Vertiefung in der Wand. Kaum hatte er Kontakt, als
die Tür aufsprang.
Der Afrikaner war nicht weniger überrascht als die drei schwarzen Weißen, die
sich ahnungslos mit ihren schwenkbaren Sesseln herumdrehten und ein Wesen
anstarrten, das in einen Raumanzug gekleidet war.
Jos sah sie einen Moment später.
Er war einer der besten GSO-Männer.
Er bewies seine Qualität, und die drei schwarzen Weißen bewiesen, daß sie auch
eine fremdartig konstruierte Strahlwaffe auf den ersten Blick erkennen konnten.
Sie streckten ihre Arme nicht nach oben.
Ganz langsam streckten sie ihre Arme zur Seite und hielten sie in der
Waagerechten. Auf ihren schwarzhäutigen Gesichtern zeichnete sich
unverkennbar maßloses Erstaunen, ab. Mit ihren Blicken waren sie an Tschobe
und Jos schon längst zu Mördern geworden.
Sie wurden dadurch dem Afrikaner, der gleich ihnen eine schwarze Haut besaß,
nicht sympathischer.
Jos war gegen Blicke dieser Art abgebrüht.
„Tschobe, geben Sie diesen Freunden keine Chance, wenn ich sie gleich nach
Waffen durchsuche. Und drücken Sie auch dann ab, wenn Sie mich dabei treffen
müssen. Nehmen Sie nicht die geringste Rücksicht! Ich kann mich doch auf Sie
verlassen?“
„Auf mich ist Verlaß, nur auf das Robotmonstrum nicht mehr… “
Da paralysierte Jimmy den Afrikaner Manu Tschobe.
Er traf Jos am linken Arm. Aus dessen kraftlos gewordenen Fingern glitt der
Para-Schocker.
Drei schwarze Weiße sprangen zugleich auf und warfen sich auf ihn.
An der Tür stand Jimmy, hatte seinen häßlichen Metallkopf etwas schief gelegt
und sah aus seinen treuen Hundeaugen vergnügt zu.
Es machte ihm Spaß, was diese drei schwarzen Weißen und ein Weißer
miteinander machten. Seine Freude drückte er durch seine lange Rute aus, die
vergnügt hin und her wedelte.
Jimmy war wirklich ein Prachtstück…
*** Alle, bis auf Rul Warren, suchten den Commander in der Station!
Gemeinsam suchten sie Schale um Schale ab. In jedem Raum benutzten sie die
Verständigung und riefen nach Ren Dhark.
Er meldete sich nicht.
Aber Rul Warren meldete sich kurz, all Dan Riker ihm mitteilte, daß sie nun die
vierte Schale von innen durchforschen würden.
„Verstanden. Draußen nichts Neues. Nach wie vor liegen die
Doppelkugelraumer auf ihren Landeplätzen bei geschlossenen Schleusen. Nicht
das geringste… “
Warren verstummte. Rikers Gesicht auf seinem Bildschirm hätte sich verzerrt.
Rikers Augen waren unnatürlich groß geworden. Was war mit ihnen? Stand er
vor einem Schlaganfall?
Riker versuchte zu sprechen und brachte es doch nicht fertig.
Er riß den rechten Arm hoch und deutete damit auf etwas, das nicht zu sehen
war.
Rul Warren verstand ihn nicht. Was hatte das Gurgeln, das über den Empfang
kam, zu bedeuten? Oder hatte er sich bei dem Brodeln und Brummen, das sich
nicht verändert hatte, verhört?
„Warren… “ Mit letzter Energie hatte Riker den Namen über die Lippen
gebracht. „Warren… hin… hinter Ihnen… “
Rul Warren, die kalte Stummelpfeife zwischen den Zähnen, wirbelte herum.
Die Stummelpfeife fiel zu Boden.
Er dachte nicht daran, sie. aufzuheben.
Er stand Oberleutnant Roder gegenüber!
Und hinter Oberleutnant Roder kamen sie in langer Reihe, einer hinter dem
anderen. Männer aus den Gruppen, die vor dem äußeren Ring Fanals auf die Rückkehr des Commanders und seiner Begleitung zu warten hatten. Plötzlich verstand Warren Dan Rikers Verwirrung. Riker hatte über den Schirm beobachtet, wer hinter seinem Rücken herangekommen war und daß Roder nicht stören wollte, weil er mit Warren sprach. „Roder, woher kommen Sie denn? Und die anderen? Woher… ?“ Roder bückte sich nach Warrens Stummelpfeife. Der Flashpilot, ohne Pfeife im Mund, die er nicht einmal beim Sprechen herausnahm, war doch nie der echte Rul Warren! „Bitte!“ sagte Roder und drückte Warren die Pfeife in die Hand. Leicht schmunzelte der Oberleutnant. „Woher wir kommen? Vom äußeren Ring Fanals. Wo hätten wir sonst gewesen sein sollen? Nur war der Aufenthalt nicht besonders angenehm, als sich Fanal zu einem planetarischen Fort entwickelte. Auch mir ist dabei Hören und Sehen vergangen… “ Mit schneidend scharfer Stimme unterbrach ihn Dank Riker. „Halten Sie keine Volksreden, Roder. Beantworten Sie Warrens Frage, die ich genauso gestellt haben könnte.“ Das belustigte Schmunzeln aus Roders Gesicht verschwand. „Der Commander hat uns geholt. Über einen Transmitterweg. Aber wenn Sie es wollen, Riker, dann können Sie sich doch mit ihm über Ihre Verständigung in Verbindung setzen.“ „Soll das bedeuten, daß Dhark hier ist?“ schnaubte Riker, der glaubte, von Roder auf den Arm genommen zu, werden. „Er ist hier. Wir beide haben den Transmitter gleichzeitig benutzt.“ „Zum Kuckuck, welchen Transmitter, Roder?“ „Den im äußeren Ring, Riker. Wir hatten keine Ahnung, daß es so etwas gab, bis man mir meldete, der Commander sei zu Paß unterwegs zu uns. Die Anlage, die er entdeckt hatte, gleicht übrigens dem Groß-Transmitter im IndustrieDom.“ „Danke!“ Riker schaltete um. In der Eile hatte er die falsche Verbindung getastet. Seine Bildscheibe blieb grau. Da entdeckte er den Fehler. Dharks Gesicht war zu sehen, und dann war er zu hören. „Bitte, Dan, keine Störung. Auch durch dich nicht. Ende!“ Wortlos schaltete Riker ab. Innerlich tobte er, denn wieder einmal ließ Dhark ihn, seinen besten Freund, über seine Pläne im unklaren. In diesem Fall waren Rikers Vorwürfe unberechtigt. Auch er hätte an Dharks Stelle selbst dem besten Freund gegenüber geschwiegen. Niemand läßt sich gern von seinem Freund Vollidiot nennen! Und Riker hätte diesen Ausdruck benutzt, wenn Dhark ihm von seinen Vermutungen berichtet hätte. Und einer, der in der Lage war, zu verraten, was Commander Ren Dhark im Sinn hatte, dieser eine schwieg, weil er nie gern sprach. Und er schwieg auch deshalb, weil Riker ihn nicht fragte. Aber selbst gesetzt den Fall, er wäre gefragt worden, dann stand immer noch nicht fest, ob er sein Wissen preisgegeben hätte. Er sah nämlich in Ren Dhark einen Phantasten. Und es war seiner Meinung nach schlimm genug, daß er dieses Urteil über Dhark hatte fällen müssen.
Arc Doorn machte kein besonders zufriedenes Gesicht! *** Jos Aachten van Haag auch nicht! Drei schwarze Weiße waren über ihn hergefallen. Und diese Lage hatte er ausschließlich Jimmy, dem Monstrum, zu verdanken. Ausgerechnet dem Robothund, auf den bis heute absolut Verlaß gewesen war! Jos wurde zum Berserker. Seine Wut war menschlich leicht zu verstehen. Dazu trat die Tatsache, daß er seinen linken Arm nicht verwenden konnte. Der war bis zur Schulter gelähmt. Ein schwarzer Weißer, der auch noch einen halben Kopf größer war als er, hatte ihn von hinten angesprungen und versuchte ihm die Gurgel zuzuhalten. Der filmdünne Raumanzug, der Jos keineswegs behinderte, schützte ihn in der Halsregion keineswegs vor diesem mörderischen Angriff. Er fühlte das umklammernde Händepaar. Er fühlte den Schwinger an der rechten Kinnseite, der ihm den Kopf in den Nacken schleuderte, und er sah die Faust des dritten schwarzen Weißen mitten in sein Gesicht hinter dem Klarsichthelm heranfliegen! Das war zuviel! Das trieb Jos Aachten van Haags Defensiv-Technik zur unüberbietbaren Meisterschaft! Rekko-Trick und Rade-Schritt, eine Kombination, die von allen Experten als unmöglich bezeichnet worden war, wurde so wunderbar exakt durchgeführt, daß jeder Fachmann bis an sein Lebensende davon geschwärmt hätte. Die schwarzen Weißen schwärmten nicht davon. Der Bursche, der ihm die Faust ins Gesicht setzen wollte, versuchte einen Salto rücklings, der jämmerlich mißlang, und krachte mit dem Hinterkopf gegen eine Metallkante. Er beteiligte sich an der Aktion nicht mehr. Der zweite, der ihm den Schwinger an der rechten Kinnseite verpaßt hatte, stand plötzlich nicht mehr auf dem Boden, sondern flog einen halben Meter hoch, kippte dabei in die Waagerechte um und schlug mit Wucht 1 mit dem Rücken gegen den Boden. Er hatte genug damit zu tun, seinen zusammengepreßten Lungen wieder Luft zuzuführen. In diesem Moment zeigte sich Jimmy erneut von der unfairen Seite. Seine Zunge, die ihm links aus dem Mau] hing, schwenkte nach rechts und zeigte mit der Spitze auf den nach Luft schnappenden schwarzen Weißen. Jimmy schockte ihn und dann den anderen, der es gar nicht mehr nötig hatte, weil er bewußtlos war. Jos ahnte nichts davon. Er hatte auch nichts vom Schockerstrahl gesehen. Noch hätte er mit dem schlangenglatten Gegner zu tun, der schon zum zweitenmal versucht hatte, seinen Strahler zu ziehen. Dieser Humanoide dachte längst nicht mehr daran, Jos. die Gurgel zuzuhalten. Er hatte diesen Versuch mit zwei Tritten
gegen seine Schienbeine quittieren müssen, die er von dem Fremden in ihrem Schiff bekommen hatte. Der GSO-Mann versuchte den Mattin-Griff, der zugleich aus einer halben Körperdrehung bestand, ohne die Füße zu versetzen, und dem Einsatz des rechten Ellbogens mit einem blitzschnellen Zustoßen der flachen Hand. Der Mattin-Griff war aus der Überlegung heraus entwickelt worden, voll einsatzfähig zu bleiben, auch wenn der linke Arm ausgefallen war. Aber nur Kämpfer, die den zwölften Grad erreicht hatten, waren in der Lage, aus dem Mattin-Griff etwas zu machen. Jos Aachten van Haag lieferte unbeabsichtigt Jimmy das dritte Opfer! Der schwarze Weiße schrie gellend auf, als er zurücktaumelte und in diesem Moment die mit unheimlicher Kraft zuschlagende flache Hand seines Gegners unter das Kinn bekam. Jos hatte seinen Schlag genau dosiert. Er beabsichtigte keineswegs, dem Humanoiden das Genick zu brechen, sondern er wollte ihn nur für längere Zeit loswerden. Abrupt verstummte der Schrei. Nervenbahnen, durch stark zusammengedrückte Halswirbel zu hyperempfindlichen Schmerz-Zentren geworden, brachten den schwarzen Weißen bis an den Rand des Wahnsinns. Er konnte nicht mehr an sich feststellen, daß der Schmerz fast ebenso schnell wieder abklang, wie er gekommen war. Jimmy hatte auch ihn geschockt! Wütend, weil er von der Robotkonstruktion auch beschossen worden war, wirbelte Jos herum und brüllte mit sich überschlagender Stimme: „Du verfluchtes Monstrum!“ Jimmy hatte wirklich treu blickende Augen. Aus dem grob modellierten metallenen Hundekopf schauten sie den GSO-Mann, der so laut brüllte, an. Die Zunge pendelte einmal hin und her; die Rute, auch ohne ein einziges Fellhaar, stand verdächtig steil. Plötzlich bewegte sich die Zunge nicht mehr. Jimmy schockte auch Jos Aachten van Haag! Seine stark gestörte Technik mit den impulsverfälschenden Sensoren hatte ihm den Auftrag gegeben, alles, was sich um ihn herum bewegte, zu paralysieren. Er lief zu seinem bewußtlosen Herrn zurück, nahm neben ihm Platz und ließ seine Ortungen in alle Richtungen arbeiten. Sein kleiner, sonst so leistungsfähiger Suprasensor konnte ihm nicht sagen, daß alle erfaßten Werte falsch waren, denn die Impulse aus diesem Gerät kamen nicht einmal über die zweite Sensorbrücke hinaus. *** Commander Ren Dhark fühlte sich wie von einer schweren Last befreit, als er wieder in der Waffensteuerung der Zentrale Platz genommen hatte. Seit er die Männer seiner Einsatzgruppen in Sicherheit wußte, war diese unklare Unruhe, die ihn vorher ununterbrochen gestört hatte, von ihm abgefallen. Dennoch machte er sich auch jetzt noch Vorwürfe, wie er diese Männer in der Wartestellung vor dem äußeren Ring Fanals hatte vergessen können. Die
Erklärung, in den letzten Stunden zuviel erlebt zu haben, war keine echte Entschuldigung; aber er konnte auch nicht sagen, welcher Impuls ihn dazu gebracht hatte, sich endlich seiner Männer auf Zwitt zu erinnern. Seine Hände lagen neben den Steuerschaltern. Sein Blick flog über die vielen Instrumente. Alles war ihm wieder vertraut. Sein Mentcap-Wissen, ihm auf unerklärliche Weise genommen, war ihm ebenso unerklärbar wiedergegeben worden. Es wurde Zeit, daß er handelte! Das Resultat aus einer Kette Überlegungen forderte es ihm ab! Ren Dharks markantes Gesicht versteinerte. Sein Unterbewußtsein hatte ihn gewarnt. Das dumpfe Gefühl, zum Spielball einer unbekannten Macht geworden zu sein, war plötzlich in ihm stark geworden, aber es besaß nicht die Kraft, in sein Bewußtsein einzudringen; es streifte es nur; es berührte kaum die nicht fixierbaren Randzonen. Er nahm es als etwas Normales hin, daß sich die Station im Herzen Zwitts wieder nach allen Richtungen hin ausdehnte. Es kam ihm nicht in den Sinn, den Männern um Oberleutnant Roder nachzufühlen, was sie bei diesem Vorgang empfanden. Commander Ren Dhark hob die Blockierung der Waffensteuerung auf. Die Zentralstelle gehorchte wieder seinen Befehlen. Er wußte, daß es diese trennende Wand nicht mehr geben würde. Doch woher er dieses Wissen bezogen hatte, vermochte er nicht zu sagen. Sein versteinertes Gesicht blieb unverändert. Nacheinander nahm er komplizierte Schaltungen vor. Hin und wieder überflog er die vielen Instrumente und ab und zu den Schildschirm mit den vielen quadratischen Unterteilungen. Die Flotten der schwarzen Weißen waren deutlich zu sehen. Die Doppelkugeln wirkten wie Kolosse aus der Urzeit. Einen Augenblick später verschwanden sie vom Schirm. Dhark nickte, als ob er gar nichts anderes erwartet hätte. Die Steueranlage verschob sich um zwei Meter nach rechts. Kontrollabschnitt 3 leuchtete kurz auf. Es kam Ren Dhark nicht zum Bewußtsein, welch unheimliche Rolle er spielte. Als ob er an dieser Waffensteuerung ausgebildet worden sei und sich gegenüber allen Lagen absolut sicher fühlte, schaltete er weiter durch. Nicht einmal das leiseste Erstaunen hatte in seinem Blick gelegen, als sich die Anlage um zwei Meter nach rechts verschoben hatte, obwohl dieser Vorgang eine Überraschung gewesen war, denn durch keine einzige Mentcap hatte er davon vorher etwas erfahren. Die Bildschirmwiedergabe befand sich noch im Umschaltungsprozeß. Kurven und sich kreuzende Gerade kamen und gingen. Alle Primärfarben tauchten auf und verschwanden wieder. Ab und zu traten so starke Schwankungen auf, daß der 3-d-Charackter von der Flächenprojektion abgelöst wurde. Dann wurde schlagartig das Bild auf dem unterteilten Großschirm stabil! Der Commander sah den fünften Planeten der fünften Sonne innerhalb der Sternenbrücke! Auf achtzehn Quadraten war die Stadt mit den bizarren
Spiraltürmen, den weitgeschwungenen Brücken und den faszinierenden Hochstraßen zu sehen. Die großen Parks mit den mäandernden Flüssen zeigten ihre Schönheit. Nur kurz hatte Dhark die Stadt betrachtet. Abermals hatte sich keine Überraschung auf seinem Gesicht abgezeichnet, das einer starren, markanten Maske glich. Kontrollabschnitt vier leuchtete kurz auf. Abermals verschob sich die Steueranlage um zwei Meter nach rechts. Ren Dhark stellte sich nicht die Frage, warum er mit seinem Sessel nicht daran entlangfuhr; bei diesem Vorgang wären technische Schwierigkeiten nicht aufgetreten. Und daß diese etappenweise Verschiebung der komplizierten Steuerung von terranischer Technik nie hätte erstellt werden können, bedeutete ihm nichts. Er war eins geworden mit der Waffensteuerung; im Unterbewußtsein fühlte er es, aber mit seinem Verstand konnte er diese Tatsache nicht erfassen. Aufblinkende Endkontrollen vieler Zielerfassungen zwangen seinen Blick hin und her; die Hauptjustierungen warfen nacheinander Grünwerte aus. Daß er dabei nicht mehr in terranischen Vorstellungen dachte, sondern sich vollkommen mit der Technik der Mysterious identifiziert hatte, die auch ihm bis zum Tag in ihren charakteristischen Merkmalen fremd geblieben war, kam ihm nicht mehr zum Bewußtsein. Zum drittenmal verschob sich die Steueranlage nach rechts. Die Wiedergabe auf den vielen Quadraten des großen Schirms veränderte sich. In maximaler Vergrößerung war die Stadt auf dem fünften Planeten der fünften Sternenbrücken-Sonne in ihrer eindrucksvollen Größe zu sehen. Der kleine Raumhafen am Rand der Ballung, auf dem einmal die POINT OF gelandet war, ging über den Bildschirm hinaus. Aber diese Stadt, die auch Ren Dhark mit ihrer starken Ausdruckskraft in ihren Bann gezogen hatte, löste keine Wirkung mehr in ihm aus. Er betrachtete sie als Objekt. Seine Hände, seine Finger bewegten sich ununterbrochen. Manchmal betätigte er acht verschiedene Steuerschalter gleichzeitig, las ein Dutzend und mehr Instrumente ab, stellte in diesem komplizierten Ablauf seine Überlegungen an und erfaßte den letzten Endwert. Der Fluktuationsprozeß der Station war zu Ende. Sie vergrößerte sich nicht mehr. Ren Dhark beugte sich leicht vor. Seine Hand zitterte nicht, als er drei der Finger auf drei Schalter legte. Unter dem schwachen Druck seiner Fingerkuppen kippten sie in andere Positionen! Der letzte Kreis war geschlossen worden! Die Korona der siebten Sonne mit ihren vielen Millionen FlächenprojektorStationen griff an! Auf dem großen Bildschirm mit seiner quadratischen Unterteilung erschien in der 3-d-Projektion das Koordinaten-System. Dhark sah die Wiedergabe der Stadt und die Gliederung. Das Bild sprang um! Nur noch das Zentrum der Stadt war zu sehen, zum Greifen nah die Bauwerke. Jede Einzelheit erkennbar, die Schatten und die von der fünften Sonne beleuchteten Flächen. Angriff, Angriff, sagten die Instrumente vor Ren Dhark in ihrer eiskalten Sprache
aus. Und Commander Dhark, der bisher nur in Notlagen Feuerbefehl gegeben hatte, zuckte mit keiner Wimper, als er über den Bildschirm den ersten hochenergetischen Ausbruch in der Stadt beobachtete! Die Sonnenkorona vernichtete in der Stadt die Stationen der schwarzen Weißen! An drei verschiedenen Stellen innerhalb eines Häuserblocks nahe dem Zentrum begannen die Bauten von innen heraus zu glühen. Das schwache Rosarot, das noch gegen das helle Licht der Sonne anzukämpfen hatte, wurde immer intensiver in seiner Strahlungskraft. Gleich funkelnden Edelsteinen, die aber unvorteilhaft geschliffen waren, sahen die glühenden Bauten aus. Kaltes Feuer versuchte nach draußen zu kommen. Feuer, das das Material in seiner molekularen Struktur veränderte! Die untere Reihe der Schirmquadrate zeigte verschiedene Teile von der Oberfläche des fünften Sauerstoffplaneten. Die schwarzen Weißen griffen mit den Verteidigungsstellungen ihrer Welt die siebte Sonne an. Sie harten blitzschnell erkannt, wer sie in ihren Stationen vernichten wollte, und mit den Mitteln einer Technik, die sie in Besitz genommen hatten, schlugen sie mit allen verfügbaren planetarischen Forts, die tief im Boden lagen, zurück! Ren Dhark hielt nicht einmal den Atem an, als die Instrumente, die die energetischen Belastungswerte der Sonnenkorona anzeigten, aussagten, daß die Strahlenhülle an einigen Stellen bis zu hundert Prozent belastet war. Seine linke Hand flog zur Seite. Drei Steuerschalter kippten unter dem leichten Druck seiner Finger in andere Positionen, und auf dem fünften Planeten der fünften Sonne entstanden Vulkane, die aber Millionen Tonnen Erdreich in den Himmel spien und aus den dunklen Wolken, die sich wie gigantische Pilze nach allen Seiten vergrößerten, ununterbrochen Blitze schleuderten! Die planetarischen Forts des fünften Planeten, mehrere Kilometer tief im Boden liegend, waren durch die geballte Kraft der Flächenprojektor-Stationen in der Sonnenkorona, die ihre überlichtschnellen Kampfstrahlen durch den Hyperraum geschickt hatten, zerstört worden. Der Angriff auf die Bauwerke in der Stadt, in denen sich die schwarzen Weißen eingenistet hatten, wurde durch diese Nebenaktionen nicht behindert. Während die Pilze mit ihren durcheinanderwirbelnden dunklen Rauchwolken und grellen Energiefontänen sich immer weiter über dem Sauerstoffplaneten ausbreiteten und in immer stärker werdendem Maß mit den aber Millionen Tonnen Stein und Staub, die bis zu dreihundert Kilometer hochgeschleudert worden waren, das Sonnenlicht absorbierten, begannen die angegriffenen Bauwerke in den unteren Etagen in ihrer Struktur aufzuweichen. Der molekulare Zusammenhang wurde mehr und mehr zerstört. Das Plastikbetonmaterial verlor seine Festigkeit. Unter dem Druck des eigenen Gewichts quollen die Wände auseinander, wölbten sich nach innen und außen, und vom Erdgeschoß aus beginnend fielen die Stockwerke in sich zusammen wie ein Kuchen, der nicht gar geworden ist. Türen und Fensteröffnungen deformierten sich, schlossen sich und bildeten häßliche Warzen. Immer weiter griff die molekulare Störung um sich. Hunderttausende Tonnen Plastikbeton drückten auf die aufgeweichten Massen,
und plötzlich begann das erste Bauwerk mit seinem rosaroten Glühen langsam zur Seite zu kippen. Die obersten Etagen hatten sich in ihrer Form noch nicht verändert, aber die unteren Stockwerke bis in den Bereich der zwanzigsten Etage gaben wie weicher Teig nach, der nach allen Seiten breiig auseinanderfloß. Das Mammutgebäude sackte an einer Seite ab. Dadurch wurde das Überkippen gestoppt. Das hochbelastete Material hielt dieser Beanspruchung nicht mehr stand; Risse, die sich in alle Richtungen hinzogen, wurden immer breiter und ließen den noch stabilen Teil des Baues in großen Bruchstücken in sich zusammenbrechen! An drei Stellen zugleich, nahe dem Zentrum der Stadt, ging dieser unheimliche Zerstörungsprozeß vor sich. Den schwarzen Weißen wurde jede Möglichkeit genommen, zu fliehen, und ihren Robotern versperrten die zusammenfließenden Türen und Fenster den Ausgang. Mehrere Lichtjahre entfernt spielte sich das alles ab, und doch brachte es die Schirmanlage so gut heran, als ob nur ein paar hundert Meter zwischen der Waffensteuerung und dem Geschehen Hegen würde. Über einen Vorgang in der Station war Ren Dhark nicht informiert. In der siebten Schale, die mit ihrer Außenwandung eine Panoramascheibe bildete, sahen die Männer ebenfalls, was auf dem fünften Planeten der fünften Sonne ablief. Dan Riker wurde immer erregter, je länger er mit den Männern um Oberleutnant Roder die Vorgänge beobachtete. Er vergaß sogar, daß er nicht allein war. „Das darf doch nicht wahr sein!“ stieß er fassungslos aus und preßte beide Hände gegen die Schläfen. Sein Freund Ren hatte diesen Angriff gegen die Station der schwarzen Weißen auf dem fünften Planeten gestartet? Sein Freund ging gegen die schwarzen Humanoiden mit dieser eiskalten Entschlossenheit vor? Dhark, der jedes intelligente Leben nur dann angegriffen hatte, wenn es die Notwehr verlangte! Rikers Augen blitzten, als er Arc Doorn durchdringend ansah. „Bringen Sie mich auf schnellstem Weg zu Dhark!“ Der Sibirier nickte. Schon lange hatte er keinen Befehl mehr gehört, der ihm so gelegen kam. Auch ihm war das Verhalten des Commanders rätselhaft geworden. Er verstand Dhark nicht mehr, und er entsann sich plötzlich, welche gewagte Hypothese der Commander aufgestellt hatte, als ihnen beiden das durch Mentcaps erworbene Wissen wieder genommen und später wieder zurückgegeben worden war. War diese Hypothese nicht schon das erste Anzeichen, daß Ren Dharks Gehirn nicht mehr einwandfrei arbeitete? Hatte er sich durch Einnahme der Mentcaps selbst Schaden zugefügt, der sich im Gehirnsektor abzeichnete? Arc Doorn ging voraus. Dan Riker wunderte sich nicht, wie gut der bullige Mann mit dem Boxergesicht die Station kannte. „Hier“, sagte der Sibirier und trat zur Seite. Sie hatten die Waffensteuerung erreicht. Ren Dhark saß in dem einzigen Sessel und kehrte ihnen den Rücken zu. Obwohl er sie gehört haben mußte, drehte er
sich nicht nach ihnen um.
„Ren!“ Dan Riker rief seinen Freund an.
Dhark bewegte sich nicht.
„So was… !“ stieß Riker halb verärgert aus und setzte sich in Bewegung.
Im dritten Schritt wurde er abrupt gestoppt.
Er war gegen ein unsichtbares Hindernis geprallt. Eine energetische Sperre, die
sie, vom Commander trennte!
Wortlos nickte Doorn. Er deutete auf den großen, von vielen Quadraten
unterteilten Bildschirm.
Die Aktion gegen die fünfte Welt der fünften Sonne schien beendet zu sein.
Nahe dem Zentrum der Stadt waren drei auffallende Lücken zu sehen, die von
unkenntlichen Trümmern übersät waren. Die letzten Reste stolzer,
himmelstürmender Bauwerks aus Plastikbeton, der in seiner molekularen
Struktur aufgeweicht worden war.
Das rosarote Leuchten der Trümmer verblaßte zusehends. Die Bewegung der in
den Brei tiefer eindringenden Trümmer ließ nach. Der Plastikteig erstarrte
langsam, erhielt seine strukturelle Festigkeit wieder zurück. Er ergoß sich nicht
mehr weiter über die breiten Straßen den gegenüberliegenden Hausfronten zu.
Aber hinter den Silhouetten der Stadt begannen sich die ersten dunklen
Rauchpilze miteinander zu verbinden, und die Absorption des Sonnenlichtes
machte schnell weitere Fortschritte.
Aus mehr als fünf Metern Entfernung erlebten Dan Riker und Arc Doorn mit,
wie sich die Steueranlage um mehrere Meter nach rechts verschob. Ren Dhark
schien darauf vorbereitet gewesen zu sein, denn kurz vorher hatte er seine
Hände in den Schoß gelegt, um nun wieder seine Fingerspitzen auf die
Steuerschalter zu legen, die alle in der Nullstellung standen.
„Doorn, versuchen Sie vom Nebenraum über die Verständigung Dhark zu.
erreichen. Großer Himmel, warum hat er diese energetische Sperre errichtet?“
Dan Riker tat seinem Freund unrecht. Dhark hatte keine Ahnung, daß er
abgeschirmt worden war.
Doorn kam nach kurzer Zeit wieder zurück. Sein Gesicht drückte Bestürzung
aus. „Dhark ist über die Verständigung nicht zu erreichen. Die Phasen zur
Waffensteuerung sind unterbrochen. Verflixt, wie mag er das angestellt haben?“
Riker hatte andere Sorgen.
Ihm war Ren Dhark unheimlich geworden. Dieser Angriff auf die Unterkünfte
der schwarzen Weißen auf dem fünften Planeten paßte nicht zur Mentalität des
Commanders.
Er war kein Vernichter!
In diesem Fall aber hatte er sich von dieser Seite gezeigt!
„Ren! – Ren!“ Er schrie so laut er konnte, aber auch Rikers Schrei durchdrang
nicht die energetische Sperre. Nach wie vor ahnte Dhark nichts von ihrer
Anwesenheit. „Doorn, gibt es wirklich keine Möglichkeit, mit Dhark in
Verbindung zu treten? Ober Helmfunk… !“
Der Sibirier versuchte es, aber er machte keinen Versuch, ein Wort ins Mikrofon
zu sprechen. „Abgeschaltet, Riker. Ich glaube, nicht einmal per To-Funk würden
wir durchkommen.“ Die Bildwiedergabe hatte sich verändert. Sie zeigte wieder die gelandeten Flottenverbände der schwarzen Weißen! Und Riker wie Doorn sahen den Commander an einem ihnen unbekannten Pult schalten, als ob er sein ganzes Leben lang nichts anderes getan hätte. Aber Ren Dhark kam diese Tatsache auch jetzt noch nicht zum Bewußtsein. Die letzten Koordinaten tauchten auf der Kontrolle auf. Eine Zusatzsicherung, die ihm bewies, daß er keine Fehlschaltung vorgenommen hatte. Die planetarischen Forts des Planeten Zwitt waren umgeschaltet und voll einsatzbereit. Alle Flächenprojektor-Stationen, die diesen Teil der Planetenoberfläche brechen, hatten auch auf Hy-Kon umgestellt. Ihm war der Begriff Hy-Kon klar, und auch, welche Folgen der Einsatz von HyKon gleich haben würde. Doch er dachte nicht wie ein Terraner; durch das neuerhaltene Mentcap-Wissen und durch die Beherrschung der Sprache die Mysterious dachte er voll und ausschließlich in ihren Bahnen. Zielerfassung war erfolgt. Die letzten Korrekturen der Justierung liefen ab. Bis auf neun Stellen hinter dem Komma genau. Zwitts planetarische Energien, soweit sie von der Station und ihren Satelliten absorbiert werden konnten, warteten auf Abruf. Dharks Hände liefen in schnellen Bewegungen über die Tastatur der komplizierten Steuerung. Nicht in einem Fall hatten die wie gebannt beobachtenden Männer Riker und Doorn den Eindruck, Dhark würde hastig schalten. Eher war das Gegenteil der Fall. „Wie macht er das? Woher hat er dieses Können?“ Doorn hatte diese beiden Fragen nicht aufgenommen. Er kämpfte um die Beantwortung einer anderen Frage. Galt Ren Dharks Handeln jetzt diesen gelandeten Schiffen der schwarzen Weißen, die unverständlicherweise keinen Versuch machten, ihre Roboter oder sich selbst auszuschleusen, um auch in dieser Form von Zwitt Besitz zu ergreifen? Dharks Einsatzvorbereitungen mußten mit der Wiedergabe auf dem Schirm im Zusammenhang stehen, aber welchen Einsatz bereitete er vor? Dhark setzte Hy-Kon ein! Das Wissen über Hy-Kon hatte er nicht durch Einnahme eines Mentcaps erhalten. Es war ein Produkt seiner Überlegungen gewesen, und diese Überlegungen waren ausschließlich im Bereich des mysterious’schen Denkens erfolgt! Kettenschaltung! Einleitung von Stufe 1! Achtundzwanzig neue Schaltpositionen! Abruf! Der letzte Kommando-Impuls vor dem Einsatz war abgestrahlt worden! Die letzte Sicherung wartete auf ihren Befehl! Noch einmal warf Dhark der Bildscheibe einen Blick zu. Dann der FeinJustierung. Dann kam Druck in die Fingerkuppe seines linken Ringfingers und der Steuerschalter kippte in seine neue Position! Mit den Flächenprojektor-Stationen in der Korona wurden alle die
planetarischen Forts aktiv, die die gelandeten fremden Verbände erreichen konnten. Aber der Bildschirm zeigte nicht die kleinste Veränderung. Alles blieb, wie es war. Nur Dharks Haltung im Sessel hatte sich verändert. Bequem zurückgelehnt, die Arme vor der Brust gekreuzt, saß er wie ein Mann, der sich entspannt, jedoch nicht langweilt. Seine Gesichtszüge waren weicher geworden; das Funkeln in seinen braunen Augen hatte nachgelassen. Jetzt griff er in die Tasche seines MAnzuges, zog eine Zigarette hervor, drehte das Mundstück zwischen den Lippen und rauchte. Für Dan Riker und Arc Doorn, die so dicht hinter ihm standen und durch die Sperre wiederum so weit von ihm entfernt waren, wurde er zu einem ihnen unheimlichen Menschen. Seine Gelassenheit war nicht natürlich. Sein ganzes Verhalten war ihnen fremd! Dieser Mann vor ihnen war nicht der Ren Dhark, den sie kannten! Milchstraße und Kometen, dachte Arc Doorn bestürzt, der sich wieder einmal der Hypothese des Commanders erinnerte, er wird doch wohl nicht recht haben? Trotz seiner Befürchtungen, daß es doch der Fall sein könnte, verriet er auch in diesem Moment Riker nicht, worüber er und Dhark sich vor seinem Verschwinden zur Gruppe Roder unterhalten hatten. Ren Dhark beobachtete gelassen das Chrono der Mysterious. In vier Zeiteinheiten mysterious’scher Norm war X erreicht. Er inhalierte tief den würzigen Rauch. Die siebte Sonne war doch das Tor zur Sonne! Die Frage, warum man ihm eine unklare Information geliefert hatte, konnte er nicht beantworten. Er mußte an Mone denken, dem er sein Leben zu verdanken hatte. Mone, das unsichtbare Wesen einer fremden Intelligenz, das sein Freund geworden war. Noch eine Zeiteinheit, bis X erreicht war! Dhark drückte die Zigarette auf der Verkleidung des Steuerpultes aus. Den zerquetschten Stummel ließ er fallen. X kam! Hy-Kon wurde aktiv! Zwitt und die Korona leiteten den zweiten Angriff ein. Opalisierendes Licht schwebte gleich einer Gloriole über dem weitgezogenen Landungsbereich der Doppelkugelraumer. Hoch am Himmel stand das Licht. Ein Ring wie Saturns schöner Schmuck, und dieser Ring war durch sechs dunkle, schmale Bahnen siebenfach unterteilt! Sieben – ein heiliges Symbol der Mysterious? Oder nur eine Primzahl von vielen? Dharks Beherrschung der Sprache der Mysterious verriet ihm darüber nichts. Das opalisierende Licht blieb unverändert, nur die sechs dunklen Ringe darin waren kräftiger geworden, breiter. Die Leuchtflächen hatten ein Drittel ihrer Ausdehnung eingebüßt. Unbeweglich war diese Lichterscheinung; sie drohte nicht, sie wirkte beruhigend. Und Dan Riker fiel diesem Eindruck zum Opfer. „Großer Himmel, das sieht gar
nicht übel aus… “, kam es erleichtert über seine Lippen.
Doorns widersprechendes Kopfschütteln bemerkte er nicht. Ihm sagte eine
innere Stimme, daß das opalisierende Licht der Vorbote des Untergangs war.
Jetzt! dachte Ren Dhark, und in diesem Augenblick geschah es!
Zwitts planetarische Forts und alle einsatzfähigen Flächenprojektor-Stationen in
der Korona arbeiteten synchron. Auch die Station im Planeten stieß alle
gespeicherten Energien ab. Acht Sonnen der Sternenbrücke wurden zur Leistung
herangezogen.
Das opalisierende Licht stürzte in die Tiefe, auf die gelandeten fremden
Raumschiffe hinunter!
Über sich riß es die Sonnenkorona aus!
Einzelne Projektor-Stationen wurden über die Vergrößerung der Schirmanlage
sichtbar!
Das Loch in der Korona wuchs mit rasender Schnelligkeit!
Der Strahlenkranz um Zwitt, mit den physikalischen Eigenschaften einer Sonne,
brach zusammen und stürzte auf Zwitt, in den Bereich hinein, den die
gelandeten Raumer gebildet hatten!
Dann hatte das Licht die Schiffe erreicht. Sie schillerten in der Farbe des Opals!
Noch niemals hatten Terraner Raumschiffe in diesem Glanz gesehen! Der Glanz
der Vernichtung!
Über den Horizont kam es heran, auch der Teil der Korona, der über der anderen
Seite Zwitts stand!
Auch er fiel auf die fremden Schiffe herab!
Und sie glänzten, sie schillerten, sie sahen unwirklich schön aus!
Rund hundert Menschen in der Station, im Mittelpunkt dieses Planeten, kroch es
kalt über den Rücken. Die gewaltige Panorama-Anlage ließ sie das Geschehen
draußen in seiner vollen Dramatik miterleben. Dazu war das angstauslösende
Schweigen gekommen!
Ihre Station im Zentrum der Planetenkugel schwieg!
Totenstille überall!
Nur ein Mann empfand sie nicht, diese Stille: Ren Dhark. Er hatte einen Blick
auf das Chrono geworfen. Er wußte, daß in einer halben Zeiteinheit Hy-Kon
wirksam wurde! Hy-Kon besaß drei Aktiv-Stadien! Hy-Kon riß im zweiten
Stadium die fremde Raumerflotte vom Boden! Aber Tausende
Doppelkugelraumer starteten, rasten in die Höhe. Im geschlossenen Verband.
Mit ausgefahrenen Teleskopbeinen. Im herrlichsten Opalisieren!
Die Wiedergabe zeigte an, mit welcher Beschleunigung die Verbände in die
Höhe gerissen wurden! Sie zeigte aber auch immer mehr Stationen in 141
Millionen Kilometern Entfernung, die keine Sonnenkorona mehr erzeugten!
Zwitt war ohne Sichtschutz!
Hy-Kon trat ins dritte aktive Stadium!
Das Hy-Kon war der Hyper-Space – das Hyper-Kontinuum!
Es war der Abgrund, der als undefinierbares Nichts die Schiffe der schwarzen
Weißen verschlang!
Und dann verging das Licht. Aber Millionen Flächenprojektor-Stationen bauten
die Korona wieder auf. Der Himmel über Zwitt zeigte erneut sein gelbliches
Brennen, und die Stationen verschwanden mehr und mehr. Die Forts hatten auf
Null geschaltet, und im Zentrum des Planeten, in einer Zentrale, gab es die
angsteinflößende Stille nicht mehr.
Aber viele, viele Männer, die sich den Schweiß abwischten! Und viele Männer,
denen es bei dem Gedanken an Ren Dhark grauste!
Er hatte mittels der Technik der Mysterious aber Tausende Raumschiffe mit
ihren Besatzungen in den Hyperraum geschleudert!
Er – Ren Dhark?
Der wischte sich über die Stirn. Er sah sich um. Sein Blick flog über den großen,
unterteilten Bildschirm. Er wußte, was er getan hatte, aber er war sich keiner
Schuld bewußt! In diesem Moment hätte er nicht eine der vielen durchgeführten
Steuerschaltungen vornehmen können.
Nun, da die Hypno-Sperre nicht mehr bestand. Nun, da er von dieser Zentrale
nicht mehr als Checkmaster benutzt wurde!
Sein Verdacht, den er Arc Doorn gegenüber geäußert hatte, als ihm und dem
Sibirier das Mentcap-Wissen plötzlich genommen und dann bruchstückweise
zurückgegeben worden war, sein Verdacht war richtig gewesen!
Man hatte ihn kraft einer Hypno-Sperre zum Checkmaster der Station gemacht!
Man… ? Nein, die Mysterious, die unter Ma-Soor vor rund tausend Jahren diese
Station verlassen hatten!
„Großer Himmel“, flüsterte Ren Dhark, auf den die Ungeheuerlichkeiten von
allen Seiten herabstürzten, „warum haben die Mysterious so unmenschlich
gehandelt, nachdem sie die Schiffe der schwarzen Weißen durch hypnotische
Macht zur Landung gezwungen hatten?“
Und wieder mußte er an die Grakos denken, und auch daran, wie er gleich
seinen Männern sein Verhalten erklären sollte. Ob sie ihm glauben würden, daß
er unter hypnotischem Zwang zum Checkmaster geworden war?
Er drehte sich um und erkannte Riker und Doorn, die ihn entsetzt anblickten.
Ihr Entsetzen verstand er…
–ENDE–