COLLOQUIEN DER DEUTSCHEN ORIENT-GESELLSCHAFT (CDOG)
Band l
DIE ORIENTALISCHE STADT: KONTINUITÄT, WANDEL, BRUCH
1. Internationales Colloquium der Deutschen Orient-Gesellschaft 9. -10. Mai 1996 in Halle/Saale
Im Auftrag des Vorstands der Deutschen Orient-Gesellschaft herausgegeben von Gernot Wilhelm
'~
i)
1997 in Kommission bei
..
'·'
SDV Saarbrücker Druckerei und Verlag
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Deutsche Orient-Gesellschaft: ... Internationales Colloquium der Deutschen Orient-Gesellschaft ... I im Auftr. des Vorstands der Deutschen Orient-Gesellschaft hrsg.Saarbrücken : SDV (Colloquien der Deutschen Orient-Gesellschaft ; ... ) 1. Die orientalische Stadt.- 1997
Die orientalische Stadt : Kontinuität, Wandel, Bruch ; 9. - 10. Mai 1996 in Halle/Saale im Auftr. des Vorstands der Deutschen OrientGesellschaft hrsg. von Gernot Wilhelm.- Saarbrücken: SDV, 1997 ( ... Internationales Colloquium der Deutschen Orient-Gesellschaft ... ; I) (Colloquien der Deutschen Orient-Gesellschaft; Bd. I) ISBN 3-930843-24-2
© 1997 by Deutsche Orient-Gescllschafl ßerlin Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne die Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und fUr die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gesamtherstellung und Verlagsauslicferung: Saarbrücker Druckerei und Verlag GmbH, Saarbrücken. Printed in Germany ISBN 3-930843-24-2 ISSN 1433-7401
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Prograrnrn.......................................................................... XII
E. Wirth: Kontinuität und Wandel der orientalischen Stadt. Zur Prägung von städtischem Leben und städtischen Institutionen durch jahrtausendealte kulturraumspezifische Handlungsgrarnrnatiken .............................................. . D. Machule: Wandel, Kontinuität und Bruch: Die historische Dimension der orientalischen Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Heinz: Wandel und Kontinuität als Konzepte der Stadtarchäologie.... P. Pfälzner: Die Erklärung städtischen Wandels .. .... .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. . M. Liverani: The ancient Near Bastern City and Modern Ideologies . . . . . . . . . S.M. Maul: Die altorientalische Hauptstadt: Nabel und Abbild der Welt . . A.R. George: 'Bond of the Lands': Babylon, the Cosmic Capital ............ W. Sallaberger: Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens im historischen Wandel .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. M. Novak: Die orientalische Residenzstadt: Funktion, Entwicklung und Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. T. Clason & H. Buitenhuis: Change and Continuity in the Animal Food Resources in Bronze Age Towns of the Orient .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . ..
45 67 73 85 109 125
147
169
199
VI
Inhaltsverzeichnis
S. Pollack:
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit .............. ........... .......................... .. ... . .. . . . . 221 P. Pfälzner: Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jahrtausends v. Chr. in Nordmesopotamien .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 239 K. Bart/:
Zentralanatolische Stadtanlagen von der Spätbronzezeit bis zur mittleren Eisenzeit: Kontinuität - Wandel Bruch? ................................................................... M. Heinz: Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen am Mittleren Euphrat in Syrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. Mazzoni: The Gate and the City: Change and Continuity in SyroHittite Urban Ideology . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M. Gawlikowski: The Oriental City and the Advent of Islam .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . G. Tate: Les villes syriennes aux epoques hellenistique, romaine et byzantine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Klenget: Die historische Rolle der Stadt Aleppo im vorantiken Syrien . . ......................... ... . ........ ............... ... . ......... H. Gaube: Kontinuität und Wandel am Beispiel Aleppos von der Antike bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. D. Sack: Die historische Stadt Damaskus - Kontinuität und Wandel der städtebaulichen Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
267
289
307 339
351
359
375
385
Index der Ortsnamen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401
VORWORT
Die Deutsche Orient-Gesellschaft hat eine enge Verbindung zur orientalischen Stadtgeschichte: Ihr erstes archäologisches Großunternehmen, das gleich nach ihrer Gründung 1898 in Angriff genommen wurde, war die Ausgrabung der altorientalischen Weltstadt Babylon, und hierbei ging es zum ersten Mal in der Archäologie des Nahen Ostens nicht primär um eine möglichst große Ausbeute an musealen Funden, sondern um die Klärung urbaner Strukturen. Grabungen in anderen Hauptstädten der altorientalischen Welt schlossen sich in rascher Folge an; hier seien nur die assyrische Hauptstadt Assur, die Hethiterhauptstadt Hattuscha und die kurzlebige, aber kunstgeschichtlich bedeutende ägyptische Residenzstadt Amarna erwähnt. Aber auch in neuerer Zeit hat die D.O.G. stadtarchäologische Projekte initiiert: Soeben sind nach fast 30 Jahren archäologischer Arbeit die ausgesprochen urbanistisch orientierten Grabungen in der altorientalischen Stadt Ekalte, dem modernen Tall Munbäqa, abgeschlossen worden, deren Leiter, Herr Prof. Dr.-Ing. Dittmar Machule, nicht zufällig eine Professur für Städtebau und Stadtbaugeschichte innehat. Es erschien daher sinnvoll, die altorientalische Stadt zum Thema zu wählen, nachdem der Vorstand der D.O.G. vor knapp zwei Jahren beschlossen hatte, künftig alle zwei Jahre ein internationales Colloquium zu organisieren. Die Resonanz, die wir erfahren haben, war ganz außerordentlich: Nicht nur haben fast alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die wir um Referate gebeten haben, zugesagt, sondern auch die Anmeldungen von Teilnehmern haben eine Zahl erreicht, auf die wir nicht zu hoffen wagten. Die wissenschaftliche Konzeption des Colloquiums, die in einem an alle Referenten vorab versandten Thesenpapier ihren Niederschlag fand, verdanken wir insbesondere den beiden Archäologen im derzeitigen Vorstand der D.O.G., Frau Prof. Dr. Marlies Heinz und Herrn Prof. Dr. Peter Pfälzner. Der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist die D.O.G. dankbar für die Bereitstellung von Räumlichkeiten. Ein besonderer Dank geht an den Leiter des Instituts für Orientalische Archäologie und Kunst, Herrn Prof. Dr. Winfried Orthmann, und alle seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Mühen der Organisation vor Ort auf sich genommen haben. Bei der organisatorischen Vorbereitung des Colloquiums in Würzburg wurde der
VIII
Vorwort
Vorsitzende der DOG insbesondere von Frau Nicole Pfeifer engagiert und effizient unterstützt. Für die Übernahme der Reisekosten der Referenten sind wir der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Wissenschaftsministerium des Landes Sachsen-Anhalt aufrichtig dankbar. Der vorliegende Band enthält den größten Teil der in Halle gehaltenen Vorträge; im Programm S. XII f. sind die Vorträge, die auf Wunsch der Vortragenden hier nicht aufgenommen wurden, durch einen Asterisk gekennzeichnet. Bei der Redaktion des Bandes wurde darauf verzichtet, eine Vereinheitlichung der Zitierweisen oder der Namensschreibungen anzustreben. Das Teilnehmerverzeichnis S. IX f. nennt alle, die sich schriftlich zur Teilnahme angemeldet haben; einige von ihnen waren allerdings dann an der Teilnahme verhindert, andere meldeten sich erst persönlich in Halle an. Allen Teilnehmern und insbesondere allen Referenten gilt unser herzlicher Dank!
Gernot Wilhelm Vorsitzender der Deutschen Orient-Gesellschaft
TEILNEHMER DES
I. INTERNATIONALEN COLLOQUIUMS
DER DEUTSCHEN ORIENT-GESELLSCHAFT IN HALLE
Anneliese AL-FAKHRI, Berlin • Esther ALTMANN, München • A. ARDELEANUJANSEN, Aachen • Hala ATTOURA, Berlin • Fatmaana AYDINER, Frankfurt • Arie! M. BAGG, Reuttingen • Karin BARTL, Berlin • Josef BAUER, Würzburg • Katrin BASTERT-LAMPRICHS, Freiburg • Jörg BECKER, Mörfelden-Walldorf • Mathias BENTER, Berlin • D. E. BOAS-VEDDER, Rotterdam • Ralph BODENSTEIN, Bonn • Rainer Michael BOEHMER, Berlin • Andrea BONHAGEN, Heidelberg • Frank BRAEMER, Valbonne • Gunnar BRANDS, Berlin • Ute BÜCHS, Berlin • H. BUITENHUIS, Groningen • Eva CANCIK-KIRSCHBAUM, Tübingen • Nadja CHOLIDIS, Berlin • A. T. CLASON, Groningen • Diethelm CONRAD, Marburg • Nicola CRÜSEMANN, Berlin • Sabine DOERNER, Sandhausen • Ralf DYBE, Berlin • Wendy EIXLER, Münster • Klaudia ENGLUND, Berlin • L. G. M. VAN Ess, Deir 'AIIa • Margarete VAN Ess, Berlin • Betina FAIST, Reuttingen • Christian FALB, Kelleheim • M. FANSA, Oldenburg • Barbara FELLER, Berlin • Andrea FERCHLAND, Berlin • Uwe FINKBEINER, Tübingen • Susanne FISCHER • Matthias FLENDER, Stuttgart • Helmut FREYDANK, Potsdam • Annelore FOCK, Frankfurt/Main • Heinz GAUBE, Tübingen • Michel GAWLIKOWSKI, Warszawa • Hermann GENZ, Tübingen • Andrew R. GEORGE, London • Christoph GERBER, Heidelberg • Jörg GERBER, München • Gudrun GERLACH, Bonn • Iris GERLACH, München • Petra GESCHE, Heidelberg • Mauro GIORGIERI, Pavia/Würzburg • Susanne GÖRKE, Berlin • M. GOODMAN, Nürnberg • Silke GRALLERT, Berlin • Maren GRIMME, Frankfurt • Claudia GRUBER, München • Renate GUT, Berlin • Claus-Peter HAASE, Kiel • Richard HAASE, Leonberg • Carola HÄNEL, Dresden • Gabriete HÄSSLER, Freiburg • Annette HAGEDORN, Bonn • Peter W. HAIDER, lnnsbruck • Elisabeth HAMMERSCHLAG, Nootdorp • Heinz HANNSE, Berlin • Joost HAZENBOS, Leipzig • Martha HAUSSPERGER, München • Syrinx HEES, Freiburg • Nils P. HEESSEL, Heidelberg • Susanne HEINHOLD-KRAHMER, Feldkirchen-Westerham • Marlies HEINZ, Freiburg • G. HEINZLE • Ulrich HEISE, Frankfurt • Raphaela HEITMANN, Münster • A. M. HENSE, Rotterdam • Dieter HENTSCHEL, Berlin • Suzanne HERBORDT, Berlin • Lothar HERLING, Chemnitz • lnne HESHIKI, Heidetberg • Hans HIRSCH, Wien • Hans HÖCKER, DOsseidorf • Karin HÖRNER, Kiel • Norbert HORN, Bonn • Annelt HUCK, Leipzig • Hermann HUNGER, Wien • Bruno JACOBS, Köln • Stefan JAKOB, Klingen • M. JANSEN, Aachen • Anke JOISTENPRUSCHKA, Rüsselsheim • Susanne KERNER, Amman • Evelyn KLENGEL, Berlin • Horst KLENGEL, Berlin • Silke KNIPPSCHILD, Heidelberg • D. KÖHLER-SEIBOTH • Susanne KOLBUS, Tübingen • Klaus KRASNIK, Mülheim • Stephan KROLL,
X
Teilnehmerliste
München • Hartmut KüHNE, Berlin • Werner KÜHNEMANN, Berlin • Roland LAMPRICHS, Freiburg • Gunnar LEHMANN, Berlin • Mario LIVERANI, Roma • Dittmar MACHULE, Hamburg • Ursula MAGEN, Frankfurt • Joachim MARZAHN, Berlin • K. MATSUMIZA • Stefan MAUL, Heidelberg • Ruth MA YER-ÜPIFICIUS, Münster " Stefania MAZZONI, Pisa • Martine MELEIN, Leiden • Manfred MENKE, Gießen • Jan-Waalke MEYER, Frankfurt • Thomas MEYER, Tübingen • Udo MOSBACH, Mainz • Barbara MUHLE, Garehing • Gerfrid MÜLLER, Münster • Manfred MÜLLER, Leipzig " Wolfram NAGEL, Berlin " Tariq NAZIR, MörfeldenWaldorf " Norbert NEBES, Jena • Hans NEUMANN, Berlin • Annegret NIPPA, Berlin • Wilfried NIPPEL, Berlin " Mirko NOVAK, Berlin • Astrid NUNN, München • Tuba ÖKSE, Berlin • Miroslaw ÜLBRYS, Warszawa " Eva ÜRTHMANN, Halle • Winfried ÜRTHMANN, Halle • Elisabeth V. D. OSTEN-SACKEN, Marburg • Wolfgang PEMPE, Tübingen • Marie-Claire PERROUDON, Frankfurt " Peter PFÄLZNER, Tübingen • Rose! PlENTKA, Ranischholzhausen • Beatrice VON PILGRIM, Bonn " Cornelius VON PILGRIM, Bann • Susan POLLOCK, Binghamton " Erwin POUGIN, Köln • Doris PRECHEL, Heidelberg • Ahmad Guy PROUVEUR, Berlin • Alexander PRUSS, Halle • Norbert REDANTE, Hamburg • Johannes RENGER, Berlin • Ellen REHM, Karlsruhe • Wolfgang RIBBE, Berlin " Thomas RICHTER, Würzburg • Michael RoAF, München " Klaus ROEHL, Münster • Robert ROLLINGER, Innsbruck • Dorothee SACK, Frankfurt " Beate SAUE, Berlin " Walther SALLABERGER, Leipzig • Leonhard SASSMANNSHAUSEN, Tübingen • Roswitha SCHLIPPI-IAK, Tübingen • Reinhard SCHINZER, Kassel • Manfred SCHNEIDER, Berlin " Helga SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel " Ellen SCHNEIDERS, Düsseldorf • Friedhelm SCHNEIDERS, Düsseldorf • Piotr 0. SCHOLZ, Wiesbaden • Friedrich SCHRÖTER, Berlin • Anais SCHUSTER, Heidelberg • Sibylla SCHUSTER, Weinheim • Gebhard J. SELZ, Freiburg • Hrumelore SIELKER, Münster • Uwe SIEVERTSEN, Berlin • Roswith SIEWERDT, Leverkusen • Wolfgang SM END, Düsseldorf " Reinbild SPIESS, Frankfurt • August STEIMANN, Rimpar • Petra L. STIER-GOODMAN, Nürnberg • Eva STROMMENGER, Berlin • George TATE, lgny • Renale URBAN, Düsseldorf • Mare YAN DE MIEROOP, New York • Jiirn-Hinrich VOLKMANN, Berlin • Uwe WANG, Berlin • Ralf-B. WARTKE, Berlin • Stefan WEDER, Bonn • Chrilla WENDT, Hamburg • Albrecht WENSEL, Mörfelden-Wallclorf • Peter WERNER, München • Dirk WICKE, Lüdenscheid • Dorothea WIDMANN, Stuttgart • Gernot WILHELM, Würzburg " Cl aus WILCKE, Leipzig • Haralcl WINKELS, Hamburg • Eugen WIRTH, Erlangen • Anne WISSING, Berlin • Nonnan YOFPEE, Berlin • Carlo ZACCAGNINI, Roma • Jörg ZART, Berlin • Wolfgang ZWICKEL, Löhne.
Lc h
I:
I
I
r
Programm
XIII
FREIT AG, 10. MAI Vorsitz: E. Strommenger, Berlin 9.00-9.30 A.T. Clason I H. Buitenhuis, Groningen:
PROGRAMM
Wandel und Kontinuität der tierischen Nahrungsquellen bronzezeitlicher Städte im Vorderen Orient 9.30-10.00 Annegret Nippa, Berlin: ·~Kontinuität und Wandel von Städten aus ethnologischer Sicht an Beispielen aus dem Jemen, aus Syrien und Oman
DONNERSTAG,
9.
MAI
10.00-10.30 Susan Pollock, Binghamton, N.Y.:
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk·Zeit 10.30-11.00 Kaffeepause
9.00-10.00 Anmeldung und Ausgabe der Kongreßunterlagen 10.00-10.30 Eröffnung und Begrüßung: Prof. Dr. Winfried Orthmann, Direktor des Instituts für Orientalische Archäologie und Kunst der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Prof. Dr. Erdmuthe Fikentscher, Vizepräsidentin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Prof. Dr. Gernot Wilhelm, Vorsitzender der DOG.
Vorsitz: E. Klengel, Berlin 11.00-11.30 Peter Pfälzner, BerliniHalle:
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jahrtausends v. Chr. m Nordmesopotamien 11.30-12.00 Karin Bartl, Berlin:
Zentralanatolische Stadtanlagen von der Spätbronzezeit bis zur mittleren Eisenzeit 12.00-12.30 Marlies Heinz, Freiburg:
Vorsitz: R. M. Boehmer, Berlln 10.30-11.30 Eugen Wirth, Erlangen:
Kontinuität und Wandel der orientalischen Stadt. Das Allgemeine und das Besondere im Wechselspiel grundlegender kulturraumspezifucher Handlungsgrammatiken 11.30-12.30 Dittmar Machule, Hamburg:
Wandel, Kontinuität und Bruch: Die historische Dimension der orientalischen Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung 12.30-14.00 Mittagspause
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen am Mittleren Euphrat in Syrien 12.30-14.00 Mittagspause Vorsitz: M. Roaf, MOnehen 14.00-14.30 Frank Braemer, Amman I Valbonne:
*The third millennium "city" of Khirbet el Umbashi (South Syria} and protourbanism phenomena in the South Levant arid margin 14.30-15.00 Stefania Mazzoni, Rom:
Vorsitz: C. Zaccagninl, Neapel 14.00-14.45 Marlies Heinz, Freiburg, und Peter Pfälzner, Berlinl Halle:
Wandel und Kontinuität als Konzept der Stadtarchäologie 14.45-15.15 Mario Liverani, Rom:
The Ancient Near Eastern City and Modern Ideologies 15.15-15.45 Mare Van de Mieroop, New York:
*Towards the Definition of the Ancient Mesopotamian City 15.45-16.15 Stefan Maul, Heidelberg:
Die altorientalische Hauptstadt: Nabel und Abbild der Welt
West Syrian cities in the Bronze and Iron Age: change and continuity 15.00-15.30 Michal Gawlikowski, Warschau:
Die syrische Stadt im Obergang von der Antike zum Islam 15.30-16.00 Georges Tate, DamaskusiSaint-Quentin en Yvelines:
La ville syrienne aux epoques romaine, byzantine et ommeyade - continuite, changement et rupture 16.00-16.30 Kaffeepause
16.15-16.45 Kaffeepause
Vorsitz; H. KOhne, Berlln 16.30-17.00 Horst Klengel, Berlin:
Vorsitz: H. Hirsch, Wien 16.45-17.15 Andrew George, London:
17.00-17.30 Heinz Gaube, Tübingen:
Baby/on, the Cosmic Capital 17.15-17.45 Walter Sallaberger, Leipzig:
Nippur als politisch·religiöses Zentrum im Alten Mesopotamien 17.45-18.15 Mirko Novak, Berlin:
Die orientalische Residenzstadt: Entwicklung und Idealtyp
Die historische Rolle der Stadt Aleppo im vorantiken Syrien Kontinuität und Wandel am Beispiel Aleppos von der Antike bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts 17.30-18.00 Dorothee Sack, Frankfurt:
Die historische Stadt Damaskus - Kontinuität und Wandel der städtebaulichen Strukturen
KONTINUITÄT UND WANDEL DER ORIENTALISCHEN STADT ZUR PRÄGUNG VON STÄDTISCHEM LEBEN UND STÄDTISCHEN INSTITUTIONEN DURCH JAHRTAUSENDEALTE KULTURRAUMSPEZIFISCHE HANDLUNGSGRAMMATIKEN
Eugen Wirth 1, Erlangen
Verehrte Festgäste, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Sicherlich haben Sie alle eine zumindest ungefähre Vorstellung von dem, was die Orientalische Stadt ist oder was sie sein könnte - sonst wären Sie nicht zu diesem Kolloquium nach Halle gekommen. Auch kennen die meisten von Ihnen orientalische Städte aus eigener Anschauung und persönlicher Erfahrung. Ihre Erinnerung beinhaltet z.B. die ockerfarbenen, scherbenübersäten Hügel von Teils, verfallende Stadtmauern mit Wehrtürmen und Bastionen, Ziqqurrätu und Lehmziegelarchitektur, oder aber auch die labyrinthischen Gänge überdachter Basare, zerlumpte, ausgemergelte Bettler, die Gerüche fremdländischer Spezereien, den Gebetsruf aus den Lautsprechern der Minarette oder motorisierte Dreiradlieferwagen, die sich durch das Menschengewimmel enger Gassenden Weg zum Hofeiner Karawanserei bahnen. Nicht zuletzt gehören dann zum Bild der Orientalischen Stadt aber auch verschleierte Frauen und abweisende, fensterlose Mauern in stillen Wohnvierteln. Wenn man solche Wahrnehmungen und Vorstellungen, dieses bunt schillernde Bild der Orientalischen Stadt jedoch präziser fassen will, dann ergeben sich überraschende Schwierigkeiten; wider Erwarten stößt man bald auf letztlich noch ungelöste Fragen. Das beginnt schon bei einigen allgemein gebräuchlichen Begriffen: In vielen unserer Handbücher und Lehrbücher kann man lesen, daß die Hochkulturen des Alten Orients von Anbeginn Stadtkulturen gewesen seien; beide Termini werden gelegentlich sogar mit gleicher Be-
1Institut
für Geographie der Universität, Kochstr. 4, D-91054 Erlangen.
2
E. Wirth
deutung nebeneinander verwendet. Sind wir dabei vielleicht Opfer einer unzulässigen Verallgemeinerung? Ist Hochkultur im Alten Orient ganz selbstverständlich immer mit Stadtkultur gleichzusetzen? Mit vorschnellen Antworten sollten wir recht vorsichtig sein. Noch nicht befriedigend beantwortet blieb bis heute auch eine zweite grundlegende Frage: Seit wann gibt es denn im Alten Orient Siedlungen, die den Namen Stadt verdienen? Welche Merkmale müssen diesen Siedlungen zu eigen sein, damit wir von einer Stadt sprechen dürfen? Wie unscharf unsere Begriffsbildung hier ist, möchte ich anhand einiger häufig genannter Kennzeichen etwas näher erläutern. • Vielfach wird ganz pauschal eine Siedlung im frühen Alten Orient dann als Stadt angesprochen, wenn sie nachweislich von einem verteidigungsfähigen Mauerring mit Toren umgeben war. Hier muß ich schon erhebliche Zweifel anmelden. Wenn eine Siedlung durch Stadtmauern geschützt wurde dann lassen sich daraus allenfalls drei Schlüsse ziehen: a) Es gab irgendwelche feindlichen Gruppierungen außerhalb, die von der Siedlung ferngehalten werden sollten. b) Innerhalb der Siedlung gab es offensichtlich irgendwelche Güter oder Lebewesen, welche Begehrlichkeiten erwecken konnten. c) In der Siedlung hatten bereits irgendwelche Persönlichkeiten oder Institutionen genügend Autorität oder Machtbefugnis, um den Bau und Unterhalt von Mauern zu organisieren. Nicht jede Siedlung, auf die diese drei Merkmale zutreffen, ist aber eine Stadt. Ich erinnere nur an die Dörfer im fränkischen Maindreieck, die größerenteils von stattlichen Wehranlagen umgürtet sind, weil die in den Kellern lagernden Weine seit dem Mittelalter die Beutelust von Räuberbanden und plündernden Soldaten erregt haben. Analog ist z.B. das frühe altorientalische Jericho in meinen Augen nicht bereits deshalb eine Stadt gewesen, weil es von Mauern umgeben war; auch im frühbronzezeitlichen Tell es-Sawwan finden wir "une architecture villageoise fortifiee" (C. BRENIQUET 1991, S. 75). • Weiter werden Siedlungen des Alten Orients gemeinhin dann als Stadt angesprochen, wenn der Ausgräber in ihnen ein oder mehrere Gebäude gefunden hat, die durch Größe und/oder durch Bauaufwand herausgehoben erscheinen. Solche Bauwerke werden gerne als "Tempel" interpretiert - vieHeich sollten wir vorsichtiger von "mutmaßlichen Tempeln" sprechen. Die schriftlichen Quellen, die wir seit der Wende vom vierten zum dritten Jahrtausend in solchen Siedlungen finden, lassen gelegentlich den Schluß zu, daß deren Bewohner schon in irgendeiner Weise sozial ge-
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
•
3
gliedert oder geschichtet waren. Zu einer solchen soziologischen Differenzierung gesellt sich dann nicht selten eine ökonomische: Einige kleine Teilsegmente dieser gegliederten Gesellschaft waren im Sinne von Max Weber "abkömmlich"; sie wurden also ganz oder für gewisse Zeiten davon freigestellt, durch körperliche Arbeit in der Landwirtschaft für ihren Unterhalt zu sorgen. Das beinhaltet aber, daß die landwirtschaftlich tätige Bevölkerung gewisse Überschüsse erzeugt hat, die sie nicht für die Aussaat bzw. für den eigenen Lebensunterhalt benötigte (vgl. J. MAKKAY 1983). In allerersten Anfängen ist hier bereits eine Arbeitsteilung in primären, sekundären und tertiären Sektor zu erkennen: Zu den in der landwirtschaftlichen Urproduktion tätigen Bauern gesellen sich im frühen Alten Orient - ebenso wie in Ägypten (vgl. K.A. BARD 1987) - einige spezialisierte Handwerker sowie eine ganz kleine politisch-religiöse Führungsschicht, die für Organisations- und Leitungsfunktionen zuständig war. Auch eine solche erste soziale und ökonomische Differenzierung der Bevölkerung ist aber noch kein hinreichender Grund, die betreffende Siedlung "Stadt" zu nennen. Schließlich wurden gelegentlich frühe Siedlungen im Alten Orient dann als Stadt angesprochen, wenn wir um sie herum ein städtisches Umland oder Einzugsgebiet finden, mit welchem sie in ökonomischen und sozialen Beziehungen stehen. Schon die Organisation eines geregelten Bewässerungsfeldbaus setzt ja voraus, daß das Kanalsystem zumindest im regionalen Maßstabsbereich kontrolliert werden kann. Zwar ist auch in der "zentralen Siedlung" die große Mehrzahl der Bewohner aktiv produzierend in der Landwirtschaft tätig. Zusätzlich dazu wird der Zentralort aber auch noch von landwirtschaftlichen Betrieben seines Umlandes mit Agrarprodukten versorgt. Im geistig-kulturellen Kontext ist er der Sitz des Gottes, zu dem die Landbevölkerung pilgert und wohin Weihegeschenke und Tribute fließen. Es versteht sich von selbst, daß in der Frühzeit des Alten Orients der Einzugsbereich auch größerer derartiger Siedlungen sehr begrenzt war; der Transport von Ernährungsgütern über Entfernungen von mehr als einer Tagereise mit Tragtieren oder Karren bereitete erhebliche Schwierigkeiten. Auch bewaffnete Truppenteile - von "Heer" kann man noch nicht sprechen - waren nur in einem sehr bescheidenen Distanzbereich einsetzbar. Etwas größere Entfernungen konnten bei Massengütern allenfalls auf dem Wasserwege überwunden werden. Ein räumlich weit ausgreifender Fernhandel beschränkte sich demzufolge auf geringe Mengen höchstwertiger Güter, d.h. seltener Rohstoffe und Produkte geringen Ge-
4
E. Wirth
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
wichts und Volumens: Obsidian, Halbedelsteine, Gold und Silber, Essenzen und Spezereien, Kupfer und Zinn, Edelhölzer, Rollsiegel usw. Ein solcher Fernhandel ist aber bereits für das frühe und mittlere Chalkolithikum nachgewiesen, als es sicher noch keine Städte gab. Wie dem auch sei: Für einen Geographen ist es ganz selbstverständlich, daß Siedlungen mit solchen noch sehr bescheidenen "zentralen Funktionen" nicht schon automatisch Städte sind. So etwa sieht in groben, schemenhaften Umrissen das Bild der frühen altorientalischen Siedlungen aus, welches auf der Basis eines sehr spärlichen und lückenhaften Fundmaterials durch Adam FALKENSTEIN (1954), Anton MOORTGAT (1945) oder Johannes RENGER (1991) gezeichnet wurde. Selbst wenn dieses Bild in seinen Grundzügen zutrifft - es ist noch lange kein Beleg und schon gar nicht ein Beweis dafür, daß diese Siedlungen Städte gewesen sind. Warum sollten es nicht z.B. große Tempel-Domänen gewesen sein - landwirtschaftliche Großbetriebe, deren Organisation und Leitung einer religiös legitimierten Machtelite oblag? Zu Großbetrieben dieser Art, die sehr komplex arbeitsteilig wirtschafteten und sozial geschichtet waren, gehören unter anderem die agro-industriellen Haziendas des mexikanischen Hochlandes im 19. Jahrhundert. Durchaus vergleichbare Beispiele finden wir im 20. Jahrhundert in den landwirtschaftlichen Kollektiv- und Staatsbetrieben der sozialistischen Staaten. Wer aus den neuen Bundesländern konunt, weiß noch aus eigener Erfahrung, daß viele solche Staats- und Kollektivbetriebe nicht nur Agrarprodukte erzeugten, sondern daß sie auch handwerklich-gewerblich reparierten und produzierten; sie waren darüber hinaus mit Kindergärten, ärztlicher Grundversorgung, Kulturarbeit und politischer Schulung sogar im tertiären Sektor tätig. Niemand käme aber auf die Idee, mexikanische Haziendas des 19. Jahrhunderts oder landwirtschaftliche Kollektive des 20. Jahrhunderts als Städte anzusprechen. Das Bild von den mutmaßlich stadtähnlichen Siedlungen im Alten Orient wird noch verwirrender dadurch, daß für die frühen sumerischen Tempelsiedlungen keine Mauern nachgewiesen werden konnten. In der frühsumerischen Agrarorganisation, aber auch noch in derjenigen der altbabylonischen Zeit gibt es überdies noch kaum privaten Grundbesitz. Sc~ließlich möchte ich daran erinnern, daß gelegentlich mit guten Argumenten Agypten zur Blütezeit seiner frühen Hochkulturen als "a civilization without cities" (M.A. HOFFMAN et al. 1986, S. 175) bezeichnet wird. Und auch in späteren Jahrtausenden ist das keine Seltenheit: Die berühmten Ruinen von Hattusa oder von Persepolis waren keine Städte, sondern allenfalls spezialisierte Tempelund Palastbezirke.
5
FÜNFTAUSEND JAHRE STADT IM ORIENT
!
Ich möchte meine Eingangsfrage: "Seit wann können wir im Alten Orient mit einiger Sicherheit Städte nachweisen" nun beileibe nicht zu der Behauptung hochstilisieren, Städte ließen sich im Alten Orient überhaupt nicht nachweisen. Nein, uns wird in diesem ersten internationalen Kolloquium "Die orientalische Stadt" das Forschungsobjekt nicht unversehens verloren gehen. Denn wir haben glücklicherweise seit einiger Zeit Ausgrabungsbefunde, die klar und für mich überzeugend belegen, daß es seit etwa 3500 v. Chr. in Vorderasien Siedlungen gab, die wir mit gutem Grund als Städte ansprechen können. Die Deutsche Orient-Gesellschaft kann stolz darauf sein, daß wir diese Befunde nicht zuletzt auch ihrer Initiative verdanken. Als Beispiel möchte ich nämlich die Ergebnisse der Ausgrabungen von Habuba Kabira anführen, die unter der hochkompetenten Leitung von Eva STROMMENGER (1980) standen, und die kürzlich von Marlies HEINZ (1997) in überzeugender Weise interpretiert wurden (Fig. 1). Auch Habuba Kabira ist eine altorientalische Siedlung, in der einige Gebäude sowohl durch ihre Größe als auch durch überdurchschnittlichen Bauaufwand deutlich herausgehoben sind. Es gibt gute Gründe dafür, in ihnen Tempel zu sehen: Diese Bauwerke stehen topographisch an der höchsten Stelle des Stadtareals und sie sind dementsprechend als auffallende Landmarken schon von weither sichtbar. Damit wird der Religion und dem Tempel in damals üblicher Weise die gebührende Reverenz erwiesen. Es fällt aber auf, daß der "Tempelhügel" innerhalb des Stadtbezirks recht peripher, ja fast abseits liegt. Auch sind die Zugangswege zu ihm schlecht ausgebaut, schmal und verwinkelt; das läßt den Schluß zu, daß der Fußgängerverkehr zwischen der "Unterstadt" und dem "Tempelhügel" allenfalls bescheiden war, und daß auch keine größeren Prozessionen oder platzaufwendige Kulthandlungen im näheren Umkreis der Tempel stattfanden. Soweit der durch die Ausgrabungen freigelegte Straßenverlauf und Baubestand erkennen läßt, liegt das eigentliche Stadtzentrum von Habuba Kabira im Westen - im Bereich der beiden Tore, die offensichtlich zum Euphrat führten (Fig. 1). Hier müssen wir extra muros den Zugang zum Hafen vermuten; über ihn führte der Flußverkehr sowohl stromab zu den sumerischen Städten des Unterirak als auch stromauf nach Anatolien. Der damit verbundene Fernhandel dürfte die eigentliche Lebensgrundlage von Habuba Kabira gewesen sein. Wolfgang RöLLIG (1975176) hat ja gezeigt, daß im Alten Orient der Markt zumindest für Fernhandels- und Massengüter im Bereich der Tore oder des Hafens abgehalten wurde.
E. Wirth
6
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
(
(; Habuba- Tor
I
\. \ I
I
I
.. ):
I
I/ li!f·l!··' /''I (
Qannas-Tor
Größere, mehrfunktionale Gebäudekomplexe (Wohnen, Repräsentation, Handel, Warenlager) 0
50m
L-------'
nach M. Helnz 1997
Fig. I : Das wirtschallliehe Zentrum von Habuba Kabira
I.
/·
7
Bester Beleg dafür sind die Häuser, welche an gut ausgebauten, mit Kies gepflasterten Straßen leicht erreichbar nahe den beiden West-Toren liegen: Marlies HEINZ konnte zeigen, daß im Bereich des Qannas-Tores eine größere Zahl von Wohngebäuden aufwendiger als die meisten anderen gebaut sind; daß ihr Grundriß dem Hausgrundriß der gleichzeitigen sumerischen Siedlungen im Unterirak gleicht, hat schon Ernst HEINRICH gesehen (Schicht IV-VI in Uruk; vgl. auch H. SeiiMID 1992, S. 188). Dabei sind jeweils mehrere unterschiedliche Haustypen wie Bausteine zu größeren mehrgliedrigen Gebäudekomplexen zusammengeschlossen, die neben dem privaten Wohnbereich Rämne für eine wirtschaftliche Nutzung umfaßten (Fig. 1). Daraus und aus den vor Ort gefundenen Gebrauchsgegenständen kann man schließen, daß diese Häuser den im Fernhandel engagierten Kaufleuten gehörten, und daß in ihnen auch Geschäftspartner empfangen und Waren gelagert wurden. Hier liefen die Warenströme und die Informationen zusammen, von hier aus wurde der Fernhandel organisiert und damit liegt hier in geographischer Sicht das Herz und Zentrum der Stadt. Nicht die mußmaßliehen Tempel oder der große Gebäudekomplex an der Nordmauer, der vielleicht Standort von Verwaltungsfunktionen war, sondern die Marktfunktion dürfte die raison d'etre der Siedlung am mittleren Euphrat gewesen sein. Und wenn wir Max WEBER (1964, S. 924) folgen, dann können wir diese Siedlung ohne Bedenken "Stadt" nennen; denn die Stadt ist nach ihm in erster Linie Markt und damit wirtschaftliches Zentrum. Die aus der ökonomischen Theorie abgeleitete Begriffsbestimmung von Stadt durch Max WEBER ist viel überzeugender als alle quantitativen Definitionsversuche einer beschreibenden Statistik, z.B. über Einwohnerzahl oder Wohndichte; denn vielerorts auf der Erde lassen sich Beispiele dafür finden, daß Siedlungen mit vielleicht 20.000, ja bis zu 50.000 Einwohnern und hohen Wohndichten ( "concentrated living ")noch ganz überwiegend agrarisch geprägte Dörfer sind. Eine in der Geographie sehr bewährte Kennzeichnung hingegen weist Habuba Kabira ebenfalls eindeutig als städtische Siedlung aus: Eine städtische Gesel!schajt ist horizontal und vertikal gegliedert, das heißt sie ist sozial geschichtet und arbeitsteilig nach Tätigkeitsbereichen segmentiert. Eine Siedlung, in der sich diese beiden Gliederungsprinzipien auch räumlich niederschlagen, ist Stadt. So sitzen in Habuba Kabira die Kaufleute in anderen Stadtbezirken als die Priester, und diese wieder in anderen als die Handwerker oder die in der Landwirtschaft Tätigen. Und ganz analog lassen die Häuser in ihrem unterschiedlichen Flächenanspruch, in ihrer unterschiedlichen Anzahl von Räumen, in der unterschiedlich starken funktionalen Differenzierung von Räumen und im unterschiedlichen Bauaufwand eine deutliche soziale Schichtung der Wohnbevölkerung erkennen.
E. Wirth
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
Dittmar MACHULE (u.a. 1990) konnte in Munbaqa für eine allerdings deutlich spätere Epoche die Befunde von Habuba Kabira bestätigen. Dort war ein "Ibrahims Garten" genanntes, spätbronzezeitliches tor-und hafennahes Stadtviertel mit großflächigen mehrgliedrigen Gebäudekomplexen das wirtschaftliche Zentrum und der Sitz der Fernkaufleute gewesen. In Munbaqa waren die Verbindungswege zwischen dieser Unterstadt und dem Tempelhügel übrigens noch weniger ausgebaut; sie erinnern eher an wenig begangene Pfade als an kultisch irgendwie nutzbare Straßen (M. HEINZ 1997). Das reiche Fundmaterial der Ausgrabungen von Habuba Kabira zeigt uns die vielen Facetten städtischer Siedlung und städtischer Lebensform im frühen Alten Orient. Seit etwa 3500 v. Chr. gibt es also im Orient offensichtlich Siedlungen, die man - ganz wie unsere heutigen Städte - als Konzentration nicht-agrarischer Standorte ansprechen kann. In ihnen sind die drei Grundfunktionen städtischen Lebens schon voll oder zumindest ansatzweise vertreten: religiöse und geistige Institutionen, Macht und Herrschaft, sowie nichtagrarische Wirtschaft. An der Spitze steht eine irgendwie herrschende Elite, die den ganzen "städtischen Betrieb" organisierte. Es waren hervorragend ausgebildete Spezialisten für Verwaltung und Schrift. Mit guten Gründen können wir den Terminus "Stadt" auch dann verwenden, wenn sich in den Ausgrabungsstätten des Alten Orients neben mutmaßlichen Tempeln auch noch mutmaßliche Paläste als Bauwerke ausgliedern lassen, die sich durch ihre Größe und/oder durch ihren Bauaufwand auszeichneten. Damit wird die Frage akut, wer der letztlich entscheidende Befehlsträger ist: Der Priester oder der Herrscher. Grundsätzlich können sich die religiösen Funktionen einerseits und die Herrschafts- und Machtfunktionen andererseits entweder in unterschiedlichster Aufgabenteilung gegenseitig unterstützen und ergänzen, oder sie stehen miteinander in Konkurrenz um Macht und Einfluß. Sie kennen ja alle die reiche Literatur über das Verhältnis von Tempel und Palast im Alten Orient (z.B. E. LIPINSKI 1979); bei der Lektüre werden wir häufig an das ähnlich komplexe Verhältnis zwischen Kaiser und Papst im europäischen Mittelalter erinnert. Ganz klar hebt sich davon aber fast stets die Funktion der Siedlungen als Markt und als Wirtschaftszentrum ab: Die Ausgrabungen ermöglichen uns den Nachweis sowohl von Bauwerken als auch von Standorten, die eindeutig ökonomische Funktionen erfüllt haben. Mit dem Markt wird die Siedlung aber, wie wir gesehen haben, zur Stadt. Der Begriff "Markt" muß dabei in einem viel weiteren Sinn verstanden werden als bei J. REN GER, der vergeblich nach einem Marktplatz sucht (passim; vgl. auch die Kritik von P. VARGY AS 1987).
Von diesen fundamentalen, empirisch deutlich faßbaren Sachverhalten ausgehend kann man nun weitere Aspekte in die Betrachtung mit einbeziehen: Vieles spricht dafür, daß die Wirtschafts- und Marktfunktionen der altorientalischen Städte die Möglichkeit von Privatinitiative sowie einen gewissen Schutz und einige Freiheitsräume für den Privatsektor beinhalteten; Herrschaft und Religion lassen dem wirtschaftlich aktiven Menschen mannigfache Möglichkeiten eigener Entscheidung. Zumindest in ersten Ansätzen zeichnet sich in den schriftlichen Quellen schon so etwas wie "Bürger" ab - Menschen, die im sekundären oder im tertiären Sektor mit gleicher Zielsetzung und in freiwilliger Absprache zusammenarbeiten, die Handlungsspielräume zu nutzen verstehen, und die vielleicht sogar in mancher Hinsicht schon "autonom" agierten (J. RENGER 1991 für den Alten Orient: "Entrepreneure"; K.A. BARD 1987 für Ägypten: "Managerial Elite"; vgl. auch S. POLLOCK 1992). Damit verbunden waren nicht nur eine stetig ansteigende Qualität der agrarischen, gewerblichen und bautechnischen Produktion sowie eine Ausweitung und Intensivierung des Fernhandels, sondern auch erste Ansätze von etwas, was wir heute "Lebensqualität" zu nennen pflegen: Schon Habuba Kabira hatte um das Jahr 3500 v.Chr. eine Kanalisation für die städtischen Abwässer, und der Arbeitsalltag wurde gelegentlich durch Feiern, Feste und Spiele unterbrochen. Die "Abköffimlichkeit" im Sinne von Max Weber erstreckt sich jetzt also nicht nur auf eine kleine Schicht Privilegierter im sekundären und tertiären Sektor, die ganz oder zeitweise von der landwirtschaftlichen Urproduktion freigestellt waren, sondern auch auf das Zeitbudget Neben der Zeit zum Arbeiten blieb jetzt auch etwas Zeit zum gemeinsamen Feiern und zum Miteinander-Spielen (J. RENGER 1969). Es werden schon Wettkämpfe veranstaltet und man hat seinen Spaß mit Gauklern und fahrendem Volk. Etwas später finden wir in den Siedlungen des Alten Orients auch Tätigkeiten, die letztlich nicht dem direkten Lebensunterhalt dienen: In den Gärten werden nicht nur Nutzpflanzen, sondern auch Blumen und Zierpflanzen gezogen; auch bleibt die Jagd nicht nur auf eßbare Tiere beschränkt, sondern man jagt einfach zum Vergnügen. In ersten Ansätzen wird hier schon das Modell des "homo ludens" erkennbar. Ernst HEINRICH hat in seinen beiden monumentalen Werken 1982 und 1984 aufgezeigt, wie sowohl die Architektur der Tempel als auch diejenige der Paläste im Laufe von drei Jahrtausenden vervollkommnet wurde. Die soziale Interaktion wird nunmehr schon durch Verträge und vielerlei Rechtsgeschäfte geregelt. Genaue Naturbeobachtung, Sternenkunde und methodische Berechnungen ermöglichen zuverlässige Prognosen. Auch dient die Monumentalität der Bauwerke jetzt nicht mehr nur religiösen oder machtpolitisch-militäri-
8
9
10
11
E. Wirth
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
sehen Zwecken; oft ist sie jetzt in erster Linie Ausdruck von Prestigestreben und von "conspicuous consumption" (J. RENGER 1993, S. 92). Ein breites Spektrum von kostbaren Textilerzeugnissen unterstreicht diese Selbstdarstellung der Oberschicht (S. DALLEY 1991; für Ägypten K.A. BARD 1987, S. 91 f.). Ich fasse den ersten Abschnitt zusammen: Daß Siedlungen, auf die die genannten Merkmale zutreffen und in denen die soeben kurz skizzierten sozioökonomischen Prozesse ablaufen, Städte sind, steht für mich als Geographen außerhalb jeden Zweifels. Selbst wenn wir über die Vorformen und über einige Frühformen städtischer Architektur und städtischen Lebens nur sehr wenig wissen, können wir doch davon ausgehen, daß es im Alten Orient zumindest seit der Mitte des vierten vorchristlichen Jahrtausends Siedlungen gibt, auf die alle wesentlichen Merkmale einer Stadt zutreffen.
Welche der drei Alternativen wissenschaftlich mit den besten Argumenten vertreten werden kann, ist auf Anhieb gar nicht so leicht zu beantworten. Kulturraumspezifische Eigenarten der Stadt lassen sich nämlich aus verschiedenen Gründen nur recht unvollkommen erfassen: • Unsere Konzeption der Stadt im Alten Orient ist leider immer noch durch viele Lücken der Forschung unscharf und fragmentarisch. Wir westlich-abendländischen Wissenschaftler sind angesichts dieser Situation nur allzu leicht geneigt, klaffende Wissenslücken mit der uns vertrauten westlich-abendländischen Stadtkonzeption als einem Interpretationsmodell auszufüllen. Solche Analogieschlüsse nach dem Muster der uns ganz selbstverständlich gegenwärtigen abendländischen Stadt können manches Merkmal andersartiger "Orientalität" verdecken. • Unsere Ausgrabungen erschließen normalerweise nur den architektonischen Baubestand und das darin eingebettete archäologische FundmateriaL Beides ist aber allenfalls der materielle Handlungsrahmen oder das tote Handlungsprodukt von Menschen gewesen, über deren Intentionen und Sinngebungen wir nur sehr unvollkommen Bescheid wissen. Es wäre durchaus denkbar, daß sich in dem uns bekannten und vertrauten Handlungsrahmen ein Handeln abgespielt hat, dessen Spielregeln und Leitlinien uns unbekannt sind. Dafür nur ein Beispiel: Zweifellos folgten Grundrißplanung und architektonische Gestaltung der kaiserzeitlichen Städte in Syrien ganz überwiegend den Regeln des klassisch-antiken Städtebaus. Viele Indizien sprechen aber dafür, daß die Lebensformen der Menschen in diesem klassisch-antiken Baubestand in vieler Hinsicht noch vom Alten Orient geprägt waren. Bocksbeutelflaschen müssen nicht unbedingt mit Frankenwein gefüllt sein; sie können auch Weine aus Südtirol oder Portugal enthalten. • Sowohl die Ausgrabungen als auch die überlieferten schriftlichen Quellen sagen uns viel zu wenig über den Alltag des städtischen Lebens, über das Gewohnte, Selbstverständliche und damit Nicht-Erwähnenswerte. "Es gilt ... sich vor Augen zu halten, daß die Keilschrifttexte nicht geschrieben wurden, um uns zu informieren, sondern zur Fixierung von Tatbeständen oder Ergebnissen, deren Voraussetzungen den Schreibern geläufig waren" (W. RöLLIG 1975176, S. 288). Allenfalls im alten Ägypten können wir aus den erzählfreudigen Reliefdarstellungen ein wenig über den Alltag der Menschen erfahren. Schwierigkeiten dieser Art sollten uns aber nicht davon abhalten, nach bestem Wissen und Gewissen eine Entscheidung zwischen den genannten drei Alternativen zu treffen. Forschung beinhaltet ja häufig nicht so sehr ein Erkennen als vielmehr ein Bekennen. Für mich persönlich hat sich im Laufe
VIERTAUSEND JAHRE ORIENTALISCHE STADT Nachdem wir uns einige Gedanken über die Städte im Alten Orient gemacht haben, müssen wir in einem zweiten Schritt fragen, ob und wie weit diese Städte denn orientalische Städte sind. Die Stadt als eine hoch organisierte Siedlungs- und Lebensform ist im Orient entstanden. Daraus kann man aber noch nicht schließen, daß die dortigen Städte von Anbeginn orientalische Städte waren. Gibt es überhaupt so etwas wie einen orientalischen Typ von Stadt? Prinzipiell wären drei Alternativen denkbar: 1. Die Kulturen des Alten Orients haben die Stadt schlechthin geschaffen - als eine global-universelle Erscheinung. Es gibt also keinen orientalischen Spezialtyp von Stadt, genauso wenig wie es diesen z.B. für das Rad oder für den Lehrsatz von Pythagoras gibt. 2. Als zweite Alternative wäre es möglich, daß die von den Kulturen des Alten Orients geschaffenen Städte zwar eine kulturraumspezifisch orientalische Prägung mitbekommen haben. Diese könnte aber unlösbar mit der Stadt als einer globalen Erscheinung verbunden sein; sie würde also bis heute allen Städten auf der Erde anhaften. Die Kinder weißer Eltern kommen ja auch mit weißer Hautfarbe zur Welt, ganz unabhängig davon, wo auf dem Globus sie gezeugt und geboren werden. 3. Die dritte Alternative geht davon aus, daß es einen kulturraumspezifischen Spezialtyp von Stadt gibt, den wir "orientalische Stadt" nennen können. Diese wäre klar unterschieden von der klassisch-antiken und von der christlich-abendländischen Stadt; erst recht ist sie etwas ganz anderes als die indische oder die chinesische oder die altamerikanische Stadt.
12
E. Wirth
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
von vier Jahrzehnten wissenschaftlicher Beschäftigung mit den Städten Nordafrikas und Vorderasiens die oben an dritter Stelle genannte Alternative als eine überaus fruchtbare Arbeitshypothese bewährt: Es gibt einen Sondertyp der orientalischen Stadt; diese hat charakteristische Eigenarten, die sie klar sowohl von der Stadt der klassischen Antike als auch von unserer westlichabendländischen Stadt abheben. Vorstehende Aussage sollte aber sofort durch eine zweite These ergänzt werden: Die Stadt im Alten Orient und die islamische Stadt sind eng miteinander verwandt. Die eintausend Jahre der klassischen Antike - von den hellenistischen bis zu den frühbyzantinischen Jahrhunderten - erscheinen fast nur wie ein Zwischenspiel. Es hat in den Städten des Islam zwar klare und unverwechselbare Spuren hinterlassen; die Prägungen durch den Alten Orient konnten sich dann aber in vieler Hinsicht doch wieder durchsetzen. Auf der Basis dieser beiden Hypothesen wollen wir nun fragen, was man sinnvollerweise unter orientalischer Stadt verstehen kann. Welche Besonderheiten lassen sich herausheben, die empirisch einigermaßen abgesichert sind? Ich möchte nachstehend vor allem auf drei meines Erachtens wesentliche Aspekte zu sprechen kommen. Das ist erstens die starke Prägung durch Herrschaft, Macht und elitäre Selbstdarstellung, es sind zweitens Unterschiede im Gefüge der räumlichen Ordnung und drittens solche im Gefüge der sozialen Ordnung.
Orient vom zweiten Jahrtausend v. Chr. an Palastbauten die Tempel zurück, und bei den assyrischen Hauptstädten steigert sich die Palastarchitektur ins Einschüchternd-Monumentale. Fast überall wird jetzt der Sitz des Herrschers in einem eigenen Thronsaal ritualisiert herausgehoben, und seit etwa 1500 v .Chr. spielen dann in den Städten des Alten Orients Palastgärten als "höfisches Grün" eine große Rolle. Auch beginnt man damit, den Ausblick von einer überhöhten Palastterrasse weit ins Land hinaus zu genießen. Daß solche herrschaftsbezogenen Charakteristika der Bausubstanz und Stadtstruktur nichts mit "Orientalischer Despotie" und "Totaler Macht" in "Hydraulischen Zivilisationen" zu tun haben, sei hier nur am Rande bemerkt. Sogar die Wirtschaft wird im zweiten vorchristlichen Jahrtausend zunehmend zu einer Angelegenheit der Herrschaft und des Palastes: "L'organisation de Ia vie economique et de Ia vie sociale ne repose pratiquement que sur l'institution royale ... L'importance des palais comme centre economique directeur n'est plus a demontrer; meme pour Je debut du ne mill. ou un secteur prive existe, Je palais reste Je moteur du mecanisme general. On sait que Je roi ne se contentait pas de prelever des impöts, mais, qu'outre son röle d'administrateur, il etait grand proprietaire, organisait Je commerce dont dependait pour une bonne part Ia prosperite du pays, et possedait des ateliers" (1. MARGUERON 1971, S. 11, 24). Demgegenüber erscheint die Dominanz der Herrschaft in Stadtbild und Stadtstruktur bei den Städten der klassischen Antike und des Abendlandes deutlich weniger ausgeprägt. Hierfür lassen sich mannigfache Gründe anführen. Ich will nur einige davon nennen: • In den Jahrhunderten des Hellenismus und des Römischen Reiches sowie in den Jahrhunderten unserer europäischen Neuzeit wurde die politische Struktur vorwiegend durch relativ große Staaten und Reiche mit je nur einer Hauptstadt geprägt. Neben dieser Hauptstadt gehörten zu solchen Territorien viele andere wichtige Städte ohne Regierungsfunktionen. In ihnen gab es keinen Anlaß für irgendwelche städtischen Attribute von Macht und Herrschaft. • In der klassischen Antike wie in unserem westlichen Abendland verbleibt die Hauptstadtfunktion in der Regel über viele Jahrhunderte unverändert bei ein und derselben Stadt. Im Alten Orient dagegen - und vielleicht noch stärker in den Jahrhunderten des Islam - war es üblich, die Hauptstadt immer wieder einmal zu wechseln (z.B. Safaviden: Ardebil Tabris- Qazvin- Isfahan). Auch war es keine Ausnahme, wenn Staaten im Orient gleichzeitig mehrere Hauptstädte hatten (z.B. Persepolis, Susa, Babylon, Ekbatana; Sornn1er- und Winterresidenz). Die Attribute von Macht und Herrschaft sind dort dementsprechend über eine viel größere Anzahl von Städten verteilt.
DIE STARKE PRÄGUNG DURCH HERRSCHAFT, MACHT UND ELITÄRE SELBSTDARSTELLUNG In einer früheren Arbeit (E. WIRTH 1975) habe ich zu zeigen versucht, daß in fast allen Hochkulturen der Erde die Stadt drei wesentliche Grundfunktionen hat: Religion und geistiges Leben - Herrschaft und Macht - Wirtschaft und Markt. Im Alten Orient waren vermutlich ganz zu Beginn des Städtewesens die religiösen Funktionen dominant; vieles spricht dafür, daß die ersten Städte so etwas wie Tempelstädte gewesen sind. Im Gegensatz dazu erscheinen in den darauf folgenden Jahrtausenden die Städte des Alten Orients vor allem durch drei andere dominante Merkmale geprägt. Es sind das einmal abschreckende Wehrhaftigkeit und einschüchternde Zwangsgewalt des Kriegsherren, zum zweiten demonstratives Zurschaustellen herausgehobenen Prestiges auch vermittels prunkvoller Bauwerke, und zum dritten höfisch-heitere Selbstinszenierung und Lebensgenuß der Oberschicht. Diese drei Merkmale sind mit der Grundfunktion der Herrschaft verbunden. Ihr sollte damit für die Städte des Alten Orients ein besonderes Gewicht zugesprochen werden. Wie das Beispiel von Mari zeigt, drängen im Alten
13
14
•
•
E. Wirth
Seit den frühen Anfängen im 19. Jahrhundert werden Ausgrabungen im Bereich des Alten Orients nicht zuletzt auch von dem Bestreben geleitet, spektakuläre Ergebnisse zu erzielen. Die Wahrscheinlichkeit, museumsreife, aufsehenerregende Funde zu Tage zu fördern, ist bei Grabungen in Hauptstädten aber größer als bei Grabungen in städtischen Siedlungen ohne Herrschaftsfunktion. Damit blieben bis zum heutigen Tag Ausgrabungen in Vorderasien überwiegend auf große Ruinenkomplexe beschränkt, für die Hauptstadtfunktionen zumindest vermutet werden können. In den meisten Städten der klassischen Antike und unseres westlichen Abendlandes wurde das Zusammenleben der Menschen durch in irgendeiner Weise demokratische Verfassungen geregelt. In einer Demokratie aber tritt die Herrschaft im Stadtbild naturgemäß zurück. Man findet dort nicht Paläste oder Zitadellen oder Stadtschlösser, sondern fora und buleuteria, Rathäuser und Marktplätze. Oder ganz aktuell: Was im heutigen Orient selbstverständlich ist, wäre bei uns unmöglich: die allgegenwärtigen überlebensgroßen Porträts des jeweiligen Staatschefs, die auf Plakaten oder Mauern, aber auch in öffentlichen Gebäuden den Blick der Passanten auf sich ziehen.
Ich erwähnte bereits, daß die Dominanz des Palastes in der Stadtarchitektur, der Stadtorganisation und der Stadtstruktur vor allem im jüngeren Alten Orient evident erscheint (TAVO B IV 20, 21); damals wurde der Herrscher oft schon wie eine Gottheit verehrt. Diese Hochstilisierung wirkte sich natürlich auf das Stadtbild aus: Das von einem absoluten Herrscher erbaute Persepolis mit seinen Palästen und Audienzhallen war die Wohnung der Großkönige. Die von einer demokratischen Gemeinschaft erbaute Akropolis in Athen mit ihren Tempeln und Altären hingegen war die Wohnung der Götter. Der altorientalische Herrscherkult und die damit verbundenen ritualisierten Zeremonien sind in der klassischen Antike - ungeachtet des Kaiserkults deutlich abgeschwächt worden; die Ehrerbietung beschränkt sich in der Regel auf den Beinamen "Divus" und ein prunkvolles HofzeremonielL Die monotheistischen Religionen des Christentums und des Islams haben dann eine Vergöttlichung des Herrschers vollends unmöglich gemacht. Im Gegensatz zu vielen Städten des Alten Orients ist im islamischen Orient der Palast "nur noch" die Wohnung eines Menschen, nicht mehr diejenige eines Gottes. Trotzdem kommt den Palastanlagen auch in vielen Städten des islamischen Orients noch eine herausragende Bedeutung zu (M. BARRUCAND 1985); oft umfaßt dort der Palast sogar einen multifunktionalen, stadtähnlichen Bezirk. Als Beispiel möchte ich hier nur nennen den umfangreichen Komplex von Topkapi Serai in lstanbul, die ummauerten Palaststädte (Forts) in Labore,
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
15
Agra und Delhi, die ville royale in Fes-Djedid oder Regierungsquartiere in den Städten des nordöstlichen Vorderasien, die sogar durch eigene Namen herausgehoben werden (Ark, Schahrestan). In vielen Palästen des Alten wie des islamischen Orients finden wir monumentale und prunkvolle Thron- und Audienzsäle, die einer herausgehobenen Selbstdarstellung der Herrscher dienen. Seit etwa 1800 v.Chr. werden sie zu einem zentralen Element altorientalischer Palastarchitektur. Der sassanidische Thronsaal von Ktesiphon setzt im 6. nachchristlichen Jahrhundert als ein besonders spektakuläres Beispiel diese Tradition fort. Aber auch mehrere tausend Kilometer vom Tigris entfernt, in Lashkar-i Bazar, können wir - nochmals viele Jahrhunderte später - in zwei Palastanlagen ähnlich imposante Audienzsäle finden (Fig. 11, 12). Die Könige der mittel- und neuassyrischen Reiche beginnen damit, ihre Paläste in einem Zitadellenbezirk von der übrigen Stadt abzusondern. Diese Zitadellen liegen als Landmarken auf einem die Stadt überragenden Hügel; sie sind aufwendig und abschreckend ummauert, prunkvolle Orthostalen zieren die Wände und die Tore werden von überlebensgroßen monumentalen Portalfiguren flankiert. "Die gesellschaftliche Stellung der Bewohner, die auf der Zitadelle residieren, wird nicht nur durch die Architektur, sondern auch durch die erhöhte Lage bildhaft verdeutlicht und legitimiert. Die Gebäude der Zitadelle erhalten eine über die rein institutionelle Funktion hinausgehende Aufgabe. Die Palastbewohner können mit ihnen politische Ideen und Herrschaftsansprüche sinnfällig machen" (K. LAMPRICHS in K. BARTL 1995, S. 216, 219; vgl. auch E. HEINRICH 1984, S. 99 ff.). Die solcherart herausgehobene Monumentalität von Palästen und Zitadellen der orientalischen Stadt dient also zunächst einmal zum Imponieren, zur Einschüchterung und zum Abschrecken. Sie ist dann aber auch ein Mittel, hohes Prestige zur Schau zu stellen und herausgehobenen sozialen Rang zu dokumentieren (J. RENGER 1991). Sicherlich, in Europa finden wir zumindest seit dem Zeitalter des Absolutismus Schlösser und Paläste mit ähnlichem Anspruch. Das umfaßt bei uns aber doch nur eine relativ kurze Episode im Ablauf vieler Jahrhunderte. Im Alten Orient und im islamischen Orient hingegen können wir die Monumentalität des Palastes zu den weitgehend persistenten Merkmalen zählen. Alt-Ägypten allerdings ist eine markante Ausnahme: Mit Tempeln, Pyramiden und Felsengräbern werden monumentale, fast für eine Ewigkeit bestimmte Bauwerke nur zu Ehren der Götter und der Toten errichtet.
16
E. Wirth
UNTERSCHIEDE IM GEFÜGE DER RÄUMLICHEN ORDNUNG In schemenhaften Konturen, wohl noch weniger eindeutig als bezüglich der Dominanz von Macht und Herrschaft, zeichnen sich auch gewisse Unterschiede bezüglich des Gefüges der räumlichen Ordnung ab. In vielen Büchern und Aufsätzen über orientalische und islamische Städte kann man lesen, daß Grundriß und Aufriß der klassisch-antiken und der westlichabendländischen Stadt überwiegend durch rege/haft-geometrische Planung vorgegeben würden; in der Stadt des Alten Orients und des Islams hingegen seien sie das Ergebnis von organischem Wachstum oder von ungelenkfern Wildwuchs. Ob und wie weit diese These berechtigt ist, möchte ich zunächst bei den Städten des Alten Orients und dann bei den islamischen Städten zur Diskussion stellen.
1. Städte des Alten Orients. Viele Vertreter der Fächer Altorientalistik, Vorderasiatische Archäologie sowie Ur- und Frühgeschichte neigen der Meinung zu, daß die von ihnen ausgegrabenen oder bearbeiteten Städte ohne lenkende Hand gewachsen und damit relativ ungeordnet, vielleicht sogar labyrinthisch oder chaotisch seien. Zur Beschreibung werden Termini verwendet, die in dieselbe Richtung gehen: Additiv, Agglutinat, Negativraum (vgl. J. SCHMIDT 1964). Solche Verallgemeinerungen werden den empirischen Befunden nicht gerecht. In einem sehr eindrucksvollen zusammenfassenden Überblick hat Ricardo EICHMANN (1991) an frühen Siedlungen im Alten Orient, die noch keine Städte waren, fast überall Planung und Ordnung im Grundriß und in der Struktur nachweisen können. Die Regelhaftigkeiten waren sowohl gewollt als auch gekonnt. Warum sollte dieses Streben nach Planung und Ordnung später verlorengegangen sein? Nein, geometrische räumliche Grundstrukturen, die schon bei den Siedlungen der präurbanen Perioden zu erkennen sind, waren selbstverständlich in der frühen Städtezeit handlungsleitend geblieben! Ein gutes Beispiel dafür sind die Grundrißpläne von altorientalischen Städten im TAVO, von denen ich hier nur einige zeige. Sie belegen klar und eindeutig, daß auch im Alten Orient den Stadtgrundrissen klare Muster von Ordnung und Planung zugrunde liegen. Vielleicht sollten wir diese Aussage aber doch kulturraumspezifisch noch ein wenig weiter differenzieren. Die frühen Städte des Alten Mesopotamien hatten überwiegend ein oval begrenztes Grundmuster. Die herausragenden Bauwerke von Tempeln und Palästen waren mit ihren Hauptachsen nicht streng nach der gleichen Richtung orientiert. Zwar herrscht die Ausrichtung
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
17
Nordwest-Südost vor. Nicht nur zwischen den einzelnen Städten, sondern auch zwischen den Bauten derselben Stadt gibt es aber häufig Abweichungen von bis zu 15 Winkelgraden (TAVO B IV 20, 21). Die Assyriologen erklären diese recht erhebliche Schwankungsbreite damit, daß für die Ausrichtung repräsentativer Gebäude nicht eine astronomische Vorgabe von Himmelsrichtungen, sondern eine Orientierung nach dem segenbringenden Nordwestwind ausschlaggebend war. Dieser wehte aber eben einmal ein wenig mehr aus westlicher, ein andermal ein wenig mehr aus nördlicher Richtung. Damit spiegeln die Orientierungen der Tempel und Paläste in Mesopotamien in etwa die Richtung des Windes wieder, der am Tage der Gründung oder Grundsteinlegung zufällig wehte. Ganz anders war das seit Anbeginn in lt'gypten (vgl. A. BADAWY 1960). Der Grabkomplex des Netjerichet Djoser (2667 v.Chr.) aus der III. Dynastie in Sakkara ist streng geometrisch mit fast perfekten rechten Winkeln erstellt (Fig. 2). Die Qualität des makellos regelhaften Grundrisses gleicht in jeder Hinsicht der herausragenden Qualität der behauenen Steinquader (J.-P. LAUER 1979; R. STADELMANN 1985). Desgleichen sind die ägyptischen Pyramiden mit bewundernswerter Genauigkeit nach Norden ausgerichtet. Die Abweichung von der exakten Nordrichtung beträgt bei der Cheopspyramide und bei der Chefrenpyramide nur fünf Bogenminuten (D. ARNOLD 1991, S. 15)1 Auch im Hochland von Iran herrscht streng geometrische Regelhaftigkeit bei den dortigen Monumentalbauten vor. Als Beleg möchte ich hier nur die Palastkomplexe von Pasargadae (D. STRONACH 1978) und von Persepolis zeigen (Fig. 3, 4). Wie präzise die Bauhütten und Architekten im Achämenidenreich vermessen haben, mag man daraus ersehen, daß die Apadana in Susa nach genau demselben Muster und mit den gleichen Proportionen erstellt wurde wie diejenige in Persepolis.
2. Städte des islamischen Orients. Bezüglich der Städte des islamischen Orients hält sich das Vorurteil noch viel hartnäckiger, sie seien wild gewachsen, unsystematisch und von chaotisch-labyrinthischem Grundriß. Märchen dieser Art werden insbesondere von einigen Vertretern der klassischen Archäologie in die Welt gesetzt. Sie haben - durchaus richtig - gesehen, daß in den Jahrhunderten der Spätantike die Regelhaftigkeit und strenge Plmm1äßigkeit der klassischantiken Stadtgrundrisse aufgeweicht und gelockert wurde, und daß da und dort ein gewisser Wildwuchs einsetzte. Daraus ziehen sie dann aber falsche Schlüsse.
19
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
E. Wirth
18
>).)
.fl«l ~
E
~l
~
p., 1::1 0 ',>
,, '
I J
I I
~
p., <')
<0
,__
<»
.c 0
e"' c
({,
ci .c 0
"'c
Quelle : R. Stadelmann 1985
Fig. 2: Sakkara. Grabbezirk des Netjerichcl Djoscr
ob
w::
20
E. Wirth
••••••
.. .. •••••• . . ......
•••••• • • • • • •
.. .. • • • •
I
/y
0
Pig. 4 : Die Palastterrasse von Persepolis 450-330 v. Chr.
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
21
Auch einige angesehene Orientalisten und Islamwissenschaftler neigen der Meinung zu, mit dem Islam beginne die Desorganisation. Jean SAUVAGET (1934) z.B. hat in einem Modell der Kolonnadenstraße von Latakiya zu zeigen versucht, wie diese in islamischer Zeit zu einer Bazargasse mit recht unregelmäßigem Verlauf geworden ist (Fig. 5). Jüngere Ausgrabungen im Bereich der Kolonnadenstraße von Palmyra haben die Thesen von Sauvaget in frappanter Weise empirisch belegt (Fig. 6). Allerdings ergab sich dabei, daß Wildwuchs und Desorganisation schon in byzantinischer Zeit einsetzten (vgl. H. KENNEDY 1985, S. 177, 180). Wird damit also das Vorurteil bestätigt, daß der Islam zu einem Zerfall der räumlichen Ordnung in den Städten geführt habe? Wie leicht vorschnelle Verallgemeinerungen in die Irre führen können, zeigt die umayyadische Siedlung Anjar im Libanon (Fig. 7). Es handelt sich dabei um eine frühislamische Stadtgründung (um 715 n.Chr.), die sich eng an den Kanon des klassisch-antiken Städtebaus gehalten hat. Demzufolge ist der Stadtplan von Anjar ebenso regelhaft wie detjenige von kaiserzeitlichen Städten, die ein halbes Jahrtausend zuvor gegründet worden sind (H. CHEHAB 1975). Akaba-Ayla wäre ein weiteres Beispiel dafür, daß der Islam bei gegebenem Anlaß die Tradition des klassisch-antiken Städtebaus fortgeführt hat und regelhart-geometrischen Grundrißmustern den Vorzug gab (D . WHITCOMB 1987; B. DE VRIES 1991). In analoger Weise sind ja auch die kreisrunden islamischen Neugründungen Bagdad oder Raqqa eine Weiterführung der partbischen und sassanidischen Rundstädte, z.B. von Hatra oder Firuzabad. Die Regelhaftigkeiten im Grundriß der islamischen Städte können allerdings auch auf ganz andere Wurzeln zurückgehen. In Aleppo z.B. sind die rechteckigen insulae der hellenistischen Planstadt einfach bis zum heutigen Tag erhalten geblieben (Fig. 8). Damit gleicht Aleppo unseren deutschen Römerstädten, z.B. Regensburg oder Köln, in deren Grundriß ja bis heute das Straßennetz des römischen Kastells durchschimmert. Das noch heute auffallend regelmäßige geometrische Grundmuster von Aleppo, aber auch von Damaskus, ist übrigens nach der Eroberung durch den Islam nochmals verfestigt worden: Pragmatisch-kluge Sterndeuter oder Schriftgelehrte orientierten die Gebetsrichtung (qibla) der Moscheen vermutlich gegen besseres eigenes Wissen streng nach Süde11. Damit ließen sich alle neuen religiösen Gebäude ohne jede Schrägstellung in das vorhandene, nach den Haupthimmelsrichtungen ausgerichtete Grundmuster des Stadtplans einfügen. Dessen Persistenz wurde durch den Islam also sogar verstärkt.
E. Wirth
22
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
23
Zeitachse
Byzanz
Römisches Reich
Araber
L-[~_u..,_]---!-1!1 ·_;.: : ~=============
IJl: . ;
"- - :
~
'
.........,.
m
nach J. Sauvaget 1934
Fig. 5 : Latakia. Modell zunehmenden Wildwuchses einer römischen Kolonnadenstraße
========= Palast 111 (unvollendet)
___...,.__....,_d
nach ai-As'ad-Stepnlowskl 1989
Fig. 6: Palmyra. Grabungsbefund zunehmenden Wildwuchses einer römischen Kolonnadenstraße
rn
Bazarläden (?)
~l]j
:
.. d
:
nach H. Chehab 1975
Fig. 7: Die umayyadische Plansiedlung von Anjar/Libanon
24
E. Wirth
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
..
00
ob
u::
25
Wie wir am Beispiel Anjar zeigen konnten, haben sich dann manche Neugründungen der Umayyaden streng an den offensichtlich noch sehr lebendigen städtebaulichen Kanon der römischen Kaiserzeit gehalten. Aber auch ein gutes Stück später, bis ins 9. Jahrhundert hinein, war ein geometrischregelhaftes Grundmuster mit sich rechtwinklig kreuzenden Straßen bei der Planung islamischer Städtebauer handlungsleitend gewesen. Hierfür wäre z.B. Samarra ein anschauliches Beispiel (Fig. 9; TAVO B VII 14). Spätere Stadtplanungen im islamischen Orient bringen demgegenüber neue und vielfach sehr originelle Lösungen, die keinen Zusammenhang mehr mit den hellenistischen oder römischen Stadtgrundrissen erkennen lassen. Die alrnohadische Stadtgründung Taza (ca. 1135 n.Chr.) z.B. ist um eine zentrale Achse herum gruppiert, die genau nach der Gebetsrichtung (qibla) der Freitagsmoschee ausgerichtet ist. An deren einem Polliegen die Freitagsmoschee und die Zitadelle; am anderen Pol finden wir die Andalusiermoschee, d.h. die Gebetsstätte der ökonomisch besonders einflußreichen Flüchtlinge aus dem maurischen Spanien. In der Mitte zwischen diesen beiden Polen erstreckt sich der Suq mit einer dazugehörigen Moschee und einer Madrasa. Für die Erschließung der Wohnviertel sind parallel und senkrecht zur Hauptachse in regelhaft-gleichmäßigen Abständen Nebenachsen trassiert (Fig. 10; E. WIRTH 1993). Der Grundriß der merinidischen Gründung Fes-Djedid ( 1276 n.Clu.) zeigt demgegenüber mit fünf von einem zentralen Punkt fächerfönnig ausstrahlenden Achsen eine freie geometrische Konstruktion, die sehr an Karlsruhe erinnert. Ich habe darüber in anderem Zusammenhang ausführlich berichtet (E. WIRTH 199lb). In Lashkar-i Bazar (ca. 1000, Wiederaufbau 1200 n.Clu.) schließlich ist die zentrale Erschließungsachse der Residenzstadt auf den Hauptpalast und innerhalb des Palastkomplexes auf den Thronsaal zentriert. Sowohl der Suq als auch die Freitagsmoschee müssen sich dieser herrschaftsorientierten städtebaulichen Leitlinie unterordnen (Fig. 11, 12; D. SCIILUMBERGER 1952, 1978) welch Gegensatz zu dem almohadischen Plankonzept, bei dem die Gebetsrichtung der Freitagsmoschee eben diese Leitlinie vorgibt (E. WIRTH 1993). Charakteristisch für den islamischen Orient ist es darüber hinaus, daß einige Grundstrukturen der Städte auf Bedürfnisse eines höfischen Zeremoniells oder einer politischen Zurschaustellung ausgerichtet erscheinen, oder für die Freizeitgestaltung einer berittenen Oberschicht erforderlich waren. Schon das frühmittelalterliche Aleppo hat eine größere Zahl von Hippodromen im Stadtgebiet errichtet. Breite, repräsentative Achsen z.B. in Qazvin oder Isfahan -dienen für feierliche Aufmärsche und Paraelen (Fig. 13). Wo die politische oder höfische Repräsentation von Reitern bestimmt wird, gehö-
26
27
Kontinuität und Wandel der Orientallsehen Stadt
E. Wirth
~;:::;]
Moscheen, Madrasen. Grabstallen Moderne offentliehe Bauten (Verwaltung, Schule. GesundheitSdienst usw
Bere1ch des Suq Wtrtschaftsbauten
L2J
Fnedhof Garten
[].
Ödland, Bauerwartungsland, öffentliche Fretflächen Ältere Wohnbebauung
L~J
Arkaden
_r
Alle Sladlbefestlgung
( Mandatszell)
D
Mittelalterliche Standorte
=I=
Tore
(almohadlsch, mormldlsch)
-
0
lOOm
~--"---~
Fig. I0: Taza/ Marokko. Almohadische Plananlage mit zentraler Achse zwischen zwei Polen Fig. 9: Samarra, eine islamische Stadtgründung des 9. Jhd. n. Chr. (Ausschnitt)
N 00
j
J
N
N
tTl
< ;:::. :=-
Nordpalast öffentliche Palastteile (Repräsentation, Verwaltung)
private Palastteile (Wohnungen) Moschee
0
ut
20m
~------...1
nach D. Schiumberger 1978
Fig_ 11 : Lashkar-i Bazar I Afghanistan. Die beiden großen Paläste
I.,.~
_,
L"' ~
cf-'
~~~· ""~--r-----------~ "' >
r.
:::;'
:r.
"',.. 2
::;
,"' ~ o·
I
'
1
11111'11•11 t-1---
,1 L '
m
>
,
~.
111111
"i "
'
'~~] ~
. ----
Lfi.{!t
- - - - - - - - - --------------..
;>c
c
;~~:.; ,§
~~
0.
'
c
,•' •
,""00
'.
"e=
0
.."
. •
~~
-
-
;;
0..
.... N '-0
30
E. Wirth
ren auch große Platzanlagen zum städtischen Inventar. Im Maghreb sind dieserart die "Mechouar" genannten Anlagen Schauplatz für berberische Aufmärsche und Huldigungszüge zu Pferd; im safavidischen Persien kommt den "Maidan" genannten Platzanlagen eine vergleichbare Funktion zu (TAVO B VII 14.5, Fig. 13, 14).
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
l I
I
){'{
Ir
(i
Was bleibt damit von dem eingangs angesprochenen Vorurteil noch übrig, die Städte des Alten Orients und des Islams würden durch organisches Wachstum oderungelenkten Wildwuchs, nicht aber durch Ordnung und Planung geprägt? Ganz offensichtlich unterscheiden sich antik-klassische und westlich-abendländische Stadt einerseits und orientalische Stadt andererseits allenfalls graduell, nicht prinzipiell voneinander, wenn wir ihre Grundrisse hinsichtlich Regelhaftigkeit und Planmäßigkeit miteinander vergleichen. Und die gelegentlich auffallenden Abweichungen von einem geometrisch-regelhaften Straßenverlauf sind kein "Geburtsfehler" der orientalischen Stadt, sondern das Ergebnis einer allmählichen Entwicklung in den auf die Gründung folgenden Jahrhunderten. Diese gegenüber der antiken und der abendländischen Stadt stärkere Degradierung und Überformung ursprünglich regelmäßiger Plangrundrisse in der orientalisch-islamischen Stadt erklärt sich vor allem aus einem sehr unterschiedlich rigorosen Städtebaurecht. Bei uns hatte die städtische Baubehörde fast uneingeschränkte Planungsvollmacht und sie übte strenge Bauaufsicht. Im islamischen Recht hingegen wird das Bauwesen viel flexibler, anpassungsfähiger und damit "menschlicher" geregelt durch die Hisba, d.h. durch die religiös-moralischen Grundsätze eines gottgefälligen Lebenswandels und öffentlichen Wohlverhaltens. Darüber habe ich an anderer Stelle ausführlicher berichtet (E. WIRTH 1975, S. 65 f.), und ich werde zum Schluß meines Vortrags nochmals darauf zurückkommen. Ebenfalls an anderer Stelle (E. WIRTH 1993, S. 365 f.) habe ich weiterführend noch auf einen viel allgemeineren Aspekt von Architektur und Städtebau im Orient hingewiesen. Als ein grundlegendes Bauprinzip hier wird immer die "agglutinierende Bauweise" und das "additive Aneinanderreihen" genannt: Nebeneinander liegende Gebäudeteile, Gebäude und Gebäudekomplexe sind im Orient - im Gegensatz zur klassischen Antike und zu unserem europäischen Abendland - nicht nach einem übergeordneten Konzept entworfen und in ein gemeinsames übergreifendes räumliches Ordnungsmuster eingepaßt, sondern sie stehen gewissermaßen "bunt zusammengewürfelt" nebeneinander. Was später hinzukommt, wird einfach irgendwie elaneben oder dazwischen gesetzt. Baubestancl, Orientierung und räumliche Ordnung der einzelnen Teilglieder sind je wieder neu und anders, und sie nehmen
<)
J~ ·:
• lutw
noch heute erkennbare Grundmuster der safavldlschon Stadtplanuno 1 Noch orhalteno safavidenzoitllcho (oclor frühoro} Baulen,l>ls Schah Abbas II (1642·1666) f Wiriii!UBD
Fig. 13: Qazvin. Rcpriiscntalivc öllcntlichc Frcilliichcn im Rahmen der salitviclischcn Stadtplanung
3l
32
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
E. Wirth
y y
y y
y
y y
y y
y
y
y y
y
y
y
y
y
y y
33
auf benachbarte Teilglieder noch auf irgendwelche übergeordneten Konzeptionen Bezug. Wer mit Städtebau und Architektur im Orient vertraut ist, kann viele Beispiele für ein derartiges agglutinierendes bzw. additives Bauen ohne übergeordneten Plan anführen - bei der Addition von Räumen zu einem Gebäude, bei der Addition von Gebäuden zu einem Baukomplex und bei der Addition von Baukomplexen zu einem Stadtviertel oder zu einer Stadt. Bei vornehmen Häusern und Palastanlagen beinhaltet das oft auch ein additives Aneinanderfügen von Innenhofkomplexen; bestes Beispiel hierfür ist die Albambra in Granada. Trotzdem sollte man mit der These vorsichtig sein, die agglutinierende Bauweise sei ein charakteristisches Merkmal für fast alles Bauen im Orient. Die Stadtplanung und Stadtgestaltung der Meriniden und diejenigen der Almohaden in Marokko, aber auch die safavidische Residenzstadt in Isfahan sind ein anschaulicher Beleg dafür, daß Städte auch im islamischen Kulturbereich - genau wie in der klassischen Antike oder bei uns in Buropa nach großzügigen und übergreifenden rationalen Grundrißmustern und Konzeptionen geplant und gebaut wurden (vgl. E. WIRTI-I l99lb, 1993; TAVO B VII 14.5). UNTERSCHIEDE IM GEFÜGE DER SOZIALEN ORDNUNG
.._
Bazarstraßen ( Zentralbazar)
Zitadelle
GI]
( Pnvatspharo)
Stadtmauer mit Stadttoren
!':::':::::<.:·>, :;:;:;;;:;:;:;v
Märkte ante muros für ländl. Publikum
Stadtzentrum ( Freltagsmoschee, zentraler Platz)
Cl
I
JIIJIIll[
Wohnquartiere mit Sackgassen
Auf Militärbedarf ausgerichtete Standorte
Quartier- und Vorstadt-Bazare Durchgangsstraßen
Entw.: E. Wirth 1982
y y y
Friedhof
Fig. 14: Modell der orientalisch-islamischen Stadt mit der abgeschirmten Privatheil der Wohnquartiere
Vor einigen Jahren habe ich in einem größeren Aufsatz zu zeigen versucht, daß viele charakteristische Eigenarten der orientalisch-islamischen Stadt sowohl bezüglich des Grundrißmusters wie des Baubestands durch den absoluten Vorrang der Privatheil im städtischen Leben erklärt werden können (E. WIRTH l99la). Meine These lautete: Sowohl in den Städten der klassischen Antike wie in denjenigen des /,bendlandes spielt sich das Miteinander-Leben ganz überwiegend in aller Öffentlichkeit ab. In den Städten des Alten Orients und der islamischen Welt hingegen wird der Privatheil ein erheblich höheres Gewicht beigemessen. Privatheil als das dominante Grundprinzip sozialer Interaktion ist m.E. sogar das wichtigste und auffallendste Kennzeichen der Orientalischen Stadt. Da die Zeit schon weit fortgeschritten ist, möchte ich an dieser Stelle aber nicht weiter darauf eingehen und statt dessen auf den erwähnten Aufsatz verweisen (E. WIRTII l991a). Nur mit einigen Sätzen sei daran erinnert, wie sich das Primat der Privatheil in der orientalisch-islamischen Stadt auch auf Grundriß und Baubestand auswirkt: I. Die Stadt im Orient gliedert sich ja sie zerfällt nicht selten - in eine größere Zahl von streng gegeneinander abgeschlossenen Quartieren (Fig. 14). Die wenigen Verbindungen zwischen diesen Quartieren können in der Regel sogar mit Toren verschlossen werden.
34
E. Wirth
Kontinuität und W:mdel der Orientalischen Stadt
35
2. Die Erschließung der Wohnquartiere in der orientalisch-islamischen Stadt geschieht überwiegend über Sackgassen (Fig. 15). Diese sind nicht das Zufallsergebnis eines ungeregelten Bauens, sondern sie werden in bewußter Planung angelegt. Die Befugnisse der für die städtische Ordnung verantwortlichen Institutionen (muhtasib) sind in den Sackgassen bereits eingeschränkt. Juristisch gehören letztere damit teilweise schon zur Privatsphäre der angrenzenden Häuser; auch ein unerwünschter Verkehr von quartierfremden Passanten wird durch Sackgassen von der Privatsphäre des Hauses ferngehalten. 3. Der Wohnbezirk der Häuser öffnet sich grundsätzlich nur nach innen, auf einen oder mehrere zentrale Höfe. Die Außenwand ist in der Regel fensterlos und dementsprechend abweisend. Der Zugang von der Gasse zum Hof erfolgt durch einen mehrfach abknickenden Korridor, so daß selbst bei geöffneter Eingangstür der Blick in das Innere des Hauses verwehrt bleibt (Fig. 16). Diese drei Charakteristika gelten nicht nur für die islamische Stadt; wir finden sie bereits in vielen Stadtanlagen des Alten Orients und des Alten Ägypten. Auch darüber habe ich in dem genannten Aufsatz ausführlich berichtet. Der Vorrang der Privatheit und das Zurückdrängen der Öffentlichkeit hat aber nicht nur Auswirkungen auf Grundriß und Baubestand, sondern auch solche auf die städtische Organisation. In der klassischen Antike und im christlichen Abendland greift die "Öffentliche Hand" massiv in Bauplanung und Bauordnung ein: Sie gibt die Straßenfluchten vor, sie sorgt dafür, daß Stockwerkszahl und Traufl1öhe einheitlich bleiben, sie ist für die Bauten der Infrastruktur und für die städtischen Dienstleistungen verantwortlich. Auch die Regelung von besitzrechtlichen Ansprüchen und Verpflichtungen, die Zuweisung von Parzellen usw. sind eindeutig und rigoros eine Angelegenheit der Öffentlichen Hand. Es gilt, in gewisser Abwandlung, das Motto: "Fiat iustitia, pereat humanitas". Träger dieser allgemein verbindlichen Ordnung sind die ortsansässigen ElitetL In der frühen römischen Kaiserzeit organisierten und finanzierten die wohlhabenden Honoratiorenfamilien reichsweit einheitliche und regelhafte Bauprogramme: Repräsentative öffentliche Gebäude und Platzanlagen sollten das Stadtbild monumentalisieren und durch herausgehobene städtische Selbstdarstellung Sinn stiften. Diesem allgemein verbindlichen städtebaulichen Kanon hatten sich alle Privatinteressen unterzuordnen. In der islamischen Stadt hingegen sind, wie schon erwähnt, die entsprechenden Regelungen viel "weicher". Ob bei einem Neubau oder einem
B
llnck<Jump
0
20m
'--------'
I
nach V. Fotou 1993
Fig. 15: Sackgassen in der Stadt Uournia/Kreta (etwa 1600 v. Chr.)
E, Wirth
36
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
Sicht- geschützter kleiner Ziergarten
~
,C Q)
-"
0
~
Q)
Innenhof
>
0
c
-"' -"'
0
Q)
c
0
(f) (f)
Q_
E
Q) (f) (f)
"'
(!)
Sackgasse V
0
5m
nach C, Pfaffenbach 1992
Fig. 16: Erdgeschoß eines Wohnhauses in der Mctlina von Fes/Marokko
Anbau ein Haus vielleicht einen Meter weiter in die Straße hereinragen darf als vorher, wird nach Anhörung der Nachbarn und nach einer Ortsbesichtigung ad hoc entschieden. So lange in einer Gasse noch zwei beladene Kamele aneinander vorbeikommen können, darf man normalerweise mit zumindest schweigender Duldung rechnen. Es geht in der islamischen Stadt nicht um rigorose Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften; im Einvernehmen mit den Beteiligten strebt man nach Möglichkeit eine gütliche Übereinkunft an, welche auf die Besonderheiten eines jeweiligen Einzelfalls Rücksicht nimmt. Viele städtische Angelegenheiten, für die bei uns öffentliche Institutionen zuständig sind, werden im Orient solcherart gewissermaßen privat geregelt. Ähnlich war das schon in der altorientalischen Stadt (J. SCIIMIDT 1964).
37
Selbst Bauwerke der Infrastruktur und die Sorge um städtische Dienstleistungen obliegen in der islamischen Stadt normalerweise nicht einer wie auch inuner gearteten Obrigkeit qua öffentlicher Institution. Wenn es Einrichtungen des allgemeinen Wohls oder der karitativen Wohlfahrt sind, springt oft die Privatinitiative wohlhabender Großkaufleute, ranghoher Würdenträger oder alteingesessener Honoratioren und Notabien ein. Auch den religiösen Stiftungen (waqf) kommt hier eine tragende Rolle zu. Das führt dann allerdings dazu, daß der Ertrag von öffentlichen Bauten häufig "privatisiert" wird, also zumindest teilweise wieder dem Spender oder seinen Nachkommen zugute kommt. Ob und wie weit die Prädominanz der Privatheil ein Charakteristikum der semitischen Völker Vorderasiens ist, habe ich ebenfalls an anderer Stelle zu diskutieren versucht (E. WIRTH l99la). Bei der Behandlung dieser Frage erscheinen große Zurückhaltung und Fingerspitzengefühl geboten. Es kann aber wohl kein Zweifel darüber bestehen, daß in der orientalischen Stadt die Solidarität der Großfamilie und ein starker Zusammenhalt der Bluts- und Schicksalsgemeinschaft in sehr viel stärkerem Maße handlungsbestimmend wirken als in der klassischen Antike oder im christlichen Abendland. Blutsverwandtschaft und gemeinsame Abstammung sind gerade bei den semitischen Völkern Vorderasiens eine tragende Grundlage der sozialen und personalen Identität. Schon im Alten Orient des I. Jahrtausends v .Clu. gilt: "Wirtschaftliche und politische Macht befanden sich fest in den Händen von Familienverbänden, innerhalb derer Ämter und Funktionen von einer Generation an die nächste weitergegeben wurden" (J. RENGER 1991, S. 20 I). Das hat nicht zuletzt auch Auswirkungen auf die sozialräumliche Gliederung der Stadt. Bei uns im Abendland erfolgt eine Viertelsbildung in der Stadt überwiegend nach dem Sozialstatus und dem Sozialprestige der Bewohner: Wir haben Arbeiterwohnviertel, Mittelstandswohnviertel, Bonzenwohnviertel, und um den Dom herum gruppieren sich die Paläste und vornehmen Häuser der geistlichen Herren. Diese bezüglich Kautkraft und Lebensstil ihrer Bewohner deutlich unterschiedenen "Sozialquartiere" schließen sich aber nur in Ausnahmefällen streng voneinander ab. Auch bei starken sozialen Gegensätzen schimmert in der abendländischen Stadt immer noch die Abendmahlsgemeinschaft der vor Gott gleichen Gläubigen und die allen Wehrf~ihi gen obliegende Verteidigungspflicht freier Bürger durcl1. Im Orient hingegen ist der gegenseitige Abschluß der Großfamilien und Blutsgemeinschaften erheblich stärker. Hier wohnen bei gleicher Herkunft, gleicher Religion oder gleicher Sprache Arm und Reich im selben Viertel zusammen. In Aleppo z.B. ist während der osmanischen Blütezeit gerade in den vornehmeren Stadtvierteln das aufwendig ausgestattete Wohnhaus eines einflußreichen und wohlhabenden Notabeln oft von den kleinen, bescheide-
E. Wirth
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
nen Häuschen seiner Klientel umgeben gewesen. Damit konnte im Falle von Aufruhr oder Plünderung der vornehme Herr gleich auf wehrhafte Unterstützung durch seine Nachbarn rechnen. Gut 2000 Jahre früher finden wir dieselbe Zuordnung in Assur: Um ein großes, sehr vornehmes Wohngebäude herum scharen sich jeweils kleinere, bescheiden ausgestattete Häuser von abhängigen Gefolgsleuten (C. PREUSSER 1954). Diese letzten Versuche einer Unterscheidung zwischen orientalischer und abendländischer Stadt müssen allerdings cum grano salis genommen werden. Die pompösen Anwesen der Wiener Ringstraße gliedern sich ebenfalls in ein überaus repräsentatives, der Straße zugewandtes Vorderhaus und ein dazugehöriges Hinterhaus mit sehr viel bescheideneren Wohnungen. Dort werden die Dienstboten, Hausmeister usw. untergebracht, die bei der "Herrschaft" beschäftigt sind und für welche diese in Notfällen dann sorgt. Umgekehrt haben wir auch in orientalischen Städten ausgesprochen vornehme Wohnviertel (in Isfahan z.B. im Bereich des Tschahar Bag), und wir finden anderswo ländlich strukturierte Stadtviertel oder Wohnquartiere für kautkraftschwache Arbeitskräfte im Gewerbe. Erst kürzlich ist z.B. ein Altstadtquartier von Aleppo, das von einer recht homogenen, traditionell orientierten unteren Mittelschiebt bewohnt wird, in einer umfangreichen Monographie bearbeitet worden (A. GANGLER 1993). Solche Konvergenzen zwischen Orientalischer und Abendländischer Stadt nehmen offensichtlich seit einigen Jahrzehnten zu: Durch die zunehmend stärkeren Einflüsse modern-westlicher Wohnkultur und Lebensform dehnen sich die Bereiche der Öffentlichkeit auch in der orientalischen Stadt immer weiter aus. Bei uns im Abendland hingegen gibt es viele Tendenzen eines Rückzugs in die Privatheit, selbst wenn die heute recht häufige Trassierung von Sackgassen in jungen Wohnvierteln zunächst nur der Verkehrsberuhigung dient. Es ging bei dieser Gegenüberstellung ohnehin nie um ein Entweder-Oder, sondern allenfalls um ein Mehr-Weniger oder ein StärkerSchwächer. Damit bin ich nun zum Schluß wieder bei Sachverhalten angelangt, über die man sehr unterschiedlicher Meinung sein kann. Sie liegen letztlich immer noch im Nebel, und wir können sie, wenn wir ehrlich sind, nur in ungefähren Konturen erkennen. Damit müssen wir uns abfinden; auch am Ende des 20. Jahrhunderts sollte die Wissenschaft bescheiden bleiben. Wenn wir uns auch weiterhin um Antworten auf viele noch offene Fragen bezüglich der orientalischen Stadt bemühen, dann geht es uns vielleicht wie dem Bauern im Märchen: Auf seinem Totenbett erzählt er seinen Söhnen, daß er in einem der Äcker, die die Söhne jetzt erben werden, einen wertvollen Schatz versteckt habe. Nach dem Tod des Vaters beginnen die Söhne, alle Äcker
tief umzugraben. Ein Schatz war nirgends zu finden. Durch das Umgraben sind die Felder aber zu neuer Fruchtbarkeit gekommen und sie haben viel reichere Ernten abgeworfen als zuvor. Geht es uns nicht ganz ähnlich? Auch wenn wir den Schatz selbst niemals finden werden - schon die intensive Suche nach einem solchen wird auch in Zukunft reiche Frucht bringen.
38
39
ANMERKUNG ZUR KARTOGRAPHISCHEN DOKUMENTATION Die Orientalische Stadt wird von fast allen Ausgräberinnen und Ausgräbern höchst stiefmütterlich behandelt. Bei der großen Mehrzahl aller Grabungsprojekte im Orient geht es seit mehr als einem Jahrhundert um herausgehobene, repräsentative Einzelbauwerke oder Gebäudekomplexe. Größere geschlossene Stadtbezirke oder Wohnquartiere niedrigerer Sozialschichten wurden nur in Ausnahmefällen durch Grabungen erschlossen, Städte als Ganzes praktisch nie. Vor dem Ersten Weltkrieg, vereinzelt auch noch zwischen den beiden Weltkriegen, wurden anhand des Mauerrings, der Stadttore und einiger innerstädtischer Erschließungsachsen wenigstens gelegentlich noch die Grundstrukturen des Stadtplans kartographisch erfaßt. Obwohl das heute mithilfe von Photogrammetrie, Luftbildauswertung und modernen elektronischen Meßinstrumenten sehr viel leichter und präziser zu bewerkstelligen wäre, lassen sich solche modernen Aufnahmen in den Jahrzehnten seit dem Zweiten Weltkrieg fast an den Fingern einer Hand aufzählen. Als Beispiel sei hier nur das Ruinenfeld der islamischen Stadt Samarra angeführt, welches vom I. Dezember 1912 bis zum 5. Februar 1913 von einem Vermessungstrupp des preußischen Großen Generalstabs aufgenommen wurde. Die Ergebnisse sind in drei Blättern I :25.000 veröffentlicht, die für die damalige Zeit eine großartige Leistung darstellten (Fig. 9). Seitdem hat sich kaum mehr etwas getan. Das Blatt "Samarra" des TAVO (B VII 14.4, 1990) ist fast nur eine Kopie der Karte 1912/13 - gewissermaßen ein "farbiger Abklatsch" statt des erhofften neuen "Lebens". Ganz analog ist auch die kartographische Dokumentation fast aller altorientalischer Städte allenfalls hoffnungslos veraltet und überaus lückenhaft, falls eine solche überhaupt vorliegt. Daraus folgt, daß in den Büchern und Aufsätzen, in denen von den Plänen und Grundrissen altorientalischer Städte die Rede ist, immer wieder dieselben grobschematischen Kartenskizzen nachgedruckt werden. Manchmal könnte man verzweifeln: Wenn man mit solchen Behelfsplänen aus den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende oder um den Ersten Weltkrieg herum auch nur einen halben Tag lang eine Ausgrabungsstätte begeht, dann stößt man zuhauf auf Ungenauigkeiten, Lücken, Fehlinterpretationen. Sie ließen sich vor Ort in wenigen Tagen berichtigen, ergänzen, verfeinern, ohne daß hierfür aufwendige Vermessungen oder Nachgrabungen erforderlich wären. Aber nein - die meisten Autoren begnügen sich mit der sehr unvollkommenen Erst-Aufnahme, und so stößt man in einer kaum mehr über-
40
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
E. Wirth
sehbaren Zahl von Büchern und Aufsätzen über Städtewesen, Urbanismus, Planung und Wohnen im Alten Orient auf wenige, altbekannte Grundrißskizzen - z.B. von dem altbabylonischen Wohnviertel in Ur, vom Quartier Merkes in Babylon, von Assur, Khafajah, Tell Abu Harmal, Tell Asmar oder von Deir el-Medineh und Kahun in Ägypten. Diese immer wieder vorgeführten Oldtimer auch meinem Vortragsmanuskript beizufügen, widerstrebt mir in hohem Maße. Einige von ihnen sind ja - im wesentlichen unverändert, aber hübsch farbig koloriert - in den einschlägigen Blättern des "Tübinger Atlas des Vorderen Orients" publiziert worden. Wo das möglich ist und sinnvoll erscheint, wird im Text darauf unter dem Schlüsselwort "TAVO" verwiesen. Im übrigen beschränkt sich die kartographische Dokumentation zu diesem Vortrag auf einige neue oder weniger bekannte Grundrisse altorientalischer und islamischer Städte sowie auf Pläne und Grundrisse, die der Verf. selbst im Gelände aufgenommen und entworfen hat, und für die er deshalb geradestehen kann.
LITERATUR
1989 Khaled al-As'ad und F.M. Stepniowski: The Umayyad Suq in Palmyra. DaM 4 (1989) 205-223. Dieter Arnold: Building in Egypt: pharaonie stone masonry. Oxford 1991. Alexander Badawy: Orthogonaland axial town planning in Egypt. ZÄS 85 (1960) 1-12. Kathryn A. Bard: The geography of excavated predynastic sites and the rise of complex society. J ARCE 24 (1987) 81-93. Marianne Barrucand: Urbanisme princier en Islam. Meknes et !es villes royales islamiques post-medievales. Paris 1985. (Bibliotheque d'Etudes Islamiques 13). Karin Bart! et al. (Hrsg.): Zwischen Euphrat und Indus. Aktuelle Forschungsprobleme in der Vorderasiatischen Archäologie. (DAI Abteilung Baghdad). Hildesheim 1995. Catherine Breniquet: Tell es-Sawwan - realites et problemes. Iraq 53 (1991) 75-90. Hafez Chehab: Les palais omeyyades d' Anjar; residences princieres d'ete. Archeologia 87 (Oktober 1975) 18-25.
1991
DALLEY
DE VRIES
1991
EICHMANN
1991
FALKENSTEIN
1993
FOTOU
GANGLER
1993
HEINRICH
1973
HEINRICH
1982
HEINRICH
1984
AL-AS' AD / STEPNIOWSKI
ARNOLD
1991
BADAWY
1960
BARD
1987
BARRUCAND
BARTL
1985
1995
BRENIQUET CHEHAB
1991
1975
HEINZ
1996/97
HOFFMAN
1986
KENNEDY
1985
LAUER
1979
LIPINSKI
1979
MACHULE
1990
1954
41
Stephanie Dalley: Ancient Assyrian textiles and the origins of carpet design. Iran 29 (1991) 117-121. Bert de Vries: Archaeology in Jordan. AJA 95 (1991) 253-280. Ricardo Eichmann: Aspekte prähistorischer Grundrißgestaltung in Vorderasien. Beiträge zum Verständnis bestimmter Grundrißmerkmale in ausgewählten neolithischen und chalkolithischen Siedlungen des 9.-4. Jahrtausends v.Chr. (BaF Bd. 12). Mainz 1991. Adam Falkenstcin: La cite-temple Sumerienne. Cahiers d'Histoire Mondiale Vol. I, No. 4 (avril 1954) 784-814. Vasso Fotou: New light on Gournia. Unknown documents of the excavation at Gournia and other sites on the Isthmus of Ierapetra by Harriet Ann Boyd. Aegaeum 9, Liege 1993. Anette Gangler: Ein traditionelles Wohnviertel im Nordosten der Altstadt von Aleppo in Nordsyrien. Tübingen/ Berlin 1993. Ernst Heinrich: Haus, B. Archäologisch.- In: RIA Bd. 4 (1973) 176-220. Ernst Heinrich: Die Tempel und Heiligtümer im Alten Mesopotamien. Typologie, Morphologie und Geschichte. 2 Bde. (Text, Abbildungen). (DAA 14). Berlin 1982. Ernst Heinrich: Die Paläste im Alten Mesopotamien. (DAA 15). Berlin 1984. Marlies Heinz: Der Stadtplan als Spiegel der Gesellschaft. Räumliche Ordnung als Indikator für Formen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Organisation. Habilitationsschrift, im Druck 1996/97. M.A. Hoffman, et al.: A model ofurban development for the Hierakonpolis region from predynastic through old kingdom times. JARCE 23 (1986) 175-187. Hugh Kennedy: The last century of Byzantine Syria: A reinterpretation. ByzF 10 ( 1985) 141-183. Jean-Philippe Lauer: III. Architektur.- In: J. Leclant (Hrsg.): Ägypten. Erster Band. Das Alte und das Mittlere Reich. (Universum der Kunst Bd. 26). München 1979, 59-79. Edward Lipinski (Hrsg.): State and temple economy in the ancient Near East. Proceedings of .. .. . 2 Bde. (Orientalia Lovaniensia Analeeta 5, 6). Leuven 1979. Dittmar Machule: Tall Munbaqa. Die spätbronzezeitliche Stadtanlage und die Häuser.- In: Paolo Matthiae et al.
42
MAISELS 1990
MAKKAY 1983
MARGUERON 1971
MARTIROSSIAN 1983
MOORTGAT 1945 0RTHMANN 1990 POLLOCK 1992
PREUSSER 1954 RENGER 1969
RENGER 1991
RENGER 1993
ROAF 1983 RÖLLIG 1975176 ROIK 1988
Kontinuität und Wandel der Orientalischen Stadt
E. Wirth (Hrsg.): Resurrecling the past. A joint tribute to Adnan Bounni. Istanbul 1990, 199-214. Charles Keith Maisels: The emergence of civilization. From hunting and gathering to agriculture, cities, and the state in the Near East. London/New York 1990. Janos Makkay: The origins of the "Temple-Economy" as seen in the light of prehistoric evidence. Iraq 45 (1983) 1-6. Jean Margueron: Les palais de l'äge du Bronce en Mesopotamie. Bilan de nos connaissances et problemes.- In: XIXe Rencontre Assyriologique Internationale, Paris 1971, 11-26. Anahit Martirossian: Notes concerning the economic activities of the Babylonian temple in the first millenium B.C. Iraq 45 (1983) 128-130. Anton Moortgat: Die Entstehung der sumerischen Hochkultur. (Der Alte Orient 43). Leipzig 1945. Winfried Orthmann: Tell Chuera. Ausgrabungen . . . in Nordost-Syrien. Damaskus-Tartous 1990. Susan Pollock: Bureauerats and managers, peasants and pastoralists, imperialists and traders: Research on the Uruk and Jemdet Nasr periods in Mesopotamia. Journal of World Prehistory 6 (1992) 297-336. Conrad Preusser: Die Wohnhäuser in Assur. (WVDOG 64). Berlin 1954. Johannes Renger: isinnam epe!um: Überlegungen zur Funktion des Festes in der Gesellschaft.- In: Actes de Ia XVIIe Rencontre Assyriologique Internationale, Bruxelles 1969, 75-80. Johannes Renger: Wirtschaft und Gesellschaft.- In: Hrouda, Barthel (Hrsg.): Der Alte Orient. Geschichte und Kultur des alten Vorderasien. Gütersloh 1991, 187216. Johannes Renger: Formen des Zugangs zu den lebensnotwendigen Gütern: Die Austauschverhältnisse in der altbabylonischen Zeit. Altorientalische Forschungen 20 (1993) 87-114. Michael Roaf: XIII. The architectural history of the Persepolis terrace. Iran 21 (1983) 150-159. Wolfgang Röllig: Der altmesopotamische Markt. WO 8 (1975-1976) 286-295. Elke Roik: Das altägyptische Wohnhaus und seine Darstellung im Flachbild. (Europ. Hochschulschriften; Reihe 38, Archäologie, Bd. 15). Frankfurt/Main 1988.
SAUVAGET 1934
Samarra SCHLUMBERGER 1952 SCHLUMBERGER 1978
SCHMID 1992
SCHMIDT 1964
STADELMANN 1985
STONE 1981
STROMMENGER 1980
STRONACH 1978
TAVO VARGYAS 1987 WEBER 1964
WHITCOMB 1987
43
Jean Sauvaget: Le plan de Laodicee-sur-Mer. Bull. Et. Or. 4 (1934) 81-114, Fig. 8. Samarra. Aufgenommen vom 1.12.1912-5.2.1913 von Ludloff, Hauptmann im Großen Generalstab. 3 Blätter, 1:25.000. Daniel Schlumberger: Le palais Ghaznevide de Lashkari Bazar. Syria 29 (1952) 251-279. Daniel Schlumberger: Lashkari Bazar. Une residence royale ghaznevide et ghoride. I A: L'architecture.- Memoires de Ia Deh!gation Archeologique Franc;aise en Afghanistan. Tome 18. 3 vol., Paris 1978. Hansjörg Schmid: Zur inneren Organisation früher mesopotamischer Palastbauten.- In: Hrouda, Barthel (Hrsg.): Von Umk nach Tuttul. (Münchener vorderasiatische Studien Bd. 12). München 1992, 185-192. Jürgen Schmidt: Straßen in altorientalischen Wohngebieten. Eine Studie zur Geschichte des Städtebaues in Mesopotamien und Syrien. BaM 3 (1964) 125-147. Rainer Stadelmann: Die ägyptischen Pyramiden. Vom Ziegelbau zum Weltwunder. (Kulturgeschichte der Antiken Welt, Bd. 30). Darmstadt 1985. Elizabeth C. Stone: Texts, architecture and ethnographic analogy: Patterns of Residence in old Babylonian Nippur. Iraq 43 (1981) 19-33. Eva Strommenger: Habuba Kabira. Eine Stadt vor 5000 Jahren. Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft .... Mainz 1980. David Stronach: Pasargadae. A report on the excavations conducted by the British Institute of Persian Studies from 1961 to 1963. Oxford 1978. Tübinger Atlas des Vorderen Orients. Wiesbaden 19771993. Peter Vargyas: The problems of private economy in the Ancient Near East. BiOr 44 (1987) 376-385. Max Weber: Die Stadt. Eine soziologische Untersuchung. - In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 47 (1921) 621-772.- Nachdruck unter der Überschrift "§1. Begriff der Kategorien der Stadt", in: Wirtschaft und Gesellschaft. Studienausgabe, 2. Halbband. Köln-Berlin 1964, 923-940. Donald Whitcomb: Excavations in 'Aqaba. First preliminary report. AAJ 31 (1987) 247-266.
44 WIRTH 1975
WIRTH 1991a
WIRTH 1991b, 1993
E. Wirth Eugen Wirth: Die orientalische Stadt. Ein Überblick aufgrund jüngerer Forschungen zur materiellen Kultur. Saeculum 26 (1975) 45-94. Eugen Wirth: Zur Konzeption der orientalisch-islamischen Stadt. Privatheil im islamischen Orient versus Öffentlichkeit in Antike und Okzident. Die Welt des Islams 31 (1991) 50-92. Eugen Wirth: Stadtplanung und Stadtgestaltung im islamischen Maghreb. 1. Fes Djedid als "ville royale" der Meriniden (1276 n.Chr.). MM 32 (1991) 213-231.- 2. Die regelhafte Raumorganisation des almohadischen Plankonzepts. MM 34 (1993) 348-368.
WANDEL, KONTINUITÄT UND BRUCH: DIE HISTORISCHE DIMENSION DER ORIENTALISCHEN STADT IM SPIEGEL AKTUELLER STADTFORSCHUNG
Dittmar Machule, Hamburg 1
PERSPEKTIVE UND HERANGEHEN
Das Thema Stadt ist aktuell. Unsere Lebensumwehen wandeln sich heute rapide. Wir suchen nach sinnvollen Ordnungsvorstellungen und Stadtideen. Historischen Erfahrungszusanunenhängen und Erklärungsmustern gilt wieder ein breiteres Interesse, auch außerhalb der engeren Fachgebiete. Die orientalischen Städte mit ihren Vergangenheiten geraten ins Blickfeld. Mein Einleitungsreferat greift das Thema aus der Sicht eines Stadtplaners und Architekten auf. Die Auseinandersetzung mit dem altorientalischen Gegenstand unserer Tagung möchte ich einerseits ausgehend von analytischen und konzeptionellen Problemen mit der Stadt von heute und andererseits ausgehend von stadtbaugeschichtlicher Forschung zu jüngeren und jüngsten Perioden städtischer Entwicklungen suchen. Die in den letzten 25 Jahren selbst beobachteten Veränderungen der Realitäten in den modern-alten Städten und Landschaften Syriens prägen meine Wahrnehmung der orientalischen Stadt. Auch ich bin mir dabei bewußt, ein fremder, ein europäischer Beobachter zu sein. Erst am Schluß des Referats wird die Fragestellung unserer Tagung am Beispiel der Ruine einer spätbronzezeitlichen Stadt, Tall Munbäqa/Ekalte in Syrien, behandelt. Dort arbeitet ein Team von Archäologen, Architekten und Vertretern weiterer Disziplinen mit dem erklärten Ziel, diese bronzezeitliche Stadt und ihre Entwicklung zu entschlüsseln. Die Stadt und das Städtische in ihrer Allgemeinheit sind schwer zu fassen. Es soll nicht eine weitere allgemeingültige Definition der Stadt ver-
'Arbeitsgebiet Städtebau-Stadtbaugeschichte im Forschungsschwerpunkt Stadt, Umwelt und Technik, Technische Universität Hamburg-Harburg, Kasernenstraße 10, D-21073 Hamburg.
46
47
D. Machule
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
sucht werden, gar eine, die ausschließende Kriterien auflistet. Jede begriffliche Erklärung kann nur ein heuristisches Instrument sein. Das gilt auch für die altorientalische Stadt. Gehen wir also von den Bildinhalten aus, die uns - sozusagen im spontanen Alltagsgespräch, also möglicherweise auch unscharf - Stadt vom Land sowie Städtisches vom Dörflichen, jeweils mit ihren entwickelten räumlich-sozialen Lebenswelten, plausibel unterscheiden lassen. Es bleibt der Falldiskussion vorbehalten, ob der Befund einer bestimmten altorientalischen Siedlung den Begriff Stadt für sie zuläßt oder nicht. Mit dem Oberbegriff "Stadtbaugeschichte", der in dem die Tagung vorbereitenden Papier angesprochen wird, sind der Rahmen und die Ausrichtung unseres Treffens abgesteckt. In die Mitte genommen von "Stadt" und "Geschichte" steht "Bau". Demnach liegen unsere Erkenntnisinteressen in den Gegenstands- bzw. Sachverhaltsbereichen, den Problemstellungen und Erklärungszusammenhängen, für die diese drei Begriffe stehen. Damit haben wir es zugleich auch mit "Stadtgeschichte" und mit "Baugeschichte" zu tun, beides die Namen für etablierte, durch das entsprechende Beiwort zum Begriff Geschichte relativ klare Wissenschaftsfelder bzw. -disziplinen. Auch wenn das Wort "Bau" für die eindeutige thematische Eingrenzung steht - anstelle von "Bau" könnte, komplexer ausgerichtet, auch "Pianung(s)" oder "Umwelt" stehen -, so ist durch die Verbindung mit den Begriffen Geschichte und Stadt wieder nahezu alles im umfassenden Sinn angesprochen. Impliziert sind selbst inhaltliche Gegenbegriffe wie Umland, Region, aber auch Natur. Demnach haben wir es auf unserer Tagung zur orientalischen Stadt mit allem zu tun, in das Menschen nur verwickelt sein können. Kein Wunder also, daß die über altorientalische Städte arbeitende Forschung nach den angesprochenen früheren Colloquien-Erfahrungen in Berkeley (1966) und London (1970) dazu überging, sich ausgewählten Fragestellungen zu widmen. Der Komplexität der Begriffsinhalte bzw. der Vielfalt der angesprochenen Phänomene entsprechend ist es doppelt wichtig und wohl selbstverständlich, daß klar werden sollte, ob im Einzelfall beispielsweise "Bau" bzw. die gebaute materielle Stadt im Zentrum einer vertiefenden Fragestellung steht, oder ob es andere Phänomene und Erklärungszusanunenhänge im Kontext von Stadt sind, beispielsweise funktionale, soziale oder ökonomische. Die Arbeit über "die Stadt" wird durch eine thematische Eingrenzung sehr erleichtert. Ebenso zu fordern sind die klare Unterscheidung bzw. die Kennzeichnung von Aussagen zu gesicherten Sach- und Tatbeständen auf der einen und interpretierenden Aussagen auf der anderen Seite. Das ist eine Selbstverständlichkeit, deren Betonung mir aber
aufgrund meiner fachlichen Annäherung an die alte, orientalische Stadt notwendig zu sein scheint. Denken wir an die oft vorrangigen Informationsquellen über die altorientalische Stadt, nämlich an die konkreten materiellen Baureste und die unterschiedlichen bildliehen Darstellungen neben textlichen Beschreibungen, so ist es naheliegend, einen Schwerpunkt auf den materiellen "Bau", genauer auf die materielle, gebaute städtische Umwelt zu legen. Das genügt aber nicht. Die alte (orientalische) Stadt und die Art ihrer Entwicklungen sind auf der Ebene "Bau" und auf der Basis von Bau-Interpretation allein ebenso unzureichend und unsicher erkennbar, geschweige denn zu erklären, wie es das heutige "Phänomen Stadt" ist, unabhängig vom kulturellen oder geographischen Kontext der jeweiligen Stadt. Für die Erklärungen von städtischen Wirklichkeiten, bedarf es vieler Informationen. Es kommt eben darauf an, was angestrebt wird bzw. worauf wir uns konzentrieren, wenn wir Genaueres und Tatsächliches über die Stadt oder über eine Stadt wissen wollen. Unsere Schwester-Gesellschaft, die KoldeweyGesellschaft, Vereinigung für baugeschichtliche Forschung e. V., hat sich beispielsweise mit ihren periodischen "Tagungen für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung" den eingegrenzten, engeren Ralunen gesetzt. Wie weitreichend auf Gebautem fußende Forschungsergebnisse interpretierend in die historischen Prozesse städtischer Entwicklungen dennoch hineinführen können, zeigen viele Arbeitsergebnisse. Ich denke beispielsweise an die maßgebende Arbeit über "Haus und Stadt im klassischen Griechenland", mit der in einem über 1Ojährigen Forschungsprozeß versucht wurde, "Mauern nicht nur zu beschreiben, sondern sie zum Sprechen zu bringen" (Hoepfner/Schwandner 1986: XIII). Allerdings muß betont werden, daß für die griechisch-römische Antike andere historische Quellen, die das "Von-Mauern-Gesprochene" wirklich absichern, insgesamt reichlicher sprudeln, als für die Kulturen vorhergehender Zeiträume. Im Hinblick auf die Hauptfragen unseres Treffens und womöglich in Erwartung gesicherter (archäologischer und philologischer) Informationen zu Prozessen des Wandels, der Kontinuitäten oder gar der Brüche in der (alt)orientalischen Stadt stellt sich also die Frage, in welchem heutigen Kontext unser Interesse angesiedelt ist. Vor welchem aktuellen Hintergrund wird das Thema Stadt heute diskutiert? Wie widerspiegelt sich das Thema Stadt in der heutigen Stadtplanung und wie in der Stadtforschung zur heutigen und zur historisch viel jüngeren Stadt? Welche Relevanz bzw. Aktualität in Hinblick auf unsere aktuellen Probleme mit der heutigen Stadt, in der wir leben, haben Forschungen zur (alt-)orientalischen Stadt eigentlich?
48
D. Machute
STADTWANDEL IM SPIEGEL AKTUELLER STADTPLANUNG
Der Begriff Stadtplanung wird heute meist synonym mit dem Begriff Städtebau benutzt. Eine für die Stadtbaugeschichte sinnvolle begriffliche Eingrenzung auf die materiell-räumlichen, technischen ggf. formalgestalterischen Elemente für den professionellen Umgang mit dem "System Stadt" durch das Wort "Städtebau", also eine Einschränkung des Sinngehalts gegenüber dem umfassenderen Begriff "Stadtplanung", hat sich bisher allgemein nicht durchgesetzt. Die Disziplin der Stadt- und Raumplanung ist - beispielsweise gegenüber verschiedenen Zweigen der Geographie - zu jung, um bereits über ein eigenes, etabliertes und verbindliches begrifflich-methodisches Instrumentarium für ihr Aufgabenspektrum des planerisch orientierten Wahrnehmens, Erkennens und Handeins zu verfügen. Was tut die konzeptionell-synthetisch arbeitende Stadtplanung bzw. Stadtentwicklungsplanung heute, und welche Fragen an die altorientalische Stadt hätten wir gern (gesichert) beantwortet? Ausgangspunkt für die Stadtplanung sind die Erfahrungen mit der und die Erforschung der "lebendigen" Stadt, also der (europäischen) Stadt, in der wir heute gemeinsam und individuell wohnen und arbeiten, miteinander kommunizieren, uns informieren, aus- und weiterbilden und erholen. Die infolge industriegesellschaftlicher Entwicklungsprozesse und als Reaktion auf seinerzeitige Sachverhalte und Veränderungen erst um die Jahrhundertwende entstandene Disziplin Städtebau/Stadtplanung erhebt den Anspruch, beruflich gestaltend und ordnend an der "vorausschauenden Lenkung der räumlichen Entwicklung einer Stadt" mitzuwirken (Albers 1995: 899). Zentraler Problemgegenstand heutiger stadtplanerischer Tätigkeit sind die räumlichen Ordnungssysteme. Stadtplanung muß dabei bestrebt sein, alle Formen des individuellen und sozialen Lebens zu beachten und einzubeziehen. Eine zentrale These zur Rolle des Materiell-Räumlichen von Stadt lautet: Konkrete Stadträume sind einerseits das Ergebnis von und andererseits der Bezugsort für gesellschaftliche Lebensprozesse. Dies ist auch für die Interpretation von Mauern, also auch die ausgegrabenen der altorientalischen Städte, eine grundlegende These. Planung denkt Zukünftiges auf der Basis von Früherem und in Verbindung mit Heutigem voraus und entwirft, also antizipiert und konzipiert. Jedwede Nichtbeachtung, Eingrenzung und Ausgrenzung kann sich bei Stadtplanung als Fehler herausstellen. Alles hängt dennoch davon ab, was letztlich von den Planungsbeteiligten in einem (politischen) Entscheidungsprozeß als erstrebenswerte Veränderung gesehen wird. Dazu kann gehö-
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
49
ren, daß fehlerfreundliche, also durch Veränderung und Ergänzung entwickelbare Stadtstrukturen oder Ordnungssysteme auf unterschiedlichen inhaltlichen Ebenen zu planen sind. Für die Verwirklichung eines erhofften und angestrebten Stadtplanerischen Ziels besteht, wie die Praxis zeigt, keine Sicherheit. Stadtplanung ist weder wie Hausplanung noch wie die eines (Feld-) Lagers. Die räumliche Stadt, so wie sie ist, wird letztlich von allen und allem mehr oder weniger direkt mitgestaltet Unter Zeitund Raumkomponenten tragen alle Formen sozialen Lebens und die natürlichen Rahmenbedingungen dazu bei. Konkrete, reale Stadt entsteht sich verändernd aus vielseitigen komplexen Einflüssen. Die auf die bestehende Stadt in ihrer Gesamtheit bezogenen Wandlungen, beispielsweise der Verfall oder die Aufwertung von Stadtteilen, laufen verdeckt und meistens sehr langsam ab. Es ist bekannt, daß insbesondere sogenannte schleichende Veränderungen der materiell-räumlichen Stadt oft genug von Zeitgenossen nicht wahrgenommen werden. Vieles wird erst "hinterher" bzw. infolge einer bestimmten Quantität oder Qualität des Wandels bemerkt. Die Frage der individuellen und kollektiven (physiologischen und psychologischen) Wahrnehmung von (Stadt-)Räumen bzw. die Frage der individuellen und der sozialen Rezeption von Stadt, ihren Erscheinungsbildern, Funktionen und Strukturen in verschiedenen kulturellen und historischen Kontexten, ist für die Stadtplanung von größtem Interesse. Solche Fragen betreffen unsere Tagung. Heutige Stadtentwicklung, der Wandel der Stadt, wird also als ein ungemein komplexer, auch komplizierter Vorgang wahrgenommen. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Forschungen zur Erklärung des Wandels kommt Friedrichs folgerichtig zu dem Ergebnis: "Methodologisch ist es auch nicht möglich, mit nur einer Theorie die Vielzahl der sich verändernden Sachverhalte zu klären. . .. Dieser Komplexität kann keine einzelne Theorie gerecht werden. Daher richten sich alle Analysen der Stadtentwicklung auf Teilbereiche" (Friedrichs 1995: 877). Es würde zu weit führen, unterschiedliche Stadtentwicklungstheorien, von den klassischen der Chicagoer Schule der 20er Jahre bis hin zu jüngeren politökonomischen Ansätzen oder Teilaspekte, wie die Erscheinungen der räumlichen Segregation oder die der Gentrification in unseren Großstädten, auch nur darlegen oder hier mit dem Ziel der Widerspiegelung der Fragen unseres Kolloquiums, diskutieren zu wollen. Ebenso soll auf die im Zusammenhang der Stadtplanung aktuell, auf ganz unterschiedlichen Ebenen geführten, analytisch und konzeptionell ausgerichteten Diskussionen zur Thematik hier nur verwiesen werden: z.B. auf das "Chaos Stadt", auf die "Stadtmodelle nach der Postmoderne" (Arch + 105, 106, 1990) oder auf die "Dispute über die
D. Machule
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
Entwicklung von lndustrieregionen" (Kreibich et al. 1994) oder auch auf Studien zu "Körper und Stadt" (etwa Sennet 1991, 1994, 1995). Die analytische Perspektive der aktuellen Stadt(entwicklungs)planung läßt sich dennoch übertragen, unabhängig davon, ob und in welcher Art Antworten gegeben werden können. Ich sehe allerdings "eine" Theorie der Stadtbaugeschichte der altorientalischen Stadt, wie sie im vorbereitenden Thesenpapier angesprochen wurde - vor allem mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Daten und auf die Quellen für Informationen - genauso wenig, wie sie - mit Friedrich - für jüngste und aktuelle Arbeiten über Stadt und ihren Wandel zu sehen ist. Auch ist zu fragen, wofür und für wen diese eine Theorie sinnvoll wäre. Ein Diskurs mit dem Ziel der permanenten Fehlerkorrektur im Sinne einer "Stückwerk-Technik" ("piecemeal-engineering") nach Popper, also selektives Vorgehen, werden in unserem (westeuropäischen) Gesellschaftssystem heute von der Disziplin als konstituierend für Stadtplanung und Stadtforschung gesehen. Nicht zufällig bilden veränderte Verfahrensformen und veränderte Formen der Beteiligung von Betroffenen unter dem Motto "Informieren, Beteiligen, Kooperieren" (Bischoff et al. 1995) einen angestrebten, entscheidend Demokratie legitimierenden Ansatz von professioneller Stadt(entwicklungs)-planung. Die aktuelle Diskussion der Stadtplanung sieht zunehmend Fragen der sozialen und ökonomischen Planung im Mittelpunkt. Unsicherheit herrscht vor. Erwartet und erwünscht werden mehr abgesichertes Wissen über die soziokulturellen und ökonomischen Entwicklungen der Stadt und mehr Einblick in Teilaspekte des "alltäglichen" Lebens, beispielsweise auch in die der altorientalischen Stadt. Der Blick der (Stadt-)Planung richtet sich dabei nicht vor allem, aber eben auch und möglicherweise in zunehmendem Maße, auf die materiell-räumlichen, technischen Gegebenheiten, auf die "Schauwerte des Städtischen" (Thomas 1996). Nicht nur in der Planung, sondern auch in der auf die heutige Stadt orientierten Forschung zeigt sich ein Perspektivenwandel.
auf einen Raum und auf eine Zeit, eben eine gegebene materielle Stadt in einem Zeitabschnitt, worin städtische Sachverhalte der unterschiedlichen Ebenen verflochten sind, ist notwendig und verlangt von der Stadtforschung verschiedener Disziplinen enge Zusammenarbeit und Beachtung der gegenseitigen Forschungsergebnisse. Die Disziplinen Stadt- bzw. Siedlungsgeographie und Stadtgeschichte erhalten Schlüsselstellungen. Die empirische (Feld-) Forschung und das theoretische Vorgehen ergänzen sich. Die Methode des Vergleichs spielt eine herausragende Rolle (vgl. Spiegel 1995). Stadtforschung im Erkenntnis- und Wissenszusammenhang von Stadt- und Raumplanung erfordert es, Methoden und Theorien, Erkenntnisse und Fragestellungen anderer Disziplinen heranzuziehen bzw. als Anregung aufzunehmen. Ein Beispiel dafür ist die breite Ausstrahlung, die die Theorie der zentralen Orte nach Christaller hatte - bekanntermaßen auch bei der Rekonstruktion und Entwicklung Zentraler-Orte-Systeme in historischen Kulturen. Die Perspektive der Wissenschaftsdisziplinen, die die Stadt erforschen, hat - ich folge hier zusammenfassend und zitierend den Aussagen von Erika Spiegel im Handwörterbuch der Raumordnung von 1995 - im Sinne des Begriffspaars "top-down" und "bottom-up" gewechselt von makroanalytischen zu mikroanalytischen Ansätzen, von einer struktur- zu einer handlungsbezogenen Betrachtungsweise und von objektiv nachweisbaren zu subjektiv erfahrbaren Sachverhalten. Damit wird nicht etwa die makroanalytische Ebene struktureller und übergeordneter Sachverhalte negiert, sondern subjektiv und individuell wichtige Sachverhalte finden im Kontext von "Mehr-Ebenen-Betrachtung" und eines "bottom-up"-Prozesses mehr Beachtung von Seiten der Stadtforschung. Das betrifft beispielsweise (eher wahrnehmungs- und verhaltensorientiert) das Umzugs-, das Einkaufs- und das Erholungsverhalten, die Aktionsräume, die Alltags- und Lebensgeschichte von Bewohnern in Stadtquartieren. Es umfaßt alltagssoziologische Fragestellungen nach Lebenslagen und Lebensstilen oder fragt auch nach Subkulturellen schicht- und alltagsspezifischen Sachverhalten. Derartiger Perspektivenwandel läßt sich als eine Folge aktuell veränderter gesellschaftlicher Realitäten und damit Erkenntnisinteressen erklären. Dem entsprechen heutige Fragestellungen der planungsorientierten Stadtforschung an die (alt-)orientalische Stadt. Aber auch bei den Historikern selbst gibt es offensichtlich und öffentlich beachtet einen Perspektivenwechsel.
50
STADT IM SPIEGEL AKTUELLER STADTFORSCHUNG
In wohl allen modernen Wissenschaftsdisziplinen gibt es die Auseinandersetzung mit der Stadt und mit städtischen Phänomenen. Verbreitete Buchtitel wie "Geschichte der Stadt", lassen die darin enthaltenen speziellen Forschungsrichtungen bzw. disziplinären Herangehensweisen nicht von vornherein erkennen. Die Frage stellt sich, ob Stadt an sich Erkenntnisgegenstand sein kann. Das wurde anfangs im Sinne einer perspektivischen Eingrenzung bereits mit Nein beantwortet. Der gemeinsame Bezug
51
52
D. Machule
DER AKTUELLE GESCHICHTSWISSENSCHAFTLICHE KONTEXT
Die Einzelbeiträge unserer Tagung repräsentieren verschiedenartige Forschungsbemühungen auf verschiedenen Ebenen. Alle haben die alt-orientalische Stadt und ihre Kontexte zum Forschungsgegenstand. Alle dürften mehr oder weniger historisch-analytisch ausgerichtet sein. Eine Maxime gilt, nämlich den immer leitenden, aber niemals erfüllbaren Anspruch zu verfolgen, der Wirklichkeit und dem Wirklichen der orientalischen Stadt und denen des Lebens in der orientalischen Stadt so weitgehend als möglich nahe zu kommen. Damit ist nicht die naive Vorstellung von "historischer Wahrheit" gemeint. Sie läßt sich bekanntermaßen nicht feststellen. Die wesentliche Aufgabe der historisch orientierten Fachdisziplinen ist es, Kenntnisse über die wirklichen bzw. möglichst wirklichkeitsnahen historischen Sachverhalte und Zusammenhänge zu erarbeiten. Letztlich, so forderte Roger Chartier 1994 auf dem 40. Historikertag in Leipzig, sollte Geschichtswissenschaft Sozialwissenschaft bleiben (Chartier 1994). Damit nähert sich das gewandelte historische Forschungsinteresse dieser tradierten Wissenschaftsdisziplin zumindest in relevanten Teilen ebenfalls den Alltagsrealitäten von Menschen in ihrer Zeit, ihren vielschichtigen Rahmenbedingungen, Abhängigkeiten, Interessenkonstellationen. Die jüngsten Debatten zeigen, daß "der Streit um die kulturwissenschaftliche Erneuerung der Geschichtsschreibung" (Helle 1996) allerdings andauert. Nicht unerwähnt bleiben darf, daß derartiger Perspektivenwechsel der historischen Forschung einst durch die in "ihrer" sich verändernden Stadt, in "ihren" Quartieren und Häusern lebende Bevölkerung mit angestoßen wurde. Entsprechende Aktivitäten wie "Geschichtswerkstätten" oder öffentlichkeitswirksame Publikationen, wie "Die gemordete Stadt" (Siedler et al. 1964), sind uns noch gegenwärtig. Es geht der Geschichtswissenschaft nach Chartier zentral darum, "die Spannung zu bestinm1en, die zwischen den innovativen Fähigkeiten der Individuen und Gemeinschaften und den Zwängen, den Normen und Konventionen liegt, die mehr oder minder stark, je nach ihrer Machtstellung - den Rahmen bestimmen, innerhalb dessen sie denken, sprechen und handeln können." Die Forschungsgegenstände verlagern sich hin zu den "von Menschen erfahrenen Wirklichkeiten des gesamtgesellschaftlichen Prozesses mit ihren inneren Widersprüchen, ihren sektoralen Ungleichzeitigkeiten und Destruktionen" (Vierhaus 1994). Es sollen "historische Lebenswelten" rekonstruiert werden können. Das bedeutet nach Vierhaus " ... vergangene soziale Wirklichkeit und ihre symbolische Deutung durch die Menschen, die ihr angehörten, soweit sie noch faßbar sind, mit Begriffen und in der
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
53
Sprache der Gegenwart zu interpretieren und darzustellen, ohne sie festen Erklärungsmustern und Bewertungshierarchien der Gegenwart zu unterwerfen" (Vierhaus 1994). In neuen, schnell wechselnden Forschungsrichtungen und -programmen drückt sich derartig gewandeltes historisches Erkenntnisinteresse schwerpunktmäßig aus, beispielsweise in sogenannter Alltags-, Erfahrungs- und Mentalitätsgeschichte. Diese veränderte Perspektive verlangt andere, oft vielfälligere und auch entsprechend abgesicherte Quellen. Die Forschung zu jüngsten Epochen sieht sich zwar durch etwa 30jährige Sperrfristen staatlicher Archive begrenzt, kann aber - gerade im Hinblick auf die veränderten Schwerpunkte - auf eine Fülle sonstiger Quellen bis hin zu den Berichten noch lebender Zeitzeugen zurückgreifen. Mit dem Quellenproblem hat bekanntermaßen jede historische Forschung umzugehen. ZUR STADTBAUGESCHICHTE DER JÜNGSTEN ZEITPERIODEN
Selbst wenn wir heute zum Städtebau aus unserer Eltern- und Großelterngeneration Fragen stellen, erweist sich das fehlende Wissen zu Fakten und Sachverhalten als vordringliches Problem. Zwar leben wir in "ihren" (gewandelten) Städten und nutzen den Raum zwischen "ihren" Mauern, aber wer, warum und wie, diese "ihre", unsere Stadt und ihre Teilräume verwirklichte, ist bereits nach 30 Jahren oft vergessen und unbekannt. Gefragt sind Informationen über bestimmte Zeitabschnitte in der Stadt, vor allem auch zum Raum, zu Erschließungen und Bebauungen und deren Elementen und Strukturen, sodann zu den Akteuren im Zusammenhang der Entstehung der Stadträume, also zu den an der Planung Beteiligten, einschließlich deren Verbindungen, und - nicht zuletzt - zu den allgemeinen historischen Entwicklungszusammenhängen. Auch hier spiegelt sich ein gewandeltes inhaltliches Forschungsinteresse wider. Die aktuellen Fragen sind eben auch für jüngere Perioden sehr unterschiedlich beantwortet bzw. zu beantworten. Der Zugriff auf Forschungsergebnisse anderer Disziplinen, insbesondere der Geschichtswissenschaft, ist für eine Stadtbaugeschichte, die Fragen im Kontext heutiger Stadtplanung - d.h. nicht allein auf "Bau" eingegrenzte Fragen - beantworten möchte, eine Voraussetzung. Ein besonderes Gewicht hat derartiges spezielles Wissen für die städtebauliche Denkmalpflege (Machule 1995; Bundesministerium 1996). Wurde doch das erklärte Ziel mancher denkmalpflegerischer Bemühungen auch darin gesehen, bestimmte Denkmalbereiche genau in den Bauzustand ihrer Entstehungszeit zu versetzen, sie also von Spuren anderer Epochen
D. Machule
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
zu befreien. Wie genau muß "auf die Mauern" geschaut werden, um die Baugeschichte eines derart zu säubernden bzw. gesäuberten Bauwerks oder Quartiers - vorher und nachher - ablesen bzw. interpretieren zu können. Nur andere Quellen als "die Mauern" helfen uns, die Geschichte der überkommenen materiell-räumlichen Reste zu entschlüsseln. Die Kenntnis von Sachverhalten, die in schriftlichen Quellen festgehalten sind, kann vieles überhaupt erst "sichtbar" machen oder auch "in ein anderes Licht rücken". Es kann "die Sprache der Mauern" korrigieren oder bestätigen. Ein Beispiel sind die Untersuchungen von Ernst Heinrich zum Berliner Bebauungsplan von 1862, dem "Hobrecht-Plan", - ein Plan, der 100 Jahre nach seiner Entstehung, angesichts der Abrißmodernisierung und dann im Zuge der aktuellen, auch städtebaulichen Diskussion zum Thema "Urbanität durch Dichte", von großem Interesse wurde (Heinrich 1962). Trotz materiell-räumlicher Präsenz dieses Berliner Stadterbes dem "Wilhelminischen Ring" - vergingen knapp zwanzig Jahre bis die seinerzeit sehr vermißten Sachverhalte, beispielsweise zum Planungsauftrag, zu den Hintergrilnden und Zielen und zum Ablauf der Planungen, zugänglich gemacht werden konnten (Geist/Kürvers 1980: 481-516). Es gelang u. a. anhand von schriftlichem Quellenmaterial, das als verschollen galt und dann in DDR-Archiven entdeckt und erschlossen wurde. Ein eindrucksvoll erlebbares Beispiel, das nicht nur Experten einsichtig ist, sind die Kellermauern der Zentrale von Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt des "Dritten Reichs" auf dem "Prinz-Albrecht-Palais"-Gelände in Berlin. Sie wurden vom Architekten Dieter Robert Frank mittels in Syrien erprobter archäologischer Methoden ausgegraben (Rürup 1988: 9). Aber allein erst durch die den Mauern zugeordnete, in Textdokumenten und in Bildern gezeigte Dokumentation des Geschehens und seiner Akteure können die nichtssagend banal wirkenden Kellermauern zum "Sprechen" gebracht werden, finden unsere aktuell brennenden Fragen eine Antwort. Selbstverständlich gibt es auch für jüngste Perioden der Stadt in Teilbereichen den Tatbestand fehlender, materiell, also "mit Mauern", belegbarer "Zeitschichten", wie wir wissen. Für das zum Zweck einer auch politisch-propagandistisch ausgerichteten internationalen Bauausstellung neu aufzubauende Westberliner Hansa-Viertel wurden beispielsweise Mitte der 1950er Jahre nicht nur vorhandene Straßen aufgelassen, sondern auch alle Baureste nebst einigen intakten Häusern, selbst die Eichenpfahlgründungen des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Vorgängerquartiers aus Wilhelminischer Zeit in geradezu manisch anmutender Weise entfernt. Gilt dieser Akt des "Ausradierens" als ein Zeichen des Wandels in der Nach-
kriegszeit, etwa auf gründungstechnischen, Stadtplanerischen und bauökonomischen Gebieten? Oder handelt es sich in einem anderen Betrachtungszusammenhang nicht doch (auch?) um den Beleg für (geistig-kulturelle) Kontinuitäten? Viele der seinerzeit angewendeten technischen Lösungen und Stadtplanerischen Ideen sind schließlich vor 1945 entwickelt worden. Deutlich wird auch in diesem Fall wieder, daß uns "Mauern" allein die Antworten auf unsere aktuellen Fragen nicht geben können. Große Debatten hat die Auseinandersetzung mit dem, was im Jahr 1945 - der symbolischen "Nahtstelle" - passierte, unter der Fragestellung "Kontinuität oder Bruch?" unter den Architekten, die zur Bau- und Stadtbaugeschichte des "Dritten Reichs" forschen, ausgelöst. Die Antworten hängen vom Blickwinkel und vom Gegenstand des Erkenntnisinteresses ab. Für beides kann argumentiert werden. In den baulich-räumlichen Erscheinungsformen, bei den Stadtplanerischen Überlegungen und besonders im Denken breiter Kreise gab es nach 1945 nach heutigem Forschungsstand weitreichende Kontinuitäten und - wenn überhaupt - nur sehr langsamen Wandel. Beispielsweise trat im Fall des Leitbild prägenden Standardwerks der Stadtplanung in den 50er Jahren, "Die gegliederte und aufgelockerte Stadt", erst viel später zutage, daß es sich um ein noch vor Kriegsende, im Januar 1945, gedrucktes, aber nicht mehr vertriebenes Werk handelte. Die Autoren (Göderitz, Rainer, Hoffmann) hatten redaktionell lediglich verräterische Begriffe und Bezüge geändert. "Ortsgruppe" wurde zur "Nachbarschaft", "militärische Gliederung" zur "schulischen und Verwaltungsgliederung" u.ä. (Geist/Kürvers 1989: 118-122, 571577). Das derart überarbeitete Werk erschien dann im Sommer 1957. Mit der von Ernst Neufert und Gustav Hassenpflug 1936 geschriebenen und in veränderter und ergänzter Fassung immer wieder aufgelegten "Bauentwurfslehre" wird beispielsweise bis heute am Wissensdurst von Architekturstudenten Geld verdient. Bei kontinuierlicher Stadtnutzung vergeht heute in der Regel viel Zeit, bevor baulich-räumliche Zustände gegenüber vorhergehenden wie Brüche wirken, geschweige denn Zeugnis von soziokulturellen, ökonomischen oder politischen Brüchen ablegen. Manche, aber eben nicht alle, der nach 40 Jahren immer noch bewohnten 1950er-Jahre-Bauten, auch ganze Quartiere - also Teilbereiche von Stadt - sind kaum von denjenigen, die in den Enddreißiger oder 1940er Jahren errichtet wurden, zu unterscheiden. Würden wir nur diese betrachten, so wäre unser Bild von Architektur und Städtebau der 1950er Jahren verfälscht. Es bedarf viel Wissens, um an baulichen Einzelheiten, etwa den Spuren von Renovierungen oder Erneuerungen, die aktuelle Zeitstellung oder gar die gegenüber der Gründungszeit veränderten kulturellen Rahmenbedingungen ablesen zu können.
54
55
D. Machule
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
Für alle jene jüngeren Zeitabschnitte, für die die allgemeine Quellenlage vergleichsweise gut ist, finden sich viele Beispiele, die dennoch die großen Schwierigkeiten einer historisch wirklichkeitsnahen Antwort auf die Frage nach Art und Umfang von Wandel in der Stadt belegen. Kontinuitäten oder größere Veränderungen treten nicht auf allen Ebenen und in allen Stadträumen zugleich auf bzw. werden nicht in gleichem Maße faßbar. Ein Spaziergang durch verschiedene Teilräume unserer heutigen Städte, durch Villenviertel, Innenstadtquartiere, Gewerbegebiete oder auch Stadtbrachen, sei es in europäischen oder in amerikanischen Großstädten, kann uns die Gleichzeitigkeiteil von unterschiedlichen "Welten" in einer Stadt und in einer Zeit vor Augen führen. Eine Stadt besteht aus vielen Städten. "Die Stadt" gibt es heute nicht. Städtische Straßensysteme bzw. Straßennetze erhalten sich vor allem aus rechtlichen und ökonomischen Gründen über sehr lange Zeiten. In der Regel werden sie nur in Teilbereichen verändert. Insbesondere bei einer Neuplanung auf bisher nicht erschlossenem Gelände im Außenbereich oder auf leergefallenem Baugrund im hmenbereich von Städten führen ggf. neue Anschauungen und Maßstäbe der an der Planung Beteiligten auch zu andersartiger Linienführung, Dimensionierung und zu anderen Baudetails der Straßen und Plätze. Die im zweiten Weltkrieg teilzerstörten europäischen Städte bieten dafür vielfältige Vergleichsbeispiele. In der Baugeschichte von Lübecks Altstadtstraßen und -plätzen läßt sich die Dauerhaftigkeit und das Werden räumlicher Grundstrukturen von den ersten spätslavischen Wegen im 11. Jahrhundert n.Chr. bis heute nachweisen. Die jüngeren Forschungen ergaben, daß das bekannte Straßensystem, das bereits Ende des 12. Jahrhunderts den Lübecker Stadthügel fast vollständig überzog, nicht einfach der Stadtgründung durch Heinrich den Löwen im Jahr 1159/60 n.Chr. zu verdanken ist, sondern vorhandene Wegeführungen aufnehmend und ergänzend in einem differenzierten, über 200 Jahre laufenden Planungsprozeß eingerichtet wurde. Die den Kriegszerstörungen von 1942 folgenden Veränderungen von Baufluchten, die den Straßenraum dimensionieren, sind gering. Sie betreffen vor allem Haupt- und Geschäftsstraßen der ca. 100 ha großen Altstadt - das sind etwa 0,5% der Fläche der heutigen, über die Altstadt hinausgewachsenen Kommune. Zwischen 1905 und 1988 wurden nur bei etwa 20% der zusammen 27 km langen Altstadtstraßen die Baufluchten verändert (Gruppe Planwerk 1990: 105). Sieht man sich dagegen die nicht realisierten Pläne der 60er Jahre zum autogerechten Umbau der Lübecker Altstadt an, so wird darin ein gewandeltes Verhältnis zur alten Stadt viel deutlicher sichtbar, als in realen Mauern. Der Wandel ist nur in kleinräumigen Teil-
hereichen der Lübecker Altstadt offensichtlich, auch wenn er "irgendwie" in jedem Bau enthalten ist (womit wiederum die Methoden unseres Erkennens bzw. das Quellenproblem angesprochen sind). Die durch (kommunal-)rechtliche Bindungen gesicherten realen räumlichen Strukturen wandeln sich eben langsam und eher punktuell. Das gilt in der Regel auch für die bis Anfang unseres Jahrhunderts errichteten Hochbauten, wie beispielsweise die Hausforschung in Lübeck zeigt. Sie arbeitet in den im Kern mittelalterlichen Häusern der Altstadt mit archäologischen Methoden und steht dementsprechend vor ähnlichen Problemen der Interpretation wie die Ausgräber altorientalischer Stadtruinen. Nur gibt es für mittelalterliche Lübecker Häuser wiederum weit mehr zusätzliche Quellen, die den architektonischen Befund erklären helfen. Ein weiterer Hinweis möge dafür genügen, daß Fragen zum "Phänomen Stadt" und zu den Prozessen des Wandels für die jüngste Vergangenheit trotz und auch wegen des nahezu unübersehbaren Quellenmaterials nicht anders beantwortet werden können, als wir es auf dieser Tagung mit unserem Problemgegenstand versuchen. Aus Anlaß des Ausbruchs der Cholera in Harnburg hundert Jahre zuvor diskutierten im Jahr 1992 Historiker, Soziologen, Ingenieure, Mediziner, Stadtplaner, Naturwissenschaftler und Literaturwissenschaftler zur Frage "Macht Stadt krank?" (Machule et al. 1996). Einerseits war die breite Quellenlage an textlichem und sonstigem Material erst die Voraussetzung dafür, daß Fragen zu einem städtischen Raum bzw. zu Vorgängen in ihm in einer bestimmten Zeit überhaupt interdisziplinär angegangen werden konnten. Andererseits stellten sich allein die anhand unterschiedlicher Quellen zu erarbeitenden Sachverhalte als derart vielfältig heraus, daß der Anspruch einer gemeinsamen Antwort auf die Fragen schnell fallen gelassen wurde. Die Beiträge stehen letztlich doch nebeneinander. Ähnliche Probleme, ein dynamisches System Stadt in seiner Gesamtheit begreifen zu können, kennen wir von den vielen Sammelbänden zu lokaler Stadt- oder Heimatgeschichte, etwa in der Art von Publikationen wie "Harburg. Von der Burg zur Industriestadt" (Ellermeyer 1988). In den Antworten auf die eingangs gestellten Fragen wird erkennbar, worauf wir uns mit unserer Fragestellung zur orientalischen Stadt aus der Sicht von Heute eingelassen haben. Bezogen auf archäologische Forschung ist es - mit der Metapher des "Blicks zurück in die Zukunft" ausgedrückt - sehr ernüchternd sich vorzustellen, welche Artefakte vom Ruhrgebiet der 20er bis 60er Jahre unseres Jahrhunderts einmal in der Erde bleiben werden und wie dann aus diesen materiellen Quellen - einmal nur heutige Methoden angenommen - viel später Wandel, Kontinuität
56
57
59
D. Machule
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
und Bruch interpretiert werden würden. Im herangezogenen Beispiel würde es um den dramatischen Strukturwandel einer Region in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends n. Chr., um den Wandel "vom Ruhrpott zum Emscherpark", gehen. Wäre die Frage nach dem Wandel und seiner Qualität einfacher zu beantworten, wenn Belege und Quellen für die Sprache und das Denken in großer Vielzahl erhalten geblieben wären, wenn sie für die spätere Forschung zugänglich wären und auch verstanden würden? Bestimmt. Aber es käme darauf an, auf welche Fragen, wie tief und wie genau Antworten gegeben werden sollen. Angesichts des skizzierten Perspektivenwandels und der Erkenntnisprobleme der jüngeren Stadtforschung stellt sich nun die Frage, welchen Zugewinn uns heute die Erforschung von fernen (alt-)orientalischen Städten bringen kann.
meiner Urbanisierung und Suburbanisierungsprozesse eigentlich bei? Universitätsangehörige kennen ähnliche, vom Spardiktat für die Institutionen der öffentlichen Hand provozierte Fragen. Manche Wissenschaftler sind der existentiellen Gefährdung ihrer kleinen Fächer durch Ankoppelung an die derzeit eher und besser geförderten natur- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen begegnet, eine durchaus erfolgreiche Überlebensstrategie, die sich für das Forschungsfeld möglicherweise als wichtiger Teilaspekt für dessen "Zukunftsfähigkeit" herausstellen wird. Doch das ist nur die eine Seite. Nicht alle blicken derart kritisch-skeptisch bis ignorant auf Altorientalistik, Vorderasiatische Archäologie und Baugeschichte des Alten Orients. Mögliche generelle Antworten werden in der Regel zwar grundsätzlich akzeptiert, verändern aber die Skepsis in einer Periode der immer schneller werdenden ökonomischen und ökologischen Globalisierung, weltweiten Vernetzung und Kommunikation sowie politischen Betroffenheit kaum: Die historische Dimension ist in uns. Wir leben in ihr und werden in ihr leben. Die Städte Europas und die des Orients haben zunehmend Gemeinsamkeiten als Orte städtischen Lebens und städtischer Entwicklungen einer Weltbevölkerung. Es zeigen sich strukturell gleiche Probleme. Durch Vergegenwärtigung von Sachverhalten und der Zusammenhänge in und mit der Vergangenheit können wir sensibel für die Einzelheiten der heutige Entwicklungen in der eigenen Region und in den fremden Ländern werden. Unsere heutigen Probleme dürften sich damit relativieren. Der Skepsis gegenüber dem Sinn von Erkenntnissen über die orientalische Stadt kann aber konkreter und spezieller begegnet werden. Die Auseinandersetzung mit der orientalischen Stadt hat für unsere aktuellen (europäischen) Entwicklungen viel mehr gesellschaftspolitische Relevanz, als es uns gemeinhin bewußt ist. Das zeigen jüngste Prozesse des Wandels in der europäischen Stadt. Die vielen Migranten, die in unseren Wohnund Arbeitsnachbarschaften ihre neue Heimat fanden und die teilweise die Geschichte ihrer alten orientalischen Heimat hier fortsetzen, erzwingen geradezu die Kenntnisnahme der historisch entwickelten orientalischen Stadtsysteme und deren Erforschung. Dies um so mehr, wenn, wie propagiert, friedvolles, von Toleranz und Einbezug und nicht von Abwehr und Ausgrenzung geprägtes Zusammenleben angestrebt wird. Beispielsweise sind von 49.000 Einwohnern des im Eibe-Tal gelegenen Hamburger Stadtteils Wilhelmsburg ein Drittel Migranten. Längst gehören deshalb Fragen der orientalischen Stadt auch zu unserem europäischen Alltag. Das Sein orientalischer Städte ist auch ein Gegenstand der Stadtplanung vor unserer Tür. Das zeigt sich beispielsweise in der Debatte um Standorte
58
ZUR RELEVANZ DER ERFORSCHUNG (ALT-)ORIENTALISCHER STÄDTE
Wie aktuell und notwendig eine historisch orientierte Stadtforschung ist, läßt sich für uns, an unserem mitteleuropäischen Standort am Beispiel der im Alltag noch greifbareren hochmittelalterlichen europäischen Städte, in denen wir leben, eher darlegen, als am Beispiel der orientalischen und altorientalischen Stadt. Wenn heute uralte Städte in einem ferneren Kulturkreis im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen, begegnet uns Skepsis. Es sind Erklärungen, manchmal Rechtfertigungen nötig. Die Sinnfrage zielt auf Antworten beispielsweise zu Fragen dazu, was die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Ruinen von altorientalischen, etwa vor 3500 Jahren blühenden Siedlungen im heutigen Syrien mit unseren Stadtplanungen und -forschungen im heutigen Hamburg, Berlin oder Lübeck zu tun haben. Der Hinweis auf das Interesse des syrischen Staates bzw. der syrischen Antikenverwaltung oder auf die kulturpolitischen Ziele europäischer Staaten überzeugen in der Regel ebensowenig wie der Verweis auf Forschungstradition bzw. auf die Bedeutung altorientalischer Städte als eine Forschungsquelle für einen kleinen Kreis von Wissenschaftlern. Schnell ist der problematisierende Hinweis auf die kolonialen Anfänge und die Entwicklung von Orientinteresse und archäologischer Orientforschung im einst dominierenden Europa zur Hand. Angesichts drängender aktueller Probleme wird gefragt, ob die Beschäftigung mit altorientalischen Städten nicht doch nur eine weitergeführte Aktivität von inzwischen veralteten, d.h. den wirklichen Problemen fernstehenden, in sich kreisenden "Orchideenfächern" darstellt. Was tragen derartige Forschungen zur Lösung unserer akuten, dramatischen Probleme in den Sektoren Verkehr, Wohnen, Arbeit, Umwelt im Verlauf zunehmender allge-
60
D. Machule
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
für Moscheen oder in der Diskussion um die Einrichtung islamischer Friedhöfe genauso, wie bei Fragen der durchaus orientalisch gearteten Außenraumnutzung von Plätzen, Straßen und Parkanlagen. Wohl jeder Stadtbewohner kennt die urbanes, städtisches Leben prägenden Szenen. Manche deutsche Straße wurde erst durch die Geschäftsauslagen türkischer Gemüsehändler wieder zum lebendigen öffentlichen Raum. Ganz zu schweigen vom Gewinn an städtischer Lebensqualität durch die kaum noch fremd anmutende Gastronomie der einst fernen Länder. Die vielschichtige Vernetzung Europas - und anderer Kontinente - mit dem Orient und damit latentes Interesse an der orientalischen Stadt waren schließlich seit alters her nie gebrochen, lediglich historisch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Durch den Einzug orientalischen Lebens in unsere Quartiersnachbarschaft sind uns auch Aspekte der orientalischen Stadt real erfahrbar nahe gerückt. In manchen Stadtteilen ist orientalisches Stadtleben längst nichts Fremdes mehr, es zeigt sich eine neue Variante der europäischen Stadt. Bekanntermaßen sind es die kollektiv und subjektiv entwickelten kulturellen In-Wert-Setzungen, die die Art und Weise des öffentlichen und letztlich auch des fachlichen Interesses an der orientalischen Stadt und an deren Entwicklungen begründen. Im Einwanderungsland Bundesrepublik Deutschland sollte es längst zu einer Aufwertung der kleinen Forschungsdisziplinen, die sich mit der altorientalischen Stadt beschäftigen, gekommen sein. Warum ist dies nicht der Fall? Gelänge es, den Zusanunenhang des (alt-)orientalischen Städtischen mit den heutigen sozialen und ökonomischen Entwicklungen in unseren Städten im öffentlichen Bewußtsein zu verankern, so würde sich die Frage nach der Relevanz der Erforschung (alt)orientalischer Städte schnell erübrigen.
terhin genutzt. Dies gilt selbst (noch) für Lehmziegelkonstruktionen. Nicht nur Ausgräber kennen die verblüffende Erkenntnis des "Genausowie-heute", wenn sie die materiellen Hinterlassenschaften, insbesondere im funktional-technischen Kontext von Wohnen und Arbeiten, betrachten. Es genügt die Wahrnehmung des faktischen Befunds, beispielsweise der Baureste eines Quartiers oder von Häusern mit ihrem Inventar, um im spontanen Vergleich zu heutigem Handeln und Tun in (Teilbereichen) der heutigen orientalischen Stadt ein Bild städtischen Lebens, wie es sich vor Tausenden von Jahren vollzog, vor Augen zu haben. Im physischen Handlungskontext der Menschen scheint sich teilweise wenig verändert zu haben. Dem gegenüber steht die Fülle des Befundes an Dingen, Bildern und Texten mit unerklärlichen Funktionen, Bedeutungen und mit rätselhaftem Sinn. Nähe und Ferne der altorientalischen Stadt sind zwei Seiten einer Münze. Bei der Interpretation der ausgegrabenen Reste einer altorientalischen Stadt - in unserem Fall die spätbronzezeitliche Stadt Ekalte, heute Tall Munbäqa - stützen wir uns auf die (vor allem im europäischen Kontext gewonnenen) Erkenntnisse und Einschätzungen zu den Vorgängen der Stadtentwicklung und zur Frage der Kontinuitäten oder Brüche in der Stadt. Selbstverständlich sind kritische Distanz und Skepsis gegenüber Analogieschlüssen geboten. Das zentrale Problem bilden die zur Verfügung stehenden Quellen und deren Erschließung. Quantitäten und Qualitäten dieser Quellen werden zum entscheidenden Faktor bei der Erforschung altorientalischer Städte und für die Interpretation des Befunds. Schon die Klärung der Stratigraphie der Stadtruine Tall Munbäqa ist abhängig von der Anzahl und der räumlichen Verteilung der Grabungsareale sowie von der Beobachtung des Befunds und von der Dokumentation. Wir haben beispielsweise über mehrere Jahre und Kampagnen hin um eine postulierte Siedlungslücke in der Mittelbronzezeit dieser Siedlung gerungen, wie einige wissen. Nach unseren Grabungsergebnissen folgten in den ausgegrabenen Arealen immer wieder spätbronzezeitliche Schichten übergangslos den frühbronzezeitlichen. Mittelbronzezeitliche Keramik hatten wir lange nicht identifizieren können. In den letzten Jahren fanden sich aber ausgeprägte Belege für diese Zeit, allerdings nicht überall in der Stadt. Sie konzentrieren sich am Nordrand des Siedlungskerns und in Form von Auffüllungen in der "Innenstadt" und in der "Außenstadt". Einzelheiten der Architektur (Dimensionierung, Wiedernutzungen, Umbauten) und die Lagebeziehungen (Verhältnis zu Vorgängerbauten, Erschließung) deuten auf Kontinuitäten, was Standorte in der Stadt und möglicherweise Funktionen lokaler oder überlokaler Bedeutung betrifft.
DAS BEISPIEL DER ALTORIENTALISCHEN STADT TALL MUNBÄQAIEKALTE
Der Historiker Frank Kolb fragt mit Blick auf den allgemein herrschenden "Eindruck" von "Stadt": "Wie könnte zum Beispiel im Gefolge der vor allem seit der industriellen Revolution so grundlegend veränderten Rahmenbedingungen menschlichen Lebens 'Stadt' im Alten Orient dasselbe sein wie 'Stadt' im 20. Jahrhundert?" (Kolb 1984: 12). Es ist nicht dasselbe. Dennoch sind orientalische Städte in aller Regel heute ebenfalls geprägt von der "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen". Sie bieten Anschauliches aus vielen historischen Epochen. Städtisches aus Europa und von anderswo prägt unübersehbar Teile der orientalischen Städte. Materiell-räumliches Erbe wird unter heutigen Lebensbedingungen ebenfalls wei-
61
D. Machule
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
Es verlangt ein intensives Nachdenken darüber, nach welchen Plausibilitäten oder Gesetzmäßigkeiten die materiellen Reste der mittelbronzezeitlichen Siedlung verteilt sein könnten. Gezielte Sondagen ergaben noch keine Sicherheit zur Ausdehnung und zum Charakter der mittelbronzezeitlichen Anlage oder genauer: der noch vorhandenen Reste einer solchen. Dabei spielt die Frage der Zeitstellung einer Lehmziegel-Stadtmauer eine entscheidende Rolle. Deutlich ist, daß nur gezielte Grabungen unter speziellen Fragestellungen bessere Hinweise zu diesem siedlungsstrukturellen Problem ergeben könnten. Wir wissen sehr wenig über die geschichtlichen Epochen der Stadtruine. Die genaue Überprüfung der Grabungsdokumente belegt für Ekalte eine fünfschichtige, offenbar zeitlich dichte und vielfältige Folge von baulichräumlichen Veränderungsvorgängen in der Spätbronzezeit Das Bild der Stadt setzt sich aus denjenigen verschiedener Teilbereiche zusammen: "Kuppe", "Innenstadt", "lbrahims Garten" und "Außenstadt". Die Häuser wurden immer wiedergenutzt, auch nach Zerstörungen. Die Umbauten, Anbauten, Reparaturen, Freilegungen, die teilweise oder gesamte Wiedernutzung, die Umnutzungen sowie das Brachfallen- und Verkommenlassen und das Recycling von Steinen und Lehmziegeln erinnern an analoge Vorgänge, wie sie aus der Stadtbaugeschichte allgemein bekannt sind. Es trifft generell auch für Straßen und Gassen, für deren Veränderungen und Kontinuitäten zu. Bemerkenswert im Hinblick auf den Wandel stadtplanerischer Logik ist es, daß wir Ausgräber uns in das Denken der "Planer" von Ekalte einfühlen konnten. Das Straßennetz wurde für Teilbereiche der Stadt aufgrund von Beobachtungen des Befunds und der Einschätzung von funktionalen und grundstücksrechtlichen Gegebenheiten vorausgesagt und dann gezielt ausgegraben. Bestimmte Grundrißkonstellationen (Zueinanderordnung der Räume, innere und äußere Erschließung) und bautechnische Einzelheiten (Mauerwerk, Steinbearbeitung) sowie Raumdetails (insbesondere Einbauten) bleiben über verschiedene Schichten hin gleich oder verändern sich mehr oder weniger deutlich. Teilweise geschieht dies zielgerichtet Wahrnehmungspsychologisch ausgedrückt verliert sich die Prägnanz oder die 'Gute Gestalt' (Metzger 1975: 201). Nur in den jüngeren spätbronzezeitlichen Schichten ändern sich auch die Lage und Ausrichtung sowie die Dimensionierung der Gebäude, ihre Bauweise, auch ihre Grundrißgliederung sowie die Führung der Straßen auffallend. Das Alltagsleben läßt sich aus der vergleichenden Beobachtung für die physische Seite der Lebensvorgänge (Arbeiten, Ernähren, Bewegung, Handhabungen) teilweise ablesen oder, ehrlicher gesagt, einigermaßen
plausibel hineininterpretieren. Der Befund an materiellen baulichen Resten sowie an Inventaren, ergänzt durch naturwissenschaftliche Untersuchungsergebnisse, ist durch Plausibilitäten und mit Vergleichen nur mit höchst unterschiedlicher Sicherheit zu interpretieren. Darüber, welche stadthistorische sozial- und kulturgeschichtliche Wirklichkeit im Sinne der uns heute interessierenden, aufgezeigten aktuellen Fragestellungen der Befund repräsentiert, läßt sich zugegebenermaßen in weiten Teilen nur spekulieren. Es fehlen Aussagen und Belege anderer, insbesondere epigraphischer Quellen. Auch haben wir nur sehr wenige Informationen aus vergleichbaren Orten in der Region. Selbstverständlich steht jeder auch noch so isolierte Sachverhalt für funktional-technische, für sozial-kulturelle und ökonomische stadtgeschichtliche Vorgänge, nur für welche? Solange nicht mehr durch entsprechende Befunde belegt werden kann, können bekanntermaßen Antworten zunächst nur als (hinein)interpretiert gelten. Wenn wir versuchen, die Steine zum Sprechen zu bringen, so müssen auch wir damit auskonunen, daß unsere Zeit, wir selbst und unser Denken die historische Situation und deren spezifische Entwicklungszusammenhänge, nach denen wir dringend fragen, (in möglicherweise unzulässigem Maß) überlagern. Wird also das Interesse aktueller stadtgeschichtlicher und stadtbaugeschichtlicher Forschung als Maßstab angelegt, so sind unsere Kenntnisse von Sachverhalten sowie die Art und der Umfang der zur Verfügung stehenden Daten das übergroße Problem. Den auch im Vergleich zu jüngeren, griechischen oder römischen Epochen geringen und oft schwerer erschließbaren materiell-räumlichen Stadtresten stehen eben nur sehr begrenzt andere, insbesondere textliche Quellen gegenüber. Die Zeitdauer der Textentzifferung, grabungspraktische Aspekte und die realen Möglichkeiten der Erschließung neuer Quellen zur alt-orientalischen Stadt bzw. der Auswertung vorhandener Dokumente reduzieren die Geschwindigkeit, mit der Wissen hinzukonunt Vor der Interpretation liegen die Ausgrabungstätigkeit mit der uns allen bekannten Problematik der Zerstörung von Originalen sowie das Problem der Informationsübermittlung durch Dokumentation, also der aus zweiter, heutiger Hand übermittelten Quelleninformationen. Wenn wir die altorientalische Stadt und nicht nur begrenzte kleine Teilbereiche von ihr erforschen wollen, so befinden wir uns mit den heutigen Methoden und Finanzierungsmöglichkeiten zugleich auch (noch) im Dilemma von intensiver und extensiver Grabungsstrategie. Der pragmatische Weg, Grabungsumfang einerseits und Grabungsgenauigkeit andererseits den jeweiligen Situationen anzupassen, wurde nicht nur in Munbaqa be-
62
63
64
D. Machute
schritten. Eine auf Erkenntnisse zur Stadtbaugeschichte einer Stadt insgesamt angelegte Grabung kommt um großräumige und zugleich detailgenaue Grabungen über längere Zeit bisher nicht herum. Der inzwischen mögliche Einsatz neuester Technologien und technischen Geräts ist heute eine Voraussetzung für den Erfolg. Einen breiteren Informationsgewinn zur gesamten Stadt versprechen Methoden der zerstörungsfreien Prospektion und entsprechend gezielte Grabungen. Dieses Innovationspotential ist für die Erforschung der altorientalischen Städte noch längst nicht ausgeschöpft (vgl. z. B. Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 1996). WANDEL, KONTINUITÄT UND BRUCH IN DER ALTORIENTALISCHEN STADT?
Die Zusammenschau und Überlagerung aller disziplinären Teilergebnisse der Auswertung eines vielseitigen Befundes ermöglichen Thesen zur Stadtentwicklung und zum einstigen Leben in einer Stadt, auch zu Vorgängen des Wandels, der Kontinuitäten oder Brüche. Wenn wir aber ehrlich sind, so können wir die vorgestellten aktuellen Erkenntnisinteressen am Beispiel von altorientalischen Städten nur schwer, geschweige denn schnell befriedigen. In den Lösungen der skizzierten aktuellen Grabungsprobleme liegt die Vorbedingung für Antworten, und sie hängen direkt proportional mit den Antworten auf die Fragen unseres Kolloquiums zusammen. Es soll mit dieser Einschätzung nicht den möglicherweise großartig gemalten Bildern vom Wandel, von den Kontinuitäten oder gar von den Brüchen in der altorientalischen Stadt widersprochen werden. Im Gegenteil. Diese werden öffentlich erwartet und sind - auch im eigenen Interesse der Disziplin - dringend erwünscht. Es gibt sie, die ernsthaft recherchierten Bilder. Es gibt sie auch für den Alltag der altorientalischen Stadt. Im Spiegel aktueller Stadtforschung betrachtet möchten wir uns, was die altorientalische Stadtruine Munbäqa/Ekalte und die dort gegebenen historischen Vorgänge des Wandels, der Kontinuitäten und Brüche betrifft, allerdings sehr zurückhalten. Wir haben die baulich-räumliche altorientalische Stadtstruktur der Ruine Tall Munbäqa vergleichsweise umfassend freigelegt. Wir können diese Stadt und ihr Städtisches vielfach interpretieren, auch anschaulich rekonstruieren. Trotz vieler systematisch und gezielt geöffneter Grabungsareale und erfolgreicher Geomagnetik durch die Münchner Geophysiker Helmut Becker und Jörg Faßbinder wissen wir dennoch jetzt, nach 27 Jahren Forschungsgeschichte in einer altorientalischen Stadtruine sehr viel mehr von dem, was wir von dieser Stadt und ihren Entwicklungen nicht wissen.
Die altorientalische Stadt im Spiegel aktueller Stadtforschung
65
BIBLIOGRAPHIE
Arbeitshefte
des
ARCH+ 1990 Albers, G. 1995
Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 1996: Archäologische Prospektion, Luftbildarchäologie, Geophysik, zusammengestellt von Helmut Becker, ed. Michael Petzet, Band 59. Zeitschrift für Architektur und Städtebau Nr. 105/106. Stadtplanung, Handwörterbuch für Raumordnung, ed. Akademie für Raumforschung und Landesplanung, 899905.
Bischoff, A. I Seile, K. I Sinnig, H. 1995 Informieren, Beteiligen, Kooperieren, Kommunikation in Planungsprozessen, Eine Übersicht zu Formen, Verfahren, Methoden und Techniken. Bundesministerium 1996 Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau I Deutsche Stiftung Denkmalschutz (Hrsg.): Alte Städte, neue Chancen, Städtebaulicher Denkmalschutz, Mit Beispielen aus den östlichen Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Chartier, R. 1994 Geschichtswissenschaft muß Sozialwissenschaft bleiben, Frankfurter Rundschau Nr. 226, Jg. 48, 28.09., 9. Ellermeyer, J. I Richter, K. I Stegmann, D. (Hrsg.) 1988 Harburg, Von der Burg zur Industriestadt, Beiträge zur Geschichte Harburgs 1288-1938, Veröffentlichung des Helms-Museums Nr. 52, Veröffentlichung des Vereins für Harnburgische Geschichte Band XXXIII. Friedrichs, J. 1995 Stadtentwicklung, Handwörterbuch für Raumordnung, ed. Akademie für Raumforschung und Landesplanung, 877-881.
Geist, J. F. I Kürvers,K. 1980 Das Berliner Mietshaus 1740-1862. Geist,J. F. I Kürvers, K. 1989 Das Berliner Mietshaus 1945-1989. Göderitz, J. I Rainer, R. I Hoffmann, H. 1957 Die gegliederte und aufgelockerte Stadt. Gruppe Planwerk 1990 Städtebauliche Untersuchung der Straßen- und Platzräume im Untersuchungsgebiet Innenstadt Lübeck, unveröffentl. Gutachten im Auftrag der Hansestadt Lübeck, Stadtplanungsamt. Heinrich, E. 1962 Der "Hobrechtplan", Jahrbuch für Brandenburgische Landesgeschichte Band 13, 41-58. Helle, A. 1996 Neue Geschichte, alte Probleme, Frankfurter Rundschau Nr. 240, 15.10., 10.
66
D. Machule
Hoepfner, W. I Schwandner, E.-L. 1986 Haus und Stadt im klassischen Griechenland, Deutsches Archäologisches Institut, Architekturreferat, Wohnen in der klassischen Polis Band I. Kalb, F. 1984 Die Stadt im Altertum. Kreibich, R. I Schmid, A. S. I Siebe!, W. I Sieverts, Th. I Zlonicky, P. (Hrsg.) 1994 Bauplatz Zukunft, Dispute über die Entwicklung von Industrieregionen. Machule, D. 1995 Die Gestaltung von Straßen und Plätzen, Städtebauliche Denkmalpflege, Berichte zu Forschung und Praxis der Denkmalpflege in Deutschland 5, 88-95. Machule, D. I Mischer, 0. I Sywottek, A. (Hrsg.) 1996 Macht Stadt krank? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Metzger, W. 1975 Gesetze des Sehens, ed. Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft zu Frankfurt am Main, Senckenbergbuch 53, 3. Aufl. Neufert, E. 1966 Bauentwurfslehre, 25. Aufl. Rürup, R. (Hrsg.) 1988 Topographie des Terrors, Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt auf dem "Prinz-Albrecht-Gelände", eine Dokumentation, 2. Aufl. Siedler, W. J. I Niggemeyer, E. I Angress, G. 1964 Die gemordete Stadt, Abgesang auf Putte und Straße, Platz und Baum. Civitas, Die Großstadt und die Kultur des UnterSennet, R. 1991 schieds. Verfall und Ende des öffentlichen Lebens, Die TyranSennet, R. 1994 nei der Intimität. Fleisch und Stein, Der Körper und die Stadt in der Sennet, R. 1995 westlichen Zivilisation. Spiegel, E. 1995 Stadtforschung, Handwörterbuch für Raumordnung, ed. Akademie für Raumforschung und Landesplanung, 887892. Der doppelte Boden, Anmerkungen zu einem KolloThomas, Chr. 1996 quium über Urbanität, Frankfurter Rundschau Nr. 286, 07.12., 8. Die Rekonstruktion historischer Lebenswelten, FrankVierhaus, R. 1994 furter Rundschau Nr. 226, 28.09., 8.
WANDEL UND KONTINUITÄT ALS KONZEPTE DER STADTARCHÄOLOGIE
Marlies Heinz, Freiburg
Dem eigentlichen Thema des Kongresses: "Wandel und Kontinuität als Konzepte der Stadtarchäologie" haben die Veranstalter zwei thematisch übergeordnete Vorträge vorangestellt. Der Beitrag von Eugen Wirth (S. 1-44) führte uns aus dem Blickwinkel der Kulturgeographie in die Orientalische Stadt, während Dittmar Machule (S. 45 -66) das Phänomen Stadt aus der Sicht der rezenten Stadtforschung erläuterte. Bewußt wurden diese beiden Beiträge an den Anfang der Tagung gestellt. Sie verdeutlichen eines der Hauptziele, das die Veranstalter mit dem Kongreß verfolgen: die interdisziplinäre Annäherung an die Fragen, die die Orientalische Stadt betreffen, die Integration der Forschungsansätze und Methoden aus den nicht-archäologischen und nicht-philologischen Wissenschaften in das archäologische und philologische Arbeiten. An dieser Stelle soll nun noch einmal kurz das Spektrum der Fragen und Ziele der Tagung erläutert werden. Der Beitrag von Peter Pfälzner (S. 7384) wird im Anschluß ein mögliches Erklärungsmodell für städtischen Wandel vorstellen, das - neben anderen - für die Betrachtung der hier interessierenden Problematik von Bedeutung ist. Stadtbaugeschichte bildet seit jeher einen der zentralen Inhalte in der Auseinandersetzung mit den Kulturen des Vorderen Orients. Die Untersuchung des Phänomens Stadt, die Analyse von Stadtentwicklung und von Urbanisierungsprozessen sind und waren Schwerpunkte in der Erforschung der frühen städtischen Kulturen des 4. Jt. v .Chr. bis in die Zeit der islamischen Staaten mit ihren mächtigen städtischen Zentren. Dies gilt gleichermaßen für die archäologischen, die philologischen und die historischen Disziplinen. Für die Deutsche Orient-Gesellschaft hat die Stadtbaugeschichte überdies durch die von ihr geförderten Stadtgrabungen in Assur, Baby Ion, Bogazköy, I:Jabüba Kabira und Tall Munbäqa eine besondere Bedeutung.
68
69
M. Heinz
Wandel und Kontinuität als Konzepte der Stadtarchäologie
Forschungsgeschichtlich blieb die orientalische Stadtbaugeschichte lange Zeit auf die historische Einzelbetrachtung ausgewählter Städte begrenzt. Dies änderte sich mit zwei Tagungen zum Thema Stadt, die in den 60er und 70er Jahren in den USA und in England stattgefunden haben. 1966 traf man sich an der kaliforniseben Universität in Berkeley zu einem Kongreß mit dem Thema: "Middle Bastern Cities. A Symposium on Ancient, Islamic and Contemporary Middle Bastern Urbanism." 1• 1970 befaßte man sich in London mit dem Komplex: "Man, Settlement and Urbanism" 2 • Ein gemeinsames Ziel beider Kongresse war es, einen auf interdisziplinärer Forschung gründenden Ansatz zu etablieren, die Stadtforschung auf eine solide methodische und theoretische Grundlage zu stellen und Fragestellungen und Forschungsstrategien explizit zu formulieren. Es ist sicher kein Zufall, daß beide Kongresse mit diesen Zielen Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre veranstaltet wurden. Zur gleichen Zeit fand in der englischsprachigen Wissenschaftswelt ein weitreichender Paradigmenwechsel in der Archäologie statt. Vor 30 Jahren wurde dieser Wechsel und Neubeginn mit dem Begriff "New Archeology" umschrieben. Heute hat sich aus diesem Ansatz der große Bereich der sog. Theoretischen Archäologie entwickelt. Methodisch wechselte hier u.a. der Schwerpunkt vom induktiven zum deduktiven Arbeiten, d.h. auch, der Übergang vom eher deskriptiven Arbeiten hin zur Analyse von Prozessen und zur Entwicklung begründender Aussage. Die Erstellung, Anwendung und Erprobung von Modellen und Theorien wird nach diesem Paradigmenwechsel erstmals explizit in das archäologische Arbeiten integriert. Als Ergebnis auch der beiden Kongresse kann ein Forschungskonzept betrachtet werden, in dem interdisziplinärer Forschung ein hoher Stellenwert zugeschrieben wird. Zur Rekonstruktion von Urbanisierungs- und Stadtentwicklungsprozessen sind ökologische, ökonomische, technologische, soziale und kulturelle Faktoren zu berücksichtigen. Das Aufzeigen entsprechender Prozesse macht zudem unterschiedliche Betrachtungsebenen notwendig - die lokale, die regionale und die überregionale Entwicklung sind bei der Beschäftigung mit Urbanisierung und Stadtentwicklung überdies einzubeziehen.
Parallel zur Erarbeitung einer theoretischen Grundlage hat die Stadtforschung stets ausgewählte Einzelbetrachtungen durchgeführt, die nur einzelne Aspekte der Gesamtforderung berücksichtigen konnten bzw. dezidierte Schwerpunkte und Fragestellungen formulierte, diese Forschung jedoch auf einer methodisch breiten Basis und in interdisziplinärem Kontext eingebettet durchführten. Der Vorstand der Deutschen Orient-Gesellschaft als Initiator des Kolloquiums ist jedoch der Überzeugung, daß auch weiterhin ein Bedarf an sog. Grundlagenforschung bei der Erforschung der orientalischen Stadtgeschichte besteht. Diskussionen über Fragestellungen und theoretische Ansätze, über Modelle und Konzepte sowie die Integration der verschiedensten Wissenschaftsdiziplinen sollen die methodische Basis der Stadtbauforschung weiterentwickeln. Die Deutsche Orient-Gesellschaft hat die Orientalischen Stadt zum Thema des Kolloquiums gewählt und dabei den Aspekt "Kontinuität, Wandel, Bruch" hervorgehoben. Kontinuität, Wandel, Bruch - was ist damit gemeint, worin unterscheiden sich die Begriffe und wie äußern sich die mit diesen Begriffen umschriebenen Phänomene im Bild und in der Vorstellung von der Orientalischen Stadt? Kontinuität, die Fortdauer eines Ist-Zustandes, Wandel, die Veränderung, und Bruch, der Abriß oder die Unterbrechung von Kontinuität, stellen Begriffe dar, die zunächst die zeitliche Dimension betreffen. Mit Hilfe der Begriffe kann die Archäologie Material in einem zeitlichen Rahmen ordnen und klassifizieren, sie kann unter Rückgriff auf den Begriff - Kontinuität Traditionslinien beschreiben und mit den Termini Wandel und Bruch auf Veränderungen oder auf den Grad von Veränderungen verweisen. Um sich dem Material und seinen Merkmalen zu nähern, d.h. um die Begriffe zunächst zur Ordnung der archäologischen Befunde und Funde zu nutzen, muß verdeutlicht werden, wie sich die Phänomene Kontinuität, Wandel und I oder Bruch im Material äußern, also was Kontinuität, Wandel oder Bruch im archäologischen Befund, hier in der Orientalischen Stadt, ausmacht.
1 Ira M. Lapidus (Hrsg.), Middle Eastern Cities. A Symposium on Ancient, Islamic and Contemporary Middle Eastern Urbanism. University of California Publications, Berkeley 1969. 2 P. Ucko, R. Tringham, G. Dimbleby (Hrsg.): Man, Settlement and Urbanism. LondonDuckworth 1972.
Das Phänomen Stadt stellt ein durchweg komplexes und vielschichtiges Gebilde dar. Die Untersuchungen, die ihren Gegenstand unter den oben genannten Begriffen behandeln, sind angehalten, den Ausgangspunkt ihrer Forschung zu benennen, d.h., die spezifischen Aspekte ihrer Fragestellungen darzulegen. Dabei können sowohl einzelne Bereiche des komplexen Gebildes Stadt wie auch die Stadt als Ganzes Gegenstand der Forschung sein. Je nach Maßgabe der Parameter jedoch werden sich dabei verschiedene Bewertungen des Phänomens "Stadt - Stadtentwicklung" eben unter den Gesichtspunkten von Kontinuität, Wandel oder Bruch ergeben. Wo sich etwa in Teilbereichen
70
M. Heinz
Wandel und Kontinuität als Konzepte der Stadtarchäologie
des kulturellen Gebildes Stadt Phänomene zeigen, die unter dem Begriff des Bruches in der Entwicklung zu interpretieren sind, kann diese Beurteilung nicht automatisch in eine Beurteilung der Entwicklung des Gesamtkomplexes Stadt münden. Darüberhinaus geraten Wissenschaftlerinnen bei der Benutzung der Begriffe Kontinuität, Wandel und Bruch gleichsam automatisch zu der immer dann akut werdenden Frage der Grenzziehung, wenn eine Bewertung kultureller Phänomene vorgenommen wird. Die Unterscheidung von Kontinuität und Wandel konstruiert eine Unterscheidung, die in der Realität nicht in gleicher Deutlichkeit zu finden ist. Der Begriff der Kontinuität, der das Phänomen des zeitlichen Ablaufes beinhaltet, unterschlägt die in jedem zeitlichen Ablauf auftretende Veränderung. Die Grenzziehung zum Begriff des Wandels geschieht dann also eher unter einem graduellen Aspekt als unter einem kategorischen, d.h., wir müssen angeben, wo wir das Umschlagen der sich ereignenden Veränderung als einer signifikanten ausmachen. Auch hier sind die Kriterien der Beurteilung deutlich zu machen. Bruch meint als radikaler Begriff das völlige "Verschwinden" bzw. den "Neubeginn". In der Anwendung auf kulturelle Phänomene wird er jedoch eher eine - im jeweiligen Fall stets zu definierende - Grenze zum Begriff des Wandels bezeichnen. D.h., wo wir von einem Bruch sprechen, müssen wir das Charakteristische des Vorher und des Nachher definieren. Kontinuität, Wandel und Bruch sind also auf verschiedene Bereiche beziehbar und können wohl auch gleichzeitig und nebeneinander auftreten. Die Tagung in Halle will aber die Orientalische Stadt unter den genannten Gesichtspunkten nicht allein beschreiben. Im Vordergrund stehen vielmehr auch die Fragen, die sich mit den Ursachen und Gründen von Entwicklungen befassen, d.h. also auch mit den Gründen für Kontinuität, Wandel und Bruch. Hier sind vor allem Faktoren der wirtschaftlichen und sozialen Organisation zu berücksichtigen, die politischen Organisationsformen, vorherrschende Ideologien und auch die Rahmenbedingungen, die der jeweilige Naturraum der Entwicklung von Siedlungsaktivitäten bot. Es ist zu fragen, welche dieser Faktoren und wie diese zu Kontinuität, Wandel oder Bruch in der Entwicklung geführt haben. Gewissermaßen als roten Faden hatten die Veranstalter den Vortragenden des Kolloquiums einige Fragen zu ihren jeweiligen Themen gestellt, die hier zum Abschluß der Einführung noch einmal kurz genannt werden sollen: I. In welchen materiellen Merkmalen und Kategorien zeigen sich Kontinuität, Wandel, Bruch - etwa in Hausformen, Inventaren, in der räumlichen Ordnung der Siedlungen, den Siedlungssystemen, in den naturräumlichen Bedingungen?
2. Zeigen sich Kontinuität, Wandel, Bruch in mehreren Kategorien gleichzeitig? 3. Treten die beobachteten Phänomene lokal, regional oder überregional auf? 4. Lassen sich zeitliche Parallelen erfassen, in denen lokal, regional oder überregional entsprechende Phänomene von Kontinuität, Wandel oder Bruch zu beobachten sind? Die Frage nach den Ursachen sollte dabei als wichtiger Aspekt der einzelnen Punkte betrachtet werden. Als Schwerpunkte dieser Tagung haben sich aus den Beiträgen der Teilnehmerinnen folgende Themen ergeben: Stadt und Hinterland; Stadt und innerstädtische Topographie; Stadt und Herrschaft; Stadt und Verwaltung; Stadt und Recht; Stadt und Ökonomie; Stadt und Subsistenz, Stadt und Wohnen, Stadt und die Vision der Stadt. Wir würden uns freuen, wenn das Kolloquium Impulse geben könnte für weitere interdisziplinäre und theoretisch fundierte Forschung im Fach Vorderasiatische Altertumskunde auch und vor allem im deutschsprachigen Raum.
71
DIE ERKLÄRUNG STÄDTISCHEN WANDELS Peter Pfälzner, Tübingen
DER BEGRIFF DER "ORIENTALISCHEN STADT"
Der Titel des 1. Internationalen Colloquiums der Deutschen Orient-Gesellschaft 1996 in Halle ist auf den Begriff "Die orientalische Stadt" aufgebaut. Damit wird eine feste Kategorie von Stadt angesprochen, die allen an dem Colloquium beteiligten Fachrichtungen von der Vorderasiatischen Archäologie und Philologie über die Klassischen Altertumswissenschaften bis zur Islamkunde als übergreifende Einheit und gemeinsamer Untersuchungsgegenstand dienen kann. Es muß jedoch gefragt werden, ob es die "orientalische Stadt" als Siedlungstyp überhaupt gibt oder gegeben hat. Der Begriff "orientalische Stadt" wurde maßgeblich von Eugen Wirth (1975) geprägt und mit Inhalt gefüllt. Als ihre charakteristischen Merkmale stellte er die Bedeutung der Sackgassen, die strenge Quartiersgliederung, die Innenhofarchitektur und die Funktion des Bazars heraus. Während er letzteres nur für die orientalische Stadt der islamischen Zeit feststellt, sieht er die drei erstgenannten Merkmale aus der Tradition der altorientalischen Stadt entlehnt. Dieses Bild ist zweifelsohne richtig. Jedoch beschreiben diese Merkmale nur einen Teilaspekt der Funktionen einer Stadt. Der prägnanteste Unterschied zwischen der islamisch-orientalischen und der altorientalischen Stadt ist meines Erachtens die Unterschiedlichkeit der ökonomischen und ideologischen Grundstruktur. Den Kern der islamischorientalischen Stadt bilden der Bazar und die Moschee. Der Bazar bildet den Brennpunkt der privatwirtschaftliehen Aktivitäten der Stadtbevölkerung (Wirth 1974/1975). Die Moschee dient vorwiegend der ideologisch-religiösen Integration der Stadtbevölkerung, hat daneben aber nur eine geringe politische oder wirtschaftliche Funktion, wenn man von der islamischen waqf-lnstitution absieht (Ehlers 1992, 98 ff.). In der altorientalischen Stadt fehlt ein dem Bazar vergleichbarer Funktionsblock als Ort des privatwirtschaftliehen Handels, weil zumindest der Fernhandel weitgehend staatlich kontrolliert war (Polanyi 1957; Oppenheim 1957). Ferner hat der Tempel als städtischer Siedlungsmittelpunkt eine viel weitreichendere politische und wirtschaftliche Bedeutung für die altorientalische Stadt als die Moschee für
74
P. Pfalzner
Die Erklärung städtischen Wandels
die islamisch-orientalische (Deimel 1931; Falkenstein 1954; 1974). Dies hat erhebliche funktionale und raumgestalterische Konsequenzen für die Städte beider Epochen. An weiteren prinzipiellen Unterschiedlichkeiten ließen sich folgende Aspekte anfügen: die abweichenden Verwaltungsstrukturen, die abweichende Herrschaftsform, die abweichenden kultischen Aktivitäten, die abweichende wirtschaftliche Integration der Bevölkerung, die in der altorientalischen Zeit in eine redistributive Wirtschaft eingebunden ist, und die abweichende Organisation des Handwerks, das im Alten Orient in starkem Maße durch das institutionelle Handwerk repräsentiert wird. Dies alles führte zu unterschiedlichen funktionalen und ideellen Anforderungen an die Stadt in den beiden Epochen. Die islamisch-orientalische und die altorientalische Stadt dürfen also trotz aller Elemente der Kontinuität keinesfalls gleichgesetzt werden. Funktionale und strukturelle Unterschiede treten ebenso deutlich hervor wie dies zum Beispiel bei einem Vergleich zwischen der "orientalischen" und der "abendländischen" Stadt der Fall ist. Richtet man den Blick ausschließlich auf die "altorientalische Stadt", ist festzustellen, daß auch hier sehr unterschiedliche Formen auftreten. Den Städten, deren Mittelpunkt der Tempel darstellt - wie Uruk oder Ur stehen solche gegenüber, in deren Zentrum sich ein Palast oder normale Wohnviertel oder eine große Freifläche befinden. Letzteres scheint zum Beispiel in dem städtischen Zentrum Tall Chuera in Nordost-Syrien der Fall gewesen zu sein (Dohmann-Pfälzner - Pfälzner 1997). Diese Indizien lassen auf unterschiedliche organisatorische und ideologische Strukturen im städtischen Aufbau schließen. Wir kennen Städte, in denen die wichtigsten öffentlichen Gebäude am Rand liegen und solche, bei denen sie sich in der Mitte konzentrieren. In einigen altorientalischen Städten konnten Handwerkerviertel identifiziert werden, in anderen scheinen diese zu fehlen. Hinzu kommt, daß viele grundlegende Kennzeichen städtischer Organisation im Alten Orient bisher sowohl archäologisch als auch philologisch noch nicht sicher bestimmbar oder sogar völlig unbekannt sind. Dazu gehört zum Beispiel die Bedeutung des privaten Güteraustausches in einer Stadt und dessen Umland, also die Marktfunktion der Städte im Alten Orient. Hier stehen sich immer noch - fast unversöhnlich - die Theorie der Zentralorte, die eine Marktfunktion der Städte voraussetzt (Christaller 1933; J ohnson 1972), und das Konzept der Tempelstadt, das eine Marktfunktion der Städte ausschließt (Deimel 1931; Falkenstein 1954; 1974; Polanyi 1957; 1971), gegenüber. Wahrscheinlich sind - in ihrer reinen Lehre - beide Positionen für die Städte des Alten Orient unzutreffend, möglicherweise fanden aber auch zeitliche Verschiebungen der Stadtfunktionen auf einer Skala zwischen
diesen beiden Polen statt. Eines deutet sich aber schon bei dem begrenzten derzeitigen Kenntnisstand an: Die altorientalischen Stadtmodelle scheinen sich sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Perspektive deutlich voneinander zu unterscheiden. Wenn es also bereits keine zeitlich umfassende "gesamt-orientalische" Stadt geben kann, ist es aus den genannten Gründen nicht einmal sinnvoll, von einer "alt-orientalischen" Stadt als festen\ Typus zu sprechen. Wenn die Existenz der "altorientalischen Stadt" postuliert wird, muß eine stark vergröbernde Sichtweise zu Grunde gelegt werden. Damit wird die Möglichkeit, Unterschiedlichkeit wahrzunehmen, eingeschränkt. Kultureller Wandel ist - im Gegensatz zum kulturellen Bruch - nur erkennbar, wenn man ihn aufspürt. Es sollte daher besser der Begriff "Städte des Alten Orients" verwendet werden. Trotz aller unbestreitbar vorhandenen Elemente der städtischen Kontinuität zwischen dem 4. und dem 1. Jtsd. v.Chr. war ganz offensichtlich die Entwicklung der Städte über diesen Zeitraum hinweg von starken und nachhaltigen Prozessen des Wandels gekennzeichnet.
75
EIN MODELL ZUR ERKLÄRUNG VON STÄDTISCHEM WANDEL
Die Frage, warum im Alten Orient nicht ein verbindliches Stadtmodell beibehalten wurde, nachdem es in der Frühphase der altorientalischen Stadtgeschichte einmal herausgebildet worden war, stößt an ein allgemeines und grundlegendes Problem der archäologischen Theorie. Es ist die Frage nach den Ursachen kulturellen Wandels. Ein traditioneller Weg, kulturellen Wandel zu erklären, ist die Migrationstheorie. Sie besagt, daß durch das Eindringen neuer Völker ältere kulturelle Strukturen überlagert oder zur Akkulturation veranlaßt werden. Ein Beispiel aus der Stadtgeschichte ist der Versuch, die Entstehung der großen nordmesopotamischen Kranzhügel des 3. Jtsds. v. Chr. durch das Eindringen semitischer Gruppen in diesen Raum zu erklären (Moortgat-Correns 1972). Diese Argumentationsweise ist als ethnischer Determinismus zu bezeichnen. Als ein Gegengewicht zu dieser Richtung hat sich in der sog. New Archaeology die Tendenz herausgebildet, kulturellen Wandel auf ökologische Veränderungen der Umwelt zurückzuführen. Beispielsweise hat David Clarke (1979) versucht, die Entstehung der Städte im Alten Orient als eine unmittelbare und zwangsläufige Reaktion auf Veränderungen des Klimas zu erklären. Diese theoretische Richtung läßt sich als Umwelt-Determinismus bezeichnen. Beiden Ansätzen ist gemeinsam, daß sie sich jeweils auf ein festliegendes Erklärungsschema als gedankliche Grundlage der Argumentation stützen.
76
P. Pfälzner
Auf diese Weise wird die Erklärungsvielfalt eingeschränkt. Das Ergebnis der archäologischen Untersuchung ist a priori durch die Denkweise des Forschers determiniert. Gerade in Bezug auf die Stadtforschung läßt sich aber davon ausgehen, daß ein Zusammenwirken unterschiedlichster Ursachen städtischen Wandel bewirkt. Dazu gehören ökologische, technologische, soziale, ökonomische, politische, religiöse, ideelle und natürlich auch ethnische Faktoren. Das Zusammenwirken dieser Kräfte läßt sich am besten mit Hilfe eines systemtheoretischen Ansatzes beschreiben. Er geht von der Prämisse aus, daß die einzelnen Elemente eines Systems, in diesem Fall eines städtischen Systems, in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander reagieren und sich verändern, um einen Zustand der Stabilität dieses Systems herzustellen. Dieser Denkweise verpflichtet wird im folgenden ein systemtheoretisches Modell vorgestellt, mit dessen Hilfe städtischer Wandel zu erklären ist. Es soll alle diejenigen Faktoren beinhalten, die in gegenseitiger Abhängigkeit städtischen Wandel verursachen können. Dabei wird ein Modell für soziokulturellen Wandel als Ausgangspunkt genommen, das von Fred Plag (1974) entwickelt wurde. Er benutzte dieses Modell, um technologischen Wandel im prähistorischen Südwesten der Vereinigten Staaten zu erklären. Der Untersuchungsgegenstand war der Übergang von der sog. "BasketmakerKultur", die Korbarbeiten herstellte, zur "Pueblo-Kultur", die Töpferwaren produzierte. Plag geht davon aus, daß Wandel in einem sozio-kulturellen System in vier unterschiedlichen Dimensionen möglich ist. Die Dimensionen sind Bevölkerung, Differenzierung, Integration und Energie (Abb. 1). "Bevölkerung" beschreibt die demographische Komponente des Systems, "Differenzierung" meint die Unterschiedlichkeit der Aktivitäten der Bevölkerung, "Integration" beinhaltet die soziale, politische oder ideelle Ordnung der Bevölkerung und ihrer Aktivitäten, und "Energie" beschreibt den Umfang der Produktion und Konsumption der Gesellschaft und das natürliche Potential der Umwelt des Systems. Jede Veränderung einer Dimension kann theoretisch eine Veränderung jeder anderen Dimension bewirken. Diese gegenseitige Abhängigkeit ist in einer Matrix veranschaulicht (Plag 1974, Table 6.1). Für jede der 16 Kombinationen gilt der theoretische Grundsatz: Ein Wandel in der Dimension x ist eine hinreichende Bedingung für einen Wandel in der Dimension y. Plag kam aber zu der Überzeugung, daß nur 7 dieser 16 theoretischen Kombinationen eine effektive Beziehung in der Praxis eines sozio-kulturellen Systems besitzen (Plag 1974, Table 6.2). Dies seien die Auswirkungen von
Die Erklärung städtischen Wandels
77
Die 4 Dimensionen sozio-kulturellen Wandels: (nach F. Plog 1974)
BEVÖLKERUNG DIFFERENZIERUNG INTEGRATION ENERGIE
Abbildung I: Die vier Dimensionen sozio-kulturellen Wandels.
Veränderungen der Bevölkerung auf die Differenzierung und die Energie des Systems, die Auswirkungen von Veränderungen der Differenzierung auf die Integration und die Energie, die Auswirkungen von Veränderungen der Integration auf die Energie, und die Auswirkungen von Veränderungen der Energie auf die Bevölkerung und die Differenzierung des Systems (Abb. 2). Das Dimensionsmodell Plog's läßt sich für ein Modell des städtischen Wandels adaptieren. Die vier Dimensionen des Wandels stellen auch hierfür sinnvolle Kategorien dar. Sie lassen sich jeweils mit einer Anzahl von Elementen anfüllen (Abb. 3): Die Bevölkerung eines städtischen Systems läßt sich in verschiedene synchronische und diachronische Aspekte untergliedern. Die Differenzierung eines städtischen Systems äußert sich in ökonomischen, sozialen, ethnischen und ideellen Kategorien. Die Integration eines städtischen Systems umfaßt politische, administrative, soziale, religiöse und kulturelle Aspekte. Die Energie eines städtischen Systems schließlich setzt sich zusammen aus dem Umfang und der Intensität ökonomischer Aktivitäten, wobei auch anthropogene Umwelt-Veränderungen eingeschlossen sind, die in einer Energiezerstörung resultieren. Beispiele dafür sind Ab-
78
Die Erklärung städtischen Wandels
P. Pfälzner
79
holzung und Versalzung. Das Dimensionsmodell besagt, daß die Veränderung einer Dimension eine hinreichende Bedingung für Veränderungen der anderen Dimensionen ist.
Matrix of Probable Relationships between Changes in the Four Dimensions
Dimensionen des Wandels
Veränderliche Einzelaspekte städtischer Systeme
BEVÖLKERUNG
-
Bevölkerungsgröße Bevölkerungsdichte Bevölkerungsverteilung Bevölkerungsentwicklung
DIFFERENZIERUNG
-
gesellschaftliche Spezialisierung individuelle Spezialisierung Stadt-Land-Dichotomie soziale Hierarchisierung ethnische Differenzierung ideelle Differenzierung Status-Differenzierung
INTEGRATION
-
politische Organisation Herrschaftsform Verwaltungsform Soziai-(Stammes-, Sippen-, Familien-)strukturen Familienform religiöse Vorstellungen kultische Aktivitäten Werte und Normen des Zusammenlebens kulturelle Traditionen
ENERGIE
Umfang und Intensität von - landwirtschaftlicher Produktion - pastoraler Produktion -Handwerk - Handel - Rohstoffausbeutung - anthropogenen Umweltveränderungen
Dependent dimension (y) Independent dimension (x)
Population
Differentiation
A change in differentiation is a sufficient condition for a change in integration.
Differentiation
Energy A change in population is a sufficient condition for a change in energy.
A change in population is a su f!icie n t condition for a change in differentiation.
Population
A change in differentiation is a sufficient condition for a change in energy. A changc in integration is a sufficicnt condition for a changc in energ)··
Integration
Energy
Integration
A change in energy is a sufficient condition for a change in population.
A change in technology is a su fficicnt condition for a change in differcntiation.
Abbildung 2: Plog's Matrix der möglichen Abhängigkeiten zwischen Wandel in verschiedenen Dimensionen (nach: Plog 1974, Table 6.2).
Abbildung 3: Die Dimensionen des Wandels in städtischen Systemen.
P. Pfälzner
Die Erklärung städtischen Wandels
Die Dimensionen des städtischen Wandels lassen sich in einer Matrix kombinieren (Abb. 4). Eine Abhängigkeit zwischen je zwei Dimensionen besagt, daß die Veränderung der einen Dimension eine potentielle Ursache für eine Veränderung der anderen Dimension ist. In Unterscheidung zu Plog wird hier postuliert, daß in dieser Matrix jede der theoretischen Kombinationen
wirkungen auf das Siedlungsmuster hat. Diese Reihe ließe sich in ähnlicher Weise für die drei anderen Dimensionen fortsetzen und mit zahlreichen Beispielen ihrer Auswirkungen auf städtische Strukturen veranschaulichen.
80
unabhängige Dimensionen (X)
abhängige Dimensionen (y)
BEVÖLKERUNG
Wandel von x Iet potentlalle Ursaohe von Wandel in V
Wandel von x Ist potentielle Ursache von Wandel in V
Wandel von x ist potentielle Ursache von Wandel in v
Wandel von x Iet potentielle Ursache von Wandel ln V
DIFFERENZIERUNG
Wandel von x Iet potentielle Ursache von Wandel in V
Wandel von x Ist potentielle Ursache von Wandel in V
Wandel von x Ist potentielle Ursache von Wandel ln v
Wandol von x Ist potentielle Ursache von Wandel in V
INTEGRATION
Wandel von x Ist potentielle Ursache von Wandel in V
Wandel von x Ist potentielle Ursache von Wandel in V
Wandel von x Ist potentielle Ursache von Wandel in V
Wandel von x Ist potentielle Ursache von Wandel ln v
ENERGIE
Wandel von x Iot potentielle Ursache von Wandel in v
Wandel von x ist potentielle Ursache von Wandel in V
Wandel von x Ist potentielle Ursache von Wandel in V
Wandel von x Ist potentielle Ursacho von Wandel ln v
BEVÖLKERUNG
I
DIFFERENZIERUNG liNTEGRATION
I
ENERGIE
Abbildung 4: Matrix der Dimensionen städtischen Wandels.
zwischen den Dimensionen eine auch praktisch sinnvolle Beziehung darstellt. Einige Beispiele mögen dies veranschaulichen: Eine Veränderung der Dimension Bevölkerung kann erstens die Dimension Differenzierung beeinflussen, indem zum Beispiel Bevölkerungswachstum die Spezialisierung oder das Bedürfnis nach Status-Differenzierung fördert. Dies hat Auswirkungen auf die Stadtgliederung und das Stadtbild. Zweitens kann sie die Dimension Integration beeinflussen, indem zum Beispiel Bevölkerungswachstum die Stamrnesstrukturen, die Herrschaftsform oder die kultischen Aktivitäten verändern kann. Dies hat Auswirkungen auf die politische und religiöse Stadtarchitektur. Drittens kann Bevölkerung die Dimension Energie beeinflussen, indem zum Beispiel Bevölkerungswachstum eine höhere Produktion bewirkt. Dies hat unter anderem Auswirkungen auf städtische Funktionsbereiche und städtische Verarbeitungs- oder Lagerbereiche. Selbst eine Wechselwirkung zwischen Bevölkerung und Bevölkerung ist möglich, wenn zum Beispiel ein Bevölkerungswachstum die Bevölkerungsverteilung verändert und dies Aus-
81
ENDOGENER UND EXOGENER WANDEL
In dem Modell (Abb. 4) können alle vier Dimensionen Ursachen für städtischen Wandel sein. Es handelt sich dabei um interne Prozesse, die innerhalb des städtischen Systems ablaufen. Folglich wird damit ein endogener Wandel beschrieben. Im allgemeinen äußert sich endogener Wandel in allmählichen Prozessen. Selbst ein internes Ereignis, das für die plötzliche Veränderung einer Dimension sorgt, zum Beispiel eine plötzliche Veränderung der Integration durch einen politischen Umsturz, resultiert in einem allmählichen Wandel der Stadtstrukturen, weil zunächst ein verzögernder Effekt von Wechselwirkungen innerhalb des Systems ausgelöst wird. Im seltensten Fall resultiert endogener Wandel folglich in einem abrupten Bruch. Es ist unbestreitbar, daß zusätzlich äußere Faktoren einen städtischen Wandel bewirken können. Dies sind zum Beispiel Klimaverschiebungen, Erdbeben, Eroberungen oder Einwanderungen. Sie werden als exogene Faktoren städtischen Wandels bezeichnet. Es lassen sich zwei Varianten von exogenen Faktoren unterscheiden. Die erste sind Faktoren mit plötzlicher Wirkung, die einen tatsächlichen Bruch in einem städtischen System verursachen können. Dazu zählen zum Beispiel ein Erdbeben, eine Flut oder eine brandschatzende und plündernde Zerstörung. Diese Variante läßt sich als die Gruppe der "direkten exogenen Faktoren" bezeichnen. Die zweite Variante umfaßt exogene Faktoren mit einer allmählichen Wirkung auf die städtischen Strukturen, wie zum Beispiel eine Einwanderung, eine ethnische Überlagerung, eine Vertreibung, eine Annexion, eine wirtschaftliche Blockade durch ein Abschneiden von Handelswegen oder von Zugängen zu Rohstoffquellen, eine Klimaveränderung oder eine Trockenheit. Diese Faktoren verursachen einen allmählichen städtischen Wandel, indem sie endogene Veränderungen innerhalb des Systems in Gang setzen. Diese zweite Variante ist folglich als Gruppe der "indirekten exogenen Faktoren" zu bezeichnen. Die Wirkungsweise von endogenen Prozessen, indirekten exogenen Faktoren und direkten exogenen Faktoren in einem Dimensionsmodell des städtischen Wandels ist in einer Graphik (Abb. 5) verdeutlicht. Das Modell muß davor warnen, archäologisch feststellbare Befunde kulturellen Wandels vorschnell monokausal zu beurteilen. Dies läßt sich an einem Beispiel aus der Archäologie Syriens verdeutlichen. Harvey Weiss ( l990a;
Die Erklärung städtischen Wandels
P. Pfälzner
82
indirekte exogene Faktoren
BEVÖLKERUNG
83
1990b, Abb. 18) hat aus der Beobachtung, daß in Tall Lailän ab einer bestimmten Periode Siegel mit südmesopotamischen Motiven verwendet wurden, eine "exogene Urbanisierung" Nordmesopotamiens abgeleitet. Vor dem Hintergrund des Dimensionsmodells wird deutlich, daß die Übernahme von Siegelmotiven allenfalls einen indirekten exogenen Faktor darstellen kann, der zusammen mit anderen Faktoren einen endogenen Wandel im städtischen System Nordmesopotamiens bewirkt haben könnte. Um ein anderes Beispiel zu nennen, sind planmäßige Stadtgründungen ebenfalls als Ergebnis eines endogenen Wandels aufzufassen, der durch Veränderungen der Dimensionen Bevölkerung oder Differenzierung oder Integration verursacht worden sein kann. Als Ergebnis dieser theoretischen Betrachtungen läßt sich feststellen, daß es im Prinzip nur einen geringen Spielraum für eine völlige Kontinuität städtischer Strukturen gibt, weil jederzeit zumindest eine der Dimensionen eines städtischen Systems Veränderungen unterworfen sein kann. Andererseits sind auch die theoretischen Möglichkeiten für einen Bruch städtischer Systeme beschränkt. Städtischer Wandel ist stattdessen als konstanter Prozeß in allen städtischen Systemen in Rechnung zu stellen. Es ist nur eine Frage der archäologischen Methodik, diesen zu erkennen und zu erklären.
ENERGIE BIBLIOGRAPHIE
Christaller, W. 1933 Clarke, D. L. 1979
direkte exogene Faktoren
>
städtischer Wandel
Abbildung 5: Ein Dimensionsmodell des städtischen Wandels.
Die zentralen Orte in Süddeutschland, Jena. Towns in the Development of Early Civilization, in: Analytical Archaeologist. Collected Papers of David L. Clarke, London, 435 -443. Deimel, A. 1931 Sumerische Tempelwirtschaft zur Zeit Urukaginas und seiner Vorgänger, Annalecta OrientaHa 2, Rom. Dohmann-Pfälzner, H. - Pfälzner, P. 1997 Untersuchungen zur Urbanisierung Nordmesopotamiens im 3. Jt. v. Chr.: Wohnquartierplanung und städtische Zentrumsgestaltung in Tall Chuera, Damaszener Mitteilungen Band 9. The City of the Islamic Middle East, in: E. Ehlers Ehlers, E. 1992 (Hrsg.), Modelling the City - Cross-cultural Perspectives, Colloquium Geographicum Band 22, Bonn, 89-107.
84
P. Pfalzner
Falkenstein, A. 1954
La Cite-Temple Sumerienne, Cahiers de l'Histoire Mondiale 1, 784-814. The Sumerian Temple City, in: Sources and Mono- 1974 graphs, Monographs in History: Ancient Near East 1/1, Los Angeles. A Test of the Utility of Central Place Theory in ArJohnson, G.A. 1972 chaeology, in: P.J. Ucko - R. Tringham - G.W. Dimbleby (Hrsg.), Man, Settlement and Urbanism, 769-785. Moortgat-Correns, U. 1972 Die Bildwerke vom Djebelet el Be9ä in ihrer räumlichen und zeitlichen Umwelt, Berlin. Oppenheim, A.L. 1957 A Bird's-Eye View of Mesopotamian Economic History, in: K. Polanyi - C.M. Arensberg - H.W. Pearson (Hrsg.), Trade and Market in the Early Empires. Economies in History and Theory, New York, 27-37. The Study of Prehistoric Change, New York - London. Plog, F.T. 1974 Marketless Trading in Hammurabi's Time, in: K. PolaPolanyi, K. 1957 nyi - C.M. Arensberg - H.W. Pearson (Hrsg.), Trade and Market in the Early Empires. Economies in History and Theory, New York, 12-26. On the Comparative Treatment of Economic Institutions - 1971 in Antiquity with Illustrations from Athens, Mycenae, and Alalakh, in: G. Dalton (Hrsg.), Primitive, Archaic, and Modern Economies. Essays of Kar! Polanyi, Boston,
306-334. Weiss, H. 1990 a
- 1990 b Wirth, E. 197411975
- 1975
"Civilizing" the Habur plains: mid-third millenium state formation at Tell Leilan, in: P. Matthiae - M. van Loon - H. Weiss (Hrsg.), Resurrecting the past. Ajoint tribute to Adnan Bounni, 387-407, Istanbul. Tell Leilan 1989: New data for mid-third millenium urbanization and state formation, MDOG 122, 193-218. Zum Problem des Bazars (siiq, ~ar~1). Versuch einer Begriffsbestimmung und Theorie des traditionellen Wirtschaftszentrums der orientalisch-islamischen Stadt, Der Islam 51, 1974, 203-260; und 52, 1975, 6-46. Die orientalische Stadt. Ein Überblick aufgrundjüngerer Forschungen zur materiellen Kultur, Saeculum 26, 45
ANCIENT NEAR BASTERN CITIES AND MODERN IDEOLOGIES Mario Liverani, Roma
1. DISCOVERY AND REMOVAL Around the middle of the 19th century, when the study of ancient Near Bastern cities began, it was immediately affected by an evident contradiction. On the one hand, early archaeological digs by Botta and Layard brought to light the actual remains of the Assyrian cities, to be shortly followed by similar discoveries in Babylonia and in Sumer. On the other hand, ancient historians started defining and working with the concept of "ancient city", a concept strictly Iimited to the Greek and Roman world, and excluding the Near Bastern cities. The famous and authoritative Cite antique by Numa Denis Fustel de Coulanges (1864) set the scene for several decades to come 1• The two research trends ran roughly parallel in time, but seldom found a point of intersection, mostly proceeding in the reciprocal ignorance. Were the historians of the classical and later periods really unaware of the recent and sensational discoveries? Certainly not: Layard's books were quite popular, and the exhibitions of the Assyrian sculptures in the Louvre and in the British Museum had raised a widespread attention2 . Yet the cities discovered in the Near East were not considered as cities in the proper sense, or better said in the specific sense of the classical historians. Just to quote an example: in a couple of letters to Engels, dated on June 1853 (shortly after the exhibit of Assyrian reliefs in the British Museum), Marx hints at the
-94. 1 N.D. Fustel de Coulanges, La cite antique, Paris 1864. Among recent comments, cf. M.A. Levi, La citta antica, Roma 1989, pp. 11-21. 2 Cf. F.N. Bohrer, The Printed Orient: The Production of A.H. Layard's Earliest Works, in "Culture and History" II (1992), pp. 85-106; id., Assyria as Art: A Perspective on the Early Reception of Anciellf Near Eastern Artifacts, in "Culture and History", 4 (1989), pp. 7-33; M.T. Larsen, The Gonquest of Assyria, London 1996, pp. 99-107.
86
M. Liverani
Ancient Near Eastern Cities and Modern ldeologies
Oriental Citles as enlarged royal camps 3 ; and the same concept can be found in the (longly unpublished) text of the Formen: "princely encampments, superfetations of the real economic structure" 4 • Yet Marx' concern was much more deeply devoted to productive structure than to settlement forms, and his image of the Oriental city is just too quickly sketched. Let's then consider as a more meaningful example a couple of short passages in Jacob Burckhardt's Weltgeschichtliche Betrachtungen, going back to his farnaus seminar held in Basel in 1870. Burckhardt certainly knew the Assyrian discoveries very weil, he even hints with evident annoyance at the fame acquired by Layard (a fame resting not an the merits of the discoverer but on the relevance of the discoveries). In discussing the oppressive burden of the despotic state an culture and society, Burckhardt mentions "the rude royal fortresses of Nineveh" and "their miserable architectural structure and their servile sculpture" 5 • The refined admirer of Periclean Athens and of the ltalian "Quattrocento" did not appreciate the remains of Assyrian art and urbanism. But his annoyance was not only a matter of aesthetics, it was also and above all a matter of political ideology. He was mainly interested in counterposing the Oriental "despotism" to Greek (and more generally Western) democracy, freedom, individual enterprise. In defining the Western world, the term "city" (or the very Greek term polis) is immediately and obviously used, while the same term is never applied to the Oriental capitals, whose function as a scene for state ceremony is only (and acutely) underscored 6 • Burckhardt's dismissal of the Assyrian capitals was quite common at that time. Since the city "made up of men, not of stones" (to repeat once again the ancient Greek distinction) is the appropriate physical and institutional setting for democracy, we have to Iook for a different setting for despotism. The huge Oriental settlements cannot be called "cities": they are Palaces for
the king, encampments for the army, stages for ceremony, but not cities. In another passage (in his Griechische Kulturgeschichte) Burckhardt considers the Phoenician cities as the only forerunners of the Greek poleis, as true communities of citizens (Stadtgemeinde, Bürgschaften); and counterposes them to the "enormous military encampments of the Assyrian dynasties an the Tigris ", to "Babylon, founded as a common castle for all goods and gods", to "the three temporary residences of the Achaemenids", to "the huge market-places of the Oriental trade", and to "the temple-cities of Egypt" 7 . In short: the ancient Oriental towns are everything but cities. First of all, the Oriental capitals are too !arge to be cities. On this point, we feel the persistent authority of ancient authors: according to Hippodamus, the ideal city contains 10.000 people, according to Plato 5040, according to Aristotle even less. Of course, direct democracy can weil function in the size of Athens at the time of Clistenes, or of Genava at the time of Rousseau; !arger settlements cannot be ruled but by a despotic government. A community of 5000 people is a conununity of citizen, one of 50.000 people can only be a multitude of servants. And we feel the authority of ancient classical and biblical sources about the astanishing size of the Assyrian and Babylonian capitals: Nineveh is crossed in three days' walking according to Jonah, its size is 150 by 90 stadia (ca. 27 by 16 kms.) according to Diodorus; the perimeter of Babyion is 480 stadia (ca. 22 kms. per side) according to Herodotus, "only" 360 (ca. 16 kms. per side) according to Ctesias. Therefore, early explorers and excavators were looking for a "greater Babylon", including the remains of Birs Nimrud (the best candidate for the tower of Babel) to the south and those of Tell Uheimir (Kish) to the east8 ; and for a "greater Nineveh" Stretching from Mossul to Khorsabad 9 •
3 K. Marx- F. Engels, Werke, Band 28, Berlin 1963, pp. 250-254 (June 2nd, 1853) and 255-261 (June 6th, 1853). 4 K. Marx, Formen, die der kapitalistischen Produktion vorhergehen (1857-58), in Werke, Band 42, Berlin 1983, p. 391 ("fürstliche Lager ... Superfötation über die eigentlich ökonomische Konstruktion"), also p. 386.
SJ. Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen (1905), in Gesamtausgabe, VII, BerlinLeipzig 1929, p. 65 ("Die grössten technischen und künstlerischen Genies vermochten an den ganz ungeschlachten Königsburgen von Ninive nichts zu ändern; die elende Anlage und die knechtische Skulptur regierten die Jahrhunderte hindurch weiter"; the mention of Layard is on p. 165). 6
lbidem, p. 25.
87
1 1. Burckhardt, Griechische Kulturgeschichte, l, Berlin-Stullgart 1898, p. 61 (" ... das enorme Heerlager der assyrischen Dynastien am Tigris, ... das zur gemeinsamen Burg aller Güter und Göller gegründete Babylon, ... die drei wechselnden Residenzen der Achämeniden, ... die Grassmärkte des orientalischen Handels, ... die Tempelstädte Aegyptens"). Notice that the Phoenician "exception" will have a Iang-lasting fortune, down at leastto S. Mazzarino, Fra Oriellle e Occidente, Firenze 1947, pp. 206-210.
8 The idea of a "Greater Babyion" had been already advanced by J.S. Buckingham in 1816, repeated by R. Ker Porter in 1818 and by R. Mignan in 1827 (cf. H. V. Hilprecht, Explorations in Bible Lands during the 19th cell/ury, Philadelphia 1903, pp. 42-53); it was current at the time of the early digs, cf. A.H. Layard, Discoveries in the Ruins of Nineveh and Baby/on, London 1853, p. 492 (based on Claudius J. Rich's survey) and especially J. Oppen, Expedition scielllijique en Mesopotamie, l, Paris 1863, p. 168, cf. also his article Babytone etles Babyloniens, in Encyclopedie du XIX" siikle, troisil!me edition, Paris s.d., pp. 646-647. II is still accepted by J. Perrot- Ch. Chipiez, Histoire de l'art dans l'antiquite, 1/: Chaldee et Assyrie, Paris 1884, pp. 470-472 ("un grandcamp retranche" built by Nebu-
89
M. Liverani
Ancient Near Eastem Cities and Modem Ideologies
More careful topographic surveying of the ruins led soon to abandon such an idea. Yet, the feeling that Assyrian and Babylonian cities were "too !arge" will keep on for long. E.g., half a century later (in 1902), Werner Sombart, in suggesting a generat definition of city, will still qualify it as a settlement "rather !arge", in order to explicitly exclude on the one hand the small rural townships, but on the other hand the "gigantic towns" of the ancient Near East and their later developments in Asia 10 • And after another 70 years (in 1972), M. Harnmond will still repeat that "Babylon or Nineveh ... were too vast to serve as models for incipient cities in Greece and were creatures of monarchies, not self-governing communities"". Besides being too !arge, these huge capitals were also too empty to be accepted as real cities. Apart from palaces and temples, the early excavators were unable to find out the normal texture of an urban settlement. Not only there was no evidence for the obvious urban features of a community of citizens: no market place, no assembly building, no theater. But there was not even evidence for private houses, and the !arge stretch of land enclosed within the city-walls of Nineveh and Khorsabad seemed empty - the suggested explanations including the military encampment or the parade esplanade, the refuge area or the royal park (paradeisos), or even cultivated fields and orchards 12 • Although a couple of limited soundings by Victor Place did bring to light houses in the lower town at Khorsabad 13, the problern was not simply settled. Here we meet an evident problern of "visibility" of the ancient Meso-
potamian cities, as a consequence of the digging techniques in use at that time. Digging through tunnels or deep trenches hindered a visualization of the entire building, and the recognition of mud-brick walls was considered impossible. Botta and Layard and their followers did not really excavate walls, but only the sculptured slabs that marked the interface between walls and rooms (or corridors) - walls being sometimes taken down looking for inscriptions, and rooms being left unexcavated in order to save time and moneyl 4 • The problern with mud-bricks is openly acknowledged by Layard, who states that private houses were not found because they were built of mud-bricks, and even "the largest palaces would probably have remained undiscovered, had there not been the slabs of alabaster to show the walls" 15 • For Iack of visibility, the reconstruction of the Assyrian palaces as accomplished by James Fergusson or by Victor Place imitates the Ottoman architecture of domes and minarets, or forges a fantastic, luxuriant decoration more indicative of the European image of the Orient, than of the Assyrian decorative taste and urban planning 16 • Layard hirnself oscillates between the technical explanation (houses not found because made of mud-brick) and a typological explanation (houses not to be found because not a constituent part of the ancient Griental city) - the latter explanation being clearly summarized in the emblematic statement: "We must not judge of eastern cities by those of Europe" 17 • On the one hand, the inferiority complex assigned by the historians of classical antiquity on the Griental city was largely accepted by Near Eastern archaeologists; on the other hand the results of their digs were not such as to convince the historians to change their mind. lt seemed quite evident that Nineveh and
88
chadnezar to include Babylon, Cutha, Borsippa) andin popular books like J. Walther, Les d&ouvertesde Ninive et de Babytone au point de vue biblique, Lausanne 1889, pp. 16-18 with fig. I (greater Nineveh), pp. 147-157 with fig. 20 (greater Babylon). A.H. Layard, Nineveh and its Remains, II, London 1849, pp. 243-247; id., Nineveh and Baby/on, eil., pp. 638-641. The idea was already discarded by P.E. Botta, Monumentde Ninive, V, Paris 1850, p. 21 (followed by Perrot- Chipiez, cit., II, pp. 474-477) and by J. Fergusson, The Pa/aces of Nineveh and Persepolis Restored, London 1851, pp. 69-70, 9Cf.
313-314.
1 have more details in my unpublished lecture La scoperta del mallone (Madrid, 1993). It is interesting that Layard did not calculate the surface of his dig, but rather the length of the exposed reliefs! Cf. Nineveh and Baby/on, cit., p. 589 "By a rough calculation about 9880 Feet, or nearly two miles, of bas-reliefs ... were uneavered in that part alone of the building explored du ring my researches". 1
sLayard, Nineveh and its Remains, eil., II, p. 248.
1
Sombart, Der moderne Kapitalismus, I, Milncl1en-Leipzig 1928 , p. 129 with fn. 2. Cf. also W. Sombart, Der Begriff der Stadt und das Wesen der Städtebildung, in "Archiv filr Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" 25 (1907), pp. 1-9. 10 W.
14
11 M.
Hammond, The City in the Ancielll World, Cambridge MA 1972, pp. 152-153.
11 Cf.
especially Layard, Nineveh and Baby/on, cit., pp. 639-640; Botta, Monument de
Ninive, cit., V, p. 30.
nv. Place, Ninive eti'Assyrie, I, Paris 1867, p. 203; followed by Perrot- Chipiez, cit., II, pp. 491-492.
16 Fergusson, Pa/aces, cit., remained ahnost neglected in later literature, but is weil representative of the early evaluation of the Assyrian discoveries.
17 Layard, Nineveh and Baby/on, cit., p. 640. Similarly Fergusson, eil., p. 241 oscillates between houses ("these houses being of inferior materials would of course soon perish and be confounded with the mud on which they stood") and gardens ("an almost invariable adjunct to an Eastern palace"): but elsewhere (p. 236-237 on Khorsabad) is clearly in favour of a true and proper city. I-Iis demographic guesses (60.000 or 70.000 inhabitants for Khorsabad; 300.000 for Nineveh, p. 69-70; 400.000 or 500.000 for Babylon, p. 334) still seem quite reasonable.
M. Liverani
Ancient Near Eastern Cities and Modern ldeologies
Khorsabad were the seat of despotic palaces, military arrangements, ceremony buildings, but not the seat of a community of citizens. In other words, the Oriental city was a super-structure of the absolute power, extraneous to the civil society.
first time the Assyrian and Babylonian cities as they were21 • And what comes out clearly is twofold. First of all, we are dealing with true and proper cities, not just palaces and encampments: the entire space is built up and inhabited, even densely inhabited; the city is the seat of daily life and economic activities, not just of parades and ceremony. But secondly, the ancient Near Eastern city is different from the Western city as defined by the model of the Greek polis. The public buildings are temples and palaces, no space is reserved to the free interaction of citizens in their political and economic activities. So the existence of the Oriental city could no Ionger be denied, but its relevance for defining the true and proper city in the Western sense remained null - or better it got a relevance by way of counterposition, not of inclusion. We can just compare the positions of Pustel de Coulanges (who wrote in 1864, still apparently unaware of the new discoveries) and of Max Weber, the most celebrated theorist of the Western city, who wrote in the period from 1890 to 1920, receiving increasing information from the Near Eastern discoveries22 • As to Pustel, he did not even recognize the problern of an ancient Oriental city: he was concerned with distinguishing the ancient city from the modern, both of them being considered within the closed borders of Western culture. The ancient city (in its institutional, social, and especially religious features) is the Greek and Roman city, and an Oriental city does not exist at all. The only Oriental data quoted by Pustel are from "Arian" India, and they are quoted as precedents to the Greek data, in a philological and racist framing of social and religious institutions. As to Weber, it has been noticed that the attention he paid to the ancient Near Eastern world remained quite scarce in his first works, to suddenly rise around 1909 when he published a second version of his Agrarverhältnisse im Altertum in which the economy of the Oriental monarchies receive
90
2. ÜRIENTAL VS. WESTERN, ANCIENT VS. MODERN CITIES The problern of "visibility" of the ancient Oriental cities, as a consequence of technical difficulties in recovering mud-brick architecture, did not only concern the very pioneers who rediscovered the Assyrian capitals. The same difficulty went on during the second wave of digs (after the intermission during the Crimean war and the Indian Mutiny) as can be exemplified by the sketchy maps of Lagash, where the bare outlines of the main buildings, or of minor feautures surviving the destructive action of the excavators, fluctuate as in an empty space 18 , mixing together different (and very distant) periods, and certainly not helping to visualize the ancient settlement, not to say the ancient urban planning. Susa and Nippur did not receive better treatment, entire quarters of the cities being removed in search for hurials or for cuneiform tablets. As is weil known, we are endebted for the first "revolution" in Near Eastern archaeology totheGerman architects Robert Koldewey and Walter Andrae, who excavated Babyion and Ashur by using the obvious but unprecedented technique (neat cuts, clear surfaces) for detecting mud-brick walls 19 • For the first time, entire buildings were exposed, their larger urban context was clarified, their successive building phases were distinguished. In addition to temples and palaces, also the less rewarding private houses, street network, fortification system were brought to lighf0 • The graphic reconstructions of the main buildings and of the entire urban configuration - both the precise reconstructions in the technical reports, and the interpretative paintings and drawings by Andrae hirnself - show for the
91
21 1n addition to Andrae's numerous drawings in the excavation reports, cf. W. Andrae, Lebenserinnerungen eines Ausgrtlbers, Stuugart 1988; W. Andrae - R.M. Boehmer, Die Orielllbilder von Waller Andrae, in "Baghdader Milleilungen" 20 (1989), pp. 1-89. 18
Cf. E. de Sarzec- L. Heuzey, Decouvertes en Chaldee, I, Paris 1884, plan Cl and D.
19
Cf. my unpublished Ieelure quoted above (fn. 14).
2
0Sabylon was excavated by R. Koldewey in the years 1899-1917, Ashur by W. Andrae in the years 1903-1914; the final publication ofthe results, however, Iook place after World War I, cf. the basic information in S.A. Pallis, The Antiquity of lraq, Copenhagen 1956, pp. 348-349, 351-352.
22
The essay by M.l. Finley, The Ancient City: from Fustel de Coulanges to Max Weber and beyond, in "Comparative Studies in Society and History" 19 (1977), pp. 305-327 (reprinted in Economy and Society in Ancielll Greece, London 1981, pp. 1-23) is scarcely useful here, since Finley purposedly avoids to deal with the ancient Near Eastern city. Cf. also H. Bruhns, De Werner Sambart aMax Weber et Moses I. Finley: Ia typologie de Ia vi/le antique et Ia question de Ia ville de consommation, in Ph. Leveau (ed.), L 'origine des richesses depensees dans Ia vi/le antique, Aix-en-Provence 1985, pp. 255-273.
92
M. Liverani
Ancient Near Eastem Cities and Modem ldeologies
a specific treatment23 . Such an interest, however, arose from reading historians like Eduard Meyer 2\ not from looking at the preliminary reports of the digs in Ashur and Baby Ion, and at this stage his interest in visualizing a type of the Mesopotamian city is quite limited. In a typological (but roughly evolutionary) excursus on ancient political systems 25 , after the stages of rural communities (Bauerngemeinwesen) and of castle-based kingdoms (Burgenkönigtum), the Western and the Oriental trajectories are clearly differentiated: the Western development includes the various types of city-states (Adelspolis, Hoplitenpolis, demokratische Bürgerpolis), while the Oriental development is rather based on the royal residence (bureaukratisches Stadtkönigtum, Leiturgiemonarchie or Leiturgiestaat). In Weber's final and postumaus work Wirtschaft und Gesellschaft, the discussion about cities (also published as an independent essay) is significantly set under the heading of the "illegal power" - the City being something counterposed to the royal palace and the central government 26 . It is true that his "typology of cities" makes frequent use of Oriental cases, both ancient (including Babylonia and Egypt, but especially Israel) and modern (from India and the lslamic world to China and Japan), but the final verdict is clear: notwithstanding their demographic and economic relevance, the Oriental cities Iack two qualifing features: they are not communities of citizens, they do not have the very concept of "citizenship". Weber's typology is only apparently open to a variety of cases, but his starting point (the city as a market place)
and his point of arrival (the city as a political community, opposed to the royal palace) clearly show that he had in mind the specific Western trajectory from the Greek polis to the Medieval commune. Such a specific experience - not even including the entire Western world - was privileged because it was endowed with the peculiar values of social freedom, economic enterprise, individual personality, and could not but discard the Oriental (and especially the ancient Oriental) city as a counter-model, as a specialized seat of the absolute and centralized power.
23
M. Weber, Agrargeschichte, 1: Agrarverhältnisse im Altertum, in Handwörterbuch der Staatswissensclwften, Jena 1909 (republished in M. Weber, Gesammelte Aufsätze zur Sozialund Wirtschaftsgeschichte, Tilbingen 1924, pp. 1-288). On the evolution ofWeber's attention to the ancient Near East cf. recently L. Capogrossi Colognesi, Economie antiehe e capitalismo modemo. La sjida di Max Weber, Roma-Bari 1990, pp. 157-185; also H. Bruhns, La cite antique de Max Weber, in "Opus" 6-8 (1987-89), pp. 29-42. 24
Ed. Meyer, Geschichte des Altertums, 1/1, Stuttgart-Berlin 1907 2• Cf. A. Momigliano, Max Weber and Eduard Meyer: Apropos of City and Country in Allfiquity (1977), in Sesto contributo alla storia degli studi classici e del mondo antico, Roma 1980, pp. 285-293; W. Nippel, Introductory Remarks: Max Weber's "The City" Revisited, in A. Molho - K. Raatlaub - J. Emlen (eds.), City States in Classical Antiquity and Medieval ltaly, Stuttgart 1991, pp. 19-30 (esp. p. 22).
93
3. THE SUMERIAN TEMPLE-CITY While the archaeological recovery of ancient Mesopotamian cities grew suddenly, in connection with the Babyion and Ashur digs, ca. 1900-1915, also the philological activity became more and more pertinent, especially when the publication and analysis of the economic and legal documents replaced the earlier enthusiasm for the royal Annals. The focus of interest underwent also a notable shift in time: while the most "visible" cities remained those of the neo-Assyrian and neo-Babylonian times, the Sumerian archives posed the problern of the urban structures in the third millennium, at the very dawn of civilization. In 1920 a small booklet appeared, by the economist Anna Schneider, about the Sumerian "temple-city" 27 • The textual data were those collected and analyzed by Anton Deimel on pre-sargonic Lagash, additional data being provided by Schwenzner's picture of Old Babylonian economy. A dozen years later, Deimel hirnself published his own synthesis on the early Sumerian temple-city28 • The importance of Anna Schneider's booklet is evident: for the first time, a specific model was suggested for an ancient Near Eastern city-type - a positive model, not simply an anti-model characterized by something lacking or something different. The success of the idea is demonstrated by the fact that still in 1954 Adam Falkenstein, when requested to write a general paper on early Mesopotamian urbanism for the UNESCOjournal "Cahiers d'Histoire Mondiale", not only reused
25
Agrarverhältnisse, eil., pp. 35-43.
26
M. Weber, Die Stadt, in "Archiv für Sozialwissenschaft" 47 (1921), pp. 621-772, reprinted in Wirtschaft und Gesellschaft, Tilbingen 1922. Cf. still recently I. Morris, The Early Polis as City and State, in J. Rich- A. Wallace-Hadrill (eds.), City and Country in the Ancient World, London 1991, p. 49 "To borrow Clastres' phrase (1977), the polis was a case of 'society against the state'."
27
A. Schneider, Die sumerische Tempelstadt. Die Anfänge der Kultunvirtschaft, Essen
1920. 28
A. Deimel, Sumerische Tempelwirtschaft zur Zeit Urakaginas und seiner Vorgänger, Roma 1931.
94
M. Liverani
Ancient Near Eastern Cities and Modern Ideologies
the Iabel "Temple-city" but repeated Deimel's and Schneider's analysis almost without change29 • However, we have to distinguish Deimel's and Schneider's positions and approaches. Deimel's contribution was of course decisive in making the relevant data available also to the non-specialist; but his economic analysis remained rather crude and over-simplified even in his later synthesis (although Schneider's booklet had appeared in the meantime). According to Deimel, the temples owned the entire agricultural territory and controlled the entire population of Lagash; and such centralized economy was dependent on the needs of the idraulic infra-structures. Anna Schneider, in addition to incorporating Deimel's data, and arranging them in a more coherent picture, tried to locate the Sumerian temple-city in the general frame of the economic systems and the economic development as reconstructed by Karl Bücher30 and his school. Schneider's proposals are interesting, and not at all so rigidly conceived as later Iiterature would make us to believe. According to her, the economy of the Sumerian city was mixed: the temples, the ruler, and the local communities (selbständige Gemeinden, alte agrarische Gemeinschaften) coexist, under temple hegemony for sure, but each of them remaining a separate center for production and consumption. The economic structure contains features of centralization and redistributon similar to those of ancient Egypt, an urban synoecism similar to the Greek type, a feudal service (Fronwesen) comparable to the Medieval one, and an exchange based on money and credit of a modern, capitalistic flavor 31 • The overall system does not fit into the categories or stages postulated by Bücher's theories: the geschlossene Hauswirtschaft which should characterize an ancient economy, with its coincidence of producers and consumers, is contradicted by the lively exchange of goods and services among the different productive units inside the Sumerian city. Of course the Volkswirtschaft of modern times is even less pertinent - and on this point the "modernizing" views of Eduard Meyer are rejected. Schneider has to con-
clude that a unilineal development for the entire world is contradicted by the Sumerian case32 • lt is interesting to notice that in the same years '20s, when Schneider's booklet appeared, other and more famous historical works also made more detailed classifications of cities possible: Henri Pirenne's book on the Medieval city appeared in 1925 33 , and Gustave Glotz' book on the Greek polis appeared in 192834 : both of them contributed to a historically differentiated approach to the topic. But of course these books remained well inside the perspective opened by Fustel and especially developed by Weber, namely that of a Western city centered on market economy and local representative government - while Schneider's attempt really broke away from such aperspective and suggested that the type of the Oriental city should deserve a peer attention and peculiar solutions.
29 A. Falkenstein, La cite-temple sumerienne, in "Cahiers d'Histoire Mondiale" I (1954), pp. 784-814.
3
°K. Bücher, Die Eiltstellung der Volkswirtschaft, Tübingen 1893. In his reconstruction, Bücher makes no use at all of ancient Oriental data, passing from the "ethnographic" cultures to the classical world of Greece and Rome. 31 Schneider's approach is seldom quoted by recent supporters of the "mixed" economic structure, like 1. Renger, Dijferellt Economic Spheres in the Urban Economy of Anciellt Mesopotamia, in E. Aerts - 1-1. Klenge!, The Town as Regional Economic Ce/lire in the Anciellt Near East, Leuven 1990, pp. 20-28.
95
4. THE "COLONIAL" PERIOD After the fall of the Ottoman empire, direct European administration of the Near and Middle East brought about the organization of local departments of antiquities and an intensive activity in large urban digs, including the exposure of substantial quarters of private hoses: suffice it to remernher the British excavations in Iraq (especially at Ur) and in the Indus valley. The German excavations at Babyion and Ashur were also published in those years. In Old Babylonian Ur, Leonard Woolley excavated a normal cityquarter, and identified (or believed to have identified) those places of dailylife activities that characterize a living quarter still today: shops and workshops, inns, local chapels, schools ("Ur appears to have been full of schools"). He even gave modern and familiar (Oxford) names to streets and minor lanes, and civic numbers to the individual buildings, in order to increase a feeling of normality 35 • At Mohenjo Daro on the other hand the preservation of private houses to a high elevation, the astanishing system of sewers and drains, and the lesser preponderance (as compared to Egypt or
32 0n Bücher's and Meyer's opposed views on ancient economy cf. M. Finley, The Bllcher-Meyer Colltroversy, New York 1979. 33
1-1. Pirenne, Medieval Cities: their Origins and the Revival ofTrade, Princeton 1925 (Les vii/es du Moyen Age, Bruxelles 1927). 34
35
0. Glotz, La cite grecque, Paris 1928.
Cf. L. Woolley, Ur Excavations, VII: The Old Babyionion Period, London 1976 (written before 1939), passim (the passage about schools is on p. II).
97
M. Liverani
Ancient Near Eastern Cities and Modern Ideologies
Mesopotamia) of public buildings also provided a sense of "normal" city life, not too different from that of the modern, crowded Indian towns3 6 . The German reconstructions of Ashur and Babyion alternate an impressive image of power (the huge city-walls, the high temple-towers, the palaces) with the images of a normal, every-day life not different from that of a contemporary Near Eastern town37 • All in all, it was no Ionger possible to doubt that the ancient Near Eastern settlements were real towns or cities. To tell the truth, the ghost of the "camp retranche", the empty esplanade encircled by huge walls, continued to wander about the Near East, especially about Syria, connected with the military aristocracy of chariot-drivers, and/or with the Hyksos38 . Such a Iabel, however, was mostly applied to unexcavated sites, while all the actually excavated sites provided sound proof for normal urban Settlements, in which the outstanding buildings of the city-temple and/or the royal palace towered above an intricated network of houses and lanes. In the meantime, as an obvious result of the colonial experience, modern urbanism in non-European countries also became an important subject of study, and the question of the "Oriental" city acquired an increased relevance. The increased knowledge of the specific features and the overall structure of the "Oriental" cities eventually Iead to important developments. Western and eastern cities were counterposed again; but this time not in the sense of discarding the eastern data as badly fitting into the western model, but in the sense of pointing out different cultural experiences and historical trajectories 39 •
Leaving aside here the Indian and Chinese cases, we have at least to remember that several studies on traditional Islamic towns were carried out by the colonial administrations (both French and British), with the aim of architectural tuteJage and modern urban planning. Of course, "colonial" urbanists were mostly interested in, and dealing with modern cities; and unavouidably they tried to include also the ancient remains in their mental model. The cities of the Greek and Roman period had an obvious visibility of their own, and were backed by so strong a historical tradition to be considered as a separate phenomenon, namely as western intrusions into the Near Eastern world - in a sense a forerunning of modern European colonial presence. The case of Michael Rostovzev can be recalled here as a typical issue of the "colonial" attitude40 : the diffusion of the Hellenistic cities in the Near and Middle East is clearly described on the model of modern colonial penetration; the Greek cities are the centers of administration, trade, economic development, civic life; they are surrounded by a passive population of local peasants, ignorant and historically irrelevant; before the arrival of the Greeks, "Oriental" cities (sometimes "!arge cities") do exist, but are always characterized simply as "caravan cities" inland, or as trade harbors on the Phoenician coast. Differently from the cities of the classical period, the pre-classical cities underwent the danger of a new misunderstanding: once the risk of being discarded as non-existent was over, they run the risk of being simply assimilated to the Islamic cities, as "Oriental" and therefore slightly affected by time passing. Studies on Islamic cities became largely available, and had a direct impact on the understanding of the ancient Near Easterm ones. Just to give one example, in 1950 Henri Frankfort suggested a very high density of urban settlement (300 to 500 inhabitants per hectare!), on the basis of similar estimates for traditional Islamic cities like Aleppo or Damascus41 • Ancient Griental settlements, once imagined as too empty to be real cities, now become too crowded - in a sense following the increase of population and urbanization in the Near East from mid-I9th to mid-20th century A.D. More in general, the shaping of the ancient Near Eastern cities after the model of the Islamic ones became common practice. This was partly due to the archaeologists' familiarity with Islamic towns, perhaps also to their recurrent realization that the technical details of the ancient buildings were
96
36 Cf. M. Wheeler, The lndus Civilization, Cambridge 19683 ; S. Piggot, Prellistarie lndia, Harmondsworlh 1950, passim. D. Schlingloff, Die altindische Stadt. Eine vergleichende Ulllersuchung (Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz, Abhandlungen der geistes-und sozialwissenschaftliche Klasse, Jahrgang 1969, Nr. 5), Wiesbaden 1969 deals wilh the "classical" (i.e. Iaie firsl millennium B.C.) Indian cily.
37 Cf. W. Andrae, Das wiedererstandene Assur, Leipzig 1938, Abb. 3-4, 8, 14, 21: 0. Reulher, Die Innenstadt vo11 Babyton (WVDOG 47), Leipzig 1926, Abb. 60, 64, 68. 38 Cf. e.g. S. Ronzevalle, Le camp retrancl!e d'el-Mi!rife, in "Melanges de l'Universite Saint-Joseph" 7 (1914-21), pp. 109-126; du Mesnil du Buisson, Les ruines d'el-Mishrife, in "Syria" 7 (1926), pp. 289-325; M. Talion, Le camp retranche de a~-~our, in "Melanges de l'Universite Saint-Joseph" 34 (1957), pp. 241-245. For recent echoings of such an idea cf. e.g. D. Oates, Walled Cities in Mesopotamia, in "MARI" 4 (1985), pp. 585-594; E.C. Stone, The Development of Cilies in Ancie/11 Mesopotamia, in J .M. Sasson (ed.), Civi/izations of the A11cie111 Near East, I, New York 1955, pp. 244-245. 39
Cf. e.g. V. Murvar, Some Tentative Modijicatio11s of Weber's Typology: Occidental versus Oriental City, in "Social Forces" 3 (1960), pp. 381-389.
40
41
M. Roslovzev, Social and Eco11omic History of the Helle11istic World, Oxford 1941.
I-I. Frankfort, Ki11gship a11d the Gods, Chicago 1948, p. 396 fn. 23: cf. idem, Town Planning i11 A11cient Mesopotamia, in "Town Planning Review" 21 (1950), pp. 99-115.
99
M. Liverani
Ancient Near Eastern Cities and Modern ldeologies
"exactly alike" those of the modern (traditional) architecture - so that the naive idea that things remained the same through the millennia was commonly accepted. Same manifestations of such an idea, as is apparent for example in the graphic reconstructions of scenes of daily life in the framework of ancient cities, arenothing more than amusing guesses, and probably not too far off the mark. But the idea of a strict continuity of ancient Oriental and traditional Islamic cities later became a matter of theoretical Statements by geographers, urbanists, architects: similar statements arestill circulated42 , and require at least a short comment here. First of all, formal and functional differences cannot be concealed under a unified and simplified concept. For example, the mosque is not the same as the temple: it does not function in the same way, it has not the same function in society. Not only the ancient Near Bastern temple had an economic role (in production and redistribution) which is missing in the mosque; but even the properly religious functions aredifferent - the temple being the abode of a god, the mosque a hause of prayer. Another example is the problern of quarters or neighborhoods 43 • In the Islamic city they do exist, mainly as a reflection of the inner subdivision of the urban population into different religious and ethnic communities (in addition to craft specialization). This was not the case of the ancient Near Bastern towns, so that their inner structure into babtus and blocks was purely urbanistic in nature. The second point I want to make here has a more precise ideological relevance. The idea of continuity from ancient Near Bastern to lslamic city is just a case of the emphasis on continuity as typical of the Orient, as opposed to the emphasis on change as typical of the Western world. Not by chance, the continuity bypasses the classical (Greek and Roman) city in the Near Bast, as an intrusive element - disregarding the obvious fact that the Islamic city derives its basic structure from the classical city itself! 44
As to the specific features of the ancient Near Bastern city, the technically improved digs of the colonial period brought to light impressive examples of temples and palaces of the second, third and even fourth millennium, whose architectural visibility was fully comparable with the first millennium examples already brought to light by the Germans in the first pre-war period. Just to quote a few cases, the "Oval" temple at Khafaje became the most obvious illustration of the "Sumerian temple-city" as theorized by Anna Schneider on the basis of the written documents alone; the Mari palace became the most evident architectural embodiment of an all-encompassing political agency; and the Banna enclosure at Uruk became the tangible proof of the religious origins of the Mesopotamian urbanization. As a major consequence, the ancient Near Bastern city was correlated to the classical city in more precise and unbalanced chronological terms differently from the early phase of studies, when Nineveh or Babyion or Persepolis were roughly contemporary to Athens and required an explanation in terms of typology and not in terms of change through time. Not only the Near Bastern cities (going back to the third or fourth millennia B.C.) were by far older than the Greek poleis (going back to the mid-first millennium only); but also and more importantly they provided the oldest example of an urban organization ever found in the entire world history. lt is characteristic of the colonial appropriation of the Oriental heritage, that the ancient Near Bastern city (and civilization in general) became the first chapter in a world history of western authorship and finalization, an intermediate chapter between prehistory and the emergence of the Greek civilization - in an obviously biased and arbitrary compromise between an unilineal development and a multifarious set of different cultures45 •
98
42 Cf. the especially aulhorilalive views of E. Wirlh, Die Orientalische Stadt. Ein Überblick aufgrundjüngeren Forschungen zur materiellen Kultur, in "Saeculum" 26 (1975), pp. 45-94.
Recenlly supporled by E.C. Stone, Nippur Neighborhoods, Chicago 1987; ead., eil. in Civilizations of the Ancient Near East, I, pp. 241-242; ead., The Spacial Organization of Mesopotamian Cities, in "Aula Orienlalis" 9 (1991), pp. 235-242.
5. DECOLONIZATION AND WIDER SCENERIES About one hundred years after the first recovery of the Assyrian capitals, the available data had undergone an enormaus increase and diversification. The Western tradition had to seriously take into account other traditions,
43
44 Cf. C. Cahen, Zur Geschichte der städtischen Gesellschaft im islamischen Orient des Mille/alters, in "Saeculum" 9 (1958), pp. 59-76, as opposed lo G.E. von Grunebaum, Die islamische Stadt, in "Saeculum" 6 (1955), pp. 138-153.
4
sSuch a perspeclive was quile common and requires no quote. On a more lechnicallevel, cf. J.H. Breasted's program for lhe founding of lhe Chicago Orienla1 Institute: The Task of theOrientalist and /ts Place in Science and History, in The Orienta/lnstitute, Chicago 1933, pp. 1-26; commenls by M.T. Larsen, Orientalism and Near Eastern Archaeology, in D. Miller - M. Rowlands- C. Tilley (eds.), Domina/ion and Resistance, London 1989, pp. 229-239.
M. Liverani
Ancient Near Eastem Cities and Modern Ideologies
that its own economic and political imperialism had brought to its attention. On the one hand, time was ripe for a more comprehensive and possibly more objective definition of "city" or classification of cities. On the other hand, time was also ripe for a new response to the questions of urban origins and of developmental stages. Both tasks were tackled by one scholar, Vere Gordon Childe. We need not discuss here the work of Gordon Childe, since this has already been done several times46 • Moreover, to discuss the "urban revolution" would Iead us into a different field than the definition or the image of the Oriental city. Therefore, I will just briefly comment on Childe's definition of city, the first serious attempt in this direction since the time of Werner Sambart and Max Weber. It is difficult to compare two scholars so different (in their field of activity, cultural background, even political ideas and personal behavior) as Max Weber and Gordon Childe; yet we have to realize that both faced the same problem, namely a generally acceptable definition of city. The farnaus "ten points" that according to Childe define a city 47 have been submitted to repeated criticism, and today we find them too simplistic and theoretically confused 48 • Yet it would be unfair to compare Childe's proposals with the sophistication of later discussions. Rather, we have to compare them with previous theories and realize the enormaus improvement accomplished in between. Of course, Childe's problem was to find out features that could be archaeologically visible (or "testable", as we would say now), so that the focus shifted from the institutional aspects that had always been privileged since Fustel or Weber, to the material aspects more familiar to archaeologists. The material features, however, were just a way or a tool to reach in any case the institutional core of the problem; so that the most meaningful change runs from Fustel 's religious institutions, through Weber's sociopolitical institutions, to Childe's socio-economic institutions. But the basic relevance of Childe's definition is even more general, and has to do with methodology, with the problern of objectivity, of Wertfreiheit
to use Max Weber's beloved term49 . Differently from Weber's classification, that was so evidently embedded into, and derived from, judgements of value in the political and ideological fields, Childe's "ten criteria" could be equally applied to various historical cases, having been selected from a wide range of different samples. The evident failure of Weber's attempt, to impose to the rest of the world a concept elaborated inside the specific Western experience, generated the opposed and obvious attempt, to build up a concept based on the most simple and common features present in various historical traditions. After Childe's article, it would be difficult for everybody (historian or sociologist) to exclude the ancient Near Bastern city, or any other kind of city, from a general classification or discussion. Apart from Gordon Childe, other scholarly contributions shoud be quoted at this point, in order to make clear that the two decades after the end of World War li were really effective in re-shaping the Western view of the ancient Near Bastern city. Kar! Polanyi's theory of a non-market economy, based on redistribution and administered trade50 , has a Iot to do with the image of a Mesopotamian city devoid of market-place and dominated by the "great organizations" of temple and palace. Although some points of Polanyi's proposals have been dismissed by later scholarship, the basic idea remains valid still today, and even more valid is the theoretical principle of reconstructing ancient economic systems by putting aside our capitalistic mental habit, and by trying to find universally valid categories 51 • In particular, concerning the economic roJe of the ancient Near Bastern city, Polanyi's concept of "redistribution" seems to have positively overcome the old debate on Weber's distinction of the ancient city as a "city of consumers" versus the modern city as a "city of producers". Such Iabels were badly fitting our perception of the ancient Near Bastern cities (as incomplete, both true and both false), that can much better be Iabelied as "redistributive centers" with implicit underscoring of the central roJe of temples and palaces and similar administrative agencies. As to the roJe of the market, and the very presence of market-places, whatever be the
100
101
49
46Cf. especially B. Trigger, Gordon Childe: Revolutions in Archaeology, London 1980; most recent1y D.R. HaiTis (ed.), The Archaeology of V. Gordon Childe, Chicago 1994. 47
V.G. Childe, The Urban Revolution, in "Town Planning Review" 21 (1950), pp. 3-17.
Cf. e.g. R. McC. Adams, The Evolution of Urban Society, New York 1966, pp. 9-12; K.V. Flannery, Childe the Evolutionist, in Harris, cit., pp. 106-109. 48
M. Weber, Der Sinn der "Wer/freiheit" der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften, in "Logos" 7 (1917), pp. 40-88 (reprinted in Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1922, pp. 475-526). 5
°K. Polanyi, Trade and Marke/ in Early Empires, Glencoe IL 1957.
51 ln this sense, K. Polanyi's first book, The Great Transformation, New York 1944 is probably more important than Trade and Marke/, in pointing out how the "classical" economic theories are - they too - the resull of a specific economic and political juncture.
M. Liverani
Ancient Near Eastern Cities and Modern Ideologies
modern evaluation of Polanyi's proposals (the scholarly opinions are divided, at the moment) 52 , in any case the Iang-lasting link of city and market can no Ionger considered as an obvious dogma. In the same direction I would consider also the emphasis (probably the excessive emphasis) put by Kar! Wittfogel on the roJe played by artificial irrigation in generating the ancient Oriental urban settlements and despotic States53 ; and the revival by the Neo-Marxist movement of the "Asiatic Mode of Production" with its model of a double Ievel of aggregation (the rural communities and the royal city)54 • A common fate for most of these proposals was their dismissal and explicit criticism by Western European and American scholars, mostly for political reasons, and nevertheless the implicit acceptance of their wider implications. After that season of research and discussion, it has become impossible to simply counterpose the Oriental and the Western city, and to apply a negative judgement of value to the former - because "despotic" or because "immutable". It has become necessary to build up alternative, positive models, all worthy of equal attention, through time and space55 • We can use the Chicago symposium on City lnvincible (1958, published in 1960) as a meaningful sample of the great variety of ideas circulating at that time56 • While most of the Assyriologists (and other Orientalists) presented
contributions dealing with marginal aspects of the problem, some papers were quite meaningful of the current trends. Lewis Mumford accepted Childe's factors of agricultural surplus and craft specialization at the origin of the "great explosion of power" that is the urban revolution 57 • Polanyi contributed his own paper on the peculiar tools of redistributive economy (with such now current concepts as "staple finance", "prestige sphere", "submonetary devices") 58 . Leo Oppenheim's position must be understood in relation to the old theory of Max Weber, that cities are based on market economy and communal freedom. Oppenheim implicitly accepted Weber's definition but opposed his dismissal of the Oriental cities, trying to dernonsrrate that also the Babylonian cities did answer Weber's requirements: "The stress placed on civic liberty, the pride in being a citizen of a city, is very characteristic of Mesopotamia "59 • In such a "Babel" of theories, the most innovative contribution was that by Robert McCormick Adams - quite clearly the inspirer of the entire symposium. Adams was explicitly and implicitly critical of both Childe and Wittfogel: the Mesopotamian alluvium does not produce a higher agricultural surplus, and small-scale irrigation does not require a political planning (while large-scale irrigation arrives when city and state are already in place) 60 • Rather, the origin of cities has to do with a differentiation of resources generating social differentiation, specialization, stratification; and with the subsequent need for an efficient control of such a complex configuration61 • Later studies - especially by American anthropologists - will largely follow these early suggestions of the young Adams.
102
52 Cf. the anti-polanyian positions of W. Röllig, Der altmesopotamische Markt, in "Welt des Orients" 8/2 (1976), pp. 286-295; M.A. Powell, Götter, Könige und "Kapitalisten" im Mesopotamien des 3. Jahrtausendv.u.Z., in "Oikoumene" 2 (1978), pp. 127-144; M. Silver, Kar/ Polanyi and Markeis in the Ancie/11 Near East, the Challege of the Evidence, in "Journal of Economic History" 43 (1983), pp. 795-829. But cf. the authoritative pro-polanyian view by D.C. North, Markeis and Other Allocation Systems in History: The Challenge of Karl Polanyi, in "Journal of European Economic History" 6 (1977), pp. 703-716.
51 K.A. Wittfogel, Oriental Despotism. A Camparalive Study of Total Power, New I-laven 1957. Wittfogel's theories have been contested both by neo-marxist and by liberal scholars (cf. for all R. McC. Adams, The Evolution of Urban Society, cit.); yet the relationship of irrigation and despotism (which goes back to much earlier philosophers than Wittfogel!) is still worthy of a less biased analysis. 54 Cf. R. Garaudy (ed.), Sur le "mode de production asiatique", Paris 1969; G. Sofri, II modo di produzione asiatico, Torino 1969.
55 The model of a "preindustrial city", advanced by G. Sjoberg, The Preindustrial City. Past and Present, New York 1960, including ancient and modern "third world" cities as counterposed to modern weslern cities, seems a too rough (or too !arge) approximation to be useful for historical analysis.
Kraeling- R. McC. Adams (eds.), City Jnvincible. A Symposium and Cultural Developme/11 in the Ancie/11 Near East. Chicago 1960. 56C.H.
011
Urbanization
103
57 L. Mumford, University City, ibid. pp. 5-19, and Concluding Address, ibid. pp. 224-242. The "explosion of power" is typical of Mumford 's ideas on pre-classical city as an oppressive megalopolis. Cf. also his major work The City in History, New York 1961, passim in chapters III and IV.
58
K. Polanyi, On the Camparalive Treatment of Economic Institutions in Allliquity, with Illustrations from Athens, Mycenae, and Alalakh, in City Jnvincible, pp. 329-350. 59A.L. Oppenheim, in City Invincible, pp. 79-81; cf. also his Mesopotamia- Land of Many Cities, in I.M. Lapidus (ed.), Middle Eastern Cities, A Symposium 011 Ancient, /slamic and Contemporary Middle Eastern Urbanism, Berkeley 1969, pp. 3-18; and A NewLook at the Structure of Mesopotamian Society, in "Journal of lhe Economic and Social History of the Orient" 10 (1967), pp. 1-16.
60 R. McC. Adams, Factars lnjluencing the Rise of Civilization in the Alluvium, /llustrated by Mesopotamia, in City lnvincible, pp. 24-34; Early Civilization, Subsistence, and Environment, ibid. pp. 275-281. 61
Ibid., pp. 275-278; cf. also more extensively in The Evolution of Urban Society, cit.
104
Ancient Near Eastem Cities and Modem Ideologies
M. Liverani
6. NEO-CAPITALISM AND THE END OF IDEOLOGIES Recent developments are more difficult to evaluate, because we are fully embedded in them. Yet the role of neo-capitalist intervention in the "regional planning" of the modern Near East is quite evident. On the one hand it provided scholars with a wide range of technical tools of unprecedented value: for the first time discussions on the physical arrangement of settlements and resources were based on exact and detailed data, not just on educated guesses. 1t became even possible to study ancient cities without excavating them 62 - a kind of "virtual" urban archaeology, rather cheap and therefore welcome in a time when the real excavation of an extensive urban area has become too expensive. On the other hand, any prejudice based on ethnic or cultural differentiation has been dismissed, at least officially. Therefore, the study of Oriental or Western, ancient or modern, cities has become the same: it is no Ionger based on 19th century theories, but on a rational analysis of the ecological scene and the available resources, in order to correctly locate infrastructures and Settlements. The planning purposes of the New Geography have been in fact applied to the reconstrction of the past, even the remote past. The problern of the ancient Oriental city, no Ionger a matter of philosophy, and hardly one of history, has become part of the earth sciences 63 . Recent studies on ancient Near Eastern urbanization are mostly carried on according to the principles of New Geography and of regional planning (with Thiessen's polygons, Christaller's centrat places, nearest neighbor analysis, and rank-size rules)64 • The qualification that the economic principles obtaining in the modern world might not be valid in the ancient Near East, has been often advanced on a generat Ievel, but never practically
61 Cf. E.C. Stone- P. Zimansky, Mashkan-shapir and the Anatomy of an Old Babylonian City, in "Biblical Archaeologist" 55 (1992), pp. 212-218. Most of the regional analyses (as best represented by R. McC. Adams, Heartland of Cities, Chicago 1981) are based on surface surveys.
The regional setling of cities is now of common use also in more traditional studies, cf. E. Aerts- H. Kiengel (eds.), The Town and Regional Economic Centrein the Ancielll Near East, Leuven 1990 (cf. especially the traditional and eclectic Introduc/ion by H. Klenge!, pp.
105
applied in detailed studies. Consequently, the very possibility of defining differences between modern and ancient, western and eastern settlement arrangements is ruled out a priori, because of the application of abstract models. The correct criticism of such concepts as "Oriental" and "ancient", as being too vague and pre-conceived, has not led to more precise and unbiased concepts, but to a complete renunciation to conceptualize. "Complexity" and "Systems theory" 65 have replaced both history and typology. As concerns the study of individual cities, or of inner urbanistic and architectural details 66 , the leading principle is now the use of ethno-archaeological parallels67 • These are welcome, and in a sense have always been used, since the early digs in Egypt and in Assyria. They are especially welcome in understanding the technical details; much less (in my opinion) in understanding the overall structure, or in our case the function of the city. Details have different meaning according to their context, and the socio-economic and socio-political context of early and modern towns is quite different indeed. Of course, continuity is obvious, it is always there, and it is only too easy to point out. The real and more difficult task of the historian is to discover discontinuities, to point out evolution in time and regional varieties. I see two similarly risky (while formally opposed) trends in recent studies on the ancient Near Eastern cities, both denying the possibility of reconstructing an historical development and an ideal type. The first trend is to think that cities are always alike (through time, through space) - we have already touched on this point above, propos of the lslamic city. The opposite danger comes from considering every individual city as a unique case, and every attempt to build an "ideal type" as a tremendous and unacceptable simplification. Take for instance the limited area of the Mesopotamian alluvium during the Old Babylonian period. On the basis of what we know from digs and/or texts, we could easily characterize every city in a different way: Ashur as a caravan city where everybody is busy with producing and exporting textiles, Mari as a huge palace installed amidst pastoral tribes,
a
61
3-6). 64 Cf. e.g. G.A. Johnson, Locational Analysis and the Investigation of Uruk Local Exchange Systems, in J.A. Sabloff- C.C. Lamberg-Karlowsky (eds.), Ancie/11 Civilization and Trade, Albuquerque 1975, pp. 285-337; id., Monitaring Complex System IIIIegration and Boundary Phenomena with Se//leme/11 Size Data, in S.E. van der Leeuw (ed.), Archaeological Approaches to the Study of Complexity, Amsterdam 1981, pp. 144-188.
65 Starting at least with Ch.L. Redman, Mesopotamian Urban Ecology: The Systemic Context ofthe Emergence of Urbanism, in id. (ed.), Social Archaeology: Beymut Subsistence and Dating, New York 1978, pp. 329-347. 66
Among recent studies, cf. e.g. E.C. Stone, Nippur Neighborlwods, Chicago 1987; C. Castel, Habitat urbain neo-assyrien et neo-babylonien, 1-11, Paris 1992. 67 Cf. e.g. E.C. Stone, Texts, Architecture and Ethnographie Analogy: Pallems of Residence in Old Babylonian Nippur, in "lraq" 43 (1981), pp. 19-33.
106
M. Liverani
Ancient Near Eastern Cities and Modern ldeologies
Sippar as a splitted settlement under the aegis of the Shamash cloister, Ur as a harbor engaged in sea trade and encumbered by the memories of a former imperial vocation, Eshnunna as a small aggressive stronghold, Larsa as a large agricultural town, Babyion as an ernerging imperial capital, Nippur as a holy city never endowed with political authonomy, and so on. If it is arbitrary to build a specific type of the Old Babylonian city, how to build a generat type of the ancient Near Eastern city? 68 The answer should deal with the very definition of "type", which contains in various degree the elements of "image" and those of "model". By "image" I mean the commonly received, highly qualitative appreciation of the ancient Naer Eastern city, unavoidably concerned with exterior features, from city planning and urban Iayout to the rhythm and texture of city life. It is only too obvious how different in space and time are the various historical cities - and how difficult it is to correctly link these external features to the basic socio-economic trends. By "model" I mean a set of elementary factors whose systemic interaction simulates reality, makes it understandable. Reality in itself is too complicated, too occasional, too destructured to be understandable: we need models - as much simplified and "elegant" as possible - in order to realize its functioning, and separate message from noise. In as far the different models are capable of "explaining" the historical images of the cities, they are helpful and even necessary: they are the current tool of the historian. Of course, we need models appropriate to the Ievel of generalization we are using. Historians of ancient Mesopotamia need a model of the Old Babylonian city, as opposed to Early Dynastie or Neo-Assyrian cities. Ancient historians need a model of the Mesopotamian city, as opposed to the Egyptian or the Greek ones69 • General historians might need a more comprehensive model of the ancient Near Eastern city (unifying different regional variants like the Mesopotamian and the Egyptian, the Syrian and the Anatolian, and a marked evolution through time) 70 • Lastly, social scientists and geographers need a model of the city tout court.
Nobody should need any Ionger a type or model of the "Oriental" city, as opposed to the Western city, since this type was the product of a Eurocentric view and a coloniaHst attitude: it was the image of despotism pointed at the contempt of the Western democratic world. However, since ideologies are only apparently dead out, in fact they are just more cunningly disguised, we have to realize that our current studies of the topic (i.e. the neo-geographic approach, the ecological frame, the systemic interaction, the unbiased and unprejudiced attitude) are as weil the product of other views and other interests, namely those of our neo-capitalistic age, of our attempt to dominate the outer world no Ionger by way of Counterposition but by way of assimilation.
68 Cf. the evident unease with generalizations in Elizabeth Stone's and Mare van de Mieroop's works quoted below.
69Cf. E.C. Stone, cit., in Civilizations of the Ancient Near East, I, pp. 235-248 (actually a twofold model for the south and the north, and mostly limited to the period 2500-1700); M. van de Mieroop, The City in Mesopotamian History, Oxford forthcoming. 7 °Cf. my attempt La cilta vicino-orientale antica, in P. Rossi (ed.), Mode/li di cilta, Torino 1987, pp. 57-85. W. von Soden, Tempelstadt und Metropolis im Alten Orient (1979), republished in Aus Sprachen, Geschichte und Religion Babyloniens, Neapel 1989, pp. 293-335 is purely descriptive (and limited to Babylonia).
107
DIE ALTORIENTALISCHE HAUPTSTADT ABBILD UND NABEL DER WELT
Stefan M. Maul, Heidelberg
Betrachtet man die akkadischen Begriffe, die "V ergangenes" und "Zukünftiges" bezeichnen, nicht nur als Wortentsprechungen zu den jeweilig zugeordneten deutschen Begriffen, ist eine auf den ersten Blick erstaunliche Entdeckung zu machen. 1 Ein Blick auf die Etymologie der akkadischen Zeitbegriffe für "früher": pän, päna; pänänu(m); päni; päna(m) oder für "frühere Zeit", "Vergangenheit": pänätu; pänrtu(m), pänü zeigt, daß diese Begriffe zu akkadischem pänum, "Vorderseite", im PI. pänü, "Gesicht" gehören. 2 Die sumerischen Entsprechungen zu den akkadischen Zeitbegriffen der Vergangenheit (wie päna, pänänu, pänrtu etc. und zu maljra(m)) sind mit dem Wort igi gebildet, das "Auge" und dann auch "Gesicht", im übertragenen Sinne "Vorderseite" 3 bedeutet. Ähnliches ist auch für die Begriffe, die Zukünftiges bezeichnen, zu beobachten. (W)arka, (w)arkänu(m), (w)arki, in der Bedeutung "später", "danach", (w)arka(m) in der Bedeutung "zukünftig" und (w)arkrtu(m), "Späteres", "spätere Zeit", "Zukunft" gehören zu dem Wort (w)arkatu(m), "Rückseite, Hinteres". Auch die entsprechenden sumerischen Begriffe ( e g er; m ur g u ; bar) bedeuten zunächst "Hinteres" und "Rückseite". Ohne daß hier dieses für das Verständnis der mesopotamischen Kultur höchst wichtige Problem der Eigenbegrifflichkeit näher betrachtet werden soll, wird doch deutlich, daß in der Sichtweise eines Babyioniers die Vergangenheit ihm "angesichtig" daliegt, wohingegen das Kommende, Zukünftige (warkftum), das ist, was er als "hinter" sich liegend betrachtet. In der Gedankenwelt unserer eigenen modernen Gesellschaft wird jedoch das Umgekehrte als selbstverständlich hingenommen: nämlich daß wir in die Zu-
1
Die im folgenden vorgestellte Interprelation der akkadischen und sumerischen Zeitbegriffe geht auf Claus Wilcke zurilck (vgl. C. Wilcke, "Zum Geschichtsbewußtsein im Alten Mesopotamien", in: H. Milller-Karpe, Archäologie und Geschichtsbewulltsein, Milnchen 1982, S. 31-52). 1 Gieiches gilt filr den Begriff ma~rfi(m), "früherer". ma[lrfi(m) ist abgeleitet von matmun, das zunächst (örtlich) "Vorderseite" bedeutet. 3 0der genauer: "das, was dem Betrachter ungesichtig ist".
S.M. Maul
Die altorientalische Hauptstadt - Abbild und Nabel der Welt
kunft schauen, und daß die Vergangenheit hinter uns liegt. Spinnen wir diesen Gedanken weiter fort, bedeutet dies, daß wir "der Zukunft zugewandt" auf der Zeitachse voranschreiten, wohingegen die Mesopotamier sich zwar wie wir auf dieser Achse in Richtung auf die Zukunft fortbewegten, allerdings mit dem Blick in die Vergangenheit gerichtet. Gewissermaßen schritten sie 'mit dem Rücken nach vorn', also rückwärts gehend, in die Zukunft. Ohne das hier gewählte Bild überstrapazieren zu wollen, liegt nahe zu folgern, daß das 'Augenmerk' der mesopotamischen Kultur in die Vergangenheit und damit letztlich auf den Urpunkt allen Seins gerichtet ist. In der Tat ist das Interesse der mesopotamischen Kultur an der eigenen Vergangenheit allgegenwärtig: So legitimierten sich sowohl die Könige Babyloniens als auch die Assyriens nicht nur dadurch, daß sie alten Herrscherfamilien entstammen, sondern betonten, daß sie "von ewigem Samen" 4 , von "kostbarem Samen aus der Zeit vor der Flut"\ aus "Familien der Urzeit" 6 stammten. Auch dem Mythos zufolge schufen die Götter "den König" sogleich nach der Erschaffung der Menschen, damit er die Menschen recht leite. 7 Die Aufgabe eines Königs bestand darin, die von den Göttern in der Schöpfung geschaffene geordnete Welt zu bewahren und zu erneuern. Reformen werden daher in Mesopotamien grundsätzlich als das Wiederherstellen dieser (im Laufe der Zeit brüchig gewordenen) Ordnung begriffen. Das Idealbild der Gesellschaft und des Staatswesens, die Utopie der Mesopotamier, war somit stets in der Urvergangenheit und nicht in der Zukunft angesiedelt. Auch ließen die babylonischen und assyrischen Könige des ersten vorchristlichen Jahrtausends ihre Inschriften in einer Kunstsprache verfassen, die sich an der altertümlichen, als klassisch empfundenen akkadischen Sprache des beginnenden 2. Jt. v. Chr. orientierte. Die offiziellen Inschriften der neubabylonischen Könige aus dem 6. Jh. v. Chr. wurden darüber hinaus sogar häufig mit altertümlichen Keilschriftzeichenformen niedergeschrieben, die im Alltagsleben über anderthalb Jahrtausende Jahre zuvor in Gebrauch waren. 8
Die Schreiber des 1. Jt. v. Chr. legten - wie moderne Assyriologen - paläographische Zeichenlisten an9 und fertigten Tontafelfaksimiles, die so gelungen erscheinen, daß sich bisweilen auch Assyriologen über das wahre Alter des Dokumentes tä~schen Jassen. 10 Der hochgelehrte neuassyrische König Assurbanipal rühmte sich gar, Inschriften "aus der Zeit vor der Sintflut" 11 zu entziffern in der Lage gewesen zu sein. Die wohl älteste Sprache der mesopotamischen Kulturen, das mit keiner bekannten Sprache verwandte Sumerische, galt noch um die Zeitenwende - 2000 Jahre nachdem sie als gesprochene Sprache aufgehört hatte zu existieren - als heilige Sprache, in der man die Götter anredete. 12 Sumerische Texte, die bereits im 3. Jt. v. Chr. entstanden, waren noch in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten wesentlicher Bestandteil des Götterkultes. 13
110
4
Vgl. CAD Z, S. 95f. s.v. zeru 4b. Siehe G. Frame, RIMB 2, S. 25, Nebuchadnezzar I B.2.4.8, Z. 8: zeru nasru !a läm
5
ababi.
·
Asarhaddon bezeichnete sich und die assyrische Königsdynastie als zer !arrüti kisitti ~dti, "Same des Königtums, Stammbaum der Ewigkeit" (siehe R. Borger, Asarhaddon, S. 32, Brs. A., Z. 17 [dort übersetzt als: "königlicher Same, Uradliger"]). 6
7
Vgl. W. R. Mayer, "Ein Mythos von der Erschaffung des Menschen und des Königs", OrNS 56 (1987), S. 55-68. 8 Bereits ljammurapi von Babyion ließ den Text seiner berühmten in Susa gefundenen Gesetzesstele in einem Schriftduktus niederschreiben, der den paläographischen Entwicklungsstand des letzten Drittels des 2. vorchristlichen Jt. widerspiegelt, ohne auf die zu seiner Zeit
111
bereits außer Gebrauch gekommene archaische Orientierung der Schrift (in waagrechten Kolumnen, von oben nach unten und dann fortlaufend von rechts nach links geschrieben) zu verzichten. 9 Vgl. das eindrucksvolle Beispiel: J. A. Black, CTN 4, Nr. 229 + K 8520 (weiterführende Literatur CTN 4, S. 33). In dieser paläographischen Zeichenliste wurden den neuassyrischen Zeichenformen "archaische" Zeichenformen gegenübergestellt, die (zumindest nach der Ansicht der neuassyrischen Schreiber) den Anfang der mesopotamsichen Schriftentwicklung gebildet hatten. Die Tafel CTN 4, Nr. 235 zeigt, daß die neuassyrischen Gelehrten diese uralten Zeichen nicht nur studierten, sondern auch Texte verfaßten, in denen sie die "archaischen" Zeichen verwendeten (dazu vgl. I. L. Finkel, N.A.B. U. 199711, S. 1). Als Beispiele für Zeichenlisten (Sh) aus spätbabylonischer Zeit, in denen den Zeichenformen des ausgehenden 3. Jt. v. Chr. die jeweils zeitgenössischen Zeichenformen gegenübergestellt sind, seien E. von Weiher, SpTU IV Nr. 212 und Nr. 216 genannt. - Zu den paläographischen Zeichenlisten der Schreiber des I. Jt. v. Chr. vgl. auch P. T. Daniels, "What do the "Paleographic" Tablets Tell Us ofMesopotamian Scribes' Knowledge ofthe History of Script", Mär ~ipri 5/1 (1992), s. 1-4.
10
Dies gilt wohl für die Tafel, die von W. von Soden unter dem Titel "Ein spät-altbabylonischespärum-Preislied für Btar" in OrNS 60 (1991), S. 339-343 und Tab. CVI veröffentlicht wurde (Neubearbeitung: V. A. Hurowitz, in: Z. Zevit, S. Gitin, M. Sokolaff [Hrsg.], Solving Riddles and Untying Knots. Biblical, Epigraphic, and Semitic Studies in Honor of Jonas C. Greenfield, Winona Lake 1995, S. 543-558). Obgleich der Text zweifelsohne als altbabylonisch zu bezeichnen ist, dürfte die Tonta!el, die im altbabylonischen Duktus beschrieben wurde, in neubabylonischer Zeit angefertigt worden sein. Von der Herstellung der neuassyrischen Kopie eines Textes aus der Zeit ljammurapis von Babyion ist in dem Brief ABL Nr. 255 (= S. Parpola, SAA X, Nr. 155) die Rede. Vgl. ferner P.-A. Beaulieu, "Antiquarianism and the Cancern for the Pastin the Neo-Babylonian Period", BCSMS 28 (1994), s. 37-42. 11
Vgl. M. Streck, Assurbanipal und die letzten assyrischen Könige bis zum Untergang Niniveh's, VAB 7, Leipzig 1916, Bd. II, S. 256, Tontafelinschrift L\ Kol. I, Z. 18 (abni!a
läm abubl). 12 Sumerische Texte waren noch in den letzten Dokumenten der Keilschriftliteratur, in den sog. Graeco-Babyloniaca, Gegenstand der Überlieferung. Hierzu vgl. S. M. Maul, "Neues zu den 'Graeco-Babyloniaca"', ZA 81 (1991), S. 87-107 mit weiterführender Literatur. 13 Vgl. z.B. G. Reisner, Sumerisch-babylonische Hymnen nach Thontafeln griechischer Zeit,
112
S.M. Maul
Die altorientalische Hauptstadt - Abbild und Nabel der Welt
Interesse an der Vergangenheit manifestierte sich jedoch keineswegs nur in der Verwendung von Sprache und Schrift, sondern betraf auch die materielle Kultur: Überraschend erscheint dem modernen Leser die in neubabylonischen Königsinschriften keineswegs selten anzutreffende Schilderung, daß im Auftrage des Königs in alten, oft verfallenen Tempelbezirken regelrechte großflächige archäologische Ausgrabungen unternommen wurden, um Reste der Fundamente von uralten, z.T. längst vergessenen Kulteinrichtungen freizulegen14; mit dem Ziel, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und "keinen Finger zuviel und keinen Finger zuwenig" 15 von dem alten uranfänglichen Plan abzuweichen. 16 Unsere eingangs geäußerte, und nur auf der Betrachtung der akkadischen Zeitbegriffe fußende Vermutung, das 'Augenmerk' der mesopotamischen Kultur sei »in die Vergangenheit gerichtet und damit letztlich auf den Urpunkt allen Seins« findet in den königlichen Bauinschriften, in denen nicht selten die Absicht betont wird, die Verhältnisse aus "den Tagen der Ewigkeit"17 wiederherstellen zu wollen, eine glänzende Bestätigung. Auch der dabei häufig verwendete Begriff, den die Wörterbücher sachlich richtig, wenngleich eigenbegrifflich eher unscharf mit "wiederherstellen" oder "restaurieren" wiedergeben (ki-bi-§e gi 4 = ana asrfsu turru), weist in die gleiche Richtung. Denn wörtlich übersetzt bedeutet er "(eine Sache) an den jeweils für sie vorgesehenen, an den ihr zugewiesenen Platz zurückführen". Dahinter steht die mesopotamische Vorstellung, daß alle Dinge im Kosmos, und keineswegs nur die gegebene Natur, jeweils einen festen, unverrückbaren, im Schöpfungsakt von den Göttern zugewiesenen Platz haben. Ein Blick in die zahlreichen, oft kaum für das kulturelle Selbstverständnis Mesopotamiens ausgewerteten mythischen Texte zeigt sehr rasch, daß tatsächlich auch sämtliche kulturellen Errungenschaften, sei es die Baukunst, die Kunst der Schreiber, Goldschmiede oder Schreiner usf., als Offenbarung
des (Weisheits-)Gottes Ea galten, die dieser den Menschen zum Anbeginn der Zeiten schenkte. Auch noch Berossos, ein Marduk-Priester des 3. Jh. v. Chr., der mit seinem griechischsprachigen Werk Babyloniaka' 8 der hellenistischen Welt Geschichte und Kultur des alten Babyloniens nahebringen wollte, hielt dieses Selbstverständnis der babylonischen Kultur für wesentlich: Ein fischgestaltiges Wesen names Oannes 19 sei, so Berossos, im ersten Jahr der Welt, also unmittelbar nach Erschaffung von Himmel, Erde und Menschen, aus dem Persischen Golf gestiegen und habe "die Menschen die Schriftkunde und die mannigfaltigen Verfahrungsweisen der Künste, die Bildungen von Städten und die Gründungen von Tempeln (gelehrt) ... was nur immer der Häuslichkeit des Lebens der Welt zustatten kommt, überliefere es (d.h. das "Tier [TÖ rwo II]" Oannes) den Menschen; und seit jener Zeit werde von keinem anderen mehr etwas erfunden" .20 Dieser Vorstellung zufolge geht die Gründung eines babylonischen Tempels auf eine uranfängliche göttliche Inspiration zurück. 21 Ein erst jüngst bekannt gewordener Mythos aus dem frühen 2. vorchristlichen Jt. zeigt deutlich, daß Berossos keineswegs einem Mißverständnis erlegen war oder nur eine typisch spätzeitliche Sichtweise referierte. In diesem Mythos 22 wird die Urgeschichte des Eanna, des Haupttempels von Uruk, geschildert. Dieser (in der Realität existierende, sichtbare) Tempel galt - obwohl hundertfach restauriert - dem Text zufolge in seinem Ursprung keineswegs als Menschenwerk, sondern der Himmelsgott An wurde von seiner Tochter lnanna-IStar gezwungen, seinen himmlischen Palast freizugeben und zur Erde herabzulassen, damit dieser nunmehr als irdische Wohnstätte der Göttin dienen könne. 23
113
18Siehe P. Schnabel, Berossos und die babylonisch-hellenistische Literatur. Leipzig 1923 (Nachdruck: Bildesheim 1968) und die Übersetzung: S. M. Burstein, The Babyloniaca of Berossus, SANE 115 (1978), S. 143-181 [= S. 1-39]. 9zu Oannes (= u 4 -an, u 4 -~an, u4 -an-na; u4 -ma-~a-nim, 11-~a-nim) in der keilschriftliehen Literatur vgl. W. W. Hallo, JAOS 83 (1963), S. 176 Anm. 79; W. G. Lambert, JCS 16 (1972), S. 74; R. B01·ger, JNES 33 (1974), S. 183-196 und A. R. George, Babylonian Topographical Texts ( = BTT), Leuven 1992, S. 269. 20 Vgl. P. Schnabel, Berossos und die babylonisch-hellenistische Literatur, S. 253. 1
Mittheilungen aus den orientalischen Sammlungen 10, Berlin 1896 und ferner F. ThureauDangin, Rituels accadiens, Paris 1921 passim. 14 Hierzu vgl. G. Goosens, "Les recherches historiques Al'~poque n~o-babylonienne", RA 42 (1948), s. 149-159. 1 sVgl. W. G. Lambert, "A New Source for the Reign of Nabonidus", AfO 22 (1968/69), S. 5, Z. 24 (weitere Belege: AHw S. 1399a). 16 Der Glaube an Uranfänglichkeil von Bauwerken spiegelt sich bisweilen auch in deren sumerischen Prunknamen. So hießen die Mauern von Sippar bAd u4 -u I d u-a, "Mauer, die vor ewiger Zeit erbaut wurde" und bi\d u4 -ul-lf sa 4 -a "Mauer, die vor ewiger Zeit benannt wurde" (dazu A. R. George, BiOr 53 [1996], S. 367 [Rez. zu B. Pongratz-Leisten, lna !ulmi irub, BaF 16, Mainz 1995]). üm ~ati, vgl. AHw 1096b und CAD ~. S. 118f.
11
21 Berossos schrieb auch die Errichtung der im Altenum für ihre Monumentalität gerilhmten Stadtmauern von Babyion dem Gott Marduk zu. Unmittelbar nachdem er im Schöpfungsakt das Wasser und das Land voneinander getrennt habe, habe Belos "Babelon mit Mauer umschließend befestigt" (siehe P. Schnabel, Berossos, S. 256).
22 1. J. van Dijk, "lnanna raubt den "grollen Himmel". Ein Mythos", in: S. M. Maul, tikip santakki mala ba!mu ... (Fs. R. Borge1'), S. 7ff. 23 Spätestens an dieser Stelle wird offenbar, dall in einem mesopotamischen Tempel mythischer Raum, bzw. mythischer Handlungsschauplatz, und realer Raum ineinander fließen, ja untrennbar miteinander verschmolzen sind. Die oben erwähmen Ausgrabungen, die die neu-
114
S.M. Maul
Die altorientalische Hauptstadt - Abbild und Nabel der Welt
Uranfänglichkeit wurde jedoch nicht nur für die gesellschaftliche Ordnung, für kulturelle Errungenschaften und Tempel in Anspruch genommen, sondern auch für ganze Städte. Am besten ist dies für Babyion bezeugt. Das sog. Weltschöpfungsepos Enuma elif4 berichtet davon, daß Marduk, nachdem er die Urkräfte des Chaos besiegt hatte, die Welt erschuf. Nachdem durch seine "Kunstfertigkeit" 25 der Mensch erschaffen war, errichten ihm die Götter, die ihn zu ihrem König erwählt hatten, seinen Wohnsitz und sein Heiligtum Babyion mit Esagil und allen anderen Heiligtümern, die somit Teil des Schöpfungsaktes sind, ja, dem Text zufolge dessen Vollendung darstellen. Das Esagil ist nach Enuma elis nicht nur der Wohnsitz Marduks, sondern die Heimstatt aller Götter, die Marduk zu versorgen versprochen hatte. Ort und Gestalt des Tempels des Marduk waren laut Enuma elis freilich nicht zufällig gewählt. An dem Ort, von dem letztlich alles Leben ausgegangen war, dort, wo Marduk geboren und der Mensch erschaffen wurde, bauten die Götter ihrem König sein Haus. Das Heiligtum selbst errichteten sie über dem apsa, in dem Ea - bereits in der Vorwelt - seinen Wohnsitz errichtet hatte26 , über dem Ort, aus dem Marduk hervorgegangen war und der auch in dem tatsächlichen, historischen Tempelkomplex Esagil als Sitz des Ea realiter bestand. Das Esagil galt sowohl als Ebenbild des Palastes Eas im apsa als auch als Ebenbild des über dem Esagil gedachten himmlischen Palastes AnsY Jeder der drei kosmischen Bereiche, der Himmel, die Erdoberfläche und die Erde, wird dieser Vorstellung zufolge von einem Götterpalast beherrscht. Gemeinsam bilden alle drei Paläste eine vertikale Achse, in deren Zentrum Babyion mit dem Tempel Marduks liegt. Ausdrücklich wird Esagil als Stütze und Verbindung des in der Erde befindlichen Grund-
Wasserhorizontes apsu mit dem Hinm1el bezeichnet. Das Heiligtum Esagil und die Stadt Babyion liegen also in der Mitte der vertikalen kosmischen Achse, und verbinden diese mit der irdisch-gegenwärtigen Welt. Sie sind (nach Enuma elif) der Ort, an dem Marduk bei der Formung der Welt aus dem Leibe der toten Tiämat den Schwanz der drachengestaltig gedachten erschlagenen Urmutter an der Weltenachse Dur- m a h befestigte, um so mit ihrem Unterleib den Himmel festzukeilen und seinem Schöpfungswerk ewige Dauer zu verleihen. 28 Diese axis mundi nahm für den Besucher des alten Babyions sichtbare Gestalt an in dem siebenstufigen Tempelturm, der den Namen E- t e m e n- an- k i , "Haus Fundament von Himmel und Erde" trug. Auch auf der horizontalen, irdischen Ebene befand sich der Tempel Esagil im Zentrum der Welt. Denn alle Götter, wo auch immer sie verehrt wurden, so Enuma eliS, betrachteten das Esagil, das Haus ihres Retters, auf den sie ewige Treue schworen, als ihren tatsächlichen Kultort, und in der Tat wurden alle diese Götter im Esagil verehrt: unter der Prämisse freilich, die der Dichter des Enuma elis den Göttern in den Mund legte: "Auch wenn die Menschen aufgeteilt sind/bleiben, was (die Verehrung der unterschiedlichen) Götter angeht, bei welchem Namen auch immer wir ihn nennen, für uns sei nur er (d.h. Marduk) unser Gottl" 29 Der babylonische Zeitgenosse nahm die Anlage des Marduk-Tempels jedoch nicht nur als steingewordenes und von den Göttern geschaffenes Bild der Weltenordnung wahr. In dem Tempel selbst verschwammen für ihn Gegenwart und mythische Zeit. Trophäen und Reliquien des uranfänglichen Götterkampfes, der nach Marduks Sieg zur Erschaffung der gegenwärtigen Welt geführt hatte, konnte er dort leibhaftig bestaunen. Am "Tor des apsa" hatte Marduk, noch bevor sein eigenes Heiligtum errichtet worden war, "Bilder" der 11 Ungeheuer der Tiämat aufgestellt, die er in seinem siegreichen Kampf gegen sie überwältigt hatte. Diese von Marduk selbst noch vor der Erschaffung des Menschen gefertigten Skulpturen waren in dem historischen Bauwerk Esagil sichtbar30 und sollten, wie
babylonischen Könige veranstalteten, hallen eindeutig zum Ziel, den uranfangliehen gölllichen Plan eines Tempels, der seinerseits Teil des großen Weilschöpfungsaktes war, frei von allen historischen Verflilschungen zu ermilleln und den Tempel in seiner reinsten Form und uranflinglichen Frische wiedererstehen zu lassen; wie man vermuten darf, nicht ohne die Absicht, das Königtum zum Teil dieser uranfiinglichen Ordnung, ja geradezu zu deren Vollstrecker werden zu lassen. 24 Vgl. die jilngsten Übersetzungen von 8. R. Poster, Before the Muses. An Anthology of Akkadian Literature, Bethesda Maryland 1993, Bd. I, S. 351-402 und W. G. Lambert, in: 0. Kaiser u.a. (Hrsg.), Texte aus der Umwell des Allen Testaments, Bd. III/4, GUtersloh 1994, S. 565-602, jeweils mit weiterfUhrender Literatur (Enuma elii wird im folgenden als Ee abgekilrzt). 25
Siehe Ee VI, 38. Siehe Ee I, 71. 27 Vgl. Ee V, 119-122 und dazu W. G. Lambert, RIA 4 (1972-1975), S. 410-412 s.v. Himmel sowie A. Livingstone, Mystical and Mythological Explanatory Works of Assyrian and Babylonian Scholars, Oxford 1986, S. 79-82. 26
28
115
Siehe Ee V, 59ff.
2
'1!e VI, 119-120.
3
'l!ine Liste der Bilder der Ungeheuer an den Toren des Esagil blieb in der Tafel BM 119282, Rs. litT. erhalten (vgl. die Bearbeitung von 8. Pongratz-Leisten, BaF 16, S. 218220 und die einschlägigen Kommentare von A. R. George in Iraq 57 [ 1995], S. 174 und Biür 53 [1996], Sp. 393; vgl. ferner ders., OrNS 66 [1997], S. 65-70). Von den Bildern der Ungeheuer der Tiamat berichtet auch Berossos (siehe P. Schnabel, Berossos, S. 255: " ... eine Menge Wunderwesen, mannigfaltig gearteten und untereinander verschieden geformten, deren Bilder sie im Tempel des Belos eins neben dem anderen dargestelll aufbewahrten").
S.M. Maul
Die altorientalische Hauptstadt - Abbild und Nabel der Welt
es im Enüma eliS heißt, "als Zeichen, daß man es nie vergesse" 31 , an die uranfängliche Gigantomachie erinnern. Auch die Waffen, mit denen Marduk seine Gegner in dem Götterkampf besiegt, die Schicksalstafel, die er dem überwältigten Kingu genonunen hatte, und viele andere Objekte und Stätten, die in der Vorwelt eine wichtige Rolle auf dem Weg zur von Marduk geschaffenen gegenwärtigen Welt gespielt hatten, waren im historischen Babyion sichtbar gegenwärtig. Gleiches gilt für die Stätten, an denen sich die Götter versammelt hatten, um Marduk in den Kampf gegen Tiämat zu schicken, und an denen sie zusammengekommen waren, um ihn zu ihrem König zu erheben. Besondere Verehrung genoß ein aus Lehmziegeln gemauertes Podest, das im Vorhof des Tempels stand und von den Babyloniernparak Sfmäti, "Sokkel der Schicksalsentscheidungen", genannt wurde. 32 Wie die meisten Kulteinrichtungen in mesopotamischen Tempeln trägt auch dieser "Sockel der Schicksalsentscheidungen" einen sumerischen Namen, der du 6 -ku lautete. Dies bedeutet wörtlich, "reiner" oder auch "heiliger Hügel". 33 Der "Heilige Hügel" ist uns bereits aus den ältesten mesopotamischen mythischen Vorstellungen wohl vertraut. Mit ihm verbinden sich recht urtümliche Vorstellungen von der Weltentstehung. Aus den vorzeitlichen Urwassern, in denen Salzund Süßwasser noch nicht geschieden waren, so glaubte man, habe sich zu Anbeginn der Welt der Urhügel, eben jener "Heilige Hügel" erhoben, und aus ihm sei wie aus einer Keimzelle alles weitere entstanden. Die Vorstellung eines solchen Urhügels entspringt wohl den Grunderfahrungen der mesopotamischen LebensweiL Denn dort, wo sich auch heute noch Salz- und Süßwasser vermengen, an der Mündung von Euphrat und Tigris, entsteht stetig neues, fruchtbares Land der mesopotamischen Alluvialebene. In der noch ungeordneten Welt war der Urhügel Ursprung alles geordneten Seins und somit die Keimzelle, oder der Nabel der Welt. In dem gemauerten Podest auf dem Vorhof des Tempels, dem mythischen Urhügel, stülpte sich gewissermaßen die Vorwelt, der Uranfang allen Seins und aller Zeit, ein Pol der Zeit, sichtbar und real in die Gegenwart des babylonischen Menschen. In den Ritualen des Neujahrsfestes, den bedeutsamsten öffentlichen Ritualen Babyloniens, die zu Frühlingsbeginn in Babyion stattfanden, kam dem
parak sfmäti eine besondere Stellung zu. Im Rahmen des Neujahrsfestes wur-
116
11
Siehe Ee V, 76.
nzur Lokalisierung des parak Iimäti in Babyion zuletzt A. R. George, BiOr 53 (1996), Sp. 372ff. 11 Zum "Heiligen Hügel" vgl. A. R. George, BTT 286-291; B. Pongratz-Leisten, BaF 16, S. 54-65; W. Sallaberger, Kultischer Kalender, S. 129; M. E. Cohen, Cultic Calendars, S. 409f.; E. Frahm, N.A.B.U. 1995/9, S. 8f. und B. Hru~ka, WZKM 86 (1996) [Fs. H. Hirsch], S. 161-175; vgl. ferner die Literaturangaben bei R. B01·ger, ABZ S. 176; W. R. Mayer, OrNS 59 (1990), S. 464f. mit Anm. 12; E. J. Wilson, JANES 23 (1995), S. 97f.
117
de alljährlich der Kampf des Marduk gegen die Kräfte des Chaos, der triumphale Sieg des Gottes und der ordnende Schöpfungsakt nachgelebt. Ebenso wie in dem Mythos Enüma eli! geschildert, kamen zu diesem Anlaß alljährlich die Götter des Landes in Babyion zusammen. Ihre Kultbilder reisten in feierlich ausgerichteten Prozessionen aus den Städten Babyloniens zu diesem Ereignis an. Auf dem "Heiliger Hügel" genannten Podest versammelten sich diese (Kultbilder der) Götter, um ihre Gewalt an den Götterkönig Marduk abzugeben, damit dieser (wie im Mythos beschrieben) gegen die die Welt in ihrem Bestand bedrohenden Kräfte, verkörpert in Marduks Gegenspielerin Tiämat, zu Felde ziehen konnte. Eine feierliche Prozession von dem "Kultsockel der Schicksalsentscheidungen" in das außerhalb der Stadt gelegene Neujahrsfesthaus und das Geschehen im Neujahrsfesthaus selbst sind von den Babyioniern als rituelle Reaktualisierung des im Enüma elis geschilderten Auszugs und Kampfes des Marduk gegen Tiämat sowie seines Sieges über sie verstanden worden. Auf dem Weg ins Neujahrsfesthaus wurde Marduk von den "Göttern des Himmels und der Erde" und vom König Babyions begleitet. Der im Mythos beschriebenen triumphalen Rückkehr des Marduk, nach der ihn die Götter in ihrer Versammlung endgültig zum König erhoben, entsprach im Ritual des Neujahrsfestes die Rückkehr des Kultbildes des Marduk zum Esagil. Diese wohl sehr feierliche Prozession fand ihren rituellen Höhepunkt und Abschluß in einer erneuten Versammlung der Götterbilder auf dem "Kultsockel der Schicksalsentscheidungen (parak siinäti): eine klare Analogie zu der Götterversammlung im Mythos. Aus einer Inschrift Nebukadnezars wissen wir, daß auf dem "Urhügel" nicht nur die Erhebung Marduks zum König der Götter und sein ordnendes Schöpfungswerk nachgelebt wurde, sondern daß auch der babylonische König selbst an diesem zentralen Ereignis maßgeblich teilhatte. 34 So wie im Mythos Marduk zum Götterkönig erhoben wurde und das Schicksal der Welt bestimmte, indem er die Schöpfung einrichtete, wurde im Neujahrsfest der amtierende König von Marduk und den Göttern in seinem Amt bestätigt und sein Schicksal für das kommende Jahr bestimmt. Der König hatte zuvor seine Insignien abzulegen, verschiedene Bußrituale durchzuführen und seine Vergehen dadurch zu sühnen, daß ihn ein Priester ins Gesicht schlug, "bis die Tränen fließen" 35 • Später betrat er das Podest, II
14
Vgl. IR 54, Kol. II, 54- Kol. III, 3 = S. Langdon, VAB 4, S. 126 (Nbk. Nr. 15); siehe auch A. R. George, BTT S. 287. 15
Vgl. die Ritualbeschreibungen in: F. Thureau-Dangin, Rituels accadiens, Paris 1921, S. 144f.
S.M. Maul
Die altorientalische Hauptstadt - Abbild und Nabel der Welt
den "Kultsockel der Schicksale". Für einen Augenblick stand er gemeinsam mit dem göttlichen Herrn der Welt auf dem Urhügel, der Keimzelle allen Seins, dem Pol von Raum und Zeit. Marduk, als König der Götter, und der irdische König, als König der Menschen, wurden in diesem Ritual in enger Analogie aneinander gebunden, und für einen Moment scheinen Vorzeit und Gegenwart, Götterkönig und irdischer König im Punkt des Uranfangs ineinander zu fließen. Aus der Hand der Götter erhielt der babylonische König dann die Herrschaftszeichen, die eigentlich die der Götter, aber nun seine eigenen waren. Dieses Ereignis ist wohl der Höhepunkt des babylonischen Neujahrsfestes. Aus dem dort vollzogenen Ritualgeschehen dürfte der König in erheblichem Maße seine politische und theologische Legitimität bezogen haben. Durch den rituellen Akt auf dem (mythischen und doch realen) Urhügel wurde der amtierende König zum Teil der klaren und frischen Ordnung des Uranfanges, der wie aufgezeigt das Ideal der Ordnung für die Mesopotamier darstellte. Die zentripetalen Kräfte von Weltenachse und Urhügel haben das babylonische Königtum nicht nur begünstigt, sondern gehören zu dessen wesentlichen Stützen. Staat und Königtum verstanden sich - wie in den Ritualen des Neujahrsfestes sinnfällig gezeigt - als Teil der kosmischen Ordnung, die sich den Menschen in der axis mundi offenbarte.
Nippur', Dur-an-ki, das "Band von Himmel und Erde", auch politisch hatte. Obgleich die Stadt selbst nie ein Zentrum politischer Macht geworden und auch wirtschaftlich kaum von herausragendem Interesse war, war Nippur dennoch im 3. Jt. häufig genug der Zankapfel rivalisierender Stadtstaaten. Der Fürst, der seine Vormachtstellung in Mesopotamien sichern wollte, mußte den Beweis dafür liefern, daß er in der Gunst des Götterkönigs Enlil und im Einklang mit der göttlichen Ordnung stand, die (so wie später in Babylon) ihren Ausgang und ihr Zentrum in Nippur-Duranki hatte. Dieser Einklang offenbarte sich im wesentlichen dadurch, daß Enlil den entsprechenden Fürsten als seinen 'Heger' akzeptierte, oder anders formuliert: er offenbarte sich darin, daß es dem Fürsten gelang, Nippur unter seinem Einfluß zu halten. 38 Das Gedankengebäude des Enuma elis, das sich in den üppig fließenden Quellen des ausgehenden 2. Jt. und des 1. Jt. v. Chr. in Königsinschriften, Ritualen, Gebeten und theologischen Texten spiegelt, konfrontiert uns mit einem für das traditionsbewußte Mesopotamien unerhörten Bruch: Marduk erscheint anstelle des Enlil als Götterkönig und Babyion als Zentrum der Welt an der Stelle von Nippur. Die uralte kosmische Achse war von Nippur nach Babyion verlagert worden. Auch wenn diese als 'Aufstieg Marduks' bezeichnete Entwicklung wohl erst gegen Ende des 2. Jt. v. Chr. ihren Abschluß fand 39 , existierte sie in ihrer Grundidee wohl bereits gegen Ende der Regierungszeit tJ:ammurapis. Die EinleituQg des Kodex tJ:ammurapi läßt wenig Zweifel daran. Denn dort heißt es, daß Anu und Enlil die "Enlilschaft (d.h. die Potenzen, die Enlil verkörpert) über die Gesamtheit der Menschen" 40 dem Marduk bestimmt, Babyions Namen großgemacht und ihm, Marduk, darinnen ewiges Königtum verliehen hätten. 41 Als tJ:ammurapi, der König des mesopotamischen Stadtstaates Babylon, im 18. Jh. v. Chr. zunächst durch eine geschickte Diplomatie, später durch bru-
118
Die Vorstellung, daß im wahrsten Sinne des Wortes der "Nabel der Welt" in der eigenen Stadt liege (vergleichbar dem bJ.J.cpci><.6c; im zentralen Heiligtum zu Delphi), ist keineswegs auf Babyion beschränkt. Der "Heilige Hügel (du 6 - k ü) ", wurde in mehreren Heiligtümern altsumerischer Stadtstaaten als heiliger Ort verehrt. 36 Der Ort jedoch, der neben der Vorstellung von einem "Heiligen Hügel" lange vor dem Aufstieg Babyions für sich am ausgeprägtesten in Anspruch nahm, (so wie später Babylon) im Zentrum der Achsen der Welt zu liegen, ist Nippur mit seinem Enlil-Heiligtum Ekur, das einen Prunknamen trug, der diesen "Nabelcharakter" veranschaulicht: "(Stadt), die sich selbst hervorbrachte". 37 In der mesopotamischen Geschichte des 3. Jt. ist deutlich spürbar, welch große Bedeutung das 'kosmische Fadenkreuz
36
Vgl. die Literaturangaben in Anm. 33. Die erste Zeile des sog. Nippur-Compendium (vgl. A. R. George, BTT S. 146 und S. 441 f.) lautete: N ib ruk 1 n 1- b i- ta du -a, "Nippur, (Stadt), die sich selbst hervorbrachte". A. R. George sieht, sicher zu Recht, in dem Epitheton nl-bi-ta du-a eine 'Etymologie' für den Städtenamen Nib(u)ru. In diesem Toponym erkannten die Gelehrten die Elemente n I-bi ("sich selbst") und ru ( = du; "bauen", "bilden"), und entdeckten so den 'wahren' Charakter der Stadt, der in dem (uranfiinglichen) Namen verborgen ist. 37
) ~
t
II \
J
119
38 Auf diese Weise waren im gesamten 3. Jt. und zu Beginn des 2. Jt. v. Chr. das kosmischreligiöse und dasjeweilige politische Zentrum Mesopotamiens räumlich voneinander getrennt. Eine solche Situation entspricht dem Gefüge eines Stadtstaatenbundes, aber weit weniger der Idee eines zentralen Reiches, wie sie sich im 2. Jt. ausprägt und im I. Jt. verfestigt. 39 Vgl. W. G. Lambert, "The Reign of Nebuchadnezzar 1: A Turning Point in the History of Ancient Mesopotamian Religion", in: W. S. McCullough (Hrsg.), The Seed ofWisdom: Essays in honour ofT. J. Meek, Toronto 1964, S. 3-13; ders., BSOAS 47 (1984), S. 1-9 und W. Sommerfeld, Der Aufstieg Marduks. Die Stellung Marduks in der babylonischen Religion des zweiten Jahrtausends v. Chr., AOAT 213, Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1982. 40J<.tl I, II f.: e/lilüt ki!!at ni!i. 41 Vgl. Klj I, 1-26.
120
S.M. Maul
Die altorientalische Hauptstadt - Abbild und Nabel der Welt
talemilitärische Gewalt, ganz Mesopotamien unter seiner Herrschaft einigte, suchten die Menschen Babyloniens die Erklärung für den glorreichen, fast unvorstellbaren politisch-militärischen Aufstieg Babyions nicht nur in der politischen und militärischen Tüchtigkeit des Königs. In ihrem theistischen Weltbild zeigte ihnen einerseits der unaufhaltsame Erfolg des Königs, daß dieser die uneingeschränkte Gunst der Götter, die das Schicksal der Welt festlegten, besaß. Andererseits konnte die Tatsache, daß die altehrwürdigen Städte Mesopotamiens in die Hand des Fürsten von Babyion gefallen waren, nur bedeuten, daß die Götter dieser Städte die Herrschaft Marduks, des Stadtgottes von Babylon, anerkannten. Damit ist der theologische Überbau für die 'Achsenverlagerung' von Nippur nach Babyion bereits unter Ijammurapi angelegt. Den Charakter einer 'Weltenachse' mag Esagil, das bedauerlicherweise in seinen altbabylonischen Schichten nicht ergraben werden konnte, bereits in den letzten Regierungsjahren des ljammurapi oder unter seinen unmittelbaren Nachfolgern erhalten haben. Während sich mächtige Fürsten vor ljammurapi um die Oberherrschaft (des politisch eigentlich unbedeutenden) Nippurs bekriegten, versuchten schon die Theologen unter ljammurapi, Wesenszüge Enlils, des Götterkönigs von Nippur, auf Marduk, den Gott von Babylon, zu übertragen (vgl. Klj I, 1-26). 42 Aber nicht nur das: in der Folgezeit zog auch die Tempellandschaft Nippurs gewissermaßen mit nach Babylon. Vergleicht man die sog. topographischen Texte von Nippur mit denen von Babylon, stellt man fest, daß ein beachtlicher Teil der Tempel, aber auch viele Kultsockel und ähnliche Installationen in beiden Städten die gleichen Namen tragen. 43 Das ist natürlich kein Zufall, sondern Programm. Die Konzeption des alten "Achsentempels" in Nippur findet sich in dem neuen "Achsentempel" in Babyion wieder. Daß dieser Tempel und die Stadt Babyion die Funktion des Ekur und Nippurs übernehmen konnten, war sicherlich in ganz wesentlicher Weise durch den Umstand begünstigt, daß Nippur in der ljammurapi-Zeit wohl mangels Wassers einen ungeheuren Niedergang erlebte, der wahrscheinlich in der gänzlichen Aufgabe in der Zeit Samsuilunas gipfelte. Erst kassitenzeitlich wurde es wiederbelebt. 44
Die Achsenverlagerung weg von Nippur war jedoch keineswegs einmalig45 und offenbar nicht erstmalig. Als unter Samsi-Adad Assur zu großer Machtentfaltung kam, verehrte man den lokalen Stadtgott, den Berggott Assuf"li, in der Gestalt des Enlil. Tempel und Zikkurrat waren dem Assur als Enlil geweiht 47 und der assyrische König verstand sich als "Beauftragter des Enlil" und "Statthalter des Assur" 48 • Nicht nur der Name Nippurs urus a- ur u, akk. Libbi-äli49 , wurde auf Ass ur übertragen. Auch zahlreiche Heiligtümer der Stadt tragen die Namen, die die entsprechenden Heiligtümer in Nippur hatten. So hieß der Tempel Ninurtas, dessen Verehrung durch die Identifikation von Assur mit Enlil in die Stadt Ass ur gelangt war, wie in Nippur E-su-me-sa 4 • Auch der Name des Assur-Tempels selbst, E-sarr a, war ursprünglich ein Name des Enlil-Tempels zu Nippur. 50 Auch zahlreiche weitere Kapellen, Tore und Lokalitäten des Assur-Tempels, der in seinem wesentlichen Bestand von der Zeit Samsi-Adads bis zu Sanherib unverändert blieb, wurden so genannt wie ihre Entsprechungen im Ekur in Nippur. Es ist zu vermuten, daß mit den Ortsbezeichnungen auch die Theologie und die Riten Nippurs übernommen wurden. Außerdem dürfte für das altassyrische akftum-Fest das Turnmalfest aus Nippur Pate gestanden haben. 51 Die Parallelen des Kultgeschehens in Nippur mit dem assyrischen Neujahrsfest, wie wir es aus dem 1. Jt. kennen, sind jedenfalls nicht zu übersehen. Der Name der Zikkurrat des Assur-Enlil schließlich zeigt, daß die Vorstellung von der Weltenachse mit der Identifizierung Assurs als Enlil auch nach Assur gelangt war. Denn der Name dieses Bauwerkes, E-aratta-
Nippurat the Centennial (CRRA 35), Philadt:lphia 1992, 33-54. ln parthiseher Zt:it scht:int das Re~-Heiligtum in Uruk, nach dt:m Modell des Esagil gestaltet, die uralte Tradition des "Achsentempels" fonzusetzen (siehe A. R. George, Iraq 57 [1995], s. 194). 45
46 Vgl. K. Tallqvist, Der assyrische Gott, StOr V/4, 1-Ielsingforsiae 1932; W. G. Lambert, "The God A~äur", lraq 45 (1983), 82-86. 47
42
Möglicherweise hat filr die "Erhöhung Marduks" die des Ninurta, die Gegenstand der Dichtungen Lugal-e und An-gim dim-ma ist, Pnte gestanden. Während jedoch das Königtum Ninurtas dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dan Ninuna an den Ort des Königtums nach Nippur zieht (vgl. W. W. Hallo, JAOS 101 [1981]. S. 253-257), blieb Marduk untrennbar mit seiner Stadt Babyion verbunden. Babyions Kulttopographie wurde erst sekundär nach dem Vorbild Nippurs gestaltet. 43 1-Iierzu vgl. A. R. George, BTT passim. Weitere Beispiele filr die 'Gleichsetzungstheologie' zwischen Nippur und Babyion hat A. R. George in seinem Aufsatz "Marduk and the cult of the gods of Nippur at Babylon" in OrNS 66 (1997), S. 65-70 zusammengestellt. 44
Vgl. McGuire Gibson, "Patterns of Occupation at Nippur", in: M. deJong Ellis (Hrsg.),
121
Vgl. z.B. A. R. George, House Most High, Winona Lake 1993, S. 116 Nr. 678 (6.kur
2). 48
s.
So z.B. Samäi-Adad I. (siehe A. K. Grayson, RIMA I, Toronto/Buffalo/London 1987, 52: Sam~I-Adad I A.0.39.2, Kol. i, 4-5: sa-ki-in dEn-lfl I ENSI dA-sur4). 49 Vgl. A. R. George, ZA 80 (1990), S. 157 und BTT S. 443 zu 13'. 50
Siehe A. R. George, House Mos1 High, S. 145; ders., BTT S. 460 und TCS III, S. 119. 51
A. W. Sjöberg,
Zum Tummal-Fest vgl. W. Sallaberger, Der Kultische Kalender I, S. 131 ff. (beachte die Verbindung zum du 6 -ku [siehe ebd., S. 139] und die grundsälzlichen Parallelen zum li-kiti-Fest in Ur und dem Neujahrsfest Babyions und Assurs aus dem I. Jt.!).
S.M. Maul
Die altorientalische Hauptstadt - Abbild und Nabel der Welt
ki-sär-ra, "Haus, Berg der gesamten Welt" 52 betont die Vorstellung, daß hier das "Band zwischen Himmel und Erde" liege. Auch bei der bereits für die altassyrische Zeit unter Samsi-Adad zu postulierenden Achsenverlagerung von Nippur nach Assur mag der rapide Niedergang Nippurs nicht ohne Bedeutung gewesen sein. Der Führungsanspruch, der aus einer solchen Achsentheologie abzuleiten ist (und der sich in Assyrien in dem neuen Königstitel sar kissati, "König der Welt" niederschlägt53 ), ist in Assyrien jedoch zunächst nicht zu voller Entfaltung gekonunen, da Babylonien unter ijanunurapi der assyrischen Machtentfaltung ein jähes Ende bereitete. Von der Mitte des 2. Jt. an bis zum Untergang des assyrischen Reiches standen sich Babylonien und Assyrien im Ringen um die Vormachtstellung in Mesopotamien gegenüber. Der jeweilige Anspruch von Babyion und Assur auf Uranfänglichkeil hat bei dieser Auseinandersetzung ideologisch eine große Rolle gespielt. Nur beiläufig sei erwähnt, daß der Versuch Tukulti-Ninurtas I., nicht nur seine Residenz, sondern auch den Sitz des Gottes Assur in die neugegründete Stadt Kär-Tukulti-Ninurta zu verlagern, letztlich als gescheitert betrachtet werden muß. Denn nach dem Tode des Königs wurde nicht nur die Stadt als Residenz aufgegeben, sondern der neue Tempel des Gottes Assur zugesetzt. 54 Ass ur, als Gott der Bergspitze von Assur, und die assyrische Weltenachse waren offenbar so sehr an den Ort Assur gebunden, daß eine Verlegung des Kultortes als Unrecht erschien und auch in der weiteren Geschichte Assyriens trotzverschiedener neu gegründeter Königsresidenzen nie wieder versucht wurde. Mit der Entführung des Kultbildes des Marduk aus dem Esagil in den Tempel von Assur versuchte Tukulti-Ninurta den Achsenanspruch Babyions und den damit verbundenen Anspruch auf Weltenherrschaft zu brechen, nicht zuletzt auch dadurch, daß babylonische Kulttraditionen in Assyrien heimisch gemacht wurden. Sanherib hat dies in drastischer Weise wiederholt, indem er einerseits Babyion und dessen Tempel regelrecht auslöschte und andererseits die babylonische 'Kulttopographie der Uranfänglichkeit' durch den Ostanbau des Ass ur-Tempels und das neue bft akiti in die assyrische zu integrieren suchte. 55 Der Versuch, die andere Weltenachse in Mesopotamien zu
brechen, war politisch nicht aufrechtzuerhalten und wurde durch die Versöhnungspolitik Asarhaddons rückgängig gemacht. Ironischerweise sollte aber gerade die Theologie des Enüma elis den Assyrern den 'Beweis' liefern, daß Assur die uranfängliche Stadt war. Hierfür machten sich assyrische Theologen eine sprachliche Eigentümlichkeit des Akkadischen zu Nutze, nämlich den Umstand, daß im Akkadischen sich silbenauslautendes n an einen nachfolgenden Konsonanten angleicht. 56 In dem Namen des auch Enüma elis zufolge ältesten der neuen Götter An-sa.r ( = der Urhimmel) = *Assar, erkannten sie ihren Gott Assur, der so zum Urvater aller Götter und damit auch zum Ahnen Marduks avancierte. 57 Vor der Rückführung der von Sanherib geraubten Mardukstatue wurde das Bild Marduks in den Werkstätten des Assur-Tempels restauriert. Diese Werkstätten ·waren gleichermaßen reale Werkstätten, wie sie auch den uranfänglichen Ort repräsentierten, an dem die Götter geboren worden waren. Im Einklang mit der Theologie des babylonischen Weltschöpfungsepos war Marduk bzw. sein Kultbild aus diesen Werkstätten und somit letztlich aus An-sar, der für die Assyrer Assur war, hervorgegangen. Assurbanipal ließ es sich nicht nehmen, in seinen Königsinschriften, die er in Babyion hinterließ, darauf hinzuweisen, daß in der Regierungszeit des Asarhaddon der Gott Marduk (freilich in der Gestalt des Kultbildes) "vor seinem Vater, seinem Schöpfer (also vor Assur), inmitten von Assur gesessen" habe. 58 Diese Instrumentalisierung der Theologie wird viele Babyionier verbittert haben. Auch wenn in neuassyrischer Zeit, wohl aus geopolitischen Gründen, die Residenz des Königs nicht mehr in Assur angesiedelt war, ist die Stellung der Stadt Assur als "Achse der Welt" und Sitz des Götterkönigs nicht angezweifelt worden. Selbst Assurna~irpal II., der eine vollkommen neue Residenz in Kalbu aus dem Boden stampfen ließ, ließ sich nicht etwa dort, sondern wie seine Vorgänger und seine Nachfolger bei seinem Gott in Assur bestatten.59 Und es scheint so, daß alle neuassyrischen Herrscher einen Teil der Wintermonate in Assur verbrachten, um die unfangreichen Riten durchzuführen, die im Neujahrsfest gipfelten.
122
l
,/.
~Vgl.
s2Vgl. A. R. George, House Most High, S. 69 Nr. 90. s1Erstmals umer Sam~i-Adad I. belegt und dann erst wieder zu Beginn der millelassyrischen Zeit unter A~~ur-uballi! I. verwendet (siehe J.-M. Seux, Epitheles royales, S. 308ff.). 54 Siehe T. Eickhoff, Kar Tukulli Ninurla. Eine millelassyrische Kuli- und Residenzstadt, ADOG 21, Berlin 1985, S. 34f. ssVgl. J. A. Brinkman, Prelude to Empire, Philadelphia 1984, S. 67-70; G. Frame, Babylonia 689-627 B. C., Leiden 1992, S. 52-63 und A. K. Grayson, CAI-fl Illl2, S. 108f.
123
W. von Soden, GAG§ 33d.
s Hierzu vgl. W. G. Lambert, "The Assyrian Recension of Enüma Eli~", in H. Waetzoldt, H. Hauptmann (Hrsg.), Assyrien im Wandel der Zeit (CRRA XXXIX), Heidelberg 1997, S. 77-79. sssiehe G. Frame, RIMB 2, S. 207, Ashurbanipal 8.6.32.6, Z. 7-9: belu raba Marduk I !a ina pal€ !arri mal)rf ina matwr abi btini!u I tWbu ina qereb Baltil. s9Vgl. W. Andrae, Das wiedererstandene Assur, 2. Auflage, S. 194ff. 7
124
S.M. Maul
Gleichwohl verlieh man auch den neuen Königsrezidenzen eine kosmische Dimension. So sagt Sanherib von seiner Königsstadt Ninive, daß deren Plan "vor ewiger Zeit in Entsprechung mit der Schrift des Sternenhimmels gezeichnet" worden sei. 60 Während der Stadt Assur die vertikale Weltenachse vorbehalten blieb, wurde in den Königsresidenzen ein horizontaler Aspekt betont. Die Könige versuchten, die Weltherrschaft und Weltordnung in ihren Städten darzustellen. Dabei war die Königsstadt ein Abbild der geordneten Welt, die sich der Unordnung des Außen, der Welt des Feindes entgegenstellte. Das Bemühen der assyrischen Könige, in den Palästen exemplarisch siegreiche Schlachten gegen Völker aus allen vier Himmelsrichtungen abzubilden und auch in der jeweilig zugehörigen Richtung anzubringen61 , gehört ebenso hierher wie der Versuch, die Baustile der von ihnen kontrollierten (und damit aus ihrer Sicht geordneten) Welt in ihren Palästen zu zeigen. Aus dem gleichen Grunde wurden mit großem Aufwand fremdartige Pflanzen und auch Tiere62 in den Gärten des Palastes und der Stadt heimisch gemacht. Auch die systematische, sicherheitspolitisch nicht ganz ungefährliche Ansiedlung deportierter Völkerschaften in der Königsstadt mag neben rein wirtschaftlichen Gründen ebenfalls diesem Zweck gedient haben. Die Stadt in ihrer Anlage feierte so den sar kibrät erbettim, den "König der vier Weltengegenden". Die Konzeption von Babyion als Weltenachse hat den assyrischen Gegenentwurf in Assur lange überdauert. Die Idee von Babyion als Weltenachse war sicherlich der Grund dafür, daß Xerxes Esagil schleifen ließ, aber wohl auch der Grund, warum Alexander beabsichtigte, es wieder aufzubauen, um hier in altem babylonischem Geist im "Nabel der Welt" das Zentrum seines Weltreiches erstehen zu lassen.
'BOND OF THE LANDS': BABYLON, THE COSMIC CAPITAL
A.R. George, London 1
In considering the theme of the colloquium it may be useful to consider not the physical structures of a Near Eastern city but instead less tangible concerns. What ideologies inform the concept of the city, and particularly the capital city, in ancient Mesopotamia? My intention is to explore this question with specific reference to the most farnaus of all capitals of that country, namely Babylon. The rise and fall of Babylon, from provincial town to seat of empire to field of ruins, is a history which offers, over a timespan of two millennia, an unrivalled paradigm of ideological continuity, change and breakdown. The term 'capital city' is for us the seat of government in an independent state, but there was more to any important ancient Mesopotamian city than the fact that it could serve as a royal residence or as the seat of government (Akkadian äl sarruti, literally 'city of kingship'). Not only did a city possess political and strategic significance, it was the seat of a god, and so it occupied a place in the religious scheme of things, too. This idea can be detected in many ancient texts, but it is expressed most succinctly in Tablet I of a composition known by its incipit as Tintir = Babylon, which collects the various notions held by the Babylonians as to the significance of their capital city. This text, probably of late second millennium origin, has recently been reconstructed from clay tablets found in the libraries of A§§urbanipal (668-627 BC), the last great king of Assyria, and in the ruins of Babylonian cities of the middle to late first millennium BC. 2
60
61
62
Siehe D. D. Luckenbill, The Annals of Sennacherib, OIP 2, Chicago 1924, S. 94, Z. 64. Siehe z.B. E. Prahm, "Die Bilder in Sanheribs Thronsaal", N.A.B. U. 1994155, S. 48-50.
Vgl. z.B. R. Borger, EAK I, S. 113; B. Lion, "La circulation des animaux exotiques au Proche-Orient antique", in: D. Charpin, F. Joannes (Hrsg.), La circulation des biens, CRRA XXXVIII, Paris 1992, 357-365; dies., "Jardins et zoos royaux", Les Dossiers d' Archeologie 171 (1992) 72-79 [9 fig.]; F. M. Fales, J. N. Postgate, SAA XI, S. 21 Text Nr. 22 [480 Obstbäume und 3000 Weinstöcke offenbar filr die Gartenanlagen von Diir-Sarrukln]; S. Lackenbacher, Le roi bätisseur, Paris 1982, S. 124-128; A. L. Oppenheim, "On royal gardens", JNES 24 (1965), 328-333.
1
School ofOriental and African Studies (SOAS), University of London, Thornhaugh Street, Russell Square, London WCIH OXG. 2 See A. R. George, Babyionion Topographical Texts (OLA 40; Leuven, 1992), text no. I. Introduction and edition: pp. 1-72 and Addendum, commentary: pp. 237-382. A German Iranstation of the text in substantially the same reconstruction (though utilizing slightly fewer manuscripts) appeared in R. Koldewey, Das wieder erstehende Babyion (5th edition, ed. B. Hrouda; Munich, 1990), pp. 355-71.
126
A.R. George
Babylon, the cosmic capital
The text of Tablet I of Tintir presents Sumerian names and epithets of Babyion and reinterprets these in Akkadian, sometimes literally, sometimes with a good deal of freedom. These names and epithets are given in a seemingly haphazard order. For the purposes of this discussion the Akkadian interpretations can be re-arranged under headings as follows: 1. A farnaus city, of special status, giving sanctuary and protection Babylon, on which fame and jubilation are bestowed (Tintir I 1); Babylon, to which the clamour of the Iands is steadfast (40); Baby Ion, the privileged city, which liberates the captive (48); Babylon, the city which brings peace to its menfolk (15). 2. The seat of kingship and political power Babylon, which establishes kingship (34); Babylon, the city of kingship (44, var.); 3 Babylon, the city of men of influence (or the city of nobility) (19); Babylon, into which are brought (the yield ot) mountain and land (38); Babylon, the bond of the Iands (51). 3. A place of abundance, wealth and well-being Babylon, the seat of plenty (2); Babylon, the seat of life (3); Babylon, the city whose luxury is inexhaustible (14); Babylon, the city of opulence (44); Babylon, the city whose people are glutted with wealth (45); Babylon, the city of goods and property (50); Babylon, which ensures the life of the land (43). 4. The seat of justice Babylon, the city which loves truth (16); Babylon, the city of truth and justice ( 17); Babylon, the city which hates evil (18); Babylon, which destroys the offspring of the enemy (24); Babylon, which annihilates every enemy and foe (25); Babylon, which hates injustice (26); Babylon, which keeps absolute power from the upstart foe (27). 5. A place of religious rites and festivals Babylon, the city of jubilation (9); Babylon, the city whose rituals are precious (10); Babylon, the city whose rites are select (11); Babylon, the entrance of the mustering of the gods (for the divine assembly) (22);
Babylon, the city of festivals, rejoicing and dancing (46); Babylon, the city whose people continually celebrate festivals (47); Babylon, the sacred city (49). 6. An ancient foundation, created by the gods as their harne Babylon, called into being by the heavens (7); Babylon, the city whose brickwork is primeval (8); Babylon, the creation of Enlil (42); Babylon, the hause of the gods (42, var.). 4 7. The seat of the city god Babylon, the city of the king of the gods (12); Babylon, the city called into being by Marduk (13); Babylon, the abode of Marduk (28). 8. The cosmic capital Babylon, the bond of the heavens (6); Babylon, which grasps the bridle of heaven and underworld (23); Babylon, the abode of Anu, Enlil and Ea (29); Babylon, the bond of heaven and underworld (35). 9. An aspect of the city god Babylon, the creator of gods and man (30); Babylon, which knows the ordinances and decrees (31); Babylon, which gathers up all the ordinances (32); Babylon, the hause of reason and counsel (33); Babylon, which is perfect in all understanding (37); Babylon, which is granted full measure of wisdom (39); Babylon, which raises aloft a signal for observation (36); Babylon, which recites a spell for all creation (41); Babylon, the might of the heavens (4); Babylon, the light of the heavens (5). To understand how a city can be an aspect of its god, and thus collect epithets which give it a divine personality, one should remernher that the numinous power of a god is also invested in his harne, i.e., his temple and city. The god is inseparable from all that belongs to him. 5 Thus Babyion
1
The variant is supplied by the new manuscript edited below, BM 87224.
127
4
This variant is also supplied by BM 87224.
5 0n this topic see recently W. G. Lambert, 'Ancient Mesopotamian gods: superstition, philosophy, theology', Revue de l'histoire des religions 207 (1990) 116-30, esp. 128 f. As witnesses to this ideology one may also bring Forward theophoric personal names in which the name of a city or a temple takes the divine role, e.g. Esangil-kln-apll, '0 E-sangil, set firm my heir!', where E-sangil, the temple of Marduk in Baby Ion, stands in for the god; for similar personal names see further J. J. Stamm, Die akkudisehe Namengebung (MV AG 44; Leipzig, 1939), pp. 84-93.
128
A.R. George
Babylon, the cosmic capital
takes on the attributes of Marduk: creator, cantroll er of the universe, Iord of wisdom and skilled practitioner of exorcism. To summarize, the text portrays 'the city as a place of prosperity and happiness, of justice, freedom and beauty, whose foundation is primeval, created by the gods and chosen by them as their harne; on this account ... a sacred city, a fount of life and a source of wisdom, the religious and cosmological centre of the universe, given over to the celebration of festivals and exercising control over kingship and the divine decrees which rule mankind'. 6 This is the Babylonian ideal of the capital city. The question then is: did the ideology and mythological traditions presented in Tintir I come out of nowhere? If not, what are the sources for them? There is, of course, a lang tradition of eulogizing cities in Mesopotamia, as best represented by the hymns to cities and temples in Sumerian. Study of the language of Tintir I demonstrates that many of the epithets it includes arealso found in Sumerian hymns. More importantly, many of the ideas it relays are Sumerian, and were applied in former times to farnaus and venerable cities such as Nippur, Eridu and Uruk. Most obvious of these ideas is the notion of the city as a place which confers the right to rule: 'Baby Ion, which establishes kingship'. This is not new to Tintir, but is borrowed from Nippur. As is well known, Nippur was the religious centre of Sumer, and though never a political capital in its own right, the kings of Sumer and Akkad needed to be recognized as king in Nippur if their hegemony was to be accepted nationally. The city's identification with the cosmic bonds is also taken over from Nippur, which had the name Dur-anki, the Bond of Heaven and Underworld, lang before the Akkadian version of the name is found for Babylon. 7 The origin of this name is found in the Sumerian Hymn to the Mattock, according to which Nippur was the last point of junction between heaven and underworld at the time of their separation by the god Enlil. The term 'band of heaven and underworld' can also refer to the physical hugeness of the city and its religious buildings, which in the hyperhole conventional in hymns are considered to be grounded in the Netherworld, yet at the same time to reach up to heaven, thus forming a link between the different Ievels of the universe. 8
The cosmic bonds are otherwise realized as cables which tie the universe tagether and provide the means for its control. The standard metaphors for these bonds in Akkadian are the hawser that secures a boat to a mooringpole, and the nose-rope ('bridle') by which the ploughman Ieads an ox. Only the most important gods held these cables, and at Babyion probably Marduk alone did so. So the term 'band of heaven and underworld' has a threefold significance. It refers to the ancient myth of the separation of heaven and underworld, it alludes to the fact that temples bridge the gap between the worlds of gods and men, and it represents the notion of the city at the centre of the universe, anchoring it and controlling it. This, then, is the 'cosmic capital'. We can now pass on to the concept of the Oldest City. According to the Nippur tradition of the creation of the universe (as expressed most obviously in the Hymn to the Mattock), Nippur was the oldest city, but a variety of other very ancient cities also claimed this honour, among them Uruk, Ere~. Sippar and, most famously in the Sumerian King List, Eridu. The city of Eridu is, in fact, a special case, in that Babyion took over its identity more or less completely. This is clearly seen in the Babylonians' adoption of Eridu as a name of the city, as recorded in Tintir I 21: 'Eridu = Baby Ion, the pleasant city' .9 In the Iist of the kings that ruled before the Flood, as given in the Sumerian King List, Eridu was the very first city on which kingship descended (to use the Sumerian term), and this primeval status is confirmed by other texts, such as the Sumerian Flood Story. However, in the version of this Iist of antediluvian rulers preserved in Berossus, a contemporary of Alexander the Great, its place has been taken by Babylon. Other, older, evidence concurs: for example, in abilingual account of the creation of the world by Marduk, 10 Marduk takes the place of Ea, the god of Eridu, and the first temple tobe built is E-sangil, the temple of Marduk at Babylon, which the text places in a city that it calls both Eridu and Baby Ion. The compiler of Tintir confirms this view in Tablet V, in a eulogizing couplet: 'Babylon, the place of creation of the great gods, Eridu, in which E-sangil [is built!]' (II. 90-91). Similarly, in both the Babylonian
129
brough (eds.), Figurative Language in the Ancie/11 Near East (London, 1987), pp. 13-24. 6
Quoting from Topographical Texts, p. 8.
7 For a documented discussion of the cosmic bonds see Topographical Texts, pp. 256-7, 261-2.
8 0n this image see further D. 0. Edzard, 'Deep-rooted skyscrapers and bricks: ancient Mesopotamian architecture and its imagery', in M. Mindlin, M. J. Geilerand J. E. Wans-
9 ln time the central, religious quarter of Babylon, where the cult-centre of Marduk was situated, itself gained the name Eridu, as recorded in Tilllir V 92 and NB documents.
10 CT 13 35 ff. and duplicates. The most recent translation is K. Hecker, 'Eine zweisprachige Beschwörung mit Schöpfungsmythos', in K. I-lecker et al., Mythen und Epen II (TUAT III/2; Giltersloh, 1994), pp. 606-8.
A.R. George
Babylon, the cosmic capital
Epic of Creation (Enüma eliS) and Tintir the temple E-sangil itself attracts the epithet 'replica of Apsu', 11 which means not only that Marduk's sanctuary was modelled on Ea's cosmic abode, but that in the current ideology it had taken over the Jatter's position and function. So, as far as the scholars of the day were concerned, Babyion had taken over the mythology associated with Eridu, and had become, as it were, a new Eridu. The earliest certain date for Babylon's adoption of the name of Eridu is provided by a land grant from the reign of Nebuchadnezzar I, according to which this king is sakkanak Eridu, which must mean 'governor of Babylon' . 12 The place of Babyion as the oldest city, and the centre of the universe, is best articulated in Enüma elis, in which Babyion and its temple are built at Marduk's bequest by the Anunnaki gods immediately after the creation of mankind. Enüma elis, as most scholars agree, is a post-Kassite composition that rewrites the old traditions of Nippur and Eridu to give Marduk, the god of Babylon, supreme position among the gods at the expense of Enlil, the god of Nippur, who appears in the text only where he can be shown as subservient to Marduk. In exalting Marduk over Enlil Enüma elis necessarily exalts Babyion over Nippur. Ea, the god of Eridu and Marduk's father, suffers a fate slightly different from Enlil. He actually volunteers hirnself to be syncretized with Marduk. In his own words, he says: 'He, like me, his name is Ea'. 13 Just as Ea thus subsumed hirnself in Marduk, it was thus natural, cosmologically speaking, for his city Eridu to become Babylon. To come back down to earth, as it were, we should ask ourselves the folJowing question: If in cosmological and theological terms Babyion supplanted Nippur and actually absorbed Eridu, what did this mean in practice? What events had taken place that encouraged the intellectuals of Babyion to promote their city in this way? 14
The answer lies in the history of the three cities in the second millennium. First, Eridu. In his farnaus article on 'Early political development in Mesopqtamia' Thorkild Jacobsen summarized the conclusions drawn from the archaeological record, that 'Eridu was to all practical purposes abandoned after the Ubaid period' . 15 Nevertheless, the city had a long after-life in the enduring existence of E-abzu, its great cult-centre of the god Enki, i.e. the Babylonian Ea. As we know from royal inscriptions, this was a building familiar to many kings of the middle and late third millennium. Elili of Ur and Ur-Nammu, Sulgi and Amar-Suen of the same city's Third Dynasty were active in rebuilding the temple, or at least repairing its fabric, and Ur-Nan~e. Entemena and Gudea of Laga~ were all patrons. In the second millennium the E-abzu is the subject of building inscriptions only under Nür-Adad of Larsa (1865 -1850 BC in the conventional chronology), who rebuilt the temple after a long abandonment, and Hammurapi of Babyion (1792 -1750), who claims to have restored it a century later. 16 According to Elizabeth Stone, an economic crisis early in the reign of Hammurapi's successor, Samsuiluna, had the result that 'all of the southern cities were abandoned, while cities in central Babylonia, like Nippur and Isin, suffered considerably'. 17 If the sanctuary built by Hammurapi at Eridu was still in use it would have been deserted at this time, and though there was a revival of the temple and its cult in the Kassite period, probably under Kurigalzu I in the early fourteenth century, the occupation of the site was, at best, smallscale and intermittent until its final abandonment some time after the sixth century. 18 No temple of Eridu other than E-abzu is mentioned in any royal
130
131
15
ZeitschriftfUr Assyriologie 52 (1957) 98, reprinted in W. L. Moran (ed.}, Toward the Image ofTammuz (Cambridge, Mass., 1970}, p. 136. For documentation see entry no. 30, (~).ab zu, in my gazetteer of ceremonial temple names: George, Hause Most High (Winona Lake, 1993), p. 65. On Nür-Adad and the temple of Enki at Eridu see further M. W. Green, 'The Eridu lament', Journal of Cuneiform Studies 30 (1978) 127-67, esp. 128 ff. A somewhat sketchy synopsis of the history of Eridu is given in the full report of the excavations, Fuad Safar, Moharnmed Ali Mustafa and Seton Lloyd, Eridu (Baghdad, 1982), pp. 33-4: 'Eridu in history'. A fuller treatment is M. W. Green, 'Eridu in Sumerian Literature' (Ph.D. thesis, Chicago, 1975), pp. 14-58: 'History of Eridu'. 16
11
Enüma elis VI 62 and Tintir IV I: see Topographical Texts. pp. 296-7.
12
L. W. King, Babylonian Boundary Stones (London, 1912}, no. 6, i 3: GIR.NITA eri-du 10 •
llEnüma elis VII 14: sü krma yatrma Ea lü sumsu.
17
14
The following discussion is based on George, Topographical Texts, pp. 4 ff.; see earlier W. G. Lambert, 'The reign of Nebuchadnezzar I: a turning point in the history of ancient Mesopotamian religion', in W. S. McCullough (ed.), The Seed of Wisdom. Essays ... Meek (Toronto, 1964), pp. 3-13, esp. 7 ff.; idem, 'Studies in Marduk', Bulletin of SOAS 47 (1984) 1-9. For Nippur's eclipse by Babyionsee also idem, 'Nippur in ancient ideology', in M. deJ. Ellis (ed.), Nippur allhe Celllennial (CRRA 35; Philadelphia, 1992}, pp. 119-26.
18
Eiizabeth C. Stone, Nippur Neighbourlwods (SAOC 44; Chicago, 1987), p. 26.
For the Kassite period revival see now T. Clayden, 'Kurigalzu I and the restoration of Babylonia', lraq 58 (1996) 109-21, esp. 112, and note additionally the epithet of Burnaburia~ II, mu~. n u. tu m. rnu e rid uk 1• ga, 'ceaselessly in the service of Eridu': D. Arnaud, Revue d'Assyriologie 66 (1972) 37 and 189, 7-8. Though from the twelfth century at least Eridu had becorne a name of Babylon, sporadic evidence attests to survival of the
A.R. George
Babylon, the cosmic capital
inscription and throughout the historical period the picture is thus one of a single venerable temple whose cult was entirely dependant on the patronage of pious kings. During all this time the local population of the site perhaps comprised only the personnet of this ancient cult-centre. 19 Second, Nippur. 20 Nippur was a thriving city in the early second millennium, and again in the late Kassite period. For more than two hundred years, however, that is, for the entire sixteenth and fifteenth centuries, if not longer, the citywas more or less completely deserted. The economic crisis of Samsuiluna's reign had dire results here, too. As Stone writes: 'In Samsuiluna's twenty-eighth year, Nippur fell into the hands of Iluma-ilu, the king of the Sealands ... This conquest proved fatal to Nippur ... One year later, Nippur was abandoned, not to enjoy full urban renaissance until late in the Kassite period'. 21 By the time of Samsuiluna, the great temple of Enlil at Nippur, the E-kur, had been the most important sanctuary in the entire country for more than a thousand years, and probably much longer. It would have been the first monumental building in Nippur to have received attention when Nippur was resettled after its abandonment. According to the extant historical sources, E-kur was patronized by Hammurapi of Babylon, but the temple complex of Enlil only again attracted the attentions of royal rebuilders in the fourteenth century (Kurigalzu I and his successors - possibly Kada~man-Enlil I and certainly Burnaburia~ 11). 22 This indicates that this era, the Amarna period
and the decades that immediately preceded it, was the time when people began to move back. Confirmation comes from the economic record: archival documents begin to be attested again at Nippur in significant numbers in the reign of Burnaburia~ II (1375 -1347). 23 Another cycle of abandonment and resettlement followed: the archaeological record indicates that by the end of the second millennium the city had diminished to a village around Enlil 's temple and that it did not recover appreciably until the eighth and seventh centuries. 24 Third, Babylon. With some imperial interruptions under the Sargonic kings and the Third Dynasty of Ur, a system of competing city-states characterized political life in lower Mesopotamia from the earliest times until the beginning of the eighteenth century. This was brought to an end when Rim-Sin of Larsa finally destroyed the dominion of Isin only to find, thirty years later, his own power shattered by Samsuiluna's father, Hammurapi of Babylon. Babyion had started the millennium as a town of little importance, though it had been the seat of a provincial governor in the Ur 111 state. From the reign of Hammurapi on, however, there is no real question as to where the seat of power lay in lower Mesopotamia. lt lay in Babylon. ldeologically this change is acknowledged by Hammurapi and Samsuiluna. Both of them report that the great gods, Anu and Enlil, exalted Marduk and Babyion to a higher place than before. They 'called Babyion by an exalted name and made it supreme in the world, and within it established for Marduk an eternal kingship fixed on a base as solid as heaven and underworld'; 25 and they 'made the foundations of Babyion as firm for Marduk as heaven and underworld'. 26 But note that neither inscription claims that Babyion was then more than a political capital. The development which saw it take the place of Nippur as the centre of the universe happened later in history. Babylon, safely located on a western branch of the Euphrates, did not suffer from the economic crisis which afflicted Nippur, Uruk and other cities
132
original Eridu and its cult under Simbar-~ipak of the Sealand (1024 -1007; King, BBSI no. 27), to some form of selllement at Eridu under the Assyrian kings of the Sargonid dynasty (721-612}, and to building activity there under Nebuchadnezzar II (604-562). 1911 is very possible that the selllement referred to as Eridu by the Sargonids was not in Fact the ancient Eridu (Tell Abu Shahrein) but instead the substantial first-millennium site nearby revealed by the Ur-Eridu survey and dubbed 'Eridu South': see H. T. Wright in Robert McC. Adams, Hearlland of Cities (Chicago, 1981), pp. 334 f.: site EP-108; cf. also G. Frame, Babylonia 689-627 B.C. (lstanbul, 1992), p. 219 29 •
2°For
a polled history of Nippurin the third and second millennia see now Steven W. Cole, 'The early history of Nippur', in idem, Nippurin Laie Assyrian Times (SAAS 4; Helsinki, 1996), pp. 7-12. 21 Stone,
Nippur Neighbourhoods, pp. 27 f. A fuller account of the evidence is given in the same writer's article 'Economic crisis and social upheaval in Old Babylonian Nippur', in Louis D. Levine and T. Cuyler Young (eds.), Mounlains and Lowlands (BiMes 7; Malibu, 1977), pp. 266-89. For an overview of the period from the archaeological perspective see McGuire Gibson, 'Pallerns of occupation at Nippur' in Ellis, Nippur allhe Centennial, pp. 33-54, esp. 42 ff. 22
See the entries for
e. k ur
and
e. k ur. ig i. bar. ra
in George, Hause Most High, pp. 116
133
f., nos. 677 and 682. On the identity of the laller's builder as Kurigalzu I not Kurigalzu II, see J. A. Brinkman, Materials for the Study of Kassile History I (Chicago, 1976), p. 402; Clayden, lraq 58, 118. 23
See Brinkman, Materials, p. 36.
24
Gibson, Nippurat the Centennial, pp. 46 ff; see further Cole, Nippur in Laie Assyrian Times, pp. 13 ff. 25 26
Prologue to the Laws of 1-Iammurapi: CHi 16-26.
Samsuiluna A: Douglas R. Frayne, 0/d Babylonian Period (RIME 4; Toronto, 1990}, p. 381, 11-13 (Sum.) II 10-12 (Akk.).
134
A.R. George
Babylon, the cosmic capital
of Sumer. As I have written elsewhere, 'settlements along the Aragtu, the branch of the Euphrates that flowed through Baby Ion, benefited from this decline [of the eastern branches] both in terms of more intensive agriculture, and through an increase in trade and river traffic'. 27 Between the time of Hammurapi and the end of the Kassite period, the city must have grown hugely, with the area enclosed by its walls probably tripling. So the historical evidence reveals that in the important centmies following Hammurapi, Eridu was virtually defunct, Nippur was temporarily deserted, and Babylon, if not always a great military power, was a capital city enjoying generally a period of economic success and expansion. 28 lt took some while before the conservative intellectual traditions caught up with this new political reality. Not until the late Kassite period do we find the expression of Babylon's pre-eminence in cosmological and theological matters. The final triumph was most probably occasioned by the return of Marduk's cult-statue from Elam to Babyion in the reign of Nebuchadnezzar I (1124 -1103), which resulted in the official elevation of the city's god to the kingship over all the gods. The king of the gods must reside at the centre of the universe, of course, and Marduk's exaltation would have given the theologians of Babyion the justification for promoting their city to cosmological supremacy at the expense of Nippur. Since Enüma elis and Tintir = Babyion glorify Marduk and Babyion respectively, the two texts can be seen as witnesses to this promotion, and both were probably composed amid the flurry of literary activity that was occasioned by Nebuchadnezzar's reinstallation of Marduk in his temple E-sangil. 29
In the first millennium cities along the eastern branches of the Euphrates fell into further decline, as irrigation became more and more difficult and fertility diminished. Babyion and its satellites, Borsippa, Kutha, Kis and Dilbat, as weil as other north-western cities like Marad and Sippar, were the most important urban centres of the Neo-Babylonian period. In intellectual matters, cosmology and theology, the pre-eminent position of Marduk and Babyion was the received ideology until the end of the cuneiform period. Marduk had become Bel, the Lordpar excellence, and theseparate identity of Enlil, the god of Nippur, was to some degree lost in a syncretism which favoured the god of Babylon. 30 There are signs of resistance, particularly at Uruk in the deep south, where there was in some quarters hostility to the cult of Marduk, 31 and where in the fourth century Anu was put forward as a rival to Marduk. 32 There was perhaps even a eilallenge from Borsippa, the city of Nabu, the son who came to share Marduk's throne. 33 But, essen-
11 Topographical Texts, p. 15. On the westward shift of the main channel of the Euphrates see most recently Steven W. Cole, 'Marsh Formation in the Borsippa region and the course of the lower Euphrates', Journal of Near Eastem Studies 53 (1994) 81-109, esp. 86.
28 This is not to say that Babyion suffered no setbacks at all. According to a private communication of Steven W. Cole, late OB year dates on unpublished Iablets from Tell Muhammad attest to what appears to be a resettlement of the city. The abandonment that preceded this event can be presumed to have been precipitated by the incursion of the Hittite king, Mursili I, which brought an end to the dynasty of Hammurapi in 1595 BC and ushered in the long Dark Age of the early Kassite period. The Hittite invaders did not stay long in Babylonia and though the desertion of the capital by its people evidently marked a milestone in history, it probably represented only a brief interruption in the life of the city.
29 In Archiv jUr Orientforschung 42-3 (1995-6) 248-50 M. J. Geiler reacted to the contention that Tintir served to glorify Babyion by emphasizing the text's lexical formal and inspiration, developing my observations on its use as a standard school copy-book and work of reference. However, his conclusion on formal grounds that the text 'is an academic exercise, without any other formal functions to venerate Babyion [... and therefore] cannot be classified as an attempt to glorify Babyion', seems to me to overlook the use of other lists
135
for glorification (e.g. the Iist of the names of Marduk, adapted by the poet of Enüma elis as the means by which the gods hymn Marduk 's glorious destiny). The original intent of a text's compiler (viz. ideological propaganda) is not necessarily going to be the same as the use developed for it in the curriculum (viz. academic instruction). There is no reason why in the context of instruction a text should not serve both purposes (cf. Enüma elis again); in fact, it is to be expected that pedagogic exercises should teach ideas as weil as practical skills. In any case it is unlikely that the ancients saw the same formal distinction that we do between 'lexical' and 'literary' texts and the uses to which they could be put. To them all such texts were part of a traditional handed-down wisdom of ancient origin which needed to bemastered by the would-be scholar and preserved through his efforts for posterity. 3 °For Marduk's takeover of the cultic identities of Enlil (and Ninurta) see George, 'Marduk and the cult of the gods of Nippurat Baby Ion', Orientalia 66 (1997}, forthcoming. As Cole puts it, writing about the eighth century. 'the principal god of Nippur . . . was apparently at this time a syncretism of Enlil and Marduk, known popularly as Bel' (Nippur in Late Assyrian Times, p. 19). 31
See W. G. Lambert, 'A Neo-Babylonian Tammuz lament', laumal of the American Oriental Society 103 (1983) 211 - 15. 32 P.-A. Beaulieu, 'Antiquarian theology in Seleucid Uruk', Acta Sumerologica 14 (1992) 47-75. The political implication of this theology, that Uruk should take Babylon's place as the seat of kingship, is succinctly expressed in the Uruk Prophecy, for which see most recently idem, 'The historical background of the Uruk Prophecy'. in MarkE. Cohen, Daniel C. Snell and David B. Weisberg (eds.). The Tablet and the Serail: Studies ... Hallo (Bethesda, Md., 1993), pp. 41-52. 33 Witness to this movement would be the Hymn to Borsippa published by F. Köcher, 'Ein spätbabylonischer Hymnus auf den Tempel Ezida in Borsippa', Zeitschrift jUr Assyriologie 53 (1959) 236-40, which compares Nabu's cult-centre with the heavens. According to the lexical text Antagal N 25, a tradition developed in which Borsippa was seen as a 'second' or alternative Baby Ion, just as Nabu was a kind of junior Marduk: t in. t i r. m in. kam kl BAD.SI.AB.BA (MSL XVII, p. 240).
136
Babylon, the cosmic capital
A.R. George
APPENDIX: New sources for the names and epithets of Babyion (Tintir I).
tially, Babyion remained the 'cosmic capital' until it yielded to a fate similar to that suffered two thousand years before by Eridu, diminishing gradually in population as government moved away to Seleucia-on-Tigris at the tail end of the fourth century, and eventually becoming a field of ruins dustered araund the decaying structure of a venerable temple. The continuing survival of the great temple E-sangil amid desolate surroundings is the situation famously reported by Pliny the Eider (d. AD 79), 34 but cuneiform sources suggest that final abandonment of the rest of the town had taken place comparatively recently. 35 The archaeological record is hard to date exactly, but eventually, probably late in the first century AD or early in the second, the scholar-priests of E-sangil at last gave up the struggle to keep their dilapidated sanctuary in serviceable condition and abandoned what remained of it to collapse. In due course its ruins were levelled off and the great mound occupied by a modest late Parthian settlement. Thenceforth there could be no pretence that this place was the centre of the universe, and in time the ideology which had made it so expired, along with so much eise of the Babylonian intellectual tradition. 36
Naturalis historiae VI. xxx: du rat adhuc ibi lovis Beli templum ... cetero ad solitudinem rediit. The periodic maintenance of the temple building down to the early first century BC is now easily observed in sporadic references in the texts edited by A. Sachs and H. Hunger, Astronomical Diaries and Related Texts from Babylonia I- III (Vienna, 1988 -95), though these documents do not furnish a full record. Repairs made in 92 BC, for example, a year for which no diary is extant, are witnessed by the archive of Ra~imesu, the temple's bursar: see F. Joannes, 'Reparations dans I'Esagil en 92 avant J .-C.', Orient-Express 1991: I, II.
Since the publication of my edition of the text Tintir = Babyion in Topographical Texts there have come to light three further manuscripts of Tablet I of that text, the Iist of the names and epithets of Babylon. a) SE 97, in the collection of the Couvent Saint-Etienne in Jerusalem, is a reverse fragment of a Neo- or Late Babylonian library tablet of unknown provenance, with parts of Tintir I 29-46 preserved. It has been published by Michael Jursa in a joint article with Karen Radner, 'Keilschrifttexte aus Jerusalem', Archiv jUr Orientforschung 42-3 (1995-6) 89-108, esp. 106-7. b) BM 76101 (AH 83-1-18, 1466) is an unpublished exercise tablet in the British Museum, registered as from Sippar (Abu Habba), which has parts of Tintir I 1 -3 preserved as the second extant extract an the obverse, as identified by W. G. Lambert: I 2
3
36-fhe end ofthe cuneiform tradition at Babyion is represented by the astronomical almanacs of the first century AD published by A. Sachs, 'The latest datable cuneiform tablets', in Barry L. Eiehier (ed.), Kramer Anniversary Valurne (Kevelaer & Neukirchen-VIuyn, 1976), pp. 379-98. Forasuggestion that cuneiform learning survived forafurther century or more see M. J. Geiler, 'The innuence ofancient Mesopotamia on Hellenistic Judaism', in Jack M. Sasson (ed.), Civilizations ofthe Ancient Near East I (New York, 1995), pp. 43-54, esp. 44.
[tin.tirk]1 [tin. tirk 1] [tin.tirk1]
ba-bi-lu .M ana ta-na-da-a-[ti . . . ] rMIN su1-bat nu-u!J-[si] [MIN su-bat b]a-[a-[fi]
Only the first line of the extract is of interest, in that it evidently affered a slight variation an the Akkadian explanation hitherto attested in Tintir I 1, sa tanädäti u rfSäti sarkäs. If ana is not simply an error, the line should probably be restored sa ana tanädäti [u rfSäti saknu (or sitkunu)]. 'Tintir = Babylon, which [is established] for fame [and jubilation]'.
34
3sA history of Babyion in the Parthian period is yet tobe written; see brieny J. Oelsner, Materialien zur babylonischen Gesellschaft und Kultur in hellenistischer Zeit (Budapest, 1986), pp. 64 f., 125 f.; R. van der Spek, 'The Babylonian temple during the Macedonian and Parthian domination', Bibliotheca Orientalis 42 (1985) 541-62, esp. 547 ff. According to native records the city affered war-time protection to refugees as late as 91 BC (Sachs and Hunger, Astronomical Diaries III, p. 434, 17'), a fact which indicates that, however small its permanent population had become, Babylon's defences were still viable. At least two temples outside the E-sangil complex were still standing in the first century BC: E-sabad of Gula was very much in use in the 90s (G. J. P. McEwan, 'Arsacid temple records', lraq 43 (1981) 131 -43); the temple of NabO of the twra was the scene of fighting by members of the Greek community (politat) in 78 BC (Sachs and Hunger, Astronomical Diaries III, p. 502, 16'; see already R. van der Spek in A. Kuhrt and S. Sherwin-White (eds.), Hellenism in the East (London, 1987), p. 68). This certainly speaks of a community that comprised more than just the personnel of E-sangil.
137
'I
ti
l
) ·~
c) BM 87224 is a big Late Babylonian tablet discovered by Karlheinz Kessler in the British Museum in 1993. Immediately recognizing it as Tintir I, he very generously ceded the piece to me for publication. BM 87224 belongs to the collection accessioned an 13 October 1900; it was acquired by purchase from Messrs Djemi and Thomas. According to its colophon, the tablet belonged to one lql~äya (if I render the name right) son of Bel-bullissu, of the family of Nabunnäya. It was written at Babyion an the first day of the seventh month, 100 BC (SE 212 = AE 148), by a third party, Tanittu-Bel, who was presumably lqBäya 's student and probably his son. This man is not to be confused with the well-known scribe of Babyion so many of whose tablets are now in the British Museum, for that Tanittu-Bel lived many generations earlier, being a contemporary of Alexander the Great. 37 An
37
See I. L. Finkel, 'MuUu 'u, Qutaru, and the scribe Tanittu-Bel', Aula Orientalis 9 (1991) 91-104. For other persans ofthis name in Hellenistic Babyionsee ibid., p. 91 1• Since names tend to run in families, the Tanittu-Bel SOll of Bel-bullissu who features in er 49 105, 13, a contract dated 277 BC (SE 35), could be an earlier member of the same family as the scribe
138
A.R. George
Babylon, the cosmic capital
interesting feature of the tablet is the presence of what are customarily known as 'firing holes'. These holes, of rounded triangular section, are found severally on the obverse and the reverse, as indicated on the copies, and also, two each, on the left and right edges. The term 'firing holes' is certainly not the right one in the present case, for the tablet was not baked until1993, by the British Museum's conservators. An alternative suggestion, that such holes were made to prevent the addition of extra signs at a later date, also carries no conviction on this occasion, for many blank areas of clay are left unpierced. Possibly the function of the holes was to help dry the clay evenly, thus reducing the chances of cracking in what is a comparatively large and heavy tablet (14 X 9.5 x 3.3 cm). The tablet is a nearly complete manuscript of Tablet I, and as such it fills a number of gaps in the edition given in Topographical Texts, pp. 37-41, and provides some other improvements. On the debit side it exhibits a number of errors, some the result of the writer's inexperience, others symptomatic of the decline of the cuneiform tradition at the tail end of its history. 38 That aside, one may now observe that the important and substantive variants which characterize II. 37-42 evidently signify the existence of different recensions of the Tablet. In this regard the Parthian period source BM 87224 unsurprisingly belongs more nearly with the even later MSS ab (from Babylon), than with the earlier MS w (from Ki~) and MS g (from Babylon). Apart from the question of shared variants, it can also be noted that, unlike other sources for Tintir I, the Parthian manuscripts have a rubric giving the total number of names of Babylon, 39 and that their catch-lines reveal that they belonged to a recension of Tintir in which Tablet I was followed by Tablet V. 40
For the convenience of others interested in this text it is thought useful to make the tablet available at an early opportunity, and so it is given here by permission of the Trustees of the British Museum in cuneiform copy (Figs. 1-2) and transliteration, with notes on some lines. The notes are limited to the discussion of substantive variants, corrections and additions to the composite edition in Topographical Texts. Other variants are Iisted at the end. For a translation the user is referred to the modified version of the Iist given above and to the edition.
of BM 87224. Another Bel-bullissu was father of four astrologers of E-sangil who flourished in the years 127-103 BC and were thus our lqi~äya's contemporaries (see van der Spek, BiOr 42, 548 ff.), but it is uncertain whether this was the sameman as lqi~äya's father. 38 Dittography (1. 20, of URU, partly erased; I. 35, of TIM, partly erased), haplography (1. 23, of KI), other omission of signs (II. 41: ta for ta-3 -u; 45: missing gar). errors in sign Formation (II. 10: wedge missing from KAL; 18: NI written for IR; 34: Dl for Kl; 41: DIS.ME for A; 50: TIR for !e-e), and errors generated by dictation, Iack of comprehension or other corruption (II. 13: gudu 4 for gu.de; 15: ni.dub for nLdub; 35: ur. sag for uz.sag; 39: nam.ku.ga for nam.ku.zu; 41: sig-i (edr?) for !iknat; 44: !amlti for !arflti;
probably 46: du 7 .du 7 for gu 4 .ud.gu 4 .ud). 39 The expected total is 51, but on BM 87224 it is for some reason 54 or 55 (damaged). The actual figure is missing entirely on MS a (Topographical Texts, p. 71). 40
See already Topographical Texts, p. 31.
139
BM 87224 (1900-10-13, 4) superscript ina a-mat dbel(en) u dbelti(ga~an)-ia tisUtiml
By command of Bel and Beltiya may (my efforts) be successful! obverse 1 [tin.ti]r.NAk1
Ek 1 .M ta-na-[d]a-a-t[um u] rri-sa 1-[a-tum
sar-kaS)
2
tin.tir.MINkt
3 tin.tir.MINkt
4
~u.an.na
5 6 7 8
si.an.na su.an.na sa4 .an.na uru si~.bi dub.sag.ga
9 uru sil,(EZEN x LA).la 10 uru me.bi kal 1(E).la 11 uru billuda.bi su~.su~ 12 uru lugal dingir.re.e.ne 13 uru gudu4 dasar. re 14 uru la.bi nu.gi4 .a
15 uru guru~ ni.dub 16 uru nlg.gi.na ki.ag.ga 17 uru nfg.gi.na si.sa 18 uru nfg.erim ~ul.gig 19 uru lu.kur4 .ra 20 B[ 1jldlm.me ku.sig 17 21 eri.du 10
su-b[a]t n[u-ulz-!i] su-bat b[a-la-{i] e-muq [same(an)'] nu-[u]r [same(an)'] m[ar-ka]s [!am]e(an)['] n[i-bit S]ame(an)['] rälu(uru) sa1 li-bi[t-ta-S]u matz-[rat] KIMIN äl(uru) rPsal-a-[ti] KIMIN älu(uru) [S]a par-~u-su su-qu-[ru] KIMIN älu(u[r]u) [!a] pitJlu1-du-su na-as-[qu] KIMIN [ä/(uru) S]ar-ri ilf(dingir>r"• 1] KIMIN äl(uru) ni-bit dmarduk([a]mar.[utu]) KIMIN rälu(uru)l sa la-lu-su rza is-seb1-[bu-u] KIMIN älu(uru) mu-sap-!Pitz e{Ltu-t[i-su] KIMIN älu(uru) na-r[a]m ki-na-a-[ti] KIMIN äl(uru) kit-tu[m] u mi-sa-[ri] KIMIN älu(uru) rzel-ir'(NI) rragl-[gi] [K]IMIN äl(uru) kab-tu-[ti] KIMIN {ras.} ma-ku-tum QU-r[a-~i] KIMIN älu(uru) [!]a-a-[bi] KIMIN KIMIN KIMIN KIMIN KIMIN KIMIN KIMIN
140
A.R. George 22 ka.dingir.ra
Babylon, the cosmic capital
23 eskiri tab an. < ki >
KIMI[N ä]l(uru) ne-[reb mas-naq-ti ilf(dingir)mel] KI[MIN {a-mi-i!J ~er-ret same(an)' U
24 ri.ri nig.erim TUR.TUR 25 zau erim.gu nig.eri[m.gu?]
K[IMIN la-qit ni-ip-ri a-a-bi] [KIMIN mu-!Jal-liq nap-!Jar a-a-bi u
26 kar gul.a 27 rnam.su1.du 7 mu.lu zi.zi
(KIMIN sa] !Ja-[ba-[u i-ze-er-ru] rKIMIN sa1 La u-[sak-la-lu sa-bu-u (or
er~eti(ki)';"']
za-ma-ni]
sa-bu-ti)]
28 29 reverse 30 31 32 33 34 35
[dur da]sar.re [dur dasar.ali]m. rnun.nal
KIMIN su-bat [dmarduk] rKIMIN su-bat1 [da-num den-[{[ U de-a]
rmud dingir sagl.ga ra_l.ag.ga me rzul me.e da.gan me ur4.ur4 umus.e.a gub.ba pirig.ga ur.sag an.k[i.a]
Ek 1 rba-nu 1-[u ili uameli] KIMIN mu-de-e rparl-~u ru te-rel-[e-ti] KIMIN sa kul-lat par-~u !Ja-am-m[u] KIMIN rbft(e)l te-e-mu u m[i]l-[ki] KIMIN mu-ki 1(Dl)-in sarru(lugal)-[ti] KIMIN mar-kas same(an)' u
141
rubric 52 rs4?1 mu.didli tin.tit 1.[ke4] catch-line = Tintir V 1 53 bara su-nu-!Ju bäbilu(E)k 1 bara i-sem-me su-la-[a] colophon 54 gim sumun-su sar-ma igi.tab u igi.kar im.dub mrba,-a-a [a-su sa] 55 mden-tin-su a mdna-na-a-a Gl~ 41 mar-tum-den ti[n.tit 1] 56 111du6 u4 1kam mu 1 me 48 rkaml sa si-i mu 2 me 12k[am mar-sa-ka-a] 57 [lu]g[al lu]g[atm•~ Written, checked and collated according to its original. Tablet of [son ot] Bel-bullissu, descendant of Nabunnäya. Written by Tanittu-Bel. Babylon, 1st Ta~rltu, year 148, that is year 212, [Arsaces, king of kings.] lqi~äya(?),
Notes on BM 87224
er~eti(ki) { ra[ s. }11"']
36 igi.bi igi.gal.la gal? sukud.da 37 38 39 40 41 42 43 44 45
47 48 49 SO
51
KIMIN sa ana ta-mar-ti ~a-ad-du
u-saq-q[u-u] igi.bi du.du KIMIN sa uz-na ka-[a-mu suk-lu-l[u] Ml.tum.ma igi kur.ra KIMIN sa ana llb-bi-su sadf(kur); U ma-a-tu ib-[bab-(ba)-lu] KIMIN sa nem-qu-ti s[u]k-lu-r[ul IM.DAG nam.ku.ga gub.ba li[p]is.bi gu nu.un.de.am KIMIN Sa llb-bi-su !Ja-bi-bi mätäti(kur. kur)mcl ku[n-nu] tu 6 fl.la ak a 1 (DI~.ME) sid fi.Ja ak KIMIN sa sik-nat 1(l) napisti(zi) 11"' ta- < U> na-s[u-u] dim mud ga KIMIN bi-i-ti ilf(dingirr•l mu.lu gub si ma.da KIMIN mu-kin napisti(zi)'1"' ma-a-tum ruru nfg.tukul KIMIN äl(uru) sarru(lugal)-u-ti KIMIN MIN sa nisü(ug)mcl_su mes-ra-a uru ug.bi nfg.tuk
.ra kir-rmu-ra1 KIMIN MIN i-sin-nu !Ji-d[u-tu]m U me-l[u-lu] uru ug.bi ezen zal.zal KIMIN MIN sa nisü(ug)mcl_su us-'atab-ra-a [i-sin-nu] uru ubara su.hi du 8.a KIMIN MIN ki-din-nu pa-{i-ri k[a-si-i] uru ku.ga (K]IMIN MIN el-[lu] uru nig.gal nig.ga KIMIN bu-se+e ma-ak-[ku-ri] KIMIN ri-kis mätäti(kur.kur)[m•l] dim kur.kur.ra
1-3. The glossing oft in. t i r with the sign NA in I. 1, repeated in 11. 2-3 by means of the notation MIN, corroborates the Graeco-Babylonian source MS c, which in I. 3 reads ] v ßotßt"A. In Topographical Texts, p. 241, I assumed that this v was the remains of a Greek transcription of Suanna, which is well attested as an alternative reading of the sign-group t in. t i rk 1 (ibid., p. 237). lf NA in the present tablet was intended to signify the same pronunciation, it would appear that t in. t i rk 1 can be read Suanna not just when it refers to the quarter of Babyion by the Ura~ Gate, but also when it is a writing for Babyion itself. 24. If correctly read, TUR.TUR (di 4.di 4 ?) improves on the composite edition's banda. x (MSS bg) as the equivalence of nipru. 33. With SE 97 and BM 87224 there are now four witnesses to this line. The manuscripts renders the Sumerian in three different ways, so that it appears that the tradition was in some disarray with regard to this particular epithet: MS b has e. KU. a, SE 97 KU. i~ i b. ba. a (Jursa, AfO 42-3, 107), and MS g and BM 87224 KU. e.a (MS g was previously read as [e?]. k a. a, but collation reveals that [KU. UD]. rDU1. a should now be preferred). As Jursa saw, the appearance of {bnu in the second column means that KU must 41 Definitely not GAD, here andin other LB colophons, with CAD Q, p. 194, contra W. von Soden, AHw, p. 909: 'qat (nicht ms!)'.
A.R. George
Babylon, the cosmic capital
be read umu~. The epithet umu~. e. a, var. e. umu~. a, forces one to reconsider an allusion to Marduk's cella e.umu~.a (i.e., bft {emi, 'Hause of Good Counsel '), a reference which was earlier dismissed in the light of MS g. A link between the present epithet and the shrine-name is especially cogent if one recalls that the latter can also be written e. e . um u ~. a (in the syncretistic Btar hymn, KAR 109, obv. 16). The meaning of the present umu~.e.a would be '(City) which issues good counsel'. In the second column the new source agrees with MSS bg (b: {e-e 1-mu u m[il1-; g: [[e-em]u u mi[l-). SE 97's umu~. i~ib. ba. a = B. bft re-em ka-ku-[gal-li/lu-ti] (as read by Jursa) now Iooks like an inferior variant line. 36. The recovery of the Akkadian reveals that this line attests a view that Babyion was responsible for placing signals for men to observe in the sky. The reference is probably not just to Marduk's organization of the celestial bodies (cf. Enüma elis V), but more specifically to his identity with Jupiter, the planet particularly associated with such signals (e.g. V R 46 no. 1, 39: 1 mu sag. me. gar = na-as ~a-ad-du ana da-tuf(DA)-mu). 37. Here again the newly recovered Akkadian attributes to Babyion a function of its god. The phrase is extracted from the Sumerian by the equations igi = uznu (MSL IX, p. 7, Hh XV 38), du = kaldma and du for ~u- du 7 = suklulu (note that SE 97 has i g i. b i d u7. du 7) . MS b appears to offer a variant version of the Akkadian, m[u-sak-l]il [uzni kaldma?]. 38. At last the Sumerian epithet makes sense ('Favourite in the eyes of the land'); both MS b and SE 97 seem corrupt. The previously illegible traces in MS w are of rana llb-bi-sul. 39. The opening of the line is still a problem. MS b, previously read [ba] r?. bar, probably has [I]M.DAG, agreeing with BM 87224. SE 97 has se. e instead. Neither is obviously good for suklulu, but cf. TAG = S. in Ea V and Aa V/1 (glossed su-ug, su-bu, da-a and ta-a). The last ward in MS w cannot be reconciled with suklulu, however. Thanks also to the new tablet nam. ku. zu can now be seen to yield nem(e)qütu, a hapax legomenon (MS w: rnel- < me> -qu-tu, SE 97: ne-me-q[u-tu?). 40. The firstward of the Sumerian epithet (Topographical Texts: [mu] ~?) had already been corrected by SE 97. BM 87224 charts a course midway between MS w's gu.nun.de.a and MS b's gu.nu.un.de.[am] (SE 97 is corrupt), and follows SE 97 and MS b in omitting ana before libbfsu. 41. There are two versions of the Sumerian: SE 97 follows MS w but BM 87224 compares better with MS b, where the epithet can now be read [tu 6 fl.l]a ak a ~id f[l.la ak]. What exactly this means is still obscure. 42. There is disarray in the sources here: BM 87224 agrees with MS w in
neither column, and SE 97 also has something different in the first column (dim? m]ud mud). 48. The variant ~u.la for MS w's si.il.la offers a much better equivalence for kasf, and is to be preferred. 53 = V 1. The previous reading of the final element of the second dais's name, *suppe'a, is now corrected to sulla (MS a: rsu-la1-a). The result is the personal name Bemme-sullä, which occurs in an OB contract (YOS XIII 361, 11), and the dais joins others that bear the names of persans or minor deities.
142
143
Full Iist of variants (BM 87224 against the composite edition)
1: [ t in. t i] r. NA kl for t in. t i rkl, Ek1 for ba-bi-tu, ta-na-da-a-tum (with MS g) for ta-na-da-a-ti; 2-3: tin. tir. MINk 1 for tin. tirkl; 4-51: omits kl (with tt); 6: su.an.na for sa.an.na; 9: sil,.la for sil 6 .la; 12: sar-ri (with agz) for sar; 13: gudu4 (with a) for gu. de; 14: la-lu-su (with w) for La-Lu-u-su; 15: ni. dub for nf. dub, mu-!ap-!i-ifJ (with g) for mu-!ap-sitJ; 17: kit-tum (with g) for kit-ti; 18: ze-NI for ze- 3 -ir; 20: 811dlm.me for dlm.me; 22: adds uru to second col.; 23: tab an for tab.ba an.ki; 27: sa La u-!akLa-Lu (or u-!ak-li-Lu) for La mu-sak-li-Lu; 30: Ekl for KIMIN, ba-nu-u (with b) for ba-an; 31: par-~u for par-~i; 32: me.e forme, da.gan me (with b) for da.gan.bi; 33: umu~.e.a (with g) for e.umu~.a; 34: mu-DI-in for mu-kin, sarru-ti for sar-ru-ti; 35: ur.sag for uz.sag; 36: igi.gal.la gal? for igi.gal; 39: nam.ku.ga for nam.ku.zu, !uk-Lu-Luforsu-tamra-x; 40: nu. un. de. am for nun. de. a, om. ana (with band SE 97), kunnu for i-kun-nu; 41: fl.la ak a ~id fl.la ak (with b) for fl.lu ~i.ma. .al.la, !ik-I for ana !ik-na-at, ta- for ta- 3 -u; 42: dfm mud ga for d im m u d z i, bi-i-ti d i ng i r'"e1 for bi-nu-tu den -lf I ; 43: z i '1"' ma-a-tum for na-pi!-ti ma-a-ti; 44: !arru-u-ti for !a-ru-tu; 45-9: MIN for u ru; 45: ug'"e1!u (with a) for ni-!a-a-!u, kit-mu-ra for kit-mu-ru; 46: hu 1.1 a for hu I, d u 7. du 7 for g u 4 • u d . g u 4. u d, tJi-du-tum u me-Lu-Lu (with a) for tJi-du-tu u mi-lul-ti; 47: ug'"c!-!u (with a) for ni-!a-a-!u, u!-mtab-ra-a for u!-tab-ra-a; 48: ~u.la for si.il.Ia, ki-din-nu for ki-di-nu; 50: nfg.gal for nfg.gal. .I a, omits u ru (with a) and u (with a?); 51: ku r. ku r'"e! (with a) for ma-taa-ta.
144
A.R. George
Fig. 1. BM 87224 top edge and obverse: superscript, Tintir I 1-29.
Babylon, the cosmic capital
145
Fig. 2. BM 87224 reverse: Tintir I 30-51, rubric, catch-line and colophon.
144
A.R. George
Babylon, the cosmic capital
Fig. 1. BM 87224 top edge and obverse: superscript, Tintir I 1-29.
Fig. 2. BM 87224 reverse: Tintir I 30-51, rubric, catch-Jine and colophon.
145
NIPPUR ALS RELIGIÖSES ZENTRUM MESOPOTAMIENS IM HISTORISCHEN WANDEL
W alther SaHaberger, Leipzig Gewidmet dem Andenken an meinen Innsbrucker Lehrer Univ. -Prof. Dr. Kar/ Oberhuber (31 .10.1915-4. I .1997) VORAUSSETZUNGEN
Vom Beginn relevanter Quellen in der Mitte des dritten Jahrtausends bis zum Ende des zweiten Jahrtausends gilt in Babylonien1 Enlil als höchster Gott; sein Hauptheiligtum Ekur liegt in Nippur. Enlils Macht äußert sich vor allem in seinen Entscheidungen, 2 seinem "Wort", das unabänderbar gilt, und das nicht nur den Lauf der Geschichte, sondern auch das Handeln der Götter bestimmt. Diese Suprematie Enlils in historischer Zeit setze ich als gegebene Größe an und versuche nicht, durch bemühte Rationalisierungen diesen Rang zu begründen. 3 Der altorientalische Herrscher betrachtet sein Amt als gottgegeben, er muß sich den Göttern gegenüber verantworten und legitimieren; 4 Königtum,
1
"Babylonien" gebrauche ich als geographischen Begriff für die Alluvialebene von Euphrat und Tigris. 2
Vgl. LIEBERMAN 1992.
3
Häufig begegnet der Versuch, Enlils Stellung aus einer Vormachtstellung Nippurs abzuleiten: Nippur sei ein altes politisches Zentrum, als Versammlungsplatz (JACOBSEN 1957 s. dazu unten) oder aufgrund seiner zentralen Lage in der Ebene (POSTGATE 1994, 34). Ebenso wird der Aufstieg Enlils als Hauptgott (?) einer semitischen Einwanderung (Ellil) zu erklären versucht (Steinkeller, zitiert von SELZ 1992, 199 Anm. 47; vgl. PIESL 1969, 108 f.; SELZ 1992, 199 f.). Der hier beschrittene Weg, Nippurs Rolle aus dem Wesen Enlils abzuleiten, hat den Vorteil, daß damit eine Argumentation innerhalb des altmesopotamischen Systems möglich wird. Inhaltlich gerechtfertigt wird er durch den Ansatz, hier Aspekte einer Geschichte der Herrscherideologie und nicht einer Geschichtsdarstellung zu behandeln. 4
Das Problem der Legitimation stellt sich für den Herrscher besonders beim Wechsel der herrschenden Dynastie; ein solcher Bruch muß von den Göttern gewollt sein. Besonders deutlich ist die Rolle Enlils als Gott, der die Herrschaft verleiht, in den Quellen zum Übergang der Herrschaft von lbbi-Suen von Ur auf Bbi-Erra von Isin; vgl. dazu (z.B.) WILCKE 1970.
148
W. SaHaberger
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
Politik und Religion sind in der Herrscherideologie untrennbar miteinander verbunden. Der babylonische Herrscher mit überregionalem Einfluß, den wir gewöhnlich als "König" bezeichnen, muß also sein Wirken in erster Linie vor Enlil als demjenigen Gott, der die Herrschaft verleiht, darlegen. Die besondere Beziehung zwischen dem Gott Enlil und dem König, die hier nicht weiter darzustellen ist, beruht zudem auf deren vergleichbarer Stellung und Funktion, nämlich des Königs an der Spitze der Gesellschaft und Enlils im Pantheon. Vor dem Hintergrund dieses Nahverhältnisses zwischen König und Enlil ist zu fragen, welche Rolle der Stadt Nippur als dem Hauptkultort Enlils in der Ideologie altmesopotamischer Herrscher zukommt. Zwei Fragenkomplexe sind dabei (soweit möglich) in ihrer historischen Entwicklung in der zweiten Hälfte des dritten und der ersten Häfte des zweiten Jahrtausends kritisch zu prüfen: Das Verhalten eines Herrschers gegenüber der Stadt Nippur und damit deren Status im Vergleich zu anderen Städten Babyloniens. Bewirkt also der religiös begründete erste Rang Nippurs auch ejnen Sonderstatus der Stadt gegenüber anderen Zentren Babyloniens? Umgekehrt stellt sich die Frage, was der Besitz oder der Verlust von Nippur in der Königsideologie bedeutet. Welche Rolle spielt dabei die Stadt selbst? Die Diskussion erfolgt in zeitlicher Abfolge in drei Abschnitten: 1. Frühdynastische und sarganisehe Zeit, 2. Ur III-, 3. Isin-Larsa- bis altbabylonische Zeit. Damit soll dem Thema dieses Colloquiums, Kontinuität, Wandel und Bruch, in seiner historischen Dimension Rechnung getragen werden. Gleichzeitig gilt es dabei, das Bild der Stadt Nippur in der Herrscherideologie des Frühen Mesopotamien differenzierter darzustellen, als dies gemeinhin geschieht: die jeweiligen historischen Voraussetzungen werden nämlich auch die Stellung des religiösen Zentrums Nippur beeinflussen. Nippur war bekanntlich in historischer Zeit nie Sitz einer königlichen Dynastie und entsprechend kein Ort dynastischer Identifikation. Dies unterscheidet das Konzept Nippur wesentlich von den beiden späteren Hauptstädten Assur und Babylon. Und angesichts dieser späteren Entwicklung und der zahlreichen Bezüge in Babyion und Assur auf Nippur ist hier zu fragen, welcher Zeit eigentlich das Bild von Nippur entstammt, das so sehr die gesamte weitere altorientalische Geschichte geprägt hat.
nen, beginnen etwa in der Mitte des dritten Jahrtausends in der Fära-Zeit. 5 Die ältesten Götterlisten und ein Zyklus von Tempelhymnen zeigen, daß zu dieser Zeit Enlil als bestimmender Gott an der Spitze des Pantheons steht. 6 Der geographische Horizont der Hymnen wie der Götterlisten reicht ebenso wie in den Wirtschaftsurkunden aus Fära etwa von Ur im Süden bis Kis im Norden. In diesem Gebiet wird Enlil in frühdynastischer Zeit dementsprechend in der überregionalen Politik als höchster Gott anerkannt. 7 Jeder Herrscher betrachtet es als eine zentrale Aufgabe, den Kult der Götter zu fördern; sichtbarer Ausdruck hierfür sind Tempelbauten und Weihgeschenke. Kann ein Stadtfürst sein Gebiet so weit ausdehnen, daß Nippurin seinen Einflußbereich fällt, so wird er nicht nur dort Weihungen vornehmen, sondern er kann umgekehrt auch Enlil unter die Götter zählen, die ihn unterstützen. 8
1. FRÜHDYNASTISCHE UND SARGONISCHE ZEIT Für unser Thema aussagekräftige Quellen, in denen wir Nippur in politisch-religiöser Hinsicht mit anderen babylonischen Städten vergleichen kön-
149
szu Zeugnissen von Uruk III über die frühdynastische Zeit hinweg, in denen Ortsnamen aufgelistet werden, s. zusammenfassend MATTHEWS 1993, 33-50. Nippur ist hier überall präsent. Ob den Städtesiegeln und den archaischen geographischen Listen bezüglich der Abfolge theologische und/oder politische Prinzipien zugrunde liegen, läßt sich nicht erkennen; sie können daher hier außer Betracht bleiben. 6 Die Götterlisten aus Fära und Abu ~aläbiJ! beginnen mit An - Enlil; s. zu den Götterlisten aus Fära KREBERNIK 1986, zu der aus Abu Saläbih MANDER 1986 (Z.2 Enlil sicher zu ergänzen, Z. I daher wohl nur "An" möglich)·. An steht zwar, ist er genannt, bis in aB Zeit immer vor Enlil, übernimmt aber kaum eine aktive Rolle; ganz ähnlich ist seine Stellung vor Inanna (z.B. in Ur III-Opferlisten). - Zu der Einleitung der zame-Tempelhymnen aus Tell Abu Saläblh, in der Enlil den anderen Göttern ihre Kultorte zuweist, s. zuletzt KREBERNtK 1994." Zu Elllil als höchstem Gott seit Beginn der Dokumentations. SELZ 1992 (SELZ a.a.O. 193-196 glaubt darüber hinaus, Spuren für eine ältere Suprematie Inannas und Enkis zu finden. Methodisch halte ich es jedoch nicht für überzeugend, aus einer weiten Verbreitung eines Kultes auf dessen relative Bedeutung im überregionalen System zu schließen; SELZ a.a.O. 200 weist auf den Titel nin kur-kur-ra Inannas hin; diesen trägt sie aber noch bei Gudea, Statue C II I f., IV 9 f., Text: STEIBLE 199111 180-185).
7 So steht er an der Spitze der Schwurgottheiten der Geierstele, eines Vertrags zwischen den Stadtstaaten Laga~ (unter Eanatum) und Umma; s. STEIBLE/BEHRENS, 1982/1, 128 ff., Ean. I Kol. 16 ff.: Enlil, Nin~ursag, Enki, Suen, Utu, Ninki; vgl. auch Ean. 6 i 4.
8 Bestes Beispiel hierfür ist Enmetena (En-TE. ME-na) von Laga~; vgl. SELZ 1992, 201-203: Ent. 32 ist die einzige Inschrift eines Herrschers von Laga~ aus Nippur, Enmetena konnte damit diese Stadt zu seinem Gebiet zählen. Wenn SELZ a.a.O. 203 von einer "Legitimation dieses Herrschers [ = Enmetena] durch Enlil von Nippur" spricht, verkehrt er also m.E. Ursache und Wirkung. Hinzuweisen bleibt dazu noch, daß POMPONIO 1994 gezeigt hat, daß bei En~aku~anna I :3-4 (STEIBLE/BEHRENS 1982111 293) und in vergleichbaren Fällen en ki-en-gi lugal kalam-ma, "Herr von Sumer, König des Landes", dem Titel en unuk 1-ga lugal uri/1-ma, "Herr von Uruk, König von Ur" entspricht. Der Titel lugal kalam-ma hat also auf jeden Fall zu dieser Zeit nichts mit Nippur zu tun.
W. SaHaberger
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
Allerdings gibt es in frühdynastischer Zeit (zumindest vor Lugalzagesi) keinen Hinweis darauf, daß das Königtum allein oder auch nur vornehmlich von Enlil verliehen werde. 9 Ein schönes Beispiel hierfür sind zwei parallele Inschriften Lugal-ki(DU)ni(~e)-dudus von Uruk, die beide aus Nippur stammen. Die eine ist, wie bei dem Fundort zu erwarten, Enlil, die andere jedoch Inanna gewidmet. Mit denselben Worten vermerkt der König, daß er die Herrschaft von Uruk mit dem Königtum von Ur verbunden habe, wobei dies im ersten Fall "Enlil, der Herr der Länder", im zweiten "lnanna, die Herrin der Länder" bewirkt habe. 10 Lugal-ki(DU)ni(~e)-dudu von Uruk nennt sich "König von Ki~". Damit sollte sein von Uruk im Süden bis Ki~ im Norden reichendes Herrschaftsgebiet naheliegenderweise auch Nippur einschließen, womit Lugal-ki(DU)ni(~e)-dudu für die Pflege der dortigen Kulte verantwortlich wird. Fassen wir zusammen: die politische, militärisch 11 oder diplomatisch erworbene, Dominanz in Babylonien äußert sich darin, wenn ein Herrscher gerade aus dem Süden des Landes - das Königtum des nordbabylonischen Ki~ erlangt. In kultischer Hinsicht nimmt Nippur als Sitz Enlils in einem solchen Reich den ersten Platz ein. Eine darüber hinausgehende engere Verbindung zwischen Königtum und Enlil/Nippur, etwa eine formelle Anerkennung des Herrrschers durch den Tempel oder eine (weitere) Krönung (zum 12 "König des Landes") in Nippur, wie dies recht häufig angenommen wird,
läßt sich jedoch aus den Quellen nicht erschließen. Im Einklang damit steht die Rolle Nippurs in frühdynastischer Zeit: in den Urkunden von Fära schlägt sich eine politische Einheit des Landes mit den sechs Städten Uruk, Adab, Nippur, Laga~. Umma, Suruppak nieder, abhängig vielleicht vom König von Ki~. 13 Nippur nimmt hier einen den anderen Städten völlig gleichwertigen Rang ein. 14 Damit wird der alten Theorie Th. Jacobsens das wichtigste Argument entzogen, der hier Zeugnisse für eine "kengir-league", einen sumerischen Staatenbund mit Nippur als Zentrum sehen wollteY Seine Annahme, ki-en-gi, Sumer, werde durch Nippur repräsentiert, entbehrt für das dritte Jahrtausend ebenso jeglicher Grundlage.16 Jüngere Forschungen zeigten vielmehr, daß "ki-en-gi" in den FäraUrkunden und in der gesamten frühdynastischen Zeit vielleicht einen Ort in der Gegend von Uruk, dann zunächst das Gebiet von Uruk bezeichnet. 17
150
130); die Ausgaben für die Reise in den Süden datieren schon in den 2. und 6. Monat (MCS 9 247:29-30, CT 50 52 iv 46-47, MC 4 27 iv 14: Verb 1-(im)-gen-na-a, [b]a-gen-na-a, also vergangene/abgeschlossene Handlung; vgl. zu den Texten auch STEINKELLER 1992, 56); zweitens sind die Urkunden für die Reise nach Sumer (ki-en-gi) nicht mit der Krönung zu verbinden (vgl. dazu VOLK 1992, 24 mit Anm. 14; doch anders als Volk kann ich den Urkunden keine Ergebenheitsadresse in Nippur entnehmen). ki-en-gi, "Sumer", bedeutet schließlich im 3. Jahrtausend den Süden Babyloniens, das Gebiet um Uruk, es wird nicht von Nippur repräsentiert (s. unten). 13
9s.
die Tabelle bei HEIMPEL 1992, 7 f.; literarisch vgl. JAS (0/P 99) 392 iii' 5'f., zitiert bei KREBERNIK 1984, 281 (Enlil gibt dem König das Szepter). 10STEIBLE/BEHRENS
1982/11, 299-303: Lukin. 2. 4.
Besonders instruktiv in diesem Kontext der Uruk-Herrscher als "Könige von Kiä" ist Enäakuäannas Jahresdatum und die Weihgeschenke, die von einer Belagerung von Kiä sprechen (vgl. POMPONIO 1994). 11
12 Ais ein Beispiel für andere vergleichbare Aussagen verweise ich nur auf WESTENHOLZ 1974, 155 f., der annimmt, daßjeder "König von Kir oder "König des Landes" offiziell in Nippur anerkannt und inthronisiert werden mußte. Ahnlieh Postgate 19?5, 399 f.: "... the rightto present such afferings [i.e., a bowl]to the Ekur would have consututed ac~nowledg ment (by the Nippur priesthood on behalf of the land as a whole?) of a ruler's nght to be considered elected by Enlil as 'King of the Land"'. . Für die sarganisehe Zeit wollte PosTER 1980, 36-40, sogar Urkunden zu emer K~önung des Königs Sarkaliäarri in Nippur festgestellt haben; S. 40: "I suggest thatthe occas1on for this journey was his [= Sarkaliäarri's] coronation as king of Sumer and Akkad". Posters erste Voraussetzung, daß die Reise des Königs nach "Sumer" (ki-en-gi), d.h., in den Süde_n des Landes in den einen Urkunden dieselbe wie diejenige nach Nippurin BRM 3 26:4-5 se1, läßt sich jedoch nicht halten: BRM 3 26:4-5 (Jahr I, ~onat 7) vermerk~ Au.sgab~n für die Reise des Königs nach Nippur aus dem Süden (Verb 1m-du-a, also zukünfllge/mcht abgeschlossene Handlung; zur Verbalform in sargonischen Urkunden vgl. WESTENHOLZ 1987.
151
POMPONIO in POMPONIO/VISICATO 1994, 10-20; vgl. VISICATO 1995, 65-69.
14
Vgl. in diesem Sinne auch SELZ 1992, 191 f.; zum politisch aktiven Ensi von Nippur noch an der Wende zur sargonischen Zeit s. WESTENHOLZ 1974. 15
JACOBSEN 1943. 1957; Voraussetzung für Jacobsen ist die angebliche Gleichung ki.en.gi und ki.en.gi = Sumer, die lexikalische Gleichung ki.in.gi = Nippur, und das Zeugnis von Enüma eliä. Neben der etymologischen Spekulation werden also Zeugnisse der nachaltbabylonischen Zeit herangezogen, um politische Verhältnisse im 3. Jt. zu rekonstruieren. Das nunmehr bekannte Quellenmaterial erlaubt jedoch ein historisch orientiertes Vorgehen. Die Etymologie von ki-en-gi ist noch nicht geklärt: vgl. dazu WtLCKE 1974,229. STEINKELLER 1993, 112 f. Anm. 9, setzt ein /ki-ngidr/ an; eine solche Deutung widerspricht jedoch allen orthographischen Regeln. Sieht man in ki-en-gi die Elemente ki = "Ort" und gi.r = "einheimisch" (STEINKELLER a.a.O.), so bliebe jedenfalls ein Element-en-, "Herr"??, übrig.
= Nippur
16
Dazu genauer unten, daß die Konzeption von Nippur als Zentrum Sumers erst der IsinZeit zu verdanken ist. 17
KREBERNIK 1984,280 zu lAS(= 0/P 99) 247 (UD.GAL.NUN-Text; en von gi-en-ki parallel zu dem von Aratta); POMPONIO in POMPONIO/VISICATO 1994, II (nicht "Sumer"); POMPONIO 1994: ki-en-gi ist spät-frühdynastisch gleichbedeutend mit (Gebiet von) Uruk; vgl. auch STEINKELLER 1995, 542 f. (Deutung als Enegi, besonders wenn im Zusammenhang mit Ninazu); VISICATO 1995, 65 f. Anders noch STEIBLE/YILDIZ 1993,25 f.: Steible sieht in kien-gi die "Raumschaft", die die genannten Städte (von Uruk bis Kiä) der Fära-Urkunden
W. SaHaberger
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
Da sich Jacobsens Schlüsse nicht mehr halten lassen, berauben wir uns aber auch des bis heute einflußreichsten Erklärungsmodells, die Suprematie Nippurs und damit Enlils als Folge politischen Einflusses anzusehen. Ein weiterer Punkt ist hier noch wichtig: Mehrfach wurde auf die auffällige Tatsache hingewiesen, daß in Nippur zumindest zeitweise Enlils Sohn Ninurta als lokaler Stadtgott betrachtet wurde. 18 Bezeichnenderweise heißt dessen Gemahlin Nin-Nibru, "Herrin von Nippur". Man würde als Stadtgott jedoch immer Enlil erwarten, so wie üblicherweise vorrangig ein Gott für eine Stadt zuständig ist. Diese Institution des Stadtgottes äußert sich in einem Ort in Aspekten des Kults, im Recht und bis in die private Frömmigkeit hinein. 19 In der frühdynastischen, ja bis in die sarganisehe Zeit hinein scheint jedoch noch Enlil und nicht Ninurta diese Stelle des Stadtgottes einzunehmen: so kann der Ensi, der Stadtfürst von Nippur, für den Kult Enlils in der Weise sorgen, wie dies sonst nur überregional anerkannten Herrschern zusteht. 20 Daß sich hier wirklich eine andere Situation abzeichnet, bestätigt m.E. das Fehlen Ninurtas in entsprechenden frühen Zeugnissen: er fehlt in den Tempelhymnen und der Götterliste aus Abü ~aläbTIJ; in der Götterliste von Fära erscheint er nicht im theologisch geordneten Anfangsteil,2 1 Daß Ninurta in altsumerischen Bau- und Weihinschriften nicht belegt ist, 22 mag
allerdings zum Teil auf der Quellenlage beruhen, da sein Tempel noch nicht lokalisiert23 und ausgegraben ist. Für Ninurtas Gemahlin Nin-Nibru kenne ich aus dieser Zeit keinen einzigen Beleg. 24 Erste Hinweise für Ninurta als Stadtgott von Nippur stammen dann aus sarganiseher Zeit: Nun wird der Eid bei Ninurta und dem König geschworen;25 dieselbe Ausgabestelle, nämlich das berühmte "Zwiebelarchiv" von Nippur, versorgt den Tisch des Ensi und den Stadtgott Ninurta, liefert jedoch nicht an Enlil; 26 und wie der Ensi von Nippur dem König untertan ist, so wird Ninurta als Ensi Enlils bezeichnetY Enlils Tempel Ekur wird entsprechend unter direkter Verwaltung der Könige von Akkad neu errichtet und ausgestattet, der Herrscher stellt dort seine Denkmäler zu Ehren Enlils auf. 28 Im Status des Götterherrschers Enlil als königlichem Reichsgott mag sich durchaus die neue Situation29 der Großreichsbildung wiederspiegeln. Die Suprematie Enlils führte also ab sarganiseher Zeit zu einer einzigartigen Differenzierung von zwei Ebenen in Nippur: da Enlil nun vornehmlich als Reichsgott betrachtet wird, übernimmt Ninurta die Funktion des Stadtgottes.
152
1
)
153
21 Vorschläge: im Westteil der Stadt (WESTENHOLZ 1987, 98; J.G. WESTENHOLZ 1992, 304) oder beim Ekur/Inanna-Tempel (ZETTLER 1987, 11; VAN DRIEL 1995, 395). 24 Fehlanzeige bei BEHRENS/STEIBLE, 1983; KREBERNIK 1986; MANDER 1986; SELZ 1992, 212-25; WESTENHOLZ 1975; WESTENHOLZ 1987.
um faßt; Oberzeugender deuten jedoch POMPONIO und VISICATO ki-en-gi als den Ort, an dem die in den Listen vermerkten Arbeiter eingesetzt werden. - Es wäre in diesem Zusammenhange untersuchenswert, ob in der Ur III-Zeit Nippur als Teil von ki-en-gi betrachtet wurde; in Tempelhymne 2:28 (vgl. WILCKE 1974, 215) istjedenfalls Sumer und Akkad noch "rechts und links" von Enlils Ekur in Nippur.
25
WESTENHOLZ 1987, Nr. 74.
26 WESTENHOLZ 1987, eh. III; daneben einmal zag-nm ("Jahressteuer"?) Enlils (ibid. Nr. 171).
21
18
19
Einige Stichworte dazu: Im Kult bestimmt das lokale Pantheon die Rangordnung der Opfer, des Kultpersonals, die Rolle der Feste. Im Bereich des Rechts ist auf den Eid beim Stadtgott oder die Rolle der Götterwaffe hinzuweisen. Vom Lokalpantheon abhängige persönliche Frömmigkeit äußert sich in Siegelinschriften, Grußformeln in Briefen und in der Namengebung. Diese Aspekte behandelte ich in meiner von Univ.-Prof. Dr. Karl Oberhuber betreuten Innsbrucker Diplomarbeit "Das Pantheon von Kii und ljursagkalama. Ein altmesopotamisches Lokalpantheon" (1988). 20
Weihinschrift eines Ensi an Enlil: STEtBLE/BEHRENS 1982/11, 226 Urenlil 2. Zu Lugalnigzu, Ensi und Saga Enlils, als Bauherr im Ekur in sarganiseher Zeit s. WESTENHOLZ 1987, 28; zu den Weihinschriften der "Great Kings" an Enlil ibid. 29. 21
SF 1 ii 18. - In der Götterliste von Abü Saläblh ist der wichtigste Kriegsgott Ningirsu, der übrigens auch als "großer Held Enlils" ·in den frühdynastischen Rätseln aus Laga~. BiMes. 3 Nr. 26 ii, erscheint. 22
STEINKELLER 1992, 39 mit Lit. (MC 4 Nr. 11, Siegel; Datierung wohl frühe sarganisehe Zeit).
VAN DRIEL 1995, 393 mit Anm. 4 (Literatur).
Fehlanzeige bei BEHRENS/STEIBLE 1983.
I f.
l
28 29
Zum Ekur WESTENHOLZ 1987, 24-29; zu den Statuen etwa BUCCELLATI1993, 58 f.
Daß es sich um eine Entwicklung der Stellung Enlils und nicht etwas schon vorher Feststehendes handelt, zeigt m.E. die Gegenreaktion gegen diese Entwicklung durch Lugalnigzu in sarganiseher Zeit: er baut als Saga Enlils und Ensi von Nippur am Ekur weiter; hier war also ein lokaler Bauherr noch vorstellbar (WESTEN HOLZ 1987, 28). Eine wichtige Rolle nimmt Enlil bei Lugalzagesi in dessen Vaseninschrift ein (STEIBLEIBEHRENS 1982/11, 310 ff.) - ein erster Schritt der Entwicklung zum Reichsgott? Für einen Beginn der Rolle Enlils als Reichsgott erst unter Sargon könnten die drei Urkunden Ober Tieropfer an Götter von Nippur TMH 5, 33. 85. 154 sprechen: 85 gehört sicher in die Zeit Sm·gons, da hier auch Lieferungen an Sargon verbucht sind; in diesem Text ist M, das "Heiligtum (Enlils)", mit einer hohen Zahl von Tieren von den anderen Nippur-Göttern getrennt und erst am Ende der Ausgaben angeführt, während in 33 und 154M die Liste anführt, also noch(?) in eine Reihe von Nippur-Opferstätten eingefügt sein könnte. Nicht nur aufgrundder fehlenden Datierung von 33 und 154 muß jedoch diese Interpretation der drei Urkunden in unserem Kontext als sehr unsicher bezeichnet werden.
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
W. SaHaberger
154
2. UR III-ZEIT Die Könige der 111. Dynastie von Ur lassen nicht nur die Tempel Nippurs großzügig erneuern und ausstatten, sondern versorgen auch die Kulte von Nippur reichlich mit ihren Zuwendungen. Die königlichen Opfer für die anderen kultischen Zentren des Reiches, auch die Hauptstadt Ur, sind im Vergleich damit von deutlich geringerem Umfang. 30 So dient das balaPfründensystem, ein Turnusdienst der einzelnen lokalen Provinzherren des babylonischen Kernlandes zur Versorgung der königlichen Kulte, an erster 31 Stelle und fast ausschließlich dem Unterhalt des Kultes von Nippur. Die politische Einheit des Landes mit dem wichtigsten Bezugspunkt Nippur als religiösem Zentrum ist dabei sicherlich auch ein interessanter Aspekt. Die Gaben unterstützen die Bitte des Königs von Ur an Enlil um günstige Entscheidungen für das Land, so wie dies mythisch in der Fahrt Nannas von Ur dargestellt wird, der reich beladen mit Gütern nach Nippur gelangt und von seinem Vater Enlil dafür das Gedeihen des Landes und des Palastes • zugesichert erhält. 32 Die Mengen staatlicher Güter, die nach Nippur gelangen, können sich eigentlich nur fördernd auf den Wohlstand der Stadt auswirken, auch wenn wir dies noch kaum in den Quellen greifen können. Daß Nippur gerade zu dieser Zeit seine größte Ausdehnung erreicht, mag eine Folge davon sein. 33 Die Rolle des Ekur wird zudem bei folgenden zentralen Ereignissen deutlich: Nach erfolgreichen Feldzügen bringt der Herrscher seine Trophäen
i I
~
[
155
und Dankesgaben dem Gotte Enlil dar, aber auch Nanna in Ur. 34 Entsprechend findet die Krönung eines neuen Herrschers zuerst in Nippur statt, dann - d.h. wohl, nach der Zustimmung Enlils - auch in Uruk und Ur. 35 In einer Rückprojektion aus seiner Regierungszeit verbindet König Sulgi sogar seine Geburt mit Nippur: der "Herr" (sumerisch en), also Enlil selber, habe die Geburt veranlaßt 36 Mit dem bisher Gesagten wird die religiöse - und damit auch politische Vorrangstellung Nippurs im Reich von Ur III deutlich, die letztlich in der Entscheidungsgewalt Enlils begründet ist. Daß jedoch etwa ein so zentrales Ereignis wie die Krönung in mehreren Zentren des Reiches stattfindet, beweist, daß die Ur III-Könige ihre Herrschaft zuerst, aber nicht ausschließlich von Enlil herleiteten. Auch Änderungen in der Selbstdarstellung des Königs scheinen nicht mit Enlil, der die Herrschaft verleiht, oder seiner Stadt Nippur verbunden zu sein, läßt sich doch nie bei einem der mehrmaligen Wechsel in der Königstitulatur der Dynastie ein Zusammenhang mit Enlil oder Nippur erkennen. 37
34 Vgl. z.B. die beiden folgenden Drehem-Urkunden mit Opfern anläßlich eines militärischen Erfolges Amar-Suenas von Ur: W. RIEDEL, RA 10 208 BM 103435 (vii AS 4) an Nanna, H. GENOUILLAC, TrDr 2 (viii AS 4) an Enlil; wohl jeweils zum Zeitpunkt der Hauptfeste von Ur bzw. Nippur; s. SALLABERGER 1993, 189. Weihungen nach dem Feldzug an Enlil sind gut in Königsinschriften bezeugt.
35
SALLABERGER 1993, 112 f. mit Anm. 509 mit weiterer Lit.
Sulgi G: 18 f.: en-n6 ~ll-tur-~e gäl-la-na lu-zi mi-ni-u-tu I dEn-111 sipa ä kala-ga-ke 4 mes-e pa bl-e, "Der Herr ließ in dem, was ihm als Mutterleib vorhanden war, den rechten Mann geboren werden, Enlil, der Hirte von gewaltiger Kraft, brachte den Mann hervor" (zum Text s. KLEIN 1991). Daß en hier den "Herrn" = Enlil meint, der die Geburt veranlaßt, sie aber nicht selbst vollbringt, wird zudem durch das Infix -ni- angezeigt. Die Meinung, hier einen Hinweis auf die Geburt des Herrschers von einer En-Priesterin sehen zu dürfen (so z.B. HALLO 1987, KLEIN 1991 (mit Lit.], J.G. WESTENHOLZ 1992, 304), ist daher aufzugeben. 36
l 0 Vgl. z.B. die monatlichen Opfer oder Jahresfeste nach Urkunden aus Puzri~-Dagan bei SALLABERGER !993. Jl Dazu zuletzt SALLABERGER 1993, 32-34, mit dem Versuch einer Synthese der Ansätze von W.W. Hallo und P. Steinkeller.
zum sumerischen Mythos Nannas Fahrt nach Nippur (NJN) und den. An~län~en ~m Schluß von Coronation of Ur-Nammu (Ur-Nammu D) WILCKE 1993, 38 f. mll L1t. D1e Lieferung von Gaben nach Nippur von Ur aus begegnet auch in folgenden sumerischen Texten: Ur-Nammu C: !03 f. (= TCL !5, 12; das Anlegen des Schiffesam Kai Enlils auch in NJN 254-57); Klage iJber Sumer und Ur 325-28; dazu ve~·weist Ml.c~.AL.OWSKI 1989 •. 97 auf Par~l lelen in Sulgi Fund Sin-iddinam 13. Vgl. zum i7-mdba-ka-m, semem (= Enhls) Kanal fü1: Opfergaben", den Ur-Nammu graben läßt, CARROUE 1993, 17 (Texte: Ur-Nammu 22-23 be1 STEIBLE 1991/11, 115-118), sowie zu Zeugnissen in Ur 111-Urkunden SALLABERGER .1993, 154. Ob das dort S. 53 f. besprochene nidba dSuen als "Gabe vom Gott Suen" für Enhl und Ninlil aufzufassen sei, scheint mir nicht mehr so sicher, da dies auch als "Gabe für Suen = für den Mond" verstanden werden kann. 32 Vgl.
33 Vgl.
ZETTLER 1987, GIBSON 1992.
(
Il 1
37 Änderungen der Titulatur bei Ur-Nammu (von "König von Ur" zu "König von Sumer und Akkad") und Amar-Suena (nita kala-ga zu lugal kala-ga) bleiben in ihrer zeitlichen Einordnung und Begründung unbekannt (zu d~n Daten vgl. SCHNEIDER 1936, SIGRIST/GOMI 1991, 319 ff.). Bei Sulgi kennen wir zwei Anderungen: er wird zwischen dem I0. und 20. Regierungsjahr vergöttlicht (ohne Gouesdeterminativ zuletzt in der Inschrift STEIBLE 1991/11 159 f. Sulgi 5: Bau des E~ursag, was mit dem Datum für sein 10. Jahr zu verbinden ist; mit Gouesdeterminativ erstmals im Datum für sein 21. Jahr), den Titel "König der vier Wehteile" nimmt er im Zuge der Eroberungen der zweiten Regierungshälfte an (erstmals - falls richtig identifiziert - im Datum Sulgi 27: ITT 4 7129 = MVN 6 128). Einzig das Datum für sein 2. Jahr überliefert eine Weihung an Enlil, in der Formel für sein 23. Jahr bezeichnet er sich als derjenige, "dem von Enlil große Kraf~. gegeben" wurde (vgl. SIGRIST/GOMI 1991). Heide Daten lassen sich nicht mit den beiden Anderungen in der Titulatur vereinen.
156
W. SaHaberger
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
Der Vertreter der Stadt im Reiche von Ur III ist ihr Ensi. Er nimmt insofern eine Sonderstellung unter seinen Amtskollegen ein, als er bei dem erwähnten bala-System als einziger Ensi des Kernlandes nicht mitwirkt. Er wird an anderer Stelle in das staatliche Opferwesen eingebunden: seine Tierlieferungen sind meist für Ninurta, den Sohn Enlils, und (dessen Bruder?) Nuska bestimmt. 38 Wie in sarganiseher Zeit ist also der Ensi als Vertreter der Stadt dem Ninurta zugeordnet, Ninurta ist daher auch zur Ur 111-Zeit der lokale Stadtgott von Nippur. 39 Dies wird bestätigt durch die Rolle Ninurtas als Eidesgott. 40 Und die Gemahlin Ninurtas, Nin-Nibru, läßt sich nun (erstmals?) nachweisen. 41 Züge der Entwicklung Nippurs im dritten Jahrtausend lassen sich zusammenfassend vielleicht wie folgt charakterisieren: In frühdynastischer Zeit zwar Sitz des Hauptgottes Enlil, ergibt sich daraus keine hervorgehobene Stellung der Stadt; ab etwa sarganiseher Zeit fungiert Enlil eher als Reichsgott, Ninurta wird als lokaler Stadtgott etabliert; noch unter den Ur 111-Königen ist Nippur zwar zweifellos das erste, aber nicht das einzige der großen Kultzentren des Landes, auf deren Unterstützung der Herrscher sich beruft.
Kalender nieder: zur Ur III-Zeit wurden in Nippur die lokalen Monatsnamen verwendet, in staatlichen Institutionen dagegen, sogar wenn sie in oder bei Nippur stationiert waren, die Monatsnamen des Reichskalenders, der auf dem der Hauptstadt Ur beruht. 43 ISbi-Erra von Isin übernimmt zunächst Teile des Ur III-Reichskalenders, doch wird sehr schnell, endgültig in seinem 8. Jahr, auf den von nun an verbindlichen Nippurkalender umgestellt. 44 Prägend für die folgende Zeit wird das Ringen der Mächte Isin und Larsa, später auch Babylon, um die Vorherrschaft in Babylonien. Gerade die Urkunden aus Nippur geben ein unbestechliches Zeugnis über die Erfolge von lsin oder Larsa, zeigen ihre Daten doch für das Jahrhundert vor der Einigung Babyloniens unter ljammurabi im Jahre 1763, zu welchem der beiden Reiche Nippur gerade, manchmal nur für wenige Monate, gehörte. 45 Damit bietet sich nun eine einmalige Gelegenheit, Anspruch und Ideologie der Herrscher vor dem historischen Hintergrund zu betrachten. Bisher geäußerte Meinungen darüber, wie Nippur unter die jeweilige Einflußsphäre gelangt sein könnte, fasse ich unter drei Punkten zusammen: 1.) Es findet ein Kampf um die Stadt statt; 2.) Nippur gilt als Preis und Ziel von Eroberungen; oder 3.) Nippur kann als freie Stadt selbst über die Reichszugehörigkeit entscheiden. Diese Annahmen sollen kritisch betrachtet werden, auch um damit die Rolle Nippurs in dieser Zeit deutlicher greifen zu können. 1. Möglichkeit: Es findet ein tatsächlicher Kampf um Nippur statt. 46
3. ISIN-LARSA- BIS ALTBABYLONISCHE ZEIT
Mit dem Untergang des Reiches von Ur 111 gelangt Nippur unter die Herrschaft ISbi-Erras von Isin, wobei sich Hinweise für eine Kontinuität der Stadt, ihrer Heiligtümer und deren Verwaltung beibringen lassen. 42 Für unser Thema stellt sich die Lage unter den lsin-Königen völlig neu dar: diese können sich nicht mehr in derselben Weise wie die III. Dynastie von Ur auf die alten Zentren Ur und Uruk, Regierungssitz und Ursprungsort der Ur 111-Könige, berufen. Ohne diesen ideologischen Hintergrund sind die Herrscher von lsin gezwungen, sich unter den großen alten Kultorten auf Nippur allein zu konzentrieren. Dies schlägt sich zuerst augenfällig im 38 Zu der entsprechenden Textgruppe aus dem Viehhof von Puzri~-Dagän, Abbuchungen direkt aus den Einlieferungen, vgl. SALLABERGER 1993, 31 mit Lit. 39 Nach wie vor fehlt ein befriedigendes und durch Urkundenbelege gestUtztes Verständnis des Datums Sulgi 21, wonach die Felder des Landes dem Ninurta unterstellt werden (vgl. dazu etwa J.G. WESTENHOLZ 1992, 306). 40
STEtNKELLER 1989, 73 f. Anm. 209.
41
Vgl. z.B. SALLABERGER, 1993/11, 193 (Index).
42
Vgl. STONE 1987, 20; VAN DRIEL 1990, 561 f.; 1995, 396.
157
43 SALLABERGER 1993, 7 f., dort mit Anm. 13, 19 zu den in oder bei Nippur gelegenen Archiven von Puzri~-Dagän und Dusabara. 44
VAN DE MIEROOP 1987, 128-130.
45
Zusammenstellung bei SJGRtST 1977a.
So spricht KRAus, 1951, 37 f. von "Kämpfen zwischen Isin und Larsa um Nippur", ein König "erobere" die Stadt, und Isin "verteidige" Nippur. KRAUS 1985, 532 f., verweist auf die von SJGRIST 1977b veröffentlichte Urkunde Uber Brot an die Truppe von Nippur, die "auf die Mauer ... ?" (Iu bad-da 1-X-a; Sigrist las X = nu, doch ist das epigraphisch kaum möglich; Lesung ku 4?); Kraus versteht dies als möglichen Hinweis auf eine "Mobilmachung". Dies kann ich jedoch, vor allem solange die Lesung nicht geklärt ist, nicht nachvollziehen. Der Ausgangspunkt von Kraus, angebliche Schwierigkeiten, die in Nippur bezeugten Daten von Lipit-Enlil von Isin und Sumu-EI von Larsa zu vereinen, ist hinf:illig: nach den auf STOL 1976 aufbauenden Synchronismen entsprechen die fünf Jahre Lipit-Enlils Sumuel 21-25. In Nippur ist Sumuel ab dem v. Monat Sumuel 24 bezeugt (SIGRIST 1984, 39), das entspricht dem 4. Jahr Lipit-Enlils. Die Jahresdaten Lipit-Enlils (SIGRIST 1988) behandeln zwei Weihungen an Enlil, jeweils gefolgt von einem us-sa-Datum: die erste Weihung muß daher im ersten, die zweite im dritten Regierungsjahr stattgefunden haben, falls es sich um fünf aufeinanderfolgende Jahre handelt. Wahrscheinlich ist also Nippur 1875-73 = LipitEnlil 1-3 bei Isin, 1872 ff. = Sumuel 24 ff. (= Lipit-Enlil 4 ff.) bei Larsa. Es gibt deshalb 46
W. SaHaberger
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
Diese Annahme ist aus den folgenden Gründen unwahrscheinlich: In der Stadt gibt es in diesem Zeitraum keine Zerstörungsschichten47 • Die Familienarchive und die administrativen Archive48 laufen ohne jede Unterbrechung über den gesamten Zeitraum: Nippur selbst war also offensichtlich nicht in ernstere kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt. Es gibt auch keine Datenformel, in der von einer "Zerstörung Nippurs" berichtet würde, ein Schicksal, das ansonsten fast jeder Stadt Babyloniens widerfuhr. Wurde Nippur verschont, weil es als Stadt Enlils, als "Heilige Stadt", nicht erobert werden durfte? Oder weil sich militärische Operationen gegen politisch und strategisch wichtige Städte richteten? Für diese letzte Annahme könnte folgende Episode sprechen: 49 Zambija von Isin kann in seinem ersten Regierungsjahr für wenige Monate die Herrschaft Sin-iqiSams von Larsa in Nippur unterbrechen. Doch dann datiert man in Nippur wieder nach Sin-iqisam von Larsa, der das Folgejahr nach dem wichtigsten Ereignis benennt: dem Sieg über Zambija, also den politisch-militärischen Gegner. Ein Kampf um Nippur oder eine Eroberung der Stadt wird hier - wie ja auch sonst überhaupt nicht thematisiert. 2. Möglichkeit: Nippur gilt zumindest als begehrter Preis oder das Ziel, um das Reich weiter auszudehnen. 5° Nippur und Enlil müßten dann die Herrscherideologie so dominieren, daß in der Titulatur, in Jahresdaten oder Königsinschriften bei Gewinn oder Verlust sofort eine Änderung spürbar würde. Auch dies trifft so nicht zu, wofür einige Hinweise genügen mögen: es hindert einen König von Larsa, so Gungunum oder Rim-Sin, nicht, sich auf Enlil zu berufen, wenn auch die Stadt Nippur nicht zu ihrem
Gebiet zählt. 51 Die Macht der großen Götter wird nun unabhängig vom Kultort gewährt. 52 Weihungen in Nippur können natürlich nur erfolgen, wenn ein König die Stadt auch besitzt. Aus der Dynastie von Larsa berichten hiervon nur Siniqisam und Warad-Sin, 53 die aber neben ihren je 14 Statuen für Nippur im selben Jahr - beinahe als Ausgleich - auch Throne für die Götter von Larsa und Ur darbringen, diejenigen Götter also, auf die sich die Könige von Larsa von Anfang an berufen. Auf der anderen Seite verzichten die Herrscher von Isin auch in ihrem stark schrumpfenden Reich nicht, ihre Sorge um Enlil (sowie die anderen großen Götter) kundzutun. Man kann dabei höchstens feine Unterschiede in den Formulierungen beobachten: nur wenn sich ein Herrscher auf Nippur bezieht, besitzt er die Stadt wirklich; sonst spricht er vom Gott Enlil. 54 Wir folgern aus alledem: Daß Nippur als ideologisches Zentrum Ziel der Kämpfe sein könnte, ist also weder für Larsa noch für Isin anzunehmen. 3. Möglichkeit: Nippur kann als freie Stadt selbst über die Zugehörigkeit zu einem der beiden rivalisierenden Reiche entscheiden. 55 Ein solcher
158
159
stoaturn Gungunum 19: mu inim An dEn-111 dNanna-ta ... ; Daten Rlm-Sin 17-18, 20: Sieg mit "der starken Waffe, die Enlil ihm gegeben hat" (vgl. SIGRIST 1990); Rlm-Sin ist erst ab Jahr 20 in Nippur bezeugt: s. LIEBERMAN 1982, 110. s2Beachte dagegen die oben angedeutete andere Situation noch in frühdynastischer Zeit (Beispiel Enmetena). s3Daten
Sin-iql~am
4 und Warad-Sin 7 (SIGRIST 1990).
4
keinen raschen, mehrfachen Wechsel der Stadt zwischen Lipit-Enlil und Sumuel (so auch noch flllschlicherweise bei STONE 1987, 23). 47 Vgl. zu TA und TB STONE 1987, 32-34. - Etwas merkwürdig ist hier die Aussage mancher Isin-Könige, sie hällen Nippur "restauriert" (ki-bi gi 4): Jahresdaten Erra-imiul B-C, Enlil-biini C. Ebenso bleibt noch fraglich, wie die Zeit gme-Dagiins einzuschätzen ist, worin etwa der historische Hintergrund der Nippur-Klage besteht; vgl. zu dieser Zeit z.B. KRAus 1951, 29; STONE 1987, 32-34; dazu POSTGATE 1990, 230-234; VAN DRIEL 1990. 48
Vgl. VAN DRIEL 1995, 396; STONE 1987, 43; KRAUS 1951, 118 ff.; SIGRIST 1984; STONE/ÜWEN 1991. 4 !izu den in Nippur bezeugten Daten s. SIGRIST 1977a, 373; zu den Jahresnamen SIGRIST 1988, 1990.
50
Vgl. VAN DRIEL 1995, 395.
s Damiq-ill~u hält Nippur von seinem 4. bis zum 14. Jahr (s. LIEBERMAN 1982, 110); aus dieser Zeit stammen die Epitheta sag-us Nibruk 1, sipa ~e-ga An-na, dEn-lil-da gi~ tuku in RJME 4 1.15.1, einem Text aus NiRpur. RIME 4 1.15.2 behandelt einen Bau in Isin; in der Epitheta-Reihe fehlt "sag-us Nibruk ", Damiq-i1l~u besaß daher zu dieser Zeit Nippur nicht. Auf das Epitheton u-a Nibruk1, "Ernährer von Nippur", als Anzeichen für Besitz der Stadt weist schon KRAUS 1951, 29. 38 hin. - Sin-miigir, von dem kein Datum in Nippur bekannt ist, bezeichnet sich RIME 4 1.14.1 als sipa u-a e An dEn-111-lä, "Hirte, Pfleger des Tempels von An und Enlil", womit daher eher ein Tempel in Isin gemeint ist. - Entsprechendes müßte auch für die anderen Orte Babyloniens gelten, die in den Inschriften der Herrscher von Isin angeführt sind.
ssSIGRIST/COHEN 1976, 44; SIGRIST 1984, Conclusion; vgl. VAN DRIEL 1995, 395; RoBERTSON 1992, 181 mit Anm. 17. - Eine Datenliste wie PBS 5 70 + (LIEBERMAN 1982), die die Formeln für diejenigen Jahre Damiq-ill~us von Isin und Rlm-Sins von Larsa auflistet, in denen sie jeweils Nippur behel'l'schten, darf nicht als Argument für eine Nippur-zentrierte Geschichtsschreibung o.ä angeführt werden. LIEBERMAN 1982, 111 Anm. 71, verweist auf Datenlisten aus Larsa, die mit dem 30. Jahr Hammurabis, als er die Stadt eroberte, beginnen. Der Antrieb für solche Datenlisten ist siciter in der Rechts- und Verwaltungspraxis zu suchen.
160
W. SaHaberger
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
Status einer altorientalischen Stadt wäre allerdings singulär, läßt sich auch nicht in den Quellen belegen. Die oft raschen Wechsel der Herrschaft in Nippur wären jedoch in diesem Fall nicht zu erwarten, besonders nicht der damit anzunehmende (freiwillige) Verzicht auf die noch zu nennenden Privilegien der Isin-Könige zugunsten Larsas, dessen Ideologie stärker in der Hauptstadt wurzelt. In Anbetracht der andauernden Opferlieferungen, die von den Königen festgesetzt und wohl durch Stiftungen unterhalten werden, wäre ein ständiger Seitenwechsel nicht opportun. Letztlich spricht die oben zitierte Episode aus dem 1. Jahr Zambijas eher für eine Entscheidung auf dem Schlachtfeld. Wir folgern aus den vorliegenden Daten, daß einzig die militärischen Erfolge und die daraus resultierenden, von denjeweiligen Flußläufen abhängigen Staatsgrenzen über die Zugehörigkeit Nippurs entscheiden. Der religiöse Charakter mag die Stadt dabei vor Zerstörungen bewahrt haben. Darüber hinaus erhalten Enlil und die übrigen Götter neben Weihungen ständige Opferlieferungen, wovon auch die Einwohner der Stadt profitieren.56 Und noch mehr: Der Stadt verleihen die lsin-Könige Privilegien wie Befreiung von Abgaben und vom Truppendienst. Diese m. W. in der altbabylonischen Zeit einmalige Sonderstellung einer Stadf7 ist nicht an die Rechtsakte für das gesamte Land von Isin gebunden; 58 sie erklärt sich nur
aus der erwähnten Sonderstellung Nippurs in der Ideologie der Isin-Herrscher. Zwar baut Isin auf den Konzepten der III. Dynastie von Ur auf, doch zwingt die Entstehung und später zudem die geringere Ausdehnung des Reiches zu einer Konzentration auf Nippur, die alten sumerischen Zentren Ur und Uruk können nicht mehr in derselben Weise wie zuvor ideologisch besetzt werden. Es liegt daher nahe, daß die Rolle von Nippur als Zentrum Sumers, als Ort der Pflege des Sumerischen59 erst in der Isin-Zeit geprägt wurde, ohne in dieser Form ältere Vorbilder aufzugreifen. Und dieses Bild von Nippur als Zentrum des Sumerischen bleibt nicht nur bis zum Ausgang der altorientalischen Geschichte, 60 sondern auch noch für uns moderne Betrachter prägend. In die privilegierte Situation Nippurs greift Larsa nicht weiter in rechtlichen Dingen ein, erst mit ljammurabis Eroberung wird auch hier das geltende Recht Babyions eingeführt. Besonders stark scheint sich das in der zuvor so bevorzugten Stadt Nippur auszuwirken. 61 Es ist zudem schon auffällig, daß nach der Wende im Jahre 1763 durchgehend die Besitzverhältnisse besonders von Immobilien gerichtlich neu geregelt wurden. 62
56
Vgl. z.B. die Texte bei SIGRIST 1984 oder die allbabylonischen Tempelpfrilnden; vgl. VAN DRIEL 1995, 393. 57 In der Prozeßurkunde ARN 59 bezeugt eine Mutter, daß ihre Tochter eine Nippuräerin ist; hier besagt der Status als Nippuräerin, daß es sich um eine freie Bilrgerin handelt (s. KRAUS 1951, 165 f.), woraus sich noch kein Sonderstatus der Stadt gegenilber anderen Städten ableiten läßt. Entsprechend wird man den Status als nam-dumu Nibruk1 in der sargonischen Urkunde BIN 8 175 (EDZARD 1968, 102-104 Nr. 54) auffassen dilrfen (den Hinweis auf den Text verdanke ich C. Wilcke). 58 Zu den altbabylonischen Rechtsakten s. KRAus 1984. Lipit-Btar bezeichnet in Jahresdatum A (SIGRIST 1988) und in Inschriften wie R/ME 4 1.5.1:14-16 (und öfter) seinen Gesetzeserlaß als Recht filr "Sumer und Akkad" (ki-en-gi ki-uri), in den Daten E-F (SIGRIST 1988) spricht er von Resttilgung in "Sumer und Akkad"; im Codex Lipit-Eitar ii 1-15 (ROTH 1995) rilhmt er sich der Schuldenbefreiung der "Söhne und Töchter von Nippur, Ur, Isin, Sumer und Akkad ". DemgegenOber wird in den Rechtsakten gme-Dagäns (KRAUS 1984, 17 f.) und Ur-Ninurtas (ibid. 27) nur von Nippur gesprochen. Am deutlichsten wird diese unterschiedliche Behandlung m.E. bei Enlil-bäni, bei dem beide Rechtsakte, der filr das gesamte Land und der filr Nippur, bezeugt sind. In RIME 4 1.10.1001 (PBS 5 74) v II f. berichtet Enlil-bäni vom Rechtserlaß für Nippur, dann anschließend von dem filr Isin; der Erlaß für Nippur "erfreut sie (die Stadt)" (M-bi mu-du 10-ga), der für Isin "erfreut das Land" (Sa kalamma mu-du 10), Isin steht also für das Land insgesamt, Nippur nur für die Stadt selbst. Diese Stelle ist aber noch filr eine weitere Frage wichtig: die Hauptstadt Isin vertritt hier das gesamte Land, hier manifestiert sich also das Königtum, nicht aber in Nippur (daß der Re-
161
gierungssitz einer Dynastie deren zentraler Identifikationsort ist, zeigt sich in der Terminologie z.B. der Königsinschriften oder der Sumerischen Königsliste). Die andauernden Privilegien filr Nippur erklären sich aus der Wertschätzung gegenilber dem Heiligtum Enlils, so wie entsprechend ljammurabi die Leute von Sippar für den Dienst am SamaS-Tempel freistellt (RIME 4 3.6.2:56-61; vgl. KRAUS 1984, 55 Anm. 119). - Unklar filr unsere Frage nach dem Status von Nippur im Vergleich mit den anderen Städten Babyloniens ist mir die Beurteilung des Erlasses der Urukherrscher ANam und IRdanene, die Kriegsgefangene nach Nippur freila~.sen (KRAus 1984, 86 f.). - Vgl. zur Verleihung von Privilegien an Einwohner Nippurs die Uberlegungen von VAN DRIEL 1990, 567. ~indrucksvoll zeigt dies der sumerische Brief bei VAN DJJK 1989, 449-452, wonach das Edubba von Nippur einzigartig sei (den Hinweis auf den Text verdanke ich K. Volk und C. Wilcke). In diesem Text geht es um eine Kopie der Schule von Nippur in Isin, und einzig aus dem Blickwinkel von Isin ist dieses Lob Nippurs zu verstehen. In Sulgi B 308-311 war noch von zwei Schulen, einer in Nippur und einer in Ur, die Rede. 5
60
GEORGE 1991, 162: Schreiber aus Nippur bezeichnen sich wohl als "Sumerer".
61
SKAIST 1992, besonders 232, zum stärkeren Wandel der Darlehensform in Nippur als im ilbrigen Silden. 62 Die durchlaufenden Familienarchive aus Nippur weisen nur in der Zeit kurz nach der Eroberung ljammurabis Urkunden ilber Gerichtsentscheide auf. Ur-Pabilsag-Archiv: zwei Texte 1762 (PBS 811 81. 82; vgl. KRAUS 1951, 145; STONE/ÜWEN 1991, 12); Ninlil-zimuArchiv: 1760 und 1756 (BE 6/2 10 II ARN 68, BE 612 14; vgl. STONE 1987, 43); Mannumm~Su-li~~ur-Archiv: 1762 (OECT 8 4; vgl. STONE/OWEN 1991, 24). Hierzu gehört auch die unter den Adoptionsurkunden (STONE/OWEN 1991, 4) auffallende Neuformulierung der Adoption ARN 45 (1764) weniger als ein Jahr später als ARN 65 (1763), wobei der Grund dafilr "irgendwie in der erfolgten Einverleibung der Stadt Nippur in das Reich des
162
W. SaHaberger
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
Bei der Behandlung der Isin-Larsa-Zeit hatten wir immer von Enlil gesprochen, ohne auf Ninurta einzugehen. Daß Ninurta noch wie im späten 3. Jt. als eine Art Stadtgott fungiert haben könnte, zeigt die Institution der nadftum-Stiftsdamen Ninurtas: üblicherweise sind diese Frauen nämlich dem Stadtgott geweiht. 63 Ein Archiv über Lieferungen an Ninurta und andere Götter von Nippur, nicht jedoch das Ekur Enlils, deutet vielleicht an, daß die lokale Funktion Ninurtas noch spürbar ist. 64 Die Situation dürfte sich endgültig unter IJammurabi durch ein weiteres Zurückdrängen Ninurtas ändern. 65 Die typischen altbabylonischen Quellen, um den Stadtgott zu erschließen, lassen einen jedoch für Nippur im Stich: der Eid in Urkunden wird immer beim "König" geschworen, nie wird ein Königsname oder ein Gott genannt.66 Und in den Grußformeln der Briefe aus Nippur67 heißt es häufig: "Enlil und Ninurta mögen dich (den Briefempfänger) am Leben erhalten". Vielleicht ist aber diese unsere Verlegenheit, die Rolle Ninurtas zu erklären, bezeichnend, denn nach einer Phase als Stadtgott in der Ur III-Zeit kann er nachfolgend kaum wieder zurückgestuft werden, er muß im religiösen Leben der Stadt hervorgehoben bleiben. Auf der anderen Seite fehlen sowohl in der Spätzeit des Reiches von Isin als auch bei Larsa und Babyion die Voraussetzungen, daß Enlil eine solche Stellung als Reichsgott wie in sarganiseher oder in der Ur III-Zeit einnehmen könnte, es besteht daher
auch kaum die Notwendigkeit, daß Ninurta die Funktion des Stadtgottes muß. 68 Mit dem 28. Jahr Samsu-ilunas, des Nachfolgers IJammurabis, beginnt ein längerer Zeitraum, in dem für und aus Nippur sämtliche Quellen fehlen. Die späteren Herrscher von Babyion berufen sich zwar noch auf An und Enlil, 69 doch Weihungen an Enlil und Ninurta gehen nun an deren Tempel Enamtila in Babylon/0 und die nordbabylonischen Götter Sama§ und Marduk gewinnen an Ansehen und Einfluß. Damit ist der Zeitraum des "Frühen Mesopotamien" (Early Mesopotamia), unser heutiges Thema, durchschritten, ich verweise stichwortartig auf die weitere Entwicklung: die Kassitenherrscher zeigen wieder starkes Interesse an Enlil und Nippur. Als Wendepunkt zum endgültigen Aufstieg Marduks zum höchsten Gott gilt die Zeit Nebukadnezars I. von Isin ( 1124-11 03). Nippur bleibtjedoch bis ans Ende der altorientalischen Geschichte eines der wichtigeren Zentren Babyloniens. 71
tiammurabi von Babyion zu suchen sein dürfte" (KRAUS 1951, 132). STONE 1987, 47 f. spricht in diesem Zusammenhang von einem Angriff auf die etablierte Oberschicht, der von ljammurabi unterstützt würde.
Wadiätum des Sama~ in Sippar, des Marduk in Babyion (und andernorts); vgl. auch ugbabtum-Frauen Zababas in Kit Vgl. CHARPIN 1990, 92 f. 6
64 Beachte in diesem Sinne die Götter der von SJGRIST 1984 veröffentlichten Texte und die von SJGRIST a.a.O. 7, 142 f. aufgezeigten Parallelen zwischen diesen Göttern und denen im Fluch iJber Akkade Z. 67 ff. (dazu KRAUS 1985, 539). Das "Tor des Ninurta" als Schwurort im aB Nippur (KRAUS 1951, 191; STEINKELLER 1989, 73 Anm. 209; LIEBERMAN 1992, 133) könnte vielleicht auch auf Relikte seiner Stadtgottfunktion hinweisen.
6SJst der Rückgang der Aktivitäten der nadilum-Frauen unter ljammurabi vielleicht nicht nur ökonomisch begründet, wie dies STONE 1982, 68, annimmt? Enden die Opferlisten bei StaRIST 1984 nur zufallig unter Rlm-Sin (vgl. aber VAN DRIEL 1990, 561 Anm. 5)? In dieses Bild paßt auch, daß der kriegerische Sohn Enlils bei ljammurabi (z.B. im Codex ljammurabt) Zababa, nicht Ninurta ist; dieser ist dann wieder erster Kriegsgott in kassitischen kudurruInschriften.
~rfüllen
SCHLUSS
Im "Frühen Mesopotamien", von der frühdynastischen bis zur altbabylonischen Zeit, ließ sich somit trotz der Kontinuität in der Stellung Enlils als höchstem Gott des Pantheons ein mehrfacher Wandel in der Rolle der Götter Nippurs und der Stadt in der Ideologie und Politik der herrschenden Dynastien feststellen; Wechsel der herrschenden Dynastien konnten sogar zu Brüchen in Traditionen und zu neuen Ansätzen führen (Beginn der Dynastie von Akkad; der von lsin; IJarnnmrabis Eroberung). Entscheidend für das Konzept Nippurs als einzigem religiösen Zentrum des Landes dürfte die Zeit der Dynastie von Isin anzusprechen sein, auch wenn die Grundlagen dafür in der politisch und wirtschaftlich potenten Ur III-Zeit gelegt wurden. Entsprechend verdanken die nachfolgenden Jahrhunderte (und damit auch wir) die Vorstellung von Nippur als Zentrum der Pflege des Sumerischen ganz offensichtlich den Herrschern von Isin; im 3.
68
Vgl. sofort zu spätaltbabylonischen Herrschern mit Enlil und Ninurta in Babylon. - Nicht betroffen ist hier die Frage der innerstädtischen Verwaltung der Heiligtümer Nippurs; s. ROBERTSON 1992, besonders 187 f. z.B. Jahresdaten Abl-e~ub b), Ammiditana 2, Ammi~aduqa I. 2; vgl. FEIGIN/LANDSBERGER 1955, 149 rechts zur Formel "auf Befehl An und Enlils" in spät-altbabylonischen Daten. 69
PRANG 1976, 38.
70
GEORGE 1993, 130 f.:849 e.nam.ti.la 2; vgl. FEIGIN/LANDSßERGER 1955, 152.
AbB V 156-206, XI 1-29, 151-164.
71
LAMBERT 1992; vgl. zu Iubarrfl für Nippur, Sippar und Babyion CAD Still 169.
66
61
163
W. SaHaberger
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
Jt. jedenfalls bezeichnete "Sumer" den Süden Babyloniens. Das von der Isin-Dynastie geformte Nippur-Bild dürfte dann auch als Vorbild für die Anklänge in Assur und Babyion gedient haben. Trotz der zentralen Bedeutung des Hauptheiligtums Ekur bleibt die Rolle der Stadt in der aktuellen Politik sehr blaß: weder lassen sich Entscheidungen der Stadt oder bestimmter Kollegien, etwa der Priesterschaft Enlils, zugunsten von Herrschern oder zu deren Nachteil nachweisen, noch wüßte ich von Quellen, die erschließen lassen, daß allein der Besitz der Stadt Nippur dem jeweiligen Herrscher besondere Vorteile oder eine Legitimationsgrundlage verschafft hätte. So bleibt die politische Rolle des religiösen Zentrums Nippur vor allem auf seine wirtschaftlich und teilweise auch rechtlich privilegierte Situation beschränkt, da dem Hauptheiligtum und der Stadt Enlils die besondere kultische Aufmerksamkeit und materielle Zuwendungen des Königs zukommen.
Sumerische Rechtsurkunden des 1/l. Jahrtausends aus der Zeit vor der lll. Dynastie von Ur. (Abh. d. Bayer. Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., N.F. 67). München. ELLIS, M. DEJ. (Hrsg.), 1992 Nippur at the Centennial. Papers Read at the 35' Rencontre Assyriologique Internationale, Philadelphia, /988. (OPSNKF 14). Philadelphia. FEIGIN, S. 1./B. LANDSBERGER 1955 The date Iist of the Babylonian king Samsu-ditana, JNES 14, 137-160. FOSTER, B. R. 1980 Notes on Sargonic royal progress, JANES 12, 29-42. Babylonian texts from the folios of Sydney Smith, part GEORGE, A. R. 1991 two, RA 85, 137-167. GEORGE, A. R. 1993 House Most High. (Mesopotamian Civilizations 5). Winona Lake. Patterns of occupation at Nippur, in: ELLIS, M. oEJ. GIBSON, McG. 1992 (Hrsg.), 33-54. The birth of kings, in: J.H. MARKS [u.a.] (Hrsg.), Love HALLO, W. W. 1987 and Death in the Ancient Near East. Essays in Honor of Marvin H. Pope, 45-52. HEIMPEL, W. 1992 Herrenturn und Königtum im vor- und frühgeschichtlichen Alten Orient, ZA 82, 4-21. JACOBSEN, TH. 1943 Primitive democracy in ancient Mesopotamia, JNES 2, 159-172. JACOBSEN, TH. 1957 Early political development in Mesopotamia, ZA 52, 91140. KLEIN, J. 1991 The coronation and consecration of ~ulgi in the Ekur, in: M. COGAN [u.a.] (Hrsg.), Ah, Assyria ... Studies ... Presented to Hayim Tadmor. (Scripta Hieroso1ymitana 33) 292-313. KRAUS, F. R. 1951 Nippur und lsin nach altbabylonischen Rechtsurkunden, JCS 3. KRAUS, F. R. 1984 Königliche Veifügungen in altbabylonischer Zeit. (Studia et Documenta 11). Leiden. KRAUS, F. R. 1985 Eine altbabylonische Buchhaltung aus einem Amtsarchiv in Nippur, BiOr. 42, 526-41. KREBERNIK, M. 1984 Die Beschwörungen aus Fära und Ebla. Hildesheim. KREBERNIK, M. 1986 Die Götterlisten aus Fära, ZA 76, 161-204. Zur Einleitung der za-me-Hymnen aus Tell Abii ~aläblh, KREBERNIK, M. 1994 in: P. CALMEYER [u.a.] (Hrsg.), Beiträge zur Altorientalischen Archäologie und Altertumskunde. Festschrift für Barthel Hrouda, 151-157.
164
BIBLIOGRAPHIE
BEHRENS, H./H. STEIBLE 1983 Glossar zu den altsumerischen Bau- und Weihinschriften. (FAOS 6). Wiesbaden. BuccELLATI, G. 1993 Through a tablet darkly. A reconstruction ofOld Akkadian monuments described in Old Babylonian copies. in: M. E. COHEN [u.a.] (Hrsg.), The Tablet and the Scroll. Near Eastern Studies in Honor of William W. Hallo, 5871. Etudes de geographie et de topographie sumerienne. III. CARROUE, F. 1993 L'Iturungal et le Sud Sumerien, ASJ 15, 11-69. Rez. von STEINKELLER 1989, RA 84, 91-94. CHARPIN, D. 1990 Ein spätaltbabylonischer Katalog einer Sammlung sumeVAN DIJK, J. 1989 rischer Briefe, Or. 58, 441-452. VAN DRIEL, G. TH. 1990 Old Babylonian Nippur, BiOr. 41, 559-577. VAN DRIEL, G. TH. 1995 Nippur and the Inanna Temple during the Ur III period, JESHO 38, 393-406.
EDZARD, D. 0. 1968
165
166 LAMBERT, W. G. 1992 LIEBERMAN, ST. 1982 LIEBERMAN, ST. 1992 MANDER, P. 1986
W. SaHaberger Nippurin ancient ideology, in: ELLIS, M. DE.l. (Hrsg.), 119-26. The years of Damiqilishu, king of Isin, RA 16, 97-119. Nippur: city of decisions, in: ELLIS, M. DE.l. (Hrsg.), 127-136. Il Pantheon di Abu-~älabfkh [sie]. Contributo a/lo studio del pantheon sumerico arcaico. Napoli.
Cities, Sealsand Writing. Arehaie Seal Impressions from Jemdet Nasr and Ur. (MSVO 2). Berlin. MICHALOWSKI, P. 1989 The Lamentation over the Destruction of Sumer and Ur, MATTHEWS, R. J. 1993
(Mesopotamian Civilizations 1). Winona Lake. PIESL, H. 1969
Vom Präanthropomorphismus zum Anthropomorphismus. Entwicklungsstadien im altmesopotamischen Pantheon dargestellt am Präanthropomorphem kur und an der Hauptgottheit den-lil2 • lnnsbruck. Re di Uruk, "Re di Kis", RSO 68, 1-14.
POMPONIO, F. 1994 POMPONIO, F./G. VISICATO 1994
Early Dynastie Administrative Documents of Suruppak. POSTGATE, J. N. 1990 POSTGATE, J. N. 1994 POSTGATE, J. N. 1995
Napoli. Archaeology and the texts - bridging the gap, ZA 80, 228-40.
Early Mesopotamia. Society and Economy at the Dawn of History. London.
Royal ideology and state administration in Sumer and Akkad, in: J.M. SASSON (Hrsg.), Civilizations of the Ancient Near East, 395-411. PRANG, E. 1976 Das Archiv des Imgua, ZA 66, 1-44. ROBERTSON, J. F. 1992 The temple economy of Old Babylonian Nippur: the evidence for centralized management, in: ELLIS, M. DE1. (Hrsg.), 177-188. RoTH, M. T. 1995 Law Collections from Mesopotamia and Asia Minor. Atlanta. SALLABERGER, W. 1993 Der kultische Kalender der Ur III-Zeit. (Untersuchungen zur Assyriologie und Vorderasiat. Archäologie 7). Berlin. SCHNEIDER, N. 1936 Die Zeitbestimmungen der Wirtschaftsurkunden von Ur III. (Analecta OrientaHa 13). Roma. SELZ, G. 1992 Enlil und Nippur nach präsargonischen Quellen, in: ELLIS, M. oEJ. (Hrsg.), 189-225. SIGRIST, R. M. 1977a Nippur entre lsin et Larsa de Sin-iddinam a Rim-Sin, Or. 46, 363-374. SIGRIST, R. M. 1977b es-ta-gur-ra, RA 71, 117-124.
Nippur als religiöses Zentrum Mesopotamiens
l
l 1
I
SIGRIST, R. M. 1984
167
Les sattukku dans l'Esumda durant La periode d'Isin et Larsa. (BiMes 11). Malibu. lsin Year Names. Berrien Springs. Larsa Year Names. Berrien Springs.
SIGRIST, R. M. 1988 SIGRIST, R. M. 1990 SIGRIST, R. M./M. E. COHEN 1976 Noms d'annee des rois d'Isin, Or. 45, 410-423. SIGRIST, R. M./T. GOMI 1991
The Comprehensive Catalogue of Published Ur III Tablets. Bethesda. SKAIST, A. 1992
Pre- and post-Hamrnurabi loan contracts from Nippur, in: ELLIS, M. DE1. (Hrsg.), 227-33. STEIBLE, H. 1991 Die neusumerischen Bau- und Weihinschriften. (FAOS 9). Stuttgart. STEIBLE, H ./H, BEHRENS 1982 Die altsumerischen Bau- und Weihinschriften. (FAOS 5). Wiesbaden. STEIBLE, H .IF. YILDIZ 1993 Ki'engi aus der Sicht von Suruppak, lstMitt. 43, 17-26. STEINKELLER, P. 1989 Sale Documents of the Ur-III-Period. (FAOS 17). Stuttgart. STEIN KELLER, P. 1992 Third-millennium Legal and Administrative Texts in the lraq Museum, Baghdad. (Mesopotamian Civilizations 4). Winona Lake. STEIN KELLER, P. 1993 Early political development in Mesopotamia and the origins of the Sargonic empire, in: M. LIVERANI (Hrsg.), Akkad: The First World Empire, 107-129. STEINKELLER, P. 1995 Rez. V. J. MARZAHN, Altsumerische Verwaltungstexte aus Girsu/Lagas (VS 25), JAOS 115, 540-543. STOL, M. 1976 Studies in Old Babylonian History. Leiden. The social rote of the nadftu women in Old Babylonian STONE, E. 1982 Nippur, JESHO 25, 50-70. STONE, E. 1987 Nippur Neighborhoods. (SAOC 44). Chicago. STONE E./0. I. ÜWEN 1991
Adoption in Old Babylonian Nippur and the Archive of Mannum-mesu-li~~ur.
(Mesopotamian Civilizations 3).
Winona Lake. VAN DE MIEROOP, M. 1987 VISICATO, G. 1995 VOLK, K. 1992 WESTENHOLZ, A. 1974
Crafts in lhe Early lsin Period. (OLA 24). Leuven. The Adminislralion of Suruppag. (ALASPM 10). Münster. Puzur-Mama und die Reise des Königs, ZA 82, 22-29. Early Nippur year dates and the Sumerian King List, JCS 26, 154-156.
168
W. SaHaberger
WESTENHOLZ, A. 1975
Old Sumerian and Old Akkadian Texts in Philadelphia. Part One: Literary and Lexical Texts and the Earliest Administrative Documents from Nippur. (BiMes. 1). MaIibu. WESTENHOLZ, A. 1987 Old Sumerian and Old Akkadian Texts in Philadelphia. Part Two: The 'Akkadian Texts', the Enlilemaba Texts, and the Onion Archive. Copenhagen. WESTENHOLZ, J. G. 1992 The clergy of Nippur, in: ELus, M. DEJ. (Hrsg.), 297310. WILCKE, C. 1970 Drei Phasen des Niederganges des Reiches von Ur III, ZA 60, 54-69. WILCKE, C. 1974 Zum Königtum in der Ur-III-Zeit, in: P. GARELLI (Hrsg.), Le palais et La royaute. (CRAI 19), 177-232. WILCKE, C. 1993 Politik im Spiegel der Literatur, Literatur als Mittel der Politik im älteren Babylonien, in: K. RAAFLAUB (Hrsg.), Anfänge politischen Denkens in der Antike. (Schriften des Histor. Kollegs 24), 29-75. ZETTLER, R. L. 1987 Enlil's city, Nippur, at the end of the late third millennium B.C., Bull. of the (Canadian) Society for Mesopotamian Studies 14, 7-19.
DIE ORIENTALISCHE RESIDENZSTADT FUNKTION, ENTWICKLUNG UND FORM* Mirko Novak, Berlin
l 1
\
•
~
t
1. DER BEGRIFF DER REsiDENZSTADT Der Begriff 'Stadt' läßt sich aufgrundder Vielschichtigkeit der Charakteristika einer 'urbanen' Siedlung gegenüber einer 'ländlichen' nur schwer definieren. Ein wesentliches Problem liegt darin, daß eine Stadt gleichermaßen sowohl physischer Organismus als auch soziale Organisationsform ist. Daher muß bei einer Definition beiden Ebenen Rechnung getragen und diese als Resultat sowohl von stadtgeographischen als auch stadtsoziologischen Forschungen verstanden werden. Desweiteren muß bedacht werden, daß eine Stadt in ihrer räumlichen Gliederung und äußeren Form stets das Ergebnis und das Spiegelbild der ihr zugrunde liegenden Gesellschaftsform darstellt. Kulturelle oder soziale Eigenheiten führen zu eigenständigen Lösungen der formalen und funktionalen Gestaltung einer Stadt. Die Schwierigkeiten, die sich aufgrund dieser Vorgaben zwangsläufig bei der Erstellung einer übergreifenden, allgemeingültigen Definition ergeben, sind offenkundig. Dem vorliegenden Aufsatz soll folgende Definition als Grundlage dienen: Die Stadt wird verstanden als eine größere Siedlung mit verhältnismäßig hoher Einwohnerdichte. Die Erwerbsstruktur ihrer sozial differenzierten Bevölkerung ist arbeitsteilig organisiert und umfaßt überwiegend den sekundären, tertiären und quartären Sektor der Wirtschaft. Neben ihrer Funktion als Wirtschaftsstandort und Verkehrsmittelpunkt dient die Stadt als Administrationszentrum und befriedigt ein geistig-kulturelles sowie religiöses Grundbedürfnis der in ihr und in den umliegenden Gebieten lebenden Menschen. Aufgrund dieser Funktionen weist sie ein gewisses Maß an Zentralität auf.
"Die in vorliegendem Aufsatz dargelegten Untersuchungen basieren auf Erkenntnissen, die im Rahmen eines Dissertationsvorhabensdes Verfassers mit dem Thema 'Herrschaftsform und Stadtbaukunst' gewonnen wurden. Gedankt werden soll an dieser Stelle dem Vorstand der Deutschen Orient-Gesellschaft, der mir die Möglichkeit zur Teilnahme an dem von ihm veranstalteten Kolloquium in Halle bot. Die Fotovorlagen erstellten dankenswerterweise Frau E. Werner und Herr U. Runge, die Zeichnungen Frau G. Elsen-Novlik.
170
M. Novak
Die orientalische Residenzstadt
Die primären Grundlagen nahezu aller Ordnungsschemata für urbane Siedlungen sind die Funktionen einer Stadt. Den Begriff der Stadt-'Funktionen' definiert B. Hofmeister folgendermaßen: "in der Stadtgeographie bedeuten Funktionen zum einen Tätigkeiten (Leistungen) oder Nutzungen, für die Bedarf an Raum besteht, zum anderen die Verflechtungen oder Bindungen der Stadt zu ihrer unmittelbaren und ihrer weiteren Umgebung, zu der sich Verkehrsspannungen ergeben. Anders ausgedrückt, werden Funktionen einmal ihrem Wesen, dann ihrer Reichweite nach betrachtet. "1 Die funktionsbezogene Klassifikation von Städten erfolgt in der stadtgeographischen Forschung auf der Basis von statistischen Schwellenwerten. 2 Naturgemäß ist die Anwendung der meisten Klassifikationsmodelle auf antike, durch archäologische Untersuchungen erforschte Siedlungen nicht unproblematisch, was vor allem an der unvollständigen Informationsfülle bezüglich nahezu aller evidenten Faktoren liegt. Aus diesem Grunde wird in der kulturhistorischen Stadtforschung überwiegend mit Idealtypologien gearbeitet. Diese bauen in fast allen Fällen auf den jeweiligen Primärfunktionen der untersuchten Städte auf. Da jeder urbane Organismus eine Vielzahl von Funktionen erfüllt - eben dies charakterisiert ja die 'Stadt' als solche finden sich in der Realität nie reine Vertreter eines jeweiligen 'Stadttyps'. Bei der Erfassung spezieller Stadttypen ergeben sich folglich für den Kulturhistoriker nicht unerhebliche Probleme. Vor allem die Abgrenzung der 'Residenzstadt' gegenüber anderen Typen gestaltet sich mitunter schwierig. Der Begriff der Residenzstadt wurde im Zeitalter des Absolutismus geprägt, in dem im Rahmen der Entwicklung der 'ldealstadt'-ldee neue Verwaltungszentren und repräsentative Wohnsitze von Autokraten gegründet wurden, mit deren Hilfe die ideologische Stellung des Herrschers symbolisiert werden sollte. "Jede echte Residenzstadt kann als Veranschaulichung der absolutistischen Staatstheorie verstanden werden, undjede Neuinterpretation dieser Theorie spiegelt sich alsbald in Veränderungen des Bauprogrammes. "3 Die Abgrenzung der Residenzstadt von der Hauptstadt stellt ein Problem dar, das nicht zuletzt im modernen Sprachgebrauch begründet liegt, da dieser nicht genau zwischen beiden Stadttypen zu unterscheiden pflegt. Doch bereits die Terminologie weist auf den grundlegenden Unterschied hin: Eine Hauptstadt wird durch ihre Vielfalt an bedeutenden Funktionen, die sie zum unbestrittenen Zentrum eines Siedlungssystems machen, charakterisiert. W. Braunfels bemerkt hierzu: "Zu Hauptstädten, wie sie im folgenden getrennt
von den Residenzstädten vorgeführt werden sollen, gehören drei ihr Wesen bestimmende Eigenschaften: 1. die Massen als politische Macht und als politische Aufgabe; 2. die Sonderstellung einer solchen Stadt nach Volkszahl, Wirtschaftskraft und geistiger Produktion und 3. ihr Gegensatz zu der Provinz oder den Provinzen. Echte Hauptstädte sind die größten Städte ihres Landes. ( ... ) Jedes der ( ... ) Beispiele ( ... ) war zu allen Zeiten auch der geistige Mittelpunkt der Kultur des jeweiligen Staates, gab ihrer geistigen Produktion, der Forschung wie der Kunst, den Maßstab. "4 Demgegenüber besteht das wesentliche Merkmal einer Residenzstadt in der Präsenz und der zentralen Stellung des Herrscherhofes. Die Primäraufgabe der Residenzstadt liegt in den politischen und den Verwaltungsfunktionen, unter denen vor allem diejenige der Repräsentation dominiert. Andere Funktionen spielen bei der Anlage von Vertretern dieses Stadttyps nur eine untergeordnete Rolle. Die ökonomische Grundlage der Residenzstadt wird fast ausschließlich vom Palast gebildet, ohne dessen Existenz die städtische Wirtschaft nicht arbeiten kann. Sämtliche ihrer Einwohner - vor allem die sehr zahlreichen 'Beamten' und Bediensteten des Palastes - sind somit ökonomisch vom Hof abhängig. Neben dem Palastbereich und den Wohnquartieren der Einwohner können sich in der Residenzstadt durchaus auch andere funktionale Einrichtungen befinden - so zum Beispiel religiöse oder kulturelle Institutionen - , doch verdanken auch sie ihre Existenz den Zuwendungen des Herrschers und sind daher nicht autonom. In den wenigsten Fällen stellen sie innerhalb ihrer Funktionseinheit die tatsächlichen Zentren im Reichsgebilde dar. Diese befinden sich zumeist in der alten, noch existierenden Hauptstadt des Landes. Eine Residenzstadt ist nicht zwangsläufig das geistig-kulturelle, wirtschaftliche und sakrale Zentrum des Staates. E. Lichtenherger faßt ihre Charakteristika zusammen: "Der Flächenstaat des Absolutismus schuf neue Stadttypen im außerökonomischen Bereich, darunter die Residenzstadt. Neue soziale Schichten (Adel, Beamtenturn und Offiziersstand) waren die Träger. Repräsentative Wertmaßstäbe nicht nur im Städtebau, sondern auch in den Verhaltensnormen städtischer Bevölkerung, ferner eine Vielfalt von nichtökonomischen Motivationsstrukturen zählen zu den persistenten Phänomenen. "5 Die Transformation einer Residenzstadt in eine Hauptstadt oder in einen anderen Stadttyp kann unter Umständen sehr schnell erfolgen. 6 Gelingt es der Stadt, zum geistig-kulturellen, sakralen und ökonomischen Zentrum des Staates zu werden und vor allem sich eine wirtschaftliche Grundlage zu
1
1-lofmeister 1980, 139. 8raunfels 1986, 154.
3
2
Lichtenberger 1986, 38f.
4 6
8raunfels 1986, 155. 8raunfels 1986, 156.
5
Lichtenberger 1986, 63.
171
M. Novak
Die orientalische Residenzstadt
schaffen, die vom Hof unabhängig ist, wird sie zu einer Hauptstadt. Beispiele für einen solchen Prozeß finden sich sehr häufig.
es demnach im Orient niemals kommen. Unterschiedliche Herrschaftsformen und -ideologien führten zu unterschiedlichen Stadtformen.
2.
3.
172
FORMBILDENDE FAKTOREN
Die formale Gestaltung einer Stadt unterliegt verschiedenen Faktoren: geomorphologischen und geographischen Besonderheiten des Standortes, traditionellen Bindungen an gestalterische Prinzipien, gesellschaftsimmanenten sozialökologischen Gesetzmäßigkeilen und - nicht zuletzt - der Struktur des zugrundeliegenden politischen Systems. Jede Stadt symbolisiert durch ihre räumliche Gliederung das bestehende Herrschaftssystem und dessen ideologisches Konzept. Die gestalterische Umsetzung ideologischer Vorgaben eines Staates oder einer Kultur kann durchaus unbewußt erfolgen, da jeder Stadtplaner in einem Konzept verwurzelt ist, das seine Arbeit ganz erheblich beeinflußt. 7 In einem gewissen Maße kann der Baugeschichtler dadurch jeder Stadtform - und sei sie auch ein Produkt jahrhundertelanger Baugeschichte - ein bestimmtes ideologisches Muster des zugrundeliegenden politischen Systems entnehmen. Eine bewußte Umsetzung politisch-repräsentativer oder propagandistischer Vorgaben ist allerdings nur bei Neugründungen oder bei umfassenden Umbaumaßnahmen vorauszusetzen. Mehr als jeder andere Stadttyp repräsentiert die Residenzstadt die absolute Dominanz des Herrschers innerhalb des Systems, seine ideologische Legitimation und die wirtschaftliche Potenz des Hofes. Dies bedeutet umgekehrt, daß eine Residenzstadt nur entstehen kann, wenn zum einen gewisse ideologische Konzepte existieren, bei denen der Herrscher uneingeschränkt im Zentrum steht, und zum anderen die ökonomischen Grundlagen des Staates zur Durchführung eines so umfangreichen Projektes wie der Residenzgründung oder -Verlagerung vorhanden sind. Allein schon die Errichtung einer neuen Residenzstadt kann Ausdruck einer ideologisch fundierten und wirtschaftlich manifestierten Macht des Herrschers sein. Daraus folgt, daß die formale Gestaltung einer Residenzstadt immer systemimmanenten Konzepten unterworfen ist und somit eine stringente, lineare Entwicklung des Residenzstadtbaus unmöglich ist. Alle Bauprogramme unterliegen eigenen politischen und ideologischen Vorgaben. Zu einer 'typischen' Residenzstadtform konnte
7 Einem mittelalterlichen Architekten ist wohl kaum bewußt gewesen, warum gerade die Kirche das Zentrum einer urbanen oder dörflichen Siedlung bilden muß. Geprägt durch die Konzeptionen seiner Zeit erschien ihm diese Ordnung als Selbstverständlichkeit.
173
ALTORIENTALISCHE RESIDENZSTADTGRÜNDUNGEN
Über die offensichtlich erste nachweisbare Residenzgründung im Alten Orient - die StadtAgade - liegen zu wenige Informationen vor, um sie als Phänomen fassen zu können. Auch die Beweggründe für ihre Errichtung, die der besonderen Situation in diesem ersten 'Territorialstaat' Mesopotamiens Rechnung getragen haben dürften, sind nur sehr unklar zu erkennen. Eine Zeit, in der zahlreiche bewußte Neugründungen repräsentativer Residenzstädte stattfanden, ist die zweite Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends. Interessanterweise entstanden in nahezu allen Kulturregionen, die Mittelpunkt größerer Reichsgebilde waren, Anlagen dieser Art. Dabei scheinen die jeweiligen Motivationen ausgesprochen unterschiedlich und zumeist innenpolitisch begründet gewesen zu sein: Die älteste dieser Städte war die babylonische Gründung Dür-Kurigalzu, die vermutlich als Folge der Machtergreifung der kassitischen Fremddynastie zu sehen ist. In Ägypten ließen drei Herrscher - Amenophis III., Echnaton und Ramses II. - Residenzstädte errichten, von denen zumindest die Gründung von A!Jetaton, der Residenzstadt Echnatons, auf innerägyptische Religionsgegensätze zurückzuführen ist. 8 In Elam wurde parallel hierzu die Stadt Dür-Unta§ angelegt und in Nordsyrien Karkami§ von den großreichszeitlichen hethitischen Königen als Sitz des die syrischen Provinzen verwaltenden Vizekönigs ausgebaut. Eine der flächenmäßig größten Anlagen stellt die vom assyrischen Herrscher Tukulti-Ninurta I. nach seinem Sieg über Babylonien erbaute Stadt KärTukulti-Ninurta dar, die unweit AMurs am gegenüberliegenden Tigrisufer errichtet wurde. Auch die folgende Eisenzeit ist durch eine ganze Reihe von Residenzstadtgründungen geprägt. Darunter sind die urartäischen9 , die luwisch-aramäischen10 und vor allem die assyrischen 11 Anlagen erwähnenswert. Allgemein spürbar ist bei den meisten der Hang zu geometrischen Formen, sei es nun zu runden wie im Falle Sam'als in Nordsyrien oder zu rechteckigen wie Guzäna am oberen ljäbür.
8
Donadoni 1994, 165ff. 10 Mazzoni 1994, 319ff.
9
Pecorella 1994, 309ff. Kühne 1994, 55ff.
11
M. Novak
Die orientalische Residenzstadt
Im folgenden sollen die assyrischen Residenzstädte näher untersucht werden, da insbesondere bei ihnen die städtebauliche Umsetzung ideologischer Programme faßbar wird.
unmittelbar auf dem die Tigrisaue überragenden Felssporn. Den renommiertesten Raum in der Nordostecke nahmen der Tempel des Stadtgottes Assur und die benachbarte Ziqqurat ein. In unmittelbarer Nähe zu diesen befand sich der Palast des Stadtfürsten, der gleichsam oberster Priester der Stadt war. Weitere Kultbauten schlossen sich westlich an. Es entstand hier ein loses Ensemble an Kult-, Repräsentations- und Verwaltungsbauten, die jeder für sich - eigenständige, den mesopotamischen Grundsätzen folgend nach innen gerichtete Gebäude darstellten. Dennoch bildete sich hier ein gesonderter Repräsentationsbereich heraus, der peripher am Stadtrand lag und von der nördlich der Stadt gelegenen Flußaue aus sichtbar war. Da er aber weder fortifikatorisch abgetrennt noch erhöht wurde, kann nicht von einer 'Zitadelle' im eigentlichen Sinne gesprochen werden. Die räumliche Nähe von Kultzentrum und Palast ist als Folge der besonderen Funktion des assyrischen Herrschers zu interpretieren. Die älteste Residenzstadt Assyriens, das von König Tukulti-Ninurta I. (ca. 1233-1197 v.Chr.) erbaute Kär-Tukulti-Ninurta, wies - im Gegensatz zu Assur einen geometrischen, rechteckigen Grundriß auf (Abb. 2). Soweit sich dies dem bisherigen Forschungsstand entnehmen läßt, wurde im Rahmen der Stadtanlage ein separater Repräsentations- und Kultbereich errichtet, der neben dem Königspalast auch den Haupttempel mit der Ziqqurat beinhaltete. Er lag - dem Vorbild Assurs folgend peripher im Stadtgebiet, unmittelbar am Plateaurand zur Flußaue hin. Die Vorbildfunktion Assurs ist in der intraurbanen räumlichen Ordnung der wichtigsten Gebäude erkennbar. Dennoch sind gewisse Neuerungen nicht zu übersehen: Der Repräsentationsbereich wird vom übrigen Stadtgebiet durch eine eigene Mauer abgetrennt und schafft somit eine deutlich sichtbare Distanz zwischen Herrscher und Stadtgott einerseits und der Stadtbevölkerung andererseits. Dieses Phänomen kann möglicherweise noch durch den Umstand erklärt werden, daß der überwiegende Teil der Stadtbevölkerung aus Kriegsgefangenen und Deportierten rekrutiert wurde und somit dem König illoyal und latent oppositionell gegenüberstand. Die Separierung wäre demnach als Folge sicherheitspolitischer Erwägungen zu sehen. Dagegen kann bei anderen Neuerungen deutlich eine Programmatik erkannt werden, die das gesteigerte Selbstverständnis des assyrischen Königs widerspiegelt. Der Königspalast nahm hier den offenbar prestigeträchtigsten, weil peripher gelegenen Raum unmittelbar am Flußufer ein. Gegenüber dem zentralen Kultbereich wurde er nicht nur durch seine deutlich größeren Dimensionen, sonelern auch durch eine künstliche Erhöhung der wichtigsten Teile mittels einer Terrasse hervorgehoben. Auffälligerweise öffnete sich der Repräsentationsbereich der Stadt zur Flußaue hin und war an dieser Stelle nicht fortifikatorisch geschützt.
174
4. DIE
ASSYRISCHEN RESIDENZSTÄDTE
Die meisten großen Städte Babyloniens im 3. und frühen 2. Jahrtausend wiesen eine unregelmäßige äußere Form auf. Die intraurbane Ausrichtung der Verkehrsstränge war auf das im Zentrum liegende Hauptheiligtum der Stadt orientiert. Diesem stadtintern dominierenden Element waren die Herrscherpaläste hierarchisch klar untergeordnet: Sie lagen zumeist leicht peripher im Stadtgebiet und wiesen nur unwesentliche städtebauliche Betonungen auf. Geordnete, geometrische Planprinzipien wurden nur bei neu angelegten, kleineren Verwaltungs- oder Garnisonsstädten umgesetzt, die seit der Etablierung der ersten Territorialstaaten von Agade und Ur vermehrt gegründet wurden. Vor allem aus der altbabylonischen Zeit sind mehrere Beispiele solcher 'Kleinstädte' bekannt. In der seit dem ausgehenden 3. Jahrtausend blühenden Handelsstadt Ass ur (Abb. J) bedingten geomorphologische und geographische Besonderheiten des Standortes ein vom südmesopotamischen Prinzip abweichendes Planmuster: Die wichtigsten öffentlichen Bauten lagen an der Nordseite der Stadt,
Abbildung I: Assur, Rekonstruktion der Stadtansicht von Nordwesten; aus: W. Orthmann 1975, Pig. 70.
175
M. Novak
176
..
· '
Die orientalische Residenzstadt
.-\II
\\ I" I
i)
\% I
\i
\Ii
I% I
I
~ .
Q Zitadelle 0
600m
c::-==:-==-
Q
Zitadelle
§l
Flußlauf oder Kanal
l§'l Flußl!uf oder Kanal 1111 Pal!st
'f( Sakralbau 1111 Palast
if Garten
'f( Sakralbau
4 Garten
Abbildung 2: Kiir-Tukulti-Ninurta (Zeichnung G. Elsen-Novak).
Abbildung 3: Kal~u (Zeichnung G. Elsen-Novak).
!77
178
M Novak
Nach einer Schwächeperiode markierte die Gründung einer neuen Residenzstadt die endgültige Etablierung des neuassyrischen Reiches: Der König Assur-nä~ir-apli II. (884-859 v.Chr.) baute die bereits existierende, aber bis dahin relativ unbedeutende Stadt Kal!Ju zur neuen politischen Metropole Assyriens aus (Abb. 3). In der äußeren Form wies sie gleichermaßen eine Anpassung an vorhandene topographische Verhältnisse wie die Bindung an einen geometrischen Plan auf. Wie in Kär-TukultT-Ninurta wurde ein fortifikatorisch von der 'Wohnstadt' isolierter Repräsentationsbereich angelegt, in dem sich alle bedeutenden sakralen und profanen Gebäude der Stadt befanden. Da dieser auf dem bestehenden Siedlungshügel der alten Stadt errichtet wurde, entstand durch seine deutliche Erhöhung erstmalig in Assyrien eine wirkliche 'Zitadelle'. Eine Beeinflussung durch andere, nordsyrische Stadtbautraditionen, in denen bereits seit dem 2. Jahrtausend Zitadellen üblich waren, ist nicht notwendigerweise anzunehmen, aber auch nicht auszuschließen. Eine grundsätzliche Neuerung im assyrischen Städtebau stellt die Anlage einer zweiten Zitadelle durch Sulmänu-asared III. (858-824 v.Chr.) dar. Deren Erhöhung wurde mit Hilfe einer künstlichen Lehmziegelterrasse erreicht, was den mittlerweile entstandenen Stadtplanerischen Zwang zur Heraushebung der Paläste belegt. Funktional wie formal unterschied sich der Palast deutlich von demjenigen der Hauptzitadelle, vor allem fehlte jedoch in seinem Umfeld jeglicher Kultbau. Wie dieser öffnete er sich aber mittels einer freien Plattform zur Flußaue hin und gestatten einen Blick auf die dort liegenden Gärten. Mit der Errichtung dieser 'Zweitzitadelle' reinen Palastcharakters, die zumindest in späteren Zeiten in Funktion eines 'Zeughauses' genutzt wurde, entstand ein weiterer, für spätere Städte obligatorischer integraler Bestandteil. Es zeigt sich also, daß in Kal!Ju mehrere traditionelle und einige innovative Elemente des assyrischen Städtebaus miteinander vereint wurden. Kal!Ju blieb assyrische Residenzstadt, bis sich Sarru-ken II. (721 -705 v. Chr.) entschloß, nahe Ninuwa eine neue, nach ihm benannte Stadt zu errichten (Abb. 4). Anders als ihre Vorgängerin wurde diese auf vorher nahezu unbesiedeltem Gelände errichtet, so daß eine klarere städtebauliche Äußerung politischer Vorgaben zum Tragen kommen konnte. Dür-Sarruken wurde deutlich nach strengen, geometrischen Planprinzipien errichtet. In der internen Struktur orientierten sich die Stadtplaner an Kal!Ju. Während aber die Struktur der älteren Residenzstadt in vielen Elementen als Ergebnis einer ISOjährigen Bautätigkeit mit Umgestaltungen, Innovationen und - durch zufällig vorhandene Bauplätze getroffene - Standortbestimmungen gelten kann, wurde sie in Dür-Sarruken bewußt übernommen und kopiert. Mehr als beim
Die orientalische Residenzstadt
~w' II
T
~
N
t
T
_,!,_
T
[]
Zitadelle
~Flußlauf oder Kanal
II Palast 'f Sakralbau ~Garten
Abbildung 4: Dilr-Sarruken (Zeichnung G. Elscn-Novak).
179
180
M Novak
Vorbild Kalgus konnte man dabei eine strenge Axialität und geometrische Ordnung sowie eine klarere Gliederung umsetzen. Die Stadt verfügte wie auch ihr Vorbild über zwei peripher gelegene Zitadellen. Am äußersten Rand der größeren von beiden lag der Königspalast, an den die Sakralzentren unmittelbar angeschlossen warer1. Die Zitadelle war fortifikatorisch stark von der Wohnstadt abgetrennt, in der Kriegsgefangene aus allen Reichsteilen unter der Aufsicht 'einheimischer' Assyrer angesiedelt wurden. In einer deutlichen Entfernung wurde die zweite, ebenfalls künstlich erhöhte Zitadelle mit dem sogenannten 'Arsenal' errichtet, und auch hier befanden sich die dem König dienenden Räumlichkeiten an der äußersten Peripherie der Plattform. Die wichtigsten Neuerungen gegenüber der Gestaltung Kalgus lagen in DürSarruken nicht in der Hinzufügung neuer integraler Elemente, sondern in der klareren Gliederung der inneren Ordnung. Zudem zeigt sich eine Akzentverschiebung: Stand in Kalgu der Tempel des Stadtgottes mit der Zigqurat noch annähernd gleichberechtigt neben dem Königspalast, so dominierte letzterer nun ganz eindeutig. Die Kultbauten - mit Ausnahme des Nabu-Tempels scheinen dem Palast angegliederte und untergeordnete Bereiche zweiter Ordnung und mit geringerer Bedeutung zu sein. Die stärkere Akzentuierung des Palastes zeigt sich auch in einer weiteren, wesentlichen Abweichung vom Vorbild Kali1U: Die beiden Zitadellen waren nicht mehr bündig in das von ihnen überragte Fortifikationssystem einbezogen; in Dür-Sarruken sprengten sie geradezu den äußeren Umriß der Stadt, lösten diese regelrecht vom ansonsten streng rechteckigen Plan und ragten - auf der Stadtmauer 'reitend' - weit in die umliegende Gartenlandschaft hinein. Dadurch wurde nicht nur ein stärkerer Landschaftsbezug in der Palastarchitektur erwirkt - die außerhalb der Stadt gelegene, natürliche und hortikultureil gestaltete Umgebung war vom Palast aus an drei Seiten einsehbar - sondern auch eine deutlichere Akzentuierung der königlichen Repräsentationsbauten herbeigeführt. Trotz der von Sarru-ken II. beabsichtigten ideologischen Neuerschaffung und dem gewollten Bruch mit allem Vorherigen stand Dür-Sarruken strukturell deutlich in der Tradition der Vorgängerresidenz Kalgu. Die ideologischen Aussagen, die in der Stadtgestaltung ausgedrückt werden sollten, zeigten sich klarer formuliert als dort und gingen in ihrer Ausrichtung auf die zentrale Rolle des Königtum über die durch Kalgu symbolisierten hinaus. Letzte assyrische Residenzstadt wurde das von Sln-agge-erTha (704- 681 v. Chr.) ausgebaute Ninuwa, das im Gegensatz zu Dür-Sarruken auf eine lange Siedlungsgeschichte zurückblickte (Abb. 5). 12 Die an diesem Ort vorhande-
12
Stronach 1994, 85ff.
Die orientalische Residenzstadt
181
0
Zitadelle
~ Flußlauf oder Kanal 1111 Palast
'Y Sakralbau 0
.
=--600m
Abbildung 5: Ninuwa (Zeichnung G. Elsen-Novak).
~Garten
M. Novak
Die orientalische Residenzstadt
nen intraurbanen Strukturen beeinflußten zwar die Stadtgestaltung, doch können hier vergleichbare Stadtplanerische Prinzipien erkannt werden wie bei ihren Vorgängerinnen: Die Hauptpaläste und -tempel wurden auf der hohen Zitadelle des Ruinenhügels Qüyungik errichtet. Der zweite Hügel Nabi Yünus, auf dem sich bereits ein brt kutalli "rückwärtiges Haus" genannter Palast befand, wurde zum ekal mäsarti "Arsenal" ausgebaut und als Zweitzitadelle in das Stadtgebiet integriert. Die bereits existierende Unterstadt wurde um ein Vielfaches erweitert, so daß das Intramurale Gebiet letztendlich annähernd 750ha umfaßte. Allein schon durch die bis dahin unbekannten Dimensionen der Stadt wurde der imperiale Anspruch dieser Metropole verdeutlicht. In allen elementaren Bestandteilen folgte Ninuwa dem Vorbild ihrer Vorgängerinnen, übertraf diese jedoch in den Ausmaßen. Vor allem die aufwendigen, in Ninuwa angelegten königlichen Gärten stellten den Höhepunkt hortikulturellen Schaffens des assyrischen Staates dar. Bereits seit Tukultl-apil-Esarra I. (1114-1076 v.Chr.) ließen die assyrischen Herrscher extramurale Königsgärten anlegen. 13 Mehrfach wurde darauf hingewiesen, daß sie nicht primär agrarökonomischen, 14 sondern vielmehr ideologischen und programmatisch-propagandistischen Zwecken dienten.15 Weitläufige, in den Königsinschriften kirimälju beziehungsweise ambassu genannte Landschaftsgärten oder Tierparks symbolisierten in ihrem 'Universalcharakter' die zentrale Stellung der Metropole sowie die schöpferische, erhaltende und kultivierende Macht des Herrschers. Botanische Ziergärten lagen neben landschaftsimitierenden Tiergehegen, die in Dür-Sarruken und Ninuwa "nach dem Vorbild des Amanus-Gebirges" geformt waren. Inmitten der Pflanzungen standen pavillonartige Bauten mit offenen Säulenstellungen nach dem Vorbild syrischer ljiläni, die als E.GAL TUR.RA "kleiner Palast" oder bitänu bezeichnet wurden. 16 Mehrere Orthostatenreliefs aus Dür-Sarruken und aus Ninuwa zeigen Szenen, die in den königlichen Gärten anzusiedeln sind. Ein im Nordpalast von Ninuwa entdecktes Bild wird als Wiedergabe des großen Landschaftsgartens dieser Stadt gedeutet (Abb. 6): 17 Ein Aquädukt, der dem in Garwän erforschten in Aufbau und Gestaltung entspricht, stellt die Bewässerung des einen Hügel bedeckenden Gartens über eine Reihe von Kanälen sicher. Am höchsten Punkt des Geländes ist ein pavillonartiges Gebäude zu sehen, das durch seine Säulenvorhalle charakterisiert ist. Die unterschiedlichen Baumtypen, die abgebildet sind, dürften den
in den Texten beschriebenen 'Universalcharakter' der Gärten symbolisieren. Sämtliche Bestandteile dieser Darstellung entsprechen denjenigen, die in den Königsinschriften in Verbindung mit den Gärten genannt werden. 18 Die dort beschriebene Ansiedlung wilder Raubtiere vor allem Löwen ist Thema eines weiteren Reliefs aus dem Nordpalast (Abb. 7). 19 Hier finden sich Motive, die sowohl in Verbindung mit botanischen Ziergärten als auch mit Tierparks stehen. Der König ist auf einem anderen Bild - dem der sogenannten 'Gartenlaubenszene' - inmitten seines Gartens bei einem Festmahl zu sehen (Abb. 8). 20
182
11 uwiseman 1983, 137ff. ' 0ates 1968, 52; Reade 1978, 173ff. 15 Fauth 1979, 1fT.; Galter 1989, 242; Stronach 1990, 17lff.; Winter 1993, 34. 16 17 0ppenheim 1965, 328fT. 0rthmann 1975, 324.
Abbildung 6: Parklandschart mit Aquädukt, Ninuwa, Zeit des Assur-bäni-apli (668 -631 v .Chr.); aus: W. Orthmann 1975, Abbildung 240.
IRNov;\k 1996, 343fT. worthmann 1975, 325.
19
0rthmann 1975, 325.
183
184
Die orientalische Residenzstadt
M. Novak
85
stellte. 21 Sowohl in ihrer formalen Gestaltung wie in der funktionalen Bedeutung beeinflußten die zweigeteilten assyrischen Gärten die achämenidischen paradeisos-Anlagen, die in den hortikultureilen Aktivitäten der Säsäniden und "Abbäsiden fortlebten.
Abbildung 7: Parklandschaft mit Löwen, Ninuwa, Zeit des Assur-bäni-apli (668 -631 v.Chr.); aus: W. Orthmann 1975, Abbildung 246.
Abbildung 8: Sogenannte 'Gartenlauhenszene', Ninuwa, Zeit des Assur-bäni-apli (668 -631 v.Chr.); aus: W. Orthmann 1975, Abbildung 247.
Auffälligerweise waren die aus allen Weltteilen stammenden Pflanzen des Gartens ebenso Thema der offiziellen, programmatischen Prunkinschriften wie die alle Regionen repräsentierenden Tiere im Park. Garten und Park erhielten dadurch eine propagandistisch genutzte ideologische Dimension. Dabei standen die beiden wichtigen Funktionen des assyrischen Königs als 'Gärtner' einerseits und als 'Jäger' andererseits im Vordergrund. Die Anlage der Gärten selbst sowie ihre Beschreibung in den Prunkinschriften und ihre Abbildung auf den Wandverkleidungen der Paläste trugen diesem alt-mesopotamiseben Herrscherverständnis Rechnung. Es ist sicherlich kein Zufall, daß parallel zur Anlage solcher Gärten damit begonnen wurde, in der Palastarchitektur einen Bezug zur Landschaft umzusetzen, indem man einen visuellen Kontakt zwischen Palast und Garten her-
Die äußere Form assyrischer Residenzstädte zeigte sich zumeist als regelmäßiges Rechteck. Sie erleichterte die klare innere Gliederung der Stadt. Gleichzeitig konnte auf diese Weise nach außen hin die festgesetzte und vom König als Beauftragtem der Götter strukturierte Weltordnung mit den 'Vier Weltecken' dargestellt werden. Herausragendes innerstädtisches Element war die Hauptzitadelle, die als Standort für den dominierenden Königspalast das äußere Symbol des 'Königtums' und der Herrschaft22 - und die zentralen Kultbauten des Ortes diente und deutlich abgesetzt an der Peripherie der Stadt lag. Die unmittelbare architektonische Nähe von Palast und Sakralzentrum symbolisierte - wie schon in Assur - die Position des Königs als höchster Priester des Staates. Die Zitadelle selbst ist städtebaulich als Ausdruck einer hierarchisch gegliederten und absolutistisch regierten, urbanen Gesellschaft mit einer primär nichtagrarischen Erwerbsstruktur zu interpretieren. Sie schuf eine deutlich formulierte Distanz zwischen der königlichen
11
Novak 1996, 335ft'.
nwinter 1993, 38.
186
M
Novak
und der sakralen Sphäre einerseits sowie derjenigen der Stadtbevölkerung andererseits. Dabei blieb ein visueller Kontakt zwischen Königspalast und Außenwelt erhalten. Zunehmend dominierte der durch seine Dimensionen und seinen Standort hervorgehobene Palast das Stadtbild. Gerade die Entstehung der Zitadelle deren Vorstufe bereits in Kär-Tukulti-Ninurta erkennbar ist und die ansonsten in Assyrien und Babylonien vor dem ersten Jahrtausend v. Chr. unbekannt war schuf eine deutlich akzentuierte Separierung der 'gewöhnlichen' Stadtbevölkerung von der Sphäre des Herrschers, der - gewissermaßen mit den Göttern der Stadt vereint - in seiner eigenen, höher gelegenen 'Stadt in der Stadt' wohnte. Von der Wohnstadt aus gesehen lag dabei der Palast mitsamt dem Tempel des Stadtgottes und der Ziqqurat am weitesten entlegen und stellte somit eine schon fast mythische, weit erhobene Einheit dar. Von außen bot sich das Bild einer hoch den Fluß und die königlichen Gärten überragenden, auf den Stadtmauern schwebenden und unerreichbaren Sphäre mit prachtvoll ausgestattetem Palast-Tempel-Ensemble, unter und hinter dem sich die riesige Metropole erstreckte. Ein in Ninuwa gefundenes Orthostatenrelief verdeutlicht diese Situation (Abb. 9): Den unteren Raum des Bildes nimmt die Darstellungzweier parallel verlaufender Stadtmauern mit erhöhten Türmen ein. Die sichtbaren Abschnitte der Fortifikationsanlagen inklusive der Türme werden von Zinnen bekrönt. In der unteren Mauer, die aufgrund ihrer geringen Höhe niedriger erscheint als die darüber liegende, ist ein überwölbter Tordurchgang mit einer zweiflügligen Tür eingelassen. Die durch ihre größeren Dimensionen hervorgehobene obere Mauer läßt sich aufgrund der deutlich erkennbaren Überschneidung durch die untere als hinter dieser liegend ansprechen. Offenbar nutzte der Bildhauer dieses künstlerische Mittel zur Darstellung der räumlichen Tiefe. Eine perspektivische Verkürzung wurde hingegen nicht erwirkt. Die Grabungen an den Fortifikationsanlagen von Ninuwa brachten eine niedrigere, äußere Vormauer und eine deutlich höhere und breitere Hauptmauer zum Vorschein. Offenbar ist eben diese architektonische Gestaltung auf dem Relief dargestellt. Über dem doppelten Fortifikationssystem ist eine weitere, identisch geformte Mauer wiedergegeben, über der ein Gebäude abgebildet ist. Dieses besteht aus zwei sichtbaren, gleichförmigen Teilen, die jeweils zwei Pilaster erkennen lassen, zwischen denen je zwei offenbar rund zu ergänzende Stützsäulen auf Trägerfiguren eine weite Zugangshalle unterteilen. Es handelt sich hierbei offenbar um die Darstellung zweier Baukörper, die mit den in Inschriften genannten brt !Jiläni zu identifizieren sein
Die orientalische Residenzstadt
187
dürften. 23 Aufgrund des Kontextes, in dem das Orthostatenrelief angebracht war, läßt sich die abgebildete Stadt als Ninuwa selbst identifizieren. 24 Die unteren beiden Mauern auf dem Bild wären demnach mit den beiden Stadtmauern, die obere möglicherweise mit einer Blendmauer der Zitadelle oder mit der Außenmauer des gesamten Palastkomplexes gleichzusetzen. Das darüber sichtbare Gebäude dürfte als Königspalast anzusprechen sein: Die westliche, zum Tigris hin gewandte Fassade des Südwestpalastes Sln-ahhe-erThas wird in der dargestellten Form rekonstruiert. 25 Es ist daher anzunehmen, daß eine tatsächliche Wiedergabe der von außen gesehenen Stadt mit ihrem
Abbildung 9: Über den Stadtmauern von Ninuwa('l) 'schwebender' Palast, Ninuwa, Zeit des A~sur-bäni-apli (668 -631 v .Chr.); aus: W. Orthmann 1975, Abbildung 241.
21
25
Noväk 1996, 340ff. Noväk 1996, 347L
Horthmann 1975, 324.
188
M Novak
Die orientalische Residenzstadt
189
die Mauern überragenden Palast erfolgen sollte. Hierfür spricht auch, daß in unmittelbarer Nähe dieses Reliefs dasjenige angebracht war, auf dem die Parklandschaft mit dem Aquädukt (Abb. 6) dargestellt war. Der gesamte Zyklus, zu dem die beiden Bilder gehörten, hatte offenbar die Stadt Ninuwa mit ihren von außen sichtbaren Bestandteilen zum Thema. Die auf architektonischen Beobachtungen und Auswertungen der Textquellen basierenden Rekonstruktionen, die in vorliegendem Aufsatz dargelegt wurden, werden durch die Bildkunst gestützt. Die große Distanz, die durch die beschriebenen, architektonischen Gestaltungsmittel zwischen den 'gewöhnlichen' Menschen und dem fast überirdisch anmutenden Bereich des mit den Göttern auf einer Ebene gesehenen Königs hervorgerufen wurde, diente der propagandistischen Umsetzung klarer ideologischer Konzepte. Eine zweite, kleinere Zitadelle beherbergte den Arsenalspalast, nicht aber sakrale Bauwerke. Große, gradlinig verlaufende und besonders akzentuierte Straßen dienten als kultische Prozessions- und militärische Paradewege. Wie vor allem am Beispiel Dür-Sarrukens zu sehen ist, dienten die Metropolen mit ihren Zitadellen, dem beherrschenden Palast sowie den weitläufigen Gärten - in Nachfolge der mythischen ersten Stadt der Menschheit, Eridu26 - als Symbol zivilisatorischer, schöpferischer, gottgeführter Kraft des Königs. Stärker als in Kal!}u und Ninuwa war dabei die von Dür-Sarruken symbolisierte Weltordnung auf den Herrscher zugeschnitten, dessen Stellung architektonisch im Stadtbild selbst den Göttern gegenüber in den Vordergrund gestellt wurde: Seine Einbindung in eine fast mythische Sphäre wurde dadurch akzentuiert, daß gerade die Paläste - und nur sie, nicht die Kultbauten - die klare, geometrische Form der Stadt sprengten und so dem gesetzten Rahmen der irdischen Welt geradezu entrückt ware11. 5. BÄBILI ALS METROPOLE DES SPÄTBABYLONISCHEN REICHES
Nach dem Untergang des assyrischen Reiches wurde Bäbili, die alte kulturelle, ökonomische und politische Hauptstadt Babyloniens, von den neuen, kaldäischen Herrschern zur Metropole eines Großreiches ausgebaut (Abb. 10). Wie bereits E. Heinrich darlegen konnte, wurden traditionelle babylonische mit adaptierten assyrischen Stadtbauformen kombiniertY Gemäß altüberkommenen regionalen Planprinzipienlag - dem babylonischen Weltverständnis entsprechend - das Hauptheiligtum des Nationalgottes Marduk im
26
Matthiac 1994, 29ff.
11
Hcinrich 1976, 173fl.
QZitadelle §!Flußlauf oder Kanal • Palast
. "f
TSakralbau
'h:- -
.:tfJm
Abbildung 10: Bäbili (Zeichnung G. Elscn-Novak).
Garten
M Novak
Die orientalische Residenzstadt
Zentrum der Stadt. Auf dieses waren sämtliche Verkehrsstränge ausgerichtet. Der assyrische Einfluß spiegelte sich in der Anlage einer den rechteckigen Stadtgrundriß sprengenden, peripher gelegenen und künstlich überhöhten Zitadelle wider, auf der sich nun ausschließlich der königliche Palast mit den angeschlossenen Gärten befand. Somit verfügte die Stadt über zwei prominente, intraurbane Pole. Ein Bezug zwischen beiden wurde hergestellt, indem der Königspalast aus dem ansonsten vorherrschenden Axialsystem gedreht wurde und so eine Ausrichtung zum Kultzentrum erhielt: Die von der Achse zwischen dem Hauptzugang zum Thronsaal und der Thronnische gebildete Flucht lief direkt auf den Etemenanki, die Ziqqurat des Marduk, zu. Architektonisch wurde dadurch erstmalig in Babylonien ein deutlich akzentuierter Kontakt zwischen sakralem Zentrum und königlichem Repräsentationsbau hergestellt. Der rechteckige, geometrische Grundriß der Stadt scheint die Weltordnung zu symbolisieren, deren Mittelpunkt von Bäbili gebildet werden sollte. Die babylonische Vorstellung der 'Vier Weltecken' spiegelte sich wie schon bei den älteren assyrischen Metropolen in der Stadtform wider. In der städtebaulichen Umsetzung ideologischer Vorgaben bediente man sich teilweise ähnlicher räumlicher Gestaltungsmuster wie die assyrischen Stadtplaner, doch die anders geartete Stellung des Herrschers gegenüber Marduk mit seinem im Mittelpunkt der Stadt und des Universums stehenden Tempel führte zu einer abweichenden intraurbanen Ordnung.
orientierten Formen. Bei diesen erlaubt vor allem die dem Palast Vorbehaltene, peripher gelegene Zitadelle einen wichtigen Einblick in das Selbstverständnis der Herrscher. Mit den Parthern verbreitete sich das im Alten Orient bereits bekannte Muster der 'Runden Stadt', in deren Zentrum der dominierende Sakralbereich der Stadt oder der Königspalast lag. Beispiele bilden unter anderem die halbautonome mesopotamische 'Kultstadt' Hatra und -deutlicher noch -die Statthalterresidenz Darabgird in Iran. Das städtebauliche Prinzip der 'Runden Stadt' wurde von den Säsäniden übernonunen und mit extramuralen, königlichen 'Gartenresidenzen' in der Tradition achämenidischer Anlagen kombiniert. Vor allem die erste Residenzstadt des Reichsgründers Ardaslr I. (224- 239 n. Chr.) Flrüzäbäd oder Ardaslr-Ijurre (Abb. 12)- folgte dem Vorbild Darabgirds. Im exakten Zentrum der streng geometrisch angelegten, runden Stadt lag ein Turm, der als
190
6. JÜNGERE RESIDENZSTADTGRÜNDUNGEN Auch in den folgenden Jahrhunderten wurden im Orient großflächige, prachtvoll ausgestattete Residenzstädte angelegt. Jede einzelne symbolisierte auf ihre Weise das ideologische Konzept des ihr zugrundeliegenden politischen Systems. So stellte beispielsweise die achämenidische 'Gartenresidenz' Pasargadae (Abb. 11) mit ihren in weitläufigen paradeisoi freistehend arrangierten Apadanabauten den bereits in assyrischer Zeit entwickelten Aspekt des königlichen Jägers und Gärtners in den Vordergrund. 28 In der formalen Gestaltung der Stadt und ihrer Bauwerke ist das assyrische Erbe deutlich spürbar. 29 Seleukidische Gründungen wie Seleukia am Tigris oder Antiochia und Apameia am Orontes kombinierten westliche Gestaltungsprizipien wie den sogenannten 'hippodamischen Grundriß' mit mesopotamischen, an Bäbili
2
MStronach 1990, 174 fl.
29
Novak 1996, 350fT.
Abbildung II: Die Gartenresidenz in Pasargadae; aus: T.S. Kawami 1992, 89, Abh. 31.
191
M Novak
192
.
T
T
. T
"f
N
[] Zittdelle
t
0 I
Die orientalische Restdcnzstadt
800m
§] Flußlauf oder Kanal
....
II Palast Y Sakralbau
Abbildung 12: Arda~lr-!Jurrc (Zeichnung G. Elscn-Novak).
193
beherrschender Teil eines Palastes gedeutet wird 30 Die vier auf das Zentrum zulaufenden Hauptachsen sowie einige ringförmig angelegte Quartierverbindungswege gliederten die Wohnbezirke in streng geometrisch geformte Sektoren. Trotz des innerstädtischen Repräsentationsbaus ließ sich der Herrscher nahe der Stadt in der Ebene einen extramuralen, sich auf einen Quellteich hin öffnenden und vermutlich kultischen Zeremonien dienenden 'Gartenpalast' sowie zwei Festungen im nicht weit entfernten Gebirge erbauen. Die runde, vermutlich mit Veh-Ardaslr zu identifizierende Stadt im Bereich Ktesiphöns am Tigris mit den nahegelegenen, ausgedehnten Gartenbereichen folgte dem gleichen Schema wie das unwesentlich ältere ArdasTr-tiurre und beeintlußte nachhaltig die Form des jüngeren Bagdäds. Den letzten Höhepunkt der orientalischen Residenzstadtbaukunst stellten die früh-"abbäsidischen Gründungen Bagdäd und SämarräJ, die andalusisch"umayyadischen Anlagen Madlnat az-ZahräJ und Madlnat az-Zähira bei Qurtüba (C6rdoba) sowie das fätTmidische al-Qähira (Kairo) dar. Vor allem die runde Stadt Bagdäd (Abb. 13), die den programmatischen Namen madrnat as-saläm "Stadt des Friedens" erhielt, läßt eine geschickte städtebauliche Verknüpfung säsänidischer Formen mit Prinzipien erkennen, die in den frühislamischen Lagerstädten entwickelt wurden: Ähnlich wie ArdasTr-tiurre symbolisierte Bagdäd die kreisförmig vorgestellte Weltscheibe, in deren Zentrum die ordnende Kraft des Herrschers dargestellt durch seinen Palast - angesiedelt war. Die vier Weltrichtungen wurden in beiden Städten durch vier Tore und vier auf den Mittelpunkt zulaufende, gerade Straßen sichtbar gemacht. Die Wohnbezirke waren durch die Hauptachsen und durch konzentrisch angelegte Verkehrswege in gleich große Sektoren unterteilt. In der engen räumlichen Nähe von Palast und Moschee äußerte sich dagegen die besondere Funktion des Kalifen als des menschlichen Vertreters des Propheten Mul.1ammad, der als imäm der islamischen umma "Gemeinde" vorstand. Das Prinzip des zentral gelegenen, von einer großen FreiBäche umgebenen Gebets- und Versammlungsgebäudes war bereits in den frühesten, von den muslimischen Eroberern gegründeten am~·är "Lagerstädten" wie Küfa und Ba~ra umgesetzt worden. 31 In unmittelbarer Nähe zur Moschee befand sich dort der där al-"imära genannte Statthalterpalast. Selbst in der "umayyadischen Hauptstadt Damaskus behielt man dieses Muster bei. Durch den religiös bedingten, städtebaulichen Zwang dieser Anordnung von Palast und Gebetshaus, der in einer unmittelbaren Beziehung zum frühislamischen Herrscherverständnis stand, ergab sich auch der grundlegende Unterschied zwi-
.l
11
Aisayyad 1991, 55ff.
194
Die orientalische Residenzstadt
M. Novak
195
sehen Bagdäd und seinen säsänidischen Vorbildern: Die Hauptmoschee lag hier - wie in den am~är in unmittelbarer Nähe des Kalifenpalastes. Das där al-Jimära "Haus der Herrschaft" der Lagerstädte wurde durch das där al-ljiläfa "Haus des Kalifates" ersetzt. Darüber hinaus verfügten die cabbäsidischen Herrscher wie ihre säsänidischen Vorgänger - über extramurale Gartenpaläste. Der bedeutendste von ihnen mit Namen 'al-ljuld' fungierte lange Zeit als tatsächliche Residenz des Kalifen. Geometrisch geformte, botanische Ziergärten wurden ebenso angelegt wie weitläufige Tierparks, die als Schauplatz der herrschaftlichen Jagden dienten. Im Gegensatz zu allen übrigen frühislamischen Residenzstädten wies das 836 n.Chr. gegründete SämarräJ, das den programmatischen Namen surra man ra:'ä "Freude des, der es sieht" erhielt, keine geometrische Form auf. Es besaß nicht einmal eine einfassende Stadtmauer. Tatsächlich sollte diese scheinbar 'unförmige' Riesenmetropole auch nie als echte Haupt-Stadt fungieren. Vielmehr war sie als caskar "Heerlager" konzipiert worden, in das sich der innenpolitisch bedrohte Kalif - geschützt durch seine zumeist türkischen Militärsklaven zurückzog. 32 Zwar ließen schon die Dimensionen der Gesamtanlage, ihrer Bauwerke und der ausgedehnten Gärten und Tierparks den imperialen Herrschaftsanspruch des Kalifen erkennen; eine tatsächliche, symbolisch dargestellte Weltordnung sollte sie als Stadt jedoch im Gegensatz zu Bagdäd - nicht verkörpern. 7. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
[J
ZitadeUe
I§
Rußlauf oder !<Jmal
1111 Palast
'V Sakralbau
4 Garten
Die Zeit zwischen dem 14. Jahrhundert v.Chr. und dem 10. Jahrhundert n. Chr. wurde geprägt durch eine Anzahlmehr oder minder zentralistisch organisierter Territorialstaaten, in denen dem absoluten, universalen Herrschaftsanspruch des politischen Systems durch die Anlage monumentaler Residenzstädte Ausdruck verliehen werden sollte. Die sehr unterschiedlich geprägten ideologischen Konzeptionen, die dabei als Grundlage dienten, bedingten auch ausgesprochen individuelle, systembezogene Stadtformen und Planprinzipien. Vor allem die äußere Gestaltung und die innere räumliche Ordnung der jeweiligen Metropolen können als Kriterien zur Analyse der städteplanerischen, politischen Aussagen fungieren. Trotz der stark variierenden Stadtformen, die die Erfassung eines kultur-und epochenübergreifenden Idealtyps 'der' orientalischen Residenzstadt verhindern, ist bei allen Anlagen eine strukturelle Gemeinsamkeit vorhanden: Sämtliche politischen Systeme des
Abbildung 13: Madlnat as-Saläm I Uagdäd (Zeichnung G. Elsen-Noviik auf der Grundlage von 0. Grabar 1977, Abh. 10 und N. Alsayyad 1991, Abb. 5.9). '
1
Novak 1995, 431f.
196
M. Novak
Orients, die im besagten Zeitraum entstanden und über die entsprechenden ökonomischen Möglichkeiten verfügten, faßten den Städtebau als politische Aufgabe und als propagandistische Methode der Legitimation auf. Die Stadtbaukunst wurde so zu einem effektiven und programmatischen Instrumentarium der Machterhaltung.
Die orientalische Residenzstadt Novak, M. 1995 Novak, M. 1996 Oates, D. 1968 Oppenheim, L.A. 1965 Orthmann, W. 1975 Pecorella, P.E. 1994
LITERATUR
Alsayyad, N. 1991 Braunfels, W. 1987 Donadoni, S. 1994
Fauth, W. 1979 Galter, H. 1989 Grabar, 0. 1977 Heinrich, E. 1976
Hofmeister, B. 1980 Kawami, T.S. 1992
Kühne, H. 1994
Lichtenberger, E. 1986 Matthiae, P. 1994
Mazzoni, S. 1994
Cities and Caliphs. New York - Westport - London. Abendländische Stadtbaukunst. Köln. 4. Auflage. Erstdruck 1976. Le citta regali del Nuovo Regno. In: S. Mazzoni (Hrsg.), Nuove Fondazioni nel Vicino Griente Antico: Realta e Ideologia, Seminari di Orientalistica 4, 165-174. Pisa. Der königliche Gärtner und Jäger im Paradeisos. In: Persica 8, 1-53. Paradies und Palmentod. In: Grazer Morgenländische Studien 2, 235-253. Die Entstehung der islamischen Kunst. Köln. Der Sturz Assurs und die Baukunst der Chaldäerkönige in Babylon. In: Archäologischer Anzeiger 1976, 166 -180. Stadtgeographie. Braunschweig. 4. Auflage. Erstdruck 1969. Antike persische Gärten. In: M. Carroll-Spillecke (Hrsg.), Der Garten von der Antike bis zum Mittelalter, 81-99. Mainz. The Urbanization of the Assyrian Provinces. In: S. Mazzoni (Hrsg.), Nuove Fondazioni nel Vicino Griente Antico: Realta e Ideologia, Seminari di Orientalistica 4, 55 -84. Pisa. Stadtgeographie. Begriffe, Konzepte, Modelle, Prozesse. Stuttgart. Da Nimrud a Khorsabad. In: S. Mazzoni (Hrsg.), Nuove Fondazioni nel Vicino Griente Antico: Realta e Ideologia, Seminari di Orientalistica 4. Pisa. Aramaean and Luwian New Foundations. In: S. Mazzoni (Hrsg.), Nuove Fondazioni nel Vicino Oriente Antico: Realta e Ideologia, Seminari di Orientalistica 4, 319-340. Pisa.
Reade, J. 1978 Stronach, D. 1990 Stronach, D. 1994
Trümpelmann, L. 1992 Winter, 1.1.1993
Wiseman, D.J. 1983
197
Die Sämarrä 0 -Zeit als Wendepunkt der islamischen Geschichte. In: Das Altertum 41, 43-60. Der Landschaftsbezug in der orientalischen Palastarchitektur. In: Altorientalische Forschungen 23/2,335-378. Studies in the ancient History of Northern Iraq. London. On Royal Gardeos in Mesopotamia. In: Journal of Near Eastern Studies 24, 328-333. Der Alte Orient, Propyläen Kunstgeschichte 14. Berlin. Nuove fondazioni ad oriente dello Zagros in eta Urartea. In: S. Mazzoni (Hrsg.), Nuove Fondazioni nel Vicino Oriente Antico: Realta e Ideologia, Seminari di Orientalistica 4, 309-318. Pisa. Studies in Assyrian Geography. In: Revue d' Assyriologie 72,47-72 und 157-180. The Garden as a political Statement. In: Bulletin of the Asia Institute, New Series Volume 4, 171-180. Viilage to Metropolis. In: S. Mazzoni (Hrsg.), Nuove Fondazioni nel Vicino Oriente Antico: Realta e Ideologia, Seminari di Orientalistica 4, 85-114. Pisa. Ardaschir und Firuzabad. In: Zwischen Persepolis und Firuzabad, 63 -71. Mainz. "Seat of Kingship" I "A Wonder to behold": The Palace as construct in the ancient Near East. In: Ars Orientalis 23, 27-55. Mesopotamian Gardens. In: Anatolian Studies 33, 137 -144.
CHANGE AND CONTINUITY IN THE ANIMAL FOOD RESOURCES IN BRONZE AGE TOWNS OF THE ORIENT
A.T. Clason and H. Buitenhuis, Groningen 1
INTRODUCTION
According to 'The concise Oxford dictionary of current English, fifth edition', the Orient is: 'The East or countries East of the Mediterranean'. More precisely, we will discuss data from three major areas: I the Levant, i.e. Israel, Jordan and the Lebanon, II northern Syria, 111 southeastern Turkey and as a small excursion from these main areas, the Khur River Basin in southwestern Iran (Fig. 1). In discussing the animal food resources in Bronze Age towns we have to realise that the provisioning of towns is done by the countryside. The faunal remains from towns therefore reflect a composite of food resources which cannot be separated out. In our discussion we shall therefore focus on a more general picture of the exploitation of animal food resources in this period of ernerging and developing towns, cities and states (Pfälzner, this volume). We cannot pretend to have read every published or unpublished report on faunal remains from Bronze Age towns in the Orient. But we have gathered enough data to be able to present an overview of what is currently known (Table 1). A major problem, which also relates to earlier and later periods, is that only small parts of the towns and other sites in the Orient have been excavated. To our knowledge there is not a single site that has been completely excavated layer by layer. As a result, it is difficult to observe changes over a short time span within a site or chronologically between sites.
1 Biologisch-Archaeologisch Instituut, Depanmenl of Archaeology, Rijkuniversiteil Groningen, Postsiraal 6, 9712 ER, Groningen, The Nelherlands.
A T. Clason & H. Bu i tenhu 1s
200
Change and Continuity in the Anima! Food Resources
201 IRAN
Tal-e Malyan shccp/goat
100
"
' ,
U,
S.
S.
R.
HO '
T
U R K E
-' '_I'" ',,\
"~-
Y
lI
60 40
' ----,.; '
I
20 "---, __.·\--~~~
'••, '
(
'- ...
S
--!,
Y
R
I
,_ ... ; .'
A
100
'' '
80
'
I' I
I
',
I
(/MAID
R
A
N
I
60
I
El- LOZ
'\
1/ J
I
-,
'
,_' '
'I I
''
I
''
I
R
A
tlO
',, '-\
0
I
,()
20
'
I I
\\
~
\
I
() L_--~~L-~-----~~~~~~~~~~~~BL~~~~~~7~~~~-~ ~
0
SAUDI-ARABIA
~
/
0
IRAN Tal-e Malyan eattlc
I
JOO
I
~m
I __. ... ...,....,
,
.............
I
I
I
a
""
I
10
IRAN 'Ihl-e Malyan
8
pig
Fig. I. Locations of the sitcs mcntioncd.
Zeder ( 1991) has tried to work out faunal differences between various locations and layers in the urban site of Tal-e Malyan in the Khur river basin in southwestern Iran. With the proposed models however it was difficult to interpret the faunal remains collected during the excavation. Tal-e Malyan was probably not the right site for an experiment of this type, because in the Chalcolithic, Early Bronze Age and the Early Iron Age the majority of the bones belonged to sheep and goat, with low percentages of cattle and hardly any pig remains (Fig. 2). Remains of wild species were scarce (Fig. 3). lt is also difficult to gain insight into the animal food resources in the Orient from written sources, although these can give very useful information on details concerning the age and sex ofanimals. Zeder (1991) analysed the administration records of the centrat depot of Drehem for the acquisition and
,, 2
pcriod:
AlB
ll
B/C
c
C/D
D
[)/I(
Fig. 2. Pcrccnlagcs of lhc numbers of fragmcnls in the layers of Tal-e Malyan in Iran. (N sum of shccp, goat, cattlc, pig; numbcrs rcfcr to site-numbcrs in Tablc I).
A.T. Clason & H. Buitenhuis
202
Change and Continuity in the Anima! Food Resources
203
SHEEP, GOAT, CATTLE, PIG 100
il
80
IRAN
I
t
Tal-e Malyan
J
;l·'
60
'I
,.
40
,,i
l
i,,JI
20
I.
0
I .Cl
"'g
V
A
.Cl
~
'@
V
Cl
~
CQ
pcriod
··~
AlB
B
B/C
c
C/D
[)
D/E
Fig. 3. Percentages of dornestic and wild rnamrnals in the layers of Tal-e Malyan in Iran. (numhers refer to site-nurnhers in Tahle 1).
redistribution of cattle, sheep, goat, donkey and horse for the Sumerian Kingdom of Ur Ill, which flourished from 2150 to 1950 BC. These transactions were meticulously administrated. However, pigs were not included in the administration and wild species were only occasionally referred to. Our data on the animal food resources of the Bronze Age towns in the Orient come from studying the animal remains from a number of sites and from reading bone reports. We are discussing percentages of domestic species based on the number of bones. We have disregarded the weight of bones which can give additional data about approximate meat weight, as these are given in only a few bone reports. Minimal Number of lndividuals (MNI) as represented by these bones is also excluded. The MNI has the disadvantage that there is no standard· way to calculate the MNI. Therefore MNI cannot be used in interlayer or intersite comparisons. The overall picture obtained from the animal bones from 30 sites or 37 layers or Stratigraphie units in the Orient is that the Bronze Age towns had a diet based on the consumption of cattle, sheep, goat and pig. When considering the percentages we have to keep in mind that one cow, bull or steer provieles approximately the same meat weight as four or five sheep, goats, or pigs.
Although the diet is based on sheep, goat, cattle, pig, these species were not consumed in equal proportians in the three areas. In the Levant, sheep, goat and cattle are the mostabundant food animals, but pig is always present (Fig. 4-6). In northern Syria sheep and goat are the main food animals, with cattle in second place and pig only in very low percentages. In southeastern Turkey sheep and goat are less dominant and pig is found in lügher percentages. In the Khur basin in Iran, sheep and goat were the principal food animals (Fig. 2). The percentages are based on the total number of remains of sheep, goat, cattle and pig. The proportians in which sheep, goat, cattle and pig are found show that the ratios are to a !arge extent eiependent on the environment. In the north of Syria and in the southwest of Iran the climate is drier than in southeastern Turkey and the Levant, the Biblical 'land of milk and honey'. Milk and dairy products, although probably of some importance, are not considered in this paper. There are not only slight differences between the areas, but in each area we may also tentatively observe a similar trend of increasing importance of cattle in the Early Bronze Age, a stabilization in the Middle Bronze Age, and possibly a decrease in the Late Bronze Age. A model proposed by Zeder ( 1994 ), Hesse ( 1990) and others suggests that in these areas the utilization of cattle intensifies with an increase in wider regional organisation, such as the development of towns, cities and states. At the same time the model states that pigs are used mainly locally and therefore increase in importance when the regional authority loses influence and Iocal self-organisation becomes more prominent. The first part of this model seems to fit in the three regions, taking into account the local environmental restrictions. The second part of this model, relating to the rote of pig, is much less clear and may therefore be more of a local phenomenon than part of a structural trend.
SOUTI lEAST TURKEY
100 80
SOUTIIEAST TURKEY
GO
40
100
!00 80
GO
0
205
Change and Continuity in thc Anima! Food Resources
A.T Clason & H Buitenhuis
204
40
25
27
NORTH SYRIA
80
GO
NORTH SYRJA
100 80 (J()
40
20 ()
40 20 10 {)
100
2... 7.__._
Lu..~u~~~~_____ 1.1_--------,._
_..,.1211
•
11201XI32311JI3101,1
••
1~17157.01HI9
1315111H
LEVANT
100
80
40 20 ()
period
Fig. 4. Perccntagcs of thc numbers of fragmcnts of shcep and goat in thc various sitcs. (N = sum of sheep, goat, caltlc, pig; numbers rcfer to sitc-numbcrs in Table I.
A
AlB
ll
B/C
C
C/D
D
DIE
Fig. 5. Percenlagcs of the numhers of fragments of cattle in the various sitcs. (N = sum of shecp, goat, cattle, pig; numbers rcl'cr to site-numbers in Table I).
206
AT Clason & H. Buitenhuis
Change and Continuity in the Anima! Food Resources
207
HUNTING, INTRODUCTION OF NEW SPECIES AND BREEDS
SOUT11EAST TURKEY
50 40 30 20
10 0 24 24
• 27 •
27
40
NORTHSYRIA
30
20
10 ()
40
LEVANT
30 20
10
()
I I
pcriod
A
AlB
B
B/C
C
CID
D
DIE
Fig. 6. Pereentagcs of the numhers of fragments of' pigs in the various sitcs. (N == sum of' shecp, goat, eattle, pig; numhcrs rcf'cr to site-numhcrs in Tahlc I).
Remains ofwild mammals, birds, reptiles, amphibians, fishes and molluscs were encountered in many sites. These were generally found insmall numbers and therefore are unlikely to have contributed much to the diet of the inhabitants of Bronze Age cities in the Orient. They might however have enlivened the cuisine now and then as luxury foodstuffs, or have provided other luxuries such as furs. A problern with the interpretation of these remains is timt while most archaeozoologists will identify wild mammal species only a few of our colleagues have identified remains of birds, fish and small creatures. For the identification of these groups we need good reference collections, which are often not available. Therefore we have for this overview counted only the numbers of recovered and identified wild mammal species. The largest number of species was found in southeastern Turkey: thirteen. In both the Levant and northern Syria the numbers of wild species rang es from one to twelve (Fig. 7- 8). Interesting features in a bone assemblage are conspicuous game species, the introduction of new species or the introduction of new forms of domestic species, or a new way of using domestic species. We are speaking of the hutlting of elephants, the introduction of domestic fowl, of zebu or humped cattle, and of donkey, horse and dromedary as pack-animals. These features will be discussed separately. As already mentioned, hmlting was economically of no importance in the Bronze Age towns and cities of the Orient, in contrast to the preceding period of the Chalcolithic, in which some sites show that hunting could be a major source of animal products (Zeder, in press). The record on wild species is very incomplete. Regularly hunted mammal species are: gazelle, onager, deer, bare and fox. Other species occur only sporaclically. All huntecl mammal species generally coulcl have been found in the surroundings of the cities, except for the following three: I. beaver Castorjiber. Finds of beaver in northern Syria, in Halawa, Hadidi and EI Qitar are surprising ancl very rare. The few fincls in the Bronze Age suggest a fairly unspoilt and undisturbecl, wet river-valley system. 2. brown bem· Ursus aretos. The fincls of brown bear in northern Syria, in Halawa and EI Qitar are again somewhat surprising. The species dicl not occur in the Iower foothills or steppe areas, but belonged to the higher hills
209
Change and Continuity in the Anima! Food Resources
A.T. Clason & H Buitcnhws
208
SOUTI!EAST TURKEY
100 wild
SOUTIIEAST TURKEY
14
80
12
GO
10
domcstic
8
40
6
20
4
2
0
2925
28
25
2527282926
24 24
27
27 0L,JIIIIUIIII..__-,JIIIIL-;-_...-~~
29 25
28
25
25 27 28 2926
24 24
27
27
NORTH SYRTA
100
NORTH SYRIA
14
80
12 10
60
8 40
()
4
20
2 0
0
14 17 15 20 18 19
13151118
22
'I 14 171520 2819
13151118
II 20 18 13 23 16 13 I0 14
222218211211
LEVANT
100
LEVANT
14
12
80
10
60
8 6
40
4
-- domcstic
20
2 0
0 pcriod
A
4 5 9
l I 8 3/4 6
2
AlB
13
B/C
C
<)
CID
5 6
<)
D
Fig. 7. Perccntages of' domestic and wild mammals in the various sites. (numhers rclcr to site-numhcrs in Tahle I).
7
D/E
pcriod
A
A/l:l
ll
B/C
C
C/D
[)
Fig. 8. Number of species of' wild mammals in the various sites. (numbers ref'er to sitc-numbers in Table I).
D/E
210
A.T. Clason & H. Buitenhuis
Change and Continuity in the Animal Food Resources
of the Taurus and Lebanon mountains. How these bear remains came to northern Syria is as yet unexplained. 3. Elephant - . Elephants are mentioned in texts in the tomb of Rekmere in Egypt and on the stele of Thutmosis III (c. 1464 BC) as native to the Euphrates valley (Benecke, 1994). Becker (1994) mentions fifteen sites with elephant remains. The following are known from the sites under discussion. Fragments of elephant bones have come from the Late Bronze Age layers at Kamid ei-Loz in the Levant (Bökönyi, 1990), from the Early and Late Bronze Age layers ofMunbaqa (Boessneck and Von den Driesch, 1986) and from the Late Bronze Age layers of EI Qitar (Buitenhuis, 1988) in northern Syria. Bökönyi is of the opinion that the remains of Kamid ei-Loz probably belonged to the African elephant, Loxodonta africana, because in the Bronze Age Kamid ei-Loz was under heavy Egyptian influence. This might mean, that the bones belonged to an animal imported from Egypt, in which case the animal could have been domesticated or at least tamed. Buitenhuis (1988) however believes that the two fragments found at EI Qitar belonged to the Indian elephant, Elephas maximus, since a femur fragment compared better with the femur of an Indian elephant in the collection of the National Natural History Museum in Leiden, than with the femur of an African elephant. If the EI Qitar animal(s) were hunted, as suggested by Buitenhuis (1988) and related on the stele of Tutmosis III, this raises important questions as to where these animals came from, where in this region they lived, and why no pictorial evidence of elephants is known. Considering the many figurines, statuettes and pictures of all kinds of animal, one can hardly imagine that elephants were somehow overlooked. lf, however, these animals did not occur naturally, but were imported from the Indian subcontinent, one wonders what kind of system allowed these huge grazers into the apparently densily populated area that northern Syria was. A new species, coming from the Indian subcontinent or western China, was the domestic fowl, Gallus gallus domesticus (West and Zhou, 1988). Only a few remains have appeared in the Levant, from the Late Bronze Age layers of Kamid el-Loz and the Late Bronze/Early Iran Age layers of Deir 'Alla. In northern Syria the domestic fowl is known from the Early Bronze Age of Sweyhat and the Middle Bronze Age of Hadidi. In southeastern Turkey the domestic fowl was found in the Early Bronze Age layers of Lidar. Although the remains are scant, they do indicate that the domestic fowl was present. From Tell Basta in Jordan a silver plate is known with an image of two hens and a cock, from the Late Bronze Age (1305 -1196 BC). In Egypt a piece of Iimestone with a painting of a cockerel was found, which also is dated to
the Late Bronze Age (1425 -1123 BC) (Benecke, 1994). These pictures corroborate the bone evidence. Domestic fowl could have contributed poultry and eggs. The oldest known finds of humped or zebu cattle come from Mehrgahr in western Pakistan and are dated to c. 6000 BC (Meadow, 1984). From this area zebu cattle came to Mesopotamia and the Levant in the Late Bronze/ Early Iran Age. Banes as weil as images and figurines are found. One bifurcate vertebra, typically from zebu, was found in the Late Bronze Age of Deir 'Alla in the Jordan Valley and two more came from the Early Iran Age layers of the same teil (Clason, 1978). Although the zebu did reach the Orient, it probably never became prominent as a meat provider. However, the bones, pictures and figurines point to trade with southern Asia, where the zebu still is common nowadays. Remains of the Arabian camel or dromedary, Camelus dromedarius, are known from Upper Pleistocene layers in the Levant and the Near East (Clutton-Brock, 1970). Clutton-Brock considers the remains found in those layers at Azraq most probably tobe from wild animals. The dromedary might have been domesticated in southeastern Arabia (Benecke, 1944) (Uerpmann, pers. comm.), but littleis known about the domestication of this species and its subsequent spread. Hakker-Orion (1984) believes that bones found at Early Bronze Age Arad and Beaer Resisim in the Negev might still have come from wild animals. Certain is that dromedary bones are found insmall numbers in a few Late Bronze Age sites. Dromedary remains become common only in the Early Iran Age and subsequent periods. For instance, in Tell Jemmeh, 10 km south of Gaza, Wapnish (1984) found five bones from the Late Bronze Age, two from the li-10th century BC, eight from the period 800-700 BC and 40 bones from the period 675-600 BC, 188 from the period 600-332 BC and 85 from the period 332-200 BC. Dromedary bones were found in the Late Bronze Age/Early Iran Age layers of Deir 'Alla in the Levant, in the Late Bronze Age layers of Lidar in southeastern Turkey, and the Late Bronze Age of Hadidi in northern Syria. In Tal-e Malyan in southwestern Iran the first dromedary bones date to the Early lron Age. The earliest find of dromedary in the Sudandates from the first millennium BC (Rowley-Conway, 1988). This is in accordance with Hakker-Orion (1984) who states that in the beginning of the Early Iran Age dromedary took its place alongside the donkey, sheep and goat as a prominent element of the economy of Israel. The same applies to other areas in the Orient. The dromedary was primarily a pack-animal. During the Bronze Age and certainly in the Iran Age, the donkey, horse, mule and dromedary became important pack-animals used for transport (Fig.
·I
211
212
A.T. Clason & H Suitenhuts
Change and Continuity in the Anima! Food Resources
213
9-10). Without pack-animals, large-scale trade and pastoral nomadism are
unthinkable. Khazanov ( 1993) defines pastoral nomadism from the economic point of view as: "a distinct form of food-producing economy in which extensive mobile pastoralism is the predominant activity and in which the majority of the population is drawn into periodic pastoral migration" (Khazanov, 1993, p. 17). "Pastoral nomadism proper is characterised by the absence of agriculture" (Khazanov, 1993, p. 19). In the Orient this situation did not exist and there was a variety of sedentary urban, sedentary rural, agro-pastoralism and pastoralists who engaged occasionally in agricultural activities (Finkelstein, 1992, p. 134). Mobile pastoralism is possible only if pack-animals are available. With dromedaries as pack-animals it was possible to cross deserts and to follow shorter routes than had been possible without the use of dromedary. The same applies to large-scale and long-distance trade.
20
SOLITI!EAST TURKEY
15
10
5
I
0
2925
20
11111 2H
25
••
•
25 27 2829 26
-• 24 24
4tl.8
I
I27
27
NORTI! SYR1A
31.3
15
DISClJSSION AND CONCLUSIONS
We have given a short overview of "Change and continuity in the animal food resources in Bronze Age towns of the Orient" and of the use of some species other than as food animals. The picture of an exploitation of the environment almost exclusively based on sheep, goat and cattle seems to undergo a slight change in the Late Bronze Age. In generat the archaeological indications are of a slackening of the !arger regional organisations as Zeder (1991) and Hesse (1990) argue. In the archaeozoological record we may observe the following: 1. A slight decrease of the prominence of cattle in several regions ancl consequently an equal increase of the importance of sheep and goat. 2. A slight increase in the importance of pig, although not as a consistent pattern, 3. The occasional appearance of new species such as dromedary ancl domestic fowl, ancl of new forms such as zebu cattle. 4. The possible hunting of elephants in northern Syria, which at least in the Late Bronze Age was densily populated by man. In generat we may conclude that with the evolution of !arger social structures such as towns, cities ancl states, the depenclence on sheep, goat and cattle became even more dominant than in the Late Chalcolithic. At a fcw sites pig may have played a significant role. Since much of the three major regions is arid, it is natural that sheep ancl goat remains are the most Illlmer-
10 5
()
22
141715201819
20
LEVANT
64.2
15
10
5
()
pcriod
I7
• • I I 8 3/4 6
A
AlB
B
13/C
C
C/D
D
D/E
Fig. 9. Percentages of the numbers of fragments of cquids in thc various sites. (N = sum of sheep, goat, cattlc, pig, cquids; numhcrs rcfcr to sitc-numhcrs in Tahle l).
214
A.T. Clason & H. Buitenhuis
Change and Continuity in the Anima! Food Resources
IRAN Tal-e Malyan
20 15
10 5
0
·.c:
··c
<>
<):;
Vl
m "' pcriod
A
.c:
"' ~ "'
<1
NB
B
B/C
c
215
We have already touched on stockfarming activities not involving slaughter, such as milking and wool-shearing. From pictorial and written evidence it is known that for instance sheep underwent important physical changes, probably through selective breeding for specific characteristics. Examples are fine, full fleeces and fattailed sheep which occur in the Early Bronze Age. But before we can study these changes in the skeletal material, much more basic archaeozoologic research needs to be clone. Future research should concentrate on the evolution of breeds, which may give us a much better insight into the use of domestic animals other than as living larders.
'-'
'"
Cl
CID
D
DIE
Fig. 10. Percentages of thc numbers of fragments of equids from Tal-e Malyan, Iran. (N = sum of shecp, goat, cattle, pig, equids; numbers refcr to site-numbcrs in Table 1).
ous. An increase in cattle may therefore suggest either an environmental change, for which there is no evidence, or a change in the organisation of the use of richer pastures. The latter is more easily organized from a higher social Ievel and may point to a society of increased complexity. The presence of equids: mainly donkeys and mules, much less of horse, also suggests exchange between different localities, which can only have been profitable if organized on a lligher Ievel than the local. On the other hand the slight changes in the Late Bronze Age and subsequently in the Early Iran Age suggest a slight change of this complex society. The decreasing importance of cattle in northern Syria, the increase of sheep and goat and locally of pig may suggest a more locally organized society. In northern Syria the occurance of fewer equids suggests a decrease in trade-exchange between regions (Fig. 9). The occurrence of exotic animals such as beaver, bear and elephant suggests a lessening of the highly integrated, intensive fanning of the Early and Middle Bronze Age. And finally the appearance and subsequent growth in prominence of dromedaries in the Early Iron Age (Hakker-Orion, 1984) suggests even further change, which could have led to a nomadic pastoralism, that existed side by side and in interchange with urban sites. This might explain why for instance in northern Syria so few sites from the Early Iron Age have been founcl (V an Loon, 1967).
REFERENCES
Becker C., 1988
Die Tierknochenfunde vom Tell Bderi 1985. Damaszener Mitteilungen 3, 379-386. Becker C., 1991 Erste Ergebnisse zu den Tierknochen aus Tall Se\} J:Iamad -Die Funde aus RaumAdes Gebäudes P. In: Kühne H. (ed.), Die rezente Umwelt von Tal! Seb lf.amad und Daten zur Umweltrekonstruktion der assyrischen Stadt DürKatlimmu (Berichte der Ausgrabung Tall Se\} J:Iamad/DürKat1immu 1), Dietrich Reimer Verlag Berlin, 117-132. Becker C., 1994 Elfenbein aus den syrischen Steppen? Gedanken zum Vorkommen von Elefanten in Nordostsyrien im Spätholozän. In: Kokabi M. and G. Wahl (eds.), Beiträge zur Archäozoologie und Prähistorischen Anthropologie, 169-181. Benecke N., 1994 Der Mensch und seine Haustiere. Konrad Theiss Verlag GmbH und Co. Stuttgart. Boessneck J. und A. von den Driesch, 1986 Tierknochen- und Molluskenfunde aus Munbiiqa. MDOG 118, 147 160. Boessneck J. und A. von den Driesch, 1989 Die Faunenreste vom Tell Halawa am Assud-See/Nordsyrien (Drittes und Anfang zweites Jahrtausend v. Chr.). In: W. Orthmann, Halawa 1980-1986(Saarbrücker Beiträge zu Altertumskunde 52), 113-152. Boessneck J. und J. Peters, 1988 Tierknochen- und Molluskenfunde aus dem Grabungsbereich 'Kuppe' in Tall Munbäqa. MDOG 120, 51-58.
216
A.T. Clason & H. Buitenhuis
Bökönyi S., 1983
Late Chalcolithic and Early Bronze I Anima! remains from Arslantepe (Malatya, a preliminary report). Origini vol. XII 2e parte, 581 -597.
Bökönyi S., 1990
Kiimid el-Loz 12. Tierhaltung und Jagd. Tierknochenfunde der Ausgrabungen 1964 bis 1981 (Saarbrücker Beiträ-
Buitenhuis H., 1979
Tell Hadidi, een Bronstijd Tell in Syrie. Doctoral Thesis,
Buitenhuis H., 1986
manuscript. The animal remains of Tell Sweyhat, Syria. Palaeohistoria 25, Groningen, 131-144.
Buitenhuis H., 1988
Archeozoologisch Onderzoek langs de Midden-Eufraat.
ge zur Altertumskunde 42). Dr. Rudolf Habelt-Bonn.
Ph.D. Thesis Groningen. Buitenhuis H. internal report.
Clason A.T., 1978.
Preliminary report on the faunal remains from Tell Hammam et-Turkman, North-Syria. Late Bronze Age- lron Age Zebu cattle in Jordan? Journal of Archeological Science 5, 91-93.
Clason A.T. and H. Buitenhuis, 1978. Archeozoologisch onderzoek in het Midden Oosten. Spiegel Historiael 13, 11, 677-687. Clutton-Brock J., 1970 The fossil fauna from an Upper Pleistocene site in Jordan. Journal ofZoology 162, 19-29. Dechert B., 1995 The bone remains from Hirbert Ez-Zeraqon. In: Buitenhuis H. and H.-P. Uerpmann (eds.), Archaeozoology of the Near East II. Backhuys Publishers- Leiden, 79-89. Driesch A. von den, 1993 Fauna! remains from Habuba Kabira in Syria. In: Buitenhuis H. and A.T. Clason (eds.), Archaeozoology of the Near East I. Backhuys Publishers- Leiden, 52-59. Finkeistein I., 1992 Pastoralism in the Highlands of Canaan in the Third and Second Millennia BCE. In: Bar Yosef 0. and A. Khazanov (eds.), Pastoralism in the Levant: Archaeological Materials in Anthropological Perspective. Prehistory Press-Madison, 133-142. Hakker-Orion D., 1984 The role of the Camel in Israel 's early History. In: Clutton-Brock J. and C. Grigson (eds.), Animals in Archaeology: 3. Early Herdcrs and their Flocks (B.A.R. International Series 202), 207-216. Anima! bones from Tel Tsaf. TelAviv 15/16, 47-51. Hellwing S., 1988/89 Fauna! remains from the Early Bronze and Late Bronze Hellwing S., 1988/89 Ages at Tel Kinrot. TelAviv 15/16, 212-220. Anima! Bones. In: Herzog Z., G. Rapp Jr. and 0. Negbi Hellwing S., 1989 (eds.), Excavations at Tel Michal, Israel. University of Minnesota Press, Mineapolis and S. and N. Nadler Institute of Archaeology, 236-247.
Change and Continuity in the Anima! Food Resources
217
Hellwing S. and R. Gophna, 1984 The animaJ remains from the Early and Middle Bronze Ages at Tel Aphek and Tel Dalit: a comparative study. TelAviv 11.1, 48-59. Hesse B., 1990 Pig Iovers and Pig haters: patterns of Palestinian Pork Production. Journal of Ethnobiology 10(2), 195-225. Khazanov A.M., 1994 Nomads and the outside World (second edition). The University of Wisconsin Press. Kussinger S., 1988 Tierknochenfunde vom Lidar Höyük in Südostanatolien (Grabungen 1979-1986). Thesis, München. Lernau H., 1978 Fauna! Remains, Strata III-1. In: R. Amiran, U. Paran, Y. Shiloh, R. Brown, Y. Tsafrir and A. Ben-Tor (eds.),
Loon M. van, 1976
Early Arad. The ChalcolithicSettlement and Early Bronze City. The Israel ExplorationSociety -Jerusalem, 83-113. The Tabqa reservoir survey 1964. Published by the Di-
rection Generale des Antiquites et des Musees, Damas, R.A.S. Maiseis C.K., 1993 The Emergence ofCivilisation. Routledge-London/New York, 2nd edition. Meadow R.H., 1984 Notes on the faunal remains from Mehrgahr, with a focus on cattle (Bos). South Asian Archaeology 1981. Cambridge University Press, 34-40. Pfälzner P., this volume Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozess des 3.Jtsds. v. Chr. in Nordmesopotamien. Rowley-Conwy P., 1988 The camel in the Nile Valley: new Radiocarbon Accelerator (AMS) dates from Qasr lbrim, 245-248. Stahl U., 1989 Tierknochenfunde vom Hassek Höyük (Südostanatolien). München, Thesis. Stein G., 1987 Regional economic integration in Early State Societies: third Millennium BC. Pastoral production at Gritille, Southeast Turkey. Paleorient vol. 1312, 101-111. Wapnish P., 1984 The Dromedary and the Bactrian in Levantine Historical Settings: The Evidence from Tell Jemmeh. In: CluttonBrock J. and C. Grigson (eds.), Animals in Archaeology: 3. Early Herdcrs and their Flocks (B.A.R. International Series 202), 171-200. Wattenmaker P., 1987 Masca Journal4 (4), 191-204. West B. and Ben Xiong Zhou, 1988 Did Chicken go North? New evidence for domestication. Journal of Archaeological Science 15, 515-533. IJzereef G., 1976 Archeo-zoologisch rapport van de opgraving Tell Selenkahiye, Syrie (1967-1975). Manuscript. Zeder M.A., 1991 Feeding Cities. Smithsonian Inst. Washington and London.
218
219
Change and Continuity in the Animal Food Resources
A.T. Clason & H. Buitenhuis I
Zeder M.A., 1994
Zeder M. A, 1994
After the revolution: Post-Neolithic subsistence in northern Mesopotamica. American Anthropologist vol. 96, no. 1, 97-126.
1993 Fauna/ remains from Tell Leilan: Preliminary report. Center for Archaeological research. Smithsonian Institution Manuscript.
Zeder M.A., manuscript 1994
Pigs in Palestine: the role of pigs in Near Eastern Subsistence from the vantage point of the southern Levant. Zeder M.A., in press
i
I I I
·J
'I
~,,
Regional Patterns of Animal Exploitation in the K.habur Basin, 7000 to 1500 BC. Anthropozoologica.
I 2 3 4 5 6 7 8 9 10 II 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23
I
24 25 26 27 28 29
;i
!:
A
Period Site number:
30
LEVANT: Arad (Lernau, 1978) Tel Tsaf (Hellwing, 1988/89) Tel Dalit (Hellwing, 1988/89) Tel Aphek (Hellwing & Gophna 1984) Tel Michal (Hellwing, 1989) Kinrot (Hellwing, 1988/89) Deir 'Alla (Ciason & Buitenhuis, 1978) Hirbet ez-Zeraqon (Decher!, 1995) Kamid ei-Loz (Bökönyi, 1990) NORTH SYRIA: Selenkahiya (Uzereef, manuscript) Habuba Kebira (Von Den Driesch, 1993) Jebel Aruda (Buitenhuis, 1988) Halawa (Boessneck & Von Den Driesch, 1989) Munbaqa (Boessneck & Von Den Driesch, 1986/88) Hadidi (Buitenhuis, 1979) Tell es-Sweyhat (Buitenhuis, 1986) EI Qitar (Buitenhuis, 1988) Tell Hammam et-Turkman (Buitenhuis, manuscript) Seh Harnall (Hecker, 1991) Tell Bderi (Hecker, 1988) Umm Qseir (Zeder, 1994) Kuran (Zeder, 1994) Leilan (Zeder, 1994) SOUTUEAST TURKEY: Kurban (Wattenmaker, 1987) I-layaz Höyük (Buitenhuis, 1988) Gritille (Stein, 1987) Lidar (Kussinger, 1988) Arslantepe (Bökönyi, 1982) Hassek I-Iöyük (Stahl, 1989) IRAN: Tel Malyan (Zeder, 1991) period period period period period
A B C D E
: : : : :
AlB B
B/C
c
CID
D
DIE
+ + + + + +
+ +
+ + + +
+ +
+
+
+
+ +
+ +
+ +
+ +
+
+
+
+ + + +
+ + + + + + +
+
+ + + + +
+
+
+
Late Chalcolithic ( > 3000 BC) Early Bronze Age (3000 - 2000 BC) Middle Bronze Age (2000 - 1500 BC) Late Bronze Age (1500 - 1250 BC) Early Iron Age ( < 1250 BC)
Table 1. Site numbers as used in Figures 2 - lO and the presence of material in the different periods indicated by +.
+
+
ÖKONOMISCHE ASPEKTE DER URBANEN ENTWICKLUNG IN DER URUK-ZEIT Susan Pollock, Binghamton, NY*
In der modernen, aber auch antiken Städteforschung werden politische, soziale und wirtschaftliche Faktoren als essentiell für den Wandel von einer ländlichen zu einer von Städten dominierten Gesellschaft angesehen. In diesem Aufsatz werde ich mich auf die ökonomischen Aspekte städtischer Entwicklung konzentrieren. Mein Fallbeispiel stammt aus der Zeit mit den frühesten Belegen für Urbanisierung im alten Orient, aus der Uruk-Zeit des 4. Jahrtaustends v. Chr. in Südmesopotamien. Urbanisierung im 4. Jahrtausend erreichte längst nicht die dramatischen Ausmaße, wie wir sie von den frühdynastischen Stadtstaaten einige Jahrhunderte nach der Uruk-Zeit kennen. Dennoch haben die ausführlichen Surveys von Robert Adams, Hans Nissen, Henry Wright, McGuire Gibsan und anderen gezeigt, daß der Ursprung städtischer Siedlungen bis in die Uruk-Zeit zurückreicht (Adams 1965, 1981; Adams & Nissen 1972; Gibsan 1972; Wright 1981b). Dieselben Daten lassen darauf schließen, daß die frühe Städtebildung mit häufigen und massiven Bevölkerungsbewegungen einherging, und zwar sowohl innerhalb als auch zwischen ganzen Regionen. Im Zuge dieser Bevölkerungsverschiebungen wurden Dörfer an einer Stelle aufgegeben, um an anderer neu zu entstehen. Ebenfalls belegt ist Landflucht und Migration von einer Stadt in die andere, und höchstwahrscheinlich auch der Wechsel von seßhaften Lebensweisen zu Nomadismus (Bernbeck n.d.). Ein großer Teil der wissenschaftlichen Literatur, die sich mit Städten und Siedlungsmustern urbaner Gesellschaften beschäftigt, betont, daß Wirtschaftsfarmen in Städten sich deutlich von denen auf dem Lande unterscheiden (z.B. Childe 1950; Adams 1972). Danach sind Städte insbesondere dadurch charakterisiert, daß dort unterschiedlicher Produktionssparten auf
·oepartment of Anthropology, State University of New York at Binghamton, Binghamton, New York 13902-6000, USA. Ich danke Marlies Heinz, Peter Pfälzner und Reinhard Bernbeck für Anregungen bezüglich des Inhalts. Für Hilfe bei der Übertragung ins Deutsche danke ich Reinhard Bernbeck.
222
S. Pollock
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit
engem Raum konzentriert sind; daß Produktion weitgehend spezialisiert ist; und daß es große Reichtumsunterschiede zwischen den Einwohnern gibt. Seit einiger Zeit hat sich die Forschung mehr auf urbane Systeme als auf die Stadt als solche konzentriert. Anders ausgedrückt, entwickelt sich zunehmend ein Verständnis, wonach Städte immer enge Beziehungen zu einem Hinterland unterhalten. Diese Beziehungen können unterschiedlichster Natur sein. Das Hinterland liefert in der Regel Arbeitskräfte und landwirtschaftliche Produkte für ein städtisches Zentrum und ist gleichzeitig Abnehmer für städtische Produkte und Dienstleistungen (Adams 1965, 1981). Städte können nicht in Isolation existieren. Solche Ideen beeinflußten Arbeiten zu städtischem Wachstum im alten Me~?potamien. In oft zitierten Modellen Uruk-zeitlicher Urbanisierung wird die Okonomie als zentralisiert und spezialisiert beschrieben (Wright und Johnson 1975). Solche Modelle fügen sich scheinbar gut in die städtischen Wirtschaftsformen, die wir aus dem dritten Jahrtausend kennen. Ich werde im folgenden jedoch versuchen zu zeigen, daß diese Modelle zu einem zu grob gerasterten Verständis Uruk-zeitlicher Wirtschaftsformen führen, das der archäologischen Evidenz nicht hinreichend gerecht wird. Leider sind archäologische Daten aus der Uruk-Zeit, die Antworten auf Fragen nach der Wirtschaftsorganisation geben können, dünn gesät. Dies liegt auch daran, daß solche Fragestellungen nur selten der Ausgangspunkt archäologischer Forschung waren. Trotzdem kann die vorhandene Evidenz daraufhin untersucht werden, wieweit sie heute gängige Modelle bestätigt. Das Feld der Wirtschaftsorganisation ist enorm. Daher beschränke ich mich auf zwei Aspekte, nämlich die Spezialisierung in der Produktion und die Erhebung von Tributen. Ein gut bekannter Disput zwischen Henry Wright und Gregory Johnson auf der einen, Robert Adams auf der anderen Seite bezieht sich darauf, wieweit in der Uruk-Zeit die Herstellung von Alltagsgütern spezialisiert war, und wie stark diese Produktion durch städtische Verwalter kontrolliert wurde (Tab. 1) (Wright und Johnson 1975; Johnson 1973, 1975, 1987; Wright 1981a, 1986; Adams 1974, 1981). BeidePositionen seien im folgenden kurz dargestellt. Nach Wright und Johnson beschränken sich z.B. archäologische Hinweise auf die Produktion von Keramik in der Uruk-zeitlichen Susiana auf einige wenige große Orte. Nach diesen Autoren bestätigen die genannten Daten, als auch die Verteilung von Siegeln und Versiegelungen, das Konzept einer spezialisierten, direkt durch eine Verwaltung kontrollierten Herstellung von Alltagsgütern. Auch für Hans Nissen ist die Späturuk-Zeit durch einen hohen Grad der Spezialisierung gekennzeichnet (Nissen 1974, 1988). Er stützt sich
in seiner Interpretation auf die Berufsnamensliste, die fast 100 Einträge spezialisierter Berufe in hierarchisierter Anordung enthält. Für seine Argumentation zieht er weiterhin Hinweise aus der Herstellung von Keramik, Siegeln und Metallgegenständen heran. Deren Produktion war stark gegliedert in einzelne, voneinander abgesetzte Prozesse, die einen hohen Grad der Arbeitsteilung anzeigen.
WRIGHT, JOHNSON, NISSEN
ADAMS
spezialisierte Produktion von Alltagsgütern
generalisierte Produktion von Alltagsgütern
administrative Kontrolle der Produktion
Produktion außerhalb der Kontrolle einer Verwaltung
223
Tabelle l. Wichtige Punkte zweier Modelle der Uruk-zeitlichen Wirtschaftsorganisation.
Weitere archäologische Daten können diese Ansichten unterstützen. Produktion wird angezeigt durch Funde von Werkzeugen und Einrichtungen, die mit spezifischen Produkten, mit Nebenprodukten als auch Abfall oder Halbfertigprodukten zu tun haben. Spezialisierte Produktion kann etwa dann identifiziert werden, wenn Fertigprodukte an Stellen gefunden werden, wo es keine Hinweise auf ihre Produktion selbst gibt. Das heißt, diese Gegenstände wurden am Fundplatz benutzt, aber nicht hergestellt. Archäologisch kann dies untersucht werden, indem man die räumliche Verteilung von Fertigprodukten mit der Verteilung von Hinweisen auf ihre Produktion vergleicht (Ciark 1986; Costin 1991; Pope und Pollock 1995; Pollack, Pope, und Coursey 1996). Archäologische Evidenz hierfür stammt zum Beispiel aus dem Khafajah des späten 4. Jahrtausends (Delougaz und Lloyd 1942; Delougaz, Hili und Lloyd 1967). Der dortigeSin-Tempelwurde vor dem Ende der sogenannten Protaliterale Periode mehrmals erneuert (Abb. 1). In der Nähe des Tempels befand sich auch ein HäuservierteL Eine Untersuchung der Artefakte und Installationen in Tempel und Häusern (Tab. 2) zeigt für den Tempel nur wenige Anzeiger für Produktion, also wenig Werkzeuge oder Einrichtungen, die mit Produktion zu tun haben, wenig Abfallprodukte, die bei der Produktion anfallen und wenig Halbfertigprodukte. Die einzige Ausnahme bilden Brennvorrichtungen. Auf der anderen Seite enthielt der Tempel eine große Menge
224
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit
S. Pollock
SIN-TEMPEL
ARTEFAKTE UND INSTALLATIONEN
I
1 Siegel Schmuck: 2 Anhänger
II
34 Siegel Schmuck: 6 Anhänger, 3 Amulette, 5 Perlen
111
1 Brennofen 1 Spinnwirtel 1 Säge 29 Siegel 1 Keulenkopf Schmuck: 17 Anhänger, 22 Amulette, 2 Nadeln, Perlen
IV
3 Brennöfen 151 Siegel 2 Keulenköpfe Schmuck: 78 Amulette, 28 Anhänger, 8 Perlen, 28 Ketten
V
3 Brennöfen 13 Siegel Schmuck: 3 Amulette, 2 Perlen, 2 Ketten, 1 Anhänger
225
Tabelle 2. Artefakte und Installationen in den Sin-Ternpein der Späturuk und Jemdet Nasr-Zeit (s. Delougaz und Lloyd 1942).
Abbildung I: Sin-Tempel und umliegende Häuser (Schicht II) aus Khafajah (nach Delougaz und Lloyd 1942: Plate 5 und Delougaz, Hili und Lloyd 1967: Plate 3).
an Siegeln und Schmuck, scheint also reich gewesen zu sein. Auch in den Häusern finden sich kaum Hinweise für Produktion, und Brennvorrichtungen fehlen völlig. Insgesamt enthalten die ausgegrabenen Gebäude in Khafajah also sehr wenig Evidenz für häusliche oder andere Formen materieller Herstellung. Daraus kann geschlossen werden, daß die Einwohner des Viertels ihre Subsistenzmittel als auch Luxugegenstände von Produzenten erhielten, die anderswo lebten - es muß unklar bleiben, ob inner- oder außerhalb von Khafajah.
226
S. Pollock
Andere Beispiele gleichzeitiger Tempelliefern leider nur wenig Informationen, die für eine Analyse der Wirtschaft relevant sind. Im Riemchengebäude in Uruk, das als Speichergebäude eines Tempels interpretiert wird, wurde nur ein beschränktes Repertoire von Werkzeugen gefunden (Lenzen 1958: 24-26). Diese Werkzeuge waren wohl für hochspezialisierte Aufgaben bestimmt, insbesondere wenn man an die von Ricardo Eichmann (1986) analysierten querschneidigen Pfeilspitzen denkt. Insgesamt scheinen die begrenzten Hinweise von Uruk-zeitlichen Tempeln und in einem Fall von Häusern nahe eines Tempels die These einer weitgehend spezialisierten Produktion zu unterstützen. Tempel gehörten demnach zum rezipierenden Teil eines Wirtschaftssystems, in dem Produkte von Herstellern zu Konsumenten transportiert wurden, wobei diese Konsumenten selbst nicht an der materiellen Produktion beteiligt waren - das Ideal einer spezialisierten Wirtschaft. Robert McC. Adams (1974, 1981) stellte ein Gegenmodell Uruk-zeitlicher Ökonomien auf (Tab. 1), in dem Produktion, besonders die Herstellung von Alltagsgegenständen, weniger spezialisiert und außerhalb administrativer Kontrolle ist. Nach Adams war Produktion weitgehend "generalisiert": sie fand statt in einer Vielzahl an Produktionseinheiten, die man Haushalte nennen kann. 1 Adams' Surveys in Südmesopotamien belegten, daß beispielsweise Keramikherstellung an vielen Orten deutlich unterschiedlicher Größen stattfand, womit Wrights und Johnsons These einer zentralörtlichen Keramikherstellung in Frage gestellt war. Es gibt andere archäologische Hinweise, die Adams' Szenario unterstützen. Ein großes Gebäude in Jemdet Nasr (Abb. 2) wurde vonRoger Moorey (1976) als Verwaltungsgebäude interpretiert. Hier fanden sich unterschiedliche Belege für produktive Aktivitäten (Tab. 3), unter anderem für Kochen oder Backen, Fischen, Hackbau, Ernten oder Schiltbearbeitung und Buchhaltung. Am Uruk-Hügel in Abu Salabikh (Abb. 3), wo ich bis 1990 selbst tätig war, wurde ein systematisches Kartierungsprogramm der Oberflächenfunde in Verbindung mit einer Anzahl an Testschnitten durchgeführt (Pollack et al. 1996). Daraus ergab sich, daß Spinnen, die Herstellung von Keramik (Abb. 4), von Silexgeräten, die Reparatur von Ernte- und Schlachtgeräten, das Verarbeiten sowie die Nutzung von Bitumen alle eine weiträumige Verteilung am Ort hatten. Bestätigt wird dieser Befund durch Alain LeBruns (1978) Entdeckung eines späturukzeitlichen Gebäudekomplexes in Susa (Abb. 5), in dem sich Belege für folgende Tätigkei-
1
Der Begriff "Haushalt" wird heutzutage in der kulturanthropologischen Literatur problematisiert (u.a. Yanagisako 1979; Moore 1988, 1992; Hart 1992).
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit
N
I
Abbildung 2: "Verwaltungsgebäude" in Jemdet Nasr (nach Moorey 1976: Fig. 3).
227
228
S. Pollock
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit
ARTEFAKTE UND INSTALLATIONEN
AKTIVITÄTEN
3 Brennöfen
Kochen oder Backen
Angelhaken
Fischen
Stein- oder Tonhacken
Anbau
Tonsicheln
Ernten von Getreide oder Schilf Buchhaltung
Stempel- und Rollsiegel, Tafeln
Tabelle 3. Artefakte, Installationen und Aktivitäten im "Verwaltungsgebäude" in Jemdet Nasr (s. Moorey 1976).
ten fanden: Kochen oder Backen, Ernte und Mahlen von Getreide, Spinnen, Nähen, die Produktion von Keulenköpfen und Buchhaltung (Tab. 4). Die aufgelisteten Beispiele deuten darauf hin, daß viele Stadtbewohner in Haushalten mit Subsistenzproduktion lebten. Dabei ist zu vermuten, daß sie neben dem Eigenverbrauch auch einen Überschuß für Tributforderungen erarbeiteten. Jedenfalls war ein guter Teil ihrer produktiven Aktivitäten eher genereller als spezialisierter Natur. Andererseits darf nicht vergessen werden, daß die archaischen Texte auf die Existenz einiger Großhaushalte oder Institutionen hinweisen, deren Arbeitskräfte offenbar spezialisiert und hierarchisch organisiert waren. Die auffällige Abwesenheit von Produktionsindikatoren in Uruk-zeitlichen Tempeln deutet an, daß die Tempel nicht zu solchen Großhaushalten gehörten (s. aber Englund 1995). Wahrscheinlicher ist, daß Tempel Produkte aus einem Tributsystem abschöpften. Ein solches System würde sich grundlegend von dem frühdynastischen Oikos-System unterscheiden, in dem die Tempel selbst wichtige Produktionsstätten waren. Meiner Ansicht nach bedeuten die Hinweise zum Beispiel aus den archaischen Texten und aus der Arbeit von Wright und Johnson, daß es in bestimmten Zusammenhängen spezialisierte Produktion von Alltagsgütern gab. Dies schließt jedoch die gleichzeitige generalisierte Produktion für den Eigenbedarf in Kleinhaus-
229
halten nicht aus. Somit weisen die Daten auf eine Verschränkung von spezialisierten und generalisierten Aspekten städtischer Ökonomie in der Uruk-Zeit hin (Pollack n.d.). ARTEFAKTE UND INSTALLATIONEN
AKTIVITÄTEN
7 Brennvorrichtungen
Kochen oder Backen
1 Sichel
Ernten
8 Reibsteine
Reiben
13 Spiimwii1el
Spinnen
2 Nadeln
Nähen
4 Keulenköpfe, teilweise halbfertig
Herstellung von Keulenköpfen
3 Siegel, 19 GefäßverscWüsse, 5 Tafeln
Buchhaltung
Tabelle 4. Artefakte, Installationen und Aktivitäten im späturukzeitlichen Gebäude in Susa Acropole I 17B2 (s. LeBrun 1978).
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Tributerhebungen. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß Uruk-zeitliche Tempel, aber auch nicht-religiöse Institutionen und einige Haushalte viele ihrer Produkte als Tributzahlungen erhielten. Sehr viel seltener dürften direkt angestellte Arbeitskräfte gewesen sein. Gregory Johnson (1987}, der sich sehr intensiv mit der Analyse von Tributzahlungen in der Susiana auseinandergesetzt hat, kommt zu dem Schluß, daß zumindest in dieser Region Tributerhebungen im Laufe des vierten Jahrtausends zunahmen. Dieses Ergebnis basiert auf der Analyse von Siedlungsmustern und Grabungsbefunden, in denen Rationsgefäße in verschiedenen Kontexten deutlich in der Dichte differieren. Steigende Tributforderungen machen es für die Subsistenzproduzenten schwieriger, sich selbst
230
20
S. Pollock
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit
50
2ß
ABU SALABII
<2
2-6.9
-7-11.9
~
12
1985-1990 .1990 ~ 1985-1987
Abbildung 4: Verbreitungskarte von Keramikschlacke (g/111 2) auf der Oberlliiche des llruk-llügels in Abu Salabikh.
Abbildung 3: Systematisch abgesammelte Oberflächeneinheiten des Uruk-Hügels in Abu Salahikh, Irak.
231
232
S. Pollock
zu versorgen und gleichzeitig genug Überschuß für eine (städtische) Oberschicht zu erwirtschaften. Nach Johnson läßt sich die kurze Lebensdauer ganzer Siedlungen aus dem steigenden Druck auf die Landbevölkerung erklären: diese "stimmte mit den Füßen ab", indem sie in andere Regionen, besonders in Städte abwanderte, oder das seßhafte Leben gänzlich aufgab. Mit diesem Prozeß einer LandStadt-Wanderung nahm das Heer städtischer Arbeitskräfte zu (Bernbeck n.d.). Archäologen haben die Einführungen neuer Tedmologien und Produktionstechniken in der Uruk-Zeit oft direkt oder indirekt mit größeren Tributforderungen in Zusammenhang gebracht (Johnson 1987; Nissen 1974, 1977, 1988). Diese nämlich führten zu Techniken, durch die Zeit und Arbeit gespart werden konnten. Die Einführung der in Modeln hergestellten Glockentöpfe als auch die häufige Nutzung der Töpferscheibe in der Keramikproduktion wurden als Antworten auf die Notwendigkeit für Massenproduktion bei genausoviel oder sogar weniger Zeit und Arbeitskraft wie vorher erklärt (Nissen 1974; 1988: 90). Cheryl Coursey (1990), die die massenproduzierte Keramik aus dem Urukzeitlichen Abu Salabikh untersuchte, interpretiert auch die zunehmende Nutzung pflanzlicher Magerung in der Keramik als ein Resultat des Zwanges zu rationalerer Produktion. Denn Gefäße mit pflanzlicher Magerung trocknen weitaus schneller als solche mit mineralischer Magerung. Auf der anderen Seite sind auch Anzeichen für eine arbeitsintensivere Art der Produktion unübersehbar. So belegt die große Vielfalt von Formen der Keramik des vierten Jahrtausends, daß zusätzliche Arbeit in das Formen der Gefäße investiert wurde. Nissen (1988: 90-91) wies darauf hin, daß die Vorbereitung von Ton für scheibengedrehte Keramik meist mehr Zeit und Fähigkeiten beansprucht als für handgemachte Gefäße (s.a. Rice 1987: 128-29). Auch die zunehmend monumentalen Gebäude des vierten Jahrtausends konnten nicht ohne wachsende Arbeitskraftreserven gebaut werden. Wie sind die beiden gegensätzlichen Tendenzen, nämlich effizientere Produktion einerseits und arbeitsintensivere Formen der Herstellung andererseits, unter einen Hut zu bringen? Hierfür beziehe ich mich auf schon genannte Elemente des Urbanisationsprozesses, besonders auf die Wandemng eines erheblichen Teils der Landbevölkerung in die Städte. Diese Zuwanderer bildeten eine wachsende urbane Arbeitskraft, die die städtische Elite in die Lage versetzte, immer komplexere Güter herstellen zu lassen. Diese Produktion war gebunden an die Verfügbarkeil von Arbeitskraft und daher nicht allen zugänglich. Von daher versteht man auch fassadengeschmückte Architektur, Anfänge der Rundbildherstellung, komplexe Schmuckgegenstände
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit
Abbildung 5: Späturukzeitlicher Gebäudekomplex von Susa Acropolc I: 17 B (nach LeBrun 1978: Pig. 14).
233
234
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit
S. Pollock
usw. Allerdings waren die städtischen Arbeitskräfte nicht nur eine gute Gelegenheit für die Durchführung diverser prestigiöser Projekte, sondern auch eine Bedrohung. Johnson (1987) wies darauf hin, daß die ständige Verfügungsmöglichkeit über solche Arbeitskräfte auch einen stetigen Fluß an Aufträgen braucht. Denn sie müssen, sollen sie verfügbar bleiben, organisiert und leicht erreichbar sein. Außerdem bildet sich bei Unterbeschäftigung leicht soziales UnruhepotentiaL Es ist daher nicht erstaunlich, daß man "arbeitsschaffende" Projekte in der Uruk-Zeit findet, deren Ziel die Absorption des Arbeitskräfteangebots gewesen sein dürfte. Man denke nur in diesem Zusammenhang an die Anu-Ziggurat in Uruk. Weiterhin dürften die Zuweisung der Arbeitskräfte zu bestimmten Arten der Produktion und der zunehmende Druck auf "normale" Haushalte zur Einführung vieler neuer Technologien beigetragen haben. Denn dadurch konnten solche Haushalte Arbeit reduzieren und Output steigern. Ich hoffe, einige Argumente vorgeführt zu haben, die meine anfangs geäußerte Behauptung unterstützen, daß die wirtschaftlichen Organisationsformen des immer städtischer werdenden Mesopotamien des vierten Jahrtausends sehr viel komplexer waren, als wir bisher annahmen. Meiner Ansicht nach ist die Alternative zwischen entweder spezialisierter und zentral kontrollierter oder generalisierter und nicht verwalteter Wirtschaft unangemessen. Beide Elemente waren vertreten. Einer der wichtigsten Faktoren in dieser Ökonomie war die Tributerhebung von ländlichen als auch städtischen Produzenten. Diese auf Tributen aufbauende Wirtschaftsform steht in einem deutlichen Gegensatz zu den späteren Ökonomien des dritten Jahrtausends, in denen die direkte Kontrolle der Produktion durch die Einrichtung des Oikos erfolgte. Hierdurch wurden Tributzahlungen nach und nach zu einem peripheren Aspekt des Wirtschaftens. Manche Leser oder Leserinnen mögen mir entgegenhalten, daß meine Argumente aufungenügenden Daten basieren. Ich stimme dem zu. Meine Interpretation wäre natürlich überzeugender, wenn ich eine Vielzahl von Ausgrabungsberichten zur Verfügung hätte, insbesondere wenn sie auf die Erfassung von Daten zu Produktion und Konsum von Alltags- und Luxusgütern ausgerichtet wären. Andererseits ist der Vorschlag eines Modells auf der Basis existierender Daten Teil jeder wissenschaftlichen Arbeit. Nur wenn wir Wege zur Konzeptualisierung zukünftige unserer eigenen Ideen finden, und wenn wir spezifische Lücken im Datenbestand identifizieren, können wir sinnvolle Feldprojekte planen. Solche Feldarbeit sollte vorgängig gestellte Fragen lösen helfen. Die Erforschung der Wirtschaftsorganisation in frühen städtischen Gesellschaften in Mesopotamien jedenfalls hat noch einen weiten Weg zu gehen.
235
LITERATUR
f
Adams, Robert McCormick 1965 Land Behind Baghdad. Chicago: University of Chicago Press. 1972 Patterns of Urbanization in Early Southern Mesopotamia. In Peter Ucko, Ruth Tringham und G.W. Dimbleby (Hrsg.) Man, Settlement and Urbanism, 735-49. London: Gerald Duckworth. 1974 The Mesopotamian sociallandscape: A view from the frontier. In C.B. Moore (Hrsg.) Reconstructing Camplex Societies: An Archaeological Colloquium, 1-12. Cambridge, Massachusetts: Bulletin of the American Schools of Oriental Research Supplement 20. 1981 Heartland of Cities. Chicago: University of Chicago Press. Adams, Robert McCormick und Hans Nissen 1972 The Uruk Countryside. Chicago: University of Chicago Press. Bembeck, Reinhard n.d. Landflucht und Ethnizität im alten Mesopotamien. In Hartmut Kühne, Reinhard Bernbeck und Karin Bart! (Hrsg.) Denkschrift: Vorderasiatische Archäologie (in Vorbereitung). Childe, V. Gordon 1950 The Urban Revolution. Town Planning Review 21: 3-17. Clark, John 1986 From Mountains to Molehills: A Critical Review ofTeotihuacan's Obsidian Industry. In Barry Issac (Hrsg.) Research in Economic Anthropology Supplement 2: 23-74. Greenwich, CT: JAI Press. Costin, Cathy 1991 Craft Specialization: Issues in Defining, Documenting, and Explaining the Organization of Production. In Michael Schiffer (Hrsg.) Archaeological Method and Theory 3: 1-56. Tucson: University of Arizona Press. Coursey, Cheryl 1990 Paste Preparation and the Production of Mass-Produced Ceramies from the Fourth Millennium B. C. in Mesopotamia. Magisterarbeit (unveröffentlicht), State University of New York at Binghamton. Delougaz, Pinhas, Harold Hili und Seton Lloyd 1967 Private Hauses and Graves of the Diyala Region. Oriental Institute Publication 88. Chicago: University of Chicago Press. Delougaz, Pinhas und Seton Lloyd 1942 Pre-Sargonid Temples in the Diyala Region. Oriental Institute Publication 58. Chicago: University of Chicago Press. Eichmann, Ricardo 1986 Die Steingeräte aus dem Riemchengebäude in Uruk-Warka. Baghdader Mitteilungen 17: 97-130.
236
S. Pollock
Ökonomische Aspekte der urbanen Entwicklung in der Uruk-Zeit
Englund, Robert 1995 Late Uruk Pigs and Other Herded Animals. In Uwe Finkbeiner, Reinhard Dittmann und Harald Hauptmann (Hrsg.) Beiträge zur Kulturgeschichte Vorderasiens, 121-33. Mainz: Phitipp von Zabern. Gibson, McGuire 1972 The City and Area of Kish. Coconut Grove, Miami: FieldResearch Projects. Hart, Gillian 1992 lmagined Unities: Constructions of "The Hausehold" in Economic Theory. In Sutti Ortiz und Susan Lees (Hrsg.) Understanding Economic Process, 111-29. Monographs in Economic Anthropology no. 10. Lanham,-Maryland: University Press of America. Johnson, Gregory 1973 Local Exchange and Early State Development in Southwestern Iran. Anthropological Paper 51. Ann Arbor: University of Michigan Museum of Anthropology. 1975 Locational Analysis and the Investigation of Uruk Local Exchange Systems. In Jeremy Sabloff und C.C. Lamberg-Karlovsky (Hrsg.) Ancient Civilization and Trade, 285-339. Albuquerque: University of New Mexico Press. 1987 The Changing Organization of Uruk Administration on the Susiana Plain. In Frank Hole (Hrsg.) The Archaeology ofWestern Iran, 107-39. Washington, D.C.: Smithsonian Institution Press. LeBrun, Alain 1978 Le niveau 178 de l'Acropole de Suse (Campagne de 1972). Cahiers de Ia Delegation Archeologique Franraise en Iran 9: 57-154. Lenzen, Heinrich 1958 XIV. Vorläufiger Bericht über die von dem Deutschen Archäologischen Institut und der Deutschen Orient-Gesellschaft aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft unternommenen Ausgrabungen in UrukWarka 14. Berlin: Gebr. Mann. Moore, Henrietta 1988 Feminism and Anthropology. Minneapolis: University of Minnesota Press. 1992 Households and Gender Relations: The Modelling of the Economy. In Sutti Ortiz und Susan Lees (Hrsg.) Understanding Economic Process, 131-48. Monographs in Economic Anthropology no. 10. Lanham, Maryland: University Press of America. Moorey, P.R.S. 1976 The Late Prehistoric Administrative Building at Jamdat Nasr. Iraq 38: 95-106.
Nissen, Hans 1974 Zur Frage der Arbeitsorganisation in Babylonien während der SpäturukZeit. Acta Amiqua Academiae Scientiarum Hungaricae XXII: 5-14. 1977 Aspects of the development of early cylinder seals. In McGuire Gibson und Robert Biggs (Hrsg.) Sealsand Sealings in the Ancient Near East, 15-23. Bibliotheca Mesopotamica 6. Malibu: Undena. 1988 The Early History of the Ancielll Near East, 9000-2000 B. C. Chicago: University of Chicago Press. Pollock, Susan n.d. Mesopotamia: The Eden that Never Was. Cambridge: Cambridge University Press (in Vorbereitung). Pollock, Susan, Melody Pope und Cheryl Coursey 1996 Hausehold Production at the Uruk Mound, Abu Salabikh, Iraq. American Journal of Archaeology 100: 683-98. Pope, Melody und Susan Pollock 1995 Trade, Tools, and Tasks: A Study of Uruk Chipped Stone Industries. In Barry lsaac (Hrsg.) Research in Economic Anthropology 16: 227265. Greenwich, CT: JAI Press. Rice, Prudence 1987 Pottery Analysis: A Sourcebook. Chicago: University of Chicago Press. Wright, Henry T. 1981 a An Early Town on the Deh Luran Plain: Excavations at Tepe Farukhabad. Memoir 13. Ann Arbor: University of Michigan Museum of Anthropology. 1981b The Southern Margins of Sumer. In Robert McC. Adams Heartland of Cities, 295-345. Chicago: University of Chicago Press. 1986 The Evolution of Civilizations. In David Meltzer, Don Fowler und Jeremy Sabloff (Hrsg.) American Archaeology Past and Future, 323-65. Washington, D.C.: Smithsonian Institution Press. Wright, Henry T. und Gregory Johnson 1975 Population, Exchange, and Early State Formation in Southwestern Iran. American Anthropologist 77: 267-89. Yanagisako, Sylvia 1979 Family and household: The analysis of domestic groups. Annual Review of Anthropology 8: 161-205.
237
WANDEL UND KONTINUITÄT IM URBANISIERUNGSPROZESS DES
3.
JTSDS. V.CHR.
IN NORDMESOPOTAMIEN
Peter Pfälzner, Tübingen
EINLEITUNG
Die Geschichte Südmesopotamiens im späten 4. und 3. Jtsd. v.Chr. ist eine Stadtgeschichte. Sie wurde in dem Konzept der sog. "Sumerischen Tempelstadt" versinnbildlicht (Deimel 1931; Falkenstein 1954; 1974). Gordon Childe hat diese Periode unter dem Begriff der "Urbanen Revolution" als eine bedeutende Epoche der menschlichen Kulturentwicklung definiert (Childe 1959; 1952). Der wissenschaftsgeschichtlichen Dominanz des Südens ist es zuzuschreiben, daß die Urbanisierung Nordmesopotamiens lange Zeit als ein bloßer Ableger der südmesopotamischen Stadtkultur aufgefaßt wurde. Aus diesem Grund war auch das südmesopotamische Periodisierungsschema mit seiner dreiteiligen Entwicklungsabfolge der frühdynastischen Stadtstaaten auf den nordmesopotamischen Bereich übertragen worden. Dies war unterstützt worden durch einzelne, aber isolierte Funde von typisch südmesopotamischen Objekten in nordmesopotamischen Städten, wie zum Beispiel den Beterstatuetten von Tall Chuera (Moortgat 1965; 1967). Die Urbanisierung Nordmesopotamiens ist jedoch als eine eigenständige städtische Entwicklung zu verstehen, die nicht in denselben Zeitintervallen wie diejenige des Südens verlief. EINE PERIODISIERUNG DES
3. JTSDS. V. CHR. FÜR NORDMESOPOTAMIEN
Die spezifischen Kennzeichen der nordmesopotamischen Stadtgeschichte zu erarbeiten ist das Ziel eines vom Verfasser durchgeführten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts mit dem Titel: "Die
P. Pfälzner
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jtsds. v.Chr.
Urbanisierung Nordmesopotamiens im 3. Jtsd. v.Chr. "1 Eine der vordringlichsten Aufgaben bestand zunächst darin, aus den oben genannten Gründen ein eigenständiges Periodisierungsschema für den nordmesopotamischen Raum zu erarbeiten. Dies wird hier erstmals vorgelegt (Abb. 1). Die Periodisierung ist einerseits auf die Abfolge der materiellen Kultur, vor allem der Keramik gestützt und beschreibt andererseits die Entwicklung der städtischen Kulturen Nordmesopotamiens im 3. Jtsd. in Bezug auf Siedlungstypen und Hauskonzepte.
nal untersucht (Dohmann-Pfälzner - Pfälzner 1997). Dies wurde durch die Zusammenarbeit mit Winfried Orthmann, dem Leiter der Ausgrabungen auf dem Tall Chuera möglich. Die städtische Entwicklung des 3. Jtsds. v.Chr. in Nordmesopotamien, für das geographisch gleichbedeutend der Begriff Gazlra verwendet werden kann (Sanlaville 1985; 1990), läßt sich in sechs Abschnitte unterteilen. Ich bezeichne diese als die Perioden Früh-Gazlra I - II - lila - Illb - Illc IV. Die eigentlichen urbanen Phasen sind in den Perioden II und III zusammengefaßt, während die Periode I vorläufig als präurban2 zu bezeichnen ist. Wie die Chronologietabelle (Abb. 1) verdeutlicht, ist keine gleichintervallige Parallelisierung mit den frühdynastischen Phasen Südmesopotamiens möglich. Die vergleichende Chronologie innerhalb Nordmesopotamiens bezieht die FundorteTall Bderi, Tall Chuera, Tall Brak, Tall LaiHin und Tall Raqä.ci ein, stützt sich also auf die Subregion Nordostsyrien. Die dieser Einteilung zu Grunde liegende Keramikchronologie kann an dieser Stelle nicht ausführlich diskutiert werden3 • Sie beruht auf vier grundlegenden Keramik-Synchronismen: Erstens: der typologischen Vergleichbarkeit der Ninive-Vzeitlichen Schichten Lailä.n Illb/c (Schwartz 1988), Raqä.ci 4 (Schwartz - Curvers 1993/94, 251) und der ältesten Schichten von Tall Bderi (Bderi I); zweitens: der typologischen Gleichsetzung der spät-NiniveV-zeitlichen Keramikkontexte in Tall Lailä.n Periode Illd (Weiss 1990a, 205, Abb. 12-13), Tall Raqä.ci Schicht 3 (Schwartz - Curvers 1993/94, 252) und Tall Bderi II (Schichten 25-21); drittens: der typologischen Ähnlichkeit zwischen den Phasen Tall Chuera I C (Orthmann et al. 1990), Tall Bderi lila (Schichten 20-14)4 und Tall Raqä.ci 2 (Schwartz - Curvers 1993/94, 253); und viertens: der typologischen Übereinstimmung der Keramik von Tall Brak - Late ED 111 (Oates 1982), Tall Bderi Illb
240
FrühÖazira
Bdiiri
Chu!!ra
IV lllc
Brak
Lailän
Raqii
Ur 111
Ur 111
IE
Akkad
Akkad
Late ED 111
lllb
lllb
13- 6
ID
lila
lila
20- 14
IC
II
II
I
I
II
ED lllb
llb II a
2
ED lila/ II
25- 21
111 d
3
ED II
unter 25
111 c 111 b lila
4 5-7
ED 11/1
Abbildung 1: Periodisierungsschema für das 3. Jtsd. v .Chr. in Nordmesopotamien.
Den Ausgangspunkt der Untersuchungen bilden die Ausgrabungen von Tall Bderi und Tall Chuera. Auf dem Tall Bderi konnte in den Kampagnen 1985 bis 1990 eine umfassende stratigraphische Abfolge für das 3. Jtsd. erarbeitet werden, bei der die einzelnen Schichten jeweils mit einem großflächigen Siedlungsausschnitt verbunden sind (Pfälzner 1987/87a; 1986/87b; 1988; 1989/90; 1990; 1992/93). Dadurch sind strukturelle Veränderungen der Stadtanlage in Relation zur stratigraphischen Abfolge erkennbar. In Tall Chuera wurde im Jahr 1995 im Rahmen des genannten Projektes ein zentrumnahes Wohnviertel, der Bereich K, chrono-stratigraphisch und funktio-
241
2 bezogen auf die Stadtentwicklung des 3. Jtsds. v.Chr. in Nordmesopotamien; die exogene Urbanisierung Syriens durch die Urukkultur im späten 4. Jlsd. wird dabei außer Acht gelassen (s.u.).
3
'Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat dieses Projekt seit 1995 mit einem HeisenbergStipendium für den Verfasser gefOrdert (vgl. Dohmann-Pfälzner - Pfälzner 1997). Seit Oktober 1996 wird das Projekt am Altorientalischen Seminar der Universität T!lbingen weitergeführt.
Hierzu wird auf einen in Vorbereitung befindlichen Artikel des Verfassers hingewiesen.
4
Die Keramik von Bderi ßla entspricht derjenigen aus Areal 2963 auf der Nordkuppe des Tall Bderi, die im ersten Vorbericht !lber die Grabung publiziert wurde (Kulemann - Pfälzner 1988).
242
(Schichten 13-6)5 und Tall Lailän IIb (Weiss 1990a, 208, Abb. 1417). Am Beispiel von Tall Bderi, Tall Chuera und einer Auswahl anderer Orte soll im folgenden exemplarisch gezeigt werden, welcher Wandel in den städtischen Strukturen an den Übergängen der einzelnen Stufen der FrühGazlra-Zeit feststellbar ist und auf welche sozio-ökonomischen Entwicklungen er zurückzuführen sein könnte. DIE
PERIODE
+
+
+
243
+
+
+
FRÜH-GAZIRA I
In der Stufe Früh-Gazlra I ist zunächst ein genereller Bruch zu konstatieren, der sich in der Aufgabe der späturukzeitlichen Stadtgründungen in Syrien äußert. Am augenfälligsten wird dies in den Anlagen von Habüba Kablra- Süd (Strommenger 1980) und Gabal cArüda (V an Driel 1984). Selbst auf dem Tall Brak, der als einer der wenigen Orte im 4. und im 3. Jtsd. eine bedeutende städtische Besiedlung aufwies, sind in Areal CH die Gebäude der sog. ED-III-Siedlung in den älteren urukzeitlichen Tal! eingetieft worden, was selbst dort für einen gewissen urbanen Bruch spricht (Oates 1990, 139 ff.). Hierin wird ein erster prinzipieller Unterschied zur Stadtentwicklung Südmesopotamiens deutlich, wo viele städtische Zentren der frühdynastischen Zeit aus urukzeitlichen Stadtanlagen hervorgehen, wie das Beispiel der Stadt Uruk am besten veranschaulicht. Im Norden Mesopotamiens bestand keine vergleichbare Kontinuität zwischen den vereinzelten späturukzeitlichen Stadtgründungen und der breitangelegten Urbanisierung im 3. Jtsd. Die nordmesopotamischen Siedlungen der Stufe Früh-GazTra I, die durch das Vorkommen der bemalten Ninive-V-Keramik definiert sind, besitzen einen dörflichen Charakter. Dies wird auf dem Tal! Raqäci am deutlichsten. In den Schichten 5 bis 7 finden sich kleinteilige Gebäude nach dem Schema des sog. Grill-Plans (Schwartz- Curvers 1993/94, 247 ff., Abb. 66-69). Sie könnten Substruktionen von Wohnhäusern oder von häuslichen Speichern gewesen sein. Ähnliche Anlagen (Abb. 2) wurden im zeitgleichen Tal! Karrana 3 im Eski Mossul-Staudammgebiet festgestellt (Wilhelm - Zaccagnini 1993, 21 ff. PI. V-VII). Auch in Tall Lailän bietet die Siedlung der Stufe Früh-GazTra I, die den Ninive-V-zeitlichen Perioden Lailän lila bis Illc entspricht, keine Anhalts-
5
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jtsds. v.ChL
P. Pfälzner
Diese Keramik entspricht detjenigcn aus Areal 2965 von der Nordkuppe des Tall Bdcri (Kulemann Ptlilzner 1988).
+
+
t
TELL KARRANA 3
+
+
+
+ 16
16
+ 18
+
+
+
+ 19
Abbildung 2: Sog. Grill-Plan-Architektur der Periode Früh-Gazira I aus Tall Karräna 3 Zaccagnini 1993, Taf. VII). (nach Wilhelm
244
P. Pfälzner
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3 Jtsds. v .Chr.
245
punkte für eine städtische Anlage. Die gesamte Unterstadt und die Befestigungsmauern der Oberstadt bestanden zu dieser Zeit noch nicht (Weiss 1990a, 209 ff.). Bestätigt werden diese Beobachtungen durch den Befund auf dem Tall Bderi. Keramik der Periode Früh-Gazlra I findet sich in Ablagerungen ( = Bderi I) unterhalb der Schicht 25, die durch den Bau der Stadtmauer ausgewiesen ist ( Bderi 11) 6 . Die Periode Bderi I bildet einen deutlichen vorurbanen Abschnitt der lokalen Siedlungsgeschichte. DIE PERIODE FRÜH-GAZIRA II 1111111
Die nächstfolgende Stufe Früh-Gazlra II ist durch einen bedeutsamen Wandel der Siedlungsformen gekennzeichnet. In dieser Zeit treten die ersten Stadtbefestigungen auf. Das bisher am besten untersuchte Beispiel aus dieser frühen Phase ist die Stadtmauer mit dem Stadttor von Tall Bderi (Abb. 3). Es ist im neuen Museum von Deir-ez-Zor wiederaufgebaut worden (Abb. 4). Die Anlage der Stadtmauer und des Tores mit seiner Verkleidung durch Orthostaten (Pfälzner 1989/90,217, Abb. 20-21) erfolgte in Schicht 25. Die Befestigungsanlagen scheinen über einen langen Zeitraum, mindestens bis zum Ende der Periode Früh-Gaiira lila prinzipiell unverändert bestanden zu haben. Möglicherweise wurden auch die Stadtmauern von Tall Chuera (Orthmann 1986; Orthmann et al. 1995), Tall Baydar (Bretschneider Dietrich 1994, 18; 1995, 7 f.) und Tall Mozan (Buccellati Kelly-Buccellati 1988, 61 ff.) bereits in der Stufe Früh-Gazlra II angelegt, diese Anlagen sind bisher aber in ihrem Ursprung chrono-stratigraphisch noch nicht sicher bestimmbar. Für den Tall Lailän zeigt die urbane Entwicklung einen anderen Ablauf als auf dem Tall Bderi. In der Periode Früh-GazTra li, die dort als Phase Lailän IIId bzw. als späte Ninive-V-Zeit bezeichnet wird, wird die großflächige Unterstadt angelegt (Weiss 1990a, 201). Sie bleibt aber in dieser Periode noch unbefestigt. Auch die Befestigungsmauer der Oberstadt wird erst in einer späteren Phase errichtet (ebenda 213). In Tall Lailän ist folglich eine Urbanisierung zu beobachten, die sich in der Periode Früh-Gazlra li in einer Siedlungserweiterung ohne Befestigung äußert. In Tall Bderi wurde demgegenüber bereits am Beginn der städtischen Entwicklung eine Stadtmauer angelegt. Beiden Beispielen ist aber gemeinsam, daß sich die Urbanisierung
6 Die Keramik der Periode Bderi I ist vor allem mit derjenigen von Tall Raqäci. Schichten 5-7 eng vergleichbar (G. Schwartz, persönl. Mitteilung).
:z-
•
n
. '·' '
.
.
". • J}p
t
I
':
·~
ot
246
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jtsds. v.Chr.
P. Pfalzner
247
an einer schon seit der Periode Früh-Gazira I bestehenden Siedlung vollzog. Es handelt sich folglich um schrittweise Prozesse, um Prozesse des Wandels. Bisher ist weder im Fall von Tall Bderi noch im Fall von Tall Lailän bekannt, wie die Wohnhäuser der Periode Früh-Gazlra II beschaffen waren und wie die städtischen Bewohner sozio-ökonomisch organisiert waren. Für diese Frage muß der Blick auf die dörfliche Siedlung Tall Raqäci geworfen werden, deren am besten untersuchte Schicht 3 in die Periode Früh-Gazira II fällt (Abb. 5). Die Siedlung erstreckt sich um einen großen, zentralen Ovalbau, der zur Getreidespeicherung und -Verarbeitung diente (Curvers Schwartz 1990; Schwartz- Curvers 1992; 1993/94; Schwartz 1994). Dieser Bau wird von Pfälzner (im Druck a) als Anlage zur kommunalen Vorratshaltung einer Dorfgemeinschaft gedeutet. Um ihn scharen sich zahlreiche kleinteilige Wohnhäuser, die dem Konzept der "Einzelraumhäuser" (vgl. Pfälzner 1994, 381 ff. 512 f.) zuzurechnen sind (Abb. 5-7).
120
TELL AL - RAOÄ'I Lovel3
N
t
48
~
54 -
Abbildung 5: Tall Raqä
P Pfälzner
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jtsds. v.Chr
Die Einzelraumhäuser bestanden in ihrem Ursprungsplan meist aus einem einzelnen Raum, der eventuell in einer fortgeschrittenen Nutzungsphase um einen Nebenraum erweitert werden konnte (Abb. 6-7). Die Häuser lassen keine systematische Anordnung erkennen, sondern sind frei über die Siedlungsfläche verstreut (Abb. 5). Ihnen fehlen im allgemeinen eigene Vorratsräume, Vorratsgruben oder größere Hofbereiche (Pfälzner, im Druck a). Die häuslichen Aktivitäten waren auf einen einzelnen, multifunktional genutzten Wohnraum und seinen gelegentlichen Nebenraum konzentriert (Pfälzner 1994, 386 f.). Die Haushalte dürften folglich nur kleine soziale Einheiten mit einem geringen Maß an häuslicher Vorratshaltung dargestellt haben. In dem großen Ovalbau in der Siedlungsmitte könnten folglich die Getreidevorräte der Haushalte des gesamten Dorfes kollektiv gelagert worden sein. Es ergeben sich zwei Möglichkeiten, die sozio-ökonomische Struktur dieser Bevölkerung zu deuten: Die Haushalte waren entweder permanent am Ort wohnhaft und führten ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten in Form einer korporativen Arbeitsgruppe aus (Pfälzner, im Druck a), oder sie waren nur saisonal an diesem Ort ansässig und besaßen eine nomadische Komponente, wie dies Frank Hole (1991) erwogen hat.
Haushaltsformen etablierten, läßt sich an Hand der bisherigen archäologischen Befunde noch nicht beurteilen. Da das Hauskonzept der Einzelraumhäuser nach der Periode Früh-Gazlra II verschwindet, läßt sich vermuten daß sich während der Früh-Gazlra II-Zeit zwei unterschiedliche Wohn- und Siedlungskonzepte chronologisch überlappten.
248
DIE PERIODE FRÜH-GAZlRA lilA
In der Periode Früh-Gazlra lila tritt ein neues Hauskonzept in Erscheinung, das der "Parzellenhäuser" (Pfälzner 1994, 514 f.). Sie sind am detailliertesten in Tall Chuera und Tall Bderi untersucht worden, d.h. in einem städtischen Zentrum und in einer kleinstädtischen Siedlung der Periode Früh-Gazlra lila (Dohmann-Pfälzner - Pfälzner 1997). Die Parzellenhäuser zeichnen sich durch standardisierte Grundstücksgrößen aus. Die normierten Frontbreiten der Häuser betragen 6 m, 7.5 m, 9 m, 12m und 15m. Diesen Normbreiten liegt das babylonische Längenmaß "nindan" zu Grunde. l nindan entspricht 6 Metern (Powell 1972; 1989), die Normbreiten belaufen sich folglich auf 1 nindan, 1 ~ nindan, 11/z nindan, 2 nindan und 2 1/z nindan (Abb. 8). Die Parzellenhäuser von Tall Chuera und Tall Bderi besitzen eine einheitliche Grundrißgestaltung. Sie bestehen aus einem Eingangskorridor mit einer mittig verlaufenden Entwässerungs rinne, einem Hof und einem Hauptraum, der meist neben dem Eingangskorridor parallel zur Gassenfront des Hauses liegt (Abb. 9-10).
Gassenfrontbreite
Abbildung 6: Tall Raqäci, Schicht 3, Einzelraumhaus der Periode Früh-Öazlra li.
Abbildung 7: Tall Raqäci, Schicht 3, Einzelraumhaus der Periode Früh-Öazlra II.
Ob die Bewohner der in der Phase Früh-Gazlra II entstandenen groß- und kleinstädtischen Siedlungen (Tall Lailän, Tall Bderi) in gleicher Weise organisiert waren oder ob sich parallel dazu an diesen Orten bereits andere
249
Maß in nindan
Einzeleinheiten
6m
1 nindan
1 nindan
7,5 m
1Y
1 nindan
+ 1 nikkas
9m
1% nindan
1 nindan
+ 1 qanO
12m
2 nindan
2 nindan
15m
2% nindan
2 nindan
+ 1 qanO
Abbildung 8: Gassenfrontbreiten der Parzellenhäuser der Periode Früh-Öazlra lila und ihre Entsprechungen im babylonischen Maßsystem.
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3 Jtsds. v .Chr.
P. Pfälzner
250
251
Fvntllonz.u».mmenkunft (muldfunkdO
Arbelu·
und Wohnhol
:-r-J TT I I ,.......................!
,/
/.
/'
-
Abbildung 10: Parzellenhaus der Periode Früh-Gazlra lila, Tall Chucra, Bereich K, Haus III, Phase 7 (Grabung 1995). ..
-..
'.
/
t
Sm
Nord
I
Abbildung 9: Parzellenhaus der Periode Früh-Gazlra Illa, Tall Bdcri, Haus XVII, Phase 17.
Die Parzellenhäuser spiegeln mit ihren standardisierten Gassenfrontbreiten eine institutionell gelenkte Zuteilung von städtischen Grundstücken wieder. Sie sind ein städteplanerisches Instrument, mit dessen Hilfe eine geregelte Anlage von städtischen Siedlungsvierteln durchgeführt wurde. Am Beispiel des Bereiches K, der sog. Grabungsstelle "Kleiner Antentempel" von Tall Chuera zeigt sich, wie durch Aneinanderreihung von Parzellenhausgrundstücken zu beiden Seiten von parallelen Gassen ein zentrumnahes Siedlungsviertel strukturiert wurde (Abb. 11). Die Untersuchungen im Jahr 1995 an den beiden in der Südostecke dieses Bereiches gelegen Parzellenhäusern III und IV zeigten, wie weitgehend die urbane Planung in diesem Siedlungsviertel durchgeführt wurde (Abb. 12). Die beiden Häuser besitzen eine einheitliche Gassenfrontbreite von jeweils 1 'A nindan, also 7,5 Metern. Die Anordnung und die Größe des Eingangskorridores sowie des daneben liegenden Hauptraumes stimmen in beiden Häusern überein. In beiden Fällen ist der Hauptraum durch eine Zwischenmauer in zwei gleich große Raumteile untergliedert. Stratigraphische Untersuchungen im Bereich der beiden Häuser hatten zum Ziel, das Alter des Parzellenhauskonzeptes zu bestimmen. Die Parzellenhäuser in diesem Viertel wurden zur Zeit der Schicht 7 angelegt (DohmannPfälzner - Pfälzner 1997). Sie ist der Keramikphase Chuera I C und damit
N
Vl
N
g> §-
...,=
~0:
g:= c . . ':' t'tl
_; [
G) Cl
t;:)rt ("t
C/1 C/1
::
(i ~
-· g.~
Cl)
~
~
"CC
0
g·
"CC
§?
o§:
2
N
:::
c.
(")
~ ~
>-;
~~
~:
:t
;><""0
~ ~
§,'"::1
§=§;
~ .
6<
~
t
=·
-~
0.:
Weststreifen
•f'I/S
rv 10- • rv 9
4(N
7ALL CHUER.A ,935 BEREI::H r.: S>e.::Hu~~spnase
5:
~ ~
§..
- - - ... ~·.,_eor--........
~
c :::
0.
;?::: 0
;?.
5c
J
·--·~
f:-r'r·
II~. i
I
><0~'"
260
I§ F'.
h
.ll
\y~\ ~: ~
I
'i
•
:;~~
\
10
~u;·
s
(ii'
2
"'...,
LEGENDe
).(:); 96
·~::r.
i
>0
N3 .... tve
rva ..
·Ni
'ü
1
= Gtosverouu
~
L,_j
= Lehmt>e1a9 = Lehrnsockt:!
~
= E:ntwässerunosonne
W
Dd IV 9
0"
5c;;· (]Q
I
rv
3
c...,
:::
\·
,,..
.1
i·
-;-"·__j
§:'
= Storung
~
:::- S1erne
L.::::j
<::-
!:::..:.:J :
0
N
(")
1 Lenrnoan\..
:::;::, 0.
(")
"' ....,
K eram,k
K>esefueta9
'-
u;-
0.
Abbildung 12: Parzellenhausviertel der Periode Früh-Gazlra IIIa, Tall Chuera, Bereich K Schicht Sc (Grabung 1995).
H
Herastelfe
T K
.::. TannUr = Koch:slel!t-
GM
= Gms.rnu1oe
LM
= LehmmuJOc:
"' <
()
...,0"
N
Ul
w
254
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3 Jtsds. v .Chr.
P. Pfälzner
255
der Periode Früh-Gazira IIIa zuzurechnen. Bislang sind dies die ältesten Befunde für Parzellenhäuser. Der Vergleich mit anderen Orten zeigt, daß offensichtlich in dieser Periode das ältere Hauskonzept der Einzelraumhäuser im gesamten nordmesopotamischen Raum durch das der Parzellenhäuser ersetzt wurde. Darin kommt ein tiefgreifender Wandel der städtischen Organisationsformen zum Ausdruck. Vorratsräume, die mit gesiegelten Türverschlüssen gesichert waren, und umfangreiche Reste von gelagerten Nahrungsvorräten in vielen Parzellenhäusern belegen ferner, daß diese Haushalte eine agrarische Subsistenzproduktion mit einem hohen Maß an wirtschaftlicher Selbständigkeit betrieben (Pfälzner, im Druck a). Dies steht in deutlichem Kontrast zu den Haushalten der älteren Einzelraumhäuser. Die urbanen Veränderungen scheinen folglich mit einem generellen Wandel der sozio-ökonomischen Struktur der nordmesopotamischen Bevölkerung einherzugehen7 . DIE PERIODE FRÜH-GAZIRA IIIB Am Ende der Periode Früh-Gazira Illa läßt sich an Hand der Siedlung von Tall Bderi ein Bruch aufzeigen, der möglicherweise lokaler Natur ist. Die Siedlung der Phase 14 wird -wahrscheinlich durch ein Erdbeben -zerstört. In der darauffolgenden Periode Früh-Gazira IIIb werden in dieser Stadt keine Parzellenhäuser mehr errichtet. In den Phasen 13 und 12 wird das ehemals dicht bebaute Siedlungsviertel am Südhang von jeweils nur einem einzigen Haus besetzt, das dem Konzept der "Zeilenhäuser" zuzurechnen ist (Pfälzner 1994, 507 f.). Der Mangel an permanenten Installationen in den Räumen, die großen Freiflächen, die großen unterirdischen Vorratsgruben außerhalb des Hauses und ein Vergleich all dieser Merkmale mit denjenigen moderner Zeilenhäuser in Nordsyrien legen nahe, daß diese Häuser von transhumanten Haushalten nur saisonal bewohnt wurden (Abb. 13). In der darauffolgenden Zeit der Schicht 11 in Tall Bderi werden die Zeilenhäuser wiederum durch zwei andere Hauskonzepte ersetzt. Es sind die "Doppelbogenhäuser" (Pfälzner 1994, 520 f.), von denen vier fast identische Beispiele den westlichen Teil des Siedlungsviertels besetzten (Abb. 14), und die "Kuppelhäuser" (ebenda 508 f.), von denen eines sich unmittelbar östlich an die Doppelbogenhäuser anschloß (Abb. 15). Eine funktionale Analyse (ebenda 346 ff.), die hier nicht ausführlich vorgestellt werden kann, hat ergeben, daß beide Hauskonzepte von sehr unterschiedlich organisierten HausDafl dies tatstiehlich ein Wandel und kein Bruch ist, zeigt zum Beispiel die Tatsache, daß trotz veränderter Häuser die Gassenverläufe der Stadtanlage von Tall Bdcri von der Periode Frilh-Gazlra II zu Illa unverändert bleiben. 7
t Nord
!. __ ~--- -----
Abbildung 13: Zeilenhaus der Periode Frilh-Gazlra Illb, Tall Bderi, Haus XII, Phase 12.
I -.
J
P. Pfälzner
256
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3 Jtsds. v.Chr.
/U,m~BF Room BG , '
"'IT
,. _
('
HofBW
'
··,,
·· ..
HafCB
Hof BQ
' '
'
I
~I
.· ... · .· .··
rrru:E t
. -··,
Nord
/
t Nord
Maßstab
Abbildung 14: Doppelbogenhaus der Periode Früh-Gazlra Illb, Ta II Bderi, Haus III, Phase II h.
':
....!'>-. •. J··.,.~ ....
1 : 100
Abbildung 15: Kuppelhaus der Periode Früh-Gazlra IIIh, Tall Bderi, Haus XI, Phase II.
:!
257
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3 Jtsds. v .Chr.
P. Pfälzner
258
halten bewohnt wurden. Das einheitliche Muster der Parzellenhäuser wurde folglich in der Periode Früh-Gazlra Illb durch ein variationsreicheres Spektrum an Hauskonzepten ersetzt. Dies spricht für eine Diversifikation der sozio-ökonomischen Organisationsformen der städtischen Bevölkerung. Die Städteplanerische Steuerung durch Grundstückszuweisungen scheint in Zusammenhang damit nachgelassen zu haben.
Kl. Antentempel Schicht l/3
HOF A
25
p
2B
0 aus: Moortoot · Moortoat·Corrons 1975, Plan IV
Abbildung 16: Siedlungsviertel der Periode Prüh-Gazlra Illb, Tall Chuera, Bereich K (Schichten 2-3) (nach: Kühne 1976, Plan I).
Abbildung 17: Siedlungsviertel der Periode Früh-Gazlra lllc, Tall Chuera, BereichE (sog. Steinbau V, Phase 1)
259
260
P. Pfälzner
In Tall Chuera läßt sich in der Periode Früh-ÖazTra lllb eine ähnliche Entwicklung beobachten. Im Bereich K wird in den Schichten 3-2 die regelmäßige Anlage des Siedlungsviertels in Zusammenhang mit dem Bau eines Kultraumes - des sog. "Kleinen Antentempels" - grundlegend verändert (Moortgat 1965; 1967; Kühne 1976, 19 ff. Plan I-11). Einige der älteren Parzellenhäuser werden durch Häuser mit abweichenden Grundrissen überbaut (Abb. 16). Hier wird folglich dieselbe Tendenz erkennbar wie in Tall Bderi, obwohl hier kein Bruch in Form einer umfassenden Zerstörung, sondern ein allmählicher Wandel vorliegt.
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jtsds.
FrühGazTra
Bderi
Chuera
Das vorgeschlagene neue Periodisierungsschema für das 3. Jtsd. v.Chr. in Nordmesopotamien entspricht nicht nur einer Abfolge und Entwicklung von Keramikgruppen, die im Bereich der Gazira chronologisch korrelierbar sind und dadurch die Grundlage der Periodisierung bilden. Mit den einzelnen Zeitstufen ist auch jeweils eine urbanistische Entwicklung verbunden. Diese äußert sich sowohl in den spezifischen Hauskonzepten als auch in den gene-
URBANE PROZESSE Abbruch der urbanen Tradition
DIE PERIODE FRÜH-GAZIRA lllc
ZUSAMMENFASSUNG
261
rellen urbanen Prozessen der Städte Nordmesopotamiens (Abb. 18). Für die Periode Früh-ÖazTra I ist die sog. Grill-Plan-Architektur typisch, die mit nicht-urbanen Siedlungsformen verbunden zu sein scheint. In der Periode FrühGazira II findet sich das charakteristische Konzept der Einzelraurnhäuser. In
IV
Noch weitergehende Veränderungen der städtischen Siedlungsstrukturen deuten sich in der Periode Früh-GazTra lllc an. Viele städtische Anlagen wie zum Beispiel der Tall Bderi - bestehen in dieser Phase, die mit der Akkad-Zeit zu parallelisieren ist, nicht mehr. In Tall Chuera belegen die Befunde der Phase I E ein Nachleben der urbanen Siedlung während der Periode Früh-GazTra Illc (Orthrnann 1986, 69). Der Bereich K war zu dieser Zeit nicht mehr besiedelt. Im Bereich E (sog. Steinbau V und "Töpferviertel ") ist demgegenüber in dieser Zeit eine deutliche Vergrößerung der Häuser zu beobachten (Moortgat - Moortgat-Correns 1975; 1978). Die Fläche von wahrscheinlich ehemals drei unterschiedlichen Häusern Ila, Ilb und Ilc (Pfälzner 1994, 442 ff.) wird jetzt von einem einzigen, großflächigen Haus eingenommen, dem sog. Steinbau V (Abb. 17). Als urbanes Kennzeichen für die Periode Früh-Gazira lllc läßt sich folglich eine innerstädtische Ausdünnung erkennen. Diese Entwicklung mündet in einer allmählichen Entvölkerun& der nordmesopotamischen Städte, die ihren Abschluß in der Periode Früh-Gazira IV findet. Für letztere Periode, die an das Ende des 3. Jtsds. zu datieren ist, erbrachten bisher nur der Tall Brak (Oates 1990) und möglicherweise auch der Tall Mozan (Buccellati - Kelly-Buccellati 1996) Besiedlungsnachweise.
v.Chr.
111 c
IE
innerstädtische Ausdünnung
111 b
lllb
13- 6
ID
Variation der Hauskonzepte
111 a
lila
20- 14
IC
Parzellenhäuser Grundstückszuweisung
II
II
25- 21
Einzelraumhäuser Stadtmauern
I
I
unter 25
Grill-Plan-Architektur Prä-urbane Siedlungen
Abbildung 18: Die Hauskonzepte und urbanen Prozesse innerhalb der Frilh-Gazira-Zeit Nordmesopotamiens. dieser Zeit entstehen die nordmesopotamischen Stadtanlagen, die sich bereits durch Stadtbefestigungen auszeichnen. Die Periode Früh-Gazira lila ist durch ein neu es Hauskonzept, das der Parzellenhäuser, gekennzeichnet. Damit ist eine institutionelle Grundstückszuweisung und ein hoher Grad an städtischer Planung verknüpft. Während der Periode Früh-Gazira Illb verschwindet das Konzept der Parzellenhäuser allmählich und macht einem breiten Spektrum unterschiedlicher Hauskonzepte Platz, worunter Zeilenhäuser, Doppelbogenhäuser und Kuppelhäuser zu nennen sind. In der darauffolgenden Periode Früh-Gazira Illc ist eine innerstädtische Ausdünnung der Stadtanlagen zu beobachten, die zumindest in Tall Chuera mit der Herausbildung großer repräsentativer Hausanlagen verbunden ist. Die urbane Tradition der frühbronzezeitlichen Gazira scheint in der Periode Früh-Gazira IV so weit abzubrechen, daß nur noch vereinzelte Städte bestehen.
P. Pfälzner
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jtsds. v.Chr.
In deutlicher Unterscheidung zur ersten städtischen Phase Syriens in Form der Urukkultur des späten 4. Jtsds., die eine exogene Urbanisierung darstellte, ist die zweite Phase der nordmesopotamischen Stadtkultur, diejenige der Früh-Öazira-Zeit, als endogene Entwicklung aufzufassen (Pfälzner, in diesem Band). Es wurden spezifische Hauskonzepte herausgebildet, die Bestandteile eigenständiger urbaner Prozesse Nordmesopotamiens waren. Dies sind vielschichtige Prozesse, die durch zahlreiche Phänomene des Wandels auf unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlichen Stadien der Entwicklung gekennzeichnet sind. Wir beginnen erst ansatzweise, diese Abläufe zu erkennen und zu verstehen. Deutlich wird dabei schon jetzt, daß die nordmesopotamische Gesellschaft kein statischer Körper war, sondern ein in kontinuierlichem Wandel begriffener Organismus. In vielen Fällen waren sozio-ökonomische Veränderungen die Ursache für städtischen Wandel, gleichzeitig wurden dadurch aber auch stetige Veränderungen des gesamten kulturellen Erscheinungsbildes Nordmesopotamiens bewirkt.
Dohmann-Pfalzner, H. - Pfälzner, P. 1997 Untersuchungen zur Urbanisierung Nordmesopotamiens im 3. Jt. v. Chr.: Wohnquartierplanung und städtische Zentrumsgestaltung in Tall Chuera, Damaszener Mitteilungen Band 9. Falkenstein, A. 1954 La Cite-Temple Sumerienne, Cahiers de I'Histoire Mondiale 1, 784-814. - 1974 The Sumerian Temple City, in: Sources and Monographs, Monographs in History: Ancient Near East 1/1, Los Angeles. Hole, F. 1991 Middle Khabur Settlement and agriculture in the Ninevite 5 period, C.S.M.S. Bulletin 21, 17-29. Kulemann, S. - Pfälzner, P. 1988 Die frühbronzezeitliche Keramik, in: P. Pfälzner, Tell Bderi 1985. Bericht über die erste Kampagne mit Beiträgen von C. Becker, H. Dohmann und S. Kulemann, DaM 3, 257-378. Lebeau, M. 1993 Tell Melebiya. Cinq campagnes de recherches sur Je Moyen-Khabour ( 1984-1988), Akkadica Supptementum 9, Leuven. Moortgat, A. 1965 Tell Chuera in Nordost-Syrien. Bericht über die vierte Grabungskampagne 1963, Wissenschaftliche Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft filr Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen Band 31, Köln/ Opladen. - 1967 Tell Chuera in Nordost-Syrien. Vorläufiger Bericht über die fünfte Grabungskampagne 1964, Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung Heft 6, Wiesbaden. Moortgat, A. - Moortgat-Correns, U. 1975 Tell Chuera in Nordost-Syrien. Vorläufiger Bericht über die sechste Grabungskampagne 1973, Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung Heft 8, Berlin. - 1976 Tell Chuera in Nordost-Syrien. Vorläufiger Bericht über die siebente Grabungskampagne 1974, Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung Heft 9, Berlin. - 1978 Tell Chuera in Nordost-Syrien. Vorläufiger Bericht über die achte Grabungskampagne 1976, Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung Heft 11, Berlin. Oates, J. 1982 Some late Early Dynastie III pottery from Tell Brak, lraq 44, 205-219. - 1990 Tell Brak in the Fourth and Third Millennia: From Uruk to Ur III, in: S. Eiehier - M. Wäfler - D. Warburton (Hrsg.), Tall ai-Hamldlya 2, OBO, Series Archaeologica 6, 133-147, Freiburg/ Göttingen.
262
BIBLIOGRAPHIE
Bretschneider, J. - Dietrich, A. (Hrsg.) 1994 Beydar. Mitteilungen über die Erforschung eines urbanen Zentrums im Norden Alt-Syriens 1, Münster. - 1995 Beydar. Mitteilungen über die Erforschung eines urbanen Zentrums im Norden Alt-Syriens 2, Münster. Buccellati, G. - Kelly-Buccellati, M. 1988 Mozan 1. The soundings of the first two seasons, Bibliotheca Mesopotamica 20. - 1996 Mozan/Urkesh: A New Capital in the Northern Djezireh, in: Summaries of the Papers, International Colloquium "The Syrian Djezireh: Cultural Heritage and Interrelations", Deir ez-Zor 22-25 April 1996, Damaskus, 34-35. Childe, G.V. 1950 The Urban Revolution, Town Planning Review 21,3-17. - 1952 New Light on the Most Ancient East, London. Curvers, H. - Schwartz, G.M. 1990 Excavations at Tell ai-Raqäci: a small rural site of Early Urban Northern Mesopotamia, AJA 94, 3-23. Deimel, A. 1931 Sumerische Tempelwirtschaft zur Zeit Urukaginas und seiner Vorgänger, Analeeta OrientaHa 2, Rom.
263
P. Pfälzner
264 Orthmann, W. 1986
The origin of Tell Chuera, in: H. Weiss (Hrsg.), The origins of cities in dry-farming Syria and Mesopotamia in the third millenium B.C., 61-70, Guilord, Connecticut.
Orthmann, W. et al. 1995
Pfälzner, P. 1986/87 a 1986/87 b 1988
1989/90 1990
- 1992-93
- 1994
in diesem Band
im Druck a
im Druck b
Powell, M.A. 1972 - 1989
Ausgrabungen in Tell Chuera in Nordost-Syrien I: Vorbericht über die Grabungskampagnen 1986 bis 1992, Saarbrücken. A Short Account of the Excavations in Tell Bderi 1985, AAAS 36/37, 276-291. The Excavations at Tell Bderi 1986, AAAS 36/37, 292303. Tell Bderi 1985. Bericht über die erste Kampagne mit Beiträgen von C. Becker, H. Dohmann und S. Kulemann, DaM 3, 223-386. Tall Bderi 1985-1987, in: Archäologische Forschungen in Syrien (4), AfO 36/37, 212-221. The Development of a Bronze Age Town, in: S. Kerner (Hrsg.), The Near East in Antiquity. German Contributions to the Archaeology of Jordan, Palestine, Syria, Lebanon and Egypt, 63-79, Amman. Wohnen vor 4500 Jahren. Ergebnisse der Ausgrabungen auf dem Tall Bderi, Nürnberger Blätter zur Archäologie 9, 49-62. Haus und Haushalt. Wohnformen des 3. Jtsds. v.Chr. in Nordmesopotamien, Habilitationsschrift, Martin-LutherUniversität Halle - Wittenberg, eingereicht 1994 (unpubliziert; erscheint demnächst in DaF). Die Erklärung städtischen Wandels, in: G. Wilhelm (Hrsg.), Die orientalische Stadt: Kontinuität- Wandel Bruch, Akten des 1. Internationalen Colloquiums der Deutschen Orient-Gesellschaft, CDOG 1. Redistributive, kommunale und häusliche Vorratshaltung im 3. Jtsd. v. Chr. am Unteren Häbur, in: H. Kühne (Hrsg.), Berichte der Ausgrabung Tall ~eh I:Iamad/ DurKatlimmu Band 5. Activity Areas and the Social Organisation of 3rd Millenium B.C. Households, in: J. de Roos - K.R. Veenhof (Hrsg.), Houses and Households in Ancient Mesopotamia. XXXX" Rencontre Assyriologique Internationale, Leiden. Sumerian area measures and the alleged decimal substratum, ZA 62, 165-221. Maße und Gewichte, RIA Band 7, 457-517.
Wandel und Kontinuität im Urbanisierungsprozeß des 3. Jtsds. v .Chr. Sanlaville, P. 1985
265
L'espace geographique de Mari, Mari. Annales de Recherches Interdisciplinaires 4, 15-26, Paris. - 1990 Pays et paysages du Tigre et de l'Euphrate. Reflexions sur Ia Mesopolarnie antique, Akkadica 66, 1-12. Schwartz, G.M. 1988 A Ceramic Chronology from Tell Leilan, Operation 1, Yale Tell Leilan Research I. - 1994 Rural Economic Specialization and Early Urbanization in the Khabur Valley, Syria, in: G.M. Schwartz - S.E. Falconer, (Hrsg.), Archaeological Views from the Countryside. Viilage Communities in Early Complex Societies, Washington - London, 19-36. Schwartz, G.M. - Curvers, H.H. 1992 Tell al-Raqäci 1989 and 1990: further investigations at a small rural site of Early Urban Northern Mesopotamia, AJA 96,3, 397-419. - 1993/94 Tall ar-Raqäci, in: Archäologische Forschungen in Syrien (5), AfO 40-41, 246-257. Strommenger, E. 1980 Habuba Kabira. Eine Stadt vor 5000 Jahren. Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft am Euphrat in Habuba Kabira - Syrien, Mainz. Van Driel, G. 1984 Gabal cAruda, in: Ausgrabungstätigkeit in Syrien (3), AfO 31, 134-137. Weiss, H. 1986 The origins of Tell Leilan and the conquest of space in third millenium Mesopotamia, in: H. Weiss (Hrsg.), The origins of cities in dry-farming Syria and Mesopotamia in the third millenium B.C., 71-108, Guilord, Connecticut. - 1990 a Tell Leilan 1989: New data for mid-third millenium urbanization and state formation, MDOG 122, 193-218. 1990 b "Civilizing" the Habur plains: mid-third millenium state formation at Tell Leilan, in: P. Matthiae - M. van Loon - H. Weiss (Hrsg.), Resurrecting the past. A joint tribute to Adnan Bounni, 387-407, Istanbul. Wilhe1m, G. - Zaccagnini, C. 1993 Tell Karrana 3, Tell Jikan, Tell Khirbet Salih, Baghdader Forschungen 15.
I ZENTRALANATOLISCHE STADTANLAGEN VON DER SPÄTBRONZEZEIT BIS ZUR MITTLEREN EISENZEIT KONTINUITÄT - WANDEL - BRUCH ?
Karin Bartl, Berlin
EINLEITUNG
Zentralanatolien, das heißt die Region östlich des K1zll Irmak mit den unmittelbar angrenzenden Gebieten (Abb. 1), bildet als Kerngebiet des hethitischen Reiches die Basis für die historische Überlieferung in Kleinasien. In den hier behandelten Zeitraum zwischen der Mitte des zweiten Jahrtausends und dem 7. Jahrhundert v. Chr. fallen die Entstehung des hethitischen Großreiches und dessen Expansion in den nordmesopotamisch-nordsyrischen
YHslhOyOk/Oordl neeoavurkal
I t
Abbildung I: Siedlungen der Spätbronze- und Eisenzeit in Zentralanatolien
268
269
K. Bart!
ZentraJanato Iische Stadtanlagen
Raum, der Zusammenbruch der spätbronzezeitlichen Staatenwelt und damit auch des Hethiterreiches um 1200, der Zeitraum des sog. "dark age" und die Entstehung der eisenzeitlichen Kleinstaaten um 900, von denen im genannten Gebiet vor allem das Reich der Phryger von Bedeutung ist. 1 Abtesbar ist der historische Ablauf in Zentralanatolien vor allem an den Befunden und Funden von Bogazköy/ljattusa, in weniger umfassender Form jedoch auch in Ma~at Höyük, Alaca Höyük, Ortaköy, Ku~akh, Kaman-Kalehöyük sowie in Ali~ar und den westlich gelegenen Orten Yassihöyük/Gordion und Gavurkalesi. Die Betrachtung dieser gemeinhin als "Städte" bezeichneten Orte erfordert jedoch vorab einige Anmerkungen zu diesem Begriff. 2 Primär stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit es sich bei den genannten Orten um "Städte" im Sinne moderner Definitionen handelt, bei denen Faktoren wie Funktion und Größe wichtige Klassifikationskriterien sind. Städte bilden Zentren mit bestimmten Funktionen, die vom Umland in Anspruch genommen werden. Bei diesen Funktionen handelt es sich in der Regel um nicht-agrarische Tätigkeiten, zu denen Dienstleistungen und Gütererzeugung über den Eigenbedarf hinaus gehören. 3 Zentrale Administration, zentraler Kult sowie Handels- und Marktaktivitäten sind als primär städtische Funktionen anzusprechen. Diese Funktionen bilden die Basis für die Zentralisierung, die wiederum die Bedeutung eines Ortes im Verhältnis zu anderen bestimmt. Die Plazierung eines Ortes innerhalb einer Siedlungshierarchie setzt die Kenntnis aller oder zumindest einer größeren Anzahl von zeitgleich besiedelten Orten innerhalb einer bestimmten räumlichen Einheit voraus. Die Stellung des Ortes innerhalb der jeweiligen Siedlungshierarchie wird primär durch seine Größe definiert, die in der Regel wiederum Art und Umfang der funktionalen Klassifikationen und die Größe der innerörtlichen Funktionsbereiche bestimmt. Das heißt, je größer eine Siedlung ist, desto eher wird sie eine Vielzahl von Funktionen innehaben.
Von den beiden genannten Determinanten Funktion und Größe ist aus dem archäologischen Zusammenhang erstere häufig nur schwer abzulesen. 4 Die Definition von Funktion hängt eng mit der Auffindung und Interpretation räumlicher Strukturen zusammen. Das Erfassen räumlicher Strukturen im Siedlungskontext erfordert in der Regel eine ausreichende Datenlage, d.h. beispielsweise die Kenntnis der flächenmäßigen Ausdehnung, der Bebauungsdichte, der Anzahl und Lage von Freiräumen, spezifischer Nutzungsbereiche, der Erschließungs- und Kommunikationssysteme und ähnlichem. Diese für rezente Siedlungsuntersuchungen selbstverständliche materielle Basis läßt sich im archäologischen Kontext in ihrem gesamten Umfang nur sehr selten erreichen. Archäologische Oberflächenuntersuchungen, die die Größenklassifikationen aller zeitgleichen Siedlungen ermöglichen, bilden grundsätzlich die Basis für die Einordnung eines Ortes als Zentrum, Subzentrum oder abhängige Siedlung. Der Umfang dieser verschiedenen Stufenkategorisierungen gibt wiederum Hinweise auf die Komplexität der gesellschaftlichen Ordnung. Archäologische Ausgrabungen geben zumeist Auskunft nur über einen bestimmten Siedlungsausschnitt Die Untersuchung innerörtlicher Siedlungsstrukturen muß daher von einer reduzierten Datenbasis ausgehen, bei der z.B. wesentliche räumliche Gliederungsfaktoren wie das übergeordnete Erschließungskonzept oft nicht oder nur ansatzweise bekannt sind. 5 Diese Problematik, die für viele ältere Ausgrabungen gilt, jedoch inzwischen vielfach modifiziert wird, erlaubt zumeist nur eingeschränkte Aussagen über die interne Gliederung archäologisch untersuchter Siedlungen - und das trotz teilweise großer Grabungsflächen. Für die Einordnung einer Siedlung als "Stadt" bleibt also in der Regel nur die Annäherung über den Faktor der gesamten Siedlungsgröße, der jedoch ein zu relativierender Aspekt sein kann (Dittmann, im Druck).
'Diese komplexen historischen Entwicklungen waren wiederholt Gegenstand zusammenfassender Betrachtungen, in denen stratigraphisch-chronologische Aspekte vorrangig waren (s. z.B. Bittel 1977; Bittel 1983; Otten 1977, Otten 1983; Hoffner 1992). 2
Stadtforschung, d.h. die Untersuchung innerörtlicher Strukturen und das Verhältnis von Stadt zum Umland ist im anatolischen Raum bisher erst vereinzelt durchgeführt worden. Der erstgenannte Aspekt erfordert großräumig freigelegte Siedlungstlächen, die nur durch langjährige Ausgrabungen erzielt werden können, der zweite Aspekt Obertlächenuntersuchungen räumlich definierter Einheiten. 3
Hofmeister 1980: 143.
4Zur Problematik der Feststellung struktureller Einheiten bzw. funktionaler Zusammenhänge s.a. Dittmann, im Druck. 5 In
den vergangenen zwanzig Jahren wurden jedoch in einigen archäologischen Langzeitprojekten Vorderasiens stadträumliche Fragestellungen in den Mittelpunkt der Untersuchungen gestellt, die durch ihre umfassende Datenlage weiterreichende Interpretationen erlauben. Als wichtiges Beispiel ist z.B. Tell Munbäqa am nordsyrischen Euphrat zu nennen, für das kürzlich eine Strukturanalyse erstellt wurde (Heinz, im Druck a, b).
270
Zentralanatolische Stadtanlagen
K. Bart!
GROSSREICHSZEIT
Größe und Funktion Das archäologisch leichter faßbare Merkmal der Größe ergibt für die folgenden fünf Siedlungen zwei Größenklassen: Die erste umfaßt ausschließlich Bogazköy /ljattusa, dessen maximale Ausdehnung am Ende der Großreichszeit Ende des 13. Jahrhunderts bei 167 ha liegt (Naumann 1971: 213) (Abb. 2). 6 A
El
C
0
(
F
I
J
~
l
~
II
0
r
Q
Fl
S
1
U
V
W
X
V
l
U
" (/
( ~'
(' ~1
II
"
271
Die zweite Gruppe bilden Ku§akh mit 18,2 ha (Müller-Karpe 1995· 6). Ma§at Höyük mit ca. 10,2 ha (Özgü<; 1978: 51) und Ortaköy mit 8,5 ha (Gates 1996: 297f.). Alaca Höyük und Kaman-Kalehöyük umfassenjeweils etwa 5 ha. 7 Dieses Siedlungssystem mit scheinbar nur zwei Größenklassen dürfte sicher nicht den tatsächlich ursprünglich vorhandenen Gegebenheiten entsprechen und ist auf das bereits erwähnte weitgehende Fehlen von Regionalsurveys zurückzuführen. 8 Die Funktion der Orte läßt sich vor allem Textfunden entnehmen, die aus Bogazköy/ljattusa, Ma§at Höyük, Ortaköy und Ku§akh vorliegen. ljattusa bildete die Hauptstadt und das zentrale Verwaltungs- und Kultzentrum des Hatti-Reiches (zusammenfassend Bittel 1970; Neve 1982; 1992). Ma§at/ Tabigga war Sitz eines dem Großkönig verantwortlichen "Provinzstatthalters" (Özgü<; 1982). Auch Ortaköy ist durch ein Archiv als administratives Zentrum ausgewiesen, das mit Sapinuwa identisch sein soll (Süel 1992; Gates 1996: 297f.) In Ku§akh, in dem das hethitische Sarissa vermutet wird (Wilhelm 1995: 37ff.), ist wohl ein zentraler Kultort zu sehen. In den hethitischen Siedlungen ohne Textfunde, Alaca Höyük und Kaman-Kalehüyük, ist eine Funktionsbestimmung des Ortes schwieriger. Allerdings weisen Art und Größe von Architekturkomplexen sowie bestimmte Fundgruppen ebenfalls auf übergeordnete Funktionen und lassen daher eine Deutung als Zentrum
" 7 Die mit Ausnahme von Bogazköy/tlattu~a relativ geringe Stadtgröße ist ein durchglingiges Merkmal zentralanatolischer Anlagen, das bereits seit der Frühbronzezeit eine Konstante anatolischer Siedlungsentwicklung bildet. Die von M. Korfmann zusammengestellte Größentabelle chalkolithischer und frühbronzezeitlicher Orte zeigt, daß die Siedlungsflächen sich zwischen 3 und 9 habewegen (Korfmann 1979: 222, Abb. 353). Agglomerationen wie im mcsopotamischen Raum des ausgehenden4. und des 3. Jts. v. Chr. tinden sich in Amltolien nicht. Zum Vergleich: Die Minimalwohnflliche Uruks wird für den Zeitraum des späten4. Jt. v.Chr. auf 200 ha geschätzt. Hierbei sind innerörtliche ii!Tcntlich genutzte und unbebaute Flächen nicht eingerechnet (Nissen 1995: 476, Fn 14). Ma~kan-säpir/Tcll Abu Duwari umfallt im 2. Jt. v. Chr. 56 ha (Stonc I990: I41 ). Als Minimalgröße für ein urbanes Zentrum in Mcsopotamien wurden 40 ha definiert (Adams 198 I: 138).
. l,
'~i[
Abbildung 2:
Bogazköy/ljattu~a
in der jüngeren Großreichszeit (Neve 1992).
6 Die genutzte Stadtfläche dürfte in der älteren Grollreichszeit geringer gewesen sein, da erst unter Tut!Jaliya IV. (nach 1259) eine letzte intensive Bautätigkeit einsetzte.
8 Scit etwa zehn Jahren verändert sich diese Situation durch eine zunehmende Anzahl von Oberflächenuntersuchungcn, die wmeist im engeren und/oder weiteren Umfeld bekannter Grabungsorte durchgeführt werden. So werden beispielsweise im Gebiet des Ktzll InnakBogcns seit einigen Jahren regionale Untersuchungen bei Ali~ar (Gorny 1995; 1996) und am Kcrkcnes Dag unternommen (Summers et al. 1995: 43fT.). Im Gebiet von Bogazkiiy wurde 1994 ein Survey durchgeführt, bei dem zahlreiche hethitische Siedlungsplätze festgestellt wurden (Seeher 1995: 625). Im westlich des Ktztl Irmaks gelegenen Gebiet Zcntralanatoliens wurden Untersuchungen in der Region sowie im Stadtgebiet von Yassihöyük/Gordion durchgeführt (Sams, Voigt 1989: 821'.; Gates 1995: 227). Seit 1993 findet ein Survey auf Gavurkalcsi statt (Gates 1995: 221; 1996: 298).
K. Bart!
272
zu. In Alaca Höyük (II) wird ein größeres Gebäude als Tempel-Palast gedeutet (Bitte! 1976: 161). Die Funktion von Kaman-Kalehöyük (111) wird aus dem ergrabenen Architekturkomplex vorerst noch nicht deutlich. Ebenso wie Alaca Höyük ist auch dieser Ort von einer Verteidigungsmauer umgeben (Gates 1996: 297), was auf eine bedeutendere Siedlung hinweisen dürfte. Auch die Funde, zu denen sehr qualitätvolle Keramik, Bronzegefäße sowie Siegel und Bullen gehören, sprechen für einen zentralen Ort (Mori, Omura 1995: lff.). In allen genannten Orten finden sich also Einrichtungen, die mit administrativen, repräsentativen und kultischen Funktionen zu verbinden sind und die eine Definition als "Stadt" erlauben würden. Funktionen wie (nichtspezialisierte) Produktion, Handel und Wohnen sind dagegen nur selten nachweisbar. 9
Zentralanatolische Stadtanlagen
273
BUYUKKALE AT THE END OF Tf IE EMPIRE IC. 1200 B.C.) DRAWN IN 1%6
,,t"r----
,:
,'I UPP[R ,'I COURr /
!
I' . c
' •
DIE SONDERROLLE BOÖAZKÖY /ljATTUSAS
Die hethitische Kapitale Bogazköy/ljattusa ist die Stadt, aus der die mit Abstand größte Menge an philologischen und archäologischen Informationen stammt. 10 Die Stadt gliedert sich in mehrere topographische Einheiten, die jeweils durch Umfassungsmauern voneinander getrennt sind: die Erhebungen Büyükkaya und Büyükkale die nordwestlich von Büyükkale gelegene Unterstadt die südlich gelegene Oberstadt In der älteren Großreichszeit (15./14. Jh.) bilden Büyükkale und Unterstadt die Siedlungsbereiche. 11 Auf Büyükkale (Bk IVa/b) lassen sich zwei Punktionsbereiche erkennen: im Süden die Unterburg mit Wohn- und Wirtschaftsbauten, die Teil eines Stadtviertel waren und im Norden die (schlecht erhaltene) Oberburg, in der das palatiale bzw. administrative Zentrum vermutet wird. Dieses Gebiet war durch Stützmauern im Nordosten eingegrenzt, jedoch nicht vollständig befestigt. In der jüngeren Großreichszeit (Schicht Bk III/13. Jh.) (Abb. 3) wird der Burgberg völlig umgestaltet. Innerhalb einer allseitigen starken Ummauerung
9 ln Bogazköy wurden Töpferwerkstätten zwischen den Tempeln der Oberstadt entdeckt, die wohl vor allem den Get1illbedarf der Tempel deckten (Müller-Karpe 1988; Parzinger, Sosa
1990). 10
Die folgende kurze Zusammenli1ssung basiert auf Bittel 1970; Neve 1982, 1992.
11 Ein weiterer befestigter Siedlungskomplex, der gegenwärtig untersucht wird, liegt auf Büyükkaya (Seeher 1995: 600 ff.).
i
\ Abbildung 3: Bogazküy/tiattusa - Büyiikkalc III (Bittel 1970).
K. Bart!
Zentralanatolische Stadtanlagen
entsteht eine Palastanlage, die durch vier Höfe gegliedert ist. Im oberen Bereich wird der Repräsentations- und Privatbereich vermutet, im unteren Burgbereich der administrative sowie der dem internen Palastbetrieb vorbehaltene Komplex mit Werkstätten, Wachräumen etc. Archive fanden sich in A, E und K. Gebäude C und J werden als kleinere Kultbereiche, eventuell für Wasserkult, gedeutet. In der ummauerten Unterstadt stellt Tempel I die beherrschende Anlage dar. Es handelt sich um das zentrale Heiligtum der Stadt. Der Gesamtkomplex, auf einer monumentalen Terrasse errichtet, besteht aus dem eigentlichen Heiligtum mit Doppelcella, umliegenden Raumreihen, in denen sich Magazine, Archivräume und eventuell Schreine für niedere Gottheiten befunden haben, sowie dem jenseits einer Straße liegenden Komplex 1 (im Südwesten). Letzteres wurde wohl vom Tempelpersonal genutzt. Insgesamt umfaßt Tempel I mehr als 2 ha Fläche. Nordwestlich angrenzend an den Tempel befindet sich ein Wohnviertel mit größeren, durch Straßen gegliederten Hauskomplexen, dessen Gründung bereits in Bk IVb erfolgte (Neve 1975: 30ff.). Im Süden von Büyükkale entstand die Oberstadt - ein von einer Doppelmauer umschlossenes Gebiet mit mehreren großen Toranlagen. Dieses Gebiet weist mehrere Erhebungen auf: Yemcekale, Sankale und Ni~antepe sowie ein südlicher gelegenes TempelareaL Auf Ni~antepe ist der sogenannte Westbau, ein Verwaltungsgebäude mit dem dort gefundenen Palastarchiv hervorzuheben. Das Tempelareal umfaßt zahlreiche Kultbauten, die in jeweils geringem Abstand voneinander liegen und ähnliche Grundrißkonstruktionen aufweisen. In der letzten Phase der Stadt entstanden im Süden des Tempelbereiches zahlreiche einfache Profanbauten, bei denen es sich um Werkstätten und Speicher handelte (Müller-Karpe 1988; Parzinger, Sosa 1990). Für die Besiedlungsstruktur des jüngergroßreichszeitlichen ljattu~a lassen sich also folgende Merkmale zusammenfassen: Das Stadtgebiet ist nicht nur durch geomorphologische Gegebenheiten stark zergliedert, sondern auch durch die Umfassungsmauern, die die o.g. topographischen und funktionellen Einheiten voneinander trennen. Das Erschließungssystem nimmt Bezug auf die Stadttore und Sakralanlagen und entspricht damit den Erfordernissen der kultischen Handlungen (Prozessionen). Palast und kultisches Zentrum sind räumlich getrennte Einheiten. Der palatiale Komplex befindet sich in abgeschlossener, hervorgehobener Lage.
In den palatialen Komplex ist der administrative Bereich integriert. Daneben sind kleinere administrative Einheiten auch außerhalb des palatialen Komplexes in den Tempeln vorhanden. Die eigentlichen Stadtbereiche werden von Sakralanlagen dominiert, von denen der Unterstadttempel I der zentrale Kultort war. Wohngebiete finden sich nur im Randbereich der ummauerten (Unter)-Stadt. Werkstätten/Produktionsstätten liegen im Tempelgebiet und scheinen ausschließlich spezialisierter Fertigung für Tempelzwecke zu dienen. Neben der exponierten Lage des Herrschaftsbereiches bildet die zentrale Rolle der Tempel, die bereits auf althethitische Zeit zurückgeht (Haas 1994: 618f.) den auffälligsten Aspekt. Diese dem Palast zugeordneten Institutionen bildeten autonome Wirtschaftseinheiten mit eigenem Grundbesitz und dienstverpflichteten Bauern. Gleichzeitig dienten sie als staatliche Verwaltungszentren (Klenge! 1989: 240). Die Ausweitung des sakralen Bereichs in der Oberstadt ist im Zusammenhang mit kultischen Reformen zu sehen ist, die bereits unter ljattu~ili III. beginnen und unter Tutgaliya IV. verstärkt fortgesetzt wurden. Es wurde vermutet, daß auch außenpolitische Ereignisse eine Rolle bei dieser Entwicklung gespielt haben. Die mit den hethitischen Gebietsannexionen in Nordsyrien/Nordmesopotamien einhergehende Zunahme von Gütern (Beute und Tribute) im hethitischen Kernland und insbesondere in der Hauptstadt ljattu~a machte Huldigungen an hethitische und neue Götter notwendig. Der Neubau von Tempeln und die Erweiterung der Sakralanlagen in Ijattu~a sind demnach Ausdruck dieser Entwicklungen (Kiengel 1991: 45ff.). Hattu~a weist also in der jüngeren Großreichszeit eine Sonderentwicklung auf: Zwar handelt es sich um einen zentralen Ort großer Ausdehnung, in dem administrative und kultische Funktionen konzentriert wurden -, andere Aktivitäten wie nicht-tempelgebundene Wirtschaft und Handel lassen sich jedoch im archäologischen Befund nicht nachweisen und sind offenbar auch in den Textquellen eher selten. Die Absenz dieser gemeinhin ebenfalls als "städtisch" angesprochenen Funktionen und das weitgehende Fehlen von Wohnbesiedlung 12 könnten daher dazu veranlassen, Hattu~a nur mit Einschränkungen als "Stadt" zu definieren. Der skizzierte Baubefund im großreichszeitlichen ljattu~a steht damit am Ende einer Entwicklung, die eine Modifikation mit älteren anatolischen Sied-
274
275
12 Beide Funktionen werden außerhalb der Ummauerung, jedoch in unmittelbarer Nähe der Stadt vermutet (Klenge! 1991 ).
276
K. Bart)
lungsformen darstellt, das auf einer räumlichen Trennung von palatialem/ administrativem Komplex und Wohnsiedlung sowie der Befestigung einer oder beider Bereiche basiert. Dieses Schema findet auch im kleineren großreichszeitlichen Zentrum Ma~at Höyük Anwendung. Hier liegt der palatiale/administrative Komplex an hervorgehobener Stelle der Siedlung. Möglicherweise gehört auch Ku~akh in dieses Schema. Ein administrativer Komplex befindet sich dort an hervorgehobener Stelle der Siedlung. Eine Sonderform bildet Alaca Höyük, wo das als "Tempelpalast" bezeichnete große Gebäude inmitten von Wohnhäusern unmittelbar am Stadttor liegt. Das traditionelle anatolische Siedlungsschema, das eine ausgeprägte soziale Differenzierung ausdrückt, jedoch den kultischen Bereich nicht übermäßig hervorhebt, wird in ljattu~a während der Großreichszeit durch ein neues Konzept ersetzt, in dem dem kultischen Bereich überragende Bedeutung zukommt. Die konzeptionelle und bauliche Struktur des jüngergroß reichszeitlichen Hattu~a stellt eine durch politisch-religiöse Gründe motivierte Sonderentwi;klung kleinasiatischer Stadtgeschichte dar, die durch einen in verschiedenen Stadtbereichen nachgewiesenen Zerstörungshorizont endet. DAS "DUNKLE ZEITALTER"/FRÜHEISENZEIT
Auf den wohl durch interne und externe Gründe verursachten Kollaps des hethitischen Großreiches folgt ein mehrhundertjähriger Zeitraum, in dem sich bisher fast keine permanente Besiedlung nachweisen ließ. Dementsprechend wurden für diesen Zeitraum lange überwiegend nomadische Lebensformen angenommen (Akurgal 1983: 67ff.; Bittel 1983: 25ff.). Neuere Grabungsergebnisse aus verschiedenen Orten widerlegen dieses eindimensionale Bild jedoch. Früheisenzeitliche Schichten sind inzwischen in Yassihöyük/Gordion (Sams, Voigt 1989: 80f.; Gunter 1991: 2; Sams 1994: 19ff.; Voigt 1993: 302f.), Kaman-Kalehöyük (Mori, Omura 1995: 12; Gates 1996: 297) und Bogazköy (Seeher 1995: 612ff.; Bayburtoglu 1994: 324f.) belegt. In Gordion wurde in verschiedenen Sondagen unterhalb der phrygischen Besiedlung, z.B. unterhalb der Megara 10 und 12, eine durchgehende Besiedlung zwischen der Spätbronze- und der Früheisenzeit nachgewiesen. In Kaman-Kalehüyük liegt am Ende der großreichszeitlichen Schicht III ein Brandhorizont, auf den eine Übergangsperiode mit kleineren Bauten folgt. In Bogazköy finden sich früheisenzeitliche Reste auf Büyükkaya. Gemeinsames Kennzeichen dieses Horizontes ist handgemachte Keramik. Trotz dieser veränderten Datenlage lassen sich weiterreichende Aussagen hinsichtlich der Besiedlungs- und Siedlungsstrukturen derzeit noch nicht treffen.
Zentralanatolische Stadtanlagen
277
DIE MITTLERE EISENZEIT
Erst für das 8. und 7. Jahrhundert läßt sich im zentralanatolischen Raum wieder eine verstärkte Siedlungstätigkeit nachweisen. Eisenzeitlich-phrygische Schichten und Funde sind aus folgenden ergrabeneo Orten bekannt: Bogazköy, Alaca Höyük, Pazarh, Ali~ar, Ku~akh, Kaman-Kalehöyük und Kültepe. Westlich des KIZII Irmak sind neben Gordion, Polath und Gavurkalesi zu nennen. Alle anderen phrygischen Orte, u.a. Sarhöyük liegen weiter westlich außerhalb des Untersuchungsrahmens. Nur die Befunde in Bogazköy, Ali~ar und Gordion erlauben weiterreichende Aussagen über die stadtdefinierenden Faktoren Größe und Funktion.
Größe und Funktion In phrygischer Zeit scheinen die flächenmäßig größten Orte im phrygischen Kernland am Sakarya/Sangarios zu liegen. Die phrygische Hauptstadt Yassihöyük/Gordion ist jetzt die mit Abstand größte Siedlung. Die beiden bisher untersuchten Hügel "City Mound" und Küc;:ük Höyük umfassen 10 ha (Gunter 1991: 1) bzw. ca. 5 ha. Kürzlich durchgeführte Geländebeilungen in der Umgebung dieser beiden Teils haben jedoch ergeben, daß die Gesamtsiedlungsfläche bei etwa 100 ha liegt. Die beiden Siedlungshügel bilden dabei exponierte Bereiche eines großen Stadtgebietes, das sich in der Ebene um diese Hügel ausbreitet (Gates 1995: 227) (Abb. 4). Gavurkalesi, eine auf einem natürlichen Felsrist gelegene Burganlage, weist mit den umliegenden künstlichen Terrassen in phrygischer Zeit eine Größe von ca. 60 ha auf (Gates 1996: 298). Im hethitischen Kernland ist Bogazköy weiterhin der größte Ort. Schicht Bk II (8./7. Jh. v .Chr.) um faßt ca. 25 ha, Schicht Bk I (Mitte 7 ./6. Jh. v .Chr.) etwa 30 ha. 13 Zur Gruppe der kleineren Orte mit wahrscheinlich weniger als 5 ha Siedlungsgrößegehören Alaca Höyük, Ma~at Höyük, Ali~ar Höyük, Ku~akh und Kaman-Kalehöyük. 14 Die Funktion läßt sich aufgrund des FehJens von Schriftquellen und des zumeist fragmentarischen Erhaltungszustands der Architektur nur im Fall von Gordion, Bogazköy/BK I und Ali~ar Höyük feststellen.
13
Die Besiedlung von Büyükkaya ist hier nicht einbezogen.
14 In keinem Fall erlauben Forschungs- oder Publikationsstand die Angabe genauer Flächengrößen. Es handelt sich um einen Schätzwert.
278
K. Bart!
Zentralanatolische Stadtanlagen
BUYUKKALE lfl
LAJ(fl ..... h
PIHHGIAil .... hl
EHA ~:!.mit/
UDiol
Abbildung 4: Stadtgebiet von Yassihüyük/Gordion (Gunter 1991).
In Bogazköy bleibt Büyükkale weiterhin der zentrale Siedlungsbereich. Die ältere Schicht II (Bk IIb-a) ist durch eine eher unzusammenhängende Bebauung kleiner "Grubenhäuser" auf dem nicht-befestigten Burgberg gekennzeichnet, die wenig Differenzierung erkennen und als domcstikale Strukturen zu bezeichnen sind. Wohnzwecken diente auch die unstrukturierte Bebauung im Stadtgebiet. Ein kleiner Kultbereich liegt in der Unterstadt im Gebiet des älteren Tempels I.
("
\
/
( Abbildung 5: Bogazköy/l)attusa - Biiyiikkale I (Bittel 1970).
279
K. Bartl
Zentralanatolische Stadtanlagen
Schicht Bk I (7 ./6. Jh.) knüpft mit der massiven Befestigung an ältere Traditionen an (Abb. 5). Der Palastkomplex befindet sich wieder auf der Oberburg. Wohn- und Wirtschaftskomplexe schließen sich westlich und südlich an. Ein Kultbereich liegt in der Nische des Osttores. Ein kleinerer befestigter Bereich mit anschließenden Wohnbauten findet sich außerdem auf der Südburg am Ni~antepe. Die ältere eisenzeitliche Bebauung in Bogazköy ist also von vollkommen anderer Struktur als die der Großreichszeit und offensichtlich ohne übergeordnete Planung angelegt. Die Lage des administrativen Zentrums im stark befestigten separierten Burgbereich in Bk I schließt zwar an ältere Traditionen an, unklar ist jedoch die Funktion der umliegenden Bauten, die wohl als einfache Wohnbebauung zu deuten ist. Die untergeordnete Rolle von Religion und Kult zeigen der geringe Umfang und die wenig exzeptionelle Lage kultischer Einrichtungen im Wohngebiet und im Torbereich der Akropolis. Ali~ar Höyük ist in zwei Bereiche unterteilt: einen stark befestigten, erhöhten Bereich mit radial angeordneter Bebauung sowie ein befestigtes Unterstadtgebiet mit Wohnbebauung. Der als Herrschersitz interpretierte "Akropolisbereich" nimmt ein älteres Bauschema auf, das sich seit dem Chalkolithikum in modifizierter Form immer wieder findet. M. Korfmann definierte diese Form von radialer Bebauung innerhalb einer Umschließungsmauer als "anatolisches Siedlungsschema" (Korfmann 1979: 222ff.). Eine völlig anders geartete morphologische Struktur weist die phrygische Hauptstadt Yassihöyük/Gordion auf. Dieser Ort, seit 1950 kontinuierlich untersucht, besteht aus mehreren topographischen Einheiten: dem "City Mound", dem Küc;ük Höyük und dem Gräberfeld mit seinen zahlreichen Tumulusbestattungen. Die bereits erwähnte Besiedlung in der Ebene zu Füßen der beiden Teils ist bisher nur durch Oberflächenfunde belegt. Auf dem "City Mound" zeigt die ältere eisenzeitliche Phase kurz vor der den Kimmerern zugeschriebenen Zerstörung um 700 v. Chr. eine monumentale geplante Bebauung innerhalb einer massiven Ummauerung (Abb. 6). Das Stadttor mit den anschließenden Torbauten ist von überdimensionaler Größe und knickachsig angelegt. Auffälligstes Merkmal ist die Megaronform aller innen! iegenden Bauten. Der innere Stadtbereich gliedert sich in 3 Zonen: Die nördlich des Tores gelegene erste Zone, durch eine Mauer in zwei Höfe unterteilt, wird durch freistehende Megara eingenommen. Zone 2 bildet das westlich davon gelegenes Gebiet mit den TB und CC-Bauten. Zone 3 im Norden stellt die sogenannte Bastion dar, in der sich das PPB befindet. Die Gesamtanlage, insbesondere die TB- und CC-Bauten, ist einheitlich geplant. Vor der Errichtung des TB wurde eine 2m hohe Terrasse aufgeschüt-
tet. Von dieser Plattform, auf der das TB errichtet wurde, führt eine Treppe zur Bastion. TB und CC werden durch eine breite Straße erschlossen. Zone 1 wird aufgrund der reichen Funde in Megaron 3 als Königsresidenz gedeutet, Zone 2 soll der zentralen Textil- und Nahrungsproduktion vorbehalten gewesen sein. Zahlreiche Herd- und Ofenstellen, Mahltische, Mehlbehälter, sehr viele Gefäße sowie Flora- und Faunareste deuten daraufhin. Inwieweit PPB als administrativer Bereich zu deuten ist, muß vorerst offenbleiben.
280
281
'
. '.
I \'
\
'
CD
"' '
GORDION EARLY PIHWGIAN CITADEL PHASE OF CA. 700 ß.C.
'" ' / ' \' '
'
/'
Abbildung 6: Yassihöyük/Gordion um 700 v. Chr. (dcVries 1990).
'
283
K. Bart!
Zentralanatolische Stadtanlagen
Es handelt sich hier also um Repräsentations- und Versorgungsräume im palatialen Bereich, wobei vor allem die der Nahrungsproduktion zugewiesenen Räume eine große Anzahl zu versorgender Personen nahelegt. Kultbauten wurden bisher, ebenso wie einfache Wohnbauten, nicht freigelegt. Die bisher untersuchten Strukturen auf dem "City Mound" in Gordion zeigen also das geplante Residenzviertel der Stadt. Kultbauten, nicht-palastgebundene Produktions/Handwerksbereiche, Handelsplätze sowie Wohnbebauung sind wohl im Küc;:ük Höyük und im großflächigen Stadtgebiet angesiedelt. Die Megaronform der Gebäude weist auf einen ägäischen bzw. westanatolischen Ursprung hin. 15 Die bisher ergrabenen mitteleisenzeitlichen Stadtanlagen Zentralanatoliens sind in ihrer Struktur noch heterogener als die Orte der späten Bronzezeit. Eine Klassifizierung in einzelne Gruppen mitjeweils vorherrschenden Merkmalen verbietet sich daher. Einziges verbindendes Kennzeichen aller im KlZII Irmak-Bogen liegenden Orte bildet die vergleichsweise schlechte Bauqualität, die reduzierte Hausgröße sowie das Fehlen von Monumentalarchitektur.
Die spätbronzezeitlichen Schichten Yassihöyüks sind bisher nur an wenigen Stellen angegraben worden. Die mächtige Überlagerung des 1. Jt. v. Chr. wird eine großräumige Freilegung auch in Zukunft nicht gestatten. Es ist jedoch anzunehmen, daß der Ort im 2. Jt. weniger exponiert war als in der Eisenzeit, wo mit der Planung und Ausgestaltung der phrygischen Hauptstadt Gordion dieser Siedlungsplatz eine überregionale Bedeutung erfährt. Die Größe des Stadtgebietes und die komplexe Monumentalbebauung der Zitadelle sind daher, trotzder nachgewiesenen ungebrochenen Siedlungsabfolge, als Neubeginn in der Siedlungsgeschichte von Yassihöyük zu interpretieren, die mit dem Aufstieg Phrygiens zur Regionalmacht in Kleinasien verbunden ist. Fraglich ist, welche Bewertung diesen Veränderungen in der Siedlungsgeschichte beider Orte zukommt. Lange Zeit erschienen die archäologisch zu ermittelnden Gegebenheiten eher auf einen Siedlungsabbruch, längeren Hiatus und anschließende, vollkommen veränderte Neubesiedlung hinzudeuten. Die seit etwa zehn Jahren verstärkt unternommenen Untersuchungen an früheisenzeitlichen, d.h. prä- und/oder frühphrygischen Schichten, nicht nur in Bogazköy und Yassihöyük, sondern auch in kleineren Siedlungen, verändern diesen Eindruck jedoch inzwischen. Es scheint gegenwärtig eher, daß sich der Übergang von Spätbronze- zu Eisenzeit zwar mit deutlichen Veränderungen, jedoch wesentlich weniger abrupt vollzog als ursprünglich vermutet. Die phrygische Bebauung der hier behandelten Orte ist geprägt durch das Nebeneinander verschiedener Bau formen, die auf verschiedenen Traditionen basieren. Während die Hauptstadt Yassihöyük/Gordion eine geplante Anlage mit westanatolisch/ägäischen Bauformen darstellt, zeigt Ali~ar das traditionelle Bild einer anatolischen Siedlung. In Bogazköy läßt sich eine Vermischung zentralanatolischer und westlicher Elemente beobachten. Schwieriger noch als die morphologischen sind die strukturellen Ähnlichkeiten bzw. Abweichungen zu erkennen. Hierbei bilden Definitionen von Funktionsbereichen, deren Lage, räumliche Gliederung und Anordnung die wichtigsten Kriterien. Der momentane Kenntnisstand erlaubt für alle hier behandelten Siedlungen bisher nur sehr eingeschränkte Aussagen. Das spätbronzezeitliche Bogazköy/Ijattusa erscheint danach in seiner letzten Phase als ein Ort, in dem, neben den seit jeher hier angesiedelten repräsentativ/administrativen Funktionen, kultischen Belangen überproportionale Bedeutung zukommt. Religion und Kult stellen zwar auch in der älteren Großreichszeitund wohl auch in althethitischer Zeit zentrale Faktoren in Ijatti dar - der Bedeutungszuwachs am Ende der Großreichszeit ist jedoch unübersehbar. Ob die vorrangige Stellung von Religion und Kult mit der Zerstörung Bogazköy/Ijattusas sofort beendet wurde, ist gegenwärtig noch unklar. Veränderungen hinsichtlich dieses Siedlungsaspektes lassen sich jedoch für
282
ZUSAMMENFASSUNG
"Kontinuität - Wandel - Bruch", diese drei Begriffe bzw. Fragen erfordern im vorliegenden Kontext mindestens zwei Antworten: die erste betrifft den morphologischen, die zweite den strukturellen Aspekt. Hinsichtlich morphologischer Gesichtspunkte lassen sich zwischen spätbronzezeitlicher und mitteleisenzeitlicher Stadtentwicklung in den beiden wichtigsten Orten Bogazköy/Ijattusa und Yassihöyük/Gordion eindeutig Veränderungen konstatieren. Ausdehnung und Bauformen verändern sich in beiden Siedlungen zwischen dem 2. und 1. Jt. v .Chr. und zwar in gegenläufiger Form: Bogazköy wird vom übergroßen Zentrum mit fast ausschließlicher Monumental -bzw. Offizialbebauung im 2. Jt. zu einer wesentlich kleineren Siedlung, in der öffentliche Bauten zwar vorhanden, jedoch von geringeren Dimensionen sind. 16
Megaronbauten sind in Anatolien z. B. aus den frühbronzezeitlichen Fundorten Troja, und Beycesultan bekannt. In Zentralanatolien treten sie erstmals in der mittleren Eisenzeit auf (s. zusammenfassend Warner 1994: 136f.). Ihr Erscheinen spricht ebenso für einen westlichen Einfluß wie die Tumulusbestattungen, deren Ursprung im Balkan bzw. in Thrakien vermutet wird. 15
Karata~
16
Denkbar wären auch mehrere kleine Siedlungskerne auf Büyükkale, Büyükkaya und
Ni~antepe.
284
K. Bart!
die phrygische Zeit atmehmen. Die wenig exponierten Sakralanlagen in Bogazköy belegen dies ebenso wie die Befunde in Yassihöyük/Gordion, wo die monumentalen Anlagen auf dem "City Mound" Repräsentativbauten ohne erkennbare kultische Funktionen darstellen. Eher unklar sind in beiden Perioden Organisationsformen, demographische und ökonomische Faktoren städtischer Siedlungen. Ihre zukünftige Untersuchung setzen Ausgrabungen in einzelnen Stadtquartieren bzw. innerstädtische Oberflächenuntersuchungen voraus, um Wohnbauten, öffentliche Räume, Werkstätten und Handelszonen zu erfassen. Der gegenwärtige Kenntnisstand erlaubt noch keine Typisierung von Siedlungen in den einzelnen Perioden. Die jeweiligen Grabungsausschnitte und -Schwerpunkte lassen sich bisher nur unzureichend unter übergeordneten Kriterien zusammenfassen, so daß die o.g. Orte eher als Einzelphänomene erscheinen. Die wenigen Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Siedlungen sind m.E. zu beliebig, um daraus weiterreichende strukturelle Übereinstimmungen ableiten zu können. So läßt sich gegenwärtig vereinfacht feststellen, daß die spätbronzezeitlichen Zentren einem seit der Prähistorie in Anatolien geläufigen Schema folgen, d.h. der Trennung repräsentativ/administrativer Bereiche von profanen und kultischen Anlagen. Administrative Bereiche scheinen sich immer im räumlichen Zentrum der Siedlung zu befinden, während kultische Anlagen auch außerhalb dessen liegen können. Ober- und Unterstadt, zumeist befestigt, sind die beiden Einheiten, auf die sich die genannten Funktionsbereiche verteilen. 17 Die mitteleisenzeitliche Bebauung ninm1t dieses Schema ebenfalls wieder auf, zeigt jedoch innerhalb der Bauweise Modifikationen. Daß in Zentralanatolien mit dem Aufstieg Phrygiens ein verändertes Herrschaftssystem mit veränderten ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturen entsteht, ist anzunehmen. Welcher Art diese Veränderungen waren, wie sie sich im Siedlungsbild ausdrücken und wie sie sich zur spätbronzezeitlichen Besiedlung verhalten, läßt sich gegenwärtig nur im religiös-kultischen Bereich erkennen, der in phrygischer Zeit eine andere Gewichtung als in der Großreichszeit erfährt. In diesem Sinne hat zwischen Spätbronzezeit und Eisenzeit ein Bruch mit zentralanatolischen Traditionen stattgefunden.
17 Diese sehr allgemeine Differenzierung ist jedoch nicht auf den anatolischen Raum beschränkt, sondern stellt auch im syrischen Raum eine geläufige Siedlungsform dar.
Zentralanatolische Stadtanlagen
285
BIBLIOGRAPHIE
Heartland of Cities, University of Chicago Press, Chicago. Das dunkle Zeitalter Kleinasiens. in: S. Deger-Jalkotzy Akurgal, E. 1983 (Hrsg.), Griechenland, die Ägäis und die Levante während der "Dark Ages", Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phi I.- Hist. Klasse, Sitzungsberichte 418. Band, Wien, 67-80. Vorläufige Beobachtungen zur eisenzeitlichen (phrygiBayburtoglu, I. 1994 schen) Keramik der Grabungen im Jahr 1993 auf Büyükkaya, Archäologischer Anzeiger, 324-325. Hattusha. The Capital of the Hittites, Oxford University Bitte!, K. 1970 Press, New York. Die Hethiter, Verlag C.H. Beck, München. Bittel, K. 1976 Das Ende des Hethiterreiches aufgrund archäologischer Bitte!, K. 1977 Zeugnisse. in: H. Müller-Karpe (Hrsg.), Geschichte des 13. und 12. Jahrhunderts v. Chr., C.-H. Beck Verlag, München, 36-56. Die archäologische Situation in Kleinasien um 1200 v. Bitte!, K. 1983 Chr. und während der nachfolgenden vier Jahrhunderte. in: S. Deger-Jalkotzy (Hrsg.), Griechenland, die Ägäis und die Levante während der "Dark Ages", Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phii.-Hist. Klasse, Sitzungsberichte 418. Band, Wien, 25-47. The Gordion Excavation Season of 1969-1973 and SubdeVries, K. 1990 sequent Research, American Journal of Archaeology 94, 371-406. Dittmann, R. im Druck Einbindungen altorientalischer Städte in: H. Kühne, R. Bernbeck, K. Bart! (Hrsg.), Vorderasiatische Archäologie heute, Olms Verlag, Hildesheim, New York. Gates, M.-H. 1995 Archaeology in Turkey, American Journal of Archaeology 99, 207-255. Gates, M.-H. 1996 Archaeology in Turkey, American Journal of Archaeology 100, 277-335. Gorny, R. L. 1994 The 1993 Season at Ali~ar Höyük in Central Turkey, Anatolica 20, 191-202. Gorny, R.L., McMahon, G., Paley S., Kealhofer L. 1995 The Ali~ar Regional Project 1994, Anatolica 21, 65-100. Gunter, A.C. 1991 The Bronze Age. Gordion Excavations Final Reports III (ed. by E.L. Kohler), The University Museum of Archaeology and Anthropology, University ofPennsylvania, Philadelphia. Adams, R. McC. 1981
286 Haas, V. 1994
K. Bart)
Geschichte der hethitischen Religion, Handbuch der Orientalistik, Band 15, E.J. Brill, Leiden, New York, Köln. Heinz, M. im Druck Räumliche Ordnung als Indikator für Formen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Organisation. in: H. Kühne, R. Bernbeck, K. Bart! (Hrsg.), Vorderasiatische Archäologie heute, Olms Verlag, Hildesheim, New York. Der Stadtplan als Spiegel der Gesellschaft, Dietrich Heinz, M. im Druck Reimer Verlag, Berlin. The Last Days of Khattusha. in: W.A. Ward, M.S. JouHoffner, H.A. 1992 kowsky (eds.), The Crisis Years: the 12th Century B.C. From Beyond the Danube to the Tigris, Kendall Hunt Publishing Co., Dubuque, lowa, 46-52. Stadtgeographie, Westermann Verlag, Braunschweig. Hofmeister, B. 1980 Kulturgeschichte des alten Vorderasien, Akademie-VerKlenge!, H. 1990 lag, Berlin. Hattu~a: Residence and Cult Centre, in: E. Aerts, H. Klenge!, H. 1991 Kiengel (eds.), The Town as Regional Economic Centre in the Ancient Near East, Studies in Social and Economic History 20, Leuven University Press, Leuven, 45-50. Demircihüyük I. Architektur, Stratigraphie und Befunde, Korfmann, M. 1979 Verlag Philipp von Zabern, Mainz. Mori, M., Omura, S. 1995 A Preliminary Report on the Excavations at KamanKalehöyük in Turkey (1989-1993). in: H.I.H. Price T. Mikasa (ed.), Essays on Ancient Anatolia and its Surrounding Civilizations, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden, 1-42. Müller-Karpe, A. 1988 Hethitische Töpferei der Oberstadt von Hattu~a. Marburger Studien zur Vor- und Frühgeschichte, Band 10, Hitzeroth Verlag, Marburg/Lahn. Müller-Karpe, A. 1995 Untersuchungen in Ku~akh 1992-94, Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 127, 5-36. Müller-Karpe, A. 1996 Ku~akh. Ausgrabungen in einer hethitischen Stadt, Antike Welt 4, 27. Jahrgang, 305-312. Architektur Kleinasiens. Von ihren Anfängen bis zum Naumann, R. 1971 Ende des hethitischen Reiches, 2. erw. Auflage, Ernst Wasmuth, Tübingen. Neve, P. 1987 Hattu~a. Haupt- und Kultstadt der Hethiter. Ergebnisse der Ausgrabungen in der Oberstadt, Hethitica 8, 297-318. Grabungen im Gebiet des Großen Tempels (Tempel I) im Neve, P. 1975 Jahr 1971. in: K. Bittelet al., Bogazköy V. Funde aus den Grabungen 1970 und 1971, Abhandlungen der Deutschen Orient -Gesellschaft 18, 30-46.
Zentralanatolische Stadtanlagen Neve, P. 1982
287
Büyükkale. Die Bauwerke. Grabungen 1954-1966, Gebr. Mann Verlag, Berlin. Neve, P. 1992 ljattu~a - Stadt der Götter und Tempel, Antike Welt, Sondernummer. Neve, P. 1994 Die Ausgrabungen in Bogazköy-ljattu~a 1993, Archäologischer Anzeiger, 290-323. Nissen, H.J. 1995 Kulturelle und politische Vernetzungen im Vorderen Orient des 4. und 3. vorchristlichen Jahrtausends. in: U. Finkbeiner, R. Dittmann, H. Hauptmann (Hrsg.), Beiträge zur Kulturgeschichte Vorderasiens. Festschrift R. M. Boehmer, Verlag Philipp von Zabern, Mainz, 473490. Otten, H. 1977 Das Ende des Hethiterreiches aufgrund der BogazköyTexte, in: H. Müller-Karpe (Hrsg.), Geschichte des 13. und 12. Jahrhunderts v. Chr., C.-H. Beck Verlag, München, 22-35. Otten, H. 1983 Die letzte Phase des hethitischen Großreichs nach den Texten. in: S. Deger-Jalkotzy (Hrsg.), Griechenland, die Ägäis und die Levante während der "Dark Ages", Österreichische Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse, Sitzungsberichte 418. Band, Wien, 67-80. Özgür;:, T. 1978 Ma~at Höyük Kazilan ve <;evresindeki Ara~tumalar, Türk Tarih Kurumu Basimevi, Ankara. Özgüc, T. 1982 Ma~at Höyük II. Bogazköy'ün Kuzeydogusunda. Bir Hitit Merkezi, Türk Tarih Kurumu Basimevi, Ankara. Parzinger, H., Sosa, R. 1990 Die Oberstadt von ljattu~a. Hethitische Keramik aus dem zentralen Tempelviertel, Bogazköy-ljattu~a. Ergebnisse der Ausgrabungen 15, Gebr. Mann Verlag, Berlin. Sams, G.K., Voigt, M.M. 1989 Work at Gordion in 1988, Kaz1 Sonur;:lan ToplantiSI 11.2, 77-105. Sams, G .K. 1994 The Early Phrygian Pottery, The Gordion Excavations 1950-1973, Final Reports vol. 4 (ed. by E. Kohler), The University Museum, University of Pennsylvania. Stone, E. 1990 The Tell Abu Duwari Project, Iraq, 1987, Journal of Field Archaeology 17, 141-162. Stiel, A. 1992 1990 YI11 <;orum-Ortaköy Kaz1 Cah~malan, Kaz1 Sonur;:lan ToplantlSI 14.2, 495-508. von der Osten, H.H. 1937 The Alishar Hüyük. Seasons of 1930-32, II. Griental Institute Publications 29, University of Chicago Press, Chicago.
288 VoigL M M. 1993
Warner, J.L. 1994
Wilhe1m, G. 1995
K. Bartl The Bronze Age-Iron Age Transition at Gordion ( 1200800 B.C.). in: Archaeological Institute of America. The 94th Annual Meeting, Session IC: Colloquium: News of Ancient Gordion: Results and Implications of Recent Fieldwork, American Journal of Archaeology 97, 302303. Elmalt-Karata~ II. The Early Bronze Age Viilage of Karata~, Bryn Mawr College, Arehaeological Monographs, Bryn Mawr. Die Tontafelfunde der 2. Grabungskampagne in Ku~aklt, Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft 127, 3742.
RÄUMLICHE ÜRDNUNG UND STADTKONZEPTE BRONZEZEITLICHER SIEDLUNGEN AM MITTLEREN EUPHRAT IN SYRIEN
Marlies Heinz, Freiburg
Der folgende Beitrag ist Teil einer umfassenderen Untersuchung, die sich mit Fragen nach den Zusammenhängen zwischen Siedlungsstrukturen und sozialen Ordnungen, funktionalen Anforderungen sowie wirtschaftlichen Aktivitäten in den Siedlungen und deren Wechselwirkungen aufeinander befaßt. Bei der Analyse der räumlichen Ordnungen von 14 Siedlungen und Siedlungsphasen am Mittleren Euphral (Abb. 1) ließen sich diese insgesamt drei
f:' 0/\loppo
......·;:Towi : •1(\ lloiOW
·..
..
·
Abbildung I: Syrien, Mittlerer Euphrat; aus: W. Orthmann, Halawa 1980- 1986 (Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde, Bd. 52), Bonn 1989, S. 7, Abb. 1.
M. Heinz
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen
Strukturkategorien zuordnen (Abb. 2). Das Unterscheidungskriterium bildete der Planungsumfang, der bei der Errichtung der einzelnen Siedlungen wirksam wurde. Als strukturprägende Determinanten kristallisierten sich die Straßenraster, Normierung der Bauten, Bebauungsdichte und die Standortanforderungen der Zentren kultischer Funktion heraus. Die Zuordnung der Siedlungen zu den einzelnen Kategorien ließ erkennen, daß die Strukturkategorien nicht mit bestimmten chronologischen Abschnitten korrelieren. Eine Strukturentwicklung im Sinn eines evolutionären Prozesses war nicht zu beobachten. Wenn Strukturen demzufolge kein zeittypisches Phänomen darstellen, sondern gleiche Strukturen in unterschiedlichen Siedlungen ungleicher Zeitstellung zu finden sind, also Kontinuität - oder eher im Laufe der Zeit Wiederholung - von Strukturtypen zu beobachten ist, dann stellt sich die Frage nach den Ursachen und Hintergründen, die zur Ausbildung vergleichbarer Strukturen geführt haben. Zwei Aspekte sollen hier zur Beantwortung der Frage nach den strukturbildenden und strukturformenden Ursachen angesprochen werden: Die Annahme, daß sich die funktionalen Anforderungen bzw. wirtschaftlichen Aktivitäten, neben anderen Faktoren, prägend auf die räumliche Ordnung ausgewirkt haben. Ferner die Überlegung, inwieweit die Organisationsformen wirtschaftlicher Aktivitäten hier Einfluß nehmen. Diese Betrachtungsweise von Siedlungsstrukturen geht davon aus, daß räumliche Ordnung und unter-
schiedliche Raumordnungsprinzipien u.a. Indikatoren für Formen wirtschaftlicher Organisation und gesellschaftlicher Ordnung darstellen, die Hinweise auf Ursachen und Hintergründe für die Entwicklung der unterschiedlichen Strukturen enthalten. Dies impliziert ein Verständnis von Stadt als Ausdruck und Ergebnis gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen. Siedlungen sind danach als gebaute künstliche Umwelt zu verstehen, Siedlungsstruktun:in als das Ergebnis einer Vielzahl sozialer Prozesse, als räumlicher Niederschlag von Siedlungsfunktionen, als Ausdruck sozialer Verhältnisse und wirtschaftlicher Aktivitäten. Anband von zwei Siedlungen sollen die gesuchten Zusammenhänge und Ursachen aufgezeigt werden - anhand der frühbronzezeitlichen Siedlung I:Jabüba KabTra Süd und der spätbronzezeitlichen Siedlung Munbäqa. Beide gehören zur Strukturkategorie II. Diese Kategorie umfaßt Siedlungen, in denen planerische Einflußnahme an den Standortanforderungen funktional unterscheidbarer Bereiche, den Wohnvierteln und den Kultzentren und vor allem in den Erschließungsweisen erkennbar ist, die aber zugleich individuelle Gestaltung der Wohnbauten und Stadtviertel nicht ausschließt. In der frühbronzezeitlichen Siedlung I:Jabüba KabTra (Abb. 3-4) stellen die rasterartige Gliederung der Siedlungsfläche durch das Wegenetz und der parallele Verlauf des Euphrats, der Hauptachse der Siedlung und der Befestigungsmauer deutliche Anzeichen für Vorausplanung dar. Die folgende Besetzung der so strukturierten Fläche erfolgt dagegen in einer Wechselwirkung von Selbstorganisation und Planung. Darauf lassen die Unregelmäßigkeiten in der Bauanordnung und Ausrichtung schließen. Die geplante Anlage des Wegenetzes prägt weitgehend die Struktur der Wohnbereiche. Die Hauptverkehrsstraße bildet eine Nord-Süd-Achse, die die Siedlungsfläche gliedert und an deren Verlauf sich Flächenbesetzung und Wegenetzerweiterung orientieren. Diese Hauptstraße verweist auf eine enge Beziehung zwischen Straßenverlauf und Straßenfunktion; sie verbindet die Tore mit dem Siedlungsinneren und bildet die Hauptverkehrsader. Von der Hauptstraße zweigen T-förmig zu beiden Seiten meist schmalere Nebenstraßen ab, die weitere Siedlungsbereichedurchlaufen und/oder sich zu Freiflächen erweitern. Die Ordnung des Rasters lockert sich im Norden der Siedlung durch die Erweiterung des Netzes um Seitenwege, die dem Raster nicht oder wenig folgen und durch Sackgassen, die Wohnhäuser und Quartiere erschließen. Die Wegeführung in der Siedlung folgt damit zwei Prinzipien. Der verkehrsorientierten Erschließung durch Haupt- und Nebenstraßen einerseits und der Gewährleistung von Privatheil und Abgeschlossenheil durch die Sackgassen. Letztere hinterlassen den Eindruck einer stärker gewachsenen Wegestruktur. Sie erschließen die Wohnquartiere, führen aber nicht durch diese hindurch.
290
KATEGORIE ri
KATEGORIE lH
FBZ 1/Il
Habuba Kabira Süd
Jebel Aruda
PBZ Il/Ill
-
Halawa, Tell B ('?)
FBZ
-
Tell Habuba Kabira Sclenkahiye Mumbaqat Halawa, Tell A
KATEGORIE I
lf!/IV
MBZ
Halawa
SBZ
-
Hadidi Tell Habuba Kabira Murnbaqat ('?) Qitar Mumbaqat
Emar
Zuordnung der Siedlungen zu den Siedlungskategorien (? = chronologische Zuordnung noch nicht zweifelfrei gekliirt)
291
292
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen
M Heinz
293
I
/
!
i
Abb. 3: Habüba Kablra Sild, nördlicher Teil Kategorie II I Frilhe Bronzezeit I/11 (3100-2800 v.Chr.); nach: E. Strornmenger, Habuba Kabira - Eine Stadt vor 5000 Jahren, Mainz 1980, hinteres Vorsatzblatt.
Abb. 4: Habüba Kablra Sild, südlicher Teil Kategorie II I F;·Uhe Bronzezeit 1/ll (3100-2800 v.Chr.); nach: E. Stronunenger, Habuba Kabira Eine Stadt vor 5000 Jahren, Mainz 1980, hinteres Vorsatzblatt.
294
M. Heinz
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen
Formenvielfalt der Wohnbauten charakterisiert die Siedlungen der Kategorie II. Die Bebauung besteht überwiegend aus mehrräumigen Einzelbauten mit vorgeplanten Grundrissen bzw. aus Baukomplexen, die sich aus mehreren derartigen Einzelbauten und Höfen zusammensetzen, seltener aus agglutinierend gewachsenen Bauten ohne normiertem Grundriß. Es bilden sich Freiflächen zwischen den Bauten, d.h. sie stehen auf Distanz zueinander, die Orientierung ist nicht einheitlich und insgesamt ergibt sich eine mäßige Baudichte. 5 Haustypen sind in ihren Grundrissen und vor allem in der Größe zu unterscheiden. Im Süden der Siedlung liegt auf topographisch exponiertem Gelände das Zentrum kultischer und administrativer Funktion. Seine Lage weist ihm u.a. die Funktionder Landmarke zu. Die Erschließung für diesen Komplex wurde in J:Iabüba Kabira nicht erfaßt. Die Agglomeration formgleicher Bauten und die Konzentration rasterartig angelegter Wege auf Teilbereiche der Siedlung kennzeichnet auch die Siedlungsstrukturell der spätbronzezeitlichen Siedlung Munbäqa (Beilage 1, Abb. 5-6). Diese zweite Siedlung der Kategorie II zeigt ebenfalls ein Spektrum verschiedener Hausformen und -größen. In der Regel handelt es sich auch hier um Bauten mit vorgeplanten Grundrissen. Bauten mit vorgegebenem Grundriß können isoliert oder direkt an ein Nachbargebäude angrenzend errichtet werden. Die Errichtung der Einzel- wie auch der Reihenbauten führt zu einer mäßig dichten, gelegentlich zu einer dichten Bebauung. Das Zusammenfügen von Einzelbauten zu großen Baukomplexen wie in J:Iabüba scheint in Munbäqa nicht vorzukommen und auch die Bildung von kleineren Quartieren, in denen Wohnhäuser um eine Sackgasse gruppiert eine Einheit bilden, ist hier nicht anzutreffen. Die verschiedenen Siedlungsbereiche Munbäqas zeigen insgesamt 6 Haustypen, von denen 5 den Wohnhäusern zuzurechnen sind und die Bauten des Typs I Kultbauten darstellen. Das Grundkonzept bei der Anlage der Wohnbereiche in Munbäqa scheint ähnlich wie in J:Iabüba Kabira auf gute Erreichbarkeit und Zugänglichkeit der Viertel ausgerichtet. Die verkehrsorientierte Erschließung bestimmt das Raumgefüge. Ein System z. T. parallel verlaufender, z. T. durch Querstraßen rasterartig verbundener Wege überzieht in Munbäqa den Bereich "lbrahims Garten" und den Südbereich der Kuppe, parallel verlaufende Durchgangsstraßen erschließen zudem die Innen- und Außenstadt Auch in Munbäqa sind die Anlage der Siedlungsbereiche und deren Erschließungsweisen auf Vorausplanung nach einer bestimmten städtebaulichen Konzeption zurückzuführen. Außerhalb der Kuppe sichert das Erschließungssystem die Anhindung der Quartiere an die Stadttore im Nordosten und Norden, - auf der Übersicht hier noch nicht eingetragen, durch jüngere Grabungen aber inzwischen erfaßt -, ferner deren An-
schluß an den Ufer- und Hafenbereich und die optimale Verbindung der Standorte untereinander. Darüberhinaus führt die Erschließung - durch den Grabungsstand bisher vor allem in "Ibrahims Garten" zu erkennen - zu kurzen Wegen innerhalb der Teilbereiche. Auch im Südbereich der Kuppe sind Ansätze eines regelhaften Wegenetzes zu erkennen, dessen Planung in Zusammenhang mit dem Gesamtwegenetz erfolgte - erkennbar an der einheitlichen Ausrichtung der Durchgangsstraßen nach NO/SW. Kurze Querstraßen verbinden auch hier die einzelnen Standorte. Die Anhindung der Kuppe an die Außenbereiche erfolgt jedoch nach einem anderen Konzept als die Verbindung der genannten Teilbereiche. Nur eine einzige Straße - Nr. 14 - verbindet die Kuppe mit der übrigen Siedlung; d.h., die im Bereich der Kuppe ausgeübten Aktivitäten waren, nach der sich hier abzeichnenden Trennung der Bereiche, deutlich weniger eng mit den Aktivitäten von Innenstadt und Außenstadt verbunden als die dort ausgeübten Aktivitäten untereinander. Eine Anhindung der Kultbauten im Bereich der Kuppe an ein entsprechend verkehrsorientiertes Erschließungssystem ließ sich trotz mehrerer Sondagen im Zugangsbereich dieser Kultbauten nicht erfassen. Der Befund erweckt den Eindruck, als wäre bei der Errichtung der Kultzentren deren exponierte Lage, nicht die schnelle Zugänglichkeit von primärer Bedeutung gewesen. Wie lassen sich nun die Befunde mit den eingangs gestellten Fragen nach Ursachen und Hintergründen der Strukturbildung und Strukturentwicklung in Verbindung bringen? Untersuchungen der Stadtsoziologie haben ergeben, daß die Distanzen zwischen Räumen, in denen Aktivitäten ausgeübt werden, tendenziell umso geringer sind, je enger eine Menge von Aktivitäten zeitlich aufeinanderfolgt; d.h. es wird in dem Fall angestrebt, den Weg-Zeitaufwand zu minimieren. D.h. ferner, daß Aktivitäten, die selten aufeinander folgen, in räumlich voneinander entfernten Bereichen liegen können. Die Zusammenhänge zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten, funktionalen Anforderungen und der Siedlungsstruktur sollen mit einer Hypothese zur Funktion rasterartiger Wegenetze, der Agglomeration formal gleicher Bauten und der Errichtung entsprechend strukturierter Bereiche in Stadttor- und/oder Ufernähe erläutert werden. Aus der Vergesellschaftung der genannten Strukturmerkmale ergibt sich eine besondere Eignung dieser Bereiche für alle Aktivitäten, die mit Bewegungen in die Siedlung bzw. aus der Siedlung heraus verbunden sind bzw. für deren Ausführung die guten Verbindungen von Standorten untereinander notwendige Voraussetzungen bilden. Die Konzentration dieser Merkmale auf Teilbereiche der hier behandelten Siedlungen wird als Hinweis auf die Verschiedenartigkeit der Aktivitäten in verschiedenen Gebieten der Sied-
295
296
M. Heinz
Abb. 5: Munbäqa Kategorie li I Spätbronzezeit (1600-1200 v.Chr.); nach: D. Machule, Ausgrabungen in Ta II Munbäqa I Ekalte 1989, MDOG 123 (1991) S. 72, Abb. I und S. 78, Abb. 5.
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen
Abb. 6: Munbäqa Kategorie II I Spiitbronzezeit (1600-1200 v.Chr.) nach: D. Machule, Ausgrabungen in Tall Munbäqa I Ekalte 1989, MDOG 123 (1991) S. 78, Abb. 5 und S. 86, Abb. 12.
297
I
M. Heinz
I
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen
lung verstanden. Aktivitäten, die vor allem mit Bewegungen zwischen mehreren Standorten in Verbindung gebracht werden, sind somit überwiegend in den rasterartig erschlosseneneo Bereichen angesiedelt. Demzufolge finden in Bereichen ohne rasterartige Erschließung die entsprechenden Aktivitäten nicht oder nicht in dem gleichen Umfang statt. Die Konzentration formgleicher Standardbauten auf Teilbereiche der Siedlungen, deren baulicher Bestand ansonsten durch die typologische Vielfalt der Standardbauten gekennzeichnet ist, läßt auf einen funktionalen Zusammenhang der Bauten untereinander schließen und spricht für homogene Tätigkeitsbereiche. Die tor- und ufernahen Quartiere mit ihrer jeweils umfassenden Erschließung aller Standorte - in I;Iabüba Kablra im Westen zu erkennen, in Munbäqa vor allem in "lbrahims Garten" - eignen sich besonders für die Verteilung von Gütern an diverse Standorte innerhalb der Siedlung. Dies bedeutet eine Standortoptimierung mit einer Ansiedlung dort, wo die Aktivitäten den größten Nutzen bringen, wo Agglomerationsvorteile bestehen und zeitlich aufeinander folgende Aktivitäten räumlich nahe zueinander liegen. Im Westbereich von l;labüba Kablra sind für die hier ausgeübten Aktivitäten neben der Anhindung des Bereiches an die Stadttore auch die Verbindung zum Ufer von Bedeutung. Die unmittelbare Nähe zu den beiden Stadttoren sichert kurze ökonomische Verbindungen mit dem Außenbereich im Westen und stellen nach Osten die kürzeste Verbindung zum Euphrat, also dem Ufer und Hafenbereich, her. Darin ist m.E. ein klares städtebauliches Konzept zu erkennen. Aus der umfassend vorgeplanten Anlage des Westbereiches, seiner besonderen Erschließungsweise, seiner direkten Nachbarschaft zu den Stadttoren und seiner Verbindungen zum Uferbereich, wird seine Funktion als Zentrum für die Aktivitäten, die auf das Vorhandensein einer entsprechenden Infrastruktur angewiesen sind, abgeleitet und der Bereich als zentrale Verteilerstelle und als Wirtschaftsschwerpunkt interpretiert. Die planmäßige Anlage des Wegenetzes löst sich im Nordbereich jedoch bereits durch Überwachsen der Wegeverläufe wieder auf. Die Erschließung durch Sackgassen verweist eher auf einen privaten Bereich. Andere Funktionen als die in den rasterartig erschlossenen Bereichen sind hier anzunehmen. Die Erschließungsweise und die Ansiedlung kleinerer Bauten deuten auf die Nutzung vor allem als Wohnbereich. Das Kultzentrum im Süden der Siedlung liegt dort exponiert, eine Integration in das Raster wurde nicht erfaßt. Die Lage und die fehlende oder unklare Einbindung in das Wegeraster führen zu der Frage, ob und inwieweit das Kultzentrum in die Aktivitäten des Westbereiches eingebunden war.
l
Wie im frühbronzezeitlichen l;labüba Kablra zielte auch in weiten Teilen der spätbronzezeitlichen Stadt Munbäqa die Planung der Anlage darauf ab, die Stadttore, die Außenbereiche und die Uferanlagen optimal miteinander zu verbinden. Innenstadt, Außenstadt und "lbrahims Garten" stellen die Bereiche dar, in denen Aktivitäten, die mit "Bewegungen" in die Stadt und aus der Siedlung heraus verbunden sind, optimal ausgeführt werden können. Die Anlage der spätbronzezeitlichen Stadt folgt der Logik kurzer und energiesparender Wegebeziehungen. Formale und strukturelle Merkmale im Bereich "Ibrahims Garten" deuten dessen Rolle als Zentrum der mit der rasterartigen Erschließungsweise verbundenen wirtschaftlichen Aktivitäten an. Auch in Munbäqa charakterisiert die typologische Vielfalt der Häuser die Wohnbereiche. Dabei bilden die Bauten des Typs II die dominierenden Gebäude und werden als Häuser einer ranghohen gesellschaftlichen Gruppierung interpretiert. Diese formal dominierenden Bauten wurden konzentriert in "lbrahims Garten" errichtet. Mit "Ibrahims Garten" liegt zudem ein Bereich vor, der durch die Straße Nr.l bzw. 7 wohl mit dem nördlichen Stadttor verbunden ist und dessen Nähe zum Südufer eine direkte und kurze Verbindung mit den Hafenanlagen sichert. Die Infrastruktur in "lbrahims Garten", die verkehrsorientierte Erschließung, die freien Plätze, die auch Lagerfläche bieten, die Anhindung an Stadttor und Uferbereich und die Konzentration von Häusern wohl statushoher Bewohner deutet hier, analog zu den Verhältnissen in I;Iabüba Kablra, darauf hin, daß "Ibrahims Garten" die Funktion eines wirtschaftlichen Zentrums der Siedlung hat wahrnehmen können. Die Tempel im Nordwesten der Kuppe sind auch in Munbäqa nicht in die umfassend erschlossenen Siedlungsbereiche eingebunden. Die Entwicklung unterschiedlicher Aktivitäten, die aufgrund der verschiedenen Erschließungsweisen für die Tempel auf der Kuppe und für das Wirtschaftszentrum im Süden angenommen werden, führt zur Bildung von Teilbereichen, die sich sowohl in ihrer Struktur als auch in der Standortwahl voneinander unterscheiden und auch räumlich deutlich voneinander abgesetzt sind. Konkretere Hinweise auf Funktionen und wirtschaftliche Aktivitäten in den Siedlungen sind also ohne weitere Belege zunächst wohl vor allem den auffälligen Wegesystemen zu entnehmen, die die Notwendigkeit einer verkehrsorientierten Erschließung erkennen lassen. Die Standortvergesellschaftung dieser Erschließungsweisen mit den Stadttoren, den Ufer- bzw. Hafenbereichen und den größten Häusern deuten Nutzungsweisen an, die u.a. Transport in bzw. aus der Siedlung und Güterverteilung innerhalb der Siedlungen beinhalten. Funktionale Anforderungen bzw. die wirtschaftlichen Aktivitäten, die mit entsprechenden Siedlungsstrukturen am augenfälligsten in Verbindung zu bringen sind, wären im Bereich des Handels zu sehen.
298
I I
1
299
300
M. Heinz
Abschließend sollte der Aspekt angesprochen werden, der sich mit den Zusammenhängen von Siedlungsstruktur und den Organisationsformen wirtschaftlicher Aktivitäten befaßt. Zwei der markantesten Strukturmerkmale in den Siedlungen der Kategorie II enthalten Hinweise auf die Organisation der wirtschaftlichen Aktivitäten und der funktionalen Anforderungen innerhalb der Siedlungen. Es handelt sich bei diesen Merkmalen zum einen um die Anlage der großen Bauten in Tor- und Ufernähe, stets integriert in die gerasterten Wegesysteme, zum anderen um die Plazierung der Tempel innerhalb der Siedlungen. Wie zuvor erwähnt, sind einer These der Stadtforschung zu folge funktional einander eng verbundene Standorte und Instituionen zwecks Minimierung des Weg-Zeitaufwandes aufeinanderfolgender Tätigkeiten räumlich so eng wie möglich plaziert. Diese Annahme wird hier erweitert um die Überlegung, inwieweit die Organisation der wirtschaftlichen Aktivitäten in den gerasterten Bereichen in der Verantwortung derer zu denken ist, die unmittelbar in diesen Stadtteilen angesiedelt waren, genauer, in der Verantwortung derer, die in den gerasterten Bereichen die größten Bauten bewohnten. Nach den Erkenntnissen der Stadtsoziologie drückt sich der Status einer Person oder einer gesellschaftlichen Gruppierung u.a. im Raumanspruch, hier in Größe, Raumanzahl und Bebauungsdichte der Wohnbauten, aus. Status erlangt eine Person oder gesellschaftliche Gruppierung vor allem aufgrund der sozialen Bewertung ihrer Tätigkeiten. Hier wird davon ausgegangen, daß die Bewohner der größten Bauten in Rang und Status zu der Elite der Siedlungsgemeinschaft zu rechnen waren und ihren hohen Status über diese Verwalterische und organisatorische Tätigkeit erlangt hatten. Die Lage der Bauten statushoher Bewohner in den gerasterten Bereichen und in Ufer- bzw. Stadttornähe ermöglichte den Bewohnern, direkt Einfluß auszuüben auf die Organisation, Durchführung und Kontrolle der Aktivitäten in diesen Siedlungsbereichen, die hier als die Zentren der wirtschaftlichen Aktivitäten gelten. Als Wirtschaftszentren wären in J:labi.iba der Westbereich, in Munbäqa auf jeden Fall "Ibrahims Garten" anzusehen. Sowohl in Munbäqa als auch in J:labi.iba Kabira lag der Standort des Kultzentrums räumlich getrennt vom jeweiligen wirtschaftlichen Zentrum. Die Kultzentren nehmen konstant exponierte Plätze ein und sind zugleich nicht integriert in die Bereiche wirtschaftlicher Funktion. Die räumliche Distanz der Kultbauten zu den Wirtschaftszentren deutet an, daß die Aktivitäten beider Bereiche weniger intensiv aufeinander bezogen waren als die innerhalb der gerasterten Quartiere ausgeübten. Aus dieser Verteilung der Standorte ist zudem eine weitere zunächst wieder hypothetische Interpretation der Organisation wirtschaftlicher und kultischer Aktivitäten abzuleiten. Die Größe
i
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen
301
der Kultbauten und die konstante Besetzung eines für die Funktionen der Kultbauten offensichtlich vorteilhaften Standortes hat bereits erkennen lassen, daß entsprechende Bauten in allen Siedlungen Machtzentren darstellten. Mit der Entwicklung neuer funktionaler Anforderungen an die Siedlungen deutet sich in den Wirtschaftszentren der Siedlungen in Kategorie II die Entstehung weiterer Machtzentren an. Eine Kooperation beider Bereiche - Kult- und Wirtschaftszentren - wäre nach dem Modell der "entrepreneur" -Dienste denkbar, das aus dem frühen 2.Jt.v.Chr. aus Mesopotamien bekannt ist. Während dort der Tempel zunächst die zentrale Kontrollinstanz über alle wirtschaftlichen Aktivitäten bildete, änderte sich diese Funktion im Verlauf der Zeit. Die Komplexität des wirtschaftlichen Systems führte zu Veränderungen in der Organisation der wirtschaftlichen Aktivitäten. Der Tempel übertrug die Aufsicht über Wirtschaftszweige an "Privatleute". Diese wurden mit der Kontrolle und Organisation zweier wesentlicher Bereiche betraut, dem Bereich des Handels und dem des Agrarsektors. Mit der Übernahme der Kontrolle und der Organisation dieser Bereiche erlangten entsprechende gesellschaftliche Gruppierungen hohe Positionen innerhalb der Administration. Eine entsprechende Organisation vor allem der Handelsaktivitäten durch ranghohe Bewohner der Wirtschaftszentren liegt hier als Arbeitshypothese der Interpretation der Siedlungsstrukturen der Kategorie II zugrunde. Mit dem vorliegenden Beitrag wurde eine Reihe von Überlegungen vorgestellt, die auf die Zusammenhänge von Siedlungstruktur und gesellschaftlicher Ordnung, Siedlungsfunktionen und Organisationsformen wirtschaftlicher Aktivitäten auch innerhalb altorientalischer Siedlungen aufmerksam machen sollten. Zugleich sollte gezeigt werden, daß vor allem die wirtschaftlichen Anforderungen strukturprägend auf die räumliche Ordnung der Siedlungen wirkten. In vergleichbaren funktionalen Anforderungen und ähnlichen Organisationsweisen wirtschaftlicher Aktivitäten werden hier die Ursachen für Strukturkontinuität bzw. -Wiederholung in unterschiedlichen Siedlungen ungleicher Zeitstellung gesehen. Bisher sind diese Ausführungen größtenteils als Arbeitshypothesen zu verstehen, deren Entwicklung auf den Fragestellungen und Erkenntnissen der soziologischen und geographischen Stadtforschung fußt. D.h. auch, daß diese nicht als Ergebnis und Abschluß einer Untersuchung zu verstehen sind, sondern sie als Ausgangspunkt für weiterführende Analysen altorientalischer Siedlungsstrukturen betrachtet werden sollen. Noch sind die Grabungsergebnisse zu den hier analysierten Siedlungen nicht in dem Umfang publiziert, daß eine Analyse der Funde, der hausinternen Strukturen und Installationen zur Überprüfung meiner Hypothesen herangezogen werden könnten. Die
302
M. Heinz
Ausübung von Handel als wesentliche Wirtschaftsgrundlage istjedoch inzwischen für I:Iabüba Kabira als Handelskolonie und Stützpunkt der südmesopotamischen Stadt Uruk nachgewiesen. Weitere Untersuchungen sind geplant, diese mit dem Ziel, Merkmale raumprägender Faktoren zu erarbeiten, die nicht ausschließlich das Einzelbeispiel erläutern, sondern in eine Theorie raumwirksamen Verhaltens münden und es erlauben, von vorläufigen Annahmen zu gesicherten Aussagen zu gelangen.
BIBLIOGRAPHIE
Aerst, E. (Hrsgb.) 1990 The Town as Regional Economic Centre in the Ancient Near East. Leuven. Agorsah, E.K. 1988 Evaluating Spatial Behavior Patterns of Prehistoric Societies. In: Journal of Anthropological Archaeology 7, 231 -247. Algaze, G. 1989 The Uruk Expansion in: Current Anthropology 3015, 571 -608. Born, M. 1977 Geographie der ländlichen Siedlungen. Teubner Studienbücher der Geographie. Stuttgart. Bourdier, J.P. I Alsayyad, N. (Hrsgb.) 1989 Dwellings, Settlements and Tradition. International association for the Study ofTraditional Environments, Berkeley. Lanham. Burgess, E.W. 1982 The Growth of the City (Nachdruck aus: The City, ed. by R.E. Park, E.W. Burgess, R.D. McKenzie, Chicago, 1925). In: Theodorson, 1982:35 ff. Buttimer, A. I Seamon, D. (Hrsgb.) 1980 The Human Experience of Space and Place. London. Carter, H. 1983 An Introduction to Urban Historical Geography. Baltimore. The Limits of Settlement Growth: a Theoretical Outline. Fleteher, R. 1995 New Studies in Archaeology. Cambridge. Stadtanalyse. Soziale und räumliche Organisation der GeFriedrichs, J. 1983 sellschaft. 1. Auflage 1977. Opladen.
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen Friedrichs, J. 1988
303
Soziologische Stadtforschung. Kötner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 29. Opladen. Gaube, H. I Wirth, E. 1984 Aleppo. Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe B, 58. Wiesbaden. Space, Time and Architecture. Cambridge, Mass. (5. Giedion, S. 1995 Aufl.). Häußermann, H. et al. 1992 Stadt und Raum. Soziologische Analysen. Pfaffenweiler. Hillier, B. I Hanson, J. 1984 The Social Logic of Space. 2. Aufl. 1990. Cambridge. Die Stadtstruktur. Erträge der Forschung. Darmstadt. Hofmeister, B. 1996 Das Phänomen der Stadt. Berichte aus Forschung und Humbert, K. 1992 Lehre. Städtebauliches Institut im Fachbereich 1 Architektur und Stadtplanung der Universität Stuttgart und Teilprojekt C2b - Natürliche Prozesse - Haus und Stadt im Sonderforschungsbereich 230. Arbeitsbericht 47. Stuttgart. Kokot, W. I Bommer, B.C. (Hrsgb.) 1991 Ethnologische Stadtforschung. Berlin. Strukturwandel der Städte. FrankfurtiM. Krätke, St. 1991 Lichtenherger, E. 1986 Stadtgeographie. Band 1 - Begriffe, Konzepte, Modelle, Prozesse. Teubner Studienbücher der Geographie. Stuttgart. Geographie der ländlichen Siedlungen. Das GeographiLienau, C. 1986 sche Seminar. Braunschweig. Machule, D. et al. 1982 Tall Munbäqa 1979. In: MDOG 114,7-70. Machule, D. et al. 1984 Ausgrabungen in Tall Munbäqa 1983. In: MDOG 116, 65-93. Machule, D. et al. 1986 Ausgrabungen in Tall Munbäqa 1984. In: MDOG 118, 67-145. Machule, D. et al. 1987 Ausgrabungen in Tall Munbäqa 1985. In: MDOG 119, 73-134. Machule, D. et al. 1988 Ausgrabungen in Tall Munbäqa 1986. In: MDOG 120, 11-50. Machule, D. et al. 1989 Ausgrabungen in Tall Munbäqa 1987. In: MDOG 121, 65-77. Machule, D. 1990a Tall Munbaqa. Die spätbronzezeitliche Stadtanlage und die Häuser. In: Resurrecting the Past. A Joint Tribute to Adnan Bounni; Hrsg. Matthiae, P. et al., 199-214. Machule, D. et al. 1990b Ausgrabungen in Tall Munbäqa 1988. In: MDOG 122, 9-42.
304
M. Heinz
Machule, D. et al. 1991 Ausgrabungen in Tal! MunbäqaiEkalte 1989. In: MDOG 123, 71-93. Machule, D. et al. 1992 Ausgrabungen in Tall MunbäqaiEkalte 1990. In: MDOG 124, 11-40. Orthmann, W. 1989 Halawa 1980-1986. Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde, Band 52. Bonn. Pearson, M.P.; Richards, C. (Hrsgb.) 1994 Architecture and Order. Approaches to Social Space. London. Sanders, D. 1990 Behavioral conventions and archaeology. In: Kent, 1990, 43-72. Schaur, E. 1992 Ungeplante Siedlungen. Mitteilungen des Instituts für leichte Flächentragwerke (IL) Nr. 39. Hrsg. F. Otto. Stuttgart. The Spacial Organization of Mesopotamian Cities. In: Stone, E. 1991 Aula Orientalis 911-2, 235-242. Stone, E. I Zimansky, P. 1995 Die innere Organisation einer mesopotamischen Stadt. In: Spektrum der Wissenschaft, Juli I 7, 80-86. Stone, G. 1991 Settlement Ethnoarchaeology. In: Expedition, 3311, 16 -23. Strommenger, E. 1976 Fünfter vorläufiger Bericht über die von der Deutschen Orient-Gesellschaft mit Mitteln der Stiftung Volkswagenwerk in I:Iabüba Kabira unternommenen archäologischen Untersuchungen. In: MDOG 108, 5-22. Strommenger, E. 1977 Habuba Kabira am syrischen Euphrat. In: Antike Welt, Heft l, 11-20. Strommenger, E. 1979 Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Habuba Kabira. In: D.N. Freedman, Archaeological Reports from the Tabqa Dam Project - Euphrates Valley, Syria (AASOR 44), 63-78. Strammenger, E. 1980 Habuba Kabira. Eine Stadt vor 5000 Jahren. Mainz. Wirth, E. 1968 Strukturwandlungen und Entwicklungstendenzen der orientalischen Stadt. In: Erdkunde Bd. XXII, Lfg. 2, 101 -128. Wirth, E. 1975 Die orientalische Stadt. In: Saeculum 26, 45-94. Wirth, E. 1979 Theoretische Geographie. Teubner Studienbücher Geographie. Stuttgart. Anmerkungen zur räumlichen Organisation des StadtWirth, E. l984a grundrisses. In: H.GaubeiE.Wirth, 1984: 119-125. Quartiergliederung und Bevölkerungsstruktur. In: H. Wirth, E. l984b Gaube IE. Wirth, 1984: 192-204.
Räumliche Ordnung und Stadtkonzepte bronzezeitlicher Siedlungen Wirth, E. 1991a Wirth, E. 1991b Wirth, E. 1992
305
Zur Konzeption der islamischen Stadt. In: Die Welt des Islams 31, 50-92. Stadtplanung und Stadtgestaltung im islamischen Maghreb. In: Madrider Mitteilungen 32,213-231. The Concept of the Islamic City - Privacy in the Islamic East versus Public Life in Western Culture. In: Applied Geography and Development 40, 22-38.
THE GATE AND THE CITY: CHANGE AND CONTINUITY IN SYRO-HITTITE URBAN IDEOLOGY
Stefania Mazzoni, Pisa
Urbanization in Northern Syria and Southern Anatolia over the lang span of time between the Bronze and Iran Age experienced a steady transformation in both settlement pattern and urban planning; the process was certainly not linear nor univocal, following regional trends and strictly Iocal features, and suffering the discontinuous nature of the documentation. Evaluating the dynamics of change and continuity means having at one's disposition unequivocal and coherent examples over lang periods, and this is rarely the case. The few examples of Iang-Iasting cities do not pravide equal documentation for different periods and, therefore, do not enable an adequate reconstruction tobe made. The fact that some great capitals did not survive the events of the Bronze Age suggests that discontinuity or breakdown was a general phenomenon in the region between the Late Bronze and the Iran Age, reflecting political events such as wars, migrations and invasions, and related economic, social factors, beginning with the collapse of the palace economy and the decline of urbanization and ending with the emergence or increase of pastoralism. The existence of a few cities where continuity was a Iang-term process extending weil beyond the Iimits of the 2nd millennium, such as Hama, Karkemish, Malatya, provides an indication of rather uneven conditions in the whole area. New results shorten today the transitional period of the Dark Age and mitigate its character as a period of marked passage 1• There is consequently a notable attempt to emphasize continuity versus discontinuity, Iocal endogeneaus variability versus external disruptions, inner fluctuations versus occasional external movers, destruction or ethnic movements. Local
1 We can follow directly the shift in theoretical approach to the Dark Age subject beginning with the Zweit I conference, Deger-Jalkotzy 1980, to the more recent: Ward, Sharp Joukowski 1992, to AA.VV. 1994; to Yon, Sznycer, Bordreuil 1995.
308
S. Mazzoni
The Gate and the City
destabilizing factors were traced back to LB II 2 such as the early fluctuation of the local dwellers-pastoralists 3 , which emerged or was transformed at the time of urban-collapse in the turning-point of the 12 century4 ; and, finally, the importance of the internal stresses within the framework of a generat instability of the region was reasserted 5 • If urban development during this period was a multi-faceted process throughout the region, mirroring both local and general conditions, as evidenced by the collapse and abandonment of a few cities, the temporary crisis of others and the seemingly indisturbed activity of others, this was replaced at the end of the 12th century by a common trend towards urban replanning and renewal of the settlement pattern (Fig. 1). The emergence of the Luwian and Aramaean kingdoms provided the political and economic background as weil as the ideological incentive for this new urbanization; the many dynasties rivalled in promoting building activities and monumental decorations which proliferated during the period of autonomy, 12th 10th cent. B.C. as weil as at the time of the Assyrian expansion, 9th cent., and the Assyrian conquest, 8th cent. B.C. A common model of urban ideology and planning was adopted and suited to the regional traditions which might locally mirror the earlier Hittite or Syrian or possibly Hurrian-Mitannian origin, or a fresh Assyrian connection. The proclamation of new foundations in the inscriptions follow new foundations or re-foundations, transfer of capitals, building of fortresses, the settlements being knowingly hierarchizecl by function into capitals, royal cities, defensive fortresses. Beside these new features, which I have already dealt with6 , thc formal structure of the city ancl its visual propaganda through reliefs ancl sculptures proviele further infonnation on the new urban icleology as part of the royal achievements of the local clynasties. In this context the function of the gate and its decoration with ceremonial ancl religious reliefs 7 are certainly important revealing a conscious link with the past which betrays a quest for Iegitimation.
2
Liverani 1988, 629 entitled "I
f~tttori
interni dclla crisi": ld. 1987, 69-70.
1 ·
Schwartz 1989, 285-286.
4In 5 7
thc tirst case: Sader 1989, 162; in the second: McLellan 1989, 170.
Liverani 1995, 113-117.
6
Mazzoni 1994, 1995.
Mellink 1974 has thorough1y investigated the theme of the continuity of architcctura1 sculpture in Hittitc and Syro-Hittitc art.
309
Fig. 1. North Syria and South Anatolia in thc Iron Agc.
1. GATES AND MULTIPLE ENCLOSURES
Gates, citaclel walls and city walls were subsequcntly built and rebuilt, following the process of increase of centralization ancl monumental urbanization of the local city-states. Thc effort to improve the defensive structure of thc city was linked to both the intensification of warfare and transformation of weapons; as a result multiple enclosures surrounclecl the ceremonial ancl residential units in a pattern of concentric eire! es ancl they were steaclily cnlargecl ancl cloublecl throughout the time. This trencl continuecl in the periocl of Assyrian control of the region when the lower cities expanclecl ancl were ac-
310
S. Mazzoni
The Gate and the City
cordingly walled again8 As a consequence multiple gates corresponded to multiple enclosures, which were to play a significant place in the new urban ideology. The Bronze Age tradition of the double circuit, walls of the citadel and walls of the city, was certainly at the origin of the new concentric patterning of the Syro-Hittite enclosures; so the double framing probably followed the earlier Hittite tradition9 • Zincirli provieles a distinctive case of this trend: the outer walls ("Äusseren Stadtmauern") were double; the earliest walls, now dated to stratum IV, were the outer ring. After their destruction, a new inner circuit was built in stratum III following the technique of "Balkenrosten mit zwischengelegten Steinschichten", which also appeared in the inner walls of the citadel, probably from the same time. The citadel was in the same way surrounded by walls in stratum IV and strengthened in stratum III by double walls; the N. W. palatial unit was a further closed area, entrance to which was through a gate, Thorbau Q 10 • The urban patterning in irregular concentric rings appeared also at Karkemish, Tell Halaf and Tell Ahmar and was paralleled by their multiple gates. At Karkemish the upper city was supplied with two entrances, the King's Gate and the WaterGate; the citadel was approached by the Great Staircase, the outer city with its ring of walls being of a later 8th -7th cent. phase 11 • A few capitals in fact underwent a further growth at the time of the Assyrian rule, and were given outer rings of walls supplying outer lower towns of !arger size, which eventually increased their concentric-shaped formation. At that point the centrifugal growth of the lower city paralleled the centripetal growth of the upper city; the trend towards a progressive concentric enclosure of the citadel mirrored the hierarchical segregation of the ceremonial and official areas. This process was not sudden and underwent many transformations over a period of at least six centuries, from the 12th to the 7th cent., i.e. from the rise of the Syro-Hittite kingdoms to their subjection to Assyrian rule.
dated to the 12- ll centmies 12 and, therefore, is the earliest example of a gate decorated with reliefs and sculptures. They include the lions (inscr. of Halpasulupi), scenes of deer and lion hunting (with a quotation by Halpasulupi, nephew of Tara of the stele of Izgin l) (Figs. 2-3) and scenes of Iibation (inscr. of PUGNUS-mi/i) (Figs. 4- 5) to the various gods. Compared with the immediately earlier example of the Sphinxgate of Alaca Hüyük (Fig. 6),
311
2. THE GATE AS A CEREMONIAL PASSAGE The earliest documents of the Syro-H ittite period are constituted by the gateways of Malatya, Karkemish and Zincirli. The Lion Gate of Malatya, thanks to the reconstruction of the three local dynastic lists, can be safely Fig. 2-3. The stag and 1ion hunt, Lion Gate, Malatya (Dclaporte 1940, PI. XXXII: 1-2). 8
Mazzoni 1995, 184
10
189.
Lehmann1994, 107-108.
9
Naumann 1971, 257-266.
11
Mazzoni 1995, 184
186.
12
Hawkins 1993, 39-41; 1995a, 1301; 1995b, 74; 1995c, 88-89.
312
The Gate and the City
S. Mazzoni
313
the reliefs of Malatya reveal the Hittite connection with friezes of the earlier repertory, being carved on irregular structural blocks at an upper Ievel in the masonry (Fig. 7) 13 •The friezes are concentrated in the inner passage of the gate but it may be possible to reconstruct the reliefs, the origin of which is unknown, along the external fa<;ade.
Fig. 7. Southern wall, Lion Gate, Malatya (Delaporte 1940, PI. XXI).
Fig. 4-5. Libations by king PUGNUS-mili (Delaporte 1940, Pis. XIXb, XXIV).
The hunting scenes deserve special consideration as they will play an important role in the following phase. Hunting scenes are represented in the upper course of the West tower in Alaca Hüyük; deer and boar are hunted with arrows (Figs. 8- 9), lions and possibly bulls with spears and they are associated with various ritual activities 14 • Some important observations by M.J. Mellink, following Güterbock's reconstruction of the scultures, are relevant for the development of the practice and its significance: the friezes are carved on architectural blocks on several superimposed bands, with the processions in the lower register approaching, ascending the ramp and entering the gate, while the friezes of the upper registers move away from the entrance with the deer hunt illustrated in continuous narrative and concluded by the Iibation after the hunt. To sum up "The hunting scenes as it were form the background for the ritual perfonnances of the lower frieze, and are not part of the entrance ceremonies. The nature of the hunt is extramural" 15 •
13 Mcllink 1974, 206-207, rightly pointed out a "transitional character" of the Malatya friczes.
Fig. 6. Recostruction of the West tower fa<;adc, Sphinx Gate, Alaca Hiiyiik (Giiterbock 1956, PI. IVa).
14
Mcllink 1970, 15-27; Ead., 1974, 203-205; Güterbock 1956,54-56, Fig. 3, PI. IVa; Id. 1957, 63; Orthmann 1975: 427, Figs. 344a-345a. Fora datation of the Alaca Hiiyiik reliefs to the 13th cent. B.C. see now Neve 1994, 213-219. 15 Mellink 1974, 203-205. The ritual with music players and Iibation by thc king to the smiting god with the bull in front of a brickwork structure of the Boston Iist bears a striking similarity to the gate ceremunies performed in the Malatya and Alaca rcliefs, supported also by a few minor details such as the plants in the tield; the identitication of the brickwork structure with a gatc seems tobe in any case disrnissed by Giiterbock, Kendalll995, 53-54.
The Gate and the City
S. Mazzoni
314
315
impression on a tablet from Ugarit of the time of Tudhaliya IV as weil as in the Niqmadu seal documented by two impressions on a tablet 18 • Hunting is not only a heroic activity but also has a sacred roJe in the local context 19 • A sacred hunt follows the refoundation and restoration of Nesa by Anitta and ensures, through the benevolence of the gods, food for the temples and the palace20 • Hunting was regulated by rituals and protected by gods, like Inar/ KAL21 • These gods give legitimacy to such activity, which violates the natural order. Breaking such regulations Ieads to punishment in the mythical texts, such as the myth of Kessi the hunter 22 • Amongst the dreams which reveal the omens connected to Kessi 's transgression there is the seventh dream which links the hunting of the lion to the gate, the serpents and the sphinx, who are before the gate23 , a roJe which the mythical animal also has in the Hurrian-Hittite Itkalzi ritual. The gateway is a sacred area where rites are performed for the gods who protect the city24 , amongst which we have the hunt. Hunting is a heroic and ritual activity of dominion and violation of the natural world. The gateway represents the magic border between wild nature and the city and passing through it is, like hunting, a transgression to be propitiated by ritual offerings. The entrance to the city comes under the care of the gods and is visually celebrated by means of rituals performed by the king and his family and attendants for the care of the city. The king celebrating the rituals acts as a tutelary god, as the founder of the dynasty and the city. In the Syrian tradition the king in fact acts as a judge seated at the gate, like Danel; he is like Niqmepa with his royal titie, "skn.bt tn/k sgr [m]/k bny", "Superintendent of the house, king of the gate, king builder" 25 •
18
Schae1Ter 1956,23-26, Figs. 32-33; 77-79, Figs. 100-102.
19
Fig. 8-9. Reliefs of the hunt, West tower, Sphinx Gate, Alaca Hiiyiik (Orthmann 1975: 427, Figs. 344a,345a).
While deer hunting is probably related to or protected by a tutelary god 16 the lion bunt is a traditional subject related to kingshitP; the Iion hunt with
Von Sacken 1988, 69-71 stresses only the sacralnature of Hittite hunting dismissing its connection with kingship and relating the later Syro-Hittite royal hunting to Assyrian intluence; hut the continuity of presence of this subject in the friezcs of the gates is good proof of its local charactcr and ideological function even in latcr periods. 10
Archi 1988, 30 32.
11
lbidcm, 31.
llXclla 1978, 219-221. 16
0n the suhject of dcer hunting and the God on the stag, sec ßochmcr 1983, 55- 59; von Sacken 1988, 69-81; Mayer-Opificius 1989, 359 361; Orthmann 1971, 258-263. The God on the stag of the Karasu was sei in the wall at thc foot of a path leading to an upper building, possibly in a tutelary position as a sort of outer and water gate of the site; Hellenkcmper, Wagner 1977, 167 173. 17 Cassin
1987, 167-213. Continuity in the Syrian representation of the ducl hctweenthc hero and the lion is stressed hy Matthiae 1989, 372-374.
llJiotTner Jr. 1990, 68; Ilaas 1994, 335-336. 14 0n the role of the city and the protecting gods' gate as divide, sec Haas 1994, 280- 282; on rituals at the gates sec Dei Monte 1973, I 07- 129.
15 1'or the quotation of thc poem of Danel and Aqhat: Caquot, Sznyccr, I lerdncr 1974, IIDV 5-8, 427 -428; for the same tradition in the Old Testament refcrred to the Syro-Hittitc gates, sec Frankfort 1954, 170. For the Niqmcpa title: Virolleaud 1957, 20, PI. VIII, 7.15.117 =
316
S Mazzoni
The Gate and the City
At Karkemish the earliest documents consist of the Water Gate and its decoration. The poorly preserved reliefs, found only partially in situ, belong to a frieze with additions of different periods, as was the case of the Malatya reliefs; they include lions, a procession of figures which W. Orthmann attributes to his early phase, Sph. 126 and two slabs with a Iibation (Fig. /0) and a banquet scene. The early date of the figures and lions was assumed on the base of stylistic criteria; one of the main Features is the spiral re11dering of the Iion's paws, similar to those of Malatya and cAyin Dara. The two stone slabs with the banquet and Iibation, because of their style and material culture, are traditionally dated to a later phase27 ; an early date at least for the libation scene is, 011 the contra.ry, suggested by the close similarities with the Malatya reliefs in the generat outline of the scene and a few details, such as the gesture of pouring the liquid from on high into the vase 011 the ground and the presence of a servant with a bull, behind lhe offering king. Also the winged diskover the bull preceding the smiting god, with the disk separated from the curved wings, consitutes a somehow transitional version between the Hittite type and the later Syro-Hittite one, appearing more archaic than
317
//t
,,o
f
:8
Fig. II. Stele of Talmi-Teshub/Ura-Tarhunza A4b (Woolley 1914, PI. A4b).
CI
Fig. 12. Stele of Tudkhaliya Al6c (Woolley 1921, PI. Al6c).
the winged disks ofthe two stelae A4b ofTalmi-Teshub/Ura-Tarhunza (Fig. 11), and A16c of a Tudkhaliya 28 (Fig. 12). While the two Iions of Suhi and the one of Astuwatamanza found in the area of the WaterGate were probably transferred in modern times from the Great Staircase29 , the fore-part of a Iion found a few melers west of the inner buttress was probably part of the decoration of the gate; the details of the paw suggest in fact an early date, as is the case of another similar Fragment from the foundations of the HilanP0. The similarity with the Iions from the fac;ade of the temple of cAyin Fig. 10. WaterGate, relief ß30a, Iibation to the Storm God (Woolley 1921, PI. 30a).
CAT 7 .63; Virolleaud translated "roi gardien de Ia frontiere (litt. portier)"; reccntly ßaldacci 1996, 207 translates "king of the gatc"(metonimy for city)". 21
'0rthmann 1971, 30-31; Woolley 1921, PI. ß28 31.
27
Sph. III: Orthmann 1971, 39.
lRHawkins 1974, 71-72; ld. 1980, 442; Woolley 1952, 170; 1914, PI. A4b. Al6h in Hawkins 1988, 104 105, note 34; Woolley 1921, PI. Al6e. For comparisons sec the Etlatun Pinar winged disks and related examples in ßörker-Kl1ihn, ßörker 1975, I -41, the golden and Iapis lazuli inlays from Karkemish: Seid I 1972, Fig. 23; on the subject Gormet 1967, 189, Fig. 15 (Karkemish A4b) and PI. C: 12 from Karakuyu with the cartouche ofTudkhaliya IV. 29
Ussishkin 1967, 87-92; Woolley 1921, p. 105, Fig. 32; Ortlunann 1971, 43, K/22.
Jolbid., 43, K/25; Woolley 1952, 182, Fig. 71.
318
S. Mazzoni
Dara would confirm this interpretation. The whole complex of the gate with the lion sculptures and the friezes with processions and libations paralleled the Malatya Lion Gate in form and ideology. To the same phase we can date at Zincirli the three unfinished fore-parts of sphinxes from the region of "Der alte Bau unter dem Thore" 31 , and a more refined fore-part of a fourth sphinx from outside the city. These may be linked to the sculptures from the Yesemek and Sikizlar quarries. The vicinity of the three fore-heads of the citadel to the old building under "Das Thor der Quermauer" identified in the ancient gateway of the citadeP2 gives weight to the hypothesis of this gate having originally been decorated with these sculptures, together with the older lions from the nearby ditch which have also been hypothetically attributed to the gate, as opposed to the original attribution to the "Thor der Quermauer" by R. Koldewey. In the same region there is yet another gate with lions at Tilmen Hüyük33 which, given the presence of two lateral rooms, is to be compared to the gates of the 13th century and to the earlier gate of Zincirli (Der Alte Bau). The lions are poorly preserved, but the generat working of the pieces brings them closer to the older series. The city gates of Malatya, Karkemish and Zincirli with their continuous friezes celebrating rituals and ceremonies are the documents of the first building activities of the Syro-Hittite dynasties; they are associated with the first proclamations of foundations and are a consistent part of the celebrative programmes of reconstruction and refoundation of the country. The king leading the rituals to the gods at the entrance of the city ensured the protection of the city and finally acted bimself as a founder and guardian of the gate and the city. 3.
THE GATE AS A DYNASTie PARADE
The adoption of ceremonial gates in the Syro-Hittite capitals underwent some important developments in the 10th cent. B.C. The declaration of the building of the gate, in fact, enters royal propaganda, as is documented by the inscription on the lion of Astuwatimanza34 • The gate of the city, like that
31
The Gate and the City
Fig. 13. Reliefs from the Southern Gate, Zincirli (Von Luschan 1902, PI. XXXIV).
Fig. 14. Reliefs from the Citadel Outer Gate, inner corner, left side, Zincirli (Von Luschan 1902, PI. XXXVIIc-d).
of the citadel, may be decorated with reliefs. This is the case of the southern gate of Zincirli, which was slightly earlier than the outer gate of the citadel and, in fact, is still transitional in the use of small blocks and in the iconographies with the parade of animals, sphinxes, griffins, griffin-men, the deer and lion hunt (Fig. 13). Here too, as in Alaca, the hunt is portrayed in continuous narrative with the kneeling areher and the animals represented on different blocks. Only the horsemen, one of whom clisplays the severecl heacl of a foe, hint at the new theme celebrating war which will clearly appear in the outer citadel gate 35 • This second gate (Fig. 14), which on stylistic grounds may be slightly later 36 , offers a richer repertoire alternating tutelary figures, winged griffin-men, lion-men, wingecl lions, ram bearers, gods, banquet scene, court procession, musicians, cleer hunting by the kneeling areher (Fig. 15) and the new chariot scene, with charioteer and archer, trampfing uncler the horse 's hooves the bocly of the defeatecl enemy (Fig. 16). The
0rthmann 1971, 79, C6-7; 73, K/8, PI. 67.
llUssishkin 1969, 50-53. 11
14
319
Alkim 1962, 447-466; Naumann 1971,293, Fig. 390.
11
Hawkins 1972, 99.
11
0rthmann 1971, 60-61, A/l-9, Pis. 55-56, period Sph. (1-)11.
'0rthmann 1971, 61 -62, 131 -33, Pis. 57-61, pcriod Sph. II.
S. Mazzom
320
g
The Gate and the C1ty
the centre, and the god of war. Opposite, on the western siele {the left entering), the chariot moves towards the gate, but the ram bearer moves towards the outside with, at his back, the banquet and court. The hunter, however, again moves towards the city with the animals. This two-fold direction continues on the interior, with the !ion-man bunter exiting on the right and entering on the lefl. The reliefs, if in their original position, were probably organized according to some ideological order. To the right (entering) the
Fig. 15. Reliefs with the stag hunt, Citadel Outer Gate, inner corner, left side, Zincirli (Orthmann 1971, B/6-7, PI. 571'-g).
Fig. 17. Diggings at the Citadel Outer Gate, from outside, South East, Zincirli (Humann 1898, Fig. p. 91).
Fig. 16. Relief with chariot trampling over the enemy, Citadel Outer Gate, outer corncr, left side, Zincirli (Orthmann 1971, 13/l, PI. 57a).
Iayout of the relicfs 37 has two different directions (Figs. 17-18); on the eastern side (the right entering), the gods emerge, facing those who enter, with the three main gods in the outermost corner, the storm god, Kubaba in
37 Mellink
1974, 208 objects that the reliefs might not hc in their original arrangemcnt.
321
Fig. 18. Reliefs from the Citadcl Outer Gate, from inside, North East, Zincirli (Von Luschan 1902, Fig. p. 209).
S. Mazzoni
The Gate and the City
divine sphere, to the left the human world; on the outside war, within hunting. Outside we find the main gods, inside the genii, musicians, rams and the tree. The gate is in this case a partition between the divine and human realms, war and the hunt, court celebration and the magical protection of the gods. To the same period belong the lions of the official inner citadel (Thorbau Q) 38 whose figurative details parallel those of the lions on the outer gate of the citadel. The inner gate (Das Thor der Quermauer) may have been decorated with lions, probably the three archaic lions found in the ditch, to which two further lions were added at some later date. The subject of military triumph over the enemy is extensively represented at Karkemish on the Long Wall of Sculpture, which belongs to the Suhi dynasty within the 10th century39 • The Long Wall was the outer decoration of the monumental gate leading to the upper acropolis and its main temple. This underwent many rebuildings, including the orthostats with Katuwa's inscription (A 23) and the later friezes of a son of Sastura dating at the time
Fig. 20. Fragment of relief from the Great Staircase area, B36c (Woolley 1952, PI. 36c).
322
323
of the final phase of the dynasty's autonomy 40 • The inner passage was protectecl by the lions of Suhi II and, possibly, of Astuwatimanza 41 • The figures of the frieze of the Long Wall move towarcls the Great Stair case, with the procession of gods (Fig. I9t 2 introducing Suhi and his wife
4°For thc corrcct identitication sec Hawkins 1972, 103 106, A21 /22b +a; Orthmann 1971, 191, whilst thcy wcre crroneously attributcd to Astiruwa due to the ncarby prescnce of fragmcnt A20b I.
'11 0n thc original hypothcscs of C.L. Woollcy rcgarding thc bclonging of two lions to Suhi and a third to Astuwatimanza and thcir original provcnance from the Grcat Staircase, Ussishkin 1967, 87-89 acccptcd only thc lirst, prcfcrring to attributc the fragmcnt of Astuwatimanza to thc WaterGate (whcrc thc fragmcnts wcrc collcctcd in modern timcs); sec also 1-Iawkins 1972, 97 100; Ortlunarm 1971, 41-43.
Fig. 19. The Long Wall of Sculpture at thc basc of the Great Staircasc, the parade of the gods, Karkcmish (Woolley 1952, PI. 32).
J8 As clearly shown by Orthmann 1971, 68-69, D/1-2, PI. 62, period Sph. II, on thc basis of stylistic considerations.
.wOrthmann 1971, 33-34, C/1-14, Pis. 23-24; Plan 4, for the sequencc of thc pancls; Hawkins 1972, I06 I07 for thc reconstruction of the scqucncc of slabs and Pig. 4; 87- I0 I for the dynastic sequence.
11 ' Thc wingcd sun B36c (Fig. 20) found at the töot of the stairs was hypothctically identified as a !intel ovcr thc jambs of thc entry of thc Grcat Staircasc, Woollcy 1952, 164 mainly becausc of thc rcstorcd lcngth, "not less than 3 mctcrs", suiting the 2.80 onc of the cntrance; in rcality, the dimensions suit vcry weil thosc of thc Grcat Lion Slab, B33 with thc Moon and Sun gods (whose names arc inscribed at their side) who arc usually identilied by the wingcd sun and the crescent on thcir hcads, as in thc Malatya rcliefs. Thc Iack of any cmblcm here supports an original position of B36c over this slab. A further possible dcstination for B36c might bc at the vcry top of thc Long Wall fricze, to thc right of the Weather-God, probably as a Iintel for the cntrancc to thc temple. Thc conncction of thc wingcd sun with thc Wcathcr God is assurcd by many Syro-IIittite stclac, beginning with the Teil Ahmar onc, from the samc workshop of thc Karkcmish rclicfs, sec Orthmann 1971, 46, Til Barsib B/1, PI. 53, which shows a similar rendcring of thc winged sun.
S. Mazzoni
The Gate and the City
Wati, followed by the chariots trampling the bodies of the enemies, whose heads are shown under the inscription of Suhi, and by the hoplites carrying either a severed head or a bound enemy (Fig. 21). The scene depicts the ascent of the gods to the citadel introducing the military triumph of the dynasty. This same meaning is hinted at in the inscription of Suhi (A 1a, § 17 18), which celebrates his victory over the enemy cities and afferings to the gods, in the Statement "when I went forth, all these gods went with me". In the course of the procession the two spheres, the world of the gods and the triumphant humans, are separated, the former going up towards the acropolis, the latter following in the city; in the middle, the king and queen acted as a link between the two worlds. The gate was in this case a ceremonial passage linking the inner to the upper town and the palace unit to the temples; in this position the visual reminder of the role of the dynasty before the gods appealed to protection and propaganda.
fore, attribute to this gate the two reliefs of hunting from a chariot44 which were found in front of the later Royal Buttress and whose subject does not fit in with the parade of the Processional Entry and with the themes of the nearby Herald's Wall. The outer decoration of the King's Gate precedes, on the base of stylistical considerations, the Long Wall frieze, and is probably slightly later or contemporary with the Herald's Wall 45 . In a two-centuries span, between the mid-10th and the mid-8th cent. B.C., the King's Gate was to be transformed in a processional way thanks to the rebuilding and decorating activities of the local kings, namely Katuwa for the Processional Entry46 and the inner jambs of the gate with his inscription (A8- 10) and Yariri for the later Royal Buttress. Even with the later additions and changes the consistence of both style and subjects was maintained, witnessing the ritual and celebrative goal of the frieze. The general direction of the friezes was
324
325
Fig. 21. The Long Wall of Sculpturc, military paradc, Karkcmish (Woollcy 1952, PI. B37b).
In the same way, the King's Gate connected the outer part of the inner town to the central and official unit, paralleling in function the outer citadel gate of Zincirli. On its outside, on the Inner Court side, were shown the sphinx, the griffins, the lion-man, the areher and the stag (Fig. 22)43 ; we may, there-
Fig. 22. Thc King's Gate, rclicfs with the stag hunt, griffins and lion over the hull, Karkemish (Woollcy 1952, PI. B57a).
44 0rthmann 1971, 34, PI. 37, K/26 -27, period Sph. II, dated to thc time of the Long Wall of Sculpture. 4JOrthmann 1971, 33, Pis. 32-33, H 1-12, period Sph. II, considered thcsc rcliefs conternporary with those of the Hcrald's Wall and then carlier than the Long Wall of Sculpture.
15 ' 0n 4
the earlier dating of the Herald's Wall, Mazzoni 1977, 12-21; Ead. 1982, 197.
<'0rthmann 1971, 33 34, EI -16, Pis. 28-30, period Sph. II.
326
S. Mazzoni
The Gate and the City
327
side of the Staircase Recess the hoplites move from the citadel, with the later insertion of the Royal Buttressand its court's parade, abutting from the wall and reusing an older slab on the side of the recess with the musicians (Fig. 25)47 • lt is clear that, at least in their final lay-out48 , the Processional Entry and the Royal Buttress were the outer fac;ade of a gate leading to the area of the Hilani.
Fig. 23. The Processional Entry with thc Staircase Recess (Woolley 1921, PI. B17a).
Fig. 25. The military paradc of the Proccssional Entry to the left side of thc Staircase Recess, with thc basis for a statue and the latcr addition of thc Royal Buttress, Karkemish (Woollcy 1914, PI. B1b).
The ceremonial function of thc gate expressed by the friczes will remain a special feature of the Syro-Hittite city in the following 9th and 8th cent. B.C. The 178 small orthostats of Tell Halaf, reused from a temple of the storm god and probably to be clated to the 9th cent., form a frieze along the
Fig. 24. Thc cxcavation at the Staircase Recess: differencc of tloor Ievel; to thc lcft thc Royal Buttrcss, to the right the corncr of the Proccssional Entry (Woolley 1952, PI. 44b).
in fact connectecl with a stepped gate, the Staircase Recess (Fig. 23); from the King's Gate the krioforoi and the women with polos move f01·ward to the citaclel (Fig. 24) joining at the corner the godcless Kubaba sitting on her lion; at the corner play thc musicians followecl by the wingecl sphinx. To the other
47 As a later addition thc Royal Buttrcss madc usc of carlicr slabs, such as thc slab with thc nursing subject revealing on th~. bottom thc upturned body of a lion; for the problem of thc idcntification of this scenesec Ozgen 1989, 373 375, and rclatcd bibliography. Por Yariri and Kamani, sec Hawkins 1979, 159-162.
4RThe interprctation of this area was complicatcd by diffcrcnccs in the floor Ievel, which may have followed the different stages of thc rebuilding activitics; see Woollcy 1921, PI. 8 17a; ld. 1952, Pis. 43a, 44, 47b; thc cxcavator pointcd out thc light slope of thc Processional Entry and the irregularity of the original ground Ievel in this area, in partly compensatcd for by thc prescncc of a rough stonc base, which might havc bccn plastered.
328
329
S. Mazzoni
The Gate and the City
back and the passage leading to the Kapara palace 49 ; they parallel the Processional Entry of Karkemish for both the long display and their high Ievel of placement in the wall. To a similar date around the 9th cent. are attributed the reliefs of series A of Karatepe, possibly reused from nearby Domuztepe50. At the same time, when friezes were lacking, the figures of lions, and rarely sphinxes and griffins, conveyed the tutelary message, deriving from an earlier Syrian tradition. Worth mentioning are, together with the many from Zincirli and Karkemish, the poorly preserved lions from Harran, probably decorating the citadel gate, and those of the inner passage of the gate of the citadel of Hama, which, on stylistic grounds, are to be dated to the middle of the 9th cent. together with those from Buildings II and msl. The outer side of the citadel gate of Sakc;:agözü was decorated with reliefs of lion hunting between the 9th and the beginning of the 8th cent. B.C. 52 The orthostat from Tell Tacyinat showing the chariot trampling the enemy may have decorated a gate; near the charioteer is no Ionger the areher but possibly the winner patron, according to the Assyrianized iconography of the stele of Zaraqotaq, near Tell Ahmar 53 • The Kmk Bay1r relief 4 , from a site North of Urfa, showing two soldiers preceding a chariot under the winged sun and over the frame of a guilloche may also have decorated a gate. Finally, in the 8th cent. Karatepe offers the latest documents of citadel gate decoration in the form of processional ways to the inner citadel. lt is, therefore, not surprising that, also at Arslan Tash in the middle of the 8th cent., friezes with military parades and tribute bearers decorated the West
Gate of the citadel, as a celebrative way leading to the official area of Khadatu 55 . In the same period the lions, guardians of the gates, multiplicated, as documented by the many lions found near or at the urban gates of this period, at Arslan Tash (Gates E and W), Tell Ahmar (NE Gate), Karkemish (S. Gate)56 • The lion of Sheikh es-Sacad 57 may, therefore, be attributed to an urban gate or to a porch, and dated from the end of the 9th to the full 8th cent. B.C. like the lions from the citadel of Hama.
0rthmann 1971, 120-121, Pis. 8-11; Mellink 1974, 209-212; Genge 1979, 128-130; Winler 1989, 321-326; it is precisely the presence of the statue of Hdys'y with Assyrianized characteristics which Ieads Winter to an early date for the series of small orll1ostats, on p. 326. 5°Considered contemporary with series B by <;:ambel 1948, 147 -149; by Ussishkin 1969, 121 -137; and Orthmann 1971, 106 -II; 142 -144; a differentdatewas proposed by Mauhiae 1963, 101-104, who speaks of an archaic style for the reliefs of the NE gate and a later one for lhose of the SW gate, and Winter 1979, 116-125, 149-151.
51 Robaert 1989, 153-156; Riis, Buhl 1990, 35-38, group C and D. Group D has the tlame-like convention on the hinds quarters, like the ivories and sculptures of Tell Halaf, on which see below; only the fragments of group F are dated to the 8th cenl.
Ussishkin 1966, pp. 15-23; Orthmann 1971, 80, B/1/2.
53 0rthmann
1971, 83, PI. 52f, Tainat 2; Kohhneyer 1992, 94-95, PI. 39: 3; Bunnens 1993, 473, n. 384. 54
THE PORCH, GATE OF THE PALACE
The practice of decorating by sculptured friezes, with court parades and propitiatory themes, was followed in the porched fac;:ades of the local palaces, the Bit Hilani, in the 9th cent. B.C. and was a somewhat derivative development of the ceremonial gates. The portico of the palace58 acted, in fact, as a gate and as a gate appealed for both protection and celebration. The reliefs on the front of the palace of Kapara, dating from the second half of the 9th cent., are probably the earliest documents of this later use59 ; they show consequently many images of the repertory of the gate decorations, such as deer and bull hunting, mythical combats and protecting gods and monsters 60 • The reliefs of the Nordliehe Hallenbau and Hilani III from Zincirli are from the middle of the 8th cent. as weil as the reliefs from the front
55 Aibenda
49
52
4.
Özgüc; 1986, 199-200, PI. 40.
56
1988, 17-21.
Woolley 1921, 93, PI. B27b.
57
Robaert 1990, 126-133. Forthelion of Sheikh es-Sacad, hypothetically identified with Qarnaim, see Sader 1987, 270. 58 0rllunann 1975, 427 emphasized the palace fac;ade decoration as a locallater innovation opposed to the Assyrian decoration of the palace's interiors. For the term Hilani, which in the Assyrian texts defined a unit connected with the gates: Renger 1972-75, 405-406; Hrouda 1972-75, 406-409; Güterbock is critical of the connection with the Hiuite tfilammar: 1972-75, 404-405. On its adoption in Assyrianpalaces: Winter 1982, 357-364.
59 0pitz, Moorlgatl955, 31 for the dating 830-810 B.C.; Orthmann 1971, 122-129, Pis. 12-13, T. Halaf Ba/1-7, Bb/1-4, Bc/1-6. Moortgat 1975, 209-216; Spycket 1981, 414-415 prefers a later date for the caryatids, the end of the 8th century B.C. 60 As pointed out by Mellink 1974, 209-212; see 209: "The front of the hilani is the demonstration of what Kapara's architects and sculptors could do with a combination of reliefs slabs and gate sculptures. "; and 210, with reference to the importance of the hunt in this frieze.
S. Mazzoni
The Gate and the City
of the Hilani of Sakr;agözü, which portray court parades61 • They reveal a more simplified repertory in relation to the function of the building and its official and more secluded nature, which strongly contrasts with the rich repertory of the gates of Karatepe, dating to the same period. Besides revealing differences of workshops and their cultural affiliations and regionalisms, the variety of repertoires mirror the destination of the buildings and the ideological goals of their decorations. This was also the case for the latest and stylistically most mature example of sculptured frieze, which decorated the inner gate of the Great Staircase of Karkemish, work of a son of Sastura, to be dated to the end of the 8th cent., on the eve of the Assyrian conquest of 717 B. C. 62 Although if a gate, it was in fact the innermost and most secluded one and was decorated by tutelary figures.
decoration and its location. The base was, in fact, originally positioned against the unfinished slabs with two soldiers suggesting the foremost placement of a gate in this area. In the same way, a base with bulls stood on the right side of the outer gate of the Great Staircase and another, identical, in front of the temple doorway65 • At Zincirli, the statue fallen from its base with lions held by a hero stood outside gate Q66 • The statues of Karkemish and Zincirli of the 10th century are followed by the fragmentary statue from the South Gate of Karkemish, the statue from the South Gate of Karatepe, the statue of Mutallu at Malatya buried in the gateway, the fragmentary statue of Gate E (VII) of the citadel of Tell Ta')'inat, reused together with six sculpted panels showing scenes ofwar, the stele of Esarhaddon in the outer gate of the Zincirli citadel and the NE Gate of Til Barsib and the stele of the Samaria citadel 67 • The stele of Cekke, which moreover records the foundation or donation of the city of Kamana, was also discovered inside a structure which, from its plan, would appear to be a gate68 • To this category of stele reused in gates we may add the stele with the double-headed eagle from Hama, adapted to serve as the threshold of building III and recently redated to the Paleo-Syrian Period69 , and, finally, the victory stele of a king of Damascus on the house of David, reused in the structure of the outer gate of Tell Dan70 • The monuments found in the gates or reused or buried inside emphasize the entrance as a place for ceremonial activities linked to the celebration of kingship and dynastic Iegitimation or, in case of defeat, to delegitimation.
330
5.
GATES AND ROYAL MONUMENTS
The erection of royal monuments in the gates and their ritual burial, once dismantled, in the same place is a practice which derives from an earlier Bronze Age tradition and provides information on the ceremonial nature of the gate. 63 In the King's Gate at Karkemish, two bases with a griffin-man and a hero in kneeling position (Knie/auf) grasping at both sides two lions are relevant documents 64 • The first one with the statue of Atarsuha, or possibly a deified ancestor, stood at the inner side of the gate; the second one stood at the outer corner of the Royal Buttress and was left in place by this later frieze matehing to both the figurative pattern of the earlier
The decoration of city and citadel gates together with the fronts of the palaces was an essential component of the Syro-Hittite urban ideology from the 12th to the 8th cent. B.C. Its development over this long course reveals
61 0rthmann 1971:63-64, Plan 10, Pis. 63-66, Zincirli F/1.3-8; H/4-11; 80-82, Pis. 49-51, Sakr;:agözil A/1-13; PI. 12; Voos 1985, 65-86. 62 Hawkins 1972, 102-106; Id., 1979, 160-162; Ortlunann 1971,35-36, Pis. 2ld,e, 22, Ba/1-7; Mazzoni 1974, 184 -200; Sastura was visir during the regency of Yariri, Hawkins 1995a, 1303. 63
331
65
Woolley 1952, Pis. 29, B34, B47; PI. 30; Orthmann 1971, 41, PI. 25e, Bb/2, D/1.
66
Von Luschan 1911,288-289, Figs. 194,261-268, Pis. XL-L; Orthmann 1971,69, PI. 62c -e, E/1. Niehr 1994: 67-68. Voos 1983: 149-157 identified the gates as the place for the cult of the deified ancestor kings and the setting of their images.
Ussishkin 1970, 124-128; Id. 1989,485-492.
64 Woolley 1914, PI. BI; Id. 1921, Pis. B25-26, ld. 1952, 194-196, PI. 43a. Orthmann 1971, 40-41, PI. 32d ,e, F/17, H/11. Hili showing the god Atarsuha is now interpreted as the image ofa deified ancestor by Hawkins, as quoted in van Loon 1990, 11. The fragmentary base from Western Palace in Area Q in Ebla dating to MB II is probably the first document of this typology; even though badly damaged it is possible to see on its front the lower part of a figure sitting over the image of a fallen man Iaken in a rope or net; at both sides protruded the foreheads of two lions; the base, being found in the antechamber of the room which the dromos of the tombs opened on to, might have sustained the statue of an ancestor and was related with the funerary nature of the unit; Matthiae 1984, PI. 74. For the statue found at Gate A in Ebla, see Ussishkin 1989, 485-486.
67
To the exhaustive Iist of Ussishkin quoted at note 63 we can add the statue of Karatepe, Orthmann 1971, 109, 497, C/1; for the reliefs of gate VII at Tell Tacyinat see Mazzoni 1995, 188, PI. II. 68 Hawkins 1972, 104-105; ld. 1979, 160-161. The plan of the building appears in Dunand 1940, 85-92, Fig. I.
69 7
Pinnock 1992, 101-121.
0Siran, Naveh 1994, 63-80; llan 1997, 110, Fig. I.
'I
332
S. Mazzoni
The Gate and the City
a multiform sphere of relevancy. In the early phase of the Syro-Hittite period, which we may correlate archaeologically with Iron Age I, the gate was as a place of passage and a border; it was a sacred area where rites were performed; the decoration aimed consequently at protection and blessing. This was paralleled in 10th cent. by an intent of celebration, expressed visually through reliefs of military parades which convey the same dynastic propaganda of the frequently related inscriptions. From the 9th century on, in Iron Age II, the friezes with their message applied also to the front of the palaces, acting as celebratory fa<;:ades of the dynasty. The gate of the Syro-Hittite cities and citadels maintained its important position in the urban ideology throughout time. The progressive enclosure of the city in a fortified centre and the hierarchical seclusion of its units were all matched by a gate, which gradually was converted into a place for performing rituals, processions, parades. In this function, the gate merged into a metaphor for the city being its celebratory fa<;:ade, as the hilani entrance was for the palace. This process reached some degree of completion in the friezes of the gates of Karatepe, the latest cycle of reliefs of any relevant extension and articulated complexity of images and scenes. The bilingual inscription of Karatepe71 was in fact the proclamation of construction of the gate and foundation of the citadel, conquest of its territories and proclaim of the dynasty. The inscription ends with the assertion of construction of the gate and the usual concluding formula of prohibition and curses. The gate here simulates the citadel as a parspro toto and a threat to the gates is perceived to as a threat to the citadel.
La scoperta di Ugarit. La citta-stato ai primordi della Bibbia, Asti. A.Biran, J. Naveh 1993 An Aramaie Stele Fragment from Tel Dan, Israel Exploration Journal43, 81-98. R.M. Boehmer 1983 Die Reliefkeramik von Bogazköy ( = Bogazköy -ljattusa XIII), Berlin. J. Börker-Kiähn, Ch. Börker 1975 Eflatun Pinar. Zu Rekonstruktion, Deutung and Datierung, Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 90, 1-41. G. Bunnens 1993 Tell Ahmar-Til Barsib, in: 0. Rouault, M.G. MasettiRouault, L 'Eufrate e il tempo. Le civilta del Medio Eufrate e della Gezira siriana, Milano, 219-222. H. <;ambel 1948 Karatepe: An Archaeological Introduction to a Recently Discovered Hittite Site in Southern Anatolia, Griens 1, 147-149. A. Caquot, M. Sznycer, A. Herdner 1974 Textes Ougaritiques I. Mytheset Legendes, Paris. E. Cassin, 1987 Le semblable et le different. Symbolisme du pouvoir dans le proche-orient ancien, Paris. S. Deger-Jalkotzy 1980 Griechenland, die lt"gäis und die Levante während der "Dark Ages", Symposium Zwettl, Wien. L. Deiaporie 1940 Malatya. Arslantepe I. La Porte des Lions (= MIFAS V), Paris. G.F.Del Monte 1973 La porta nei rituali di Bogazköy, Griens Antiquus 12, 107-129. M. Dunand 1940 Stele hittite I'effigie de Adad-Teshoub, Bulletin du Musee de Beyrouth 4, 85-92. H. Frankfort 1954 The Art and Architecture of the Ancient Orient, Harmondsworth . H. Genge 1979 Nordyrisch-sadanatolische Reliefs. Eine archäologisch-
333
M. Baldacci 1996
I
a
..
BIBLIOGRAPHY
AA.VV. 1994 P. Albenda 1988
U.B. Alkim 1962 A. Archi, 1988
71
Cyprus in the Il th Century B. C., Nicosia. The Gateway and Portal Stone Reliefs from Arslan Tash, Bulletin of the American Schools of Griental Research 271, 5-30. Tilmen Höyük <;ahsmalan, Bellelen 26, 447-466. Societe des hommes et societe des animaux, in: F. Imparati (Ed.}, Eothen. Studi di storia e filologia anatolica dedicati a Giovanni Pugliese Carratelli, Firenze, 24-37.
Hawkins, Morpurgo Davies 1978, 118, LXV- LXXIII. For the datation see note 50; a later date in the period after the death of Sargon and du ring the reign of Sennacherib has been proposed by Hawkins 1979, 153-157.
j
• I
'
historische Untersuchung Datierung und Bestimmung, l<ßbenhavn. H. Gonnet 1967 Le disque solaire hittite d'apres les documents archeologiques, Anatolia II, 167-196. H.G.Güterbock 1956 Notes on Some Hittite Monuments, Anatolian Studies 6, 53-56. H.G.Güterbock 1957 Narration in Anatolian, Syrian and Assyrian Art, American Journal of Archaeology 61, 62 -71. H.G.Güterbock 1972-751jilammar: Reallexikon der Assyriologie 4, 404-405. H.G. Güterbock, T. Kendall 1995 A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist, in: J.B. Carter, S.P.Morris (Eds.), The Ages ofHomer. A Tribute to E. Towsend Vermeule, Austin, 45-60.
334 V. Haas 1994 B. Halpner 1994
D. Hawkins 1972
D. Hawkins 1974 D. Hawkins 1979 D. Hawkins 1980 D. Hawkins 1993 D. Hawkins 1995a
D. Hawkins 1995b
The Gate and the City
S. Mazzoni M. Liverani 1987
The collapse of the Near Eastern regional system at the end of the Bronze Age: the case of Syria, in: M. Rowlands, M. Larsen, K. Kristiansen, Centre and Periphery in the Ancient World, Cambridge, 66-73. M. Liverani 1988 Antico Oriente. Storia Societa Economia, Bari. M. Liverani 1995 La find'Ougarit: Quand? Pourquoi? Comment?, in: Yon, Sznycer, Bordreuil (Eds.) 1995, 112-117. Th.L. McClellan 1992 Twelfth Century B.C. Syria: Comments on H. Sader's Paper, in: Ward, Sharp Joukowski 1992, 164-173. P. Matthiae 1963 Studi sui rilievi di Karatepe ( = SS 9), Roma. P. Matthiae 1984 I Tesori di Ebla, Bari. P. Matthiae 1989 Old Syrian Ancestors of Some Neo-Assyrian Figurative Symbols of Kingship, in: L. De Meyer, E. Haerinck (Eds.), Archaeologia lranica et Orientalis. Miscellanea in Honorem of L. Vanden Berghe, Gent, 367-387. S. Mazzoni 1974 Sui rilievi di Karkemish dall'eta di Sargon II a1 605 av.Cr.: Rivista degli Studi Orientali 47, 177-210. S. Mazzoni 1977 Ricerche sul complesso dei rilievi neoittiti di Karkemish, Rivista degli Studi Orientali 51, 7-38. S. Mazzoni 1981 Gli stati siro-ittiti e I' "eta oscura": fattori geo-economici di uno sviluppo culturale, Egitto e Vicino Oriente 4, 311341. S. Mazzoni 1982 Gli stati siro-ittiti e I' "eta oscura" II: sviluppi iconografici e propaganda politica, Egitto e Vicino Oriente 5, 197-208. S. Mazzoni 1994 Ararnaean and Luwian New Foundations, in: S. Mazzoni (Ed.), Nuove Fondazioni nel Vicino Oriente antico: realta e ideologia (= SO 4), Pisa. S. Mazzoni 1995 Settlement Pattern and New Urbanization in Syria at the Time of the Assyrian Conquest, in: M. Liverani, NeoAssyrian Geography ( = QGS, 5), Roma, 181-191. R. Mayer-Opificius 1989 Hethitische Kunstdenkmäler des 13. Jahrhunderts v.Chr., in: K. Emre, B. Hrouda, M. Mellink, N.Özgü~ (Eds.),
Geschichte der Hethitischen Religion, Leiden. The Stela from Tel Dan: Epigraphic and Historical Considerations, Bulletin of the American Schools of Oriental Research 296, 63-80. Building lnscriptions of Carchemish. The Long Wall of Sculpture and Great Staircase, Anatolian Studies 22, 87-114. Assyrians and Hittite, Jraq 36, 67-83. Some Historical Problems on the Hieroglyphic Luwian Inscriptions, Anatolian Studies 29, 153-167. Karkarnis: Reallexikon der Assyriologie 5, Berlin, New York. Melid, Reallexikon der Assyriologie 8, 35-41. Karkarnish and Karatepe: Neo-HittiteCity-States in North Syria, in: J.M. Sasson (Ed.), Civilizations ofthe Ancient Near East, II, New York, 1295-1307. "Great Kings" and "Country Lords" at Malatya and Karkamis, in: Studio Historiae Ardens. Ancient Near Eastern
Studies Presented to Philo H.J. Houwink ten Cate on the Occasion of his 65th Birthday ( = UVHNH- A II), Istanbul, 73-85. The Political Geography of North Syria and South-East Anatolia in the Neo-Assyrian Period, in: M. Liverani (Ed.), Neo-Assyrian Geography (= QGS 5), Roma, 87100. D. Hawkins, A. Morpurgo-Davies 1978 On the Problems of Karatepe: The Hieroglyphic Text, Anatolian Studies 28, 103-119. H. Hellenkemper, J. Wagner 1977 The God on the Stag, Anatolian Studies 27, 167- 173. H.A. Hoffner Jr. 1990 Hittite Myths, Atlanta. Ijiliini, bTt: Reallexikon der Assyriologie 4, 406-409. B. Hrouda 1972-75 Ausgrabungen in Sendschirli II. Ausgrabungsbericht und C. Humann 1898 Architektur, Berlin. Dan, in: E.M. Meyers (Ed.), The Oxford Encyclopedia D. Ilan 1997 of Archaeology in the Near East, Oxford, 107-112. Drei Stelen mit Sin-Symbol aus Nordsyrien, in: B. K. Kohlmeyer Hrouda, St. Kroll, P.Z. Spanos, Von Uruk nach Tuttul, eine Festschrift für Eva Strommenger, München- Wien, 91-102. Zu den Zerstörungen in: Zincirli während des frühen 7. G. Lebmann 1994 Jahrhunderts v. Chr., Mitteilungen der Deutschen OrientGesellschaft 126, 105 - 122.
335
D. Hawkins 1995c
1 M .J. Mellink 1970 M.J. Mellink 1974
A. Moortgat 1975
Anatolia and the Ancient Near East. Studies in Honor of T. Özgür, Ankara, 357-363. Observations on the Sculptures of Alaca Höyük, Anadolu 14, 15-27. Hittite friezes and Gate Sculptures, in: K. Bitte!, H.J.Houwink Ten Cate, E.Reiner, Anatolian Studies
presented to H. G. Güterbock on the Occasion of his 65th Birthday, Istanbul, 201-214. Zur Geschichte der Karyatide, in: Festschrift H. Otten, Wiesbaden, 209-216.
336 R. Naumann 1971 P. Neve 1994
The Gate and the City
S. Mazzoni
Architektur Kleinasiens von ihren Anfängen bis zum Ende der hethitischen Zeit, Tübingen.
U. Seid I 1972
Zur Datierung des Sphinxtores von Alaca Hüyük, in: M. Dietrich, 0. Loretz, Beschreiben und Deuten in der Ar-
A. Spycket 1981 D. Ussishkin 1966
chäologie des Alten Orients: Festschrift für R. MayerOpificius, Münster, 213-219. Zum Totenkult der Könige von Sam'al im 9. und 8. Jh. v .Chr.: Studi epigrafici e linguistici 11: 57 -73. I. Özgen 1989 Some remarks on a figure from the "Royal Buttress" at Kargami§, in: K. Ernre, B. Hrouda, M. Mellink, N. Özgü~ (Eds.), Anatolia and the Ancient Near East. Studies in Honor ofT. Özgür, Ankara, 373-375. N. Özgü~ 1986 Two Seal Impressions from Kültepe and the Kmkbay1r Relief, in: M. Kelly-Buccellati (Ed.), lnsight through Images. Studies in Honor of E. Porada ( = BM 21), Malibu, 199-200. D. Opitz, A. Moortgat 1955 Tell Halaf, III. Die Bildwerke, Berlin. W. Orthmann 1971 Untersuchungen zur Späthethitischen Kunst ( = SBA 8), Bonn. W. Orthmann 1975 Hethitische Reliefkunst, in: W. Orthmann (Ed.), Der Alte Orient(= PKG 14), Berlin, 426-432. F. Pinnock 1992 Una riconsiderazione della stele di Hama 6B599, Contributi e materiali di archeologia orientale 4, 101-121. J. Renger 1972-75 ljiläni, blt: Reallexikon der Assyriologie 4, 405-406. P.J. Riis, M.-L. Buhl 1990
A. Robaert 1989 A. Robaert 1990 H.S. Sader 1987
H. Sader 1992
C.F.A. Schaeffer 1956 G. M. Schwartz 1989
Beiroter Texte und Studien. 36), Beirut. The 12th Century B.C. in Syria: The Problem of Rise of the Aramaeans, in: Ward, Sharp Joukowski 1992, 157-163. Ugaritica 111 (= MRSh VIII), Paris. The Origins of the Aramaeans in Syria and Northern Mesopotamia: Research Problems and Potential Strategies, in: P.M.C. Haex, P.M.M.G. Akkermans (Eds.), To the
Euphrates and Beyond. Archaeological Studies in Honour of M. Van Loon, Rotterdam, 175-191.
Lapisreliefs und ihre Goldfassungen aus Karkami§,
lstanbuler Mitteilungen 22, 15-43. La statuaire du Proehe Orient ancien, Leiden. The Date of the Neo-Hittite Enclosure at Sak~agözü:
Bulletin of the American Schools of Griental Research D. Ussishkin 1967
H. Niehr 1994
Les objets de La periode dite syro-hittite (Age du Fer). Hama II 2 (NSk XII), Kßbenhavn. Un lion oublie, in: M. Lebeau, Ph. Talon (Eds.), Rejlets des deuxjleuves. Melanges A. Finet, Leuven, 153-156. The City Gate Lions, in: G.Bunnens (Ed.), Tell Ahmar 1988Season(= Abr-Nahrain, SS2), Leuven, 126-133. Les etats arameens de Syrie depuis leur fondationjusqu' ii leur transformation en provinces assyriennes ( =
337
I f
D. Ussishkin 1969 D. Ussishkin 1970 D. Ussishkin 1989
181' 15-23 Observations on Some Monuments from Carchemish, Journal of Near Eastern Studies 26 (1967), 87-92. The Date of the Neo-Hittite Enclosure in Karatepe: Anatolian Studies 19, 121-137. The Syro-Hittite Ritual Burial of Monuments, Journal of Near Eastern Studies 29, 124-128. The Erection of Royal Monuments in City-Gates, in: K. Ernre, B. Hrouda, M. Mellink, N.Özgü~ (Eds.),Anatolia
and the Ancient Near East. Studies in Honor ofT. Özgü{:, Ankara, 485-492. M.N. Van Loon 1990
Anatolia in the Earlier First Millennium B.C. (=lcono-
Ch. Virolleaud 1957 F. von Luschan 1902 F. von Luschan 1911 E. von Sacken 1988
Le palaisroyal d'Ugarit II ( = MRSh VII), Paris. Ausgrabungen in Sendschirli, lll. Thorsculpturen, Berlin. Ausgrabungen in Sendschirli, IV, Berlin. Der Kleinasiatische Gott der Wildflur, lstanbuler Mitteilungen 38, 63-81.
graphy of Religions XV,13), Leiden.
J. Voos 1983
Zur kultischen Funktion von Toranlagen nach hethitischen und aramäischen Quellen, in: B. Brentjes (Ed.), Probleme der Architektur des Orients, Halle, 149-153. J. Voos 1985 Zu einige späthethitischen Reliefs aus den Beständen des Vorderasiatischen Museums Berlin, Altorientalische Forschungen 12, 65-86. W.A. Ward, M. Sharp Joukowski (Eds.) 1992 The Crisis Years: The 12th Century B. C. From Beyond the Danube to the Tigris, Dubuque, Iowa. H .J. Winter 1979 On the Problems of Karatepe: The Reliefs and their Context, Anatolian Studies 29, 115-151. H.J. Winter 1982 Art as Evidence for Interaction: Relations between the Assyrian Empire and North Syria, in: H.-J. Nissen, J. Renger (Edd.), Mesopotamien und seine Nachbarn, Berlin, 357-364. 1.1. Winter 1989 North Syrian Ivories and Tell Halaf Reliefs: the Impact of Luxury Goods upon "Major' Arts, in: A. Leonard Jr., B. Beyer Williams (Eds.), Essays in Ancient Civilization presented to H.J. Kantor ( = SAOC 47), Chicago, 321332.
338
S. Mazzoni
C.L. Woolley 1914 C.L. Woolley 1921 C.L. Woolley 1952
Carchemish I, London. Carchemish 1/. The Town Defences, London. Carchemish III. The Excavations in the Inner Town, London. M. Yon, M. Sznycer, P. Bordreuil (Eds.) 1995 Le pays d 'Ougarit autour de I 200 av. J. -C. (Ras Shamra -Ougarit 11), Paris. P. Xella 1978 Remarques comparatives sur le «roman de Kessi», Revue hittite et asianique 36, 215-224.
THE ÜRIENTAL CITY AND THE ADVENT OF ISLAM
Michal Gawlikowski, Warszawa
The continuing interest of historians in Late Antiquity and especially in the major changes the Bastern Mediterranean world has undergone at that time, as expressed in a range of fairly recent papers and conferences, 1 has also stimulated many field archaeologists during the last twenty years or so to Iook closer for possible evidence of this change. Naturally enough, the progress in the accumulation of new excavation material is slow and fragmentary, while the conclusions attempted can be always taxed of being premature, overstated, or biased by presumptions. Still, there is no other way to check the general statements to be found in recent Iiterature on the subject. Broadly speaking, the common opinion today holds that the watershed change in ancient society was not introduced by the advent of Islam, but was largely announced, if not completed, in the late 6th century. The ancient city, as we knew it for a millennium, has ceased to exist about the time of Justinian, or rather has been thoroughly transformed in every respect. In other words, the lslamic conquest would have simply taken even further a process already weil advanced during the Byzantine times. 2 Obviously, there should be no quarre! with the notion of a long and gradual change, of which there could be no single reason, and no fixed date. On the other hand, it is clear that the advent of Islam brought, rather abruptly, the geopolitics of the Near East back to the situation before
1 E.g. M. A. Bakhit, M. Asfour, eds., Proceedings of lhe Symposium on Bilad ai-Sham during the Byzantine Period, Am man 1986; P. Canivet, J.-P. Rey-Coquais, eds., La Syrie de Byzance il !'Islam, Damas 1992; J.W. Rich, ed., The City in Late Antiquity, London 1992; G.R.D. King, A. Cameron, eds., The Byzantine and Early Islamic Near East II. Land Use and Settlement Patterns, Princeton 1994. 2 See esp. H. Kennedy, From Polis to Medina: urban change in late antique and early Islamic Syria, Past and Present 106, 1985, 3-27; H. Kennedy, The last century ofByzantine Syria, Byzantinische Forschungen 10, 1985, 141-183; J.H.W.G. Liebeschuetz, The end of ancient city, in: J.W. Rich (ed.), The City in Late Antiquity, London 1992, 1-49; Averil Cameron, The Mediterranean World in Late Antiquity, London & NY 1993, 152-175.
M. Gawlikowski
The Oriental City and the Advent of Islam
Alexander, cutting it from, and opposing it to the European West. The whole Graeco-Roman period became thus a lengthy parenthesis of a thousand years out of five in the history of the Middle East, if we count from Sumer to the present day. The change went weil beyond the political sphere, pitching against each other two world religions and contrasting the two diverging civilisations sustained by them. This is roughly what Henri Pirenne maintained. His views have been since modified by excavation results and reflection inspired by the thought of the great historian. The general picture remains, whatever the exact incidence of the new divide cutting the Mediterranean in halves on the formation of the empire of Charlemagne. 3 But the decline of the Roman cities in the West started already with the Germanie invasions and by the 7th century there were hardly any left, while the Roman cities in the Levant continued to exist until the Islamic conquest and in many cases weil beyond. They did not go unchanged, however, and the Islamic city is very different from the Classical. Now, while there is no doubt what is meant by the Classical city, whether in reference to its institutions or to its urban setting, the notion of the Oriental city is more vague, and tainted sometimes with Romantic overtones. Nevertheless, it is quite understandable to anyone who has traveiled about the Near East, even quite recently. There could be no greater cantrast as between the polis and madina in the typical realisation of each. But between the typical realisations of both as we know them there interfered a long span of time, covering several centuries. The transformation took place some time during that span, that is between the fourth or fifth century and the eighth. At risk of oversimplifying, I would just say, rather than restating at length common knowledge, that a Roman imperial city enjoyed a generaus measure of self-government, and was ruled by rieb landowner residents who tended to compete between them in munificence toward the community. Hence most ofthe characteristic public monuments: colonnaded streets, baths, nymphaea, theatres, and temples, which mark the Roman sites of which so many survive throughout the Near East. The decline of the class of curiales and their final disappearance in the 6th century left the care for the weil-being of cities
to their bishops, except for an occasional imperiallargesse. 4 Not surprisingly, the main public buildings of Late Antiquity are churches, affered by the clergy, by the emperor and his officials, or by the pious laity. Similarly, the only public buildings of consequence in an Islamic city are mosques, often built by the ruler. But the most typical feature of such a city is the suq, usuaily devoid of any monumental pretence. The dominant class in the Oriental city are merchants, not idle landowners, and the political ambition among the Oriental bourgeoisie disappeared for ever in the early 6th century. Now, the new elites of the Late Antique city, ecclesiastical or bureaucratic, have naturaily evolved, at least at the beginning, in an unchanged urban Iandscape among the imposing monuments of the past. While no new theatres were built (the latest known, from mid-third century, stands in Philippopolis), we know of at least one still in use in the late 6th century Emesa, for it attracted at that time the disapproval of St. Sirneon the Fool. 5 While most temples were destroyed or converted in the late 4th century ,6 less controversial buildings could suffer disrepair, but there was no reason to abandon them entirely before they feil. Major earthquakes inflicted damage, of course, but even this did not necessarily induce an immediate change. Justinian is credited with rebuilding Antiach as it was before, with broad colonnaded streets, baths, etc., and private mansions in Apamea were also restored with care. 7 The aileged depopulation, resulting mainly from the plague recurring from 542 to the 570s, is often claimed in recent schalarship to have weakened decisively the urban fabric of the 6th century. 8 There are no firmly dated archaeological facts to support this, however, and the thriving demography, such as known in the
340
341
4 Cf. A. Cameron, op. cit., 168, in spite of M. Whittow, Ruling the Late Roman and early Byzantine city: a continuous history, Past and Present 129, 1990, 3-29, who tries to minimise the changes in the Late Antique polity.
sAs quoted by H. Kennedy, Past and Present 106, 1985, 7. 6 Cf. G. Fowden, Bishops and temples in the eastern Romanempire 320-435, JThS n .s. 29, 1978, 53-78.
7
1. Balty (ed.}, Colloque Apamee de Syrie 1980, Bruxelles 1984.
8
3For a recent overview, see R. Hodges-0. Whitehouse, Mohammed, Charlemagne & the Origins of Europe, Ithaca 1983; cf. S. Barnish, The Iransformation of classical cities and the Pirenne debate, JRA 2, 1989, 385-400.
Cf. Byzantinische Forschungen 10, 1985, 141-183; H. Kennedy, Change and Continuity in Syria and Palestine at the time of the Moslem Conquest, Aram I ,2, 1989, 258-267; L. Conrad, The Plague in Bilad ai-Sham in Pre-Islamic Times, Bakhit & Asfour (eds.), Proceedings of the Symposium on Bilad ai-Sham during the Byzantine Period, Amman 1986, 143-163.
M. Gawlikowski
The Oriental City and the Advent of Islam
preceding periods, should have overcome this adversity with relative ease, as it certainly did overcome the effects of repeated deportations by the Persian invader. Actually, an increase in population has been claimed for the East, "evidenced in the dense settlement of marginal land on the desert fringe" .9 The material difference between the antique city and its Oriental successor, and also predecessor for that matter, is one between the orderly pattern of streets and houses, of Hippodamian inspiration, and the maze of narrow lanes winding about houses of unpredictable shape. The plan of the city of Ur in the 2nd millennium, for instance, did not differ much from that of a typical Arab town at the beginning of this century, and Sir Leonard Woolley feit at ease to use the houses he knew in modern Baghdad as models for his (probably incorrect) restoration in height of those he excavated at Ur. 10 More specifically, the opposition of Roman Oriental and lslamic city is one between the monumental architecture set along the colonnaded avenues, and the distinctly middle-class flavour of the tortuous suq. The question, therefore, can be reduced to this: when did the suq appear at the end of Antiquity? lts existence is not compatible with the wide colonnades and spacious agoras of old, because the suq simply took over all the public space there was to take. 11 While no ancient monuments remained in their originally intended functions as late as the Islamic times, they were certainly decaying very gradually in the course of the 5th and 6th centuries, and cannot, for that reason, serve as convenient markers of change. The encroachment on the streets, on the other hand, is a more convincing sign of changed conditions, and can often be dated with reasonable precision. It must be stressed in the first place that such encroachment was illegal under Roman rule. Repeated imperial constitutions prescribed removal of all buildings obstructing or degrading the public space. 12 While the very fact
of repetition proves that these measures were not always effective, they were enforced at least from time to time. A case is on record of a governor of Osrhoene who, in 494/495 in Edessa "swept away the booths which had been built by the artisans in the porticoes and streets" . 13 By contrast, Islamic law did not protect public space, responding only to private suits for trespassing or hindrance. The continuity of urban life from Byzantine to Early Islamic period is now assured through remarkably converging results of some recent excavations. If the continuity of major centressuch as Damascus, Jerusalem, or Aleppo, was never in doubt, other towns were known to have been gradually abandoned, and the prejudice against the lslamic civilisation suggested that this coincided with the Conquest. It is now clear, however, that several cities existed without break until the early ninth century, when the life mostly stopped there, at least in the excavated quarters. lt was found to be so in Gerasa (Jarash) and Pella (Fihl) in Jordan, in Palmyra and Apamea in Syria, and also in the village of Dehes in Northern Syria, which preserved entirely its sixth century aspect until that day. lt seems too much for a coincidence, and there should be common reasons for this roughly simultaneaus abandonment of these sites. Scythopolis is another Byzantine city to transform gradually during the Early Islamic period. While the excavators attribute the change to the 6th century, and the final ruin of the ancient monuments to the earthquake of 749, it might be noted that the same used tobe maintained about Gerasa. At any rate, they admit the difficulty to "differentiate archaeologically between the end of the Byzantine period, the Early Islamic period and the Umayyad period". 14 Maybe, at a closer Iook, the evidence from Beisan would confirm the pattern found recently at Jarash.
342
Cf. A. Cameron, The Mediterranean World in Late Antiquity, London & New York 1993, 168.
343
9
10Digging
up the Past (1960 edition), 77-78.
The nature (but not the chronology) of this process was first described by J. Sauvaget, Esquisse d'une histoire de Ia ville de Damas, REI 8, 1934, 425-480; Alep. Essai de developpement d 'une grande ville syrienne, Paris 1941. 11
So Gratian and colleagues, Cod. Jus!. VIII, li, 6, a. 383 : diruenda sullf omnia, quae per diversas urbes vel in foro vel in quocumque publico loco contra omatum et commodum ac decorumfaciem civitatis extructa noscullfur; Arcadius and I-Ionorius, Cod. Jus!. VIII, II, 14, a. 396 : aedijicia quae ... publicis operibus sociata cohaerellf ... aut angustellfur spatia platearum vel minuatur porticibus latitudo, dirui ac prostemi praecipimus. The lost 12
constitution of Leo, repeated by Zeno before 479, concerning the city of Constantinople, and applied to the whole empire by Justinian in 531, likewise forbade narrowing of streets, cf. D. Claude, Die byzantinische Stadt im 6. Jahrhundert, Munich 1969, 52-58; C. Saliou, Les lois des bätiments. Voisinage et habitat urbain dans l'empire romain. Recherehes sur !es rapports entre le droit et Ia construction privee du siede d' Auguste au siede de Justinien, Beyrouth 1994, 267. 13 The Chronide of Joshua the Stylite, ed. W. Wright, Cambridge 1882, 19, quoted by D. Claude, op. eil., 45. 14
Y. Tsafir - G. Foerster, From Scythopolis to Baysan. Changing Concepts of Urbanism, G.R.D. King, A. Cameron (eds.), The Byzantine and Early Islamic Near East, Princeton 1994, 95-115.
344
M. Gawlikowski
The Oriental City and the Advent of Islam
The last phase shows everywhere the characteristics conunonly attributed to the Oriental city: narrow, irregular lanes and modest housing including numerous workshops. Ancient buildings, or their fragments still standing, were used in the new urban texture, which took advantage of the ancient Iayout of the city, but the general aspect changed entirely and was to remain such in the towns which carried on. Wehave unfortunately no idea of the planning, or Iack of it, in the early Muslim amsar such as Kufa or Basra. However, the first capital of Muslim Egypt, al-Fustat, has been excavated on the outskirts of Cairo. 15 It conforms closely to the typical Oriental urbanism of later ages. The excavated part covers a residential area, not the suq, but the haphazard use of space in this settlement established on empty land, where a regular grid could have been easily imposed, shows clearly that regularity was of no concern there. On the other hand, Iater Muslim rulers adapted often sophisticated urbanistic schemes in their own foundations: the Umayyad ruins in Anjar and the recently excavated site of Ayla display the features of a Late Roman legionary camp, complete with a tetrapylon at the central crossing of colonnaded streets, 16 while such major Abbassid projects in Iraq as Baghdad (which we do not know directly) or Hiraqla took over the circular plan of Sassanian ancestry. This cantrast is telling. The palaces and urban residences of the Caliphs tend to be monumental, but an average city shows no such pretence, the public space outside the mosque being entirely directed towards the efficient and low-cost accommodation of commercial activities. The urban life of the Near East is no more regulated by the traditional competition of the resident landed aristocracy of the Roman times, or is the municipal order being enforced by the imperial agents. The immediate interests of the merchant class had became paramount and imprint themselves unchecked on the city fabric. At what time, then, did this new attitude take shape? The archaeological evidence collected during the last twenty years or so can provide an ans wer. Obviously, local conditions could vary from one place to another, and the evidence itself is limited, but nevertheless a
remarkably consistent picture begins to emerge. It tends to show a continuity of urban Iandscape until the very end of Byzantine rule in Syria. As is weil known, the actual conquest by the Islamic armies was a relatively easy affair, even if it took six years to be completed. The Byzantine armies did not offer any serious resistance after Yarmuk, and most cities, except Jerusalem and Caesarea, surrendered immediately or after only a token resistance. 17 The main reason for this demise was certainly the general breakdown during the Persian invasion and occupation, 611-628. The events have proved that the restored imperial authority, in spite of the extended sojourn of Emperor Heraclius in Syria after the reconquest, was not able to sustain a serious effort, though the alleged disloyalty of the Monophysite population towards the Chalcedonian government is far from being demonstrated. It seems more likely that six years between 628 and 634 simply did not allow a recovery, and in particular the rebuilding of the fullfledged military structures of defence. 18 Massive destruction, never to be repaired, had occurred in at least some of the major cities of Asia Minor in the beginning of the 7th century. It has been convincingly dated by numismatic evidence as contemporary with the Persian raids and it marks the end of the ancient monumental Iandscape in Ephesus, Sardis, Miletus, and elsewhere. 19 In Alexandria, the picture is just as bleak. The late 4th century monumental zone in the centre of the ancient city, excavated for many years by a Polish team, included Imperial baths and an odeum, surrounded by porticoes. 20 Both were restored in the 6th century, and both abandoned in the early 7th: scribblings and doodles in the odeum refer apparently to the revolt of Heraclius in 610, and prove that the building was still standing, 21 but early Islamic tombs took up the entrance portico immediately on the pavement Ievel. The cemetery extends over the site of the baths. The neighbouring housing blocks along the street R4 became gradually more and more turned
15 W.B.
Kubiak, AI-Fustat, its Foundation and Early Urban Development, Cairo1987; G.T. Scanlon, AI-Fustät: The Riddle of the Earliest Seulement, G.R.D. King, A. Cameron (eds.), The Byzantine and Early Islamic Near East, Princeton 1994. 171-179. 16
Cf. A. Northedge, Archaeology and New Urban Seulement in Early Islamic Syria and Iraq, in G.R.D. King, A. Cameron (eds.), The Byzantine and Early Islamic Near East, Princeton 1994, 231s; D. Whitcomb, The Misr of Ayla: Seulement at al-cAqaba in the Early Islamic Period, ibidem, 155-170. ·
345
17
For a general discussion, cf. F.M. Donner, The Early Islamic Conquests, Princeton 1981. Cf. recently W. E. Kaegi, Retlections on the Withdrawal of Byzantine Armies from Syria, La Syrie de Byzance a I'Islam, 1992, 265-280. 18 Cf. R. Schick, Jordan on the Eve of the Muslim Conquest AD 602-634, La Syrie de Byzance a I'Islam, 1992, 107-119.
19
C. Foss, Archaeology and the "Twenty Cities" of Byzantine Asia, AJA 81, 1977, 469-86 (reprinted in: History and Archaeology of Byzantine Asia Minor, London 1990). 20
21
W. Kolataj, Imperial Baths at Korn ei-Dikka. Alexandrie VI, Varsovie 1992.
Z. Borkowski, Inscriptions des Factions
a Alexandrie.
Alexandrie II, Varsovie 1981
M. Gawlikowski
The Griental City and the Advent of Islam
to commercial and industrial use, with rows of shops added in front in the course of the 6th century; the street had been considerably narrowed, but the development cannot be described as irregular. Soon, however, the whole complex has been abandoned. 22 It seems thus clear that the Persian occupation of Egypt brought with it a generalised decay and destruction, just as in Asia Minor. It seems that the cities of Syria suffered less, with the exception of Jerusalem. In some excavated places no evidence of change is really on record. In Gerasa, for instance, the Persians are reputed to have used the hippodrome to play polo. 23 In fact, the only support for this claim consists of two rather unbecoming square stones each with a hole which could accommodate a wooden post. While perhaps consistent with the rules of the game (at least such as were practised in British India), these simple objects could serve many other purposes as weil. As recent excavations have shown, the hippodrome itself was abandoned in the course of 6th century, the ruins to be used as pottery workshops and lodgings. 24 On the other hand, the well-known "Jarash lamps" with their characteristic handle in form of an animal head, once alleged to refer to Persian horses, belong in fact to the Islamic period. 25 The late constructions on the pavement of the main streets of Gerasa have been unfortunately removed without any study and so remain undated, in spite of vague affirmations assigning them to the Byzantine period; however, the excavators of the 1930s regularly considered Umayyad pottery as Byzantine. On the other hand, it has been established that recently excavated houses by the South Decumanus, entirely rebuilt after an earthquake in the second half of the 7th century, never expanded into the street portico before the end of the 8th century. 26 While some 6th century squatting has been
identified in the sanctuary of Zeus, this is self-explanatory in such a place by that time and does not prove a generat abandonment of urbanistic standards. Evidence for encroachment on public space has been also found in Antiach, in deep and narrow soundings which precluded closer study of the remains. They are known to have been installed directly on the pavement dating to the restoration of the city under Justinian. For that reason Hugh Kennedy thought that the narrowing of streets by irregular buildings should be assigned to the late 6th century. The excavator Jean Lassus, however, ascribed these poor constructions to the Islamic period, probably closer to the mark. 27 The best documented case isthat of Apamea. Jean Balty has been attentive to the problern of the transition from Byzantine to Islamic ever since the resuming of the Belgian excavations in the 1960s, and several of his publications provide precise Observations in this respect. 28 The numismatic finds related to the encroachment process in the Great Colonnade and to the subdivision of great mansions scattered throughout the city are remarkably coherent: coins of Heraclius, Constantius II, and early Islamic issues form the quasi totality of this material. The Byzantine coins, especially of these two emperors, but not later, were in generat use in the Levant du ring the first decades of the Islamic rule, as can be seen from excavation records of many sites; in the collection considered, there is no more than a dozen of local imitations, so-called Arab-Byzantine coins, having appeared presumably about 650 and continuing under the early Umayyads. 29 The Islamic coins include mostly post-reform Umayyad.fi/us issued after 696 and up to the 9th century. The average proportion of coins struck after 638 (whether Byzantine or Arab) is calculated by Jean Balty as 76%, in some houses 100%, but of these about a half should be assigned to the 8th and perhaps 9th century. Accordingly, the subdivision and squatter occupation of the rich houses in Apamea can be safely dated to the second half of the 7th century and later. There is no compelling evidence to attribute the beginning of this process to
346
22 Cf. G. Majcherek, Notes on Alexandrian Habitat. Roman and Byzantine Hauses from Kom el-Dikka, Topoi 511, 1995, 133-150. 23 0.
4
;I
Lankester Harding, The Antiquities of Jordan , London 1980, 89.
A. Ostrasz, The Hippodrome of Gerasa: A Report on Excavations and Research 19821987, Jerash Archaeological Project II, Syria 66, 1989, 51-77; I. Kehrberg, Selected Lamps and Pottery from the Hippodrome at Jerash, ibid., 85-97. 24
25 Cf.
T. Scholl, The Chronology of Jerash Lamps. A Preliminary Report, Jerash Archaeological Project I, Amman 1986, 163-166. For the "Persian connection", B. Bagatti, Rivista d'Archeologia Cristiana 46, 1970, 95. Cf. M. Gawlikowski, Installation omayyades de Jerash, Studies in the History and Archaeology of Jordan IV, Amman 1992, 357-362. 26
I
347
27
Cf. I-1. Kennedy, Byzantinische Forschungen 10, 1985, 153; J. Lassus, Les portiques d 'Antioche, Princeton 1972. 28 J. et J-Ch. Balty, Le cadre topographique et historique, Colloque Apam~e 1969, 29-50; J.-Ch. Balty, Les grandes ~tapes de l'urbanisme d' Apam~e sur l'Oronte, Ktema 2, 1977. 316; Notes sur l'habitat romain, byzantin et arabe d'Apam~e. Rapport de synthese, Colloque Apam~e 1984, 240-245, 471-501.
29 Cf. recently C. Morisson, La Syrie de Byzance il l'Islam, Damas 1992, 309-322, with a critical note by M. Bates, 319-321, preferring a later dating.
M. Gawlikowski
The Griental City and the Advent of Islam
the first years of the Islamic regime, Iet alone to the Persian occupation. The same seems true for the shops in the Great Colonnade: two coins dated 628 among later issues of Heraclius, and those of Constantius II, not to mention the Umayyad, cannot suffice to bring the date of these structures so far back. The row of shops in the middle of the Great Colonnade at Palmyra is to date the only completely excavated and published specimen of an early Islamic suq built into the fabric of an ancient city. 30 lt has provided a striking confirmation of the brilliant hypothesis of Jean Sauvaget, who postulated such development at the origin of the medieval plan of several Syrian cities. 31 The quoted paper on the Umayyad suq in Palmyra is not an account of the actual excavation, but a description of the monument already cleared and a presentation of Iimited soundings conducted in it; the dating material is for that reason scanty. Still, coins and pottery from the late suq are exclusively Umayyad, while in an original shop along the ancient street a whole sequence from Late Roman to Umayyad could have been followed on corresponding Ievels. Finally, the excavation of Pella in Jordanshow an evolution of city life and standards of the domestic architecture quite in keeping with the evidence quoted so far. 32 There is no sign of encroachment on public space before the earthquake of 658, that is before the begi1ming of the Umayyad dynasty. The city continued to live as Iong as the not distant Gerasa, until the contraction of the habitat in the 9th century. No urban Settlements are known to exist on the East Bank since then for quite a long time. One is tempted to add here the case of Emesa. This city gained in importance during the Byzantine period to become Islamic Horns. While no significant remains of the period in question survive, evidence has been quoted above from the Life of St. Sirneon the Pool; the holy man apparently evolved during the late 6th century among the intact Iandmarks of a flourishing ancient city, including a theatre and baths. The cities of the Roman East, unlike those of the West, have continued to flourish all along the 6th century. Inevitable cultural changes, such as build-
ing of churches, destruction of temples, neglect of theatres, affected of course the face of the ancient town, but did not herald its demise. There are simply no signs of it on record, in spite of the frequent pronouncements to the contrary. Enemy raids, earthquakes, and recurring plague cannot be shown to have brought a Iasting depopulation of cities. Massive reconstruction funded by the Imperial government is weil attested in Antiach or Apamea under Justinian, but even the effects of Iater disasters were also repaired. The advent of the Islamic conquerors is reputed to have cut the Levant from the traditional markets and ruined the economy. These excessive judgements of the continuators of the "Pirenne thesis" are now corrected for the villages of Northern Syria. 33 The cities show nothing of the sort either. The appearance of the suq, far from marking a decline, should be rather seen as a sign of the healthy development of trade and crafts beyond the infrastructure of the preceding period. The take-over of peristyle mansions in Apamea by modest inhabitants who divided them and adapted them to their needs has been tentatively explained by Jean Balty as the settling of country tenants in the residences of their masters who left with the Byzantine armies for Constantinople. Those people would have left the Limestone heights because the demand for their oil would have rapidly disappeared as a result of the conquest. We know now that the villagers of Dehes and other places stayed where they were for some time to come. The Ianded aristocracy might have indeed left for the West (they were not forced to, though), but there were no aristocrats in the Byzantine Palmyra, and yet the same process can be observed in a mansion I have recently excavated: a spacious house with several Courtyards became subdivided in the later part of the 7th century into small apartments of rather rustic character. The main change seems to me to have been a change of Iifestyle in the cities of the East: the leading social group there was no more the idle gentry, but merchants and craftsmen. The advent of Islam marks the triumph of the middle class, and the passage from polis to madina can be expressed in terms of urban archaeology as the replacement of the stoa by the suq.
348
3°Kh.
349
As'ad-Fr. StC
31
Cf. his often-reproduced theoretical model of the development of the suq, Le plan de Laodicee-sur-mer, BEO 4, 1935, p. 100, fig. 8.
J.-P. Sodini, G. Tale et al., Deh~s. Campagnes 1-III (1976-1978). Recherehes sur l'habitat rural, Syria 57, 1980, 1-304; G. Tate, Les carnpagnes de Syrie du Nord du Ile au Vlle si~cle I, Paris 1992; P.-L. Gatier, Villages du Proche-Orient protobyzantin (4~me-7~me s.). Etude regionale, in: G.R.D. King- A. Cameron, The Byzantine and Early Islamic Near East II, Princeton 1994, 17-48. 33
32 A.
Walmsley, Fihl (Pella) and the cities of North Jordan during the Umayyad and Abbassid Periods, Studies in the History and Archaeology of Jordan IV, Amman 1992, 377384; Tradition, Innovation, and Imitation in the Material Culture of Islamic Jordan: the first four centuries, Studies in the History and Archaeology of Jordan V, 1995, 657-668.
\ \
350
M. Gawlikowski
The transition appears to have been gradual and not forced by the conquest. The well-known laissez-faire of the Arab rulers certainly encouraged trespassing on the public space, and, naturally, the Persian years could have already induced that kind of development. However, this is not dernonstrahle before the second half of the 7th century, in spite of the general opinion often repeated. The cities of the Levant did not prosper for long, though. Many of them have been reduced to villages or abandoned altogether. The long-prevailing indictment of Islam as immediately responsible for that, articulated by Fisher in 1938 as a conclusion ofthe great Jarash dig, has been disproved by Sauer in 1973 after his ceramic studies in Hesban: he proposed the date of about 750, and explained the decline by the displacement of the centre of power to Iraq, where Baghdad was founded in 762. 34 More recent results, however, show that all sites concerned continued to exist without much change until the early 9th century. Such is the case of Pella, Gerasa, Palmyra, Dehes. There is no convincing explanation of the contemporary decline of at least these places, though others, like Apamea, survived to see the Crusaders, or even continue as cities to the present day. However, it is perhaps not too far-fetched to observe that a very distinct slump in the number and contents of Abbassid dirhems found in Russia and Scandinavia has been demonstrated in the 820s and 830s, only to deepen later, until a recovery about 890. 35 This marked weakening of the trade relations with the Near East could be seen, perhaps, as an important factor in the contemporary unleashing of the Viking raids on Western Europe. It has been explained as a result of the dynastic infighting and the lavish spending of the 9th century caliphs, as illustrated by the great mosques and palaces on the oversized site of Samarra. Whatever the causes, a crisis of the Northern trade undoubtedly followed the brilliant reign of Harun al-Rashid. A decline of the cities of Bilad al-Sham at the same moment could be hardly unrelated. (22 July, 1996)
LES VILLES SYRIENNES AUX EPOQUES HELLENISTIQUE, ROMAINE ET BYZANTINE
Georges Tate, Saint-Quentin-en-Yvelines
Dans leur grande majorite, archeologues et historiens admettent qu'il existe, en Syrie, un cantraste important entre Ia finde l'epoque achemenide et l'epoque byzantine si l'on considere Je nombre, l'importance et Ia morphologie des villes. A l'epoque achemenide, !es villes etaient sensiblement moins nombreuses et moins grandes qu'elles ne le devinrent a l'epoque byzantine. On a longtemps pense que !es Grecs furent a l'origine de ce changement car ce sont eux qui ont fonde le plus grand nombre de villes nouvelles, tout en contribuant par leur politique d'immigration, a favoriser aussi Ia croissance des villes orientales anciennes. Ce seraient eux aussi qui auraient donne aux villes de Syrie leur plan'. Celui-ci marque si etroitement leur physionomie qu'aujourd'hui encore, il survivrait dans Je plan des villes contemporaines. Sur ces deux points, !es recherches !es plus recentes conduisent aenvisager que les choses se sont passe autrement. Mon objet est de tenter de Je montrer; compte tenu du temps Iimite qui m'est imparti je ne pourrai evidemment Je faire que succintement. I. L' AUGMENTATION EVIDENTE DU NOMBRE DES VILLES
A I'epoque achemenide, Ia Syrie etait essentiellement une region rurale. Si I' on met apart Damas, Ia plupart des villes importantes se trouvaient Je long du littoraL C'etaient !es cites pheniciennes de Tyr, de Sidon, de Beyrouth, de Byblos et d' Antarados. Dans Je Nord de Ia Syrie, il existaient aussi des villes nombreuses mais leur importance etaient des plus reduites. L'epoque seleucide est marquee, au contraire, par Ia fondation ou Ia re-fondation d 'un grand nombre de villes.
34 For these two models, see A. Walmsley, The Social and Economic Regime at Fihl (Pella) between the 7th and 9th centurics, La Syrie de Byzance ä I'Islam, Damas 1992, 249-261. 3 sR. Hodges-D. Whitehouse, Mohammed, Charlemagne & the Origins of Europe, Ithaca 1983, 160-168.
1
Sauvaget, Le plan de Laodicee-sur-Mer, Bulletin d'etudes orientales 4 (1934) 81-114.
352
G. Tate
Les villes syriennes aux epoques hellenistique, romaine et byzantine
Chronologiquement, on distingue deux grandes vagues. L'une saus Seleucos I•', fondateur de Ia dynastie, voit Ia fondation, taut au debut du Illi~me siecle, des villes de Ia Tetrapole syrienne: Seleucie de Pierie, Antioche, Laodicee, Apamee. L'autre correspond a Ia seconde moitie du nitme siecle, avec Je regne d' Antiochos IV et ses successeurs immediats. C'est alors qu'auraient ete fondee Doura-Europos sur l'Euphrate, s'il faut en croire !es hypotheses recentes des fouilleurs2 ; et aussi !es villes de Ia Decapole, en Transjordanie, avec, notamment Philadelphie-Amman, Antioche du Chrysoroas, Gerasa3 , Gadara et Pella. En plus de ces fondations, il faut prendre en campte !es re-fondations de cites: des villes anciennes re<;:oivent dans un quartier nouveau accole aux anciens quartiers, des immigrants macedoniens ou grecs, et a l'occasion de ce changement, un nom nouveau: Alep devient Beree, Rastan - Arethuse, Damas - Demetrias, Hamath - Epiphanie, Qinnesrin - Chalcis du Belus, Bambyce - Hierapolis, etc .... 4 • Le nombre des villes fondees indique clairement que !es Seleucides ont mis de!iberement et systematiquement en reuvre une politique d'urbanisation. A. quels buts repondait-elle? On a evoque taut a tourdes considerations strategiques, economiques et demographiques, parfois pour !es opposer. II ne parait pas raisonnable de ehereher a privilegier tel ou tel type de cause. II n'est pas douteux que !es Seieueides ont favorise l'immigration d'elements macedoniens et grecs. II ne l'est guere non plus, comme Je pensait Henri Seyrig-5, qu'en fondant Seleucie et Antioche, Seleucos donnait consciemment un debouche mediterraneen a Ia grande voie qui depuis Je fand du Golfe persique longeait I'Euphrate et menait a Ia Syrie du Nord. On ne peut nier non plus que Ia fondation d' Apamee repondait a une necessite militaire. Ernest Will a notamment montre que Ia Tetrapole du Nord d'une part, Ia Decapole du Sud, d'autre part, constituaient des sortes de verraus reliant etroitement Je littoral au plateau interieuf'.
Avec Je mouvement d'urbanisation de Ia Syrie, nous avons donc Ia mise en reuvre d'une politique globale coloniale, avec ses differents aspects demographiques, economiques et militaires. Les fondations de villes se poursuivent aux epoques romaine et byzantine, mais a une echelle moindre. Auguste fonde Beryte et Heliopolis, ce qui revient a ajouter un troisieme verrau aux deux precedents 7 . II s 'agit donc Ia d 'un objectif essentiellement strategique. Les fondations byzantines ont un autre caractere. Ce sont !es villes de Tarutia Emporon, Andröna et Selemias 8 . Plutöt que de fondations a proprement parler, il s'agit d'agglomerations qui accedent au rang de ville, du fait de leur croissance, dans une region ou Ia population et l'activite agricole se developpent.
2
Informations donnee oralement par Pierre Leriche, Directeur de Ia Mission Archeologique de Doura-Europos.
Syro-fran~aise
353
II. AUGMENTATION DU NOMBRE DES VILLES MAIS AUSSI CROISSANCE DES YILLES 1. Globalement, Je phenomene n'est pas douteux. II n'existe pas de ville, en Syrie, dont Ia population ait ete inferieure a I' epoque byzantine a ce qu'elle fut a l'epoque hellenistique ou meme au debut de l'epoque romaine. Prenons comme exemple deux cas extremes: Antioche et Gerasa. • Gerasa n'est qu'un village au nitmc siecle avant J.C. C'est devenue une tres grande ville au Vl 1tmc siecle9 • • La ville fondee par Seleucos est de dimensions restreintes. Elle campte 200000 a 500000 habitants vers 530-540 10 • 2. II est en revancheplus difficile de connaitre !es rythmes et Ia repartition dans l'espace de cette croissance. a) Les Rythmes En schematisant, si l'on prend comme base d'observation Antioche, Apamee, Damas et Gerasa, mais en tenant campte aussi de Tyr et de Palmyre, on pourrait dire que chacune des trois grandes periodes, hellenistique, romaine et byzantine se caracterise par un trait particulier.
3
H. Carl H. Kraeling, City of the Decapolis, New Haven 1938.
4
A.H.M. Iones, The Cities of the Eastern Roman Provinces, Oxford 1971. R. Martin, L'urbanisme dans Ia Grece antique, Paris 1974. Sur Qinnesrine, I. Mauterde et A. Poidebarde, Le Limes de Chalcis, Paris 1945. sH. Seyrig, "Seleucus I et Ia fondation de Ia monarchie syrienne", Syria 47 (1970) 290-311. 6
E. Will, "L'urbanisation de Ia Iordanie aux epoques hellenistiques et romaine, conditions geographiques et ethniques", in: Studies in the History and Archeology of Jordan IX, Am man 1985. 245-269 0
1 1.-P. Rey Coquais, "Syrie Romaine, de Pompee ä Diocletien", The Journal of Roman Studies 68 (1978) 44-73.
8
Cf. A.H.M. Iones, l.c. (note 4).
9
I. Seigne, "Ierash romaine et byzantine: developpement urbain d'une ville provinciale orientale", in: Studies in the History and Archeology of Jordan IV, Amman 1992. 10 Cf. photo aerienne prise en 1932, publiee par Downey. A History of Alllioch in Syria, Princeton 1961, avec l'autorisation de "Commillee for the Excavation of Antiach and its Vicinity", reprise dans I. Lassus, Les portiques d'AIIIioche, Princeton 1972.
354
G. Tate
Les villes syriennes aux epoques hellenistique, romaine et byzantine
• A parti des
L'epoque hellenistique est l'epoque des fondations mais les villes hellenistiques restent des organismes relativement modestes comparees a ce quelles sont devenues par la suite. A titre d 'exemple, la capitale de la Syrie ellememe, Antioche, a connu une forte croissance a l 'epoque seleucide, gräce a la construction d'un nouveau quartier au ni~me siecle: Epiphania sous le regne d 'Antiochos IV9 • Mais la rue qui la traverse de part en part, du nordest, au sud-ouest, demeurait un chemin empierre et par endroits boueux. L'epoque romaine est marquee par la croissance des villes et par la mise en place de leur cadre monumental, soit au debut du premier siecle, comme a Antioche, soit au debut et tout au long du IIi~me siecle comme a Palmyre et a Gerasa 11 • A l'epoque byzantine, la croissance des villes continue a l'interieur du cadre monumental mis en place auparavant. 11 convient toutefois de remarquer que pour un grand nombre d'entre elles, cette periode de croissance prend fin au milieu du VJi~m• siecle. Cette interruption paralt due a quatre series de raisons: • Les tremblements de terre: ceux de 526 a 528 firent de 150.000 a 300.000 victimes a Antioche d'apres Procope et Malalas. Ils furent suivis de nouvelles secousses en 551, 577 et 587. Celle de 551, fut particulierement desastreuse pour les villes de la cöte, car eile entraina un raz de maree. A cette occasion, Beyrouth fut inondee et Batroun (Botrys) s'ecroula dans la mer. • Les destructions et les pillages dus aux armees perses. Apres une periode de paix de pres de deux siedes, la guerre reprend et se traduit pour la Syrie par une serie d'invasions a partir de 529 (Raid de Moundhir). Durant Ia seconde guerre, entre 540 et 561, Sura, Alep et Antioche sont prises et pillees. En 573, c'est le tour d'Apamee: 292000 prisonniers, c'est a dire plus de la moitie de la population, est deportee. • Les epidemies de peste frappent la Syrie a partir de 542. Elles font des hecatombes, particulierement dans les villes. Elles s'interrompent en 544 mais sans vraiment disparaitre. Elles subsistent a l'etat latent avec des poussees importantes en 558, 560-61, 573-74, 592 et 599 12 .
annees 540, le Nord de la Syrie entre dans une periode de depression economique due au decalage entre une population qui tend a s'accroitre et une population agricole qui plafonne. Tous les 10 a 15 ans, des disettes, des penuries de toutes sortes entrainent des mortalites12. Pour ces differentes raisons nous comprenons que I' essor des villes syriennes ne se soit pas prolonge au dela du VJi~m• siecle. b) Apres /es rythmes de croissance urbaines, Ia rt!partition de cette croissance dans l 'espace syrien A c~t egard aussi, les trois periodes presentent des caracteres differents: • A I'epoque achemenide, Ia presence urbaine etait concentree essentiellement sur Ia cöte. • A I'epoque hellenistique, des verrous permettent de tenir I'interieur. • Sous Rome, ce dispositif est complete puis l'ensemble du territoire syrien est urbanise, gräce a la croissance des agglomerations fondees anterieurement. • Al'epoque byzantine, le Nord de la Syrie d'une part, Tyr et son arriere pays d'autre part, se detachent de l'ensemble par leur richesse, ce qui est en relation avec le developpement du commerce international qui transite, d'une part par Ia vallee de I'Euphrate, d'autre part, par Je Wadi Siran et Bosra.
111. MORPHOLOGIE DES VILLES SYRIENNES En meme temps qu'elles augmentent en nombre et s'accroissent en population, les villes syriennes sont dotees de plans qui, par leur morphologie, Ies opposent aussi bien au plan des villes orientales anciennes qu'a ceux des villes islamiques qui ont suivi. Ces plans sont des plans en damiers. Toutes les rues se coupent a angle droit et parmi elles, une grande artere nord-sud appelee Cardo et des arteres secondaires est-ouest appelees Decumani, leur conferent un aspect monumental tout en structurant leur espace interieur. On a longtemps pense que ce plan etait d'origine hellenistique et qu'ainsi Je plan initial de ces villes se serait perpetue sans changement majeur durant toute 1' Antiquite et meme a un degre evidemment moindre jusqu'a nosjours. Jean Sauvaget, qui est a l'origine de cette hypothese 13 , avait en effet con-
11 Pour Antioche, cf. note 10. Pour Palmyre, E. Frezouls, "Question d'urbanisme palmyrenien" in: Palmyre: bi/an et perspectives, Coll. Strasbourg, 1976. D. Van Berchem, "Le plan de Palmyre", ibidem. E. Will, "Le developpement urbain de Palmyre: temoignages epigraphiques anciens et nouveaux", Syria 60 (1983) 69-81. 12
355
G. Tate, Les campagnes de Ia Syrie du Nord du II' au VII' siecle, Tome /,Paris 1992. 13
j ·I
j
Article cite, note I.
G. Tate
Les villes syriennes aux epoques hellenistique, romaine et byzantine
state des analogies de forme et de module dans les plans de Laodicee-surmer, d' Alep, d' Apamee, Antioche, Damas, et Doura et il estimait que le seul trait commun entre ces villes etait leur origine hellenistique. La permanence seculaire de ce plan originel s'expliquerait par ce que Jean Sauvaget appelle "Ia loi de Ia persistance topographique des voies de communication" . Apres avoir ete longtemps admises sans discussion, ces theories sont au14 jourd'hui contestees a Ia suite des travaux de Dorothee Sack sur Damas , de Jacques Seigne sur Gerasa 15 , d'Ernest Will sur Palmyre 16 et aussi de l'article general d'Ernest Will sur Ies villes de Syrie, paru dans I'ouvrage collectif sur l'Archeologie et l'Histoire de La Syrie, dirige par Jean-Marie Dentzer et Winfried Orthmann 17 • Trois condusions paraissent s'imposer: 1) La seule ville de Syrie dont nous connaissons I'etat hellenistique est Ia ville de Doura-Europos fondee, d'apres !es dernieres estimations des fouilleurs, au milieu du ui~me siede avant J. C. Elle offre un plan en damier typiquement hippodamien avec une Agora qui constitue Je centre de Ia vie publique 18 • 2) Pour ce qui est des autres villes fondees a I'epoque hellenistique, et particulierement Ia Tetrapole syrienne, Je plan que nous leur connaissons, celui que Sauvaget a reconstitue a Laodicee et que nous voyons encore a Apamee est un plan romain 19 et ne ressemble en rien au plan hippodamien, si ce n' est par I' organisation orthogonale des rues. II se caracterise par une grande artere principale nord-sud, Je Cardo qui est
fait d'une rue d'allee avec des trottoirs bordes de portiqueset pourvues des deux cötes de boutiques. Contrairement au plan hellenistique, qui est construit selon un principe de division egalitaire de l'espace, il etablit une organisation hierarchique de l'espace, autour de cette voie monumentale Oll se concentre Ia vie economique et sur laquelle donnent !es monuments publies. Nous constatons en outre, Ia Oll nous pouvons observer I'histoire de cette rue depuis Ia fondation jusqu'a l'epoque arabe, qu'il n'y a pas exacte superposition de Ia rue romaine, pas plus que de I'artere moderne sur l'artere hellenistique. 3) II existe enfin des villes qui n'ont pas ete fondees a I'epoque hellenistique. C'est Je cas de Palmyre, de Damas et de Gerasa. • A Palmyre, Ia grande rue a colonnade n'est pas anterieure au ui~me siede et elle se situe a I' exterieur du quartier hellenistique20 . • Dorothee Sack a montre qu'il en allait de meme a Damas21 • • A Gerasa22 , J. Seigne a montre que Je plan de l'agglomeration, a I' epoque hellenistique, ne presente aucune orthogonalite et ce n 'est que dans Je courant du IIi~me siede que l'on construisit Ia grande voie nordsud. Les fouilles ont montre qu'elle Je fut par endroits sur des maisons d'epoque romaine. Au total, si I' on excepte Doura, toutes !es grandes villes de Syrie et quelques autres parmi !es moins grandes, tiennent leurs similitudes non pas d'une commune origine hellenistique mais du fait qu'elles ont connu !es memes transformations sous un meme pouvoir, Je pouvoir romain. Ces transformations, cette conception urbanistique qui fait, de Ia grande rue a colonnades, I' axe de Ia cite, Je lieu de sa grandeur ostentatoire et en meme temps Je centrede l'activite commerciale, cette conception est le produit d'une collaboration du pouvoir romain et des elites urbaines. Cette conception est-elle specifiquement romaine? Ernest Will remarque qu'elle n'est nulle part appliquee de maniere aussi monumentale qu'en Syrie et d'autre part que c'est dans !es villes syriennes qu'elle fait sa plus anciennne apparition. II estime qu'il s'agit donc d'un urbanisme romain de Syrie. Un urbanisme qui ne doit rien a l'urbanisme hellenistique en ce sens qu'il reflete une conception qui lui est tout a fait opposee: a l'epoque hellenistique, ce plan en damier s'imposait car il repondait aux necessites de Ia colonisation, il repondait a Ia necessite de diviser l'espace urbain en lots egaux. L'urbanisme imperial correspond, au
356
14 0. Sack, Damaskus. EnllVicklung und Struktur einer orientalisch-islamischen Stadt (Damaszener Forschungen I), Mainz am Rhein 1989. 1
sArticle cite, note 9.
16
Article ciu!, note II.
17 E. Will, "Les villes de Ia Syrie hellenistique et romaine", in: Archeologie et histoire de Ia Syrie 1/, ed. J.-M. Dentzer et W. Orthmann, Saarbrilcken 1989, 223-250. 18 E. Will, article cite, note 17. R. Martin, L 'urbanisme dans Ia Grece antique, Paris 1974. P. Leriche (ed), "Doura-Europos, etudes 1986", Syria 63 (1986) 1-155; P. Leriche (ed), "Doura-Europos, etudes 1988", Syria 65 (1988) 259-347; P. Leriche (ed), "Doura-Europos, etudes 1990", Syria 69 (1992) 1-151.
J. Balty, "Les grandes etapes de l'urbanisme d' Apamee sur-I'Oronte". in: Ktema 2 (1977) a paraitre dans les CRAI, J. Balty rend compte de Ia decouverte, sous Ia grande rue acolonnades de l'epoque de Trajan, d'une autre rue a colonnades qui serait de Ia fin du 1111 me siecle av. J.C. 19
3-16. - Plus recemment, dans une communication
2
°Cf. note II.
21
Cf. note 14.
22
Cf. note 9.
357
G. Tate
358
contraire, a une division fonctionnelle de l'espace en trois grandes parties: la vieille ville, les quartiers residentiels et la grande rue a portique qui est a la fois axe de circulation, zone commerciale et lieu des grandes manifestations, en fonction duquelles monumentspublies sont disposes. Dans certaines villes, comme Gerasa et Palmyre, toutefois, on remarquera avec Jacques Seigne, que le plan typiquement romain reprend une formule propre aux grandes villes d'Orient: celle de la grande rue menant au grand sanctuaire de la grande ville, le sanctuaire de Zeus a Gerasa, le sanctuaire de Bel a Palmyre. L'epoque byzantine ne se traduit par aucune nouveaute sur le plan urbanistique: la seule difference avec l 'epoque romaine vient de la construction des edifices chretiens. Quand ils ne prennent pas la place des sanctuaires pai'ens, ils sont bätis dans les espaces demeures vacants. Le veritable changement commence a se produire a partir du milieu du VI 1tme siecle, adesdatesdifferentes selon les cites, mais toujours au moment ou elles amorcent un declin. Cette transformation est observee a Antioche par Jean Lassus 23 , a Apamee par Jean Balty24 et, plus recemment a Palmyre par Khaled al-As 'ad et Franciszek Stepniowski25 • Elle consiste dans le declassement de Ia grande rue a colonnades comme axe de circulation majeur et dans son amenagement en souk par Ia construction de boutiques sur Ia chaussee elle-meme. Le changement s'observe peut-etre des l'epoque byzantine a Antioche. 11 est posterieur a Ia conquete arabe a Apamee et a Palmyre. Plutöt qu'a un changement culturel, il me paralt correspondre a une necessaire adaptation a Ia construction dont Ia ville est 1' objet.
DIE HISTORISCHE ROLLE DER STADT ALEPPO IM VORANTIKEN SYRIEN Horst Klengel, Berlin
Aleppo/I:Ialeb gehört heute zweifellos zu den bedeutendsten urbanen Zentren des Vorderen Orients; es ist auch eines der ältesten. Man darf jetzt davon ausgehen, daß es bereits um die Mitte des 3.Jahrtausends v.Chr. unter diesem Namen existierte. Eine Darstellung des vor-antiken Aleppo ist jedoch insofern problematisch, als sie sich fast ausschließlich auf das textliche Zeugnis stützen muß. Die Siedlungskontinuität im alten Stadtzentrum hat archäologische Forschungen größeren Umfangs bislang kaum gestattet, 1 und das relevante epigraphische Material bietet so gut wie keine Hinweise auf die Topographie und urbane Struktur Aleppos. Es ist noch nicht einmal sicher, ob das bronzezeitliche ljalab im Bereich der arabischen Altstadt von I:Ialeb gesucht werden darf und ob der berühmte Tempel des Wettergottes von ljalab ebenfalls dort zu lokalisieren ist. 2 Wenn man davon ausgeht, daß der Cardo maximusdes antiken Aleppo, etwa identisch mit der Hauptstraße des heutigen großen Suq, auf das alte Zentrum der Stadt hinführte, dann würde das die These unterstützen, daß etwa an der Stelle, wo heute die arabische Zitadelle die Stadt überragt, sich auch das vor-antike Zentrum befunden haben könnte. Entsprechende Untersuchungen müssen sich dort wegen der Überbauung durch die Festung auf Randbereiche des Hügels be-
1Vgl. dazu allgemein J. Sauvaget, Alep: Essai sur le developpement d'une grande ville syrienne des origines au milieu du XIXeme siecle, Paris 1941; S. Saouaf, Aleppo. Past and Present, Aleppo 3 1965; W. K11ayata, Aleppo und seine Geschichte, Aleppo 1992, ferner s. N. Chehade, Aleppo, in: M.Berger (Hrsg.), The New Metropolis in the Arab World, New Delhi 1963, 77-102; E. Wirth, Syrien. Eine geographische Landeskunde, Darmstadt 1971, 23
278-310.
Cf. note 10.
Balty, "Notes sur l'habitat romain, byzantin et arabe d' Apamee, Rapport de synthese". in: Colloque Apamee de Syrie, Bi/an de rechereile arclu!ologiques 1973-79, Bruxelles 1984, 24J.
471-501.
ai-As 'ad et F. Stepniowski, "The Ummayad Siiq in Palmyra". Damaszener Mitleilungen 4 (1989) 205-223. 25 K11.
2 J. Sauvaget, in: Melanges Syriens offerts ä Monsieur Rene Dussaud, I, Paris 1939, 59 ff. trennte die Wohnstadt des vorantiken Aleppo, die er an der Stelle des Tall al-cAqabä nahe dem Tal des Quweiq vermutete (neuzeitlich ilberbaut), von dem Tempel, filr den er die Zitadelle (d.h. dann: außerhalb der einstigen Stadt) als möglichen Platz (auch filr einen befestigten Palast) hielt. Der Tall al-cAqabä hat allerdings mit 230 m einen nur geringen Durchmesser (Hinweis K. Kohlmeyer).
360
H. Kiengel
Aleppo im vorantiken Syrien
schränken. 3 Als Argument für den Zitadellenbereich als Stätte des vorantiken Aleppo könnte eine Reihe von Einzelfunden dienen, wie die 1932 entdeckte Steinplatte mit einer Keilinschrift, 4 ein Basaltblock mit der Darstellung von zwei geflügelten Genien, wohl aus dem frühen 1. Jahrtausend v.Chr. stammend, zwei Löwenskulpturen sowie zwei Basaltorthostaten (sog. Scheinfenster) als Mauerdekor, wie sie auch in cAin-Därä (am WettergottTempel?) und in J:Iamä entdeckt wurden. 5 Es bleibt also zu hoffen, daß künftige archäologische Forschungen bald Klarheit darüber verschaffen, wo sich das vor-antike Aleppo befunden hat. Daß dieses die Voraussetzung für eine zentrale städtische Funktion mitbrachte, könnte schon ein Blick auf seine Position im Zentrum der nordsyrischen Ebene sowie seine Lage im System überregionaler Verkehrswege nabelegen. Aleppo befindet sich etwa auf halber Strecke zwischen dem Euphrat und der Küste des Mittelmeeres sowie den südlichen Ausläufern des Taurus und dem mittelsyrischen Zentralmassif. Es liegt in einer Depression der im Durchschnitt 420 bis 550 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen weiten und fruchtbaren Ebene, die dem Bereich der Regenfeldbau-Zone des nördlichen "Fruchtbaren Halbmonds" zugehört. Das zum Teil wellige Profil dieser Region bereitet dem Verkehr keine Schwierigkeiten; die landschaftliche Öffnung nach Osten hin, wo sich die Aleppo-Ebene im obermesopotamischen Raum fortsetzt und der Euphrat durch Furten ein Überqueren erleichterte, hat auch für die Geschichte dieses Gebietes besondere Bedeutung erlangt. Wesentlich war ferner, daß die relativ dürftige Versorgung mit Oberflächenwasser, vor allem durch den Quweiq, 6 durch einen ausreichenden Regenfall ausgeglichen wurde, der einen krisenfreien Bodenbau ermöglichte.7 Da dieser Raum bereits seit langem durch Bodenbau genutzt wurde, ist die höhere Vegetation offenbar relativ früh reduziert worden, wozu auch
Viehverbiß beigetragen haben dürfte. Dennoch wäre es verfehlt, allein aus dieser günstigen Position bereits eine gleichbleibend bedeutende Rolle Halabs als wirtschaftliches oder politisches Zentrum zu erschließen. Erst u;ter bestimmten historischen Bedingungen, zu denen auch die Einbeziehung der Stadt in ein Netz von Fernhandelswegen gehörte, konnte diese Ausgangssituation genutzt werden, um der Stadt eine über die Region hinausreichende, d.h. eine historisch relevante Rolle zu geben. Um diese darzustellen, bedarf es jedoch des schriftlichen Zeugnisses. Den bislang frühesten epigraphischen Hinweis auf Halab - wie auch auf andere Siedlungen im nördlichen Syrien - bieten dle Keilschrifttexte aus Ebla (Tall Mardig), die der späten frühdynastischen Periode (um 2400) zugehören. In diesem umfangreichen Textcorpus, das sich vorrangig wirtschaftlich-administrativen Themen widmete, 8 erscheint des öfteren ein Ortsname, der nach neuerem Verständnis ljalab (lja-lab/LAMki) gelesen werden kann. 9 Der Ort wird als Kultplatz des Wettergottes (lj)adda bezeugt, dem auch König und Königin von Ebla Opfergaben darbrachten. 10 Eine Gleichsetzung mit dem als Kultzentrum des Wettergottes ljadda/ Addu/Te~ub bekannten ljalab/ Aleppo der späteren Tradition dürfte sicher sein. Es ist dabei auch von Interesse, daß einige Texte noch eine weibliche Hauptgöttin von ljalab nennen, ljabadu (bzw. ljalabajtu, "die von ljalab"), in der wohl eine Vorläuferio der späteren hurritischen ljepat, Gemahlin des Wettergottes Te~ub, gesehen werden darf. Wenn das Königspaar von Ebla in Halab kultische Handlungen vollzog, dürfte dieser Ort wohl zum Territorium des Königtums Ebla gehört haben, das in seinen Grenzen zwar nicht genauer festzulegen ist, jedoch zur Zeit der Fürsten Igri~-ljalab(l), Irkab-Damu und Bar-Damu offenbar den Raum zwischen Mittelmeer und Euphrat, den südlichen Ausläufern des Taurus und dem syrischen Zentralmassif kontrollierte. Ob das auch für jene Vorgänger gelten kann, die in der Überlieferung der Ebla-Archive als beopferte frühere Könige erscheinen, bleibt wegen des FehJens relevanter Zeugnisse ungewiß. 11 Vielleicht haben diese Opferlisten
{
3Vgl. P. de Rotrou, Revue Arch~ologique Syrienne I (1931) 8 ff.; R. Dussaud, Syria 12 (1931) 95 f.; 1996 hat K. Kohlmeyer mit einer syrisch-deutschen Expedition archäologische Forschungen an der Zitadelle aufgenommen, in deren Zugangsbereich vor-antike Mauern freigelegt worden waren.
4Heute
8
im Zitadellenmuseum ausgestellt, noch unveröffentlicht (vgl. dazu unten).
5S.
dazu zuletzt M. van Loon, in: Fs. Ph.H.J. Hauwinkten Cate, Leiden 1995, 181 ff., vgl. A. Abu Assaf, Der Tempel von 'Ain Därä (DaF 3), Mainz 1990, Tafel 42.
Vgl. dazu den Überblick bei A. Archi, OLZ 88 (1993) 461 ff.
9
f
•
6Der
Euphrat dUrfte schon in vor-antiker Zeit in einem Tal geflossen sein, das nur eine räumlich und saisonal begrenzte Nutzung seines Wassers gestattete.
W. von Soden, in: L.Cagni (ed.), Ebla 1975-1985, Neapel 1987, 84; W.G. Lambert, MARI 6 (1990) 641 ff.; P. Steinkeller, NABU 1993.1, 8; s. auch A. Archi- P. PiacentiniF. Pomponio, I nomi di luogo dei testi di Ebla (ARES II), Rom 1993, 257 ff. und M. Bonechi, I nomi geografici dei testi di Ebla (RGTC 1211), Wiesbaden 1993, 171. Vgl. auch "Gott (von) ljalab" als Personennamen in Rationenlisten des präsargonischen Mari, s. D. Charpin, MARI 5 (1987) 71 (Nr. 6 I 4) und 81 (Nr. 22 111 6). 10
A. Archi, OrientaHa 63 (1994) S. 249 ff.
7 Vgl. dazu demnächst auch A. Abdulsalam, Akten der Internationalen Konferenz Aleppo 1994.
11
j
361
Vgl. dazu A. Archi, OLZ 88 (1993) 466 ff.
362
H. Kiengel
Aleppo im vorantiken Syrien
auch Stammesführer einbezogen, die nicht in Ebla residierten; zudem ist nicht klar, ob die Sequenz dieser beopferten Vorgänger jeweils auch aufeinanderfolgenden Generationen entsprach. 12 In jedem Falle aber machen die Ebla-Texte durch die Nennung einer großen Zahl von Ortsnamen deutlich, daß die Ebene um Aleppo relativ dicht besiedelt war und sich urbane Zentren entwickelt hatten, zu denen auch ljalab gehört haben dürfte. Inwieweit es neben seiner religiös-kultischen auch eine wirtschaftliche Bedeutung besaß, ist noch unklar. Immerhin gibt es textliche Hinweise, daß in ljalab auch Handelsgeschäfte getätigt wurden, bei denen Textilien und Metall eine Rolle spielten. 13 Dominant erscheint jedenfalls die Rolle als Kultplatz, wofür auch die Aufnahme des Ortsnamens in Personennamen sowohl in Ebla als auch in der präsargonischen und späteren Tradition Mesopotamiens (Mari, Isin) sprechen könnten. Ebenso wie Dagan von Tuttul (Tall Bica) war ljadda von ljalab schon zur Zeit der Ebla-Archive gewiß mehr als ein nur lokaler Gott und genoß Verehrung bei den verschiedenen semitisch-sprachigen Gruppen ganz Nordsyriens. Vor allem blieb ljalab auch jetzt ein Kultplatz des Wettergottes; darauf könnte ein Stelenfragment weisen, das im Dorf Tall Mardib (Ebla) entdeckt und vom Ausgräber in die Zeit um 18501750 datiert wurde. 14 Es zeigt u.a. den Wettergott, mit dem speziell der von Aleppo gemeint sein könnte. Mit dem Ende der Archive von Ebla, das auf gewaltsame Weise, nicht aber notwendigerweise durch Feldzüge der Großkönige von Akkad herbeigeführt wurde, setzen zunächst auch die Informationen über ljalab aus. Es wurde von den Feldzügen Sargans und Naräm-Sins von Akkad vielleicht berührt, hat aber in der Folgezeit keine überregionale Rolle mehr gespielt. Als das inschriftliche Zeugnis für Nordsyrien - nurunehr aus den Archiven des Reiches der 111. Dynastie von Ur (2111-2003) - wieder einsetzt, erscheinen an seiner nordwestlichen Peripherie Zentren wie Udu und Ebla, doch kein Ortsname, der sich mit dem von ljalab/ Aleppo identifizieren ließe. 15 Auch
die wenig späteren Texte aus den Archiven der altassyrischen Kaufleute von Kanis in Anatolien, die syrische Ortsnamen wie Ursu, Ebla, Tadmer 1 Palmyra und Tunip in Verbindung mit Kaufleuten erwähnen, 16 nennen nicht Aleppo. Dennoch muß davon ausgegangen werden, daß dieser Ort auch jetzt eine gewisse Rolle im nordsyrischen Raum spielte, wenngleich offenbar noch nicht im überregionalen Austausch mit Mesopotamien und Anatolien. Die Entwicklung ljalabs zu einem Zentrum politischer Macht wird erstmals in den Texten aus den Archiven von Mari bezeugt. 17 Ebenso wie Mari wurde Aleppo zu dieser Zeit, d.h. in der ersten Hälfte des 18.Jhs., von einer westsemitisch-amurritischen Dynastie regiert, deren Herrschernamen in den Mari-Texten genannt werden: Sumu'epug, Jarim-Lim (1.) und ljammurapi (I.). Sie waren Zeitgenossen des Samsi-Adad 1., des Königs von Obermesopotamien, 18 des Zimri-Lim, des Königs von Mari, sowie auch des ljammurapi, des Königs von Babylon. Auch für Karkamis am Euphrat und Qa!na in Mittelsyrien werden amurritische Könige in den Mari-Texten genannt, und Namen von Fürsten der Hafenstädte Ugarit und Gubla/Byblos erscheinen in einer späteren Tradition, die - ebenso wie in Ebla - von einer Beopferung der Ahnherren zeugt. 19 Was ljalab betrifft, so ist Sumu'epug (Ende 19.Jh.) der erste uns bekannte Vertreter der altbabylonischen bzw. altsyrischen Dynastie, die das nordsyrische Königtum Jarngad regierte. 20 Er war ein Zeitgenosse des Jahdun-Lim von Mari und verstarb während der Herrschaft Samsi-Adads I. übver Obermesopotamien. Wie den Mari-Archiven zu entnehmen ist, korrespondierte er mit einer ganzen Reihe von syrisch-mesopotamischen Fürsten, deren Antwortschreiben wohl in Halab archiviert worden sind, falls er dort bereits seine Residenz hatte. Zu sveiner Regierungszeit wird sich das Königtum Jarngad/ Aleppo etwa bis zum Eu-
363
I Göllin Hepa(t) gebildet, d.h. der Göllin, die in den Ebla-Texten als Habadu und Gefährtin des (Jj)adda von ljalab erscheint. -
12
Das wäre auch bei der Darstellung einer Frühgeschichte von Ebla zu berücksichtigen, vgl. M.C. Astour, Eblaitica 3 (1992) 3 ff. 13
S. die Belege bei A. Archi et al., I nomi di luogo dei testi di Ebla, Rom 1993, 257 ff.
14
15
P. Mallhiae, in: Fs. N. Özgü~. Ankara 1993, 389 ff. und Taf. 69 ff.
Vgl. die Übersicht betreffend Syrer und Orte Syriens in den Texten der III. Dynastie von Ur bei D.l. Owen, in: M.W. Chavalas- J.C. Hayes (eds.), New Horizons in the Study of Ancient Syria, Malibu 1992, 107 ff. - Zu verweisen wäre hier auf die auf der Akropolis von Ebla entdeckte Stele, die ein Ibbit-Lim, Sohn des Igri~-1jepa, zum Andenken an seine Verdienste um den Wiederaufbau von Ebla errichten ließ; s. G. Pellinato, AAAS 20 (1970) 73 ff. und jetzt I.J. Gelb - B. Kienast, FAOS 7 (1990) 369 ff. Sein Name wurde mit dem der
16 Dazu H. Klenge!, in: Fs. T. Özgü~. Ankara 1989, 263 ff. sowie K. Hecker, in: Uluslararasl I. Hititoloji Kongresi bildirileri, o.O., o.J. [ = c;orum 1992]. 45. 17
Vgl. zum Folgenden H. Klenge!, Geschichte Syriens im 2. Jahrtausend v .u.Z., I, Berlin 1965, 102 ff. sowie Syria 3000 to 300 B.C., Berlin 1992, 44 ff. 18 Eine spätere assyrische Tradition hat Sam~i-Adad I. (etwa 1830-1776) dann in die Reihe assyrischer Herrscher einbezogen; trotz seiner Herrschaft auch über Assur hat sich dieser selbst in seinen Inschriften nicht als König Assurs bzw. Assyriens bezeichnet.
19 2
Vgl. dazu H. Klenge!, Syria 3000 to 300 B.C., Berlin 1992, 45.
0Zum Folgenden s. H. Klenge!, ebenda 44 ff.
364
H. Kiengel
Aleppo im vorantiken Syrien
phrat im Osten, zum Orontes im Westen und im Süden bis in die mittelsyrische Ebene nördlich Qa~na (al-Misrife) erstreckt und zugleich einige Stammesterritorien, wie die der Rabbäer und Ubrabäer, kontrolliert haben. Etwa für zwei Jahrhunderte hat in ljalab diese amurritische Dynastie regiert und maßgeblichen Einfluß auf die Politik im Vorderen Orient ausgeübt. Ob Sumu'epug dem Samsi-Adad I. im Kampf unterlag, worauf eine spätere Chronik verweist, ist unklar; daß er tatsächlich, wie es einem Mari-Brief zu folge vorgesehen war, dem mit ljalab rivalisierenden König von Qa~na ausgeliefert wurde, istjedoch kaum anzunehmen. Jarim-Lim I. setztejedenfalls die Politik seines Vaters von seiner Residenzstadt ljalab aus fort und konnte auch Territorien östlich des Euphrat kontrollieren. In einem Brief nach Mari bezeichnete er sich selbst als Verehrer des (bei halbnomadischen Gruppen besonders beliebten) Mondgottes Sin; dieser wird "Gott meines Hauptes", d.h. Gott des Clans genannt, im Gegensatz zu (lj)adda/Addu, dem Gott seiner Residenzstadt ljalab. 21 Wenn die Inschrift von der Zitadelle Aleppos hier eingeordnet werden darf, dann weist sie darauf hin, daß es auch einen Tempel des Gottes Dagan (in ljalab?) gab, wobei dieser Gott, der vor allem am mittleren Euphrat Verehrung genoß, sogar als "Vater der Götter" bezeichnet wird. Nach dem Tode des Samsi-Adad I. war das Wort des Herrschers von Jamnad - oder das des Wettergottes von Ijalab, das durch Propheten gedeutet und bis Mari weitervermittelt wurde - auch am Mittleren Euphrat von Gewicht. Orakelsprüche des Wettergottes von ljalab, die nach Mari übermittelt wurden, gleichen zuweilen politischen Weisungen des nordsyrischen Königs. 22 Das umso mehr, als Zimri-Lim, dessen Vater von Samsi-Adad aus Mari vertrieben worden war, in Halab Schutz bei Jarim-Lim gefunden hatte; als er schließlich nach dem T~de des Samsi-Adad nach Mari zurückkehren konnte, widmete er in Dankbarkeit dem Wettergott ljalabs seine Statue und benannte nach diesem Ereignis ein Jahr seiner
Regierung. 23 Da seine Gemahlin Sibtu eine Tochter des Königs von Halab war, ergab sich auch dadurch eine Bindung zwischen der nordsyri~chen Stadt und Mari, den beiden Residenzen, zwischen denen ein reger Kontakt bestand. Briefe aus Mari dürften in ljalab ebenso archiviert worden sein wie die aus ljalab, die in dem Palast von Mari gefunden wurden. Es ist zudem anzunehmen, daß der Wettergott-Tempel von Ijalab ein Asylrecht besaß; 24 Hinweise darauf finden sich auch in der späteren Überlieferung (vgl. unten). Für ljammurapi, Sohn und Nachfolger des Jarim-Lim, sind enge Beziehungen zu seinem Namensvetter auf dem Thron Babyions bezeugt, die sogar zu einer durch Zimri-Lim von Mari vermittelten Allianz zwischen Halab Mari und Babyion gegen den Feind Ijammurapis von Babylon, RTm-Si~ von Larsa, führte. Truppen aus dem nordsyrischen Jarnhad waren somit auch im südlichen Mesopotamien aktiv. 25 Die Beziehunge~ zwischen Ijalab, Mari und Babyion waren somit zur Mari-Zeit ein wesentlicher Faktor in der Politik Vorderasiens; ein Mari-Brief weist dem König von Jarnhad/Halab mit Nennung einer Anzahl von 20 "Königen", die dem Jarim-Li~ folgen würden, eine maßgebliche Rolle zu. 26 In diesem Zusammenhang ist auf Veränderungen im überregionalen Handelsverkehr Vorderasiens hinzuweisen. Der ostmediterrane Raum hatte unter Einbeziehung von Zypern und Kreta - insbesondere nach dem Niedergang des Golfbandeis immer mehr Bedeutung gewonnenY Ugarit, das offenbar zeitweilig unter der Kontrolle von ljalab stand, 28 war der wichtigste Hafen an der nordsyrischen Küste geworden. Der Fürst ("Mann") dieser
23
G. Dossin, in: A. Parrot (ed.), Studia Mariana, Paris 1950, 57 Nr. 20; vgl. zur chronologischen Einordnung J.-M. Durand, MARI 5 (1987) 616 und P. Villard, MARI 7 (1993) 315 ff. 24
21 G.Dossin, Syria 33 (1956) 67 und H.Kiengel, JCS 19 (1965) 89, ferner ARM XXVI 108:6. 12
ARM XXVIII (1988) 377 ff., s. dazu J.-M. Durand, MARI 7 (1993) 41 ff. und - mit biblischen Vergleichen - A. Malamat, in: A.G. Auld (ed.), Understanding Poets and Prophets (Fs G. W. Anderson), Sheffield 1993, 236 ff. In einer der "Prophetien" betonte der als "Herr von Halab" offenbar hinreichend identifizierte Goll gegenüber Zimri-Lim, daß er es schließlich gewesen sei, der zunächst dem Ja~dun-Lim, dann ~am~i-Adad und schließlich Zimri-Lim Mari zur Regierung übergeben habe. Ein anderes Wort des Weilergolles von tialab (bzw. eine Weisung des Königs dieser Stadt) ermahnte Zimri-Lim, sich nicht auf einen Feldzug zu begeben, ohne das Orakel in Halab konsultiert zu haben, s. J.-M.Durand, MARI 7 (1993) 53. -
365
ARM XXV 118 und 154; vgl. J.-M. Durand, MARI 7 (1993) 55.
25 Vgl. zum Verhältnis Babylon-Larsa sowie der Einbeziehung von Ha Iab in diesen Konflikt 1-1. Klenge!, in: Fs. H.I.I-1. Prince Takahito Mikasa, Wiesbaden 199( 179 ff. sowie M. Van De Mieroop, RA 87 (1993) 47 ff. - Vielleicht sollte hier darauf verwiesen werden, daß es offensichtlich die Tendenz gab, den Weltergoll von ljalab mit dem Stadtgoll Babylons, Marduk, gleichzusetzen, der in dieser Zeit durch die militärischen Erfolge ljammurapis an Ansehen gewann; s. dazu J.-M. Durand, MARI 7 (1993) 55. 26
G. Dossin, Syria 19 (1938) 117 f.: unter den "Königen" sind gewiß auch lokale Fürsten und Anführer unabhängiger Stämme zu verstehen, doch ist bemerkenswert, daß dem König von ljalab hier eine größere Zahl von Fürsten zugeordnet wird als anderen Herrschern. 27
28
Vgl. dazu 1-1. Klenge!, SMEA 24 (1984) 7 ff.
So wohl während der Zeit des Jarim-Lim 1., s. P. Villard, ARM XXIII S.457 ff. sowie dazu den historischen Kommentar in UF 18 (1986) 387 ff.
366
H. Kiengel
Stadt bat einmal den Herrscher von ljalab, ihm doch einen Besuch von Mari zu vermitteln, von dessen großartigem Palast Kaufleute oder Boten Kunde gebracht hatten. 29 Texte aus Mari bezeugen vor allem Lieferungen v?n Hölzern, Wein, Oliven, Honig und Getreide aus dem Herrschaftsgebiet Halabs, ferner Kupfer, das aus Südostanatolien oder aber Zypern kam; über Mari fand auch Zinn seinen Weg nach ljalab, das offenbar uber Elam nach Mesopotamien importiert wurde. 30 Die Güter, die in den ~ari-Texten e~ wähnt werden, wurden im wesentlichen aufgrundvon Verembarungen zwischen den Fürstenhöfen getätigt, die oft recht genaue Angaben über Menge und Qualität der gewünschten Lieferungen machten. Wert und Gegenwert wurden genau kontrolliert. Ein Teil der Güter wurde auf dem Euphrat transportiert, wobei Ernar/Meskene wohl als die wichtigste Station an diesem Strom für ljalab gelten kann. Auch die Karawanen, die dem Euphrattal n~ch Nordsyrien folgten, werden wohl bei Emar den Weg nach ljalab und weiter bis zur Küste angetreten haben, wenngleich in dieser Zeit auch der Weg durch die Wüstensteppe via Tadmur/Palmyra nach Qa~na und zum Meer bereits genutzt wurde. 31 • • Als ljammurapi von Babyion in seinen späten He~rsc~aftsjahren Man e~ oberte erloschen mit der Zerstörung der Palastarchive dieser Stadt auch die Quelle'n, die Licht auf die Geschichte ljalab~ geworfen hat~en .. Ein zw~r nicht gleichwertiges, aber wohl zeitlich anschließendes Zeugms bieten. dafür die Keilschrifttexte, die in der Stadt Alalah, heute A<;:ana unweit der Mündung des Orontes in Schicht VII entdeckt wurden. Von hier aus verwaltete ein Zweig de; ljalab-Dynastie einen nordsyris~hen .streubesitz. 32 Der erste in den Alalah VII-Texten erwähnte Fürst, Janm-Lim, hatte von seinem in Halab regier~nden Bruder, Abba'el, Zuweisungen als Ersatz für Territorien erhalten, die in Obermesopotamien bei Irrite verlorengegangen waren - ein Hinweis darauf, daß von ljalab aus auch Gebiete östlich des Euphrat regiert worden sind. Ein Synchronismus dieses ljalab-Fürsten
Aleppo im vorantiken Syrien
Abba'el mi~ König Samsuil.una von Babyion (AbB VII 1) könnte es möglich machen, diese Textzeugmsse Alalans an jene aus Mari etwa zeitlich anzuschließen. Vorrangig Wirtschaftsnotizen, vermögen sie über Halab nur w~nig auszusagen; sie ~enn~n aber nach Abba'el noch Jarim-Üm (II.), N1qmepa, Irkabtum, Janm-L1m (111.) und wohl noch ljammurapi (II.) als Fürsten, deren Namen vor allem in den Jahresnamen Jamhads erscheinen nach denen auch in Alalah die Urkunden datiert wurden. Die Alalah-Text; zeigen auch, daß die Fürsten von ljalab sich als "Großkönige" zu bvezeichnen begannen, Emar am Euphrat und offenbar auch Karkamis kontrollierten; unter Einschluß der Alalah-Territorien erreichte ihr Herrschaftsbereich das Mittelmeer nördlich von Ugarit. Daß sie besondere Verehrung dem Wettergott ihrer Stadt zollten, dürfte sicher seinY Das Ende der altbabylonischen ljalab-Dynastie wurde dann jedoch von Gegnern herbeigeführt, die über den Taurus von Norden her nach Syrien eindrangen, den Hethitern. Bereits der Hethiterkönig ljattusili I. (17. Jh.) 34 hatte die an Getreide reichen, von wichtigen Handelswegen durchzogenen nordsyrischen Ebenen um Aleppo zu erobern versucht. 35 Trotz seiner Erfolge, über die ein in späterer Abschrift überlieferter Text berichtet, war es ihm dabei nicht gelungen, die Stadt Aleppo zu erobern, die in einer hethitischen literarischen Tradition als Hauptziel des Angriffs bezeichnet wird. Wohl aber fiel den Hethitern in der Stadt ljassum36 die Statue des Wettergottes von ljalab in 33
Vgl. v?r allem ihre Selbstbezeichnung als "Liebling des Wettergottes" (von Ijalab?) auf Stegelabdrilcken, s. D. Collon, The Seal Impressions from Tell Atchana/Aialakh (AOAT 27), Kevelaer/Neukirchen-VIuyn 1975, 1 ff. •
34
V
9 2
G. Dossin, RA 36 (1990) 49.
JoVgl. den Überblick bei J.-R. Kupper, ~ulletin. de Ia .classe des Lettres et des S~iences Moraleset Politiques 1-211991, 41 ff., sowte C. Mtcl~el, m: 1.-M. Durand (ed.), Man, Ebla et les Hourrites: dix ans de travaux (Amurru 1), Parts 1996, 385 ff. J'Vgl. zu den Routen J.-M. Durand, MARI 6 (1990) 45 ff.; zur Rolle von Tadme~/ Palmyra in diesem Verkehr vgl. H. Klengel, AAAS 42 (1996) !59 ff. sowie F. Joan.nes, m: J.-M. Durand (ed.), Mari, Ebla et les Hourrites; dix ans de travaux (Amurru 1), Parts 1996, 323 ff. 32Vgl. dazu H. Klengel, Syria 3000 to 300 B.C., Berlin 1992, 60 ff.
367
So nach der hier verwendeten "mittleren" Chronologie.
Jszum Folgenden vgl. H. Klengel, in: Fs. S. Alp, Ankara 1992, 341 ff. - Ein kürzlich veröffentlichter Brief ljattu~ilis '."eist offenb~r auf ausgedehntere Kontrolle obermesopotamischer Zentren durch dtesen Köntg, als das btsher angenommen werden konnte; s. M. Salvin~. SMEA 34 (1995) 61 ff. sowie ders., The Ijabiru Prism of King Tunip-TeMup of Tikunam, Rom 1996, 107 ff. Die hethitischen Großkönige, die sich selbst in einer besonderen Bezieh~ng zum w.etterg~tt vo~ Ijatti s~he~, wurden in Syrien/Obermesopotamien mit einer Dynastie konfro~ttert, dte gletchfalls tn emem engeren Verhältnis zum Wettergott stand, hier v.:ohl vorrangtg zu dem des obermesopotamischen Kumme. Dieser Aspekt könnte auch filr dte bes~nde.re Bewertung. des ~reign.i.sses in der hethitischen Tradition eine Rolle gespielt haben.• tn dt.e nu~ auch ltterartsc.he. Oberlieferungen dieses Raums einbezogen wurden; s. etwa Jetzt dte eptschen Texte, dte m - hurritischer und hethitischer Fassung - in Hattu~a entdeckt und jetzt von E. Neu, StBoT 32 ( 1996) bearbeitet wurden. In ihnen erscheinen als Ortsnamen nicht nur Ikakali, sondern auch Ebla und Nuba~~e; vgl. dazu auch E.Neu, in: J .M. Durand (ed.), Mari, Ebla et les Hourrites: dix ans de travaux (Amurru I) Paris 1996 189 ff. • • 3
35.
6zwischen Aleppo und
Mara~. vgl. die Literatur bei G.F. del Monte, RGTC 6/2 (1992)
H. Kiengel
Aleppo im vorantiken Syrien
die Hände, die nach ljatti gebracht, ausgeschmückt und noch bis zum Ende des Hethiterstaates kultisch verehrt wurde. 37 Das bezeugt nicht nur die Verehrung des Wettergottes von Aleppo an anderen Orten, sondern weist auch auf die Bedeutung hin, die ljalab nicht nur als Sitz eines starken Fürsten, sondern auch als Kultort des Wettergottes für die Hethiter besaß. ljattusili selbst konnte seine Erfolge nicht durch die Einnahme ljalabs krönen, sondern hinterließ das seinem Nachfolger Mursili I. als wesentliche Aufgabe. Dieser hat ljalab schließlich einnehmen können und darüber hinaus einen Feldzug den Euphrat abwärts bis nach Babyion unternommen. 38 Halab verlor die Rolle eines Großkönigtums, doch hinderten die Ermord~ng Mursilis I. und nachfolgende inneranatolische Auseinandersetzungen die Hethiter daran, ihre Kontrolle ljalabs und des nördlichen Syrien aufrechtzuerhalten. Zudem gingen im obermesopotamischen Raum Veränderungen vor sich, die zur Herausbildung des Königtums ljurri-Mittani führten, die sich gleichfalls in einer besonderen Beziehung zum Wettergott sahen und ihren Einfluß westwärts über den Euphrat hin ausdehnten. Über das weitere Schicksal von ljalab im Interessenfeld zwischen Mittani und dem unter den ersten Pharaonen der 18.Dynastie nach Syrien expandierenden Ägypten gibt es bislang nur wenig Hinweise. 39 Da ljalab auch weiterhin keine eignen Zeugnisse liefert, andererseits auch aus der Residenz der Könige von Mittani noch keine Zeugnisse zur Verfügung stehen, müssen neben den ägyptischen Inschriften wiederum Texte aus Alalah als Orientierungshilfe dienen. Hier hat die archäologische Schicht IV (15. Jh.) zahlreiche Wirtschaftsdokumente von Fürsten geliefert, die von Alalah aus den Staat Mukis regierten - als Untertanen der Könige von Mittani. Das aufschlußreichste Zeugnis dieser Zeit stammt aber nicht aus den Archiven die-
ser Fürsten, sondern ist die Inschrift auf einer Statue des Königs Idrimi. 40 Er war der Sohn eines Fürsten von ljalab, Ilim-ilimma, als dessen Vorgänger offenbar Sarra'el und Abba'el betrachtet wurden, wenn man der Inschrift des "dynastischen" Siegels des ldrimi folgt. 41 Offenbar war es in ljalab zu einer Verschwörung gekommen, die die Familie des Ilim-ilimma (nach dessen Tod?) zwang, die Stadt Halab zu verlassen. Der Prinz Idrimi flüchtete zunächst mit seinen Angehörigen nach Emar am Euphrat, dann aber allein - so seiner Inschrift zufolge - durch die syrische Wüstensteppe nach Kana'an, d.h. an die Küste des Mittelmeeres. Dort traf er Leute, die sich als Untertanen seines Vaters bezeichneten - vielleicht ein Hinweis darauf, daß auch zu dieser Zeit Kaufleute aus ljalab an Handelsplätzen der Küste aktiv waren; sie sollen aus Mukis an der Orontesmündung, Nigi/Nija am mittleren Orontes ~nd Ama'e im Westen ljalabs gewesen sein. 42 Als er schließlich nach einer Ubereinkunft mit dem Großkönig von Mittani - "nach sieben Jahren", der Text verwendet hier eine offenbar symbolhafte Zahi 43 - in den einstigen Herrschaftsbereich seines Vaters zurückkehren konnte, wurde Alalag seine Residenz. Wie es scheint, hatte Mittani die wichtige Stadt ljalab, die Stadt des Wettergottes, unter direkte Kontrolle genommen; Könige von ljalab werden nun nicht mehr erwähnt. Die Statueninschrift sowie Legenden von Siegeln auf Tontafeln aus Alalah weisen auf eine vorrangige Verehrung des Wettergottes, jetzt mit sei;em hurritischen Namen Tesub. Daß mit diesem speziell der mittanische Hauptgott gemeint war, also der des Oberherrn, ist wenig wahrscheinlich. Eher ist wohl an den Wettergott von ljalab zu denken, d.h. den der Residenz des Vaters. Im übrigen ist auch die Amanus-Region selbst des öfteren in Verbindung mit dem nordsyrisch-hurritischen Wettergott und seiner Familie bezeugt. 44 Inzwischen hatten die ägyptischen Pharaonen der 18. Dynastie ihren wirtschaftlichen Interessen in Syrien auch politisch Nachdruck verliehen. Schon
368
37 H. Klenge!, JCS 19 (1965) 90 ff.: VI. Soucek - J. Siegelovli, ArOr 42 (1974) 39 ff.: H.A. Hoffner, in: M.W. Chavalas- J.L. Hayes (eds.), New Horizons in the Study of Ancient Syria (BibMes 25), Malibu 1992, 102 f. In einem Vogelorakel der Großreichszeit, KUB XVIII 12 + KUB XXII 15, wird die Hauptstadt Ijattu~a sogar als "Stadt des Wettergottes von Ijalab" bezeichnet, s. zuletzt V. Haas, AoF 23 (1996) 78 ff. Dem Kreis des Götterpaares Wettergott von ljalab und ljeba(t) wurden in Ijatti mehr als 60 Gottheiten zugerechnet, vgl. V. Haas, Geschichte der hethitischen Religion, Leiden usw. 1994, 553 f. OrakelsprUche des Wettergottes von Ijalab waren auch jetzt noch von Bedeutung, vgl. dazu J. de Roos, JEOL 25 (1977/8) 67 ff.
38 Babylon war zu dieser Zeit bereits wieder ein territorial kleineres Königtum, besaß aber noch das Prestige, das ihm Ijammurapis Eroberungen verschafft hatten - zu einer Zeit, als Ijalab Bundesgenosse Babyions gewesen war. Vgl. dazu H. Klenge!, in: Fs. J.-R. Kupper, Liege 1990, 183 ff. 39 Vgl.
dazu H. Klenge!, Syria 3000 to 300 B.C., Berlin 1992, 84 ff.
40
369
Bearbeitung beiM. Dietrich und 0. Loretz, UF 13 (1981) 201 ff.
41 Dazu vgl. H. Klenge!, Syria 3000 to 300 B.C., Berlin 1992, 85 ff., sowie D. Collon, The Seal lmpressions from Tell Atchana/ Alalakh (AOAT 27), Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 197 5 • 165 ff. 42 Hier wie auch sonst bei einer Verwertung des Textes sind der literarische Charakter sowie wohl auch die späte Abfassungszeit der Statueninschrift zu berilcksichtigen.
43 Zur Siebenzahl hier und in anderen Texten s. schon M. Liverani, in: Fs. P.Giovanni Rinaldi, Genua 1967, 49 ff.
Vgl. schon I. Wegner, Gestalt und Kult der gtar-Sawu~ka in Kleinasien (AOAT 36), Kevelaer/Neukirchen-Vluyn 1981, 177 f. 44
370
H. Kiengel
Aleppo im vorantiken Syrien
Thutmosis I. soll bis an den Euphrat vorgestoßen sein, nachdem bereits Amenophis I. militärische Erfolge in Syrien vermelden konnte. 45 Einfluß auch auf den Raum von ljalab gewann Thutmosis 111., der während seines 8. Feldzuges am sogenannten "Wacholder-Hügel", wohl westlich von ljalab, mittanische Truppen besiegte und bis zum Euphrat vorstieß und diesen "umgekehrt fließenden" Strom zwischen Karkamis und Emar mit Booten hinabfuhr. Die mittanische Oberherrschaft in Nordsyrien konnte trotz ägyptischer Erfolge jedoch nicht gebrochen werden. 46 Das änderte sich erst, als - und diesmal aus dem Norden - eine andere Macht auf die nordsyrischen Ebenen übergriff: die der Hethiter. Wohl eingedenk der einstigen Erfolge ljattusilis I. und MursHis I. drangen hethitische Truppen des Großkönigs Tutgalija 1./11. 47 nach Nordsyrien vor. Wir wissen das durch eine spätere Überlieferung, die Einleitung eines Vertrags, den ein späterer hethitischer Großkönig, Mursili II., mit dem König von ljalab, Talmi-Sarruma, schloß. 48 Der historischen Einleitung des Vertrags zufolge 49 soll der König von ljalab - sein Name wird nicht genannt - zunächst mit Tutgalija Frieden gemacht, dann sich aber wieder auf die Seite von Mittani gestellt haben. Daher sollen sowohl Halab als auch Mittani angegriffen und vernichtend geschlagen und die St;dt ljalab selbst niedergerissen worden sein. Auch wenn dieser Überlieferung gewiß nicht wörtlich gefolgt werden darf, so könnte ljalab jedoch während dieser Zeit seine politische Bedeutung für eine längere Periode eingebüßt haben. Die Stadt war offenbar jetzt nicht länger Residenz eines Königs. Vielleicht aber war das auch - neben der traditionellen Rolle der Stadt als Kultort - ein Grund dafür, daß König Suppiluliuma I. von ljatti, als er um die Mitte des 14. Jh. ganz Nordsyrien eroberte, hier einen seiner Söhne als König einsetzte. Dieser Telipinu war zuvor schon zum Priester des Wetter-
gottes geweiht worden, und es war gewiß nicht Zufall, daß aus der Schar von Söhnen Suppiluliumas gerade er die Würde eines Herrschers von Halab 50 erhielt. Ein anderer Sohn Suppiluliumas, Pijassil - hurritischer Nyame: Sarri-Kusug, womit man zugleich dem gewiß starken hurritischen Bevölkerungselement in diesem strategisch und wirtschaftlich wichtigen Raum Rechnung trug - wurde König in Karkamis. Nach Telipinu hat sein Sohn Talmi-Sarruma den Thron von ljalab bestiegen. Er erhielt vom hethitischen Großkönig einen formalen Vertrag, der ihn zu Loyalität und Hilfeleistung verpflichtete (vgl.oben); politisch aber trat Halab immer mehr in den Schatten von Karkamis. Eine hieroglyphenluwis;he Inschrift des Talmi-Sarruma widmet sich dem Tempelbau für die Gemahlin und den Sohn des Wettergottes.51 Sie wurde in islamischer Zeit in die Mauer der Qiqan-Moschee Aleppos eingefügt; ihr genauerer Herkunftsort ist nicht bekannt. Halab blieb aber nicht nur wirtschaflich, sondern auch kultisch ein wichtigeys Zentrum des Landes. Als der hethitische Großkönig Muwattalli II. bei Qades am Orontes gegen Ramses II. von Ägypten um den Besitz Mittelsyriens (Amurru) stritt, kämpften Truppen aus ljalab auf hethitischer Seite. 52 Halab scheint damals von Fürsten regiert worden zu sein, die der Verwaltung durch den König von Karkamis unterstellt waren. 53 Einer von ihnen, Fürst ("Mann") von ljalab, ljalpa-ziti, war möglicherweise ein Nachkomme (Enkel?) des Talmi-Sarruma. 54 In das Ende der späten Bronzezeit (spätes
4
sVgl. den Überblick bei H. Klenge!, Syria 3000 to 300 B.C., Berlin 1992, 90 ff.
371
soVgl. zur Situation H. Klenge!, Syria 3000 to 300 B.C., Berlin 1992, 128. Halab und
Karkami~ scheinen als Residenzen hethitischer Könige zunächst noch den gleicl1en Rang besessen zu haben; doch die Position von Karkami~ insbesondere im Hinblick auf Obermeso-
potamien und das Vordringen Assyriens verlieh den Königen dieser Stadt dann immer mehr die Rolle von Vizekönigen des syrischen Teils des hethitischen Reiches. s•vgl. zur Inschrift I.J. Gelb, Hittite Hieroglyphic Monuments, Chicago 1939, no. 2, ferner Th. Bossert - E. Laroche, Syria 31 (1954) 225 f. und 33 (1956) 131 ff. 2
Da die Hauptstadt des Mittani-Staates, Wa~~ukkanni, bisher noch nicht sicher identifiziert und ausgegraben werden konnte, fehlt es an mittanischen Hinweisen auf die Rolle, die IJalab in dieser Zeit spielte. Ebenso bieten die Texte aus Alala!J IV, d.h. Idrimis und seiner Nachfolger, keine Informationen darüber. Es darf aber davon ausgegangen werden, daß die Bedeutung IJalabs als Kultort des Wettergottes fortbestand. 46
47 1m Hinblick darauf, daß die Existenz eines Tut!Jalija I. noch unbewiesen ist, wird dieser Tut!Jalija jetzt auch als Tut!Jalija I. bezeichnet; die ältere Bezeichnung ist jedoch noch üblich. 48
Überliefert in einer Niederschrift des Muwattalli II.; s. E.F. Weidner, Politische Dokumente aus Kleinasien, Leipzig 1923, 80 ff. 49
Dazu vgl. N. Na'aman, JCS 32 (1980) 34 ff., und H. Klenge!, in: Fs. S. Alp, Ankara 1992, 347 f.
s Vgl. dazu A.H. Gardiner, The Kadesh Inscriptions of Ramesses II., Oxford 1960, 58. Unter den Eidgottheiten des Friedensvertrages, den Ramses II. später mit Hattu~ili III. schloß, erscheint auch der Seih/Wettergoll von Ualab. ~ 3
s "Leute des Palastes von IJalab" werden in KUB XLII 103 (CTH 698) Kol. IV 15 erwäh?~· In einem Brief des Ramses II. an ljauu~ili 111. (KBo I 15 +, s. E.Edel, Die ägyptischhethitische Korrespondenz aus Boghazköi in babylonischer und hethitischer Sprache, Opladen 1994: Nr. 24, .Rs.17 ff.) wird für Ualba (wohl = Ualab) ein Statthalter (!akin) erwähnt in Verbmdung m11 dem Vorschlag, den abgesetzten hethitischen Großkönig Mur~ili 111./UrhiTdub dort zum König zu machen. Offenbar war nach der Verwaltung der Stadt durch Halpaziti (s.oben) eine Vakanz entstanden? ~ ~ Erwähnt im Brief IBoT I 34, s. dazu zuletzt A. 1-Iagenbuchner, Die Korrespondenz der Hethiter, 2. Teil (THeth 16), Beideiberg 1989, 313 ff. sowie zu den Personen dieses Namens Th. van den Hout, Der Ulmitdub-Vertrag (StBoT 38), Wiesbaden 1995, 186 ff.
4
Aleppo im vorantiken Syrien
H. Kiengel
372
13. und frühes 12. Jh.) gehören schließlich Texte, die in Emar, dem Euphratort an der Stelle des späteren Alt-Meskene, entdeckt worden sind. Für ein Ritual kann vielleicht eine Herkunft aus ljalab vermutet werden, und der Name des Wettergottes, "Herr (Baal) von ljalab", diente zur Bezeichnung eines Monats. 55 Als das hethitische Reich um 1200 v.Chr. zusammenbrach, kam es auch in dem zum Königtum Karkamis gehörenden nördlichen Syrien zu wesentlichen Veränderungen. Es gibtjedoch bislang keinen Hinweis darauf, daß ljalab von Gruppen der "Seevölker" erreicht und besetzt worden wäre. Größere Bedeutung gewannen jetzt aber zwei andere Bevölkerungen: Die aus Anatolien stammenden, schon zur Hethiterzeit im nördlichen Syrien ansässigen indoeuropäischen Luwier sowie die semitisch-sprachigen Aramäer, die 56 nun auch im nordsyrischen Kulturland stärker hervortreten. Ihre Zeugnisse werden für die nachfolgenden Jahrhunderte zur wichtigsten schriftlichen Quelle auch für die Geschichte des Gebietes von ljalab, bis dann die Keilschrifttexte der neuassyrischen Könige in Verbindung mit der assyrischen militärischen Expansion zum Mittelmeer Informationen liefern. Zunächst erscheint der Stadtname Halab in Verbindung mit dem Namen seines Wettergottes, luwisch Targun~a. in der hieroglyphenluwi_schen _Inschrift ein~r Stele, die 1994 bei Ausgrabungen in Tall A~mar (hethit.-luwisch Mazuwan, assyr. Ti! Barsip) östlich des Euphrat gefunden wurdeY Auch der auf zwei weiteren 58 erwähnte Tarhunza darf wohl als der Stadtgott von ljalab betrachtet werden. Deutlich ;ird damit die Kontinuität nicht nur des Wet-
ssD. Arnaud Textessyriens de I'Age du Bronze R~cent, Barcelona 1991 (Aula Orientalis, Suppl. 1), 43 (Nr. 15); G. Beckman, Texts from the Vicinity of Emar in the Collection of Jonathan Rosen, Padua 1996, Nr. 71.
373
tergottkultes, der sich noch bis in die antike Zeit verfolgen läßt, 59 sondern auch die Rolle, die Ijalab als vorrangiger nordsyrischer Kultort spielte. Wie es scheint, hatte die Stadt vor allem durch die hethitisch-luwische Bevölkerung eine Prägung erhalten, die auch nach dem Zusammenbruch des hethitischen Reiches erhalten blieb und sich dann mit dem aramäischen Einfluß verband. In der zweiten Hälfte des 9. Jhs. halfen Handwerker aus Halab bei der Errichtung eines Bauwerks des Fürsten Uratamis von Hamath, 60 woraus aber nicht zwingend auf eine Unabhängigkeit ljalabs geschlossen werden muß. Denn das politische Zentrum Nordsyriens hatte sich bereits nach dem nördlich von ljalab gelegenen Arpad (Tall Rifat) verlagert, das von einer aramäischen Dynastie regiert wurde und Hauptort des Staates Bit (A)giisi war. 61 Seit der Zeit des assyrischen Königs Assurna~irpal II. (883859) taucht dieses Fürstentum auch in den assyrischen Königsinschriften auf. ljalab selbst wird in diesem Zusammenhang nicht erwähnt; es scheint politisch im Schatten von Arpad/Bit Agiisi gestanden zu haben. Salmanassar III. (858-824) nennt in einem seiner Feldzugsberichte Halab als Kultzentrum, in dem er im Jahre 853, vor seiner ersten Auseina~dersetzung mit einer Koalition syrisch-palästinischer Fürsten, dem Wettergott Opfer darbrachte.62 Weder ein Fürst von ljalab noch ein militärischer Widerstand der Stadt werden erwähnt. Der Name des Hauptgottes Aleppos wird im Vertrag Assur-niraris V. (754-745) mit Mati'ilu von Arpad unter den göttlichen Zeugen genannt, 63 und ein Abkonunen, das um 750 v.Chr. ein gewisser Bargaya mit dem Fürsten Mati'ilu von Arpad schloß, enthält eine Regelung, die die fortdauernde Rolle ljalabs als bedeutendes kultisches Zentrum bestätigt. Es heißt hier ausdrücklich, daß selbst ein Flüchtling, der sich in ljalab aufhalte, keine Nahrung und keine Aufnahme erhalten, sondern gefangengenommen und ausgeliefert werden solle. 64 Das erinnert dar-
r:
S6Aramäer sind in Keilschrifttexten zunächst für das nordöstliche Randgebiet der SyrischArabischen Wüstensteppe bezeugt, vor allem den Bereich des Gabal ai-Bi~rl, das die älter~ Tradition als Land der Martu/Amurriter bezeichnete. Diese halbnomadischen Gruppen scheinen nicht immer eine eigene, noch tribal organisierte Bevö_l~erung da~ges~ellt zu haben, sondern waren vor allem durch ihre Lebensweise als nomad1s1erende VIehzüchter gekennzeichnet. Diese Form des Lebensunterhalls konnte in bestimmten Perioden charakterisierend sein, doch blieb der Kontakt zu den verwandten Gruppen im Kulturland erhalten. s1Vgl. dazu G. Bunnens, in: K. van Lerbergl_le.~ A: Schoors (eds.), Immigr~tion and_Emigration within the Ancient Near East (Fs. E. L1pmsk 1, Leuven 1995) 19 ff. D1e lnschnf~ erwähnt, daß Getreidespeicher unter den Schutz des Weilergolles von ljalab gestellt we1den sollten. ~ 8 Vgl.
G. Bunnens, a.a.O., 21 f.
~9zur Verbindung luwischer und aramäischer Traditionen in diesem Kult vgl. jetzt auch M. Butter, in: P.W. Haider- M. Huuer- S. Kreuzer (Hrsg.), Religionsgeschichte Syriens, Stuugart 1996, 116 ff. 60 Dazu zuletzt A.M. Jasink, Gli stati neo-ittiti. Analisi delle fonti scriue e sintesi storica Pavia 1995, 203. ' 61
Vgl. A.M. Jasink, a.a.O., 105 ff.
62 Vgl. dazu A.M. Jasink, a.a.O. 106 undebendazu weiteren neuassyrischen Zeugnissen für ljalab als kultisches Zentrum unter der Kontrolle von Arpad.
63
E. Weidner, AfO 8 (1932) 17 ff., vgl. die Übersetzung von R. B01·ger, in: 0. Kaiser (Hrsg.), TUAT 112 (1983) 155 ff. sowie zur Situation A.M. Jasink, a.a.O. 107 und 155 ff. Vgl. dazu H.S. Sader, Les ~Iais aram~ens de Syrie depuis leur fondation jusqu'A leur Iransformation en prov inces assyriennes, Beirut 1987, 134. 64
374
H. Kiengel
an daß Halab bereits in den Mari-Texten in Verbindung mit einer Asylge~ähru;g seines Wettergott-Tempels erwähnt ist (vgl. oben). Es wird jedenfalls deutlich, daß Halab auch weiterhin in der textlichen Überlieferung speziell als Kultort notiert wird, was jedoch nicht ausschließt, daß es zudem als regionales Wirtschaftszentrum eine Rolle spielte. Bei den Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Babyion wurden im Palast des neubabylonischen Königs Nebukadnezar II. (605-562) zwei Gefäße und eine Stele mit dem Bildnis des Wettergottes gefunden, alle mit hieroglyphenluwischen Inschriften versehen, die sie als Weihgaben für den Wettergott des Himmels bzw. von Halab ausweisen. 65 Sie könnten zu der Beute gehört haben, die Nebukadnezavr auf einem Feldzug im Lande ljattu (Nordsyrien) gemacht hatte, 66 falls sie nicht zuvor bereits nach Assyrien verschleppt und von dort später als Beute nach Babyion gebracht worden waren. Daß die Assyrer ebenso wie andere Eroberer auch kultisches Gerät und Götter bzw. deren Throne als Beute abtransportierten, zeigt auch ein Relief Tiglatpilesars 111. (744-727), das deutlich die Statue eines Wettergottes mit seinem Blitzbündel erkennen läßt, die auf den Schultern von Soldaten weggeführt wird. 67 Zur Zeit dieses assyrischen Königs wurde die Provinz Arpad eingerichtet, zu der auch ljalab gehört haben dürfte. Es läßt sich damit trotz des FehJens von aussagekräftigen Zeugnissen aus Aleppo selbst feststellen, daß die Bedeutung dieser Stadt vor allem in seiner Rolle als Kultzentrum, insbesondere des Wettergottes, bestanden hat. Hier ist eine über Jahrtausende währende Kontinuität zu erkennen, die auch später noch fortbestand, als die Stadt unter dem griechischen Namen Beroia bezeugt wird und sich die Gestalt des Wettergottes mit der des Zeus, dann auch des römischen Jupiter verband. 68 Politisch trat es, mehr als zwei Jahrtausende nach dem Ende des Großkönigtums Jambad, erst wieder hervor, als es Sitz arabisch-islamischer Fürsten wurde.
c.sR. Koldewey, Die hettitische Inschrift gefunden in der Königsburg von Babyion am 22. August 1899, Leipzig 1900; zur Inschrift insbesondere P. Meriggi, Manuale di eteo geroglifico, II/1, Rom 1967, Nrn. 324-326 sowie zuletzt A.M. Jasink, a.a.O., 108 ff. 66zu den Feldzügen Nebukadnezars II. in den syrischen Raums. zuletzt H. Klenget, Syria 3000 to 300 B.C., Berlin 1992, 231. Die Stele wird wohl kaum zu dem Tribut gehört haben, den die Fürsten von Ijatti/Nordsyrien dem babylonischen König entrichteten. Vgl. auch die hieroglyphenluwische Inschrift bei P. Meriggi, Manuale II (1975) 155, wonach der assyrische König den Wettergott von tialab weggetragen habe. 67
Das Relief ist nur schlecht erhalten und heute im British Museum ausgestellt.
Vgl. etwa die Darstellung des Wettergottes mit Blitzbündel und Doppelaxt aus dem syrischen Khaltan: E. Will, Syria 29 (1952) 60 ff., Taf. V. 68
ALEPPO ZWISCHEN ANTIKE UND ANFANG DES 20. JAHRHUNDERTS
Heinz Gaube, Tübingen
Kontinuität, Wandel, Bruch werden deutlich, vergegenwärtigen wir uns die Stadtentwicklung (Abb. 1). Zwischen dem Mittelalter und der Wende vom 19. zum 20. Jh. gab es geringfügige Veränderungen in der Stadtfläche, danach weitete sich die Stadt aus, und ihre Einwohnerzahl stieg von maximal 150.000 um 1900 auf heute über zwei Millionen. An die Stelle von stattlichen Innenhothäusern städtischer Aristokraten in der Altstadt traten protzige Neureichenpaläste in der nordwestlichen Peripherie. Bis zu diesen werde ich aber in meinem Beitrag historisch nicht vordringen. Sie und die ausgedehnten Neubauviertel für die mittleren und unteren Schichten sind ein Thema für sich. Ich häre also vor dem Bruch auf und skizziere den Wandel in Kontinuität. Aleppo ist eine der ältesten, kontinuierlich besiedelten Städte der Welt. Schriftlich ist die Stadt seit dem 3. Jahrt. v. Chr. belegt. Hätten Archäologen sich je die Mühe gemacht, an kritischen - und heute noch freien Stellen auszugraben, kämen wir sicher mindestens 2000 Jahre früher. Betrachten wir den Stadtplan (Beilage 2), so fällt zunächst westlich der Zitadelle (Beilage 2, A) ein regelmäßiges System von Gassen auf (Beilage 2, B). In ihm haben wir den Kern des zwischen 301 v. Chr. und 281 v. Chr. von Seleukos Nikator gegründeten Beroia zu sehen. Dieses System bildet eine Brücke zwischen dem gegenwärtigen Westtor der Stadt (Beilage 2, C) - und damit der vor ihm liegenden Talaue des Qweq - und der Zitadelle. Auf der Zitadelle sind vorhellenistische Funde gemacht worden (E. Herzfeld, 6 f.). Sie war also auf jeden Fall vor dem seleukidischen Beroia bebaut. Sollte sie die vorhellenistische Oberstadt gewesen sein, stellt sich die Frage: wo lag die Unterstadt - so es eine solche gab, was aber mehr als wahrscheinlich ist. Betrachten wir das hellenistische Gassenmuster, so fällt auf, daß es im Nordwesten (Beilage 2, D) nicht zu verfolgen ist. Hier liegt der Stadtteil alcAqaba, "der Hügel", der sich über den Rest der Altstadt bis zu 21 m erhebt. In diesem Gebiet hat schon J. Sauvaget den "Tell" von Aleppo vermutet.
Aleppo zwischen Antike und Anfang des 20. Jahrhunderts
H. Gaube
376
1100
Abbildung I: Stadtentwicklung zwischen Mittelalter und Neuzeit; Entwurf A. Gangler, unveröffentlicht.
1800
377
Und tatsächlich finden sich hier, vermauert in der kleinen, vom Grundriß her eigenartigen - und daher näherer Forschung werten - Moschee al-Qaiqän, vorhellenistische Reste. Die hellenistische Stadt spannte sich damit mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen die vorhellenistische Zitadelle und den unter al-cAqaba zu vermutenden Tell und schuf eine logische Verbindung zwischen der Zitadelle und der Flußaue des Qweq. Wie diese hellenistische Stadt ausgesehen haben mag, können wir nur unserer Phantasie überlassen. Wie weit sie sich nach Norden und Süden der Hauptachse erstreckte, ist schwer zu bestimmen. Im Süden wahrscheinlich bis zum Bäb Qinnasrln (Beilage 2, E), im Norden wohl bis auf die Höhe des Bäb al-Ginän (Beilage 2, F), womit auch die Westgrenze auf der Linie der heutigen Stadtmauer fixierbar wäre. Wie es im Osten aussah, entzieht sich unserer Kenntnis. Gehen wir davon aus, daß der hellenistische Tempel an der Stelle der heutigen Großen Moschee (Beilage 2, G) gelegen hat, und das Beispiel Damaskus sowie bald zu erörtende Argumente ermutigt dazu, könnte die Zitadelle in die hellenistische Stadtmauer eingebunden gewesen sein. Und das sich bald östlich der Großen Moschee verändernde Gassenmuster, das gegenüber dem hellenistischen um ca. 30 Grad nach Osten geknickt ist, könnte auch als Argument für eine vorhellenistische Unterstadt um die Zitadelle benutzt werden. Nach den Seleukiden verlor Aleppo, glauben wir den Texten, an Bedeutung. Auch materielle Reste bieten wenig. Antiochia überragte alles. Bald sollte auch das südöstlich von Aleppo gelegene Chalkis/Qinnasrln als Zentrum des römischen Limes gegen die Wüstensteppe und die Perser ernsthafter Konkurrent Aleppos werden. Ein mit größter Wahrscheinlichkeit römisches Kapitell haben wir im Nordosten extra muros gefunden, und manches spricht dafür, daß dieser Teil der Altstadt, neben dem Zentrum, unter den Römern eine Rolle gespielt hat. Schließlich heißt ein künstlicher Geländeeinschnitt vor der Stadtmauer nördlich der Zitadelle ljandaq ar-Rüm, der "Graben der Römer" (Beilage 2, H). Das bedeutet nicht, daß er durch die Römer angelegt wurde, aber auf jeden Fall, daß er vorislamischen Ursprungs ist. Er führt auf die die Stadt in nordöstlicher Richtung verlassende Verkehrsachse, die außerhalb Aleppos in einer von uns entdeckten Römerstraße nach Bäb ihre Fortsetzung fand. Aber auch nach Westen, nach Antiochia, war Aleppo über eine aufwendige Römerstraße verbunden, von der sich bis heute Reste erhalten haben. Weiter spricht viel dafür, daß die Frischwasserversorgung von Aleppo römischen Ursprungs ist. Mit ihr werde ich mich später beschäftigen. Das noch in keiner Weise erforschte Chalkis/Qinnasrln hatte in spätrö-
H. Gaube
Aleppo zwischen Antike und Anfang des 20. Jahrhunderts
misch-byzantinischer Zeit wohl Aleppo den Rang abgelaufen. Dennoch kann Aleppo in byzantinischer Zeit keine unbedeutende Rolle gespielt haben. Östlich und südöstlich der Stadt entstanden damals im Neusiedeiland viele kleinere Siedlungen und Städte, für deren wirtschaftliche Anhindung an Antiochia Aleppo der natürliche Umschlagsplatz war. Schließlich belagerte auch der Perserkönig ljosröu Anöservän 540 n. Chr. die Stadt, nahm sie ein und setzte sie in Feuer. Die Bevölkerung hatte schon während der Belagerung Zuflucht auf der Zitadelle gesucht. Das läßt Aussagen über den Zustand der damaligen Stadtmauer zu. Die Aleppiner scheinen ihr nicht getraut zu haben. Sie war wohl aus Lehm. Darauf gibt uns auch ein mittelalterlicher Historiker Hinweise (Ibn Saddäd, 16), der von "persischen" Ziegeln in der Stadtmauer schreibt. Auch sollten wir Procopius (Bel. Pers. II, 7,7-12) glauben - ich sehe keinen Anlaß dies nicht zu tun -, daß die Stadt offenbar im 6. Jh. n. Chr. aus leicht entzündbarem Material errichtet gewesen ist. Sonst hätte sie ljosröu nicht abbrennen lassen können. Nach dieser Katastrophe scheint Justinian im Zuge seiner genialen SyrienPolitik Aleppo die erste feste, steinerne Stadtmauer gegeben zu haben. Sie umfaßte den Kernbereich. Hier entstand wohl damals auch an der Stelle oder nahe dem Standort - des hellenistisch-römischen Tempels die Kathedrale, sicher nicht die erste in der Stadt, von der - oder ihren Nebenbauten sich Reste erhalten haben. Die Vororte im Osten waren in die Stadtmauer nicht eingeschlossen. In ihnen finden sich aber an verschiedenen Stelle byzantinische Reste, und auch spätere Historiker (Ibn as-Si~na, 66) schreiben von ehemaligen Kirche in diesen Teilen der Altstadt. Sind auch die materiellen und literarischen Zeugnisse schütter, spricht doch nichts dagegen, sich Aleppo zum Zeitpunkt der islamischen Eroberung im Jahre 636 n. Chr. als von einer festen Mauer umgeben vorzustellen, die im Westen wohl den gegenwärtigen Verlauf hatte, im Süden bis auf die Höhe der Zitadelle lief, diese nach Norden hin schnitt, also der Zitadelle die typische Randlage gab, und nördlich der Zitadelle auf die gegenwärtige Nordmauer stieß. Außerhalb der Stadtmauer lagen ausgedehnte Quartiere im Osten und Nordosten - und wohl auch im Südosten und Süden, von diesen wissen wir aber nur über schriftliche Quellen. Eine entscheidende Veränderung scheint das Zentrum des hellenistisch-römischen Aleppo in der späteren byzantinischen Zeit erfahren zu haben. Die Hauptachse zwischen Westtor und Zitadelle, die wir uns als breite Kollonadenstraße vorzustellen haben, wurde nach und nach zugebaut und verengt. Zeilen von kleinen Läden entstanden in ihr. Dieser Prozeß, den J. Sauvaget ( 1934) schon früh modellhaft dargestellt hat, ist in Aleppo zwar nicht archä-
ologisch nachweisbar, aber am Stadtplan zeichnet er sich ab. Hier, wie in anderen Städten des Größeren Syrien, wo sich archäologische Beweise für ihn finden, z.B. in Palmyra (noch nicht publiziert), spiegelt sich die veränderte Transportkultur wider, der Wagen machte den Tragtieren, Kamel und Esel, wieder Platz, breite Straßen wurden nicht mehr gebraucht. Das Öffentliche der hellenistischen Welt mit seiner Tendenz zur Selbstdarstellung des Bürgers und seiner Polis wich spätestens in byzantinischer Zeit einer "ReOrientalisierung", einer Introvertierung, wie sie auch noch die heutigen Städte des Vorderen Orients kennzeichnet. Der öffentliche Raum, seien das die Prachtstraße, die Agora, das Gymnasium, das Theater, wurde besetzt und baulich verdichtet. Die schon erwähnte veränderte Verkehrstechnologie war ein Grund, die sich wieder verbreitende "Orientalische Despotie", die dem Einzelnen nur die Flucht in das Kleinräumige, das Abgeschlossene als Rückzug ließ, ein politisch und sozial entscheidender, weiterer Grund. Der Bürger, der kein Bürger in unserem Sinn und im Sinne antiker westlicher Idealvorstellungen mehr war, verkroch sich oder schuf sich Sicherheit in der Engräumigkeit seiner beruflichen Welt im Süq/Bäzär, im abgeschlossenen Wohnviertel und im nach außen abweisenden Innenhofhaus. Nach der islamischen Eroberung 636 n. Chr. war Aleppo auch weiterhin nicht die Nummer Eins in Nordsyrien. Es war Teil der Provinzen QinnasrTn oder I:Iim~. Zwar wurde wohl, wie schriftliche Quellen bezeugen, Anfang des 8. Jh. der Ursprungsbau der Großen Moschee errichtet. Von ihm hat sich nichts erhalten. Aber in ihrem Grundriß hat die Große Moschee große Ähnlichkeit mit der Umaiyadenmoschee von Damaskus. Deshalb, und auch aus einfachen historischen Überlegungen, ist eine umaiyadische Gründung dieses Bauwerks sehr wahrscheinlich. Das Reich der Umaiyaden wurde durch die Abbasiden 750 zerschlagen. Damaskus, QinnasrTn, I:Iim~ und andere Städte des Größeren Syrien verloren an Bedeutung. Baghdad und der heutige Iraq wurden Zentrum eines Reichs, in dem nicht die Mittelmeerkultur, wie unter den Umaiyaden, den Ton angab - sondern der iranisch geprägte Orient. Es folgten, als Konsequenz des vorhersehbaren Zerfalls des Abbasidenreichs, Jahrhunderte der Herrschaft verschiedener islamischer Dynastien über Aleppo; und erst 944 gewinnt Aleppo unter der Dynastie der I:Iamdäniden den Aufschwung, der es bis in das frühe 20. Jh. prägte. Materielle Zeugnisse der I:Iamdänidenherrschaft in Aleppo sind einige Inschriftsfragmente. In der arabischen Kulturgeschichte sind die I:Iamdäniden aber fest verankert. In ihrem Palastbereich auf der Zitadelle förderten sie Dichter und Musiker. Hier entstand wohl auch eine neue Form der arabischen Dichtung, die "Gartenpoesie"; und hier entstand damals die Aleppiner
378
l
379
380
H. Gaube
Aleppo zwischen Antike und Anfang des 20. Jahrhunderts
Form der klassischen arabischen Musik, die bis heute die traditionelle arabische Musik bestimmt. In ihr gibt es nur zwei Stile, den "Aleppiner" und den "Andalusischen". So weit war Aleppo im 10. Jh. gekommen. Es war zum Zentrum von Kultiviertheit geworden. Es folgten dunkle Jahre. Die Byzantiner nahmen 962 Aleppo ein und richteten Zerstörung an. Ihnen folgte die Bedrohung durch die Kreuzfahrer, die aber die Stadt nie einnehmen konnten. Bis 1129 setzten sich die dunklen Jahre fort. In diesem Jahr kamen die Zengiden an die Herrschaft. Ihr bedeutendster Herrscher, Nür ad-Din (1146-1173), drängte die Kreuzfahrer zurück und scheute keine Mühe, Syrien und seine Nachbargebiete zu sanieren. In Aleppo erneuerte Nür ad-Din die Stadtmauer, die Zitadelle, die Große Moschee, die Süqs und die Wasserleitung. Mit ihm begann der endgültige Aufstieg Aleppos zur wichtigsten Stadt Syriens. Diesen Platz mußte Aleppo erst im frühen 20. Jh. an Damaskus abgeben. Die Zeit Nür ad-Dins war die "goldene" Zeit Aleppos, und spätestens damals wurde die Gestalt der Innenstadt in ihren bis heute überkommenen Grundzügen geprägt. Nicht nur gegen die Kreuzfahrer war er erfolgreich. Auch in der islamischen Religionspolitik war er konsequent sunnitisch im damals schiitisch durchsetzten Syrien; und im Geiste seiner Zeit führte er in der Baukunst eine Renaissance auf den Höhepunkt, die sich an Vorbildern der vorislamischen Antike orientierte. Beispiele für diese spätseldschukische Renaissance (dazu: Allen 1986) sind das Minaret der Großen Moschee von Aleppo (früheste Stufe 1090 und von Nür ad-Din vollendet) sowie die in der Zeit Nür ad-Dins enstandene Moschee a~-sucaiblya, deren Architrave auf den ersten Blick römisch wirken. Diese Tendenz, sich an vorislamischen Formen und Vorbildern zu orientieren, war nicht auf Aleppo beschränkt. Wir finden sie in Bauten Nür ad-Dins in Damaskus; und das ganze Gebiet östlich von Aleppo, bis hin nach Diyarbakir/Amida war von ihr ergriffen. Ich deute sie als Indikator für den endgültigen Zerfall des Kalifenreichs -und damit einer Islamischen Welt -und das Aufkommen von Lokaldynastien, die ihre Identität in der lokalen künstlerischen Tradition zu finden versuchten (Gaube 1982). Nach den Zengiden gelangten die Aiyubiden unter dem legendären Saladin 1183 in Aleppo an die Macht. Saladin übertrug die Herrschaft über Aleppo seinem Sohn Gäzi (1186-1216), unter dem der Wohlstand und die Blüte Aleppos sich fortsetzten. Er entwickelte eine rege Bautätigkeit und erweiterte das Wasserleitungssystem. Neue Vororte entstanden außerhalb der Mauern, die Stadtmauer wurde verstärkt, die Zitadelle vollständig neu aufgebaut, die Süqs wurden vergrößert, um den wachsenden Handel Aleppos und seiner
Stellung als eine der Handelsmetropolen des Mittelmeerraums gerecht zu werden, was z.B. Handelsverträge mit Venedig seit 1207 bezeugen. Zahllose weltliche und religiöse Bauten entstanden in dieser Zeit. Die Wasserleitung wird in der lokalen Überlieferung der Mutter des Kaisers Konstantin d. Gr. (324-337) als Bauherrin zugeschrieben. Wie schon erwähnt, gehe ich von einer römischen Gründungszeit aus, und die Gleichsetzung mit Helena liegt einfach darin, daß das Wasser für Aleppo aus der ca. 12 km nördlich der Stadt gelegenen J:Iailän-Quelle über Kanäle, Aquädukte und durch in Felsen gehauene Tunnel in die Stadt gebracht wurde. Eine erste genaue Beschreibung der Wasserversorgung von Aleppo verdanken wir dem Historiker Gäzls, Ibn Saddäd. Das System erfaßte alle Teile der Stadt intra muros und die südöstlichen Teile extra muros und brachte in steingfaßten Kanälen und Keramikröhren das Wasser der J:Iailän-Quelle zu vielen öffentlichen Bauten, Brunnen, Reservoirs und Privathäusern. Und wie Gäzl in der Nachfolge Nür ad-Dins die Infrastuktur Aleppos verbesserte, führte er auch seine Renaissance in der islamischen Architektur weiter. Unter ihm und seinen Nachfolgern enstanden Bauwerke von klassischer Klarheit und Schönheit wie die Madrasa ai-Firdaus südlich außerhalb der Stadt. Dieser Blütezeit unter Gäzl und seinen Nachfolgern folgte ein Einbruch. Die Mongolen nahmen Aleppo 1260, plünderten und zerstörten. Sie wurden im selben Jahr von den 1250 in Ägypten an die Macht gekommenen Mamluken aufgehalten, welche die Geschicke Aleppos für die nächsten 258 Jahre bestimmen sollten. Unter den Mamluken gingen auch noch das heutige Bild der Altstadt prägende Veränderungen vor sich. Eine neue, größtenteils von Christen bewohnte Neustadt entstand im Norden (Beilage 2, 1). Die Stadtmauer wurde nach Osten hin erweitert, und gänzlich restauriert. Fast jeder Turm und jedes Tor zeugen von diesen Maßnahmen. An kaum einem Tor finden sich nicht-mamlukische Inschriften. Auch das Wasserversorgungssystem wurde verbessert und schloß - im Gegensatz zur aiyubidischen Wasserleitung - die Gebiete außerhalb der Mauern ein. Fraglos eine Reaktion auf die Verdichtung der Quartiere extra muros. Das war natürlich nicht möglich, ohne die Erschließung neuer Wasserressourcen. Die fand man nördlich von J:Iailän in Sägür; und seit ca. 1300 besaß Aleppo ein Wassersystem, dem eine eigene Geschichte wert wäre. Aber auch in den Wohnvierteln scheint die mamlukische Verwaltung Veränderungen gebracht zu haben. Gab es vor den Mamluken nur drei Freitagsmoscheen, die Große Moschee, die Moschee in der Zitadelle und eine Freitagsmoschee im Osten, wurde unter den Mamluken mit dieser Tradition ge-
381
H. Gaube
Aleppo zwischen Antike und Anfang des 20. Jahrhunderts
brachen. Zahlreiche neue Moscheen mit Freitagsmoscheestatus entstanden als Zentren kleinerer administrativer Einheiten in der Stadt. Auch die Innenstadt sowie ihr Zentrum, der Siiq, erfuhren über die mehr als zweihundertjährige Herrschaft der Mamluken bauliche Bereicherung und strukturelle Veränderung. Während bis in die vormamlukische Zeit ljäne oder Karwanserais in der Peripherie des Siiqs lagen, entstanden gegen das Ende der Mamlukenzeit ljäne mitten im Siiq. Waren vorher ljäne Zwischenlage, wurden sie nun zu Groß- und Fernhandelszentren mitten im wirtschaftlichen Herz der Altstadt. Welche Wurzeln diese grundsätzliche strukturelle Entwicklung hat, ist noch ungeklärt. Sie scheint in Iran vorweggenommen worden zu sein, denn dort sind schon innerstädtische ljäne für die Mitte des 11. Jh. belegt (Gaube-Wirth 1978, 49). Der gegen Ende der Mamlukenzeit sich verstärkende Handel Aleppos mit Iran, Aleppo wurde zum Hafen iranischer Seidenexporte, kann darin eine Rolle gespielt haben. Was unter den Mamluken im Siiqbereich begann, fand unter den osmanischen Türken, die in der ersten Hälfte des 16. Jh. Aleppo und mit ihm Syrien, Ägypten und Gebiete westlich von Ägypten einnahmen, Vollendung. Das Ostgeschäft reizte. Aleppo hatte plötzlich einen Wirtschaftsraum zur Verfügung, den es vorher nie besessen hatte. Das ganze, riesige Osmanenreich hatte sich ihm geöffnet. Das begriffen die Aleppiner, und es begriffen türkische Funktionäre, die riesige Grundstücke im Süden der Hauptachse des Suqs in ihr Eigentum brachten und wie ihre mamlukischen Vorgänger, aber in größerem Umfang, ljäne und mit ihnen verbundene Bazarbauten errichteten (Gaube-Wirth 1984, 126-139). Sie bestimmen heute noch das Bild der Innenstadt von Aleppo. Der Handel mit dem unter den Safaviden ( 1502-1722) zentralisierten Iran wuchs. Die sogenannte "Seidenstraße" hatte eine ihrer Mündungen in Aleppo. Aleppo war der Wüstenhafen zum Mittelmeer, die Drehscheibe von Handelsstrategie und Finanz zwischen Istanbul, Smyrna, Alexandria, Triest, Livorno und Marseille. Europäer wurden in Aleppo ansässig. Sie bauten Wohnungen europäischen Stils in die großen osmanenzeitlichen ljäne. Die über eine halbe Million Dokumente von zwei dieser Familien erforschen wir gerade. Es sind einund ausgehende Briefe in verschiedenen orientalischen Sprachen: arabisch, osmanisch, armenisch, levantinisch und europäischen Sprachen, GeschäftsJournale, Lagerbücher, später Telegramme und Telegrammkopien, die zeigen, daß in der zweiten Hälfte des 19. Jh. unsere Aleppiner Familien kräftig an den amerikanischen Baumwollbörsen mitmischten. Es wäre wunderbar, hätten wir auch die internen Schriften der osmanischen Investoren. Von ihnen wissen wir nur, was sie wann -und zu welchen Bedingungen - in das damals blühende Aleppo investiert haben.
Dieser Reichtum schlug sich natürlich auch im privaten Bereich, in den Wohnbauten nieder. Prächtige Stadtpaläste entstanden. Damals boomte Aleppo. Erst gingen noch die großen Investitionen in die Altstadt. Bald wurden aber europäische Einflüsse merkbar. Sie manifestieren sich in einer Ringstraße um die Altstadt, die zwischen 1893 und 1900 auf dem aufgeschütteten Graben vor der Stadtmauer angelegt wurde. Hier enstanden Bauten, deren Fassaden nicht nach innen - sondern nach außen gerichtet waren. Und ab 1929 fuhr hier eine Straßenbahn. Dieser Bruch von Innen nach Außen wurde noch deutlicher in den seit Ende des 19. Jh. erschlossenen Neubaugebieten im Westen und Nordwesten der Altstadt. Auch hier war Aleppo vielen Städten des Orients voran. Nicht unter kolonialem Einfluß entstand eine Neustadt. Dieser Einfluß wurde in Aleppo vorausgenommen. Appartementhäuser wurden gebaut, deren Wohnungen im Grundriß eine Verschmelzung zwischen dieserneuen Lebensform und der gewohnten Lebensform um den Innenhof bildete. Diesen ersetzte, wie in den libanesischen Häusern des 19. Jh., eine zentrale Halle - oder ein zentrales "Wohnzimmer", von wo aus die übrigen Räume erschlossen wurden.
382
383
BIBLIOGRAPHIE
Allen 1986 Gangler 1993 Gaube 1982
Gaube- Wirth 1978 Gaube- Wirth 1984 Sauvaget 1934 Sauvaget 1941
T. Allen, A Classical Revival in lslamic Architecture, Wiesbaden 1986. A. Gangler, Ein traditionelles Wohnviertel im Nordosten der Altstadt von Aleppo, Tübingen/Berlin 1993. H. Gaube, Geschichte, Altertümer und Archäologie in den Kernländern des Islam, in: Archäologie und Geschichtsbewußtsein (Hrsg. H. Müller-Karpe), München 1982, 84-103. H. Gaube und E. Wirth, Der Bazar von Isfahan, Wiesbaden 1978. H. Gaube und E. Wirth, Aleppo, Wiesbaden 1984. J. Sauvaget, Esquisse d 'une histoire de Ia ville de Damas, in: Revue des Etudes Islamiques 8, Paris 1934, 422-480. J. Sauvaget, Alep, Paris 1941.
DIE HISTORISCHE STADT DAMASKUS KONTINUITÄT UND WANDEL DER STÄDTEBAULICHEN STRUKTUREN
Dorothee Sack, Frankfurt
Bei der Analyse der städtebaulichen Entwicklung von Damaskus fallen einige Phänomene ganz besonders ins Auge 1• Zum einen wuchs die Stadt nicht - wie sonst vielfach die Regel - konzentrisch um ein früh angelegtes Zentrum, sondern in Damaskus erfuhr das Zentrum eine mehrfache Verlegung innerhalb des spätestens seit der Antike von einer Mauer umschlossenen Stadtkerns. Zum anderen wurden, nachweisbar seit der Römerzeit, Straßenachsen angelegt oder ausgebaut, um Stadtquartiere zu erschließen, in denen, wie im südlichen Teil der Altstadt, zunächst nur öffentliche Gebäude errichtet wurden. Die örtliche Kontinuität des Hauptkultplatzes ist dagegen bis heute erhalten geblieben - sie bildete bis zum ausgehenden 19.Jh. immer den Ausgangspunkt für alle städtebaulichen Entwicklungen. Dagegen wurde aber ein Teil des Marktbereiches oder der Basarzone im Laufe der Entwicklung der Stadt von seiner ursprünglichen Lage auf der Ostseite des Kultplatzes zunächst auf dessen Südseite und dann an dessen Westseite verlegt. Die Entwicklungs-
1
Der vorliegende Aufsatz basiert auf der folgenden Arbeit: D. Sack, Damaskus. Entwicklungen und Struktur einer orientalisch-islamischen Stadt, Damaszener Forschungen I (Mainz 1989), zitiert als Damaskus (1989). Die Verweise darauf und die dort geführten weitergehenden Diskussionen erfolgen jeweils nur einmal zu Beginn einer neuen Fragenstellung. Anknüpfend an die Überlegungen zur frühen Stadtentwicklung von Damaskus, von J. Sauvaget, Esquisse d'une histoire de Ia ville de Damas, Revue des Etudes Islamiques 8, 1934, 421 -472, ders. Le plan antique de Damas, Syria 26, 1949, 314-358, haben sich in jüngster Zeit die französischen Kollegen erneut mit diesen Fragen auseinandergesetzt, E. Will, Les villes de Ia Syrie A l'~poque hellenistique et romaine, in, J.M. Dentzer, W. Orthmann (Hrsg.), Arch~ologie et histoire de Ia Syrie II (1989) 223-250, M. Dodonet, J. Leblanc, J.P. Vallat, F. Villeneuve, Le paysage antique en Syrie: l'exemple de Damas, Syria 67, 1990, 339-355Taf.l-12. VorallemE. Will, Damasantique,Syria71,1994,1-43,setztsich in seinem sehr breit angelegten Aufsatz eingehend mit unseren nach morphologischen und stadttopographischen Gesichtspunkten erarbeiteten Plänen zur frühen Stadtentwicklung auseinander und hebt die Ergebnisse hervor, die auf Feldforschungen basieren (z.B. die Untersuchungen und Beobachtungen in Quartier Bäb Tümä).
D. Sack
Die historische Stadt Damaskus
richtungdes Stadtkerns nach Westen wurde im Mittelalter anlegt, sie ist seit dem 16.Jahrundert deutlich ablesbar. Eine Erklärung für die Entwicklung der Stadt in Richtung Westen ist wohl in der morphologischen Situation von Damaskus begründet. Die Stadt ist in eine Bergrandoase, die Gü(a, eingebettet, die von den sieben Flußarmen des Baradä durchzogen wird2 • Seinem Wasserreichtum verdankte schon die frühe Ansiedlung ihre Entstehung und Existenzmöglichkeit Der wohl ehemals sumpfige Teil der Flußaue schließt im Osten direkt an die Stadtmauer an. Er liegt 10m tiefer als der westliche Teil der Altstadt und weist bis heute nur eine geringe Bebauungsdichte auf. Ein weiteres Phänomen ist die Verdichtung des städtischen Raumes innerhalb des Stadtkerns durch die Überbauung städtischer Freiflächen. Auffallend ist dabei aber, daß trotz der Maßnahmen zur Verdichtung bis heute zwei größere Gartenzonen im Südosten des Stadt unbebaut geblieben sind 3 . Die Freiflächen in denen heute - wohl entsprechend der historischen Nutzung - zum Teil noch Feldfrüchte angebaut werden, sind als innerstädtischen Fortsetzung der Gü(a anzusehen. Östlich und westlich des südlichen Teiles des Cardo gelegen, sind sie im Stadtplan deutlich ablesbar (vgl. Abb. 5). Möglicherweise hängt das ebenfalls mit der morphologischen Situation zusammen, denn diese Zonen liegen auf der gleichen Höhe wie die im Osten anschließenden Sumpfgebiete.
vaget, entsprechend den morphologischen Besonderheiten im heutigen Stadtgebiet, im Bereich der östlich und südlich des Tempels gelegenen Hügel (Abb. 1)5 • Zwischen ihnen führte ein Verbindungsweg hindurch, der den westlichen mit dem östlichen Teil der Gü(a verband, eine Funktion, die bis heute ablesbar und erhalten geblieben ist. Ausgehend von diesen Determinanten wurde der erste Stadtplanerische Eingriff wohl auf der dem Baradä zugewandten Seite dieser Agglomeration vorgenommen, als hier ein geplantes Stadtquartier als hellenistische Kolonie angelegt wurde (Abb. 2)6 . Diese erste Planung scheint somit Rücksicht auf die vorhandenen Strukturen genommen zu haben, ein Vorgehen, das in der Zeit als Damaskus Teil des Römischen Reiches war, nicht mehr in dem Maße erfolgte. Dann wurden vielmehr, entsprechend den hippodamischen Planungsprinzipien, durchgehende Straßen anlegt, allerdings ist es unklar welche der geplanten Straßenachsen wirklich gebaut wurden (Abb. Jf. Möglicherweise sind die älteren Quartiere, gemeint sind die aramäischen Siedlungshügel, nicht überplant worden und damit an diesen Stellen der Stadt die älteren, genauer die nicht so regelhaften altorientalischen Straßenstrukturen erhalten geblieben. Diese Beobachtung ist insofern von Bedeutung, weil die Stadtplaner der Antike ansonsten durchaus mit Schwierigkeiten umzugehen verstanden, wie der zweifache Richtungswechsel des Decumanus zeigt. Klarer ist der Aufbau der Tempelanlage. Sie war wohl der semitischen Tradition folgend zweizonig und bestand aus dem inneren Tempelbereich (Temenos) und dem äußeren Tempelbereich (Peribolos), der in der Zeit als Damaskus Teil des Römischen Imperiums war, in der heute noch im Stadtorganismus ablesbaren Form ausgebaut wurde (Abb. 5). Die Umfassungsmauer des Ternenos ist als Außenmauer der Großen Moschee erhalten und seit ihrer gewaltsamen Freilegung im Jahr 1983 wieder in Gänze sichtbar8 .
386
EINIGE ASPEKTE DER ENTWICKLUNG UND VERÄNDERUNG DER HISTORISCHEN STADT DAMASKUS
Ausgangspunkt der Entwicklung der städtischen Agglomeration von Damaskus ist der wahrscheinlich in aramäischer Zeit, etwa um 1100 v.Chr. angelegte, zunächst dem Wettergott Hadad geweihte Tempelbereich. Er wurde wohl entsprechend der Kontinitität der an dieser Stelle nachfolgenden Kultbauten auf einer terrassenähnlichen Fläche südlich des Baradä errichtet, an der dann in römischer Zeit der Tempel des Jupiter Damascenus stand und heute die von den Umaiyaden gebaute Große Moschee steht4 • Die aramäische Siedlung vermuten wir, entgegen der Meinung von E. Will und J. Sau-
Zur Gu{a und zum Baradä s. Damaskus (1989) 5.
2
Zu den Gartenzonen s. Damaskus (1989) 68 Abb. 10.
3
387
szur aramäischen Siedlungs. Damaskus (1989) 7-9. E. Will, Syria 71, 1994, 19. 4 bezeichnet die Hügel als natürliche Erhebungen oder als Reste wichtiger Gebäude. Dagegen steht allerdings die ausgeprägte Tell-Form, die vor allem bei den westlichen Hügeln bis heute ablesbar ist, bisher aber nicht archäologisch untersucht werden konnte. E. Will greift stattdessen die Darstellung von J. Sauvaget, Revue des Etudes Islamiques 8, 1934, 441 Abb. 6 auf und nimmt die aramäische Siedlung im Westen der Stadt an. Für eine solche Interpretation könnte nur die Tatsache sprechen, daß der Westen in römischer Zeit wohl nicht überplant wurde (oder wegen der vorhandenen Siedlungen nicht überplant werden konnte?). 6zur hellenistischen Kolonie, Damaskus (1989) 9-14. 7
Zum Tempel und zur Großen Moschee s. Damaskus (1989) 7 f., II, 14-16, 54 f. S. Freyberger, Untersuchungen zur Baugeschichte des Jupiter-Heiligtums in Damaskus, Damaszener Mitteilungen 4, 1989, 61-86 Taf. 17-28. 4
Zur römischen Stadt s. Damaskus (1989) 14-16. Freyberger (s. Anm. 4) 86.
8Zu den Veränderungen in der Stadt, T. Akili, D.R. Frank, D. Sack, Das Damaskus der Denkmalpflege, Bauwelt 40, 1986, 1516-1538.
V.J 00 00
I'~~~~~~~~ I
0 Cll
~
;>';"
ns
.
f;.\."'A.St •~ e :t~ T CliR stlt!Ci'TU!UEI-J.a5THD 'tllm uO
-· ... _11
...
W'W~
Abbildung 1: Damaskus, Plan der aramäischen Siedlung (M. 1: 12.500) nach: Damaskus (1989) 8 Abb. 1.
rs
0
(ii
::r
"'
0 ...., v;·
"
('.)
::r (!) ~
l'.:l
2;
:2~
0
l'.:l
~--~----------~--~
+-------- _
_u
I
SC!It::ll~.l!t!Ek-J.a37.1.11D
... ~
10:1!!
nce ·~
W'~
... _
--,-~---------::,-----------::,:-----------,-----;-----:------'-----_u;-_-_-~--=;-·
Abbildung 2: Damaskus, Plan der hellenistischen Siedlung (M. 1:12.500) nach: Damaskus (1989) 10 Abb. 2.
~
.- -
---~
l'.:l
""c:
,I
;>';"
nl
"'
1
·~
a
.I'I 1
I
-----.~--~
V.J 00
\0
390
D Sack
Die historische Stadt Damaskus
391
Von der Umfassungsmauer des Peribolos, der in der Zeit der Erbauung, möglicherweise im Zusammenhang mit kultischen Festen, als Marktbereich genutzt wurde, sind außer den Eingängen im Westen und Osten noch der südliche Zugang der Gamma-förmigen Marktstraße - sie schloß auf der Westseite an den Peribolos an - erhalten geblieben. In der gleichen Zeit wurde auch der weiter südlich verlaufende Verbindungsweg zu einer Kolonnadenstraße, als Decumaus, der sog. via recta, ausgebaut und damit das südlich anschließende Stadtquartier erschlossen, in dem zunächst öffentliche Gebäude wie ein Theater und ein heute nicht mehr nachweisbares Gymnasium angelegt wurden 9 • Eine zweite, wohl schon in hellenistischer Zeit angelegte Straßenachse wurde ebenfalls als Kolonnadenstraße ausgebaut; sie verband den Peribolos mit der weiter östlich gelegenen
Agora. Eine erste tiefgreifende Veränderung erfuhr der Stadtorganismus, als in byzantinischer Zeit die äußere Tempelzone zur Überbauung freigegeben wurde (Abb. 4) 10 • Um die Zugängigkeit des Kultplatzes zu erhalten - inzwischen wurde die Cella des Tempels als Kirche genutzt-, wurden die Eingänge des Peribolos mit denen des Temenos durch Kolonnaden verbunden. Teile dieser Kolonnaden sind an der West-, der Nord- und der Ostseite erhalten geblieben. Im südlichen Teil des Peribolos ließ sich keine Kolonnade nachweisen. Möglicherweise führte das prunkvolle, von Septimius Serverus errichtete Südportal des Temenos dann zu dem hier angelegten, nur aus Quellen bekannten Palast. Entsprechend der Kontinuität gleichartiger Bauten wird er wohl an der Stelle gelegen haben, an der der byzantinischen Tradition folgend, auch im Mittelalter der Palast, Qa~r al-lja~lrä" lag. Wie neue Feldforschungen gezeigt haben, nahm sein Areal wohl den südöstlichen Teil des Peribolos ein 11 • Die Überbauung des Peribo/os-Bereiches ist die erste städtebauliche Maßnahme, die in byzantinischer Zeit zu einer Verdichtung des innerstädtischen Raumes führte. Gleichzeitig wurde mit der teilweisen Überbauung von Straßenachsen begonnen - wie nachzuweisen an der via recta - und damit die antiken Stadtstrukturen verändert. Dennoch bleibt die Anlage bzw. der Ausbau von Straßen zu Kolonnadenstraßen noch weit über die Antike und Spätantike hinaus bestimmend für die Entwicklung von Damaskus.
9 Zu den antiken Quellen, Th. Weber, Damaskös Pölis Epfsemos, Damaszener Mitteilungen 7, 1993, 135-176, zum Theater und Gymnasium speziell 160-164.
10 11
Zur byzantinischen Stadt s. Damaskus (1989) 16-18.
Zur Palastanlage s. Damaskus (1989) 16, 19-21 Ahb. 6.
(.;j
\0 N
~ '
".---
:
~
''---~
lol.l..:f.?t'ER!.J..UP
I. I·. . 'I '---..,1 ~ '=---;..
'"""-" --,_---
tF ;;:;;
~,_:_: __:)!_
-~-- ---~:/7-::-
--,-
-r~\ ""-;::_ -~~ --........._ '\
-r-:Jl"-'-,:;;"~\\)')\.'• V
>r '4\/fi'' -~ l ;. l
/
'I
\'t____-
~
Y1 :;u:;
~
'
i /
0 z:[WJ.SSUiJ..ElTUH
-' ... ,,,
(/) I"
r:.:._
(')
:>;"
l1 I
Abbildung 4: Damaskus, Plan der byzantinischen Stadt (M. 1: 12.500) nach: Damaskus (1989) 17 Abb. 5.
0 0
Legende zu Abbildung 4: 1 J ohanneskirche 2 Kirche Maqsallä~ al-Bäris/'St. Sergius auf Maxillaton' 3 Manenkirche 4 Kirche 5 Pauluskirche 6 Ananias-Kapelle und Kreuzkirche 7 Kirche im Quartier al-G!niq 8 Synagoge (Moschee al-Alfm.ar) 9 Thomaskirche (Moschee as-Saq!fa) 10 Kirche beim Haus Nu"män 11 Kirche/Neue Johanneskirche (Moschee az-Zainab!ya)
~
"' 0 ...,
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
Nikolauskirche (Moschee at-Tankiz!ya) Kirche des Hl. Johannes von Damaskus Jakobitellkirche Jakobitellkirche Kirche im Där al-Big!Q I St. Zyprian und Justine Kirche gegenüber dem Haus Lagläg Kirche al-Qalänis Kirche beim Haus al-MäSikl (Madrasa al-Mismäriya) Kirche am Eingang der r;:>arb an-NiqäSa Qaus al-Haräb
c:;;· (')
;::,(!)
(/)
I"
e:-
0
a"" "'"" = "' :>;"
w \0 (.;j
394
Die historische Stadt Damaskus
D. Sack
395
In der Zeit der Zengiden, unter der Herrschaft Nür ad-Dln Ma~müd's (2. Hälfte 12.Jh.) konzentrierten sich die Basarzonen auf die beiden ehemaligen Kolonnadenstraßen 12 • Auffallend ist, daß sich östlich der Großen Moschee - im Bereich der ehemaligen 1. Kolonnadenstraße - der Markt für Güter für den langfristigen Bedarf und gehobene Ansprüche, für Investitions- und Luxusgüter befand, wogegen an der via recta im wesentlichen Güter für den täglichen Bedarf und Lebensmittel angeboten wurden (Beilage 3). Erste Nachweise gibt es auch für den Gewürzmarkt (Süq al-Buzürrya Nr. 6) und für Aktivitäten in der westlich benachbarten Straße, die beide auf römische Straßenachsen zurückgehen und im 17., 18. und 19. Jh. an Bedeutung gewinnen sollten. Hier entstanden zu Beginn der Osmanenzeit eine Reihe von Großhandelsbauten, ijän-Anlagen, und schließlich konzentrierten sich die Handelsaktivitäten auf diesen Bereich, der den Basar östlich der Großen Moschee dann endgültig ablöst 13 . Mit der Verlagerung des Marktes in diesen Teil der Stadt wurde nun auch die Große Moschee umorientiert, denn fortan wurde der Westeingang der Moschee zum Haupteingang der zentralen Kultstätte. Eine Aufwertung erfuhr dadurch auch der Bereich zwischen der Moschee und der Zitadelle, die ihrerseits mehr als bisher in den Stadtorganismus integriert wurde. Auf diese Weise wurden die Veränderungen im Stadtorganismus vorgenommen, die den Ausgangspunkt für die weiteren Entwicklungen bildeten und die Ausweitung der Stadt Richtung Westen, mit dem im 19.Jh. angelegten neuen städtischen Zentrum am Marg-Platz, vorbereiteten 14 . AUFFALLENDE STÄDTEBAULICHE STRUKTUREN
In die Pläne der rekonstruierten hellenistischen, römischen und byzantinischen Stadt Damaskus sind jeweils nur diejenigen der heute vorhandenen Straßenachsen eingezeichnet, die möglicherweise auf historische Planungen zurückgehen. Ausgespart ist dabei das sogenannte Nabatäer-Viertel, das sich wohl östlich an den Bereich des Agora anschloß 15 • Die hier heute sichtba-
11
•n bl)
§ :9
~
Zum Basar zur Zeit von Nür ad-Din Mal.unüd s. Damaskus ( 1989) 24 f.
uzu den Veränderungen in der Stadt und den {/än-Anlagen in osmanischer Zeit s. Damaskus (1989) 33-38. 14 D. Sack, The historic tllbric of Damascus and its changes in the 19th and at the beginning of the 20th century, in: Proceedings of the Secemd Conference on the Syrian Land, July 18-22, 1995, in Erlangen (im Druck). 1
~Zum
Nabatäer-Viertel s. Damaskus(l989) 11, 14.
396
I 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
D Sack
397
ren Stadtstrukturen wurden bisher, vor allem von J .Sauvaget und seinen Nachfolgern, zum Ausgangspunkt der Rekonstruktion des antiken Straßennetzes genommen 16 • Neue Feldforschungen haben aber ergeben - wie noch dargelegt wird -, daß diese Annahme nicht haltbar ist. Die Analyse des Stadtgrundrisses hat gezeigt, daß die beiden zu Kolonnaden ausgebauten wichtigen historischen Erschließungsachsen, der Decumanus und der Cardo, noch erhalten geblieben sind. Darüberhinaus sind aber auch weitere Straßenachsen antiken Ursprunges bis heute nachweisbar. Es bleibt aber die Frage, ob das hier rekonstruierte Straßenraster überhaupt jemals in Gänze ausgeführt wurde. Ausgespart sind auffallenderweise die hier als aramäisch angesprochenen Siegelungshügel, die ihre eigene Erschließungsstruktur gehabt haben dürften. Auch wenn sich die einzelnen Schritte nicht im Detail nachvollziehen Jassen, nahm möglicherweise von hier aus die Bildung der Sackgassenstrukturen ihren Anfang. Bemerkenswert sind darüber hinaus auch die beiden Bereiche südöstlich der Großen Moschee, die von auffallend diagonal verlaufenden Straßen erschlossen werden (vgl. Abb. 5). Der südliche Bereich läßt sich auf das antike Straßennetz zurückführen, wobei hier wohl zwei Insulae miteinander verbunden waren. Die gleiche Struktur findet sich im nördlich anschließenden Quartier Naqqäsät, das wohl Teile der schon genannten, in byzantinischer Zeit angelegten und bis zum Mittelalter genutzten Palastanlage überbaut 17 • In beiden Fällen scheinen die Sackgassen von innen her, von den diagonal verlaufenden Straßen ausgehend, entwickelt worden zu sein. Unklar ist aber ob das die Regel war - ein Vorgang, über den erst eine detaillierte Analyse mehr Aufschluß geben können wird.
Stadtmauer (Nr. 1.50) Turm, Bur~ as-~!li~ Aiyüb (Nr. 2.13) Haus (Kataster Xll-91) Haus (Kataster Xll-105) Haus (Kataster Xll-99) Haus (Kataster Xll-108) Haus (Kataster Xll-89) Bait ~utä (Nr. 5.29) Haus (Kataster Xll-109) Haus (Kataster Xll-106) Haus (Kataster Xll-117)
12 Kirche und Patriarchat der Maroniten (Nr. 5,28) 13 ßait 'Abdalläh al-ßai~awi (Nr. 5.30) 14 llaus (Kataster Xll-161) 1l 16 17 18 19 20 21 22 23
Haus (Kataster Xll-95) Haus (Kataster Xl1-119) Haus (Kataster Xl1-313) Haus (Kataster Xl1-276) Haus (Kataster Xll-275) G!mi' ai·'Umari (Nr. 4.21) Haus (Kataster Xll-287) Haus (Kataster Xl1- 235) Bait ai-Ginnawl (Nr. 5.3 1) 24 Haus (Kataster Xll-290) 2l Haus (Kataster Xll-291) 26 Haus (Kataster Xll-293)
27 Tell de.s ehemaligen Klosters der Uarmhenigcn Schwc.slern (Nr. 5.34) 28 Haus (Kataster X/1--284) 29 Haus (Kataster XII- 285) 30 llaus (Kataster Xl1-296)
31 Ruine der Kreuzkirche ai·Mupllaba (Nr. 6) 32 Ananlas·Kapcllc (Nr. 6) ll Haus (Kataster Xl3-618) 34 Haus (Kataster Xl3-645) .15 Haus (Kataster XIJ-651) 36 Haus (Kataster Xll-659) 37 Haus (Kataster XIJ-649) 38 Haus (Kataster XIJ- 653)
BESONDERE BEOBACHTUNGEN IM ÖSTLICHEN TEIL DES ALTSTADT, DAS QUARTIER BÄB TOMÄ
39 Ehemalige Schule der Barmherzigen Schwestern (Nr. 5,]7) 40 Haus (Kataster XIJ-6•17) 41 Haus (Kato1stn X/J -69J) 42 Haus (Kataster Xl3-597)
43 }laus (Kauster XJJ-662) 44 Haus (Kataster X/J-663) 45 Kapelle des ffl. Gcorg dts Torhütas (Nr. 5Al) 46 !laus (Kataster X/J-595) 47 Haus (Katast
rl!OR,a!a
48 !laus (Ka!.lstcr XJ3-6J7)
OUUWAKSEI!I.!ÄH
49 50 5I 52
Die historische Stadt Damaskus
A SIIO!HIU!R,j6!
!laus (Katamr X/J-673) Haus (Katastrr XJJ-676} ljän ßib ~"
Abbildung 7: Damaskus, Quartier ßäb Tümä (M. l :3 .000) nach: Damaskus (1989) 79 Abb. 20.
Aber auch an einer anderen Stelle der Stadt wurde die Stadtstruktur verändert, wobei diese Veränderung wiederum implusgebend für ähnliche Baumaßnahmen im 20. Jh. war. Ausgangspunkt war das Christenmassaker von 1860 18 • Das Zentrum der Auseinandersetzungen war das östlich der antiken
16 J. Sauvaget, Syria 26, 1949, 341 f. Abb. 12, 356 Abb. 15. F. Peters, City Planning in Greco-Roman Syria: Some New Considerations, Damaszener Mitteilungen l, 1983, 270 Abb. 4, 272 f.
17
S. Anm. ll.
1 HL. Tarazi-Fawaz, An occasion of war - civil contlict in Lebanon and Darnascus in 1860 (London, N.Y. 1994) 78-100, 132-163.
D. Sack
398
Nord-Süd-Achse gelegene Quartier am Bäb Tümä-Tor 19 • Dieser Bereich, der schon als Nabatäer-Viertel angesprochen worden war, wurde im Anschluß verändert. Offensichtlich hatte hier bis zu den Auseinandersetzungen mit den durch die Gesetzgebung in der Tan:r.rmät-Zeit erstarkende christliche Minderheit, eine ähnliche Stadt- und Straßenstruktur bestanden wie die, die in den übrigen Quartieren noch abzulesen ist. Die charakteristischen Merkmale dieser Struktur, die Aufgliederung des Stadtorganismus mit Durchgangsstraßen und davon abgehende durch Tore verschließbare Quartiererschließungsstraßen und ebenfalls durch Tore verschließbare Sackgassen mit privatrechtlichem Charakter20 , lassen sich im Quartier Bäb Tümä aber nur noch in den nahe der Stadtmauer gelegenen Randbereichen dieses Stadtviertels ausmachen. Die beiden auffallend gerade in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Quartiererschließungsstraßen scheinen nicht ursprünglich so angelegt, sondern nachträglich begradigt worden zu sein. Die in diesem Bereich durchgeführten Feldforschungen haben gezeigt, daß bei diesem Vorgang die straßenseitigen Teile der Parzellen zum Teil in Mitleidenschaft gezogen worden waren (Abb. 7). Das hatte zur Folge, daß die zerstörten Parzellenteile aufgelassen, möglicherweise verkauft und dann einer neuen Nutzung zugeführt wurden. Somit wurden in die größeren Parzellen bei dieser Gelegenheit kleinere Parzellen integriert, die einen eigenen Besitzer bekamen. Die neu errichteten kleinen Häuser zeichnen sich dadurch aus, daß ihre Höfe zum Teil direkt an die Straße grenzen und der Hofraum vom Straßenraum nur durch eine Wand getrennt wird. Durch die Verbreiterung der Straßen, bei der wahrscheinlich auch die hier ursprünglich vorhandenen Quartierund Sackgassentore abgerissen wurden, wurde eine größere Durchgängigkeit geschaffen und die Möglichkeit gegeben, das Quartier und die darin stattfindenden Bewegungen besser observieren zu können. Unter dem Aspekt des Fortbestandes und der Veränderungen der historischen städtebaulichen Strukturen von Damaskus, die hier Gegenstand der Betrachtung waren, wurden folgende Phänomene erkennbar: Das Stadtbild von Damaskus wird bis heute von Straßen geprägt, die in Teilen auf römische Planungen zurückgehen. Sichtbar und spürbar ist das vor allem im Bereich der in West-Ost- (Decumanus) und in Nord-Süd-Richtung (Cardo) verlaufenden Haupterschließungsachsen.
19
Zum Viertel Bäb Tümä s. Damaskus (1989) 77-80 Abb. 20.
20
S. dazu zusammenfassendE. Wirth, Zur Konzeption der islamischen Stadt, Die Weh des Islams 31,1, 1991, 50-92.
Die historische Stadt Damaskus
j J
.'I ~
I'
399
Allerdings zeigt die Untersuchung des Quartiers Bäb Tümä, das von auffallend geraden Straßen durchzogen wird, daß nicht alle ebenmäßigen, klarangelegten Straßenachsen notwendigerweise auf eine antike Planung hinweisen. Darüberhinaus macht die Analyse der städtebaulichen Strukturen sichtbar, daß möglicherweise auch die nicht so regelhaften Stadtstrukturen, die das Bild der islamischen Stadt prägen, wahrscheinlich historische, nämlich altorientalische Wurzeln haben. Die sich im Bereich der Altstadt erhebenden Siedlungshügel könnten aramäischen Ursprunges sein. Sie werden wohl von einem eigenen, nicht so regelhaften Straßennetz erschlossen gewesen sein, das unseren Untersuchungen zur Folge niemals von römischen Planungen überformt wurde. Somit könnte die Auflösung des streng geformten Straßennetzes, das wohl bereits in byzantinischer Zeit begann, hier ihren Anfang genommen haben. Es entwickelte sich hin zu den hierarchischen Straßenstrukturen mit Haupt- und Quartiererschließungsstraßen und Sackgassen, die das Bild der islamischen Stadt bestimmen.
INDEX DER ORTSNAMEN
Ortsnamen in Herkunftsangaben wie "ljammurapi von Babylon" und in Periodenbezeichnungen wie "Isin-Larsa-Zeit" wurden nicht aufgenommen. Die von den Autoren gewählten Formen wurden - schon wegen der unterschiedlichen Transkriptionskonventionen in den europäischen Wissenschaftssprachen -im Text nicht vereinheitlicht. Wenn die Übereinstimmung zwischen der im Text und der im Index gewählten Form nicht augenfällig ist, wurde im Index die im Text erscheinende Form in Klammern hinzugefügt. Querverweise sollen die Auffindung eines Namens erleichtern. Die Umschrift der arabischen Namen folgt soweit wie möglich den Transkriptionsrichtlinien der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, außer bei Ortsnamen, für die eine allgemein übliche deutsche Form zur Verfügung steht. Der arabische Artikel wird nur dann angegeben, wenn er auch in dem jeweiligen Aufsatz verwendet wird. Türkische Ortsnamen folgen der amtlichen türkischen Orthographie. Gelegentlich wird die im Text verwendete Form in Klammern beigegeben.
Antarados Abu J:labba s. Sippar A9ana s. Alalab Adab Agade (Akkad) Agra Aila (Ayla) (s. auch cAqaba-Aila) cAin-Därä Akaba-Ayla s. cAqabä-Aila al-Fu~~ä~ (al-Fustat) ai-Qähira s. Kairo Alaca Höyük Alala\} Aleppo (J:Ialab, J:laleb) Aleppo s. auch Beroia Alexandria Ali~ar
Ama'e
351
151 173f. 15 344 316ff., 360 344 268, 271f., 276f., 311-314, 319 366ff., 370 21, 25, 37f., 97, 343, 352, 356, 359-383 345, 382 268, 277, 280, 283 369
402
Index der Ortsnamen
Androna cAngar (Anjar) Antiochia Antiochia Chrysoroas Apameia (Apamea) cAqabä-Aila (Akaba-Ayla) Arad Arda~lr-ljurre
Ardabll (Ardebil) Arethusa Ark Arpad (Tall Rifat) Arslan Tash A~~ur (Assur) Athen Ayla s. Aila Azraq AUetalon Bäb Babyion (Bäbili)
Bagdad (Bagdäd) Bambyce Ba~ra
Batrun (Batroun) (Botrys) Beirut Beroia (Aleppo) (franz. Beree) Berytos (Beirut) (franz. Beryte) Beycesultan Be'er Resisim Birs Nimrüd Bogazköy s. ljattu~a Borsippa Bo~rä (Bosra) Botrys s. Batrun Byblos
353 21, 25, 344 190, 341, 347, 349, 352ff., 356, 358, 377f. 352 190, 341, 343, 347, 349f., 352, 354, 356, 358 21 211 191ff. 13 352 15 373 328f. 38, 40, 67, 90, 92-96, 105, 121124, 148, 164, 173ff., 185, 363 14, 86, 99 211
173 377 13, 40, 67, 87f., 90, 92-96, 99, 106, 113-124, 125-138, 148, 163, 188ff., 364, 368, 374 21, 193-195, 344, 350, 379 352 193, 344 354 351, 354 352, 375, 374 353 282 211 87 135 355 351, 363
Index der Ortsnamen Caesarea Cairo s. Kairo Cekke Chalcis ad Belum (franz. - du Belus) (Chalkis/Qinnasrln) Constantinopel s. Konstantinopel C6rdoba (Qur~uba) Daihis Damaskus
403
345 331
352, 377' 379 193 343, 349f. 21' 97' 193, 331' 343, 35lf.' 354, 356f.' 377' 379f.' 386-398 191
Daräbgird Dehes s. Dai~is Dair al-Madlna (Deir el-Medineh) 40 Dair cAlla (Deir 'Alla) s. Tal! Dair cAlla Deir ... s. Dair ... 15 Delhi 352 Demetrias 135 Dilbat 380 Diyarbaktr/ Ami da 328 Domuztepe 200 Drehern 173 Dür-Kurigalzu 124, 178ff., 182, 188 Dür-Sarrukln (Dür-Sarruken) 173 Dür-Unta~ 352, 356f. Dura Europos 330, 361ff., 367 Ebla (Tall Mardi'\}) 343 Edessa Ekalte s. Tal! Munbäqa 13 Ekbatana EI Qitar s. Tal! al-Qi~är Emar (Meskene) 366f.' 369f.' 372 341, 348 Emesa 345 Ephesus 352, 354 Epiphania 129 Ere~ 128-132, 134, 136 Eridu 106 mnunna 149, 151f. Fära Fäs al-Gadld s. Fes-Djedid
404
Index der Ortsnamen
Index der Ortsnamen
Fes-Djedid Firiizäbäd Gabal cAriida Gadara Gamdat Na~r (Jerndet Nasr) Garwän Gavurkalesi Gerasa (Gara~) (Jarash) Gordion (Yassihöyük) Granada Gubla s. Byblos Guzäna Habüba Kablra Hadidi s. Tall al-l;ladidi tJ:afäga (Khafajah) Hailän tJ:alab s. Aleppo l;laläwa tJ:alba ("wohl = tJ:alab") l;laleb s. Aleppo l;lamä (Harnath) Harran (l;larrän, tJ:arrän) tJ:a~~urn
Hatra tJ:attu~a (Bogazköy) Heliopolis Hesban s. l;lisbän Hierapolis l;lirn~ s. Horns
Hiraqla l;lisbän (Hesban) Horns tJ:orsäbäd (Khorsabad) lkakali Isfahan lsin lstanbul lzgin Jarash s. Gerasa Jerndet Nasr s.Garndat Nasr
15, 25 21, 191 242 352 2, 226f. 182 268, 271, 277 343, 346, 348, 350, 352ff., 356ff. 268, 271, 276f., 280-284 33 173 5, 7-9, 67, 291-294, 300, 302
Jericho Jerusalern Kahun Kairo (ai-Qähira) Kalhu Karnan-Kalehöyük Karnana Kärnid ai-Lauz (Kärnid ei-Löz) Kanis Kär-Tukulti-Ninurta Karata~
Karatepe Karkarni~
40, 99, 223-226 381 207 371 307, 328f., 331, 352, 360 328 367 21, 191 4, 67. 268, 270-280, 368 353 352 344 350 379 87f.' 90 367 13, 25, 33, 38 157-164 14, 382 311
Khafajah s. tJ:afäga Khorsabad s. tJ:orsäbäd Kmk Baytr Ki~
2 343, 40 193, 123, 268, 331
405
345f. 344 177f., 180, 188 27lf.• 276f.
210 363 122, 173, 175f., 178 282 328, 330ff. 173,307,310,316,318,322-331, 363, 367, 370ff.
328 135, 138, 149ff. 343, 349 15, 193 193, 344 277 367 268, 271' 276f. 135 90, 93f., 149, 15lf. 14
Konstantinopel Ktesiphon Küfa Kültepe Kumme Ku~akh (SariMa) Kutha Lagas Lahore Laodikeia (franz. Laodicee( -sur-rner)) (s. auch Lä9aqiya) 352, 356 106, 157-162, 364 Larsa 15, 25 Lashkar-i Bazar Lä9aqiya (Latakiya) 21 (s. auch Laodikeia) 2l0f. Lidar Höyük 382 Livomo 193 Madinat az-Zahrä' 307,310-313,316,318,323,331 Malatya 135 Marad
406
Index der Ortsnamen
Index der Ortsnamen
Mara~ 367 Mari 12, 99, 105, 363-367 Marseille 382 Ma~at Höyük (Tapikka) 268, 271' 276f. Maskan-säpir I Tall Abü Duwärl 271 Mazuwari s. Til Barsip Mehrgahr 211 Miletus 345 Mohenjo Daro 95 Mosul 87 Nabi Yünus 182 Nesa (Nesa) 315 Ninive (Ninuwa) 86-89, 99, 124, 178, 180-188 Nippur 90, 106, 118-122, 128-135, 147164 Nibi/Nija 369 Nunasse 367 Ortaköy (Sapinuwa) 268, 271 Palmyra 21' 343, 348ff.' 354, 357f.' 363, 366, 379 Pasargadae 17, 191 Pazarh 277 Pella (Fi~l) 343, 348, 350, 352 Persepolis 4, 13f., 17, 99 Philadelphia (Amman) 352 Philippopolis 341 Po1ath 277 Qades 371 Qamajim s. Saib as-sa0 d Qa~na (ai-Misrife) 363f., 366 Qazvin 13, 25 Qinnasrln (Qinnesrln) s. Chalcis ad Belum Qi~är s. Tal1 al-Qi~ä.r Ququba s. C6rdoba Qüyungik 182 Raqqa 21 Rast an 352 Sägür 381 Sahristän (Schahrestan) 15 Saib as-sacd (Sheikh es-Sacad)
( = Qarnajim?) Sak~agözü
Sakkara s. Saqqä.ra Sam'al Samaria Samarra (Sämarrä') Sapinuwa s. Ortaköy Saqqära Sardis Sarhöyük Sarissa s. Ku~akh Schahrestan s. Sahristän Scythopolis Se1emias Se1eucia in Pieria (franz. Se1eucie de Pierie) Se1eukia am Tigris Sheikh ... s. Saib Sidon S!k1zlar Sippar (Abü l;labba) Smyma Suruppak Susa Sweyhat s. Tal1 as-Suwai~ät Täbris (Tabris, Tabrlz) Tadmer, Tadmur s. Palmyra Tall Abü Duwärl s. Maskan-säpir Tall Abü l;larmal s. Tall I;Iarmal Tall Abü ~aläbJb Tall Abü Sanrain Tall ~mar s. Til Barsip Tall al-0 Aqabä Tall Asmar Tall Baidar (Baydar) Tall Basta Tall Bderi s. Tall Budairl Tall Bl"ä Tall Biräk (Brak) Tall Brak s. Tall Biräk
329 328, 330 173 331 25, 39, 193, 195, 350 17 345 277
343 353 352 136, 190 351 318 106, 112, 129, 135, 137, 161 382 151 13, 17, 90, 229, 233 13
149, 152, 226, 230ff. 132 359 40 244 210 362 241f., 260
407
Tall Tall Tall Tall Tall Tall Tall Tall
Index der Ortsnamen
Index der Ortsnamen
408
Budairl (Bderi) Dair c Alla (Deir 'Alla) Chuera s. Tall ljuwaira Dair c Alla ai-Hadldl I;Ialaf I;Iarmal ljuwaira (Chuera)
Tall Gamma (Jemmeh) Tall Karräna 3 Tall Lailän (Leilan) Tall-e Malyän Tall Mard!h s. Ebla Tall Mu~ammad Tall Munbäqa (Ekalte)
Tall Mauzän (Mözän) Tall ai-Qi~är Tall Ragä<J: (Raqa' i) Tall a~-~awwän Tall as-Suwai~ät (Sweyhat) Tall Ta
240ff.' 244-250 210f.
207, 210f. 310, 327 f. 40 74, 239ff., 244, 249, 251ff., 259ff. 211 242f. 83, 24lf., 244, 247f. 200ff., 211, 214 134 45, 6lf., 63f., 67, 210, 269, 291-294, 296300 244, 260 207' 210 24lf., 244, 247f. 2 210 87 328, 331
353 25 331 310, 323, 328, 329, 331, 372 382 282 363 351' 354f. 315, 363f., 367
Umma Ur Urfa Ursu Uruk
Veh-Ardaslr Venedig Wassukkanni Yarmuk Yassihöyük s. Gordion Yesemek Zaraqotaq Zincirli
409
149, 151 40, 74, 95, 106, 121, 149f., 154157, 159, 161, 174, 342 328 362f. 7, 74, 99, 113, 121, 129, 133, 135, 149ff., 155f., 161,226,234, 271, 302 193 381 370 345 318 328 308, 310, 318-321, 324, 328-331
Ta II Munbäqa, Kategorie II I Spätbronzezeit (1600-1200 v. Chr.); nach: D. Machule, Ausgrabungen in Tall Munbäqa I Ekalte 1989, MDOG 123 (1991) S. 72, Abb. 1, S. 78, Abb. 5, S. 84, Abb. 11, S. 86, Abb. 12 montiert.
_,us. der Bazar zur Zeit Nür ad-Din Ma~müd·s D _ Sack, Damaskus (1989). Beilage 3
4000);
R
17~---------------v\
~~--~---------------;
'' ': I
--J-~!__!:::~-------~-H---+--1+-t-t-~fr--------t-t----------- ---~--~.1.-L--...,__""=t..+--H-~-
'' '' I
'I
' I
19
16 n
BEILAGE 3
21
22
23
s
T
40 41 42 43 44 45 II. 46 47 48 49
Sarrägin (Sattler und Geschirrmacher) Tabbägin (Köche, Garköche und Speisewirte) Tammärin (Händler von getrockneten Datteln) Tarä:Jifiyin (Händler von Raritäten und Modewaren) cUiabiyin (Kistenmacher) Zaqqäqin (Schlauchhändler) (nicht lokalisiert)
Spezielle Märkte Süq al-ßaql (Gemüsemarkt) Süq al-ßazz (Stoffmarkt) Süq ad-Daqiq (Mehlmarkt) Süq Där ai-BiHib (Markt im 'Melonenhaus', Obst- und Gemüsemarkt) 50 Süq ad-Dawäbb (Lasttiermarkt) 51 Süq al-fäkiha (Obstmarkt)
u
V
52 53 54 55 56 57 58 59
Süq Süq Süq Süq Süq Süq Süq Süq
ai-Ganam (Schafsmarkt) ai-Gazl (Markt für Wollgarne) (nicht lokalisiert) al-Lu:Jlu:J (Perlenmarkt) al-Qaml) (Getreidemarkt) ai-Qanädil (Lampenmarkt) (nicht lokalisiert) as-Sacir (Markt für den Handel mit Gerste) a~-~arf (Markt der Geldwechsler) ar-Tair (Vogelmarkt)
III. 60 61 62 63 64 65
Spezielle Handwerksbetriebe Dabbäga (Gerberei) Masbak al-tfad!d (Eisengiel~erei) (nicht lokalisiert) Masbak al-Zugäg (Glasbläserei) Maslab (Schlachthaus) (nicht lokalisiert) Ma'~arat as-Sirag (Sesamölmühle) Mac~arat az-Zait (Olivenölmühle) (nicht lokalisiert)
w
X
66 Qaisärlyat al-Firü.) (Pelzmarkt) 67 Qaisärlyat ai-Furus (Teppichmarkt) 68 Ral)ä, ~äl)ün (Wassermühlen) a. ar-Ral)ü al-AI)da lAsriya ('die eilte Mühle') b. Ral)ä ai-Usn
I
21 I
22
TEXTILWAREN, VERARBEITUNG ,BEKLEIDUNG LUXUSGÜ HR D NAHRUNGSMITTEL HAUSHALTSWARE.N 0 HOLZ, HOLZVERARBEITUNG MET ALLVERABEI TU NG KUPF ERS::HMIEDE
EJ
I
23
(/[)
!:::. HÄUTE LEDER LEDERVERARBEITUNG I
I
... TIERE LASTTIERMARKT IZl TRÖDELMARKT VERSCHIEDEN ES MÜHLE 11 NUMMERIERUNG NACH EU SSEE FF I
====
DER BASAR ZUR ZEIT NÜR AD-OiN'S NACH ELISSEEFF DAMASKUS STRASSENVERLAUF ETWA UM 1850
0
p
0.
R
Der Basar zur Zeit Nür ad-Din Mal)müd's (549/ll54-569/ll74 bzw. 571/1176) nach N. Elisseeff, Arabica 3, 1956, 61-79 I. Namen der Basare nach den dort arbeitenden Kaufleuten und Handwerkern (sinngernäf~e Übertragung der Übersetwogen Elisseeff's zur philologischen Diskussion siehe die dortigen Angaben). I Abbarin (Nadelhändler) 2 Akkaftn (Saumsattelmacher) J Asakifa (Flickschuster, Schuhmacher) 4 Arbaqlyin (Hersteller geflochtener Tabletts) 5 Barldiyln (berittene Postboten) (nicht lokalisiert) 6 Buzürlyin (Samen- und Kräuterhändler) 7 Dabbagin (Gerber), siehe auch Nr. 60 8 Daqqaqin (Bearbeiter von Baumwolle, Merceriseure) 9 GanaJiziyln ('Leichenträger') I 0 Galladin (Lederverarbeiter, Lederhiindler) 11 :tfabbalin (Seiler)
12 :tfaddadin (Schmiede, Kleinschmiede) (nicht lokalisiert) l3 :tfaggamin (Applikateure von Schr<>pfgläsern und Schröpfeisen) 14 :tfarimiyln (Tuchhiindler) I 5 ljassabln (Holzhändler) 16 ljawwa~in (Flechter von Strohmatten) 17 Kattaniyin (Leinen- und Leinwandhändler) 18 Küziyin (Hersteller von Krügen und anderen groben Tonwaren) 19 La~~amin (Metzger) 20 Manabillyin (Siebmacher) 21 Murarrizin (Sticker) 22 Nal)l)asin (Kupferschmiede) 23 Naqidin (Geldsortierer) (nicht lokalisiert) 24 Naqqasin (Graveure, Ziseleure)
25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39
Nanafin (Süfswarenhändler) Qabbaniyin (Wäger) Qalanisiyin (Kappenmacher) Qa~~arin ('Wäscher und Bleicher') Qa~~acln (Hersteller von Eßnäpfen) Qananin (Baumwollhändler und Wollkämmer) Rammal)ill (Hersteller von Lanzen) (nicht lokalisiert) Ranabin (Händler von frischen Datteln) Saccarin (Hersteller von Stoffen aus Tierhaaren) ~affarin (Messingschmiede) Sakakiniyin (Messerschmiede) Sallalln (Korbflechter) Sammanin (Händler von Butter aus Schafsmilch) Saqapyin (Trödler) Saqqa~n (Wasserträger)