Bernd Harder
Die Sterne lügen nicht – sie schweigen
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Bernd Harder
Die Sterne lügen nicht – sie schweigen
scanned 2004 corrected 09/2008 Welche sachlichen Argumente kann man gegen Esoterik, Aberglauben, Okkultismus und Paranormales anführen? Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse dazu? Welche Tests wurden durchgeführt, um bloße Behauptungen von Tatsachen zu unterscheiden? Und was sagt die Bibel? Ein informatives Buch, das seriöse Antworten auf oft gestellte Fragen gibt. ISBN: 3-7655-3778-0 Verlag: Brunnen Verlag Gießen Erscheinungsjahr: 2004 Umschlaggestaltung: Georg Design, Münster
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Buch • • • • • •
„Gott spricht auch durch die Sterne zu uns.“ „Seelenwanderung war einst Kirchenlehre.“ „Es gibt ein 6. und 7. Buch Moses.“ „Jesus war in Wahrheit ein Außerirdischer.“ „Der Bibel-Code sagt die Weltgeschichte voraus.“ „Wer heilt, hat Recht!“
Immer wieder wird man im Freundes- und Bekanntenkreis mit solchen Behauptungen konfrontiert. Doch die eigene Glaubensgewissheit bietet oft nicht genügend Diskussionsgrundlage. Welche sachlichen Argumente kann man gegen Esoterik, Aberglauben, Okkultismus und Paranormales anführen? Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse dazu? Welche Tests wurden durchgeführt, um bloße Behauptungen von Tatsachen zu unterscheiden? Und was sagt die Bibel? – Ein informatives Buch, das seriöse Antworten auf oft gestellte Fragen gibt.
Autor Bernd Harder, Zeitschriften-Redakteur. WeltbildMagazin, Katholische Nachrichten-Agentur (kna), Wellfit. Chefredakteur der medizinischen Fachzeitschrift IgeL-aktiv. Zahlreiche Buchveröffentlichungen. Vorstandsmitglied der Gesellschaft für wissenschaftliche Untersuchungen von Parawissenschaften.
Die Sterne lügen nicht – sie schweigen 67 entzauberte Esoterik-Mythen
VERLAG GIESSEN BASEL
© 2004 Brunnen Verlag Gießen www.brunnen-verlag.de Lektorat: Carsten Schmidt und Ralf Tibusek Umschlagmotiv: Thomas Georg (Digital Composing) Umschlaggestaltung: Georg Design, Münster Satz: Ursula Dahmen Herstellung: Ebner und Spiegel, Ulm ISBN 3-7655-3778-0
Inhalt Vorwort ..................................................... 13 Aberglaube ................................................. 16 1. „Glaube und Aberglaube sind rein subjektiv. An Gott zu glauben ist genauso abergläubisch wie dreimal auf Holz zu klopfen.“ ...............................16 Amulette .................................................... 18 2. „Ein Amulett oder einen Talisman zu tragen ist doch dasselbe wie z.B. eine ChristophorusPlakette im Auto.“ ....................................................18 Astrologie .................................................. 20 3. „Astrologie ist eine uralte Erfahrungswissenschaft.“ .........................................20 4. „Man muss unterscheiden zwischen seriöser Astrologie und Scharlatanen, die mit primitiven Zeitungshoroskopen Geld machen wollen.“ ....26 5. „Mein Horoskop stimmt immer.“ .......................27 6. „Viele große Gelehrte glaubten an die Astrologie.“ .................................................................29 7. „Welcher Natur der astrologische Zusammenhang zwischen ‚Oben‘ und ‚Unten‘ ist, lässt sich mit dem heutigen Wissensstand vorerst nicht entscheiden. Warum sollte man die Astrologie ablehnen, nur weil es (noch) keine Erklärung dafür gibt?“ .............................................30 8. „Die Sterne zwingen nicht, sie machen nur geneigt.“ ......................................................................32 9. „Die Sterne lügen nicht.“ .......................................34 10. „Astrologie ist anerkannte Lebenshilfe.“ ............35
11. „Mir hilft Astrologie!“ .............................................36 12. „Die Astrologie fördert ein globales, ganzheitliches Denken, während die Naturwissenschaftler nur ein völlig überholtes, mechanistisches Weltbild verteidigen.“ ..............38 13. „Gott spricht durch die Sterne zu uns.“ .............41 14. „Man kann Astrologie auch christlich betreiben.“ ..................................................................43 15. „In der Bibel spielen die Sterne eine heilsgeschichtliche Rolle.“ .....................................45 16. „Um Astrologie zu verstehen und beurteilen zu können, muss man sich jahrelang damit beschäftigt haben. Ein Nicht-Astrologe ist zu einem Urteil darüber gar nicht fähig.“ ................47 Außerirdische ............................................. 48 17. „Die Kirche verheimlicht gemeinsam mit den Regierungen die Existenz von Außerirdischen, weil das ihr ganzes Weltbild und damit ihre Macht zum Einsturz bringen würde.“ ................48 Aura .......................................................... 51 18. „Man kann die Aura eines Menschen sehen und sogar fotografieren und mit diesen Bildern Krankheiten feststellen.“ .........................................51 Astronautengötter ....................................... 56 19. „Die Götter waren Astronauten.“ ........................56 20. „Der Stamm der Dogon in Afrika verfügt über unerklärliches astronomisches Wissen.“..............60 Der Bibel-Code .......................................... 62 21. „In der Bibel sind alle großen Ereignisse verschlüsselt vorausgesagt.“ ....................................62
Channeling ................................................. 66 22. „Wir können mit Gott, Engeln, Außerirdischen, aufgestiegenen Meistern und höheren Wesenheiten kommunizieren – via Channeling.“ ..............................................................66 23. „Gott und Jesus haben einigen Channel-Medien neue Evangelien geoffenbart.“ ..............................69 24. „Channeling-Botschaften sind nachprüfbar richtig.“ ........................................................................73 25. „Channeling ist Lebenshilfe, Channel-Medien sind spirituelle Lehrer.“ ...........................................74 Christus ..................................................... 76 26. „Jesus war nicht Gottes Sohn, sondern ein Erleuchteter.“ .............................................................76 Engel ......................................................... 80 27. „Engel sind eigenständige kosmische Intelligenzen.“............................................................80 28. „Die Engel-Botschafterin Alexa Kriele informiert uns darüber, wie es im Himmel aussieht.“ ....................................................... 82 Der „Fluch“ des Pharao .............................. 85 29. „Der Fluch des Tutenchamun brachte vielen Menschen den Tod.“ ...............................................85 Feuerlauf .................................................... 86 30. „Feuerlaufen ist ein Beweis für die Macht des menschlichen Geistes über die Materie.“ ...........86 Freitag, der 13. ........................................... 88 31. „Freitag, der 13. ist ein Unglückstag.“................88 32. „An Freitagen, die auf einen 13. fallen, passieren mehr Unfälle.“ ...........................................................89
Geistheilung ............................................... 90 33. „Geistheiler wirken nach dem Vorbild Jesu.“ ..90 34. „Wer heilt, hat Recht.“ ..........................................93 35. „Der Placebo-Effekt wirkt nicht bei kleinen Kindern und nicht bei Tieren.“ ............................95 Geistiges Potenzial ...................................... 96 36. „Wir nutzen nur zehn Prozent unseres geistigen Potenzials.“ .................................................................96 Hexen ........................................................ 98 37. „Für die Hexenverfolgung des Mittelalters und der Frühen Neuzeit war allein die Kirche verantwortlich.“ ........................................................98 38. „Am Hexenbesen wird die Welt genesen.“ ......99 39. „Ein Liebeszauber ist doch etwas Gutes.“........102 40. „Hexen wollen Ihren Kunden nur helfen.“ ....103 Hildegard von Bingen ............................... 104 41. „Durch die Hildegard-Medizin heilt Gott selbst.“ ........................................................................104 Intuition................................................... 107 42. „Intuition ist alles.“.................................................107 Mond ....................................................... 109 43. „Wir alle kommen aus dem Wasser – also unterliegen wir auch den mondbewegten Fluten und Gezeiten.“ ........................................................109 Moses ...................................................... 111 44. „Es gibt ein 6. und 7. Buch Mose.“ ..................111 New Age .................................................. 113 45. „Wir leben im Wassermann-Zeitalter.“ ...........113
46. „Der Mensch muss seine eigene Göttlichkeit erkennen.“ ................................................................116 47. „New Age und Esoterik werden die Welt verändern.“ ...............................................................118 Nostradamus ............................................ 121 48. „Nostradamus war der größte Prophet aller Zeiten.“ .....................................................................121 49. „Nostradamus hat den Tod von Heinrich II. vorausgesehen.“ .......................................................123 50. „Nostradamus hat Hitler prophezeit.“ ..............124 Papstweissagungen .................................... 125 51. „Der übernächste Papst nach Johannes Paul II. ist der letzte.“ ...........................................................125 Parapsychologie ........................................ 127 52. „Parapsychologie ist eine anerkannte Wissenschaft“ ...........................................................127 53. „In Freiburg kann man Parapsychologie studieren.“ .................................................................130 54. „Wenn jemand vor 200 Jahren etwas von ‚fernsehen‘ oder ‚telefonieren‘ gesagt hätte, hätte ihm auch keiner geglaubt.“ ..................................132 Positiv denken .......................................... 134 55. „Positiv denken löst alle Probleme.“ .................134 Reinkarnation/Seelenwanderung ................ 136 56. „Die Lehre von der Wiedergeburt war bis 553 n. Chr. offizieller Bestandteil der christlichen Religion.“ .................................................................136 57. „Es gibt unumstößliche Beweise für die Wiedergeburt.“ ........................................................139 Satanismus ............................................... 143
58. „Das Christentum hat versagt und ist völlig unbrauchbar.“ ..........................................................143 59. „Es ist doch ganz egal, ob ich an Gott oder an den Teufel glaube.“ ................................................144 60. „Die Welt wird immer schlechter. Es ist besser, sich gleich auf die Seite des Bösen zu stellen.“ .....................................................................................146
61. „Der Satanismus vertröstet nicht auf später, sondern verspricht sofortige Befriedigung aller Bedürfnisse.“ ............................................................146 Ufos......................................................... 150 62. „Jesus Christus war in Wahrheit der Außerirdische Ashtar Sheran.“ ............................150 Wahrsager ................................................ 154 63. „Wahrsager haben ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten von höheren Mächten erhalten.“ 154 Wissenschaft ............................................. 157 64. „Die Kritiker können ja auch nicht beweisen, dass Astrologie, Wahrsagen etc. nicht funktioniert.“ ...........................................................157 65. „Wissenschaftliche Erkenntnisse sind doch nur die Irrtümer von morgen.“ ..................................158 66. „Es kann doch jeder glauben, was er möchte.“ .....................................................................................159
Zufall....................................................... 161 67. „Es gibt keine Zufälle.“ .........................................161 Verwendete und zitierte Literatur: .............. 163
Vorwort Kommt Ihnen diese Situation bekannt vor? In einer x-beliebigen Nachmittagstalkshow tritt eine selbst ernannte „Hexe“ auf. Sie glaube an „Tod und Wiedergeburt“, sagt sie. Einer ihrer Gesprächspartner ist Geistlicher. Als er einen kritischen Einwand macht, bricht es geradezu aus der „Hexe“ heraus: Die Lehre von der Reinkarnation – also von der Wiedergeburt der Seele in einem anderen Körper – sei doch bis ins Jahr 553 hinein Teil der christlichen Lehre gewesen. Erst bei einem Konzil in Konstantinopel hätten „ein paar Tattergreise“ alle Stellen und Hinweise darauf aus der Bibel gestrichen. Der Pfarrer ist ratlos, die Moderatorin sowieso. Und Sie zu Hause am Bildschirm? Bei einer Hochzeitsfeier unterhalten sich zwei der Gäste an Ihrem Tisch über die Predigt des Pfarrers. Der eine erzählt etwas von einem „neuen Evangelium“, das er kürzlich in einem Esoterik-Buchladen gekauft habe. Der andere gibt zu erkennen, dass er sich intensiv mit „christlicher Astrologie“ beschäftigt und überzeugt ist, dass Gott durch die Sterne zu den Menschen spreche. Was können Sie tun? Sich einmischen? Höflich, aber bestimmt darauf hinweisen, dass das Aberglaube in christlichem Gewand ist? Ja – aber wie? Oft fühlen wir uns bei solchen Gesprächen unbehaglich. Wir spüren, dass solche Behauptungen und Ideen 13
aus den Bereichen Esoterik und Okkultismus Mythen sind und außerdem den christlichen Glauben verwässern oder sogar vollständig den biblischen Aussagen widersprechen. Zugleich aber fehlt uns nicht selten das nötige Sachwissen, um als ernst zu nehmender Diskussionspartner akzeptiert zu werden. Um es gleich vorweg zu nehmen: In diesem Buch geht es nicht darum, Esoterik, Aberglauben und „Paranormales“ gleichzusetzen mit Bindungen an eine dunklen Welt. Nicht die seelischen, spirituellen und körperlichen Gefahren von esoterischen Praktiken und Okkultismus oder „okkulte Belastung“ stehen im Mittelpunkt. Auch nicht die Frage, ob sich hinter der Welle des Irrationalismus ein Angriff des Teufels, eine satanische Verschwörung, verbirgt. Dieses Buch bietet auch keine Patentrezepte gegen den Einfluss gott- und menschenfeindlicher Mächte. Vielmehr ist die Absicht von „Die Sterne lügen nicht – sie schweigen“, Sie mit typischen esoterischen und abergläubischen Überzeugungen, Thesen und Phrasen bekannt zu machen – und Ihnen überzeugende Gegenargumente an die Hand zu geben. Denn nur abwertende oder gar dämonisierende Bemerkungen zu diesem Themenkreis führen in Gesprächen mit religiös nicht gebundenen und der Kirche fern stehenden Freunden, Bekannten und Kollegen in aller Regel kaum weiter. Außerdem: „Zu meinen, man könne das Wirken des Teufels eindämmen, indem man Verbotslisten mit Dingen erstellt, die ‚okkult belasten‘, ist eine bloße Ver14
harmlosung des Bösen“, warnt der evangelische Theologe Dr. Hansjörg Hemminger zu Recht. „Die Macht des Verdrehers und Verderbers von Anfang an ist verborgen hinter den unzähligen Schäden der gottlosen Menschenwelt.“ Aus diesem Grund finden Sie auf den folgenden Seiten knapp und in komprimierter Form wissenschaftliche Fakten und biblische Wahrheiten gegen „Übersinnliches“ und Unsinniges. Damit Sie jedem Gespräch darüber gewachsen sind.
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Aberglaube 1. „Glaube und Aberglaube sind rein subjektiv. An Gott zu glauben ist genauso abergläubisch wie dreimal auf Holz zu klopfen.“ Gegenfrage: Was ist der Unterschied zwischen Witz und Aberwitz? Wer witzig ist, trifft das Richtige. Wer aberwitzig ist, erhebt einen falschen Anspruch und macht sich meist lächerlich. Auf die obige Behauptung bezogen heißt das: Natürlich trifft es zu, dass „Aberglaube“ zu allen Zeiten und Kulturen, ja sogar regional unterschiedlich definiert wurde und wird. Aber: Wenn wir eine Idee oder eine esoterische Praktik als Aberglaube bezeichnen, prüfen wir immer zugleich das, was wir bei sorgfältiger Betrachtung des Wissensstandes unserer Kultur jeweils „objektiv“ wissen können und was nicht. Aus diesem Grund ist es eben nicht derselbe „Aberglaube“, auf einen Talisman oder aber auf Gott zu vertrauen. Ob es Gott gibt oder die Seele unsterblich ist, können wir objektiv betrachtet nicht wissen – aber auch nicht vernünftig widerlegen. Dagegen wissen wir heutzutage recht gut, dass von einem Glückspfennig keine geheimnisvollen überirdischen „Kräfte“ oder „Schwingungen“ ausgehen und dass an einem Freitag, dem 13., eben nicht mehr Unfälle passieren als sonst – denn dazu gibt es einwandfreie wissenschaftliche und statistische Untersuchungen. 16
Es stimmt, „Glaube“ und „Aberglaube“ mögen subjektiv sein. Aber sie sind durchaus nicht beliebig. Durch unsere Kenntnisse der Natur ist uns klar, dass bestimmte Zeichen und Gesten (wie etwa das Kreuzen der Finger oder ein besonderer Kugelschreiber bei der Klausur) die Ereignisse, auf die sie gerichtet werden, unmöglich beeinflussen können. Anders gesagt: Wenn der aktuelle Stand des logischen und wissenschaftlichen Denkens unserer Zeit ergibt, dass ein Fluorit-Heilstein kein „Kraftfeld“ aussendet, das etwa Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer heilen kann, dann ist dies mitnichten eine rein „subjektive“ Erkenntnis, die man einfach anzweifeln dürfte. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die wir nicht wissen und auch gar nicht wissen können – aber mit Fug und Recht glauben. Und es gibt Dinge, über die wir genau Bescheid wissen – und die wider bessere Einsicht trotzdem von vielen Menschen geglaubt werden. Und genau das ist Aberglaube.
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Amulette 2. „Ein Amulett oder einen Talisman zu tragen ist doch dasselbe wie z.B. eine Christophorus-Plakette im Auto.“ Nein. Talisman, Maskottchen und Amulett haben im Wesentlichen alle die gleiche Funktion: Sie sollen für den Besitzer Unheil abwenden und Glück bringen – den Sieg für die Fußballmannschaft, eine gute Note in der MatheArbeit oder einen Geschäftserfolg. Diese Gegenstände weisen auf ein fast technisches Machbarkeitsdenken hin. Oder anders gesagt: auf einen „Glauben, dass …“ Ihre Träger versuchen, sich geheimnisvoller und ungewöhnlicher Kräfte zu bedienen, um auf direktem Weg ein unmittelbares Ziel oder einen nahe liegenden Zweck zu erreichen. Das zeigt sich z.B. dann, wenn ein Fußballer bei einem wichtigen Spiel wie gelähmt agiert, weil seine „Glücksschuhe“ gerade beim Schuster sind. Oder wenn eine Mannschaft die Schuld an einer Niederlage allein der Tatsache zuschreibt, dass zuvor im Bus die „richtige“ Sitzordnung nicht eingehalten wurde. Oder wo Menschen glauben, dass ohne einen bestimmten Gegenstand, ohne eine bestimmte Handlung der Erfolg gar nicht mehr möglich ist. Sie verlieren die innere Sicherheit, die ein gesundes Selbstbewusstsein verleiht. Das Amulett, das dazu dienen soll, ihr Selbstbewusstsein zu stützen, untergräbt es in Wirklichkeit. Bei Christen dagegen steht der „Glaube an …“ im Vordergrund. 18
Eine Christophorus-Plakette oder ein Fischaufkleber am Auto ersetzen weder gute Reifen und Bremsen noch eine verantwortliche Fahrweise. Diese Zeichen sollen uns vielmehr daran erinnern, dass wir an Gottes Heil und Hilfe glauben, und sie sind ein öffentliches Bekenntnis zu diesem Glauben.
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Astrologie 3. „Astrologie ist eine uralte Erfahrungswissenschaft.“ „Erfahrungswissen“ kann wahr sein – muss es aber nicht. Diese Frage stellt sich aber bei der Astrologie eigentlich gar nicht. Denn sie basiert nicht einmal auf „Erfahrung“ (getestetes Wissen aus Beobachtung). Zunächst: Verlieren sich die Ursprünge der Astrologie in einem mysteriösen, vorzeitlichen Dunkel, wie oft behauptet wird? – Keineswegs. Wir wissen über die Entstehung der Sterndeutung und ihre Entwicklung recht gut Bescheid: Die klassische Astrologie ist kaum älter als das Christentum, das erste bekannte Horoskop ist auf das Jahr 410 v. Chr. datiert, die altbabylonischen Astralmythen sind lediglich primitive Vorformen. Viel entscheidender aber ist: Astrologische Deutungsregeln beruhen weder auf „Erfahrungen“ noch auf systematischen Himmelsbeobachtungen nach einer wissenschaftlichen Methodik. Tatsächlich sind sie am Schreibtisch entstanden – und zwar nach einem sturen Schematismus, der sich naive Analogieschlüsse aufgrund der Namen der jeweiligen Gestirne zu Nutze macht. Das lässt sich am Beispiel des Planeten Pluto sehr gut zeigen: Obwohl der neunte Planet unseres Sonnensystems erst 1930 entdeckt wurde, waren die Astrologen schon kurze Zeit später mit ihren Entsprechungen zur Hand: Die zufällige Namensgebung Pluto (nach dem 20
griechischen Gott der Unterwelt) führte zu folgender Charakteristika: Gewalt, Skrupellosigkeit, Verbrechen, Erdbeben, Vulkanausbrüche und Ähnliches mehr. Hätte man nicht eigentlich annehmen sollen, dass die astrologische Zunft erst einmal einen kompletten PlutoUmlauf um die Sonne abwartet und etwaige Einflüsse des neu entdeckten Himmelskörpers auf uns Menschen und auf das irdische Geschehen genau beobachtet und protokolliert? Das hätte allerdings 248 Jahre gedauert. Zu lange anscheinend für die Anhänger des astrologischen Weltbildes, denen es um kaum mehr als eine vage symbolische Bedeutung der „Himmelslichter“ geht – und nicht um Erfahrungs- oder gar Fachwissen. Der Okkultismus-Experte der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP), Wolfgang Hund, hat dieses und eine ganze Reihe von weiteren, sehr einleuchtenden Beispielen für die Unwissenschaftlichkeit der Astrologie zusammengetragen: Was wäre, wenn die alten Römer den rötlich schimmernden Mars nicht nach ihrem Kriegsgott benannt hätten, sondern stattdessen nach dem Liebesgott Eros? Wären damit schlagartig sämtliche mit dem Himmelskörper verknüpften Horoskope sanftmütig geworden? Oder: An einem schönen, klaren Abend können wir am Himmel rund 2000 Sterne beobachten. Da nicht alle Sterne gleichzeitig über dem Horizont stehen, vergrößert sich die Anzahl der Sterne, die wir mit bloßem Auge sehen können, auf etwa 6000. Zählt man nun noch 21
die Sterne hinzu, die wir nicht wahrnehmen können, weil sie zu dunkel sind, dann geht ihre Zahl allerdings in die Milliarden. Für die Astrologen sind aber nur 150 Sterne von Bedeutung – nämlich jene, die auf dem so genannten Tierkreis liegen (das ist der scheinbare „Weg der Sonne“ am Himmel im Verlauf eines Jahres). Wieso? Auch auf diese Frage bleiben die Astrologen eine überzeugende Antwort schuldig. Oder: Was sehen wir, wenn wir mit bloßem Auge zum nächtlichen Sternenhimmel hinaufsehen? Nur viele helle Punkte – nicht aber die getreue Abbildung eines bekannten Objekts oder einer Figur. Nur die schöpferische Fantasie der Sterndeuter verbindet einzelne Sterne am Firmament assoziativ zu einer „Waage“, einem „Skorpion“ oder einem „Fisch“. Mittlerweile tragen mehr als 90 dieser so genannten Sternbilder einen Namen. Dafür ist die Internationale Astronomische Union zuständig, also Wissenschaftler. Für die Astrologen aber zählen wiederum nur jene zwölf Sternbilder auf dem Tierkreis: die „Tierkreiszeichen“, denen sie eine anschaulich-mythologische Bedeutung zuschreiben. Und wiederum ignorieren sie dabei die Tatsache, dass Sternbilder bloß optische Projektionen sind. Die dazu gezählten Sterne bilden nicht wirklich eine Einheit mit einer komplexen und wirkmächtigen inneren Struktur, sondern sind unvorstellbar weit voneinander entfernt, ohne innere Verbundenheit – und ohne jeden Einfluss auf die Eigenschaften von „Waage“ –, „Skorpion“ – oder „Fische“-Geborenen. 22
Außerdem: Die zwölf Sternbilder am Himmel, die zur Geburtsstunde der Astrologie vor rund 2000 Jahren auf der scheinbaren Sonnenbahn, der so genannten Ekliptik, zu sehen waren und daher zu den „Tierkreiszeichen“ bestimmt wurden, sind längst weitergewandert. Aufgrund der Anziehungskräfte von Sonne und Mond torkelt die Erde ähnlich wie ein Kreisel durchs All. Das bedeutet zugleich, dass sich die Erdachse langsam, aber stetig verschiebt. Somit verändert sich in gleichem Maße die Ausrichtung der Erdoberfläche auf das Firmament – und damit auch auf die zu den Sternbildern zusammengefassten Fixsterne. Das heißt: Wenn wir heute zum Himmel blicken, haben wir ganz andere „Himmelsgegenden“ vor Augen als die Menschen zur Zeit vor Christi Geburt. Die zwölf Sternbilder mit den Tierkreisnamen (also Widder, Stier, Zwilling, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische) sind in den vergangenen zwei Jahrtausenden um etwa 30 Grad vorgerückt. So hat heute der „Zwilling“ dem „Stier“ Platz gemacht. Und wo vor 2000 Jahren das Sternbild der „Jungfrau“ zu sehen war, befindet sich jetzt der „Löwe“. Und das bedeutet zugleich, dass ein angeblich leichtfertiger „Zwilling“ nach dem heutigen Stand der Gestirne eigentlich ein ernsthafter „Stier“ ist, und eine vermeintlich sorgenvolle „Jungfrau“ eher ein selbstbewusster „Löwe“. Die Astrologie aber blendet die so genannte Erdpräzession (die besagte Verschiebung der Erdachse) völlig aus. Konkret bedeutet das: Der Tierkreiszeichenring, 23
den die Astrologen bis in die heutige Zeit hinein ihren Zeichnungen und Horoskopdeutungen zu Grunde legen, deckt sich nicht mehr mit den echten Sternbildern am realen Sternenhimmel, sondern er entspricht einer antiken Betrachtung. Wieso? Weil ein einmal festgelegtes und somit vertrautes (aber längst veraltetes) Weltbild anscheinend mehr zählt als naturwissenschaftliche Tatsachen. Ähnliches gilt für den geheimnisvollen „Schicksalsimpuls“, der angeblich von den Sternen auf uns Menschen ausgehen soll. Kein Wissenschaftler behauptet, dass wir Menschen isoliert, ohne Beziehung zum Kosmos, leben. Aber gerade die nachgewiesenen Zusammenhänge wie z.B. Sonnenaktivität, Gezeiten etc. sind weder von Astrologen entdeckt worden noch spielen sie im astrologischen Lehrsystem auch nur die geringste Rolle. Keine der vier bekannten Grundkräfte (Gravitation, Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung/Radioaktivität) ist in der Lage, die komplexe Struktur der menschlichen Erbanlagen bzw. Charakter und Wesenszüge zu formen oder auch nur zu beeinflussen. Konkret bedeutet das: Die Planeten sind nicht elektrisch geladen und können daher keine weit reichenden Wirkungen ausüben. Das von ihnen ausgehende elektromagnetische Signal – also das Licht, das wir sehen –, kommt (neben vielen anderen Gründen) nicht in Frage, weil nach astrologischer Lehre auch die Planeten wirken sollen, die zum Geburtszeitpunkt unter dem Horizont stehen und daher gar nicht gesehen werden können. Die Gravitationswirkung ist viel zu klein und unspe24
zifisch. Die Anziehungskraft zwischen einem Säugling und der im Kreißsaal anwesenden Hebamme ist rund eine Million Mal größer als die Gravitation der Planeten unseres Sonnensystems – denn die Anziehung hängt vom Abstand zwischen zwei Massen ab und sinkt drastisch mit der Entfernung der beiden Objekte. Die so genannte starke und schwache Wechselwirkung regelt die Verhältnisse in den Atomkernen; sie wirkt jedoch nur auf ganz kurze Entfernungen, sozusagen nur, wenn die Elementarteilchen sich fast berühren. Das heißt: Kein wie auch immer gearteter „kosmischer Reiz“ wirkt sich mit geradezu gesetzmäßiger Notwendigkeit auf das zukünftige menschliche Schicksal aus. Oder: Wann ist ein Mensch eigentlich „geboren“? Ist nicht der Zeitpunkt der genetischen Ausstattung, also die Befruchtung, viel entscheidender als die Geburt? Wenn tatsächlich die Gestirne an der Bildung des menschlichen Wesens mitwirken würden – müssten sie dann nicht schon dem ungeborenen Fötus im Uterus ihren „Stempel“ aufdrücken, fragt sich Wolfgang Hund zu Recht. Rund 240 Menschen auf der Welt sind exakt zum selben Zeitpunkt auf die Welt gekommen. Wieso aber wird nicht jeder zum Dichterfürsten, der ein ähnliches Geburtshoroskop hat wie Johann Wolfgang von Goethe? Umgekehrt teilen viele Menschen dasselbe Schicksal, z.B. Tod bei einer Massenkatastrophe, haben aber nicht das gleiche Horoskop. Was ist für den Lebensweg zweier Menschen wohl bedeutsamer: Das gemeinsame Geburtshoroskop? Oder die Lebensumstände, in die sie hineingeboren werden? 25
4. „Man muss unterscheiden zwischen seriöser Astrologie und Scharlatanen, die mit primitiven Zeitungshoroskopen Geld machen wollen.“ Zwischen „seriöser“ Astrologie und „Vulgärastrologie“ zu differenzieren, ist reine Rhetorik und führt keinen Schritt weiter. Denn der Unterschied zwischen einem detaillierten „persönlichen“ Horoskop und einem vierzeiligen Zeitungshoroskop liegt lediglich im Grad der Kompliziertheit. Individuelle astrologische „Persönlichkeitsanalysen“ und Daseinsdeutungen beziehen sehr viel mehr Daten des Klienten mit ein, die die „kosmische Situation“ zum Zeitpunkt seiner Geburt möglichst exakt wiedergeben und ein „tiefgründiges Bild der menschlichen Natur“ zeichnen sollen; es wird mehr gerechnet, verglichen, analysiert etc. Doch dieses gewaltige Regelgebäude mit zahllosen Abstraktionen, Zuordnungen und Deutungselementen sagt rein gar nichts darüber aus, wie seriös das zugrunde gelegte Wissen ist. „Seriosität“ ist folglich kein brauchbares Unterscheidungsmerkmal. Zumal sich wohl ausnahmslos jeder Astrologe für „seriös“ hält – und die „Unseriösen“ sind immer die anderen. Man muss eigentlich fragen, ob es auch nur eine einzige Variante astrologischer Deutungskunst gibt, die „funktioniert“. Gibt es überhaupt einen nachweisbaren Zusammenhang zwischen der Gesamtsymbolik eines Horoskops und einem entsprechenden Geschehen auf der Erde bzw. mit einem Individuum? 26
Dazu wurden mehr als 500 empirischwissenschaftliche Studien von Astrologie-Anhängern wie Astrologie-Kritikern durchgeführt: von Mathematikern, Psychologen, Soziologen, Astronomen und Medizinern. Die Ergebnisse deuten klar darauf hin, dass die von der Astrologie angenommenen Beziehungen zwischen den Menschen und den Gestirnen nicht bestehen – die grundlegende astrologische Hypothese also falsch ist. Der so genannte Mars-Effekt des Franzosen Gauquelin (der herausgefunden haben wollte, dass bestimmte Planeten-Konstellationen herausragende Angehörige bestimmter Berufe – z.B. Sportler – hervorbrachten), ist mittlerweile von Experten vielfach nachgeprüft und als wissenschaftlich wertloser Datenselektionsprozess entlarvt worden. 5. „Mein Horoskop stimmt immer.“ Mag sein. Doch das ist noch lange kein Beweis für die Stimmigkeit astrologischer Diagnose und Prognose. Auch mit einem falschen bzw. willkürlich gewählten Geburtsdatum bekommt man von Astrologen ein erstaunlich „stimmiges“ Horoskop erstellt. Das haben zahlreiche wissenschaftliche Tests ergeben. So bot einmal ein vermeintlicher Astrologe per Zeitungs-Annonce ein kostenloses persönliches Horoskop feil. Viele Leser forderten eines an. Auf Nachfrage erklärten später 94 Prozent der Kunden, dass sie sich in seiner Deutung sehr treffend charakterisiert sähen. 90 Prozent von ihnen fanden diese Einschätzung sogar von Freunden und Verwandten bestätigt. 27
Allerdings war der „Astrologe“ in Wahrheit ein Astrologie-Kritiker. Keiner der Interessenten hatte tatsächlich eine individuelle Persönlichkeitsanalyse erhalten – sondern jeder den wortgleichen Text. Das Geheimnis solch geheimnisvoller Treffsicherheit liegt in uns selbst: Wir akzeptieren nur allzu bereitwillig eine Beschreibung unserer Person als zutreffend, auch und gerade wenn diese nur aus vagen, uneindeutigen und relativierenden Aussagen besteht, die auf fast alle Menschen zutreffen: „Sie haben ein großes künstlerisches Talent, aber vielleicht leben Sie es nicht aus und wissen auch gar nicht darum. Sie sind objektiv, tolerant und stets bereit, etwas Neues zu lernen …“ – Wer möchte das nicht gerne über sich hören? Astrologen verstehen es sehr gut, das Selbstbild ihrer Klienten zu manipulieren und den Eindruck zu erwecken, dass ihre Analysen tief schürfend und spezifisch sind. Aber welche Aussagekraft hat ein Satz wie: „Im Juli ist besonders der Ausgleich im Privatleben wichtig“? Gar keine. Denn wann ist der Ausgleich im Privatleben nicht wichtig? Horoskope und astrologische „Gutachten“ schöpfen aus dem selben Regelkanon, denselben Standardwerken, denselben Fachzeitschriften – oder schreiben schlicht voneinander ab. Jede „astrologische Konstellation“ ist unendlich ausdeutbar und kann auf jede Person und Situation zurechtkonstruiert werden. Nicht umsonst greifen die Sterndeuter auf Sterne, Planeten, Tierkreiszeichen, „Häuser“, „Primär–“ und „Sekundärdirektionen“, „Transite“, „Aszendenten“, „Mondaspekte“, „General28
signifikatoren“, „Zeitregenten“, „Eklipsen“, „Halbsummen“, „Rückläufigkeiten“, „Harmonieaspekte“, „Deklinationsparallelen“ und vieles, vieles mehr zurück. 6. „Viele große Gelehrte glaubten an die Astrologie.“ Na und? Käme irgendein heutiger Astronom auf den Gedanken, sich auf den bedeutenden antiken Wissenschaftler Ptolemäus und dessen Vorstellungen zu berufen, um moderne Forschungsergebnisse und Hypothesen abzusichern? – Ganz gewiss nicht. Verweise auf „Autoritäten“ entbinden nicht von eigenen Belegen und Argumenten. Außerdem ist das Gegenteil genauso richtig: Viele große Gelehrte glaubten nicht an die Astrologie. Und viele von den Astrologen angeführte „Kronzeugen“ wie Newton und Einstein haben sich in Wahrheit nie für die Astrologie ausgesprochen, bei anderen kommen Halbwahrheiten ins Spiel: Johannes Kepler war im 17. Jahrhundert von astrologischen Gedankengängen nicht unbeeinflusst, verstand sich aber im fortgeschrittenen Lebensalter, als das Messbare und Wissenschaftliche in den Vordergrund traten, durchaus nicht mehr als „Astrologe“ im damaligen oder heutigen Sinne. Berühmt wurde Keplers Zitat von der Astrologie als „närrisches Töchterlein der Astronomie“. Die Versuche des bedeutenden Psychoanalytikers Carl-Gustav Jung, Astrologie statistisch zu belegen, gingen negativ aus. 1975 unterzeichneten die Nobelpreisträger Konrad Lorenz, Linus Pauling und Jacques Monod sowie 189 29
führende Fachkollegen eine Erklärung, in der sie die Astrologie eindeutig als „wissenschaftlich haltlos“ bezeichnen. Und nicht nur Wissenschaftler, sondern die meisten Menschen konnten sich zu allen Zeiten Schicksals- und Lebensbewältigung auch ohne Astrologie und Horoskop vorstellen. 7. „Welcher Natur der astrologische Zusammenhang zwischen ‚Oben‘ und ‚Unten‘ ist, lässt sich mit dem heutigen Wissensstand vorerst nicht entscheiden. Warum sollte man die Astrologie ablehnen, nur weil es (noch) keine Erklärung dafür gibt?“ Es sind gar nicht fehlende Erklärungen, gegen die sich kritische Einwände richten. Vielmehr können Astrologen nicht einmal beweisen, dass es die behaupteten Zusammenhänge überhaupt gibt. Kritiker haben zwischen 1990 und 2000 jeweils zu Silvester nachgeprüft, ob die Vorhersagen prominenter Astrologen für die vergangenen zwölf Monate eingetroffen waren. Fazit: Nur vier Prozent der insgesamt 803 konkreten Prognosen hatten sich erfüllt. Und diese blamable „Erfolgsquote“ relativiert sich noch einmal: Die wenigen Treffer hatten sich fast ausschließlich auf den Ausgang von Wahlen oder Sportwettkämpfen bezogen, den man mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent auch richtig raten kann. 30
Auch das sehr bekannte Buch „Die Akte Astrologie“, für das der Ex-Playboy Gunter Sachs „Millionen geprüfter Daten“ (Klappentext) auswertete, ist völlig irrelevant. Neun Bereiche nahm Sachs unter die Lupe: Heiraten, Scheidungen, Singles, Krankheiten, Selbstmorde, Studium, Beruf, Straftaten und Autofahren. Und überall fand er statistisch auffällige Zusammenhänge, die er leichtfertig dem Einfluss der Sterne zuschreibt. Außer Acht lässt der studierte Mathematiker und Lebemann dabei, dass aus dem umfangreichen Zahlenmaterial nicht einfach eine ursächliche astrologische Beziehung zwischen zwei Ereignissen gefolgert werden kann. Den zahlreichen Alternativ-Erklärungen schenkt Sachs (bewusst oder wegen fehlender Kenntnisse?) keinerlei Beachtung. Ein Beispiel: „Zwillinge“ glauben laut Sachs weniger an die Astrologie als Personen anderer Tierkreiszeichen. Wieso? – Weil es eine Buchreihe mit zwölf AstroGeschenkbänden gibt und sich der Band für den „Zwilling“ seltener verkauft als die übrigen. Doch was sagt diese Beobachtung aus? – Rein gar nichts. Viel nahe liegender ist doch die Folgerung, dass das Verlegenheitsgeschenk zum Geburtstag in der nebligen Jahreszeit eher ein Astro-Büchlein ist, im Juni (Tierkreiszeichen „Zwilling“) jedoch zum Reiseführer für den Urlaub oder zum Ferienschmöker gegriffen wird.
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8. „Die Sterne zwingen nicht, sie machen nur geneigt.“ Ja was denn nun? „Machen“ die Sterne etwas? Oder „machen“ sie nichts? So wie dieser Satz schon in sich falsch ist, so stellt auch seine inhaltliche Aussage nur den plumpen Versuch einer Immunisierungs-Strategie dar. Viele Astrologen glauben sich jedweder Kritik entziehen zu können, indem sie ihr Fach zu einem rein symbolischen Denksystem erklären, das nur „subjektiv“ oder „intuitiv“ erfasst werden könne. Doch das sind leere Worthülsen. Ähnlich könnte man argumentieren: „Fliegende Kühe sind deshalb unsichtbar, weil sie sich auf einer höheren Schwingungsebene befinden. Höhere Schwingungsebenen gibt es, weil wir sonst die fliegenden Kühe ja sehen könnten.“ So der Soziologe Edgar Wunder von der „Gesellschaft für Anomalistik“ (GfA). Und er holt im Detail noch weiter aus: Der Rückzug auf die angebliche wissenschaftliche Unüberprüfbarkeit der Astrologie gelinge aus mehreren Gründen nicht: Wie schon gesagt, wird die Astrologie von ihren Kritikern nicht deswegen abgelehnt, weil die behaupteten Zusammenhänge kausal nicht erklärbar sind, sondern weil diese offenkundig gar nicht existieren. Die Behauptung, Astrologie sei lediglich eine Art „Philosophie“, sagt immer noch nichts über deren Stimmigkeit aus. Daher kann auch die Argumentation nicht überzeugen, es gehe z.B. gar nicht um das reale Sternbild Steinbock am Himmel, sondern lediglich um 32
eine „Inspiration“ oder Projektion – konkret um das (innerseelische) „Steinbock“-Thema, das für die Grundstimmung „empfindsame Beharrlichkeit“ stehe. Gleiches gilt für folgende Thesen: Es seien gar nicht die Bewegungen der Planeten und auch keine physikalisch messbare Kraft für den Wirkmechanismus der Astrologie verantwortlich. Vielmehr zeigten diese Bewegungen uns in jedem Moment eine „Gestalt“, die es zu entschlüsseln gelte. Die Sternenwelt sei lediglich als eine Art Anzeiger für universelle Muster zu verstehen, an dem sich festgelegte kosmische Gesetzmäßigkeiten ablesen ließen. Na und? Eigentlich klingt das noch unwahrscheinlicher. Auch „Symbolsysteme“, „Philosophien“, „andere Denkweisen“, „geistige Prinzipien“, „analoge Sichtweisen“, „akausale Synchronitäten“, „Strukturentsprechungen“ etc. können irrig oder falsch sein. Bezeichnenderweise sind sich die Astrologen darüber selbst nicht einig. Denn die Sterndeuterei mit ihren vielen komplizierten und sich selbst widersprechenden Gesetzen zerfällt heute in zahllose unterschiedliche Systeme, Schulen und Strömungen wie etwa „psychologische Astrologie“, „symbolistische Astrologie“ oder „wissenschaftlich-physikalische Astrologie“. Astrologie ist mitnichten eine Glaubenssache, weil sie eindeutige Wahr/Falsch-Aussagen macht, also Tatsachenbehauptungen aufstellt. Ein „Jupiter im 11. Haus“ etwa sagt nach Ansicht der (klassischen) Astrologen etwas über die Freunde und Bekannten der betreffenden Person aus. 33
Würde nun ein anderer Astrologe das Gegenteil behaupten, so hätte er nur aus seiner eigenen Sicht heraus Recht. Für die meisten seiner Kollegen würde er eindeutig einer „falschen“ Denkweise anhängen. Das heißt: Da in der Astrologie eine unübersehbare Vielzahl von Überzeugungen existiert, gibt es überhaupt keine Instanz, die anerkannterweise bestimmen oder festlegen könnte, was „symbolisch“ gemeint ist und was nicht, welcher Astrologe „seriös“ und welcher „unseriös“ arbeitet. Wunders Tipp: Stellen Sie in einer Diskussion einem Astrologie-Anhänger die Frage, wie denn nun zwischen „wahren“ und „falschen“ Denksystemen in der Astrologie (also zwischen „intuitiver“, „transpersonaler“ Astrologie auf der einen und „klassischer“ Astrologie auf der anderen Seite) unterschieden werden kann. Sehr wahrscheinlich wird er aus lauter Verlegenheit wissenschaftliche und statistische Belege für die Sterndeutung anführen – womit er sich selbst widerspricht, denn soeben hat er noch behauptet, dass die Astrologie eben nicht nach wissenschaftlich greifbaren Kriterien funktioniert. 9. „Die Sterne lügen nicht.“ Stimmt. Denn wer gar nichts sagt, kann schließlich auch nicht lügen.
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10. „Astrologie ist anerkannte Lebenshilfe.“ Angenommen, den Astrologen wären die Sterne schnuppe und sie würden sich darauf beschränken, Amateurpsychologen zu sein, die ihren Kunden aus einer aufgearbeiteten Alltagserfahrung heraus vernünftige Ratschläge geben – dann könnte man dieser Behauptung womöglich mit einigen Einschränkungen zustimmen. Das ist aber eben in aller Regel nicht der Fall. In einem Psychotherapie-Führer liest man daher auch die ernste Warnung: „Astrologische Deutungen haben nachweislich unzählige Male Ratsuchenden geschadet und sie so beeinflusst, dass es zu einer gefährlichen Krise kam … Astrologische Psychologie ist weder zur Therapie seelischer Störungen noch als Möglichkeit zur Selbsterkenntnis geeignet.“ Wieso ist das so? Weil man auch aus einem „persönlichen“ Geburtshoroskop oder einer „individuellen astrologischen Persönlichkeitsanalyse“ letztendlich doch nur das herausliest, was der eigenen Selbsteinschätzung schmeichelt. Die selbstkritische Wahrheit über sich oder gar seinen „Wesenskern“ findet man darin nicht. Daher hat ein Horoskop auch als „Meditationsbild“, „Lebensskript“, „Seelenlandkarte“ oder „Verstehenshilfe zur Selbsterkenntnis“ kaum einen praktischen Wert. Womöglich fördert und verfestigt es sogar noch ein falsches Bild, das man von sich oder anderen hat. Zweifellos sehen sich viele Astrologen in geistiger 35
Redlichkeit als eine Art Psychologe oder Psychotherapeut. Das Problematische daran ist: Auch wenn sie ihre Auskünfte sehr flexibel und nur als Anregung formulieren, sprechen sie doch jedem Ratsuchenden aufgrund bestimmter Gestirnskonstellationen bestimmte Charaktereigenschaften zu. Und da Astrologen selbst an die unbedingte methodische Zuverlässigkeit der Sterndeutung glauben, erkennen sie in der Regel nicht die sehr engen Grenzen von diesen beeinflussenden suggestiven Verfahren. Auch die hohe Erwartungshaltung der Klienten an die „Geheimwissenschaft“ Astrologie ist denkbar ungünstig für einen Beratungs- oder gar Therapieerfolg. Denn viele Menschen fordern von Astrologen genaue Prognosen für die Zukunft und konkrete Handlungsanweisungen. Sie wollen keine verschwommenen Mythologeme hören, sondern trachten nach Wunschbefriedigung und versuchen auf illusionäre Weise Unsicherheit und drohendes Leid zu vermeiden. 11. „Mir hilft Astrologie!“ Gewiss: Persönliche Erfahrungen sollten wir keinesfalls vorschnell „wegerklären“ oder Astrologie- und EsoterikAnhängern von Vorneherein absprechen. So genannte Evidenzerlebnisse (das heißt: der Eindruck, es müsse da auf jeden Fall etwas Wahres dran sein) sind durchaus ernst zu nehmen – als das, was sie sind. Nämlich als Beschreibung eines subjektiven Zustands, der ebenso „wahr“ oder „falsch“ ist wie „Ich esse gerne Tomaten“ oder „Ich mag Gruselfilme“. Berichte von 36
Evidenzerlebnissen beginnen meistens mit „Ich habe selbst erlebt …“, „Ich weiß, dass …“ oder „Es ist doch bekannt, dass …“. Natürlich hat jeder von uns schon einmal etwas geglaubt, von dem er heute weiß, dass es nicht stimmt. Das kann etwas ganz Banales sein (dass Kalkutta am Ganges liegt), etwas sehr Abstraktes, z.B. dass alle mathematischen Probleme „aufgehen“, also lösbar sind oder etwas aus unserer Kindheit – etwa dass es den Osterhasen wirklich gibt. Subjektive Gewissheit, Glaube und Überzeugung schützen eben nicht vor Irrtum. Gefühle oder Intuition sind zwar überaus wichtig – „aber fehlbar“. Darauf weist der Soziologe Edgar Wunder nachdrücklich hin. Denn persönliche Erfahrungen werden stark geprägt z.B. von den Bedingungen, unter denen wir etwas wahrgenommen haben, von unseren Überzeugungen, Einstellungen, Hoffnungen, Erwartungen. Angenommen, jemand erzählt Ihnen, dass er bei Vollmond schlecht schläft. Wie wahrscheinlich ist dieses Erlebnis auch unter der Voraussetzung, dass die Hypothese „Vollmond“ gar nicht stimmt? Anders gesagt: Wie oft schläft der Betroffene auch dann schlecht, wenn kein Vollmond ist? Oder könnte es sein, dass sich derjenige durch seinen festen Glauben an die Macht des Mondes selbst darauf programmiert hat, schlecht zu schlafen? In den allermeisten Fällen sind astrologische oder esoterische Evidenzerlebnisse durch solche psychologischen Mechanismen zu erklären. 37
Warum aber halten Astrologie-Fans dennoch an solchen Astral-Mythen fest? Weil dem psychologischen Erklärungsansatz der emotionale Wert für sie fehlt. Edgar Wunder: „Esoterik, Okkultes und Pseudowissenschaften haben fast immer eindeutige Antworten, wo Wissenschaftler auf langwierige Untersuchungen und komplizierte Studien verweisen müssen, bei denen am Ende vielleicht auch kein hundertprozentig sicheres Ergebnis herauskommt. Stellen Sie bei einem Meinungsstreit um Astrologie und Esoterik den Beteiligten die entscheidende (und verblüffende) Frage: Was müsste eigentlich passieren, dass du deine bisherige Meinung änderst und der Gegenseite Recht gibst? Und halten Sie selbst eine persönliche Antwort darauf parat!“ 12. „Die Astrologie fördert ein globales, ganzheitliches Denken, während die Naturwissenschaftler nur ein völlig überholtes, mechanistisches Weltbild verteidigen.“ Gegenfragen: Was hat ganzheitliches, „neues“ Denken mit astrologischem Unsinn zu tun? Ist Fortschritt nur durch Flucht in eine Scheinwelt möglich? Sollen wir am besten den Verstand verlieren, um unsere Grenzen erkennen und wahrnehmen zu können? Fraglos bringt das Aufblicken zum sternübersäten Nachthimmel in jedem gefühlsoffenen Menschen jene Saiten der Seele zum Klingen, die auf Weite und Tiefe gestimmt sind. Und nicht zuletzt strahlt das Firmament 38
die symbolträchtige Bedeutungsfülle des Eingebettetseins unserer irdischen Daseinsform in die Ganzheit des Kosmos aus. Doch viele Astrologie-Gläubige gehen an dieser Stelle noch weiter: Weil ihr Objektiv stets auf die Totale gerichtet ist, tanzt alles den kosmischen Reigen: Menschen, Zivilisationen, Planeten … Die Vielfalt der Wesen und Dinge geht in einem großen Ganzen auf. Wie oben, so unten. Alles hängt irgendwie zusammen, ist universell verflochten. Mechanistisch-materialistische Verengung durch naturwissenschaftliches Denken oder Spiritualität dank Astrologie und Esoterik – ist das tatsächlich die richtige Alternative? Echte Mystiker wie etwa Teresa von Avila oder Ignatius von Loyola hielten es so: Nicht „Intuition statt Reflexion.“ Sondern: „Intuition mit Reflexion“ (siehe auch 42). Anders formuliert: Wissenschaft ohne Intuition kommt zu nichts. Aber Intuition ohne Wissenschaft verliert sich schnell in leichtgläubigem Sehnsuchts- und Wunschdenken. Vermutlich ist es sogar so, dass Naturwissenschaftler „mehr Mut zur Metaphysik“ haben als die meisten Astrologen und Esoteriker. Wieso, erklärt der Wiener Mathematik-Professor Harald Rindler: „Weil wir viele Erfahrungen beim Lösen komplexer Probleme gemacht haben, indem wir abstrakte Ideen fanden und anwandten, die mit den konkreten Fragen scheinbar gar nichts zu tun hatten.“ Formeln sind oft klüger als ihre Erfinder. Sie machen 39
Aussagen über die reale Welt und nicht über Fantasiegebilde – und sie werden früher oder später in nachträglicher Reflexion an dieser realen Welt gemessen, das heißt überprüft. Ein bloßer „Eindruck“ von etwas (vom Sternenhimmel z.B.) ist dagegen kein ausreichender Beleg, um eine Behauptung als gesetzmäßigen Zusammenhang akzeptieren zu können. Und so bleibt der oben angeführte Einwand kein Argument für die Astrologie, sondern allenfalls ein frommer Wunsch. Eine Art Glaubensbekenntnis der Astrologie-Fans, das hochtrabend auch unter dem Schlagwort „Paradigmenwechsel“ zusammengefasst wird. Die Welt der Astrologie stellt keine Verheißung dar. Sie ist zwar facettenreich und verwirrend verzweigt, aber kein bisschen „geheimnisvoll“ und faszinierend. Ihre Anhänger benutzen den Weltraum als Projektionsfläche eigener Strebungen und Ängste. Dabei benötigen wir gewiss keinen mystisch-astralen Symbolismus, um beispielsweise zu erkennen, dass die Menschheit kein Sonderrecht im Universum zur Ausbeutung und Vernichtung von Natur, Umwelt und ihrer selbst genießt. Wir brauchen lebensbejahenden Optimismus und Forschergeist zur besseren Gestaltung der Gesellschaft. Wie schreibt der Jesuitenpater Bernhard Grom: „Wir werden die Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft mit der guten alten Vernunft lösen müssen. Gepaart mit der ethischen Fantasie des Guten und der illusionslosen Hoffnung des Glaubens.“ 40
13. „Gott spricht durch die Sterne zu uns.“ Wieso heißt es dann z.B. im Katechismus der Katholischen Kirche: „Hinter Horoskopen, Astrologie usw. verbirgt sich der Wille zur Macht über die Zeit, Geschichte und letztlich über die Menschen sowie der Wunsch, sich die geheimen Mächte geneigt zu machen.“ Weil Astrologie in Wahrheit überkommener Aberglaube ist. Christen vertrauen in ihren Zukunftsängsten nicht auf die Sterne, sondern auf den liebenden Vater, der alle Geschicke in seiner Hand hält und sie seinen Geschöpfen zum Besten dienen lässt. Wegweisung holen sie sich nicht aus dem Horoskop, sondern aus dem Wort der Schrift. Und dort finden wir die Warnungen: „Gebt Acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt, nicht auf Christus, berufen.“ (Kol. 2,8) Oder: „Du hast dir große Mühe gemacht mit deinen vielen Beratern; sollen sie doch auftreten und dich retten, sie, die den Himmel deuten und die Sterne betrachten, die dir an jedem Neumond verkünden, was kommt. Wie die Spreu werden sie sein, die das Feuer verbrennt … So geht es all deinen Zauberern, um die du dich seit deiner Jugend bemüht hast.“ (Jes. 47,13-15) Oder: „Es soll bei dir keinen geben, der seinen Sohn oder 41
seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, keinen, der Losorakel befragt, Wolken deutet, aus dem Becher weissagt, zaubert, Gebetsbeschwörungen hersagt oder Totengeister befragt, keinen Hellseher, keinen, der Verstorbene um Rat fragt. Denn jeder, der so etwas tut, ist dem Herrn ein Gräuel. Du sollst ganz und gar bei dem Herrn, deinem Gott, bleiben.“ (5. Mose 18,10-15) Wohlgemerkt: In diesen Texten geht es keineswegs um die Abwehr einer überragenden Gefahr oder eines „Feindbildes“, auch nicht um eine pauschale Astrologieverdammung. Sondern: „Gott hat mit uns in der Taufe einen Bund der Liebe geschlossen“, erklärt der evangelische Theologe Dr. Hansjörg Hemminger. Und weiter: „Wir haben das Vorrecht und die Freiheit, uns im Gebet an Gott selbst zu wenden. Da ist es lieblos, ja eine Schande, wenn wir versuchen, an unserem Vater im Himmel vorbei einen Blick auf jenseitige Geheimnisse zu werfen … Wir sollten nicht versuchen, die Grenzen dieses irdischen Lebens eigenmächtig zu überschreiten und uns unsichtbare Bereiche an Gott vorbei dienstbar zu machen. Selbst wenn wir uns – in seltenen Fällen – dabei nicht nur selbst täuschen, werden wir nichts gewinnen und viel verlieren, nämlich das Vertrauen in unseren Gott.“ Wo Menschen sich undurchsichtigen Sternenmächten unterwerfen und sich ängstlich bemühen, ihre Zeichen zu beachten und ihre Forderungen zu erfüllen, sind sie deren Sklave geworden und haben die von Christus errungene und geschenkte „herrliche Freiheit der Kinder Gottes“ (Röm. 8,21) aufgegeben und verspielt. 42
14. „Man kann Astrologie auch christlich betreiben.“ In der Tat gibt es eine kleine Zahl von Theologen, die sich aus persönlichem Interesse diesem Thema zugewandt haben. Fairerweise muss man aber dazu sagen, dass es der „christlichen Astrologie“ zumeist nicht um einen simplen Sternenkult geht. Große Mystiker und Kirchenlehrer wie Hildegard von Bingen und Thomas von Aquin und zeitgenössische Autoren wie Gerhard Voss, Alfons Rosenberg oder Adolf Köberle sahen und sehen in den „Schicksalsmächten“ der Sternbewegungen keine selbstständigen Kräfte, die den Menschen retten oder vernichten können. Auch die Sterne seien ein Werkzeug Gottes. Die „Botschaften“, die ihre Konstellationen übermitteln, stünden in seinem Dienst. Astrologie sei somit als „Glaubenshilfe“ zu verstehen – nämlich um herauszufinden, „wie Gott mich gemeint hat“ und wie er eine bestimmte Lebenssituation „gemeint“ hat. So schreibt der Benediktinerpater Gerhard Voss in seinem Buch „Astrologie christlich“: „Ein Horoskop hat seinen Wert als Meditationsbild. Es kann dem Horoskopeigner helfen, sich selbst besser zu begreifen und so innerhalb der vorgegebenen Grenzen die ureigensten Möglichkeiten zu erkennen, wie auch die Schwierigkeiten, die es aufgrund dieser Grenzen zu bewältigen gilt.“ Die Himmelskörper bilden in der „christlichen Astrologie“ eine Art Bezugsrahmen, der Hinweise auf The43
men liefern soll, die zu einer gewissen Zeit anstehen. Wie eine Art Spiegel also, der unser Gesicht nicht eigenständig entwirft und gestaltet, sondern eben nur ein Abbild davon liefert. Das Horoskop wird als Wegweiser verstanden, aber nicht als Weg. Offenkundig wollen astrologiegläubige Theologen, wie auch sich „modern“ gebende Astrologen, auf diese Weise das Dilemma zwischen den vorherbestimmten „Schicksals-Gesetzen“ der Astrologie und der gottgegebenen menschlichen Willensfreiheit lösen. Ob es möglich und sinnvoll ist, „mit Hilfe der im astrologischen Denken überlieferten archetypischen Bilderwelt die fatalen intellektualistischen und moralischen Verflachungen des christlichen Glaubens zu überwinden“, wie der evangelische Pfarrer und Autor Siegfried Böhringer es sich vorstellen kann, sei dahingestellt. Jedenfalls ist auch den Vertretern einer selbst gebastelten „christlichen Astrologie“ der Vorwurf nicht zu ersparen: Sie können ihr Fachgebiet keinesfalls biblisch begründen. Und sie klammern sämtliche wissenschaftlichen Erkenntnisse der vergangenen 2000 Jahre aus – darunter nicht zuletzt jene, dass Astrologie auch unter psychologischen Aspekten weder als Lebenshilfe noch zur persönlichen Selbstvergewisserung zu gebrauchen ist, sondern im Gegenteil selbst ein erhebliches psychohygienisches Problem unserer Zeit darstellt. Immerhin hat auch Gerhard Voss bei seiner Beschäftigung mit der Sternlesekunst erkannt: „Wer sich in Kreisen umsieht, die mit betontem Ernst astrologische Prognostik betreiben, wird sehr oft auf Zei44
chen zwanghafter, unerlöster Abhängigkeit stoßen, wenn bei allem und jedem im Leben die Sterne befragt werden … Die Gefahr, abhängig zu werden, ist nur allzu leicht gegeben. Darum ist es auch nötig, auf die Voraussetzungen, Grenzen und Gefahren der Astrologie aus der Sicht der Theologie einzugehen … Es ist für das Selbstverständnis des Christen in der Welt entscheidend, diesen kosmischen Aspekt des christlichen Glaubens nicht aus dem Auge zu verlieren: Der Erlöser des Menschen, Jesus Christus, ist die Mitte des Kosmos und der Geschichte.“ 15. „In der Bibel spielen die Sterne eine heilsgeschichtliche Rolle.“ Beim Evangelisten Matthäus lesen wir: „Als Jesus zur Zeit des König Herodes in Bethlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ (Mt. 2,2-4) Ist diese Passage ein Zeugnis für die Astrologie? Nein. „Sterndeuter“ waren bis ins späte Mittelalter hinein zugleich Astronomen und Astrologen. Beides war nicht zu trennen, da die Wissenschaft den Aufbau der Himmelskörper noch nicht beschreiben konnte. Aber je mehr die Erkenntnisse der Wissenschaft wuchsen, umso unhaltbarer und unsinniger wurde astrologisches Gedankengut. Heute ist Astronomie die wissenschaftliche Erforschung des Weltalls und Astrologie der zu einem System entwickelte Glaube an einen Einfluss der Gestirne auf den Menschen. 45
Aber zurück in die Zeit von Christi Geburt: Der „Stern von Bethlehem“ (vermutlich eine seltene JupiterSaturn-Konjunktion, das heißt, beide Planeten standen im selben Längengrad dicht beisammen) war kein „Wunderstern“, er nahm mitnichten irgendeinen astrologischen Einfluss auf das Geschehen. Und schon gar nicht legte er Persönlichkeit und Zukunft von Jesus Christus fest. „Sein Stern“, wie Matthäus schreibt, war ein außergewöhnliches Zeichen, mit dem Gott die drei Weisen aus dem Morgenland nach Bethlehem rief. Theologen meinen: Um damit zu verdeutlichen, dass sein Sohn der Heiland und Erlöser aller Menschen sei und nicht nur der Israeliten. Mit anderen Worten: In der Bibel werden „Sonne, Mond und Sterne als Offenbarungsorte und Sinnzeichen der göttlichen Macht und Gegenwart erlebt“, erklärt der evangelische Theologe Siegfried Böhringer. Und nicht nur zu Beginn des Neuen Testaments, auch im letzten Buch spielen Sterne eine Rolle, nämlich in der Berufungsvision des Sehers Johannes: „Als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter, und mitten unter den Leuchtern einen, der wie ein Mensch aussah … In seiner Rechten hielt er sieben Sterne.“ (Offb. 1,12-16) Doch damit sind eben genau nicht mehr die am Himmel sichtbaren sieben Planeten der Antike (und nach vorchristlichem astrologischem Verständnis sieben „Götter“) gemeint – sondern die „Engel der sieben Gemeinden“ als himmlische Urbilder der Kirche. Die genannten Annäherungen der Evangelisten und 46
Propheten an Motive der Astrologie erhalten im biblischen Kontext kein Eigengewicht, sondern werden eher beiläufig und illustrativ eingefügt, als Allgemeingut der damaligen Zeit und Welt. Siegfried Böhringer sagt dazu: „Eine Zustimmung zur astrologischen Theorie oder Praxis lässt sich dem Bibelwort nicht entnehmen … Astrologiefreundliche wie Astrologie-gegnerische Christen müssen darauf verzichten, einzelne Bibelstellen zur eigenen Verteidigung oder zur Bekämpfung des Gegners zu verwenden. Dazu ist der biblische Wortlaut definitiv nicht geeignet.“ 16. „Um Astrologie zu verstehen und beurteilen zu können, muss man sich jahrelang damit beschäftigt haben. Ein Nicht-Astrologe ist zu einem Urteil darüber gar nicht fähig.“ Dies soll also heißen: Jeder, der sich intensiv mit Astrologie beschäftigt, kommt automatisch zum Glauben daran? Anscheinend können Astrologie-Fans sich den umgekehrten Fall gar nicht vorstellen: Dass Menschen nicht an Horoskope glauben, gerade weil sie sich eingehend damit beschäftigt haben. Astrologie-Kritiker wissen aber durchaus, wovon sie reden. Und sogar ohne detaillierte Kenntnis der zahllosen, sich selbst widersprechenden astrologischen Deutungsregeln kann man beurteilen, ob die Ergebnisse, zu denen Astrologen anhand dieser Regeln gelangen, zutreffend sind oder nicht. 47
Außerirdische 17. „Die Kirche verheimlicht gemeinsam mit den Regierungen die Existenz von Außerirdischen, weil das ihr ganzes Weltbild und damit ihre Macht zum Einsturz bringen würde.“ Warum sollte sie? „Mit Erlösung ist der ganze Kosmos gemeint, und nicht nur diese Erde“, stellt z.B. der Sprecher der Diözese München-Freising, Winfried Röhmel, kurz und bündig klar. Auch die Deutsche (katholische) Bischofskonferenz erklärte bereits, dass die katholische Theologie durch intergalaktisches Leben „nicht tangiert“ werde. Die Bibel schließe nicht aus, dass es Leben außerhalb der Erde geben könnte. Selbst der Schöpfungsbericht spreche von „Himmel und Erde“ und meine damit den ganzen Kosmos. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat zu extraterrestrischem Leben noch keine Stellungnahme abgegeben. Aus jüdischer Sicht gibt es dem Landesrabbiner zufolge in Gottes Schöpfung durchaus Dinge, die der Mensch noch nicht entdeckt hat: Wenn Außerirdische gefunden würden, dann seien sie Teil der Welt und ihre Entdeckung dann auch der Wille Gottes. Zwar gibt es einige Zeitgenossen, die meinen, längst schon seien Außerirdische entdeckt, ja ihre Vertreter liefen bereits getarnt über unsere Erde, und die Regierungen hielten diese Erkenntnisse geheim, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Das ist aber schlicht barer Unsinn. 48
Die Entdeckung von Funkbotschaften außerirdischer Zivilisationen ließe sich ebenso wenig verbergen wie die Landung oder der Absturz eines außerirdischen Raumschiffs. Denn in kürzester Zeit gäbe es eine so große Anzahl von Mitwissern, dass kein Geheimdienst der Welt alle diese Zeugen unbemerkt zum Schweigen veranlassen könnte. Und selbst wenn es geheime Verschwörungen zwischen Außerirdischen, Kirchen und Regierungen mit nur wenigen Mitwissern gäbe: Uns Menschen fällt es schwer, etwas für sich zu behalten. Und es gibt viele eigennützige Leute, die neidisch werden. Oder die aus ihrem Wissen Kapitel schlagen wollen. Auf diese Weise kommt meist doch irgendwann alles ans Licht. Die Astronomen selbst haben bereits ihr Vorgehen im Falle der Entdeckung außerirdischer Signale hoch entwickelter Zivilisationen abgestimmt. Es besteht Einigkeit darüber, dass eine solche Entdeckung zunächst aufs Sorgfältigste überprüft werden muss. Die etwas umständlich formulierte Empfehlung lautet „Declaration of Principles Concerning Activities Following the Detection of Extraterrestrial Intelligence“ (etwa: Erklärung zur Vorgehensweise in Verbindung mit der Entdeckung außerirdischer Intelligenz). Erst nachdem mehrere astronomische Institute die Entdeckung unabhängig voneinander bestätigen, sollen die astronomische Gemeinschaft und dann die Behörden informiert werden. Erst dann erfolgt die Unterrichtung der Weltbevölkerung. Das zeigt, dass die Radioastronomischen Institute viel mehr Sorge haben, sich mit einer „sensationellen“ Falschmeldung über die Entdeckung 49
Außerirdischer zu blamieren, als dass sie sich Gedanken über eine Verschleierung machen. Verschwörungstheorien – wie die von den bereits gelandeten Außerirdischen – sind ein Resultat des Vertrauensverlustes in verschiedene Instanzen wie Kirche, Wissenschaft oder Staat. Sie bauen „alternative“ Scheinwirklichkeiten auf: Etwas könnte wahr sein – also muss es wahr sein. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass die Wahrheit durchaus nicht „irgendwo da draußen“ liegt (wie in der Mystery-Serie „Akte X“), sondern einigen Zeitgenossen einfach nur viel zu langweilig ist.
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Aura 18. „Man kann die Aura eines Menschen sehen und sogar fotografieren und mit diesen Bildern Krankheiten feststellen.“ Heilige werden auf Gemälden oft mit einem „Heiligenschein“ dargestellt. Manchmal umgibt dieser Lichtkranz auch den ganzen Körper, dann wird er als „Aureole“ bezeichnet. Keine Frage: Von großen Persönlichkeiten geht etwas aus. Vermutlich sind „Heiligenscheine“ und Aureolen in der christlichen Kunst ein Symbol für diese Ausstrahlung, also für die besondere „Aura“ der dargestellten Personen. In der heutigen Esoterik jedoch werden unbegriffene Erfahrungen nicht selten zur vermeintlich greifbaren Realität. So genannte „Aura-Heiler“ z.B. behaupten, um jeden Menschen herum eine Art Schutzhülle wahrzunehmen, die in den Farben des Regenbogens leuchte. Für den Laien hält der Esoterik-Fachhandel sogar spezielle „Aura-Brillen“ bereit. Auch mittels „KirlianFotografie“ soll die wölken- oder lichtkranzförmige Aura sichtbar gemacht werden können. Bei diesem Verfahren, das 1937 von dem russischen Forscherpaar Valentina und Semjon Kirlian entwickelt wurde, wird der Aufnahmegegenstand direkt auf Filmmaterial oder Fotopapier gelegt und mit einem Pol eines Hochfrequenzgenerators verbunden, während der andere Pol an einer Metallplatte unter dem lichtempfindlichen Material anliegt. 51
Leitet man nun hohe, aber ungefährliche Elektronenemissionen auf Hand, Fuß oder Kopf eines Menschen, strahlt Energie von diesen Körperteilen auf die Fotoplatte ab. Das Ergebnis ist eine Entladung in der Form einer Funken-Korona, die durch einen Entwicklungsprozess sichtbar gemacht werden kann. Dieses Abbild deuten Esoteriker als feinstoffliche „Lebenskraft“ oder „Biolumineszenz“ oder „Ätherleib“. Formen und Farben der Koronarentladung sollen Krankheiten und Gemütszustände anzeigen. „AuraHeiler“ wollen nach der Diagnostik mit ihren Händen Energie auf die „Aura“ des Klienten übertragen und auf diese Weise den „Energiezustand“ korrigieren. Was ist davon zu halten? Zunächst: Das Ergebnis der hochfrequenten „AuraFotografie“ hängt nicht im Mindesten von der Verfassung des Patienten ab, sondern von Film, Unterlage, Anpressdruck, Belichtungszeit, Spannung und Frequenz, Hautdurchblutung, Schweißabsonderung und Luftfeuchtigkeit. Skeptikern sind auch von eingefrorenen und sogar mumifizierten Körperteilen eindrucksvolle Aufnahmen von umgebenden „vitalen“ Farbwolken gelungen. „Aura-Fotografie“, wie sie heute auf Esoterikmessen angeboten wird, funktioniert noch sehr viel einfacher: Aufgenommen werden die Bilder mit speziellen Sofortbildkameras und einem einfachen Trick: einer Doppelbeleuchtung. Nach Aufnahme eines Porträts vor schwarzem Hintergrund wird das Bild der angeblichen „Aura“ durch das Licht mehrerer farbiger Lämpchen produziert, die 52
seitlich dicht vor dem Kameraobjektiv angebracht sind. Deren Helligkeit wird individuell gesteuert durch die elektrischen Widerstände, die man mittels Elektroden an den Fingern der Versuchsperson misst. Was man daraus über die Befindlichkeit ablesen kann, bleibt der Fantasie des „Aura-Spezialisten“ überlassen. Beurteilen wir das „Aura-Sehen“ – exemplarisch für viele ähnliche Behauptungen und Methoden – doch einmal nach den gleichen Kriterien wie nicht-esoterische Verfahren und Mittel der Medizin und Psychotherapie: - Gibt es Wirksamkeitsnachweise? Möglichst auch durch Beobachtungen an Klienten, die behandelt wurden (Versuchsgruppe) und anderen, die ohne ihr Wissen nicht behandelt wurden (Kontrollgruppe). Und wenn Wirksamkeitsnachweise existieren – für welche Beschwerden? Klare Antwort: Nein. Dass es keinerlei Beweise für die „Körperaura“ gibt, kann sogar jeder selbst testen. Zum Beispiel auf einer der zahlreichen Esoterik-Messen. Die „Diagnose“ von zwei, drei oder noch mehr „Aura-Beratern“, die aus Form und Farbzusammensetzung der angeblichen „Lebensenergie“ Rückschlüsse auf körperliche und seelische Störungen ziehen wollen, widerspricht sich regelmäßig unmittelbar nacheinander bei ein- und demselben Patienten völlig. Die Vorstellung von der sichtbaren „Körperaura“ ist also rein spekulativ. - Kann man das Verfahren in eine wissenschaftlich plausible Theorie einordnen? Klare Antwort: Nein. Der Theologe und Esoterik-Experte Bernhard Grom erklärt, wieso nicht: 53
„Die Idee einer universalen Lebensenergie mag als vorwissenschaftlicher Versuch einer Welterklärung Respekt verdienen, doch widerspricht sie unserem heutigen Wissen. Sie vermischt zwei grundlegend verschiedene Energieformen miteinander: die Energie, die die Physik erforscht und definiert als die Fähigkeit eines Systems, Arbeit zu leisten, und die seelischen Kräfte, d.h. Bedürfnisse, Motive, Interessen und Ideale, die die Psychologie untersucht. Den Unterschied zwischen diesen beiden Energieformen erfahren wir deutlich bei körperlichen Tätigkeiten. Wenn wir beispielsweise mit großer ‚Energie‘ einen Garten anlegen, ist dieser Gestaltungswille etwas ganz anderes als die körperliche, kinetische Energie (Bewegungsenergie), mit der wir den Boden umgraben; etwas anderes auch als die elektrische Energie, mit der wir den Rasenmäher oder die Wegbeleuchtung betreiben. Unser Gestaltungswille – sozusagen die psychische Energie – verwandelt sich nicht in kinetische und elektrische Energie, sondern greift als ganz andere, mentale Ursache in das System dieser Naturkräfte ein, die von anderen Quellen gespeist werden – etwa von Verbrennungsprozessen unseres Körpers oder von Kraftwerken. Es wäre eine Missachtung dieses wesentlichen, qualitativen Unterschieds, würde man physikalische Energie und psychischgeistige Impulse in ein kosmisches Energiefeld auflösen, dessen Ebenen sich lediglich graduell durch verschiedene ‚Schwingungen‘ oder Dichtegrade unterscheiden … Wir können nicht mit bloßer Geistes- und Willenskraft Krankheiten heilen, Wüsten bewässern oder gefährliche Radioaktivität abbauen. Wenn man es trotzdem versucht, wendet sich das Sehnsuchtsdenken vollends von der Wirklichkeit ab und entschwebt ins Märchenreich der Imagination und Magie.“ 54
- Besteht die Neigung und Gefahr, Klienten von einer notwendigen fachlichen Behandlung durch einen ausgebildeten Mediziner oder Psychotherapeuten abzuhalten bzw. diese zu verzögern? Klare Antwort: Ja. Immer wieder kommt es bei dubiosen esoterischen Diagnose-Verfahren vor, dass eine bestehende Krankheit gar nicht erkannt und daher nicht fachgerecht behandelt wird. Kranke können leicht für gesund und Gesunde für krank erklärt werden. Harmlos erscheinen Methoden wie „Aura-Heilung“ und Ähnliches nur, solange keine notwendigen Maßnahmen versäumt werden. Bei vielen Krankheiten sind „harte“ Therapien einfach erforderlich, und es kann verhängnisvoll sein, nur „sanft“ zu behandeln.
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Astronautengötter 19. „Die Götter waren Astronauten.“ Das Manna in der Bibel (2. Mose 16ff) wurde von einer radioaktiven Maschine produziert, die Raumfahrer aus dem All Moses überreichten. Eine von Außerirdischen gezündete Atombombe löschte Sodom und Gomorrha (1. Mose 19,24) aus. Und der Geist Gottes, der in 1. Mose 1,2 über dem Wasser schwebt, war ein riesiges, rundes Ufo. Das sind nur drei der zahllosen bizarren Behauptungen der so genannten Prä-Astronautik. Deren Anhänger vertreten kurz gesagt die These: „Die Götter waren Astronauten“ – die durch genetische Experimente das Leben auf der Erde hervorgebracht und den frühen Hochkulturen ihr überlegenes Wissen vermittelt haben sollen. Der Wortführer unter den Prä-AstronautikSchreibern ist der ehemalige Schweizer Hotelier Erich von Däniken. Immer wieder wird der Bestseller-Autor auch vor die Fernsehkamera gebeten. Bei RTL z.B. durfte er ein TV-Special mit dem Titel „Die BibelConnection“ präsentieren. Darin erzählte Däniken den staunenden Zuschauern unter anderem, schon der Prophet Hesekiel habe hautnah die Landung eines Raumschiffs miterlebt und „Kontakt mit humanoiden Göttern“ gehabt. Den „Beweis“ liefere Hesekiel 1,4-7: „Ich schaute, und siehe, ein Sturmwind kam von Norden und eine große Wolke, rings von Lichtglanz umgeben, und 56
loderndes Feuer, und aus seinem Innern, aus der Mitte des Feuers, leuchtete es hervor wie Glanzerz. Mitten aus ihm heraus wurde etwas sichtbar, das vier lebenden Wesen glich, und also war ihr Aussehen: Sie hatten Menschengestalt. Vier Gesichter hatte ein jedes und ebenso vier Flügel. Ihre Füße waren gerade und ihre Fußsohlen wie die Sohle eines Kalbes, und sie leuchteten wie der Glanz von geglättetem Erz.“ Später ist vom „Lichtglanz des Herrn“ die Rede (Hes. 10,4), vom „Rauschen der Flügel des Cherub“ (Hes. 10,5) und von mysteriösen Rädern (Hes. 10,9). Ist das „die eindrückliche Begegnung mit einem Fluggerät, das vom Himmel kam“, wie der PräAstronautik-Enthusiast Ulrich Dopatka in seiner „Erichvon-Däniken-Enzyklopädie“ vermutet? Mitnichten. In Hesekiels Verkündigung spielen sinnbildliche Handlungen, ausführlich beschriebene Visionen und Gleichnisse eine große Rolle. Seine Visionen leiten der Thematik und den verwendeten Bildern nach zur späteren apokalyptischen Literatur über. Für den alttestamentlichen Propheten ist Gott der Transzendente und absolut Heilige, und die Geschichte Israels eine einzige Kette von Verfehlungen gegen Gottes Heiligkeit, die seinen Zorn und seine Strafe über Israel bringen. Aber nicht nur bei Hesekiel wollen Däniken und seine Anhänger neuzeitliche technische Sachverhalte wiedergefunden haben – auf nichts gestützt außer auf eigenwillige Textumdeutungen. Bibeltexte sowie uralte Mythen und Sagen gelten 57
„Prä-Astronautik-Forschern“ als wortwörtlich interpretierbare Reportagen. Und so wird dann aus jeder Himmelfahrt gleich eine Weltraumreise, und aus den schier übermenschlichen Kräften der Helden der Gebrauch einer Waffe, die nicht von dieser Welt ist. Daneben bauen Däniken und Co. steinzeitliche Felsmalereien und antike monumentale Bauwerke wie die Pyramiden, die Statuen auf der Osterinsel oder prähistorische Tempel auf Malta in ihre Theorie von den Astronautengöttern ein, die sie mit Erkenntnissen der Astronomie, Science-fiction-Fantasien und Elementen des Reiseromans bedenkenlos vermischen. Allerdings stellt sich die Frage: Warum ist noch niemand auf die Idee gekommen, die Kathedrale von Chartres oder den Parthenon mit außerirdischen Wesen in Verbindung zu bringen? Die Antwort ist ganz einfach: Weil wir über diese Zeugnisse der Vergangenheit bestens Bescheid wissen. Prä-Astronautik-Anhänger dagegen wühlen bevorzugt in den Überresten solcher Kulturen, die uns keine verständlichen Aufzeichnungen ihres Alltags und ihrer Geschichte hinterlassen haben – z.B. die altamerikanischen Indianervölker. Das macht es ihnen leicht, etwa in den großflächigen indianischen Scharrzeichnungen der südamerikanischen Nazca-Ebene „Landebahnen von außerirdischen Raumschiffen“ zu erblicken. Solche Deutungen stellen indes reine Vermutungen dar. Ihre Argumente entnehmen Prä-Astronautiker dem Fundus vermeintlich ungeklärter archäologischer Rätsel. 58
Diese vermeintlichen Rätsel bestehen aber nur dann, wenn die wissenschaftlich gesicherten Fakten rund um den betreffenden Fund oder die historische Stätte völlig ausgeblendet werden. Die Astronautengötter-Sucher sind lupenreine Pseudowissenschaftler. Sie betrachten prähistorische Ruinenstädte, Pyramiden, Megalithe oder Statuen wie eine leere Leinwand, die sie mit ihren eigenen Fantasien und Wunschvorstellungen ganz neu bemalen – auch wenn das so entstandene Bild völlig schief hängt. Dänikens Astronautengötter werden umso unglaubwürdiger, je genauer man die Fakten prüft. So behaupten Prä-Astronautiker etwa, auf der Grabplatte des Maya-Herrschers Pacal sei eindeutig ein „Raumfahrer“ verewigt. Archäologen dagegen wissen, dass die unzähligen Bildelemente dieser Darstellung auch – in anderer Zusammenstellung – auf Dutzenden anderer Grabplatten vorkommen und dort recht eindeutig als Elemente der Maya-Mystik zu erkennen sind. Mittlerweile nennen sich die Prä-Astronautik-Fans lieber „Paläo-SETI-Forscher“. Das klingt schön wissenschaftlich, ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie bewusst den Stand seriöser wissenschaftlicher Erkenntnis ignorieren und stattdessen an Mythen stricken. In seinem TV-Beitrag „Die Bibel-Connection“ führte Däniken zum Beispiel vor, wie mit Schallwellen eine Mauer zum Einsturz gebracht werden kann. Ganz so, wie in dem biblischen Buch Josua der Mauerfall von Jericho beschrieben wird. „Doch wer konnte damals schon etwas von der zer59
störerischen Kraft des Schalls wissen?“, orakelt der Verfasser von „Erinnerungen an die Zukunft“ bedeutungsschwer. Aha. Und vor der Entdeckung der Schwerkraft schwebten alle Menschen in der Luft. Oder wie? 20. „Der Stamm der Dogon in Afrika verfügt über unerklärliches astronomisches Wissen.“ Hier haben wir es mit dem so genannten Sirius-Rätsel zu tun – und damit mit dem Haupt-Argument der PräAstronautik schlechthin. Der Hintergrund: Der hellste Stern an unserem Nachthimmel, Sirius, hat einen Begleitstern, der mit bloßem Auge nicht zu sehen ist und erst Mitte des 19. Jahrhunderts von Astronomen entdeckt wurde. Sehr viel früher jedoch soll der westafrikanische Dogon-Stamm bereits von diesem Himmelskörper (Sirius B) gewusst haben. Denn: Ein besonderes Fest zu Ehren eines „unsichtbaren Sterns“, die Sigui-Feier, werde von den Dogon alle 50 Jahre begangen. Das entspricht genau der Umlaufzeit von Sirius B um Sirius A. Mehr noch: Die Eingeborenen nennen den verborgenen Sirius-Begleiter „po tolo“, kennen angeblich seine exakte Umlaufbahn und -zeit und wissen darüber hinaus auch über die Jupiter-Monde und die Saturn-Ringe Bescheid. Erich von Däniken folgert daher in einem seiner Bücher: „Da die Dogon-Neger behaupten, sie hätten ihr Wissen von einem Gott namens Nommo, liege ich doch 60
wohl mit meiner Annahme richtig, dass dieser Herr Nommo ein außerirdischer Besucher gewesen ist.“ Nicht unbedingt. Alles, was Däniken und seine Mitstreiter über die Dogon wissen, stammt aus der Feder eines französischen Anthropologen namens Marcel Griaule, der in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts den Stamm in Afrika erforschte. Die Mythen und Überlieferungen der Dogon stellen sich in Griaules Schilderungen außergewöhnlich komplex dar. Däniken und andere Sensationsautoren picken sich auch hier wieder nur jene Punkte heraus, die ihre Wunschträume von den Astronautengöttern zu belegen scheinen. So lässt er z.B. unter den Tisch fallen, dass das „Sigui-Fest“ in Wahrheit alle 60 Jahre stattfindet. Auch schreiben die Dogon dem Sirius die Farbe rot zu – tatsächlich aber schimmert er am Nachthimmel bläulich. Die Sonne, der Sirius und andere Sterne haben bei den Dogon eine tiefe symbolische Bedeutung; astronomisches Spezialwissen kann man da mit etwas Fantasie zwar hineindeuten – muss es aber wahrhaftig nicht. Seriöse Wissenschaftler gehen davon aus, dass Afrikareisende den Dogon ein bescheidenes astronomisches Wissen vermittelt haben, das in die Mythen und Rituale des Stammes einfloss. Eine Quelle hierfür könnte eine astronomische Expedition um den Ungarn Istvan Guman gewesen sein, der 1893 mehrere Wochen in Westafrika zubrachte, um mit Teleskopen und anderen Instrumenten eine Sonnenfinsternis zu beobachten.
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Der Bibel-Code 21. „In der Bibel sind alle großen Ereignisse verschlüsselt vorausgesagt.“ Der dritte Weltkrieg hätte eigentlich im Jahr 2000 ausbrechen sollen. Vielleicht geschieht dies aber auch erst 2006. Ausgelöst wird er jedenfalls durch einen atomaren Terror-Anschlag auf Jerusalem. Zur völligen Zerstörung der Erde kommt es dann aber erst 2010. In jenem Jahr wird ein gigantischer Komet mit unserem Planeten kollidieren. Wo das steht? In der Bibel. Das jedenfalls behauptet der amerikanische Journalist und Buchautor Michael Drosnin – der schon für den 13. September 1996 einen „atomaren Holocaust“ für Israel angekündigt hatte. Natürlich findet man in der Heiligen Schrift keine Wörter wie „Weltkrieg“, „Atombombe“ oder „Terrorismus“. Für Drosnin ist das kein Problem. „Die Bibel ist nicht bloß ein Buch, sondern auch ein Computerprogramm“, schreibt der ehemalige „Washington Post“-Reporter in seinem Weltbestseller „Der Bibel-Code“. „Erst in Stein geritzt, dann handschriftlich auf Pergamentrollen festgehalten und schließlich in Buchform gedruckt, wartete sie auf die Erfindung des Computers. Nun sind wir in der Lage, sie so zu lesen, wie es immer beabsichtigt war.“ Tatsächlich? Nur an einer Stelle in der Heiligen Schrift ist die Rede davon, dass ein Buch entsiegelt, im übertragenen Sinn also ein Code geknackt wird. Und diese Verse (Offenba62
rung 5,1-14) handeln nicht von einem Journalisten namens Michael Drosnin. Stattdessen heißt es dort: Nur einer „im Himmel oder auf der Erde oder unter der Erde“ ist würdig und ermächtigt, die Siegel dieses Buches zu lösen – nämlich das Lamm, das geschlachtet wurde und lebt. „Noch Aktuelleres als Jesus Christus und noch Detaillierteres als das, was er schon angekündigt und zu tun angemahnt hat, ist der Welt demnach nicht gegeben. Leider. Gott sei Dank“, kommentiert das Fachblatt „Bibel-Report“ Drosnins angebliche Dekodierungskünste. Und was den Weltuntergang 2010 angeht: Was die Bibel tatsächlich zum Ende der Zeiten sagt, kann jeder nachlesen. Etwa im Markus-Evangelium: „Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand. Auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.“ (Mk. 13,32) Was also hat es mit dem „Bibel-Code“ des USAutors auf sich? Wenig mehr als Geschäftemacherei. Lassen wir noch einmal die Experten vom „BibelReport“ zu Wort kommen: „Drosnin gibt die 304805 hebräischen Buchstaben (nur die Konsonanten sind gemeint, da es im Hebräischen keine Vokale gibt und die Silben somit mehrdeutig sind; Anm. d. Autors), aus denen die fünf Bücher Mose – Pentateuch – bestehen, hintereinanderweg ohne Wort- oder sonstige Zwischenräume in den Computer ein. Nun wird dem Computer ein Stichwort vorgegeben, das er aus dieser Textmasse herausfinden soll. Bei63
spielsweise der Name des 1995 ermordeten israelischen Ministerpräsidenten Jizchak Rabin. Zusammenhängend und als solchen findet der Computer diesen Namen natürlich nicht. Jedoch, und das ist nun der geheimnisvolle Witz des Verfahrens: Er findet ihn, wenn er jeweils einen oder zwei oder fünf oder 18 oder 1000 Buchstaben überspringt und den jeweils zweiten oder dritten oder sechsten oder 19. oder 1001. Buchstaben aneinander reiht … Irgendwann ist dann das gesuchte Stichwort gefunden. Im Fall von Jizchak Rabin muss man nur jeweils 4772 Buchstaben überspringen, dann hat man ihn. Wenn man diese Konsonanten dann liest (man muss jeweils darauf achten, wie herum es Sinn ergibt) und dabei die Vokale ergänzt, dann ergibt das den Namen Jizchak Rabin. Welch ein Wunder!“ Drosnins „Bibel-Code“ ist also bloß ein fortlaufender Strang von Buchstaben, der sich auf dem Computerbildschirm oder ausgedruckt zu einem riesigen monolithischen Buchstabenblock verdichtet, in dem angeblich Wörter versteckt sind – waagerecht, senkrecht oder diagonal. Und wie bei einem Kreuzworträtsel wird jedes gefundene Wort vielfach gekreuzt von anderen Wörtern oder Wortfolgen. Diese sollen dann angeblich offenbaren, in welche Zusammenhänge das Suchwort gestellt werden muss. Kennedys Ermordung wie Clintons Präsidentschaft, die Mondlandung wie das verheerende Erdbeben im 64
japanischen Kobe, die Nahost-Kriege wie das Attentat auf Jizchak Rabin samt dem Namen des Täters – all das und noch viel mehr hat Drosmn mit der angedeuteten Suchmethode und viel Kombinationstalent der Bibel abgerungen. Und er hat Recht: Es gibt den „Bibel-Code“. „Seinen, meinen, irgendeinen. Jeder kann ihn sich so zurecht basteln, wie er möchte“, amüsiert sich der Historiker und Papyrologe Professor Carsten Peter Thiede. Als am 13. September 1996 der „atomare Holocaust“ in Israel ausblieb, zeigte sich Michael Drosnin nach eigenem Bekunden „erleichtert, aber auch ratlos“. Seine nachgeschobene Erklärung: „Die Antwort scheint darin zu liegen, dass es in der Zukunft nicht nur diese eine, sondern viele Möglichkeiten gibt … Wir bestimmen den Verlauf der Ereignisse nach unserem Willen. Insofern stehen wir dort, wo wir uns schon immer befunden haben.“ Aha, so ist das also. Vielleicht sollte er künftig lieber mit Kaffeesatz oder Bleigießen experimentieren. Richtig scheint da schon eher der Forscher Carsten Peter Thiede zu liegen. Er entnahm der Bibel genau nach Drosnins Pseudo-Verfahren die berückend schlichte Botschaft: „Der Code hält dumm.“
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Channeling 22. „Wir können mit Gott, Engeln, Außerirdischen, aufgestiegenen Meistern und höheren Wesenheiten kommunizieren – via Channeling.“ „Channeling“ (gesprochen „Tschännelling“) ist eine modische Form der Geisterbefragung. Der Unterschied zum Tisch- oder Gläserrücken: „Statt in einem verdunkelten Séanceraum zu sitzen und einander an den Händen zu halten, besteht Channeling daraus, 600 Dollar für einen Sitzplatz in einem gut beleuchteten Saal hinzulegen und Gurus zu lauschen, die von Geistreichtum und Weisheit bedeutender Persönlichkeiten predigen, die vor bis zu 35000 Jahren verschieden sind“, bemerkt der amerikanische Aberglauben-Aufklärer James Randi lapidar. Konkret geht das so vor sich: Ein „Medium“ versetzt sich in Trance und fungiert angeblich als geistiger Kanal (englisch: Channel) für außer- und übermenschliche Wesen. Deren Einsprechungen gibt es unmittelbar und wortreich mit eigener Stimme wieder, nicht ohne sich dabei selbst eindrucksvoll in Szene zu setzen. Beispiele gefällig? „Viele Gedanken und Gefühle erreichen mich, wenn ich möchte, höre ich hin, und es sind Wesen wie ich. Die Menschen in ihren Körpern kommen mir vor wie eingesperrt und blind. Ich war auch in diesem Gefängnis und habe gesucht, mich gesehnt, gekämpft – den ewigen Kampf, die ewige Suche nach Liebe …“ 66
Dieser ungelenke Biedersinn soll von der 1997 tödlich verunglückten Prinzessin Diana stammen – behauptet jedenfalls ein gewisser Douglas P. Webson in dem Taschenbuch-Schmöker „Diana lebt!“. Dass die Aussagen der verblichenen „Königin der Herzen“ in ihrer diffusen Vagheit eher an einen Schlagertext erinnern, scheint überzeugte Channeling-Fans nicht zu stören. Das österreichische „Kanal-Arbeiter-Duo“ Mirabelle und René Coudris rühmt sich, mit Marilyn Monroe, John F. Kennedy und Carl Gustav Jung in Kontakt zu stehen. Sogar zu toten Außerirdischen haben die beiden einen heißen Draht. So interviewten sie zum Beispiel vier Aliens, die beim Absturz ihres Raumschiffs in der Wüste von Neu Mexiko ums Leben gekommen sein sollen: René und Mira: „Warum habt ihr so einen großen Kopf in Relation zu uns?“ Antwort: „Haben mehr Gehirnmasse.“ Rene und Mira: „Und was bedeuten eure viel kleineren Ohren?“ Antwort: „Brauchen sie kaum – wegen Telepathie.“ Rene und Mira: „Eure Augen sind …“ Antwort: „Müssen gehen! Medium kann Kontakt nicht weiter verkraften.“ Rene und Mira: „Warum denn?“ Antwort: „Ihm wird schlecht …“ Ob die Übelkeit eine unmittelbare Folge der an „Rotkäppchen und der böse Wolf“ erinnernden Simpelei von Rene und Mira war, blieb leider unbeantwortet. Ebenso 67
wie die Frage, warum beim Channeling überwiegend einleuchtende und sympathische Lehren zur Sprache kommen, nie aber wirklich neue und bahnbrechende Erkenntnisse. Eine geschäftstüchtige Frau namens J. Z. Knight aus dem US-Bundesstaat Washington etwa leiht „Ramtha dem Erleuchteten“ Lippen und Stimmbänder. „Ramtha“ ist angeblich 35000 Jahre alt und hat sein irdisches Dasein als Krieger zugebracht. Und was erfahren wir von ihm? Jedenfalls nichts, wofür es sich lohnte einen körperlosen „Meister“ zu bemühen. Wo genau hat Ramtha gelebt? Wie war das Klima zu seiner Zeit? Welche Gesellschaftsordnung gab es? Fehlanzeige. Ist das womöglich deswegen so, weil sein „Kanal“ zum Diesseits, Mrs. Knight, von solchen Dingen keine Ahnung hat? Denn die meisten Psychologen sind sich darüber einig, dass hinter den Einflüsterungen der vermeintlich „Höheren“ unbewusste, verdrängte oder abgespaltene Anteile des eigenen Seelenlebens der „Medien“ stecken. Channeling, erklärt der Münchner Psychologe Colin Goldner, beruht auf einer Art Trance, die entweder per Selbst- oder Fremdhypnose oder durch eine bestimmte Atemtechnik namens Hyperventilation hervorgerufen wird. Pausenloses, beschleunigtes Atmen führt durch einen Abfall der Kohlendioxid-Spannung im Blut und durch eine massive Störung des Säure-Basen-Haushaltes zu Schwindel und Bewusstseinsstörungen. Zugleich verengt 68
sich die Wahrnehmung, und eine enorme Fantasietätigkeit setzt ein. So genannte Halbtrance-Medien halten den Kontakt zu einer Verbindungsperson aufrecht, deren suggestive Einflüsterungen und Anweisungen sie aufnehmen und in ihre Fantasiekonstrukte einbauen. „Volltrance-Medien“ sind sich ihrer „Durchsagen“ meist nicht bewusst – weisen allerdings durchweg die charakteristischen Symptome schwerer schizophrener Persönlichkeitsstörungen auf, ist Goldner überzeugt. Wenn die gechannelten Mitteilungen tatsächlich verschiedenen „Energiepersönlichkeiten“ der geistiggöttlichen Welt entstammen, warum enthalten sie dann statt Kuriosem und banalen moralischen „Einsichten“ keine wirklich brauchbaren Informationen? Warum ermöglichen sie z.B. keine archäologischen Entdeckungen? Warum erzählt uns Alexander der Große nicht, wo sich sein Grab befindet? Warum diktieren uns die großen Philosophen Sophokles, Demokrit oder Aristarch ihre verloren gegangenen Bücher nicht neu? Von einem Heilmittel gegen Aids oder der Konstruktionsformel für den Wasserstoffmotor ganz zu schweigen. 23. „Gott und Jesus haben einigen Channel-Medien neue Evangelien geoffenbart.“ „Gespräche mit Gott“, „Ein Kurs in Wundern“, „Das Wassermann-Evangelium“, „Gott sprach zu mir“ – so oder so ähnlich heißen „gechannelte“ Bücher, mit denen „die Jesusstimme Fehlinterpretationen seiner Bot69
schaft im Christentum aufklären will“, wie etwa die USAutorin Helen Schucman behauptet. Ihr „Kurs in Wundern“ – angeblich über Hördiktat von Jesus empfangen – ist ein Bestseller nicht nur in der Esoterik-Szene. Auch viele noch nicht wirklich entschiedene Christen lassen sich von den vermeintlichen Neuoffenbarungen faszinieren. In manchen deutschen Städten haben sich sogar Studiengruppen zum gegenseitigen Austausch und zur Vertiefung des Selbststudienprogramms gebildet. Doch mit dem Gott der Bibel haben diese „neuen Evangelien“ erkennbar wenig zu tun. Stattdessen handelt es sich um lupenreine Produkte der New-Age-Bewegung und des kommerziellen Esoterik-Marktes. Denn im Mittelpunkt der „Talk-Shows mit dem Höchsten“ steht ausschließlich der Mensch und seine Selbstverwirklichung. Das Alte und Neue Testament gelten darin als überholte, ergänzungsbedürftige Teilwahrheiten, die nicht ungeschickt entchristlicht und verweltlicht sowie dem aktuellen Zeitgeist angepasst werden. Darüber hinaus entnehmen die Autoren wie aus einem Steinbruch allen großen religiösen Traditionen einzelne Teile und überführen sie in ein angebliches „Größeres“. Die populärsten Neuoffenbarungen sind: - „Das Wassermann-Evangelium von Jesus dem Christus“ von Levi H. Dowling: Jesus wird hier als Suchender dargestellt, der in Indien, Tibet, Persien, Ägypten und Griechenland von „spirituellen Meistern“ ausgebildet wird und schließlich von ihnen den „Christus-Grad“ verliehen bekommt. 70
- „Gespräche mit Gott“ von Neale Donald Walsch: Der amerikanische Ex-Journalist und RadioModerator will zwischen 1992 und 1995 mehr als 1000 Seiten von Gott selbst diktiert bekommen haben. Walsch erklärt Bibel und Religion für überflüssig und erhebt stattdessen die Gefühle und Gedanken des Menschen zur alleinigen Richtschnur. Seine Selbstvergötzung des Menschen gipfelt im dritten Band in einer Umformulierung des Vaterunsers: „Meine Kinder, die ihr im Himmel seid, geheiligt ist euer Name. Euer Reich ist gekommen, und euer Wille wird geschehen wie auf der Erde, so im Himmel … Denn euer ist das Reich und die Macht und die Herrlichkeit, in alle Ewigkeit. Amen.“ - „Ein Kurs in Wundern“ von Helen Cohn Schucman: Auch die amerikanische Psychologin Helen Cohn Schucman vermittelt ihren Lesern ein rein anthropozentrisches Weltbild, in dem „der Himmel hier und jetzt“ sei: „Es gibt keinen anderen Ort.“ Außerdem lehrt ihr Kurs in bedrängendem Sprachstil, dass Sünde im Sinne der Trennung von Gott nur ein Produkt der wahnhaften Einbildung des Egos ist. In Wahrheit gäbe es Sünde nicht und habe es sie nie gegeben. Schucman: „Du bist eigentlich ein Heiliger, nur ist dir dies nicht bewusst, und dementsprechend lebst du nicht danach.“ Mit anderen Worten: In den esoterischen „Evangelien“ geht es schlicht um offenen oder verdeckten Hochmut, um ein Ego-Denksystem. 71
Das heißt: Gott ist nicht tätig in der Zeit, der Mensch ist allein in der Lage, sein Leben zu bewältigen, wenn er nur seine spirituellen Fähigkeiten und seine Intuition schult. Genau darin sieht der Theologe Dr. Matthias Pöhlmann, Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), den großen Erfolg solcher Texte begründet: Weil hier dem Menschen „der technische Fortschrittsglaube in neuem Gewand“ begegne. Solche profan-magischen Lebensentwürfe aber könnten einer Entwicklung Vorschub leisten, die den Menschen und seine Möglichkeiten hoffnungslos überschätzt, ihn seiner Geschöpflichkeit beraubt und ihn zu einem unpersönlichen, beziehungslosen Göttlichen „transformieren“ möchte. Außerdem berge die Konzentration auf das eigene Ich und dessen spirituelle Überhöhung die Gefahr, dass man andere Menschen aus dem Blick verliert. Jesus selbst hat mit dem Bibelwort „Noch vieles habe ich euch zu sagen, doch ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die Wahrheit einführen“ (Joh. 16,12f.) der Gemeinde den Heiligen Geist zugesagt – aber gewiss keine neuen Mitteilungen für „erleuchtetere“ Generationen, wie Neuoffenbarungs-Anhänger mitunter behaupten. Denn dieser Geist erinnert gerade an das, was der historische Jesus gesagt hat und was die Jünger bezeugen (Joh. 14,26; 15,27). Dieses Zeugnis ist der Maßstab um zu beurteilen, ob 72
sich ein heute Ergriffener und Erleuchteter zu Recht oder zu Unrecht auf den Geist Jesu beruft. Um es ganz klar zu sagen: „Dem neutestamentlichen Glauben ist Übermittlung der göttlichen Gnade durch Medien und Trance völlig fremd. Dem Christen erschließt sich der Zugang zu Gottes Gnade durch die Glaubensverbundenheit mit Jesus Christus. Irgendwelche ‚Medien‘ sind dazu nicht nötig … In jeder Zeit scheint es eben die Seher und Schwärmer zu geben, die den alten Stoff des Glaubens und der Religion für sich und andere so bearbeiten wollen, dass er stimmig wird, stimmig für ihre Zeit und für sich selbst. Die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus ist dagegen auf den ersten Blick nie wirklich stimmig, und eben darum fordert sie seit zweitausend Jahren jede Zeit neu zur Begegnung mit Gott heraus. Pointiert, aber nicht ohne Grund könnte man sagen, dass das Evangelium von Jesus Christus zwar nie plausibel werden kann, aber gerade deshalb immer neu wird. Während die Neuoffenbarungen immer plausibel sind und darum rasend schnell veralten.“ Walter Schmidt 24. „Channeling-Botschaften sind nachprüfbar richtig.“ Die meisten gechannelten „Offenbarungen“ sind weder neu noch originell, sie enthüllen nichts, was nicht auch den normal zugänglichen Quellen des Wissens und der Erkenntnis entnommen werden kann, oder beziehen sich auf abgehobene „spirituelle“, „kosmische“ oder „jenseitige“ Vorgänge, die sich jeder Nachprüfung entziehen. 73
Mitunter aber prophezeien Channel-Medien auch ganz konkrete Ereignisse – die freilich nie eintreffen. Einige Beispiele: Der Amerikaner Edgar Cayce (von seinen Anhängern „der schlafende Prophet“ genannt) kündigte für die 1960er das Wiederauftauchen des versunkenen Kontinents Atlantis und die vollständige Christianisierung Chinas an. Des weiteren sagte er für die Jahrtausendwende eine Reihe von welterschütternden Naturkatastrophen voraus. Besagter „Ramtha der Erleuchtete“ channelte seinem Sprachrohr J. Z. Knight einen großen Krieg für das Jahr 1985, in den die USA verwickelt sein würden. Außerdem sollte gleichzeitig in der Türkei eine Pyramide entdeckt werden, deren Fundament „bis zum Mittelpunkt der Erde“ reiche. Das von dem bekannten Gabelverbieger Uri Geller gechannelte Geistwesen „Hoova“ sagte für „bald nach 1972“ eine Ufo-Invasion voraus. Die selbst ernannte „spirituelle Erdenweltführerin“ Ruth Norman (die sich „Uriel“ nennt) datierte dieses Ereignis auf das Jahr 2001. Die Chefin der deutschen „Fiat Lux“-Sekte, Uriella alias Erika Bertschinger, die schon mehr als 500 Offenbarungen von Jesus Christus erhalten haben will, drohte für 1998 mit einem „Überfall der Russen“, einem Weltkrieg und einem verheerenden Kometeneinschlag. 25. „Channeling ist Lebenshilfe, ChannelMedien sind spirituelle Lehrer.“ Ganz im Gegenteil. 74
„Für psychisch instabile Menschen kann der Umgang mit Channeling-Medien hoch gefährlich werden“, warnt das „Forum Kritische Psychologie“. Unabhängig davon, dass die als Durchsagen aus dem Jenseits verkauften Halluzinationen von der gläubigen Kundschaft als sakrosankte Verhaltensmaßnahmen gewertet werden, könne allein schon die vermeintliche Kontaktaufnahme mit irgendwelchen Geistern oder höheren Mächten zu fatalen Folgen führen: Noch Tage, Wochen und Monate nach dem Channeling sind massive Orientierungsstörungen bis hin zu einem Abgleiten in psychotische Wahnvorstellungen beobachtet worden. Fazit der Experten: Die zahllosen Channel-Medien, die im deutschsprachigen Raum ihren zweifelhaften Dienst als Lebensberater oder spirituelle Lehrer anbieten, seien durchweg „Fälle für die Psychiatrie und/oder die Staatsanwaltschaft.“
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Christus 26. „Jesus war nicht Gottes Sohn, sondern ein Erleuchteter.“ So wie die Esoterik andere Evangelien verkündet, propagiert sie auch eine Vielzahl verschiedener „Christusse“. Der Weltanschauungsexperte Hans-Jürgen Ruppert macht vor allem zwei Hauptformen esoterischer Christusvorstellungen aus: Jesus als Symbol und als Lehrer. Als Symbol repräsentierte der „Christus“ bzw. „Jesus“: - „Spirituelles Wachstum“, ein „neues, erweitertes Bewusstsein“; - Christus erscheint in diesem symbolischen Sinn auch als „höheres (göttliches) Selbst“ des Menschen – dem modernen Ausdruck für den alten gnostischen „göttlichen Wesenskern“ im Menschen; - Kreuz und Auferstehung Jesu werden zu Symbolen für psychologische Erfahrungen von „Wiedergeburt“, die der Einzelne mit Hilfe esoterischer Praktiken „nachvollziehen“ soll. Alles was der Rationalismus jemals an Hypothesen über Jesu Erdenwirken, Tod und Auferstehung aufgestellt hat – von der Ablehnung der Gottessohnschaft bis zur Scheintodhypothese – trifft man auch im esoterischen Schrifttum. Wird die Einheit zwischen Gott und Jesus bestritten, wird Jesus vornehmlich als Lehrer eines „geheimen Wissens“ gesehen: - Als „Eingeweihter“, „aufgestiegener Meister“, „Weltenlehrer“ usw. ist er nur ein höher entwickelter Mensch, der 76
die Vollendung auch erst nach vielen Wiederverkörperungen erreicht. - Verbreitet ist die Vorstellung, Jesus habe die Kreuzigung überlebt – so z.B. auch in Franz Alts esoterisch angehauchtem Bestseller „Jesus – der erste neue Mann“. - Bei manchen Autoren trifft man auch auf die These, Jesus sei nach überlebter Kreuzigung in Indien gestorben, wo er zuvor schon – zwischen dem 12. und 29. Lebensjahr – „geheimes Wissen“ und asiatische Spiritualität kennen gelernt haben soll. - Auch der Grund für die Hinrichtung Jesu am Kreuz wird in eine bestimmte Richtung umgedeutet: Nach biblischer Überlieferung war es in erster Linie der Vollmachtsanspruch Jesu, der als Gotteslästerung betrachtet wurde. In der Esoterik-Literatur wird zur Begründung häufig die These aufgestellt, Jesus hätte eine „Geheimlehre“ gehabt, die er veröffentlichte bzw. er hätte den „göttlichen Funken“ im Menschen gelehrt. Was wird aus dieser Auflistung deutlich? Die Art, wie Esoteriker die Person Jesu gegen den historischen Kontext der Bibel umdeuten und ihn daraus entreißen, ist unbekümmert bis rücksichtslos. Und: Jeder Esoterik-Autor, der sich außerhalb der Wirkungsgeschichte des biblischen Christus stellt, gestaltet „seinen Christus“ gemäß subjektiver Interessen oder bestimmter Machtkonstellationen als „höhere Erkenntnis“ oder „neue Offenbarung“. Dahinter steckt zum Teil wohl die Absicht, die Bibel als alleinige Norm des christlichen Glaubens außer Kraft 77
zu setzen. Denn die spirituell ausgerichtete Esoterik ist sehr viel weniger „tolerant“ als oft behauptet wird. Im Gegenteil, sie erhebt sogar einen „radikal inklusiven Absolutheitsanspruch“ (Bernhard Grom), dem zufolge ihre Offenbarungen und ihr Erkenntnisweg den bestmöglichen Zugang zum „Geistig-Göttlichen“ bieten. „Andersgläubige“ haben dagegen nicht das richtige „Feeling“ oder den „Durchblick“. Der christliche Glaube sei schädlich und müsse abgeschafft werden, um einem „neuen Zeitalter“ den Weg frei zu machen. Denn alle Religionen und Traditionen seien nur Ausdruck der einen, allumfassenden Wahrheit. Und in jeder von ihnen sei lediglich der „wahre Kern“ der esoterischen Weisheit enthalten. Auch weniger radikale Anhänger sehen in der Esoterik die „Weltreligion der Zukunft“; eine Art interreligiöse Bewegung zur Vereinheitlichung der Menschheit und der Religionen, die schließlich in der globalen „Ökumene des Wassermann-Zeitalters“ aufgehen soll. Andere Autoren huldigen wohl eher dem Mammon und ringen mit ihrer angeblich „wahren Lehre Jesu“ um Einfluss und wirtschaftlichen Gewinn auf dem Markt der Religionen. Die Taktik der Verkünder von esoterischen Christusbildern ist dabei nicht ungeschickt: Statt eine total neue Lehre zu verbreiten ergänzen, schmälern oder nachahmen sie das wahre Wort Gottes. Christus sei zwar „wichtig“, aber nicht der einzige Mittler, weswegen man seine Anbetung und Verehrung „nicht übertreiben“ dürfe. 78
Genau davor aber warnt die Heilige Schrift eindringlich. Im zweiten Brief an die Korinther (11,3-4) schreibt Paulus: „Ich fürchte aber, dass, wie die Schlange mit ihrer Arglist Eva betrog, so auch eure Gedanken verdorben und von der Einfalt Christus gegenüber abgezogen werden. Wenn nämlich irgendwer kommt und einen anderen Jesus verkündet, den wir nicht verkündet haben, oder ihr einen anderen Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium …“ Wie aber kann man nun das Echte vom Falschen unterscheiden? So, wie man echtes Geld von Falschgeld unterscheidet: Wer das Imitat erkennen soll, muss die Wahrheit genau kennen. Das wichtigste „Echtheitskriterium“ für Christen ist daher der im Evangelium redende und wirkende Christus selbst, dem „alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden“ (Matth. 28,18).
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Engel 27. „Engel sind eigenständige kosmische Intelligenzen.“ Engel werden ohne den Schutz der Metaphysik von der Werbung, von Filmemachern und Rockbands vereinnahmt – und natürlich auch von der Esoterik. Doch Bücher wie „Engel. Die kosmische Intelligenz“ oder „Du kannst mit Engeln sprechen“ stehen nicht im Dienst religiöser Erfahrung, sondern einer diffusen und kommerziell sehr einträglichen „Wiederverzauberung“ der erklärbar gewordenen Welt. Theologen sehen in Engeln (von griechisch angelos = Bote) die begleitende, helfende und tröstende Allgegenwart Gottes verkörpert. In der Heiligen Schrift treten sie uns an mehr als 200 Stellen als Gesandte, Botschafter und Werkzeuge des Dreieinen entgegen, als metaphorische Verdichtung der begleitenden, tröstendvergewissernden und helfenden Nähe Gottes. Allerdings mahnt die Bibel auch sehr deutlich, diese guten Mächte nicht eigenständig zu würdigen, da alle Ehre dem über den Kosmos erhöhten Auferstandenen gebührt: „Keiner soll euch den Siegespreis aberkennen, indem er sich in Demut und Engeldienst gefällt, sich mit Visionen wichtig macht, und sich nicht an das Haupt hält, von dem aus der gesamte Leih versorgt und zusammengehalten wird und so sein göttliches Wachstum empfängt.“ (Kol. 2,18-19) In esoterischen Engel-Schriften dagegen wird dieses biblische Zeugnis überspielt durch ein verfügbares, aus80
geklügeltes Denksystem, erfüllt von „Strahlungen“ und „Kraftfeldern“. Viele Autoren lösen die Engel aus dem biblischen Zeugnis heraus und erheben sie zu greifbaren und dienstbaren Wesen – die darüber hinaus mitunter auch zu Teilen eines „kosmischen Bewusstseins“ stilisiert werden und mit weiteren „Geistern“ das ganze Universum als einen einzigen lebendigen Organismus bilden. Diese Vorstellung ist reine Astralmystik. Nach christlicher Lehre wird der Kosmos von Christus selbst gelenkt und regiert. Die Engel vertreten zwar das Geheimnis göttlicher Heiligkeit; immer aber bringen sie zugleich den Menschen Gottes Herrlichkeit nahe und rufen zur Anbetung des Schöpfers von Himmel und Erde auf. Das heißt: Sie vermitteln eine Beziehung zwischen Gott und uns Menschen, und in ihnen konkretisiert sich das Wirken des dreieinigen Gottes; sie sind aber keine Lieferanten eines „kosmischen Bestell-“ oder Wunscherfüllungs-Service, wie in einigen esoterischen Darstellungen. Natürlich gibt es die menschliche Erfahrung von unerwarteter Hilfe und Rettung. Ebenso wissen wir um das Wirken Gottes auf „Erden wie im Himmel“, im „Sichtbaren und Unsichtbaren“ – und eine vernünftige Mittelposition zu finden zwischen dem rationalen Erklären einerseits und dem glaubenden Verstehen anderseits ist nicht immer ganz leicht. Aber statt an zeitgeistige Esoterik-Literatur sollten wir uns im Hinblick auf das Glaubensmysterium Engel wohl 81
eher halten „an die Beter, an die Kinder und an die Künstler, die den stereoskopischen Blick für die Transzendenz des Alltags, für das Unsichtbare im Sichtbaren, für das Geheimnis des Lebenkönnens haben.“ Walter Sparn 28. „Die Engel-Botschafterin Alexa Kriele informiert uns darüber, wie es im Himmel aussieht.“ Die studierte Psychologin und Philosophin Alexa Kriele behauptet seit 1994, Botschaften von Engeln zu empfangen. Sie bietet „Engelstunden“ an, in denen sie Ratsuchenden wie eine „Simultan-Dolmetscherin“ Mitteilungen des Himmels übersetzt. Außerdem schreibt sie Bücher. Ihre Reihe „Wie im Himmel so auf Erden. Einführung in die christliche Engelkunde“ ist auf fünf Bände angelegt. Darin finden sich stellenweise enge Bezüge zur Bibel, aber auch offenkundiger Nonsens wie „EngelOffenbarungen“ über das Leben „unserer Naturgeister“: „Naturgeister mögen lieber Trickfilme: dies entspricht ihnen eher. Walt Disney war ein Beauftragter der Naturgeister und stand in Kontakt mit ihnen. Wenn du mit deinem Naturgeist einen Walt-Disney-Film anschaust, dann sitzt er gespannt da und du langweilst dich: ein netter Ausgleich.“ Kinderkrankheiten führt Frau Kriele auf das Einwirken von Engeln und Naturgeistern zurück. Biblisch mehr als fragwürdig sind „Hintergrundinformationen“ wie diese, dass Josef Eremit geworden sein 82
soll, als Jesus 20 Jahre alt war. Oder dass Christus die Welt gar nicht erlöst, sondern nur die Voraussetzungen dafür geschaffen habe. Oder dass Gott Maria Magdalena nachträglich in den himmlischen Kreis der zwölf Jünger Jesu berufen habe. Alexa Kriele ist mit Martin Kriele, dem ehemaligen Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen, verheiratet. Dieser spielt bei der schriftlichen Endfassung der „Engel-Durchsagen“ anscheinend eine wesentliche und nicht unproblematische Rolle. So soll der „Engel der Ehe und Familie“ Alexa Kriele offenbart haben: „Der Himmel erwartet allerdings, dass die Kinder aus einer nicht-ehelichen Partnerschaft gesichert werden und dass sich weder Vater noch Mutter der Verantwortung für sie entziehen. Aus diesem Grund billigt er die sozialen und rechtlichen Regelungen, die auf Eheschließung auch dort drängen, wo die Menschen eigentlich nicht zu einer Ehe verbunden sind. Das hat für ihn also weder sakramentale noch prinzipiell moralische, sondern praktische Gründe: Es geht z.B. um die Sicherung der Kinder, um die Nachweisbarkeit der Abstammung und Herkunft, um vermögensrechtliche und erbrechtliche Gesichtspunkte, um die Frage der Personensorge.“ Wie die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) zu Recht feststellt, klingt das allerdings eher nach einem Gesetzeskommentar denn nach einer Botschaft des Himmels – so, als habe „der Jurist Kriele den Engeln etwas auf die Sprünge geholfen“. 83
Sofern kein bewusster Betrug vorliegt, müsse sich die selbst ernannte Engel-Botschafterin zumindest wohl den Vorwurf eines so genannten Erfahrungsfundamentalismus gefallen lassen: Was Frau Kriele erlebt haben will (dahingestellt, ob real oder eingebildet), wird zur objektiven Wahrheit erklärt. Tatsache ist jedoch, dass Alexa Krieles „Engelkunde“ von typischen esoterischen Phantastereien wie der „Akasha-Chronik“ (ein angeblich immaterieller kosmischer Gedächtnisspeicher), Naturgeistern, einer mysteriösen weißen Bruderschaft oder eines himmlischen „Hohen Rates“ nur so wimmelt. Daran ändert auch die intensive Verwendung christlicher Begrifflichkeiten nur wenig.
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Der „Fluch“ des Pharao 29. „Der Fluch des Tutenchamun brachte vielen Menschen den Tod.“ Das stimmt nicht. Der Fluch des Pharaos, der angeblich in kurzer Zeit, dafür aber um so unbarmherziger all die Archäologen eines unnatürlichen Todes sterben ließ, die 1923 bei der Öffnung des Grabes des vergessenen Königs Tutenchamun zugegen waren – er ist kaum mehr als eine Legende und der Traum von spekulierenden Sachbuchautoren. Die Tatsachen: Jene 25 direkt an der Graböffnung beteiligten Archäologen erreichten ein Durchschnittsalter von 70 Jahren, während eine Kontrollgruppe von elf Personen, die sich zur gleichen Zeit in Ägypten befanden, aber nicht an den Ausgrabungen beteiligt waren, es auf ein Durchschnittsalter von 75 Jahren brachte. Der angebliche Fluch hatte also die Sterbedaten nicht statistisch bedeutsam beeinflusst, wie im Jahr 2002 der australische Mediziner Mark Nelson im British Medical Journal detailliert ausführte. Die Idee eines „Fluchs“ beruht auch gar nicht auf antiken ägyptischen Quellen; Grabräuber wurden zwar wegen Diebstahls, jedoch nicht wegen Grabschändung angeklagt. Der „Fluch des Pharaos“ entspringt der phantastischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Den Wortlaut der angeblichen, tatsächlich aber nie existierenden Inschrift im Grab des Pharaos („Der Tod kommt auf schnellen Flügeln zu dem, der das Grab des Pharao berührt“) dachte sich z.B. die Schriftstellerin Marie Corelli für eine gespenstische Mumien-Geschichte aus. 85
Feuerlauf 30. „Feuerlaufen ist ein Beweis für die Macht des menschlichen Geistes über die Materie.“ Feuerlaufen ist ein heißer Tipp in der Esoterik- und Psychoszene. Nach stundenlanger Einstimmung überqueren die Teilnehmer barfuß einen Glutteppich von einigen Metern Länge, ohne sich zu verbrennen. Diese Erfahrung, etwas „Unmögliches zu schaffen“, soll sich positiv auf die Bewältigung sämtlicher Alltagsprobleme auswirken. Wieso haben dann z.B. die Kicker von Bayer Leverkusen trotz einiger Feuerlauf-Seminare unter Trainer Christoph Daum in den vergangenen Jahren die deutsche Meisterschaft regelmäßig verspielt? Weil das Ganze wenig mehr als glühender Unfug ist. Aus physikalischer Sicht ist ein schadloses Überqueren der Holzglut auch ohne jedes pseudo-spirituelle Brimborium möglich. Holzasche weist nämlich nur eine sehr geringe spezifische Wärme auf. Das heißt: Sie speichert weniger Hitze als andere Materialien. Würden die Feuerläufer stattdessen in eine heiße Bratpfanne treten, könnte sie auch eine tagelange „mentale“ Vorbereitung nicht vor schwersten Verletzungen bewahren. Das Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie im bayerischen Seewiesen hat aufgedeckt: Unsere Füße heizen sich beim Kontakt mit Holzkohle oder Holzasche auf höchstens 100 Grad auf, was die schützende Hornhaut problemlos verkraftet – vorausgesetzt, die Feuerläu86
fer gehen zügig über die Glut und heben bei jedem Schritt die blanken Sohlen spätestens nach weniger als einer Sekunde wieder vom Boden ab. Eine Selbstüberwindung ist der Feuerlauf trotzdem allemal – ein Beweis für „übernatürliche Kräfte“ oder für die „Macht“ unserer Gedanken jedoch nicht. Auch als Motivationsschub für den Alltag taugt das Ritual kaum. Denn wer kann schon über einen längeren Zeitraum die Erinnerung daran immer wieder so plastisch heraufbeschwören, dass sich das kurze seelische Strohfeuer jedes Mal aufs Neue einstellt? Außerdem geht die Sache manchmal auch gründlich daneben. Immer wieder liest man von Unfällen bei FeuerlaufSeminaren – so zum Beispiel unlängst in einer Ferienanlage in Portugal. Falsches Holz (Eiche), eine zu dicke Holzschicht und ein ungeeigneter Untergrund (Lehm) führten zu schweren Verbrennungen dritten Grades an den Füßen der Teilnehmer. Mit „Geist über Materie“, „Willenskraft“ etc. hat Feuerlaufen also erkennbar wenig zu tun. Sondern mit höchst bodenständigen physikalischen Gesetzmäßigkeiten.
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Freitag, der 13. 31. „Freitag, der 13. ist ein Unglückstag.“ Nach neuesten Umfragen bereitet dieses Datum rund einem Drittel der Deutschen ein flaues Gefühl in der Magengegend. Wieso eigentlich? Volkskundler sehen in „Freitag, den 13.“ nicht mehr als einen neumodischen KunstTermin wie Muttertag oder Halloween, der vor allem von den Massenmedien aufgebauscht wird. Und das erst seit nicht allzu langer Zeit: Am 13. Mai 1927 kam es in den USA zu einem verheerenden Kursrutsch an der Börse. Er ist als „schwarzer Freitag“ in die Geschichte eingegangen. Und 1970 geriet die amerikanische Raumkapsel Apollo 13 am Freitag, den 13. April, in große Schwierigkeiten. Vor dem 20. Jahrhundert spielte dieser vermeintliche Unglückstag im Bewusstsein der Menschen kaum eine Rolle. Glücks- und Unglückszahlen sowie Glücks- und Unglückstage sind zwar in allen Hochkulturen zu allen Zeiten verbreitet gewesen – Diskussionen aber und abergläubische Überlegungen gab es praktisch zu sämtlichen Zahlen und Wochentagen, ohne dass dabei dem 13. und dem Freitag eine besondere Bedeutung zugekommen wäre. Als Todestag Christi wurde der Freitag im Mittelalter zwar als Fast- und Trauertag begangen; bei den Römern dagegen stand er mit der Liebesgöttin „Frija“ in Verbindung und galt als ausgesprochener Glückstag. 88
Die 13 wiederum geriet in Verruf, weil sie das geschlossene Zwölfer-System vieler Kulturen (Zwölf Tierkreiszeichen, zwölf Monate, zweimal zwölf Tagesstunden, zwölf Stämme Israels, zwölf Jünger Jesu etc.) überschritt und somit „verletzte“. Allerdings haben Historiker mittlerweile ebenso viele Gründe gefunden, warum die 13 im deutschen Sprachraum weithin auch zu den Glückszahlen zählte. 32. „An Freitagen, die auf einen 13. fallen, passieren mehr Unfälle.“ Freitage sind generell unfallträchtiger als alle anderen Wochentage – wegen des stark erhöhten Verkehrsaufkommens durch Wochenendheimfahrer, Kurzurlauber etc. Nach einer Untersuchung des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern z.B. ereigneten sich 1995 an Freitagen etwa 20 Prozent mehr Unfälle. Kurios: Der 13. Januar und der 13. Oktober, die im Untersuchungszeitraum auf Freitage fielen, lagen mit 37 und 52 Unfällen unter dem ermittelten Durchschnitt von 55 Unfällen. Auch die Daten des Statistischen Bundesamts zeigen: An den berüchtigten 13. Freitagen passieren nicht mehr Unfälle als an „normalen“ Freitagen.
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Geistheilung 33. „Geistheiler wirken nach dem Vorbild Jesu.“ Während seines öffentlichen Auftretens heilte Jesus viele Kranke auf wundersame Weise. Im MatthäusEvangelium heißt es: „Jesus zog durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich Gottes und heilte alle Krankheiten und Leiden“ Mt. 9,35. Die Heilungen Jesu sind als Zeichen seiner messianischen Sendung zu verstehen. Sie offenbaren den Sieg des Reiches Gottes über jede Art von Übel und werden Symbol für die Wiederherstellung des ganzen Menschen an Leib und Seele. Wenn heutige Geist- und Wunderheiler sich auf die Heilungswunder Jesu berufen, dann ist das eine typische esoterische Anmaßung. Mag sein, dass manche von ihnen einfach nur „verborgene“ Kräfte der Natur anwenden wollen; mehrheitlich aber sehen sich Geist- und Wunderheiler als eine Art Medium, das von einer diffusen „höheren Kraft“ geführt wird. Sie sind der Auffassung, dass wir Menschen in unserem Wesenskern Anteil an der Gesundheit der „ewigen, göttlichen Energie“ haben und Krankheiten nur auf der mangelnden Entfaltung dieses Energieflusses oder auf seelischen und „karmischen“ Ursachen beruhen. Schnell wird da das Handauflegen, eine alte Geste der Segnung, als „Übertragung geistiger oder magnetischer Energien“ umgedeutet. 90
Andere Heiler wollen mit „Geistführern“ in spirituellen Sphären in Verbindung stehen, die das jeweilige Übel erkennen und diffuse psychophysische Heilungsenergien mobilisieren können. Dass solche Pseudo-Therapien manchmal tatsächlich etwas bewirken können, ist kein Wunder: „Das Wärmegefühl und gesteigerte Wohlbefinden, das Klienten erleben, braucht man nicht auf die Aktivierung und Harmonisierung von subtiler Lebensenergie zurückzuführen – die suggestiv verstärkte Erwartung, dass man einen Kraftstrom und eine Besserung spüren werde, kann die Durchblutung bestimmter Körperpartien fördern, und die persönliche Zuwendung des Heilers aktiviert möglicherweise das EndorphinSystem. Das lindert für kurze Zeit Schmerzen und hebt die Gestimmtheit, so wie leichte Zahnschmerzen oft verschwinden, wenn man die Zahnarztpraxis betritt und mit dem Zahnarzt redet. Der Heiler kann als Placebo, als Scheinmedikament wirken. Die Mechanismen von Placebos sind allerdings bekannt … und es besteht kein Grund, sie als Aktivierung magischer Kräfte zu deuten.“ Bernhard Grom Der Glaube daran, dass Gesundheit mit magischen Techniken „machbar“ ist – das ist dann auch der bedeutsamste Unterschied zwischen Jesus und diversen Geist- und Wunderheilern. Christen wissen, dass Gott heilen kann – wir ihn aber mit keiner Technik dazu zwingen können. Der christliche Glaube ist ein Raum, in dem Heilung sich ereignen, aber nicht gemacht wer91
den kann. Diese Unterscheidung zwischen Verfügbarem und Unverfügbarem nehmen die meisten Esoteriker nicht wahr. Im 12. Kapitel des Korintherbriefes schildert Paulus, wie er den Herrn um Heilung seiner Krankheit bittet: „Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche. Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ 2. Kor. 12,7-9 Für Paulus und alle Christen ist Beten „ein Reden des Herzens mit Gott“. Sogar wissenschaftlich scheint mittlerweile erwiesen zu sein, dass ein positiver statistischer Zusammenhang zwischen körperlicher und seelischer Gesundheit und einem persönlichen, lebendigen Glauben besteht. Für viele Esoteriker hingegen „funktioniert“ Beten (auch um Heilung) in einem technischen oder magischen Verständnis – etwa so, wie wenn ein kleines Kind behaupten würde, dass seine Wünsche an die Eltern quasi automatisch „funktionieren“. Dabei ist völlig unklar, wie Geistheilung – die über die erwähnten Placebo-Effekte hinausgeht – überhaupt „funktionieren“ könnte: Ist geistige Konzentration die Voraussetzung dafür? Oder Mitgefühl? Oder Liebe? Existiert eine Dosis-Wirkung-Beziehung, oder anders 92
ausgedrückt: Können zwei Geistheiler beim selben Patienten die doppelte Wirkung erzielen? Nicht verschwiegen werden darf auch, dass eine Reihe von „Wunderheilern“ Betrüger und Beutelschneider sind, darunter auch einige aus dem christlichcharismatischen Umfeld. Der Amerikaner Peter Popoff z.B. behauptete bei öffentlichen Veranstaltungen, von Gott selbst Informationen über die Zuschauer und deren Leiden zu erhalten. In Wahrheit bekam er sie von Komplizen, die sich vor Beginn unter die Leute gemischt und diese unauffällig ausgefragt hatten. Ähnlich schändlich geht der populäre Evangelist W. V. Grant vor. Auch die berühmten philippinischen „Geist-Chirurgen“, die angeblich mit bloßen Händen operieren, sind vielfach als geschickte Taschenspieler und Trickkünstler entlarvt worden. 34. „Wer heilt, hat Recht.“ Nicht unbedingt. Mag sein, dass therapeutische Außenseiterverfahren wie Geistheilung, Edelsteinmedizin (siehe auch 41), Aura-Heilen (18) und Ähnliches einen Placebo-Effekt haben können, weil eine positive Erwartungshaltung des Patienten die Selbstheilungskräfte aktiviert und sogar messbare Effekte auf die Genesung kanalisiert. Doch der Placebo-Effekt ist untrennbar verbunden mit seinem weithin unbekannten Gegenspieler, dem Nocebo-Effekt. Denn umgekehrt funktioniert das Ganze natürlich genauso: Allein die Befürchtung, krankheitserregenden Umständen ausgesetzt zu sein, kann die Im93
munabwehr so schwächen, dass der Betreffende tatsächlich krank wird. Bestens bewährte Arzneien wirken weniger gut, wenn der Patient Angst hat vor der „schädlichen Chemie“, die darin enthalten sei, oder wenn er dem „Schulmediziner“ – bewusst oder auch nur unbewusst – misstraut. Oder eben dieses Misstrauen und seine Befürchtungen von selbst ernannten „Heilern“ eingeredet bekommt, die bei Befindlichkeitsstörungen bloß „spirituelle Defizite“ sehen und aus allzu simplen Krankheitsdeutungen falsche Schlussfolgerungen ziehen, die von einem einseitigen, viel zu engen „Ganzheitskonzept“ ausgehen und z.B. Umweltverschmutzung, Arbeitsbelastung, soziale Not etc. weitgehend ignorieren. Und nicht zuletzt: Bei schweren Erkrankungen tritt ein möglicher Placebo-Effekt in aller Regel hinter den Risiken zurück. Erlebt der gläubige Patient nämlich keine Besserung seiner Beschwerden, können sich diese durch das Zusammenbrechen des „letzten Strohhalms“ erst recht verschärfen. Der Betreffende läuft Gefahr, sich völlig aufzugeben, wenn – so die subjektive Überzeugung – nicht einmal die „paranormalen“ Kräfte des Wunderheilers Hilfe bringen konnten. Misserfolge werden dabei nicht dem Heiler angelastet, sondern der eigenen Unzulänglichkeit. Die Folge sind Schuld- und Versagensgefühle. Und dann entsteht möglicherweise ein „perfekter Teufelskreis der Ausbeutung“, wie Kritiker warnen: Wenn der Patient sich nämlich völlig von seinem „Wunderheiler“ abhängig macht. 94
35. „Der Placebo-Effekt wirkt nicht bei kleinen Kindern und nicht bei Tieren.“ Doch. Bereits die Tatsache, dass sich Kinder in einer vertrauten Umgebung stärker entspannen als in einer fremden, Angst einflößenden (z.B. eine Arztpraxis), kann die Heilung fördern. Außerdem sind auch Kleinkinder durchaus in der Lage, die Körpersprache von vertrauten Bezugspersonen zu deuten. Deren positive Einstellung zu der Behandlung überträgt sich so auch auf die kleinen Patienten. Und bei Tieren? Gerade bei Tieren, die in innigem Kontakt mit Menschen leben, beruhen Krankheitssymptome oftmals nicht auf einem eigentlichen Krankheitsgeschehen, sondern sind Ausdruck von Verhaltensstörungen. So ist es absolut möglich, auch bei den angeblich nicht suggestiblen Tieren eine Placebo-Wirkung zu erzielen.
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Geistiges Potenzial 36. „Wir nutzen nur zehn Prozent unseres geistigen Potenzials.“ Mit diesem Slogan (und einem Porträt Albert Einsteins) wirbt u.a. die Scientology-Sekte. Andere Scharlatane auf dem Markt der Pseudo-Therapien bemühen ebenfalls diese Behauptung. Verbunden natürlich mit der Aufforderung, die „brachliegenden“ übrigen neun Zehntel in einem teuren Trainingsprogramm zu aktivieren. Einige Esoterik-Fans wiederum glauben, in den angeblich „ungenutzten“ Regionen des Gehirns liege der Schlüssel zu übersinnlichen Fähigkeiten wie Hellsehen oder Gedankenübertragung verborgen. Doch wie ist der Zehn-Prozent-Slogan eigentlich gemeint – fragte sich auch der „Zeit“Wissenschaftsjournalist Christoph Drösser in seiner bekannten Rubrik „Stimmt’s?“. Denn es bieten sich gleich mehrere Interpretationsmöglichkeiten dieser vagen Behauptung an: „Erstens: Zu jedem gegebenen Zeitpunkt ist nur jede zehnte Gehirnzelle aktiv. Da kann man nur sagen: Gut, dass es nicht alle sind, denn das wäre gleichbedeutend mit einem epileptischen Anfall. Zweitens: Neunzig Prozent der Gehirnzellen liegen nutzlos im Schädel herum und haben keine Funktion. Auch das ist Unsinn. Soweit die Wissenschaft es beurteilen kann, sind alle gesunden Zellen in irgendeiner Weise an den Prozessen im Gehirn beteiligt. Drittens: Wir nutzen nur einen Bruchteil unseres 96
Erinnerungsvermögens, könnten uns also eigentlich viel mehr Dinge merken. Aber das Gehirn hat keine speziellen ‚Speicherzellen‘ wie ein Computer. Erinnerungen sind Muster, an denen viele Zellen beteiligt sind, und die Zahl dieser Muster ist unbegrenzt.“ Moderne Untersuchungsmethoden wie die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) zeigen, dass sämtliche Hirnregionen aktiv sind. Wenn auch nicht alle zur gleichen Zeit, genauso wenig wie wir sämtliche Muskeln unseres Körpers gleichzeitig anspannen können. Richtig ist, dass nur etwa zehn Prozent der 100 Milliarden Nervenzellen mit Denkprozessen beschäftigt sind. Doch die restlichen Neuronen liegen mitnichten brach, sondern sie steuern u.a. die vegetativen Funktionen. Die Vorstellung, mehr Hirnaktivität sei gleichbedeutend mit „besserem Denken“, ist also völlig irrig.
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Hexen 37. „Für die Hexenverfolgung des Mittelalters und der Frühen Neuzeit war allein die Kirche verantwortlich.“ Der Hexenwahn mit geschätzten 110000 Angeklagten und 60000 weiblichen und männlichen Opfern von Mitte des 15. Jahrhunderts bis ins 18. Jahrhundert hinein hatte viele verschiedene Ursachen: Reformation, Glaubenskriege und religiöser Fanatismus – aber auch Klimaveränderungen und damit katastrophale Missernten und Hungersnöte, Seuchen, Teuerungswellen, soziale und politische Verwerfungen und instabile wirtschaftliche Verhältnisse. Diese Krisen schufen die Stimmung für große Hexenjagden. Der Aberglaube wucherte innerhalb und außerhalb der Kirche. Geschichtswissenschaftler wie der Trierer Hochschullehrer Franz Irsigler haben herausgefunden, dass sich auch weltliche Richter als Hexenverfolger hervor taten. Auf dem Höhepunkt des Massenwahns im 16. und 17. Jahrhundert spielte die kirchliche Gerichtsbarkeit im Vergleich zur weltlichen kaum noch eine Rolle. Die Verurteilungen wurden immer von Landesfürsten ausgesprochen, nicht von einem kirchlichen Gericht. Schon der berüchtigte „Hexenhammer“, die grausame Hetzschrift der Dominikanermönche Jakob Sprenger und Heinrich Institoris von 1486, war auf kirchlichen Widerspruch gestoßen. Der Bischof von Brixen, Georg Gosler, erklärte die Verfasser gar für „verrückt“. Der Aufklärer und Theologe Christian Thomasius (165598
1728) bezeichnete den „Hexenhammer“ als „confusissima disputatio“. Die Überschätzung der kirchlichen Rolle bei der Hexenverfolgung hat etwas mit der älteren Hexenforschung aus den Zeiten des preußischen Kulturkampfes gegen die Kirche zu tun. Historische Tatsache ist, dass ganze Dörfer Druck auf Hexenjäger und Richter machten, um unliebsame Zeitgenossen anzuklagen und loszuwerden. Umgekehrt stießen die päpstlichen Inquisitoren oft auf den erbitterten Widerstand von Bischöfen, Ortspfarrern und Predigern, die mitunter die Arbeit der Inquisition sogar tatkräftig behinderten. 38. „Am Hexenbesen wird die Welt genesen.“ Zugegeben: Um einen Pakt mit dem Teufel, wie ihnen einst unterstellt wurde, geht es modernen „Hexen“ nicht – bis auf einige ganz wenige „schwarzmagische“ Okkulthexen, die ihren Kunden für viel Geld „magische Ferntötungen“ und ähnlichen Unsinn versprechen. Viele Frauen und junge Mädchen verwenden das Wort „Hexe“ zur positiven Selbstbeschreibung, um Unabhängigkeit und Stärke auszudrücken. Ihre Rituale gestalten sie wie eine Art mystisches Selbsterfahrungstraining, mit dem sie ihre inneren Kräfte und Gefühle freisetzen und erproben wollen. Nicht Satan ist dabei ihr Idol, sondern die „großen Mutter allen Lebens“ aus dem vorchristlichen Wicca-Kult. Die bekannte US-Ökofeministin Miriam Simons, die sich selbst „Starhawk“ nennt, beschreibt das „Hexesein“ 99
so: „Das Bild der Göttin inspiriert uns Frauen, uns selbst als göttlich, unseren Körper als geweiht, die wechselnden Phasen unseres Lebens als heilig, unsere Aggressionen als gesund, unseren Zorn als reinigend und unsere Macht, zu stillen und zu gebären, aber notfalls auch zu begrenzen und zu zerstören, als die eigentliche Kraft zu gebrauchen, die alles Leben erhält … Durch die Göttin können wir unsere Stärke entdecken, unseren Geist erleuchten, unseren Körper uns zu Eigen machen und unsere Gefühle annehmen. Wir können aus unseren engen, einengenden Rollen ausbrechen und wir selbst werden.“ Ökologische und/oder feministische Verantwortung für eine bessere, lebenserhaltende Welt zu übernehmen: Das wäre in der Tat ein erstrebenswertes Ziel – wird aber von den modernen Hexen gar nicht erst verfolgt. Letztendlich geht es um kaum mehr als einen modischen Ego-Trip. Und damit sind auch die ernsthafteren „neuen Hexen“ nicht weit entfernt von den jungen, attraktiven Teenie-Hexen, wie sie durch TV-Serien à la „Charmed – Zauberhafte Hexen“, „Buffy“ oder „Sabrina“ ebenso spuken wie durch Buch- und Comicreihen sowie diverse Jugendzeitschriften. Hier geht es meistens darum, mit bestimmten Ritualen und Techniken „mehr aus seinem Typ zu machen“ und persönliche Probleme auf magisch-spielerische Weise zu bewältigen. Doch auch dieses „kleine“ Hexen-Einmaleins geht nicht auf. Letztendlich werden immer einfache Antworten auf sehr komplizierte Fragen versprochen, die den Anwen100
der solch okkulter Praktiken von der Verantwortung für das eigene Leben entlasten sollen, kritisieren Pädagogen. Neugier, Unsicherheit und Glückssehnsucht mögen verständliche Motive für die Hinwendung zum „Magischen“ sein – ungefährlich ist das Ganze trotzdem nicht. „Magische Glücksbändchen“ oder „Zaubersprüche für freche Mädchen“, wie sie in Zeitschriften als Gimmicks zu finden sind, mögen nett aussehen und scheinbar witzig sein; sie haben aber absolut keinen Einfluss auf „das Schicksal“, sondern machen im ungünstigsten Fall passiv, ängstlich und fremdbestimmt. „Wenn ein 15 Jahre altes Mädchen auf Pendeln und Hexenkünste setzt, um den richtigen Freund für sich zu finden, und wenn sie das ernsthaft tut, blockiert sie die Entwicklung ihrer sozialen Kompetenz“, warnt Dr. Hansjörg Hemminger vom Weltanschauungsreferat der evangelischen Landeskirche Baden-Württemberg. „Sie ist in einem Alter, in dem sich die Beziehungs- und Bindungsfähigkeit zum anderen Geschlecht hin allmählich entwickeln sollte – aber nicht durch Magie, sondern durch soziales Lernen. Die Magie, die das Ergebnis vorwegnehmen will, verhindert es … Jeder Weg, auf dem der Mensch sich der Welt bemächtigen will, ohne auf Gottes Willen zu bauen, ist selbstzerstörerisch.“ Wir sind weder auf Talismane noch auf Hexenriten angewiesen, denn unsere Zukunft heißt: Jesus. Machen wir uns statt unnutzer „Hexenkalender“ oder „Magischen Ratgebern“ lieber Psalm 139,16 zu Eigen: „Deine Augen sahen alle meine Tage. Sie wurden alle in deinem Buch verzeichnet, sie wurden gebildet, noch ehe einer von ihnen erschien.“ 101
39. „Ein Liebeszauber ist doch etwas Gutes.“ Gerade in diesem Zusammenhang wird sehr deutlich, wie untauglich die Unterscheidung zwischen „weißer“ (also „guter“) und „schwarzer“ Magie (zum Schaden) ist, die moderne Hexen für sich geltend machen – und zwar sogar völlig unabhängig von der Frage, ob Magie nun tatsächlich funktioniert oder nicht. Ein „Liebeszauber“ mag für die Auftraggeberin oder den Auftraggeber als gute Absicht empfunden werden. Nichtsdestotrotz geht es aber letztendlich darum, einem anderen Menschen den eigenen Willen aufzuzwingen. Das kann kaum in Ordnung sein – und führt nicht selten zu schwer wiegenden nachträglichen Problemen. Ein Beispiel: Ein junges Mädchen erobert ihren Traumboy scheinbar durch einen Liebeszauber aus einem Buch oder einer Zeitschrift. In Wirklichkeit ist wohl von einer so genannten selbst erfüllenden Prophezeiung auszugehen: Im Vertrauen auf die Wirkung des Hokuspokus veränderte das zuvor eher schüchterne Mädchen sein Verhalten und Auftreten gegenüber seinem Schwarm und zog so dessen Aufmerksamkeit auf durchaus natürliche Weise auf sich. Kurze Zeit später plagt sich die Betreffende mit starken Zweifeln und Schuldgefühlen: Sie hat eigentlich mit unsauberen Mitteln gearbeitet – ein deutlicher Hinweis, dass es vielleicht gar nicht gut war. Wenn Liebe nicht erwidert wird, dann soll es eben wohl nicht sein. Außerdem bekommt sie den Gedanken nicht aus dem Kopf: Ist ihr Freund jetzt nur so eine Art Mario102
nette, die willenlos an den Fäden ihres „Zauberbanns“ hängt? Das ist sicherlich keine schöne Vorstellung. 40. „Hexen wollen Ihren Kunden nur helfen.“ In der Praxis gibt es genügend Gegenbeispiele. Wir wissen von Okkult-Scharlatanen, die ihre Klienten von sich abhängig machen, ausbeuten oder erpressen. Ein Beispiel aus der Beratungspraxis des Freiburger Psychologen und Physikers Walter von Lucadou: „Ganz klar gesagt: Magische Partnerzusammenführung funktioniert nicht. Malen wir uns aber aus, es ginge – es genügt schon, dass ein Klient fest daran glaubt, dass die Hexe oder der Magier seinen Partner zurückgeholt hat. Dann treten oft Folgeerscheinungen auf. Mancher Magier will dann noch mehr. Er setzt den Klienten unter Druck, was blanke Erpressung ist. Der Erpresste will ja nicht, dass der Partner erfährt, wie er es angestellt hat, dass es wieder zur Versöhnung kam. Entscheidend ist, dass der Klient glaubt, der Magier oder die Hexe sei für den Erfolg verantwortlich und dass er das Gefühl hat, seinen Partner mit unzulässigen Methoden zurückbekommen zu haben. Er hat also ein schlechtes Gewissen, was der Magier oder die Hexe gründlich ausnutzen können.“ Und sollten die „magische Partnerzusammenführung“ oder andere Aufträge am Ende scheitern, so kann sich der Magier oder die Hexe mit Leichtigkeit rausreden: Natürlich ist der Klient selbst schuld; er hat alles vermasselt, weil „sein Glaube nicht stark genug“ gewesen ist oder Ähnliches. 103
Hildegard von Bingen 41. „Durch die Hildegard-Medizin heilt Gott selbst.“ Gesund und frisch, entspannt und gelassen, energievoll, kreativ, kommunikativ, ausgeglichen. Intelligent, natürlich, vielseitig, intuitiv bis hellsichtig, spirituell, sensibel, selbstbewusst. Spontan, ohne Angst vor Leben oder Tod, immer authentisch, problembewusst, tolerant, kontaktfreudig mit Tiefgang, direkt und offen: So „ganzheitlich“ stellt sich nach Ansicht vieler Autoren die Esoterik den „neuen“ Menschen vor. Kein Wunder, dass der moderne Gesundheitstrip in seiner New-Age-Version die Benediktiner-Äbtissin Hildegard von Bingen (1098-1179) entdeckt hat – und so vereinnahmt wie kaum eine andere Gestalt der Kirchengeschichte. Denn die Heilige war eine Mystikerin und Visionärin, die den tiefen Einklang und die enge Wechselbeziehung des Menschen mit der Natur betonte – und es als vordringlichste Aufgabe ihrer Heilkunde ansah, die leibgeistige Harmonie zu fördern. Es stimmt schon: Ihre konsequente Deutung der Zusammenhänge, die wir heute „psychosomatisch“ nennen würden, und ihre Lebenserfahrung verdienen auch in unserer Zeit noch Beachtung. Zweifellos kann das Weltbild der frommen Äbtissin die oft abstrakten Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften ergänzen. Dennoch war sie aber ganz dem mystischen Denken und Wissen ihrer Zeit verhaftet. Eine Wundermedizin, mit 104
der alle Zivilisationskrankheiten von Migräne bis Krebs geheilt werden können, ist die so genannte „HildegardHeilkunde“ nicht. Nichtsdestotrotz propagiert der österreichische Arzt Gottfried Hertzka die „HildegardMedizin“ mit dem publikumswirksamen Slogan: „So heilt Gott.“ Wirksamkeitsnachweise für sein Sammelsurium aus Pflanzenpräparaten, Edelsteinen und Nahrungsmitteln sowie sonstigen Artikeln „für gesundes Leben“ erachtet Hertzka für überflüssig. Denn: „Göttliches“ sei natürlich darüber erhaben. Unerwähnt lassen Hertzka und andere „Hildegard“Geschäftemacher dabei die Tatsache, dass gar keine Originalschrift des medizinischen Hildegard-Buches „Physika“ existiert. Ob es tatsächlich von der Äbtissin stammt, ist unklar, da es erst im 16. Jahrhundert in Frankreich auftauchte. Noch mehr Unsicherheit gibt es um die Urheberschaft von Hildegards zweiter medizinischer Abhandlung „Causae et Curae“. Zusätzliche Probleme bereitet, dass die mittelalterlichen Namen für Krankheiten und Pflanzen lediglich vage Umschreibungen waren. Man kann sie nur selten einer heute gebräuchlichen Bezeichnung sicher zuordnen. Aus diesem Grund lassen sich Hildegards therapeutische Empfehlungen nicht ohne weiteres auf die heutige Zeit übertragen – jedenfalls nicht ohne das Risiko von Falschauslegungen. Apropos Falschauslegungen: Natürlich ist es richtig, dass Edelsteine auch in der Bibel für Reinheit und Hei105
ligkeit stehen, z.B. in 2. Mose 28,17-23, wo es um die Kleidung der Priester geht. Das bedeutet aber mitnichten, dass sie heilsame „Energiepotenziale“ oder „konstante Schwingungsfrequenzen“ in sich bergen, wie manche Esoteriker und Anhänger der Hildegard-Medizin behaupten. Die fromme Ordensfrau war von der wunderbaren Ordnung, Symmetrie und natürlichen Schönheit von Edelsteinen fasziniert – und wir sollten uns daran erfreuen, wie man sich an einem Blumenstrauß oder einem Sonnenbad erfreut. Eventuell können „Heilsteine“ einen Placebo-Effekt haben, also einen unbewussten Selbstheilungsmechanismus im Körper unterstützen. Nachweisbar ist darüber hinaus, dass z.B. Quarz unter Druck ein schwaches elektrisches Signal aussendet. Aber weder dieser noch der Placebo-Effekt sind etwas Rätselhaftes, sondern lassen sich mit grundlegenden physikalischen und medizinischen Begriffen erklären.
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Intuition 42. „Intuition ist alles.“ „Was ist schon der Intellekt!“, heißt es in einem bekannten New-Age-Roman: „Das Instrument, mit dem die Menschen sich selbst zerstören. Grundlage aller Irrtümer der Welt, aller Fehler, aller Entgleisungen und all der himmelschreienden Traurigkeit. Der Intellekt hat in einem endlosen Strom der Qual Abermillionen Menschen gemordet, und alle, die ihr Vergnügen in ihm suchen, enden in Herzlosigkeit, tiefer Leere und Lebensabscheu.“ Intuition statt Verstand? Inspiration statt logischem Denken? Natürlich kann es sein, dass das Herz seine Gründe hat, die der Verstand nicht kennt. Häufig spüren wir mit dem ersten, unreflektierten Eindruck, dass es unserem Gegenüber nicht gut geht. Oder das Ärger in der Luft liegt. Dieser „6. Sinn“ beruht auf unserer Fähigkeit, aus begrenzten Informationen oft die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Solche „Ahnungen“ beruhen gewöhnlich auf Fakten und Beobachtungen, die wir knapp unterhalb der Schwelle unserer bewussten Wahrnehmung registrieren. Damit ist es z.B. Börsenprofis möglich, einen „Riecher“ für die Aktienkurse zu entwickeln. Es spricht also durchaus nichts gegen Intuition – solange sie nicht verabsolutiert wird. Denn Gefühle sind nun einmal fehlbar. Wer hat sich 107
z.B. noch nie in den falschen Mann oder in die falsche Frau verliebt? Etwas bloß zu fühlen, offenbart daher noch keine „höhere Wahrheit“. Wissen und Lebenserfahrung haben nicht nur etwas mit dem Gefühl zu tun. Sondern in gleichem Maße mit dessen beständiger Überprüfung, um die Spreu der Intuition von ihrem Weizen zu trennen. Zwei plastische Beispiele: Schon öfter haben wir von Menschen gehört, die wegen eines „unguten Gefühls“ nicht ins Flugzeug gestiegen sind. In äußerst seltenen Fällen ist die Maschine tatsächlich verunglückt – in aller Regel aber nicht. Die Furcht vor einem bestimmten Flug kann schlicht bedeuten, dass der Betreffende sich an diesem Tag körperlich oder seelisch nicht fit fühlt. Oder er ist nervös, weil in naher Zukunft ein Ereignis ansteht, das ihm Sorgen bereitet. Oder: Warum spüren wir nicht immer sofort Durst, sobald der Körper Wasserbedarf hat? Warum muss es manchmal erst zu massiven Anzeichen wie Kopfweh und Schwindel kommen, ehe wir zur Wasserflasche greifen? Weil unsere Signale uns mitunter in die Irre führen. In diesem Fall ist es schlicht so, dass Durst gar nicht immer durch Flüssigkeitsmangel entsteht, sondern durch ein Ungleichgewicht der Elektrolyte wie Magnesium, Kalium oder Kalzium. Vor allem ein erhöhter Salzgehalt im Blut macht Lust auf Trinkbares, auch wenn der Körper ausreichend mit Wasser versorgt ist. Umgekehrt kann es passieren, dass wir trotz „Dürre“ keinen Durst verspüren – das Unterbewusstsein also Falschmeldungen verbreitet und unser Alarmsystem zu spät anschlägt. 108
Mond 43. „Wir alle kommen aus dem Wasser – also unterliegen wir auch den mondbewegten Fluten und Gezeiten.“ Der Mensch besteht zu etwa zwei Dritteln aus Wasser. Dennoch stimmt die obige Behauptung nicht. Wieso nicht? Die Gezeiten sind im Atlantik am stärksten, im Mittelmeer ziemlich schwach, im Bodensee praktisch nicht mehr messbar und in einer vollen Badewanne gibt es sie überhaupt nicht. Der Mond kann nur große, verbundene Wassermassen beeinflussen. Zudem sind wir keine „Wassersäcke“, das heißt: Das Wasser im menschlichen Körper ist nur innerhalb der Zellen, im Blutkreislauf und zwischen den Körpergeweben frei beweglich. Die Gezeitenkraft des Mondes wirkt nicht nur auf das Wasser, sondern auf jedes Material, das Masse besitzt. Nur ist Wasser leicht verformbar. Steine z.B. nicht ganz so leicht. Außerdem zieht der Mond das Wasser nicht einfach wie ein Magnet nach oben. Die tatsächlich physikalischen Vorgänge sind wesentlich komplexer. Kurz gesagt beruhen die Gezeitenströme der Ozeane darauf, dass ihr Hin- und Herschwappen aufgrund ihrer Größe an den Ufern stärker wahrnehmbar ist. Die Anziehungskräfte des Mondes auf den Menschen sind geringer als die Gravitation einer Stubenfliege, die auf ihm sitzt. Der Mond als Masse ist immer gleich. Ob Vollmond, Neumond, zunehmender oder abnehmender 109
Mond, die Gravitationswirkung des Erdtrabanten ist davon unabhängig und ändert sich mit den verschiedenen Mondphasen nicht. Der „bleiche Geselle“ (Goethe) verschwindet dann ja nicht oder wird kleiner oder größer. Ob nun gerade die Vorder- oder Rückseite beleuchtet ist oder er von der Erde aus nur als schmale Sichel zu sehen ist, spielt für seine Anziehungskraft keine Rolle. Ebenso wie die Astrologie ist der Mondglaube (Lunatismus) ein Astralmythos. Zu allen Behauptungen der Mondgläubigen – Schlafstörungen, Unfall- und Selbstmordhäufigkeit, seelische Krisen, Operationskomplikationen, Geburtenrate, Trunksucht, Menstruationszyklus und vieles mehr – liegen wissenschaftlich einwandfreie und deutlich widersprechende Studien und Erhebungen vor. Die viel zitierte „Macht“ des Mondes hängt einzig und allein vom subjektiven Empfinden ab. Mit Hilfe von Mondkalendern und einem astralen Sympathieglauben versucht anscheinend unsere hektische, aus dem Tritt geratene Gesellschaft einen neuen, irgendwie „natürlichen“ Lebensrhythmus zu finden.
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Moses 44. „Es gibt ein 6. und 7. Buch Mose.“ Diese Bücher gibt es tatsächlich. Im Kleinanzeigenteil diverser Heftromane und Esoterik-Blätter werden sie immer wieder marktschreierisch feilgeboten. Oder besser gesagt: Ein Buch, das diesen Titel trägt. Mit dem biblischen Moses, dem die ersten fünf Bücher des Alten Testaments zugeschrieben werden, hat die krude Spuk-Schwarte jedoch absolut nichts zu tun. Tatsächlich tauchte das „6. und 7. Buch Mosis“ nachweislich erst im 18. Jahrhundert im deutschen Sprachraum auf. Und zwar in einer Verkaufsanzeige im „Allgemeinen Literarischen Anzeiger“ vom 18. März 1797. Kurz gesagt handelt es sich dabei um einen zugkräftigen und publikumswirksamen Titel, unter dem der Stuttgarter Antiquar und Verleger Johannes Scheible verschiedene magische und abergläubische Schriften zusammenfasste. Inhaltlich griff er vorwiegend auf alte Volksbräuche zurück. Vor Alpdrücken etwa „schütze man sich, indem man sein Taschenmesser halb zugeklappt unter das Kopfkissen legt, oder wenn man die Schuhe so vor das Bett stellt, dass sich ihre Spitzen berühren“. Der biblische Mose musste für diesen Nonsens als Namensgeber herhalten, weil man den Empfänger der Zehn Gebote bereits im Altertum im Besitz geheimer 111
Kenntnisse wähnte und er mit der okkulten Tradition Ägyptens in Verbindung gebracht wurde. Mittlerweile haben Geschäftemacher auch ein „8. und 9. Buch Mosis“ und ein „10. und 11. Buch Mosis“ veröffentlicht.
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New Age 45. „Wir leben alter.“
im
Wassermann-Zeit-
Kennen Sie das Musical „Hair“? Es geht darin um einen jungen Mann, der für die US-Armee in Vietnam kämpfen soll und kurz vor dem Antritt seines Wehrdienstes in eine Hippie-Kommune gerät. Im Eingangssong dieses Bühnenstücks von 1960 erklingt der melodiöse und weltbekannte Lobpreis des „Wassermanns“: „Wenn der Mond im siebten Hause steht, und Jupiter auf Mars zugeht, herrscht Friede unter den Planeten, lenkt Liebe ihre Bahn. Genau ab dann regiert die Erde der Wassermann … Harmonie und Recht und Klarheit, Sympathie und Licht und Wahrheit. Niemand wird die Freiheit knebeln, niemand mehr den Geist umnebeln. Mystik wird uns Einsicht schenken, und der Mensch lernt wieder denken, dank dem Wassermann, dem Wassermann.“ Was soll das bedeuten? Nichts weniger als die Vision eines neuen Zeitalters („New Age“), das einen Evolutionssprung zu einem „höheren“ Bewusstsein mit sich bringen soll. Die Verfechter des New Age berufen sich dabei unter 113
anderem auf eine nahezu unbekannte Bibelstelle. Im Lukas-Evangelium heißt es nämlich: „Wenn ihr in die Stadt kommt, wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm in das Haus, in das er hinein geht.“ Luk. 22,10 Diese kurze Passage interpretieren die New-AgeVordenker als Beweis dafür, dass Jesus selbst von einem kommenden „Wassermann-Zeitalter“ gesprochen habe. Und eben das sei mittlerweile angebrochen. Doch die genaue Begründung ist nicht der Bibel, sondern der Astrologie entlehnt. Kurz gesagt: „Wie das Zifferblatt einer Uhr, so ist astrologisch auch das Jahr in zwölf Abschnitte eingeteilt und jeder Mensch einem von zwölf Sternzeichen zugeordnet. Beim Umlauf der Erde um die Sonne steht die Erdachse nicht still, sondern pendelt geringfügig, so dass sich der so genannte Frühlingspunkt (Tag- und Nachtgleiche im Frühjahr) allmählich verschiebt. Im Laufe von 25765 Jahren durchwandert der Frühlingspunkt einmal den gesamten Tierkreis und hält sich also etwa 2100 Jahre in jedem Tierkreiszeichen auf. Nach dieser Anschauung sind wir nunmehr vom ‚FischeZeitalter‘ in das des ‚Wassermanns‘ eingetreten.“ Wilhelm Knackstedt Das heißt, nach Ansicht der New-Age-Anhänger bricht etwa alle 2000 Jahre ein „neues Zeitalter“ unter einem neuen Tierkreiszeichen an. Das „Fische-Zeitalter“ sei 114
von Jesus Christus und dem Christentum geprägt gewesen. Und das „Wassermann-Zeitalter“? „Der Wassermann ist in der Astrologie derjenige, der Weisheit bringt, der die Wasser des Geistes ausschüttet. Im Bild des Wassermanns sieht man eine Gestalt, einen Mann, der einen großen Kübel mit Wasser auf die Erde hernieder gießt. In diesem Symbol wird gesagt, dass aus der geistigen Welt sehr viel Wissen den Menschen gegeben wird. Es bedeutet, dass im Wassermann-Zeitalter vor allem das esoterische Wissen der Menschheit allgemein zugänglich gemacht wird. Das Wassermannzeitalter ist aber nicht nur ein Zeitalter der Ausschüttung des Geistes, sondern auch ein Zeitalter, in dem das gesellschaftliche Leben eine grundsätzlich andere Dynamik gewinnt. Das neue Zeitalter ist daher nicht einfach nur eine esoterische oder spirituelle Tatsache, sondern eine Realität, die sich durch alle Lebensbereiche hindurchzieht.“ Brita und Wolfgang Dahlberg Von „Realität“ kann allerdings keine Rede sein. Eher von Realitätsverweigerung. Dass das „Wassermann-Zeitalter“ schon in den 1960ern begonnen habe, ist schlicht falsch. Der tatsächliche Zeitpunkt, da der Frühlingspunkt in der gedanklichen Verlängerung ins Sternbild Wassermann zeigt, ist von den Wissenschaftlern der Internationalen Astronomischen Union für das Jahr 2614 berechnet worden.
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46. „Der Mensch muss seine eigene Göttlichkeit erkennen.“ Zwischen Christentum und New Age besteht ein klarer Dissens in mehreren Punkten: 1. Christus-Relativismus: Jesus Christus gilt den New Agern nicht als Gottes Sohn. Für viele ist er gar völlig uninteressant. Bei anderen spielt er eine zwar wichtige, aber nicht herausragende Rolle als ein „Weltenlehrer“ neben anderen. Wieder anderen geht es nicht um den historischen oder überhaupt persönlichen Jesus, sondern um das Christusbewusstsein der Liebe, um den „Christus in uns“. 2. Gott in mir: Generell vertraut der New Ager nicht der Lehre oder dem Glauben, sondern nur der unmittelbaren Gotteserfahrung, die zur evidenten Gottesgewissheit, Gottesweisheit („Theosophie“) führt. Das Göttliche ist für ihn letztlich nur über die eigene, innere Erfahrung zugänglich, sei es prä-rational (durch Versenkung ins Unbewusste) oder transrational, im Aufsteigen ins Überbewusste. 3. Selbst-Vergottung: Indem ich Gott als in mir erfahre, erkenne ich ihn aber auch als etwas von mir – ich selbst bin Gott; d.h. nicht, dass (nur) ich – persönlich – göttlich bin, sondern dass mein über-persönliches Selbst, welches ich mit allem anderen teile, göttlich ist. 4. Eigen-Erlösung: Und gerade durch das Erleben, die Erkenntnis der (bzw. meiner) Göttlichkeit, kann ich auch mich selbst erlösen: 116
Erlösung durch Erleuchtung. Aus New-Age-Sicht braucht der Mensch dazu keinen Gott und keinen Heiland, an den er sich bittend-betend wendet und auf dessen Gnade er angewiesen ist, wie dies für den Christen gilt. 5. Apersonaler Gott: Der wesentlichste Unterschied aber betrifft wohl die Personalität. Wie es für den New Ager keinen Sohn Gottes gibt, sondern nur ein apersonales Christusprinzip, so glaubt er auch nicht an einen persönlichen GottVater, sondern an ein unpersönliches Göttliches, tendiert damit zu einer Naturreligion. Ben Bohnke Kurz gesagt predigen die „Wassermänner“, der Mensch sei vollkommen. New Age ist somit eine modische Selbsterlösungsreligion, in der jeder Mensch sein eigener Gott ist – eine gern gehörte, einfache und verführerische Botschaft in unserer Zeit des schrankenlosen Machbarkeitsdenkens, der Sinnvermeidungsstrategien, der Verweltlichung und Kommerzialisierung des Lebens. Doch kann der Versuch einer Selbstvergöttlichung des Menschen funktionieren? Wohl kaum. „Wir sind nicht der Schöpfer und wir können niemals Schöpfer werden. Uns ist die Fürsorge für diese Welt nach unseren menschlichen Möglichkeiten aufgetragen, so wie sie aus der Hand Gottes hervorging, nicht ihre Formung nach unseren eignen Größenideen. 117
Heil und Rettung können nicht vom Menschen selbst gemacht werden. Im Gegenteil: Die unaufhebbare Bedürftigkeit des Menschen Gott und den Mitmenschen gegenüber ist seine eigentliche Stärke. Stärke bedeutet deshalb nicht irgendein technisch oder magisch gezüchtetes Übermenschentum, das immer eine Illusion bleiben muss. Freiheit ist deshalb auch nicht gleichbedeutend mit Macht. Denn selbst der Mächtigste bleibt, bindet er sich nicht an Gott und an seine Mitmenschen, sich selbst sklavisch ausgeliefert.“ Dr. Hansjörg Hemminger New Age ist „Heil“ auf Holzwegen. 47. „New Age und Esoterik werden die Welt verändern.“ Die Bedürfnisse (und wohl auch Verletzungen), aus denen sich die Esoterik speist, sind sehr ernst zu nehmen. Aber was hat der Esoterik-Boom tatsächlich angestoßen, außer dass seine Anhänger nach Spiritualität suchen und sich um eine Auseinandersetzung mit der Existenz und um Reifung bemühen? Nüchtern betrachtet wenig mehr als dieses: - Seine psychologische Lebenshilfe (von Orakelbefragung bis zur Reinkarnationstherapie) hat keine einzige nachweisbar effiziente Methode gebracht, wohl aber die Gefahr des Psycho-Dilettantismus vergrößert. - Die esoterische Medizin hat kein Verfahren entwi118
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ckelt, das über die bekannten Hilfen zur Selbstwahrnehmung und Ermutigung hinausgeht. In ökologischer Hinsicht hat sie zwar die allgemeine Sensibilität gefördert, aber keine reformpolitischen Vorschläge entwickelt, sondern nur den Mythos von der „Allmutter Erde“ beschworen. Der Schulbildung hat die zeitgenössische Esoterik keine neuen Anstöße vermittelt; es hat sich lediglich die alte Waldorf-Pädagogik stärker ausgebreitet, die sich nach Steiners Tod 1925 keinen neuen Entwicklungen mehr geöffnet hat. Empfehlungen an die Wirtschaft, etwa bei der Auswahl von Mitarbeitern oder der Analyse von Börsenkursen Astrologie, I Ging oder Tarot zu Rate zu ziehen, fanden wenig Echo. Der Beitrag der Hexenbewegung zur feministischen Bewegung beschränkt sich auf den allgemeinen Appell an die Frauen, sich durch ein nichtdualistisches, matriarchales Weltbild ihrer Kraft und ihres Wertes in der Gesellschaft wieder bewusst zu werden. Zur Politik hat sie lediglich die keineswegs esoterikspezifischen Fernziele einer stärkeren Selbsthilfe, Dezentralisierung und horizontaleren Machtverteilung formuliert. Bernhard Grom
Das ist nicht unbedingt verwunderlich, denn „Esoterik“ ist letztendlich ein Produkt unserer modernen Erlebnisgesellschaft. Der persönliche Geschmack, die „eigene 119
Erfahrung“ oder der Erlebniswert – das allein zählt bei der Auswahl esoterischer Angebote. Die Worthülse „Esoterik“ bemäntelt mühsam Machbarkeitsdenken, Egozentrik und einen Individualismus, der eigentlich nur noch danach fragt: „Was hilft mir?“ oder „Was bringt es mir?“ oder „Was erreiche ich damit?“
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Nostradamus 48. „Nostradamus war der größte Prophet aller Zeiten.“ Als der französische Arzt und Gelehrte Michel de Notredame (latinisiert: Nostradamus) 1566 starb, hinterließ er 942 rätselhafte Vierzeiler, angeordnet in Gruppen zu je 100 („Centurien“). Mehr als 450 Deuter haben seitdem jedes bedeutsame Ereignis der Weltgeschichte aus den „Centurien“ herausgelesen – stets allerdings erst im Nachhinein. Noch nie ist es gelungen, mit Hilfe der NostradamusVerse eine Katastrophe vorherzusagen oder gar zu verhindern. Die verschwommene, symbolhafte und unkonkrete Sprache des vermeintlichen „Sehers“ erlaubt heutigen Geschäftemachern nahezu jede beliebige Interpretation. Dabei dürfte spätestens 1999 klar geworden sein, dass Nostradamus mitnichten der „Prophet der Weltgeschichte“ gewesen ist. Im Vers 72 der zehnten Centurie heißt es: „Im Jahr 1999, im siebten Monat, kommt vom Himmel ein großer Schreckenskönig. Er wird den großen Herrscher von Angolmois zur Macht bringen. Vor und nach einem Krieg wird er zu guter Stunde regieren.“ Fast alle „Nostradamisten“ sahen hier den dritten Weltkrieg oder zumindest eine verheerende Katastrophe 121
wie einen Asteroiden-Einschlag prophezeit. Doch an diesem Vers zeigt sich exemplarisch, dass der Pestarzt aus dem 16. Jahrhundert ganz und gar ein Mann seiner Zeit gewesen ist. Hinter dem „großen Schreckenskönig“ verbirgt sich lediglich die totale Sonnenfinsternis vom 11. August 1999, die Nostradamus mit Hilfe astronomischer Tabellen vorausberechnen konnte, der so genannten SarosZyklen. „Angolmois“ ist ein Wortspiel um das Adelsgeschlecht Angouleme-Valois, das zu Nostradamus Lebzeiten seinen verehrten König, Heinrich II. von Frankreich, stellte. In diesem Vierzeiler bringt Nostradamus seine Hoffnung zum Ausdruck, ein weiser und großer Herrscher möge alle Krisen und Verheerungen des Spätmittelalters wie Glaubenskriege, Hungersnöte und Pestseuchen beenden und eine goldene Dekade des Friedens und des Glücks herbeiführen. Die Jahreszahl 1999, nahe am heraufdämmernden dritten Jahrtausend, steht bei Nostradamus rein symbolisch für die erhoffte Zeiten-Wende. Dieser prophetische Mythos vom großen Endzeit-Kaiser kursierte zu dieser Zeit in ganz Europa und lässt sich in vielen anderen Schriften fast wortgleich nachweisen. Nostradamus bündelte in seinen Centurien die Ängste, Hoffnungen und Erwartungen des 16. Jahrhunderts und projizierte ihre Erfüllung in eine unbestimmte Zukunft. Ihm eine Art „Kursbuch“ des zukünftigen Weltgeschehens zu soufflieren, ist willkürliche Deutungs-Manie. 122
49. „Nostradamus hat den Tod von Heinrich II. vorausgesehen.“ Als prophetische „Visitenkarte“ des französischen Gelehrten wird immer wieder Vers 35 der II. Centurie ausgegeben: „Der junge Löwe wird den alten überwinden, auf kriegerischem Feld im Einzelstreit. Im goldenen Käfig wird er ihm die Augen spalten. Von zwei Flotten setzt sich eine durch, der Besiegte stirbt einen grausamen Tod.“ Angeblich geht es hier um König Heinrich II., der 1559 bei einem Ritterturnier am Hof in Paris unglücklich von der Lanze seines Gegners über dem Auge getroffen wurde und zehn Tage später starb. Merkwürdig ist nur, dass zu Nostradamus Lebzeiten niemand auf diese Deutung kam – denn dieser Vers wurde schon 1555, vier Jahre vor dem Ereignis, veröffentlicht. Aber weder in zeitgenössischen Almanachen noch in der ersten Nostradamus-Biografie, die Nostradamus’ Sekretär und Bewunderer Jean-Aimé de Chavigny 1594 herausbrachte, findet sich ein Wort davon. Warum auch? Es gab keinen „jungen“ und „alten“ Löwen, denn beide Kämpfer waren etwa gleichaltrig. Außerdem hatte Nostradamus vier Jahre vor dem Unglück die Centurien ausdrücklich Heinrich II. gewidmet und seinen König im Vorwort mit allerlei Huldigungen und guten Wünschen für die Zukunft bedacht. Es scheint kaum ein Zweifel möglich, dass er mit einer langen Regentschaft seines Monarchen rechnete. 123
Auch hier führt ein Blick ins Geschichtsbuch zur Wahrheit: Mit einem „goldenen Helm“ ist auf den meisten zeitgenössischen Darstellungen der deutsche Kaiser Karl V. abgebildet – Heinrichs Erzfeind, der sich mit den Franzosen heftige Kriege lieferte. Sehr wahrscheinlich geht es auch in II.,35 um die symbolisch verklausulierte Darstellung eines Wunsches oder einer Hoffnung: Nämlich dass Heinrich II. recht bald über den alten Feind triumphieren möge. 50. „Nostradamus hat Hitler prophezeit.“ Nirgendwo in den Centurien findet sich das Wort „Hitler“ – sondern nur „Hister“, z.B. im Vers 24 der zweiten Centurie. Mit einer Person hat die Verwendung von „Hister“ bei Nostradamus aber gar nichts zu tun. „Hister“ ist ein Toponym, das in den „Centurien“ nur in Verbindung mit Ortsbeschreibungen auftaucht – und zwar handelt es sich ganz konkret um den alten lateinischen Namen für die Donau.
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Papstweissagungen 51. „Der übernächste Papst nach Johannes Paul II. ist der letzte.“ Danach sei entweder die Kirche am Ende – oder es gehe gleich die ganze Welt unter. Das jedenfalls behaupten zahlreiche Autoren von spekulativen Katastrophen- und Endzeitbüchern. Dabei berufen sie sich auf die so genannten PapstWeissagungen des Malachias. Dieser irische Bischof soll im 12. Jahrhundert in insgesamt 112 Orakelsprüchen eine Vorausschau der Päpste vom Hochmittelalter bis zum ersten Jahrhundert des neuen Millenniums gegeben haben. Jeder künftige Pontifex ist dabei nicht namentlich, sondern mit einem kurzen, charakterisierenden Ausdruck beschrieben. So heißt z.B. der 102. Papst „Licht am Himmel“ (Lumen in coelo). Damit wäre, seit Beginn der Aufreihung, Leo XIII. gemeint gewesen. Und tatsächlich fällt es dem bekannten bayerischen Prophezeiungsforscher Manfred Böckl nicht schwer, das „Licht am Himmel“ mit Leo XIII. in Einklang zu bringen: „In der Tat erschien dem Papsttum mit Vincenzo Gioacchino Pecci noch einmal ein Silberstreif am Horizont.“ In diesem Stil geht es weiter bis zu Papst Johannes Paul II., der von Malachias mit dem Sinnspruch „Von der Bedrängnis der Sonne“ bedacht worden sein soll. Böckl kommentiert: 125
„Der Pole Karol Wojtyla wurde am 18. Mai 1920 geboren, und an diesem Tag ereignete sich eine totale Sonnenfinsternis.“ Dessen Nachfolger ist Nummer 110 in der Liste und „Der Ruhm des Ölbaums“. Mit der Nummer 111 („Petrus der Römer“) endet die angebliche Weissagung aus dem Mittelalter. Doch die Aufzählung stammt gar nicht von dem irischen Bischof Malachias. Das Ganze ist eine so genannte „Zweck-Prophetie“, eine politische Tendenzschrift aus dem 16. Jahrhundert, die nur zu einem bestimmten Ziel verfasst wurde: nämlich die Papstwahl von 1590 zugunsten eines Kardinals Simoncelli zu beeinflussen, der aus Orvieto stammte. Deshalb wurde dem zu wählenden Papst die Devise „Ex antiquitate urbis“ (Aus dem Altertum der Stadt) zugeordnet. Allerdings, wie öfter bei solchen Machenschaften, verfehlten die angeblichen „Papst-Weissagungen“ ihr Ziel. Der neue Papst kam aus Mailand und hieß Gregor XIV.
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Parapsychologie 52. „Parapsychologie ist eine anerkannte Wissenschaft“ Zunächst einmal: Es gibt „Parapsychologen“ und Parapsychologen. Sich „Parapsychologe“ nennen und die abenteuerlichsten Behauptungen in die Welt setzen kann jeder – denn diese Berufsbezeichnung ist gesetzlich nicht geschützt, genauso wie „Journalist“ oder „Detektiv“. „Parapsychologen“ bieten ihre Dienste im Kleinanzeigenteil diverser Zeitungen und Zeitschriften für „Zukunftsdeutung“ oder „Raucherentwöhnung“ an. Oder sie versprechen für viel Geld eine Ausbildung zum „Diplom-Parapsychologen“, der anschließend als eine Art „Meister des Übersinnlichen“ kraft seiner Gedanken Würfel oder Roulettkugeln beeinflussen könne. In den Buchhandlungen findet man unter dem Schlagwort „Parapsychologie“ alles über Spuk, Okkultismus, Nahtod-Erlebnisse, alternative Gesundheitspraktiken, kosmische Ehe, Ufos, Hexenforschung und vieles mehr. Experten nennen das auch „Pop-Parapsychologie“. Und es gibt Parapsychologen, die an Universitäten mit wissenschaftlichen Methoden übersinnliche Phänomene erforschen. Das heißt, sie versuchen mit verschiedenen Experimenten herauszufinden, ob Menschen Gedanken lesen (Telepathie), in die Zukunft schauen (Präkognition) oder mental Gegenstände bewegen können (Telekinese). 127
Die Geschichte der Parapsychologie als einer kritischen Wissenschaft begann erst vor 150 Jahren, genauer gesagt 1852, als der in Cambridge Theologie studierende Edward White Benson die Forschungsgemeinschaft „Ghost Society“ ins Leben rief. 1882 wurde in London die erste parapsychologische Gesellschaft gegründet, die berühmte „Society for Psychical Research“ (SPR). Das mittlerweile einzige Ordinariat für Parapsychologie weltweit ist der Arthur-Koestler-Lehrstuhl am Psychologischen Institut der Universität von Edinburgh/Schottland. Kurse in Parapsychologie bieten dennoch allein in den USA über 200 Colleges und Universitäten an, und mehrere Hochschulen – vor allem die John F. Kennedy University in Orinda – verleihen akademische Grade wie z.B. den „Master of Science“ in Parapsychologie. In der privaten „Parapsychological Association“ (PA) haben sich weltweit rund 300 entsprechend qualifizierte Wissenschaftler zusammengeschlossen und sich dem Studium von Psi-Kräften und verwandten Sachgebieten verschrieben. Über den Status der Parapsychologie als Wissenschaft sind sich Parapsychologen und Skeptiker indes höchst uneins. Die Tatsache z.B., dass Psi-gläubige Versuchspersonen bei kontrollierten Laborexperimenten in der Regel erfolgreicher abschneiden als Zweifler („Sheep-GoatEffekt“), ist für die Parapsychologen nur einer von vielen hinreichenden Belegen für nicht wegzudiskutierende 128
Anomalien und hoch signifikante Ergebnisse – und damit für weiteren Forschungsbedarf. Für Skeptiker hingegen handelt es sich bei solchen Effekten lediglich um bloße Korrelationen ohne jeden Erkenntniswert oder gar lebenspraktischen Nutzen. Anders gesagt: um Abweichungen vom mathematischen Zufallsmodell, die inhaltlich überhaupt nichts aussagen. Radikale Kritiker sehen in der Parapsychologie denn auch nach wie vor nur „eine von Fantasien, Irrtümern und Illusionen geprägte, zusammenhanglose Ansammlung von Glaubenssystemen“. Ohne tiefer in die dünnen Verästelungen dieser komplizierten wissenschaftlichen Auseinandersetzung vorzudringen, kann man folgendes Fazit festhalten: Die bislang mehr als 1500 parapsychologischen Forschungsarbeiten werden von der Masse der „normalen“ Psychologen und Naturwissenschaftler nicht als Beleg für die Existenz von übersinnlichen Fähigkeiten zur Kenntnis genommen. Und zwar in erster Linie deswegen, weil mit diesen Befunden keine zufriedenstellende Erklärung oder auch nur Theorie verbunden ist. Es geht also gar nicht – wie vielfach behauptet – in erster Linie darum, dass die gefundenen Effektgrößen zu schwach wären; Parapsychologen weisen darauf hin, dass die Effektgröße der Wirksamkeit von Aspirin als Vorbeugung gegen Herzinfarkt und Schlaganfall geringer sei als die berichteten Effektgrößen bei einigen parapsychologischen Experimenten. Das Problem der Parapsychologie besteht vielmehr darin, dass sie unzureichend theoretisch fundiert ist und 129
z.B. keinen plausiblen Wirkmechanismus aufzeigen kann. Das wäre aber dringend notwendig, weil außergewöhnliche Erfahrungen, von denen Menschen immer wieder sehr glaubwürdig berichten, nicht zwingend auf paranormalen Erscheinungen bzw. mysteriösem Informations- oder Energietransfer beruhen müssen. Solche Phänomene könnten ebenso gut metaphysischer oder aber psychologischer Natur sein – das heißt dem Zufall oder einer Wahrnehmungs- und Gedächtnistäuschung ebenso entspringen wie einer religiösen Erfahrung. Alles in allem stellt die Parapsychologie im Gegensatz zur Psychologie oder Physik eine präparadigmatische Wissenschaft dar, das heißt: Sie befindet sich bestenfalls in einem Entwicklungszustand und hat noch kein etabliertes theoretisches Gerüst vorzuweisen, das auch nur unter den Parapsychologen selbst allgemein anerkannt wäre. Und ihre Ergebnisse sind so umstritten, dass Wissenschaftler sie ignorieren können, ohne sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, uninformiert zu sein. 53. „In Freiburg kann man Parapsychologie studieren.“ Auch im schönen Freiburg im Breisgau konnte man nie und kann man auch heute nicht Parapsychologie studieren. Im Jahr 1950 wurde von Hans Bender, dem berühmten „Spuk-Professor“ und Nestor der deutschen Parapsychologie, das private Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg gegründet. 1954 übernahm Bender an der Universität Freiburg einen Lehrstuhl für Grenzgebiete der Psychologie, der 130
1967 in ein Ordinariat für Psychologie und Grenzgebiete der Psychologie umgewandelt wurde. Nach Benders Emeritierung 1975 wurde sein Schüler Professor Johannes Mischo Lehrstuhlinhaber, der sich mit verschiedenen Fragebogen- und Interviewstudien zum Thema „Ockultpraktiken bei Jugendlichen“ hervortat. Zu den Lehr- und Forschungsaufgaben der Abteilung gehörten aber in erster Linie normal-psychologische Fächer wie Sozial- und Persönlichkeitspsychologie. Nur etwa ein Drittel der Forschungskapazitäten beschäftigten sich mit den „Grenzgebieten“ der Psychologie. In dieser Zeit konnten Studenten mit Hauptfach Psychologie eine Diplom- oder Doktorarbeit mit einer parapsychologischen Fragestellung anfertigen sowie als freiwilliges Zusatzfach „Parapsychologie/Grenzgebiete der Psychologie“ für die Diplomprüfung wählen. Allerdings, warnte die Uni stets, erscheine es „unrealistisch, eine alleinige Tätigkeit auf diesem Gebiet in den eigenen Lebensplan einzubeziehen“. Nach der Emeritierung Mischos 1998 war die Zeit der parapsychologischen Forschungen an der Universität Freiburg abgelaufen. Der Lehrstuhl für Psychologie und Grenzgebiete der Psychologie wurde in einen für Pädagogische Psychologie umgewandelt. Allerdings existiert nach wie vor das ehemalige Bender-Institut, das von der Eichhalde in neue Arbeits- und Laborräume in der Freiburger Innenstadt umgezogen ist – und von dem eine Fülle von seriösen Forschungsaktivitäten ausgehen. Außerdem bietet das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene einen 131
umfassenden Beratungs- und Informationsservice für die breite Öffentlichkeit an. Die Spezialbibliothek der Einrichtung, die rund 30000 Bände umfasst, kann über den Online-Katalog der Unibibliothek eingesehen werden. Daneben gibt es in Freiburg die „Parapsychologische Beratungsstelle“, die von dem Physiker und Psychologen Walter von Lucadou als Ein-Mann-Unternehmen für die „Wissenschaftliche Gesellschaft zur Förderung der Parapsychologie“ (WGFP) betrieben wird. Eine bescheidene akademische Präsenz hat die Parapsychologie darüber hinaus an der Universität Gießen. 54. „Wenn jemand vor 200 Jahren etwas von ‚fernsehen‘ oder ‚telefonieren‘ gesagt hätte, hätte ihm auch keiner geglaubt.“ Das mag sein. Aber ab dem Zeitpunkt, da elektrischer Strom oder Magnetismus bekannt waren, konnte man die Phänomene, die auf diesen Kräften beruhen, zuverlässig erzeugen – und ein kontrollierter Einsatz war von da an möglich. Mit angeblichen Psi-Phänomenen ist es genau umgekehrt: Auch wissenschaftliche Parapsychologen sprechen vom so genannten Absinkeffekt (Decline-Effekt) bei parapsychologischen Experimenten. Das heißt grob vereinfacht: Paranormale Phänomene würden nur dann auftreten, wenn man sie nicht „festhalten“ oder dokumentieren will. Jeder Versuch, sie experimentell zu wiederholen oder praktisch anzuwenden, bringe sie zum Verschwinden. 132
Aha. Also die Alpen sind im Inneren mit Schokoladenpudding gefüllt, der sich aber sofort in Stein verwandelt, wenn man danach bohrt, um ihn zu essen oder zu verkaufen? Wie auch immer: Selbst wenn es wirklich „PsiBegabte“ geben sollte, so gewinnen sie nicht häufiger im Lotto oder im Spielcasino als andere Menschen. Sie sind nicht gesünder und leben nicht länger als andere. Denn „Psi-Kräfte“ sind eigentlich nutzlos, da man sie nicht wie auf Knopfdruck aktivieren kann. Sie sind nicht gezielt anwendbar und können für keine wie auch immer geartete Technologie genutzt werden. Zu denken geben sollte auch, dass die öffentlichen Auftritte von „Psi-Begabten“ wie Uri Geller, Peter Sugleris, Ted Seriös, Nina Kulagina und Co. nie über das tricktechnische Know-how und die Präsentationskunst ihrer jeweiligen Zeit hinausgehen. Manche Parapsychologen wenden an dieser Stelle gerne ein: Dass PsiPhänomene getrickst werden können, sei ja noch kein Beweis dafür, dass es nicht auch echte Phänomene geben könne – so wie es auch echte Picassos gibt, obwohl geschickte Kunstfälscher die Bilder des Genies originalgetreu nachmalen können. Schon – aber wenn jemand seine außergewöhnlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen will, darf der- oder diejenige doch nicht andere kopieren – sondern muss selbst etwas Einmaliges und Unverwechselbares schaffen. Wieso zeigt z.B. Uri Geller niemals etwas, dass kein Trickexperte der Welt je gesehen oder erklären bzw. nachmachen kann?
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Positiv denken 55. „Positiv denken löst alle Probleme.“ Es stimmt natürlich: Manchmal genügt es tatsächlich, das, was man will, einfach zu tun. Manchmal besitzen wir schon das Talent oder die Fähigkeit für etwas Bestimmtes und trauen uns nur nicht zu, es mal zu versuchen. Aber „Think pink!“ – und jeder kann jederzeit alles erreichen? Mit schönen „rosaroten“ Ideen seinen Seelentank füllen – dann geht es mit „Positivpower“ vorwärts zu mehr Erfolg, Energie und Lebensfreude? Sich nicht mehr von den Widrigkeiten der Realität beeinflussen lassen, sondern einfach seine persönliche Zukunft erfinden? Don’t worry, be happy? Wohlbemerkt: Hier geht es nicht um eine lebensbejahende, optimistische Grundhaltung, wie sie für Christen im Vertrauen auf Gott ohnehin selbstverständlich sein sollte. Das Credo vom „positiven Denken“ trichtert uns vielmehr ein, dass man alles erreichen kann, wenn man nur will. Dass wir alle Fähigkeiten zur Lösung jedes erdenklichen Problems bereits besitzen und nur auf uns selbst bzw. unser Unterbewusstsein vertrauen müssen. Wirklich? Crashkurse für die Psyche mögen voll im Trend liegen. Aber es stimmt eben nicht, dass nur der Einzelne sein Schicksal selbst in der Hand hat. Nicht jeder kann in der Fußball-Nationalelf kicken, nicht jeder kann an der Börse Millionen machen und 134
nicht jeder ist bei allen gleichermaßen beliebt, auch wenn er es vielleicht gerne sein möchte. Und schon gar nicht „bist du der Gott in deinem Universum“, wie ein bekannter „Erfolgstrainer“ seinen Seminarteilnehmern weismachen will. „Positives Denken“ mit simplen Erfolgsformeln wie „Ich bin voller Kraft und Energie“ mag über ein kurzes seelisches Down hinweghelfen, einen leichten „Kick“ geben. Bei echten Problemen oder gar bei der Aufarbeitung von Traumata aber hilft kein „Wünsche-werdenwahr-Training“ und kein „Tschakkaa“-Geschrei. Oft folgt der kurzfristigen Euphorie nach solch platten „Erfolgs-Erlebnissen“ tiefe Ernüchterung bis hin zur Depression. Eingriffe in die eigene Gefühls- und Gedankenwelt sind mit einem erheblichen Risiko verbunden. Denn die rosa Brille, die den „Positiv“-Gläubigen von ihren Erfolgs-Gurus verordnet wird, hindert sie möglicherweise daran, Warnsignale rechtzeitig zu erkennen. Nur positive Gedanken zuzulassen, negative zu stoppen, unterbindet eine selbstkritische und objektive Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenssituation – und damit auch Lösungsansätze. Letztendlich fördert „Positives Denken“ bloß zwei Dinge: hemmungslosen Individualismus und spirituelle Obdachlosigkeit.
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Reinkarnation/Seelenwanderung 56. „Die Lehre von der Wiedergeburt war bis 553 n. Chr. offizieller Bestandteil der christlichen Religion.“ Das ist eine viel geglaubte esoterische Wanderlegende. Die Behauptung: Bei einem Konzil in Konstantinopel im 6. Jahrhundert sei die Reinkarnationslehre „durch Akklamation aus den christlichen Lehren gestrichen“ worden. Die Bibeltexte, die vorher von der Wiedergeburt der Seele gesprochen hätten, habe man daraufhin bis auf wenige Andeutungen „bereinigt“. Das ist allerdings wenig mehr als frei erfunden. In Wirklichkeit ging es bei dem Konzil im Jahr 553 um die Theologie des griechischen Kirchenvaters Origenes, der die so genannte Präexistenz der menschlichen Seele (also noch vor der Zeugung des irdischen Leibes) lehrte. Der Alexandriner war der Überzeugung, die Seelen seien ewig und bei Gott, bis dieser sie – allerdings nur einmal – auf die Erde sende. Die Reinkarnationslehre lehnte Origenes ausdrücklich ab. Seine Präexistenz-Theorie wurde von besagtem Konzil in der Tat verworfen. Stattdessen setzte sich die Auffassung durch, dass Leib und Seele zusammen von Gott erschaffen werden. Die Bibel brauchte dafür keineswegs umgeschrieben zu werden, denn das entsprach der biblischen, schöpfungsorientierten Theologie. Die Reinkarnationslehre spielte beim 5. ökumenischen Konzil von Konstantinopel von 553 gar keine 136
Rolle, noch stand sie zu irgendeinem Zeitpunkt in der Kirchengeschichte ernsthaft zur Debatte. Im Hebräerbrief heißt es eindeutig, dass „jeder Mensch ein einziges Mal stirbt und dann vor das Gericht Gottes kommt“ (Hebr. 9,27). Wie also konnte die obige Behauptung überhaupt aufkommen? Es sind einige wenige – und immer dieselben – Bibelstellen, welche die Reinkarnations-Anhänger anführen. Etwa den Bericht über die Heilung des Blinden im Kapitel 9 des Johannes-Evangeliums: „Als er (Jesus) vorüberging, sah er einen Menschen, blind von Geburt. Seine Jünger fragten ihn und sagten: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde?“ Hier scheint in der Tat etwas von dem hinduistischen und buddhistischen „Karma“-Gesetz anzuklingen, das unerbittlich Ausgleich für „Fehlhandlungen“ verlangt. Behinderung oder was immer uns als Schicksal trifft sei mithin eine „Tatfolge“ aus früheren Erdenleben, die abgearbeitet werden muss. Doch wie antwortet Jesus? Klar und ohne zu zögern sagt er: „Weder dieser hat gesündigt, noch seine Eltern. Vielmehr sollen die Werke Gottes an ihm offenbar werden.“ (Joh. 9,1-3) Danach heilt er den Blinden. Eine weitere Textstelle, die von Esoterikern immer wieder aus ihrem Zusammenhang gerissen wird, stammt ebenfalls aus dem Johannes-Evangelium. Im ersten Abschnitt des dritten Kapitels sagt Jesus zu Nikodemus: 137
„Wenn jemand nicht von Neuem (je nach Übersetzung auch ‚wieder‘) gehören wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Doch das griechische Wort „anothen“, das hier mit „von Neuem“ oder „wieder“ übersetzt wird, kann auch „von oben“ bedeuten. Deshalb findet sich in den meisten neueren BibelÜbersetzungen auch der (eindeutige) Wortlaut: „Wer nicht von oben her geboren wird …“ Damit meint Jesus die geistliche Widergeburt in diesem Leben, was wenige Verse später klar hervortritt: „Wer nicht aus Wasser und Geist gehören wird, kann nicht in das Reich Gottes eingehen.“ Joh. 3,1-6 Das bedeutet: Die Taufe wäscht die Sünden ab und schafft ein radikal neues Leben. Solche „Wiedergeburt“ hat mit der Wanderung der Seele durch verschiedene Körper nicht das Geringste zu tun. Das bedeutsamste Argument der ReinkarnationsAnhänger dreht sich um die Identität von Johannes dem Täufer. Verschiedene Passagen in den Evangelien (Mt. 11,14/Mt. 17,12 ff/Mk. 9,13) deuten sie als Hinweise darauf, dass Johannes die Reinkarnation des Propheten Elia sei. Doch nirgendwo sagt Jesus: „Johannes der Täufer ist Elia.“ Wir haben es hier mit einem klassischen Beispiel biblischer Typologie zu tun, das heißt: Johannes der Täufer entsprach dem „Typ“ des Elia, er zeichnete sich durch 138
die gleichen geistlichen Eigenschaften und die gleiche geistliche Vollmacht wie Elia aus. In der Perspektive der Wiedergeburts-Anhänger wird das menschliche Dasein zum Schauplatz karmischer Gesetzmäßigkeiten, nach dem Motto: „Ich werde ernten, was ich säe.“ Jesus dagegen spricht: „Nehmt hin den heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen. Und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ Joh. 20,21-23 Hier wird uns der Weg zur vollständigen Befreiung geöffnet. Eine radikale Befreiung, die im WiedergeburtsKarma-Denken nicht angenommen wird – und zwar ganz gleich, ob Karma nun „kausal“ (man wird krank, weil man in Vor-Existenzen andere gekränkt hat) oder „teleologisch“ (man wird krank, damit man durch das Kranksein lernt, anderen keine Kränkungen mehr zuzufügen) verstanden wird. 57. „Es gibt unumstößliche Beweise für die Wiedergeburt.“ Christen sind überzeugt, dass der Mensch einmal stirbt und sich vor Gottes Gericht verantworten muss. Anhänger der „Reinkarnation“ (Wiederverkörperung, richtiger: Wiederfleischwerdung) glauben, die Seele löse sich im Moment des Sterbens vom Körper und reinkarniert gleichzeitig oder zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Körper oder sogar als Tier oder Pflanze. Im Buddhismus, Hinduismus und Jainismus ist Rein139
karnation eng mit dem Begriff des „Karma“ verbunden: Erst wenn der Mensch nach vielen „Lebensdurchgängen“ seine individuelle Schuld abgetragen hat, kann er ins Nirwana eingehen. Anders als für westliche Esoteriker gilt also für Hindus oder Buddhisten die Reinkarnation als ausgesprochen negativ. Es ist für sie eine Quälerei, jenen Zustand der Seele zu erreichen, in dem sie endlich die leidvollen Bindungen an das Leben hinter sich lassen können. Denn die „Wiedergeborenen“ schlagen sich immer wieder ein weiteres Leben lang mit ihren selbst verursachten Lasten herum. Im Westen gilt „Wiederverkörperung“ dagegen als faszinierende Vorstellung von einer Art „Reset“-Taste, mit der man das Lebens noch einmal von vorne beginnen kann. Shirley MacLaine zum Beispiel will Schauspielerin geworden sein, „weil ich dadurch einigen Rollen, die ich in früheren Leben gespielt hatte, näher war“. In ihrem Bestseller „Zwischenleben“ zeigt sie sich davon überzeugt, ihr vormaliges Dasein unter anderem als Hofdame bei Ludwig XIV. zugebracht zu haben. Seltsam nur, dass man unter den „Reinkarnierten“ jede Menge Maria Stuarts und Alexander den Großen kennen lernt – aber selten einen einfachen John Smith … Und nicht zuletzt wird Reinkarnation als eine Art Psychotherapie praktiziert. „Reinkarnations-Therapeuten“ führen ihre Klienten per Hypnose in „frühere Leben“ zurück, um Traumata 140
wie Krankheit, Folter oder Unfälle noch einmal zu durchleben. Auf diese Weise sollen die krank machenden seelischen Auswirkungen solch „früherer“ Erfahrungen aufgelöst werden. Als Beweis präsentieren Reinkarnations-Therapeuten eindrucksvolle Erlebnisberichte, die ihre Klienten während der Hypnose-Rückführung aus ihrem früheren Dasein erzählen. Eine unheimliche Hypnosesitzung stand auch am Anfang der Karriere des deutschen Diplompsychologen Thorwald Dethlefsen als esoterischer Bestseller-Autor. In seinem Buch „Das Leben nach dem Leben“ schildert er seine erste Rückführung eines Probanden namens Rudolf T. in die Zeit vor dessen Geburt. Dabei berichtete der Hypnotisierte von einem früheren Leben im Elsass zur Zeit des deutsch-französischen Krieges. Stück für Stück holte Dethlefsen aus Rudolf T. die Lebensgeschichte eines gewissen Guy Lafarge aus Wissembourg heraus, der als Stallknecht und Gemüsehändler 1880 gestorben sei. Der Esoterik-Autor deutete dies als Beleg für eine Reinkarnation – jedoch ohne die zum Teil genauen Angaben des Mannes zu überprüfen. Eben dies tat der Psychologe und Wissenschaftsjournalist Holger Platta. Bei seinen Recherchen stieß er auf zahlreiche Ungereimtheiten zwischen dem HypnoseBericht und der historischen Wirklichkeit. In keinem Tauf-, Heirats- oder Sterberegister von Kirche und Standesamt – vollständig erhalten seit dem Jahr 1793 – fand sich der Name Guy Lafarge. Auch 141
sämtliche Angaben des Hypnotisierten zu Geschwistern, Einwohnerzahl, Lebensumständen, regionalen Spezialitäten etc. stellten sich als Fantasieprodukte heraus. Kein Wunder, denn „es gibt Menschen, die in Hypnose enorm suggestibel sind und schon den leisesten Wink des Therapeuten als Befehl hinnehmen“, erklärt der Leiter des New Yorker Instituts für Psychotherapie, Dr. Jerome Schneck: „Ein Hypnotisierter kann eine unheimliche Begabung zeigen und alles tun, was ihm aufgetragen wird, da ihm das ganze riesige Reservoir der unbewussten Erinnerung zur Verfügung steht. Ein Erwachsener kann in einer Fremdsprache reden, die er seit seiner Kindheit nicht mehr gehört und nie richtig verstanden hat. Er kann aus einem Buch zitieren, aus dem er im Alter von drei Jahren hat vorlesen hören.“ Mit anderen Worten: Hypnose ist alles andere als ein verlässlicher Weg zur Wahrheitsfindung. Kein Hypnotisierter kann unterscheiden zwischen tatsächlichen Erinnerungen und bloßen Fantasien bzw. Gehörtem und Gelesenem.
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Satanismus 58. „Das Christentum hat versagt und ist völlig unbrauchbar.“ Egal, ob Satanisten dem theologischen Satansbild der Kirchen anhängen, wonach der Teufel der Widersacher Gottes ist, oder aber Satan als Inbegriff von „Lebensenergie“ und der individualistischen Selbstvergöttlichung (wohl eher: Selbstvergötzung) betrachten: Einig sind sie sich darin, dass der christliche Glaube die Schwäche glorifiziere und Jesus eine Art „Schlaffi“ ohne Power gewesen sei. Im „Buch des Gesetzes“ des geistig verwirrten NeoSatanisten Aleister Crowley heißt es: „Nichts haben wir gemeinsam mit den Ausgestoßenen und Schwachen. Lasst sie in ihrem Elend verrecken. Mitleid ist das Laster der Könige. Zertretet die Verdammten und Schwachen, so will es das Gesetz der Starken.“ Eine gewisse Ricarda S., die sich als 15-Jährige einer Satanistengruppe anschloss, schreibt in ihrem Erlebnisbericht „Satanspriesterin“: „Demut ist tödlich für unsere potenzielle Göttlichkeit. Statt dessen müssen wir Hass, Grausamkeit, Sex und Ungerechtigkeit ausleben, alles, was vom Christentum so schmählich unterdrückt wird. Satan gibt uns die Kraft dazu.“ Was steht hinter einer solchen Haltung? Nichts anderes als eine abgrundtiefe Lebensangst, die wiederum Hass weckt. „Hass auf die Welt, die nicht gibt, was man zum Le143
ben braucht, und Hass auf die Menschen, die mit ihrer Liebe die schwarze Angst nicht zudecken können oder wollen, von der die eigene Seele bedroht ist“, davon ist der Theologe Hansjörg Hemminger überzeugt. Die Folge ist eine Flucht in die Fantasie, also „in eine andere Welt im eigenen Geist. In dieser Welt lassen sich die Rollen umkehren: Der Mensch wird darin so ungeheuer mächtig gedacht, dass er keine Liebe mehr braucht, da er ja die ganze Welt zum Teil seines Selbst machen kann.“ Doch das ist eine gefährliche Illusion. Denn nicht nur die Religionen, auch Psychologen betonen mit Nachdruck, dass religiöse Orientierung und emotionale Bedürfnisse gerade in unseren Zeiten von kaum absehbarer Wichtigkeit für ein „ganzheitliches“ Leben sind. Das aber ist ein Lernprozess, der gegen gesellschaftlich vorherrschende Tendenzen angeht. Vor allem unseren Kindern und Jugendlichen müssen wir beibringen, dass Menschen, die Gefühle zeigen, nicht immer nur die Schwachen und Verletzbaren sind. Im Gegenteil: Erfährt nicht der Mensch tiefste Freude, wenn er beschenkt wird? Und wie viel persönliche „Stärke“ liegt darin, anderen beizustehen und zu helfen? 59. „Es ist doch ganz egal, ob ich an Gott oder an den Teufel glaube.“ Nein, ist es nicht. Das Kokettieren und die Identifikation mit dem Bösen ist keine gesunde Lebensform und keine Religion wie jede andere, sondern immer ein Alarmsignal. „Nicht selten sind Menschen, die in satanis144
tische Praktiken involviert waren, mit erheblichen Ängsten konfrontiert. Sie fühlen sich abhängig, von Magie bedroht“, warnt der Leipziger Weltanschauungsbeauftragte Harald Lamprecht. Der Satanismus wirkt wie eine schiefe Ebene, auf der alle negativen Eigenschaften und Befindlichkeiten des Menschen sehr leicht ins Rollen kommen und nur sehr schwer wieder zu stoppen sind. Wer das Böse oder den Satan verherrlicht, riskiert, dass er damit sich selbst und auch andere gefährdet. Die Gleichung Gut = Böse und Schwarz = Weiß geht nicht auf, weil letztendlich alles gleichgültig ist, wenn alles gleich gültig ist. Der evangelische Theologe Hans-Jürgen Ruppert argumentiert: „Auch wem Religion nichts bedeutet und der christliche Glaube ein Ärgernis ist, sollte wissen: Wer seine Verantwortung vor Gott oder die moralische Kraft der Religion verdrängt und sich in schierer Diesseitigkeit einzurichten glaubt, sorgt dafür, dass der Mensch immer weniger seine Bedingtheit und Endlichkeit wahrnimmt – zu seinem eigenen Schaden, wie die satanistischen Größenwahnvorstellungen zeigen.“ Ausstiegsberater wissen, dass die Verehrung Satans der Menschlichkeit eine so tiefe Wunde schlägt, dass die Seele – bildlich gesprochen – auch dann noch in der Gefahr des Verblutens steht, wenn sie sich von der Dunkelheit ab- und dem Licht zuwendet. Einen „einfachen“ Rückweg in die Normalität gibt es nur sehr selten.
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60. „Die Welt wird immer schlechter. Es ist besser, sich gleich auf die Seite des Bösen zu stellen.“ Das ist eine ausschließlich negative Daseinsanalyse, die man teilen kann – oder auch nicht. Sind es wirklich die Unehrlichen, die Egoisten und die Gemeinen, die es zu etwas bringen? Oder lohnt es sich vielleicht doch, den anderen Weg zu gehen, den Weg der Güte und Zufriedenheit? Die Tageszeitung und die Nachrichten im Fernsehen und Radio lassen uns in die Welt hineinblicken. Was geschieht dort alles an guten und schlechten Taten? Was würde dabei herauskommen, wenn SatanismusAnhänger einmal eine Zeitung mit ausschließlich guten Nachrichten zusammenstellen würden? Vermutlich wäre das eine heilsame Erfahrung. 61. „Der Satanismus vertröstet nicht auf später, sondern verspricht sofortige Befriedigung aller Bedürfnisse.“ Gewiss: Der Glaube an ein besseres „Danach“ ist brüchig geworden. Nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern der gesamte Glücksanspruch richtet sich auf das „Hier und Jetzt“. Psychologen machen eine zunehmende „hedonistischmaterialistische Orientierung“ der Menschen aus. Also einen Trend, der seinen Ausdruck findet in der Vervielfältigung und Steigerung der Intensität von Erlebniswünschen, sofortiger Verfügbarkeit von Gütern und Dienstleistungen und Anspruchsdenken. 146
„Da unsere Kinder in einer Gesellschaft aufwachsen, in der alles instant zu haben ist, glauben sie, der Teufel liefere mikrowellenfertige Racheportionen, schnelle Heilung für langwierige Übel und sofortige Erfüllung“, hat der amerikanische Radio-Seelsorger Bob Larson in vielen Gesprächen festgestellt. Grenzenlose Befriedigung der „natürlichen“ Instinkte statt nüchterner Mäßigung – damit wirbt ganz konkret z.B. auch die in den USA offiziell anerkannte „Kirche Satans“. Von deren Gründer LaVey ist das Credo überliefert: „Das Leben ist eine einzige große Lust und Enthaltsamkeit der Tod. Es gibt keinen Himmel voller Herrlichkeit und keine Hölle des Verderbens.“ Wirklich? Wohin die Verabsolutierung des Lustprinzips in der Praxis führt, kann man u.a. in der verstörenden Autobiografie des LaVey-Jüngers und „SchockRockers“ Marilyn Manson nachlesen: „Nun, ich habe alles bekommen, was ich haben wollte. Wir sind die größte Band Amerikas. Manche Leute halten mich sogar für größer als Satan. Unsere Alben werden mit Platin ausgezeichnet. Wir haben das Cover des „Rolling Stone“ (ein Musikmagazin; Anm. des Autors) bekommen. Aber auf dem Weg dorthin habe ich alles zerstört und alles verloren, was mir einmal wichtig war … Ich habe aus meinen Schwächen und meinem Versagen eine erfolgreiche Karriere gebaut. Im Grunde bin ich genau das geworden, wovor ich mich immer gefürchtet habe.“ Auch Aleister Crowley, der Initiator des neuzeitlichen Teufels-Kults, starb 1947 vereinsamt, drogenabhängig und geschlechtskrank. 147
„Kirche Satans“-Gründer Anton Szandor LaVey verbrachte die letzten Jahre seines Lebens zurückgezogen und verbarrikadierte sich schließlich in seinem Haus in San Francisco, zermürbt von Streitereien innerhalb seiner bizarren Organisation. Der Schwarzmagier Georg Iwanowitsch Gurdjew beschied auf dem Sterbebett lapidar seinen Anhängern: „Da lasse ich euch also sitzen in der Patsche.“ „Jeder Mann, jede Frau ist ein Stern!“ (also absolut göttlich), umschrieb Crowley die schrankenlose SelbstEnthemmung des Menschen. Doch ironischerweise enthüllt gerade diese Äußerung die ganze Brüchigkeit seines brachialen Lebensprinzips: Sterne leuchten, weil sie sich selbst verzehren – also ihre eigene Substanz verheizen, bis sie verlöschen. Die Verlockung des Satanismus besteht zuallererst in der „Macht“ und „Stärke“, die seinen Anhängern angeblich zufließt. Macht über die Verhältnisse, deren Herr sie eben gerade nicht sind. Macht über Eltern, Lehrer und „Feinde“. Macht über die Maßstäbe von Moral und Gerechtigkeit. „Satan“ ist die Kraft, mit der junge Satanisten sich durchsetzen wollen. Zum Ziel führt dieser Wahn nie. Sondern nur in die Selbstzerstörung. Wieso? „Weil in der Tiefe der menschlichen Seele nicht die Sehnsucht nach Macht lebt, sondern die Sehnsucht nach Liebe – die brennende Sehnsucht, dass Welt und Gott uns mit Stimmen, denen wir vertrauen können, den wunderbaren Wert unseres Daseins zusprechen. Daher sollten wir nicht nur vor dem ju148
gendlichen Satanskult erschrecken, wir sollten auch darüber erschrecken, dass bei uns Kinder und Jugendliche unter Verhältnissen aufwachsen, die es ihnen nicht erstrebenswert erscheinen lassen, menschlich zu sein. Was muss mit Jugendlichen geschehen, wenn sie sich nicht einmal mehr wünschen können, geliebt zu werden? Die wichtigste und die einzig wirklich wirksame Vorbeugung gegen den Satanismus ist ein lebenswertes Leben. Der Hass, der uns aus der Satanisten-Szene entgegenschlägt, ist die Kehrseite der Kälte und Lieblosigkeit, mit der junge Menschen oft behandelt werden.“ Hansjörg Hemminger
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Ufos 62. „Jesus Christus war in Wahrheit der Außerirdische Ashtar Sheran.“ Das jedenfalls verbreiten esoterische Ufo-Sekten wie etwa das „Ashtar-Command“, deren Anhänger sich auch „Santiner“ nennen. Biblische Elemente sind ein fester Bestandteil ihrer Botschaften. So stammt z.B. die Zahl von „144000 Sternenbrüdern, die derzeit auf unserer Erde inkarniert“ seien, aus der Johannes-Offenbarung. Die Apokalypse deutet das „Ashtar-Command“ als Ankunft von Rettern aus dem All, welche die „neue Welt“ (das neue Israel) begründen werden. Ihr Guru ist ein Alien namens „Ashtar Sheran“. Er ist der Oberkommandierende der Außerirdischen und habe einst unter anderem als Jesus Christus unter den Menschen gelebt. Über seine irdischen Anhänger channelt Ashtar Sheran Botschaften wie: „Ihr würdet schon lange nicht mehr auf diesem Planeten leben, wenn wir nicht immer mit speziellen Strahlungsapparaten von unseren Raumschiffen aus eure Atmosphäre gereinigt hätten.“ Diese Ufo-Religion ist in ihren Anfängen das Produkt des Interesses, das die Öffentlichkeit dem Phänomen der „Fliegenden Untertassen“ entgegenbringt. Nach neuesten Umfragen sind rund ein Drittel der Deutschen von der Existenz von Ufos überzeugt. Dabei muss man allerdings streng zwischen Ufo150
Berichtern und Ufo-Gläubigen unterscheiden. Eine „Ufo-Sichtung“ bedeutet zunächst einmal nicht mehr als die Beobachtung eines nicht sofort erklärbaren beweglichen Objekts in der Luft oder am Himmel. Aber nur ganz selten bleiben „Ufos“ mysteriös. Über kurz oder lang können die meisten Beobachtungen auf ein natürliches oder technisches Phänomen (Ballons, Satelliten, Meteoriten, Jux/Schwindel, Lasershows etc.) zurückgeführt werden. Leider wird die Aufklärung von vermeintlich spektakulären „Ufo-Sichtungen“ von den Massenmedien fast nie vermeldet. Den unerklärlich bleibenden Rest der „Ufos“ schreiben kritische Experten Fehleinschätzungen der menschlichen Wahrnehmung zu – also weder Aliens noch den Sendboten von Endzeit-Dämonen, wie einige besorgte Christen vor allem in den USA fürchten. Unser Gehirn arbeitet nicht wie ein Computer oder eine Videokamera, die die Wirklichkeit exakt aufzeichnet und ohne Fehler wiedergibt. Unsere Sinne werden vielmehr stark von unseren Überzeugungen und Erwartungen beeinflusst. Das heißt: Menschen, die ein „Ufo“ gesehen haben wollen, sind keine Spinner. Sie geben lediglich ein rätselhaftes Geschehen so wieder, wie sie es für sich persönlich erlebt und empfunden haben. Diese Schilderungen weichen allerdings häufig weit von dem ab, was tatsächlich passiert ist – so wie fünf Unfallzeugen der Polizei in aller Regel fünf ganz unterschiedliche Versionen des Hergangs schildern. Ufo-Gläubige dagegen werden an Herz und Seele von der Utopie der „Fliegenden Untertassen“ gepackt. 151
Für sie ist die Ufologie ein Kult mit folgendem Credo: Hoch entwickelte und uns überlegene Aliens kommen fast engelsgleich aus dem All daher, um die Welt aus politischen und ökologischen Krisen zu retten. Das Faszinierende daran ist, dass die Ufologie ein wissenschaftliches Weltbild mit einer naiv-religiösen Deutung der Wirklichkeit verbindet. Oder anders gesagt: Sie verankert Science-fictionFantasien im Transzendenten. Kaum verwunderlich, dass das Ufo-Phänomen sich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg herausbildete, also zu Beginn des beklemmenden „Kalten Krieges“ zwischen Ost und West wie auch der Epoche der Weltraumfahrt. Am Anfang warnten die Aliens über irdische „Kontaktler“ vor der Atombombe und der Umweltverschmutzung. Mittlerweile ist die Ufologie zu einer Ersatzreligion unseres Technik-Zeitalters mutiert. Zu allen Zeiten haben die Menschen das Heil vom „Himmel“ erwartet. Heute glauben viele Menschen nicht mehr an Gott, sehnen sich aber dennoch nach einem überlegenen Wesen, das ihnen beisteht. Und so geht ihre Fantasie über den Himmel hinaus ins Weltall. Sekten wie die Rael-Bewegung, Fiat Lux, AshtarCommand oder Heaven’s Gate sehnen eine Heil bringende außerirdische Intervention herbei. Wieso sich dahinter jedoch kaum mehr als ein „Space Age“-Mythos verbirgt (also eine moderne Sage), hat der verstorbene US-Astronom Carl Sagan sehr treffend auf den Punkt gebracht: „Wie kommt es, frage ich mich, dass Ufo-Insassen so sehr 152
an modisch aktuelle oder dringende Sorgen und Probleme auf diesem Planten gebunden sind? Warum haben sie nicht in den fünfziger Jahren ganz nebenbei vor den FCKWs und der Verringerung der Ozonschicht gewarnt, warum nicht in den siebziger Jahren vor dem HIVVirus, als sie wirklich etwas Gutes hätten bewirken können? Warum warnt man uns heute nicht vor irgendeiner Gefahr für die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt, von der wir noch keine Ahnung haben? Kann es sein, dass Außerirdische nur soviel wissen wie jene Menschen, die von ihrer Anwesenheit berichten?“
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Wahrsager 63. „Wahrsager haben ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten von höheren Mächten erhalten.“ Seltsam, dass prominente Wahrsager das ganz anders sehen. Die „Hexe vom Starnberger See“, Luisa Francia, offenbarte der Münchner Abendzeitung: „Hellsehen erfordert beim vernunftbegabten erwachsenen Kunden nichts weiter als ein bisschen Menschenkenntnis, die Erfahrung, welches Reizwort den letzten Verstand raubt, und ein genügend weit entfernt angesetzter Stichtag für das Eintreffen der Prophezeiungen. Nichts ist leichter, als einen Hilfe suchenden, blind verzweifelten, am Ende noch verliebten Menschen zu manipulieren.“ Eine Wahrsagerin aus Bremen, die sogar im Fernsehen in einer Günther-Jauch-Sendung ein Millionenpublikum verblüffte, schrieb später: „Wer Karten legt, muss nur gut beobachten können. Gute Menschenkenntnis steckt dahinter, das ist alles … Keiner bleibt beim Kreuz-As, dem Unglücksvorboten, ruhig und gelassen auf seinem Stuhl. Fast jedem entschlüpft da schon mal eine Bemerkung.“ Die Wahrsage-„Kunst“ bestehe dann nur noch darin, diese spontanen Äußerungen der Klienten mit eigenen Assoziationen und Beobachtungen zu verbinden und in ein paar schwammige Pauschaläußerungen zu kleiden. Wahrsager und Hellseher stimmen ihre Kunden durch die Gestaltung einer „magischen“ Atmosphäre 154
suggestiv ein. Sie beobachten genau Mimik und Gebärden ihres Gegenübers, worauf sie Rückschlüsse auf dessen Gedanken und vor allem seine Wünsche ziehen können. Daher treffen ihre Aussagen oft exakt die Erwartungen der Klientel. Der australische „Seher“ Alan Marshall alias „Der große Schabaka“ erklärt: „Wahrsager wissen weder, was ihren Kunden in Zukunft widerfahren wird, noch was ihnen in der Vergangenheit zugestoßen ist. Doch sie können es erraten, und darin liegt ihre Kunst. Ich beobachte genau, wie die Leute mein Zelt betreten, was sie anhaben, wie sie sich verhalten, was sie als Erstes sagen, wie ihre Hände aussehen. Am verräterischsten sind die Gesichter. Es gibt schlecht gelaunte und fröhlich gestimmte. Das Gesicht einer Mutter spiegelt Wesenszüge wider, die eine kinderlose Frau nicht besitzt. Augen zeigen Einverständnis oder Ablehnung, drücken Angst oder Verschlossenheit aus.“ Dass manche Menschen sich wie „erschlagen“ fühlen, wenn sie von einem Wahrsager kommen und felsenfest von dessen Fähigkeiten überzeugt sind, hängt mit den gleichen Psycho-Mechanismen zusammen, die ein Horoskop scheinbar individuell stimmig machen: Die gläubige Erwartungshaltung des Kunden beeinträchtigt erheblich die Wahrnehmung und blendet alles Unzutreffende einfach aus. Hilfreich ist das nicht gerade – die Verantwortung für das eigene Leben abzugeben an obskure „Wahrsager“ oder „Hellseher“, die keinerlei psychologische Ausbil155
dung und keine Ahnung von der persönlichen Situation des Klienten haben, sich aber erdreisten, „Lebenshilfe“ zu geben. Keine Frage: Natürlich gibt es auch schlechte Ärzte, Psychologen, Therapeuten. Aber diese sollten zumindest in der Lage sein, die Grenzen ihrer Tätigkeit zu erkennen – während die durch nichts qualifizierten „Medien“ Ratsuchende mitunter in schwerste Krisen stürzen, die sie weder erkennen noch gar auffangen oder bearbeiten können. Psychotherapeutisch nicht ausgebildete „Wahrsager“, „Hellseher“, „Astrologen“ oder „Heiler“ rühren Probleme auf und lösen Ängste aus, ohne die Verletzlichkeit ihrer Kunden richtig einschätzen und die entsprechende Hilfestellung geben zu können. Fachleute nennen so etwas Psychodilettantismus. Das wichtigste Argument in einer Diskussion mit Esoterik-Gläubigen aber ist wohl dieses: Selbst wenn es – wovon nicht auszugehen ist – tatsächlich „begabte“, „ehrliche“ Hellseher geben sollte, sind ihre Auskünfte praktisch wertlos. Denn: Kein „Medium“ kann unterscheiden, ob die Eindrücke, die es intuitiv bekommt, wirklich wahr sind, oder ob es sich um reine Fantasieprodukte oder gar um die Befürchtungen, Ängste und Wünsche seines Klienten handelt.
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Wissenschaft 64. „Die Kritiker können ja auch nicht beweisen, dass Astrologie, Wahrsagen etc. nicht funktioniert.“ Das ist richtig, denn die Nicht-Existenz von etwas kann man grundsätzlich nicht beweisen. Ein anschauliches Beispiel: „Angenommen, eine Person würde die These aufstellen, das Rumpelstilzchen sei nicht nur eine Märchenfigur gewesen, sondern eine tatsächlich existierende, historische Persönlichkeit. Die ‚Rumpelstilziologen‘ geben zu, dass sie ihre Behauptung nicht restlos beweisen können, machen aber gleichzeitig geltend, dass die Wissenschaftler die Nicht-Existenz des Rumpelstilzchens ja auch nicht belegen könnten. Deshalb sei der Glaube an die Existenz des Rumpelstilzchens durchaus legitim und wissenschaftlich vertretbar. Aber tragen hier die Kritiker und die Anhänger der Rumpelstilzchen-These wirklich zu gleichen Teilen die Beweislast? Nehmen wir an, die Wissenschaftler akzeptieren das. Sie beginnen, nach sterblichen Überresten des Rumpelstilzchens zu suchen und graben dafür Quadratmeter für Quadratmeter die Erdoberfläche systematisch um. Doch das negative Resultat (es wurde kein Rumpelstilzchen gefunden) beeindruckt die Rumpelstilziologen nicht; erst müssten noch sämtliche Städte abgerissen und versetzt werden, denn darunter könnte das Rumpelstilzchen ja begraben liegen. Nachdem auch dies geschehen ist und sämtliche Forschungsmittel in dieses Unterfangen investiert wurden (alle anderen drängenden wissenschaftlichen Fragen müssen zurückste157
hen), gelangen einige Rumpelstilzchen-Anhänger zu der Auffassung, das Rumpelstilzchen sei am Ende seines Erdenlebens durch die Hilfe von Außerirdischen auf den Mars ausgewandert. Dies alles werde durch eine gigantische Verschwörung der CIA, der Freimaurer und des Vatikans vertuscht (Wem das alles zu blödsinnig klingt, der hat wenig Erfahrung im Umgang mit Esoterik-Anhängern!). Bevor der Mars nicht umgegraben sei, müsse die Frage der Existenz des Rumpelstilzchens offen bleiben. Derweil tritt eine konkurrierende Gruppe auf den Plan, die die reale Existenz des Froschkönigs behauptet und entsprechende Forschungsgelder und Untersuchungen von Wissenschaftlern fordert …“ Edgar Wunder An solchen Beispielen wird schnell deutlich: In der Wissenschaft trägt die Beweislast ausschließlich derjenige, der eine Behauptung aufstellt – keinesfalls der Bestreiter. Ansonsten käme jede ernsthafte und sinnvolle Forschung zum Erliegen. 65. „Wissenschaftliche Erkenntnisse sind doch nur die Irrtümer von morgen.“ Wissenschaftliche Erkenntnisse sind in der Tat immer vorläufig. Denn natürlich verfügt die Wissenschaft nicht über unfehlbares Wissen. Fortschritt ist sogar nur dann möglich, wenn Theorien ständig korrigiert und modifiziert werden. Niemand kann uns garantieren, dass nicht das, von 158
dem Wissenschaftler heute behaupten, dass es wahr ist, sich morgen als gänzlich falsch herausstellt. Dennoch müssen wir zwangsläufig immer vom heutigen Erkenntnisstand ausgehen, wenn wir einen Sachverhalt beurteilen wollen – denn das ist der zuverlässigste, der uns gegenwärtig zur Verfügung steht. Würde man anders vorgehen, wären Spekulation und Scharlatanerie Tür und Tor geöffnet. Und natürlich hat es immer wieder verkannte Genies gegeben, deren gewagte Behauptungen sich zum Teil erst nach Jahrzehnten als richtig erwiesen. Dann aber bitte auch umgekehrt: Viele abenteuerliche Theorien stellten sich im Laufe der Zeit als genauso unsinnig heraus, wie sie von Anfang an betrachtet wurden. Und sie landeten zu Recht auf dem Kehrrichthaufen der Wissenschaftsgeschichte. 66. „Es kann doch jeder glauben, was er möchte.“ Gewiss. Aber die meisten esoterischen Behauptungen sind gar keine Glaubensfragen, sondern Tatsachenbehauptungen – und können somit wissenschaftlich untersucht werden. Etwa die Ansicht, man könne Gedanken auf paranormalem Weg übertragen oder die Sterne hätten einen Einfluss auf unser Leben. Alles in allem betrachtet scheint „Wissenschaft“ immer noch einen besseren Schutz vor Fehlern zu bieten als andere Methoden der Erkenntnisgewinnung. Die Krisen, Belastungen und Probleme, die der wis159
senschaftliche und technische Fortschritt uns zugleich gebracht haben, zeigen wohl weniger ein Versagen unseres Verstandes als vielmehr unserer Handlungsbereitschaft. Wie auch immer: Der Rückzug in die „eigene“, subjektive Realität ist das Ende jeder Diskussion. Schade – aber genau das ist in der Regel auch das Ziel dieser Argumentation.
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Zufall 67. „Es gibt keine Zufälle.“ „Für den wahren Esoteriker ist alles ein Zeichen“, witzelt der Autor Marcus Hammerschmitt in seiner verdienstvollen Schrift „Instant Nirwana – Das Geschäft mit der Suche nach dem Sinn“: „Der unerwartete Brief des lange verloren geglaubten Freundes, an den man ein paar Tage zuvor gedacht hat. Die Bösartigkeit des Chefs, das Erdbeben in Chile, der Regenguss, in dem man schutzlos hineingerät – alles hat seinen speziell zugeschnittenen Sinn.“ Welche seltsame Erfahrung ein Mensch auch macht, sie gilt Esoterikern als vorherbestimmt, als von einer höheren Macht oder Instanz gewollt. Alles, was ist und sich ereignet, hat tiefere Zusammenhänge und einen höheren Sinn. Wirklich? In Wahrheit verbirgt sich hinter einer solchen Haltung die anmaßende Befürchtung, dass Dinge geschehen, die mit unserem kleinen Leben nichts zu tun haben. Zudem mindert der feste Glaube an ominöse „Gesetzmäßigkeiten“ (z.B. „Gleiches erzeugt Gleiches“ oder „Synchronität“, was so viel bedeutet wie: Alle Menschen und Ereignisse sind nicht kausal, aber irgendwie mit einem gemeinsamen Sinn verbunden) die Last der Verantwortung für das eigene Leben. Um es ganz klar zu sagen: Christlich ist das nicht. 161
Gewiss, auch wir Christen sprechen von der „Vorsehung“. Doch das bedeutet keineswegs, dass alles eins ist und wir eins mit allem sind. Gott ist kein allbestimmendes Schicksal, sondern er setzt auf die Freiheit des Menschen. Und er setzt darauf, dass wir mit der Offenheit von Situationen und der Pluralität des Lebens umzugehen lernen. „Vorsehung“ meint nichts anderes als die göttliche Fürsorge für den Menschen, erklärt der Theologe Eduard Kopp: „Wie sie sich konkret äußert, bleibt ein großes Geheimnis. Gottes Zuwendung zu den Menschen hat durchaus etwas Zufälliges, insofern Ursache und Maß der Gnade für uns Menschen nicht berechenbar sind.“
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