DIE RÄTSELZAHL 666 IN OFFB 1 3: 1 8 EIN LÖSUNGSVERSUCH AUF DER BASIS LATEINISCHER GEMATRIE von JOSEF SCHMIDT Bonn
Schon die Erörterung, die Irenäus der apokalyptischen Rätselzahl gewidmet hat, wirft ein erhellendes Licht auf das Interpretationsproblem, das mit Oflb 1 3: 1 8 verknüpft ist. Wenn man diese Zahl nämlich als Summe schreibt und für deren Summanden griechische Zahlzeichen verwendet, dann können diese Zahlzeichen als "Wort" gelesen werden; z.B. 666 = 30 + 1 + 300+5+ 1 0+50+ 70 +200 = AATEINOI:.1 Wie wenig freilich mit einem solchen Lösungswort gewonnen ist, dies hat bereits Irenäus deutlich herausgestellt, "gibt es doch viele Namen der genannten Zahl. Und somit kommt die Sache nicht weiter. Denn wenn es viele Namen gibt, welche diese Zahl aufweisen, dann bleibt immer die Frage offen, welchen von diesen er (der Antichrist) fuhren wird."2 Es ist der Nachweis der Eindeutigkeit, der bei der Interpretation von Oflb 1 3: 1 8 die eigentliche Schwierigkeit darstellt, der Nachweis, daß das als Lösung in Betracht gezogene Wort die einzig mögliche Lösung des Problems darstellt. Daran allerdings scheiterten bereits die Bemühungen des Irenäus 3 und ebenso ungezählte Lösungsversuche der späteren Zeit, welche in mittelalterlichen Mönchszellen oder in den Gelehrtenstuben der Neuzeit entwickelt wurden. 4
1 Zu AATEINOI:, EYANSAI: und TEITAN vgl. Irenäus, Haer. 5,30,3. 2 Haer. 5,30,3 nach der Übers. von E. Klebba, Des heiligen Irenäus fonf Bücher gegen die Häresien (KBV; Kempten/München 1912) 232. 3 Vgl. Haer. 5,30,3: "Doch wollen wir uns nicht in Gefahr begeben und den Anschein erwecken, als ob wir über den Namen des Antichristes etwas Bestimmtes wüßten." 4 Zur Forschungsgeschichte: F. Domseiff, Das Alphabet in Mystik und Magie (Leipzig/Berlin 21925) 91-118; 0. Rühle, "&pt9f.1ero-&pt!ht6c;", ThW.NT 1, 461-464; C. Brütsch, Die Qffenbarung Jesu Christi 2 (Zürich 21970) 140-146; M. überweis, "Die Bedeutung der neutestamentlichen 'Rätselzahlen' 666 (Apk 13,18) und 153 (Joh 21,11)", ZNW 77 (1986) 226-241; H. Giesen, Die Qffenbarung des Johannes (RNT; Regensburg 1997) 315318.
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Novum Testamenturn XUV, I
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Die wissenschaftliche Diskussion des 1 9. und 20. Jh. s konzentriert sich auf einen Lösungsvorschlag, der die Rätselzahl auf der Basis hebräischer Gematrie auflöst: 666 = KeSaR .NeRO.N = Kaiser .Nero. 5 Das in Oflb 1 3: 1 8 gestellte Problem dürfte aber auch mit diesem Vorschlag nicht erledigt sein, denn daß der griechisch sprechende und in Kleinasien beheimatete Adressatenkreis wirklich imstande war, ein gematrisches Rätsel auf hebräischer Basis zu lösen, darf bezweifelt werden; eine wichtige Voraussetzung dieses Lösungsentwurfs ist somit in Frage gestellt. 6 Ein zweiter Einwand kritisiert die Auflösung selbst, erfüllt diese doch die in Oflb 1 3: 1 8 genannte Bedingung nur zum Teil. Oflb 1 3: 1 8 han delt nämlich ausschließlich von der Zahl eines Namens. Der genannte Lösungsvorschlag nennt aber zwei Namen, den des Kaisers Nero (NeRON) und den zur Titulatur erstarrten Namen Cäsars (KeSaR). Der genannte Lösungsentwurf vermag auch unter diesem Aspekt nicht zufriedenzustellen; hilfreich und weiterfuhrend ist er aber insofern, als die an ihm festgemachte Kritik zwei beachtenswerte Forderungen for muliert: Eine Deutung von Oflb 1 3: 1 8 sollte auf hebräische Gematrie verzichten und sollte sich möglichst auf ein einziges Lösungswort beschränken. Der folgende Lösungsvorschlag versucht eine Auflösung im Sinne lateinischer Gematrie auf der Grundlage des römischen Zahlsystems, 7 dessen Kenntnis bei den Lesern der neutestamendichen Apokalypse weit eher vorausgesetzt werden kann als die Buchstaben und Zahlzeichen des hebräischen Alphabets. Daß im Werk des Johannes recht häufig auf die Herrschaft Roms Bezug genommen wird, ist Konsens heutiger Forschung und ist auch Grundlage der in diesem Beitrag vorgestellten Interpretation. Die vom Autor gewählten Bildmotive lassen auf einen vornehmlich jü disch geprägten Geisteshorizont schließen, der bereits in zahlreichen Untersuchungen beschrieben worden ist. Deren Ertrag ist in neueren Kommentaren leicht zugänglich und braucht an dieser Stelle nicht rekapituliert zu werden. Statt dessen rückt der vorliegende Beitrag den von der neutestamendichen Apokalypse kommentierten historischen 5 KSR NRON = 100 + 60 + 200 + 50 + 200 + 6 + 50; vgl. Dornseiff, Alphabet, 106108; Rühle, "apt9f.1ec.o", 461-464. 6 Zur Kritik vgl. Dornseiff, Alphabet, 106-108; Rühle, "cipt9f.1Ec.o", 461-464; Brütsch, Qffenbarung, 144; überweis, "Rätselzahlen", 231-236 und Giesen, Qffenbarung, 316-318. 7 Der einzige mir bekannte Versuch, Offb 13:18 mittels römischer Zahlzeichen aufzulösen, wurde von Apringius (Mitte des 6. Jh.s, Bischof von Pace, Portugal) unter nommen; er brachte DCLXVI = DICLUX mit Diokletian in Verbindung; vgl. Brütsch, Qffenbarung, 145.
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Hintergrund in den Blickpunkt, und zwar mit dem Ziel, jene hi storischen Ereignisse zu eruieren, welche Auswahl und Reihenfolge der gewählten Bildmotive bestimmt haben. 1 . Ein Lösungswort fiir QfJb 13:18 auf der Basis lateinischer Gematrie Auf den ersten Blick läßt die mit römischen Ziffern geschriebene apokalyptische Rätselzahl DCLXVI kein Wort erkennen, das als Lösung in Betracht gezogen werden könnte. Ein anderer Text, Offb 1 7 :9- 1 0, hilft aber weiter, weil wir uns auf Grund dieser Textstelle ziemlich sicher sein dürfen, daß der Name des Tieres der eines römischen Kaisers ist. Aus deren Liste (AVGVSTVS, TIBERIVS, GAIVS, CLAV DIVS, NERO, VESPASIANVS, TITVS, DOMITIANVS) wählen wir denjenigen aus, dessen Name der Zahl DCLXVI am ehesten gleicht. Unsere Wahl fallt nach Vergleich mit DCLxVI auf CLauDIVs. Die folgende Kette von Transformationen läßt bereits ein klar umrissenes Ziel unserer Suche hervortreten: 666 => DCLXVI => CLxDIV => . . . => Claudius. Aber nicht nur das Ziel, sogar der Weg zu diesem Ziel ist darin bereits vorgezeichnet. Offensichtlich soll das störende X auf irgendeine vertretbare Weise in ein passendes AV umgewandelt werden. Nun läßt sich eine römisch geschriebene "zehn" nicht nur mathematisch son dern auch symbolisch als doppelte "ftinf' darstellen, als ein richtigste hendes und ein kopfstehendes V. Wenn wir das Zahlzeichen X also in der Mitte auftrennen8 und die untere Hälfte kurzerhand zu einem A ergänzen, erhalten wir die gewünschte "Gleichung": X = V + V = A + V = AV. Die vervollständigte Transformationskette lautet nun: 666 => DCLXVI => CLXDIV => CL-V-V-DIV => CL-AV-DIV => CLAVDIV => Claudius. Es existiert also ein gematrischer Lösungsansatz, der den apokalyp tischen Rätselnamen mit Claudius identifiziert.
8 Vergleichbare Beispiele antiker Buchstabenspeku1ation: M => A + A (Irenäus, Haer. 1,16,2), Z => I + I + I => H (Phi1o, De Aet. 22,113) und 9 => E + E (Nikomachus von Gerasa); vgl. dazu N. Förster, Markus Magus. Kult, Lehre und Gemeindeleben einer valen tinianischen Gnostikergruppe. Sammlung der Qyellen und Kommentar (WUNT 114; Tübingen 1999) 376-378.
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2. Der numismatische Hintergrund von Qffb 13:16-1 7 Der in Oflb 1 3: 1 8 verschlüsselte Name ist der Name des ersten Tieres; dies folgt zwingend aus Oflb 1 3: 1 4- 1 7 , wonach das zweite Tier alle, insbesondere aber die handeltreibenden Bewohner des römischen Reiches gezwungen hat, dem ersten Tier gotteslästerliche Ehrungen zu bezeigen. Unter der Voraussetzung, daß das erste Tier mit Claudius zu identifizie ren ist, besagt die genannte Textstelle, daß das zweite Tier - Nero die Verehrung des Claudius auf eine Weise erzwungen hatte, der sich niemand wirklich entziehen konnte. Die Frage, wo der profanhistorische Kontext solcher Kaiserverehrung zu lokalisieren ist, klärt sich m.E. am einfachsten, wenn man mit A.Y. Collins annimmt, daß Oflb 1 3:1 7 von gewissen Münzprägungen handelt, und deren Legende konnte wegen des Gebrauchs des Wortes divus von Juden und Christen als Blasphemie gewertet werden.9 Bei der historischen Verortung von Oflb 1 3:1 7 sind folglich (erstens) neronische Münzprägungen in die nähere Auswahl zu ziehen, welche (zweitens) dem Vorgänger Claudius göttliche Ehren zusprechen und (drittens) in Kleinasien in Umlauf gewesen sind. Solche Prägungen liegen tatsächlich vor; es handelt sich um kappadozische Münzen aus Cäsarea, deren Umschrift mit den Worten beginnt: NERO CLAVD DIVI CLAVD F.10 Der Vers 1 3: 1 7 "Kaufen oder verkaufen konnte nur, wer das Kennzeichen trug: den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens" bezieht sich offenbar auf das DIVI CLAVD gewisser neronischer Münzen, die in ihrem kleinasiatischen Verbreitungsgebiet die Verehrung des vergöttlichten Vorgängers und den Ruhm des gleich namigen Herrscherhauses fördern sollten. Der historisch-numismatische Kontext von Oflb 1 3: 1 8 macht es nun sogar wahrscheinlich, daß in der zitierten Umschrift nicht nur der (numismatische) Name des ersten Tieres CLAVD zu finden ist, son-
9 "It seems rather that the juxtaposition of buying und selling with the mark of the beast refers to the fact that Roman coins normally bore the image and name of the current emperor. The inability to buy and sell would then be the result of the refusal to use Roman coins"; vgl. A.Y. Collins, Cosrrwlogy and Eschatology in Jewish and Christian Apoca[ypticism (Leiden 1996) 213. 10 Vgl. A. Burnett, Roman Provincial Goinage 1. 1 (London 21998) 555-558 (Abk.: RPC), Nr. 3631-3653; H. Mattingly, Coins qf the Roman Empire in the British Museum 1 (London 1923) 281-284, Nr. 405-427. Neben Kappadozien ist dieser Typus noch für Pontus (RPC 3652-3653) und Syrien (RPC 4122-4123) belegt, wobei zwischen früheren (5860 n. Chr.) und späteren Emissionen (6 3-65 n. Chr.) unterschieden werden kann (vgl. Komm. zu RPC 3631-3653, 4122-4123). Auffällig ist die Tatsache, daß diese Münztypen, obgleich ftir griechisches Sprachgebiet bestimmt, eine lateinische Umschrift tragen.
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Abb. I: Nero/Claudius-Drachme RPC 3648 © Copyright The British Museum
dem sogar das rätselhafte "Kennzeichen der rechten Hand" und das "Kennzeichen auf die Stirn hin" (Offb 13: 16). Wir deuten das bei (eni mit Gen.) der rechten Hand gcri�te (vg1. xapacrcrro, xapay�a) Kennzeichen als V ("funr') und das (in vertikaler Richtung) auf die Stirn hin (vgl. eni mit Akk.) geritzte Kennzeichen als I ("eins") und erhalten, wenn wir uns an Offb 13: 17 (Reihenfolge: Kennzeichen, Name, Zahl) orien tieren: VI + CLAVD = CLAVDVI = CLVVDVI = CLXDVI = DCLXVI = Zahl des Namens. 11 3. Zwei Tiere und ein Drache Schon der numismatische Befund legt es nahe, das erste Tier mit Claudiu.s, das zweite mit Nero zu identifizieren. Unter dieser Voraussetzung wird die Beschreibung der Wundertaten, die dem zweiten Tier zuge schrieben werden, auf überraschende Weise historisch transparent: "Es tat große Zeichen; sogar Feuer ließ es vor den Augen der Menschen vom Himmel auf die Erde fallen" (Offb 13: 13). Das Rom Neros steht hier in Flammen! Den Amtsantritt Neros behandelt Offb 13: 1 1 als normalen Vorgang innerhalb einer Dynastie. Das erste Tier ist abgetreten, ein zweites tritt
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Der numismatische Hintergrund des Kennzeichens
erkennbar: geben
=
Weitergabe
Annahme einer Münze
(Oflb
sches CLAV(D)
=
(Oflb
13:16), haben
=
(Xapawa) ist in allen Belegstellen (Oflb 16:2) und nehmen
Besitz
=
14:9, II; 19:20; 20:4). Die Kennzeichen IV verwandeln
ein unbedenkliches CLAVD in ein mißverständliches CLAVDIV, das als blasphemi
+
DIV
dwus Claudius hatte gelesen werden können. Der in Oflb 13: I
genannte "Name der Blasphemie" meint offenbar den numismatischen Gebrauch des
dwus Claudius auf den genannten Münzprägungen.
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an seine Stelle und erbt die Macht des ersten. Ganz anders aber die Umstände, denen das erste Tier seine Herrschaft verdankt. Ein Drache tritt auf und ist beim Herrschaftsantritt des ersten Tieres gleichsam als Geburtshelfer beteiligt. Es ist eine Person bekannt, die genau in dieser Weise politisch tätig gewesen ist; der kryptische Text des Johannes paßt genau auf Herodes Agrippa I. , der bei der Ermordung des Gaius (Caligula) zufällig in Rom weilte.12 Die Ermordung des Gaius hatte nicht nur "einen der Köpfe" des claudischen Herrscherhauses "tödlich verwundet" (Oflb 13:3), sie gefähr dete für kurze Zeit sogar den Fortbestand der claudischen Dynastie. Denn als Teile des Senates für die Wiedererrichtung der Republik votierten, war der Bürgerkrieg mit den Prätorianern, die Claudius aus einem Versteck gezerrt und auf den Schild gehoben hatten, schon pro grammiert. Aber das Verhandlungsgeschick des Agrippa erreichte eine Versöhnung der Lager und sicherte Claudius die Herrschaft. Als Zeichen dankbarer Anerkennung erhielt Agrippa das Amt eines Statthalters über Judäa, Samaria und Galiläa.1 3 Betrachten wir nun diese Ereignisse im Spiegel der neutestamentlichen Apokalypse: Agrippa hatte Rom per Schiff erreicht: "Und der Drache trat an den Strand des Meeres" (Oflb 12: 18). Bald darauf wurde Gaius ermordet: "Einer seiner Köpfe sah aus wie tödlich verwundet" (Oflb 13:3). Aber Agrippa kam der bedrohten Dynastie zu Hilfe ("Aber die tödliche Wunde wurde geheilt")1 4 und verhalf Claudius auf den Kaiserthron: "Und der Drache hatte ihm seine Gewalt übergeben, seinen Thron und seine große Macht" (Oflb 13:2) Der neue Herrscher wurde von allen anerkannt: "Und die ganze Erde sah dem Tier staunend nach" (Oflb 13:3). Der Kaiser und das Volk von Rom würdigten auch die Verdienste Agrippas: "Die Menschen warfen sich vor dem Drachen nieder, weil er seine Macht dem Tier gegeben hatte" (Oflb 13:4) Claudius besaß das imperium als unangefochtenen Besitz: "Und sie (das Volk) beteten das Tier an und sagten: Wer ist dem Tier gleich, und wer kann den Kampf mit ihm aufnehmen?" (Oflb 13:4) .
.
.
2
1
Vgl. Josephus, Ant. 19,1-5; Bell. 2,11. Die Tetrarchie des Philippus und die des Antipas erhielt Agrippa bereits von Gaius (vgl. Josephus, Bell. 2,9,6). Claudius übertrug ihm das ganze Herrschaftsgebiet seines Großvaters und übergab ihm zusätzlich die Trachonitis, die Auranitis und das Königreich des Lysanias. Herodes, der Bruder des Agrippa, erhielt das Königreich Chalkis (vgl. Bell. 2,11,5). 14 Der Verfasser vermerkt hier die historische Tatsache, daß der Untergang des claudischen Herrscherhauses zwar nicht mit der Ermordung des Gaius, wohl aber mit dem Tod des Nero eingetreten ist. 13
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Ab Vers 13:5 beschreibt die Offenbarung des Johannes das politi sche Auftreten des Agrippa;15 dies darf mit einiger Sicherheit aus der vom Autor genannten Regierungszeit von 42 Monaten geschlossen wer den, die mit den historischen Gegebenheiten gut übereinstimmt. Nach seiner Ernennung zum Statthalter Judäas trat er als Christenverfolger hervor: "Und es wurde ihm erlaubt, mit den Heiligen zu kämpfen und sie zu besiegen" (Offb 13:7). Die Gefangenschaft des Petrus und die Enthauptung des Jakobus (Apg 12: 1-5) spiegelt sich in Offb 13: 10: "Wer zur Gefangenschaft bestimmt ist, geht in die Gefangenschaft. Wer mit dem Schwert getötet werden soll, wird mit dem Schwert getötet. Hier bewährt sich die Standhaftigkeit und Treue der Heiligen."16 4. Kopfo, Diademe und HO"mer in Qffb 12-13 Nachdem wir den Namen des ersten Tieres kennen, sei nun eme Auflösung einiger rätselhafter Attribute versucht. Den sieben Köpfen (Offb 13: 1) entsprechen offenbar sieben Kaiser: "Fünf (Augustus bis Nero) sind bereits gefallen. Einer (Vespasian) ist jetzt da, einer (Titus) ist noch nicht gekommen" (Offb 17: 10). Laut Offb 17: 10 repräsentiert der sechste Kaiser - Vespasian - die Gegenwart des schreibenden Autors. Der siebte ist der zum Thronfolger bestimmte TitusY Die zwei Hörner des zweiten Tieres (Nero) identifizieren wir der Einfachheit halber mit dem Anfangsbuchstaben seines Namens. Und dieser erinnert in seinen nach oben gerichteten Spitzen an die Hörner eines Lammes (vgl. Offb 13: 1 1).
15 Das Subjekt von Offb 13:5-10 kann aus Offb 13:4 nicht eindeutig bestimmt wer den. Die Gebietsbeschreibung in Offb 13:7 erlaubt aber den sicheren Schluß, daß sich die in Offb 13:5-10 beschriebene Herrschaft in erster Linie auf jüdisches Kernland (e�ouaia Eid 1t&aav
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Auch die kuriose Notiz, wonach ein römischer Kaiser zehnfach gekrönt gewesen sein soll (Oftb 13: 1), erlaubt eine sachgemäße Erklä rung: Ein römischer Kaiser trug bekanntlich überhaupt keine Krone (Diadem), statt dessen führte er aber den Titel AVGVSTVS, der seiner politischen Funktion nach durchaus als (immaterielles) Diadem betrachtet werden konnte. In der Abkürzung AVG war dieser Titel jedem Reichs bewohner bekannt. Die folgende Transformation löst nicht nur das Problem der zehn Diademe, sondern legitimiert nebenbei auch den Gebrauch vonX = AV: AVGVSTVS => AVG => AV =>X=> 10. Die in Oftb 12:3 erwähnten sieben Diademe des Drachens bereiten dagegen kaum Probleme. Es werden ja auch sieben Häupter vermerkt; und diese können leicht mit den sieben gekrönten Häuptern der Hera desdynastie identifiziert werden: Herodes, Archelaos, Antipas, Philippus, Agrippa 1., Agrippa II. und Herades von Chalkis. Das in Oftb 13:2 genannte Löwenmaul nimmt offenbar auf die bei den fuhrenden Buchstaben von CLAVDIVS Bezug; L steht für den Löwen selbst (A.eoov), C ftir sein geöffnetes Maul. Das griechische Wort I1AP.1AAIC18 erlaubt bei nicht allzu kleinlicher Betrachtung die fol gende Transformation: I1AP.1AAIC => pArDALIC => VDALIC => CLAVDI, worin nun die in Oftb 13:2 behauptete Ähnlichkeit des ersten Tieres mit dem Panther erkennbar ist. Die Füße des Bären dür fen im Kontext dieser Überlegungen auf den Anfangsbuchstaben des griechischen Wortes APKO:E bezogen werden, der an die vorderen Beine eines laufenden Bären erinnert. Die von Dan 7: 1-6 inspirierte krypti sche Tierbeschreibung in Oftb 13: 1-2 will uns also im Maul (C) des Löwen (L) sowie im Anfangsbuchstaben des Bären (A) die Anfangs buchstaben CLA des ersten Tieres in den Blick rücken. 5. Die Frau und der Drache Für das Beweisziel dieses Beitrags hat Oftb 12 keine unmittelbare Bedeutung, doch darf sich das zentrale Argument unserer Beweisführung
18 Mit Rücksicht auf den gematrisehen Hintergrund des Textes ist hier das "unziale" Sigma zu notieren, das lateinischem C gleicht; vgl. R. Seider, Paläographie der griechi schen Papyri 3 (Stuttgart 1990) 147-148: "Mit dem ausgehenden 4Jh.v.Chr. verschwindet die eckige Sigmaform aus dem Schriftbild der griechischen Papyrusschrift. In der Fol gezeit ist das gerundete, 'unziale' Sigma in der Buchschrift und in der Urkundenschrift der Papyri üblich."
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indirekt bestätigt sehen, wenn der Nachweis gelingt, daß die im 1 3. Kapitel vorgenommene Identifikation des Drachens auch im 1 2. Kapitel historisch folgerichtig durchgehalten werden kann. Von allen Figuren des apokalyptischen Ensembles bereitet die Identifikation der sternbekränzten Frau des 1 2. Kapitels die geringsten Schwierigkeiten. Diese Frau ist Maria, die Mutter Jesu. Allerdings the matisieren die in Oflb 1 2 geschilderten Ereignisse nicht deren natür liche Mutterschaft, sondern eine Mutterschaft anderer Art. Oflb 1 2 handelt vom Todestag Jesu, von der Geburt des Messias!19 An ehendiesem Tag erschien am Himmel ein großes Zeichen; es ist das auf Goigotha aufragende Kreuz. Unter dem Kreuz stand die Mutter des künftigen Messias: "Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen" (Oflb 1 2:2). Der Körper des Gekreuzigten war einzig und allein von den Strahlen der Sonne bekleidet; d. h. er war nackt und den Blicken der schaulustigen Menge preisgegeben. Der Mond stand, während das Tagesgestirn den Gekreuzigten beschien, unter den Füßen der Frau; erst in den Abendstunden trat er als Frühlingsvollmond im Osten hervor. Daß wenigstens einer der Zwölf, Johannes, der Mutter Jesu in den bittersten Stunden ihres Lebens beistand (Joh 1 9:26-2 7), vermerkt in schöner Symbolik der Kranz der zwölf Sterne (Oflb 1 2: I). 20 An diesem Tag war auch ein Mitglied des herodianischen Herrscher hauses namens Herades Antipas an den Geschehnissen um den Prozeß Jesu beteiligt. Antipas trieb mit dem vorgeführten Angeklagten zwar seinen Spott, aber in der wichtigsten Frage, die in jenen Stunden zu entscheiden war, votierte der Hemdessohn im Sinne von "nicht schuldig" (vgl. Lk 23: 1 5). Dieser historische Hintergrund liefert nun die Erklärung für das seltsame Verhalten des Drachens, der doch mit einer in Wehen liegenden Frau leichtes Spiel gehabt hätte. Weil Antipas im Prozeß gegen Jesus aber nicht als Ankläger auftrat, verhält sich auch sein apokalyptisches Spiegelbild bei der Geburt des Messias abwartend: "Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte; er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war. Und sie gebar ein Kind, einen Sohn . . . " (Oflb 1 2:4-5). Die latente Gefahr, die von der herodiani schen Dynastie ausging, manifestierte sich erst im politischen Auftreten des Agrippa. Dieser ließ Jakobus enthaupten, setzte Petrus gefangen
19 Eine Zusammenstellung verschiedener Deutungskonzepte von Oftb 12 bei Giesen, Qlfenbarung, 270-299. 20 Der Seher von Patmos setzt offensichtlich voraus, daß den kleinasiatischen Adressaten das Werk des (vom Seher verschiedenen) Evangelisten Johannes vertraut ist.
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und erzwang die F1ucht des jüngeren Zebedäussohnes und der in dessen Obhut befindlichen Mutter Jesu: "Die Frau aber floh in die Wüste, wo Gott ihr einen Zufluchtsort geschaffen hatte; dort wird man sie mit Nahrung versorgen, zwölfhundertsechzig Tage lang" (Offb 12:6). Die genannte Zeitspanne meint auch hier die Regierungszeit des Agrippa, deren Ende von Johannes und Maria am Ort ihres Exils abgewartet wurde. Wo aber ist dieser Aufenthaltsort zu suchen? Dort, wo eine große wasserspeiende Schlange das ausgespiene Wasser über eine weite F1äche verteilt, und zwar in der Weise, daß sich das trok kene Land vielerorts gegen den Wasserstrom behaupten kann. Der Zufluchtsort lag im Delta des NilsF1 "Die Schlange (Nil) spie einen Strom von Wasser (üöcop ooc; 1tOtCXJlOV) aus ihrem Rachen (Südspitze des Nildeltas bei Kairo) hinter der Frau her, damit sie von den F1uten (periodische Hochwasser) fortgerissen werde. Aber die Erde (Inseln des Flußdeltas) kam der Frau zu Hilfe; sie öffnete sich (F1ußdelta) und ver schlang den Strom (tov notaJ.Lov), den der Drache aus seinem Rachen gespien hatte" (Offb 12: 15- 16). 22 Der Zorn des Agrippa suchte sich ersatzweise andere Opfer: "Er ging fort, um Krieg zu führen mit ihren übrigen Nachkommen, die den Geboten Gottes gehorchen und an dem Zeugnis ftir Jesus fest halten" (Offb 12: 17).
21 Auch Mt 2 kann als versteckte Darstellung dieser Geschehnisse interpretiert wer den: Es war Herodes Agrippa, der die Mutter Jesu und ihren Sohn ( Johannes, vgl. Joh 19:26-27) zur Flucht zwang. Vgl. dazu meine Interpretation von Mt 2 in: Das Gewand der Engel. Der historische Hintergrund von Mk 16, 1-Bpar und dessen Einfluß auf Thematik und literarische Form der Apostelgeschichte (Bonn 1999) 316-320. 22 Eine unmittelbar historische Auswertung der Bildebene, wie sie in diesem Beitrag vorgestellt wird, dürfte das Maß dessen, was in heutiger Forschung weithin ftir möglich und zulässig gehalten wird, gelegentlich überschreiten. Daß aber ein solcher Versuch wenigstens in Bezug auf Ofib 12:15-16 geprüft werden sollte, darf ich den resignativen Feststellungen zweier bekannter Kommentatoren entnehmen: R.H. Charles führt zu Ofib 12: I 5-16 aus, daß die ursprüngliche Bedeutung dieser Verse völlig im Dunkeln liege, und bezeichnet die genannten Verse schließlich als "a meaningless survival". Auch A.Y. Collins vermag nicht zu erkennen, wie diese Verse dem Inhalt von Ofib 12 "any further or distinctive significance" hinfügen könnten. P. S. Minear ("Far as the curse is found: the point of Revelation 12:15-16", NovT 33 [1991] 71-77; darin [71] die Zit. von R.H. Charles und AY. Collins) beleuchtet zwar auf überzeugende Weise den motivgeschichtlichen Hintergrund (Gen 3: Schlange; Gen 4: trinkende Erde) von Ofib 12: I 5-16; das historische Problem, das in diesen Versen gestellt ist, dürfte aber auf der Basis literarischer Vergleiche kaum zu lösen sein. Hier wie in anderen Textpassagen von Ofib 12-13 gilt m.E. die Feststellung: Eine solche Methodik vermag zwar festzustellen, woher ein Autor seine Motive genommen hat, nicht aber, warum sich ein Autor solcher Motive bedient hat. =
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6. Der numismatische Hintergrund von Qffb 13:12-15
Nachdem bereits das erste Tier, besonders aber der apokalyptische Drache unsere Aufmerksamkeit beansprucht hat, verdient nun auch das zweite Tier eine vergleichbare Würdigung, eröffnet sich damit doch eine Chance, die in vielerlei Hinsicht rätselhafte Schrift des Johannes wenigstens in dem Teilabschnitt Offb 13: 12- 15 in ihrer Zeitgeschichte zu verorten. Resümieren wir zunächst noch einmal die bisher erzielten Ergeb nisse: ( 1) Das in Offb 13: 1 1 eingeführte zweite Tier ist eine verdeckte Bezeichnung für Nero. (2) Offb 13: 16- 17 hat einen numismatischen Hintergrund. (3) Die zur Zeit Neros in Cäsarea (Kappadozien) geprägten Münzen mit der lateinische Umschrift NERO CLAVD DIVI CLAVD F sind bei der Interpretation von Offb 13: 16- 17 zu berücksichtigen. Auf der Basis dieser Feststellungen kann nun der Münztypus, der die Formulierung von Offb 13: 14- 15 maßgeblich beeinflußt hat, ziemlich genau eingegrenzt werden. Es handelt sich näherhin um die Nero/ Claudius-Prägungen aus den späteren Regierungsjahren des Kaisers. Deren Vorderseite zeigt das Porträt Neros mit der Umschrift NERO CLAVD DIVI CLAVD F CAESAR AVG GERMA. Die Rückseite zeigt den Kopf des Claudius mit der Umschrift DIVOS CLAVD AVGVST GERMANIC PATER AVG. 23
23 Es existieren insgesamt folgende Prägungen mit Nero/Claudius-Porträt (Nominal, RPC, Herkunft [Zuweisung teilweise unsicher], Datierung, Durchmesser in mm, Gewicht in g): Drachme 3648 Kappadozien 63-65 17 3,5 (Abb. I, British Museum) Didrachme 3631 Kappadozien 58-60 20 7,4 Didrachme 3647 Kappadozien 63-65 20 7,3 63-65 20 6, 7 Didrachme 3652 Pontus (?) 63-65 20 6, 7 Didrachme 3653 Pontus (?) Tetradrachme 4122 Syrien (?) 63-65 24 14,1 63-65 24 14,1 (Abb. 2) Tetradrachme 4123 Syrien (?) Ein genauer Blick auf die genannten Münzen trägt in zweifacher Hinsicht zum Verständnis von Offb 13 bei. Zum einen beschreibt die Notiz in Offb 13: I, die dem ersten Tier eine zehnfache Krone zuschreibt, ein Merkmal, das von den genannten Münzen ausnahmslos eingelöst wird: Über dem Kopf des Claudius ist dort der Titel AVGVST (RPC 3648, 3631,3647, 3652, 3653) zu lesen bzw. ein AVG (RPC 4122, 4123) zu einem vollständigen Titel zu ergänzen. Ein Teil der genannten Münzen erhellt nun auch den historisch-konkreten Bedeutungsgehalt der rätselhaften Formulierung xapayJla ... Eltt 1:0 JlE'tCOltov ainrov (Offb 13:16), welche die Kennzeichen VI (als Bestandteil des Wortes DIVI) merkwürdigerweise arif die Stirn hin ausgerichtet sein läßt. In solchen Prägungen, auf denen sich das DIVI der Umschrift NERO CLAVD DIVI auf der I-Uhr-Position befindet, sind die Kennzeichen VI bzw. IV in der Tat a rif eine Stirn hin auf die Stirn Neros - ausgerichtet. Im einzelnen: RPC 3648 und 3647 d-I-vi, 3631 d-IVI, 3653 d-I, 4123 di-VI. Das dem DIVI folgende und über dem Kopf -
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Abb. 2: Nero/Claudius-Tetradrachme RPC 4123 © Copyright Josef Schmidt
Nachdem Offb 13: l l mit dem Auftritt des zweiten Tieres einen neuen Abschnitt eingeleitet hat, thematisiert der folgende Vers bereits die Legende gewisser kappadozischer Münzen, in welchen der Name Neros dem des vergöttlichten Claudius vorausgeht: "Die ganze Macht des ersten Tieres übte es vor dessen Augen aus" (Offb 13: 12). Bereits die früheren Münzen aus den Jahren 58-60 (RPC 363 1-3646) dienten nicht nur der Verherrlichung des Claudius sondern auch dem Ruhm der gleichnamigen Dynastie: "Es brachte die Erde und ihre Bewohner dazu, das erste Tier anzubeten, dessen tödliche Wunde geheilt war" (Offb 13: 12). Nach dem Brand Roms (vgl. Offb 13: 13) bereiste Nero Griechenland und feierte dort spektakuläre Erfolge als Künstler, deren fernes Echo selbst im Werk des Johannes vernehmbar ist: "Es ver führte (nA.av�) die Bewohner der Erde durch die Zeichen (öux ta crru.u:'ia), die ihm vor den Augen des Tieres (d.h. als Nachfolger des Claudius) gegeben waren" (Offb 13: 14). Nach dem Brand Roms (64) und ungefahr zeitgleich mit der Griechenlandreise (66-67) war in ganz Kleinasien das Bild der beiden Tiere bekannt: "Es (das zweite Tier) des Kaisers zu lesende (bzw. dorthin zu transferierende RPC 4123) CLAVD kann nun mit dem "Namen der Blasphemie" (Kai Eid ta<; KEtpaAa<; autou ÖVOI.l
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befahl den Bewohnern der Erde (speziell: Kleinasien), ein Bild (Münz porträt) für das Tier (Claudius) zu schaffen, das mit dem Schwert erschlagen worden war (Ermordung des Gaius) und das doch wieder zum Leben kam (Nachfolge des Claudius)" (Offb 1 3: 1 4). Die apoka lyptisch stilgerechte Beschreibung der Münzlegende liefert der folgende Vers: "Es wurde ihm Macht gegeben, dem Bild des Tieres (Münzporträt) Lebensgeist zu verleihen, so daß es auch sprechen konnte (Münzlegende)" (Offb 1 3: 1 5). Wer sich allerdings diesem imperialen Machtanspruch nicht beugen wollte, war vom Tod bedroht: "Und es (das zweite Tier) bewirkte, daß alle getötet wurden, die das Bild nicht anbeteten" (Offb 1 3: 1 5). Womit nun allerdings die Frage zu klären wäre, wer es denn im fernen Kappadozien gewagt hat, dem Herrschaftsanspruch der Claudier zu trotzen. Die Parther im angrenzenden ArmenienF4 Dieser Feind Roms hatte das römische Reich in langwierige Kämpfe verwickelt. Auf römischer Seite trat Cn. Domitius Corbulo als Gegenspieler auf. 25 Seit 55 hatte er als Legat ftir Kappadozien und Galatien den Oberbefehl. Von 60 bis 63 weilte Corbulo, nun auch Legat für Syrien, auf dem syrischen Kriegsschauplatz. Nach seiner Rückkehr nach Kappadozien (63) wurde er wie einstmals Pompeius mit einem imperium maius aus gestattet und beendete in dieser Funktion den Krieg. Die lange Präsenz Corbulos in Kappadozien erklärt nun auch die eigenwillig gestalteten Münzprägungen Cäsareas: Auf deren Gestaltung hatte Corbulo persön lich Einfluß genommen, um das latente Mißtrauen des Kaisers gegenüber diesem besonders befähigten Feldherrn und potentiellen Rivalen Neros zu zerstreuen. Im Jahr 67, als Nero in Griechenland weilte, nahm Corbulo dessen ehrende Einladung an. In Kenchreä angekommen, erfuhr er aber, daß Nero seinen Tod befohlen hatte, und nahm sich daraufhin das Leben. 26
24 Die Annahme, daß Offb 13:15 einen Zwang beschreibe, dem Kaiser vor einem Standbild göttliche Ehren darzubringen, ist vom numismatischen Kontext her nun auszuschließen. Sie findet auch in den Quellen für die fragliche Zeit keinen Anhalt. Als Anspielung auf kriegerische Ereignisse im Osten, die auch in der damaligen Öffent lichkeit beachtet wurden, paßt sich diese Notiz in die vom Autor entworfene Geschichts betrachtung harmonisch ein. 25 Vgl. Tacitus, Ann. 13-15. 26 Cassius Dio 63,17,5-6.
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7 . Der ftuerrote Drache mit den z;ehn Hörnern Unsere Analyse von Oflb 13 hat ein aufschlußreiches Detail dieses Kapitels bislang ausgespart: die zehn Hörner, die nach dem Willen des Autors am Kopf des Tieres und des Drachens gezählt werden kön nen (Oflb 12:3; 13: 1). Der phantasievolle Kopfschmuck dieser beiden apokalyptischen Wesen ist in Wahrheit die kryptische Beschreibung zweier Bronzemünzen (vgl. nupp6�, feuerrot Oflb 12: 3 ), die Agrippa in Cäsarea am Meer-27 (RPC 4982)28 und dessen Bruder Herades in Chalkis (RPC 47 77)29 hatten prägen lassen! Deren Vorderseite zeigt drei Personen, die an einem Krönungszeremoniell beteiligt sind: Agrippa und Herades halten mit je einem ausgestreckten Arm eine Krone über den Kopf des Claudius: Symbol eines Bündnisses, das die Nachfahren des Herades mit dem römischen Herrscher geschlossen hatten. 30 Die Vorstellung, daß ein Sproß der Heradesdynastie imstande gewe sen sein soll, einen römischen Kaiser in sein Amt einzuführen, erscheint zwar - machtpolitisch betrachtet - ziemlich kurios, ist aber, wie sich jetzt zeigt, numismatisch eindrucksvoll belegt: Es war Agrippa selbst, der einem solchen Mißverständnis Vorschub geleistet hatte. Der Verfasser der neutestamentlichen Apokalypse nutzt das Bündnis zwischen Rom und Cäsarea auf seine Weise: Die anmaßende Prahlerei des Agrippa (vgl. A.a.A.ouv f.lEYcXAa Oflb 13:5) ist inspirierender Ausgangspunkt einer glänzenden Satire, die jenen beiden Herrscherhäusern gilt, welche einen
27 Nach seiner Ernennung zum Statthalter nahm Agrippa seine Amtsgeschäfte nicht mehr in Galiläa, sondern in Caesarea maritima wahr. Diesem Sachverhalt entspricht die in Offb 12:18 gewählte passive Verbform Ecr'ta!h] (statt intrans. Etl'tll): Agrippa (Drache) wurde von Claudius als Statthalter nach Caesarea maritima ( E7tt 't�V iiJ.lJ.lOV Til<; 6aA.acrtl11<;) "gesetzt". Offb 12:18-13:1 ist demnach als kryptische Anspielung auf einen wichtigen Reiseweg zu deuten, der von Cäsarea (E7tt �v iiJ.lJ.lOV) über das Meer (EK Til<; 6aA.acrtl11<;) nach Rom (!h]piov) ftihrte. Die Erinnerung an diesen Seeweg leitet in der Konzeption des Autors eine Rückblende (Offb 13:1-4) ein, welche die historische Voraussetzung der in Offb 12:6-17 und 13:5-10 dargestellten Christenverfolgung erläutert. 8 2 Die Legende lautet (Av.) BAI AfPillllAI IEB KAIIAP HPQ(IlHI) und (Rv.) OPKIA
BAI ME AfPill llA nP IEB KAIIAP(A K IY)NKAHTON K llH M(O) PQM
IAI K
Es existieren Prägungen aus den Regierungsjahren 42/43 und 43/44. 29 Vgl. Abb. 3 (British Museum). Die Legende lautet (Av.) BAIIA HP1l.!lHI BAIIA AfPillllAI- KAAY.!l!OI KAIIAP IEBAITOI und (Rv.) KAAY.!lln KAIIAPI IEBAITQ ET r. Die Prägung stammt aus dem Regierungsjahr 43/44, hat einen Durchmesser von 25 mm und ein Gewicht von 14,5 g. Abb. I und 3 mit freundlicher Genehmigung des British Museum London, Abb. 2 privat. 30 Die von Agrippa veranlaßte Prägung thematisiert das politische Bündnis nicht nur in der Legende sondern auch in der Symbolik zweier geschlossener Hände (vgl. RPC 4982 Rv.). IY(N)MAX(I) AYT(OY).
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Abb. 3: Bronzemünze des Herodes von Chalkis RPC 4777 © Copyright The British Museum
schicksalhaften Einfluß auf den Weg der jungen Kirche ausgeübt hat ten. Und in der grandiosen Phantasie dieses Autors verwandeln sich die zehn Finger zweier krönenden Hände über dem Kopf des Claudius in zehn Hörner: passende Attribute für einen Drachen und den Kopf eines Tieres, das den Tiefen des Meeres entstieg. 8. Das Buch des geschlachteten Lammes Der Vers 13:8, dem wir im Rahmen unserer Analyse des 13. Kapitels noch keine Beachtung geschenkt haben, ist, was Inhalt und Symbolik betrifft, viel zu bedeutend, als daß hier auf eine Analyse seines histo rischen Hintergrundes verzichtet werden könnte. Der genannte Vers ist freilich ein schwieriger Text: Welcher Leser hätte das dort herauf beschworene endgerichdiche Szenario gerade an dieser Stelle erwartet? Daß es mit der Symbolik dieses Verses eine besondere Bewandtnis hat, darauf verweist der Autor sogar selbst, und zwar in der nachgeschobe nen Aufforderung an die Leser, eben diesem Vers besondere Aufmerk samkeit zu schenken: "Wenn einer Ohren hat, so höre er" (Offb 13:9). Der markante Satz e\ tt<; exet ot><;
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In dem Werk des Apokalyptikers Johannes, dessen Bild- und Sym bolsprache eine bis ins einzelne gehende Synchronisierung mit profan historischen Gegebenheiten erlaubt, sollte nun auch ftir das dreifache E! nc; eine plausible (kirchen-) historische Entsprechung gesucht wer den. Die synoptisch bezeugte Aposteltrias Petrus, Jakobus und Johannes (Mk 9:2par) bietet eine solche an: das dreifache Et nc; meint demnach die schicksalhafte, besser: die providentielle Bestimmung dreier Apostel. Folglich ist das erste d nc; sowie der vorausgehende Vers 13:8 auf den Apostel Johannes zu beziehen. Unter dieser Rücksicht gelesen wird Vers 13:8 zu einer interessan ten historischen Notiz: Dem jüngeren Zebedäussohn wird ein Buch (yeypa1ttat . ..f.v tcp ßtßl..icp) zugeschrieben, das in dreifacher Weise charakterisiert ist:
(I) Es erhebt das Wort �ooit in den Rang eines theologischen Schlüssel begriffs (tcp ßtßl..icp tftc; �rof\c;). (2) Es ist "das Buch des geschlachteten Lammes" insofern, als sich dessen Autor als Augenzeuge des Todes Jesu und der durchbohrten Seite zu erkennen gibt (Joh 19:34-35). (3) Es ist ein Buch, das die Erschaffung der Welt (a1to Kataßol..f\c; KO<Jj.lou) auf höchst eigenständige Weise gekennzeichnet hat: "Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht" (Joh I: 10). Nicht nur die bereits genannten Charakteristika gestatten den Schluß, daß Oflb 13:8 den Evangelisten mit dem Zebedäussohn identifiziert. Diese Identifikation stimmt bekanntlich mit diversen kleinasiatischen Traditionszeugen überein. 13 Daß die nach Kleinasien verweisende Schrift des Sehers von Patmos dieses Traditionswissen nicht nur geteilt, son dern auch bei seinen Lesern vorausgesetzt hat, ist eine Schlußfolgerung, die sich traditionsgeschichtlich abgesichert sehen darf und die nun sogar ebendiese kleinasiatische Tradition um ein weiteres Evangelienzeugnis vermehrt, das nicht nur älter sondern auch ungleich klarer formuliert ist als die vielerörterte Einlassung des Papias. 32
31 Vgl. Irenäus (Haer. 3,1,1 = H. e. 5,8,4): "Schließlich gabjohannes, der Jünger des Herrn, der auch an seiner Brust lag, ebenfalls das Evangelium heraus, als er sich in Ephesus in Asien aufhielt"; Polykarp als Hörer des Johannes (Haer. 3,3,4); ferner Polykrates von Ephesus (H.e. 5,24,3): "Und Johannes, der an der Brust des Herrn lag, den Stirnschild trug, Priester, Glaubenszeuge und Lehrer war und in Ephesus zur Ruhe gegangen ist." 32 H.e. 3,39,4. Die Debatte über Papias wird bekanntlich schon von Eusebius erölfuet
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Die umfassende Kenntnis johanneischer Überlieferung wird, wie bereits erörtert, auch in Offb 1 2 deutlich: Sie hatte den Seher von Patmos in die Lage versetzt, die Leidensgeschichte aus der Sicht der Mutter Jesu zu erzählen (Offb 1 2: 1-5) und uns sogar über deren wei teres Schicksal sowie über das Schicksal des ftirsorglichen "Adlers" (Evangelistensymbol Offb 12: 1 4) in Kenntnis zu setzen. Vervollständigen wir unsere Analyse von Offb 13:8, indem wir diesem Vers nun unsere hörende Aufmerksamkeit schenken. Da nun stellen wir fest, daß das Wort empayj.levou fast wie das lateinische evangelium (E V[= cp] - A - r - E . . . ) klingt. 33 Sogar der ausschließlich christliche Brauch, den Autor eines (Evangelien-) Buches mit x:ata einzuftihren, 34 findet in dem Wort x:ata-ßol..it einen versteckten Widerhall. Welch genaue Kenntnis Offb 13: 8 über das Joh-Ev verrät, wird deutlich, wenn wir einmal hypothetisch annehmen, daß bereits das Joh-Ev selbst sich als "Buch des geschlachteten Lammes" verstanden hat. Eine exakt in diese Richtung weisende Selbstreflexion wird in Joh 1: 29 ("Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt") sowie in Joh I: 3 6 greifbar. Das Messiasverständnis, das dort dem Täufer in den Mund gelegt wird, ist, aus synoptischer Sicht betrachtet, ein krasser historischer Fehlgriff. Der Täufer erwartete nämlich eine hoheits volle Messiasgestalt und nicht einen leidenden und an Jes 53: 7 erin nernden Messias. Sogar in johanneischem Kontext wirkt das Wort des Täufers in Joh 1 :29 deplaziert, auch der johanneisch stilisierte Täufer beschreibt einen hoheitsvollen Messias (Joh 1 :27, 30-34).
(vgl. H.e. 3,39,5-14). Eine komm. Bibliographie 1960-1981 in: J. Kürzinger, Papias von Hierapolis und die Evangelien des Neuen Testamentes (Regensburg 1983) 139-227. Ferner G. Zuntz, "Papiana", Z,VW82 (1991) 242-263 und M. Hengel, Diejohanneische Frage (WVNT 67; Tübingen 1993) 75-95. 33 Griechisches Y entspricht phonetisch in etwa lateinischem V (euayyfA.tov => evan gelium). Die klangprägenden Vokale E, A, E finden sich in ECI'lPfi.YJlEvou in der richti gen Reihenfolge; ferner klingt darin lateinisches V (= cp) als erster sowie G = r als zweiter Konsonant an. 34 Vgl. dazu die Untersuchung von M. Hengel (Die Evangelienüberschriften [SHAW.PH 1984.3; Heidelberg 1984]), wonach die längeren Buchtitel (z.B. euayyfA.tov Kata 'JoxivvT]v statt Kata 'JroavvT]v) älter sind. Oflb 13:8 stellt ftir das Joh-Ev einen Beleg aus dem ersten Jahrhundert bereit. Daß der Autor dieses Verses den singulären Charakter dieses Buchtitels nicht nur gekannt, sondern diesen auch zur Kennzeichnung eines Buches genutzt hat, kann dem Text wie folgt entnommen werden: Wie jedes Buch hat auch das in EaAf)lEvov versteckte Evangelium eine Herkunft; diese wird in dem unmit telbar folgenden amS recht deudich thematisiert. Aber in diesem Fall - einem Ausnahme fall - wird die Herkunft weder durch einen Genetiv noch durch ein a1t6, sondern durch ein JCata bezeichnet.
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Gemäß Oflb 1 3: 8 ist das "Lamm Gottes" historisch einem anderen Johannes zuzuweisen: dem anderen Jünger (Joh 1 8: 1 5- 1 6; 20:2-3), der als Apostel Zeuge des Todes Jesu war (Joh 1 9: 3 5) und als Evangelist auf das "Lamm" verwiesen hat, das in etwa zeitgleich mit den Paschaläm mern geopfert wurde. Im sorgfaltigen Arrangement des vierten Evan gelisten kann und soll der Name des Lieblingsjüngers mittels Joh 1:29, 36 identifiziert werden: als der in Joh 1 9:34 sprechende Zeuge namens Johannes. Somit darf Oflb 1 3:8 als Beleg dafür genommen werden, daß das in Joh 1 :26-34 greifbare Kalkül des vierten Evangelisten zumin dest in den kleinasiatischen Adressatengemeinden aufgegangen ist. Auf der Basis dieser Deutung läßt sich sogar Joh 1:28, worin von einem zweiten, sonst unbekannten Betanien am Jordan die Rede zu sein scheint, geographisch sinnvoll interpretieren. Dieser Vers beschreibt nämlich einen Weg von Ost nach West, beginnend bei Betanien (am Ölberg) über Jerusalem (,jenseits des Jordan") nach Golgotha. Dort war Johannes (Ö1tou �v o 'IooavvTJ<;), freilich nicht der Täufer (dessen Aufenthaltsort jedermann bekannt ist), sondern der Zeuge (o eoopmcoo<; Joh 19: 35, o f.ta.ptupoov Joh 21 :24). Ziehen wir ein abschließendes Resümee: Oflb 13:8 thematisiert die providentielle Bestimmung des Apostels und Evangelisten Johannes. Auf hintergründige Weise wird darin "ein Buch des Lebens" in den Blick gerückt, das in Kleinasien unter dem Titel euayyD tov Kata 'IooavvT]v bekannt war. ..
9. Schlußbetrachtung Eine auf lateinischer Gematrie basierende Heuristik vermag zwar, wie sich gezeigt hat, mit einiger Wahrscheinlichkeit auf eine historische Person namens Claudius zu verweisen, ist aber nicht gegen den Verdacht gefeit, ein bestimmtes Ergebnis erzwungen zu haben. Das Resultat solcher Heuristik ist zudem nicht "exakt"; es lautet bestenfalls CLAV DIV und nicht CLAVDIVS. Allerdings könnte man von dieser Kritik, so berechtigt sie auch scheinen mag, erwarten, daß sie zur Rechtfertigung ihrer eigenen Basis den Nachweis erbringt, daß der Verfasser tatsäch lich ein "exaktes" Rätsel gestellt habe, das mit einer glatten, unanfecht baren Heuristik lösbar ist. Da aber dieser Nachweis wahrscheinlich nicht geführt werden kann - er wäre mit der Lösung des Rätsels selbst identisch - bleibt es bei der Feststellung: Das in Oflb 13: 18 gestellte Problem ist mit gematrischer Heuristik allein nicht zu entscheiden. Eine Entscheidung ist aber auf historischer Ebene möglich: Die Annahme, daß Oflb 13:1-4 in Wahrheit den Herrschaftsantritt des
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Claudius reflektiert, liefert nicht nur eine historisch transparente Deutung dieses Textes; dieser Deutungsansatz erlaubt sogar eine historisch kon sistente Interpretation des gesamten 13. Kapitels. Eine Identifikation des ersten Tieres mit Claudius steht somit auf sicherem Fundament. Gesichert ist damit auch der Name, der in der Zahl eines Namens verschlüsselt ist: Claudius. Dieses Resultat liefert wiederum den Schlüssel ftir Vers 13: 17, dessen numismatischer Hintergrund jetzt genau bestimmt werden kann: Es handelt sich um Münzen, die das zweite Tier zur Verehrung des ersten Tieres in Umlauf gesetzt hatte. Neronische Münzen mit der Legende NERO CLAVD DIVI CLAVD F wurden in Kleinasien in mehreren Emissionen in Umlauf gesetzt. Das erstaunliche Interesse des Verfassers an dieser Münzlegende hat, wie sich zeigen wird, einen bestimmten Grund: Die Münzlegende enthält den Namen des Tieres exakt in der Gestalt, wie sie zur Lösung des folgenden Zahlenrätsels benötigt wird. Unter dieser Annahme gelingt für die schwierigen Verse Oflb 13: 161 7 eine eng am Text angelehnte gematrisehe Deutung, die nun abschließ end erläutert sei. Der auf alle Händler ausgeübte Zwang spiegelt sich in den Worten "Die Kleinen und die Großen, die Reichen und die Armen, die Freien und die Sklaven, alle zwang es, ihnen (auto'i�) das Kennzeichen (xapayJla) ihrer rechten Hand oder das auf ihre Stirn hin (geritzte) Kennzeichen zu geben (öooow)" (Oflb 13: 16). Der Empfanger der Kennzeichen (auto'i�) bleibt, wenn wir diesen Satz für sich allein betrachten, einiger maßen rätselhaft; und dies mit Absicht, denn der ratlose Leser soll auf das exwv to xapayJla des folgenden Verses aufmerksam gemacht wer den, worin die Kennzeichen wiederkehren, freilich als to xapayJla to OVOflCl 'tOU E>TJptou � 'tOV apt8f.10V 'tOU OVOflCl'tO� autou (Oflb 13: 17). Hier erscheint das Kennzeichen (xapayJla) plötzlich als Oberbegriff zweier anderer Größen, als Zusammenfassung eines Namens und einer Zahl: "Kaufen oder verkaufen konnte nur, wer das Kennzeichen trug: den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens" (Oflb 13:17). Verständ lich wird dieser Text erst, wenn wir ihn als gematrisehe Anleitung lesen, wie die Zahl eines Namens ermittelt werden soll. Der Anweisung von Oflb 13: 16 folgend (iva ... öoocnv auto'i�) über geben wir die Kennzeichen VI an den Namen des Tieres CLAVD.35
35 Die Tetradrachme RPC 4123 (Av.) erlaubt sogar eine numismatische Konkretisierung dieses Vorgangs. Wenn man nämlich dort die m!f die Stirn gerichteten Kennzeichen VI über den Kopf des Imperators hinweg dem linksseitigen CLAVD anftigt (öii'xnv), erhält man das in Offb 13:16 intendierte VI + CLAVD. Die Feststellung, daß RPC 4123
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Wir erhalten VI + CIAVD = CIAVDVI. Exakt dieses Resultat spiegelt sich in der sachlich schwierigen Wortfolge tO xapay!J.a tO ÖVO!J.Cl des folgenden Verses (1 3: 1 7) wider. Durch das folgende i1 sind wir aufge fordert, dieses Resultat als Zahl aufzufassen: � tov &pte!J.ov tou ov6Jlato� autou. Man erhält CLaVDVI = DCLVVI = 661. Gegenüber der apokalyptischen Rätselzahl 666, welche die Vollkommenheit der 7 dreimal verfehlt, weist unser Resultat einen Fehlbetrag auf. Wir machen das Maß der Verfehlung komplett und interpretieren das A als Zahl: CIAVDVI = CLVVDVI = DCLVVVI = 666.
die Vorgabe von Oflb 13: 16 am genauesten erfüllt, korrespondiert mit einer Beobachtung, die Offb 6:6 entnommen werden kann, einem gleichfalls numismatisch verwertbaren Vers. Vordergründig handelt dieser von einer Tagesration Getreide (xoivt�), die ein Mensch ftir den Lebensunterhalt benötigt (so schon bei Homer); unter den wirtschaftlichen Verhältnissen des I. Jh.s dürfte aber eigentlich an den Tageslohn eines Lohnarbeiters gedacht sein, an den expressis verbis genannten Denar. Die Stimme aus der Mitte der hier eigens genannten vier Lebewesen handelt aber außerdem von einer Vier-Tage Ration (xoi:vt� . . . Kai -rpEt� xoivtKE� . . . ), die nun als Vier-Tage-Lohn interpretiert und mit einer Tetradraclu-M identifiziert werden darf. Die zweifache Nennung des Nominals Denar rückt also ausdrücklich das kleinste ( I-Denar Drachme) sowie das größte Nominal ( [ I +3]-Denar Tetradrachme) gewisser Münzemissionen in den Blick und impliziert sicherlich auch deren mittleres Nominal ( [3-1]-Denar) : die in mehreren Varianten belegte Didrachme. ==
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