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rovinciis, eos quoque qui in provinciis praessent recte atque ordine facturos si 1wc s.c. tkdissent operam ut quam celeberrumo locojigeretur.22 Daß dies zumindest teilweise und zwar in sehr auf wendiger Form auf Bronzetafeln geschehen ist. zeigen die tabula Htbana in der Kolonie Heba in Italien und die tabula Siartnsis in der Kolonie Siarum in der Baetica.23 Zu beachten ist dabei. daß für die Städte Italiens sowie ftir die römischen Kolonien in den Provinzen andere Regelungen getroffen wurden als für den Rest der Provinzen; hier sollten nur die Statthalter tätig werden. Unterscbiedlicbe Regelungen finden sieb auch im s.c. de Cn. Pisopatre aus dem Jahr 20 o.Cbr.: in Rom sollen mehrere senatus consulta neben der oratio principis publiziert werden, dagegen solle ein s.c. in cuiusque provinciae celeberruma{e) urbe eiusque urbis ipsius celeberrimo loco in aere incisum veröffentlicht werden, desweiteren derselbe Text auch im Winterlager jeder Legion bei den Feldzeichen.24 In ähnlicher Weise wie das s.c. der tabula Siartnsis vom Jahr 19 n.Cbr. verlangt der unbekannte Antragsteller des s.c. de prttiis gladiatorum minuendis unter Mare Aurel, v(iri) c(larissimi), qui proconsules paulo antt proftcti sunt, intra suum quisque annum it negotium exsequi se oporttbit, ii ttiam, qui non sortito provincias regant, intra annum.25
Ihre Aufgabe war, drei Preisklassen für Gladiatoren festzusetzen, was sie nur dann
durchführen konnten, wenn sie über die Einzelbestimmungen des s.c.
informiert wurden. Der «Antragsteller» gebt jedenfalls stillschweigend davon aus, daß dies gescbebeu würde.
22
AE 1984, 508 Fra&. ll col. b. V&}. z.B. ll col a: Verbot für die lurisclik ionsmagi t strate n i den römischen uod latinischen Munizipien und Kolonien, am Todesta& de.s Germanicus in Zukunft Gerichtsverbandlungen durcbzufUbren; Ihnliebe Bestimmungen auch fUr andere «öffentliche» Veranstaltun&en wie Kreditgesch!fte oder Heiraten folgen. Alle diese Vorgln&e lconnten nur bei aktiver Benachrichtigung verhindert werden. Es ist auffallend, daß Ihnliebe Verbote sich auch in den BeschlOssen des Dekurionenrates von Pisa aus Anlaß des Todes des Gaius Caesar rmden (CIL XI 1421 • D. 140 Ehrenberg - Jones, Documents illustrating tbe Reigns of Augustus and Tiberius nr. 69); möglicherweise war ein entsprechender Senatsbeschluß in Rom bereits ergangen uod in Pin eingetroffen. Im Delcret Pisas fUr L. Caesar wird auf BescblOsae des Senats in Rom w Bepilndung verwiesen (Cll. XI 1420 • D. 139 Ehrenberg - Jones nr. 68). Da L Caesar am 20. August in Massilia verstorben war, die BeschlOase de.a Senats, die vermutlich aus Anlaß de1 Todes gefaSt wurden, aber bereits am 19. September in Pisa bekannt waren, weil auf sie im Protolcoll des Dekurionenrates an diesem Tag verwiesen wird, mUßte de i Benacbrich ti ung auße.rordentlich schnell erfolgt sein. 2 AE 1949, 21S 1952, 164 Ehrenberg - Jones, Documenta illustrating tbe Reigns of Augustul aod Tiberius nr. 94 L 24 Du neue 1.c. wird in KUrze von A. Caballos, W. Eck und F. Fem�dez publiziert werden. Vgl. zunlchst W. Eck, Cabie.n dil Centre 0. Glotz 4, 1993, 189 ff. 2S CIL n 6278 • D. S163 FIRA 12 nr. 49. ==
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Alle diese angeführten Beispiele waren von Fall zu Fall sich ergebende Infonnationsntwendi o gkeiten. Daneben aber standen regelmäßig wiedeikehrende Termine, zu denen Nachrichten zumindest an alle Provinzstatthalter ergehen mußten, wenn nicht sogar an alle Stlldtc. So war es notwendig, die Namen der Jahr für Jahr bestimmten Konsuln zu übermitteln, da sie. jedenfalls innerhalb des römisch bestimmten Administrationsbereichs, grundsätzlich zur Datierung herangezogen wurden.26 Für die
consules ordinarii gilt dies, solange die
römische Herrschaft bestand.27 nach sujfecti wurde, zumindest sporadisch. auch außerhalb Roms noch bis über die Mitte des 2. Jb.s binaus
datiert, z.B. in
Corduba im J. 152.28 Selbst in Ägypten. wo fast nie Suffektkonsuln zur Jahres bestimmung herangezogen
bekannt
wurden, finden sich die letzten derartigen
gewordenen Zeugnisse noch in den
n.Cbr. 29 Wenn tatsäeblieb ein Teil der
bisher
30er und 50er Jahren des 2. Jb.
sufftcti erst zu Beginn des laufenden
Jahres bestimmt wurde,30 müßten sogar zweimal,
im Herbst und vielleicht im
Januar, die Meldungen über die designierten Obennagistrate einschließlieb der für sie vorgesehenen Amtsmonate zumindest an die Provinzstatthalter
ohne Probleme zumindest während der ersten 250 Jahre der kaiserlichen Herrschaft funktioniert zu haben, da Ersatz hinausgegangen sein. Dies scheint auch
oder eine Formel: unter den Konsuln, die gemeldet werden, vor dem vorgerückten 3. Jb. nicht üblich waren.3 1 Ebenso
datierungen wie Postkonsulate
mußten z.B. grundsätzlieb und regelmäßig Beschlüsse in Rom, durch die wegen eines Ereignisses
im
Kaiserbaus ein neuer dies festus eingeführt wurde, den
Stlldten, auch in den Provinzen, bekannt gemacht werden, d.h. Veränderungen im offiziellen römischen Festkalender. Denn sonst könnte nicht in der Lex Irnitana
26 Siebe dazu W. Bct: (o. Anm. 3) 209 f. Beaonden deutlieb zeigt lieb diea nunmehr
auch an den neuen Dokumenten aua der Provinz Arabica: N. Lewis, The Documents from the Bar-Kokbba Period in tbe Cave of Letten. Greek Papyri. Jerusalem 1989; H.M. Cotton, ZPE 99, 1993, llS ff.; 100, 1 994, 547 ff.; 101, 1994, S3 ff.; JRS 84, 1994, 64-86; F. Millar, The Roman Near Eut, London 1993, S4S tt. 27 R.S. Bagnall - A. Cameron - S.R. Schwarz - JC.A. Worp, Consuls of tbe Later Roman Empire, Atlanta 1987.
28 AE 1971, 183. 29 Siebe dazu W.
Eck, Consulea ordinarü und consules auffecti als eponyme Amtstrlger, in: Epigrafia. Actea du Colloque international d'�pigrapbie latine en m�moire de Attilio Degrusi pour Je ceot.ea.airc dc sa naissance, Rom 1991, 1S ff. 30 Vgl. zu dieser m.E. keincsweg• aicberen Annahme B.E. Thomuson, Die Statthalter der römischen Provinzen Nordafriku von Augustus bis Diocletianus I,
Lund 1960, 90 ff. 31 Vgl. dazu R.S. Bagnall u.a. (o. Anm. 27) 32 ff. 6S ff.
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Zur Durchsetzlmg von Anordnungen und Entscheidungen
eigens auf diese dies festi der domus
Augusta verwiesen werden, die bei der
Anberaumung von offiziellen Terminen beachtet werden mu&en.32 Die Tatsache eines erheblieben regelmäßigen und unregelmäßigen Infor mationsbedarfs33
für mehrere oder viele Empfänger ist unbestreitbar. Doch die
Schwierigkeiten setzen ein, sobald man zu beschreiben versucht, wie diese Infor mationen konkret übermittelt wurden. Denn davon ist entscheidend auch die Frage nach dem Durcbsetzungswillen der Entscheidungsträger und den Durcbset zungsmöglicbkeiten abhängig.
Über
die Art der Übermittlung der Namen der neugewählten Konsuln z.B. ist
nach meinem Wissen nichts bekannt wer wählte,
Da die Wahlversammlungen, gleichgültig
von den Konsuln des laufenden Jahres geleitet
wurden, wllre es
denkbar, daß sie damit auch die Aufgabe hatten, die nötigen Informationen auf
den Weg zu bringen. In dem s.c. der tabula Siarensis vom Jahr 19 n.Cbr. werden jedenfalls die Konsuln mit der Verbreitung des Senatsbeschlusses beauftragt. Dabei
kann
man aus
entnehmen.34
dem schon zitierten Text ein zweistufiges Verfahren
Einmal publizieren die Konsuln das s.c. zusammen mit ihrem
Edikt Damit bestand die Möglichkeit, sieb in Rom zu informieren. Von dieser Publikation sollen auch die im
s.c. genannten Magistrate und Legaten der
municipia et coloniae eine Abschrift nehmen und n i alle Munizipien und Kolonien Italiens und die Kolonien in den Provinzen senden. Ob man diese Art als eine regelmäßige Form der Information zu betrachten
bat, darauf muß
sogleich nochmals eingegangen werden. Doch diese Selbstinformation der Städte kann nicht auch auf die im werden: eos quoque,
s.c. anschließend erwähnten Statthalter bezogen
qui in provinciis praessent recte atque ordinefacturos si hoc
s.c. dedissent operam ut quam celeberrumo loco figeretur. Gleiches gilt für das s.c. de Cn. Pisa patre, obwohl dort die Statthalter speziell gar nicht genannt werden; doch können nur sie die Adressaten der Publikationsanordnungen gewesen sein. Somit muß ihnen das s.c. zugesandt worden sein, doch wohl durch die Konsuln. Da den Konsuln keine besondere Anweisung gegeben wird, im Gegensatz zu anderen Amtsträgem im s.c. de Cn.
Pisone patre, müßte eigentlich
ein eingespieltes Verfahren existiert haben. Personal für die Abschriften stand in den Dekurien der scribae bereit Wer über brachte jedoch
das s.c. in
die Provinzen? Muß man sieb vorstellen, daß
32 Lex Irnitana cap. 3 1.90.92
F. FemU!dez G6mez
-
= J. Gonzalez, JRS 76, 1986, 158.178.180 = M. del Amo y de la Hera, La Iex Irnitana y su contexto ar
�ueol6gico, Sevilla 1990, 77.103.105. 3 Vgl. die oben Anm. 9 genannte Arbeit. 34 Siehe o. S. 59 f.
Zur Dmchsetzung voo Anordnungen und Entscheidungen
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ebensoviele Kopien, wie Provinzen bestanden, angefertigt wurden, so daß je ein Bote mit je einer Kopie zu den einzelnen StaUhaltern sich auf den Weg machte? Oder übernahm ein Bote mehrere Schreiben an all die provinzialen Amtsträger, die «auf seinem Wege lagen», also etwa für alle Amtsträger von Rätien über Germania superior, Germania n i ferior bis nach Britannien? Oder genügte es in diesem Fall, wenn der Bote eine Kopie mitnahm, die sodann jeweils im StaUhalterbüro abgeschrieben wurde, also eine Art Zirkularscbreiben?35 Dabei entstand kaum ein Problem aus det Tatsacbe, daß auch ritterliche Statthalter, Provinzialpräfekten odet später Provinzialprolcuratoren solche Informationen durch die Konsuln erhalten mußten. Zumindest alle diese Anordmmgen ergingen mit Billigung des jeweiligen Princeps, so daß die Frnge nach der «KompetenZ» gar nicht aufkommen konnte. Bei Plutarch wird in der Vita Galbas berichtet, die unmittelbar nach dem Tod Neros amtierenden Konsuln hätten einige Staatssklaven (servi publici) beauftragt, dem neuen Princeps die Beschlüsse des Senats zu überbringen, und ihnen dazu auch Diplome mit ihrem Siegel übergeben, womit sie n i der Lage gewesen seien, den cursus publicus zu verwenden. Darauf habe der Prlltorianerpräfekt Nymphidius Sabinus höchst erbost reagiert, da in diesem Fall Soldaten hätten gesandt werden sollen, denen Diplome mit seinem, d.h. des praefectus praetorio Siegel ausgehändigt worden wären.36 Wenn nun selbst in einer politisch höchst prekären Situation, die allerhöchste Eile erforderte, die Konsuln servi publici für den Transport dringender und bedeutsamster BeschlUsse verwendeten - freilich nur an eine Person , dann kann dies zumindest kein ganz ungewöhnlicher Weg der Beförderung von Nachrichten von seiten des Senats und der Konsuln, und zwar auch in die Provinzen, gewesen sein -jedenfalls bis zum Ende der julisch-claudischen Dynastie. Aus der Selbstverständlichkeit der Argumentation könnte man sogar vermuten, dies sei möglicherweise als ein ganz normaler Weg der Nachrichtenübermittlung anzusehen. Die servi publici -
wären dann faktisch tabellarü gewesen, obne diese engere Bezeichnung zu tragen. Auch die kaiserlieben tabellarii waren überwiegend serv;.37 Aber vielleicht ist damit die Aussage bei Plutarch bereits 1lberinterpretiert Die Benutzung des cursus publicus wird man freilich, selbst wenn die servi publici ganz übliche Boten waren, in normalen Zeiten nicht voraussetzen dürfen. - In Parenthese sei noch erwähnt, daß die Benachrichtigung Galbas durch die servi publici erst 35 Zu den verschiedenen Möglichkeiten vgl. unten S. 71 ff. die Diskussion der Verblltnisse in Ägypten. 36 Plut., Galba 8,4 t.
37 Siebe unten S. 68 t.
Zur Durchsetzung von Anordnungen und Entscheidungen
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erfolgte, als et bereits
durch seinen Freigelassenen Icelus und auch durch den
Senator T. Vinius informiert worden war, offensiebtlieh sogar wesentlich früher. Icelus
langte in 7 Tagen, Vinius in 9 Tagen bei Galba in Spanien an, was als
außerordentlicb kurzer Zeitraum angesehen wurde.38 Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, daß Routinebenachrichtigungen
von
senatorischen (und ritterlichen) Statthaltern über Bescblüsse des Senats und über die Ergebnisse
der Konsulnwahlen zumindest auch noch längere Zeit nach
Augustus auf dem hier beschriebenen Weg erfolgten, freilieb nicht grundsätzlich. Bereits in augusteischer Zeit ist auch anderes möglich gewesen. Denn das
s.c.
Calvisianum vom Jahr 4 n.Cbr. wurde von Augustus selbst in alle Provinzen
... habe ich, um ihn allen, denen unsere
gesandt «:Folgenden Senatsbeschluß
Fürsorge gUt, bekannt zu machen, beschlossen in
die Provinzen zu senden und
unter meine Verkündigung zu stellen».39 Det Text des s.c. ist mit dem Edikt des Augustus in Kyrene publiziert worden.
Hier bat somit Augustus seinerseits die
Aufgabe der Benachrichtigung übernommen. Wem konkret die Übermittlung der Schreiben in die Provinzen übertragen wurde, ist dem Text nicht zu entnehmen.
Darauf ist nocbmals einzugeben. Die Publikation
in
Kyrene erfolgte jedenfalls nicht durch den Prokonsul.
Damit könnte man vermuten, Augustus habe eher aus speziellen politischen Motiven die Absendung des s.c.
in die Provinzen veranlaßt und dort mit seinem
Edikt publizieren lassen, um so seine und des Senats cura um die Provinzialen zu
dokumentieren. Möglicherweise wollte er es nicht dem Belieben der Statt
halter überlassen, ob sie den Text,
der ja gerade Maßnahmen gegen sie er
leichterte, auch allen Provinzbewohnern zugänglich machen würden. Unabhängig von
der Frage,
warum Augustus hier
seinerseits bei der Versendung und der
Publikation aktiv wurde, ist es jedoch durchaus möglich, daß den Statthaltern der Senatsbes-chluß auch durch den Senat selbst zugestellt wurde. Einen Publikationsbeschluß enthält
das s.c.,
soweit es uns erbalten ist, jedenfalls
nichL
Senatus consulta richteten sieb an römische Amtsträger, aber auch an die Gemeinden Italiens und/oder der Provinzen, wie z.B. das
s.c. Calvisianum, das
für die Provinzbewohner bestimmt war. Dabei brauchen Senatsbeschlüsse für eine einzelne Stadt in unserem Zusammenbang nicht zu interessieren, da sie von den städtischen Gesandtschaften, die
38 Vgl. Riepl (o. Anm. 3) 207 f. 39 FIRA 12 nr.
68 V.
sie im allgemeinen verursacht hatten, in
Zur Durchsetzung voo Aoordnungen und Entsdleidongen
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schriftlieber Form in die Heimat mitgenommen wurden.40 Anders steht es bei den schon angeführten Beispielen, speziell denen vom Jahr 19 und 20 n.Cbr., denen noch ein weiteres zur Verdeutlichung binzugefügt werden soll: Im J. 62 n.Cbr. untersagte der Senat allen concilia provinciae, Beschlüsse zu fassen, mit denen ihren Statthaltern vor dem Senat Dank abgestattet werden sollte; niemand dürfe eine entspreChende Gesandtschaft an den Senat übemebmen.41 Auch wenn sieb das s.c. möglicherweise nur auf die Senatsprovinzen beziehen sollte,42 mußten doch zumindest deren Landtage über die neue Situation informiert
werden; andernfalls konnte man nicht erwarten, daß diese tiefverwurzelte Gewohnheit ein Ende finden würde. Wenn also solchen senatus consulta ein Effekt beschieden sein sollte, dann mußten sie den bettoffenen concilia oder sogar den Gemeinden bekannt werden. Freilieb lag eine aktive Einzel benachrichtigung aller Städte in einem Fall wie diesem vermutlieb außerhalb der Vorstellungswelt römischer Administration, wäre auch schwer zu bewältigen gewesen.43 Der einfachste Weg wäre sicher übet die einzelnen Statthalter gegangen, wie es beim s.c. vom Jahr 19 n.Cbr. über die Ehrenbeschlüsse für Germanicos bezeugt und wie es beim s.c. de Cn. Piso patrt vorauszusetzen ist;44 beide wurden nicht Fllr eine Provinzstadt vgl. du s.c. fOr Milet unter Mare Aurel, das mit einem kaiserlieben Schreiben übermittelt wurde; die Überbringung erfolgte durch eine vierköpfige Gesandtschaft Milets (P. Herrmann, Ist Mitt. 25, 1975, 150 ff. = AE 1 977, 801); vgl. du s.c. th Aphrodisienrib11.1: FIRA t2 nr. 38 und J. Reynolds, Apbrodisias and Rome, London 1 982, 54 ff. nr. 8 - Auch bei Anträgen von Privatleuten wurde der Beschluß durch den Antragsteller abgeholt. Du gilt sicher für du s.c. Beguense (o. Anm. 15), aber ebenso auch zunächst fllr du s.c. Vol11.1ianum, du auf den Antrag der Verwandten der Alliatoria Celsilla bin erging (CIL X 1401 .. D. 6043 a FIRA t2 nr. 45); dennoch ilt darauf hinzuweilen. daß dieses s.c., du fllr Angelegenheiten in dCI' Gegend von Mutina beschlossen worden war, in Herculaneum gefunden wurde. WCI' war hier an der d a u e r h a f t e n Publikation n i teressiert gewesen? Zur Frage der privaten Publikation von administrativen Entscheidungen demnächst eine aUJftlbrlicbe Erörterung in einem Band dieser Reibe: Arbeiten zur rOm. E i grapbik und Altertumskunde.
40
f
4 Tac., Ann. 15,22. 42 Vgl. J. Nicols, Zur
Verleibung öffentlicher Ehrungen n i der römischen Welt, Cbiron 9, 1979, 243 ff. 43 Immerbin ist es erwlbnenswert, daß Plin., ep. 4,7,2 behauptet, AquiliUJ Regulus habe eine Schrift über seinen verstorbenen Sohn in tausend Exemplaren per totam ltaliam provinciasque verbreitet; dazu muß es entsprechend viele Briefe an die Dekurionenräte der Städte gegeben haben. Wieviel Übertreibung durch PliniUJ hier vorliegt, llßt sieb nicht sagen; dcx:b ilt immerbin zu erkennen. daß man auch mit der Venendung sehr vielCI' gleicher Schreiben zum se1ben Zeitpunkt rechnete. Für die Zeit du Republik ist etwa auf Liviua •3.14,10 zu verweilen: hoc edicto lltterisque censorum per fora et concUiabula dimilsil. 44 Vgl. oben S. 59 f.
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etwa nur in die Provinz Baetica, wo Kopien auf dauerhaftem Material (so wie im italischen Heba) gefunden wurden, gesandt. Die Provinzgouverneure konnten dann ihrerseits - auf verschiedene Weise - die Städte bzw. die Bewohner ihrer Provinz
in
Kenntnis setzen. Von der Art und Weise der Übermittlung in die
Provinz ist nach meinem Wissen für senatus consulta, wenn man vom s.c. Calvisianum einmal absieht, nichts unmittelbar in den Quellen überliefert. Dagegen weist das s.c. vom Jahr 19 n.Chr. in der tabula Siarensis die Konsuln an,
den Beschluß mit ihrem Edikt
zu
publizieren und darin anzuordnen,
mag(istratus) et legatos municipiorum et coloniarum descriptum mittere in municipia et colonias ltaliae et in eas colonias quae essent in
rovinciis.4S Es ist somit ganz evident, daß zwar nicht alle Städte des Reiches, aber doch die Kolonien und Munizipien in Italien sowie die Kolonien in den Provinzen, also viele Hunderte von Städten, verpflichtet waren (consules iuberent), den Text dieses s.c. in ihrem eigenen Bereich bekannt zu machen. Verantwortlieb waren rovinciil (AB 1984, 508): die Kolonien • litischen» Probleme im engeren oder weiteren Sinn verbunden waren, wurde von Historikern, aber auch von den meisten Kaiserbiographen kaum davon Notiz genommen.1 Dies trifft vor allem auf den sogenannten ritterlichen Administrationsbereich zu. Die moderne Rekonstruktion ist somit auf andere Quellenarten verwiesen, um die Gesamtentwicklung der kaiserzeit
die magstratus i et legati dieser Munizipien und Kolonien.
Die Zusammenfügung magistratus et legati ist auffal;lend denn die magistratus
der Städte verließen üblicherweise während ihrer Amtszeiten nicht ihre Heimat, während legati sehr häufig in Rom vor dem Senat oder dem Kaiser bezeugt sind. Wenn, wie der Text anzudeuten scheint, sowohl magistratus46 als auch legati von Kolonien und Munizipien sich in Rom aufhielten, dann kann dies keine Normalsituation sein, ist vielmehr durch den Trauerfall in der kaiserlichen Familie verursacht.47 Somit könnte man diese Publikationsanweisung mit aktiver Information durch die Städte in Rom selbst als eine Ausnahme ansehen. Dagegen spricht freilich der Schlußvermerk in einem Edikt des Qaudius über die Rechte des jüdischen Volkes aus dem Jahr 42: «
npEaßt'U't�V) anschreiben und es nicht weniger als 30 Tage ausgestellt
45 AE 1984, 508 Frag. n col. b. 46 Im Kommentar findet sich bei J. GonU.lez, ZPE SS, 1984, 80 nichts zu dieser Stelle.
47 Speziell aus Anlaß des Todes des L. Caesar im Jahr 2 n.Chr. wurden von Pisa legati
an Augustus gesandt (CIL XI 1420 D. 139 Ehrenberg Iones m. 68), gleiches ist beim Tod des C. Caesar 4 n.Chr. bezeugt (CIL Xl 1421 D. 140 Ehrenberg - Iones nr. 69). Da beim Tod des C. Caesar im pisaniscben Text betont wird, man habe unglücklicherweise zur Zeit keine regelmliBigen Magistrate, weshalb T. Statulenus Iuncus als princeps coloniae, flamen Augusti und pontifex minor publicorum p(opuli) R(omani) an Augustus mit einem libellus abgeschickt wurde, darf man vermuten, daß unter normalen Umständen aus Pisa die ordentlichen Magistrate nach Rom gesandt worden wären. =
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-
=
=
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· sein lassen, so daß es leicht gelesen werden kann-..48 Gerade der letzte Satz, der die lateinische Formel: ut de plano recte legi possint, widergibt.49 zeigt. daß hier Anordnungen getroffen werden, die der römischen Praxis entsprachen. Damit haben wirjedoch ein zweites, hochoffizielles Zeugnis dafür, daß die Infoimation der italischen Wld puvinzialen Städte durch deren eigene legati zu erfolgen hatte. Freilich ist zu beachten, daß, jedenfalls in der tabula Siarensis, nur die römisch organisierten Städte den Befehl für die selbständige Informationspflicht el'hielten, vermutlich deshalb, weil der Tod des Gennanicus unmittelbar nur die respublica Romanorum Wld ihre gemeindlich mganisierten Mitglieder betraf. Das Edikt des Claudius aber war für alle Gemeinden von Bedeutung, in denen Juden lebten;
somit s i t es sicher kein Zufall, wenn auch allgemein die Poleis neben den Kolonien und Munizipien angewiesen wurden. Wenn Oaudius ganz selbstverständlich davon ausging, daß legati von Städten, Kolonien und Munizipien aus Rom die entsprechenden Informationen in ihre Heimatstädte senden konnten, dann kann es sich dabei kaum um die aus unterschiedlichsten Anlässen immer wieder nach Rom kommenden Gesandten verschiedener Städte handeln. Damit wäre eine unkalkulierbare Unsicherheit verbunden gewesen. Vielmehr müssen diese legati mehr oder weniger regelmäßig
und dauernd zur VerfügWlg gestanden haben, womit die Nennung der magistratus neben den legati im s.c. von 19 n.Chr. die Sondersituation mit der Normalität verbinden würde. Ein weiterer Hinweis auf die Tätigkeit solcher legati, jedenfalls im 1. Jh. n.Chr., sind vermutlich die stati ones municipiorum, deren spezifische
Aufgaben freilich nirgendwo genannt sind.so Daß sie jedoch eine «Anlaufstelle» 48 Joseph., Ant. Jud. 19,291; zur Frage der Echtheit der Dokumente zugunsten der jUdischen Gemeinden bei Josephus, wweit sie bei Josephus überliefert sind, zuletzt:
H.R. Moebring, Tbe Acta pro Judaeis in the Antiquities of Flavius Josephus. A Study in Hellenistic and Modem Apologetic Historiography, in: Cbristianity, Judaism and otber Greco-Roman Cults. Studie• for M. Smitb at Sixty, Part Tbree. Judaism before
70, Leiden 1975, 124 ff. Selbst wenn
an
bestehen könnten, würde dies ein wlches
Formulardetail in seiner Aussagekraft nicht
dem Dokument irgendwelche Zweifel
betreffen. Zur Herkunft der Texte bei JosepbUI M. Pucci Ben-Zeev, Greek and Roman
Documents from Republican Tunes in tbe
Antiquities: What was Josepbus' Source?,
Scripta Class. lsraelica 13, 1993, 46 ff. 49 Vgl. zu dieser Formel z.B. Lex Malacitt���a cap. 51 (D. 6089); CIL XlV 2795
=
D. 272 ; Dig. 14,3,11,3; dazu die umgekehrte Praxis, wie sie von Gaius angeordnet
wurde: Suel, Gaius 41,1. Weitere Beispiele bei Fritz Freiherr von Schwind, Zur Frage der Publikation im römischen Recht, München 1940, 38 ff.
SO CIL VI 342 30742 (fUr Tivoli?); AE 1973, 17 (tnr Signia); Plinius, n.h. 16, 236; AE 1982, 162 (ein stationarius für den Genius Noricorum); vgl. auch IGR I 421 Zeile 15 ff. (statio von Tyrus); L. Cantarelli, Bull. com. 28, 1900, 124 ff.; L. Moretti, Sulle «stationes municipiol'llDl» del foro Romano, Atbenaeum 36, 1958, 106 ff.; S. Panciera, Epigraphica 22, 1960, 7 f. =
D. 3675
=
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Zur Durcllsetzung von Anordnungen und EntscheidWlgen
für die municipa i gewesen sind. auch wohl einen Einfluß auf die Städte haben konnten, zeigt die Bemerkung bei Sueton, Nero 37,1, Salvidienus Orfitus sei es von Nero zum Vorwurf gemacht worden, daß er von seinem Haus in der Nähe des Forums drei tabemae an civilates als staliones vermietet habe Dieser Vorwurf kann nur dann einigermaßen glaubwürdig geklungen haben, wenn auf diese Weise eine politische Beeinflussung zumindest theoretisch möglidl ersdlien. Das wäre abec gerade dann denkbar, wenn über die stationes, abgesehen von anderen Aufgaben, ein ständiger Informationsfluß in die Heimat städte erfolgte. Freilidl ist es unvorstellbar, daß alle Städte Italiens und dec Provinzen solche .
stationes errichtet hatten; ihre Zahl hätte bald 1'000 überschritten.
MöglicheilWeise haben einzelne legati die entsprechenden Aufgaben für mehrere Städte oder sogar für eine ganze Provinz übemommen.51 Zumindest ist eine statio Noricorum überliefert.52 Zeitlich erstrecken sich die Zeugnisse für die stationes municipiorum bis in die neronische Zeit,53 für die stationes exterarum nationum (in der Terminologie L. Morettis) bis in die 1. Hälfte des 3. Jh.s.54 Falls also tatsächlich die im s.c. vom Jahr 19 n.Chr. sowie im Edikt des Claudius genannten legati mit den staliones in Verbindung zu bringen sind. wäre diese von den Städten selbst zu verantwortende Art der administrativen Kommunikation und Information nodl sehr lange in Funktion geblieben. Für die Übermittlung von Nachrichten, Befehlen, allgemeinen Regelungen durch den Heerseller mußten allerdings Möglichkeiten bestehen, durch die eine unmittelbare und zuverlässige Information erfolgen konnte, ohne daß dies vom Eifer und der Kooperationswilligkeit munizipaler Beauftragter abhing. Da zudem diese aktive kaiserlidle «Benachridltigung» relativ oft erfolgte, hätte leicht eine Überlastung mit entspredlenden Folgen für die Realisierung eintreten können. Diese direkte Information war vermutlich zweifach organisiert: Einmal standen tabellarii zur Verfügung, zum andern Soldaten. Soweit unser sehr geringes Quellenmaterial direkt etwas aussagt, waren die meisten tabellarii, kaiserliche Sklaven oder Freigelassene, einzelnen Verwal tungszweigen zugeordnet,55 etwa der statio heredilatium, dem officium annonae, S l Vgl. W. Eck, Die ataaUiche Organiaation ltaliena in der Hohen Kaiserzeit, München 1979, 18 f. 52 D. 367S = AE 1982, 162; vgl. Anm. SO. 53 Durch Suel, Nero 37,1 bezeugt 54 L. Moretti, Athenaeum 36, 1958, 106 ff.; IGUR I 78-93: die Masse aller dieser Dolcumente wurde an der via Sacra in der Nllhe dea Forum Romanum gefunden. 5S Siehe z.B. 0. Hirschfeld, Die kaiaerlichen Verwaltungsbeamten bis auf Diokletian, DeriD l 1905 (ND 1963), 201 f.
Zur Durchsetzung voo Anordnungen und Entscheidungen
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der staJio marmorum.S6 Diese tabellarü waren vielleicht nur für den spezifiseben dienstlieben Informationsfluß zuständig. Daneben sind aber auch tabellarü ohne nähere SpezifiZierung
bezeugt. die du Überbringung allgemeiner Nachrichten gedient haben könnten;57 auch die gelegentlieb bezeugten cursorts, wie die
tabellarii kaiserliche Freigelassene oder Sklaven, waren wohl in ähnlicher Form eingesetzt.58 Da tabellarii zumindest seit dem 2. Jh. militärisch unter einem praepositus sowie unter optiones und usserarii organisiert waren,59 dürfte ihre
Zahl vennutlicb nicht gering gewesen sein. Neben den tabellarii und cursores WW'den vor allem auch Soldaten zu Kurierdiensten eingesetzt;60 umstritten ist dies für die speculatores,61 während es bei den.{rumtntari,i die bei allen Legionen bestanden und häufig in die castra
peregrina abgeordnet waren, keinen Zweifel geben kann.62 Ihre Tätigkeit bestand ganz offensichtlich in erster Linie in dec geregelten Nacbrichtenübermittlung, wie sich aus mehreren Stellen bei Cassius Dio ergibt.63 Deutlich spricht dafür auch eine Passage dex Historia Augusta (v. Max. et Balb. 10,3): scriptum est praeterea ad omnes provincias missisfrumeiiUlriis; dies geschah in der politisch gespannten Situation nach dem Abfall von Maximinus Thrax. Ein Reskript der beiden Pbilippi an die Aragueni wurdeperDidymum mili(t]e(mßrum(entarium) überbracht64 Ferner wird von einem Soldaten du legio ill Cyreoaica berichtet
qui cucurrit (f]rum. ann. XL,65 d.b. er war 40 Jahre lang im Reich unterwegs,
und natürlich nicht als «Spitzeh•; seine Tätigkeit bestand vor allem in der
S6 CIL VI 8473; 8655a D. 1702; 410 D. 1707. S1 So z.B. CIL VI 5359. 8668. 9051. 9052 D. 1703. 9915 =
•
D. 1708; vm 1878 D. 1709. 10827 17050; X 1741; XIV 2465. Aus EpheaUI kommen folgende Zeugnisse fQr tabeUarii, die allerdinga wohl grl!Stenteib dem procuraJor provinciae A.siae untergeordnet waren: I. Eph. 696a. 855. 2200a ( CIL m 6077 D. 1505). •
=
=
•
2222b. 2281 L 4112 (= AE 1935, 157). SB Vgl. Hinchfeld (o. Anm. 55) 203 f. S9 CIL VI 410 D. 1707. 8505. 8655a Zeugnisse IUI EphesUI (o. Anm. 57). =
=
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D.
1702. 9915
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=
D. 1708; dazu mehrere
60 Dazu etwa R. Davies, The Daily Life of lbe Roman Soldier uoder the Principate, ANRW ll 1, Berlio 1974, 299 ff. den., Service in tbe Roman Army, hg. D. Breeze •
und V. Maxfield, Edinburgh 1989, 33 ff. 61 Siehe dazu im Detail M. Clauss, Untersuchungen zu den principale1 dea römischen Heere• von AugustUI bis Dioltletiao. Cornicularü, apeculatorea, frumentarii, Diss. Bochum 1973, 73 f. 62 Zuletzt dazu N.B. Ranltov, Prumentarii, the cutra peregrioa aod the Proviocial Officia, ZPE 80, 1990, 176 ff.; ferner Clausa (o. Anm. 61) 86 ff. 63 Cassius Dio 79, 14,1 . 15,1. 39.3. 64 CIL m 14191 FIRA 12 nr. 107. 6S CU.. m 2063 • D. 2370. •
70
Zur Durchsetzung voo Anordnungen und Entscheidungen
regelmäßigen Befeblsübermittlung, ohne daß damit andere Aufgaben ausge schlossen sind. Die Zahl derfr�J�Mntarii ist umstritten;66 doch wäre es gerade nötig, dies zu wissen, da hiervon die mögliche Intensität des Verkehrs mit Befehlen wesentlich abhängig ist. Wenn man voo einer rationalen Organisation ausgehen dürfte, dann wären die tabtllarii im Routineverlcehr mi t den Provinzen eingesetzt gewesen, während die fruTMntarii eher für die außerordentliche und vielleicht auch besonders schnelle Übermittlung zustJlnclig waren. Nach dem bisherigen Forschungsstand läßt sich die Frage DOCh nicht t1llreD. ebensowenig die weitere, aber zentrale Frage, ob es zwischen dem Kaiser und den Provinzen (zumindest seit dem Beginn des 2. Jh.s) iD einem regelmäßigen Rhythmus administrativen Schriftverkehr gegeben hat.67 Die Frage drangt sich deswegen auf, weil der briefliche Verkehr zwischen der kaiserlichen Zentrale und den Provinzen einen enormen Umfang angenommen hatte. Pllnius schrieb in knapp zwei Jahren 61 Briefe an Traiao, dessen Antworten beliefen sich auf 48. Irgendwelche Mitteilun gen allgemeiner Art aus Rom an alle Provinzen sind jedoch in den Briefwechsel des Plinius nicht eingeschlossen. Da es sie jedoch ohne Zweifel gegeben bat (es sei nur nochmals an die Übermittlung der Namen da" neuen Konsuln erinnert), muß der briefliche Verkehr mit der Provinz Pontus-Bithynien in der Zeit des Plinius noch wesentlich größer gewesen sein, zum.al Plinius dort ja nicht der einzige kaiserliebe Amtsträger gewesen ist; zumindest amtierte dort der praefectus ()Tat Ponticae Wld der Provinzprokurator, der Wlter Pllnius wohl nicht nur für das patrimonium, sondern für alle Einnahmen zuständig war. Durch schnittlich hätte von Rom in jedem Monat mindestens zweimal ein Briefbote nach Pontus-Bitbynieo abgeben müssen, in der umgekehrten Richtung sogar noch öfter. und zwar nur kalkuliert auf Grund der Zahl der Briefe des Pllnius. Und mit einec großen Militärprovinz kann man sich den Schriftverkehr viellech i t sogar noch größer vorstellen. Bei diesec Dichte ist es durchaus d e n k b a r, daß Briefboten in regelmäßigen Zeitabständen bestimmte Routen abliefen, dabei die angefallenen amtlieben Schreiben in den Büros der Statthalter beispielsweise voo Cappadocia. Pontus-Bitbynia. Thracia, Macedonia. Epirus und Acbaia ein sammelten, sie nach Rom beförderten und sodann im Gegenzug wieder andere 66 Vgl. Clauu (o. Anm. 61) S3.
67 Dies hatte z.B. H.F. Stobbe, Pliniua' Briefe, Philologua 30, 1870, 364 ff. vermutet und zwar in einem wöchentlichen Rhythmus. Riepl (o. Anm. 3) 262 ff. geht davon aus, daß zumindest fQr den cursJU publicJU ein solch regelml8iger Verkehr nicht nachzuweisen ist; dies ist aogar vOllig unwahrlcheinlich. Worum es hier nur geben kann, sind Briefboten, die mit normalen Verkehrsmitteln unterwegs geweaen sind (Riepl 264).
ZW'Durchsetzung voo Anordnungen und Entscheidungen
71
Mitteilungen in die Provinzen zurUckbrachten.68 Soweit ch i sehe. lllßt sieb von einer solchen Einrichtung allerdings nichts in den Quellen unmittelbar finden. Selbst wenn es jedoch ein solches System gegeben hätte, wären immer noch in vielen Fällen Sonderkuriere abgesandt worden, z.B. beim Tod eines Kaisers und der Machtübernahme durch den neuen Herrscher. Denn in solchen Situationen war höchste Eile geboten. So war der Tod des Claudius und der Regierungsantritt Neros 35 Tage später bereits in Oxyrbyncbos in Mittelägypten bekannt69 Claudius starb am 13. Oktober. Dagegen wurde die Übernahme der Herrschaft durch Pertinax vom Präfetten von Ägypten Mantennius Sabinus erst am 6. März vezk:ündet,70 also mehr als zwei Monate, nachdem Pertinax in Rom proklamiert worden war. Hier hatte sich der Winter auf die Schnelligkeit ausgewirkt. Wie weit im übrigen die beiden italischen flotten, vor allem die in Misenum, eine Rolle bei der Beförderung von Anweisungen bzw. der Nachrichtenträger gespielt haben, ist noch nicht näher untersucht worden. Auf jeden Fall weist Tacitus, Ann. 4, 27, 1 auf r e g e 1 m ä 8 i g e Venve00ung von Teilen der flotte beim Transport von Nachrichten und vermutlieb auch von reisendem, staatlieben Personal bin.71 Zudem ist es auffallend, daß frühzeitig gerade in Syrien, Ägypten und auch in der Provinz Africa eigene flottenkon tingente stationiert waren. Die in der Provinz eingetroffenen Nachrichten waren teilweise nur für den Statthalter oder auch den jeweiligen Prokurator bestimmt, teilweise aber mußten sie entweder allen Provinzbewohnern oder zumindest den Städten bzw. in Ägypten den Strategen bekannt gemacht werden. Über diesen Informationsweg, der bei der Übermittlung von Anordnungen aus Rom derselbe war wie bei reinen Anweisungen der Statthalter selbst, sind wir etwas detaillierter unterrichtet, zumindest was Ägypten betrifft72 Dem Präfetten standen grundsätzlieb drei Wege zur Verfügung, um die Strategen bzw. Basilikogrammateis auf der Gauebene, was in den anderen Provinzen der städtischen Ebene entsprach, zu benachrichtigen: Er konnte 68 Diea wlre aelbatverstlncllicb en i e aanz andere Einriebtuns ala «Brietklate��» für Petitionen, wie ea A. d'Ora und F. Martin (o. Aom.. S) voraeacblagen haben. Daß im Ubrigen Dicht wenige Schreiben auch der Stldte durch die Statthalter weitergegeben wurden, iat z.B. deutlieb den zahlreichen Hinweilen aua der Ioacbrüt vom Grabmal dea zu entnehmen (fAM n 90S). 6 P. Oxy. 1021. 70 BGU 646 Sel. Pap. n 222. 71 W. Eck, Tacitua, Ann. 4,27,1 und der Clolr.fiU plolbliciU auf der Adria, Scripta Clau. lsraelica 13, 1993, 60 ff. 12 Dazu vor allem F. v. Schwind (o. Anm. 49) 78 ff.
ornmou
'"'
72
Zur Durchsetzung von Anordnungen und Entscheidungen
1. direkt
an jeden einzelnen Strategen individuell schreiben;73 ein
bekanntzumachendes Edikt des Präfekten war diesem Brief angefügt Er konnte
2. sich in einem gemeinsamen Schreiben entweder an die Strategen aller Gaue oderjeweils der einzelnen Epistrategien wenden. Oder er konnte
3.
möglicherweise auch die Epistrategen anweisen, an die jeweiligen
Strategen ihrer Epistrategie zu schreiben.
Im ersten Fall mußten soviele Einzelschreiben (in Alexandria) ausgefertigt werden, wie Strategen amtierten, im zweiten könnten dagegen entweder nur ein Brief, der als Zirkular bei allen Strategen herumgereicht wurde, oder drei bzw. vier Schreiben für die Epistrategien versandt worden sein. Davon hätten dann die einzelnen Strategen eine Abschrift anfertigen lassen, bevor das Zirlcularschreiben weitergeleitet werden konnte. Wahrscheinlicher ist allerdings auch hier die direkte Übergabe einer jeweils in Alexandria angefertigten Kopie an jeden einzelnen Strategen. Eine vollständige Auswertung aller Papyri unter diesem Aspekt ist
bisher noch nicht durchgeführt worden.74 Doch seien für die einzelnen Möglich
keiten einige Beispiele angeführt Avillius Flaccus verbot im
J. 34/35 das Waffentragen in Ägypten generell.
Erbalten ist ein Teil seines Begleitschreibens an den Strategen eines unbekannten Gaues, mit dem er den untergebenen Amtsträger
zur Publikation des Edikts
auffordert.75 Dieser bat die Schreiben seinerseits an verschiedene Orte seines Gaues weitergeleitet Während nun freilieb Wilcken annabm, auf dieser untersten Ebene habe jeder Verantwortliche, also z.B. die jeweiligen Dorfschreiber, davon wiederum eine Kopie angefertigt und dies durch Unterschrift bestätigt,76 wies v. Schwind darauf bin, dies hätte viel zu lange gedauert; deshalb sei jedem lokalen Amtsträger in den Dörfern eine Kopie, die beim Strategen bergestellt 73 Ygl. P. Oxy. 3343 mit der 26. Kolumne einer langen Rolle; erhalten sind zwei Schreiben des praef. Aegypti Claudius lulianus an zwei Strategen verschiedener Gaue, die mit ihrem Namen genannt werden. Der Text der Briefe ist id.entisch. Vielleicht handelt es sich um eine mit P. Fiorent. 278 vergleichbare Archivierung solcher Schreiben. 74 Eine solche Untersuchung wird in Zusammenarbeit mit Frau Dr. Silvia Strassi von der Universität Triest vorbereitet. Vgl. vorerst S. Strassi, ZPE 96, 1993, 89 ff. ?S Wilcken, Cbrest. 13; P. Oxy. 2228 ist ebenfalls vom Prll.fekten direkt an einen einzelnen Strategen gerichtet; vgl. P. Oxy. 2182: der Prllfekt habe die Strategen einzeln und gemeinsam wiederholt schriftlich gemahnt. 76 W'llcken, Chrest. 23.
Zur Durchsetzung von Anordnungen und Entscheidungen
73
worden sei, ausgebändigt worden. Die Übergabe habe durch Unterschrift bewiesen werden müssenP Eine lange Unterschriftenliste ist jedenfalls in P. Boissier = Wilcken, Cbrest. 13 erhalten. Ein weiteres generelles Schreiben, direkt vom Präfekten an einen individuellen Strategen, ist z.B. das Edikt des Vergilius Capito, das ebenfalls in ganz Ägypten bekannt gemacht worden sein muß; uns ist eine Kopie an den Strategen der großen Oase erbalten geblieben.78 Warwn dieser die Anweisung in dauerhafter Form auf Stein bat publizieren lassen und nicht nur auf Papyrus, müßte erst noch geklärt werden. Im Zusammenbang der normalen administrativen Routine wäre es jedenfalls nicht nötig gewesen. Füt die Form det direkten Verständigung aller Strategen bzw. derjenigen einer Epistrategie durch den Präfekten selbst :steht das schon erwähnte Schreiben des Mantennins Sabinus über den Herrschaftstritt an des Pertinax als Beispiel zur 7 Verfügung. 9 Das erhaltene Schriftstück ist an die Strategen der Heptanomia sowie des Arsinoitis gerichtet. Die Zwischenschaltung des Epistrategen ist dagegen in P. Jand. VII 140 aus dem Jahr 151 erhalten. Der Epistratege wendet sieb an die Strategen der «unten angeführten Gaue».80 Diese Formen der Kom munikation existieren im übrigen auch bei den anderen zentralen Amtsträgem, etwa dem Dioiketen,81 dem Leiter des Idios Logos oder dem Prokurator Neaspo leos.S2 Wie und durch wen wurden die Schreiben konkret überbracht? Selbst wenn z.B. die Anordnungen selbst oder die Begleitbriefe zu einem Edikt des Präfekten jeweils individuell an die einzelnen Strategen gerichtet waren, ist es kaum wahrscheinlich, daß aus Alexandria ebensoviele Boten abgingen wie es Gaue 77 F. v. Schwind, (o. Anm 49) 81. 78 IGR I 1262 OGIS 665 M. Smallwood, Documents lliustrating the Principatea of Gaius, Claudius and Nero, Cambridge 1967, nr. 382: aus diesem Schreiben des Strate gen der Oase geht eindeutig hervor, da8 er die nötigen Abschriften des Edikts des Präfekten herstellen ließ, die mit seinem allgemeinen Brief an alle zustlndigen Amts träger seiner Strategie überbracht wurden. Dies ist dasselbe System wie es sich in dem Schreiben des Marius Maximus fmdet (siehe u. S. 74 mit Anm 85). Der Absender läßt somit die notwendigen Kopien herstellen, der Adressat nimmt sie, vermutlich nach Unterzeichnung einer Empfangsbestltigung, entgegen und publiziert sie. 19 BGU 646 Sei. Pap. n 222; vgl. z.B. auch P. Oxy. 1100. Für weitere Schreiben dieses Typs vgl. z.B. SB 12144. 11935; S. Daris, Aegyptus 56, 1976, 47 ff. SB 11612; P. Oxy. 1408. 2265; PSI 1148 "" S:O 11935. 80 Vgl. dazu etwa auch BGU 372 WUcken, Chrest. 19. 8 1 P. Oxy. 58. 474. 1409; P. Fay. 24; siehe D. Hagedorn, Zum Amt des &otlCTI'tl\c; im römischen Ägypten, in: N. Lewis (Hg.), Papyrology, Yale Univ. 1985, 167-210; D. Thomas, CdE S1, 1976, 317 ff. 82 Siehe etwa Wilcken, Arch. Pap. 4, 1908, 122 ff.; SB 11349. .
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Zur Durchsetzung von Anordnungen und Entscheidungen
74
gab; vielmehr wird, jedenfalls im Normalfall, jeder Bote gleichzeitig alle die Briefe expediert haben, deren Empfänger auf einem Weg erreichbar waren; dies galt vor allem für die Briefe, den Nil aufwärts zu überbringen waren. Der konkrete Weg war den Boten vermutlich vorgeschrieben oder ergab sich zwingend aus der Lage der verschiedenen Anlaufstaliooen. Einschlägig ist hier P. Fiorentini 278. Ein Militärkommandeur ließ an die Strategen von insgesamt 12 Gauen den Befehl überbringen, eine bestimmte Anzahl von Transportkamelen für einen Kriegszug bereitzustellen. Die Befehle waren in Briefform abgefaßt und individuell an die einzelneo Strategen gerichtet, weil die Zahl der angeforderten Tiere nicht für alle Gaue gleich war. Im Brief wurde auchjeweils der Überbringer genannt Z\Dileist expedierte ein Bote mehrere Briefe: im einen Fall lief ein Bote die Gaue im östlichen, im anderen die im westlichen Teil des Deltas an.83 Man versuchte somit hier, die Überbringung der Schreiben einigermaßen rationell zu gestalten.
Noch mehr müßte dieses rationelle Argument bei den Schreiben zutreffen, die nur generell an eine Kateg<Xie von Amtsträgem gerichtet waren, etwa wenn es in der Anschrift heißt: an die Strategen der unten angeführten Gaue, wie z.B. im
schon erwähnten P. Jand. vn 140, oder an die Strategen und Basllikogrammateis der Heptanomia und des Arsinoitis in einem Schreiben aus der Zeit des Alexander
Severus mit der Ankündigung eines Kaiserbesuches.S4 In ähnlicher Weise sind am Ende eines Briefes, den Marius Maximus, Legat von Syria, an die tribuni,
praejecti et praepositi verschiedener Militäreinheiten wegen des Empfangs eines Gesandten des Großkönigs richtete, alle Orte. die angelaufen werden sollten, an geführt;85 die Aufzählung entspricht dem Weg, den der Gesandte am Ufer des Euphrats entlang nehmen mußte; genau diesen Weg aber hatte auch der Bote zu gehen, der die Briefe den Kommandeuren der Militäreinheiten auszuhll.ndigen hatte. Ob er soviele Abschriften mitnahm, wie es Adressaten gab, oder ob in jeder Militärstation eine Kopie hergestellt werden mußte, ist dem Dokument dafür nicht zu entnehmen; doch ist ersteres wesentlich wahrscheinlicher;86 spricht einmal die so erreichbare größere Schnelligkeit, insbesondere aber, daß ß p. 265. Ahnliebe Überlegungen etwa im Kommentar zu P. Jand. Vß 140 p. 306. 84 J.D. Thomas W. Clarysse, A Projected Visit of Severus Alexander to Egypt, Anc.
83 Vgl. P. Fiorentini Soc. 8, 85 Ml.
-
1977, 195 ff.
•
·
SB 11651.
Rostovtzeff, l..es Archives militaires de Doura, CRAI 1933, 315 ff.; ders., Das Militllrarcbiv von Doura, in: Papyri und Altertumawissenscbaft. Vorträge dea 3. Int. Papyrologeotages, MUncbn. Beitr. 19, 1934, 373 ff.; R. 0. Pink, Roman Military Records on Papyrus, Ann Arbor 1971, nr. 98. 86 Vgl. o. Anm.. 78.
Zur Durchsetzung von Anordnungen und Entscheidungen
75
auf dem Verso keine Adresse steht: da jede Kopie gleich lautete, war es gleichgültig, welche Kopie an den einzelnen Orten jeweils übergeben wurde.87
Wichtig war für den Boten nur die notwendige Anzahl der Abscbriften.
Soweit ich sehe, gibt es keine eindeutigen Hinweise darauf, wer die Schrift stücke in Ägypten regelmäßig überbracht bat, ob Amtsdiener der einzelnen Büros88 oder etwa auch Soldaten.S9 Dies mag von verschiedenartigen Umstän den abhängig gewesen sein. Ein instruktives Beispiel bat vor kurzem B. Kramer zur spätantiken Verwaltung Ägyptens publiziert90 Ein Rundschreiben des praeses Thebaidos, Iulius Eubulius
Iulianus, wurde durch zwei seiner eigenen
officiales direkt in die Orte gebracht, deren Amtsträger verständigt werden
mußten. Dort erhielten die Boten jeweils die geforderte Bestätigung, daß bestimmte Personen wußten, sie hätten sieb zu einem genauen Zeitpunkt beim Statthalter einzufinden. Damit war für die statthalterliehe Verwaltung die präzise Benachrichtigung einwandfrei nachweisbar. Ähnliche Verfahren wird man für die frühere Zeit voraussetzen dürfen. Ferner ist es leicht vorstellbar, daß denjenigen Boten, die sieb ohnebin aus verschiedenen Gauen immer wieder in Alexandria aufhielten, Schriftstücke der zentralen Behörden zur Expedierung in ihre jeweiligen Gaue mitgegeben wurden. Zudem ist einzubeziehen daß allmonat licb91 Akten jedes Gaues zur Abrechnung nach Alexandria gebracht werden ,
mußten;92 die Ausführenden konnten dazu möglicherweise liturgisch verpflichtet werden;93 auch diese Boten wurden vermutlieb immer wieder für den Transport 7 8 Siehe die Einleitung bei Fmk 399. 88 Zu den �1tTIPhnl , die in vielen Dereieben auch Botendienste Ubemahmen, siebe
H. Kupiszewski - J. Modrzejewsld, JJP 11112, 1957/8, 141 ff., bes. lS8; ea ist aller Ü h dings, soweit ich sehe, kein unmittelbares Zeugnis dafür erhalten, daß 1tllp at des Ä Präfekten von gypten direkt Briefe etwa an Strategen überbrachten. Der in P. Oxy. 361S genannte Em'tl'IP'I\'tlt� ,YYqtovuccilv bna-roMilv �ea\ dUcoY war wohl im Ü Büro des Präfekten fUr die Korrespondenz zuatliDdig. Von wem der 1tTIPt'tll� in P. Oxy. 1409 abgesandt wurde, s i t nicht zu erkennen. Zu Boten im Archiv des Petaus vgl. P. Pet. 17. 23. 24. 34. Diese Boten wurden, zumindest zum Teil, für jeden einzelnen Botengang bezahlt, etwa für einen Gang zum Epistrategen bzw. zum Gerichtshof des Präfekten (P. Pet. 34); daraus läßt sich auch der umgekehrte direkte Weg zurück in die einzelnen Gaue erschließen. 9 8 Soldaten sind z.B. in P. Fiorentini 278 die Überbringer von Schreiben, hier freilich im rein militllrischen Zusammenhang. In PSI 112S (302 n.Chr.) werden in Briefen des procuralor usiacus Soldaten genannt, die vermutlieb auch administrative Anweisungen überbrachten. 90 B. Kramer, Arch. Pap. 32, 1986, 33 ff. 91 Beim Alaunmonopol mußten die Abrechnungen sogar alle S Tage in 6-facher Ausfertigung erfolgen (P. Oxy. 2116). 92 P. Oxy. 3133; vgl. WUcken, Chrest. 72. 172. 93 P. Oxy. 3095, wo derartiges für die Gauebene bezeugt ist; vgl. P. Oxy. 900. Wichtig aber vor allem D. Hagedorn, P. Heid. 310 und die im Kommentar genannten
76
Zur Durebsetz\Blg von Anordnungen und Entscbeid\Blgen
von administrativen Schreiben zurück in die Gaue miteingesetzt.94 Schließlieb ist es nicht ausgeschlossen,
daß es im 2. Jh. n.Chr. ein System gab, das auf der
Zusammenarbeit von Briefboten der Zentralbeh<X'den und anderen Boten auf der Ebene der Gaue funktionierte. Diese Deutung läßt zumindest P. Ryl. 78 zu, dem zu entnebmen ist,
daß bnato�pot im
Gau regelmäßig an bestimmten
Stellen zu erscheinen hauen, um gegebenenfalls eingetroffene Post weiter zubeftn1em.95 Damit auf der lokalen Ebene, soweit nötig, die Bevölker\Blg die sie betreffen den Anordnungen
zur
Kenntnis erhielt,
wurde ganz stereotyp befohlen, m i
Hauptort sowie in den einzelnen Orten des Gaues Kopien der Briefe auszuhän gen,96 manchmal wird ausdrücklich betont, dies habe in klaren und großen
Buchstaben zu gesebehen;97 in Kleinasien wurde sogar manchmal verlangt, die Publikation in lateinischer und griechischer Schrift vorzunehmen.98 Der Aushang mußte in Ägypten durch die lokalen Amtsträger, etwa Polizisten oder Dorfschreiber, den Strategen bestätigt werden,99 die ihrerseits den Empfang gegenüber den höheren Behtx-den hatten quittieren müssen.100
Für die Situation außerhalb Ägyptens sind wir weit schlechter informiert.
Dennoch hat man auch dort weithin mit einer aktiven Information der Betrof fenen, also der Städte bzw. der Bevölker\Blg, durch die staatlieben Amtsträger zu rechnen. Ein Beispiel möge
dafür
genügen:
Q.
Veranius, Statthalter von
Lycia-Pamphylia zwischen 43 \Bld 48 n.Cbr., war durch einen Vorfall in der
weiteren Zeugnisse; solche Rechenschaftsberichte gingen z.B. an das BOro des Eklogistes und des Prokurators des Idios Logos; vgl. auch P. Pet. 25. 94 Vorstellbar ist es auch, daß die Strategen von den K.onventsitzungen, an denen sie teilzunehmen hatten (vgl. z.B. 1. Matbwich, ZPE 15, 1974, 70), Briefe und Akten mitnehmen. Dies war jedoch nur einmal jlhrlich möglich. 9S Vgl. den Kommentar m den Zeilen 24-26. Gerade solche Dokumente zeigen, daß es dringend erforderlich ist, von papyrologischer Seite den Gesamtkomplex der NachrichtenObermittlung zu untersuchen. 96 Z.B. P. Jand. VII 140; PSI X 1148; Anc. Soc. 8, 1977, 202; SB 11374; IGR I 1262 OGIS 66S Smallwood nr. 382; P. Oxy. 1 100. 1408; vgl. auch F. v. Schwind (o. Anm. 49) 84 ff.; R. Taubenschlag, Les publications officielles du stra�ge dans l'Egypte Greco-Romain, JJP 5, 1951, 155 ff. 97 P. Oxy. 11100. 2705; IGR I 1262 OGIS 665 Smallwood nr. 382; AE 1967, 533; SB 12144; P. Hib. I 29 (recto). In P. Oxy. 1022 liegt, freilich aus dem militärischen Bereich ein sehr klares Beispiel fOr eine Empfangsbestätigung vor: A.ccepta VI K. Martias ann.o VI imp. Traiani n. per Priscum singul. A.vidius A.rrianus comicular. coh. II/ lturaeorum scripsi authenJicam epistulam in tabulario cohortis esse, d.h. das Oberbrachte Orginalschreiben ging n i a tabularium, die Abschrift mit dem Empfangsvmnerlc ging zurock an den Absender. 98 Joseph., Ant. Jud. 14,319. 99 P. Fay. 24; F. v. Schwind (o. Anm. 49) 90 ff. 100 F. v. Schwind (o. Anm. 49) 80 ff. =
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Zur Durcbsetzung von Anordnungen und Entscheidungen
77
StadtTlos zu einer generellen Regelung im Archivwesen veranlaßt worden, die er in Ediktform publizierte.101 Dies geschah obne Zweüel zunächst an dem Ort,
an dem
er
sich gerade authielt Damit sein
Edikt jedoch überhaupt Wirkung
entfalten konnte, mußte es zumindest den verantwortlichen Magistraten in den Städten der Provinz zur Kenntnis gebracht werden. Denn Veranius verlangt, die �örtlichen Beamten, die
im Monat Artemisios die Geschäfte führen»,
sollten
�dieses Dekret schriftlich veröffentlicben».102 Die Stadt Myra ist dem auch
nachgekommen, in der dauerhaften Form der Publikation auf Stein. Die präzise Zeit, zu der die Publikation
zu erfolgen hatte,
verlangen, wenn er seinerseits sicherstellte,
konnte der Statthalter aber nur
daß die Gemeinden auch darüber
Bescheid wußten und den Text des Ediktes in Händen hielten. Aufwelchem Weg dies geschehen sollte, ist nicht gesagt Wenn man das ägyptische System auf die kleinasiatische Provinz übertragen
darf,103 dann müßte man annehmen, Veranius habe den einzelnen Städten seiner Provinz das Edikt entweder durch individuelle Benachrichtigung
oder durch ein
Zirkularschreiben rechtzeitig zustellen lassen. Dies liegt durchaus im Bereich des Möglichen oder sogar des Wahrscheinlichen. 104 Ebenso ist es aber auch vor stellbar,
daß Veranius
sein Edikt nur wenigen Städten zukommen ließ, am
ehesten den Konventstädten, 105
die dann ihretseits verpflichtet gewesen wären,
das Schreiben an die anderen Gemeinden des Konventbezirks weiterzugeben. Ein solches Verfahren ist zumindest einmal bezeugt; die Städte Ephesus, Tralles,
um 50
v.Chr. für die Provinz Asia
Alabanda, Mylasa, Smyrna, Pergamon,
Sardis und Adramyttium werden verpflichtet, einen Brief eines römischen Amtsträgers an die anderen Städte innerhalb ihrer Dioikesis weiterzugeben; das 101 M. Wörrle, Zwei neue griechische Inschriften aus Myra zur Verwaltung Lykiens in der Kaiserzeit, in: Myra, eine lykische Metropole in antiker und byzantinischer Zeit, h . v. J. Borchbardt, Berlin 1975, 254 ff. AE 1976, 673. I�2 Wörrle (o. Anm. 101) 256 Zeile 43 ff. I 03 Daß in den Provinzen vor allem den Prokuratoren spezielles Personal zur Übermittlung von Nachrichten zur Verfügung stand, ist bekannt Verwiesen sei z.B. auf tabellarii der Prokuratoren in Epbesus: I. Epb. Vll 2, 4112; VI 2200a. Vgl. auch oben Anm. 57. 104 Zu vergleichen ist etwa die Anordnung in einem Gesetz, du Ende des 2. Jh.s v.Chr. in Rom erlassen wurde: der Statthalter von Asia solle eine Kopie des Gesetzes an alle Städte und Staaten senden, wie du Gesetz ea erfordere (M. Hassall M. Crawford - J. Reynolds, JRS 64, 1974, 203 Zeile 20 ff.). 105 Daß auch in Lykien-Pamphylien Konventstädte bestanden, ist jetzt erstmals auch durch ein direktes Zeugnis bekannt geworden, l Kaygusuz, Perge: Unter Kaiser Tacitus Mittelpunkt der Welt, EA 4, 1984, 1 ff. SEG 34, 1306; vgl. Ch. RouecM, Floreat Perge, in: Images of Authority, Papera presented to J. Reynolda on the occasion of her 7oth birthday, ed. M.M. Mackenzie Cb. Roueche, Cambr. Phil. Soc., Suppl. Vol. 16, 1989, 205 ff. bes. 213. 217 f. =
=
-
Zur Durchsetmng voo Anordnungen UDd Entscheidungen
78
Scbreiben mußte am locu..r cekbtrrinuu publiziert werden.106 Zumindest diese Städte wurden von dem römischen Magistrat direkt angescbrieben. Konventsexte haben ohnedies auch andere Aufgaben für den Konventsbezirk übernehmen können.l07 Im Gegensatz dazu st i das Edikt des Sex. Sotidius Strabo Libuscidianus, Statthalter in Galatien im ersten Jabnebnt
der
Regierungszeit des Tiberius,
vermutlkb jeder einzelnen Stadt det' Provinz individuell zugestellt woolen; denn die Anordnungen sind in dem uns erbalteneo Exemplar spezifiziert fUr die Stadt Sagalauus und ihr Territorium,
das bis Cormusa und Conana reichte. Da det'
Statthalter jedoch betont,formulam eorum flUlU {pra]estari iudicio oporure
in 1 singulis civitatibus et vicis proposui, 08 müssen auch die anderen betroffenen Städte (und D
sein. Der von
St Mitchell publizierte Text ist dieformula der Stadt Sagalassus.
Versucht man ein vorläufiges Fazit aus diesen Überlegungen zu ziehen, dann wird man Folgendes formulieren dürfen:
1. Die aktive und direkte Benachrichtigung der Statthalter in den Provinzen
durch Kaiser und
Senat wurde, wie es nicht anders zu
erwarteo ist, regelmäßig dureilgeführt und bat einen erbebüchen Umfang eingenommen.
2. Im Gegensatz dazu sind generelle Anweisungen an die Städte, vor allem in Italien nicht immer direkt zugesandt worden; vielmehr wurden die Städte auch zur Selbstinformation verpflichtet. Befehle an die
106 lnschr. Priene 106 R.K. Sherk, Roman Documeots from the Greelc Eut. Baltimore 1969, nr. 52. - Du 1.c. tk DITO Per1ameno iat in drei mehr oder weniger fragmentarischen Exemplaren in Smyrna. Aclramyttioo und Epbeaua erhalten (Petzl. Inschr. Smyrna ll 1, S. 54); alle drei Orte waren auch Konveotstldte. Ba erscheint durchaus möglich, daß die Publikation auf einen Ihnlieben atattbalterlichea Befehl =
zurUclcmfUbrcn ilt
107 Auch du Schreiben des Paulus Pablua Maximus an du Kolnon von Asia und der Beschluß dea Kolnona Uber den neuen Jlhreabe&iJm in Asia muBte von den Konvents städten publiziert werden (Sbetlc nr. 65 Zeile 64 ff.), allerdings auf Anordnung dea Koinona. Val., daß in lnschr. Dldyma 148 • Sberlc nr. 43 die Vertreter der Konvent stlldte gemeinsam agieren. Zur möglichen Funletion ala ein Archivzentrum vgl. 1. Keil A.v. Premerstein, Bericht Uber eine zweite Reise in Lydien, Denb<:hr. Alcad. Wila. Wien 1911, 99 • TAM V 1,423. 101 St. Mitchell, JRS 66, 1976, 1 7 f. AE 1976, 653. - FUr Hinweile bin ich 0 R. Haensch und E. Pack zu Danlc verpflichtet, vor allem aber A. Eich und S. Strusi. [Vgl. jetzt auch S. Strusi, Problem! relativi a1la diffusione delle dilposizioni ammini.atrative nell'Egito Romaao, ZPE 96, 1993, 89 ff.] -
•
Zur Durchsetzung von Anordnungen und Entscheidungen
79
Provinzstädte erfolgten wohl, zumindest mit fortschreitender Zeit,
immer mehr übex die Statthalter.
3.
Ob die Pflicht zur Selbstinformation
Anweisungen durch den Statthalter
in
bestand,
den Provinzen bei
läßt sich bisher nicht
sagen; die Art der Infotmation in Ägypten spricht eher dagegen.
4. Die unmittelbare Form der Übermittlung variierte außerordentlich; sie war von den lokalen Möglichkeiten und konkreten Notwendigkeiten abhängig. Ein völlig einheitliches, rationales System der Überbringung der Nachrichten wurde offensichtlich in den ersten Jahrhunderten nicht entwickelt; damit fehlt aber auch ein wesentliches Element,
das es erlauben würde, die kaiserzeitliche
Verwaltung in erster Linie unter den Gesichtspunkten von bürokratischer Effektivität und Rationalität zu sehen.
,•
II. AUGUSTUS'' REFORMEN
AUGUSTUS' ADMINISTRATIVE REFORMEN: PRAGMATISMUS ODER SYS1EMATISCHES PLANEN?•
In seiner Lebensbeschreibung des Augustus spricht Sueton in den Kapiteln 34 ff. von den Maßnahmen, die der erste Princeps ergriff,
um das staatlich
öffentliche Leben Roms nach den Wirren der Bürgerkriege zu erneuern und in seinem Sinne zu gestalten. Dabei findet sich in Kap. 37 ein bemerkenswerter Satz: Quoque plures partem administrandae rei publicae caperent, nova ofjicia excogitavit: curam operum publicorum. viarum, aquarum, alvei Tiberis, frumenti populo dividundi, praefecturam. urbis, triumviratum legendi senatus et alterum recognoscendi turmas equitum. Die Aussage ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: erstens werden die Ursachen für die Einfilhrung neuer Ämter nicht in sachlichen Erfordernissen gesehen, vielmehr ist das Motiv des Augustus, Sueton zufolge, in dem Wunsch nach stärkerer Bindung der Senatoren
an die res publica zu sehen - offenbar als Gegenbewegung zu einem verbreiteten Wunsch nach privater Zurückgezogenheit unter Wahrung des sozio-politischen Status. Daneben fällt zweitens auf,
daß Sueton in diesem Zusammenhang kein
Wort über die neuen Funktionsträger verliert, die dem Ritterstand angehören und von Augustus mit Aufgaben betraut wurden, die in verschiedener Weise öffentliche Belange betrafen, etwa über den Präfekten von Ägypten, i den Provinzen oder Ritter in verschiedenen Funktionen in Finanzprokuratoren n
i der Rom in der Umgebung von Augustus. Aber auch an keiner anderen Stelle n Augustusvita spricht Sueton von ihnen. Die Aussage Suetons steht n i einem erbeblieben Kontrast zu der Anschauung, die sich in Teilen der modernen Forschung weithin über die Entwicklung der Administration unter Augustus herausgebildet bat Auf der einen Seite wird die sachliche Notwendigkeit eines Ausbaus der Administration betont; es habe einen erheblichen Handlungsbedarf gegeben, ein Defizit an Verwaltung, dem der traditionelle Gemeindestaat aristokratischer Prägung nicht habe entsprechen
• Die nachfolgenden Überlegungen wurden in mehreren Seminaren an den Universitäten Saarbrücken und Köln entwickelt; in der vorliegenden Fo!Dl wurden sie n i Kapstadt, Durban, Johannesburg, Pretoria und Oxford vorgetragen. Für Kritik und Anregungen habe ich manchem Teilnehmer an ·diesen Vorträgen zu danken. Die Vortragsform wurde beibehalten, in den Anmerkungen werden nur die n6tigsten Belege angegeben. - Folgende Arbeiten werden abge1dlrzt zitiert: Brunt P.A. Brunt, cPrincipes and EquiteS», JRS 73, 1983, 42 ff.; Eck, Italien W. Eck, Die staatliche Organisation Italiens in der Hohen Kaiserzeit, München 1979; Kienast, Augustus D. Kienast, Augustus Princeps und Monarch, Darmstadt 1982; Pflaum, Procurateurs H.-0. Pflaum, Lea procurateurs �uestres sous le Haut-Empire romain, Paris 1950. •
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Augustus' administrative Reformen
können. Erst Augustus sei wegen der Konzentration der Macht in einer Hand und der Ausschaltung des aristokratischen Wettstreits, der letzlieb zu einer Blockade in der organisatorischen Erneuerung des Gemeinwesens gefiibrt habe, in der Lage gewesen, diesem drängenden Erfordernis nachzukommen. Dies sei nicht unwesentlich auch dadurch geschehen,
daß
nunmehr Ritter als Träger ad
ministrativer Funktionen neben Senatoren betangezogen wurden. Das politische Ziel des Augustus sei dabei gewesen, ein Gegengewicht zu dem immer noch gewaltigen Einfluß des Senats zu schaffen. Die Heranziehung der Ritter sei somit auch als Teil des Macbtlcampfes zwischen dem (monarcbischen) Sieger im Bilrgerlaieg und dem (aristokratisch gestimmten) Senat anzuseben.l Beide Positionen stehen einerseits in einer scharfen Opposition nebeneinander, da die politischen Ziele und Absichten kaum miteinander zur Deckung zu bringen sind. Andererseits sind sie sich insoweit ähnlich, daß sie bei Augustus jeweils eine gleichbleibende politische Zielrichtung voraussetzen. Zudem vermutet die moderne Forschung, daß die Reformmaßnahmen des Augustus eine Antwort auf die Krisenphänomene da späten Republik gewesen seien. Dabei scheint jedoch sowohl bei Sueton als auch in der heutigen Wissenschaft ein Faktor zu wenig zum Tragen zu kommen, der doch für die Beurteilung der augusteischen Politik von fundamentaler Bedeutung ist der Faktor Zeit. Seine
Alleinherrschaft dauerte mehr als viet'Zig Jahre, in denen diejeweiligen Umstände
und Bedingwtgen keineswegs gleichgeblieben sind. Längerfristige Veränderungen
und tagespolitische Umstände haben notwendigerweise Einfluß genommen auf die Maßnahmen, die Augustus zu treffen hatte. Das können z.B. politische Gewöhnungsprozesse, militärische Spannungssituationen, Hungersnöte oder Verwicklungen innerhalb der eigenen Familie und Anhängerschaft gewesen sein.
1 Die Aspekte werden in der modernen Forschung sehr unterschiedlieb betont; sie in voller Breite anzuführen, ist nicht nötig. Einige Hinweise mögen genügen. Von den «beschränkten Verwaltungsmitteln des Gemeindestaates» spricht z.B. Chr. Meier, Res publica amissa, Wiesbaden 21980, 37; vgl. ders., in: Die Ohnmacht des allmächtigen Diktators Caesar, Frankfurt 1983, 278: «Die gesamte Verwaltung wurde neu organisiert». «Defizit an Verwaltung»: H. Galsterer, Herrschaft und Verwaltung im republikanischen Italien, München 1976, 3. H.H. Scullard, From the Gracchi to Nero, Loodon 31970, 234 : «thus an efficient aystem was established»; «Vast administrative service». W. Dahlheim, Geschichte der römischen Kaiserzeit, München 1984, 40: Defmition der Aufgaben der Ritter entsprang ... «der Notwen digkeit, die Macht der senatorischen Herren in jedem wichtigen Bereich der Ver waltung und des Heeres überwachen zu müssen». Pflaum, Procurateurs 4: «classe social qui ... pouvait constituer un contrepoid• dans cette balance de puissances». Vgl. auch W. Eck, Die Ausformung der ritterlichen Administration als Anti senatspolitik?, in: Opposition et r6sistance � l'Empire d'Auguste � Trajan. Entretiens Fondation Hardt 33, Genf 1987, 249-283 in diesem Band S. 29 ff. =
Augustus' administrative Reformen
85
Was vom Ende der augusteischen Zeit oder vielleicht noch viel mehr aus dem Entwicklungsgang der nachfolgenden Jahrhunderte als eine in sich konsistente und zielgerichtete Politik erscheinen mag, muß deshalb nicht bereits unter diesem Vorzeichen begonnen haben.
Zwei Fragen sollen deshalb hier gestellt werden: I.
Unter welchen konkreten Bedingungen hat Augustus während seiner langen Regierungszeit jeweils seine administrativen Veränderungs
maßnahmen durchgeführt?
2.
Aus welchen Gründen hat Augustus für administrative Aufgaben Ritter herangezogen, und welches Gewicht hatten diese im Rahmen der Aufgaben und Notwendigkeiten, die vom Gemeinwesen selbst zu erledigen waren?
Der Januar des Jahres 27 brachte nach manchen Vorbereitungen die grundsätzli che politische Neuordnung, die in ihrem wesentlichen Inhalt nicht verändert wurde. Die Regelung vom 13. Januar war keine rechtliche Teilung der Herr schaft, sondern eine politische Pazifizierungsmaßnahme, da sie das Recht der res
publica mit den Forderungen des Machthabers zu vereinbaren wußte. Die konkreten Auswirkungen auf die administrative Umsetzung dieses politischen Aktes war jedoch - insgesamt gesehen - gering.2 Zwar gab es nunmehr in den Provinzen Statthalter, die sich von ihren Amtsbezeichnungen her unterschieden: einerseits die Prokonsuln n i den Provinzen des Senats, deren Zahl sich nur unwesentlich veränderte und am Ende der augusteischen Zeit den kanonischen Umfang von zehn erreichte, andererseits die legati Augusti pro praetore in den Verwaltungsbezirken des Augustus. Doch darf die Veränderung und Trennung in der Nomenklatur nicht darüber hinwegsehen lassen, daß damit keine wesentliche Veränderung im Inhalt und der Intensität der Administration im engeren Sinn
einherging.3 Der Personenkreis, aus dem beide Typen von Statthaltern genommen wurden, war der gleiche; es handelte sich jeweils um Senatoren, die nicht selten nacheinander im Zuständigkeitsbereich des Augustus bzw. des Senats amtierten. Persönliche Voraussetzungen und persönlicher Erfahrungs2 Nicht zutreffend deshalb z.B. die zu pauschale Aussage bei H. Bengtson, Grundriß der römischen Geschichte mit Quellenkunde I, München 1970, 260: «Auch in der Verwaltung des Reiches bezeichnet die Entstehung dea Prinzipall einen tiefen Einschnitt.• 3 Dazu mit Nachdruck F. Miliar, The Emperor, the Senate and the Provinces, JRS 56, 1966, 156 ff.
86
Augustus' administrative RefolDlen
horizont waren also jeweils im wesentlichen identisch. Selbstverständlich wurde bei den legati Augusti das Annuitätsprinzip nicht aufrechterhalten, aber das war schließlich die Folge der politischen Regelung, daß auch Augustus keine jährliche Kompetenz für seine Provinzkomplexe erhielt. Ähnlich war auch bereits Pompeius verfahren, als er im J. 55 L. Afranius und P. Petreius als Legaten nach Spanien sandte, wo sie bis zu seiner Niederlage im J. 49 amtierten und kommandierten. Daß durch die Verlängerung der Amtszeit der Legaten auf mehrere Jahre eine Intensivierung in der Verwaltungstätigke it erreicht worden wäre, läßt sich durch nichts erweisen. Dies hätte nur durch eine wesentliche Vermehrung des Subaltempersonals sowie durch dessen Dezentralisierung erreicht weiden können was jedoch nicht gesdlah. Gerade in augusteischer Zeit konzentrierte sich zudem das Handeln der Legaten der meisten Provinzen in einem erheblichen Umfang noch auf die aktive Führung des Heeres in den Expansionskriegen; insoweit mag bei ihrer Besimmung t durch Augustus durchaus der Aspekt der zukünftigen militärischen Effektivität eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben, neben der Einschätzung ihrer politischen Loyalität. Überlegungen im Sinne einer größeren Effektivität im Verwal tungshandeln aber scheinen keinen bestimmenden Einfluß bei der Übertragung des pompeianischen Modells gespielt zu haben. Ebenfalls n i s Jahr 27 setzt Cassius Dio (53,15,3-5) die erste Ernennung von Prokuratoren in allen Provinzen des Imperium Romanum.4 Dabei scheint ein systematisierender Gesichtspunkt, der sich grundsätzlich auf den Steuereinzug richtete, bei ihm durchaus von Bedeutung gewesen zu sein, unter anachronisti scher Einbeziehung späterer Entwicklungen. Gerade diesen systematischen und offiziellen Charakter können jedoch die Prokuratoren zu dieser Zeit keineswegs besessen haben. Denn abgesehen von ihrer Bezeichnung, die die Herkunft aus dem privatrechtliehen Bereich nicht verleugnet, hatten die Prokuratoren in allen Provinzen,. in denen Prokonsuln amtierten, mit Geldern der res publica nichts zu tun.5 Wenn Augustus ihnen die Leitung seines PrivatvelDlögens außerhalb Italiens übertrug, dann war dies ebenfalls zunächst ein privatrechtlicher Akt, der keiner Billigung durch den Senat bedurfte und von Augustus auch sicher nicht -
vor dieses Gremium zur Bestätigung gebracht wurde. Daß die Patrimonialproku ratoren in den prokonsularen Provinzen etwa bereits damals auch für den Einzug 4 Strabo 17,3,25 spricht dagegen nur von Prokuratoren in den Provinzen des
Augustus.
S Wenn Dio 53,15,3 lediglc i h +6pm in den Senatsprovinzen davon ausnimmt. dann besagt dies nichts für die augusteische Zeit. sondern ist vielmehr Widerspiegelung einer späteren Entwicklung. Das zeigt auch klar Strabo 17,3,25 (vgl. Anm. 4).
Augustus' administrative Refonnen
87
staatlicher Gelder (unter Ausschluß des tributum) zuständig gewesen wären, läßt sich durch nichts erweisen und ist aus politischen Gründen, gerade in den frühen
Jahren des Augustus, auch ganz unwahrscheinlich. Weit wichtiger wäre es zu wissen, wie die prokuratorisehe Ordnung in den Provinzen des Augustus selbst entstand. Dies heißt zunächst einmal negativ, seit wann in diese Provinzkategorie keine Quästoren mehr entsandt wurden. Denn dies war unter Pompeius in Spanien durchaus noch der Fall gewesen, obwohl die unmittelbare Provinzleitung nur durch einen Legaten etfolgte.6 Das - freilich
spärliche - Quellenmaterial überliefert offensichtlich keinen Quästor, der einem der Legaten des Augustus zugewiesen
worden wäre. Daraus wird man freilich
nicht zwingend schließen dürfen, daß unmittelbar mit der Einsetzung der Legaten
des Augustus die Zulosung von Quästoren geendet habe; doch ist dies eher wahrscheinlich. Darauf führt vor allem die Zahl derjährlich vorhandenen zwanzig Quästoren. Zwar hatte Caesar pro Jahr vierzig Quästoren bestimmt Doch
da
Velleius Paterculus 2,89 betont herausstellt, Augustus sei spätestens im J. 27 zum alten System der Magistraturen abgesehen von der Prätur zurückgekehrt, kann es seitdem wieder nur zwanzig solcher Amtsträger gegeben haben. Da jedoch traditionellerweise n i jedem Jahr zumindest sechs oder sieben Quästoren, wenn nicht mehr, in Rom und Italien benötigt wurden,7 hätte die verbleibende Anzahl bereits im J. 27 nicht mehr ausgereicht, da zumindest sechzehn Provinzen bereits damals mit solchen Amtsträgern hätten versehen werden müssen. Diesem Mangel hätte man nur durch vermehrte Bestellung von Pro
quästoren begegnen können, was offensichtlich nicht geschehen ist So mag der Verzicht auf die Entsendung dieser Funktionsträger n i die Provinzen des Augustus eine Folge der Rückkehr zur republikanischen Regelung bei den Magistraten gewesen sein - ein Verzicht als Folge einer beschränkten per sonellen
Kapazität Dann aber würde die Betrauung von Freigelassenen bzw.
ritterlichen Prokuratoren mit der Leitung der Fmanzen in den provinciae Augusti nicht eine Stoßrichtung gegen den Senat haben, sondern wäre nur ein Ersatz für Amtsträger, die in der eben wiederllergestellten Struktur der res publica nicht in
6 Bezeugt ist Q. Cassius Longinus im J. 52 v.Chr., T.R.S. Broughton, The
Magistrates of the Roman Republic n, Ann Arbor 1968, 236. Vgl. auch W. Eck, Sulpicü Galbae und Uvii Ocellae - zwei senatorische Familien in Tarracina, LF 114, 1991, 93 ff. 1 2 quaestores consulum, 2 quaestores urbani, wahrscheinlich 3 für die calles, d.h. für Unteritalien, für Ostia und Ravenna, vgl. Mommsen Staatsrecht 3n 571 ff. Nicht bezeugt ist es, ab wann wir mit (zumindest) 2 Quastoren des Augustus zu rechnen haben. Doch da diese Quastoren ihm vermutlich in seiner Funktion als proconsul für seine provincia zustanden, muß man wohl sehr frühzeitig mit ihrer regelmäßigen Bestellung rechnen.
88
Augustus' administrative Reformen
genügender Anzahl vorbanden waren. Im übrigen sind die quaestorts Augusti wohl als diejenigen Hilfsorgane anzusehen. die dem Herrscher aufgrund seines imperium proconsulart für die ihm übertragenen Provinzen zugewiesen waren; sie gingen freilich wie der Machthaber selbst nicht in die Provinzen, sondern verblieben stets in dessen Umgebung, also üblicherweise in Rom. Wie aber auch im einzelnen die Entwicklung verlaufen sein mag: die Entsendung von procuratorts mit Freigelassenen- oder Ritterstatus geschah sicher nicht aus der Absicht, die bisherige konkrete Form des Steuereinzugs grundsättlidl zu vetändern und zu verbessern. Denn an den bisher geübten Er hebungsmodus wurde, nach allem, was wir für die augusteische Zeit wissen, nicht gertl.brt. Vielmehr wmde das Pacbtsysrem., soweit es bestand, offensichtlieb beibehalten. Ja, es wurden sogar auch dann Publilcmenherangezogen, wenn neue Steuern eingeführt wurden, so etwa für die S% Erbschaftsts euer, die Augustus erst im J. 6 n.Chr. geschaffen hatte und die ausschließlich römische Bürger, und damit territorial vor allem zunächst Rom und Italien, betraf.8 Auch hier bestand keinerlei Scheu, das alte System zu verwenden. Die Publikanen als Helfer der rts publica waren nicht grundsätzlich diskreditiert, sie waren vielmehr die ganz selbstverständlichen Träger wichtiger Aufgaben. Somit waren die jetzt hin zugekommenen Prokuratoren in den Provinzen auch keineswegs diejenigen, die direkt den Steuereinzug bei den einzelnen Steuerpflichtigen übernahmen. Vielmehr standen sie, wie anderswo die Quästoren, zwischen den privaten Steuereinnehmern bzw. den Gemeinden und dem aerarium Saturni bzw. Augustus als dem für die Provinz zustandigen MachUräger. Damit sind die Vetänderungen organisatorisch-administrativer Art, soweit sie sich in Personen faßbar auf die Provinzen beziehen, bereits betrachtet - einmal abgesehen von Ägypten und den wenigen von Rittern geleiteten Provinzen, worauf noch einmal zurückzukommen sein wird. Der Gesamteindruck ist der einer weitgehenden Konstanz gegenüber der vorausgehenden republikanischen Zeit, vor allem, wenn man die Anzahl der Amtsträgu bedenkt, die mit der Leitung betraut waren. Eine wesentliche nummsche Ausweitung fand nicht statt, ebensowenig eine unmittelbar bemerkbare vergrößerte Ausstattung mit untergeordneten Dienstkräften.9 Mebr «Effektivital» im Bereich der Provinzial administration und damit ein bemerkbalu Rückgang der Klagen der Untertanen kannjedenfalls nicht auf diesem Aspekt staatlicher Tätigkeit beruht haben. Dafür waren die politische Machtverlagerung und die Möglichkeit eines Durchgreifens &t, Italien 129 f. 9 DaB du m.ilitlriJche ojfJCium auch fQr «Zivile» Zwecke herangezogen wurde, dUrfte 8 V&1.
lteino auguateische Neuerung seiD.
Augustus' administrative Reformen
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von Rom aus in den Provinzen von weit größerer Bedeutung, nicht
jedoch
direkte administrative Verlinderungeo. Eine ähnliche Beobachtung ist auch für Italien, das Kernland des Imperiums,
möglich. 10 Italien stellt unter dem Aspekt der staatlichen Administration fast ein Machtvakuum dar, da die
jährlichen
Amtsträger unmittelbar an Rom
gebunden waren. Für die Durchsetzung von allgemein
verbindlieben Anord
nungen seitens Roms waren zunächst allein die jeweiligen
Gemeindemagistrate
vorbanden, nichtjedoch vom Senat oder Augustus direkt abhängige Amtsträger, deren übliches und regelmäßiges Tätigkeitsfeld Italien außerhalb Roms gewesen wäre. Zwar hat Augustus die Einteilung des Kernlandes in elf Regionen geschaffen.
Aber bis heute s i t es nicht möglich,
diese
Bildung territorialer
Bezirke mit konkretem staatlichem, noch viel weniger mit administrativem, d.h. mehr oder minder regelmäßig wiederkehrendem Handeln zu verbinden. Das Einzige, was vielleicht in regelmäßigen Abständen auf der Grundlage der Regionen erfolgte, war die Erfassung da' örtlichen Censusergebnisse.11 läßt sich dies nicht zur Evidenz
Doch
ezhärten. Aber selbst wenn dies zuträfe, wäre
damit nicht eine neue italische Verwaltungseinteilung geschaffen worden, weil es neue, permanent im Amt befindliche Träger für diese Tätigkeit nicht gegeben
bat. Gerade dies aber wäre ein Grunderfordernis, um von einer wesentlichen Verändenmg in der Administratioo sprechen zu können. Lediglich ftir zwei Bereiche hat Augustus eine dauernde administrative Einrichtung für Italien geschaffen und auch �•aatUcbe Träger damit betraut. Dies ist dez cursus publicus und die cura viarum für die außerhalb Roms gelegenen
großen Staatsstraßen.12 In beiden Fällen sind die GrUnde für Augustus' Handeln einigermaßen deutlich zu greüen. Schon
in dez Zeit dez Republik war die Sorge
für die viae publicae oder viae militares nicht eine Aufgabe der lokalen Amtsträger dez Städte außerhalb Roms; vielmehr hatten sich seit dem Bau der via
Appia römische Magistrate darum geldimmert. Insbesondere die militärischen
Erfordernisse machten dies nötig. Hinzu kam, daß der Bau von Straßen sich nicht nur auf das Territorium der einzelnen Gemeinde erstreckte, somit eine übergeord nete Koordination nötig war. Beide Bedingungen: politisch-militärische Erforder
nisse und eine die städtischen Tezritorien übergreüende Tätigkeit, galten auch für die augusteische Zeit Hinzu kam nunmehr das politische Sicherheitsbedürfnis des Machthabers, wozu nicht zum wenigsten
eine schnelle und zuverlässige
10 Dazu, nicht auf die augusteische Zeit beschrlnkt, Eck, Italien. 1 1 Nicht recht befriedigend zuletzt W. Simshlluser, ANRW ll 3, 1 12 Eck, Italien 25 ff., 88 ff.
1980, 410 ff.
90
Augustus' administrative Refotmen
Information gehörte. Daraus resultierte die Einrichtung des cursus publicus.13
Wann genau er geschaffen wurde, ist Dicht bekannt, doch darf man vermuten, daß dies nicht allzu spät geschehen ist. Später als im zweiten vorchristlichen Jahrzehnt dtbfte es kam:n gewesen sein. Träger der konkreten Erfordernisse für das Funktionieren des cursus publicus wurden die lokalen Gemeindemagistrate, die Koordination aber scheint noch Augustus einem eigenen Fuoktionsträger, einem praeftctus vehiculorum übertragen zu haben.l 4 Diesen pratftctus nahm Augustus aus dem Ritterstand; er dürfte damit einer der ersten Amtsträger aus
dieser sozia-politischen Gruppe gewesen sein. Noch früher hat Augustus selbst die cura viarum, die Sorge um die Staats straßen, übernommen, freilich nicht primär in der Absicht, ein wichtiges Instrument für eine effektive Gestaltung seiner Macht in der Hand zu haben; die Übernahme erfolgte vielmehr aus militärischer und administrativer Notwendigkeit, weil das Straßennetz einschließlich der Brücken n i den vorausgegangenen Jahrzehnten erheblich gelitten hatte. Nach dem Ende der Bürgerkriege suchte Augustus seine siegreichen Standesgenossen zu veranlassen,
aus der jeweiligen Kriegsbeute die vernachlässigten und teilweise zerstörten Straßen Italiens wieder instandzusetzen.1S Er selbst tat dies flir die via Flaminia von Rom bis Ariminum unter Einschluß der Brückenbauten, wie er selbst in Res Gestae 20 betont Die übrigen Straßen sollten von anderen Triumphatoren gepflastert werden; d.h. die Verantwortung der Aristokraten für die rts publica, ein traditionelles repubikanisches l Prinzip, sollte hier wirksam werden.16 Doch die meisten Angesprochenen versagten sich dem Verlangen des Augustus. Lediglieb Calvisius Sabinus und Messalla Corvinus ließen an der via Lalina und
an der Straße nach Tusculum und Alba Banmaßnahmen durchführen. 17 Damit war der Versuch des Augustus, in traditioneller aristokratischer Form den allgemeinen Notwendigkeiten zu genügen, gescheitert. Erst als dies deutlich wurde, übernahm er imJ. 20 v.Cbr. aufBeschluß des Senats die cura viarum und bestimmte für die faktische Durcbfiihrung der Aufgaben eigene curaJores viarum aus gewesenen Prätoren, die durch zwei Liktoren mit ihrenfasees als Amtsträger gekennzeichnet wurden. 18 Augustus hat somit keineswegs sogleich die persönliche Leitung des italischen Straßenwesens erstrebt, sich vielmehr erst 13 Vgl. Suet., Aug. 49 f.; siebe zuletzt aucb W. Eck, Tacitua, Ann . 4,27,1 und der cursus publicus auf der Adria, Scripta Clw. Iaraelica 13, 1994, 60 ff. 14 W. &lc, Chiron S, l91S, 380 f.; &lc, Italien 89 ff.; vgl. Brunt 70.
15 Suet., Aug. 30,1.
1 6 Vgl. I. Sbatzman, Senatorial Wealth and Roman Politica, Brlla�el 197S, 90 f. 17 z.B. D. 889; AE 1969nO, 89; Tlbull, m. 1,7,57 ff. 1 8 Dio 54,8.
91
Augustus' administrative Reformen
dann dazu entschlossen, als eine mehr traditionell anmutende Möglichkeit. in der die in diesem Bereich anfallenden Aufgaben erledigt werden sollten, sich als nicht effektiv bzw. sogar als undurchführbar erwies. Dabei scheint er die spätere Regelung mit acht curatores viarum freilich noch nicht geschaffen zu baben. Erst seit neronisch-vespasianiscber Zeit ist es offensiebtlieh üblich geworden, ständig acht solcher Amtsträger zu ernennen. Wenn dies schon seit dem Jabr 20 v.Cbr. so gewesen wäre, müßte es sich in unserem Quellenmaterial entsprechend nieder geschlagen baben, wie es ein Vergleich mit rangähnlichen Ämtern nabelegt Da jedoch nur ganz wenige Zeugnisse für curatores viarum aus vorneronischer Zeit auf uns gekommen sind, muß man den Schluß ziehen, daß die organisatorische Form unter Augustus anders gewesen ist, vor allem erbeblich weniger Amts träger umfaßte,
die aber als Kollegium zu arbeiten hatten.l9 Wie im einzelnen diese Form gestaltet war, läßt sieb nicht erlcennen. Sicher ist aber auch hier, daß
i im wesentlichen sachlichen Notwendigkeiten entsprochen wurde, jedoch n personell sehr eingescbränkter Foon. Wie in den Provinzen, so scheint also auch in Italien der Handlungsbedarf, n i sgesamt gesehen, gering gewesen zu sein, jedenfalls soweit er sieb auf solche organisatorischen Veränderungen bezog, die die Ernennung neuer Amtsträger zur Folge hatten. Den gegenteiligen Eindruck aber erweckt Rom selbst.
Der oben
zitierte Satz von Sueton berichtet bezeichnenderweise auch fast ausschließlich von Aufgaben, die auf das Zentrum der Macht Bezug hatten, abgesehen von der cura viarum. Wenn irgendwo vielleicht ein Deftzit an Verwaltung im präziseren Sinn zu spüren war, dann möglicherweise hier. Bereits im J. 28 v.Chr. erfuhr die Leitung des aerarium Saturni eine Veränderung, indem statt der quaestores zwei praefecti in prätorischem Rang bestimmt wurden. Doch kebrte man bereits 23 v.Cbr. insofern zur alten Regelung zurück, als nunmehr zwei Prätoren, also reguläre Jabresmagistrate, durch Los mit der Verwaltung des Aerars betraut wurden.20 Zur Rangstufe der Quästur konnte man kaum zurückkehren, da die Quästoren jetzt bereits mit 25 Jabren ibr Amt übernahmen, nicht erst mit 30 wie früher, also in einem Augenblick, in dem sie als Individuen ohnebin überhaupt erst voll geschäftsfähig wurden. Diesen sogleich die Leitung der gesamten Staatskasse zu übertragen, hätte ibre Möglichkeiten vermutlieb doch zu sebr überfordert.
Immerhin, auch
hier blieb man bei der repubikanischen l Form der Bestellung durch das Los, was
l9
Eck, Italien 43 f.
20 M. Corbier, L'aerarium Saturni et l'aerarium milltare, Rom 1974, 17 f.
Augustus' administrative Reformen
92
im übrigen nur zeigt, daß die Berücksichtigung spezifischer praktischer Fähigkeiten dabei keine Rolle spielte. Als Vipsanius Agrippa im J. 12 v.Chr. starb, hinterließ er Augustus
testamentarisch neben einem Teil seines Vemögens auch eine Sklavenschar von 240 Mann, die er bei der Betreuung der von ihm gebauten Wasserleitungen, der aqua Iuüa und der aqua Virgo, sowie der innerstädtischen von ihm angelegten Wasserbauwerke eingesetzt hatte.21 Agrippa war mehr als zwanzig Jahre lang quasi curator aquarum gewesen, wie Frontin,
De aquis 98 erklärt. ohne doch
dafür einen amtlichen Auftrag zu haben. Mit der Bereitstellung der Sklaven handelte er n i derselben Weise wie beispielsweise Egnatius Rufus als der mächtige Aristokrat, der aus eigenen Mitteln Mißstände für die Bürger der Stadt Rom beseitigte.22 Vermutlich war die Beibehaltung dieser privaten Organi sationsform über mehr als zwei Jahrzehnte, also nicht auf das Jahr der Ädilität des Agrippa beschränkt, nur unter den gewandelten Bedingungen möglich. Aber
es ist doch bezeichnend. daß Augustus erst zu einer öffentlich-rechtlichen Lösung kam, als er nach dem Tod Agrippas dessen Erbe geworden war. Die von ihm im J. 11 v.Chr. gewählte Form schuf kein direktes Instrument für ihn, machte die ihm gehörigen Sklaven des Agrippa vielmehr zu servi publici, damit zu Eigentum des römischen Volkes, und unterstellte sie einem collegium von drei senatorischen curatores aquarum, deren Leiterkonsularen Rang hatte.23 Damit war in einem öffentlichen Versorgungsbereicb,
hat
erst, als eine eingespielte
Lösung, nämlich die, die auf der privaten Initiative des Agrippa beruhte, nicht mehr praktizierbar war, zu der neuen Regelung gefunden. Diese erwuchs jedoch aus sachlichen Notwendigkeiten, nicht aber in erster Linie aus der Überlegung, mehr Senatoren mit öffentlichen Aufgaben zu betrauen, wie es Sueton fonnuliert. Denn dazu hätte durchaus bereits früher die Möglichkeit bestanden. Dabei
darf man zweifellos betonen, daß das Dreierkollegium mit der cura
aquarum keineswegs völlig ausgelastet war Vielmehr sollten die curatores, wie .
übrigens auch die curatores viarum, den üblichen senatorischen Pflichten, 21 Front., aqu., 98 ff. 22 Vell. 21,91,3; Dio 53,24,4. 23 Front., aqu. 99 ff.; allgemein Chr. Bruun, 'The Water Supply of Ancient Rome. A study of Roman Imperial Administration, Helsinki 1991; W. Eck, Organisation und Administration der Wasserversorgung Roms, in: Wasserversorgung im antiken Rom 1, hg. Frontinu. Gesellschaft, 1982, 63-77 • in diesem Band S. 161 ff.
Augustus' administrative Reformen
93
insbesondere als Mitglieder der Ricbterdekurien, nachkommen, wie es in einem s.c. vom Jahre 11 v.Chr. betont wurde.24 Vermutlieb war es sogar möglich, Mitglied der curatorts aquarum zu sein und gleichzeitig ein anderes Amt zu bekleiden. Neben cura viarum und aquarum wird voo Sueton DOch die cura alvei rweris sowie die cura über die sakralen und profanen öffentlichen Gebäude der Stadt Rom als Neuregelungen durch Augustus angeführt. Während dies für die cura aedium sacrarum tt operum locorumq� publicorum durcbaus zutreffen mag, obwohl es kaum sicher bewiesen werden kann,2S ist Suetons Behauptung für die cura alvei Tiberis nachweislieb falsch. Zwar waren die Anlässe für or ganisatorische Maßnahmen auf diesem Gebiet dun;baus gegeben, insbesondere mung durch den Tiber. die zahJreicben und teilweise verheerenden Überschwemen In vielen Jahren kann Cassius Dio mit einer Katastrophenmeldung aufwarten.26 Trotzdem geschah nichts, wodurch wenigstens bestimmte Folgen dieser periodischen Naturkatastrophen unmittelbar,
ohne spezielle Beauftragung
be
stimmter Amtsträger, etwa der Konsuln, durch Senat oder Kaiser, hätten geregelt werden können. Erst Tiberius hat im J. 15 n.Chr. im Zusammenhang mit einer besonders schwerwiegenden Überschwemmungskatastrophe die Bestellung der curatores alvei Tiberis veranlaßt, die durch das Los bestimmt werden sollten.27 Sie waren im Notfalle unmittelbar verfügbar und konnten sich anfallenden Aufgaben vielleicht auch mit mehr Intensität widmen als die üblichen Jahresmagistrate - wenn es denn wirklich notwendig war. Diese Amtsträger sind somit nicht als Neuerungen des Augustus zu werten, ebenso wie auch die praefectura urbis erst durch den zweiten Princeps zu einer dauernden Einrichtung wurde.28 Erst in dieser Zeit kann der Stadtpräfekt auch das Kommando liber die Stadtkohorten libemoounen haben, die aber selbst mit Sicherheit eine Neuerung
des Augustus waren. Bis heute ist freilich umstritten, wann die vier cohortes urbanae aufgestellt wurden. Denn sie waren die eigentliche Polizeitruppe Roms
-
ein enormer Fortschritt gegenüber den oft anarchischen Zuständen der späten
24 Front., aqu. 101,1. 2S Die Annahme beruht allerdings lediglieb auf der Suetonstelle; ein Amtsträger fUr
die augusteische Zeit ist nicht bezeugt; vgl. A.E. Gordon, Quintus Veranius consul A.D. 49, Univ. Publ. in Class. Archeol. 2,S, 1952, 279 ff.; W. Eck, Klio 74, 1992, 237 ff.; A. Kolb, Die kaiserliche Bauverwal1wlg in der Stadt Rom, Stuttgart 1992. 26 Vgl. z.B. Dio 53,20,1 zum J. 27 v.Chr.; 53,33,5 zum J. 23 v.Chr.; 54,1,1 zum J. 22 v.Chr.; 54,25,2 zum I. 13 v.Chr.; 55,2.2,3 zum J. S n.Chr.; 56,27,4 zum I. 12 n.Chr. 27 Dio 57,14,7; dazu Tac., ann. 1,76,1; ferner J. Le Gall, Le Tibre, fleuve de Rome dans l'antiqui�. Paris 1953, 135 f. 28 Dazu Tac., ann. 6,11,3 und P. Lambrecbts, Philol. Stud. 8, 1936137, 13 ff.
94
Augustus' administrative Refotmen
Republik. Nur mit ad hoc Maßnahmen baUe man damals Notsituationen
überwinden können.29 Doch während die Prätorianer als politisch-militärischer Schutz für Augustus selbst seit dem Jahre 27 v.Chr. regulär zur Verfügung standen,30 abernicht als Polizeitruppe im bürgerlich-administrativen Rahmen zu
verstehen waren, liegt das mte Zeugnis für die Existenz der cohortesurbanae erst aus dem Jahre 5 n.Chr. vor, freilich im Rahmen einer Aufzählung aller militärischen Verbände unter Augustus,31 womit über den Zeitpunkt der Errich tung der vier Einheiten noch nichts ausgesagt ist. Wären sie bereits im J. 27 zusammen mit den Prätorianern aufgestellt worden, dann könnte dies als Folge einer zutreffenden Analyse der Ursachen der spätrepublikanischen Krisen situationen in der Stadt Rom bettachtet werdeo.32 Doch muß dies keineswegs der Fall sein, wie die Entwicklung der vigiles erweist. Mehr oder weniger weit ausgreifende Feuersbrünste waren eine ständige
Erfahrung der späten Republik gewesen, ohne daß es zu einer organisatorischen Abhilfe gekommen wäre.33 Wie dringend das Problem war und wie es insbeson dere von der Bevölkerung in Rom erlebt wurde, ersieht man an dem politischen Erfolg, den Egnatius Rufus während seiner Ädilität durch die Bereitstellung einer Feuerwehrtruppe errang. Vetmutlich handelte es sich um seine eigenen und speziell für diesen Zweck gekauften Sklaven, die bei der Bekämpfung von Bränden in Rom eingesetzt wurden.34 Dies war jedenfalls die alte Art römischer Aristokraten, während ihrer Ädilität Popularität zu gewinnen. Dauerhaftigkeit war mit solchem Handeln jedoch nicht verbunden. Erst der politische Erfolg des Egnatius Rufus veranlaßte Augustus seinerseits, eine permanent bestehende Gruppe von 600 Sklaven zu bilden, die den jeweiligen Ädilen, die allerdings jährlich wechselten, unterstellt wurden. Ob es sich um Staatssklaven oder Sklaven des Augustus handelte, ist nicht zu erkennen.35 Eine Verbesserung der allgemeinen Situation dürfte damit vermutlich erreicht worden sein, obwohl die 29 H. Freis, Die cohortes urbanae, Epigr. Stud. 2, 1967, 3 ff. Zur Problematik der «Polizeifunktion» in Rom, W. Nippel, Aufruhr und Polizei in der späten römischen Republik und in der frühen Kaiseneit. in: Der Mensch in seiner Umwelt, Humanistische Bildung 6, 1983, 85 ff.; ders., Policing Rome, JRS 74, 1984, 20 ff. 30 Dio 53,11,5. 31 Tac., ann. 4,5,3. 32 Man könnte freilich vermuten, daß Suet., Aug. 49,1 davon ausgeht, die cohortes urbantu seien bereits 27 v.Chr. aufgestellt worden. Doch vgl. die Diskussion zur Gesamtproblematik bei Preis (Anm. 29) 4 ff. 3 3 Vgl. kun dazu P.K. Baillie ReynoldJ, The Vigiles of Imperial Rome, London 1926, 18 f.; 0. Robinson, Fire Prevention at Rome, RIDA 24, 1977, 377 ff. 34 Vell. 2,91,3; 92,4; Dio 53,24,4 f. 35 Dio 54,2,4; vgl. 53,24,6 mit der Anweisung an die Ädilen, sich um Brandbe klimpfung zu kümmern. Femer P.K. Baillie ReynoldJ (Anm. 33) 20 f.
Augustus' administrative RefOimen
95
Zahl der bereitgestellten Kräfte in keiner sinnvollen Relation zur Ausdehnung des bebauten Gebiets in Rom stand Grundsätzlich aber verblieb damit Augustus
im republ.iJcaniscben Rahmen, da die Ädilen auch bisher schon allgemein für derartige Ordnungsaufgaben zuständig gewesen waren. Vemwtllcb funktionierte
das System jedoch nicht mit allzu großer E1IektiviW. da auf diese Weise wobl
nicht die nötige Schnelligkeit meicbt werden konnte, was bei cb' im J. 7 v.Cbr. getroffenen Regelung
eher zu erwarten war. Denn im Zusammenbang mit der
Einrichtung der vierzehn hauptstädtischen Regionen erhielten offensichtlich die jeweiligen magistrati der einzelnen vici die Aufgabe der FeuerbeJdlmpfung und dazu die Verfügungsgewalt über die Sklavenscbar.36 Da die vicomagstri i in den
Bezirten,
für die sie
verantwortlich
waren,
aucb wohnten, mochte die nötige
Schnelligkeit damit eher gewährleistet sein.
Im übrigen unterstanden die
vicomagistri selbst wiederum senatorischen Volkstribunen, Ädilen bzw. Prätoren, die für die vierzehn Regionen, durch Los bestimmt, zuständig waren. Auch so war die senatorische Kontrolle DOch gewahrt.37
Doch war auch damit noch nicht die endgültige Organisationsform gefunden. Erst als ein offensichtlich besonders verbeerendes Feuer in mehreren Regionen weite Teile der Stadt im J. 6 n.Cbr.
vernichtete, wurden die sieben cohortts
vigilum, entweder 3' 500 oder 7'000 Mann, aufgestellt, von denen je eine in jeweils zwei der vierzehn Regionen die Brandbeldlmpfung gewährleisten sollte und entsprechend dezentralisiert stationiert wurde.38 Die erste Neuerung war dabei die, daß die ursprünglich republikanische Foon, derartige Aufgaben durch Sklaven erledigen zu lassen, aufgegeben wurde; an die Stelle der Sklaven traten Freigelassene mit regulärer Besoldung.39 Damit mochte eine stärkere Motivation erreicht worden Person
sein. Vor allem aber erhielt nunmehr eine einzige
das Kommando, der pratftctus vigi/um, der von Beginn an ritterlieben
Ranges war. Nach Cassius Dio habe Augustus ursprünglich
die Absicht gehabt,
die vigilts bald wieder aufzulösen. Doch ihre Nützlichkeit und Notwendigkeit habe ihn dann dazu bewogen. sie beizubehalten.40 Falls sieb hinter dieser Bemerkung nicht eine für uns nicht mehr faßbare politische Argumentation im Zusammenhang der Aufstellung der vigiles verbirgt,41 wäre damit ein weiterer Beweis dafür gegeben, daß Augustus in diesem doch lebensnotwendigen Bereich,
36 Dio SS,8,6 f.
37 Dio 55,8,7 f.; vgl. Balllie Reynolda (Anm. 33) 22 f. 38 Dio 55,26,4 f.; Baillie Reynolds (Anm. 33) 22 ff. 39 Suet, Aug. 25,2; Strabo 5,3,7; Dio 55,26,4.
40 Dio 55,26,4. 41 Etwa in der Absicht, politische Beftlrcbtunaen von aeiten mancher «Gegnen. zu zerstreuen.
Augustus' administrative Reformen
96
dessen Organisationsbedarf unmittelbar einleuchtend gewesen sein sollte, keineswegs von Beginn an auf eine feste Regelung abzielte, wodurch er gegen den Senat die Vetfdgungsgewalt über ein Stück öffentliches Leben in die Hand
bekam. Ecst durch ein aus verschiedenartigen Gründen erzwungenes Experimen tieren wurde recht spät. im J. 6 n.Cbr., scbließlicb die Form der Bewältigung des Problems gefunden, die dann fth- mehrere Jahrhunderte Bestand hatte. Dieses tastende Experimentieren über einen Zeitraum von beinahe drei Jahr zehnten läßt sieb noch auf einem zweiten, wiederum lebenswichtigen Sektor des innerstädtischen Lebens in Rom beobachten: bei der Sicherung der Getreide versorgung der Bevölkerung der Hauptstadt. Dabei sind zwei Gebiete zu scheiden:
einerseits die Verteilung des kostenlosen Getreides an einen beträchtlichen Teil der stadtrömischen Plebs, andererseits die Versorgung des stadtrömischen
Marktes mit Getreide, das gegen Bezahlung von jedermann erworben werden konnte. Üblicherweise waren während der späten Republik nur für die
frumentaJiones regelmäßig staatliebe Funktionsträger zuständig, seit Caesar die
beiden aediles Cereales.42 Nur während einet vielleicht fünfjährigen Periode hatte Pompeins über die cura annonae auch für die Zufuhr gesorgt - eine effektive
Maßnahme, aber sie blieb die Ausnabme.43 Welch sensitiver Bereich die Getreideversorgung Roms war, hatte Octavian in den 30er Jahren infolge der
Schwierigkeiten, die Sextus Pompeius mit seiner zunächst übermächtigen Hotte bereitete, in aller Deutlichkeit erfahren.44 Gerade in diesem Zusammenhang wurde die stadtrömische Plebs leicht zu einem politischen Faktor. Trotzdem bezogen sich seine ersten Maßnahmen nach der Errichtung der Alleinherrschaft zunächst nur auf die frumentationes, und auch dies erst. als er selbst im J. 22 v.Cbr. nach einer bedrohlieben Hungersnot die cura annonae nach dem Vorbild des Pompeins übernommen hatte.45 Eine ähnliche Organisation für die Getreidebeschaffung wie Pompeins durch legati scheint Augustus nicht geschaffen zu haben; doch ließ er für die Getreideverteilungen nun eigene Amtsträger bestimmen, für jedes Jahr zwei aus den ehemaligen Prätoren, die mindestens fünf Jahre zuvor bereits dieses Amt geführt batten.46 Üblicherweise
42 G. Rickmann, Tbc Com Sup ply of Ancient Rome, Oxford 1980, 59. Du bedeutet selbstverständlich nicht, daß die Ädilen nicht auch gelegentlich, ebenso wie andere Magistrate, mit der Zufuhr von Getreide nach Rom befaßt waren (vgl. Riclcmann
34 ff.); dies wird besonders deutlieb an dem neuen Dokument aus Larisa: P. Garnsey T. Gallant D. Rathbone, Tbessaly and the Grain Supply of Rome During the Second Century B.C., JRS 74, 1984, 30 ff. 43 Riclcmann (Anm. 42) 55 ff. 44 Appian, bell. civ. 5,66 ff. 71 f.; Vell. 2,77,1; Suet., Aug. 16,1. 4S Augustus, Res Gestae 5; Dio 54,1,4. 46 Dio 54,1,4. -
Augustus' administrative Reformen
97
ist die Übertragung einer Funktion an höberrangige Amtsträger in Rom ein Hinweis auf die gesteigerte Bedeutung der Funktion, zumindest unter politscher Hinsicht. Doch muß dies hier nicht unbedingt vorliegen. Vielmehr ist zu
bedenken,
daß
mit der generellen Herabsetzung des Alters
kanischen Magistrate bis zur Prätur die Ädilen, die
nach
für die republi
dem traditionellen
Vorbild für die frumentationes zuständig gewesen wären, etwa waren, früher dagegen zwischen
37 und 40.
27 Jahre
alt
Wenn nunmehr Augustus seit
22
v.Cbr. die curatores frumenti aus mindestens 35jäbrigen erlosen läßt, kann es
ibm u.a. auch notwendig erschienen sein, den negativen Eindruck zu vermeiden, der aus der Unetfabrenheit so erbeblich jüngerer Amtsträger gegenüber dem alten System entstehen konnte. Herv
ersiehtlieb ist, das mit der Amtsbezeichnung dieser curatores
verbunden war. Bereits vier
Jahre später wurde der Bestellungsmodus
Amtsträger wieder verändert und
dieser
ihre Zahl auf vier erhöht. Diese sollten der
Reibe nach die Getreideverteilung übernehmen, wie Dio betont.47 Das Auffallende an der Neuregelung ist der Hinweis auf die zeitlieb sukzessive praktische Tätigkeit der zahlenmäßig nunmehr verdoppelten Amtsträger. Wenn es rein um die Bewältigung eines erhöhten Arbeitsanfalls gegangen wäre, dann machte diese praktische Regelung keinen Sinn. Weit eher kann man eine gewisse Unwilligkeil der betroffenen Senaroreo über diese zeitaufwendige und, da nur mit der unmittelbaren Abwicklung verbunden, nicht recht prestigeträchtige Beschäftigung vermuten. Bei der Bestellung war kein stärkerer Einfluß des Augustus, aber aucb nicht sonstiger Personen möglich, da jeder Magistrat einen
Prätoner zu benennen hatte, aus deren Zahl dann die vierpratfecti oder curatores frumenti dandi erlost wurden. Eine dauerhafte Lösung für das grundsätzliche Problem der Versorgung Roms mit Getreide war damit jedoch noch nicht eneicbt, da für die regelmäßige Zufuhr von außen her, vor allem aus
den Provinzen, keine Sorge getroffen wurde. Und
auch als in den Jahren 5-7 n.Cbr. eine Hungersnot Rom so schwer traf, daß man zu Massenausweisungen von
Fremden greifen mußte, hat man zunächst das
Heilmittel wiederum in der (zusätzlichen?) Ernennung zweier Konsulare gesehen, die eine größere Effektivität der Versorgung garantieren sollten.48 Da ihnen im
47 Dio 54,17,1. 48 Dio 55,22,3. 26,1 ff. 31,4;
Suet., Aug.
42,3.
98
Augustus' administrative Reformen
J. 7 n.Chr. auch zwei Liktoren beigegeben wurden,49 sollten sie wohl auch außerhalb Roms tätig werden. Doch kurz daraufmuß es dann zu der permanenten Bestellung des ritterlieben praefectus annonae gekommen sein, der jedenfalls im J. 14 n.Cbr. amtierte.50 Die unmittelbaren Motive des Augustus für diesen Schritt sind nirgends überliefert. Doch dUrfte es einigermaßen nabeliegen, einmal abgesehen vom Vorbild des praefectus vigilum. die Gründe vor allem in praktischen Erfordernis sen zu suchen. Alle bisherigen Versuche hatten gezeigt, daß die jährlich wechselnden Amtsträget, gleichgültig, nach welchem Modus sie bestellt wurden, eine zuverlässige längerfristige Versorgung nicht erreichen konnten. Für die unmittelbare Verteilung in Rom mochten solche einjährigen «Beamten� aus reichen, nicht jedoch für die Regelung der Zufuhr von außen ber. In der
Notwendigkeit der Permanenz scheint ein wesentlicher Fakm" gesehen werden zu müssen, weshalb Augustus einen Ritter, nicht jedoch einen Senator in der Stadt Rom als seinen unmittelbaren Beauftragten für die annona ernannte freilich erst mehr als dreißig Jahre, nachdem er persönlich die cura a11110nae übernommen hatte. Dies dürften die wesentlichen administrativen Veränderungen sein, jedenfalls soweit sie sieb schließlich institutionell in der Ernennung von bestimmten permanenten Amtsträgem konkretisierten. Nicht genannt wurden bisher die beiden praefecti praetorio, die seit dem Jahre 2 v.Chr. die Prätorianerkohorten kommandierten.51 Diese Nichterwähnung geschah bewußt. denn die praefecti praetorio der augusteischen Zeit sind i r r e I e v a n t für den a d m i n i s t r a t i v e n B e r e i c b . Bei keinem sonstigen Amt wird so häufig die spätere Bedeutung in anachronistischer Weise bereits auf die Anfänge übertragen. Und doch s i t es evident. daß die administrativ-juristischen Möglich keiten, die insbesondere im 2./3. Jabrundert den Präfekten zuwuchsen, in der augusteischen Zeit auch nicht ansatzweise vorhanden waren. Das gilt im übrigen zum Teil auch für den praefectus annonae und den praefectus vigilum.52 Diese Beobachtung führt unmittelbar zu der Frage, welchen Stellenwett Rittet im administrativen System des Augustus besaßen und ob politische Motive im engeren Sinn die Ursache waren, für bestimmte Aufgaben Mitglieder des ordo equester beranzuzieben. Denn selbst in neueren Atbeiten zu Augustus wird diesen -
49 Dio 55,31,4. 50 Tac., ann. 1,7,2. Dazu H. Pavis d'Escurac, La pr6fecture de l'annone. Service administratif imp6rial d'Auguste � Constantin, Rom 1976, 29 ff. 5l Dio 55,10,10. 52 Ygl. Kienast, Augustus 113; Brunt 59 ff.
Augustus' administrative Reformen
99
Maßnahmen in der einen oder anderen Fron die Tendenz zugesprochen, von einer Politik bedingt zu sein, die sich gegen den Senat und dessen Ansprüche behaupten mußte. Die Übertragung von Aufgaben an Ritter habe ein Gegengewicht zum Senat geschaffen.53 Am ehesten könnte man ein solches Motiv noch bei
für Augustus
der Vergabe der
praefectura Aegypti an Comelius Gallus vermuten.54 Denn ein so finanzstarkes Land,
das
auch mit drei Legionen belegt wurde, einem Ritter anzuvertrauen,
mußte, zudem in der damaligen Situation, eine aufllilge li Maßnahme sein, zumal ja dafür eine Iexeingebracht wurde, mit der' die Übertragung des Imperiums eines Prokonsuls an einen Ritter genehmigt vermuten,
daß die Rolle, die
Ägypten
wurde.55 Am ehesten könnte man .
im Kampf um die Macht zwischen
Octavian und Antonius gespielt hat, eine größere Vorsicht nötig erscheinen ließ.
Allgemeine politische Ansprüche mit der Aussicht auf die notwendige Resonanz bei einflußreichen Senatoren in Rom und den Provinzen konnte jedenfalls ein Ritter sicher mit weniger Aussicht auf Erfolg als ein senatorischer Amtsträger erheben. Zwar hat P. Brunt56 vor
kurzem
in einer höchst bedeutsamen
Untersuchung zum Verhältnis von Princeps und
equites eine pragmatische
Entscheidung vermutet, indem Augustus mit Comelius Gallus eine mit ägyptischen Verhältnissen stärker vertraute Person ernannte, der auch schon bei der Eroberung des Landes
im J. 30 v.Chr. Legionen kommandiert hatte. Und
auch bei den nachfolgenden
Präfekten mag dies als unabdingbar erklärt worden
sein. Daß Gallus Ritter war, unter den Octavian
wäre somit nur akzidentiell gewesen. Da freilich
im J. 30 v.Chr. begleitenden Senatoren wohl auch Leute
gewesen waren, die ähnliche Voraussetzungen mitbrachten,
darf man an dieser
Erklärung für die Bestellung eines Ritters eher gewisse Zweüel haben. Doch
kann man mit großer Wahrscheinlichkeit behaupten, daß bei der
Heranziehung der anderen Ritter unter Augustus, die die Aufgaben eines Statthalters in einer Provinz
durchführten, machtpolitische oder Sicherheits
aspekte keine wesentliche Rolle gespielt haben. Denn sowohl Iudaea als auch die Alpenprovinzen oder vielleicht Rätien, wenn dieses nicht ohnehin noch von einem Senator geleitet wurde, und schließlich auch Sardinien waren militärisch
Anm. 1; ferner dazu W. Eck, Die Ausformung der ritterlieben Administraion t als Antisenatspoliti.k? n i : Opposition et r�sistance l l'Empire d'Auguste l Trajan. Entreliens Fondation Hardt 33, Genf 1987, 249-283 in diesem Band 29 ff. 54 Vgl. z.B. die bei Brunt 61 Anm. 132 :zitierten Quellen; ferner etwa Kienast, Augustus 64 f. 55 Ulpian, Dig. 1,17,1. 56 Brunt 62 f. 53 S. oben
=
100
Augustus' administrative Reformen
irrelevant.57 Welche Gefahr hätte somit von ihnen ausgeben können, wenn sie Senatoren unterstellt w<X'den wären? Die Gründe, die vermutlieb für die einzelnen
Provinzen recht Wlterscbiedlicb gewesen sein können, sollten deshalb doch eher in
anderen FaJctöift vermutet werden. Andererseits wurde bereits betont,
daß
kuratoren ritterlieben oder teilweise_aucb
möglicherweise die Betrau\Ulg von Pro
libertinen Ranges anstelle von Quästoren lediglich aus praktischen Zwängen der
Begrenzm1g der Zahl der Senaraen bedingt war.ss Eine Tendenz gegen den Senat wäre dann daraus aufkeinen Fall zu gewinnen. Bleiben scbließlicb die Ritter,
die in Rom selbst vom Princeps herangezogen wurden, wobei von Maecenas abzusehen ist, dessen Einfluß gerade auf seiner nichtoffiziellen Stellung beruhte. Unmittelbar evident ist der späte Zeitpunkt, zu
dem die ritterlieben Präfekten in der Hauptstadt ernannt wurden: 2 v.Chr. die praefecti praetorio, vielleicht 617 n.Chr. der praefectus vigilum, den Augustus nach Dio
m i übrigen bald wieder abschaffen wollte, und schließlieb der
praefectus annonae zwischen 8 und 14 n.Chr. Die Präfekten erscheinen also erst in einer Zeit,
als die Stellung des Augustus immer mehr gefestigt war, nicht
jedoch in der Anfangszeit, als noch eher eine Bedrohung vermutet werden konnte. Machtpolitisch aber stellten eigentlich nur die praefecti praetorio eine Potenz dar, was möglicherweise auch durch die Kollegialität
in der Amtsführung
seinen
Ausdruck fand. Ein Kollege konnte immer verhindernd einschreiten. Dies gilt
nicht für den praefectus vigilum Wld den praefectus annonae. Beider Aufgaben scheinen aber so beschaffen gewesen zu sein, daß vermutlich Senatoren unter verschiedenen Aspekten für sie gar nicht in Frage kamen. Sowohl in der Getreideversorgung
als auch bei der Sicherung gegen Brandkatastrophen hatte
Augustus mit verschiedenen Lösungsmöglichkeiten abgesehen von den
experimentiert,
wobei,
vicomagistri, stets Senatoren die Verantwortlichen waren.
Alle diese Modelle hatten sich letztlieb als ineffektiv erwiesen; ein GrWld mag in der Unerfahrenheit der Amtsträger und der zeitlichen Besdlränkung auf ein Jahr gesehen werden. Jedenfalls blieb der erste praefectus
Jahrzehnte in seiner Stellung.S9 Andererseits
annonae für mehrere
sollte der praefectus vigilum
ununterbrochen, d.h. Tag und Nacht im Einsatz sein, was mit einer
57 Anders freilieb z.B. Pflaum. ProcurateW'I 46 fUr Sardinien (oocb unter Vespasian), ebenso G. Meloni, L'amministrazione della Sardegna da Augusto all'invasione Vandalica, Rom 1958; G. Walser, Via per Alpes Graias, in: Beiträge zur Geschichte des Kleinen St. Bemhard-Passes in römischer Zeit, Stuttgart 1986, 17. 19. 58 Vgl. oben S. 87 f. 59 C. Turranius Gracilia war von mindestens 14-48 n.Cbr. praefectru annonae, Pavis d'Escurac (Anm. SO) 317 ff.
101
Augustus' administrative Reformen
senatorischen Stellung nur schwer vereinbar war.60 Sollte nicht in solch praktischen Erfordernissen der oder zumindest ein wesentlicher Grund für die Heranziehung dieser Ritter anstelle von Senatoren gesellen �erden? Zumal es keine direkten republikanischen Gegenvorbilder für eiDe-a&tändig bestehende Feu�rwehrtruppe gegeben
hat, also dem bisherigen senatorischen Tätigkeitsfeld
nichts entzogen wurde? Alles, was uns bekannt
ist, deutet mehr in diese
Richtung, nicht aber auf Maßnahmen, die vom Mißtrauen gegen senatorische Amtsträger geprägt waren. Die wesentlichen Gründe liegen eher in praktischen
Erfordernissen, die sich aus bestimmten Situationen ergaben. Zieht man die Schlußfolgerungen aus den vorgetragenen Überlegungen im
Zusammenhang
mit den zu Beginn
gestellten Fragen, dann sind sie etwa in
folgender Art zu formulieren:
1.
Die Maßnahmen, die Augustus für den institutionell fixierten ad ministrativen Sektor traf, sind insgesamt nicht sehr zablreich.6t Diese betreffen zudem nur zu einem geringen Teil Italien
und die Provinzen,
vielmehr in der Mehrzahl die Stadt Rom selbst62
2.
Diese Maßnahmen entspringen nicht vorwiegend einem globalen Entwurf, der auf die Sicherung der Macht
für
Augustus und die
Schwächung der früheren Machtträger abzielte. Vielmehr stehen die meisten administrativen Änderungen
im
Zusammenhang mit
Erfordernissen und Schwierigkeiten, die sich erst im Verlauf von vier Jahrzehnten in aller Deutlichkeit und Dringlichkeit zeigten. Die Analyse eines Defizits an Verwaltung, die zum Zerbrechen der Republik geführt habe,
kann somit für Augustus kaum die Ursache für seine
Eingriffe gewesen sein. Dazu erfolgten die meisten definitiven Änderungen zu
spät, nämlich zumeist erst im letzten Lebensjahrzehnt
des Augustus. 60 Paulus, Dig.
1,15,3,3. Immerhin s i t zu
bedenken, wu oben S. 92
f.
zu
den
curatores aquarum bzw. viarum und zu ihrer Freistellung fllr richterliche Tätigkeit
gesagt wurde.
1 Damit ist nichts darüber gesagt, wie tief Augustus auch in du tägliche Leben der Bürger durch eine weitgespannte Gesetzgebung eingegriffen hat; siehe dazu zuletzt Kienast, Augustus pusim. 62 Bs wird mit dieser Aussage nattlrlich grundsätzlich nicht geleugnet, daß Augustus du gesamte politisch-gesellschaftliche Leben Roms zutiefst beeinflußt hat, gerade durch seine Gesetzgebung. Aber diese Maßnahmen hatten keine unmittelbaren Folgen fllr die administrative Struktur.
102 3.
Augustus' administrative Reformen
Als Träger der neuen Aufgaben bat Augustus zunächst ausschließlieb und auch später weit überwiegend Senatoren herangezogen. Dies geschah, soweit ersichtlich, zunächst einmal vornehmlieb aus administrativen Notwendigkeiten, nicht in erster Linie, um die Senatoren stärker an die respublica zu binden, wie es Sueton behauptet Dabei braucht man sekundär diesen leugnen. Die
im
Aspekt
keinesfalls völlig zu
Verhältnis zu den senatorischen Amtsinhabern
verschwindend wenigen ritterlieben Funktionsträger wurden nicbt \Blter
dem Gesicbtsp\Blkt der SicbetlBlg der Macht, sondern in erster Linie aus
praktischen Erfordernissen berufen. Zu diesen praktischen Erfordernissen
gehörte u.a. aucb das Bemühen des Augustus, die Zab1 der Senatoren
auf 600, also den Stand der Republik, zurückzuführen.
Caesar hat bei seinem Tod eine Reibe von großen Vorhaben im Planungssta dium binterlassen.63 Vermutlieb wäre dies bei einem frühen Tod des Augustus nicht der Fall gewesen. Seine Politik bat sieb langsam, etappenweise und
situationsbedingt entwickelt. abgesehen vom Streben nach Sicherung der Macbt,
mehr durch die Umstände bewirkt als darauf bedacht, das Imperium nach in sieb stimmigen Vorstellungen zu gestalten. Daß seine Herrschaft so stabil wurde, war
eine nicht unwesentliche Folge dieser Art von Politik.
63 Zum Gesamtkomplex zuletzt M. Jebne, Der Staat des Diktaton Caesar, Köln 1987.
DIE UMGESTALTIJNG DER POLmSCHEN FüHRUNGSSClflCHT SENATORENSTAND UND RITIERSTAND1
Das Jahr 30 v.Chr. sah den Endkampf zwischen Octavian und Marcus Antonius in Ägypten. Dem Sieger fiel als Beute das reiche Land am Nil zu, das in
der späten Republik manchen römischen Politiker verlockt hatte, nicht nur
Pompeius und Caesar. Doch gerade die von vielen befürchtete Übennacht dessen,
der Ägypten für Rom einziehen würde, hatte das ptolemäische Königreich noch so lange überleben lassen. Nunmehr hatteOctavian gesiegt, und er gab dem Land unmittelbar eine neue militärisch-politische Führung, die revolutionären Charakter zu tragen schien: Denn er ernannte als Inhaber der umfassenden
politisch-militärisch-administrativen Macht nicht, wie es für die Repubik l bei den Provinzstatthalterschatten ausnahmslos die Regel gewesen war, einen Senator mit proprätorischer oder prokonsularer Gewalt, sondern einen Ritter, C. Comelius Gallus aus Forum Iulii n i der provincia Narbonensis (Frejus), der mit Octavian engstens verbunden war und bereits während des Kampfes gegen Antonius eine entscheidende militärische Rolle gespielt hatte. Ihm vertraute der Sieger im Bürgerkrieg nicht nur die drei zunächst in
Ägypten stationierten
Legionen an, die m i übrigen auch von ritterlichen Präfekten, nicht von Senatoren kommandiert wurden, sondern Gallus etbielt zudem alle Kompetenzen vornehmlieb jurisdiktioneller Natur, wie sie einem senatorischen Provinzmagi straten, der zuvor durch Volkswahl zu einem ordentlichen Amt in Rom gekommen war, zukamen. Den eigentlich revolutionären Charakter schien diese Maßnahme aber dadurch zu erhalten, daß Octavian die Regelung in eine 1 Folgende Werke werden in abgekürzter Form zitiert: G. Alföldy, Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden3 1984 (= Alföldy); S. Demougin, L'ordre �uestre sous !es Julio-Claudiens, Paris 1988 (= Demougin); W. Eck, Beförderungskriterien innerhalb der senatorischen Laufbahn, dargestellt an der Zeit von 69 bis 138 n.Cbr., ANRW ll 1, Berlin 1974, 158 ff. (= Eck, Beförderungskriterien); ders., Die staatliebe Organisation Italiens in der Hoben Kaiserzeit, München 1979 (= Eck, Italien); Epigrafia e ordine senatorio 1-11, ed. S. Panciera, Rom 1982 [1984] (= EOS); F. Miliar, Tbe Emperor in the Roman World. London 1977 (= Miliar); H.-G. Pflaum, Les procurateurs �questres sous le Haut-Empire romain, Paris 1950 (= Pflaum); R. Syme, Tbe Roman Revolution, Oxford 1939 (= Syme); Fr. Vittingboff, Gesell schaft, in: Europäische Wirtschafts- und Sozialgeschichte I, hg. Fr. Vittingboff, Stuttgart 1990 ( Vittingboff); T.P. Wiseman, New Men in the Roman Senate 139 B.C. - 14 A.D., Oxford 1971 (= Wiseman). Dieser Beitrag wurde ursprUnglieb für Storia di Roma li 2, Turin 1992, verfaßt Auf Grund der Konzeption jeoes Bandes sollte die Zeit von Augustus bis Hadrian dargestellt werden; dadurch ist die Bescbrllnkung auf die Zeit bis etwa zur Mitte des 2. Jb. n.Cbr. zu erklllren. Der vor liegende Beitrag wurde in manchen Teilen erweitert und verlndert. =
104
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
permanente Form brachte: der pratfectus Aegypti etbielt durcb Volksgesetz ein imperium, das nach dem eines Prokonsuls gestaltet war.2 Für Senatoren wurde Ägypten ein unzugängliches Land;3 diese Regelung blieb in den folgenden Jahrhunderten unverändert erbalten. Das Handeln Octavians in Ägypten mochte der alten Senatsaristokratie, soweit sie die Bürgerkriege überlebt hatte, Anlaß zu den schlimmsten Befürchtungen Uber ihre zukünftige Rolle und die erwartbare Gestaltung der politisch administrativen Struktur des Reiches geben. Doch schon die Sanktionierung durcb eine Iex und insbesoodere die Modellienmg der Amtsgewalt nach der eines Prokonsuls konnten vermuten lassen. daß Octavian keineswegs gewillt war, das gesamte System von Grund aus umzuwandeln und mit solch revolutionär anmutenden Umgestaltungen fortzufahren. Die Leitung Ägyptens durch einen Rittet wurde, jedenfalls in der äußeren rechtlichen Form, nicht das bestimmende Modell ftir die Zukunft; in dieser Art blieb Ägypten vielmehr für lange Zeit ein singulärer Fall. Die Republik hatte seit den Zeiten der Graccben in wechselnden Konstella tionen Auseinandersetzungen zwischen dem Senat sowie dem ordo equuter, oder besser zwischen Teilen dieser beiden Statusgruppen gesehen. Während Senat
P.•rmi.rsu ingredi .renatoribus aul equitibus Romanis inlustribus, .repo.ruit Aegyptum. 'I Vgl. generell Cl. Nicolet, L'ordre 6questre l J'6poque r6publicaine (312-43 av. 1.
C.), PariJ 1974. 5 Mit gutem Grund hat E. Badian, Foreign Clientelae (264-70 B.C.), Oxford 1958, 202 vom 'Ritterstand als «the unpoliUcal part of the upperclus• gesprochen. Vgl. auch S. Demougin, Notabtes municipaux et ordre 6questre l 1'6poque des derni�res guerres civiles, in: Les «bourgeoi.aies» municipales italiennes aux ne et tcr aikles av. J.-C., Paris 1983, 279 ff. 6 Vgl. umfusend Vittinghoff 175 ff. 219 ff.
Die Umgestaltung der politischen Fübnmgsscbicht
105
hatten, ganz selbstverständlich dem ordo equester angehörten, was auch unter Augustus und Tiberius noch zutraf. Für Senatoren und Mitglieder des ordo equester galt auch zunächst der gleiche Census als Voraussetzung: 400'000 Sesterzen;7 der Zugang zu den Amtern mochte zwar größeren finanziellen Einsatz verlangen, doch war dies eine faktische Notwendigkeit, der keine rechtliche Kondition entsprach. Damit konnte sich auch keine reine, auf Statusgruppen fixierte politische Ideologie bilden, aufderen Basis eine selbstver ständliche Scheidung zwischen beiden erfolgt wäre. So gehörten zu den Anhän gern der beiden Machthaber Antonius und Octavianjeweils Senatoren und Ritter, auch wenn viele der alten senatorischen Familien eher Antonius zugeneigt hatten in einer überraschenden Selbsttäuschung über dessen zukünftige Absichten. Im Kampf um den politischen Einfluß hatten im übrigen beide Triumvirn viele homines novi, die zumeist ritterlieben Rang hatten, in senatorische Ämter oder auch direkt in den Senat befördert und dadurch eine massive Vermischung und Vecänderung dieses Gremiums erreicht.8: Aber keiner hatte generell den Senat gegen den Ritterstand oder umgekehrt ausgespielt, da die gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Mit der formalen Rückkehr zu den Institutionen der Republik seit dem dreifachen Triumph des Jahres 29 und insbesondere seit den Neuregelungen des Januar 27 v.Chr. mußte auch der politische Stellenwert des Senats sowie die Zuteilung staatlicher Aufgaben an Mitglieder des ordo equester neu bestimmt werden. Denn wenn auch offiZiell die Wiederherstellung des alten Status proklamiert wurde,9 so machten doch die Eingliederung des Machthabers in das sozio-politische Gefüge, die wachsende Bedeutung der Provinzen, die Er fahrungen der Bürgerkriege, die daraus resultierenden Mentalitätsänderungen und die partielle Umwälzung in der personellen Zusammensetzung der führenden Familien n i den italischen Städten eine längerfristige Veränderung unumgäng lich. Die Frage war allerdings, ob der Weg zu einer stärkeren Verwiscbung der -
Unterschiede von senatorischen und ritterlichen Aufgaben führen würde, wie es die Zwänge der Bürgerlcriege mit sieb gebracht hatten, 10 oder ob es wieder zu 7 Cl. Nicolet, Le uns s�natorial sons la R�publique et sous Auguste, JRS 66, 1976, 20 ff.; A. Chastagnol, in: Le s�nat romain � l'�poque imperial, Paris 1992, 31 ff. 8 Syme 78 ff.; ders., in: Roman Papers I, Oxford 1979, 88 ff.; T.D. Wiseman, New Men in the Roman Senate 139 B.C.-14 A.D. Oxford 1971. 9 Augustns, Res gestae 34. 10 Vgl. etwa die Machtposiüon, die Maecenu ohne jede offwelle Funktion, aber doch in einer Art amtlichem Auftrag wllhrend der Abwesenheit Octavians in Italien hatte (PIR2 M 37). Der Unterschied wird an Sallusüns Crilpus deutlich erkennbar, der im J. 20 n.Chr. starb; auch er war al1 Ritter ungemein einflußreich gewesen, doch blieb seine Macht völlig im inoffiZiellen Bereich (vgl. Tac., ann. 3,30). ,
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Die Umgestaltung der polltiscben Führungsscbicht
einer klaren Distinktion kommen wUrde, wobei den Senatoren das Machtmono pol verblieb, insbesondere auch beim Kommando über die Legionen, die römischen Bürgertruppen. Augustus' Politik führte am Ende zu einer gegenüber der Republik sogar scbärferen Scheidung zwischen Stnatus und ordo equester. ll Denn wenn man unter republikanischen Prämissen den Senat als eine ans dem ordo equester hervorgegangene Funktionselite betrachten kann, so zertrennten Augustus und seine unmittelbaren Nachfolger diesen unmittelbaren, durch keinerlei rechtliebe Fixierungen gestörten Zusammenhang; vielmehr wurde ein eigener ordo senatorius geschaffen, aus dem sich in der Zukunft der Senat zu einem erbeblieben Teil selbst ergllnzte. Doch Augustus legte gleichzeitig den Grundstein für die spätere Aufhebung dieser sozialen Distinktion; der
Ansatzpunkt war die Möglichkeit der Partizipation an der staatlieben Macht durch einzelne vom Herrscher promovierte Ritter. Dieses Endergebnis hat Augustus freilich weder beabsichtigt, DOCh hat er es v
1. Senat und Ritterstand: der Weg zum uterque ortJo.13
Wollte der siegreiche Machthaber die Wiedelberstellung der Republik auch in den Institutionen zumindest äußerllcb glaubhaft erscheinen lassen, dann war die Rückführung der Zahl der Senatoren auf die s.nllanische Größenordnung eine zwingende Vorbedingtmg. Denn allein auf der Seite Octavians hatten bei Actium mehr als 700 Senatoren mitgekämpft, wie er später in den Res gestae cap. 25 zu seiner politischen Rechtfertigung betont. Die Zahl von über 1 '000 Senatoren i e lectio nach dem Ende des Bürgerkrieges ist damit nicht übertrieben. 1 4 En senatus gab Octavian zusammen mit Agrippa noch im J. 29' v.Cbr. die Möglichkeit, wenigsteM ansatzweise den Senat zu verkleinern; etwa 50 Senatoren schieden auf die Aufforderung der beiden «Censoren• hin freiwillig
11 Zu diuer GegenUbenteUung Augwtul, Rea geatao 3S. 12 Siebe W. Eck, Die Ausformung der ritterlieben Adm.iniatration
alJ Antisenatspo
lltik?, in: Opposition et nsiltancea l l'empire d'Auguste l Trajan, Entreliens 33, Vandoeuvrea-Gent 1987, 249 ((. = in diesem Band S. 29 ff. 13 Siebe zwn Folgenden Syme passim; .AlfOldy 101 ((.; S. Demougin, Uterque ordo. Lea rapport:s entre l'ordre �natorial et l'ordre 6queatre sous Iei Jullo-Claudiens, EOS I
73 ff.; Vittingboff 219 14 Suet., Aug. 35,1.
ff.
Die Umgestaltung der politischen Fübrungsschicht
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aus, etwa 140 mußten sieb der nota censoria beugen und den Senat verlassen.15 Herlcunft der Familie und frühere Tätigkeit, die einer senatorischen Existenz als nicht adäquat angesehen wurde, sollen die AusschließungsgrUnde gewesen sein; auch mancher allzu treue Anhänger des Antonius mag sich unter den Ausgeschlossenen befunden haben. Da aber gleichzeitig andere zum Eintritt in den Senat gedrängt wurden, kann die VetS8IDJJllung auch weiterhin kaum wesent lich weniger als mindestens 850 Senatoren umfaßt haben. Die eigentliche Reduktion erfolgte erst im J. 18 v.Chr., als auch tiefeingreifende Gesetze über die Pflicht zur Heirat, die zudem standesgemäß sein mußte, womit libertae von einer Ehe mit einem Senator ausgeschlossen wurden, sowie über die Bestrafung des Ehebruchs erlassen wurden. 16 Erst hier wurde die traditionelle Zahl von 600 ordentlichen Senatsmitgliedern erreicht, bei der es in den folgenden Jahrhunderten bliebl7, ohne daß man sagen könnte, die Zahl 600 sei eine präzis fixierte Grenze gewesen, wie etwa im Stadtgesetz von Irni für diese Gemeinde die numerische Größe des Dekurionenrates mit 63 Personen festgelegt ist18 Die späteren Kaiser waren vermutlich nicht strikt an diese Zahl gebunden. Von größter Bedeutung wurde jedoch, daß zur Edeichterung des Verfahrens unter Augustus bisherige Mitglieder des Senats, die durch die kctio ausgeschlos sen wurden, bestimmte Rechte behielten, vc. allem beim öffentlichen Auftreten der Senatoren etwa im Theater, im Circus oder bei festlichen Aufzügen. Sie konnten mit den aktiven Senatoren zusammen daran teilnehmen. 19 Dies war ein wesentlicher Schritt zur Ausbildung eines ordo, der über die unmittelbaren Senatsmitglieder hinausgriff; die Zugehörigkeit zu ihm mußte am Ende nicht mehr an einen Sitz im Senat gebunden sein. Durch diese Entkopplung von Zugehörigkeit zu einem ordo und Mitgliedschaft im Senat selbst konnten auch Angehörige senatorischer Familien über die tatsächlichen Senatoren hinaus durch Sonderrechte innerhalb der Gesellschaft geikennzeichet und ihnen dadurch ein auch 15 Cassius Dio 52,42,1 ff. Vgl. generell dazu A. Chastagnol, La diminution de l'effectif sous Je r�gne d'Auguste, in: Le "nat romain � 1'6poque imperiale, Paris 1992, 23 ff. 16 Demougin 157 f.; B. Baltrusch, Regimen morum. Die Reglementierung des Privatlebens der Senatoren und Ritter in der römischen Republik und frühen Kaiserzeit, München 1989, 162 ff. 1 7 F. Jacques, Le nombre de s�nateurs aux. lle et me si�cles, EOS I 137 ff.; ders., L'�tique et Ia statistique. A propos du renouvellement du �nat romain (ler-ne siwles de l'empire), Annales ESC 1987, nr. 6, 1287 ff. den., in: Parent� et str.Ugies familiales dans l'antiquiti romaine, hg. J. Andreau H. Bruhns, Rom 1990, 415 ff. 18 J. GonUlez, JRS 76, 1986, 158: cap. XXXI F. FernU!dez G6mez - M. del Amo y de Ia Hera, La Iex Irnitana y su contexto arqueologico, Sevilla 1990, 185 F. Lamberti, Tabulae Imitanae, Neapel 1993, 288. 19 Cassius Dio 54,14,4. =
-
..
,.
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Die Umgestaltung der politiscben Fübnmgsschicbt
gegenübec den Rittern unterscbiedlicbet Status gegeben werden; diese Tendenz zeigt sieb deutlich in der ebenfalls im J. 18 v.Chr. erlassenen Iex lulia dt maritOIIdis ordinibus, die in Teilen durch die Iex Papia Poppaea v001 J. 9 n.Chr.
modifiZiert wurde. Für Söhne, Enkel und Urenkel eines Senators, ebenso für seine Töchter, Enkelinnen und Urenkelinnen (in det männlichen Linie) werden nämlich Heiraten mit einer Freigelassenen bzw. einem Freigelassenen oder
anderen Personen, deren Herkunft im Sinn der Zeit unehrenhaft war, verboten.20 In einer Familie, die einmal einen Sitz im Senat eingenommen hatte, wirkten
sieb diese Tatsachen auf die folgenden drei Geoerationeo aus; sie waren rechtlieb
aus der ümgen Gesellscbaft herausgehoben, besonders aber vom ordo equesttr abgesetzt, für dessen Mitglieder diese augusteische Regelung nur zum Teil galt. Verstärkt wurde diese Separierung vor allem durch eine erstmalige Festsetzung eines eigenen Census für Senatoren, die bis zu Augustus wie Ritter allgemein ein Mindestvermögen von 400'000 Sesterzen hatten nachweisen müssen.
Senatoren aber waren von jetzt an gezwungen, ein Vermögen von mindestens
1'000'000 Sesterzen ihr eigen zu nennen,21 und zwar wesentlich in Grundbesitz,
da der Ausschluß det Senatoren und ihrer Söhne von jeder intensiveren Form des
Handels, wie u durch die Iex Claudia vom J. 218 v.Chr. festgelegt woolen war, beibehalteil wurde.22 Ob die Erböbung des Census in zwei Stufen etfolgte, ist unklar.23 Möglicherweise wurde diese Regelung ebenfalls im J. 18 v.Chr.
eingeführt, vermutlieb durch ein stnatus consultum. Denn in den folgenden Jahren kam es zu einem erheblieben Mangel an Kandidaten für die niederen
senatorischen Ämter, weil manche Nacbkommen von Senatoren nicht mehr in der Lage waren, die finanziellen Voraussetzungen dafür zu erfüllen. Offen sichtlich war gleichzeitig mit der Erhöhung des Census für die Senatorensöhne auch vordringlich die Verpflichtung festgelegt worden,
sich um die Ämter zu
bewerben, wie es allerdings faldisch auch vorber weitgehend der Fall gewesen war. Sie erhielten deshalb auch (als einzige 7) das Recht, mit dem 17. Lebensjahr den Iatus clavus anzulegen, obwohl sie noch keine Senatoren waren.24 20 Ulpian, Dig. , ,44 pr. Diese Definition findet sieb auch im s.c. der Tabula von 23 2 Latinum, AE 1978, 145, Zelle 7. 21 Ein paJrimoniwn laJiclaviwn, Petron. 76, . 2 22 Baltruach (Anm. 1 6) 30 ff.; I. Sbatzm.ann, Senatonal Wealtb and Roman politics, BrUaael 1975, 100 ff. 23 Nic::olet, JRS 66, 1976, 30 ff.; Cbutagnol (Anm. 1S). 24 Suet, Aug. 38,2. Zur umatrittenen Frage, wie die Annahme des Iatus clavus in dieser frOhen Zeit zu verstehen ist als Recht oder sozio-politi.scbe Wirklichkeit vgl. zuletzt B. Levick, Atbenaeum 79, 1991, 239 ff. Vgl. die Formulierung im s.c. de Cn. Pisone paJre Z. 21 Qbet den jllngeren Sohn Marcua: qui ordinü senaJori nondwn -
esse
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschich1 Zumindest n i den Jahrzehnten vorher
109
hatte jeder Ritter, der sich um Ämter
bewarb, dieses sozio-politische Erkennungszeichen sozusagen den erhofften honor getragen.25 Nunmehr
wurde
im
Vorgriff auf
daraus in erster Linie ein
Zeichen sozialer Zugehörigkeit Ob diese Maßnahmen den expliziten Zweck verfolgt haben,
Senatoren und ihre Nachkommen
als eine eigene
Personenkategorie strikt abzusondern, ist nicht eindeutig zu erkennen. Denn die Söhne der Senatoren blieben bis zur Übernahme der Quästur, d.h. bis zum tatsächlichen Eintritt in den Senat, gleichzeitig auch Mitgliedtt des ordo equester und traten bei öffentlichen Veranstaltungen in Rom jedenfalls unter Augustus und Tiberius gemeinsam als ein Teil dieses ordo auf, freilich durch den Iatus
clavusdeutlieb als eine besoodere Gruwe berausgebobeo.u Die Konsequenz war jedenfalls,
daß
eine Bewerbung um die Magistraturen
immer gebieterischer die Zugehörigkeit zu einer senatorischen Familie bereits voraussetzte, es sei denn, der Princeps erlaubte
die Bewerbung auch ohne diese
Vorbedingung, was im übrigen unter Augustus öfter geschehen mußte, um überhaupt alle Posten besetzen zu können. Manchmal wurde es sogar nötig, unmittelbar aus dem Ritterstand heraus die Wahl zum Volkstribunat zuzulassen, weil speziell dieses Amt nicht mehr genügend Attraktion entwiclrelte;
denn
Augustus als Inhaber der tribunicia po�stas machte zu sehr deutlich, wie wenig
Inhalt noch mit diesem Amt verbunden war. Gelegentlieb wurde deshalb solchen Rittern nach ihrem Tribunatsjahr die RücJckehr in
ihre alte soziale Position
gestattet 27 Möglicherweise ist durch Caligula endgültig der Besitz des Iatus
clavus
für
einen Bewerber um ein senatorisches Amt verbindlich gemacht
worden, was freilich nicht mit der Schaffung des nach außen abgegrenzten ordo
senatorius identisch ist.28 Wem die senatorische Herkunft fehlte, dem wurde sie
quasi flktiv durch den Kaiser verliehen, und zwar durch ihn allein. Die Wahl zu einem Amt als entscheidender rechtlicher Schritt für eine senatorische Standes-
lS Vgl. A. Chastagnol, La naissance de l'orclo aenatorius, MEPRA 85, 1973, 583 ff. 26 Tabula Hebana Zeile 56 f. 27 A. Chastagnol, La crise du recrutement s�natorial des annus 16-11 av. J.-C., �iJ� x
465 ff.; ders., Le s�nat romain � l'�poque imperiale, Paris 1992, 49 ff. Vgl. auch G. Alföldy, Madr. Mitt. 8, 1967, 192 ff. 28 So jedenfalls Chastagnol, MEFRA 85. 19 3, 590; vgl. Demougin 181; ferner 7 Levick oben Anm. 24. PUr die Ausbilduni des ordJJ se1141orlus war dies zwar ein Endpunkt; dennoch darf man bereits in spltaugusteiscber Zeit von einem llber den Senat hinausreichenden ordJJ seiUJiorius sprechen. Vgl. R. Syme, Tbe Augustan Aristocracy, Oxford 1986, 80 Anm. 118 im deutlieben Dissens zu Chastagnol. Noch im J. 20 n.Chr., im s.c. de Cn. Pisone palre, wird ordJJ als Begriff für den Senat, dem formell einer der Söhne Pisos noch nicht angehörte, verwendet, vgl. oben Anm. 24.
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Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
qualität war damit verschwunden; ordo senatorius und ordo equester waren in einem längeren Prozeß, dessen entscheidende Stadien in die augusteische Zeit fallen. rechtlieb getrennte Personengruppen gewoolen. wäbrend sie sieb vorher zum Teil überschnitten hatten. Ezst als senatoriscbe Standesqualität nicht mehr an eine Wahl zu einem Amt geknüpft war, wurde es offensiebtlieh auch möglieb, daß durch den KaiserPersonen, die direkt Mitglieder des Senats werden sollten, unmittelbar in eine Rangklasse des Senats durch adlectio (inter quaestorios, tribllllicios ltudilicios, praetorios) aufgenommen wurden, ein sehr deutliches Zeichen der Abhängigkeit des Einzelnen und der Gesamtheit vom Herrscher.29 Vor Claudius ist eine direkte adltctio in den Quellen nicht nacbzuweisen, er aber bal das Verfahren als Zeoscr paktiziert, Ibnlieb Vespasian und Titus, obwohl Vespasian auch beteits vor der Zensur des Jahres 73/4 einzelne homines novi auf diese Weise in den Senat einfübrtc.30 Nachdem durch das Verhalten Domitians die Zensur diskreditiert worden war, haben die nachfolgenden Hemcber das Recbt der adlectio ausgeübt, wann immer es ihnen notwendig erschien. Die rangabhängige StnJktur des Senats wurde auf diese Weise ebenso bestimmt wie durch die Einflußnahme des Herrschers auf die «Wahl» zu den einzelnen republikanischen Magistraturen. Doch noch auf andere Weise steuerte der Princeps die innere StnJktur des ordo senatorius.3 1 Nach dem Vorbild Caesars wurde Octavian noch im J. 30 v.Cbr. durcb die Iu Stwlia die Kompetenz übertragen. neue Patrizier zu ernennen. wie vieles andere ein kooservativer Zug in der Politik des Machthabers nach ActiiDD. ZumindesteDS die Aufrechterhaltung der römischen Religion in den alten Formen erforderte das Weiterbesteben des Patriziats. Die alten patrizischen Familien waren. da sie alle zur Nobilität und damit zur Führungsgruppe des Senats gehörten. besonders statt von den Proskriptiooen und den politischen Morden betroffen worden. Octavian sicherte das Überleben des Patriziats, indem er zahlreiche Mitglieder alter Familien. aber auch homines novi wie Agrippa zu Patriziern erhob. Indem er so notwendige staatliebe Funktionen sicherte, gewann er gleichzeitig ein bedeutendes Mittel, IDD verdiente Anbanger auszuzeichnen und neue politische Verbündete zu gewinnen. Claudius, Vespasian sowie die nachfolgenden Principes folgten ibm darin, wenn auch jeweils unter den 29 A. Chutagnol, LaliU claviU et adlectio: l'acda dea bommea nouveaux au s�nat romain aoua le Haut-Empire, RD S3, 197S, 37S tf. 30 W. Eck, Senatoren von Veapuian bil Hadrian, MilDeben 1970, 103 ff.; J. Devreker, La compoaition du a�oat romain aoua Iu Flaviena, in: Studien zur antiken Sozialgeschichte. Futschritt Fr. Vittingboff, Köln 1980, 257 tf. 31
H.-H. Pistor, Prinz.epa und Pabiz.iat in der Zeit von Auguatua bla Commodus, Din. Freiburg 196S.
Die Umgestaltung der poHiiscben Fübnmgsschlcbt situationsgebundenen Notwendigkeiten. Claudius
111
bat eine Reibe sehr alter
Herren im Senat sowie Mitglieder hochangesebener Familien unter die Patrizier aufgenommen,32 womit
damals notwendigerweise nm Senatoren aus Italien
befördert wurden. Dagegen war es nur zu gut aus den Bedingungen des Anfangs der vespasianiscbeo Zeit erklärlich, daß erstmals aucb Senatoren, deren origo in
einer Provinz lag, patri.ziscbe Würde erbielten: Cn. lulius Agricola aus Forum
Iulii in der Narbonensis, M. Annius Verus aus Uccubi
und M. Ulpius Traianus
aus ltalica in der Provinz Baetica sind nur einige von ibnen.33 Sie hatten alle zu
den entschiedenen Anhängern Vespasians wäbrenddes Bürgetkrieges gehört.
Für
Vespasian selbst, den lwmo novru aus R.ieti. konnte alte senatorische Hedamft allein kein entscheidendes Kriterimn mdlr sein. Parallel
zur erstmaligen Formierung eines deutlieb abgegrenzten ordo
senatorius verlief die Umgestaltung des ordo equester, vornehmlieb unter Augustus und Tiberius.34 Nicht weniger als bei den Senatoren war auch bei den Rittern in den letzten Jahrzehnten
du Republik der Kreis der zugehörigen
Personen erbeblieb ausgeweitet worden. Während freilieb bei den Senat
70 v.Cbr. nicht mehr herangezogen worden. So war, auch auf Grund der immer stärkeren Akkumulation von Reichtum
bei bestimmten Kreisen der römischen
Gesellscbaft infolge der politischen Vorbemcbaft, ein ungehemmtes Anwachsen des Personenkreises, der für zwangsläufige Folge.
sieb rittetlieben Status in Anspruch nahm, die
Die einzelDen Machthaber trugen dW'cb Verleibung von
Standesinsigoia dazu bei: der angustus clavu.s, d.b. ein scbmaler Pwpurstreüen
an der Tunica. die trabea, der Reitermantel für feierliebe Aufzüge, der anulus aureus, der goldene Ritterring, sowie der equus publicu.r, der Besitz des Staatspferdes, konnten den Ritter der Öffentlichkeit gegenüber deutlieb machen. Der Wildwuchs wurde dW'cb Augustus zurückgescbnitten, derRitterstand kam relativ schnell und umfassend unter die Kontrolle des Princeps.3S Möglicher weise zeitlieb gleichlaufend mit den lectiones senatu.s
bat Octavian/Augustus
auch die römischen Ritter einer Prüfung unterzogen, jeweils kraft seiner zen soriscben balten,
oder konsularen Gewalt Vermögensverhältnisse, moralisches Ver
familiäre
schieden
Herkunft waren die Kriterien, nach denen vornehmlieb ent
wurde Da8 dabei Patronage eine Rolle spielen konnte, braucht nicht .
32 Tac., ann. 11,25,2. 33 Pistor (Anm. 31) 25 ff.; Eck. Senatoren 34 Dazu vor allem Dcmougin 19 ff., 13S ff. 35 Demougin ISO ff.
(Anm. 30) 106 ff.
112
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
eigens betont zu werden. Dieser Prüfung, det zeosorischen recognitio equitum.
hatten sich alle Mitglieder des ordo zu unterziehen. gleichgültig wo sie ihren
Wohnsitz bauen oder wie alt sie waren. Die edolgreicbe Prüfung gestand ihnen
weiterhin den Besitz des Staatspferdes, des equus publicus, zu. Doch anders als der Senat,
der von Augustus nur insgesamt dreimal einer zensolisehen Prüfung
unterzogen wurde,36 waren die Mitglieder des ordo tqutsttr gezwungen. diese Musterung jllbrlich über sich ergeben zu lassen, und zwar am 15. Juli, bei der transvectio equilum, dem feierlieben Aufzug der Ritter; unter Augustus nahmen
daran manchmal bis zu 5'000 Ritter teil, gegliedert in n i sgesamt 6 turmat,
jeweils angeführt von seviri equitum Romanorum, die ihrerseits zumindest Senatorensöhne waren oder sogar bereits dem Senat angehörten. Der erste princeps nahm selbst häufig diese Prüfung vrx,37 Uberlie8 sie jedoch, falls er
verhindert war, einrm Kollegium von drei Senatoren (triumviri centuriis equitum
recognoscendis censoria potestate).38 Wenn er selbst die transvectio abnahm,
assistierten ihm zehn senatorische Helfer, denen die einzelnen Ritter Rechenschaft über ihre Lebensführung abzulegen batten.39 Dabei gestand Augustus, vermutlich seit dem J. 18 v.Chr., den seniores, also den Rittern mit mehr als 35 Jahren, zu, ihr Pferd zurückzugeben und damit nicht mehr jäbrlich erscheinen zu müssen, wllbrend die iuniorts weiterbin dazu verpflichtet waren.40 Die besondere Verbindung des gesamten Ritterstandes zum princtps und seinem
Haus wurde vor allem dadurch deutlich gemacht, daßjunge männliche Mitglieder der domus Augusta zu principes iuventutis ernannt wurden.
Umstritten ist in der Forschung, wer zum ordo equesttr zu zählen war und ob
ein formaler Aufnahmeakt vora•wzusetzen isl41 Verschiedene Flemente haben in dieser Diskussion eine Rolle gespielt, die freilich auf unterschiedlichen Ebenen
liegen. Nach Strabo hätten allein in Patavium in Oberitalien und in Gades in der Baeticajeweils SOO römische Ritter gelebt, andererseits sollen bei der transvectio
tquitum in Rom unter Augustus gelegentlich bis zu S'OOO Ritter, gegliedert in 6
Turmen und angeführt von senatorischen seviri equitum Romanorum, 36 Res gestae divi Augusti 8; Suel, Aug. 27,S. 37 Suet., Aug. 38,3. 3B D. 9483; I. di Stefano Manzella, in: I Volulii Satumini, Arcbeologia. Materiali e wblemi 6, Bari 1982 = AB 1983, 399; Tac., ann. 3,30,1; Suet. Aug. 37. 9 Suet., Au&. 39; zum Zuaammenfall von jlhrlicber reco111ltio equitum und trtUIJ'!Iectio val. jetzt w.D. Lebek, Du I.C. der Tabula Larinu: Rittermusterung und andere Probleme, ZPB 8S, 1991, 41 ff. Vgl du Penooenmateral i bei S. Demougin, Prosopograpbie dea cbevaliera romainl Julio-Claudiena, Paria 1992. 40 Suet., Aug. 38,3; Demougin 161 tr., 214 ff. 4 1 Vgl. z.B. A. Stein, Der römiacbe Ritteratand, MOneben 1927, 79 ff.; Miliar 279 ff.; Alföldy 106 ff.; Demougln 189 ff.; Vittinaboff 223 t.
Die Umgestaltung der politiscben Fübnmgsschicbt
113
teilgenommen habeß.42 Während da- Besitz des tquus publicus und der Aufzug in Rom nur bei Rittern vorstellbar ist, die formell dieses Recht erhalten haben, lassen sieb die Zahlen aus Patavimn und Gades nicht mit den 5'000 Rittern bei der transvtctio, die Dionys v. HaUkarnass beschrieb, vereinbaren, wenn auf die «Ritten. dieser beiden Städte die gleichen Kriterien zugetroffen hätten, wie auf die Teilnebmer an dem V<Xbeizug in Rom. Denn dann hätten allein diese beiden Städte ein Fünftel aller Ritter gestellt, was scblicbt unvorstellbar ist. Vielmebr müssen in Gades und Patavimn mit Rittern Personen gemeint sein, die den entsprechenden ctnsus tqutsttr von 400'000 Sestetzen vorwiesen, was ja Ober die jeweilige munizipale Zensur alle fünf Jahre festgestellt werden konnte. Auch Augustus hat reichsweit oder auf Italien beschrlnkt alle römischen Bürger, bzw. im J. 4 n.Chr. nur die Personen mit mehr als 200'000 Sesterzen Vermögen, erfassen lassen.43 Doch war die ZensusqualifJkation nicht hinreichend, mn damit allein das eigentliche Abzeichen der Zugehörigkeit zum Ritterstand zu erhalten, den tquus publicus. Andere Kriterien mußten hinzukommen. Geprüft wurde vielmehr der Lebenswandel, wobei unehrenhafte Berufe oder nichtkonformes Verbalten n i einem ehrenhaften Beruf den Ausschluß zur Folge hatte, so einer seits z.B. die Tätigkeit als Bordellbesitzer oder die aktive Teilnahme an Gladiatorenklmpfen, andererseits die Fordetung von Wucherzinsen bei Dar lebensgescbäften. In diesem Zusammenbang wirkte sieb die gesellschaftliebe Selbstkontrolle ganz entscheidend aus. Wichtig aber war vor allem die freie Geburt in der dritten Generation, womit Nachkommen von Freigelassenen ausgeschlossen wurden; unter Augustus und Tiberius war möglicherweise zunächst nur die freie Geburt des Vaten nötig gewesen.44 Allerdings konnten solche Vorschriften immer wieder mngangen werden, selbst bei Senatoren, entweder durch Bestechung auf venchiedeneo Ebeneil oder durch ein Privileg, das der K.ai.ser aussprechen mu&e. Det V816 des Larcius Macedo, eines PrätMers der traianiscben Zeit, war selbst noch Sklave gewesen.45 Scbließlicb waren durch 42 Strabo 3,.5,3; 5,1,1. Dion. Hai. 6,13,4. 43 Cassiua Dio 55,13,4 ff.
44 Drei Generationen: im 1.c. der Tabula von Larinum, AE 1978, 145; dazu jetzt W.D.
Lebek, ZPB 82, 1990, 37 ff.; Suet., Aug. 40,2 und Demougin 803. Immerhin konnte in einer Grabinschrift (CIL XIV 2298 • D. 1949) von einem Sohn einea aenatoriachen Freigelassenen gesagt werden, der Patron aeinea Vaters habe ihm einen Militlrt.ribunat im Heer venchafft. Du betrat bereits die zweite Generation. Der Text ebOrt in tiberiJcbe Zeit. fs Pliniu1, ep. 3,14; W. Bct, ZPB 42, 1981, 245 f. Nach wievielen Generationen nach der Freilassung eines Vorfahren andere Persooen den Sprung in den Senat schafften, ist nicht zu Iehen; vgl. EOS n 17. 79. 107. 209. 215. 233. 683; J.M. Lusm, Ant. Afr. 24, 1988, 103 tt.
Die Umgestaltung del' politischen FUhnmgsschicbt
114
eine Iex Roscia bzw. Iex Iulia theaJTalis, wodurch das Recht, im Theater in den ersten 14 Reihen sitzen zu dürfen, defmiert wurde, auch zusätzliche Bedingungen für die Zugebörigkeit zum ordo tquester gescbaffen worden. doch sind sie in den Einzelheiten nicht bekannt Diese Kriterien sind schlie81ich in einem stnatus consultum des Jahres 23 n.Olr. znsammengefaßt wooJen. in dem das Recht, den goldenen Ritterring zu tragen, näher bestimmt wurde; aber auch dieses s.c. enthält keine volle Definition des ordo selbst46 Sieht man all diese Aspekte zusammen, dann scheint es nicht möglich, eine Automatilc bei der Zugehörigkeit zum ordo tquester anzunehmen, selbst wenn
im einzelnen Fall die notwendigen Kriterien: freie Geburt in der dritten Gene ration, Unbescholtenheit, die durch allgemeine Prinzipien, aber auch durch spezielle stnatus consulla defmiert wwde,47 und das notwendige Vermögen von 400'000 Sesterzen, erfüllt waren. Vielmehr ist wohl der Aufnahmeakt durch den Herrschet selbst bzw. unter Augustus auch durch ein dreiköpfiges, senatorisches Gremium konstitutiv gewesen.48 Dafür war wohl die persönliche Präsentation eines Bewerbers bei den Ceosusakten, die bis Vespasian sporadisch erfolgten,
üblk:betwei.se jedocb beim jahrlieben Aufmg del' Ritter notwendig; wurden dabei alle Voraussetzungen nachgewiesen, so baUe dies offensichtlich die Verleihung
des Ritterpferdes zur Folge. Wieweit «Zeugen», auch beispielsweise durch Empfehlungsbriefe, sowie schriftliche Beweismittel eine Rolle spielten, ist nicht deutlich zu sehen. Immerbin dürften die aus der augusteischen Zeit bekannten tribuni militum a populo diejenigen Ritter gewesen sein, die durch das Votum ihrer Heimatgemeinde diesen Rang errech i t batten.49 Daß Mißbrauch durch falscbe Angaben oder auch einfach durch Starususurpatioo möglich war, braucht nicht zu verwundern. Umso wichtiger war die soziale Selbstkontrolle innerhalb des ordo. Während der Zensur des Claudius klagte der Ritter Flavius Proculus 400 Freigelassene an. das Statussymbol des goldenen Ringes als Ausweis für die
Zugebörigkeit zum Ritterstand usurpiert zu baben.50 Vermutlich war solche Art von «Mißbrauch• gerade in der Großstadt Rom, wo viele Freigelassene durch gute Geschäfte oder auch durch Protektion zu Reichtum kommen konnten, 46 Plinius, n.b.
33,32; Demougin 794 ff.
47 Vgl. z.B. W.D. Lebet, StandeswUrde und Berufsverbot unter Tiberiua: Du SC der Tabula Larinu, ZPE 82, 1990, 37 ff., bel. 43 ff. 79 ff. 41 Suet., Aug. 37,1; Tac., ann. 3,30,1; ll.S 9483; I. di Stefano Manzella, in: I Volusü Saturnini, Bari 1982, 45 ff.; Demougin 172 ff. Die bei Suet., Aue. 39 cenannten 10 Senatoren waren nur die Helfer dea Auguatus bei aeiner eigeoeo cz.enaorilchen» Dtigkeit der Ritterpr1c 1fun , aie lind abo von den trl��mviri zu untencheiden. 49 Suet, Aug. 46; Syme 344; Cl. Nicolet, Tribunua militum a populo, MEFR 79,
1969, 15 ff.
SO Plinius,
n.b. 33,33.
Die Umgestaltung der polinseben Fübnmgsschicht
115
besonders leicht möglich; die durch.scbnittlicbe römisdle Landstadt dagegen war weit mehr der Kootrolle dureil die jeweilige lokale Gesellschaft unterworfen. Von jedem, der die Aufnahme in den Ritterstand erreicht hatte, wurde ohne Zweüel zumindest theoretisch unter den ersten Principes auch eine Leistung für
die res publica erwartet, nicht anders als bei den m!lnnlid:len Mitgliedern des ordo
senatorius. Von diesen hat deswegen Augustus auch manche gezwungen, Ämter zu übemehmen.s 1 Freilich waren Senatoren auf Grund ibret geringeren Zahl und
ihrer weitgehenden Konzentration in Rom viel leichter zu kontrollieren, wenn dies nötig schien. Wie weit in der Praxis von allen Rittern
in der einen oder
anderen Form die Übernahme ein� Funktion auch unmittelbar gefordert wurde, läßt sich nicht sehen. Die Möglichkeiten der Partizipation an der rts publica
waren zahlreich und sehr vielgestaltig. Ob möglicherweise auch die Pacht von Steuern, die weiterbin vornehmlich von Rittern eingezogen wurden, als eine solche Tätigkeit angesehen wurde, ist nicht zu ettenn ne .S2 Vor allem das nwunehr stehende Heer bedurfte der Mitglieder dieses ordo als Offuiere bei Legionen und Auxllien. Schon im Verlauf des 1. Jh.s waren gleichzeitig mindestens 500 ritterliche Dienststellungen als praefecti � tribuni militum zu besetzen,53 die spätestens seit Caligula klar von den senatorischen Posten im Heer getrennt waren; allerdings hat der senatorische tribunus
laticlavius innerhalb der Heeresorganisation höchstens einen Vorrang in der dignitas vor den fünf tribuni angusticlavii, also denen ritterlichen Ranges, eingenommen; denn in der militärischen Erfabnmg waren sie ibm normalerweise bereits weit voraus, da sie im allgemeinen länger beim Heer blieben. Vermischt blieben Senatoren und Ritter weiterhin im Richteramt, allerdings nur in der ersten Dekurie.S4 Denn während Caesar Senatoren und Ritter einheitlich auf die decuriae aufgeteilt hatte, ließ Augustus beide nur noch in der
decuria prima zusammen wirken, während die 2. und 3. Abteilung nur aus Rittern zusammengesetzt war; seit Caligula galt das auch für die 4. Dekurie, während für die 5. nur eine Vermögensqualifikation von 200'000 Sesterzen
festgelegt wurde, d.h. die Dekurie wurde von Personen ausgefüllt, die nicht dem Sl Cassius Dio 54,26,3
ff.
S2 Wie bedeutsam die Tätigkeit der publicani war, ersieht man besondera deutlieb aus der vor wenigen Jahren pubizierten l Sammlung von Jenalus con.rulta für den Zoll von Asia, die in Epbesus gefunden wurde: H. Engelmann - D. Knibbe, Das Zollgesetz der Provinz Asia, EA 1 4, 1989; insgesamt zur Steuererhebung durch Pllcbter: Eck, Italien 144 ff. 129 ff.; P.A. Brunt, PubliciDI in the Principate, in: Roman lmperial Themes, Oxford 1990, 354 ff. S3 Vgl. z.B. E. Bir1ey, Roman Britain and tbe Roman Army, Kenda1 1961, 137 f. S4 Zum Folgenden zuletzt Demougin 443 ff.
116
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
Rittetstand angehörten. Dies istnur dadurch etldärlicb, daß nicht genügend Ritter oder jedenfalls Personen mit entsprechendem Census zu dieser Tätigkeit bereit
waren. Denn faktisch hat es natürlich weit mehr Personen mit einem Vermögen von 400'000 Seste.tzen gegeben, als Ritter für die Richterdekurien nötig waren. Da jede Dekurie rund 1'000 Personen umfaßte,55 waren mindestens 3'500 Ritter, wahrscheinlich sogar einige Hundert mehr, nötig, um die vorhandenen Plätze zu füllen, da viele Senatoren wegen amtlicher Aufgaben nicht in der Lage waren, ihren richterlichen Aufgaben nachzukommen.S6 Grundsätzlich bei� halten wurde die Regelung, keine Neubürger zum Amt des iudex zuzulassen; aber die Einschränkung aufritterliche Familien aus Italien wurde mi t der Reform Caligulas fallen gelassen.57 Mehr und mehr füllten Provinziale auch die Plätze in den Ricbterdekurien. So zahlreich allerdings auch Personen ritterlichen Ranges im Heer und in der Rechtsprechung tätig waren, ein Äquivalent zu den senatorischen Ämtern war damit nicht gegeben. Die Präfektur über Ägypten, die so markant am Beginn der Alleinherrschaft des Augustus stand (vgl. S. 103 f.), wurde auflängere Zeit nicht der ModeU!all der Entwicklung. Andere Funktionen, die einen gewissen Grad an Aufmerksamkeit n i der Öffentlichkeit erregen konnten, wurden von Augustus erst sehr spät in Rom eingerichtet: die praefectura vigilum im J. 6 n.Chr., die praefectura annonae zwischen 8 und 14 n.Chr. Die beiden Prätorianerpräfekten aber, seit 2 v.Chr. ernannt, waren zunächst lediglich die Befehlshaber der Leibwache des Princeps.S8 Wie gering insgesamt der Eindruck war, der von den durch Augustus geschaffenen ritterlichen Funktionsstellen ausging, zeigt sich überdeutlich daran, daß Sueton in seiner Biographie des Augustus auch nicht auf eine einzige von ihnen zu sprechen kommt, obwohl er die neuen senatorischen Ämter für die Stadt Rom einzeln erwähnt. Daß sich hier allgemein, vornehmlich
jedoch in der PJ'lUaianerptäfektur ein neues Tätigkeitsfeld für Ritter eröffnete, das ein Äquivalent zum bisherigen senatorischen Amtsmonopol darstellen konnte, hat vor allem Seian durch die rasante Akkumulation von Macht deutlich gemacht. Doch auf dem Gipfel seiner Macht griff er nach dem Konsulat im 55 Plinius, n.h. 33,30. 56 Eine geringere Zahl wllre nur dann erforderlich gewesen. wenn man davon ausgehen
dllrfte, daS alle 600 Senatoren der 1. Richterdekurie angehörten. Dann wären dort 600 Senatoren und 400 Ritter vereint gewesen, von denen aber, soweit sie senatorischen Ranges waren, viele in der Realitllt nicht zur richterlichen Tätigkeit herangezogen werden konnten, da sie vorwiegend andeu Aufgaben zu erledigen hatten. 57 Plinius, n.h. 33,30; vgl. Demougin 453. 58 Dazu W. Bck, Augustua' administrative Reformen: Pragmatismus oder systema tisches Handeln?, Acta Classica 29, 1986, 1 1 1 ff. = in diesem Band S. 83 ff.
Die Umgestaltung der politischen Fübrungsschicht
117
I. 31 S9 deutlicher war nicht zu demonstrieren, wie im Kern politisch administrative Tätigkeit, eine wirkliche legale Machtposition in der res publica, immer noch als ein «Reservatrecht» der Senatmm angesehen wwde. Erst im Verlauf der folgenden Jahrzehnte, nachdem Claudius auch den Fiskalprokuratoren die richterliche Kompetenz für die Prozesse innerhalb ihres eigenen administrativen Bereiches übertragen hatte60 und nachdem seit der flavischen Zeit auch die zunächst sehr bescheidene Gesamtzahl von ritterlichen Funktionen auf immerhin rund 70 Stellen gestiegen war, entwickelte sich eine Vorstellung von der partiellen Vergleidlba!teit senatorischer und ritterlicher Funktionen im Dienst des Kaisers. Die Formulierung, die Domitian in einem -
Brief an die Stadt Falerio in Picenum im J. 82 verwendet, ist symptomatisch für
den inzwischen eingetretenen Wandel in der sozio-politischen Wertung und die Annäherung ritterlicher Funktionen an die senatorische Normalität: adhibitis utriusque ordmis splendidis viris, .cunter Beiziehung der hervorragenden Männer beider ordines».61 Im funktionalen Beitrag zur administrativen Durchdringung des römischen Reiches brauchte kein Unterschied mehr zwischen ihnen zu beste hen,62 lediglich noch in der dignitas,63 die in verschieden breiten Purpurstreifen an der 1\mica optisch allen nahe gebracht wurde.64 Die tabula Banasitana führt unter Mare Aurel und Commodus das consilium des Kaisers namentlich auf, das bei der Beurlrundung der Bürgecrechtsdokumente mitwirkte: es erscheinen sechs Senatoren und sechs Ritter, also uterque ordo in gleicher Gewichtung; die Differenz besteht nur noch darin, daß die Senatoren die ersten sechs Plätze einnehmen, die sechs Rittet aberihnen nachgeordnet sind.6S ' 59 Tac., ann. 6,8; Cß.. VI 10231 "" ILS 6044. 0 6 Tac., ann 12,60; dazu vor allem F. Miliar, Historia 13, 1964, 180 ff.; 14, 1965, .
362 ff. und P.A. Brunt, Latomus 2S, 1966, 461 ff. = Roman Imperial Themes, Oxford 1990, 163 ff. 61 CD.. IX 5420 = FIRA 12 nr. 75. 62 Siehe G. Alföldy, Die Stellung der Ritter in der Führungsschicht des Imperium Romanum, Chiron 11, 1981, 169 ff. ders., in: Die römische Gesellschaft, Wiesbaden 1986, 162 ff. 63 Vgl. den Ausspruch Vespuians bei Suet., Vesp. 9,2: utnunque ordinem non tam libertate inter te quam dignitate differre. Siebe auch Tac., ann 2,33,3; Plinius, ep. 9,5,3; Alföldy 100. =
.
64 Wie sich der Streüen in der Breite unters-cheiden sollte, acheint nirgends festgelegt gewesen zu sein. Interessant ist jedoch, daß an Statuen sichtbare clavi keine wirk:liche Düferenz erkennen lusen. 65 AE 1971, 534. Bei der Zahl von 6 Senatoren muß davon ausgegangen werden, daß Varius Clemens, dessen ritterliche Laufbahn weithin bekannt s i t, bis zum J. 177, in dem die tabula Banasitana geschrieben wurde, in den Senatorenstand aufgenommen worden war. Vgl. zu den «Verflechtungen und QuerverbindungeD» von lllerque ordo Vittinghoff 219 ff.
118
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
2. Die Ausgestaltung und Erweiterung der senat<Xisch-ritterlichen Aufgaben. 2.1 Die Ausgestaltung des senatorischen Ämtergefüges. Die ursprünglich weitgehende Freiheit in der Gestaltung eines cursus honorum war in der späten Republik me.br und mehr eingeschränkt worden. Intervall- und Mindestalterregelungen hatten zwar eine relativ ldar vorgegebene Abfolge der
Magistraturen festgelegt, doch bestand kein grundsätzlicher Unterschied zwischen
Aufgaben, die in Rom selbst zu erfüllen waren und anderen, die in den Provinzen
zu erledigen waren. Die Provinzialstatthalterscharten galten lediglich
als eine
Fortsetzung der jeweils vorher übernommenen stadtrömischen Magistratur. Erst
durch die lex Pompeia vom J. 52
v.Chr. war erstmals ein regelmäßig von den
ordentlichen Magistraturen losgelöstes Provinzialkommando geschaffen worden: eine Statthalterschaft war nicht mehr nur die Fortsetzung eines durch Volkswahl übertragenen Amtes; vielmehr war damit die Statthalterschaft als eigenes, regelmäßiges und von der ordentlichen Magistratur unabhängiges Amt geschaf fen.66 Die Folge war später eine wesentlich größere Dispositionsfreiheit des
Kaisers. Seit Augustus erfolgte die Veränderung des senataiseben cursus durch mehrere Faktoren:
a) durcb Festlegung neuec Altersstufen, b) durch die Vermehrung der Ämter, vornehmlich bereits unter Augustus, c) durch die «Verfestigung» des
cursus sowie durch die Einflußnahme des
Princeps bei dec Wahl zu den republikanischen Magistraturen und die direkte Vergabe vieler Aufgaben durch ihn.
a)
Während der späten Republik war für die Quästur als dem Eintrittsamt in den
30 Jahre festgelegt gewesen, die Prätut war erst mit 40 Jahren erreichbar. Seit Augustus galt das begonnene 25. bzw. 30. Lebensjahr als annus legitimus für beide Ämter;67 gelegentlich konnte dieses Alter sogar durch Senat als Mindestalter
Privilegien wie das Dreikinderrecht oder durch sonstige Vergünstigungen durch den Herrscher68 unterschritten werden. Die entscheidende Folge war eine nicht 66 K.M. Girardet, Die Lex lulia de provincüs, Rhein.Mua. 130, 1 87, 9 291 ff. 67 Zum Folgenden Wiseman 143 ff.; Demougin, EOS I, 82 ff.; Eck, Beförderungs kriterien, 177 ff.
68 So verktlrzte Domitian für Plinius du Intervall zwischen Volkstribunat und Prltur (Plinius, epist 7,16,2); vgl. Tac., ann. 2,51,1; Cusius Dio 53,13,2; Ulpian. Dig.
4 ,4 , 2 .
Die Umgestaltung der politilscben Fühnmgsschicbt unwesentliche zeitliche Ausdehnung
und Konsulat.
119
des cursus, insbesondere zwischen Prätut
Erst jetzt war es möglich.
daß sich eine prätorisehe Laufbahn
entwickelte, mit mehreren Stufen gesteigerter Aufgaben und Kompetenzen. Schließlich wurde auch
das
Zugangsalter
für den
Konsulat, zumindest
Patrizier und angesehene, vor allem republikanische Nobilitätsfamilien,
für
auf das
33. Lebensjahr herabgesetzt;69 aber auch für andere war eine frühere Übernahme möglich geworden, ohne daß sich deutliche und allgemein geltende Kriterien fiir eine Verringerung fmden lassen. Cn. Iulius Agricola, consul suffectus 77 n.Chr.,
der Schwiegervater des Tacitus, baue bereits mit 37 Jahren die höchste
repubikanische l Magistratur eueicht;70 Förderung durch Vespasian und seine
1rurz vorher erfolgte Aufnahme in den Patriziat mögen dabei zusammengewirkt haben. Doch gerade sein
ganz junger, sozio-politischer Rang innerhalb des
Senats macht es unmöglich zu sagen, ob AgricoJa auch unter normalen, nicht
dadurch beeinflußten Umständen bereits mit 37 Jahren die konsularen Jasces erbalten hätte. Dennoch steht fest, daß gerade die Vergabe des Konsulats wesent lich in der Ermessensfreiheit des Herrschers lag, die allerdings durch Gegebenheiten der Laufbahn sowie daraus erwachsende «Ansprüche:. der
einzelnen Senatoren im unmittelbarsten Vorfeld des Konsulats wiederum wesent lich eingeschränkt wurde.71
Die. Neuregelungen haben seit der späteren julisch-cJaudischen Epoche wesentlich den Effekt gehabt, daß Angehörige patrizischer Familien weitgehend aus
der
allgemeinen politisch-administrativen Leitung des Reiches außerhalb
Roms ausschieden. Denn da sie bereits mit 33 Jahren das höchste Amt und damit auch das notwendige Sozialprestige erreicht haben konnten, andererseits aber die zumindest seit etwa der Mitte des 1. Jb.s n.Chr.
mehr odet weniger erforderlichen
sachlichen Voraussetzungen wie Erfahnmg im Kommando überLegionen oder in
der Leitung
von prätorisehen Provinzen nicht aufwiesen, erscheinen sie
kaum
mehr unter den konsularen Provinzstattbaltern. Ob dies ein bewußt angestrebter Effekt durch die Herrschet oder aber gerade umgekehrt das Ziel eines aristokrati schen otium cum dignitate gewesen ist, läßt sich mit den uns zur Verfügung
stehenden Mitteln
kaum mehr
erschließen.
Doch hat möglicherweise beides
69 Vgl. zur weitgebend strikten Einhaltung dieser Regeln, gerade auch fUr den Konsulat W. Eck. ZPE 95, 1993, 256 ff. 70 PIR2 J 126. 7 1 R. Syme, Tacitus, Oxford 1958, ll 653 ff.; Eck, Beförderungskriterien 182 ff. passim; vgl. fUr die mtoniniscbe Zeit G. Alföldy, Konsulat und Senatorenstand unter den Antoninen, Bonn 1977, 33 ff., 53 ff.
120
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicbt
zusammengewirtt.72 Für die Patrizier mußte dies freilieb keinweswegs gene rellen Machtverlust bedeuten; denn durch ihre stetige Anwesenheit in Rom waren sie aucb im besonderen Maß in der Lage, Zugang beim Princeps zu erhalten und so Einfluß auszuüben, als Mitglieder in einem consüium oder auch informell. b) In zwei Bereichen wurde bereits unter Augustus eine größere Anzahl neuer bzw. permanenter Funktionsstellen eingerichtet. Dies betraf einmal die Provinzen. Dort wurden mit der Schaffung eines stehenden Heeres, dessen Charalckr lediglieb noch langfristigen Änderungen unterworfen war, auch ständi ge Kommandeure für die mehr und mehr in festen Lagern stationierten Legionen erforderlich; sie hatten traditionell senatorischen Ranges zu sein. Da Augusws die ZaJ:ü der Legionen auf ca. 25 beschränkte, waren stets etwa 22123 senato rische Legaten nötig; drei, seit der Spätzeit des Augustus, zwei Legionen in Ägypten wurden von ritterlichen Präfekten kommandiert. Den Typus des Legionslegaten, der gleichzeitig aucb eine Provinz leitete, wie z.B. in Judäa zwischen 70 und der Spätzeit Traians, oder in Pannonia n i ferior seit 106 n.Chr.,73 hat es offensichtlieb zu Beginn des PrinzipalS noch nicht gegeben, da üblicherweise mehr als eine Legion in einer Provinz stationiert war und damit der Provinzlegat nicht gleichzeitig auch eine einzelne Einheit befehligte. Abgesehen von dieser ständigen Ernennung von Legionslegaten wurde die Zahl und die Funktion der Amtsträger in der einzelnen Provinz gegenüber der Republik kaum verändert; die 10 Prokonsuln in den provinciae populi Ro"!'lffi (2 konsulare und 8 prätorische, genau da ursprünglichen Zahl von 8 Prätoren und 2 Konsuln pro Jahr in der Frühzeit des Augustus entsprechend!) nahmen ebenso wie früher einen Quästor und einen Legaten mit in ihren Einsatzbezirk; lediglich in Africa und Asia erhielten die tonsolaren Prokonsuln je drei Legaten.74 Die legatiAugustipro praetore in den Provinzen des Augustus traten an die Stelle ehemaliger Proprätoren bzw. Prokonsuln; sie spiegelten die veränderte machtpolitische Situation wider. Ihre Gesamtzahl erhöhte sieb allerdings von der augusteischen Zeit an. da neue Provinzen ausnahmslos dem Zuständigkeitsbereich des Remebers zugeschlagen wurden. Während es am Ende der augusteischen Regierungszeit insgesamt 11 solcher Administrationsbezirke 72 Vgl. z.B. auch P. Brunt, The emperor'a cboice of amici, in: Alte Geschichte und Wissenscbaftsgescbicbte. Pestschrift für K. Christ, Darmstadt 1988, 39 ff., be5. 56.
73 Vgl. B.E. Thomasson, The One-Legion Provinces of tbe Roman Empire during tbe Principate, Opuscula Romana 9, 1973, 61 ff.
74 Zu diesem Typ von Legaten sowie allen anderen Arten vgl. jetzt B.E. Thomasson, Legatus. Beiträge zur römischen Verwaltungsgescbicbte, Stockholm 1991.
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
121
mit Legaten gab, war ihre Zahl über 14 unter Vespasian auf 22 im J. 138 gestiegen;75 prokuratorisehe Provinzen sind darin noch nicht eingeschlossen (unten S. 133). Völlig neue Ämter und zwar in größerer Zahl schuf Augustus jedoch für
verschiedene öffentliche Bereiche der Stadt Rom,76 beginnend im J. 28 v.Chr.
mit zwei Präfekten prätorisehen Ranges für das Aenrium Satumi. die seit 23 v.Chr. durch zwei aus den jeweiligen Prätoren ezloste Jahresmagistrate abgelöst
wurden. Nach einem Zwischenspiel unter Claudius, der nodlmals zu quaestores aerarii, die aber drei Jahre im Amt blieben, zurückkehrte, wurde durch Nero die ursprüngliche augusteische Regelung mit zwei praefecti aerarii Satumi zur Permanenz gebracht. Als Augustus 22 v.Chr. die cura annonat in der Hauptstadt
übernahm, wurde die Vezteilung des kostenlosen Getreides �telle der Ädilen zwei curatores frumenli dandi übertragen, deren Funktion nach mehreren Zwischenstufen schließlich von praefectifrumenti dandi tx s(enatus) c(onsulto) prätorisehen Ranges übernommen WW'de; wieviele von ihnen gleichzeitig amtier ten, ob zwei oder etwa vier,
ist nicht
festzustellen. Im J. 11 v.Chr., nach dem
Tod des Agrippa, wurde durch Senatsbeschluß ein Kollegium von dre i curatores
aquarum geschaffen, wovon in späterer Zeit offenbar nur der eine konsulare curator aquarum übrig blieb, wie er von FrontiDus in seiner Tätigkeit
be
schrieben wurde, während die nicht konsularen curatorts später offensiebtlieh nicht mehr ernannt wurdenP Augustus selbst schuf sodann auch noch das Amt der curatorts aedium sacrarum tt optrum locorumque publicorum; wieviele Kuratoren ez ernannte, ist nicht überliefert, doch ist es unbestreitbar, daß auch diese cura von Anfang an kollegial organisiert war, wie alle anderen stadtrömischen curae. Im 2. Jh. sind es unzweifelhaft zwei. Zu Beginn gehörten dem Kollegium neben einem Konsular auch Senatoren anderen Ranges an; spätestens seit Claudius, als auch die Zahl der Konsulare wesentlich gestiegen
15 Eck (Anm. 30)
1 ff.; dera., (Anm. 12) 252. 16 Eck, Acta Claasica 29, 1986, 105 ff. in. diesem Band S. 83 ((. 11 Frontinus 99,4; möglicherweise hat der vermutlieb durch Claudius erstmals =
eingesetzte procurator aquanun (Frontinus 105,2) dazu geftlhrt, daß die adiulores des Kurators nicht mehr regelmäßig ernannt wurden. Einzelne Senatoren, die auf [1Stulae aquariae erscheinen, aber nicht als curatons aquarum bei Frontin (siehe z.B. CIL XV 7278. 7281. 7302; vgl. Chr. Bruun, The Water Supply of Ancient Rome, Helsinki 1991, 237 ff.), haben mit der cura aquarum nichts zu tun. Vielmehr haben sie, während sie irgend ein anderes Amt inne hatten, vermutlieb ein Bauwerk errichten lassen, das für ihre damalige Funktion nötig war, und dabei haben sie auch die zugehörige Waaaerleitung verlegen lassen.
122
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
war, wurden sie generell aus den ehemaligen Konsuln genommen.78 Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei den erst durch Tiberius geschaffenen curatores alvei Tiberis et riparum et cloacarum urbis festzustellen; während zu Beginn jeweils ein viezköpfiges Kollegium unter der Leitung eines Konsulars amtiezte, ist später nur noch der konsulare curalOr bezeugt Unverändert blieb dagegen das dreiköpfige Kollegium der prätorisehen praefecti aerarii mililaris, die seit der Einrichtung dieser Kasse für die Abfindungen an die Veteranen im J. 6 n.Chr. eingesetzt wurden.79 Der gelegentlieb schon von Augustus ernannte praefectus urbi wurde erst unter Tiberius zum ständigen höchsten senatorischen Amtsträger in Rom Seit der 2. Hälfte des 1. Jb.s erhielt er fast regelmäßig während dieses .
Amtes einen zweiten Konsulat, wodurch er nochmals in seiner Bedeutung innerlb lal des ordo senatorius herausgehoben wurde. Es ist auffällig, in wie hohem Maß vor allem Augustus den Kreis der stadtrömischen Funktionsträger erweitert bat; ihre Aufgabengebiete waren vornehmlieb aus dem früheren Zuständigkeitsbereich der Censoren bzw. Ädilen herausgenommen und verselbständigt worden. Fragt man nach den Gründen, die zu dieser Stellenvermehrung geführt haben, so scheint Sueton eine Antwort zu geben, wenn er behauptet, Augustus habe sieb diese nova offu:ia ausgedacht, um mehr Senatoren Anteil an der Leitung der res publica zu geben.SOAuch wenn dieses Motiv durchaus eine Rolle gespielt hat, so lagen doch, ebenso wie bei den Legionslegaten, auch dringende Sacbgründe vor, die eine Ausweitung und vor allem eine Verfestigung der staatlieben Administration erforderlich machten; dies zeigen nicht zum Geringsten die gerade für Rom von Augustus geschaffenen ritterlichen Administrationsbereiche (unten S. 128 ff.). Daß andererseits die stadtrömischen curatores nicht ununterbrochen mit amtlichen Aufgaben überhäuft waren, ergibt sieb schon aus der augusteischen Regelung, nach der z.B. die curalores aquarum wie auch die praefectifrumenti dandi und die curalores viarum einen Teil des Jahres auch für Aufgaben in den Richterdekurien zur Verfügung stehen sollten.Sl Im Gegensatz zu Rom ist zunächst für die gesamte italische Halbinsel einschließlieb der Transpadana kaum eine Neuezung getroffen worden. Lediglieb 78 A.E. Gordon, Quintua Veranius consul A.D. 49, Univ. Calif. Publ in Class. Arcb. 2,5, 1952, 279 ff.; A. Kolb, Die kaiserliebe Bauverwaltung in der Stadt Rom.
Geacbicbte und Aufbau der cura operum publicorum unter dem Prinzipat, Stuttgart 1993; W. &k, Cura vianun und cura operum pllbliconun als kollegiale Ämter im frllhen Prinzipat, Klio 74, 1992, 237 ff. in diesem Band S. 281 ff. 19 M. Corbier, L'aerarium Salurni et l'aerarium militare, Rom 1974, 347 ff. 664 ff. 80 SueL, Aug. 37. 81 Frontinus, aqu. 101,1. =
123
Die Umgestaltung der politischen FUhnmgsschicht
die von Augustus 20 v.Chr. übernommene cura viarum hatte die Einsetzung von prätorisehen curarores viarum zur Folge, deren genaue Zahl jedoch für die frühen Jahrzehnte unbekannt ist. Etwa seit neronisch-vespasianischer Zeit, als auch die einzelne Straße in der Titulatur der Kuratoren genannt wird, haben zumeist wohl sieben bzw. acht curatores amtiert;
für die Zeit davor müßten es,
wenn unsere
Überlieferung ein repräsentatives Bild ergibt, wesentlich weniger gewesen sein.
Es ist aber evident,
daß auch die curatores
organisiert waren; erst später erfolgte
viarum zunächst als Kollegium
dann die Zuweisung
einer bestimmten
Straße an einen Kurator.S2 Als Traian für seine Alimentarinstitution kontrollie rende Amtsträger in den italischen Städten brauchte, hat er diese Aufgabe vornehmlich den curatores viarum übertragen, nur gelegentlich wurden eigene, zumeist prätorisehe praefecti
alimentorum allein damit beauftragt83 Erst als
Hadrian, vermutlieb nach der Rundreise durch Italien im J. 127,84 das Kernland des Reiches wahrscheinlich in 4 permanente Bezirke einteilte und dort senatori sche
legati Augusti pro praetore mit konsularem Rang in einer Funktion wie
Provinzstatthalter einsetzte, wurden
für kurze Zeit völlig neue Amtsträger
geschaffen. Die von Antoninus Pius wiedea' beseitigten Legaten kehrten dann erst unter Mare Aurel unter dem Namen iuridici mit eingeschränkten Funktionen und
aufrangmäßig niedrigerem Niveau zurück.85 Insgesamt waren gegen Ende der Regierungszeit des Augustus etwas mehr als 120 Senatsmitglieder pro Jahr in einer amtlichen Stellung in Rom, Italien oder den Provinzen tätig, nicht eingeschlossen die vorsenatorischen Aufgaben im Vigintivirat bzw. in laticlaven Militärtribunaten, da deren Inhaber noch nicht zum Senat gehörten. Bis zu Traian/Hadrian ist diese Zahl auf etwa
160
gestiegen, d.h. insgesamt in einem relativ bescheidenem Umfang, vor allem wenn man es mit dem Anstieg der erst langsam sich entwickelnden ritterlichen Administration vergleicht,
die
innerhalb
des gleichen Zeitraumes wesentlich
stärker zugenommen hat, freilich von einem sehr niedrigen Ausgangswert unter Augustus (unten S.
128 ff.). Die Formulierung uterque ordo hat auch in den sich
einander langsam annähernden Zahlen der' Amtsträger ihre konkrete Basis. Die wesentlich höhere Zahl der Ämter gegenüber der Republik hatte bei der gleichgebliebenen Zahl der Senatoren eine erheblich größere «Belastung» für den
82 W. Eck (Anm. 78) 243 f. 83 Eck, Italien 2S ff. 166 ff. 84 Fasti Ostiensea, ed. L. Vidman, Prag 1982, 49; R. Syme, Athenaeum 63, 1985, 28 f. Roman Paper� V, Oxford 1958, 432.. 8S Dazu W. Eck, Die italischen legati AugiUti pro praetore unter Hadrian und •
Antoninua Pius, Historiae Auguatae Colloquia. Colloquium Parisinum MCMXC, n.s.
I, bg. G. Bonamente - N. Duval, Macuata 1991, 183 ff. • in diesem Band 315 ff.
124
Die Umgestaltung der politischen Fübnmgsschicht
einzelnen zur Folge; im Durcbsclmitt mußte von jedem Senatsmitglied während seiner aktiven Zeit, die sich nicht selten bis in das 6. oder 7. Lebensjahrzehnt erstreckte, wesentlich mehr Funktionsstellen übernommen werden, was auch eine häufigere und länger dauernde Abwesenheit voo Rom nach sich zog. Da aber beispielsweise Patrizier Oedenfalls ab der zweiten Generation) kaum Aufgaben in den Provinzen übernahmen, waren die übrigen nichtpatrizischen Mitglieder des Senats, die freilich die überwiegende Mehrheit bildeten, mehr gefordert. Insbesondere die nichtpatrizischen, erfahrenen Konsulare baben insgesamt übetdurchschnittlieb viele Jahre in den Provinzen verbracht, waren aber im Senat nur wenig präsent, zumal ihre insgesamt nicht große Zahl stetig durch Todesfälle abnahm. Obwohl somit einzelne Senatsmitglieder über große Machtmittel verfügten und nicht selten bedeutende Erfahrungen vorweisen konnten, bat gerade die lange Abwesenheit der wichtigsten und in der Regel wohl auch flihlgsten, zumindest aber erfahrensten Senatoren neben vielen anderen Faktoren zur Abschwächung des Einflusses des Senats als Ganzem beigetragen. c) Das Grundgerüst des senatorischen cursus honorum bildeten für die drei auf
Augustus folgenden Jahrhunderte die republikanischen Ämter mit ihrer geregelten Abfolge und dem festgelegten Mindestalter für die Übernahme einzelner Ämter; hinzukam die Annuität. die bei den stadtrömischen Magistratu ren (einschließlich des Vigintivirats) sowie den Prokonsulen mitsamt den Provinzquästoren sowie den Legaten der Prokonsuln beibehalten wurde. Deshalb konnte es, wenn auch nicht allzu häufig, zu Itentionen kommen, namentlich bei Prokonsulaten in Asia und Africa. Die längste bekannte Amtsdauer bei P. Petronius in Asia in der Regierungszeit des Tiberius betrug sechs Jahre.S6 Seit der flavischen Zeit verschwinden diese Iterationen.87 In diese vorgeprägte Grobstruktur wurden die neuen Funktionen eingepaßt, wobei Umfang der Aufgabe, Notwendiglceit voo gesteigerter Erfahrung und der Grad der Abhängig keit von anderen Amtsträgem für die konkrete Einordnung innerhalb der vorgegebenen Ordnung eine Rolle spielen konnten. So wurden Legions kommandeo schon früh weitgehend an Prätorlee vergeben, weil das Kommando über eine Einheit von 5-6'000 Soldaten eine gewisse Erfahrung, wenn auch nicht unbedingt spezifisch militärischer Art, erforderte; andererseits bot sich die Zeit 86 B.E. Thomasson, Laterculi praesidum I, Göteborg 1984, 211. 87 Die letzte bekannte Iteration eines Prokonsulats ist die des Rutüius Gallicus n i den ersten Jahren der Herrschaft Domitians; vgl. W. Eck, Statius Silvae 1.4 und C. Rutilius Gallicus ala proconsul Asiae II, AJPh 106, 1985, 475 ff. Erst zu Beginn des 3. Jh. tritt dann wieder eine Iteration auf, Thomas10n (Anm. 86) 234.
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicbt
125
nach der Prätur, also in einem Lebensalter voo üblicherweise mehr als 30 Jahren, deshalb an, weil vorher zwiscbeo Quästur und Prätor normalerweise aucb der Vollestribunat oder die ÄdiliW zu bekleiden war, woolit einjungeJ" Senator kaum für 2-3 labre in eine Provinz gehen UDd dort eine Legioo kommandieren konnte, jedenfalls wenn er sieb jeweils innerhalb dC2' Minimalintervalle um die nachfolgende stadtrtlmiscbe Magistramr bewerben wollte. Delmocb warjedenfalls in der v
wurde gelegentlieb aucb von einem Quast.oritz oder Tribunizier übernommen wie beispielsweise bei L. Flavius Silva. dem späteren Erobetet voo Masada. der die legio XXI Rapax nach dem Volkstribunat befehligt baUe.88
Vor allem lDlter Augustus, als die neue Ämterstruktur erst im Entstehen war und teilweise Mangel an interessierten Bewerbern berrscbte, sind ganz un gewöbnlicbe Abfolgen von Ämtern bekannt. etwa Funletionen des Vigintivirats erst nach der Quästur. 89 Doch mit der steigenden Akzeptanz der Sachzwänge sowie der allgemeinen Anerkennung der Abhängigkeit der senatorischen
Laufbahn aucb von der Entscheidung des PriDceps kommen derartige Unregel mäßigkeiten allmablicb weitgebend oder sogar völlig zum Vendlwinden. Es ent wickeln sieb seit der claudisch-neronischen Zeit immer mebr, vor allemjedocb seit der domitianiscb-traianiscben Zeit einige Typen von cursus honorum, bei denen ein Senator auf Grund der jeweils vorausgebenden Ämter mit relativer Sieberbeil eine entsprechende Fortsetzung seiner Lautbahn erwarten konnte.90 So durchliefen Senatsanwärter, die etwa zum triumvir monetalis bestimmt
worden waren. im allgemeinen eine Karriere. die entweder in kürzerer Zeit zum Konsulat führte oder zumindest über wc:oigeJ" pttoriscbc Stufen. Beides mußte nicht unbedingt zusammenfal.len Ebenso konnte ein junger Prätorier, der obne ein dazwischenliegendes Amt zu einem Legionskommando gekommen war, davon ausgeben, relativ zügig die Jasces zu erhalten; Ibnlieb durften auf einer späteren piitorischen Stufe die lnbaber dc% Präfetturen über das aerarium Saturni oder Stattbaitee kaiserlieber Provinzen wie dc% Lugdunensis oder Dacia davon ausgeben, daß sie unmittelbar nach dem Ende dieser Funktion, möglicherweise aber sogar bereits vorher, also aucb nocb während des Aufentbaltes in der Pro-
88 Eck. Beförderungskriterien 185 ff. 89 DemougiD, EOS I 82 ft. 90 GruDdlegeod ftlr diese ErkenntDis B. Birley, Senaton in the Bmperor'1 Service, PBritAcad 39, 1954, 197 ff.; ferner Ect. Be!Ordaungskriterieo 173 ff.; G. Alföldy, Kooaulat und SeoatoreoataDd unter deo Aotooioeo, Bonn 1977, 33 ff.; A. Birley, The Futi of Romao Britain, Oxford 1981, 4 ff.
126
Die Umgestaltung derpolitischen FUhnmgsschicht
vinz, zum Konsulat gelangten.91 Andererseits konnten vor allem Patrizier, ferner häufig auch die Söhne von nichtpatrizischen Konsularen erwarten, am 1. Januar den Konsulat anzutreten, also als consul ordinarius und nicht als consul suffectus. Ebenso erhielt ein praefectus urbi seit flavischer Zeit sehr häufig einen zweiten Konsulat Eine solche Auszeichnung ebenso wie ein außerordentlich seltener dritter Konsulat war bis zur frühtraianisdlen Zeit auch in der Stellung als suffectus zu erreichen, nach dem J. 100 n.Chr., nach allem was wir heute wissen, ausschließlich als ordinarius. Alle diese Regelmäßigkeilen sind nicht als absolute Regeln zu nehmen, vielmehr als aus der Praxis entwiclcelte Gewohnheiten, die aber durchaus als vom Einzelfall unabhängige Leitlinien beobachtbar waren.92 Dies hatte zur Folge, daß der Ehrgeiz der Senatoren untereinander in gewisser Hinsicht kanalisiert wurde, daß jeder einzelne von ihnen andererseits nicht der vollen Willk.ür des jeweiligen Kaisers ausgeliefert war, daß sie sich vielmehr bei der Abfolge der Ämter auf gewisse •objektive» Tatbestände verlassen konnten, falls nicht durch ihr eigenes Verhalten die Voraussetzungen außer Kraft gesetzt wurden oder plötzliche Spannungssituationen eine ungewöhnliche Entscheidung eines Herrschers nötig machten. Denn grundsätzlich standen ohne Zweifel mehr oder weniger die meisten Ämtel' direkt oder indirekt zur Disposition des Herrschers, zumindest ab der claudischen Zeit. Bei Magislraturen wie Quästur, Volkstribunat oder Prätut konnte der Kaiser durch Kommendation Einfluß nehmen; das Vorbild kam von Augustus, der in verschiedener Weise solches praktiziert hatte, manchmal sogar noch in republikanischen Formen der direkten Wahlempfehlung
einzelner Kandidaten an verschiedene Tribus. In seinen letzten Lebensjahren hatte er es in schriftlicher Form getan, und das ist offenbar stilbildend gewesen.93 Neben den Funktionen, die in den Provinzen des Kaisers nur auf seine eigene Entscheidung hin übernommen werden konnten, eben in seiner Stellvertretung (legatus), war der Einfluß auch auf die anderen Ämter bereits unter Augustus weitgehend gegeben, zum Teil auf der Grundlage eines Senatsbeschlusses. So
91 R. Syme, Consulates in absence, JRS 48, 1958, 1 ff. Roman Papers I, Oxford 1979, 378 ff. 92 Deshalb trifft auch die Kritik, wie sie sich beispielsweise bei K. Hopkins, Deatb and Renewal, Cambridge 1983, 149 ff. imdet. nur begrenzt zu. Zu wichtigen Fragen der statistischen Auswertung dea Quellenmaterials J. Hahn P.M.M. Leunissen, Statistical Metbod and Inheritance of the Consulate under tbe Principate, Phoenix 44, 1990, 60 ff. •
-
93 Siebe R. Frei-Stolba, Untersuchungen zu den Wahlen in der römischen Kai.serzeit. ZUrich 1967; R.J.A. Talbert. The Senate of Imperial Rome, Princeton 1984, 9 ff.
Die Umgestaltung der poliliscbeo Fübnmgsschlc.bt
127
wmden die curaJores aquarum von Augustus u consensu senatus ernannt,94 llhnliches geschah mit den praefecti frutMnti dandi ex s.c. Aber selbst auf die
Besetzung der Prokonsulate konnte der Herrscher Einfluß nehmen, wie es z.B.
Tacitus bei Agricola nabelegt.9 S Ein entsprechender Wink von Seiten des Herrschers konnte jederzeit eine Teilnahme an der Losung unmöglich machen, obwohl uns der konkrete Mechanismus. wie solches geschah, unbekannt ist. Schließlieb war der Kaiser auch in der Lage, bestimmte Privilegien zu verleihen, durch die einzelne Vorschriften der Ieges aMilies gemildert werden konnten. Plinius bat auf diese Weise, ein Jahr früher als nach den gesetzlieben Vorschriften erlaubt, seine Wahl zum Prätor erreichen können; sein Freund
Calestrius Tiro war ihm zuvor auf Grund des Dreikinderrechts (ius trium
liberorum) um ein Jahr voraus gewesen.96
Wenn somit von «Regeln» in einer senatorischen Lautbahn gesprochen wird,97 dann dürfen diese nie als völlig und in jedem Einzelfall bindend angese hen werden; vielmehr konnten in mehr oder weniger großem Umfang immer wieder Änderungen an ihnen vorgenommen werden oder auch einmal. gegen die «Regeln», ein plötzlicher Stillstand in der Laufbabn eines einzelneo Senators eintreten. Die Motive dafür sind vermutlieb sehr heterogener und auch in dividueller Natur gewesen. Doch war, wenn lceioe außergewöhnlieben oder übet rasebenden Umstände einwirltten, aufjeder Stufe einer Laufbahn eine relativ klare Aussage möglich, wie diese sieb in der Strulctu.r fortsetzen wUrde, immer vorausgesetzt, daß die bisherigen Konstanten und Einflüsse sieb nicht änderten. Zu den Konstanten gehörten die spezifiSche Herkunft, ob also jemand innerhalb des ordo aus patrizischer oder z.B. lconsularer Familie stammte bzw. ob Abkunft
aus nichtsenatorischer Familie vorlag, ferner die Möglicblceit. andere einflußrei
che Personen - Senatoren selbst, die Frau des Kaisers oder einzelne Individuen aus dem Kreis der kaiserlieben Sklaven und Freigelassenen - für sieb fördernd einzusetzen, d.b. der weite Bereich
der
Pattonage (vgl unten S. 138 f.). Vor
allem die jeweilige Herkunft war ein gestaltender Faktor für die Ausbildung von bestimmten Laufbahntypen mit ihren «Regeln» gewesen. Schließlieb aber spielten auch immer wieder die individuellen Fähigkeiten eine nicht unwesent liche Rolle, nicht in dem Sinn einer geregelten Ausbildung und gar eines daraus
94 Prootinua, aqu. 100,1. 9S Tac., Agr. 42. 96 Pliniua, ep. 7, 16 1 f. 97 Vgl. auch noch die erglnzendeo Bemerkungen zur italieoiacheo ,
Oberaetzung der
cBefördenmgakritcrieD» iD: W. Eck, Fra epicrafia e proaopografia. Rom 1995 (im
Druck).
128
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
resultierenden Spezialistentums, sondern im Sinn einer breiten Fähigkeit, ver nünftige Entscheidungen nach den Kriterien der damaligen Zeit zu flillen.98 Gerade militäriscbe Zwänge veranlaßten die Principes aber immer wieder, nach besonders geeigneten Amtsträgern Ausschau zu halten; und dabei wichen sie, wenn nötig, von den üblichen Regeln ab, so liberius im Fall der Bestellung von Prokonsuln von Africa beim Kampf gegen Tacfarinas oder Hadrian bei der Versetzung Sex. lulius Severus von Britannien in die rangniedrigere Provinz Iudaea99 Daß bei der Bestellung einzelner Amtsträger immer wieder eklatante Mißgriffe
vorkamen,
liegt auch an dem hierarchisch aufgebauten System der
Ämter mit infolge von natürlichen Todesfällen langsam abnehmenden Zahlen von verfügbaren Personen auf den einzelnen Stufen, so daß insbesondere für die hohen konsularen Ämter in den Provinzen auf eine nur knappe Personalreserve zurückgegriffen werden konnte, zumal bei Spannungen zwischen dem Kaiser und den führenden gesellschaftlichen Kräften, speziell im Senat. Dann konnte es geschehen, daß z.B. in der explosiven Situation des I. 68 Galba den vielleicht vertrauenswürdigen, aber wegen seines Alters fast hilflosen Hordeonius Flaccus
zum Befehlshaber des obergermanischen Heeres ernannte, mit katastrophalen Folgen während des I. 69. 100 Loyalität war bei der Ernennung zu Ämtern, die mit Macht ausgestattet waren, eine lebenswichtige Voraussetzung für jeden Kaiser, genügte aber nicht immer den sachlichen Erfordernissen. Im allgemeinen konnte sie aber ohnehin bei allen Senatoren vorausgesetzt werden.
2.2 Die Entwicklung der ritterlieben Funktionen und die Ansätze zu einer ritter lichen Laufbahn.101 Magistratische und ihr vergleichbare regelmäßige Tätigkeit für die res publica war während der Republik als Monopol der Senmnn angesehen worden; sie war
9& Vgl. Tac ann. 1,4,3; CassiUJ Dio 52,23,2; dazu
auch P.A. Brunt, JRS 73, 1983, 48: «< know of no parallel for this.» Doch ist beispielsweise auf die Entscheidung des .•
Claudius zu verweisen, Quästoren fUr das aerarium Salurni für drei Jahre im Amt zu belassen, eben weil hier der jährliche Wechsel ein sachliches Hindernis gewesen wllre. 99 Tac., ann . 3,32,1 ff. 35 1 ; A.R. Birley, The Fasti of Roman Britania, Oxford
1981, 106 ft.
,
100 Tac., bist. 1,9,1; W. Eck, Die Statthalter der germanischen Provinzen vom 1.-3. Jahrhundert, Köln 1985, 30 ff. 101 Zum Folgenden vor allem Pflaum 29 ff. 210 ff.; dazu P.A. Brunt, Tbc Ad ministrators of Roman Egypt, JRS 65, 1975, 124 ff.; mit geringen Veränderungen wiederabgedruckt in: P.A. Brunt, Roman Imperial Tbemes, Oxford 1990, 215 ff.; ders., Princeps and Equites, JRS 73, 1983, 42 ff.
Die Umgeslaltung der politischeo Fübnmgsschicbt
129
abbangig von der vorausgebeodeo Wahl durcb das Volt. Doch wurden bereits in den letzten Jahrzehnten vor dem endgültigen Znsamnv:nbruch der republikani schen Ordnung gelegentlieb auch Nicbtseoatcnn, vor allem Personen ritterlieben Ranges, öffentliche Aufgaben übertragen. So vertraute Cicero einem seiner Begleitet, Q. Volusius. die Rechtsprechung über römische Bürger auf der Insel Cypem an, die zu seina- provincia gehörte. Alle diese Aufgaben, selbst wenn
dazu ein imptrium benötigt wurde, waren jedocb von der Befehlsgewalt des Amtsinhabers abgeleitet. Dauernafter Natur waren sie nirgends; vielmehr wmde die Beaoftragung n..- jeweils im FJordfaD ausgespocbeo.102 Augostus nützte dieses aus der Republik Obertommeoe Modell Ihnlieb wie bei der Bestellung von Provinzlegaleil nadl dem V<Xbild des Pompeius, formte
daraus jedoch im Va-lauf seiner langen Herrschaft allmählich eine permanente
Einrichtung, deren wahrel', in die Zukunft weiseoder Charakter allerdings erst aus der Retrospektive erkennbar war. Denn nur sehr langsam hat Augustus nach der ohne Zweifel sensationell wirkenden Ernennung des ritterlichen Präfekten von Ägypten auch andere Aufgaben Persooen aus dem ordb tqutsttr anvertraul Siebt man einmal von Präfekten in kleinen Alpendistrikten ab, deren erste Ernennung zudem nicht genau zu datieren ist. dann enc.beinen erst 6 n.Chr. zwei weitere Provinzialpräfekten, auf der Insel Sardinien lmd in Judaa. Als in Rom selbst, erst
2 v.Chr., zwei pratftcti prattorio als Kommandeure der Prätorianerkohorten ernannt wurden, war dies mit der Stellung der Präfekten von Provinzen keineswegs vergleichbar; ihr Einfluß in dieser ersten Zeit wies in keiner Weise auf die spätere Entwicklung voraus, obwohl nicht selten in anachronistischer Weise in der F<XSChung die spätere Machtfülle der Prätorianerpräfekten bereits in der Frühzeit vorausgesetzt wird. Präfekten für die annona und die vigihs in Rom wurden überhaupt erst in den letzten Jahren des Augustus bestimmt und sie übernahmen zudem Aufgaben, die kein bisberiges senatorisches Reservat gewesen waren. Denn wenn auch die Ädilen gelegentlieb fDr die Zufuhr von
Lebensmitteln, vor allem Getreide, nach Rool gesorgt batteD, lag es jenseits der Vorstellungen der Republik, dies als eine petm.aDeDte staatliebe Aufgabe zu begreifen. So sind in größerer Zahl lediglieb die Finanzprokuratoren in den Provinzen des Augustus bereits in frilher Zeit mit regelmäßigen Aufgaben betraut worden, die vorha- Senatoren
erfüllt hatten. Sie traten nämlich an die
Stelle der Quästoren, von denen wir in den provinciat Catsaris nach dem J. 27
i v.Chr. nchts mehr hören. Manchmal konnte dabei ein Prokurator auch für zwei
1 02 Cicero, Ad Att. S,l,l; A.H.M. Jooea, Procurat.orl aod Prefecta in the Early Priocipate, in: Studiea in Roman Oovernment aod Law, Oxford 1968, llS ff.
130
Die Umgestaltung der politiscbeo FUhnmgsschicbt
Provinzen :zuständig sein wie etwa Vitrasius Pollio unter Tiberius für die Lugdunensis und die Aquitania 103 Der Ersatz der Quästaen durch dieprocurato rts Augusti scheint wesentlich dadurch bedingt gewesen zu sein, daß nach der Wiederberstelung l der repub1ikaniscbeo Noemen und damit auch det Zahl 20 für die Quästoren
schon gelegentlieb Grenzüberschreitungen gegeben bat.10S Solche Funktionen als Prokuratoren für die privaten Geldgescblfte und Gutsverwaltung waren auch bei anderen großen aristokratischen Familien möglich gewesen. Doch m i Unterschied zu ihnen bildete bereits unter Augustus für seine Patrimonialproku ratoren die jeweilige P r o v i n z bzw. ein Komplex mehrerer Provinzen den Funktioosbereicb, we i z.B. für Cn. Pompeius Macer die Provinz Asia 106 Selbst wenn man alle diese ritterlieben Beauftragten des Augustus numerisch zusammenfaßt, kommt man am Ende seiner Herrschaft auf maximal 35 permanente Funktionsposten, 107 die aber größtenteils noch nicht in irgendeinem bierarebischen Verbältnis untereinander standen, wie es bei den senatorischen Magistraturen und auch den meisten neuen Aufgaben für Senatoren von Anfang an der Fall war. Denn die Aufgaben waten teilweise völlig neu und größtenteils miteinander wenig vergleichbar. Ein vorgegebenes strulcturelles Gerüst gab es nicht; vielmehr mußte sieb dieses ezst durch die Praxis entwickeln. Insbesondere die Patrimonialprokuratoren scheinen eine eigene Kategorie von Beauftragten gewesen zu sein, die wohl auch häufig über sehr lange Jahre binweg dieser Aufgabe nacbgingen, wie wir dies auch bei den Prokuratoren anderer großer aristokratischer Familien voraussetzen dürfen. Wie sehr diese noch den privaten
Charakter bewahrten, der ja auch in ihrer Bezeichnung procuraJor Ctusaris 103 CIL X 3871; v&l. W. Eck, ZPE 42, 1981, 250 f. 104 W. Eck. Acta Cluaica 29, 1986, lOS ff. • in dieaem Band S. 83 ff. lOS V&l. den Fall dea Luciliua Capito in der prokonaularcn Provinz Alia, dessen
Kompetenzen nur die kaiserlieben Sklaven aowie die pecuniM famülarel umfaßte; doch hatte ec sieb die vil pnutoril, alao vor allem die Recbtaprecbun& angemaßt; Tac., anu. 4,15,2. 106 Strabo 13,2,3. Zur Entwicklung ihrer Auf&abeo im Verlaut dea 1. und 2.Jh. siebe O.P. Burton, Provincial Procuratorea and tbe Public Provinces, Chiton 23, 1993,
13 ff. 107 W. Eck (Anm. 12) 258 f.
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
131
Augusti oder ähnlich deutlich wird,lOS zeigt etwa Cn. Pompeius Macer, Nach
komme des Pompeius Theophanes, des Anhängers des Pompeius; er hatte nocb rechtzeitig sich dem späteren Sieger im Bürgerkrieg, Octavian, angeschlossen, und erhielt, obwohl von seiner «Profession» her Philosoph, die Leitung des augusteischen Privatbesitzes in der prokonsularen Provinz Asia.l09 Nocb deutlicher zeigt sich dieser ursprünglich private Charakter an Sex. Afranius Burrus, dem späteren Prätorianerpräfekten von 51-62 n.Chr.: er war auch Prokurator der Livia Augusta gewesen, hatte also eine Funktion übernommen, wie sie auch für große aristokratische Besitzungen notwendig war. In der öffentlich präsentierten inschriftlieben Aufzählung der Aufgaben wird dies jedocb von den sonstigen Patrimonialprokuratuten der Herrscher nicht unterschieden:
proc(urator)Augustae, proc(urator) n Caesar(is), proc(urator) divi Claudi.110
Alle ritterlieben Aufgaben konnten von Augustus offensiebtlieh nach seinem eigenen Belieben vergeben werden; irgendwelche V
132
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
Insgesamt ist es somit nicht verwunderlich. daß für fast
100 Jahre die Präfektur
über Ägypten fast nur als Abschluß einer längeren Tätigkeit
im Dienst des
Remebers übemoounen wurde. da es eine stättere K<mpetenz- Wld Machtzusam menballung in
der Hand eines rittetlieben Beaufttagten sonst nicht gab. Denn er
leitete nicht nur die fmanzstärkste Provinz des Reiches, vielmehr unterstanden
ihm auch bis in die traianiscb-hadrianiscbe Zeit hinein 2 Legionen sowie zahlreiche Auxiliartruppen. Die dem
Präfekten
untergeordneten Posten des
iuridicus, des idiologus oder der vier ägyptischen Episttategen fanden dann ihre zwangsläufig
tiefer angesetzte Position, die freilich in eine Relation zu ver
gleichbaren Aufgaben in Rom sowie den Provinzen gebracht werden konnte. 113 Erst als das politische Gewicht der Prlltorianeektur rp:a - 1Dld zwar gerade wegen
ihrer Nähe zum Herrscher und wegen des Kommandos über die einzige starke Truppenmacht unmittelbar in der Nähe des Heascben- so dominant wurde, daß
ihre Inhaber dadurch alle anderen Funktionsträger, die zudem fast ausscbließlicb territorial gebunden und eingeschränkt waren, übertrafen, wurde
sie auch
gegenüber der Präfektur von Ägypten höberwertig, womit eine Beförderung aus
Das erste 114 Domitians bekannte Beispiel dafür stammt aus der Zeit . Der eigentliche Aufbau einer der senatorischen wenigstens im Ansatz Ägypten
.an
die Spitze der Prätorianerkohorten möglich wurde.
vergleichbaren ritterlieben Lautbahn wurde aber erst möglich, nachdem einerseits die
Zahl
der durch Mitglieder des
ordo equesttr zu besetzenden Positionen
wesentlich angewachsen war, und andererseits der Charakter der dabei erfüllten Aufgaben immer stärker öffentlichen, von der Person des einzelnen Herrschers losgelösten Charakter erllielt. Deutlieb wird dies etwa an der Veränderung in der Titulatur, .indem immer öfter nach procuralor nicht mehr der individuelle Name
des Kaisen erschien. wie etwa noch in der Bezeichnung des Afranius Burrus (s. oben S. 131), sondern nur noch die mehr auf die überpersönliche Herrscherstei lung verweisende Benennung procuralor Augusti. Das gleiche Phänomen zeigt sieb auch in der Kennzeichnung der kaiserlichen Freigelassenen. 115
113 Vgl. z.B. D. Hagedom, Zum Amt des &otlCl -n\c; im römischen Ägypten, in: l Papyrology, hg. N. Lewis, 1985, 167ff.; J.D . 1bomu, 'lbe epiatrategoa in Ptolemaic and Roman Egypt. Part 2. 'lbe Roman Epistrategoa, Opladen 1982. 11<4 Ea handelt aich um L luliua Ursua, der von der Prltorianetprlfektur aua später in den Senat aufgenommen wurde, PJR2 J 630. llS Vgl. H. Chantraine, Freigelusene und Sklaven im Dienst der römiachen Kaiser, Wiesbaden 1967, 14 ff.; 0. Fabre, Ubertus. Recherehes aur les rapports patron affranchi a Ia fm de republique romaine, Rom 1981, 116 ff.; W. Eck, Sozialstruktur und kaiserlicher Dienst, in: Struktur und Gehalt. Dialog Scbule - Wissenschaft. Klassische Sprachen und Literatur XVII, München 1983, 6 f.
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicbt
133
Konzentiert man sieb lediglieb auf die von Rittern zu besetzenden böberen Positionen. die keineswegs bereits in allen administrativen Bereichen, in denen Personal aus den kaiserlieben Sklaven und Freigelassenen tätig war, anzutreffen sind, 1 1 6 s o erböbt s ieb deren Zabl seit augusteischer Zeit in langsamen Schritten auf mindestens 70, sie stieg sodann bis mm Ende der' badrianiscben Regierungszeit auf etwa 110 an. 117 Ein wesentlicher numeriscber Zuwachs ergab sieb dmcb die Zunahme der kaiserlieben Provinzen. in denen zumeist jeweils ein eigener Finanzprokurator eingesetzt wurde. beispielsweise in Britannien und Dacia nach der Gründung der' Provinz oder in Moesia inferior bzw. superior nach der Teilung unter Domitian. Wesentlich erböbt hatte sich
auch die Zahl det � da etwa Kappadokien unttt Tiberius oder die beiden Mauretanien ebenso wie Tbrakien unter Claudius keinem senatori schen Legaten übertragen wurden. Die Amtsbezeichnung dieser ritterlieben Statthalter lautete nunmehr, von Ägypten abgesehen. fast ausnahmslos procurator provnciae i und nicht mebr pratftctus. wenn man von einzelnen SooderCUlen sowie vom procurator tt praeftctus provinciDt Sardiniat absieht 118 Eingegliedert wurden aucb die Kommandeure der Flotten in Italien und den Provinzen. die ursprünglich teils von Freigelassenen. teils von Offizieren innerhalb der rein militärischen Lau1babn befehligt worden waren. Besonders wichtig aber wurde dieErsetzung der kaiserlieben Freigelassenen für zentrale Funktionen in der Nähe des Herrschers durch Ritter, also die Stellungen des ab epistulis, a rationibus, a libeUis, a studi is sowie vergleichbare Positionen. Diese Aufgaben entsprachen ursprünglich aucb im Haushalt des Princeps den Erfordernissen. wie sie in jeder großen aristotratischen Familie zu bewältigen gewesen waren. Doch Gewicht und Umfang der Aufgaben sowie die nunmehr konkurrenzlose Stellung des Herrschers sprengten den privaten Cbarakter bald; eine faktisch öffentliche Tätigkeit dem Werte nach stieß sieb mit der sozialen Mindereinschätzung der Freigelassenen, die sie ausübten. l 19 Die Diskrepanz wurde unter Claudius mit Persönlichkeiten wie Pallas, Narcissus und Polybius besonders deutlich. trug allerdings dadurch aucb zur schließlieben Veränderung 116 Manche Bereiche, die splter von Rittern geleitet werden und deren Einrichtung als selbständige Bereiche deshalb auch erst in diese spltere Zeit geaetzt wird, existierten tataleblieb bereit• frUber, möglicherweile als Unterabteilung eines anderen Au!gabenbereicba. Die Veraelbatlndigung erfolgte IOdann durcb Auagliederung aw dem lltlprünglicben Zwammenbang (vgl. CAH Bd. XI Kap. S: The growtb of administrative posts). 117 Eck (Anm. 12) 259; Pflaum 66 (eini&e Korrek1uren aind dort oötig). 11& Vgl. die Zeugnisae dazu bei B. B. lbomauon, Latetculi praesidum I. Göteborg 1984, 7 ff. l 19 &k (Anm. 11S) s ff.
134
Die Umgestaltung der politischen Fübnmgsschicht
bei.120 Bereits unter Vitellius fmdet sich vorübergehend ein Sex. Caesius Propertianus als pro(curator) imp(tratoris) a patrim(onio) et htredit(atibus) tt a li[b]ell(is). 121 Doch der entscheidende und offensichtlich nicht me.hr rückgängig gemachte Durchbruch erfolgte spätestens unter Domitian. in dessen Regierungs zeit ein procurator ab tpistulis tt a patrimonio erscheint; ebenso dürfte unter ihm die Stellung des ad Iegationes tt responsa Graeca sowie des a rationibus bereits mit Rittern besetzt gewesen sein. 122 Bei dem gegenüber den sozialen Regeln auch sonst eher traditionell eingestellten Herrscher ist dieser Wechsel von Freige lassenen zu freigeborenen Rittern keineswegs erstaunlich. 123 Diese in der Konsequenz der Entwicklung liegende Neuerung, die lange Zeit Hadrian zugeschrieben wurde, ist somit wesentlicb früher erfolgt und beruhte keineswegs auf einer rein rationalen und angeblich umfassenden Reform der Administration durch diesen. Sie brachte sozialen Status sowie aus den Funktionen erwachsende Macht und Einfluß wieder einigermaßen zur Declamg. Seit dem Ende des 1. Jh s ist auch häufiger ein zweiter Zugang zu einer ritterlichen Lautbahn zu beobachten. Bisher waren die meisten Prokuratoren und Präfekten aus dem Offiziersksorp hervorgegangen, entweder über die seit claudischer Zeit sehr bäufig dreifachen ritterlichen militiae als Präfekt einer Kohorte, Tribun einer Legion und schließlich Präfekt einer Reitereinheit (ala) oder über die Centuriooenlaufbahn bis zum sogenannten primus pilus bis, der der höchste Stabsofftzier einer Legion war; diese Möglichkeit entwickelte sich bereits seit der Regierungszeit des Claudius.124 Ferner wurden auch Tribunen, die bei den drei stadtrömischen Einheiten, den vigiles, cohones urbanae und cohones praetoriae, gedient hatten, nicht selten zu Prokuratoren weiterbe fördert. l 25 Zunehmend aber wurden nunmehr auch Personen, die offensichtlich überhaupt keinen Militärdienst abgeleistet hatten, direkt zu prokuratorisehen Stellungen befördert, wie beispielsweise C. Suetonius Tranquillus unter .
120 Siehe zuletzt W. Eck, Die Bedeutung der claudiscben Regierungszeit für die administrative Entwiclclung des römischen Reiches, in: Die Regierungszeit des Kaisers Claudius (41-54 n.Chr.). Umbruch oder Episode?, hg. v. V.M. Strocka, Mainz 1994, 23 ff.; 0. Hirschfeld, Die kaiserlichen Verwaltungsbeamten bi1 auf Diocletian, Berlin 1905 (ND 1 963), 410 ff. 121 CIL XI 5028 = n..s 1447; Pflaum, C&r'!Wres (Anm. 109) I 88 ff. 122 ClL Vl 798 = ILS 144; AE 1934, 154; H. ..Q. Pflaum, Abr6g6 des procurateurs 6 uestres, Paris 1974, 15. 1�3 Vgl. Suet., Dom. 7,3. 124 B. Dobson, Die Primipilarea. Entwiclclung und Bedeutung, Laufbahn und . Persönlichkeiten eines römischen Offwersranges, Köln 1978, 88 ff. 125 Zuletzt Demougin 275 ff.
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsscbicht
135
Traian126 oder Sex. Comelius Repentinus in den ezsten Jahren des Antoninus Pius; Repentinus übernahm als erste Stellung die Aufgabe eines advocatus jisci,121 d.h. eines Rechtsvertreters der kaisetlichen Fmanzadministration; es scheint,
daß Hadrian diese Funktion geschaffen hat, wodurch sich ohne Zweüel
der Verwaltungsbereich weit stärker auch den vornehmlich intellektuell Gebildeten
im
Reich
eröffnete, 128 die bisher möglicherweise nicht bereit
gewesen waren, eine oder mehrere Stellungen als ritterlicher Offizier zu
übernehmen und sich für einige Zeit so der «Barbarei» des Militärdienstes auszu
setzen. Auf welche Weise die innere Gliederung der ritterlieben Laufbahn sich entwickelte, s i t nur teilweise zu rekonstruieren. Negativ wurde sie im Vergleich mit dem cursus hoMrum der Senau-en dadurch geprägt, daß eine Grundstruktur in der Form der republikanischen
Ämtez fehlte; dadurch war für Augustus und
seine Nachfolger eine sehr große Freiheit in der Gestaltung möglich. Gliedernd wirkten einerseits Aufgaben, wie
ohne Zweüel das Gewicht und der Umfang der jeweiligen man es beispielsweise an der Präfektur über Ägypten oder
wichtigen prokuratorisehen Statthalterscbaften wie beispielsweise Noricum, Tbrakien oder den beiden mauretanischen Provinzen bzw. kleineren wie Epirus
oder den verschiedenen Alpenprovinzen sehen kann. Daneben aber hing der Rang und die Einordnung einer Position innerllal.b der Karriere wesentlich auch von der Nähe zum Herrscher ab; deshalb waren insbesondere die Aufgaben des
a
rationibus, a libellis, ab epistulis usw., deren Inhaber vermutlieb neben den Prätorianerpräfekten eingestuft.
Daß
am regelmäßigsten Zugang
zum
Kaiser hatten, sehr hoch
andererseits ein Funktionsträger, der innerhalb desselben
Aufgabenbereichs einem
anderen
untergeordnet war,
wie der subpraefectus
vigilum oder der procurator annonae dem entsprechenden praefectus, auch einer niedrigeren Stufe innerhalb
der Laufbahn
angehörte, versteht sieb von selbst.
Daß bei einer Erhöhung des Gewichts einer Funktion, worin immer diese bestehen mochte, auch eine Höherstufung erfolgte, ist als allgemeines Phänomen schwer zu zeigen, jedoch an einigen sehr seltenen Beispielen
erkennbar, etwa am Ende des 2. Jb.s bei der praefectura vehiculorum.129 Auch 126 Pflaum, Cania-es (Anm. 109) I 219 ff. 127 G. Camodeca, La caaiera del prefeUo pretorio Sex. Comeliua Repentinus, ZPH 43, ·
1981, 43 ff.
128 Siehe dazu mit Nachdruck Miliar 83 ff. Doch ist es nicht zwingend, daß ein 63 f.). Hiner der frühesten bekannten advocali fuci, luliua Pestua, war vorher Prlfekt einer Kohorte gewesen (AB 1975, 408). 129 Pflaum 77. advocalUJ jisci direkt in die prolcuratorilcb.e Lautbahn einsteigt (10 Pflaum
136
Die Umgestaltung der politiscben Fühnmgsschicht
bei einer Erhöhung des Gewichts einer
Provinz durch eine größere Legions
besatzung wie etwa in Iudaea in der traianisch-hadrianiscben Zeit wird im allgemeinen die Bedeutung und damit der Rang einer Prokuratut gestiegen sein. Schließlieb wuchs bei der Vermehrung der Legionen das Volumen des Soldes, der über den Prokurator ausgezahlt wurde, entsprechend. Doch kann man deswegen keineswegs beweisen, daßjede Einstufung von ritterlichen Funletionen jeweils nur nach inbaltlichen Kriterien erfolgte. Vermutlich hing die Weiterentwiclclung der Grundstrulcturen mit der bereits
von Anfang an einsetzenden Bezahlung der ritterlieben Funletionen zusammen. Ob dabei sogleich zu Beginn die Stufen der suagenarii, centenarii, ducenarii geschaffen wurden, wie Cassius Dio berichtet, ist nicht zu sehen, für das Jahr 27 v.Cbr. sogar ganz unwahrscbeinlich. t 30 Doch hat es zumindest bereits in der claudischen Zeit die Gehaltsstufen gegeben, da Sueton berichtet, Claudius habe
procuratoribus ducenariis die Rangabzeichen von Kons ularen verlieben.131 Da diese ornanunta die höchsten waren, muß auch die Gehaltsstufe von 200'000 Sesterzen damals die oberste gewesen sein, alme daß
wir aber sagen können,
welche ritterlichen Funlctiooen damals zu dieser Kategorie gebörten.132 Von da
an kann das Gehaltssystem. das in der 2. Hälfte des 2. Jb.s auch titular den Rang
mit sexagenarius, cen.tenarius, ducenarius und trecenariiLr ausdrücken konnte, die Grobstruktur für die Einstufung der einzelnen Aufgabe und damit für deren
Abfolge innerhalb einer Laufbahn abgegeben haben. Freilieb gehörte zu jeder dieser Gehaltsstufen, wenn sie damals bereits generell galten, eine größere Zahl von Funletionen in verschiedenen sachlichen und geographischen Bereichen, die sieb außerdem noch ständig vermehrten. So scheint sieb innerhalb dieser Gehaltsstufen seit der starken numerischen Ausweitung der prokuratorisehen Funktionen im späten 1. und frühen 2. Jahrhundert langsam ein relatives Verhältnis einzelnec Stellungen zueinander herausgebildet zu haben, db., daß häufiger bestimmte Aufgaben in einer bekannten und mebr oder weniger festgelegten Abfolge übernommen wurden.133 Doch sind diese gegenseitigen Relationen bei weitem nicht so lclar erkennbar wie innerhalb der senatorischen 130 CuaiUJ Dio S ,1S,S. 3 1 31 Suet., Claud. 24,1. Dabei muß man sieb bewußt sein, daß Claudius möglicher weise nur in einem einzigen Fall eine solche Ehrung vorgenommen haben kann, da Sueton öfter eine Einzelerscheinung zu einer generellen Handlungsmaxime eines Herrscbera umgeformt bat. 1 32 Vor allem laBt sieb nicht sagen, ob procurelloru bei Suet., Claud. 24, 1 ganz �rlzll zu nehmen ist und die vencbiedeoen prtUfecti in Rom oder auch der von Ägypten damit nicht gemeint aind. Dann kOnnten diele acbon damals bObere BezOge erhalten haben. Die Frage muß offen bleiben. 133 Pflaum 210 ff.; Alföldy (Anm. 62) 206 ff.
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
137
Laufbahn, und es Jassen sich auch häufiger Variationen erkennen. Insgesamt hat,
soweit dies heute zu sehen ist, die ritterlich-prokuratorisehe Laufbahn, vor allem bis in die frühen Jahrzehnte des 2. Jb.s hinein, abgesehen von den klassifikatori schen Gehaltsstufen, eine weit geringere Verfestigung erfahren als die senatori sche Sie war vor allem in weit größerem Umfang offen für außergewöhnliebe Ernennungen durch den Herrscher, da diesen durch das Fehlen des republikanischen Gerüstes und damit verpflichtender traditioneller Maßstäbe, auch nach Ausbildung der ersten Koordinaten des rittezlichen Aufstiegs, eine nicht geringe Freiheit bei der Bestellung der einzelnen Funktionsträger bewahrten. Dennoch ist es erlaubt, von einer ritterlichen Laufbahn zu sprechen, in der viele Regelmäßigkeiten und eine erkennbare Abfolge die Willkür des Herrschers einschränkten. Das diente der Befriedung innerhalb der Gruppe der interessierten Ritter, da die erwartbaren Möglichkeiten in der Beförderung bekannt waren. Daß dies außergewöhnliebe Entscheidungen durch einzelne Herrscher sowie Beeinflussung durch Patrone oder Bestechung nicht ausschlossen, ist gerade auch aus den Lautbahnen einzelner Ritter erkennbar. .
2.3 Das Problem der Professionalität. Stärker noch als bei den Senatoren ist für die Ritter die Frage nach der sachlichen Kompetenz zu stellen. Denn aristokratische Standeskategorien, die oboehin Professionalität nur in sehr begrenzten Bereichen wie dem Militärwesen oder der Rechtslehre zuließen, hatten bei ihnen in Verbindung mit der Tätigkeit fUr den Princeps eine weit geringere &olle gespielt Grundsätzlich war die &ekrutierungsbasis für Personen in prokuratoriscben Funktionen breiter als im Senat, in den jährlich nur 20 Quästoren aufgenommen wurden, und dessen Zahl durch Augustus' Vorbild wieder auf etwa 600 fixiert war.l 34 Aus diesem Reservoir von Senatoren, das auf der prätorisehen Ebene jährlich zunächst nur mit 12, später mit 17 bis 18, auf der konsularischen anfangs nur mit 2, dann aber mit steigender Tendenz mit bis zu 6 oder 8 Amtsträgem ergänzt wurde, mußten diejeweils nachfolgenden Amtsstellungen besetzt werden. Dabei blieben insbesondere auf detprätorisehen und konsularen Rangstufe im Verhältnis zu den v�bandenen Posten oft nur noch wenig Wahlm öglichkeiten, so daß die Frage der Kompetenz und Fähigkeit allein auf Grund der personellen Enge keine so 1 34 Ob diese Zahl ftlr den Kaiser im ganz priZisen Sinn verpflichtend war, ist aller dings unbekannt. Wahrscheinlich ist es nicbt
138
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
entscheidende Rolle gespielt baben kann. Dagegen vermochten die Kaiser für alle ritterlichen Dienststellungen, insbesondere, soweit sie am Anfang einer Lautbahn standen, auf eine wesentlich größere Gruppe von potentiellen Anwärtern zurückgreifen. Alleine die Zabl der Militärtribunen betrug in allen Legionen zusammen unter Augustus mindestens jeweils rund 150; im Verlauf des 1. Jb.s n.Cbr. ist ibr Umfang durch neue Legionen auf 170 bis 180 erweitert worden. Seit dem späteren l. Jh. gab es rund 90 Präfekten von Alen, aus deren Reiben bevorzugt nach der tertia militia die Proturatoren kamen. Der Kreis wird aber durch die Tribunen der stadtrömischen Truppen und die primipili bis noch erweitert. Eine einigermaßen präzise Zabl für diejedenfalls gnmdsätzlich jährlich zur Verfügung stehenden «Bewerber» laßt sieb nicbt festlegen; denn weder war
die Dienstzeit für die einzelnen militärischen Posten, z.B. als Kohortenpräfekten oder als primus pilus einheitlich, so daß man auch nicht sagen kann, wieviele potentielle Kandidaten in jedem
Jahr theoretisch aus ihren militärischen
Stellungen ausschieden bzw. von dort aus verfügbar waren, noch kann man davon ausgeben, daß z.B. alle Offiziere am Ende ihrer militärischen Karriere
überhaupt den Wunsch zeigten, weiterhin staatliebe Aufgaben zu übernehmen. Dennoch war der Kreis der potentiellen Anwärter wesentlich größer, zumal, wie aller
ritterlieben Funktionen im Verlauf des i noch nicht den 1. Jh.s nur langsam anstieg und selbst unter Hadrian bei wetem
schon gezeigt, die Gesamtzahl
Umfang der senatorischen Ämter erreicht hatte. Derjährliche Bedarf an neu in die prokuratorisehe Lautbahn eintretenden Rittern war sicherlch i sehr variabel, doch war er Ende des 1. Jh.s ohne Zweifel wesentlich geringer als für den Senat, in den 20 Quästoren aufgenommen wurden. 13S Umso mehr ist dann zu fragen, wie die Auswahl derer erfolgte, denen insbesondere eine erste prokuratorisehe Aufgabe übeltragen wurde. Daß der Kaiset nicht selbstjeweils die entspecbenden Kenntnisse von allen Personen hatte, ist evident. Er war somit auf Infor mationen durch andere angewiesen. Nachweisbar bat es nicht wenige gegeben, die bewußt eine derartige ritterliche Stellung übernehmen wollten. Sie haben sieb deshalb ohne Zweifel an den jeweiligen Princeps gewandt oder haben andere,
135 Wenn unter Hadrian z. B. etwa 35 aexagenare Stellungen bestanden (so nach Pflaum. Abr6g6 43}, dann wurden aie nicht alljlhrlich mit neuen Amtsinhabern versehen. Denn einmal wurden nicht selten mehrere aexagenare Posten nacheinander übernommen. Zum anderen dauerte eine Prok.uratur, soweit wir wissen, üblicherweise mehrue Jahre (siehe z. B. AE 1902, 189 D. 9007: in Vindalicil et Raetil et in valle Poenina per QIUIOS 1111 et n i Hilpania provincia per QIUIOS X e1 n i Suria biennium - die Zeit in Syrien könnte kUrzer gewesen sein, weil er wohl in der Provinz starb). Dann waren aber pro Jahr höchsten• 10-12 aexagenare Prokuraturen zu besetzen. Dazu kamen einige centenare Stellen, die direkt v«geben wurden. =
Die Umgestaltung der politischen Fübnmgsschlcbt
139
sozio-politiscb höher stehende Personen, die überEinfluß in der Umgebung des Kaisers verfügten, für ihre Zwecke eingesetzt bzw. sie um ihre Unterstützung gebeten. Suffragium, ursprünglich die Unterstützung bei der Wahl durch das Volk, wurde zur Unterstützung bei der Bewerbung um eine Position im kaiserli
chen Dienst- und zwar auf allen Ebenen.l36 In den Briefen des jüngeren Plinius
finden sieb z.B. zahlreiche epistulae cot111iae 11endatic an Traian selbst, aber auch an andere Senatoren, die Plinius seinerseits um weitergehende Unterstützung fiir einzelne Bewerber baL137 Diese Art der Patronage gehörte zu den Spielregeln der römischen Gesellschaft, ja sie galt geradezu als verpflichtend im Beziehungsge- flecht von Freundschaft und KlienteJ. 138 Sie wurde nur dann verurteilt, wenn sie von Personen ausgeübt wurde, denen nach dem maßgeblieben gesellscbaftlicben Comment dies nicht zukam wie kaiserlichen Freigelassenen oder auch Frauen in der Umgebung des Herrschers, bzw. wenn für solche Dienste Geld angenommen oder sogar gefordert wurde. Der Vorwurf der Bestechung war ein beliebtes Kampfmittel gegenüber lästigen Konkurrenten oder politisch mißliebige Personen; Frauen der Kaiser wie Messalina und Agrippina oder kaiserliche Freigelassene wie Antonia Caenis unter Vespasian waren das bevorzugte Objekt solcher Kritik. 139 Daß somit Patronage eine wesentliche Rolle gespielt bat, s i t nicht zu be zweifeln, 140 ebensowenig, daß unter normalen Umständen diejenigen, die Patronage auszuüben versuchten, die sonstigen Spielregeln wie soziale Zugehörigkeit der Bewerber oder Voraussetzungen, die sich aus den kon statierbaren Regelmäßigkeilen der Laufbahn ergaben, in ihre Überlegungen, wem sie ihre Unterstützung zukommen lassen sollten, miteinbezogen. Doch ist die Frage heftig umstritten, ob die Patronage das entscheidende Moment bei der Auswahl zukünftiger Amtsträger oder der weiteren Beförderung war oder ob daneben «objektivere» Kriterien wie Befähigung und praktische Kenntnisse für bestimmte Aufgabenfelder eine mehr oder weniger entscheidende Rolle gespielt haben. Vor allem für Offiziere und ritterliche Amtsinhaber bat man an eine Art
136 Vgl. z. B. ClL VI 1532 D. 1191: sexagenaria procuratione sujfragio eius omatus -zwar erst aus der Mitte des 3. Jh., aberdu Vetfahren galt auch in früherer Zeit. 137 Vgl. z.B. Plioius, ep. 2,9,2 ff.; 3,8; 10,12. 138 Siebe dazu H. M. Cotton, Documeotary Letten of Recommeodation in Latio from the Roman Empire, IQ!oigstein I Ta. 1981. 139 W. Eck, Einfluß korrupter Praktiken auf du aenatorisch-ritterliche Beförde runguystem in der Hoben Kaiserzeit?, in: Korruption im Altertum, hg. W. Schuller, München 1982, 135 ff. 140 Pflaum 195 ff.; Miliar 279 ff. 300 ff.; P. R. Salier, Promotion aod Patronage in Equestrian Careers, JRS 70, 1980, 44 ff.; dera., Personal Patronage under the Early Empire, Cambridge 1982, 79 ff. =
140
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsscbicht
«Zentrales Personalbüro» beim ab epistulis gedacht. bei dem die eingehenden Berichte beispielsweise von Statthaltern oder sonstigen Vorgesetzten über ihre nach «Höherem» strebenden Untergebenen gesammelt worden sein sollen. Nachweisen läßt sich dies direkt kaum, auch wenn sich aus einem Gedicht des Statius ein entsprechender Eindruck ergibt. l 41 Doch lassen sich die vielen Regelmäßigkeiten vor allem in den senatorischen, aber auch in den ritterlichen Laufbahnen ohne den Einfluß von Faktoren, die außerbalb der einflußnehmenden
Personen mit ihren öfter auch sehr penönlichen Interessen lagen, kaum erklären. Denn daß übet" viele Jahrzehnte hinweg nur die durch persönliche Patronage ganz
unterschiedlieber Kreise verursachten «Beförderungen» die für uns beobachtbaren Regelmäßigkeiten erzeugt haben könnten, ist ausgeschlossen. Es müssen also
faktische Normen wiJtsam gewesen sein, jenseits allez Patronage oder bessez als n i tegraler Bestandteil der Patronage. Diese faktischen «Normen» müßten dann abet" am ehesten in Kriterien wie Erfahrung und Bewährung in voomsgehenden Ämtern gesehen werden. Daß dabei dez ab epistulis mit seinem Archiv, das auch die Abschriften der Ernennungsschreiben enthielt. eine Rolle gespielt haben kann, ist jedenfalls durchaus möglich. Allerdings ist daraus nicht der Schluß zu ziehen, Erfahrung und Bewährung müßten so verstanden wezden, daß damit Spezialisten für bestimmte sachliche Bezeiche, etwa für den Finanzsektor oder für einzelne Provinzen, bewußt gesucht
und hezangezogen wurden. Wenn dies auch nur in Ansätzen beabsichtigt gewesen oder regelmäßig als notwendig erkannt worden wäre, hätte es nur geringfügiger Anstrengungen von seiten der Kaiser oder ihrer Berater bedurft. um dies zu erreichen. So hätte es dann nahe gelegen, Amtsträger etwa in Ägypten von einez Funktion zu einer andezen aufsteigen zu lassen und schließlich mit der Präfektur
über die Gesamtprovinz zu betrauen. Damit wären im Laufe weniger Jahre erfahrene Spezialisten für Ägypten und seine Probleme herauszubilden gewesen. Gleiches hätte für andere Regionen des Reiches gegolten. Ebenso hätten bei denselben Personen Ämter einander regelmäßiger nur nach zivilen oder aber militärischen Aspekten zugeordnet werden können. l42 Das aber war im römi1 41 Statiua, Silvae S,l,94 ff.; E. Birley (Anm. S3) 1 2; A. R. Birley, Locua virtutibus 4 Westfll. Akad. Wias., Vortrlge 318, Opladen 1992. 2 4 Gelegentlich geschieht dies durchaua, vor allem bei Rittern, die sich stllndig in
fatefactus, Rhein.
•
der Umgebung dca Kaisers aufhielten und nie eine militlrische Einheit kommandierten, z.B. Suetoniua Tranquillus (Pflaum, Carri�res I 219 ff.) oder bei L. Iulius Vestinus (Pflaum, Carriues I 245 ff.). Einige Prokuratoren waren auch ausschließlich oder vorwiegend in regional benachbarten Provinzen tltig, freilieb erst in splterer Zeit; siebe z.B. CIL ll 2029 D. 140S; AE 1972, 250 für Prokuratoren dieses «regionalen Typs» in Spanien. =
Die Umgestaltung der politischen Fübnmgsschicht sehen
141
Verständnis von öffentlicher Tätigkeit als Möglichkeit nocb nicbt voll
bewußt geworden, da immer nocb das alte Verständnis der umfassenden Zuständigkeit des Imperiumträgers wirksam war und sieb aristo1cratiscbe Tätigkeit für die res publica mit sacblicbem SpezialistenbJm nicbt ohne weiteres zu vertragen schien. Aucb der paterfamilias war für alle Bereiche innerhalb der
Familie zuständig. 143 So beherrschte fast selbstverständlicb der gebildete
Aristolcrat senatorischer oder riuetlicber Herlrunft mit einer breiten Edabrung in
militärischen, jurisdiktionellen
und administrativen Funktionen das öffentliche
Leben weitbin. 144 Die vermutlieb von Hadrian geschaffene Eingangsposition
des advocatus fisci mit einer darauf folgenden zivilen Laufbahn JcUndigte möglicherweise vorhandene Notwendigkeiten und zukünftige Verändenmgen an.14S
Aucb mit den Rittern wurde somit voo den römiscben Kaisem kein speziali siertes «Beamtentum» geschaffen, d.b. jedenfalls nicbt auf der oberen Leitungs
ebene der einzelnen Funktionsbereicbe. Eine fachgebundene Spezialisierung durch jahrzehntelange Tätigkeit in denselben Sektoren der Administration entwickelte sieb jedoch durcb den immer steigenden Einsatz kaiserlieber Slclaven und Freigelassener, die fast ausscbließlich ritterlieben Vorgesetzten unterstanden oder ibnen unterstellt wurden, sobald in bestimmten Bereichen Ritter die führenden kaiserlieben liberti ablösten. Der vom Ursprung ber famlliale
Charakter ibrer Tätigkeit transformierte sieb seit Claudius immer stärker zu öffentlicb-institutiooeDem Handeln. Der Endpunkt wurde allerdings erst erreicht,
als servi und liberti Augusti im Verlauf des 3. Jb.s weitgebend durcb Frei
geborene ersetzt worden waren. Ansätze dazu zeigten sieb allerdings schon zu Beginn des 2. Jb.s.146
3. Die regionale Ausweitung der Rekrutierungsbasis für Senatoren und Ritter. 3.1 Die senatorischen ho111ius novi aus Italien. In seinen Res gestae cap. 25
behauptet Augustus, tota ltalia babe (im J. 32
v.Cbr.) einen Eid aufibn abgelegt und ihn als Führer im Kampf gefordert. Docb 143 Zur Bedeutung die�et Strukturprinzips Vittingboff 175 ff.
144 Brunt, Administraton (Anm. 101) 136 ff. be1. 141 f.; W. Bck. RoDll Statthalter am Rhein -Reprllentanten rOmilcber Macht, Oetcbichte in Klllo 16, 1985, S ff. 14S Vgl. aber oben Anm. 128 zum ersten bekannten Beilpiel einer Laufbahn unter Einschluß der Stellung einet advocalus fisci. 146 Vgl. CIL VI 44, Kolumne IV, Zeile lS-17.
142
Die Umgestaltung der politiscbeo FUbnmgsschicht
tota Italia als Einheit war übetbaupt erst im Entstehen, und dazu bat die
augusteische Politik unter verschledenster Hinsicht beigecragen.l47 Essentiell war jedoch angesichts der gegebenen politischen Struktur die Einbindung der lokalen Führungsschichten in das politische System und die Beteiligung der führenden munizipalen Familien an der Hemcbaft Als ein solcbes Mittel war ohne Zweifel der Versuch zu werten, die Dekurionen der 28 von Augustus in Italien gegründeten Kolonien an den stadtrömiscben Magisttatswablen aktiv zu beteiligen, ohne daß sie dazu eigens nach Rom zu tOOlDlen batten.148 Diese Maßnahme bat. da sie kaum allzu lange in Kraft blieb, wohl nur wenig zum Einigungsprozeß beigettagen. Erfolgreich war dagegen auf längere Siebt die Integration einzelner bedeuteOOer' Familien der italischen Städte in die römische senatoriscb-ritche terli Fübnmgsscbicbt Augustus. bat dabei nkbts Neues begODDeD. vielmehr eine stets geübte Praxis weitergefübrt, freilich auch durch seine überragende politische Macht und die außerordentlich lange Dauer seiner Herrschaft wesentlich stJlrker politisch alcrenruiereo lcöonen; er blieb dabei nicht unwesentlicb der Erbe seines Adaptiv vaters Caesar. 149 Dieser hatte bei der Wahl seiner Verbündeten weniger Vorurteile gezeigt als viele seiner Standesgenossen und er hatte auch aus seiner politisch schwachen Position belaus nicht wählerisch sein töoDen, ebensowenig waren es die Triumvirn Octavian und Antonius gewesen. So verwundert es nkbt, wenn führende Familien des italischen Bundesgenossenkrieges nunmehr im römischen Senat erschienen. Einer der ersten und bedeutendsten war C. Asinius Pollio aus Teate Marrucinorum, dessen Großvater noch die Marrucini gegen Rom geführt hatte; bereits mit 36 Jahren etbielt er 40 v.Cbr. den Konsulat Andere homines novi folgten, wie M. Vipsanius Agrippa, Augustus' engster politischer Verbündeter und Consul n i den Jahren 37, 28 und 27, oder T. Statilius Taurus, suf!ectus im J. 37 und ordinarius // im J. 26; die Fasti Triumpbales Capitolini nennen nur das Praenomen seines Vaters, nicht seines Großvaters; die Familie hatte somit erst nach dem Bundesgenossenkrieg das römische BUrgerrecht erbalten.lSO Möglicberweise stammte Statilius Taurus aus Lucanien, Agrippas Gentilnomen weist nach Venetien oder Histrien.151 Beide verdankten ihre, aus der familialen Herleuoft nicht erwartbare herausragende 147
Syme
359. 369 ff.; den., Caenr, tbe Senate, Uld ltaly, in: Roman Papen
Oxford 1979. 88 ff. 148 Suet, AII.J. 46.
149 Syme 78 f!. 349 ft. ISO ma. ltal. Xill 1, 86 f. l lSl 0. Camodeca, EOS n 110; R.
I,
Syme, Tbe Au&Uitan Ariatoc:ncy, Oxford 1986, 44.
Die Umgestaltung der polidscbeo FUhnmgsscbicbt
143
Stellung außer der Freundschaft mit dem Machthaber vor allem ihren militärischen Qualitäten in einer Zeit dea radibleu Umbruchs. Viele andere mußten sieb zwar mit geringerem Rang zufrieden geben, zumal seit der Wiederberstellung der institutionellen Ordnung die Beliebigkelt in det Vergabe von Ämtern, speziell des Konsulats, nicht mehr möglich scbien.152 Dennoch diente ihre Aufnahme in den Senat det Gesamtintegration Italiens, da lokale und partikulare Interessen auf diese Weise innerhalb des Macbtgefüges artikuliert werden konnten. Die neuen Senatoren wirkten auch als Vertreter ihrer Heimatstädte � Stämme. Das Gefühl der Unterlegenheit einzelner Regionen Italiens gegenüber Rom konnte auf diese Weise zumindest partiell kompensiert werden. Damit war es aber auch möglich, den eigenen Aufstieg mit der Heimatstadt zu verbinden.153 So ist es nicht verwunderlich, wenn Q. Varius Geminus, der von Augustus zweimal zum legatru ernannt worden war und der auch einen prätorisehen Prokonsulat erreicht hatte, von seiner Heimatstadt Superaequum als derjenige, der primus omnium Paeligll(orum) stnatorfactus tst, geehrt wutde.154 Mindestem die Oberscbicbt der Superaequani fühlte sieb also partiell in seinen Erfolg miteingescblosseu. In einer Grabinschrift aus Cotfinium aber wird eine Verstorbene dadurch gerühmt, daß auf ihre beiden Söhne verwiesen wird: einer habe durch Augustus Caesar die höchsten munizipalen Ämter, der andere abec die wichtigsten militlriscben Stellungen ritterlieben Ranges erreicht und sei scboo für den böbecen ordo bestimmt, was sieb nur auf den Senat bezieben k:aon.155 In der RUcksebau des Claudius konnte es so beißen, divus Augustus und Ti. Caesar bitten die Absicht verwirklicht, omnem jlorem ubique coloniarum ac municipiorum in der Curie Roms versammelt zu seheo.156 Damit ist zwar nicht allein Italien gemeint, aber doch vomehmlicb. In der Tat läßt es sieb auch prosopograpbiscb im Detail nachweisen, daß die einzelneo Landschaften Italiens in der augusteischen Zeit aufs Ganze gesehen außerordentlich viele neue Familien in den Senat entsandt haben, wobei nicht wenige Ansätze dazu bereits in die Zeit der Bürgerbiege zurück:geben.l57 Denn die politische Ausein andersetzung und die gewaltsame Ausrottung mancber Familien des römischen 152 Siebe dazu viele Beispiele bei Wisemm 20 ff. 5 153 Vgl. Syme 368. 1S4 C1L IX 330 n..s 932. ISS C1L IX 3 58 n..s 2682: 1111111'11 lfUlXimil �r�IUiicipi ltonorlbiU iudici u Autusti 15 •
•
Coesarl.r usum, altt11Url castrtsibus tiusduc Qusarl.r Autusti 1..".".U {tq]u[u]tris ordinu honorlbus tt iam suptriorl tkstinatum ordlni.
156 n..s 212 n. 157 Siebe dazu die Beiträge zu den einzelneo Regionen Itaüens in: EOS n.
144
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
Senats, vor allem der NobiliW, machten einen schnellen Ersatz nötig. Hinzu Jcam. daß manche bisher führenden senatoriscben Familien durch die inneren Kriege ihre fmanzielle Basis verloren hatten und damit nicht mehr für einen Senatssitz in Frage kamen, wenn sie nicht von Augustus aus seinem Vermögen
untenWtzt wurden. was dieser freilieb nicbt selten getan bat. Jedenfalls war ein nicht geringer personeller Ersatz erforderlich, der weitgebend in munizipalen
Familien gefunden wurden. Voo allen ca. 33 überhaupt bekannten senatorischen
Familien Samniums von der Zeit der späten Republik bis ins späte 3. Jb. binein
waren untez Augustus bereits 24in den Senat aufgenoo:unen worden; docb in die senatorische Führungsgruppe gelangten sie überwiegend erst spätez, während der
in julisch-claudischeo Zeit, als einzelne Senatoren aus diesen Familien auch die Jasces übemabmen.1 S8 ÄJmlicbes ist in Picenum zu sehen.tS9 Selbst die Städte nördlich des Po entsandten bereits untez Caesar und in der Triumviratszeit die ersten Senatoren; docb setzt hier der eigentliche zahlenmäßige Anstieg erst in der nachaugusteischen Zeit ein, um dann seinen Höbepunkt in der tlavisch traianiscben Zeit zu erleben, in der zablrekbe Senatoren aus der Transpadana und aus Venetia et Histria den Konsulat und machtvolle Stellungen in den großen Militärprovinzen erreichen.160 Diese relative Verspätung ist durch die späte Eingliederung in das römische Bürgergebiet und den bis 42 v.Chr. dauernden Provinzialstatus zu erldären. Die volle Integralion in den römischen Bürgerver band und der Abbau der ethnischen Vorbebalte gegenüber den «Galliem» bedurften eina- längeren Zeit der Anpassung auf beiden Seiten. Selbst noch im J.
48 n.Chr. konnten in der Distussion um
die Zulassung von Bewohnern der
Gallia Comata in den Senat die Namen der lnsubr'ez und Veneter als negative Kampfworte verwendet werden: Ob es denn nicht genug sei, so wurden die BefUrworter des galliscben Antrags gefragt. daß die Veoetez und lnsubrer in die Curie tingebrochen seien (curiam inruperint).161 Doch waren dies Rückzugsge
fechte, die es nicht verbindem konnten, daß boni viri tt locupletes aus den meisten Teilen Italiens in der julisch-claudiscben Zeit im Senat versammelt waren. Einzelne Städte, aber auch Regionen haben einen besonders großen 158 M. Torelli., EOS li 172. 1S9 L. Guperini - G. P.ci, EOS li 202 ft. 16° G. Alföldy, EOS li 309 ff.; R. Symc, Roman Papcra vn, Oxford 1992 mit
vcrschicdeoco cioJchllgigco Bcitrlgeo. 161 Tac., aoo. 11,23,3. Zur Beurteilung der laomnes i 110vi vgl. M. Doodio-Payre, L'cxprenioo de 1a novltas da.oJ Upigraphie du Haut-Empire, EOS I lOS ff. mit den Bemerkungen voo W. Bclc S. 136; vgl. auch J.H. D'Arml, Upper-clau atUtudcs towarda viri m101icipales aod their towtll io the early Roman cmpirc, Athenacum 62, 1984, 440 ff.
Die Umgestaltung der politiscben Fühnmgsschicllt
145
Beitrag geleistet wie etwa in Kampanleu oder in der Transpadana sowie in Venetia et His1ria, andere blieben allerdings in auffälger li Weise zurück. wie z.B. Ostia Wld Puteoli, und dies trotz ihrer Größe und Bedeutung sowie ihrer teilweise sehr reichen Familien. Wenn erst seit dem Ende des 1. Ib.s bzw. sogar seit Beginn des 2. Jh.s Senatoren in nennenswerter Zahl aus diesen Orten bekannt sind,162 dann ist dies wobt wesentlich durch ihren CbaraJcter als Hafenstädte und die Beschäftigung der führenden Familien mit dem Handel bedingt Die . Bezelclmm1g als botti mochten viele bisberige Mitglieder der Führungsschiebt Personen solcher Hemmt\ nidlt medceoDen. Nur wenige Gegenden Italiens haben kaum zur Ergänzung und Ausweitung des ordo StiiQI()riW beigetragen; das südliche ApulieD sowie Kalabrien ist nur gering
vertreten, auch aus Lucania et Bruttii kommen wenige senatorische Familien; untez ihnen befinden sieb allerdings die Bruttü Praeseutes, die sieb wegen ihrer Bedeutung und ihres Vennögens U� mehrere Jahrhunderte in vielen Regionen Italiens verfolgen lassen.163 Offensiebtlieb bat die llJl.(lersartige ökonomische Struktur mit wirklieben GroßgUtezn und ausgedehnter Weidewirtschaft in den nicht sehr zahlreichen Städten nur wenige lokale Familien entstehen lassen, die den Anforderungen einer seoatoriscben (und vergleichbar auch einer ritterlichen) Existenz gewacbseo waren. 164
3.2 Der Beitrag der Provinzen zum ordo stiiQI()riJls.165
Die Formulierung des Oaudius, Augustus und Tiberius hätten omnem jlorem ubique coloniarum tt municipiorum in die stadlrömiscbe Curie aufgenommen, könnte eine sehr bewußte und überlegte Fomwlierung gewesen sein . Denn dadurch wären alle Städte römischer Bürger eingescbJossen gewesen, auch die außerhalb ltaliens.166 Tatsächiich waren ja auch bereits längst vor Oaudius die Grenzen Italiens bei der Retrutienmg von neoen Senauxen überschritten worden, wie es n i der Logik der Vergabe des römischen Bürgerrechts Wld der Gründung 162 A. Ucordari, EOS n 5 ff.; G. Camodeca, EOS n 1 ff. 27 3 163 G. Camodeca, EOS n 108 ff. 152 ff.
164 Vgl. Demougin 507 f. 165 Vgl. du kluaiacbe Kapitel von R. Syme, Tacitua n 585 tf.; ferner den., Colonial Elitet. Rome, Spain and the Amerlcu, Oxford 1958 Tre cllitea coloniali. Roma, la Spag na e le Americbe, Mailand 1989. 166 Vgl die Formulietuo& in der tabula Siarenaia n b: minere in mwticip/4 II colonitu ltaliM et in etu colonias, qWDe esselll in
in den Provinzen werden ala integraler Bestandteil der rOmiacben BUrgeracbaft angesehen.
146
Die Umgestalnmg der politiscben Fübrungsschicht
römisch organisierter Stldte lag; beides war seit langem nicht mehr auf die Appeninenbalbinsel beschränkt geblieben. Seit Caesar und Augustus waren,
nacb vemachläMigenswerten Versueben vorber, zahlreiche Kolonien, voc allem in den westlichen Provinzen entstanden, grö8eren Teils als Siedlungen für Veteranen, abec auch für andere Bevölkerungsgruppen, die in Italien keine Zukunft für sich sabeo.167 Nicht wenige Städte in dec Narbooensis, in der Gallia Comata, in Spanien und Africa erhielten das ius Lalii. wodurcb insbesondere die führenden Familien schnell zum römischen Bürgerrecht gelangten. Parallel dazu war das römische Bürgerrecht voc allem an politische Parteigänger unter den Provinzialen gegangen, wobei Caesar und Augustus nur dem Vorbild früherer
römischer Feldherrn zu folgen braucbten. In den am 2ahlteichsten vertretenen Gentilnomina Spaniens und der Narbonensis spiegelt sieb eine lange Reibe römischer Imperiumsträger in diesen Provinzen wider: Valerii, Comelii, Pompeii, Fabii, Licinii, Aemilii, Domitli, Caecilii, Sempronil sind dort überaus zahlreich anzutreffen. 1 68 Auf diese Weise waren durch politische Ma&ahmen Vmussetzogen o gescbaffen worden,
auf die römische FUhrungsschicht haben mußten - es sei
denn eine bewußte politische Entscheidung hätte dies verhindert Hinzu kam. daß seit dem Ende des 2. Punischen Krieges, vor allem aber seit der späteren Republik zahlreiche Römer bzw. Italiker das Land verlassen und sich vornehmlich in den Provinzen des Westens, aber auch in vielen wichtigen StadteD der östlichen Reichshälfte niedergelassen batten. Die privilegierte Position.
ökonomische Potenz gestärkt. Ihre Organisationsfocmen fanden sie insbesondere in dem conventus civium Romanorwn. Das Tal des Baetis und die Ostküste der iberischen Halbinsel, der Süden Galliens (mit der ersten dauerhaften tOOlischen Kolonie Narbo Martius) waren bevorzugte Einwanderongslllnder gewesen, starke
römische Agglomezationen fanden sich ebenso in Africa und an der Westküste
Kleinasiens. Dieses ältere und neuere «Kolonialrömertum• in seinen drei Ausprägungen stand bereit. um auch Anteil an der Ausübung der Herrschaft zu
167 Pr. Vittinghoff, ROmilclle Koloninlioo und BOrgerrecbtspolitit unter Caesar und Auguatua, Wieabideo 19S1; M. Cbriatol, 1M colooiea de Narboooaile et l'histoire sociale de la Province, in: Prosopagraphie uod Soz.ialgeacbichte. Studien zur Methodik uod ErlteootoiamOglichkeit der talaen.eitlicheo Proaopographie, hg. W. Bct. KOlo 1993, 277 ff. 168 Syme, Tacitua (Anm. 71) 783.
Die Umgestaltung der politisdleo Fübnmgsscbicbt
147
übernehmen oder sogar aktiv darum nachzusuchen. Daß solche «Bewerben. üblicherweise zu Hause zu den boni tt locuplttts gehörten. die sich durch ihre Geburt und ibr Vermögen empfahlen, 169 braucht kaum betoot zu werden. Caesar hatte untez seine neueo Senatoren auch Leute aus Spanien und aus der Narbooensis aufgenoounen; die Nachrichten da11ber sind mehr polemisch als konkret und die Anschuldigungen gegen die InferioriW der homints novi untezscheiden sich wenig von dem, was fröber auch gegen Neulinge aus Italien vorgebracht worden war. Immerbin erreichte der ente Provinziale, Comelius Baibus aus dem sUdspaniseben Gades, einer pbönikischen Grüodung, im J. 40 v Chr kurz nacll Caesars Tod als Helfer des jungen Octavian den Konsulat; sein .
.
Neffe wurde Prokonsul von Africa und feierte als lettter Senarm im J. 19 v.Chr.
einen Triumph.110 Beide waren freilich nicht typisch für die augusteische Zeit. Nur wenige Namen provinzialer Senatoren sind zwischen 27 v. und 14 n.Chr. bekannt, daruntez Pompeius Macet aus Mytilene, der noch unter Augustus zur Quästur gelangt war und der lange auf Nachfolger aus dem Osten zu warten hatte. 171 Dabei muß freilich betont werden. daß ein methodisch sicheres Ertennen solcber provinzialer Seoa1cnn oft recht schwierig ist. 1 72 Erst unter Tiberius werden zweüelsfrei nachweisbare homints novi aus den Provinzen etwas zahlreicher, vor allem aus der Narbonensis und auch aus der Baetica. Domltius Afer (suff. 39) stammte aus Nemausus, Valerius Asiatleus (suff. 35) aus Vienna, dem Zentralort der Allobroger. Auch sein Bruder war in den Senat aufgenommen worden.173 Beide kamen ohne Zweüel aus einer Familie mächtiger Stammeshluptlinge, was ebenso für andere Senatoren aus der Narbonensis wahrscbeinlich ist. Nachweisbare Nachkommen von Veteranen sind eher selten. SUdspanien war z.B. mit L. lunius Gallio und seinem jüngeren Bruder L. Annaeus Seneca vertreten.1 74 Von der spätaugustcischen, vor allem
169 Siebe Tac., dial. 8, wo er betoot, daß ach i Bpriua Marcellua allein durch seine Beredsamkeit empfohleo habe, wlhrend aooat COIJIIMndatio I'IQIDliwn und substantia
facultalwn du Wichtigale aei.
170 PIR2 C 1331. 17 1 Syme, Tacitua (Anm. 71) S89; Wiseman 190; A. Cbastagool, Les stnateurs d'origine provinciale soua Je �goe d'Auguste, M�langes P. Boyanc6, Rom 1974,
1 6 3 ff.
172 So tanD man mit einer gewisseo Wahncheinllchteit eineD M. Pompeius Priscus w homo MVIU aua Aretale in der NarbooenaiJ bereits fOr die Spatzeit des Augustus vermuten. Br dartt. Vatez du cos. sllff. vom J. 4S, M. Pompeiua Silvanua Staberiua Plavioua, aein; vgl. W. Eck. Cahier G. Glotz "· 1993, 193. 173 Y. Burnand, BOS n 411 tf. 174 C. Cutillo, BOS n 488 ff.; A Caballoa Rufino, Los aenadorea Hispano-romanos y Ia romanizaci6n de Hispania (siglos 1-ill), Ecija 1990, S4 ff. 171 f.
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
148
aber der tiberischen Zeit an scheint für beide Provinzen der Weg in den Senat offen gewesen zu sein. Claudius' Handeln gegenüber den gallischen Aristokraten im Jahr seiner Censur hat keine neue Rechtsgrundlage geschaffen und auch keine grundsätzlich neue Poliltik inauguriert; es lag durchaus in da' Linie der bisherigen Integra tionsbewegung, auch Stammeshäuptlinge der Gallia Comata, die längst cives Romani und wohl auch römische Ritter geworden waren, die zudem über entsprechende wirtschaftliche Ressourcen verfUgten und auch den nötigen Bildungsstand aufwiesen, zum Senat und zu den Ämtern zuzulassen. Claudius bemühte
zur
Unterstützung seiner Argumentation die lange Geschichte Roms
zurück bis zu den
etruskischen Königen. Häduer erhielten als erste den Iatus
clavus und Claudius ließ diese ausschließlich politisch zu verstehende Entscheidung in einem Senatsbeschluß sanktionieren;175 manche italischen Senatoren haben wohl nur äußerlich zugestimmt. Namentlich s i t von diesen neuen gallischen Senatoren keiner bekannt lulius Vindex, der 68 n.Chr. als Statthalter der Lugdunensis gegen Nero revoltierte, stammte aus aquitaniscbem Königshaus; sein Vater dürfte bereits vor dem J. 48 dem Senat angehört haben; möglicherweise verdankte er Caligula den Iatus clavus.l16 Auch Antonius
Primus, einer der vespasianischeo Hetrlührer im J. 69, kam aus Aquitanien.177 Wann er in den Senat eintrat, ist nicht genauer zu eruieren. Daß wirklieb viele aus dem durch Caesar unterworfenen Gallien bereits unter Claudius Senatsmitglieder geworden sind, ist eher unwahrscheinlich. Denn wenn auch der Bataveraufstand und die anschließende Revolte großer Teile Galliens nach den vorausgegangenen Aufstandsversueben des Treverers Iulius Florus und des Häduers Iulius Sacrovir unter Tiberius im I. 21 die von den Kritikern der claudischen Entscheidung befürchtete Unzuverlässigkeit der ehemaligen keltischen Gegner erneut zu betätigen schieneo,178 so ist doch die vom 1. bis
3. Jh. nach den vorhandenen Quellen äußerst beschränkte Zahl von dort herstam mender Senatoren nicht allein durch die Nachwirkungen der Jahre 68-70 zu erklären. Vielmehr dürften strukturelle Gründe, die wesentlich in der Entwicklung des gallischen Städtewesens ihre Ursache hatten, dabei eine weit größere Rolle gespielt haben - soweit nicht allerdings die schlechte Über175 ILS 212; Tac., ann. 1 1 ,23 ff.; Fr. Vittingboff, Zur Rede des Kaisers Claudius über die Aufnahme von den römischen Senat, Hermes 32, 1954, 348 ff.
«GallierD» in
=
ders., Civitas Romana. Stadt und politisch-soziale Integration im Imperium Romanum der Kaiserzeit, hg. W. Eck, Stuttgart 1994, 299 ff.; Miliar 293.
176 PIR2 J 628. 177 PIR2 A 866. 178 Vgl. Tac.,
ann.
11,23,4.
Die Umges1altung der politischen Führungsschicht
149
Iieferungssituation und eine gewisse Uniformität der kaiserlieben Gentilnamen manche Senatoren aus Gallien als
erkennbare Personen aus der Geschichte
eliminiert baben.179 Historische Realität und Überlieferung gehen nicht immer zusammen.
Die Jahre 68 und 69 waren dennoch flir die Integration provinzialer führender Familien von herausragender Bedeutung, nicht wegen irgendwelcher sätzlich neuer Prinzipien.
grund
sondern unter dem Gesichtspunkt der Akzeleration.
Galba verdanken wohl manche Römer aus Spanien ihre Bef�g.180 obwohl
bereits vorher, unter Claudius und Nero, nicht wenige Zugang zum Senat gefunden hatten. M. Ulpius Traianus, der Vater des späteren Kaisers, gehörte zu
ihnen. Doch gerade die wesentlich größere Zahl neuer Senatoren von
iberischen Halbinsel gegenüber der Narbonensis unter den
der
Flaviem zeigt
möglicherweise den Einfluß, den der Anschluß einflußreicher und ehrgeiziger Provinzialen an Galba hatte. Äbnliches ist verstärkt im Osten zu finden.181 Die strukturellen Voraussetzungen
waren durch
die Bürgerrechtsverleihungen an
bedeutende einheimische Familien seit der späten Republik. verstärkt
vor allem
durch Caesar, Augustus und
iusbesondere durch Claudius geschaffen worden. Aber den entscheidenden Impetus gab doch die militärische Situation, in der Vespasian auf die Unterstützung auch des Offizierskorps der Legionen und Auxilien angewiesen war. Ritter aber aus den östlichen Provinzen wurden vornehmlich bei dort stationierten Einheiten eingesetzt. 1 82 So war C. Caristanius Fronto aus Antiochia in Pisdi i en
zum fraglieben Zeitpunkt Präfelc:t
einer Ala in Syrien, Ti. Iulius Celsus Polemacanus aus der Stadt Sardeis diente als Tribun der
legio III Cyrenaica
in Ägypten und [Ca)tilius Longus aus
Apameia in Bithynien dürfte gerade damals praejectus cohortis III sagittariorum gewesen sein. 1 83 Andere führende Personen mögen Vespasian politisch und ökonomisch unterstützt haben. Die Folge war eine wesentliche Beschleunigung
179 W. Eck, Die Struktur der Stlidte in den nordwestlieben Provinzen und ihr Beitrag zur Administration des Reiches, in: Die Stadt in Oberitalien und in den Nordwestprovinzen des römischen Reiches, Mainz 1991, 73 ff.; ders., n i :
Prosopograpbie (Anm. 167) 377 ff. 180 P. Le Roux, EOS ll 452 f. 181 H. Halfmann, Die Senatoren aua dem östlichen Teil des Imperium Romanum bis zum Ende des 2. Jh.s n.Cbr., Göttingen 1979; den., EOS n 603 ff. Vgl. aber aucb R. Syme, Roman Papen IV 11 mit seinem Hinweis auf die Bedeutung Neros fUr Senatoren aus dem Osten. 1B2 Vgl. jetzt vor allem H. Devijver, Equestrian Officen in tbe East, in: The Eastem Frontier of tbe Roman Empire. Proceedinga of a Colloquium beld at Ankara in Sept. 1988 (ed. D.H. Frencb - C.S. Ugbtfoot, BAR Int. Ser. S53, 1989, 77 ff.). 183 2 PIR C 423; J 260; W. Eck, ZPE 42, 198:1, 242.
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
150
bei der Aufnahme in den ordo
senatorius oder und dies weit mehr, durch die ,
adlectio direkt in eine der Rangklassen des Senats. All dies wäre freilich in diesem Umfang (sowohl im Osten als auch im Westen) nicht nötig und möglich
die Hitlrichtung bzw. den erzwungenen Selbstmord zahlreicher Senatoren unterNero und dun:h die Ausfälle während der BUrgerleriege ein weit über das Normale erhöhtet' Bedarf fllr die Ergänzung des Senats (und in geringerem Umfang auch des ordo equester) bestanden hätte. Deshalb wurde die adlectio in eine Rangstufe unter Vespasian auch zum ersten Mal ein wirklieb bedeutendes Phänomen. Der Senat bedurfte wunittelbar neuer Mitglieder, um die magistratischen Aufgaben zu erledigen und um als Gremium handeln zu können. gewesen, wenn nicht durch
Gerade weil
Vespasian selbst homo
novus war, war für ihn, trotz seines Reali
tätssinns, undenkbar,
den Senat durch personelle Ausdünnung endgültig zur verdammen. Vielmehr war es für Vespasian ganz selbstverständlich, dem Senat seine traditionelle Form zu geben und den alten personellen Umfang schnellstens wieder herzustellen. Bedeutungslosigkeit zu
Für die östlichen Provinzen, vornehmlieb
Asia, Galatia und Syria waren
jedenfalls jetzt die Ansatzpunkte gegeben, von
denen aus der starke Anstieg Denn natürlich war es mit den ersten wichtigen Persönlichkeiten aus dem Osten im Senat auch anderen ehrgeizigen Männem aus dem Osten, seien es Nachkommen von Veteranen oder bereits unter Domitian einsetzen konnte. 184
negotiatores, Mitglieder der griechischen Stadtaristokratien oder die Abkömmlinge von hellenistiscben Königen bzw. galatischen Tetrarchen, leichter
möglich, die notwendige Förderung in Rom für sieb zu nutzen. Bereits unter Domitian. verstärkt sodann
seit
Traian fmden sie sieb
auch in
machtvollen
Positionen in der Provinzialverwaltung. Zumindest bei manchen muß der Ehrgeiz brennend gewesen sein; man registrierte deshalb auch genau, wie weit man es im Verhältnis zu
anderen gebracht hatte. Ein unbekannter Senator aus
Milet ließ betonen, er sei das erste Mitglied des römischen Senats Milet und
aus
Ionien,
aus der Stadt
das fünfte überhaupt aus der ganzen Provinz Asia.185
Vergleichbares hat offensiebtlieb M. Arruntius Claudianus, Senator in der traianischen Zeit aus Xantbos in Lykien, für sieb selbst formuliert. 186 Und ähnlich
wird von Pactumeius Clemens oder Pactumeius Fronto in einem Text aus Cirta betont, er sei der erste Konsul aus Africa, womit der gesamte Bereich
184 J. Devrelc.er (Anm. 30) 257 ff.; R. Syme, Greeks Invading tbe Roman Govem ment, Roman Papers IV, Oxford 1988, 1 ff. 185 AE 1930, 4; Halfmann, Senatoren (Anm. 181) 108 f. 186 ILS 8821.
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
151
westlich von Cyrenae gemeint war. Pactumeius Fronto war Konsul im J. 80 n.Chr. 187
Die nordafrikanischen Provinzen setzten mit etwas Verspäwng gegenüber den östlichen ein; dabei mag weniger die Verbreitung des römischen Bürgerrechts eine Rolle gespielt haben, als vielmehr die Tatsache, daß dieser Reichsteil in den Auseinandersetzungen der Jahre 68-70 weniger Einfluß gehabt hatte oder sich der
falschen Partei angeschlossen hatte. Eine so große und finanziell potente Stadt wie Lepcis Magna hat offensichtlich erst unter Traian den ersten Senator gestellt. 188 Hier könnte sich langsam die Wirtschaftslaaft des Ortes bemerkbar
gemacht haben.189 Freilieb war eine solche Konstellation keineswegs zwingend
für einen Erfolg im Kampf um die wirklich einflußreichen senatorischen Ämter: Ephesus, die größte und reichste Stadt aller kleinasiatischen Provinzen, konnte zwar bereits in der späten Republik den ersten ritterlichen Militärtribunen aufweisen,1 90 aber erst in severischer Zeit einen ihrer dort auch geborenen
Mitbürger als Konsul in Rom feiern. l91 Senatoren aus dieser Stadt gab es
bereits seit weit längerer Zeit, allerdings frühestens seit der Regierungszeit Hadrians.l92 Als Hadrian in seiner Regierungszeit fast alle Provinzen des Reiches besuchte, waren die meisten von ihnen bereits im Senat vertreten, freilich mit sehr unterschiedlicher Personenzahl und damit auch mit differierendem Gewicht, was vielfach auch durch die Wirtschaftskraft, die Zahl der Städte und den Umfang der Bevölkerung bedingt war. So überrascht es nicht, daß z.B. aus Asia besonders viele senatorische Familien bezeugt sind, ähnlich wie aus den Provinzen Baetica, Tarraconensis und Narbonensis, ansatzweise auch schon aus Africa. Andere waren dagegen nur spärlich vertreten, einige auch überhaupt nicht, wie Britan nien oder die beiden germanischen Provinzen im Westen, Thrakien, Kappadolcien
und Ägypten im Osten.l93 Die Gründe dafür sind nicht einheitlich gewesen;
Mentalität, k:ulwreller Entwicklungsstand" die Art und Weise des Grundbesitzes
und Zahl sowie Typus der Städte haben eine Rolle gespielt Je mehr Senatoren
aus den griechisch geprägten Städten des Ostens mit einer stärleeren Ausrichtung
187 n..s 1001; M. Le Glay, EOS ll 766 f. 188 M. Corbier, EOS n 726.
1 89 Mattingly, Lib. Stud. 19, 1988, 32 ff. 190 Vgl. die von D. Knibbe, H. Engelmann, B. lplik�iottu, JÖAI 62, 1993, 137 publizierte Grabinschrift. Das nomen gentile dllrfte allerdings eher [Corne]liu.r statt
{l'flliu.r beißen.
.
9 I. Epb. m 648; Cbr. Hab1cbt, ZPE 13, 1974, 4 f.; Halfmann, EOS ll 615 f. 628. 192 Siebe Halfmann (Anm. 181) 79. 193 Siebe A. Birley, EOS ll 531 ff.; W. Eck, EOS ll 539 ff.; J. Sdel, EOS ll 578; J. Reynolds, EOS ll 672 ff.
152
Die Umgestaltung der politiscben Fübnmgsscllichl
auf intellektuelle Bildung in der Umgebung des Kaisers eine Rolle spielten, desto weniger konnten Slädtiscb-kulturell rückständige Gebiete wie Germanien
oder BritaDnien auf eine Ber1lcksicbtigung botfen.194 Erst die Krise des Reiches im 3. Jh. mit zwar nicht ganz neuen, aber jetzt zwingenden Anforderungen bat bitt partiell zu einet' Ändetung gefilbrt.
3.3 Die reichsweite Relautienmg des R.ittentaodes. Die h.iu für den Senat gezeiclmete Entwicklung trifft in deo groben Strukturen auch auf den ordo equuttr zu, doch sind, soweit der Forschungsstand dies erlaubt,1 95 auch Abweichungen erkennbar. Gnmdsälzlich ist vor allem aucb zu scheiden zwiscbeo den Rittern, die Zutritt zu prokuratorisehe Ämtern erhielten, und der weitaus überwiegenden Masse der anderen, die mit munizipalen oder milltäriscben Aufgaben bzw. der Zugeb&igkeit zu den Richterdekurien zufrieden waren.
Legt man die Ergebnisse der umfassenden Untersuchung von S. Demougin
zugnmde, so zeigt sieb während derjulisch·daudischen Zeit in der Ausdehnung
des Retrutiezuogsfeldes für aDe bck:aooten Mitglieder des ordo equesttr überllaupt
imGrundsätzlicheo ein weitgebender Glcicbklang zur Ausweitung der Herkunft
der Senatoren, und zwar sowobl in Italien als auch in den Provinzen, was gnmd.sätzlich zu erwarten war, freilich auch mit bemerlrenswerten Abweichungen im einzelnen. Alle Regionen Italiens sind in dieser Zeit bereits im Ritterstand vertreten, am stärksten Latium und Campania, am schwächsten, wie auch bei den SenatoreD die Regionen ß und m also Apulia-Calabria und Lucania-BruUii. Docb überraschenderweise stellt die Regio X. Venetia und Histria, bereits in der vorclaudischen Zeit eine recht große Zahl voo Riuem, ganz anders als dies bei den Senataen sich zeigte - und diesen hoben Anteil innerbaib ganz Italiens hält
sie auch später, dann allerdings im Gleichklang mit seuataiscben Familien.
Vom Anfang der augusteischen Zeit an ist eine bemerkenswert hohe Anzahl von Rittern aus den Provinzen feststellbar: den 116 für Rom und Italien bezeugten tquitts stehen in der Zeit von ca. 30 v. bis 41 n.Cbr. 68 Ritter aus
1 94 V&L Symc, EOS ll 650; den., RomiD Papers IV 7. 1 9S Du Material ist nur teilweile ersc:hlouen; wichtig ist Pflaum, 170 ff.; H. Devljver, Prosopograpbia milltlarum equestrium quae fuenmt ab Augusto ad Galllenum, Leuven 1976 ff.; Demougin 503 ff.; dies., Prosopop-aphie des c:bevallers romainl Jullo-Claudiens, Rom 1992; vgl. AlfOldy 108 f.
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
153
den westlichen und 30 aus den östlichen Provinzen gegenüber.196 Während der gesamten julisch-claudischen Dynastie lauten die Zahlen 388 : 99 : 61 1 97 .
Daß dies keine absoluten Zahlen sind, daß sie vielmehr nur Tendenzen angeben
können, lnucbt lcaum betont zu werden.198 Der Gleichklang tmd Unterschied zu
den Senatoren ist dennoch offenktmdig: Einelseits sind die Westprovinzen, mit einem Vorrang der Baetica, der Tamcooeosis tmd insbesoodere der Narbonensis, stärker repräsentiert als der Osten; jedoch ist der Gesamtunterschied bei weitem geringer als bei den Senatoren 1 99 Vor allem sind jedoch die Ritter aus den .
Provinzen überhaupt wesentlich zahlreicher als die gleichzeitigen Senatoren. Dies mag einerseits mit dem wesentlich geringeren sozialen Anforderungsprofil zu erkHlren sein, womit der Widerstand gegen ihr Einströmen
geringer
ausgefallen ist; andererseits aber stieg auch die Gesamtzahl der permanent im staatlichen Dienst durch Ritter zu besetzenden Funktionen im Heer und im Gerichtswesen gegenüber der Republik weit stllrlcer an als bei den Senatoren (deren Zahl im Senat selbst ohnehin fixiert war), so daß nach den Erschütter ungen und Proskriptionen der Bürgerkriegszeit möglicherweise nicht mehr genügend Familien aus Italien den neuen Erfordernissen nachkommen wollten oder konnten. Hinzu kam die Gründung zahlreicher Veteranenkolonien in den Provinzen, aus denen ganz natürlicherweise wiederum neue ritterliche Offiziere hervorwuchsen. Gerade sie waren und fUhlten sich auch als Teil der römischen Gesamtbürgerschaft, zumal der Großteil der Veteranen der frühen Zeit auch tatsächlich noch aus Italien stammte. Allein aus Alexandria Troas wurden von Augustus bis Vespasian 6 Militartribunen rekrutiert; die meisten dieser Familien dürften ursprünglich italischer Herkunft gewesen sein.200 Seit Claudius aber macht sich auch das einbeimische Element stärker bemerkbar, deren römisches Bürgerrecht häufig auf Verleihungen durch Caesar und Augustus zurückgebt, wie beispielsweise bei C. Iulius Laco aus Sparta oder C. Iulius Spartiatleus aus 196 Zu dem frühesten tribumu militum aus der Provinz Asia, der bei Demougin noch nicht berücksichtigt werden konnte, vgl. Anm. 190. 197 Demougin 520 ff. 198 Man könnte sogar vermuten, daß einerseits die italischen Ritter auf Grund der besseren epigraphischen Überlieferung s:tlrker erscheinen, als es vor allem gegenüber den westlichen Provinzen in der Realitlt der Fall war. Andererseits könnten auch gerade die Ritter aua den östlichen Teilen dea Imperiums überrepräsentiert sein, da die inschriftliche Dokumentation dort insgesamt breiter ist als im Weaten, vor allem in dieser frühen Zeit 199 Africa ist allerdings im Ritterstand wahrend dCI 1. Jh.s ebenso s:chwach vertreten wie im Senat; vgl. Alföldy 108. 200 H. Devijver, in: The Defense of the Roman and Byzantine East, hg. Pb. Freeman and D. Kennedy, BAR lnt Ser. 297, 1986, 129. 202.
154
Die Umgestaltung der politischen Fübnmgsschicht
Korintb. Daß nach unserem Quellemnaterial im Osten die Städte der Provinz Asia und Galatia das stärkste Kontingent stellen,201 ist nicht überraschend und steht im Einklang mit der seit Vespasian stärker werdenden Zugehörigkeit von Mitgliedern der provinzialen Aristokratien gerade dieser Reichsteile zum ordo senatorius.
Ob die lokale Re.lautierung von Prokurata'en entsprechend diesem allgemeinen Trend bei allen Rittern verlief, kann man zwar vermuten; aus unserem Quellen material läßt es sich jedoch nicht nachweisen. Ganz im Gegenteil wäre vielleicht sogar aus der freilich sehr beschränkten Menge der Zeugnisse für die regionale Herkunft von Prokuratoren zu schließen,202 daß hier von Anfang an und verstärkt seit Claudius auch römiscbe Bürger griechischer Herkunft aus dem Osten mit Aufgaben im Dienst der Kaiser beauftragt wurden; jedenfalls sind von den bekannten Prokuratoren zwischen Augustus und dem Ende Neros, gegenüber nur dreien aus der Narbonensis, mindestens acht aus den östlichen Provinzen zu verzeichnen; zwischen Vespasian und Traian sind dies neun, während aus der Narbonensis fünf und aus Spanien drei stammen. Falls hier nicht einfach eine VerflUschung durch den Zufall der vc:.- allem inschriftlieben Überlieferung, die im Osten im allgemeinen besser ist, vorliegt, dann könnte dies so erklärt werden,
daß die Principes bei der Bestellung ihrer Prokuratoren, die ja vielfach auch nur ihre rein petSOOlichen Beauftragten waren, voo Anfang an weniger durch traditio nelle romzentrische Vorstellungen sich einschränken ließen und für Aufgaben vornehmlich in den östlichen Provinzen auch aus sachlichen Gründen auf dort
beheimatete Führungspersonen zurüdcgriffen.203 Solche Positionen mögen auch
für gebildete Persönlichkeiten eher annehmbar gewesen sein als der routinemäßi ge. disziplinarisch streng geregelte Dienst im römischen Heer.
4. Die politische Bedeutung der lntegratioo. Der Umfang des ordo senatorius ist mit einiger Wahrscheinlichkeit zu benennen. Dec Senat selbst hat die Zahl voo rund 600 Mitgliedern nie überschrit ten. Da jeder Senator den Wirkungen dec Iex Papia-Poppaea mit
ihren
Sanktionen gegen die Ehelosigkeit unterworfen war, dürfte die Mehrheit der 201 Devijver (Anm. 200) 203 ff.
202 Pflaum 170 ff. (mit notwendigen Brgllnzungen). 203 Drei der Präfekten von Ägypten vor Vespasian stammen aus Städten des Ostens: Cn. Vergiliua Capito aus Milet, Ti. Claudiua Balbillua aus Ephesus und Ti. lulius Alexander aus Alexandria.
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
155
Senatoren verheiratet gewesen sein und zwar vermutlich bereits vor der Bewerbung um die Quästur, wo dieses Faktum von Bedeutung war. Auch ihre Frauen gehtx1en zum ordo tmd ebenso die Kinder, die aus diesen Ehen hervorgin gen. Ihre Zahl ist freilich mit einigem Anspruch auf Wahrscheinlichkeit kaum zu bestimmen. Denn es hat zumindest den Anschein, als ob nicht wenige senatorische Familien bereits nach einet oder spätestens nach der zweiten Genera tion ausgestorben seien. Zumindest sind sie im prosapographischen Material nicht mehr nachweisbar.204 Es s i t aber auch nicht auszuschließen, daß sich manchmal bereits die zweite Generation nicht mehr an den Ämtern in Rom interessiert zeigte und deshalb in die alte Heimat zurückkehrte,205 die ohnehin im Leben vieler senatorischer Familien eine wesentlich größere Rolle gespielt hat. als dies üblicherweise angenommen wird. Nach den rechtlichen Kategorien wären solche in die Heimat zurückgekehrte Personen dennoch bis zur dritten Generation Mitglieder des ordo geblieben. Doch sind solche Fragen von der Forschung bisher nicht genügend untersucht worden, auch deswegen, weil die Quellenprobleme dabei besonders schwierig sind. Hält man sich an die sichere Zahl von rund 600 Senatoren im Senat selbst, so darf man insgesamt wohl höchstens mit etwa 400 Familien rechnen, deren männliche Mitglieder im Senat saßen. Denn nicht selten hatten Vater und Sobn bzw. mehrere Brüder gleichzeitig einen Sitz in der stadtrömischen Curie. Die Valerii Messallae und Nonii Asprenates tmter Tiberius oder die Domitii Lucanus und Tullus sowie die Neratii Priscus und Marcellus in der tlavisch-traianiscbeo Zeit mögen dafür als Beispiel genügen.206 Korreliert man diesen geschätzten Umfang mit der Zahl der Städte zunächst in Italien und dann auch mit det in den meisten Provinzen, und zieht man außerdem n i Rechnung, aus wie vielen Orten mehr als eine Familie gleichzeitig im Senat saß,207 dann wird es klar, daß nur eine kleine Minorität 204 Dies ist vor allem bei wenig distinktiven Namen zu beachten, da in diesen Fällen natürlich ohne ausdrückliche Angaben keine verwandtschaftleben Beziehungen hergestellt werden können. Gerade Kinder sind oft nur schwer zu erkennen, vgl. M. Kajava, Roman Upper-Class Children and Prosopography, in: Prosapographie und Sozialgeschichte (Anm. 167) 165 ff. 205 Siehe dazu die Diskuliion bei Hopkina (Anm. 92) 120 ff. Ferner auch Hahn Leunissen (Anm. 92) 63 ff. 206 Da8 Vater und Sohn gleichzeitig im Senat saßen, mu8 außerordentlich häufig gewesen sein, zumal wenn man bedenkt, daß Kinder bei der Bewerbung Vorteile brachten. Sie wurden also häufig scbon geboren, wenn die Vllter zwischen 20 und 30 Jahre alt waren. 25 Jahre apllter konnten diese sich dann bereits selbst wieder um einen Sitz im Senat bewerben. 207 Siehe die Listen in: EOS ll. Siehe e.g. R. Syme, Eight Consuls from Patavium, Roman Papers IV, Oxford 1988, 371 ff.; den., Verona'• Earllest Senators: Some Comparisons, Roman Papers Vll, Oxford 1991, 473 ff.; dazu A. Buonopane W. Eck. -
Die Umgestaltung der politischen Führungsschicht
156
� Selbstverwaltungseinheiten des Reiches gleichzeitig penonell direkt mit dem stadtrömischen Senat verbunden war. Denn allein Italien zablte im 1. Jh. rund 400 Städte. Relevant ist dieses Faktum
vor
allem deshalb, weil Senatoren
offiziell aus der ehemaligen Heimatstadt ausschieden
und rechtlich
an Rom
gebunden waren, damit auch für deren sozio-politisches Funktionieren nicht mehr im selben Ausmaß wie zuvor zur Verfügung standen, jedenfalls nicht unter rechtlichen Prämissen.208 Doch ist teilweise in der Forschung zu sehr der
Abbruch der
Verbindungen zwischen senatorischen Familien und ihren Her
kunftsorten betont worden, während sich tatsächlich Bindungen vielflUtiger Art
nachweisen Iassen.209 Vor allem aber blieb die ökonomische Basis aller
Senatoren zu einem erheblichen Teil in den alten Regionen, auch nachdem Traian die Amtsbewerber verpflichtet hatte, ein Drittel ihres Vermögens in italischem Grundbesitz anzulegen. Gerade die Notwendigkeit der kaiserlichen Anordnung zeigt die ganz selbstverstllndliche Aufrechterhaltung der Bindungen an
die Heimatstädte. Es ist zweifelsfrei, daß ein Teil des wirtschaftlichen
Mehr
produkts von den Senatoren für die aufwendige Lebenshaltung in Rom ver braucht worde,210 das somit für lokale Zwecke nicht mehr zur Verfügung stand.
Ob daraus eine unmittelbar negative Wirkung auf das Leben der Städte ausgeübt
wurde, ist kaum nachzuweisen; konnten doch die möglicherweise entstehenden
Nachteile durch Förderung beim Kaiser oder bei provinzialen Amtsträgem für
einzelne oder auch für die Gemeinden selbst kompensiert werden. Die Integration
einzelner Familien in die stadtrömische Führungsschicht kann jedenfalls nicht wesentlich für beginnende Krisenphänomene einzelner Städte seit dem 2. Jb. venmtwortlich gemacht werden.
Das gilt noch weniger für die Mitglieder des ordo equester. Sein Umfang ist mit weit geringerer Präzision zu bestimmen;
sicher ist nur, daß er das Vielfache
des Senatorenstandes umfaßte, gegen Ende des lJAnfang des 2. Jh.s vielleicht einige Zehntausend.211 Für sie galten wesentlich andere Bedingungen. Auch
Caes)aris, nicht praefect[us aerari milit)aria: Zu CIL V 8845, ZPE 102, 1994, 195 ff. 208 A. Chastagnol, Le probl�me du domicile 16gal dea a6nateun romain1 A 1'6poque im rial e , M6Iangea Senghor. Dakar 1977, 43 ff.; w. Ect, Cbiron 7, 1977, 365 ff. 20 W. Eck, Die Prlsenz JenatoriJeher Familien in den Stldten dea Imperium Praefect[us
--·
r
Romanum biJ zum 1plten 3. Jb., in: FestiChritt Vittinghoff (Anm. 30) 283 ff.; ders., Senatoren und ihre Heimatprovinz - du BeiJpiel der Baetica, in: Fra epigrafia e pro10pografia, llom 1995 (im Druck); den., Rome IDd tbe outside world. Senatorlai families and the world they lived in: Roman Family Conferenc:c, Canberra August 1994 (in Vorbereitung). 210 Vgl. PliniUJ, ep. 2,4,3: 1umptuo1a digmta.r; 6,32,1: neceuita.r .. nitoril. 211 Vgl. AJföldy 106; Vittinghoff 223 f. .
Die Umgestaltung der politiscllen Fübrungsscbkbt
157
rechtlieb verblieben sie Mitglieder ihrer Hetkunftsstadt, selbst wenn sie für einige Zeit mit überlokalen staatlieben Aufgaben, sei es im Heer als Präfekten von Auxiliareinbeiteo oder ritterlichen Tribunen, sei es in den Richterdekurien in Rom betraut wurden. Die meisten tebrteo oacb ErlediglDlg dieser Funktionen zurück und nahmen ganz selbstverständlich ibten Platz lDlter den führenden Familien der Stadt ein, olmmehr mit erhöhter dignitas, die ihnen aus den überlokalen Reichsaufgaben zugewachsen waren.212 Vfß allem soweit sie nichtrömischen Stlldteo entstammten, brachten sie nach ihren Aufenthalten in Rom oder in den Mllilllrprovinzen im allgemeinen wobl eine stärleere Prägung durch römische VorstelllDlgen mit, wodurch sie ibrel'seits integrierend wirken
konnten. Selbst der bis zu Hadrian insgesamt nur sehr bescbeidelle Kreis von Prokmato ren, der Zahl der Familien nach böcbstens ein Viertel der senatfßiscben, verlor nicht seine Bindung an die Heimatstädte, obwohl manche von ihnen über viele Jahrzehnte hinweg Aufträge des Kaisen in verscbiedenen Reichsteilen aus zuftlbren hatten; doch wurden diese Aufgaben keineswegs immer kontinuierlich übernommen. wiesen vielmehr auch immer wieder Unterbrechungen auf, in denen diese Ritter in die Heimatorte oder jedenfalls in die Stadt. die sie sich als permanenter Wohnort erwählt batten,213 zurückkehrten. Denn ein permanenter Aufenthalt oder eine dauerhafte Übersiedlung prokuratorischer Familien nach Rom ist offensichtlieb eine seltene Erscheinung gewesen.214 Deutliebstes Zeichen fiir diese Bindung an die Herlrunftsstlldte ist die Tatsache, daß die Masse aller Inschriften für Personen ritterlichen Standes (abgesehen von vielen Zeugnissen für ritterliebe Offiziere) aus den Stadtgemeinden Italiens lDld der Provinzen stammen, nicht etwa aus Rom,21S während bei den Senatoren eine deutlieb andere Relation anzutreffen sind. Das personelle Beziehungsgeflecht zwiscben Rom sowie den Städten Italiens und der meisten Provinzen beruhte zu einem ganz wesentlichen Teil auf den Mitgliedern des ordo equemr, insbesondere deswegen, weil der Ritterstand numerisch außerordentlich stark gewesen ist Ritterliche Familien konnte man vennutlicb in den meisten Stlldten Italiens und in sehr vielen Gemeinden der Provinzen antreffen. Sie waren somit neben den Senatoren ein wesentliches Element fllr die nicht mehr nur auf militärischer 212 Siebe z..B. die Zeugnine fUr die primipil4nl bei DobiiOD. Die Primipilarea (Anm.
124) 16S ff., die zu einem erbeblieben Teil 1111 deu Hcimatltldten atammeo. 213 Si.ebe di.e Diakuuioa Obet die «Heimat» der ritterlieben Gavü bei W. Ecl: (Anm. 167) 368 ff. 214 Val. die Auawertuna der filtul�e aquariae der Stadt Rom: W. Eck, EOS I 203. 206 f. 21S Siebe die Uate der Ritter mit den Quellenzeupilleo bei Demou&in 821 ff.
Die Umgestaltung der politischen Fühnmgsschicht
158
Macht, sondern
auf Partizipation
an der Herrschaft und lnteressengleichbeit
beruhende IDtegration des Reicbes.216 Agrippa n., König
von Cbalkis, stellte im J. 66 den aufsländischen Juden in
vornehmlieb ihre militärische. hätten der Überlegenheit Roms
Jerusalem die Macht der Römer vor Augen, Selbst weit größere Völker
als das jüdische
nichts entgegenzusetzen gewußt.217 Seine Rede blieb damals obne Erfolg. Doch nach Cassius Dio218 soll bereits Maecenas im J. 29 v.Cbr. Augustus einen grundsätzlichen, nicht auf milltlriscbe Beberrscbung allein abzielenden Rat gegeben haben: Er solle die Vornehmsten, Besten und Reicbstell aus Italien und den Provinzen zu Senatoren machen. Auf diese Weise sei er umso sicherer in seiner Herrschaft,
weil
die Untertanen keine Anfiibrer hätten, um
empören, wenn sie selbst wann
zum
wurde.
ersten
Mal
an der
sich zu
Reichsregierung tei.lbätten. Niemand weiß,
eine so verstandene Politik
der Integration formuliert
Doch in den eineinbalb Jahrhunderten seit Augustus hatte die Politik
dieses Ziel in der Realität weitgebend eaeicht.
216 V&}. aucb P.A. Brunt, Tbe Romanization of the Local Ruling Clauea in the
Roman Empire, in: Assimilation et riabtancea � Ia culture &rico-romaine d1n1 le moode ancien, Madrid 1976, 161 ff. • Roman Imperial Tbemea (Anm. 60) 267 ff. 217 Josephus, bell. Jud. 2,345 ff. 218 Cauius Dio 52,19,3. FOr fördetlicbe, freUDdiCbaftlicbe Kritik bin icb, wie 10 oft, Friedlich Vittingboff zu groBem Dank verpflicbtel -
III. EINZELNE VERWALTUNGSZWEIGE
· ). - (
'·
ORGANISATION UND ADMINISTRATION DER WASSERVERSORGUNG ROMS* In der Vorstellung nicht nur der heutigen Menschen gelten Rom und sein Imperium weithin als ein straff organisiertes Gebilde, das vom Kaiser und einem umfangreichen, klar gegliederten Verwaltungsapparat beherrscht wurde. Darin
wird nicht zum wenigsten die Wutmächtigkeit und lange Dauer der Herrschaft begründet gesehen. Verwirklicht und konkretisiert sieht sich diese moderne Vorstellung u.a. in den Bauten, die als mächtige Hinterlassenschaft fast zwei
1ahrtausende überdauert haben. Gerade die römischen Straßen mit ihren Brücken
anlagen, Bergdwchstichen und zahlreichen Meilensteinen oder die imponierenden Bogenreihen römischer Aquaedukte in der Campagna. in der Nähe von Karthago
oder bei N'Imes vermitteln den Eindruck staatlicher Rationalität und Effektivität. sie werden als Symbol römischen Wesens, allgemeiner römischer Wirklichkeit angesehen. Bereits Frontin hat die Wasserleitungen als besonderes Indiz
römischer Größe charakterisiert (de aquis 119,1).
1. Prinzipien römischer Administration Man muß sich jedoch fragen, inwieweit solche Bauten Aussagen über die innere staatliche Struktur zulassen und wie diese im Verhältnis zu modernen Erfahrungen zu beurteilen ist Staatliches Handeln war in Rom selten von dyna mischem Veränderungswillen bestimmt. Jeder lebte in einem Zusammenspiel von drei Bereichen, durch die seine Bedürfnisse erfüllt wurden: in der Familie, in seiner Gemeinde und schließlich im übel-greifenden Imperium Romanum. Im
weitesten Umfang wurden die täglichen, aber auch die längerfristigen Notwendig
keiten von der Familie erfüllt, insbesondere alle Fragen der sozialen Sicherung,
die beute das bevonugte Feld staatlichen Handeins gewooJen sind.l Sozialpolitik • Dieser Beitrag wurde für einen Band konzipiert, der aieh an ei n allgemeineres Publikum richtete. Sowohl im Text als aucb in den Anmerkungen wurde dies berück sichtigt. Folgende Abidirzungen werden verwendet: AE Annu epigrapbique, Paris; CIL Corpus inscriptionum Latinarum, Berlin 1863 ff.; D. H. Dessau, lnscriptiones Latinae selectae, Berlin 1892 (ND 1962); Eck, Staatliebe Organisation W. Eck, Die staatliebe Organisation Italiens in der boben Kaiserz.eit, MOneben Prosopograpbia imperii Romani aaeculi I. U. m, bg E. Groag, 1979; PIR2 A. Stein, L. Petersen, Berlin 1933 ff. (Band I-IV); Syme R. Syme, Tacitus I-n. Oxford 1958. I Eck, Staatliebe Organisation 7. =
=
=
=
=
.
=
162
Organisation und Administration der Wassecversorgung Roms
in unserem Sinn hat Rom, von wenigen, leicht erklärbaren Ausnahmen ab 2 gesehen, nie betrieben. Nur wenige Sektoren erforderten eine überfamiliale Regelung, so der Schutz vor äußeren Feinden. die Befriedigung der Ansprüche der Götter durch den öffentlichen Kult und auch die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Angehörigen verschiedener Familien. Nur zum Teil gehören dazu die Sicherung der Lebensmittelversorgung in Krisenzeiten sowie die Zufuhr von Trinkwassetr in die Gemeinden. Noch während der Kaiserzeit verdankte man in vielen Städten des Reiches die Heranleitung von Frischwasser nur der Freige bigkeit Einzelner, die Aquaedukte und Laufbrunnen errichteten, nicht aber einer munizipalen oder gar staatlichen Initiative.
2. Die Praxis der Wasserversog rgun in der Republilc Die Stadt Rom als urbaner Kern war in dieser Hinsicht eine gewisse Aus nahme. Einmal machte die Ansammlung einer großen Menschenmenge auf engem Raum eine lediglich private Regelung der Wasserversorgung schon n i relativ früher Zeit unmöglich, zum anderen mußte in der Republik die herr schende Senatsaristokratie daran interessiert sein, offensichtliche Anlässe für Unruhe in der Bevölkenmg zumindest zum Teil zu verhindern. Die Bereitstellung von Frischwasser aber war kein partikulares Interesse, betraf vielmehr die Gesamtbevölkerung, so daß sich keine größeren generellen Widerstände gegen die Errichtung von Wasserleitungen ergaben. Seit Appius Claudius Caecus Ende des 4. Jahrhunderts v.Chr. war die Versorgung der Stadt Rom mit Wasser als eine 3 überfamiliale. gesamtheitliehe Aufgabe anerlcannt. Die LösiDlg der Aufgabe erfolgte freilich auf eine Weise, die erbeblich von unseren neuzeitlichen Vorstellungen abwich. Öffentliche Amtsträger waren nur in geringem Umfang mit den Wasserleitungen befaßt: zunächst bei deren Er bauung und dann bei der Vergabe von Berechtigungen an Privatleute, Wasser in größerem Umfang über besondere Leitungen und nicht aus den öffentlichen Brunnen zu beziehen. Der Bau einer Wasserleitung erfolgte, ebenso wie spätere Reparaturen, durch private Unternehmer, die von den Censoren.4 aber ebenso 2 Im wesentlichen handelt es sich dabei um die VerBOrgung eines Teiles der stadtrömi schen Bevölkerung mit kostenlosem Getreide, um die Versorgung der Veteranen und um die durch Nervall'raian geschaffene Alimentari.oatitution in Italien. 3 Frontin, de aquia 5; ferner Diodor 20,36,1; Liviua 9,29,6 ff.
4 Tb. Mommsen, Römisches Staatsrecht, 18872, 423 ff.; E. Meyer, Römischer Staat 3 und Staatsgedank.e, 1964 , 169 f.
Organisation und Administration der Wasserversorgung Roms
163
auch von anderen Magistraten,S die Aufträge erhielten. Die fmanziellen Mittel wurden aus dem Aerar von den Quästoren auf Anweisung der jeweils leitenden Amtsträger ausbezahlt. Doch müssen wir davon ausgehen,
daß,
abgesehen
vielleicht von den allgemeinsten Direktiven, die gesamte Planung in privaten Händen lag. Eine umfassendere staatliche Planung und ein entsprechendes, gar ständiges Personal hat es nicht gegeben. Sobald das Wasser in die Stadt geleitet war, mußte nur noch für die Verteilung gesorgt werden. Nur relativ wenig davon wurde für private Zwecke bewilligt; dabei handelte es sich während der Republik zumeist wn das Überlaufwasser, das
bestimmten Handwerkern, z.B. Gerbern oder Tuchwalkem, bzw. Badeanstalten zugestanden wurde.6 Reine Privatleinmgen dagegen dürften nur wegen besonderer Verdienste wn die Allgemeinheit von dec Volksversammlung bewilligt worden sein. Dabei sind wohl fast ausschließlich Mitglieder der herrschenden Senats
aristokratie betroffen worden. Zwar wurden die allgemeinen Bewilligungen auch von den Censoren erteilt; allein da sie nur alle fünf Jahre fürjeweils 18 Monate im Amt waren, übernahmen in der Regel die Ädilen die Aufgabe, da sie allge mein für die öffentliche Ordnung in der Stadt verantwortlich waren.7 Das be schränkte sich freilich zumeist auf die Regelung von Streitfragen durch die
Ädilen selbst, da ein umfängliches Subaltempersonal etwa vergleichbar unseren Polizeikräften nicht vorhanden war. So ist es auch durchaus verständlich, wenn
die Ädilen injedem Stadtbezirk in Rom zwei dort wohnende Bürger beauftragten, zu wachen, d.h. insbesondere über die ordnungsgemäße Benutzung der Lautbrunnen. So konnte durch die soziale über die öffentliche Wasserversorgung
Kontrolle, nicht durch einen administrativen Apparat, das Funktionieren des so wichtigen Versorgungssystems gewährleistet werden. Für die Erhaltung der Bausubstanz hatten wiederum Privanmtemehmer eine Anzahl von Handwerkern, die möglicherweise Sklaven waren, zu bestellen. deren Namen im Tabulariwn, dem öffentlichen Archiv, gemeldet werden mußten.8 Dies diente der Sicherung
der Haftungsverpflichtungen. Einkünfte erbrachten die Wasserleitungen nur in geringem Umfang, da die Entnahme aus den I...auflx1mnen notwendigerweise ohne Entgelt erfolgte. Nur wer Wasser zu privaten Zwecken ableiten durfte, hatte Abgaben (ein vectigal) zu entrichten und ebenso deJjenige, der Grund tmd Boden
5 So wurde die Erbauung der aqua Marcia durch den Stadqxiltor Q. Marcius Rex geleitet,
Frontin, de aquis 7. 6 Frontin, de aquis 94,6. 1 Frontin, de aquis 95. 8 Frontin, de aquis 96.
164
Organisatioo und Administratioo der Wassezvezsorgung Roms
benutzte, der beim Bau der Wasserleitlmgen öffentlicher Besitz geworden war.9 Ebenfalls private Steuererbeber, die wohlbekannten und nur teilweise mit Gnmd berüchtigten Publikanen, haben diese Gebühren erboben und gegen Abzug eina Va-gütung an die Staatskasse abgeliefert 1 0 Der personelle Einsatz von seiten des Staates war somit verschwindend gering. l l Wenn Frontin12 die gewis
r ung, senhafte Aufsicht der repubHkanischen Magistrate Uber die Wasserversog i zu seiner eigenen Zeit rühmt, so schwingt en i Gutteil natUrlieh im Verglech
von ganz gewöhnlieber lliusion über «die gute alte Zeit» mit Vor allem aber
bedenkt Frontin nicht, daß sidl durch die enorme Ausdehnung des Wasseran gebots sowie durch nicht unerhebliche Änderungen in der Administrations struk:blr das Potential für Mißtllwch und Kotruptioo edleblich vergrößert hatte.
3. Veränderungen seit Augustus - die Beteiligung der Kaiser
i Gerade mit Augustus, dem Begründer einer monarchischen Herrschaft n Rom, 13 wird weithin eine umfassende Reform der Administration verbunden. Diese Vorstellung ist aber nur sehr partiell zutreffend. Denn einmal sind weite geographische Bereiche, wie etwa Italien außerbalb Roms selbst, fast überhaupt nicht in die Verändezungen miteinbezogen worden, zum anderen hat Augustus oft nur geringfügige Neuerungen durchgeführt, deren spätere Entwicklung niemand voraussehen oder vorausplanen koonte. 14
Rom selbst, die Hauptstadt des Imperiums, ist freilieb stärker von den Eingrif
fen betroffen worden. Aber hier waren auch mannigfache Notstände in großem Ausmaß virulent und politisch instrumentalisiert worden. Sowohl eine mangel
hafte Lebensmittelversorgung als auch die Bedrohung der Stadt durch Brandkata strophen konnten von den Rivalen um die Macht für ihre Zwecke dienstbar gemacht werden. Augustus hat darauf mit tasteDdeo Versuchen geantwortet und
9 Frontin, de aquis 94. 118. 10 Vitruv, de arcbitectura 8,6,2.
1 1 Dies war allgemeine republ.ikaniscbe Praxis, vgl. A.H.M. Jones, in: Studies in Government and Law, Oxford 1960, 151 ff. 12 Frontin, de �quis 97. 13 Allgemein zu Augustus R. Syme, The Roman Revolution, Oxford 1939 (dt. Die römische Revolution, Stuttgart 1957); Fr. Vittingboff, Augustus, Göttingen 31987; D. IGenut, Augustus. Prinzeps und Monarch. Darmstadt 1982. 14 Vgl. W. Eck, Augustu1' administrative Reformen - Pragmatilmus oder systema tisches Planen? = in diesem Band S. 83 ff. Roman
Organisation und Administtation dec WassezvetSOrgung R<ms schließlich eine tragfähige Organisationsform wie
auch in anderen
165
Bereichen
gefunden. Wenn auch die Wassezversog rgun Roms in gewissen Bereichen eine veränderte administrative Form erhielt, so scheinen
dafür allerdings ganz andere Gründe
wilksam geworden zu sein. Agrippa, der engste politische Mitkämpfer Octavians und Sieger in der Schlacht bei Aktium im
im J. 33
J. 31
v.Chr., hatte seit seiner Ädilität
v.Chr. die Zufuhr von Wasser in die Stadt durch den Bau neuer
Leitungen und
die
Errichtung
Diese Maßnahmen führte er
zablreichu Laufbrunnen erbeblich ausgedehnt. nun keineswegs in staatlichem Auftrag durch,
sondern handelte aus eigenem Botschluß (natürlich mit Genehmigung des und auf eigene Kosten. Seine Tätigkeit ist somit nicht anders zu als bei sonstigen senatorischen Familien, die für die Öffentlichkeit Basiliken, Theater oder Tempel errichteten, ebenso wie Agrippa selbst zumeist aus den fmanziellen Mitteln, die durch Kriege erworben worden waren.15 Aus dem Bau resultierte aber auch die Aufgabe, die Folgelasten zu übernehmen, und das hieß für Agrippa, für den Unterhalt der Wasserleitungen zu sorgen. Dabei begnügte er sieb nicht damit, die Verteilung des Wassers zwischen dem
Senats)
-
verstehen
öffentlichen und dem privaten Bereich zu regeln, Arbeitstrupp von
sondern setzte auch einen
240 eigenen Sklaven ein (aquarii), die vor allem für die
Überwachung der einzelnen Wasserbauwerke zuständig waren. Auch die Kosten
dafür gingen auf seine Rechnung.16 All diese Aktivität bewegte sieb noch im Rahmen der privaten Munifizenz, natürlich nicht frei von politischen Absichten und Prestigebedürfnissen. Erst als Agrippa
12 v.Chr. starb und Augustus mit dessen Erbschaft auch die
Sorge um die Wasserleitungen als politisches Vermächtnis übernehmen konnte,
kam nun ein neues Element ins Spiel, das wir «staatlich» nennen dürfen. Augustus trat nämlich nicht persönlich an die Stelle des Agrippa
-
vielleicht aus
einer gewissen Zurückhaltung, noch mehr Aufgaben in Rom zu übernehmen und
damit den republikanischen Schein noch weitet zu vermindern. Außerdem war er faktisch gar nicht in dec Lage, sieb näher mit Fragen zu befassen, die letztlich
das politische Interesse höchstens in einer Krisensituation einmal stärker berühren konnten. Vielmehr übergab er die gesamte Mannschaft
der aquarii des
Agrippa der Öffentlichkeit
240 Sklaven starke
(familia publica). Die
15 Dazu beispielsweise H. Kloft, Uberalitas principis, Köln 1970, 35 ff.; P. Veyne, Le pain et le cirque, Paris 1976, 375 ff. 1 6 Frontin, de aquis 9; 98. Möglicherweise gehörten auch die in CIL XV 1677n8 genannten Freigelassenen des Agrippa, die als Bleirohrhersteller tlltig waren, zu dem Personenk:reis, den Agrippa fQr die atadllö.mische Wuserversorgung heranzog.
166
Organisatim und Adm.inistratioo der Wassecversorgung ROOlS
aquarii wurden öffentliche Sklaven, servi publici, deren Unter:balt damit auch die
Staatskasse aufbringen mußte. Bereits im nächsten Jahr wutden auch die Lei tungsfunktionen durch einen Senatsbeschluß geregelt. indem ein Kollegium von drei Beauftragten für die öffentlichen Wasserleitungen (curatores aquarum) eingesetzt wurden.17 Diese Funktionsträger wurden vom Kaiser im Einver nehmen mit dem Senat ernannt;18 von einer Mitwirkung dieser republikanischen Körperschaft ist allerdings nach Augustus keine Rede mdlr. Damit war der Kaiser unmittelbar mi t der Wasserversogr ung befaßt, was sieb auch darin zeigte, daß Augustus die Regelungen des Agrippa übernahm. darunter auch die Bewilligungen der Wasserentnahme an Privatleute. Et publizierte die Regelungen zusammenfassend in einem Edikt und verlieh ihnen dadurch eine größere Autorität und Sicherheit, da sich der erste Mann der res publica damit identifiZierte. Sie bekamen so öffentlichen Charakter. Alle Maßnahmen, die in der Folgezeit das Wasserwesen Roms betrafen, wutden entweder direkt von den Kaisern veranlaßt oder ruhten auf ihrer Autorität bzw. ihren fmanziellen Mitteln. Sowohl Reparaturen als auch Neubauten wurden aus dem kaiserlichen.fiscus bezahlt, und als, wohl seit Claudius (41-54), neben die curatores ein procurator trat19 und ein noch größerer Arbeitstrupp von Sklaven, rund 460, aufgestellt wurde, trafen die Kosten ebenfalls die kaiserliche Kasse. Ebenso mußten alle Soodergenebmigungen für die Wasserentnahme durch Privatleute vom Herrscher in Form eines Briefes, einer epistula, an den Antrag steller ausgestellt werden. Gerade dieses Verfahren zeigt eine charakteristische Seite römischen staatlichen Handelns.20 Denn man darf damit nicht etwa die Vorstellung eines bürokratischen Vetkehrs verbinden, wie beute beispielsweise mit einem Ministerium: Offiziell gehen alle Schreiben an den Minister, und in seinem Auftrag antwortet ein Ministerialbeamter. In Rom bzw. im Römischen Reich aber war es nicht etwa üblich, bei einer Bebörde einen scbriftlicben Antrag zu stellen, der dann an den Kaiser von Amts wegen weitergeleitet wurde. Viel mebr war zwneist die persönliche Kontaktaufnahme mit dem Kaiser erforderlich oder zumindest mit einer Person, die in engem persönlicben Verkehr mit dem Herrscher stand. Dann konnte man erwarten, eine Antwort in Form eines Bewil17 Prontin, de equi.J 99. 18 Ein solches Kollegium ist aus CU. VI 1248 D. 5745 bekannt: A. Didius Gallus, T. Rubrius Nepos, M. Comelius Firmus; sie gehören in claudische Zeit". 19 Frontin lbatte darüber offensichtlich keine genaue Kenntnis (de aqui.J 105,2). Der erste namentlich bekannte Prokurator war ein gewisser Gnesius unter Nero (CIL XV =
7271).
20 Siehe dazu vor allem F. Mi l lar, Emperors at Wo dt , JRS 57, Emperor in the Roman World, London 1977, 19922, 203 ff.
1967, 9 ff.; ders. The
Organisation und Adm.inisttalion der Wasservenorgung ROOlS
167
ligungsscbteibens zu erbalten. Damit ist ein starltes personales, man möchte sagen, vorrationales und antiinstitutionelles Element in der römischen Ad miniscration greifbar.
4. Die Leitung der WassetVerS
168
Organi.satioo und Administtatioo der Wassecversorgung R<mS
facblicbe Kenntnisse für den Bereich der Wasserversog rgun besaßen, so war dies aber nicht eine Folge
ihrer langen Diensttlltigkeit, sondern eines besonderen
�eben Interesses. Im allgemeinen verfügten siejedoch nur über die übliche
war. In den 108 aquanun bis zum Dienstantritt Frontins waren insgesamt 16 konsulare Kuratoren ernannt worden;24 fünf von ihnen aber hatten zusammen 79 Jahre die Leitung der Wasserversorgung, zwei von ihnen mit 24 bzw. 23 Jahren Amtsdauer. Dies war für römische Verhältnisse absolut breite Erfahrung,
wie
sie für alle wichtigen Aufgaben nötig
Jahren des Bestehens der cura
ungewöhnlich, da entweder noch Wechsels
im
Amt, galt oder
das Prinzip der Annuität, also des jährlichen
die
Ablösung, vor
allem in den vom Kaiser
verliehenen Funktionen, üblicherweise nadl zwei bis vier Jahren erfolgte. Den Kuratoren war somit eine erbeblieb größete Chance gegeben, sieb in ihre Tätigkeit bineinzufinden und unabhängiger von ihrem Personal zu werden, wenn
sie dies überllaupt als eine Notwendigkeit erachteten. Nach Frontins Behauptung soll dies nicht immer geschehen sein;
doch
mögen die angeblich schlechten
Zustände unter der 23jäbrigen Amtszeit seines Vorgängers Acilius Aviola keineswegs typisch gewesen sein,
und es
ist
auch nicht ausgescblossen. daß
Frontin um der Stilisierung der eigenen Person willen bestimmte Mißstände, die vielleicht auf ungenügende Kontrolle durch den
Kurator zurückgeführt werden
konnten, stlirlcer herausgearbeitet bat. Die noonalen konkreten Aufgaben, wie sie sieb aus Frontin ergeben, erstreck ten sieb vor allem auf drei Bereiche: einmal auf die Erbaltung der Bausubstanz der Aquaedukte sowie die Gesamtbeaufsichtigung der dafür zuständigen Kräfte,
sodann auf die Beteiligung am Geoebmigungsverfabren privater Wasserzuleitun
gen und schließlieb auch aufdie gerichtliebe Regelung von Streitßlllen bzw. voo strafrechtlieben Vergeben gegen Einrichtungen der Wasserversaun g g. UrsprUnglieb waren die curaJores aquarum allein für die Genehmigung privaten Wasserbezugs bzw. für die Zuleitung zu einzelnen öffentlichen Gebäuden zustän dig gewesen. Dies muß man jedenfalls einem Gesetz des Jahres 9 v.Cbr. entneh men, mit dem eine Reibe von Bestimmungen für den Schutz der Aquaedukte in
Kraft gesetzt bzw. eingeschärft wurde.25 Frontin aber gebt ganz selbstver ständlich davon aus, daß der Kaiser selbst in
jedem
einzelnen Fall seine
Zustimmung in einem Schreiben an den Antragsteller ausspricht26 Wann es
zu
24 frootin. de aquil 102 &ibt eine WObl iDJ&eaamt komplette Liate VOD 11 V.Cbr. bi.J 97 o.Cbr. Vgl. Bruuo (Aom. 21) 153 ff. 2S Proolin, de aquil 129,11. 26 Äholicbe Verachiebuogeo, etwa vom Senat zum KaiJer, bat ea auch in anderen adminiJtrativen Bereichen cegeben, vgl. Eck, Staatliebe Organisation 12 f., 64.
Organisation und Administration det Wasserversogrgun Roms
169
diesec Änderung gekommen ist, wissen wir nicht Immerbin hatte bereits Augu stus diesbezügliche Maßnahmen des Agrippa bestätigt, worin man zumindest den Ansatz für das spätere Verfahren se.ben muß. Für den tmbürokratischen Ablauf ist
jedenfalls folgendes aufschlußreich: Der Kaisez übetsendet sein Schreiben nicht direkt dem Kurator als dem zuständigen «Ressortchef•, sondern dem Bittsteller. Dieser muß sich dann erst an den Kurator wenden, der seinerseits anschließend dem Prokurator Anweisungen gibt'1:1 Besonderes Augenmett bat det curator aquarum der baulichen Erhaltung des Wasserleitungsnetzes zu widmen.28 Dabei war er üblichezweise, wenn er nicht wie Frontin einen Teil det AnJagen persönlich abging, von den Meldungen der Subalternkräfte abbängig oder auch von Klagen der betroffenen Benutzer. Die Entscheidung über Reparaturen scheint er getroffen zu haben, nachdem er sich mit den Baufachleuten seines Amtes und. nach dem Rat Frontins, auch solchen von außerhalb beraten hatte.29 Ob er dann die Arbeiten im einzelnen angeordnet oder deren Regelung bzw. deren Vergabe an freie Bauunternehmer dem Prolcw:ator überlassen bat, ist nicht überliefert. Unbekannt ist auch, ob dem Kurator der Neubau von Wasserleitungen von den Kaisern übertragen wurde. Zumindest für den organisatorischen Bereich wären sie wohl üblicherweise fllbg i gewesen; doch ist wedet für die aqua Claudia noch für die aqua Traiana dafür en i Zeugnis vorbanden. Römischer Praxis konnte es jedoch genauso entsprechen, wenn etwa Traian für den Bau seiner aqua Traiana einen Sonderbeauftragten ernannt hätte, wie tt es bei der via Traiana nach Brundisium getan bat30 Nicht weniger zeitlichen Aufwand ab das bisher Geschilderte dürften die Recbtsvttfabren vor dem Kurator erfordert haben. Der römische Magistrat hatte üblichezweise nicht nur die Aufgaben unserer Exekutive, sondern hatte gleich zeitig die Kompetenz, Streitflllel und strafrechtliche Vorkommnisse aus seinem amtlichen Bereich zu entscheiden. Er hatte also nicht nur die Aufstellung der Grenzsteine zu überwachen, mit denen neben den Wasserleitungen ein freier Streifen Land markiert wurde,3 1 sondern hatte auch Strafen auszusprechen für die Okkupation dieses Schutzstreifens. Auch Beschädigungen an den Gerinnen, Rohren und Kastellen wurden von ibm mit einer Geldbuße belegt, ebenso
27 Frontin, de aquis lOS. 28 Frontin, de aquis 103. 29 Frontin, de aquil 119. 30 D. 1035, 1036; vgl. Eck, Staatliebe Organisation 51 f. 31 So durch die curatores aquarum drei Grenzsteine unter
D. S14S.
Claudius, cn. VI 1248
=
170
Organisatim und Administratioo der Wasservenorgung Rooa
illegale Entnahme von Wasser.32 Immerbin ist der erbebliebe Entschei dungsspielraum bemezkenswert, der dem Kurator dabei blieb. Denn Frontin betont. er babe solcbe Übertreter des Gesetzes auf sanfte Weise zur Räson gebracht und sieb bemUbt. ibre Namen nicbt betanot werden zu lassen. Ob sieb zablreicbe seiner Standesgenossen unter deD Ertappten befanden?33 Gerade in der Umgebung Roms, dem suburbium, durch das alle Aquädukte gefübrt wurden, hatten viele SenaltteD ausgedehnten Grundbesitz erw<Xben.
Trotz all dieser Aufgaben war ein Kurator sicher nicbt überlastet; scbließlieb
mußte er- auch für andere PO.k:hten DOCb zur Verfügung stebeo. So war Frontin wäbrend seiner cura aquarum auch Augur, also Mitglied eines bobeo Priesterlrol1egiums;34 und ganz selbstverstiDdlich wird er an Senatsversammlungen und vielleicht auch an Sitzungen des kaiserlieben Rats teilgenommen haben. Daneben warteten Zivil- und Strafprozes,se bei denen Sentoren als Riebtee oder
als Geschworene eingesetzt wurden_.)S Daraus wird deutlicb, wie breit und
verschiedenartig die öffentliche Tätigkeit eines angesehenen Senators in der
Hauptstadt sein konnte, wie aber die eigentlicbe amtliebe Bescbäftigung nur ein Teil seines Lebens war. Dies war niebt nur desbalb möglich, weil ein Kurator
seine Arbeit nicbt allein verrichten mußte.
5. Das Subaltt.rnpersooal und derprocuraJor aquarum Dieses war für römiscbe administrative Verhältnisse außerordentlich
zahl
reieb.36 Denn neben die seit 12 v.Cbr. bestehendefamilia publica von rund 240 trat seit Claudius nocb eine kaiserliebe Truppe von 460 Personen, die familia Caesaris. Sie war notweodig gewooJen durch die Ausweitung der Wasserverscr
gung unter Claudius. Sie alle waren kaiserliebe Sklaven oder Freigelassene, so
wie die anderen SraatswJ.aven waren. Gleichzeitig wurde wohl auch unter cüesem Kaiser ein weiterer Funktionsträger eingesetzt, der sogenannte procurator
aquarum. dem zumindest diefamilia Caesaris unterstand, vielleicht aber aucb das 32 Prootio, de aquiJ 127,2 f., 129,4 ff., 130; zur magiJtratiiCbeo Kompetenz vgl. Tb. Mommaeo, Römiscbea Staatarecbt, 18872, I 136 ff.; dera., Römisches Strafrecht, Berlio 1899 (ND 19SS), 823 f. 33 Prootio, de aquia 130. Rlk:bichtaoabme auf Standeagenoaaeo war zwar lceio durch gebeoder Zu& im magiatratiacheo Gerichtnerfahreo, aber auch oicbta Uoge wOhDlichea. 34 Plioiua, epiatula 4,8,3. 3S Prootio. de aquia 101,1; H. Ga!Jterer, GGA 225, 1973, 40 ff. 36 Prootin, de aquia 116 f.
Organisatioo und Adm.inistratioo der Wassetversogrgun Roms
171
gesamte techniscbe Personal-jedenfalls in späterer Zeit Dieser Prokw'ator, dem sozialen Status nach zunächst kaiserlicher Freigelassener, später, vielleicht seit
Traian ritterlichen Ranges, war einerseits als Vorgesetzter für diefamilia Cae saris notwendig und war andererseits wohl dafür gedacht, die Arbeiten zu über nehmen, die für den senatorischen
Kurator nicht standesgemäß waren, also
unmittelbare Überwachung der Arbeit an den WassedcasteUen, die Einteilung und AnweislDlg des Personals, möglicbea'weise die KontroUe der Finanzen, mit denen
jedenfalb der Kurator sicher nicht befaßt war.37 Ob ein unmittelbares Abbängig keitsverbältnis des procurator aquarum vom Kurator bestand, und ob dieser dem kaiserlichen Freigelassenen
oder
auch
dem Ritter dienstliebe Anweisungen
erteilen konnte, ist keineswegs sicher. Allerdings haben wir kaum ein unmittel bares,
konkretes
Zeugnis abgesehen von Frontin,
Prokuratoren etwas aussagen
das über
die Tätigkeit der
würde. Denn die kaiserlichen Freigelassenen und
Ritter, die in amtlicher Funktion auf denjistulae aquariae erscheinen lDld die man
bisher stets als procuratores aquarum angesehen hatte, sind in Wirlclichkeit anderen administrativen Tätigkeiten zuzuweisen. Mit der cura aquarum haben sie nichts zu tun. Die Wasserprokuratoren JcUmmerten des Wassers voo den einzelnen Kastellen zu
sieb nicht um die Zuleitung den amtlichen Gebäuden, das hatten
die Amtsträger zu tun, die für die Gebäude selbst verantwortlich waren zu den Privatleuten, die Wasser für ihr eigenes Haus ethielten.38 Der Rang des ritterlichen Prokurators ministration lllßt sich
am
ehesten
im
Gesamtzusammenbang
- analog
der Ad
an seinem Gehalt ermessen, das im 2. Ih.
aber 100'000 Sesterzen betrug.39 Die Höbe des Gehalts wird vielleicht dann deutlich, wenn man damit den Jahressold eines Legionärs zur selben Zeit vergleicht, der 1'200 Sesterzen betrug. Diese Ver mindestens 60'000, später
gütung war dabei keineswegs allein und entscheidend durch
die Leistung der
Prokuratoren bestimmt, sondern auch durch ihre soziale Stellung, die wiederum
37 G. Boulvert, Esclaves et affrancbia imperiaux
sous le Haut-Empire romain, Neapel 1970, 143 ff. 38 Zahlreiche solcherjistulae sind in Rom uod Umgebung gefunden und vor allem CD.. XV 7271 ff. publiziert worden. Zu der Neuinterpretation bat insbesondere Bruun mit seiner Untersuchung beigetragen (Anm. 21), da er zeigen konnte, daß die Namen auf den jistulae nicht die von procuralores aquarum aein können. Allerdings ist seine Lösung, es handle sieb um mehrere procuralores palrimonii aucb nicht möglich. Vielmehr sind Funktionstriger ganz unterschiedlieber administrativer oder palatiner Bereiche genannt Aucb andere Versorgungsbereicbe, wie etwa das Prltorianerlager in Rom, kümmerten sieb selbstlndig um die Verlegung der Wasserleitungen; die Kontrolle batte dann ein Tribun der Prltorianerkoborten, die unmittelbare Arbeit überwachte ein ce111urio, CD.. XV 7241-44. 39 0. Hirscbfeld, Die kaiserlieben Verwaltungsbeamten bis auf Diokletian, Berlin 1905 (ND 1963), 278 ff.
172
Organisatioo und Administralioo der Wasserversorgung ROOlS
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Voraussetzung hatte. Das Mindest veJDlögen, um überhaupt ein rittediches Amt übernehmen zu können, belief sich
auf 400'000 Sestenen, nachweisbar in Grundbesitz.40 Vemutlich hat auch der Kurator ein Gehalt bezogen. Doch ist uns darübec in conaeto nichts bekannt Wie hoch die Besoldung der Masse des Subaltempezsonals war, wissen wir
verstanden, sich auf illegalem Weg durch den «Verkauf). von Wassedeitungen oder von unet"laubten Manipula nicht; doch haben zumindest manche von ihnen
tiooen eine Aufbessel'Ußg, vielleicht sogar den größeren Teil ihres Lebensuntel'
halts zu beschaffen. Frontin gibt davon eindrückliche Beispiele.4 1 Diese Mög lichkeiten bestanden vor allem für die Aufseller der einzelnen Wasserkastelle innerhalb und außerhalb der Stadt. aber auch für diejenigen, die die Meßdüsen kontrollierten und ihren Einbau in die Wasserkastelle überwachten. Solche illegalen Eingriffe müssen weitvertxeitet gewesen sein. Das zeigt der inoffizielle, ironisch gebrauchte Titel «Vorsteher der Einstiche» (a punctis), der in Analogie
zu tatsächlichen Amtsbezeichnungen (ab epistulis, a bibliothecis, a rationibus)
für solche Pet"Sonen aufgekommen war.42 Anderen Arbeitskräften, die unmittel bar für die Instandhaltung der Kanäle, des Mauerwerks zuständig waren, wird sich
dazu weniger Gelegenheit geboten haben.
Frontin nennt verschiedene Bezeichnungen für das untergeordnete Personai,43
ohne daß immer klar wird, was deren spezifiscbe Tätigkeit war: vilici castellarii circilores
=
= =
Aufsichtspersonal (?) Wlll:tet der Vetteilelbauwedce Streckenwllrter an den Wasserleitungen außerhalb der Stadt
silicarü
=
Handwerlrec, die für die StraßeDpOastel'Ung zu sor gen hatten
tectores
=
Handwerker, die den wasserdichten Verputz in den
opijices
=
sonstige Arbeitskräfte
Wasseranlagen herstellen
40 A. Stein, Der römische Ritterstand, MOnehen 1927 (ND 1963), 2 1 ff.; G. Alföldy, Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden 1975, 108 ff.; S. Demougin, L'ordre 6questre sous le Julio-Claudiena, Paris 1989, 76 ff. 41 Frontin, de aquis 103,4, 105,3 f., 110,2, 1 14,1. 42 Frontin, de aquis 115; vgl. Bruun (Anm. 21) SS ft. 43 Frontin, de aquis 117.
Organisalioo und Administtalioo der Wasserversogrgun Rcms
173
Diese Beschäftigten waren z.T. auf die WasseranJagen in den einzelnen Stadt· bezirken verteilt und nannten sieb sogar nacb den städtischen Regionen,44 zum Teil wurden sie dort eingesetzt. wo Reparaturen auszufiihren waren. Sobald diese
jedoch größer waren, griff man wie zur Zeit der Republik auf Bauunternehmer zurück, ebenso wie auch Neubauten nicbt voo den beiden stllDdigen Arbeits trupps ausgeftihrt wurden b'Otz ihres quantitativ recht großen Umfangs. Auch außerhalb Roms war immer ein Teil des Penonals stationiert, insbesondere die Streckenwärter (circitorts). Voo diesen waren zu einer nicht naher bestimmbaren Zeit allein in Tibur mindestens 21 anwesend.4S In der Näbe von Tibur verliefen n die aqua Claudia, die aqua Marcia und die aquo. Anio novus. drei Wasserleitugen:
Sie batten vor allem zu melden, wenn Sdladm auftraten. wenn Lcd.s entstanden, durch die Wasser verloren ging;
außerdem hatten sie darauf zu achten, daß die
Grundbesitzer, durch deren Gebiet die Fernwasserleitungen geftihrt wurden, die Schutzstreifen zu beiden Seiten der Aquädukte freihielten und nicht illegal Wasser daraus entnahmen. Ob alle 700 Bediensteten technisches Personal waren. ist nicht zu entscheiden, obwohl es nach Frontin so aussehen könnte. Wir wissen jedenfalls aus insdlrift.
lieb überlieferten Texten, daß kaiserliebe Sklaven, vor allem aber FreigeJassene als Rechnungsführer
formas)
(tabularii), Verwalter des
sowie als lobaber des Amtstagebuchs (a
Vorrats an Meßdüsen
(supra commentariis aquarum) tätig
waren.46 Besonders
groß wird dieser im engeren Sinn administrative Bereich tabularii vor allem für die Besoldung der familia Caesaris zuständig waren, die a commentariis aber für die Aufzeichnung der
nicht gewesen sein, da die
täglichen Arbeitsanweisungen sowie die Registrierung der durch die privilegierten Wasserbezieber. Dieser Arbeitsanfall war
Kaiser
vermutlieb nicht um
fangreich. Ob es Dienstgebäude, in dem sie und aucb der Prokurator tätig waren, gab, ist umstritten;
man ging davon aus, daß es wobl in einem der Tempel im
Bereich des beutigen Largo Argentina auf dem Marsfeld in Rom Jag47 oder in der Nähe der Que11e der luturna (lacus lutuTI'IiU) auf dem Forum Romanum. Doch ist dies mit Nacbdurck bestritten worden.48
Im römischen administrativen System ist ein Amtsgebäude nicht so zwingend wie uns dies beute encbeint49 Dennoch
muß es
eine
Ortliebkelt
gegeben haben, wo z.B. die
aquarii ihre
Befehle
44 cn. VI 2342: Bamoeus defamilia publica VUI. 4S Cll. XIV 3649. 46 CIL VI 8487. 8488. 8489. 33731;
47 F.
dazu Boulvert, Blclavea et affranchi.J 143 ff.
Coarelli, Rom. Ein arebiologischer Führer, Freibur&
197S, 252 ff.
48 Bruun (Anm. 21) 19S f. 49 Siebe den Beitrag zur Administration der via Appia in diesem Band S. 29S ff.
Organisalioo und Administtatioo der Wassc:rvenog rgun R<ms
174
erhielten, wo das Amtstagebuch geführt und wo vor allem die Unterlagen übec die Wasserkonzeonen ssi und die Kapazitätsauslastung gesammelt waren.
6. Die Willesamkeil der Administratioo Die Effektivität dieses Verwaltungszweiges abzuscbätzen, ist im einzelnen kaum möglich. Immerhin bat Rom bis in die Spätantike hinein, als durch die Angrüfe der Germanen immer mehr und schließlieb alle Wasserleitungen außer halb der Stadt untezbrocben wurden, übec eine vorzUgliebe Versorgung verfügt. Niclll wenig wild voo der IDitialive dca KmaUn und seiDem aktiven WJ.llen zur Kontrolle abhängig gewesen sein; unter Frontin ist es so zu einec ecbeblicben Vecbesserung ge.lcommen - so jedenfalls oacb seiner eigenen Aussage. Er bat
versucht, das reichlich vorhandene Personal durch tägliche, aktenkundig ge machte Dienstanweisungen zielstrebig zur Vecbesserung des Wasserangebots einzusetzen. In keinem anderen Zweig der stadtrtlmiscben Administtatioo war indes nach
UDSel'el' heutigen Kenntnis das
Kontingent dcr Bediensteten so groß
wie im Bercicb der crua aquarum. Vlellcicbt darf man sogar von einer persooe1len Überbesetzung beim Subaltempersonal sprechen. Deon man Iaum wohl zweifeln, ob
für die :standige Beobachtung der drei bei Tibur vorbeifließenden Wasser
leitungen mindestens 21 Streckenwärter nötig waren. Noch aufschlußreicher ist freilich die Feststellung Frontins, daß nicht selten Sklaven dcr beidenfamiliae auf privalen Baustellen arbeiteten, und natürlich gleichzeitig ihren Unterhalt aus den öffentlichen Kassen weiteibezogen (de aquis 117). Daß ein besonderes
HUfspersonal des Kurators zwar noch immec seine Vecglltung aus dem Ärar bezog, aber überbaupt nicht mehr zur VerfUgung stand (de aquis 101), sei nur nebenbei vermerlr:t.
7. Öffentliche und private Nutzung dea Wassers - der Zusammenbang mit dec sozio.politiscbeo Stellung der Wasserbeziehec Daß die breite Öffentlichkeit davon je Notiz genommen bat, darf man be zweifeln. Ihr kam es darauf an, Wasser in all den Bereichen vorzufinden, wo es nötig war, also in kleinen und großen Badeanstalten, den Handwecksbetrieben, die
vom
Wasser abbangig waren, bei den großen Spielen und zum täglichen
Bedarf an den vielen öffentlichen Brunnen bescheidenen odec monumentalen
Ausmaßes. Und auch die relativ k1eine Schiebt von Personen aus den soziopoli-
Organisatioo und .Administratioo dc:r Wasserversog rgun R<ms
175
tisch führenden Kreisen wird kaum allzu sehr darüber erregt gewesen sein, da ihr ohnebin zumeist der private Zugang zur öffentlichen Wasserversorgung möglich w�. Ursprünglich war die Heranleitung des Wassen zur Befriedigung der Allge meinheit gescbeben. Rom war aber, auch theoretisch, nie vom
Prinzip der
�gali� behemcbt. weshalb Plinius foonoliel'en konnte: NIChts ist ungleicher als gerade die Gleichheit (nihil tst psa i aequilitatt inatqualius). So hat man, zumindest für uns nicht mehr wahrnehmbar, nicht protestiert gegen Sonder regehmgen für zunäcllst wenige Einzelne. Regelungen, die wäbreod der Republik von der Volksversammlung genehmigt werden mußten. Das betraf nicht private Badeanstalteu, Walkaeieo und andere Haodwelksbeuieb bei deDeo der Qe1Quch
des Wassers, wie Frontin sdlreibt. ohnehin wieder der Öffentlichkeit zugute kam,so sondern die Nutzung nur in den JXivaten Haushalten. Mit dem steigenden Wasserangebot wurde der Kreis dieser Bezieher ausgeweitet.
die Genehmigung
aber ging auf den Kaiser über. Es ist nun bezeichnend, wie Frontin diese Geneh migung benennt bentjicia
=
Wobltaten. Et getnucht damit einen Begriff. wie er
tausendfacb angewendet wurde, wenn der Kaiser etwas gewährte, mocbte man darauf einen Ansprucb haben oder, was weit häufiger war, keinen. So konnte ein
Strafgefangener durch ein kaiserliches btntjicium aus den Bergwerken befreit werden, eine Stadt das Recht erhalten, für die Benutzung einer Slraße eine Wegegebühr zu erbeben, oder auch ein bestimmtes Gebiet zu ihrem Territorium zu zählen. Aber genauso wurde auch die Errichtung von Bauwerken als kaiser liebe UberaliW gepriesen oder die Genebmigung zur Abbaltung von Spielen, zu
denen möglicherweise der Hemcber aus seinen Gladialorenscbulen die Kämpfer
bereitgestellt hatte.51
Nichts anderes war im Prinzip auch die kaiserliebe Gewäbrung von privaten
Wasseranschlüssen. Deshalb findet sieb auf einer Wasserleitungsröhre auch der
bezeichnende Hinweis: tx indulgtntia Caesaris • aus kaiserlieber Huld (wurde das Leitungsrecht gewlbrt).52 Damit stellt sich die Frage, wer überhaupt in der Lage war, ein solches berr scherliches bentjicium zu erhalten. Grundsätzlieb hatte sieb dabei gegenüber der Zeit der Republik die Situation insoweit verändert, als jeder, auch der un bedeutendste Einzelne. in den Genuß von Privilegien kommen konnte, wenn es
ihm in irgendeiner Weise gelang, den Kontakt zum Kaiser herzustellen und diesen
für sein Anliegen zu «interessieren». Das Problem war also die «Nähe
SO Pronlin, de aquil 94, 108.
51 V&L die Literatur in Anm. 15. 52 CIL XV 7879 {aua Pracnette).
176
Organisatioo UDd Administtatioo der Wasserversorgung Ra:n.s
zum Kaisen.S3 Und damit war doch in der Praxis der Kreis derjenigen, die eine solcbe Berecbtigung erbalten konnten, erbeblkb eingeschränkt Nicht näher ist dabei auf Gruppen einzugehen, die in gewissem Sinne der Öffentlichkeit zu Diensten waren: Etwa die Circuspartei der GrUnen, einzelne Priesterschaften oder auch die Publikanengesellschaft, die auf den Verkauf von Sklaven 4% Steuer erbob; sie haben nach Ausweis derfistulae ein solcbes Bezugsrecht erbalten.S4 Ähnlich liegt es in der Spätantike mit Hospitllem oder Waisenhlusem.SS Ent scheidend ist vielmebr,
wie sieb der Kreis der Privatleute zusammensetzte, die
ein Wasserprivileg auf legalem Weg �. Dadie Römer in der Antike wie auch noch in derModeme eine große Vorliebe dafür hatten, einzelne historische V<X"gäDge oder auch Besitztitel inschriftlieb
(zumeist für alle sichtbar) festzubalten, ist uns für unsere Frage ein el'giebiges Material erbalten geblieben. Denn auch die Wasserleitungsrobre, die aus Blei gefertigt wurden, trugen den Namen dessen, der befugt war, Wasser zu beziehen. Wahrscheinlich war dies sogar administrativ gefordert, weil damit die Berechti gung zu kontrollieren war. Die zufälligen und systematischen Ausgrabungen haben in Rom hunderte solcherjistullu aquarilu ans Tageslicht gebracht, von denen über 300 eine pivate Kennzeidmtmg tragen. Mebr als 55% a1l dieser Fälle sind unter sozialem Aspekt eindeutig einzuordnen, während etwas über 40% nicht genau. zu identifizieren sind
Analysiert man das aussagdaäftige Malerial,S6 so sieht man. daß etwa 63%
aller fistulae Personen
senatorischen Ranges geh(lrten, also der sozial ange
sehensten Gruppe, aus der bis ins erste Drittel des 3. Jahrhunderts hinein die überwiegende Mehrheit der hohen politischen und administrativen Amtstrllgel' genommen wurden. Mit etwa 6% sind sodann Personen mit ritterlichem Status
(darunter z.B. der Pralorianelpräfekt Caracal1as, M. Opellius Maainus) tmd etwas mehr als 7% Freigelassene, und zwar fast ausnahmslos kaisetliche Freigelassene, zu dentifizieren, i untel' ihnen auch einel' der fast allmächtigen Freigelassenen des Claudius, der ab tpistulis Narcissus, der für die kaiserliche Korrespondenz zuständig war. D.h. aber: Soweit man die Inhaber dieser durch den Kaiser
erteilten Berecbtigungen näher festlegen kann, gehOrten sie der soziopolitischen Führungsschicht des Reiches an, die in besonderem Maß in der Lage war, direkt S3 F. Miliar. Tho Emperor in tbe Roman World, London 21990, 13S ff.; Eck, Staat liche Organisation 22 ff.
S4 CIL XV 7254, 7253, 7255. SS CIL XV 7257, 7258. S6 Dazu W. Eck, Diefistulae aquariae der Stadt Rom: Zum Binfluß dei sozialen Status auf adminiltrative• Handeln, n i : Atti del Colloquio Internazionale lU «Epigrafia e ordine senatorio•, hg. S. Panciera, Rom 1982, [1984), 197 ff.
Organisatim und Administtatioo der Wasserversorgung R<mS
177
oder durch VeamiUlung mit dem Kaiser in Kontakt zu kommen. Natürlich waren
alle diese Personen aucb wirtscbaftlich gut gestellt, was deswegen nicht ver wunderlich s i t, weil nicht nur die Bleirohre selbst, sondern teilweise auch die Verteilerbauwerke, von denen aus die Privatleitungen abzweigten, von den Privilegierten bezahlt werden mußten. So war eine gesicherte ökonomische Position zwar wichtig, aber sie war normalerweise nicht die entscheidende Voraussetzung fUr den Erbalt einet privaten Wasserleitung. In EinzelflUlen hat allerdings wobl auch dieser Faktor eine wichtige Rolle gespielt; denn so wie die Bediensteten der cura tU[IUUllm bestechlich waren, worüber Frontin an mehr als einel' Stelle seines Werkes klagt, so waren es auch mMChe Personen in der Umgebung des Kaisers, die gegen einen adäquaten
«Dienst» ein kaiserliches beneficium für einen Interessierten erreichen konnten.57 Einen solchen Fall können wir mit einiget Wabrscbeinlichkeit unter den Namen auf denfistulae noch ausmachen: Im J. 68 n.Cbr. feierte Nero nach seiner musikalischen und agonistischen Griechenlandtour einen triumphalen Einzug in Rom. Unmittelbar danach wandte sich ein gewisser Larcius Lydus an Nero mit dem Ansinnen, er solle wie in Griechenland so auch in Rom mit der Lyra auf der Bühne als Sllnget auftreten; er wolle dafür dem Kaiset 1 Million Sesterzen bezahlen. Nero lehnte die Bezahlung als eines Remebers nicht würdig ab, trat aber trotzdem auf.ss Gerade aus der Zeit Neros bzw. den Jahren danach stammt eine fistula aquaria, die den Namen A(ulus) lArcius Lydus trägt.59 Es kann kein Zweifel sein: diese beiden Personen sind identisch. Nun läßt sich aber auch noch nachweisen, daß Larcius Lydus ein Freigelassener, also ein ehemaliger Sklave war. Denn ein Larcius Macedo, der in traianiscber Zeit (98-117) bereits senatorischen Rang hatte,60 wurde von seinen Sklaven umgebracht, weil er sie brutal und unmenschlieb behandelt hatte. Plinius, ein jüngerer Zeitgenosse Frontins, kommentiert den Vorgang sarkastisch in einem seiner Briefe, Macedo habe wohl zuwenig oder vielmehr zu sehr daran gedacht, daß sein Vater noch Sklave gewesen sei,61 und dies war eben Larcius Lydus, det, als er die private 51 Einen aolcb acbwunghaften cHandel» aoll etwa Antonia Caenia, eine Freigelusene, die bei Vespuian die Rolle einer Ehefrau spielte, betrieben haben, mit Gericbtaurteilen und dem Verkauf von ataatlicben Funktionen, Cuaiua Dio 66,14,13; vgl. Sueton, vita Vespuianl 3. Zwar muß man mit viel boshaftem Gerede derjenigen, die beim normalen Verfahren etwa der Bewerbung um Ämter nicht zum Zuge gekommen waren, rechnen. Doch iat grundsitzlieb an solchen Möglichkeiten nicht zu zweifeln. SI Cusiua Dio 63,21,2. 59 pJR2 L96. 60 PIR2 L 97. 61 Pliolua, Bp. 3,14,1; vgl. W. Eck, ZPE 42, 1981, 246.
178
Organisalioo und Administratioo der Wasscrvenocgung Roms
Wasserleitung erwarb, Freigelassener war. Da aber nicht der Kaiser seiD Freilasser war, gehörte er auch nicht zu der Persouengruppe, die erheblich leichter Zugang zum Remeber gewinDen toonte. Somit liegt der Schluß nahe, daß seine fiDanziellen Mittel, die, wie das Angebot an Nero zeigt. ihm reichlich zur VerfUgung stauden, die Schlüssel gewesen sind - wenn nicht das «schmeichelhafte Angebot» an den Kaiser der Schlüssel für die Konzession gewesen ist.62 Immerllin: Zumindest äußerlich war der Wasserbezug jedenfalls im Rahmen der Legalität, denn sonst wäre seiD Name nicht auf der fistula erschienen.
Typologisch ll8t dieser Fall, aber noch mehr die soziale Verteilung der uns bekannten Besitzer privater Wasserleitungen erkennen, wie weit entfernt römiscbe Administration noch von rationaler Versachlichung war. Daraus eiD
Urteil ableiten zu wollen, hieße freilich, moderne, Dichtadäquate Maßstäbe heran zuziehen. Unter den gegebenen römischen Bedingungen kann das Recht auf
privaten Wasserbezug nur im Zusammenbang mit dem soziopolitischen Status gesehen werden.
62 So eine Aruegung von Ursula Pitach.
DIE WASSERVERSORGUNG IM RÖMISOIEN REICH: SOZIQ-POLmSCHE BEDINGUNGEN, RECliT UND ADMINIS1RATION*
I. Die Stadt unter griechisch-rtJmischen Voraussetzungen Vorbemerlamg Wasserversorgung antiker Städte ist kein einheitliches Phänomen. Vielmehr entfaltete es
sich unter sehr unterschiedlichen Voraussetzungen geographischer
und politischer Art.
Geographisch wird dabei zwar vor allem
erfaßt, aber unter Einschluß
das eigentliche Mittelmeergebiet
der angrenzenden
Länder, d.h. die Räume von
Britannien im Norden bis zu den Wüsten jenseits des Atlasgebirges und den
Nilkatarakten im Süden und von Gibraltar im Westen bis etwa zum Persischen Golf
im Osten. Die
Gegensätzlichkeit der klimatologischen und geologischen
Gegebenheiten ist evident und braucht nicht besonders betont zu werden. Daß die gegensätzlichen Voraussetzungen, wie sie
im regenreichen Mitteleuropa und in
den semiariden Gebieten in Nordafrika bzw.
im syrisch-palästinensisch-naba
täischen Raum herrschten, zu jeweils unterschiedlichen Notwendigkeiten bei der Wasserversorgung und entsprechend zu partiell andersartigen Lösungen führten, ist aus der inneren Konsequenz zu erwarten. Wasserversou rg ng ist aber vor allem auch eine historische Erscheinung, da sie entscheidend an die jeweilige politisch-soziale und wirtschaftliche Entwick lungssituation gebunden ist und von deren Veränderungen nicht unwesentlich
beeinflußt werden kann. Da der Zeitraum, für den in der einen oder anderen Form das Thema hier entfaltet wird, mehr als 1'000 Jahre umfaßt, ist insbesondere die konkrete politische Form, in der die Menschen im gesamten Mittelmeergebiet lebten, natürlicherweise nicht konstant geblieben, sondern vielfältigen Ver änderungen unterworfen gewesen.
• Für Hilfe bei Materialsammlung, Kontrolle und der Erstellung des Manuskriptes habe ich Frau A. Gemeinhardt, Frau M. Herster und Frau P. Pack zu danken. sowie mei nem Assistenten, Herrn Dr. R. Haensch, für kritische Durchsicht. Die verwendeten Abkürzungen sind am Ende des Beitrags aufgeführt.
Die Wasserversorgung im römischen Reich
180
1. Die Stadt als politisch-administratives Gliedenmgsprinzip1 Sieht man einmal von den letzten Ausprägungen der frühen Hochkulturen in Ägypten und den Ländern des Vorderen Orients ab, so sind es die Staaten bildungen der Griechen und vor allem der Römer, die für uns den politischen Rahmen abgeben. Denn alle anderen größeren oder kleineren politischen Einheiten sind im Verlaufmehrerer Jahrhunderte zunächst in den hellenistischen
Reichen und schließlich im Imperium Romanum aufgegangen. Sie haben auch, wenn
man
vielleicht von den Karthagern bzw. überhaupt den Phönikern im
Westen absieht, nach der uns zugänglichen Überlieferung kaum Bemerkenswertes zum hier behandelten Thema beigetragen. Einen einheitlichen griechischen Staat hat es während der Antike nie gegeben, sondern nur die überaus große Zahl der griechischen Stadtstaaten, die durch die Kolonisation insbesondere vom 8. bis 6. Jh. v.Chr. über das Mutterland hinaus in weiten Teilen des Mittelmeergebietes entstanden waren. Diese Stadtstaaten, zumeist aus einer zentralen Siedlung und einem mehr oder minder großen Territorium bestehend, erfüllten die Bedürfnisse, die sich für die Bewohner, d.h. Bürger, Fremde und Sklaven, ergaben, soweit deren Erfüllung nicht kleineren Gruppen innerhalb des politischen Verbundes, etwa dem Geschlecht, der Familie
oder Kultverbänden, zufiel. Dabei darfman, grob gesagt, davon ausgehen. daß der Prozeß der «Verstaatlichung» im Verlauf von Jahrhunderten weitere Bereiche
ergriff oder staatliche Einflußnahme zumindest subsidiärnotwendig wurde. Jeder dieser Stadtstaaten bildete eine eigene, nach außen, jedenfalls theoretisch, unab hängige Einheit, was sich in mannigfachen Organisationsformen und rechtlichen Eigenheiten zeigte. Keine dieser Poleis glich einer anderen völlig, wenn auch gewisse Grundstrukturen in vielen Stadtstaaten einander ähnlich waren. Allein schon die erbebliche Disparität in der territorialen Größe und damit zusam menhängend im Umfang der BevöJkerung schuffast notwendigerweise erbebliche Diskrepanzen in den einzelnen Organisationsformen, obwohl im Verlauf des 6. und S. Jhs. die politische Herrschaftsform der Demokratie herrschend wurde. Gerade über das Vorbild Athens mochte es dabei. gewollt oder auch erzwungen, zu einer gewissen äußeren Annäherung in vielen Poleis gekommen sein. Aber
1 Vgl. zum folgenden A.H.M. Jones, The Greek City from Alexander to Justinian, Oxford 1966; ders., The Citie11 of the Eastem Roman Provinces, Oxford 21971; P. Vittin;gboff, cStadO. und Urbanisierung in der griechiach-römi11chen Antike, HZ 226. 1978, 547 ff.; dera. (Hg.), Stadt und Herr11ehaft, HZ, Beiheft 7, 1982 (mit Beiträgen von W. Dahlheim, H. Galllterer und F. Vittinghoff); F. Kolb, Die Stadt im Altertum, München 1984.
Die Wasserversog rgun
im röm.iscben Reich
181
der einheitlich strukturierte und auf gleichartige Rechtsgrundlagen gegründete griechische Stadtstaat als politische Einheit ist auch dadurch nicht geschaffen
worden. Mit dem politischen Niedergang der griechischen Stadtstaaten deren weitgebenden Eingliedenmg in
im 4. Jb. und
das Weltreich Alexanders d. Gr. erfuhren
diese zum größten Teil einen erbeblieben Verändetungsprozeß. Aus selbstllndigen territorialen Völkerrechtssubjekten wurden sie allm!!blich Teil einer politischen Suprastruktur, eingegliedert in
eine umfassendere Staatlichlceit,
die einem ein
heitlieben monarchischen Willen unterworfen war. Die Staaten, die sich aus den von Alexander eroberten Gebieten entwickelten, das Ptolemäerreich in Ägypten,
das Seleukidenreich im Vorderen Orient. das Antigonidenreich in Makedonien das pergameniscbe Reich im Westen Kleinasiens, wurden zum Lebensraum der griechischen Poleis. Dadurch wurde ein gewisser nivellierender Einfluß ausgeübt, obgleich die monarchischen Mächte keineswegs auf eine Uniformität abzielten. Dieser Prozeß setzte sieb fort, als Rom seit dem raum s ausgriff und 2. Ib. v.Cbr. immer stärker nach dem Osten des Mittelmeere und Griechenland sowie
diesen langsam zu einem Teil seines Hemcbaftsgebietes machte. Seit der augu steischen Zeit (30 v.Cbr. bis
14 n.Cbr.) waren fast alle griechischen Städte und
die Nachfolgestaaten Alexanders der Oberhoheit Roms unterstellt. Dadurch gewannen römische Ordnungsvorstellungen und rechtliebe Regelungen auch im Osten Wirkung, obwohl es nicht zu einer grundsätzlieben Vereinheitlichung
kam.
Noch mehr
als
ihre Vorg!!Dger waren jedoch die Römer an einer
weitgebenden Gliederung des beherrschten Raumes durch St!!dte interessiert, d.h. an der Schaffung neuer Zentralorte mit einem Territorium, für dessen Bewohner
die Stadt als rechtliche Einheit weitgebend zust!lndig war. Dieses Verbalten Roms gegenüber den vorgefundenen Strukturen im Osten wurde vor allem dadurch erleichtert, daß Rom selbst den Typus des Stadtstaates repräsentierte. Zwar hatte es zumindest seit
dem späten 4. Jb. v.Cbr. den
territorialen Umfang selbst einer großen Polis wie Athen oder Sparta bereits weit überschritten,
aber
der Charakter des Stadtstaates wurde beibehalten. Alle
römischen Bürger waren den Magistraten Roms unterworfen, eine munizipale Autonomie von Siedlungen auf römischem Gebiet bat es zunächst nicht gege ben. Daneben waren weite Teile Italiens zwar der römischen Herrschaft in der Form der Bundesgenossenschaft eingegliedert, d.h. diese Stadtstaaten oder Stämme behielten eine fast vollst!!Ddige Autonomie
im
lnnem, waren Rom
lediglich außenpolitisch und milit!lriscb untergeordnet. Alle Bedürfnisse, die das tägliche Leben der Bürger dieser politischen Einheiten betrafen. lagen außerhalb der Kompetenz Roms. Die jeweiligen örtlichen Amtsträger waren dafür
182
Die WBSSe�Versorgung im IÖIDiscbeo Rcicb
verantwortlich und sie richteten sich nadl den Redltsregeln. die man vielleicht bereits seit Jahrhunderten praktiziert hatte, mochte es sich
dabei
um eine
griechische Stadt wie Neapel oder eine etruslciscbe wie Volsinü (beute Bolsena) handeln. Freilieb wird die politische Dominanz Roms in diesen Stadtstaaten bereits im 3. und 2. Jb. zu einer partiellen Angleichung geführt haben. Diese Angleichung setzte sich generell durch, nachdem die Bundesgenossen in Italien 90189 v.Cbr. durch militärische Gewalt die Römez gezwungen hatten, sie in das römische Bürgerrecht einzubeziehen. Alle freien Bewollner Italiens waren nun cives Romani, d.b. Bürger der politischen Einbeit Roms, ganz Italien war damit zum Tenitorium des Stadtstaates Rom geworden.2 In der Praxis haben
freilieb die bisherigen Stadtstaaten die meisten früheren Funktionen weiter geführt, weil Rom wegen der nun erreichten Größenordnung diese mit seinen organisatorischen Mitteln gar nicht übernehmen konnte. Doch wurden sie nun Selbstverwaltungsgemeinden im Rahmen eines größeren politischen Ganzen, vergleichbar mit dem Vorgang, der sieb im Osten mit den griechischen Poleis in den hellenistischen Staaten vollzogen hatte. Außenbeziehungen in völker rechtlichen Formen bat es für sie nicht mehr gegeben. F..tbebliche Bestände von alten Regeln und Nonnen wurden in diesen Städten jedocb beibehalten, es wurde sogar als eine besoodere Auszeichnung angeseben, nach eigenen Gebr!uchen und Gesetzen leben zu können (suis moribus kgibusque utl).3 Doch hatte Rom
zumindest theoretisch die Möglichkeit, in das innere Leben einzugreifen und neue Nonnen vorzuschreiben, wenngleich es dies zumeist nur im Konfliktfall getan bat. Das politische Schwergewicht führte aber langsam dazu, daß sieb die italischen Gemeinden stärker nadl dem römischen Vorbild ausrichteten, auch im rechtlichen Bereich. Die Bürger in den Städten Italiens, die nach diesen Gegeben heiten ihr Leben und ihr Tun auszurichten hatten, haben den langsamen Prozeß in den meisten Fällen wabrscheinlich überhaupt nicht wahrgenommen. Im Zuge seiner Expansion war Rom im Westen des Mittelmeeres zumeist mit Völkern und Stämmen zusammengetroffen, die eine nach römischen Vorstellungen noch wenig entwickelte politische Struktur aufwiesen. Dies galt für manche Teile Afrikas, für größere Gebiete der Iberiseben Halbinsel und für fast alle keltisch besiedelten Regionen, also Gallien und Britannien, aber auch für den Donau-Balkan-Raum von Rltien (etwa das heutige Bayern) bis nach Mösien an der unteren Donau. Mit direkten Eingriffen und indirekter Förderung
2 H.
GalJtuer,
1976. 3 So von
Herrschaft und Verwaltune im republikaniJcben Italien, MOneben
Gellius, Noctes Attieae 16,13,<4 (kurz nach Mitte des 2. Jbs. n.Cbr.) formuliert, freilieb in anderem Zusammenbanc.
Die Wasservezsorgung im römischeil Reich
183
wurde die Stadt als lokale Selbstverwaltungseinheit auch in diesen zuvor kultur ferneren Provinzen etabliert und zum Lebensraum der Mehnahl der Menschen im gesamten Imperium Romanum gemacht. Das heißt freilich nicht. daß die Maiorität der Bürger einer solchen «Stadt» auch im urbanen Zentrum wohnten; sie lebten vielmehr weiterhin in des' Übenabi auf dem ländlichen Territorium
außetbaib des Zentralortes. In der Zeit. als die Mittelmeerwelt und die angrenzeuden Ulndel' im römischen Reich geeint waren, gewinnt der Begriff «antike Stadt» eine relativ klar bestimmbare Einheitlichkeit Sie ist ein Gliederungsprinzip des römischen Reiches auf der untersten Verwaltungsebene, sei es der Provinzen, sei es im Kernland ltalim. Die Stadt besteht grundsalzlieb aus dem eigmtlicbeu Zentralort und dem Territorium, wofür sie in jeder Hinsicht zuständig isl Daneben
bestehen freilich erbebliebe Unterschiede der inneren rechtlieben Gliederung und Ordnung, die ein Erbe ihrer jeweiligen Geschichte waren. Um nicht allzu viele
unterschiedliebe Typen von «Städten» im Zusammenhang der Wasserversagung
miteinbeziehen zu müssen, wird deshalb in den folgenden AustUbrungen im allgemeinen von den Städten des Imperium Romanum gehandelt. d.b. die politisch selbständige Stadt. etwa der Stadtstaat griecbiscber Prägung wie Athen in der klassischen Zeit. wird zumeist nicht in die Erörterung mit eingescblossen. Gelegentliebe bistorisehe RUckgriffe werden aber zur Erhellung differierender Situationen notwendig sein.
2. Zur Einwohnerzahl der Städte Zentralort und Territorium, über die die Selbstverwaltungseinheit die Ver fUgung besaß, spielten für den Bereich der Wasserversorgung eine jeweils unter schiedliche Rolle. Das urbane Zentrum war der hauptsäebliche Konsument des herangeführten Wassers, das Territorium lieferte dagegen im allgemeinen die benötigten Wassermengen. Durch die gegebeDe Gliederung lagen beide Bereiche üblicherweise in der Hand desselben administrativen Trägers, was heutigen Planungsbehörden nicht selten als idealer Zustand erscheinen mag. Der Aufwand bei der Wasserbeschaffung warjedoch vor allem durch die Größe
und Einwohnerzabi des städtischen Zentrums bedingt4 Nur in seltenen Fällen gelingt es uns beute noch, eine relativ genaue Zahl für einige der städtischen
Agglomerationen anzugeben. Selbst für Rom, die Reichshauptstadt. sind wir
4 Zum folgenden vor allem Duncan-Jonea 259 ff. (The Size of Citiea).
184
Die Wasserversorgung im römischen Reich
nicht in der Lage, die Einwohnerzahl halbwegs zutreffend zu bestimmen.5 Lediglich für die caesariscb-augusteische Zeit stehen uns einige amtliche, zuvedässig e Zahlen zur Verfügung: zwischen 320'000 und 150'000 Einwohner Roms erhielten kostenlos Getreide; es war dies die sogenannte plebs.frumentaria. Diese umfaßte aber offensichtlieb nur männliche Personen vom zehnten Lebensjahr an. Unter Einbeziehung der Frauen sowie der Kinder und Jugendlichen kommt man zumindest auf die dreifacbe Zahl; doch ist es völlig unsicher, wer zu dem getreideempfangenden Teil der Bevölkerung gehörte, d.h. welche Ansschließungskriterien wirksam waren. Da aufjeden Fall Senatoren und
Ritter sowie die in Rom
stationierten Soldaten, außerdem die überhaupt nicht
berechenbare Anzahl der Sklaven zu den oben genannten 150'000 bis 320'000
hinzuzunehmen sind, ist eine Gesamtzahl der Einwohner von 1 Million durchaus möglich. Doch kann die Zahl auch erheblich höher gewesen sein.6 Wie lange wir im 3. und 4. Jh. n.Cbr. andererseits mit einer solchen Menschenmenge in Rom zu rechnen haben, bleibt unbekannt. Vergleichbare Quantitäten kann man für keinen sonstigen Zentralort er schließen. Alexandria soll nach dem griechischen Historiker Diodor am Ende der römischen Republik etwa 300'000 freie Bewohner gehabt,7 Karthago jedoch zu Beginn des 3. Jhs. n.Cbr. Alexandria an Einwohnern überflügelt baben.8 Selbst wenn diese Angaben zuverlässig sind, bleibt immer noch unsicher, ob die Bevölkerungszahl Alexandrias sieb innerhalb von 2 1/2 Jahrhunderten nicht verändert hat. Auch Antiocbia in Syrien dürfte, und das bereits in augusteischer Zeit, Alelt3Ddria in der Einwohnerzahl gleichgekommen sein, ebenso wie auch Seleukia.9 Ob sich diese Zahlen jeweils nur auf die freie Bevölkerung oder auch auf Sklaven beziehen, läßt sich nicht erschließen. Dagegen nennt der Arzt Galen für die Zeit Mare Aurels (161 bis 180 n.Chr.) 40'000 Bürger und 80'000 Frauen und Sklaven für die Stadt Pergarnon in der Provinz Asia;10 einschließlich der noch nicht Erwachsenen wird man dann fast auf 200'000 Bewohner kommen. Eine präzise Zahl kennen wir für das syrische Apamea in der Zeit des Augustus:
117'000 freie Bewohner; sie stammt von dem staatlichen Beauftragten, der selbst
S Siebe F.G. Maier, Römische Bevölkerungsgeschichte und Inscbrütenstatistik, Historia 2, 1952, 31 8 ff.; P.A. Brunt. ltalian Manpower 225 B.C.-A.D. 14, Oxford 1971, 376 ff. 6 P.A. Brumt. Italian Manpower 382 f. und F.G. Maier, Historia 2, 1952, 321 f. 1 Diodor 17,52,6. 8 So nach Herodian 7,6,1. 9 Strabo 16,2,5; Ausonius, Ordo urbium nobilium 4 11,4. 10 Galen 5,4 (Kilhn). 9 =
Die Wasserversogrgun im römiscbea Reich
185
den Census durchgeführt hat. Die Zahl erschien ibm so wichtig, daß sle in seine Grabinschrift im Zusammenhang seines «Lebenslaufes» aufgenommen wurde. 1 1 Alle diese Angaben beziehen sieb auf Städte (und zwar wobl stets ein schließlieb der Bewohner des Territoriums), die besondere Siedlungsschwer punkte der griecbiscb-römiscben Welt bildeten. Die Masse der anderen Orte lag erbeblieb unter dieser Kategorie, obwobl es die Durdlscbnittadt tss Dalürlicb nicbt gegeben bat. Aber einige Zahlen mögen das Bild etwas verdeutlichen. Centwipae auf Sizilien batte zur Zeit. als Cicero die Anklage der Provinz gegen Verres vertrat (70 v.Cbr.), 10'000 mlnnlicbe Bürger,12 also etwa 35'000 freie Bewoh ner. Die nicbt sebr bedeutende Siedlung Siagu in der Provinz Africa (beute Tune sien) hatte wohl zwischen 4'000 UDd 7'rJXJ freie EinwobDer (nicht vor dem Ende des 2. Jb. n.Olr.), für Oea im östlich angrenzenden Tripolitanien darf man in der 2. Hälfte des 2. Jb. n.Cbr. mit ca. 22'0001 freien Personen recbnen.l3 In Italien kann man, ebenfalls im 2. nacbcbristlicben Jahrhundert, in Spoleto circa 18'000 Freie erschließen, in Pisaurum, dem modernen Pesaro, etwa zur selben Zeit, allerdings nur für den Zentralort selbst, vielleicht 9'000. Dagegen wird die freie Einwohnerschaft des kleinen Petelia in Bruttium (heute Strongoli in Calabrien) kaum die Zahl von 2'300 bis 2'400 überschritten haben. Weitere Beispiele in der Größenordnung zwischen 3'000 und 50'000 freien Bewohnern könnte man anftlbren. 14
Die relative Dichte solcber Angaben laßt vermuten, daß der Großteil der Städte Imperiums im 1.12. Jb. eher dieser Kategorie zuzurechnen ist. Dabei ist freilieb zu bedenken, daß zumeist die als Wasserverbraucher binzukommende Menge der Sklaven unbekannt bleibtlS und daß sieb nur in seltenen Fällen eine Tre�mung zwischen der Bevölkerung im Zentralort Wld dem aufdem Territorium des
lebenden Anteil vornehmen läßt. Docb darf man wohl im allgemeinen davon ausgehen, daß zumindest im 1. und 2. Jb. n.Cbr. ein nicbt geringer Teil der Bürger sieb ständig im städtiscbea Zentrum aufhielt und da8 die zivilisa1criscben Einriebbingen in den Mittelpunktsiedlungen auch der Landbevölkerung zur Ver fügung standen. Die Wasserversag :gun mußte somit nicbt nur auf die ständig in den urbanen Zentren Wobneoden abgestellt sein.
11 CIL m 6687 Dcasau 2683. 12 Cicero, In Verrem 2,2,163. 13 Duocan-Jonea 64 ff. •
2
14 DuDC&D-Jonea 267 ff.
lS Denn in deo oben geoaooteo Fllleo handelt ea sieb fut aumahm.doa um Angaben, die sich auf die freie Bevölkeruog beziebeo.
186
Die Wasserversorgung im rOmiscbeD Reich 3. Sozio-politiscbe Struktur der Stldtcl6
Von ihrer inneren politisch-administrativen Struktur ber unterschieden sieb die Städte im römischen Reich ursprünglich nicht unwesentlich: eine römische Kolonie war anders gestaltet als eine griechische Polis, und diese wiederum ließ sich nicht mit einer gamseben Stammesgemeinde vergleichen oder mit einer Berbersiedhmg aufden HocbebeDeo Numidiens in N<Xdafrika. Doch machte sieb ein gewisser Nivellierungsprozeß bemerkbar, der in den verschiedenen Reichs teilen zwar nicht völlig synchron verlief, aber schließlieb bereits im 2. Jh. n.Cbr. in den Grundstrukturen eine gewiSse Angleicbung erkennen läßt, obwohl durchaus Raum blieb für deutliche regionale Uotencbiede. Die Organe einer Selbstverwaltungseinheit sind in erster Linie die Magistrate (unterschiedlicher Benennung und Zahl) sowie die Ratsversammlung, deren Umfang zwischen 30 und mehreren hundert Mitgliedern variieren konnte, im allgemeinen aber, zumindest in r<müscb-recbtlieb durcbdrungenen Gebieten, eber etwa 100 Personen umfaßt bal 17 Daneben hatte zumindest noch während der späten Republik sowie der frUhen Kaiserzeit auch das Volk, d.b. die BUrger der jeweiligen Gemeinde, ein Mitspracherecht in der Volksversammlung, insbe sondere bei den Wahlen zu den einzelnen städtischen Ämtern. Im Osten, wo der griechi.scbe Einfluß sieb stärker auswirkte, hielt sich diese Einrichtung länger als im Westen, wo das Vorbild Roms, das stets mehr aristobatiscb als denlcmatisch bestimmt gewesen war, frühzeitig zu einem Verlöschen der Volksversammlung geführt hatte. Doch auch in dem von griechischen Institutionen dominierten Reichsteil verlor die Volksversammlung erbeblieb an Gewicht. Dem entsprach der immer starlrere Einfluß, den die Ratsversammlung der Dekurionen (römisch) oder Buleuten (griecbiscb) auf die Geschicke der einzelnen Stadtgemeinde ausüb te. Diese institutionelle Verlagerung war möglicherweise auch eine Folge der politischen Strukturveränderugn in Rom selbst, wo die Republik in den monar chischen Prinzipal des Augustus überführt worden war. Aber die Verlagerung entsprach doch aueb wesentlich der sozio-politiscben Differenzierung innerhalb der Städte, wo zunächst in der Praxis, seit Beginn der Kaiserzeit aber immer 16 Zum folgenden vgl. P. Vittinghoff, Soziale Struktur uod politi.scbea System der hoben römischen Kaiserzeit. HZ 230, 1980, 31 ff.; 0. Alföldy, Römische Soz.ialgeacbicbte, Heidelberg 1984, 108 ((. 1 7 Duncan-Jonea 277 ff. In der Stadt Imi in der Provinz Baetica waren 63 Dekurionen die Normzabl; vgl. cap. 31 der Iex Irnitana, J. OonUlez, JRS 76, 1986, 1S8; P. Lamberti, Tabulae Irnitanae, Neapel 1993, 288.
Die Wasserversog rgun im römischen Reich
187
mehr auch rechtlich nur diejenigen Personen Mitglieder in den Ratsgremien werden konnten, die ein gewisses Mindestvermögen aufzuweisen hatten.
In den
römisch geprägten Städten dürfte dieses geforderte Vermögen im allgemeinen wohl 100'000 Sesterzen betragen haben.18 Dies ist jedenfalls die weitgehende Annahme der Forschung.
Ein solches Vermögen ließ einen fmanziellen Ertrag
erwarten, der zumindest das Fünffache dessen betrug,
was
Soldaten
im 2. Jh.
n.Chr. während ihres aktiven Dienstes im Jahr verdienten, nämlich 1'200 Sester zen. Und
das Militär
gehörte sicher
zu. dem
Bevölkerungsteil, der fmanziell
einigermaßen gut gestellt war. Freilich waren unterste Grenze; sehr häufig größer,
100'000
Sesterzen nur eine
war der Besitz einer ratsfähigen Familie emeblich
wie zahlreiche Zeugnisse,
aucb
im Zusammenhang mit det Wasser
versorgung, erkennen lassen.
Für das Funktionieren der Städte des Reiches war die finanzielle Situation der Mitglieder des Gemeinderates von lebenswichtigec Bedeutung. Denn anders als beute konnten sich die Städte nur in erheblich geringerem Umfang auf regelmäßige Steuereinnahmen veclassen; vielmehr kamen die Finanzen haupt sächlich aus den Erträgen von gemeindeeigenem Land,
das in dec einen oder
anderen Form verpachtet war, aus Gebühren, Strafgeldern und den regelmäßigen Beiträgen, die von den neuen Mitgliedern des Stadtrates bzw. den jährlich bestellten Magistraten und auch den
Inhabern städtischer Priesterämter
zu
entrichten waren.19 Der lateinische Ausdruck für einen solchen Beitrag lautet
summa honoraria, bezeichnet also die Geldsumme, die für ein Ehrenamt (einen honos) aufgebracht werden mußte. Je nach Ort, Amt und Zeit konnte die Höbe der finanziellen Leistungen erbeblich
variieren;20
Aufwand, der in der Provinz Africa bekannt ist, und zwar für
so erreicht der höchste
38'000 Sesterzen in Karthago,
das nur in jedem fünften Jahr vergebene Amt der städtischen
Censoren, der sogenannten qui1UJuennales.21 Jn anderen Fällen werden 20'000
10'000 für den Duumvirat in Pompeü, d.b. eine der beiden jährlichen Stellen als Leiter der Gemeinde, genannt.22 Nicht selten betrug das «Eintrittsgeld» in den Dekurionenrat 2'000 Sesterzen; doch auch 4'000 bzw. 8'000 Sesterzen sind dafür bekannt23 Wodurch im einzelnen die Höbe der Pflichtsumme bestimmt wurde, läßt sich nicht genau Sesterzen etwa
für
die Ädilität in Cremona,
18 So jedenfalls Plinius, Epistula 1,19. Dazu freilich Duncan-Jone. 147 f. 243.
19 Liebenam 2 ff. 20 Duncan-Jones 82 ff. 147 ff. 21 lnscriptions Latine. d'Afrique 390 Dessau 9406. 22 CU. V 4097; X 1074 Dessau 5053. 23 Duncan-Jones 83 ff. =
=
188
Die Wasserversorgung im l'ÖJIÜscbeo Reich
ermitteln. Doch hat sicher der Reichtum und die Wirtschaftskraft einer Gemeinde und damit der Grad der Konkurrenz eine nicht unerhebliche Rolle gespielt Je größer eine Stadt war, desto umfangreicher war im allgemeinen auch der Kreis der Familien, die fähig und bereit waren, die Gemeindeämter zu übernehmen; Konkurrenz dürfte dabei den Preis erhöht haben. So finanzierten Gemeinderäte und Magistrate durch ihre Abgaben und Beiträge nicht unwesentlich den städtischen Haushalt, aus dem die Bedürfnisse der Kommunen bestritten werden mußten. Die regelmäßigen, direkten Einnahmen reichten aber bei weitem nicht aus, um das zu finanzieren, was notwendig war oder (und dies ist wohl gravierender) aus einer Vielzabl von Gründen gewünscht wurde. Hier fand private Munifizenz ihren Platz, d.h. Einzelpersonen über nahmen die Bezahlung von gemeindlichen Aufgaben, vor allem die Errichtung von vezschiedenartigen Bauten, ohne dies rechtlich, etwa auf Grund eines Amtes oder durch Steuerpflicht, tun zu müssen. Der «Wohl�. lateinisch patronus, griecbiscb Euergeles genannt, war eine typische Erscheinung in den Städten des Imperium Romanum. Solche Mäzene konnten aus den Gemeinden selbst kommen. d.b. es war dann vor allem wieder der Kreis der ratsfähigen Familien, besonders der reichen unter ihnen, die mehr oder weniger freiwillig die Gemeinden unterstützten. Die «Wohlt.!U.et» aber stammten nicht selten auch von außen, wobei unterscbiedliche Motive ein entsprechendes Engagement bewirken konnten.24 Gerade im Zusammenbang der Wasserversorgung hat das Pbanomen des «Wohltäters» eine erhebliche Bedeutung gewoonen. wie zahlreiche Beispiele noch zeigen werden. Freilich darf die Bedeutung des Euergelismus auch nicht überschätzt werden, zumal wohl auch durch die regelm!ßig von allen Bürgern und Bewohnern einer Stadt zu erbringenden Arbeitsleistungen ein wichtiger Beitrag erbracht wurde, der in der Realität ein partieller Ersatz für direkte fmanzielle Mittel war.
IL Wasserbedarfin antikm SUJdun
Das innerhalb einer Stadt bzw. auf ihrem Territorium benötigte Wasser ist keine konstante Größe. Verschiedenartige Umstände können eine Verminderung bzw. Vermehrung des Bedarfs verursacben, die Art der Verwendung bedingen, sowie die Form der Gewinnung beeinflussen. 24 H. lOoft, Uberalitas principis, Köln 1970; P. Veyne, Le pain et le cirque, Paris 1976; M. Wörrle, Stadt und Fest im kaiserzeitlichen Kleinuien, München 1988.
Die Wasserversorgung im römischen Reich
189
Die direkte Art der Bedürfnisbefriedigung durch simple Verwendung des in verschiedenen FolDlen direkt zur Vetfügung stebenden Wassen war auch in der
römischen Zeit noch nicht überllolt. Das Baden und Waseben in den fließenden Gewässern oder in Teichen und Seen. die Verwendung des unmittelbar dem Boden entspringenden Quellwassers war auch damals noch eine weithin übliche Erscheinung. Doch die Masse der Menschen in den Zentralorten, aber auch auf dem Land, war auf künstliche FOlDlen der Wasserversorgung angewiesen. Das galt ebenso für das Trinkwasser wie für alle Arten von Gebrauchswasser, sei es für die landwirtschaftliebe B ewässerung, für die wasservernrauchenden Gewerbe oder für die Hygiene. Besonders dieser letzte Aspekt hat in mancher Hinsiebt zu einer enormen Ausweitung des Wasserbedarfs geführt, vor allem für die in den meisten
Städten im
Verlauf des 1. und
2. Jbs.
erbauten Thermen mit ihrem
hohen Wasserbedarf. So scheint erst die Errichtung der großen ThelDlen in Karthago, die unter Antoninus Pius vollendet wurden, aber möglicherweise bereits unter seinem Vorgänger Hadrian begonnen worden
waren,
den Bau des
großen Aquädukts in die Hauptstadt der Provinz Africa nach sieb gezogen zu ha ben.25 Dabei dürfte v.Chr. und den sich
das Beispiel Roms. das seit der Ädilit.ät des Agrippa 33
daran anschließenden Baumaßnahmen über ein besonders
reichliches Wasserdargebot verfügte, wesentlich auf die Entwicklung in
Italien
selbst und in den Provinzen eingewirkt, ja in maneben Fällen den Anstoß dazu gegeben haben. Ferner hat die durch Roms ])oninanz herbeigeführte Friedenszeit in weiten Teilen des Mittelmeeraumes r überhaupt erst die äußeren Faktoren geschaffen, um technische Möglichkeiten der Wasserbetang führu zu nutzen, die vorhec infolge der unsicbecen Lage eine erbebliebe Gefährdung bedeutet hätten, denn die häufig oberirdisch oder auf hohen Pfeilerarkaden geführten Freispiegelkanäle waren
für jeden
Angreifer leicht zu unterbrechen.26 Die
25 P. Rakob, Die römische Wasserleitung von Karthago, in: Journw d'�tudes sur les aqueducs romains - Tagung über römische Wasserversorgungsanlagen, Lyon (26-28 mai 1977), Paris 1983, 309 ff. Vgl. für die Wasserleitung in Thugga: C. Poinssot, in: M�langes Carcopino, Paris 1966, 779 f. 26 H. Kienast, in: Wohnungsbau im Altertum (Diskussionen zur archllol. Baufor schung 3), Berlin 1979, 123; den., in: Vorträge der Tagung «Wasser im Antiken Hellas» in Athen, 4./5. Juni 1981, Mitteilungen aus dem LeichtweiB-Institut 71, 1981, 56; H. Fahlbusch, ebd. 149 ff.; vgl. etwa Xenopbon, Hellenica 3,1,7 für die hellenistische Zeit, Prontin, De aquia 18,4 für die republikanische Zeit Roms und andererseits die Berichte Prokops, wie zur Erzwingung der Obergabe belagerter Stldte die Fernwasserleitungen unterbrochen wurden, z.B. vor Neapel und vor Rom (Bella 5,8,45. 19,13). Wie kriegerische Situationen bei Wasserversorgungsbauten berück sichtigt wurden, zeigt sich etwa bei Jerusalem: R. Wenning B. Zenger, Die ver schiedenen Systeme der Wassernutzung im südlieben Jerusalem und die Bezugnahme darauf in biblischen Texten, Ugarit Forschungen 14, 1982, 279 ff. -
Die Wasserversorgung im römischen Reich
190
Wassermenge, die auf diesem Weg bereitgestellt wurde, übeltraf im allgemeinen um ein Vielfaches das, was durch gescblossene Rohrleitungen (gleichgültig ob als reine Gefälle- oder als Druckleitungen) herbeizuführen war. Der relative Überfluß an Wasser: schuf sodann neue Bedürfnisse oder ermöglichte zumindest. die schoo länger latent vOOlandenen zu befriedigen. So hat erst die durch Agrippa beträchtlicb erböhte Kapazität der stadtrtmischen Wasscr:leitungen den Wunsch nach einem privaten Anschluß in der Reichshauptstadt realistisch werden lassen.27 Und in Pompeü sind die Springbrunnen und sonstigen Wasserspiele in vielen Privathäusern auch erst möglich geworden, als die Stadt an die aus augusteischer Zeit stammende Serinoleitung um den Golf von Neapel angeschlossen worden war.28 Ebenso erlaubte erst die große, nicht für die unmittelbare Ausstattung mit Trinkwasser oder sonstige wichtigere Zwecke benötigte Wassermenge die Anlage von Schwimmbecken (piscina) in den Thermen, aber auch bei Sport.sWten (campus) für die Jugend der Städte; gemde in Italien sind solche Einrichtungen im 1. und 2. Jh. vor allem auf Plätzen vor den Toren der Stadt zahlreich geweseu.29 Ebenso stand nmunehr unmittelbar Wasser zur Brandbekämpfung zur Verfügung, was in der Anlage von besonderen Einrichtungen seinen Niederschlag fand.30 So wurden in Albingaunum, dem heutigen Albegna westlich von Genua, einige Wasserreservoirs (lacus) speziell gegen Brände gestiftet. Schließlich hat man das künstlich herangeführte Wasser auch für den mechanischen Antrieb genutzt. etwa für Getreidemühlen in Rom unterhalb des Gianicolo oder in den Caracallathermen.31 Die Bewohner von Orcistus in Phrygien. in der heutigen Türkei, haben in einem Antrag an Konstantin zwischen 324 und 326 n.Chr., in dem sie um die Wiederverleihung des Stadtrechtes bitten, besonders auch aufdie Existenz zahlreicher durch Wasser betriebenel' Mühlen (aquimoinarum l numerus copiosus) hingewieseu.32 Offen sichtlich sahen sie darin ein starkes Argument für ihr Begehren. 27 Frontin, De aquia 98,2. 2 8 Mygind 323 ff.; Eschebach passim; ders., Die inneratldtiache Gebraucbswas serversorgung, dargestellt am Beispiel PompeiiJ, in: Journ6ea d'6tudea sur les aqueducs romaina - Tagung Ober römische Wasserversorgungsanlagen, Lyon (26-28 mai 1977), PariJ 1983, 86 ff. 29 H. Devijver - P. van Wonterghem, Der campw der römiachen Stlldte in Italien und im Weaten, ZPB S4, 1984, 19S ff. 30 AE 197S, 403. 31 Vgl. Procopiua, Bella S,19,19; Ö. Wikander, Water-Milla in Ancient Rome, Opuscula Romana 12, 1979, 13 ff.; vgl. den., The Use of Water-Power in Clasaical Antiquity, Opuscula Romana 13, 1981, 91 ff.; T. Schröter - Ö. Wikander, A Roman Water-Mill in the Bath of Caracalla, Opuacula Romana 14, 1983, 47 ff. 32 CIL m 7000 Dessau 6091 A. Chastagnol, MBFRA 93, 1981, 386. 407 f. =
=
Die Wasservmorgung im IÖDliSCbeD Reich Die
191
Entwicklung, vor allem die differenzierte und reiche Ausgestaltung der
Wasserversorgung und der damit verbundeoen kulturellen Baulichkeiten war jedoch nicht unwesentlich audl ein Produkt der für fast alle Provinzen geltenden langen Friedenszeit seit derBeendigung der BUrgerkriege durch Augustus, die für den größten Teil des Reiches weit über zweihundert Jahre dauerte. Die gerade dadurch verursachte wirtschaftliche ProsperltAt ennöglk:bte es den Gemeinden,
auch langfristige und kostspielige Projek1e zu beginoen. Det Antrieb dazu kam nicht nur aus dem Nutzen fUr die Bewobotz (propter utilitatem)33 oder aus der Sorge um die Gesundheit (civium salutis causa)34 obwohl beides als Motiv -
öfter in Bauinschriften hervorgehoben wird , sondern auch aus Prestige- und -
Geltungsbedürfnis. Die Konkurrenz sah man entweder in einer derbenachbanen
Städte oder in einem der Mitbürger; durch die Größe einer baulicheD Anlage oder
durch die Pracht der Ausstattung wollte man den Kookurteo ren überholen. Für den Benutzer dieser Anlagen hatte dies häufig den Vorteil, daß ohne dieses Rivalitätsbewußtsein wohl auch viele nützliche Einriebtungen nicht geschaffen worden wären. Doch immer wiedec war das Ergebnis audl nur eine kostspielige
Bauruine. So hatten die BewoJmer von Nikomedia in Bithynien zu Beginn des 2.
Jh. n.Chr. (IZinir in der Türkei) einmal mehr als 3,3 Millionen Sesterzen fUr einen Aquädukt ausgegeben, der jedoch unvollendet blieb; bei einem zweiten Versuch kurze Zeit danach hatte man immerhin nur 200'000 Sesterzen
-
allerdings wiederum vergeblich investiert.3S Ebenso waren in Tbugga (Dougga in Tunesien) Teile der Thermen nicht vollendet worden, die dann auch noch im -
Laufe der Zeit eingestürzt waren.36
lll. Das VtrfUgungsrtcht Uber das Wasser und das Leitungsrechf31 Bereits aus den vorangegangenen Ausführungen wurde deutlich, daß die Wasserbeschg affun und alle damit zusammenhängenden Probleme in den Städten nicht zentral und von einer Stelle aus geregelt wurden, daß vielmehr auf sehr unterschiedliche Art und Weise und von sehr verschiedenen Trägem die Bedürfnisse erfüllt wurden: von Privatleuten, von Munizipalmags i traten, von
33 ll.Alg n 2, 4664; vgl. Pliniu., Epistula 10,90 t., WO Traian von salubrittu und vol��ptas 1pricbt, die dun:b eine Wauedeitune ceceben sind. 34 CIL vm 1828; 7034; 1S204; ll.A1g n 3596; CIL X 66S6. 35 Pliniu., Epiatula 10,37. 36 AB 192S , 31. 37 Zu den rechtlieben Recelungen im &riecbiJcben Bereich vcl. Körner 1S6 ff.; Wözrle 71 ff.
192
Die Wasserversorgung im römischeo Reich
höheren staatlichen Amtsttagem UDd scbließlich vom Kaiser. Bev<X" jedoch diese organisaf.OlUchen Gesichtspunkte er&tert wetden kllonen, ist die Frage nach dem Verfügungsrecht überdas v<Xbandene Wasser zu stellen. 1. Das Recht von Privatleuten Fließende Gewässer waren ebenso wie das Meer öffentliches Eigentum, wobei öffentlich nicht spezifisch staatliches Eigentum bedeuten mußte, sondern lediglich, daßjeder aus dem Kreis der BUrger bzw. Bewohner des Gemeinwesens freien Zugang zu den Gewässern haben mußte.38 Jeder konnte sie benutzen, soweit er dabei nic.bt das Recht eines anderen einschränkte. Damit war beispielsweise jeder Grundbesitzer, dessen Grund und Boden an einen Fluß grenzte, berechtigt, aus diesem Wasser auf seine Felder zu leiten. Allerdings durfte er nicht das gesamte Wasser abzweigen, so daß weiter abwärts gelegene Besitzungen von dem lebensnotwendigen Naß abgescbniuen worden wären.39 Die r(lmische Jurisprudenz bat eine ganze Reibe von Rechtsregeln entwickelt, die sich mit dem Komplex des Leitungsrechtes befaßten. Doch handelt es sich dabei voc allem um Wasser für die Bewässenmg von Feldern oder für die Viehtrllnke, also Nutzungsarten, die insbesoodere das Land außerbalb der Städte betrafen.40 Während somit Flußwasser nie Eigentum einer Person werden konnte, war die Sachlage bei Quellen oder sonstigen Wasserstellen erheblieb verschieden; sie waren grundslUzlicb Eigentum dessen, der über den Gnmd und Boden verfügte.41 Dies war natürlich in vielen Fllllen der Staat oder auch eine einzelne Stadtgemeinde; doch dies galt genauso für Privatpersonen. Somit konnte ein Stifter einer Wasserleitung nach Albingaunum (Albenga in Ligurien) betonen, er führe das Wasser aus seinen eigenen Quellen in die Stadt42 Ähnlich ließ ein Duumvir der Stadt Forum Novum im Sabinerland (Vescovio in Umbrien), ein gewisser P. Faianius Plebeius, Wasser von seinen Besitzungen in das Zentrum der Gemeinde leiten; außenJem sicherte er seinen Mitbürgern zu, er werde. falls infolge eines Verleaufs des Grundstiickes, auf dem sich die Badeanstalt der Stadt befand, Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung entstünden, auch für das Bad
38 M. Kaser, Du rOmbebe Privatrecht, Mllncben2 1971, I 381. 39 Dig. 43,13,3.7; 0,3,1; 8,3,17. 2 40 Vgl. dazu Dig. 43,21 f. UDd beilpielJweile G. Longo, Sull'uao delle IC(joe pubbliebe in diritto romaoo, Studi U. Ratti, Mailaud 1934, SS ff.; den., D regime delle conceasioni e le derivazioni di acqoe pubbliebe nel diritto romano elusico e !iustin ianeo, Studi Zaoobini S, 196S, 3S9 ff. 1 Vgl. fllr den griecbiJcben Ba-eich vor allem Wörrle 74 ff. 42 AB 197S, 403.
Die Wasserversorgung im römiscben Reich
193
Wasser von seinem Grund und Boden zur Verfügung stellen.43 Ein C. Sennius Sabinus gewährte bei Albens in det heutigen Hoch}X'Ovence den Bewobnem einer Siedlung Wasser und ferner das Recht, es in Rohren abzuleiten.44 Der
Grundbesitzer konnte somit über das ibm gebörige Wasser nadl eigenem Willen entscheiden, es z.B. verschenken, wie es in den beiden oben geschilderten Fällen geschah, oder es auch verkaufen, und zwar unabhängig vm dem Grundstück, auf dem etwa die Quelle entsprang. Klar und deutlich ist das in einer Baumkunde ausgedrückt, die gleichzeitig als publiziertes Rechtsdokument diente, da sie zur öffentlichen Kenntnisnahme min destens in drei Exemplaren an dl% Wasserleitung angebracht wurde.45 In dec Nähe von Viterbo im südlieben Etrwien benötigte ein Mummius Niger Valerius Vegetus, det dem Senatorenstand angehörte und vielleicht in hadrianischer Zeit Konsul gewesen war,46 frisches Wasser für ein ländliches Besitztum, das vil/a Calvisiana hieß. Das Wasst:z, das seinen Bedürfnissen entsprach, fand er auf dem
Besitztum seines Standesgenossen Publius Tullius Varro, freilich 5,95 Meilen (= fast 9 km) entfernt Er kaufte die Quelle zusammen mit dem Platz, an dem
diese aus dem Boden trat, und war damit Eigentümer des Wassers. Falls im übrigen der ursprüngliche Eigentümer der Quelle das Wasser an mehrere Personen verkauft hätte, wäre ibm auch dies möglich gewesen. Er hätte dann nur für eine klare rechtliche Regelung zwischen den verschiedenen Abnehmern
sorgen müssen.47
Durch den Kaufakt war Valerius Vegetus zwar Eigentümer des Wassers geworden, doch damit stand es ihm noch nicht innerbalb der eigenen Villenan
lage zur Verfügung. Dazu bedurfte es erst des Transportes mit Hilfe einer teils in Bleirohren (fistulae), teils in gemauerter Form gestalteten Wasserleitung. Zwischen der Quelle und seinem eigenen Besitz lagen jedoch insgesamt elf Landgüter, die acht verschiedenen Eigentümern gehörten, unter anderem dem Tullius Varro, von dem Valerius Vegetus bereits die Quelle gekauft hatte. Von allen diesen Eigentümern erwarb Vegetus nun auf einer rund 9 km langen Strecke den Boden in einem schmalen Streifen, um dort die Leitung verlegen zu können. Zum Teil konnte er sich dabei mit fistulae aus Blei oder Tonrohren 43 cn. IX 4786 Dessau 5767. 44 Cll. x:n 2494 Dessau 5768. Vgl. Cll. Xlll 1882-1888 (Vienna Vienne): Zwei Bürger schenken den Bewohnern von Vienna neue Wasserleitungen sowie das Trassengelände über den privaten Grundbesitz. 4S CIL XI 3003 Dessau 5771; vgl. ferner A. Gargana, L'acquedotto di Mummio Nigro Valerio Vegeto, in: Viterbo. Rassegn& di attivitl cittadine 2, 1937, 91 f. 46 R. Syme, Historia 32, 1983, 373. 47 Dig. 43,20,4. =
=
=
=
Die Wasserversorgung bn römiscbeo Reich
194
begnügen, die entweder unmittelbar auf dem Boden verliefen oder nur geringfügig eingetieft waren; teilweise war es aber nötig, auch feste Substruktionen, ver mutlieb Bogenreiben zu errichten, um die Niveauunterschiede in diesem recht zerldüfteten Tuffgebiet Etruriens ausgleichen zu können. Für diefistulae war der Streifen 6 Fuß (= ca.
1,74 m) breit, für den festen Unt.ezbau dagegen 10 Fuß (=
ca. 2,9 m). Auch dieser Streifen Land war nun sein Eigentum. Schließlieb hatte Vegetus noch in Rom vom Senat das Recht eingeholt,
publicae) wie z.B.
die
öffentliche Straßen (viae
via Cassia, die durch diese Gegend verlief, mit seiner
Wasserleinmg zu überqueren.
Denn grundsätzlieb durfte eine Staatsstraße nicht von irgendeinem Bauwerk betroffen werden, sei es unter, sei es über der Staats
straße. In solchen Fällen mußte eine Genehmigung erwirkt werden. Valerius Vegetus ließ die ibm gewährte Erlaubnis durch
consultum)
deutlich
auf den
einen
Inschriften hervorheben.
Senatsbeschluß
(senatus
Daß in diesem Fall der
Senat das Privileg gewährte, lag wohl daran, daß Valerius Vegetus selbst diesem
Gremium angehörte; nach späteren Quellen war dafür in der Regel der Kaiser zuständig.48
Das einmalige Rechtsgeschäft war damit abgescblossen; Wld nur soweit wird es auch in der Urkunde erwähnt. Was jedoch hinzukommt, gründete auf all gemeinen römischen Rechtsgrundsätzen, die in der Urkunde nicht
näher
spezifiZiert werden mußten, weil sie sieb als notwendige Folge aus den voran gegangenen Verträgen ergaben. Um die Wasserleitungen zu warten und mög licherweise bei Schäden restaurieren zu können,
hatten die Grundeigentümer,
durch deren Güter die Leitung ging, eine Grunddienstbarkeit, eine Servitut, übemommen.49 So war auch Valerius Vegetus oder einem zukünftigen Besitzer
der Zugang zu der Leitung IDld die V
oder Ersatz dafür zu leisten. Eine
der Kauf einmal abgeschlossen
nachträglich nichtmehr angezweifelt oder gar verllindert werden.so
war,
Ähnliche Bestimmungen finden sieb n i einem Edilct, das wohl von Augustus wegen eines neuerbauten Aquädukts
für die Stadt Venafrum (Venafro in
Campanien) erlassen wurde.s 1 Auch hier wird ein Wegerecht eingeräumt,
um
48 W. Eck. Die staaWche Organisation Italiens in det hohen Kaiserzeit, Mllnchen 1979, 64.
49 Dig. 8,3; 43,21.
SO M. Kasez, Römisches Privatrecht I 440 ff. SI CIL X 4842 Dessau 5743 FIRA I 67; eine Übersetzung findet sich bei Freis, =
Nr. 27.
=
195 zunächst die Bauarbeiten durchführen zu können und mn spätere Reparaturar beiten nicht zu verbindem. Soweit wie möglich soll dabei der Randstreifen. der beim Venafraner Aquädukt auf beiden Seiten je Verwendtmg finden;
8 Fuß (= ca. 2,30 m) beträgt,
doch ist auch das sonstige Gelände benutzbar, nur darf der
GrundeigentiiiDtt dadurch nicht selbst in seinel' Bewegungsfreiheit eingeschränkt
werden.
Schließlieb hatte ein Beschluß des römischen Senats im J.
11
v.Cbr. ver
gleichbare Anordnungen getroffen,52 die sieb zwar dem Wortlaut des senatus
consultum nach nur aufdie Zustände bei den aquae Iulia, Marcia, Appia, Tepula und Anio vetus beziehen,
d.b. nur auf Leitungen zur Versorgung Roms; doch
konnte die Autorität des Senatsbeschlusses auf analoge Fälle übertragen werden. So durften einerseits alle notwendigen Arbeiten an Wasserleitungen, die durch Privatgrundsüclc.e t verliefen, erledigt werden, gleichzeitig blieben aber auch die Interessen der Grundbesitzer gewahrt. Da die Senatoren, von denen
dieser
Beschluß gefaßt wurde, wohl nicht selten solche Grundstücke besaßen, durch die Aquädukte geführt waren, sie andererseits an einer reibungsfreien Versorgung Roms interessiert sein mußten,
war hier wohl ein sinnvoller Interessenausgleich
geschaffen. Jedenfalls dürften derartige Bestimmungen in tigkeit besessen
all den Fällen Gül
haben, in denen solche Randstreifen festgelegt worden waren,
wie es etwa für Epbesus in
der Provinz Asia, für Veii nördlich von Rom oder für
Hebron in der spätantiken Provinz PaJaes;tina Prima bezeugt ist53 Stets wurde mit dem Schutzstreifen auch der Zugang zur Wasserleitungsstraße erworben.
2. Das Recht der Städte Falls ein
Privatmann einen
eigenen Aquädukt
über
Grundstücke anderer
Besitzer führen wollte, bing der Erwerb des Rechts wohl vom Willen des Bodeneigentümers
ab, d.b. der Eigentümer konnte zu einem Verkauf, jedenfalls
mit rechtlieben Mitteln, nicht gezwungen werden. Anders dürfte dies bei öffentlichen Wasserbaumaßnabmen, seien
es
Aquädukte oder aucb Kloaken,
gewesen sein. Denn ein Grundbesitzer, der sieb weigerte, einem solchen Vorhaben zuzustimmen, konnte das gesamte Projekt gefiUlrden und damit unter Umständen erheblieben Schaden für die größere Gemeinschaft verursachen. Dies war unter
den teeboiseben Bedingungen der Antike insbesondere deswegen
52 Frontin, De aquis 125. 53 Inschriften v. Ephesua Vll 3217
Preis Nr. 71; CIL Xl 3793; N. Svcnsson, Eine byzantinische Inschrift aus Hebron, die Wuacrleitung betreffend, Araber. ltungl. human. vetenskapssamf. Lund 1925/6, 6S ff. =
196
Die Wasserversog rgun im römiscbeu Reich
schwerwiegend, weil durch die Notwendigkeit, das natürliche Gefälle
für
Freispiegelleitungen auszunutzen, in vielen Fällen nur eine bestimmte Trasse gewählt werden konnte. Hier mußte es ein Zwangsmittel geben, um einen difficilior possessor, wie es Frontin, de aquis 128,1 ausdrückt, also einen Grundbesitzer, der Schwierigkeiten machte, zur Aufgabe seines Widmtandes zu bringen. Eine reine Enteignung, eine Wegnahme im Interesse der Öffentlichkeit ohne Entschädigung, hat es im römischen Recht nicht gegeben, nicht einmal seit dem 3. Jh. n.Cbr., als Eingriffe in das private Eigentumsrecht erheblich häufiger wurden.S4 Aber bereits während der Republik hatten die römischen Magistrate die Möglichkeit gehabt, in solchen Fällen einen Zwangskauf durchzusetzen, d.h. das benötigte Gelände wurde auch gegen den Willen des EigentUmo-s käuflich erworben. Wie der Kaufpreis festgelegt wurde, ist nicht überliefert; vermutlich richtete man sich nach dem Verkebrswert. Die benötigten Gelder kamen aus dem
aerarium Saturni,
der Staatskasse, bzw. aus den
jeweiligen Gemeindekassen, falls eine Selbstverwaltungseinheit ein solches Projekt durchführte. Die Weigerung eines Grundbesitzers resultierte vermutlich nicht selten aus derÜberlegung, daß ein von der Wasserleitug n durchzogenes und folglieb mit einer Servitut belastetes Gebiet mit Wahrscheinlichkeit im Verkaufswert sinken konnte bzw. daß auch Bearbeitung und Nutzung der Felder wegen der Zerteilung durch die Wasserleitung erschwert wurde.ss Deshalb bat man sich von Rom aus entschlossen, bei besonderem Widerwillen des Eigentümers das gesamte Grundstück zu kaufen, die Trasse zum Staatsland zu machen und die zu beiden Seiten der Wasserleitung befindlichen Bodenteile an andere Interessenten wieder zu veräußern. Der ehemalige Eigentümer konnte sich mit dem finanziellen Erlös gegebenenfalls andernorts neu ankaufen. Dieses Entgegenkommen scheint es später nach der Aussage Frontins nicht mehr
gegeben zu haben; vielmehr wurde nur noch der benötigte Landstreüen, notfalls durch Zwangskauf, erworben.S6 In den römisch organisierten Städten Italiens
und der Provinzen hatte dabei der jeweilige DekuriODenrat zu entscheiden, wie eine aquapublica über das Tenitmum der Gemeinde geführt werden durfte; d.h.
das Recht der Bestimmung der Trasse lag beim Gemeinderat. Zur Beschluß fassung mußten mindestens zwei Drittel der Mitglieder anwesend sein.S7 Ob es 54 M. Kaser, Römiscbea Privatrecht I 404 f. 55 Vgl. die offensiebtlieben Schwierigkeiten bei der Plazierung der Kapitalien für die
Alimentarinstitution Traiana; dazu Plinius, Epiatula 7,18,4; P. Veyne, MEFR 69, 19S7, 132 ff. 56 Frontin, De aquia 128,1.
Die Wasserversorgung im römiscben Reicb
197
dann gegen den Beschluß ein Redltsmittel gab, ist nicht überliefert; vermutlieb
konnte man sich aber bei gewichtigen GegengrUndeil in den Provinzen an den Statthalter wenden und ihn um eine Revision des Ratsbeschlusses bitten. Das Problem des Bodenerwerbs stellte sieb aber nicht nur gegenüber Privat leuten, sondern auch gegenüber anderen Gemeinden oder dann, wenn Staatsland betroffen war. Als vermutlieb unter Antoninus Pius der mehr als 130 km lange Aquädukt nach Karthago erbaut wurde, verlkf dieserja nicht nur über Gebiet der Kolonie Karthago, sondern auch durcb das anderer Städte. z.B. das von Utbina.S8 Falls der Bauherr Karthago selbst war, dann baUen seine eigenen stadtiscben Magistrate mit Sicherheit keine administrative Zwangsgewalt gegenübet den Bewohnern eines anderen Stadtterto ri riums und selbstverstandlieb auch kein Zugriffsrecht auf kooununalen Grundbesitz einer anderen Gemeinde. Es bedurfte hier also zumindest der «Amtshilfe» der Dekurionenräte und der städtischen Amtsträger der Städte, durch deren Gebiet der Aquädukt verlaufen sollte. Falls freilieb diese zu keiner Kooperation bereit waren, mußte sieb Karthago an den Prokonsul, den senatexiseben Statthalter der Provinz Africa, wenden und ihn um Intervention bitten. Einfacher war das administrative Verfahren sicher dann, wenn etwa der Kaiser die Finanzierung übernommen hatte. Denn dann war der Prokonsul wohl ohnebin eingeschaltet bzw. Kartbago konnte sieb auf die kaiserliebe Förderung berufen. Im llu8ersten Konfliktfall mußte der Kaiser direkt um eine Entscheidung gebeten werden. Unklar ist aber, ob Karthago auch von einer anderen Stadt schließlieb den benötigten Geländestreifen hätte kaufen müssen, falls die Leitung unmittelbar über Gemeindeland führte, oder ob umgekehrt diese eine solche Servitut generell und unentgeltlich zu erbringen hatte.59 Private Grundeigentümer mußten jedoch sicberlicb entschädigt werden.
51 So nach der lex UrsonensiJ cap. 99 (Deauu 6087 PIRA I 21). Vgl. auch lex Irnitana cap. 82 (J. Gonz4lez, JRS 76, 1986, 175) Lamberti (Anm. 17) 346. 58 Vgl. C. Poinssot, in: M6lange1 Carcopino, Paria 1966, 781 zum Verlauf der Wuserleitungen von ThuggL 59 In AE 1966, Sll llber den Bau der �qua Com.modiana in Thugga wird offensiebtlieb vom Kaut dea benötigten Landea vom 7. Meilenstein auSerhalb der Stadt geaprochen. In Apbrodiliu kauft ein Privatmann du fl1r die Errichtung einer Wuaerleitung benötigte Land und schenkt Cl mit dem Aquldukt der Stadt (SEG XIV 731). =
=
Die Wasserversog rgun im römischeo Reich
198
N. D� Wasstrbtscha,/fung unddie Errichtung derzugehlJrigtn Ballwerke
1. Private Wasservorsorge Seit wann Wasserbeschafg fun auch als eine organisierte Aufgabe der Ge meinscbaft, also des Stadtstaates oder zumindest einer Siedlung, angesehen wurde, ist naturgemäß nicht überliefert. Die Notwendigkeit stellte sieb gewiß überall in unterschiedlieber Intensität und zu sehr verschiedenen Zeitpunkten, je nach natürlichem Wasserdargebot aus Flüssen und Quellen, nach Wasserbedarf durch wachsende Bevölkerung oder etwa der Notwendigkeit von künstlicher Bewässerung für die Landwirtschaft Wenn Frontin scbreibt, 441 Jahre lang hätten sich die Römer mit dem Wasser begnügt. das der Tiber, Brunnen oder Quellen geliefert hätten, erst dann habe man mit dem Bau von Wasserleitungen (nämlich aus der Feme) begonnen,60 so bezeichnet dies doch nicht die erstmalige öffentliche Sorge für das Wasser. Denn sowohl die Fassung von Quellen als insbesondere auch der Bau von Zisternen, etwa in den Substruktionen von Tempeln, hatte weit früher begonnen. Pompeü zeigt dies recht deutlich, wo bereits längst vor dem Anschluß an die Serino-Ringwasserleitung die Gemeinde sowohl Brunnen als auch öffentliche Zisternen, z.B. am Forum, hatte anlegen lassen.6 1 Ähnliches ist aus der römischen Kolonie Cosa in Mitteletrurien bekannt Dennoch ist der zeitliche Einschnitt. den Frontin angibt. deswegen zutreffend, weil in Rom bis zum Jahr 312 v.Chr., als die aqua Appia erbaut wurde in erster Linie die einzelne Familie, der einzelne Haushalt, sieb um die Was serbeschaffung zu kümmern hatte: durch Brunnen im Haus, durch Zisternen, durch die Nutzung von Quellen. Wiederum zeigt dies gerade Pompeü sehr deutlich, wo sich in allen Häusern Zisternen und nicht selten Brunnen fanden. Teilweise waren sie im Jahr des Vesuvausbruches noch in Gebrauch, teils hatte ,
man sie seit der augusteischen Zeit stillgelegt oder einfach nicht mehr benutzt,
seit fließendes Wasser aus den Bergen östlich voo Neapel herangeführt wurde Auch in Lucus Feroniae, einer Stadt 25 km nördlich von Rom, blieben zahlreiche Brunnen in den Häusern bestehen, obwohl eine Femwasserverscrgung installiert wocden war.62 Im Grunde kann man sich die Entwicklung in sehr vielen Städten des römi schen Reiches analog zu der in Pompeü vorstellen, freilich zeitlieb sehr ver-
.
60 Frontin. Oe aquiJ 4,1. 61 Mygind 1,298 ff. 62 Mygind 1,303 ff. 318 ff. Du Material fUr LucUJ Peroniae ist noch unpubliziert
199
Die Wasserversorgung im römiscbeu Reich
schieden, was wiederum von untenchiedlicben Faktoren abhing. Es ist aber eine nachgewiesene Tatsache, daß die Mehrzahl aller städtischen Zentren im Mittelmeergebiet und den angrenzenden Ländern während der trüben und hoben Kaiserzeit einen Anschluß an fließendes Wasser erhielten, und zwar als Siedlungsgemeinscbaft. was noch nicbts über die Nutzungsmöglichkeit für den einzelnen Bewohner aussagt. Trotzdem war in nicbt wenigen Gebieten auch die private Sorge um das Wasser immer noch ein Erfordernis. Das gilt ganz
große Teile des offenen Landes, vor allem weitab von crwllbnte Beispiel der Leitung des 193 f.) ist ein typisc.ber Fall. Ebenso könnte man auf die
selbstverständlich für
jedem städtischen Aquädukt. Das oben Valerius Vegetus (S.
zahlreichen privaten Wasserleitungen verweisen, die etwa in der Provinz Germania inferior im Gebiet der Voreitel und um den Laacher See gefunden wurden,63 llbnlicb wie in zablreicben anderen Provinzen.64 Doch auch innerhalb von Zentralorten war diese private Vorsorge weiterbin nötig. So waren nach Stadt noch
im 2. Jb.
der Astynomeninscbrift von Pergarnon die Bewohner der n.Chr. verpflichtet, die
Zisternen unter ihren Häusern
funktionsfähig zu halten, zum Beispiel auch regelmäßig zu
säubern. obwohl
inzwischen das Wasserdargebot im Siedb.mgskem durdl mehrere Druckrob.deitun gen mehr als ausreichend geworden war.6S Wichtiger erschien die nichtge meindliche Vorsorge aber sicher in vielen nordafrikanischen Städten, wo ganzjährig fließendes Wasser auch durch Fernleitungen nicht immer zu ge währleisten war. Auch nacbdem Tbugga eine solche Einrichtung erbalten hatte, waren die Zisternen der Privatfitluser für die Funktionsfähigkeit der Stadt nicht unwichtig, ebenso wurden die höheren Stadtteile von
Caesarea in Maueetaoien
nicht durch fließendes Wasser, sondern nur durch Zisternen versorgt_66 Selbst in
Rom, das schließlich seit
Überfluß
dem 3. Jh.
n.Cbr. wegen seiner
Fernleitungen
an Wasser hatte, waren offensiebtlieb die Tiefbrunnen zum Was
serschöpfen nicht völlig aufgegeben worden. Denn als Witigis
14
im J. 537/538 Rom
der
Ostgotenkönig
belagerte und alle Aquädukte unterbrechen ließ,
63 Vgl. z.B. J.J. ROder, Röm.iJcbe Wuaerleitungen in der Pellenz, Germania 39, 1961, 219 ff. 64 So wird z. B. in CIL VID 21671 aua Albula in Mauretania Caenriensia (heute Al gerien) betont, eine Familie habe ein aquagium, eine Wuser1eitung, fUr die eigenen
LIDderelen (sui.r posseswnibus) errichten luaen. Bei Mittelweier im Elsaß erbaute ein Grundbesitzer eine aqua bis zu seiner vill4 Flavioca (CIL xm S330). 65 G. Klaffenbach. Die Altynomeninscbrift von Pergamon, Abb. Abd. Wi11. Berlin, Kl. fUr Sprachen, Ut u. Kunst 19S3, Nr. 6, Berlin 19S4, 6 f.; 10 f. (Überaetzung). 66 C. Poinssot, in: Mtlangea Carcopino, Paria 1966, 779; vgl. R. Godet, Le ravitail lement de T'lUlgad en eau potable, Libyca 2, 19S4, 6S ff. fUr Brunnen in T'ungad nach dem Bau einer Fernwuserleitung.
Die Wasserversog rgun im römiscbeu Reich
200
mußten die Römer zwar auf ihr tägliches Bad verzichten, doch die nötige Trinkwassermenge konnten sie auch damals aus den Tiefbrunnen gewinnen.67 Ebenso wurden in Ostia in vielen Häusern die Brunnen beibehalten und in den Bädern zum Teil erst im 2. Ih. n.Chr. eingerichtet68 Möglicherweise wollten manche Hausbesitzer auch ihre Unabhängigkeit bewahren odc% den Weg zu den öffentlichen Brunnen vermeiden, wenn sie keinen Anschluß an das Leitungsnetz innerhalb einer Stadt erhielten. 2. Öffentliche Maßnahmen In der Mebnahl der Stad!e warjedoch die öffentliche Versagung mit Wasser die Regel. Und das galt in erheblichem Umfang auch für die Errichtung von Bauwerken, durch die das Wasserdargebot erst in angemessener Weise genutzt werden konnte. Solche baulichen Anlagen betrafen zunächst einmal die Wasserzuführungen selbst Bezeichnenderweise beziehen sich die inschriftlich überlieferten Maß.. nahmen in Italien in derZeitder Republik vor allem auf Wasserleitungen selbst. nicht so sehr auf mehr oder minder prunkvolle Bauten zur Nutzung des Wassers.69 Errichtet wurden die Wasserleitungen zumeist über längere Strecken außerhalb des Zentralortes n i einer dem technischen Standard der Zeit entsprechenden Form, wobei die spezifiSChe Gestaltung auch von den fman ziellen Möglichkeiten des Erbauers abhing. Nicht immer wurden diese in realistischer Weise in Rechnung gestellt Quellfasungen s wurden angelegt. teilweise mit aufwendigen Quellhäusem wie etwa in Zaghouan, dem Haupt ausgangspunkt des karthagischen Aquädukts.70 Einige Male werden auch Talsperren genannt, entweder zum Aufstauen des Flußwassers oder zum Sammeln des Regenwassers. Eine solche Talsperre ist für das italische Cora (heute Cori, südöstlich von Rom) bezeugt,71 andere sind beispielsweise in Spanien noch heute in Betrieb oder wiederhergestellt72 Auf besondere tech67 Procopius, BeUa 5,19,13. 28. 68 R. Meiggs, Roman Ostia, Oxford 1973, 144. Mancbe der Brunnen aind freilich auch erst im 4JS. Jh. gegraben worden. 69 Vgl. z. B . Cll. IX 3312 • ll.LRP ll 671; IX 5369 1LLRP ll 594; XI 4221. 4222 IILRP n 615: XIV 3013 Desnu 5667 • n.LRP n 659. 70 P. Rakob, Du QueUbeiligtum in Zagbouan und die römische Wuserleitung nach Karthago, MDAI (R) 81, 1974, 53 ff. 71 Cll. X 6S26 Deuau 5772. Eine Staumauer wird z.B. auch fllt Thyateira in Kleina sien erwlhnt: BCH 11, 1887, 100 Nr. 23. 72 Siehe N. Schnitter, Römische Talsperren, Antike Welt 9, 2, 1978, 25 ff.; =
=
•
=
A. Vogel, Die Geschichte der gemauerten Talsperren. Teil I, ÖSterreichische Wasser-
Die WasservetSOrgung im römischen Reich
201
nische Einrichtungen wie etwa Druckrohrleitungen oder Reparatur- bzw. Entlüftungsschächte wird in der literarischen Überlieferung73 und in den epigraphischen Quellen nur selten hingewiesen. Immerhin wird z.B. in der Zeit Diocletians bei der Wiederberstellung einer Wasserleitung für die Stadt Lam baesis in Nordafrika die Hinzufügung von Absetzbecten, die eine Verbesserung der Wasserqualität mit sich brachten, hervorgehoben,74 und in einer Inschrift für L. Betilienus Varus aus Aletrium (das heutige Alatri in Mittelitalien), die möglicherweise erst nach seinem Tode etrichtet wurde, wird die Druckleitung von 340 Fuß Höhe sowie die besonders feste Art der fistulae betont herausgestellt.75 Weit häufiger ist in den Inschriften sodann die Nennung solcher Einrichtungen, die den Bewohnern der Städte unmittelbar zur Verfügung standen: Wasserverteiler (castella), die Zu-und Ableitungsröhren (fistulae), Wasser- und Brunnenbecken verschiedener Typen (lacus, piscina, exceptorium) und schließlich die prachtvollen Brunnenbauten, die Nymphäen.76 Doch, abgesehen von Trinkwasserleitungen, war keine der Einrichtungen der Wasserbenutzung für das tägliche Leben der Stadtbewohner so bestimmend wie die Bäder unterschiedlicher Art. Neben privaten Badeanlagen, die recht zahlreich waren, hatten die meisten Städte öffentliche Thermengebäude, oft sogar n i einer erheblichen Anzabt77 In maneben Orten wurden diese nach Sommer- und Winterthermen unterschieden (thermae aestivales bzw. hiemales),18 was vielleicht bedeutete, daß nur die zuerst genannten ein Schwimmbecken im Freien hatten.79 Gerade die Ausstattung der Thermen mit Statuen und Gemälden, die Verschönerung durch Verwendung von Marmor an den Wänden sowie Marmorsäulen ist eine ständige Aufgabe gewesen, ebenso wie die bauliche wirtschaft 33, 1981, 167 ff. bes. 1 72 ff.; 1. Garbrecht H. Jaritz, Untersuchungen antiker Anlagen zur Wasserspeicherung in Payum/Ägypten, in: Mitteilungen aus dem LeichtweiB-Institut 107, Braunschweig/Kairo 1990. Zu Speicheranlagen im naba tllischen Sabra: M. Lindner, Über die Wasserversorgung einer antiken Stadt, Das Altertum 28, 1982, 27 ff. 73 Einiges davon findet sich natürlicherweise bei Frontin, ferner bei Vitruv. 74 CIL vm 2660. 75 CIL X 5807 Dessau 5348 ILLRP n 528. 76 Vgl. etwa die Sammlung vieler Zeugnisse im Dil.ionario epigrafico unter dem jeweiligen Stichwort. Besonders die lac"'• die öffentlichen Brunnen, waren so wichtig für du Leben der Bewohner, daß nach ihnen in Rom Stadtteile benannt werden konnten, z. B. Lacus Orpbei, Lacus Prometbei (Diz.ionario epigrafico IV 339 f.). 77 Z.B. Timgad mit ca. 15'000 bis 20'000 Einwohnern: 14 öffentliche Bilder; vgl. R. Godet, Libyca 2, 1954, 65. Allgemein zu den Bildern I. Nielsen, Tbermae et balnea. Tbc Architecture and Cultural History of Roman Public Bathl, Aarbus 1990. 78 ILAig I 2101; AB 1916, 87. 88. 79 So Poinssot, M6langes Carcopino, Paris 1966, 781. -
=
=
202
Die Wasserversog rgun im römiscben Reicb
Erweiterung durcb Portiken, Basiliken, kunstvoll gestaltete
Plätze unter Einscbluß von Brunnen und Wasserspielen. Die Thermen worden so immer mebr zu einem Ort der bürgerlieben «Freizeitgestalttmg» und der Kommunikation, so
daß manchmal der ursprüngliche Zweck fast zurückzutreten scheint. Nicht selten dienten die großen TbeiDlenanlagen aucb öffentlichen Geschäften, wie es
nunmehr beispielsweise für Antiochia in Syrien überliefert ist. wo der Statthalter Gerichtssitzungen abhielt. Gerade unter diesem öffentlichen Aspekt braucht der Luxus, der in maneben
dieser Anlagen zur Scbau gestellt wurde, nicbt
zu
verwundern.so Scbließlicb gehörten zur Wassercversorgunp einer Stadt aucb tungen, durch die
das, speziell durch die Femleibmgen,
Abwasser abgefiibrt werden konnte,
die Einricb
veiDlebrt anfallende
die städtischen Kloaken und die kleineren,
oberirdischen Abwasserkanäle.81 Nichtjedes städtische Zentrum Hinsiebt einigeiDlaßen gut ausgestattet gewesen. So war nördlich
ist n i dieser
der Alpen das
Kloakensystem der niedergermanischen Provinzhauptstadt Köln offensiebtlieh exzeptionell ebenso wie in dem unter Hadrian neuerbauten Teil der Stadt ltalica im südlieben Spanien,82 andererseits war das unterirdische Kloakensystem in Pompeü zum Zeitpunkt seiner Zerstörung nicht systemarisch entwickelt83 Und in Smyma. einer Stadt mit bereits langer Tradition. waren nocb in augusleiscber Zeit trotz guten Ausbaus des Straßeone(zes keine unterirdiscben Abwasserkanäle vorbanden, was nacb Strabo ein Febler derer war, die das Straßenpflaster legen ließen. Die Folge waren völlig verschmutzte Straßen, insbesondere bei Regenflillen. In Cara1is auf Sardinien wurden erst unter Domitian (81-96 n.Cbr.)
80 J. Oucou • D. Feissel, Doc:umentl d'archive. romaina io�tl du Moyen-Euphrate, CRAI 1989, 535 ff. VgL z.B. C1L Vlll 2369. J. Delaioe, New Modell, Old Models: Contiouity and Change in the DeJigo of Public Baths, in: Die römische Stadt im 2. Jh. n.Chr., hg. H.-J. Schalles - H. v.He.ber1 - P. Zanker, KOlo 1992, 257 ff.; H. Mandencheid, Die Skulpturenauaatattun1 der kai.aerzeitlicben Tbermenanlagen, Berlin 1981. 81 Kloakenbauten werden insgesamt nur relativ selten erwlhnt, vor allem wohl deshalb, weil aie oberirdiach kaum aichtbar und damit kein cvorzeigbarea» Monument waren. Sodano bedurften aie aber, wenn sie einmal erstellt waren, nur selten einu Reparatur, aodera all etwa GqiUU oder Thermen. Die wenigen Beispiele in: Dizionario epigrafico ß 310. Eine aehr prlzise Daubeachreibung für einen Abwuaerkanal in 10 Vß 4255; dazu 0. Argoud, Installation• bydrauliquea de l'Amphiaraion d'Oropos, in: Actes du troisible congra intern. aur la B6otie antique, Amsterdam 198S, 9 ff. 82 H. Helleukemper, Du Kanalnetz der CCAA, in: Fllhler zu vor- uod fr11hgeschichtli cben Denbnllero. KOlo I 1, Mainz 1980, 77 ff. 83 My&iod 2,268 ff.
Die Wasservenorgung im römischen Reich
203
abgedeckte Abzugskanäle angelegt, zusammen mit dem Bau einer festen Straßendecke.84
Latrinen waren an die städtischen Abwasserleitungen offensichtlich vor allem
dann angeschlossen, wenn sie öffentlich zugänglich waren und ständig vom Wasser durchspült wurden, d.b. vor allem die Latrinen in den großen Bäder anlagen, wie z.B. in manchen Thermen Ostlas oder in Vaison Ia RomaiDe (Vasio
Vocontiorum) in der Provence.85 Doch war dies nicht bei allen öffentlichen
Toilettenanlagen der Fall, die manchmal nur aus Keramikbehältern bestanden, die in den Straßen aufgestellt waren. Dies beweist etwa die Erzählung über Kaistt Vespasian, der seinem Sohn Titus ein Geldstück, das aus einer Steuer für die Verwendung des Urins durch Gerber gewonnen worden war, mit der Frage unter die Nase hielt, ob er sich durch Geruch belästigt fühle: als dieser verneinen mußte, antwortete ihm Vespasian: «Und doch kommt es vom Urin• (e lotw
est).S6 In Lucus Feroniae wurde eine Latrine an einer Weggabelung dagegen
durch Wasser, das aus dem öffentlichen Aquädukt kam, ununterbrochen gesäubert. Abtrittanlagen in den Privathäusern waren teilweise mit den Kloaken
verbunden,87 aber keineswegs immer, wie es jedenfalls das Beispiel Pompeü erkennen läßt88
Was die Gründe für die Erstellung der einzelnen Bauten war, wird, zumindest bei der erstmaligen Errichtung, kaum je angegeben; damit kann man auch nicht sagen, ob eine Zunahme der Bevölkerung, höhererkultureller oder hygienischer Standard oder andere Motive ausscblaggebend waren Für Ostia kann man nur .
vermuten, daß der Aufschwung an Badeanlagen wesentlich mit der wachsende Bedeutung der collegia, Vereinigungen von spezifiseben Berufsgruppen, verbunden war. Dagegen wird eine Fülle von Gründen bei Reparaturen oder völligen Neubauten an�telle von alten Einrichtungen genannt Am häufigsten heißt es, Bauten seien wegen ihres Alters eingestürzt (vetustate conlapsum) oder unbrauchbar (corruptum) geworden, was oft, wenn auch nicht stets, eine langjährige Schließung der Anlagen zur Folge hatte.89 Dabei scheute man sich
84 Strabo 14,1,37. Caralis: Dessau 5350. 85 R. Meiggs, Roman Ostia, Oxford2 1973, 143; vgl. Mygind 2,286 ff. 86 Suetonius, Vita Vespasiani 23,3. 87 P. Graeber, Zentralblatt Bauverwaltung 1905, SS1: fUr Athen; ebenso J. McKesson Camp li, The Water Supply of Ancient Athens. Prom 3000 to 86 B.C., Diss. Princeton 1977. 88 Mygind 2,286. 309 ff. 89 Z.B. CIL X 5348 Dessau 5698; XIV 2119 Dessau 5707. Vermutlich steckt =
=
dahinter häufig die Tatsache, da8 entweder das aggressive Wasser den Mörtel zerstörte oder im Gegenteil das kalkhaltige Wasser die Leitungen zusetzte (vgl. dazu A. Neyses, Trierer Zeitschrift 38, 1975, 90).
Die Wasserversorgung im römischen Reicb
204
manchmal nicht. auf die über längere Zeit sich erstreckenden Nachlässigkeiten
im Amt (.incuria longi temporis) hinzuweisen;
freilieb
vermeidet man die
Nennung derjenigen, die dafür direkt verantwortlich waren. Doch konnte man so die eigene Sorgfalt gegenüber öffentlichen Belangen umso deutlieber herausstellen.90 Nicht selten sind lbermen durch Feuer zerstört worden (vi
ignis), was leicht verständlich ist91 Auch Erdbeben haben immec wieder zum Einsturz solcher Anlagen, vor allem der oberirdischen Arlcadenreiben der Aquädukte gefilbrt, ebenso heftige Regenfälle.92 Infolge derartiger Ereignisse
mußte manche Stadt mit wenigem und schmutzigem Wasser auskommen.93
Mögen auch manche Klagen übertrieben gewesen sein, um auf diese Weise das eigene Handeln in um so vorteilhafteres Licht zu setzen, so lassen doch gerade
diese Hinweise erkennen, daß die mangelnde Sorgfalt auch durch die ad ministrative Struktur bestimmt war. 3. Die Träger der ötJentlicben Maßnahmen Wie in den geiechiseben Poleis sehr verschiedenartige Magistrate für die Wasserversogung r und die damit verbundenen Aufgaben zuständig waren.94 so bat es auch in den Städten des römischen Reiches eine überall gleichartige, umfassende Wasserbebörde nicht gegeben. Dies gilt trotz Frontin und der durch ihn recht gut bekannten cura aquarum, also dem Amt. dessen Inhaber sieb n i Rom um die Wasserversorgung zu kümmern batte.9S Aber einmal war Rom
allein wegen seiner Grö8enoobnmg und seiner politischen Bedeutung ein Sonder fall. zum anderen hatte der curator aquarum beispielsweise nichts mit dem Badewesen, dem Hochwasserschutz oder der Abwassetbeseitigung zu tnn. Soweit dafür überbaupt eine ständige personelle Betreuung v<X'gese.ben war, hatten andere Amtsträgec die Verantwooung.
90 AE 1939, lSl; Cll. XIV 13S; VIll 2572. 2631. 8809; X 7017 • AE 1959, 2S; VI
1750
=
Dessau 5703; CU. xn 43SS; ll.Alg I 2000 vgl. Prontin, Oe aquiJ 130.
91 Cll. V 8807; XI 4781. 6225 Dessau 5679; CU. :xn 4342 Dessau S68S. 9l AE 1911, 225; 1913, 227; 1972, ISO; Cll. VIll 2661 Dessau 5788; 15204; IX 2338 Deasau S691. In Konstantinopel acheint man beim Bau von Aquädukten die =
=
=
=
Möglichkeit von Erdbeben berOc:ksicbtigt zu haben (Pb. Forcbbeimer 1. Stnygowa k!. Die byz.antinilcben Wuserbehllter von Konstantinopel, Wien 1893, 13 f.). -
9, cn. vm S33S. 1S204.
91 ff.; I. Klingenberg, Die Aufgaben det' 1tldlilchen Verwaltungs beamten in Griechenland, in: Symposion 1979. Vortrlge zur piechiseben und heUenistlieben Recbtsgescbicbte, Köln-Wien 1983, bea. 230 ff. 95 Siebe W. &k, Organisation UDd Administration der Wuserver10rgung Roms, in: Sextua Iuliua FrontinUI, curator aquarum. Wuserversorgung im antiken Rolll, Hg. Frontinus-GeseUschaft, München 21983, 63 ff. "' in diesem Band 161 ff.
9<4 Vgl. dazu Wöale
Die Wasserversorgung im römischen Reich
205
a) lnRom Gnmdsälzlich ist vor allem zwischen det NeuanJage von Einrichtungen und der Routineadministration zu trennen. In Rom waren der cura/Or aquarum und sein Personal beim Bau neuer Wasserleitungen offensichtlieb nicht beteiligt; vielmehr wurden dazu in der Kaiserzeit wohl jeweils besondere Personen bestellt, die nur den Bau leiteten, aber kein Amt im regulären Sinn übernahmen. Be sonders deutlich wird dies etwa bei Narcissus, einem Freigelassenen von Kaiser Claudius, der die Trockenlegung des Fucinersees leitete, d.b. die Verträge abschloß und die Zahlung der nötigen Summen veranlaßte. Mit seiner sonstigen Tätigkeit als «Sekret!lr» (ab epistulis) des Kaisers haue diese Aufgabe nichts zu tun. Während der Republik waren die großen Fernleitungen für Wassec zumeist von den nur alle 5 Jahre für 18 Monate amtierenden Ceosoren auf Beschluß des Senats erbaut worden; sie schlossen die Verträge für den Bau ab und nahmen schließlich, falls sie bei der Vollendung noch im Amt waren, den Bau ab.96 Lediglich die aqua Marcia wurde 144 v .Cbr. durch den Stadtprätor Q. Mareins Rex erbaut, wozu ibm seine Vollmachten noch für das folgende Jahr verlängert wurden, weil die normale Amtszeit von 12 Monaten nicht ausgereicht hatte.97 Die üblichen kleinen Reparaturarbeiten, die jederzeit anfallen konnten, Wld insbe sondere tägliche Routinefragen bei
der Benutzung gehörten dagegen zu
den
Amtsaufgaben der beiden kurulischen Ädilen. Für die ständigen Reparaturen an einzelnen Abschnitten der Wasserleitungen gab es feste Verträge mit Bau unternehmern, die das für einzelne Strecken verantwortliebe Personal an die Staatskasse zu melden hatten.98 Auch andere Bauten, die der Wasserversorgung oder der AbwasserbeseitigWlg dienten, konnten auf die eben beschriebene Art errichtet werden. So ließen die Ceosoren des Jahres 184 v.Cbr. in Rom Wasserbassins auskleiden und mit Steinen eindecken, außerdem aber auch Kloaken erbauen.99 Für die Durchführung solcher Maßnahmen war kein großer staatlicher Apparat nötig; vielmehr wurden alle Aufgaben durch Verträge an Unternehmer vergeben, deren EtfilllWlg nach Abschluß der Arbeiten von den staatlieben Amtsträgem überprüft
wurden. .. .
.
96 Frontin, De equiJ 5 ff. 97 Frontin, De equia 7. 98 Frontin, De aquis 95 ff. 99 Uvius 39,44,5.
206
Die Wasserversocgung im römiscben Reicb
Mit Agrippa. dem wichtigsten politischen und militärischen Bezater und Helfer von Octaviao/Augustus, setzt sich die Regelung durch. die in der Kaiserzeit in
Rom gültig war. 33 v.Cbr. Ubemahm Agrippa. obwohl er bereits Konsul gewesen war, die Ädilitlt, die Ublicberweise lange vor dem Konsulat bekleidet wurde.100 Der Grund war der, daß Agrippa so auf magistratiscbet, d.b. legaler Basis die römische Öffentlichkeit im Kampf Octaviaos gegen Aotonius und
Kleopatta beioflussen konnte. Mittel dazu war ibm die Bautätigkeit. auch auf rgun Er ließ die aqua lulia neu errichten und einige dem Sektor det Wasserversog. andere Leitungen restaurieren.
Doch endete
seiD Engagement nicht mit der
Ädilität, viel mehr betreute er auch in den nachfolgenden Jahren die stadtrömischen aquae, indem tt vor allrm standig eine private Sklavenschar von
240 Mann für das Funktionieren dieses für die Allgemeinheit wichtigen Sektors einsetzte, und das, obwohl er keinen offlZiellen Auftrag mehr batte. tot Er handelte als mächtiger Privatmann, als Wohltäter der stadtrömischen Bevölkerung, eine Erscheinung. die seit dieser Zeit auch außerbalb Roms immer häufiger wurde. Nach dem Tod Agrippas 12 v.Chr. zeigte es sich. daß eine Fortsetzung dieser Tätigkeit wünschenswert war. Deshalb ließ Augustus durd1 Senatsbeschluß das regelmäßige Amt eines curator aquarum schaffen und dessen Zustäodigkeit in mehreren Senatsbeschlüssen festlegeo.l02 Damit war in Rom für einen Teil der öffentlichen Wasserversag guo ein permanenter .Amtsträger mit einem eindeutig zugeordneten Unterpersonal geschaffen. Das Aufgabengebiet war aber allein der Wassedeituogssdctor Wld die damit unmittelbar nJsammenbängeoden Fragen der
teeboiseben Verteilung des Wassers in der Stadt. der Etbaltuog der Bausubstanz der Aquadukte sowie des grö8ereo Teils dea innerstldtiscbe Vcrteilungssystems, ferner die Regelung der damit vernundenen Rechtsfragen. Auch der weitere Ausbau des Subalternpersonals, voo einem speziellen kaiserlichen Beauftragten,
dem procurator aquarum geleitet. bat daran nichts geändert Neubauten von Aquädukten für die Versorgung Roms sind jedenfalls nach unserem heutigen Wissen ohne BeteiligWlg des Kurators erfolgt. Auch für den unmittelbaren Wasseranschluß der einzelnen öffentlichen Gebäude, etwa der Tempel, des Kaiserpalastes oder des Prätorianerlagers war er nicht zusläodig. Dies fiel vielmehr in die Kompetenz der jeweils für die entsprechenden Gebäude oder
sonstigen Einrichtungen Verantwortlicben.
100 Dazu Frontin. De aquil 98,9 t.; Sueton, Auguatua, 42,1; Pliniua, Naturalil hiltoria
31 41; 36,121. 10{ ProntiD, .Oe aquia 98. 116. 102 Prootin, De aquil99 ff.
Die Wasserversorgung im römischen Reich
207
b) In den Städten des Reiches Außerbalb Roms waren die Regelungen so differierend, wie die Städte ihrer inneren Ordnung nach unterschiedlieb waren; das gilt insbesondere für die griechisch geprägten Gemeinden im Osten des Reicbes. 103 Doch sind gewisse strukturelle Gleicbartigkeiten nicbt zu verkennen. In allen Selbstverwaltungsein heilen sprachen die jeweiligen Ratsvecsammlungen bei Neubauten das ent scheidende Wort. Der Dekuriooenrat oder die Boule baUe über den Bau und die Trassenführung zu beschließen; Voraussetzung für die Gültigkeit war die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder, wie es jedenfalls die Iu Ursonensis, das St.adtrecht der Kolooie Urso in Südspanieo, fest1egte.104 Derartige Beschlüsse kennen wir für die republikanische Zeit beispielsweise aus der unteritaliscben Stadt Kroton, wo nacb Entscheid des Dekurionenrates ein Bad erbaut WW'de (ex senatus consullo = auf Beschluß des örtlichen Senats), 105 älmlich geschah es in Praeneste östlich von Rom (heute Palestrina), wo neben einem Bad auch noch die notwendige Wasserleitung de decurionum sen.ten.tia (= durch Entscheid der Dekurionen) enichtet wurde.106 Auch in den Provinzen war dies so geregelt; beispielsweise steht aufeinerfistula aquaria aus Dyrrhachium in Makedonien (heute Dtlrits in Albanien) in hadrianischer Zeit, die Leitung sei entsprecbend einem senatus consultum verlegt worden.107 Die Zuständigkeit des Rates erldärt sieb v<Xnehmlich aucb aus seiner generellen Verfügungsgewalt über die Fmanzen einer Gemeinde, nicbt anders als es während der Republik in Rom gewesen und wie es auch in der Kaiserzeit zumindest nominell zunächst nocb weiterhin gültig war. Die Bürger in Gestalt der Volksversammlung waren offensichtlich in römisch organisierten Städten an derartigen Entscheidungen nicht beteiligt. Anders war dies in den griechischen Stadtstaaten gewesen, deren Verfassungsstruktur weitgehend demokratisch bestimmt war. Hier baue das Volk, freilich meist in Zusammeuwirken mit dem Ral. den rechtsgültigen Beschluß zu fassen. während die Details vom Rat und regelm.äßig jährlich gewählten oder eigens für spezifische Aufgaben bestimmten Amtsträgern erledigt wurden. So verfuhr man etwa im hellenistischen Delos. 108 Aber auch noch gegen Ende des 1. Jhs. n.Chr. bat offensichtlich die Volksversammlung in Epbesus den entsprechenden 103 YgL KOrner 189 ff.; WOJ:rle 91 ff. 104 Kap. 99 (Deuau 6087 FIRA I Nr. 21). lOS AE 1912, 245. 106 Cll.. l 1473 - Desaau 5667 . nLRP n 659. 107 H. Freia, ZPB 53, 1983, 117 ff. 101 KOrner 196. •
Die Wasserversog rgun im römischen Reich
208
Beschluß gefaßt. mit dem dez Bau der «Dmrltianischen Wasserleitung• veranlaßt wurde. 109 Doch dürfte im Verlauf des 1. und 2. Jhs. n.Chr. auch in griechisch organisierten Selbstvetwaltungseinheiten die Beteiligung des Volkes allmählich erloschen sein. i Volksversammlung oder Rat können zwar Entschei Größere Gremien we dungen treffen, müssen jedoch zur DurchfUhrung ihrer Beschlüsse über ausführ ende Organe verfügen. Soweit das Gebiet der Was&elVc:norgung betroffen war, hat es dafür weder in den römischen noch in den griecbiscben Städten eine ein heitliche Magistratur gegeben; vielmehr konnten sehr unterschiedliche Amtsträ ger damit beauftragt werden. In römischen Gemeinden ist vor allem die Tätigkeit der sogenannten Duumviri (= Ilviri), d.h. des Kollegiums der beiden höchsten Magistrate einer Stadt, faßbar. Zu ihrem Pflichtenkatalog z!!hlten neben der Rechtsprechung auch die Leitung der Ratsversammlung und die Ausführung der vom Dekurionenrat getroffenen BeschlUsse. Das oben genannte senatus con sultum des Rats in Kroton haben nach Ausweis der Baninsr..hrift des Bades die Ilviri ausgeführt,110 ähnlich im nicht weit entfernten apulischen Herdonia, n i Praeneste oder in Lucus Feroniae.111 Doch konnten auch die Ädilen, die für die öffentliche Ordnung und Saubelkelt einer Stadt zuständig waren, einschlägige Bauarbeiten leiten: In Arpinum, der Heimatstadt Cicuos, wmden im 1. Ih. v.Chr. die drei amtierenden Ädilen vom Rat der Stadt beauftragt, Kloaken i t die Zu anlegen zu lassen, um das Regenwasser abzuleiten.112 In diesem Fall s weisung leicht aus der auch sonst bekannten Verpflichtung der Ädilen, für die Reinheit der Straßen zu sorgen, ersichtlich. Dagegen ist nicht unmittelbar zu erkennen, warum die Quästoren in Bononia (Bologna) mit ihrem Namen auf fistulae erscheinen, für deren Verlegung sie vermutlich zu sorgen hatten;113 noch weniger ist es üblich, daß ein st!ldtischer Schreiber (scriba rei publicae) mit der Verlegung derfistulae befaßt war, wie es für Tibur östlich von Rom bekannt s i t. l 1 4 Obwohl wir aus den lateinisch geprägten Provinzen des Westens kaum direkte Hinweise auf solche Funktiooen haben, werden im Prinzip dieselben Amtsträger wie in Italien tätig gewesen sein. Im mehr griechisch bestimmten Ostteil des Reiches sind z.B. regelmäßig amtierende Funktionsträger wie die Verantwort109 lnlcbriften von Epbesus n 419. 110 AE 1912. 24S. 111 AE 1967, 96; Dessau S667. Vgl. ferner AE 19S6, 14S; 1978, 303; Cll.. m 17SO. 112 CIL 12tS37 Dessau S738 ILLRP n S46. 113 CIL XI 722 ff. 114 cn.. XIV 3699; aus cn.. XIV 3674 (aus Tlbur) ilt ein trib�WU aquarvm bekannt, der •
•
vermuUicb nicbtl mit der stadtrömischen Wasserversorgung zu tun bat.
209
Die Wasserversorgung im römiscben Reich
Iichen für die Tempel in Athen oder auch ,einmaJig Beauftragte mit solchen Bau
maßnahmen befaßt gewesen: 11S das Bild ist hier noch vielgestaltiger, weil es eine ordnende und vereinheitlichende Kraft wie Rom lange nicht gegeben hatte. Bei Reparaturmaßnahmen wie bei der Sorge um den Erhalt der einmal erstellten Anlagen konnten grundslllzlich dieselben Funktionsträger erscheinen. Teilweise fiel dies in den spezifischen Aufgabenbereich der Ädilen bzw. der Astynomen, was für Pergarnon die bekannte Inschrift des 2. 1hs n.Chr. .
besonders überliefert;116 für die Ädilen hebt dies auch die schon genannte Iex
Ursonensis im Kap. 77 hervor. Doch ist darauf unten bei der Behandlung der Routineadministration nochmals zurückzukommen.
4. Eingriffe der übergeadneten staatlichen Gewalt Seitdem die römische Herrschaft eine politische Suprastruktur geschaffen hatte, waren die Selbstverwaltungseinheiten zwar weiterhin faktisch im Innem autonom und konnten im Rahmen von Stadt oder Provinzgesetzen ihre An gelegenheiten nach ihrem eigenen Willen entscheiden. Aber grundsätzlich war, entweder aufrechtlicher Basis oder auf Grund des politischen Übergewichts, ein Eingreifen Roms möglich, wenn es die aktuelle Situation oder übergreifende Interessen notwendig erscheinen ließen. Ein generelles Bestreben Roms, die Autonomie einzuschränken. hat es
aber nie gegeben. Dazu hätten auch die ad
ministrativen Ressourcen des Kaiserreiches nicht genügt 117 Vielmehr sind viele Eingriffe lediglich auf Anträge hin, die aus den Städten selbst kamen, erfolgt
Doch entwickelte sich im Verlauf des 2. 1hs. n.Chr. die Praxis und schließlich die Verpflichtung, daß größere Neubauten innerhalb einer Stadt wie Gymnasien, Thermen, Wasserleitungen, Stadtmauern nicht mehr nur durch Entscheidung der munizipalen Gremien errichtet werden durften, sondern der Genehmigung durch den Kaiser oder zumindest durch den Statthalter bedurften.118 Insbesondere aus
der Spätantike seit Diocletian und Konstantin sind zahlreiche Zeugnisse auf uns gekommen, aus denen sich ergibt, daß der jeweilige Provinzstatthalter beispiels-
llS Körner 189 ff.; Wörrle 91 ff. 116 Vgl. oben Anm. 6S. 117 Vgl. dazu W. Eck, Die staatliebe Organisation Italiens in der hoben Kaiserzeit, München 1979, 190 ff.; 267 ff.; F. Vittingboff, HZ Beiheft 7, 1982, 107 ff.; P. Jacques, Le privil�ge de libert6. Politique imperiale et autonomie dans les cit6s de l'Occident romain (161-244), Paris 1984. 1 1 8 Digesten 1,16,7,1; 0,10,3.6; Pinha, l Epi.Jtula 10,23. 41. 70. 90. 98. In In S schriften von Epbesus m 695 wird ein Prokonsul geehrt, weil er für den Bau einer Wasserleitung gesorgt hatte, offensiebtlieh auch im Sinne der Genehmigung.
210
Die Wasservenorgung im rOmischen Reich
weise von Num.idien (Ostalgerien) oder einer � italiscben Regionen die ent scheidende Anordnung für Neubauten oder auch größere Reparaturmaßnahmen gegeben bat. Doch ist dies auch im 1. Jh. n.Chr. bereits vorgekommen. So hat z.B. Pontius Pilatus nach Jerusalem eine angeblich 400 Stadien (rund 80 km) lange Wasserleitung bauen lassen, wozu er, sehr zum Mißvergnügen eines Teils der jüdischen Bevölkerung, das Geld aus der Tempelkasse nehmen ließ. 119 Hier haben die unteren politischen Einheiten. d.h. vor allem Städte, partiell ihre
Autonomieverloren. Doch bereits bevoc sieb diese Situation weithin diD'Chgesetzt hatte, wurden solche Genehmigungen mancbmal erteilt, entweder weil man sieb innerhalb einer Stadt nicht hatte einigen können und sieb deshalb eine beteiligte Partei an den Kaiser oder den StaUhalter gewandt hatte, oder weil besondere Umstände zur Kenntnisnahme von Schwierigkeiten oder fmanzieller Mißwirtschaft geführt hatten. Plinius d. I., ein Senator der domitianiscb-traianischen Zeit, hatte so z.B. von Traian in den Jahren 110 bis 112 einen Sonderauftrag in der Provinz Pontus-Bithynien im Norden der Türkei erhalten. Dabei mußte er sieb auch mit wasserbaulieben Angelegenheiten befassen. In Prusa (heute Bursa) trug man an ihn den Wunsch betan. ein neues Bad zu bauen. weil das alte unmodern gewocden sei. Plinius unterstützte diesen Antrag beim Kaiser, wobei er betonte, daß nur bereits v<Xbandene Gel� dazu verwendet werden sollten. Seine Ausführungen griff Traian in seinem Antwortschreiben auf und genehmigte den Bau, unter der Bedingung. daßkeine zusätzlichen Abgaben speziell für diese Maßnahme von der Stadt erhoben würden und auch die zukünftige finanzielle Beweglichkeit nicht eingeschränkt wUrde. Denn er wie auch andere Herrscher fürchteten die Ver schwendungssucht der Gemeinden, die die wirtscbaftlicbe und finanzielle Basis des Reiches geflibrden lcönnte.120 Anlaß hatte Traian genügend; denn in
dem bereits erwähnten Fall (S. 191) � bithyniscben Stadt N"llcomedia war bei einem zweimaligen Versuch. eine Wasserleitung zu bauen, eine Summe von mehr als
3,5 Millionen Sesterzen vergeudet worden; und eine weitere bithynische Gemeinde, Nikaia, hatte sogar 10 Millionen für ein Theater verschleudert. 121
1 19 CIL IX 2212"' Deuau 5690; IX 2338 • Denau 5691; X 1707
Denau 5692; n 191 • Deauu 5699; Vlll 4645 De111U 5714; Vlll 2661 Deaaau 5788. Josepbus, Bellum Judaicum 2,175 ff. Zur möglichen Unge der Leitung dea Pontius Pilatua vgl. A. Muar, Survey of tbe Jeruaalem aqueduct. in: Vortrlge der Tagung: biltorische Wuaernutzungsanlagen im östlichen Mittel.meerraum. Jeruaalem 21.-22.3. 1983, Mitteilun&en dea Leicbtweiß-wtitull, Heft 82, Braunscbweig 1984, 1 ff. 120 Pliniua, Epistula 10,23 f. 70. 12 1 Pliniua, Epistula 10,39. •
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Die Wasservenorgung im römisdlen Reich
211
In unserer Überlieferung ist freilich nicht immer mit Sicherheit festzustellen, wann eine kaiserliebe Genehmigung bei einem Wasserbauwerk vorliegt. l22
Denn fast alle Zeugnisse sind inschriftlicher Natur, also stark formelhaft, so daß sieb hinter den Worten oft recht untetschiedliche Tatbestände verbergen können. Selbst wenn in einer solchen Bauinschrift der Name des Kaisers im Nominativ erscheint, womit die Person als handelnd gekennzeichnet s i t, kann damit ein differierender Inhalt gemeint sein. 123 Entweder hat der Kaiser, so wie oben
ausgeführt, eine Banmaßnahme genehmigt oder er hat den Bau selbst ausführen lassen, in dem Sinn. daß die Fmanzierung durch den Herrscher übernommen wurde. Auf diese Weise geschah es nicht selten, daß die Kaiser sieb unter die Wobltl1tef der Stadt einreihten. 5. Die Bedeutung des Wohltäters Wie weit die Fürsorgepflicht des Staates hinsichtlieb der Bürger ging oder, zutreffender unter römischen Prämissen formuliert, wie weit die Bürger gemeinsam für die Bedürfnisse einzelner zu sorgen hatten, ist nicht grundsätzlieb bestimmbar. In Rom und fast der gesamten antiken Welt, abgesehen vielleicht von manchen demokratisch regierten griechischen Poleis, ist jedenfalls diese Verpflichtung nie sehr weit gegangen, obwohl gerade die Lebensmittelversor gung und die Wasserbeschg affun relativ fiiihzeitig als «Gemeinschaftsaufgaben» erkannt wurden. Doch s i t z.B. die Regelung der Lebensmittelversorgung durch
die Gemeinden nur als eine subsidiäre Aufgabe angesehen wMJen. Ansprüche und Realisierung waren freilich nicht immer deckungsgleich. So blieb ein weites Feld für private Initiative, was unter anderem durch die gesellschaftliche Struktur gefördert wurde. Leistungen für die Gemeinschaft waren ein wichtiges Mittel, um den sozialen Status des einzelnen zu bestimmen. Die lateinische Bezeichnung für das Amt, das innerbalb einer Gemeinschaft ohne Bezahlung ausgeübt wurde, zeigt dies deu.tlich: honos bedeutet Amt und Ehre in gleicher Weise. Um ein solches Amt überhaupt übernehmen zu können, war, jedenfalls in der Kaiseczeit, ein bestimmtes Mindestvecmögen erforderlich, da sonst diese Art von Tätigkeit nicht realisierbargewesen wäre (vgl. oben S. 187). Mit dem Zurücktreten der politischen Dimension in den Gemeinden gewann die Möglichkeit des Prestigegewinns allein durch ftnanzielle Leistungen immer
mehr an Gewicht, zumal die städtischen Haushalte fast notorisch nicht aus122 Solch ein eindeutiger Fall z. B. CIL XIV 2101
Dessau 5686. So z. B. in AB 1968, 157. Zum Gesamtproblem aiehe in KUrze die Dissertation VOD Marietta Horstet (Köln). 123
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Die Wasserversocgung im römiscben Reich
212
reichten. Da es außerdem teilweise zu einem Konkurrenzkampf um Prestige
kam, konnten manche Selbstverwaltungseinheiten davon ganz erbeblich profi
tieren. Häufig wurden aber die Folgelasten nicht edamnt Viele Städte verdankten
jedenfalls einen gewissen Teil der gemeindlichen Infrastruktur und damit die
Adaption an den zivilisatorischen Standard Wohltätern großen oder auch kleinen Maßstabs (vgl
oben S. 188).
An diesem gesellschaftlchen i «Konkurrenzkampf» beteiligten sich Personen differierender sozialer Stellung, angefangen vom
Kaiser über Mitglieder der
senatorischen und ritterlichen Reicllsaristok:ratie, die munizipalen Honoratioren, also insbesondere die Mitglieder der ratsfähigen Familien, bis hin zu anderen mehr oder minder reichen Privatleuten. voc allem den sogenannten Augustalen. Diese waren ursprUnglieh meist Personen unfreier Herlcunft, die nach ihrer Freilassung einigen wirtscbaftlichen Erfolg gehabt halten, aber auf Grund ihrer Abstammung keine städtischen Magistraturen übernehmen konnten. Sie kümmerten sich deshalb um den stlldtischen Herrscherkult, wodurch sie
außerbalb der üblichen «
kunft überspielen. Aber auch stadtfremde Größen, die amtlich oder über andere Personen Verbindungen mi t einer Gemeinde gewonnen hatten, waren beteiligt. Beim Kaiser kam es schließlich daraufan, ihn für die Gemeinde zu interessieren, entweder bei einem der recht seltenen Besuche eines Herrschers, oder, was das Übliche war, über Mitglieder seiner engsten Umgebung. Zusä1zlicb machte sich in der Motivation des Kaisers die ideologische Position als Vater des Vateriandes
(pater patriae)
verpflichtend bemerkbar, und natürlich nicht zuletzt die von
keinem anderen erreichbare ökonomische Potenz. Dabei ist es in unserem Zusammenhang gleichgültig, ob vom Herrscher Staatsgelder, die aus Steuern
oder Zöllen stammten, zur Verfügung gestellt wurden. oder Finanzmittel aus dem sogenannten Privatvennögen, das man auch als Kralgut bezeichnen kann. Insgesamt erscheinen die meisten
Kaiser in unserer Überlieferung außeror
dentlich häufig als Stifter von Wasserleitungen. Diese Bauten erforderten oft so hohe Summen, daß Privatleute seltener dazu in der Lage waren. Allein für
Die Wasserversorgung im römischen Reich
213
Augustus kann man nachweisen. daß er Aquädukte oder vergleicbbare Anlagen u.a für die Städte Pola. Venafrum, Capua, Brixia. Lucus Feroniae, Caere, Fulginiae und Minturnae, 124 außerdem die große Ringleitung für Puteoli, Neapel, Baiae, Misenum. Nota. Cumae, Acetrae und Pompeii errichten ließ. 12S Dabei ist direkt oder indirekt zu erschließen, daß er die Bauten finanziert hat. Außerhalb Italiens kennen wir mehrere aquae Augustae in Spanien, auf Cypem, in Kyrene und für Ephesus in der Provinz Asia. 126 Ähnliches ist für andere
Herrscher nachweisbar, z.B. für Vespasian in Ostia, dem Hafen Roms, oder für Hadrian, der Sannizegetusa. die Neugründung Traians in Dakien, mit einer Wasserleitung ansstattete;127
derselbe Kaiset veranla&e die Erbauung einer
ahnlieben Anlage für Dynilachium in Makedonien. für Gabü östlich von Rom sowie für Athen.128 In Alexandria Troas (in der Provinz Asia), das damals nur über Zisternen verfügte, ließ er auf Bitten des Sophisten Herodes Atticus, der sich im Auftrag des Kaisers dort aufhielt, eine Wasserleitung (einschließlich eines Bades) für 12 Millionen Sesterzen erbauen, ohne daß diese Summe ausgereicht hätte. Herodes Atticus' Vater hat auf Vorhaltungen hin, die von den kaiserlichen Fmanzbeauftragten in der Provinz Asia gegen seinen Sohn erboben wurden, die gewaltige Restsumme von 16 Millionen aus seiner eigenen Tasche bezahlt129 Der Nachiolger Hadrians, Antoninus Pius, ww-de u.a in Castrum
Novum in Etrurien und in Scolacium an der Südspitze Italiens tätig. 130 Für
andere wasserwirtschaftliche Bauten sei etwa auf die Thermen Konstantins in Reims, die er mit Mitteln seines Fiskus bezahlte (Jisci sui sumptu), 131 oder auf die Restaurierung der großen Badeanlage durch Diocletian in seiner neuen
Residenzstadt Nikomedia in Bithynien verwiesen. 13 2 Einer der späten Nachfolger der römischen Kaiser Italiens.. der Ostgotenkönig Theoderich, hat die
124 CIL V 47 Dessau 5755; CU.. X 4842 • Dessau 5743; Dio 49,14,5; CIL V 4307 1 14; AB 1978, 303; CIL XI 3594; 7999; J. Jobnsoo. RE Suppl. VD 480. 1 25 I. Sgobbo, Notizie degli Scavi 14, 1938, 75 ff. = AB 1939, 151; M. Corbier, REL
Dessau
=
=
6?6 1984, 256. 12 CIL n 1614. 2343; AB 1939, 1 19; 1981, 858; Inschriften von Epbesut VD 1, 3092. Dabei ist freilieb vorau.gesetzt, da8 die Bezeichnung AugUJta sieb jeweils auf Auguatus bez.iebt und nicht auf irgendeiDen aplteren Kaiser, wu keineswegs immer 10 eindeutig ist; vgl. z.B. AB 1986, 307; ferner A. Sty1ow, Geri6n 4, 1986, 304 f. 127 CIL m 1446. Unpublizierte Inschrift aus Oatia. 1 28 CIL ill 709; H. Preis, ZPB 53, 1983, 117 ff.; 58, 1985, 194; CIL XIV 797; vgl. 2
2199.
1 29 Pbiloatratus, Vitae aopbistarum 548. 130 CIL XI 3586; X 103. 131 cn. xm 3255
=
Dessau 703.
132 CIL m 324 a Dessau 613; diese Badeanlagen waren von eiDem Kaiser mit dem
Nameo Antoninus errichtet worden.
Die Wasserversorgung im römischen Reich
214
Wasserversorgung Ravennas, seiner Residenzstadt, verbessern oder erneuern
lassen, und in Africa sorgte det' Vandalenkönig Thrasamund für neue prachtvolle
Thermen in der Hauptstadt Karthago.133
Daß große Herren wie Plinius d. Jüngere oder ein Tullius Varro, beide Mitglieder des stadtrömischen Senats Ende des 1., Anfang des 2. Jhs., in ihren Heimatstädten Comum (Como am Comersee) und Tarquinii in Südetrurien große Thermenanlagen errichten ließen, ist nicht verwunderlich. 134 So wie diese beiden waren viele ihrer Standesgenossen, obwohl sie sich zumeist in der Stadt Rom aufhielten, mit ihren Herkunftsorten noch verbunden und fühlten sieb
diesen verpflichtet; doch gilt dies auch gegenüber Städten, zu denen Beziehungen
bestanden. weil det einzelne Senator in deren Nähe Grundbesitz hatte oder weil
aus einem amtlieben Auftrag ein Patronatsverhältnis entstanden war. 135 Dafür
mag der oben angeführte Fall des Herodes Atlicus in Alexandria Troas stehen. Auch alle Stiftungen und Geschenke von kaiserlieben Freigelassenen, die rechtlieb ohne Ausnahme an Rom gebunden waren, sind wohl auf ähnliche Beweggründe zurückzufübren.136 Aber in der überwiegenden Zahl aller Fälle war
die Heimatstadt das Ziel der Munifizenz. Besonders gilt dies schließlieb für alle diejenigen, die nicht der Reichsfüh rungsschiebt angehörten, also Mitglieder der Delcurionenräte, Bürger ohne öffentlich geprägten Sozialstatus und Augustalen. Ein gewisser M. Valerius, der in Lanuvium in der Nähe von Rom Ädil und Dictator (ein dortiges Muni zipalamt) gewesen war, hatte auf eigene Kosten drei Meilen Leitungskanal säubern und wiedet'berstellen, neuefistulae legen, sowie zwei Bäder für Männer
und ein Frauenbad restaurieren lassen.137 Im nicht allzu weit entfernten
Vicovaro wurde ein M. Helvius Rufus, der primus pilus bei einer Legion, d.b.
deren höchster OffiZier unterhalb des Legionskommandanten gewesen war, tätig. Er erbaute ein Bad für seine Mitbürger und die anderen Bewohner der Stadt, die dort kein Bürgerrecht hatten (balneum municipibus et incolis dedit).l38 Im nordafrikanischen Sabratba stattete ein Flavius Pudens, det' sich bereits vorher als 133 AE 1941, 94; vgl. AE 1928, 121 für Theodahad (534 bia 536 n. Chr.); M. Chalon u. a., Memorabile factum. Une ul�bration de l'�verg�tiame des roia Vandales dans l'anthologie latine, Ant. Afr. 21, 1985, 207 ff. 134 CIL V 5262 Dessau 2927; CIL XI 3366. 13 S W. Eck, Die Prllsenz senatorischer Familien in den Stldten des Imperium Romanum bis zum aplten 3. Jh., in: Studien zur Antiken Sozialgeschichte, Köln 1980, 283 ff. 1 36 Vgl. z.B. CIL m 7380.8684; X 5917 Dessau 1909; IGR IV 228; G. Boulvert, Domestique et fonctionnaire sous le Haut-Empire Romain, Paris 1974, 216 ff. 137 CIL XIV 2121. 138 CIL XIV 3472. =
=
Die Wasserversorgung im römischen Reich
215
Mäzen betätigt hatte, seine Heimatstadt auf eigene Kosten mit einer Wasser leitung aus, ließ 12 Brunnenbecken errichten und diese mit Marmor und Statuen schmücken. Außerdem stiftete er noch 200'000 Sestetzen zum Unterhalt dieser
Wasserleitung. 139 Möglicherweise hatte der Dekurionenrat der Stadt dies verlangt, um nicht die städtische Kasse durch die Folgekosten zu belasten. In ähnlicher Form wie Flavius Pudens verpflichteten sieb C. Sextilius Pollio und seine Frau Ofillia Bassa die Stadt Epbesus durch die Errichtung des beute noch
stehenden großen Brückenbauwerks, das zu einer der unter Augustus errichteten
Wasserleitungen gehörte.140 Gegen Ende des 1., Anfang des 2. Jbs. stattete der
Epbesier Tib. Claudius Aristio seine Heimatstadt verschwenderisch mit Wasser
bauten aus, u.a. einer 210 Stadien (= 38 km) langen Leitung aus
dem
Kaystrostal, mit dem prächtigen Traiansnymphäum sowie mit Straßenbrunen. n Auch seineFrau wird in den Stiftungsurkunden miterwäbnt; vermutlieb hatte sie sich mit eigenem Vermögen beteiligt.141 In Divodurum, dem Zentralort der gallischen Mediomatriker (beute Metz), wurde durch die Augustalen der Gemeinde eine Wasserleitung und ein Nymphäum fmanziert, außerdem ließ ein Priester für den Kult der Stadtgöttin Rana und des vergöttlichten Augustus eine
Sportanlage mit einem Schwimmbecken erbauen. 142 Im spanischen ßugo schließlieb errichtete eine Annia Victorina aufeigene Kosten eine Wasserleitung einschließlieb eines oberirdischen Aquädukts, derfistulae sowie der künstlerisch ausgestalteten Brunnen, um damit das Andenken an ihren verstOOlenen Mann und
ihren Sohn zu wabren. 143
Solche Exempla ließen sieb in fast beliebiger Anzahl aus allen Reichsteilen
und allen Jahrhunderten beibringen.1 44 Der Tatbestand ist fast immer der, daß Amtsträger oder Privatleute ohne gesetzliebe Verpflichtung für eine Stadt Aufgaben übernahmen, in unserem Fall: Bauwerke zur Wasserversorgung zu er richten. Der äußere Charakter ist stets der der Freiwilligkeit; tatsäeblieb sahen sieb aber nicht wenige potentielle Mäzene einem erbeblieben Erwartungsdruck ausgesetzt, so daß manchmal die Freigebigkeit gegenüber der Öffentlichkeit beinahe erzwungen erscbeint.145 Die Regel war freilieb eher das freiwillige
139 AE 1925, 103 IRT 117. 140 Inschriften von Ephesus vn 1, 3092. 141 Inschriften von Ephesua n 424. 424a; vn 1 , 3217. 142 CIL xm 4325.11353. 143 CIL n 3240 Dessau 5764. 144 Siehe nur die Beispiele bei Dunc:an-Jones 91 ff. 157 ff., soweit Preise angegeben sind. In der Mehrzahl aller durch Inschriften !bekannten Pille wird Ober die Kosten gar =
=
nichts ausgesagt. Für die Errichtung 1olcher Bauten durch 1pltantike Kleriker vgl. A.H.M. Jonea, Tbe Greek City, Oxford 1966. 253 f. 145 Vgl. z. B. C1L m 1805; Plinius, Epistula 4,1,4 f.
Die Wassenrenorggun im römischen Reich
216
persönliche Engagement für die Heimat; deshalb beißt es in solcben Texten nicht
selten, eine Stiftung sei ob amortm patriat, aus Liebe zur Vaterstadt, oder ähnlichen Motiven getätigt worden.1 46 Oder es wird vom spltndor bzw. der pulchritudo patrüu, vom Glanz oder der Schönheit der Heimat gesprochen, während vorber eine Wasserleitung einen häßlichen Anblick geboten habe.147
Damit steht in Einklang, da8 auf die künstlerische Ausgestaltung der Brunnen, Nympbleo UDd Bädec in reichem Ma8 geachtet wurde und Stahlenschmuck sowie Marmor- und Erzarbeiten in den Quellen immer wieder bervorgeboben weroen. Schließlieb sollte auch die beständige Gesundheit der Mitbürger (salus civibus ptrpttua) gewährleistet werden. 1 48 Erkenntuis sachlicher Notwendigkeit, Verbundenheit mit der Geburtsstadt, sozialer Druck und Prestigebedürfnis verbanden sieb in diesem Handeln zu einer oft untrennbaren Einheit Gerade dem Streben nach öffentlicber Geltung und Anerkennung wurde vom städtischen Rat oder den Mitbürgern zumeist dadurch Genüge getan, daß man ehrenvolle Beschlüsse faßte, die Verdienste des Stifters eines Bauwedes oder eines sonstigen Spenders hervorhob und die Leistung zumeist durch die Aufstellung von Statuen oder durch einen eigenen DenJanalsbau öffentlich dolrumentierte. Man tat dies um so eher, weil die Geehrten sehr häufig auch nocb die dabei anfallenden Kosten übernahmen und sich mit der bloßen Ehre zufriedengaben. Der oben als Erbauer eines großen Aquädukts für eine epbesiscbe Wasserleiwog genannte C. Sextilius Pollio, der freilich noch andere öffentliche Gebäude hatte errichten lassen, wurde in Ephesus durch seinen Sohn mit einem Denkmal von fast acht Metern Seitenlänge auf dem Staatsmarkt geehrt; die Stadt hatte dazu öffentlichen Grund zur Verfügung gestellt1 49 In Bulla Regia in der Provinz Africa wurde für eine Frau senatorischer Herkunft. Memmia Aemiliana Fidiana, in ihren eigenen Thennen eine Statue errichtet, weil sie dieses Gebäude mit besonderer Großartigkeit hatte aufführen lassen, wodurch sie die Stadt geschmüclct, aber auch für die Gesundheit der Bürger gesorgt habe (ob pratcipuom operis sui Ihennanun magnjfictntiam qua tlpatriam suam exomavil et saluli civium ... consulert dignata tst).1SO Auch L. Betilienus Varus, der die berühmte frühe Druderohrleitung nach Aletrium erbauen ließ, wurde vielleicht 146 cn. XI 409S Deuau S696. 147 AB 1911, 217; C1L VI 17SO Dea�&u S103; VIn S33S.1S204. X 66S6 Deuau S102; XI 409S Deuau S696; in Cll. VIn 1SS4 win1 der Glanz dea Forum� betont, der =
•
•
•
ent durch Anta&e eioer Kloake möglich geworden sei.
141 C1L vm 1828; Xll 3 16Sb Deuau S680; X S41 1 cn. n S961; ILAlg n 3S96. 149 Inschriften von Epbuus U 40S; vgl. 404. l $0 AB 1921, 4S. •
=
Deisau
S780; AB 1921, 4S;
Die Wasserversorgung im römischen Reich
217
durch die Aufstellung einer Statue geebrt, möglicherweise erst nach seinem Tod; doch erhielt er auch noch den Beinamen Censorinus, weil er seine zensorischen Pflichten zur vollen Zufriedenheit erfüllt hatte. außerdem wurde sein Sohn von i t nur den Militärdienstpflichten befreit;151 dieses außergewöhnliche Privileg s dadurch zu erldären, daß Aletrimn damals noch einen Bundesgenossenstatus batte und es somit frei war in der Bestimmung, wer von den eigenen Bürgern die den Römern gegenüber zu erbringende Milit!irpflicht zu leisten hatte. In Kyme in Kleinasien schließlich ist ein Volksbeschluß zu Ehren des L. Vaccius Labeo erhalten.152 Er hatte für die Jugend der Stadt im Gymnasium ein Bad errichten lassen und für die Sicherung des Unterhaltes dieses Bades eigene Ländereien der Stadt vermacht. Dafdr wurden vier bildliehe Darstellungen seiner Person an verschiedenen Punkten in der Stadt aufgestellt; voc allem aber beschloß das Volk bereits vorweg, er solle nach seinem Tod ein öffentliches Begräbnis erhalten unter Teilnahme der gesamten Jugend, und sein Grab solle in dem von ihm re staurierten Gymnasium errichtet werden, also innerhalb der Stadt, was als eine besoodere Auszeichnung verstanden werden muß. Die übliche Form der Herausstellung einer Person gegenüber der städtischen Öffentlichkeit aber war die Gewährung einer mehr oder minder kunstvollen Statue aus Marmor oder Bronze mit der darunter angebrachten Inschrift1 53 Außerdem wurden die Namen von Erbauern oder Stiftern in den Bauinschriften verewigt. wenn nicht sogar das Gebäude den Namen des Geldgebers erhielt.l54 Jedenfalls muß der Anreiz, für die Mitbürger und die Gemeinde in dieser Weise fmanzielle Leistungen zu erbringen, groß genug gewesen sein, um die teilweise erhebliche Belastung mehr oder weniger freiwillig zu Ubemebmen. Auf diesem Weg wurde partiell doch der Effekt einer cpogressiven Besteuerung,. für manche der ökonomisch besser Situierten erreicht. ein Prinzip, das im unmittelbaren Steuersystem, das nur eine gleichmäßige prozentuale Belastung bzw. dieselbe Summe pro Person bei der Kopfsteuer .kannte, ansonsten im römischen Staat nicht angewandt wurde.
15 1 cn. X 5807 Dessau 5348 ll.LRP ll 528. 1 52 Inschriften von Kyme, bg. H. Engelmann, Bonn 1976, Nr. 19. 153 Viele der oben schon angeftlbrten Texte 1tanden auf den Sockeln, die ftlr die =
=
Aufstellung der Statuen errichtet wurden. 154 Z.B. thennae Iuventiatuu in Verona (Cll. V 3342 "" Deisau 1148); ein baliruum Avelianum in Corfinium (AE 1961, 109); thermae T111ciani in Volsinü (CIL XI 7298); Thermen du Gavius Maximua in Oatia noch in der Spltantike 10 bekannt (R. Meiggs, Roman Ostia, Oxford2 1973, 415 und 475).
Die WasselVersorgung im IOmiscbeD Reich
218
V. D� Finanzierung tkr Wasserversorgung tkr SUJdle Die Ausführungen Ubel'
lSS
Wichtig für du Auama8
der
Finanzierung durch die jeweiligen Stldte ist der
hlufige Hinweil auf denfutulae aqiUJI'iae, daß diea Offentl.icbea Eigentum
(publicum) I 586; ferner z. B. AB 1932, 6S; cn. XIV 5309, 1.2; auch die Verweise auf pec1111i4 publica (Gemeindefmanzen) aind recht blutig. Nach Meuael 90 Oberwiegt bei Bldem die Zahl der privaten Beitrlge die der Offentliehen Aufwendungen im Verblltnia S : 1. Daraus zieht er den Schluß, Bau und Unterhalt der Bäder seien während der römischen Kaileruit zum größeren Teil aua privaten Mitteln seien, vgl. Dizionario epigrafico
erfolgt Doch a i t dieser Schluß deshalb nicht zutreffend, weil ea nicht allein auf die
Zahl der
Fllle,
aondem entscheidend auf die
Höbe der
Koaten ankommt Diese aber
sind grö8tenteila unbekannt Zudem rechnet er grundsitzlieb alle von Kaisem errichteten Bauten Entwicklunc.
156 SBG X 47
bridge
1983,
•
M.
Nr.
zu
den privaten; dies steht
im Widenpnacb
zur
historischen
H. Crawford D. Whitebeld, A.n:baic and Cluaical Greece, Cam Bereits im 4. Jb. v. Chr. hatte lieb allerdings auch hier die
152.
-
Einstelluna etwu verlndert; vgl. dazu du von Pytbeas von Alopeke.
Wörrle 90 f. zitierte
Beispiel des
Die Wasserversorgung im römischen Reich
219
Einstellung in den Städten der späteren Zeit noch hätte man es sieb erlauben können, diese Mittel einfach zurückzuweisen. a) Kosten für die Städte tmd ihre Bewohner Öffentliche Gelder der Gemeindeo kamen aus verschiedenen Quellen: 157 Einmal hatte man FJnnahmen aus dem kommunalen Landbesitz, der üblicher weise velp8Cbtet war; außerdem verfügte man über Gelder, die aus der Abhaltung von Märkten oder aus Strafsummen kamen. Manche Gemeinden dwften auch bestimmte Abgaben von den Bürgern und sonstigen Einwohnern erbeben, ohne
daß wir aber über deren Höbe im allgemeinen etwas sagen könnten. Hinzu kamen die Eintrittsgelder, die neue Ratsmitglieder zu entrichten hatten, sowie die summae honorariae der jeweiligen Jabresmagistrate. Bei größeren Bauvorhaben bat man teilweise auch bestimmte Summen entweder nur auf die Ratsherren oder auf alle Bewohner umgelegt. Traian hat dies für Apamea in Bitbynien ausdrücklich verboten; 158 aber diese Metbode der Finanzierung war damit nicht ausgeschlossen. So scheint man in Alexandria in Ägypten im J. 270/271 alle ehemaligen Ratsherren zur Zahlung von je einem Talent für die Reparatur von Thermen verpflichtet zu haben. Nicht alle sind dieser Aufforderung nachgekommen, so daß noch im J. 279 der damalige Präfekt voo Ägypten einen geharnischten Befehl auf Zahlung ergehen ließ, andernfalls würden die Säumigen ihre Bürgerrechte verlleren. 159 Vor allem hatten bei städtischen Bauten Bürger und Bewohner einer Stadt einschließlich der auf dem Territorium außerhalb der Mauern Wohnenden persönliche Arbeitsleistungen zu erbringen. Diese Hand- und Spanndienste (lateinisch munera) waren vennutlich stets in den Stadtgesetzen formuliert und auf eine bestimmte Anzahl von Tagen beschränkt, so im Stadtgesetz von Urso auf fünf Tagesleistungen pro Mann (vom 15. bis zum 60. Lebensjahr), und pro Gespann auf drei Tagesleistungen JX'O Jahr. In Imi, wie Urso im Süden Spaniens gelegen, galten fünf Tagesleistungen für Menschen und Gespanne als Maximum pro Jahr. 160 Auf diese Weise wurden die unmittelbaren fmanziellen Kosten selbstverständlich gesenkt Konkret überliefert sind solche Leistungen allerdings kaum; ebenso wurden die Bewohner eines lllndlichen Bezirlcs in Samnium für die 157 Vgl. dazu Liebenam 1 ff. 158 Vgl. z. B. CIL vm 4224; AE 1977, 758; für Bithynien Plinius, Epistula 10,24. 159 P.Oxy. 3613. 1 60 Lex Ursonensis Kap. 98 (Dessau 6087 FlRA I Nr. 21); J. Gonztlez, JRS 76, 1986, 175 cap. 83. =
Die Wasserversog rgun im römisrben Reich
220
Reinigung eines lacus verpflichtet, durch ibre eigene Arbeitskraft (lacum purgatum operis paganorum). Nur fUt das republikanische Lacedonia in Süditalien wird bezeugt, daß ein Ädil die Stadtbewohner zur Reinigung einer Zisterne und zur Anbringung eines bronzenen Gitters heranzog. Denn Selbstverständliches ging in die Dokumentation nur selten ein. Auch städtische Sklaven oder Freigelassene wurden manchmal beschäftigt, z.B. für die Herstellung von Bleirohren.161 Bei den stadtrömiscbeo Wasserleitungen waren
nach einem Entscheid Konstantins die Besitzer der GrundsUicte, durch die tJqtUU publicae fübrten, fUt die Reinigung zuständig, wofUt sie von zusätzlichen Steuererbebungen, die im 4. Jb. durchaus regelmäßig waren, befreit wurden.162 Daß dieser Erlaß nicht übeiaD gegolteo haben muß, darf man daraus entnehmen, daß der Adressat der Konstitution der damalige consularis aquarum war, der als Nachfolger des curator aquarum im R<m der Spätantike tätig und nur fUt die in die Hauptstadt führenden Aquädukte zuständig war. ID der Zeit Frontins scheint
man das unter Konstantin belcannte Verfahren noch nicht angewandt zu haben. Möglichweise entsprang die stadtrömische Regelung einer weitverbreiteten
Gewohnheit, die sieb bei den anderen Städten des Reiches entwidcelt hatte. Denn nach einer Aussage im Werlc eines römischen Geometers waren die Eigentümer, durch deren Besitz Wasserleitungen geführt wurden, zu deren Reinigung in regelmäßigen Abständen verpflichtet; dafür zahlten sie dann geringere Tribu te. 163 Da dieser Text sieb auch auf Italien bezieht und in einer Zeit geschrieben wurde, als die Bewohner des Kernlandes des Reiches noch keine regelmäßigen Steuern zu entrichten hatten, verstand man tributa in der F<X'scbung dahingehend, dies seien die Abgaben. die fUt den Wasserbezug zu entrichten waren. Die Über nahme der Reinigung habe diese Abgaben dann verm.indect.164
161 Cll. IX 6257 Dessau S729 D.J...RP n S42. cn. IX 2828 (Ucosium). Saepinum. Mweo documentario dell'Altilia, Campobuao 1982, 120 f.: L. Saepiniua Abascantus fecit V&l. auch Dizionario epigrafico I S86. 162 Codex Tbeodosianus 1S,2,1 (330 n. Cbr.). 163 Gromatici veterea, ed. Laclunann. DerliD 1848, 349. 164 Uebenam 410. =
•
rgun im römischen Reich Die WasservetSOg
221
b) Kosten für private Stifter Die Hedrunft der Mittel bei den privaten Stiftern braucht im einzelnen nicht zu interessieren, gleichgültig ob sie testamentarisch vermacht oder zu Lebzeiten bereitgestellt wurden. Die Höhe schwankt selbstverständlich außerordentlich, zwischen möglicherweise mehr als 3 Millionen Sesterzen für Thermen in Pisa bzw. 2 Millionen für Wasserleitungen in Burdigala (Bordeaux),165 über 200'000 Sesterzen für eine Zisterne in Side in Pamphylien166 bis zu 30'000 Sesterzen für einen Brunnen in Calama in Africa.167 Nicht selten haben aber solche Mäzene auch für die Zukunft gesorgt, weil sie die ftnanzielle Leistungsfähigkeit der Städte abschätzen konnten bzw. weil diese vielleicht sogar darauf drängten,
keine zusätzlichen Kosten in der Zukunft auflxingen zu müssen. Deshalb wurden
immer wieder Stiftungen für den Unterhalt (in tutelam) der Bauwerke gemacht, l 68 entweder in baren Summen, die von den Gemeinden angelegt werden mußten, oder in der Bereitstellung von Landbesitz in einem bestimmten Wert, dessen Ertrag den Unterhalt ermöglichen sollte. Einige Male sind auch «Sachspenden• überliefert. etwa die Zusicherung von 400 Fuhren Holz jährlich für ein Bad169 oder 8'000 Pfund Blei für die Herstellung vonjistulae aquariae. Manchmal ergänzten auch private Stifter das. was von der Gemeinde nicht aufgebracht wurde, wie z.B. in eures im Sabinerland Dort wurde ein Bad auf Beschluß des Dekurionenrats mit Gemeindegeld restauriert; aber eine Anzahl von privaten Spendern 1nchte pro Petsanjeweils 3'000 Sesterzen aut. 170 c) Kostenbeteilig1Dlg des Kaisers Zumeist sind die Stiftungen jedenfalls in den unmittelbaren Besitz einer Gemeinde übergegangen. Das gilt immer bei Bauten, die von Kaisem erstellt wurden. Zukünftige Kosten waren dann von der Gemeinde zu erbringen oder auch
16S CIL XI 3366; doch vgl. zu dieser Summe Duncan-Jonea 224 zu Nr. 445. Für Burdigala ClL XIll 596. 166 AE 1972, 628. 167ILAig 1 298.
168 Siehe die Angaben bei Duncan-Jones 102 ff. 172 ff. 215; vgl. ferner Inschriften von Kyme, hg. H. Engelmann, Bonn 1976, Nr. 19. 169 CIL X 3678 "" Deallau 5689. Die in ClL ll 3361 Deallau S688 bereitgestellten 300 agnuae (wohl Fllchenmaß) Wald dienten vermutlich zur Sicherstellung der Beheizung. ClL XIV 4190. 170 CIL IX 4978 Dessau S670. •
•
222
Die Wasserversogrgun im römischen Reich
von Privatleuten, wie es manche Beispiele zeigen.111 Denn nicht immer konnte man einen Kaiser dazu bewegen, ein von einem seiner Vorgänger errichtetes
Bauwerk auch wieder zu restaurieren. So wurden zwei Aquädukte, die wohl AugusbJS in Spanien hatte errichten lassen, später aus privaten Mitteln erneuert oder ausgebaut, 172 in Lucus Feroniae durch städtische Magistrate, während sieb Severus Alexander in Dyrrbacbium bereit erklärte, die Restaurierung der aqua seines kaiserlieben Vorfahren Hadrian zu übemebmen.173 Zumeist erfolgt die
kaiserliebe F(ltdenmg wohl dw'cb die unmittelbare Bezahlung; die Mittel wurden von den kaiserlieben Prokuratoren in der jeweiligen Provinz angewiesen. So geschah es etwa für Alexandria Troas n i Asia unter Hadrian und für Balboura in Killkien unter Vespasian,l74 Gelegentlich wW'den aber auch Sachmittel gelie fert, wie es für Ostia unter Antoninus Pius bezeugt ist.175 Für einen Thermen bau, den sein Vorgänger Hadrian begonnen hatte, stellte er die restlieben Geldmittel zur Verfügung und außerdem den Marmor, der zur Ausschmückung der Anlage erforderlich war, also einerseits Platten zur Verkleidung der Wände, andererseits die Architrave und Säulen. Solch konkrete Hinweise in den Quellen
sind recht selten, doch darf man wohl öfter mit ähnlichen «Hilfestellungen» von seiten der Kaiser rechnen, da die Marmcrbrücbe fast ausschließlieb in den Besitz der Herrscher übergegangen waren, gleichgültig ob in Italien, Africa,
Griechenland, aufden Inseln, in Kleinasien oder in Ägypten. d) Einsatz von Heeresangebörigen Gelegentlieb konnten Städte
auch mit personeller Unterstützung durch die
Kaiser rechnen, einerseits durch Absendung von Spezialisten für technische Fragen, andererseits durch den Einsatz von Truppen. Der Stadt Saldae in Mauretania Caesariensis wurde beides für die Anlage einer Wasserleitung gewährt.l76 Der Statthalter von Mauretania Caesariensis in den Jahren um 137, 171 So z. B. CIL V 47 Dessau 5755; X 4833 Dessau 5759; Inschriften von Milet I 9 Nr. 339-343; Didyma, hg. A. Rehm, Berin l 1958, ll Nr. 84. Vgl auch St. Mitchell, HSPh 91, 1987, 352 ff. 172 CIL ll 1614. 2343. 173 CIL m 709. 174 Oben S. 72; AE 1978, 804; danach ist IGR m 466 zu verbessern, da die Stadt die =
=
Kosten sicher nicht selbst aufgebracht hat. 17S CIL XIV 98. 176 CIL m :2728 Dessau 5795. Zu den Datierungen der Statthalter vgl. B.E. Thomas son, Die Statthalter der römischen Provinzen Nordafrikas von Augustus bis Diocletianus, Lund 1960, ll 174 f. 255 ff. Eine Übersetzung des Dokuments bei Preis Nr. 101. .,
rgun im römischen Reich Die Wasserversog
223
Petronius Celer, hatte vom Kommandeur (• Legat) der legio 111 Augusta, die in Lambaesis in der Nachbarprovinz Numidien lag, einen gewissen Nonius Datus angefordert. der als Soldat dieser Einheit gleichzeitig mtnsor war, also Vermessungsarbeiten für die Legioo durchfübrte. Der damalige Legat dec Legioo hatte offensichtlich diesem Wunsch entsprochen, ob nach RUckfrage beim
Kaiser, ist nicht überliefert. Notwendig war eine solche Anfrage wobl nicht Bei
seinem Besuch in Saldae lieferte Nonius die Pläne, vielleicht hat er auch die Arbeiten teilweise überwacht; wie lange er blieb, ist nicht bekannt. Ende der 40er Jahre des 2. Jhs. war der Bau jedoch noch nicht vollendet; denn wiederum wurde vom mauretaniscben Statthalter, diesmal einem Porcius Vetustinus, beim Legaleil in Numidien (zwischen 147 und 149 ein L. Novius
Crlspinus) um Entsendung des Nonius Datus gebeten; Datus war inzwischen
nach 20jähriger Dienstzeit Legionsveteran und stand nur noch für besondere Aufgaben zur Verfügung. Docb eine Krankheit verhinderte, daß er sieb genügend lange in Saldae aufhalten konnte; er kehrte vielmehr nach einiger Zeit nach
Lambaesis zurück. So bat schließlich einige Jahre später ein dritter Statthalter von Mauretania Caesariensis, Varius Clemens, erneut den Legaten der legio /ll Augusta um 151/152, einen Valerius Etruscus, um die Hilfe des Nonius Datus.
Diesmal kam die Arbeit offensichtlich zum Abschluß. Das Problem war gewesen, daß der Durchstich eines Berges, den man von zwei Seiten aus begonnen hatte, nicht geglückt war; die Arbeitsgruppen trieben die Tunnel abschnitte so vor, daß sie sich nicht in der Mitte des Bergesinnern trafen, da sie beim Ausbauen der Stollen die jeweilige Richtung so gedreht hatten, daß statt in West-Ost-Richtung schließlieb die eine Gruppe nach Norden, die andere nach Süden grub. Nonius Datus gelang es am Ende, beide Arbeitsgruppen so zu
koordinieren, daß sie sich in der Mitte des Berges trafen.l77 Dabei dürfte es sich vorteilhaft ausgewirkt haben, daß ihm beim letzten Versuch auch Soldaten der flotte zur Verfügung standen, die in Caesarea in Mauretanien stationiert waren. Bei deren Einsatz war wobl ebenfalls nur die Zustimmung des Statthalters und des entsp'ecllenden Flottenpräfekten eaforded.ich. Immerbin zeigt der relativ ausführliche Bericht, daß solcher Einsatz von Truppen eher außergewöhnlich war, da die Hottensoldaten erst beim dritten Besuch des Nonius Datus in Saldae freigestellt wurden. Dagegen könnte die
Bereitstellung von Spezialisten öfter vorgekommen sein; denn Traian verwies
ITI Ein vergleichbarer Durclutich einu Bergea fUr eine Wuaerleitun& wurde im J. 88 n.Chr. in der Nlhe von Tibur fOr die aqua Qaudia vollendet (Cll. XIV 3530 Dessau 3512}, ebeDJO in der Nlhe von Lambaeais fUr die aqua Titul�nsil (Cll. VUI 2661 Dessau 5788). :a
=
224
Die Wasservezsorgung im römischen Reich
Plinius, dec für die Anlage eines Kanals auf dem Territorimn von Nikomedia um die Zusendung eines Geometers oder Architekten bat, an den Statthalter der benachbarten Provinz Niedermösien (südlich der unteren Donau), der ihm aus
dem dort stationierten Heer einen solchen Fachmann senden könne. 178 Für die Abkommandierung von Soldaten als unmittelbare Arbeitskräfte für zivile
Wasserbauten sind die Zeugnisse aber insgesamt gering, obwohl für den militärischen Bereich eine breite Uberlieferung vorliegt. 179 Immerbin könnte
man vermuten, daß die Aquädukte, die zum Legionslager von Mainz oder von Lambaesis unter Einsatz von Soldaten gebaut wurden, auch der Versorgung der umliegenden Zivilsiedlungen gedient haben. Auch die aqua Titulensis, die zur
civitas von Lambaesis führte und ebenfalls einen Tunnel durcb einen Berg benötigte, dürfte voo Soldaten CJbaut worden sein.180 Das Bad im vicusAurelia
nus (Öhringen in Württemberg), zu dem eine neue Wasserleitung durch die cohors I Septimia Belgarum im I. 241 n.Chr. angelegt wurde,181 stand sicher auch zur Va-sorgung der Zivilbevölkerung der Kastellsed i lung zur Verfügung. Ausdrücklich für eine Stadtwasserleitung wurden unter Hadrian Abteilungen der
legio X Fretensis, der legio VI Ferrata und der legio II Traiana bei Caesarea Maritima in Palästina eingesetzt Gleiches trifft wohl auch für die Wasserleitung
von Betblebem nach Iecusalem zu, für die zumindest der Teil, der eine Druck leitung bildete, von einzelnen Zenturien einel' Legion hergestellt wurde.182 Bedeutsam abel' scheint dieser Arbeitseinsatz des römischen Heeres insgesamt
nicht gewesen zu sein.
178 Plinius, Epistula 10,41 f. Vgl. AE 194213, 93 in Numidien: ein discens libra I/1 Augusta) ausbildete. Nach Ulpian, Digesten 1,16,7,1 soll der Statthalter den Stlldten solche Hilfskrlfte aua dem Militär
torum, der die Geometer (wohl der legio
fenerell, wenn notwendig, bei Baumaßnahmen
zur
VerfUgung stellen.
19 Siehe z. B. CIL m 7473; vm 2706. xm 11757. 11758. 11759; AE 1973, 573.
1 80 CIL xm 7576. C1L vm 2658; dabei wird betont, die Soldaten hätten die 2S Meilen Iaote Leitung (ca. 38 km) in acht Monaten erbaut. Vgl. CIL vm 2661 Dessau 5788.
=
181 CIL XIII 117S9. 1 82 AE 1928, 136. 137; 1972, 670; vgl. B. Iaaac 1. Roll, Latomus 38, 1979, 59 Anm. 35. Vgl. insgesamt P.-A. Fevrier, Armee et aqueducs, in: Journks d'ttudes sur -
les aqueduc. romains - Tagung über römische Wasserversorgungsanlagen, Lyon (26-28 mai 1977), Paris 1983, 133 ff. L. Vetrali, über annuus 17, 1967, 149 ff.: der gesamte Inschriftenkomplex bedarf der Neubearbeitung. Weitere Texte, in denen Truppen bei Wuaerbauma8nahmen erwähnt werden, etwa Dessau 8903; AE 1983, 927; dazu D. French, in: The Roman and Byzantine Army in the Eut, hg. E. Dp.browa, Krakau 1994, 42 f.
Die Wasservenorgung im römischen Reich
225
e) Die relative Höhe der Kosten In nicht wenigen Fällen sind uns finanzielle Aufwendungen für verschiedene
wassezwirtschafche tli Bauten bzw. für deren Untethalt überliefert; sie reichen von sehr hoben bis zu recht bescheidenen Summen. Der Aquädukt nach Alexandria Troas, wovon ein Teil von Hadrian, der (größere) Rest vom Vater des Herodes
Atticus bezahlt wurde (o. S. 213), soll insgesamt 28 Millionen Sesterzen gekostet haben, was gegenüber den Aufwendungen für die aqua Marcia in Rom bereits im J. 144 v.Cbr. - insgesamt 180 Millionen Sesterzen - noch recht gering anmutet.l83 Für die Wasserleitung von Aspendos hat ein Mitglied der dortigen Munizipalaristokratie 8 Millionen Sesterzen gegeben, ohne daß sicher ist, ob dies die Gesamtkosten gewesen sind; nach dem Wortlaut der Inschrift könnte es auch nur ein Beitrag zur Fmanzierung gewesen sein.1 84 Für Africa und Italien, wofür es eine Sammlung der einschlägigen Dokumente gibt, schwanken die Beträge für Wasserleitungen, Thermen, Brunnen und ähnliche Einrichtungen zwischen vielleicht 3 Millionen und mehreren 10'000 Sesterzen. Die auf diese Weise bekannten Preise können allerdings kein recht aussage kräftiges Bild entwerfen, da sie einmal aus einem Zeitraum von mindestens 400
Jahren, vom 2. Jb. v.Chr. bis zum 3. Jh. n.Cbr., stammen und da andererseits die Einzelkosten kaum je mit einem konkreten Bauwerk, d.h. also dem Bauvolumen und vor allem der Ausstattung, in Bezug gesetzt werden könnten.1 8S Aus den wenigen Fällen, in denen beides in etwa bekannt ist, hat
man durch Umrechnung der monetären Summen in kg Silber pro laufendem
Meter Wasserleitung zu einem Kostenvergleich kommen wollen.1 86 Doch abgesehen von ziemlieb vielen Unbekannten beim Bauvolumen1 87 ist zu berücksichtigen, daß 1. der Silberwert zwischen 144 v.Cbr. (Bau der aqua
Marcia) und dem späten 1. oder dem 2. Jh. n.Cbr., als die Leitung in Aspendos errichtet wurde, keineswegs gleich geblieben ist; 2. müßte dieser jeweilige Silberwert erst einmal über die damalige und heutige Kaufkraft des Silbers in eine zuverlässige Relation gebracht werden, und 3. ist über die verwendeten Ar-
183 Frontin, De aqW. 7,4. Für die Wasserleitug n en, die nach Lyon führten, bat man die Bleimenge errechnet, die in etwa für die Druckrohrstrecken gebraucht wurde: 35'000 bis 40'000 Toooen. Die Kolten dafür müssen enorm gewesen sein. 184 IGR m 804. 185 Vgl. die bei Duocao-Jonea 91. 157 genaooten Beispiele und oben S. 221; für Bilder ferner Meusel 37 ff. 186 Fahlbusch 137 ff. 187 So wird beispielsweise in CIL ll 5961 betont, da.8 die schwierigen örtlichen Gegebenbeilen einen besonders hoben fmanziellen Aufwand erfordert bitten.
226
Die Wasserversorgung im römischen Reich
beitskräfte, die unterschiedlieb teuer in der Entlohnung gewesen sein können, nichts bekannt.
Es
wäre z.B. keineswegs ausgeschlossen,
daß bei
staatlichen
Großbauten in einem gewissen Umfang laiegsgefangene Sklaven oder zur Zwangsarbeit Verurteilte eingesetzt wurden. Somit ist ein Kostenvergleich auf dieser Basis höchst problematisch, und die Ergebnisse sind eher mit ziemlieber Skepsis zu betrachten. Um aber wenigstens einige Vergleicbsgrößen
im sozialen Kontext zu geben,
sei auf den Jahressold eines Legionärs verwiesen, dem späten
der seit Augustus 900, seit
1. Jb. n.Cbr. 1'200 Sesterzen betrug. Davon hatte der Soldat
Verpflegung und Ausrüstung zu bezahlen, außerdem alle sonst anfallenden Kosten zu
begleichen; offensiebtlieh aber konnte der Legionär davon
Rücklagen bilden. mögen
noch
100'000 Sesterzen war allem Ansebein nach das Mindestver
der Dekurionen der Städte, 1 Million Sesterzen mußte ein Senator
nachweisen, um seinen Senatssitz
nicht zu verlieren. Aus den Erträgen dieser
Mindestvermögen konnte man das entsprechende standesgemäße Leben wohl bestreiten, freilieb auf einem relativ geringen Niveau. Der schon öfter erwähnte Plinius d.
J.
dürfte Grundbesitz
im
Wert von etwa 17 Millionen Sesterzen
besessen haben, dazu nicht unerhebliche andere mindestens rund 5 Millionen Sesterzen Stiftungen und Bauwerke investiert, davon
im
Einkünfte. Insgesamt hat er
Verlauf von etwa 15 Jahren in
200'000 Sesterzen für den Unterhalt
von Thermen, die er in Comum für schätzungsweise Sesterzen hatte erbauen lassen.188 All dies kann keinen adäquaten
Parameter
800'000 bis 1'000'000
abgeben, um die Kosten für
Wasserbauwerke und ihren Unterhalt in der kaiserzeitlieben Gesellschaft in etwa abschätzen zu dürfen. Doch kann man aus den archäologischen Überresten und den daraus ersiehtlieben Größenordnungen jedenfalls festbalten,
daß
die
finanziellen Aufwendungen für Fernwasserleitungen sowie die großen Thermenbauten neben denen für die großen Tempel und Basiliken, die Straßen und die Stadtmauem mit die größten im Budget Roms und der Städte des Reiches gewesen sind. Nicht umsonst sind deshalb bei den Fernwasserleitungen besonders häufig die Kaiser als Fmanziers beteiligt.
2. Kosten für die Benutzung Aus diesen Feststellungen ist allerdings nicht abzuleiten, daß den Städten auch entsprechende
Einnahmen aus den verschiedenartigen Bauten zur Verfügung
188 Dazu Dunean-Iones 17 ff.
Die Wasserversogr ung im römischen Reich
227
standen, d.b. daß die Gebühren für die Benutzung analog zu den vorausgebenden Kosten kalkuliert worden wären. Doch sind für diesen Fragenkomplex nur sehr schwer allgemeine Aussagen möglicb.l 89 Mit Sicherheit läßt sieb feststellen, daß die Wassetentnahme an öffentlichen tg\Dl dienten die Brunnen kostenlos war.190 Gerade dieser Foon der WasservetSOg Wasserzuleitungen in die Städte in erster Linie, wie es Frontin für das republikanische Rom auch ganz deutlieb formuliert. Es wurde nur von den Benutzern eine Abgabe erhoben, die das aus den öffentlichen Brunnen über fließende Wasser zu gewerblichen Zwe<:ken in ihre Betriebe leiten durften, außerdem auch von einzelnen Privatabnebmem. 191 Frontins Schilderung für seine eigene Zeit läßt nichts erkennen, was auf einen Fortbestand dieser Nutzungsgebühren hinweisen würde. 192 Auch für die immer zahlreicher wer denden Privatanschlüsse wurde kein Geld eingezogen; derlei Rechte wurden als Wohltaten (benejicia) des Kaisers vergeben.l93 Dies galt später auch für Konstantinopel, wo es keinen «Verkauf von Wasset"» (aqua venalis) gab.194 Allerelings spricht Vitruv 8,6,2, der sich vornehmlieb auf Rom beziehen dürfte, von einer jährlichen Abgabe sowohl der Badeanstalten als auch der Privat haushalte mit eigenem Wassemnschluß. Yennutlieh hat Vitruv noch den Zustand vor der augusteischen Neuordnung des Wassersystems in Rom geschildert. Außerhalb der Hauptstadt existierten nachweisbar auch andere Regehmgen, doch läßt sieb nicht zeigen, inwieweit sie allgemeiner Natur waren. Im Edikt von Venafrum hat Augustus das Recht der Munizipalmagistrate bestätigt oder eingeführt, sie könnten das Wasser, das nach Venafrum fließe, entwederkäuflich anweisen oder darauf eine Abgabe (vectigal) erheben, wenn eine Mehrheit der Dekurionen zugestimmt habe (offensichtlich in jedem einzelnen Fall).l9S Dies ist wahrscheinlich so zu verstehen, daß entweder eine bestimmte Menge an fließendem Wasser (vennutlich gemessen in digili Fingerstärten) gegen eine =
189 Vgl. allgemein Liebenam 17 ff.
190 Frontin, De aquis 94, 2 ff.
191 Frontin, De aquis 94,4; Vitruv, De arcbitectura 8,6,2. 192 Lediglieb in Frontin, De aquil 09,2 wird im Zusammenbang mit der römischen 1 Wasserleitung vom Verkauf von Wasser gesprochen, freilich nur binsiebtlieb des Wassers, dessen vorheriger Bezugsberechtigter gestorben war. Dieses wurde in der Zwischenzeit, bis ein anderer die Berechtigung erhielt, verkauft. Es ist dem Text jedoch nicht zu entnehmen, ob sieb diese Be:zahlung nur auf die Zwischenzeit bezieht oder auch auf die sonstige Zeit Zum Verkauf von Wasser in Griechenland vgl. Körner 170 ff. 193 Frontin, De aquil 99,3. 194 Codex Justinianus 11,43,7. 19S cn.. X 4842 Dessau 5743; cn.. X 4815. =
228
Die Wasserversorgung im römischen Reich
einmalige Sumine vergeben wurde, allerdings wohl nur für die Lebenszeit des Käufers; oder man hatte jährlich eine fixierte Gebühr entsprechend der zugestandenen Menge Wasset' zu bezahlen. Ähnliches darfman vielleicht für die
Kolonie Urso in Spanien vermuten; denn nach dem dortigen Stadtgesetz bedurfte die Erlaubnis, aus den städtiscben Brunnen Uberscbüssiges Wasser auf privaten Grund zu leiten, ebenfalls der Zustimmung des Rates.196 Damit wird aucb eine nicht weitet festzulegende, weil allgemein bekannte Abgabe verbunden gewesen
sein. Auch Cicero sagt in einer seiner Reden, er habe an die Stadt Tusculum eine Gebühr bezahlt für Wasser, das er auf ein Grundstück führen durfte.l97 Ebenso
wird bei zwei Juristen ganz selbstverstandlieh von einem vectigal, das pro aquae Jorma, also für einen Aquädukt, der über ein Grundstück verlief, zu erbeben sei,
gesprochen. l98 Dies kann eigentlich nur so verstauden werden, daß aus dieser
Leitung fÜ!r das entsprechende Grundstück auch Wasser bezogen wurde. Und Vergleichbares
darf man
sungsautors entnehmen,
vielleicht einer Schrift eines römischen Vermes
wenn die oben gegebene Interpretation zutrifft (S. 220).
Auch kleinere Gemeinden, die keine eigene Fernwasserzufuhr besaßen. konnten offensichtlieb durch Gebühren, die an eine andere Gemeinde zu zahlen waren, sich an deren Leitung anschließen.1 99 Im spanischen lpolcobulcula haben offensichtlieb üblicherweise die Berechtigten für ihr Wasser bezahlen müssen,
weil der kostenlose Bezug als besondere Ehre vergeben werden konnte.200 Wenn das eben dargelegte Verständnis der beiden Juristenstellen richtig ist,
waren mit Grundstücken auch Gebühren für die Instandhaltung der Kloaken
cloacarium gesprochen. das durch Landbesitz bedingt war. Das kann hier nur als Bezahlung
verbunden; denn bn gleichen Zusammenhang
wird von
einem
für die Erhaltung von Kloaken verstauden werden; ob man freilich folgern kann, dies sei a1!s Entgelt für einen Anschluß an die Kloaken zu verstehen, muß offenbleiben.201
Es dürfte also zumindest in vielen, wenn nicht in allen Gemeinden, mit Ausnahme von Rom und später von Konstantinope� die Regel gegolten haben, daß Privatanschlüsse an die öffentliche Wasserleitung mit einem jährlich zu bezahlenden vectigal belegt wurden. Alleedings wissen wir nichts über die Höbe diesec Abgaben; damit kann auch nichts darüber ausgemacht werden, ob etwa die 196 Kap. 100 (Dessau 6087 PIRA I Nr. 1). 2 197 Cicero, De lege agraria 3, . 9 1 98 Digesten 7,1,27,3; 30,3 ,5. 9 199 CIL IX 5144. 200CILn 1643. 201 So J. .Marquardt, Römilcbe Staatsverwaltung n2, ND Darmatadt 1 5 , 151 9 7 Anm.2; vgl. A. v. Premeratein, RB m 60. ..
Die Wasserversorgung im römischen Reich
229
anfallenden Kosten für Reparaturen oder einen zukünftigen Neubau damit hätten bestritten werden können, einmal ganz abgesehen davon, wieviel Wasser überhaupt an Einzelpersonen abgegeben und damit bezahlt wurde. Dies wird von Ort zu Ort sehr untenchiedlich gewesen sein, je nach der Menge des verfügbaren Wassers. In Rom waren es ca 39% des gesamten in die Stadt geleiteten Wassers, einschließlich der außel'balb der Stac:ltmauem abgegebenen Menge rund 44%.202 Man wird abez' eher vennuten dürfen, daß die allgemeinen Kosten höber waren als die Einnahmen.
Doch geblX'ten zu den städtischen Ausgaben nicht die Zuleitungen zu einzelnen Häusern oder Betrieben; vielmehr mußte der private Anschluß von jedem
Abnehmer selbst finanziert werden, undl zwar vom abgebenden öffentlichen
Verteilerbeclcen bis zum Endverbraucher.203 Der zweite Bereich der Wasserversou rg ng, für den ziemlich regelmäßig, wenn auch möglicherweise nicht überall und in unterschiedlieber Höbe bezahlt werden mußte, war das Badewesen.204 Dies mag auch dadurch mit bedingt gewesen sein, daß neben den öffentlichen Bädern stets auch derartige Einriebtungen privater Natur existierten; diese waren von vomeberein als Wirtschafts unternehmen gedacht und wurden entsprechend geführt. In diesen Fällen versteht sieb die Bezahltmg der angebotenen Dienste durch diejenigen, die sie in Anspruch nahmen, ohnehin. Solche Bäder dienten fmanziell gut situierten Personen als Anlageobjekte, die nach dem Bau entweder einem Pächter (conductor) über geben205 oder vom eigenen Personal des Erbauers geführt wurden, wie z.B. die Thermen des M. Ucinius Crassus Frugil, Konsul im J. 64 n.Chr., die in der Nähe von Pompeü das Baden in Salz- und Süßwasser erlaubten; ein Freige lassener des Crassus Frugi hat dieses besondere Angebot für die Kunden auf einem Firmenschild deutlich gemacht2°6 Derartige auf privater Initiative beruhende, aber fürjeden Zahlenden zugängliche Badeanstalten hat es überall zahlreich gegeben, in Rom in der Zeit des Agrippa zumindest 170, im 415. Jb. waren es an die 900. Für andere Großstädte wie Alexandria odec Konstantinopel sind uns ebenfalls sehr hohe Zahlen überliefert200 202 Vgl. die bei G. Garbrecht in: Sextus Iulius Frontinus. Curator aquarum. Wasser versorgung im antiken Rom, München2 1983, 38 zusammengestellten Zahlen. 203 Frontin, De aquis 106,1. 204 Dazu Mensel 28 ff. 205 Vgl. CIL IV 1136, ferner Digesten 19,2,58,2; 20,4,9 pr. Auch im Bergwerksge biet von Vipasca wurde das Bad verpachtet (Cll. U 5181 Dessau 5891; dazu D. Flach, Chiron 9, 1979, 434 ff.); ferner Meusel, 29 ff. 206 CJL X 1063 Dessau 5724. 207 Meusel 17 ff. •
=
Die Wasserversorgung im römischen Reich
230
Seit wann und voc allem warum öffentliche Bäder zunächst in manchen Orten durch den Rat und die Munizipalmagistrate errichtet wurden, läßt sich im einzelnen nicht klären. Doch haben gerade in dieser lünsicht einerseits das zivilisatorische Vorbild der griechischen Städte und andererseits seit der augusteischen Zeit die Gegebenheiten in Rom zu einer schnellen und generellen Ausbreitung in alle Teile des Reiches beigetragen. Wie auch immer jedoch die Finanzierung des Baus von balnetu publictu oder thermae erfolgte, den unmittelbaren Betrieb dieser Einrichtungen haben die Gemeinden üblicherweise nicht selbst übetnommen, sondern verpachtet; dies gilt wobl auch für Rom.208 Dadurch war bedingt, daß im allgemeinen die Benutzer zu zahlen hatten. Nur sehr wenige Angaben liegen uns jedoch darüber vor. Im Bergwerksgebiet von
Vipasca im Norden Spaniens mußten Männer V2 As bezahlen, Frauen das Doppelte, also 1 As.209 Für Rom wird von der augusteischen Zeit bis zum Ende des 4. Jhs. gleichmäßig ein Quadrans, also ein Viertel-As, als Eintrittsgeld überliefert, wie es etwa Horaz in augusteischer Zeit, luvenal zu Beginn des 2. Jhs. und Bischof Ambrosius von Mailand kurz vor Ende des 4. Jhs. bezeu gen;210 beim letzteren lcann damit freilich höchstens noch gemeint sein, man habe das kleinste umlaufende GeldstOde zu entrichten, da der Quadraus seit dem späteren 2. Jh. offensichtlich gar nicht mehr geprägt wurde. Im Preisedikt Dio cletians vom Jahre 301 werden als Höchstpreis 2 Denare genannt, die der balneator. d.h. derjenige, der das Bad betrieb, vonjedem Badenden verlangen durfte.21 1 Die Frage ist nur, für welche Bäder in Rom diese Gebühr erhoben wurde, ob für private und öffentliche oder nur für private. Denn Comelius Fronto, einer der Lehrer Mare Aurels, schreibt in einem Brief an einen griechi schen Freund, die öffentlichen Bäder seien unentgeltlich zugänglich, im Gegensatz zu den privaten, an denen es einen Türhüter gebe, der Eintrittsgeld verlange.21 2 Damit sollten zumindest Mitte des 2. Jbs. in Rom die öffentlichen Badeanstalten kostenlos gewesen sein. Doch hatte diese Regelung vermutlich bereits seit augusteischer Zeit gegolten. Denn Agrippa hatte testamentarisch die Thermen, die seinen Namen tragen, dem Volk in Rom vermacht und zum Unterhalt entsprechende Grundstüdce vorgesehen, aus deren Ertrag wohl auch der 208 Vgl. Dizionario epigrafico I 968 f. Fraglich ist, wie der publicus arcarius
thermarum zu verstehen ist (AE 1978, 217). 209 CIL II .S181 Dessau 6891 Zeile 22 f. 210 Horaz, Sermonum llber 1 3 137; Iuvenal, Satura 6,447; Ambrosius, Expositio in evang. Lucae 7,158; dazu Meuse1 102 ff. 211 Diokletians Preisedikt, ed. S. Lauffer, Berlln 1971, 1 4 Zeile 76 VII 76. 2 212 Fronto, Epistula Graeca 5,1 (1 270 Haines). =
,
,
•
Die Wasservenorg gun im römischen Reich
231
tägliche Betrieb gedeckt wurde.213 An diesem Vorbild könnten sich spätere Thermenerbauer, etwa Titus und Traian, später Caracalla/Severus Alexander und Diocletian/Maximian mit ihren teilweise monumentalen Bauten orientiert haben.21 4 Daß dann etwa in der Spätantike diese Vergünstigung wieder aufgehoben worden wäre, ist ganz unwahrscheinlich; denn auch sonst bemühten sich die Kaiser, den Bürgern der politisch entmachteten Hauptstadt die einmal gewährten Privilegien zu erhalten, wie man es beispielsweise bei der Lebens mittelversorgung erkennen kann. Dann wäre zumindest Ambrosius' Hinweis auf den Quadrans als Badegeld (balneaticum) nur fur private Einrichtungen gültig, wenn es sich bei ihm nicht überhaupt nur um eine auf literarischer Kenntnis beruhende Reminiszenz handelt. Warum bei diesem gegebenen Zustand unent
geltliche öffentliche und kostenpflichtige private Bäder, die letzteren in so großer Zahl, existieren konnten, dafür ist man auf Vermutungen angewiesen. Für viele mochten die Wege zu weit, der Massenbetrieb zu groß gewesen sein. Und mögli cherweise war der Service in den kleineren privaten Bädern besser. Außerhalb Roms hat man aber mit Sicherheit üblicherweise bezahlen müssen, wobei man weder die konkreten Eintrittsgebühren in Rom noch die in Vipasca übertragen darf. Dafür waren die Verhältnisse zu verschieden. Allerdings waren an vielen Orten für Bäder Stiftungen eingerichtet worden, um einen kostenfreien Besuch zu ermöglichen; das konnte sich auf privat betriebene und in städtischem Besitz befmdliche Bäder beziehen.215 So hat beispielsweise auch Augustus im J. 13 v.Chr. bei seiner Rückkehr aus Gallien einen Tag lang für alle Bürger in Rom die Badekosten übernommen, was bei den damaligen baulichen Einrich tungen gerade die privaten balnea einschloß,21 6 Solche Stiftungen sind außerordentlich zahlreich und aus allen Provinzen überliefert. Freilich sind sie unterschiedlich in der Gültigkeitsdauer und insbesondere im Umfang des so privilegierten Personenkreises. Manche waren auf ein Jahr beschrankt, vor allem, wenn sie aus Anlaß einer Munizipalmagistratur erfolgten.217 Viele aber waren auf Dauer angelegt, ohne zeitliche Einscbränkung.218 In diesen Fällen hing die faktische Gültigkeit der Stiftung von der spezifiSChen Form ab, in der sie eingerichtet wurde. Wenn lediglich eine Geldsumme als Kapital bereitgestellt
213 Cusiua Dio 54,29,4. 214 Nach Historia Augusta, Vita Severi Alexandri 4,5 f. sollte man annehmen, erst 2 dieser Ka.Uer habe freien Eintritt gewlhrt. Doch steht dies mit dem Zeugnis Frontos im Widerspruch. 21S Vgl die Sammlung der Dokumente bei Meusel l06 ff. 216 Cusius Dio 54, 5 4. 2 217 Digesten 19,2,30,1; in CU. XIV 3015 ist die Zeit auf drei Jahre beschrlnkt. 218 Vgl. z. B. Digesten 32,35,3; AE 1979, 202.
232
Die Wasserversorgung im römischen Reich
war, aus dessen
Zinsen der Stiftungszweck erreicht werden sollte, hatten vor
allem inflationäre Tendenzen, speziell die des 3. Jhs., verheerende Wirkungen.
Bei einer Absicherung durch Übergabe des Ertrages von Grundstücken war eine
längerfristige auch durch Inflation weniger zu beeinträchtigende Konstanz eher
erreichbar. Doch scheint es
im Verlauf des 2.
bis
4. Jhs. weithin üblich
gewonlen zu sein, daß die Städte aus ihren regelmäßigen Einnahmen zwn Betrieb der öffentlichen Bäder beisteUetten.219 Denn sonst wäre es kaum erldarlich, daß
im J. 395 11.Chr. KaiSet Honorius in einem Erlaß vorschrieb, die Städte hätten
ein Drittel ihrer Einnahmen außet zur Reparatur der Mauetn zur Heizung der Thermen :zu verwenden.220 Damit wurden wohl vor allem auch diejenigen
Bürger
der Stadt, die das Funktionieren dieser öffentlichen Einrichtungen,
notfalls unter Einsatz ihrer eigenen fmanziellen Mittel, als Leistung (munus) für die Stadt zu gewährleisten hatten, entlastet.221 Äußerst
vielfiUtig war der Personenkreis, der bei Stiftungen für freie Benut
zung der Bäder jeweils bedacht wurde.222 Es konnten entweder nur die Mitbürger sein
(municipes) oder
neben diesen auch die sonstigen Einwohner, die aus
anderen Gemeinden kamen, aber ständig in der betreffenden Stadt wohnten (incolae), fetner Gäste der Stadt (hospites) und Durchreisende (adventores).223 Manchmal waren es nur die erwachsenen Männer, manchmal auch die Kinder beiderlei Geschlechts,224 und manchmal gibt es Stiftungen nur für Frauen.225 Ob dies etwa ein Ausgleich dafür war, daß Männer vielleicht öfters kostenlosen Eintritt hatten, oder ob es dabei um eine tatsächliche Bevorzugung der Frauen einer Stadt ging, läßt sich nicht ermitteln. Einige Male werden auch Sklaven und Sklavinnen ausdrücklich als berechtigt herausgestellt.226 In Ravenna restaurierte
im 6. Jh. ein Bischof ein Bad, reservierte aber dabei den dritten und sechsten Tag der Woche dem Klerus seiner Gemeinde.227
Eine klare Relation zwischen Kosten für die wasserwirtsehen chaftli Einrich
tungen und den von den Benutzern unmittelbar bezahlten Gebühren läßt sich
219 Völlig freier Eintritt in Blder außerhalb Roms fmdet sich in Hispellum in Umbrien (Plinius, Epistula 8,8,6) und Neapolis in der Gallia Cisalpina (CIL V 376). 220 Codex Theodosianus 15,1,32 • Codex Iustinianus 8,11,2; vgl. Digesten
5014,18,5. 22 VgL Digesten 50,4,1,2. 18,5 zur Heizung der Thermen als Verpflichtung für einen Bürger einer Stadt. Vgl. Uebenam 95f. 222 Dazu Meusel 106 ff. 223 CIL V 6668; IX 5074 = Dessau 5671; XIV 2979 '"' Dessau 5672. 224 CIL XI 7 0 = Dessau 5674. 2 225 CIL XI 3811; V 6 22; AE 1953, 21; 1979, 202. 5
226 CIL XI 6167; XIV 2978n9 227 CIL XI 263.
•
Dessau 5672.
Die Wasserversorgung im römischen Reich
233
angesicbts des Mangels an verwertbarem Zahlenmaterial nicht feststellen. Docb ist dies für ein generelles Urteil aucb nicht nötig. Wenn die vorbandenen Quellen nicht völlig einseitig sind, wofür nichts spricht, dann waren die Kosten ganz erheblieb höher als die Einnahmen. Baukosten wurden offensiebtlieb bei allen öffentlichen Einrichtungen, gleichgültig ob Aquädukte, Thennen,
Kloaken oder
kleinere Brunnen, nie als Größe in die Berechnung der Gebühren mit aufgenommen. Städtische Einnahmen unterschiedliebster Art228 bzw. die Munifizenz freigebiger Frauen und Männer waren vielmehr die entscheidende
dafür, daß die zivilisatoriscbe Ausstattung der einzelnen Gemeinden mit Einriebtungen der Wasserversagung überhaupt ennöglicbt wurde. Basis
VI.
WasserfUrjtdl!rmann?
Für viele der antiken Städte könnte man rein von der Quantität des zugeführten Wassers her von einer sehr reichlieben Versorgung, sogar von Überfluß sprechen. Gleichgültig wie auch immer man die Bevölkerung der Hauptstadt im
2. Jb. n.Olr. berechnet, nach dem Bau der aqua Traiana, die als erste Leitung aus dem Norden zum Wasserdargebot beitrug, war die Wassermenge so groß, daß Rom im Durchschnitt jede moderne Großstadt in der Versorgung übertraf. Auch in Pergamon, wo die Bevölkerungszahl relativ genau bekannt ist, kommt man
im 2. Jb. n.Cbr. auf einen statistischen Wert von etwa 160 Litern pro Person und Tag.229 In Trier sollen theoretisch sogar täglich bis zu
1'000 Liter für jeden
Bewohner der zentralen Siedlung zur Verfügung gestanden haben.230 Freilieb sagt die absolute Menge nicht alles über die Wirklichkeit aus,
da einmal nicht
klar ist, wieviel Wasser für den öffentlichen Bereich vorweg abgezweigt wurde und weil andererseits der ständige Abfluß z.B. durch Lautbrunnen aber auch in vielen Haushalten nach modernen Begriffen eine erbebliebe Verschwendung zur Folge hatte. Gegen den Vorwurf der Verschwendung bat allerdings schon Frontin insoweit Einwände vorgebracht,
als er aus kaiserlieben Verfügungen zitierte,
228 In einem Papyrus aus Arsinol in Ägypten werden mehrere Summen erwähnt, die den Beauftragten für die Wasserversorgung von einzelnen Amtstrigern dea Ortes, z. B. den Gymnasiarchen ausbezahlt wurden. Es handelt sich vermutlich um persönliche Beiträge. Die vorhandenen Finanzen wurden zur Bezahlung des Personals verwendet, das an den Schadufa, den Sakiehen und den archimedischen Schrauben arbeitete und die Reservoirs der Stadt mit Wasser füllte (British Mus. Papyrus 1,77 N. Lewis M. Reinhold. Roman Civilization, New York 1955, n 333 ff.). 229 Siehe Fahlbusch 173. 230 A. Neyses, Trierer Zeitschrift 37138, 197415, 99 f. =
234
Die WasseiVersorgung im römischen Reich
durch dieses Wasser würde ein großer Teil des Schmutzes und Abfalls. der in die
Kloaken gelangte, beseitigt werden.23 1 Trotzdem ist der Faktor des ständigen
Abflusses von nicht zu unterschätzender Bedeutung bei der Frage, wieviel Wasser verteilt werden koonte. Grundsätzlich galt in Rom seit der Republik der Grundsatz, daß in erster Linie der Bedarf aller Bürger befriedigt werden mußte, erst dann konnten unter Umständen auch andere Interessen Beachtung finden. Dies war in den griechischen Städten nicht anders geregelt232 Nach Frontin war man in der Zeit der Republik nur n i seltenen Fällen bereit, einer Einzelpersoo einen Anschluß an eine öffen1!licbe Wasserleitung für ihr Privathaus zu gewähren; nur für besonders verdiente Bürger wurde eine Ausnahme gemacht, wozu es im übrigen eines
Volksbeschlusses bedurfte.233 Mit dem reichlicheren Wasserdargebot seit den Baumaßnahmen der augusteischen Zeit änderte sich diese Siwation, aber auch dann erhielt nicht jedes Haus einen eigenen Wasseranscbluß, wie es Ausgrabungen in Rom durchaus zeigen. Und auch die durch den Vesuvausbruch in Pompeü konservierte Situation vom Jahre 79 n.Cbr. erweist, daß nur ein Teil der Häuser an das öffentliche System angeschlossen war.234 Ähnliches ist z.B. für Thugga oder Cuicul in Nordafrika zu vmnuten.235 Daß tatsäeblieb jedes
Haus in Antiocbia am Orontes im 4. Jb. n.Cbr. seine eigene Zuleitung hatte, so daß die öffentlichen Brunnen lediglieb zur Verschöoerung der Stadt dienten, sollte man wohl eher der rhetorischen Phantasie und dem patriotischen Stolz des Antiocbeners Libanius zuschreiben, als Faktum selbst ist damit die Behauptung
des Libanius nicht erwiesen.236 Noch ein Erlaß an den Prätorianerpräfekten des
Orients im 1. 440/441 n.Cbr., Cyrus, betont, nur überschüssiges Wasser könne an Einzelpersonen vergeben werden.237 Scbließlich zeigt die Existenz eines Kol legiums von Wasserträgern (Collegium aquatorum) in Aquileia, daß auch in dieStt Stadt nichtjedes Haus über eine Wasserzuleitung verfügte.238 Bei diesem Befund ist zunächst nach den Gründen zu fragen, warum keine gleichmäßige Versorgung erfolgte; ferner ist zu untersuchen, wer dennoch eineil 231 Frontin, De aquis 110 f. 232 A. Bums, in: Technology and Culture 15, 1974, 410. 233 Frontin, De aquis 94,3 ff.; vgl. Liviua 39,44, won�eb die CeDJOJ'Cn dea Jahres 183 v. Cbr. alle Zuleitungen zu Privatblusem oder Privatgnmdsttlck.en wegnahmen. 234 Mygind 1,342. 235 C. Poinuot, in: M6langea Carcopino, Paria 1966, 779; A. Schulten, Jahrbuch dea Deutach. Arch. Instituli 13, 1898, 118; P.-A. Fevrier, ANRW ß 10,2, 1982, 365 f. 236 Libaniua, Oratio 11, 45 ff. I 5 3 f. Förster; Codex Juatitinianua 11,43,5. 2 2 237 Codex lustinianua 11,43,5. 238 CIL V 8308. =
Die Wasservmorgung im römischen Reich
235
solchen Anschluß erhielt und was dafür entscheidend war. Die wesentlichsten Hindernisgründe waren dreifache�" Natur. Sie betrafen die Menge des vorbandenen Wassers,
die
technischen Möglichkeiten und die notwendigen finanziellen
Investitionen. Zu Beginn dieses Kapitels wurde bereits auf die Tatsache der «VeJ'SChwendung» von WasseJ" verwiesen. Dies filhrte dazu, daß die verteilbare Menge jedenfalls in
Rom geringe�" war, als die Zahl der Personen, die ihr Haus in der Hauptstadt an ein öffentliches Wasserkastell angeschlossen wissen wollten. Beweisbar ist dies durch die nicht geringe Anzahl derer, die sich illegal
das
ihnen Verwehrte
anzueignen suchten. Denn wie Frootin berichtet, gab es verschiedene Wege, um
ohne Berechtigung an öffentliches Wasset zu koounen, entweder durch Anzapfen
der Gerinne bzw. der fistulat oder durch Einsetzen von fistulae in ein
Wasserkastell ohne jedes Meßrohr, d.h. ohne Bewilligung.239 Die Wassermenge war
dadurch zu erhöhen, daß die aquarii, also die Aufseher der einzelnen
Verteilerbecken,
größere calices,
Querschnitt, verwendeten,
d.h. Verteilerrohre mit einem definierten
als genehmigt war; dafür hatte der Begünstigte
natürlich zu bezahlen, wodurch für die «tüchtigen,. Wasserarbeiter ein guter Zusatzverdienst zu erreichen war.240 Beim illegalen Anzapfen in anderen Städten
könnte man vennuten, man habe möglicherweise die jährlichen Abgaben sparen wollen. Da diese abeJ' in Rom offensichtlich nicht zu bezahlen waren, flUlt dieses Motiv weg. Vermutlich handelte es
sich also um Personen, die
einem Antrag abschlägig beschieden worden waren
entweder bei
oder die nicht erwarten
konnten, jemals eine Genehmigung zu erhalten. Schließlich betont Frontin,
daß
Buch geführt wurde übel' den Umfang des verteilbaren Wassers und daß darübel'
hinaus keine Genehmigungen erteilt wurden.241 Selbst wenn freilich mehr WasSeJ" zur Verfügung gestanden hätte, wären nicht alle Bewohner
Roms unmittelbar zu versorgen gewesen, weil die technischen
Möglichkeiten dazu nicht ausgereicht bäuen. Insbesondere in den vielstöckigen Mietshäusern wären die oberen Stockwerke kaum erreichbar gewesen, hierzu grundsätzlich
da man
ein Drucksystem benötigt hätte, das bei den üblichen
Bleifistulae ständig zu Rohrbrüchen oder Lecks führen mußte. Selbst in Pompeii,
das
bei
den
zumeist nur einstöckigen Häusern mit einem recht
geringen Wasserdruck auskam,
waren Leckstellen etwas ganz Alltägliches, wie
es Sinterspuren an den Verteilertürmen noch beute erltennen Iassen.242 Die 239 Prontin, De aquia 103,4; 112-115. 240 Prontin, De aquil 87,1; 114,1; 115,1. 241 Prontin, De aquil 109,1. 242 Mygind 1,335.
236
Die Wasserversogrgun im römischen Reich
höheren Stockwerke in Rom und auch in Ostia waren generell ohne Anschluß, genauso wie man dort auch keine Toiletten mit einem Abfluß in die Kloaken
kannte. luvenal erzählt anscbaulich, was aus den höheren Etagen auf die Straße gekippt werden konnte.243 Daß ein beträcbtlicber Teil der Bevölkerung nicht unmittelbar in den Häusern mit dem nötigen Trinkwasser versorgt wurde. ersieht
man im übrigen an den zabllosen Schöpf- und Laufbnmnen, die in den meisten Städten vorbanden waren. Allein Agrippa bat in Rom 700 lacus (Schöpfbrunnen) und 500 salitntes (Laufbrunnen) anlegen lassen;244 und jeder Stadtplan von Pompeü, in den die Straßenbrunnen eingezeichnet sind, ezweist, daß für keinen der Bewohner der Stadt der Weg bis zur nächsten öffentlichen Wasserent
nahmestene weit gewesen ist. Ähnliches kann man für andere Städte vermuten, z.B. für Sabratba in Tripolitanien (beute Libyen), wo allein ein Stifter 12 Wasserbecken zum Schöpfen elbaute.24S Scbließlich waren Wasserleitungen mit finanziellen Aufwendungen verbunden. Denn die gesamte technische Einrichtung von einem Verteilerbauwerk bis zu einem Haus oder Betrieb mußte von dem, der den Ansebloß wünschte, persönlich bezahlt werden.246 Zwar gab es zur Zeit Nervas z.B. in Rom 247 solcher regionaler Wasserkastelle; doch waren in vielen Fällen die Entfernungen doch beträchtlich und konnten mehrere hundert Meter betragen. Obwohl weder die Preise für Blei noch für die Herstellung der fistulat bekannt sind, schloß die Notwendigkeit der unmittelbaren Eigenfinanzierung einen nicht unwesentlichen Teil der Bewohner von dieser zivilisatoriscben Errungenschaft aus
.
Wer aber waren dann diejenigen, die in den Genuß eines privaten Anschlusses kommen konnten? Daß die notwendigen finanziellen Mittel vorbanden sein mußten, ergibt sieb aus den vorausgebenden Ausführungen, ebensO' aber auch, daß diese allein keine binreichenden Voraussetzungen waren. Die Situation in
Rom war insoweit exzeptionell, als hier durch den Sitz des Kaisers besondere Verhältnisse gegeben waren. Denn von Anfang an war die Vergabe von Konzessiomen an einzelne in der Hauptstadt ein Recht des Herrschers, wie vorher offensiebtlieb der Vollcsversammlung. Nach Frontin war es nötig, dem Kaiser 243 Iuvena.l, Satura 3,268 ff.; vgl. J. Cucopino, Rom. Leben und Kultur in der Kaiserzeit, hg. E. Pack, Stuttgart3 1986, 6S ff. 244 Pliniua, Naturalis bistoria 36, 121. 245 IRT 117. Vgl. zehn lacJU in CU.. ll 1 478. 246 Frontin. Oe aquis 1 06,1. Diefistllltu wurden von plumbarli hergestellt, von denen wir vor allem aus Rom eine große Anzahl kennen. Doch llßt aich Uber ihre soziale Stellung mehr oder weniger nichts ermitteln; vgl. Chr. Bruun, Neue Forschungen zur Organisation der stadtrömischen Bleirohrherstellung im Lichte der fistula-Stempel, in: Specimina nova 8, 1992, [1994}, 3 ff. (Bruun ist, bei aller Vorsicht, m.E. nicht skeptisch genug).
Die Wasserversog rgun im römischen Reich
237
ein Gesuch zu schreiben, der seinc:neits mit einem Brief antwortete. Falls die Antwort zustimmend ausfiel, koonte man dann durch den curator aquarum und dessen Personal die technischen Installationen im Verteilelbauwerlc vornehmen lassen.247 Bereits die Nacbri.cbt. der Kaiser habe mit einem Brief (tpistula) auf eine solche Anfrage reagiert, läßt vermuten, daß es sich eher um eine besondere Bevölkerungsgruppe gehandelt haben moß, die auf diese Weise eine Konzession erlangte. Denn im allgemeinen bekamen nur Personen mit einem höheren sozio-politischen Status solche Schreiben; andere Personen erllielten zumeist nur sogenannte subscriptiones, also einen Entscheid, der unmittelbar unter den Antrag gesetzt wurde. Solche kaisetlichen Briefe sind namrgemaß nicht edlalten.
Doch lassen die zahlreichen, aus dem 1. bis 4. Jb. überlieferteojistuhu aquariat
der Stadt Rom einen etwas genaueren Einblick zu.248 Denn auf diesen Bleiröhren war der Besitzer der Leitung vermerkt, zumeist mit einem Hinweis, der seine sozio-politiscbe Stellung erkennen Wk Etwa 77% aller überlieferten Personen sind so exakt oder doch mit Wahrscheinlichkeit soziologisch einzuordnen. Davon sind 47% senatorischer Stellung, d.b. zumindest ein Mitglied der Familie gehörte dem Senat an, und 16% aller Personen sind auf Grund ihrer Namen soziologisch am ehesten auch dem Senatorenstand zuzuweisen. Etwa 6% hatten ritterlieben Status, zumeist Personen im kaiserlichen Dienst; das gilt ebenso für die rund 7% kaiserlicher Freigelassener oder Slclaven, die besonders eng mit dem Kaiser verbunden waren. Schließlich sind noch zwei Ärzte zu identifizieren, wovon einer der persönliche Arzt von Kaiser Claudius war. Im Verbältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung sind alle diese Personengruppen erheblich überrepräsentiert, was eindeutig erweist, daß der soziale Status bei der Erlangung einer Konzession von nicht geringem Einfluß war. Doch kann dieser nicht allein ausschlage g bend gewesen sein, wie das Beispiel der kaiserlichen Sklaven und Freigelassenen zeigt. Auch innerhalb der senatorischen und ritterlieben Gruppen zeigt sich nochmals eine stärkere Repräsentanz der gewichtigeren Familien. Das läßt nur den einzigen Schluß zu, daß es nicht allein auf den Sozialstatus ankam, wenn man bei einem derartigen Antrag in Rom erfolgreich sein wollte, sondern noch mehr darauf, wie leicht oder schwer der unmittelbare Zugang zum Kaiser war und welche Bedeutung die
einzelne Person für den Herrscher hatte. Damit fmdet auch die Bezeichnung der 247 Prontin, Oe aquiJ 99,3; 103,2; 105,1.
241 Dazu W. Eck, DiejistulDe aqlltll'itu der Stadt Rom. Zum Hinfluß del 10z.ialen StatuJ auf administratives Handeln, in: Rpigrafia e ordine Jenatorio, Tituli 4, 1982 [1984], 197 ff.
Die Wasserversorgung im römischen Reich
238
Wasserkonzessionen als
bentficia Caesaris,
Berechtigung; grundsätzlieb galt
als Wohltaten des
Kaisers, ihre
dabei, da8 die Konzession hinflUlig wurde,
sobald der Erwerber starb oder ein liDderer das Gnmdstück oder Haus. m dem die
Leitung führte, erwarb.249 Zumindest mußte ein neuec Anttag gestellt werden, obwohl
wir nicht wissen, ob überhaupt eine strenge Kontrolle in der riesigen
Hauptstadt möglich war. In maneben Fällen, vor allem bei der normalen Erbfolge
innerhalb der Familie,
wird wobt ehec
mit einer stillscbweigenden
FMdauer zu rechnen sein. Die so erhaltenen Bewilligungen sind freilieb nicht nur als
Ausdruck
des
Luxusbedürfnisses vornehmer Herren oder Parvenüs zu sehen.250 Vielmehr
haben z.B. Senatoren auch in Rom ihr Vermögen in Immobilien bzw. Gewer bebetriebe investiert. z.B. Speieber für unterschiedliebste Waren oder auch Bäder. Manche der Zuleitungen in
Rom haben somit auch den
großen Wohnblocks
(insulat) oder den gewerblieben Einriebtungen gedient251 Außerhalb Roms ist
die Situation erheblieb scbweret m beurteilen, Material
da vor allem das inschriftliebe
auf den auch dort vorbandenen fistulat nocb nicht bearbeitet, mit
Siebetheil abec auch scbwierigec zu beurteilen ist.
In vielen Fällen scheint man
sogar auf das Anmngen der Namen auf den Rohren verzichtet m haben, wie z.B.
in Pompeü.252 Docb gibt es einige Hinweise,
die Teilaussagen erlauben. Dabei
sei abgesehen von Städten wie Konstantinopel und Antiochia am Orontes
im 4.
Jb., wo Genehmigungen wie in Rom nm vom Kaiser bzw. dem Prätorianer präfekten als seinem Vertreter erblltlidJ waren, zumindest der rechtlichen Theorie nacb.253
Zunächst einmal war die
Konzession vom Stadtrat zu genehmigen; nach der
Iu Ursonen.ris in Spanien mußten dazu mindestens 40 Ralsmitglieder anwesend sein,254 nach
dem Edikt des Augustus für Venafrum zwei Drittel der dort
vorbandeneo Dekurionen. offensiebtlieb eine erbeblieb größere Zaht255 Freilieb i Urso ging es n
vermutlieb nur um die Ableitung überschUssigen Wassers aus
den öffentlichen Brunnen. Da keine
weitere Regelung getroffen ist, darf man
vielleicht vermuten. da8 es andere private Anschl!lsse in Urso nicht gegeben hat
Anders in Venafrum, wo die Magistrate nach Zustimmung des Rates Wasser249 Froatin, De �quiJ 107,1; v&l. Di&estea 43,20,1,43. 250 Dazu beilieb die beredte KJace Pliaiua' dea Älterea, Naturali.a hiltoria 31,42. 2S l So vermutlieb bei deu Voluaü, CIL XV 7568 a. b; S. Pall(;iera, ia: I Voluaii Satumiai Arcbeolopa-Materiall e problcmi 6, Bari 1982. 90 ff. 2S2 My&ind 1,340. 253 Codex Theodoaiaaua 1S,2,2. 2S4 Kap. 100 (Deuau 6087 FIRA I Nr. 21). 2SS Deslau 5743 FIRA I Nr. 67. ..
•
Die Wasserversog rgun im römischen Reich
239
berechtigungen verkaufen oder gegen eine «Steuer» vergeben konnten. Da wohl auch in Venafrum die vorhandene Wassermenge nicht beliebig groß war, kann man sich vorstellen, daß die im Rat vertretenen Familien und Personen, die mit ihnen verbunden waren, leichter einen zustimmenden Ratsbeschluß erreichen konnten.
Eindeutige Gründe, die zu einer Konzessioo führen konnten, nennen zwei weitere Texte aus Italien. In Cales. östlich von Neapel, wurde ein gewisser Q. Paconius Lepta aufGrund eines Beschlusses des dortigen Senats dadurch geehrt, daß ein Becken (lacu.s, vermutlich bJet ein Absetzbecken) errichtet undjistulae verlegt wurden, damit in sein Haus sauberes Wasser gelangen konnte. Grund waren seine zahlreichen Verdienste um die Gemcinde.2S6 In Suessa (beute Sem)
erhielt C. Titius Chresimus eine Zuleitung in einem Rohr von einem digitus Durchmesser. Er war Augustale, d.h. vermutlich unfreier Herlcunft, und hatte, wohl auf Grund seines Vermögens, in der Stadt auf seine Kosten, ohne dazu verpflichtet zu sein, ein ganztägiges Gladiatorenspiel gegeben. Die Volks belustigung schätzte man so hoch, daß neben anderen Ehrungen auch diese Konzession vergeben wurde.257 Das zeigt aha, daß offensichtlich selbst Augustalen. die doch über ein nicht unerbebliches Vermögen verfügen mußten, zumindest in Suessa üblicherweise keinen privaten Wasseranschluß besaßen. Dies mag einfachhin nur an der verfügbaren Wassermenge gelegen haben - oder vielleicht doch auch an dem geringerwertigen Status dieser für die Stadt ansonsten so wichtigen Freigelassenen. Wenn im J. 382 n.Chr. in Kon stantinopel die Wassermenge für die private Leitung wesentlich nach dez Größe der Häuser tmd dem Vorbandensein \'00 Bädern bemessen winl,258 so ist dieses nur scheinbar ein rein sachliches Kriterium; denn im allgemeinen war entsprechender Hausbesitz auch im spätantiken Konstantinopel mit einem entsp-edlenden Sozialstatus verbunden. Soweit unsere Hinweise unmittelbar aussagekräftig sind, scheint somit ein Zusammenbang zwischen Sozialstatns, Zugang zu den Trägem der ad ministrativen Macht. «Vetd.iensten» um das Gemeinwesen (was auch immer das bedeuten mag) und dem Besitz einer privaten Zuleitung aus dem öffentlichen Wasserversorgungssystem zu bestehen. Zumindest trifft dies beim Wasserbezug in städtischen Agglomerationen zu. In den Bewässerungsordnungen für die Landwirtschaft scheint größere Gleichheit bestanden zu haben. möglicherweise ein Zeichen dafür, daß solche Ordnungen sehr alt waren; v
240
Die Wasserversorgung im römlscheo Reich
der für die Allgemeinheit notwendige Ernteertrag,
daß
die Wassermengen
unabhängig vom Status entspreebend der Größe der Anbaufllc.be vergeben wur den. Daß auch dabei Konflikte Dicht ausblieben, zeigt das Beispiel von Lamasba in Nordafri.ka. Solche Wassertrech e waren auch insoweit unabhängig von der
Person des Grundbesitzers, daß sie beim Übergang des Bodens in andere Hände
mitverkauft oder auch mitvererbt werden konnten.2S9 Mit den wenigen Beispielen ist freilich ein durchgebendes
Phänomen in aUen verschiedenartigen
Regionen des Reiches nicht zu beweisen; doch spricht
die im
allgemeinen
gleichartige soziapolitische Struktur in den Städten eber dafür, weithin mit einer
ähnlichen Situatioo zu rechnen.
VII. Administration IUid RechlsscJuaz260 Das Leben in den Städten des Imperium Romanum hing nicht unwesentlich von der kontinuierlichen und ausreichenden Versorgung mit Wasser ab. Die Belieferung mit gesundem Trinkwasser, die Gewährleistung der notwendigen Hygiene und die Tätigkeit mancher Gewerbebetriebe waren auf ein ungestörtes Funktionieren des Wasserversorgungssystems angewiesen. sowohl durch natürliche Ursachen
Da dies jedoch
als auch durch Unachtsamkeit oder bewußte
Schädigung voo seiten des Menschen leicht gestört werden konnte, bedurfte es aus diesen und anderen Gründen nicht selten des ordnenden Eingriffs der munizipalen
oder staatlichen Macht Dabei gab es, Ihnlieh wie schon bei der
Errichtung von wasserwirtschaf Bauten erörtert, keine völlig gleichartige Struktur auf der unteren administtativen Ebene in den Städten. Identisch war nur,
daß in den
Provinzen
des Reiches üblicherweise zunächst der zuständige
Statthaltet um Amtshilfe oder auch Entscheidung gebeten werden mußte, falls
259 Vgl. z.B. CIL VIn 4400 18S87 Denau S793 und dazu B.D. Shaw, Lamasba: An Ancient Irrigation Community, Antiquitu Africain" 18, 1982, 61 ff. (vgl. ders., Watet and Society in the Ancient Maghrib: Technology, Property and Development. ibid. 20, 1984, 121 ff.). Auch aus Rom und Italien sind Dokumente Ober die Verteilung vo.n Wasser zu Bewlsserungszwecken bekannt (CU. VI 1261; XIV 3676). Zur Vererblichkeit von solchen an GrundstUcke gebundenen Wasserten rech vgl z.B. Dokumente aus dem Partherreich: E.H. Minns, JHS 3S, 191S, 22 ff.; in Dokumenten aus der rOmiscben Provinz Arabia: H.M. Cotton, ZPB lOS, 199S, 183 ff. 260 Allgemein zu den administrativen Problemen Uebenam 408 ff.; Wörrle 91 ff.; ferner E. WeiB, Der Rechtsschutz der römischen Wasserleitungen, Zeitschrift der Savignystiftung fQr Recbtsgescbicbte, Rom. Abl 4S, 192S, 87 ff. Zur Verwaltung der Bldc:r Meusel 28 ff.; 0. Robinson, Baths: An Aspect of Roman Local Govemment Law, in: Sodalitu. Scritti in onore A. Guarino, Neapel 1984, Band 3, 106S ff. =
=
Die WasservetsOrgung im römischen Reich die Gemeindemagistrate dazu nicht Provinzgouverneuren war obwohl
241
in der Lage waren. Erst nach den
im allgemeinen
der Rekurs an den Kaiser möglich,
man sieb nicht selten aus den Städten unmittelbar an den Herrscher
wandte, der sie an den zuständigen Statthalter zurückverwies. Während in
der Hauptstadt selbst der seit dem Jabre 11 v.Cbr. amtierende
curator aquarum
zusammen mit einem kleinen administrativen Stab aus
Sekretären und Hilfskräften
die Routinearbeiten erledigte (vgl.
oben S.
206),
haben in vielen Städten Italiens und der Provinzen keine speziellen Magistrate für den Bereich des gesamten Wasserwesens amtiert. Vielmehr haben die jeweils jährlich gewählten Amtsträger die anfallenden Aufgaben erledigt. So waren z.B.
die Duumviri, also die Oberbeamten der Stadt, in Venafrum nach dem Edikt des Augustus für die Verteilung und für den Verkauf des Wassers zuständig, jeweils
nach Befragen des Gemeinderats. Und ihre Anordnungen, die sie zum Schutz der
hatten unbedingte Gültigkeit261 Andererseits bat etwa ein Ädil in Lacedonia n i Unteritalien für die Reinigung einer Zisterne gesorgt,262 ähnlich wie es auch für Astynomen in Pergamon überliefert ist. Sie Wasserleitungen trafen,
hatten insbesondere auch die privaten Zisternen zu überwachen, jährlich eine Liste
darüber anzulegen und diese bei den
Strategen, den höchsten jährlichen
Funktionsträgem in Pergamon, einzureichen.
Falls Zisternen zugeschüttet
wurden, mußten die Astynomen die Eigentümer zwingen, sie zu leeren und wieder instand zu setzen. Bei Widersetzlichkeit konnten diese unmittelbar mit einer Geldstrafe belegt werden, ohne daß deshalb jedoch Pflicht zur Wiederberstellung des alten Zustands erlosch; dasselbe galt, wenn Zisternen undicht waren und dadurch ein Nachbar geschädigt wurde. Ebenso waren die Astynomen verpflichtet, die öffentlichen Brunnen sowie
das
dazugehörige
Kanalsystem zu kontrollieren und Reinigungsarbeiten vorzunehmen. Größere Reparaturarbeiten hatten sie freilich den Strategen zu melden, die dann ihrerseits zusammen mit einem städtischen Finanzmagistraten die notwendigen Arbeiten an Handwerker vergaben.263 Spezielles Subalternpersonal, das sieb aus Sklaven
261 cn.. X 4842 Dessau 5743. 262 CIL IX 6257 Dessau 5729 =
ILLRP ll 542; CIL X 6526; vgl. CIL ID 1750: Duumviri lassen eine Zisterne restaurieren. Alll der Art, wie die öffentlichen Zisternen angelegt waren, ergibt sieb, daß sie regelmliBig und sicher nicht allzu selten gereinigt werden mußten (Mygind 1,310 f.). In Megara war offensiebtlieb ein QuellbaUJ in zwei Teilen angelegt, ao daß eine Reinigung ohne Unterbrechung der Wasserzufuhr erfolgen konnte (A. Bums, Tecbnology and Culture 15, 1974, 406 f.). 263 Klaffenbacb, Die Astynomeoinscbrift von Pergamon 10 f. =
=
242
Die Wasserversorgung im römlscbeo Reich
oder städtiscben Freigelassenen zusammensetzte und diesen Magistraten zur Verfügung stand, ist nur selten bezeugt264
In maocbeo Städten Italiens istjedodl ein eigeoer curator aquanun oder curator aqutU nacbwelsbar,26S ebenso in maneben griecbischen Städten.266 Zumindest ursprünglich wurden diese Amtsträger gewählt, vermutlieb durch den
Dekuriooenrat, wobei ihre Aufgaben als außerordentlich galten. Wahrscheinlieb schOll im Verlauf des 2. Jhs. n.Chr. aber konnten solcbe Funktionen als eine Verpflichtung übeltragen werden, der' man sieb nicht entzieben Jronnte.267 Wie lange solche Funktionsträger jeweils im Amt blieben, läßt sieb nicht sagen. Of fensichtlich bezog sich ihre Tätigkeit nur auf die Wasserleitungen und die unmittelbar dazugehörigen Anlagen, deren Funktionieren sie zu gewährleisten hatten, nicht jedoch auf die öffentlichen Bäder oder Thenneo. Auch zum Bau oder zur Reparatur von Wasserleitungen konnte ein spezieller, nur kunzeilig amtierende�" curator bestimmt werden (curator aq�UU ducendat),268 ebenso auch
für die Enichrung eines städtischen Bades.269 Als im späten 3. oder zu Anfang des 4. Jhs. ein sogenannter curator civilatis in vielen Städten des Reiches der höchste Magistrat wurde, war vor allem er mit den anfaDeoden Reparaturarbeiten befaßt, wie es
zahlreiche Texte,
insbesondere aus Nordafrika oder auch aus
Italien, zeigen.270 Bei der Bedeutung, die die öffentlichen Brunnen
für das Leben einer Stadt
hatten, ist es einleuchtend, daß ihr Schutz spezielle Aufmerksamkeit erforderte, zumal diese Brunnen durch falschen Gebrauch leicht geschädigt werden konnten. So war es, ebenfalls nach der Astynomeninscbrift, aber auch nach anderer
Überlieferung, verboten, TJere an solchen Wasserentnahmestellen zu tränken oder irgendwelche Gegenstande, seien es Kleider oder Gerate, zu waschen, ebensowenig wie Menschen darin baden durften.271 Auch Frontin zitiert aus einem republlkaniscben Gesetz. das die Verunreinigung eines öffentlicben Brun nens verbietet und das Zuwiderbandein mit 10'000 Sesterzen Strafe belegt Um 264 So z.. B. ein servus aqlllU1IIIt in Brundisium (B. Sciarra, Epigraphica 2S, 1963, 84). 265 Vgl. die Beispiele bei M. Corbicr, MEFRA 9S, 1983, 728 ff.; dica., Dc Volsinü a Sestinum: Cura aquac et 6vcrc6tiame municipal dc l'eau en ltalie, REL 62, 1984,
236 ff. 266 So z.. B. Inacbriften VOD Epbcaua vn 1,3217; vgl A.H.M. Jonca, Thc Greek City, Ox!ord 1966, 214 u. 349 Aom. 7. 8. 267 Zu dicaer cum aqlllU1IIIt ala nuuuu liehe z.. B. Digcaten 50,4,18,6. 268 CIL IX 2353; AB 1966, S12. 269 CIL n 4610; IRT 263; weitere Belege bei Uebenam 41S Aom. S; Meusel 3S f. 270 CIL VIII S33S '"' Dcaaau S730; Deisau S731; VIII Sl Dcaaau S111; ILAlg I 2101 f.; Dcaaau S693. 27l Klaffenblcll, Die Astyoomellinschrift von Pergamoo 10 f.; Körner 181 f. •
Die Wasservenorgung im römischen Reich
243
diese Anordnung zu überwachen, hatten in Rom die Ädilen während der republikanischen Zeit je zwei Bewobner in einem jeden Stadtbezirk bestellt, die auf die Brunnen zu achten batten.272 Dies war eine Art der bürgerlieben Selbstkontrolle. Während in Rom in solchen Fällen 10'000 Sesterzen als einheitliebe Strafe gezahltwerden mu&en, wurden in Pergamon alle Gegenstände, die wideaechtlicb in einem öffentlichen Wasserbecken gewaschen worden waren, konfisziert; die Tätez selbst jedoch wurden je nach Rechtsstellung unterschiedlieb behandelt: ein Freier hatte 50 Drachmen (= 200 Sestenen) zu bezahlen, ein Sklave dagegen, der ja kein eigenes Vermögen hatte, wurde durch Auspeitschen bestraft, wobei die Zahl der Schlltge, 50 bzw. 100, davon abhing, ob er die Gesetzesübertretung mit oder ohne Wissen seines Herrn begangen hatte. Da Auspeitschung und eine zusätzlich zebntägige Fesselung im Block öffentlich geschah, versprach man sieb davon eine abschreckende Wirkung - auch für die Sklavenbesitzer; denn nach 100 Stoclcscblägen war ein Sklave wohl für einige Zeit arbeitsunfähig. Nach der pergameniscben Inschrift sind die Astynomen für all dies zuständig. Doch zeigt gerade der Text auch, daß damit eine rechtliebe Amtsaufgabe, nicht jedoch die volle praktische Ausführung beschrieben wird. Denn natürlich waren die Magistrate nicht in der Lage, persönlich alles zu überwachen. Deshalb wurde es jedem, der Entsprechendes beobachtete, erlaubt, einzugreifen und den Gesetzesübertreter vor die Astynomen zu führen bzw., falls dieser entkommen konnte, die abgefangenen Gegenstände oder Tiere abzuliefern. Da sicher auch damals nicht jeder den selbsternannten Polizisten spielen wollte, bedurfte es
eines besonderen Anreizes, der in der Teilhabe an der eventuell verhängten Geldstrafe bestand In Pergamon erhielt derjenige, der die Anzeige erstattete, die Hälfte der Strafsumme,273 dasselbe traf in Rom zu. Denn in einem Senats bescbluß vom Jahr 9 v.Olr. wurden 10'000 Sesterzen gegen den festgelegt, der in irgendeiner Fmn Schäden an Aquädukten verursachte; 5'000 davon gingen in die Staatskas,se 5'000 erhielt der Ankläger.274 Nur auf diese Weise war zu gewährleisten, daß die nötige öffentliche Kontrolle stattfand, was insbesondere bei den sieb über sehr lange Strecken binziehenden Aquadukten außerhalb der Städte unabdingbar war. Zwar besoldete man für die Stadt Rom sogenannte circitores, also Leute, die die Wasserleitungen abzugeben und Schäden bzw.
272 Frontin, De aquis 9 .S f. 7 273 Vgl. Wörrle 94. 274 Frontin, De aquis 127,2.
Die Wasservenorgung im römischen Reicb
244
(Jbergriffe zu melden hatten.275 doch war dies ganz offensichtlich nicht genug.
Ob andere Städte ähnliches kannten, ist nicht überliefert
Die schHmmsten Verluste und Schäden entstanden durch die Nichtbeachtung
der Vorschriften, die für den Schutz der ober- und unterirdisch verlaufenden Wasserleitungen erlassen worden waren. Völlig einheitlich mußten überall, sowohl innerhalb der Stadt als auch außerhalb, bestimmte Abstände zu den Leitungen eingehalten werden (vgl. S. 195f.). In vielen Fällen wurden diese Abstände ·noch eigens durch Grenzsteine markiert oder doch zumindest der Verlauf angezeigt. wie etwa bei den stadtrömischen Aquädukten, in Venafrum
oder auch in Ephesus. Dieser Streüen durfte weder mit Häusern bebaut werden, noch war es gestattet, dort zu pflügen, zu säen oder Bäume zu pflanzen. Denn in der einen oder anderen Form konnten dadurch Schäden verursacht werden,
insbesondere durch die Wurzeln der Bäume oder die Pflugscharen. Durch Häuser oder sonstige Bauten aber wurde der freie Zugang unmöglich gemacht Ferner war es verboten, unmittelbar aus den Aquädukten Wasser abzuleiten, weil dadurch das Gerinne zu leicht verletzt wurde und insbesondere Wasserverluste eintreten konnten.276 Trotzdem geschah dies offensichtlich immer wieder, vor allem durch Leute, die kein Recht auf einen eigenen Wasserbezug hatten, bzw. auch durc'h solche, die sich auf solche Weise zusätzliche Mengen sichern wollten. Derartige Vorkommnisse fmden sich kontinuierlich durch alle Zeiten.
Die Gegenmaßnahmen bestanden, neben einer durch die Magistrate vor zunehmenden Kontrolle, vor allem in Strafandrohungen. Während ein Senats beschluß des Jahres 11 v.Cbr. für R<m die Strafe bei unerlaubter Ableitung bzw. Beschädigung noch auf 10'000 Sesterzen festlegte,277 wurde die Summe durch ein Vollesgesetz des Jahres 9 v.Chr. auf das Zehnfache erhöht.278 Dieselbe Strafe von 100'000 Sesterzen wurde von einem Prokonsul zum Schutz einer der ephesiscben Wasserleitungen verkündet; die Hälfte sollte an die Stadtkasse, die andere an den kaiserlichen Fiskus bezahlt werden.279 Während der Republik hatte man bei nicht genehmigter Wasserableitung das Grundstück, zu dem das Wasser geführt wurde für den Staat eingezogen.280 Diese Regelung dürfte nie ,
ganz aufgegeben worden sein. Zumindest wird in zwei kaiserlichen Erlassen aus den Jahren 389 und 400 sowohl für Rom als auch für Konstantinopel diese 215 Frontin, De aquis 117,1; CIL XIV 3649. Dessau 5145; CIL X 4843 ., Dessau 5744; CIL XIV 4074 ff. 277 Frontin, De aquis 127. 278 Frontin, De aquis 129. 279 Inscbritten von EphesUJ VII 1, 3217. 280 Frontin, De aquia 97,3.
276 CIL VI 31559
=
Die Wwerversorgung im römischen Reich
245
Strafbestimmung wieder eingescbärft. ebenso für diejenigen angedroht,
die ihrer
Pflicht zur Reinigung der über ihr Land geführten Gerinne nicht nachkamen.281 Doch konnten auch noch im 4. und 5. Jb. Geldstrafen verhängt werden, z.B. je
Gold (= 423 Gramm) je unberechtigt abgeleitetem Obolus Wasser, für eine insgesamt sehr kleine Wassermenge, da ein Obolus der 576. Teil eines Pfundes ist 282 Ebenso wurden Geldstrafen gegen Amtsträger und ihre ein Pfund
d.h.
Untergebenen verhängt, weil deren Mithilfe häufig für die Betrügereien notwendig war.283 Die bärteste Strafe fmdet siebjedoch in einer Anordnung, die eine Leitung bei Hebron in Palästina im 5.
jedem, der den Schutzstreifen von je 15
oder 6. Jb. schützen sollte: Dort wird
Fuß
zu beiden Seiten des Aquädukts
nicht freihielt, die Todesstrafe angedroht. was durchaus mit der Tendenz der Zeit zur drastischen Verschärfung der Sanktionen entspricht (Abb. 2, S.
252). Um die
Kontrolle für jeden zu erleichtern, ob er sieb dem Schutzstreifen etwa beim Pflügen nicht allzu
sehr
näherte, wurde unter
der öffentlich aufgestellten
Strafandrohung ein Fußmaß in einer Länge von
30,8
cm in die Inschrift
eingemeißeit.284 Freilich ist es nicht sicher, ob alle diese Bestimmungen auch stets in aller Schärfe durchgeführt wurden. Zumindest schreibt ein Statthalter von
Acbaia im 4. Jb. n.Cbr., ein Grundbesitzer, der sieb mit seinem Land über eine Wasserleitung ausgedehnt hatte, solle zufrieden sein, daß man den Besitz nicht k:onfisziere.285 Nach dem Wortlaut der ibm vorliegenden Gesetze hätte der Amtsträger dies offensiebtlieb tun k:öonen. Obwohl näher formulierte Regelungen. wie sie im griechischen Bereich bereits 4. Jb. v.Cbr. angewandt wurden,286 später nur für Rom. Konstantinopel,
im
Antiocbia,
Nik:aia, Epbesus und Hebron
bekannt sind, dürfen wir überall mit
gleichartigen oder zumindest ähnlichen Bestimmungen rechnen, wobei in wasserarmen Gebieten die Strafen wegen der weiter greifenden Folgen für die Gemeinschaft vielleicht höher ausgefallen sind; in Hebron mag dies eine Rolle gespielt haben. In erster Linie waren die Gemeindemagistrate bzw. die speziellen Funktionsträger für die Wasserleitungen dafür verantwortlich, daß die Bestimmungen eingehalten wurden. Doch scheint ihnen manchmal die Autorität gefehlt zu haben, um sieb durchzusetzen. So erschienen beispielsweise die beiden Amtsträger, denen in Epbesus ein während
der domitianiscben Zeit erbauter
281 c. Tb. 15,2,4.9; vgl. cn.. m 568 Dessau 5794. 282 C. Tb. 15, , ; vgl. 15, ,8. 22 2 283 c. Th. 15, , .9. 23 284 N. Svenson, Araber. kungl. human. vetenskapssamf. Lund 1925/6, 65 ff. 285 CD... ID 568 Dessau 5794. 286 Vgl. Körner 178 f. 186 ff. und Wörrle 96 f. =
•
246
Die Wasserversog rgun im römiscben Reich
Aquädukt anvertraut war, etwa im J. 113 oder 114 vor dem Statthalter der
Provinz Asia, Vicirius Martialis, um über Verletzung der Bestimmungen fUr den Schutzstreifen zu klagen, woraufbin der Prokonsul ein Edikt mit Strafbestimmungen erließ; doch bereits 6 oder 7 Jahre später waren erneut die früher schon gerügten Mißstände eingerissen, worauf der Prokonsul des Jahres
120/121 n.Chr., Comelius Priscus, wiederum auf Veranlassung der damals im
Amt befindlieben ephesiscben Wasserlcuratoreo mit einer Verordnung reagierte
und die Strafbestimungen m seines Vorgängers Martialis nochmals besWigte.287
In Nikaia in Bitbynien hat wohl ein römischer Statthalter ebenfalls die EiDhaltung des Abstandes voo 10 ElJeo eingeschllrft und außerdem die Etricbtung
von Brtlck;eo angeordnet, auf denen olme Getlbrdung des Aquädukts Tiere und
Wagen die Wasserleitungsstraße überqueren konnten.288 Falls aber alle Bemühungen in der Provinz selbst nichts nutzten, konnte man schließlich auch den
Kaiser um eine Entscheidung oder Bestätigung bitten, wie beispielsweise
eine lateinische Inschrift aus der Nähe von Lyon zeigt (Abb. 1, S. 251). Darin verordnete Hadrian, daß niemand innerhalb des Stteifens, der zum Schutz der Leitung bestimmt sei, pflügen, säen und pflanzen dürfe.2 89 Es ist nicht überliefert, ob dieser kaiserliche Erlaß Erfolg hatte. Auch für Kibyra in der
Provinz Asia ist eine Verordnung von Kaiser Antoninus Pius überliefert, in der Regelungen für die Bewässerung des Landes getroffen werden.290 Offensichtlich
hatte man auf der lokalen Ebene nicht zu einer Einigung gelangen können. Nicht immer wurden freilich die Übertretungen durch Privatleute begangen: auch Munizipalmagistrate kümmerten sich nicht stets im erforderlichen Maße um ihre Aufgaben. So kam es immer wieder vor, daß sie städtische Gelder bei Wasserbauten verschleuderten · man denke an Nikomedia in Bithynien (o. S.
191)
•
oder rechtlich bindende Versprechungen von Privatleuten oder ihrer
früheren Amtskollegen, beispielsweise ein Bad zu errichten, nicht anmahnten 217 Inschriften von EphesUJ Vll 1,3217. 211 AB 1939, 293 Inschriften von Ni.kaia I 1. 289 cn.. xm 1623 Dessau 5749. 290 Unpublizierte Inschrift, deren KenntDia ich der Freundlichkeit von A. Hall verdanke. Anlagen zum Hoc:bwuaoncbutz, zur Ent· und Bewllaorung wurden von Hadrian in der Kopai.aebcne veranlaßt (vgl. 1. M. Fosaoy, Eupbroayne 11, 198112, 44 ff.); damit wurden Maßnahmen in der Kopalsebene fortgeführt, dlo ihre unprUngliche und weit ausgreifende Oeataltung bereita in der mykenilchen Zeit erfahren hatten (1. KnaUJs, B. Heinrich. H. Kalcyk, Die Wauerbauten der Minyer in der Kopw - die llteste Flußregulierung Buropas, Institut für Wuserbau und Wassenneogenwirtacbaft und VeraucbaanJtalt fOr Wasserbau: Bericht Nr. SO, 1984; I. KnaUJa, Die Melioration dea Kopah-Bcckena im Altertum und beute, Wuser + Boden 1985, 556 ff. 6 1 1 ff.). =
=
Die Wasservenorg gun :im römischen Reich
247
und durchsetzten, wie es offensichtlich in Tifernum Tiberinum in Etrurien um
170 n.Chr. geschah.291 Doch auch die regelmäßige Wartung und Überwachung der wasserwirtschaftliehen Anlagen unterblieb, was dann ebenso wie in den vorherbeschriebeneo Fällen ein Eingreifen der übergeordneten staatlichen Macht, zumeist des Statthalters, provozieren konnte; es gab zumeist genügend Spannungen innerhalb der Führungsschiebt der Städte, die dazu führen konnten,
daß bei gegebenen Umständen eine Anzeige beim Provinzgouverneur gemacht wurde. Ein Statthalter von Achaia im späteren 4. Jh. n.Chr., Decimius Secundinus, schrieb so z.B. an die höchsten Amtsträger in Amphissa in Locri (Mittelgriechenland) einen geharnischten Brief.
Er
hatte angeordnet, die
Wasserleitung der Stadt zu reinigen und Wasser in die Zisterne zu leiten. Dies war offensichtlich nicht gesdlehen, weshalb er brieflich seinen Befehl in scharfer Form wiederholte und außerdem anordnete, man solle an den Zisternen eine Inschrift anbringen, aus der der Verlauf der Wasserleitung ersichtlich sei, damit nicht in Zukunft wieder Wasserleitungsgelände von Privatpersonen in Besitz genommen werde. Außerdem befand Sectmdinus, die verantwortlichen Magisttale von Amphissa hätten bis zu einem bestimmten Termin (er nennt den 23. Dezember als Stichtag) an sein Büro den Vollzug seiner Maßnahmen zu melden.292 Eine konkrete Strafandrohung im Fall einer erneuten Untätigkeit unterbieb l freilich. Vielleicht hoffte der Statthalter auf die Einsicht der Munizipalbeamten, ebenso wie Frontin bei der Aufdeckung des großen Umfangs unerlaubt abgeleiteten Wassers auf die Bestrafung der Schuldigen verzichtete; denn die Nachlässigkeit der früheren curatores aquarum habe die Betrügereien
erleichtert, weshalb die Schuldigen eine gewisse Nachsicht verdienten.293 So verständnisvoll waren staatliche Funktionsträger sicher nicht immer, was im übrigen der Sache, nämlich der reibungslosen Wasserversorgung, auch kaum dienlich gewesen wäre.
VIII. Historische Wertung Der zivilisatorische Standard, den die griechischen und römischen Städte weithin erreichten, beruhte u.a. auf den technischen Errungenschaften, die eine weithin gesicherte, regelmäßige Wasserversorgung auf hohem Niveau ermöglichten. Dies gilt insbesondere fü:r die römisch bestimmte Epoche der 291 cn. XI 5939 Dessau 5678. 292 cn. m 568 Dessau 5794. 293 Frontin, Oe aquis 130. •
"'
Die Wasserversorgung im römischen Reich
248
Mittelmeerwel� die zivilisatorische Entwicklung auch in abgelegene und bis dahin kulturell rückständige Gebiete brachte. Tacitus ironisiert zwar diesen Fort schritt, wenn er von dem Einfluß der römischen Kultur auf Britannien spricht und dabei als die Kennzeichen des verweichlichenden Lebensstils Säulenhallen, Bäder und erlesene Gelage nennt: porticus et balinea et conviviorum eltgantiam. So etwas beiße bei Ahnungslosen Lebenskultur, während es doch nur ein Bestandteil der Knechtschaft sei: idque apud imperitos luunanilas vocabatur, cum
pars servitutis esset.294
Nicht alle Bewohner derrömischen Welt hätten dieser sehr negativen Wertung zugestimmt, die freilich bei Tacitus im Rahmen einer nicht nur damals weit verbreiteten Kritik an der eigenen Kultur zu sehen ist. Im Gegenteil, die
Mehrheit, und letztlieb auch Tacitus selbst, hat mit den zivilisatorischen Er rungenschaften in den Städten komfortabel gelebt, ja diese galten geradezu als Kennzeichen eines städtischen Lebensstils und damit der Kultur überhaupt Nicht allzu weit von Rom entfernt wurde, wohl im späteren 2. Jh., auf einer Inschrift formuliert: Auf diesem Landgut der Aurelia Faustiniana befmdet sich ein Bad; man badet nach städtischer Lebensweise und jegliche Art von zivilisatorischer Emmgenschaft wird bereitgestellt: In hispraedis Aureliae Faustinianae balineus; lavat(ur) more urbico et omnis humanitaspraestatur.295 Das heißt, gerade das, worüber Tacitus sich mokiert, wird hier als besonderer Wert herausgestellt, der sogar auf einem großen Landgut außerhalb der Stadt zu finden ist. Und solche Beispiele finden sich öfter, etwa bei Bologna oder bei Pompeü.296 Auf einem stadtrömischen Grabstein steht der Zweizeiler. «Bäder, Wein und die Liebe zerstören uns, aber sie machen das Leben aus: Bäder, Wein und die Liebe.» Balnea vina Venus corrumpunt corpora nostra, sed vitam faciunt b(alnea) v(ina) V(enus).291
294 Tacitus, Agricola 21,3. 295 cn. XIV 4015 Dessau 5720. 296 Cll.. XI 721 Dessau 5721; Cll.. VI 1136 (Pompeü); vgl. auch AE 1933, 49 (Lecourbe); vgl. Meusel 10 Anm. 5 mit weiteren Belegen. Vor allem die Bedeutung .,
=
des Bades als kulturelle Einrichtung ergibt sich aus den zahlreichen Gedichten zu diesem Thema in der Anthologia Graeca 9, 606 ff. Ferner A. Berger, Das Bad in der b antinischen Zeit, München 1982. 2 7 Cll.. VI 15258 F. Buecbeler, Carmina Latina Epigraphica, Leipzig 1897, Nr. 1499. Vgl. dazu Anthologia Graeca 10,112.
n
=
Die Wasserversog rgun im römischen Reich
249
Frontin, der ältere Zeitgenosse des Tacitus, aber hatte nüchtern und wirlclich
keitsnah den Nutzen der gewaltigen Aquädukte den in seiner Sicht nutzlosen Pyramiden und berühmten Bauten der Griechen gegenübergestel298 lt. Durch die seit dem späten 4. Jb. n.Chr. immer
iJ('ehr zunehmende poli
�ben
tisch-militärische Unsicherheit wurde das städtische
getroffen. Die Aus
wirkungen waren in den einzelneo Provinzen un�edlich. aber aufs Ganze
gesehen ist ein Rückgang in dec Intensität der/städtischen Kultur nicht zu
verkennen, vor allem in maneben Gegendeo &;/Westens. Auch die Wasser torischen Einriebtungen wurden versorgung und die davon abhängenden zi �� tür lic Jwaren gerade die oberirdisch ver oft empfindlieb beeinträchtigt Denn na laufenden Aquädukte besonders störanflillig und wurden als willkommenes
Druckmittel benutzt, um eine feindliche Stadt zu bezwingen. Belisar, der
Oberkommandierende der byzantinischen Truppen gegen die Goten in Italien,
unterbrach die Zuleitung nach Neapel, als er das dort stationierte gotische Heer belagerte;299 und wenig später taten dies die Ostgoten selbst vor Rom während ,
die Stadt durch Belisar verteidigt wurde.300Dieser ließ seinerseits die Aquädukte streckenweise zumauem,301 um nicht durch die Leitungskanäle das Eindringen der Feinde zu ermöglichen.302 In Rom wurden zwar später die Zuleitungen wieder instand gesetzt, aber die schwindende staatliche Macht wiit:te sich in einer fortschreitenden Vernachlässigung der Versorgungseinrichtungen aus. Während im Osten des Mittelmeerraumes beispielsweise Kaiser Iustinian (527 bis 565 n.Chr.) die Wasserversorgung Konstantinopels verbesserte und in manchen Städten überhaupt erst neue Leitungen errichten ließ,303 lebte man im Westen im allgemeinen nur noch von der Substanz, die jedoch langsam aufgebraucht wurde. Im J. 602 n.Chr. schrieb Papst Gregor I., vom kaiserlichen Bevoll mächtigten in Ravenna sollten schleunigst Schritte für die Wasserleitungen
Roms unternommen werden. Denn diese seien so sehr vernachlässigt, daß sie, wenn nicht unmittelbar Maßnahmen getroffen würden, in kurzer Zeit völlig zugrunde gingen.304 Die Situation Roms, der ehemaligen Hauptstadt,
298 Frontin, De aquiJ 16. 299 Procopius, Bella S,8,4S. 300 Procopius, Bella S,19,13; vgl. ö. Wikander, Opuscula Romana 12, 1979, 13 ff. 301 Procopius, Bella 6,9,S f. 302 Solche Versuche geschildert bei Procopius, Bella S,9,11 ff.; 6,9,1 ff. 303 Procopius, Aedificia 1,11,10 ff.; vgl. allgemein zu den Aquädukten in Konstan tinopel: Pb. Forcbheimer - J. Strzygowski, Die byzantinischen WUJerbehlllter von Konstantinopel, Wien 1893, 1 ff. bea. 12 ff. Procopius, Aedificia 2,3,25. S,11. 10,22; 3,3,8. 7,1 u. •. 304 Gregorius I, Bpistula 12,6 (Januar 602)� vgl. Bpistula 11,76 (Januar S98). Nach AE 1911, 90 erbaute der Bischof von Zenopolis die Wassa-leitung des bl. Sokrates.
250
Die Wasserversorgung im römischen Reich
wiederholte sich in zahlreichen anderen Städten. Vor allem s i t feststellbar, daß vielfach die Wasserentsorgung als erste nicht mehr funktionierte und damit größere Teile der Zentralorte unbewohnbar wurden.305 Mit dem Erlöschen der römischen Herrschaft und dem langsamen Auslaufen der von ihr getragenen Stadtkultur fand zwar die hochentwickelte zivilisatorische Leistung der Wasserversorgung und Wasserentsorgung kein abruptes Ende. Doch was davon ins Mittelalter hinein erhalten blieb, war nur noch ein schwacher Abglanz der einstigen Bedeutung und Größe.
Abkürzungen Dessau Dunean-Iones Escbebacb
Fahlbusch
FIRA Preis
ILAlg lnschr. Ephesus
IRT Körnet
Uebenam
H. Dessau, Inscriptiones Latinae selectae, Berlin 1892 ff. R. Duncan-Jones, The Economy of the Roman Empire: Quantitative Studies. Cambridge2 1982 H. Eschebach, Die Gebrauchwasserversorgung des antiken Pompeji, in: Antike Welt 10, 2, 1979 H. Fahlbusch, Vergleich antiker griechischer und römischer Wasserversorgungsanlagen, Mitteilungen aus dem Leichtweiß-Institut 73, 1982 Fontes Iuris Romani Antejustiniani H. Preis, Historische Inschriften zur römischen Kaiserzeit von Augustus bis Konstantin, Darmstadt 1984 Inscriptions Latines d'Algerie, hg. St. Gsell, H.-G. Pflaum. 1-ll, Paris 1922. 1957 Die Inschriften von Ephesus li-VII, bg. von Chr. Börker, R. Merketbach u. a., Boon 1979 ff. The Inscriptions of Roman Tripolitania R. Körner, Zu Recht und Verwaltung der griechischen Wasserversorgung nach den Inschriften, Archiv für Papyrusforschung 22/23, 1974, 155 ff. W. Liebenam, Städteverwaltung im römischen Kaiserreich, Leipzig 1900
30S V. Bierbrauer, Die Kontinuitlt stldtischen Lebens in Oberitalien aus archllologischer Sicht (5.-718. Jahrhundert), in: Die Stadt in Oberitalien und in den nordwestlieben Provinzen des Römischen Reiches, hg. W. Eck - H. Galsterer, Kölner Forschungen 4, Mainz 1991, 263 ff. bes. 284 ff.
Die Wasserversorgung. im römischen Reich Mensel
251
H. Mensel, Die Verwaltung und Finanzierung der öf fentlichen Bäder zur römischen Kaiserzeit, Diss. Köln 1960
Mygind 1
H. Mygind, Die Wasserversorgung Pompejis, Janus 22, 1917, 294 ff.
Mygind 2
H. Mygind, Hygienische Verhältnisse im Alten Pom peji, Janus 25, 1921, 251 ff.
Wörrle
M. Wörrle, Wasserrecht und -verwaltung in grie chischer Zeit, in: Vorträge der Tagung ((Wasser im Antiken Hellas,. in Athen, 4./5. Juni 1981, Mit
teilungen aus dem Leichtweiß-Institut 71, 1981, 71 ff.
Abb.1: Inscbrift aus Cbagnon (bei Lyon), die in det Nähe der Wasserleitung gefunden wurde, mit det An<xdnung Hadrians. dass niemand innedlalb des Schutzstrei
fens auf beiden Seiten der Wasserlei�g pflügen, säen oder pflanzen dürfe (cn.. xm 1623).
Die Wasserversorgung im römischen Reich
252
Abb.
2:
Inschrift aus Hebron in Palästina aus dem 5./6. Jahrhundert mit Androhung der Todesstrafe und der Einziehung des Eigentums für denjenigen, der auf dem Schutzstreifen zu beiden Seiten der Wasserleitung pflanzt oder sät (N. Svenson, Arsber. kungl. human. vetenskapssamf. Lund 1925/6, 65 ff.)
STAAT UND LANDWIRTSCHAFIUCHES BEWÄSSERUNGSSYS1EM ÄGYPTENS IN RÖMISCHER ZErr*
Als Octavian, der spätere Augustus, Jcu:rz nach dem 1. August des J. 30 v.Cbr.
in die ägyptische Hauptstadt Alexandria einzog, fand eine Auseinandersetzung ein
Ende, die von der Propaganda zu einem Ringen zwischen dem römischen Westen und dem fremden Orient stilisiert worden war. Tatsächlich aber wurde im wesentlichen nur ein innercher römis Machtkampf abgeschlossen. Ganz Ägypten fiel als neue Provinz an Rom oder vielmehr den nunmehr alleinigen Machthaber in Rom. an Octavian. Einer seiner engsten Freunde, Comelius Gallus, wurde sein Stellvertreter in Ägypten und erhielt den Titel eines praejectus Aegypti. Seine Hauptaufgabe war die militärische Sicherung des neueroberten Gebiets und das Aufrechterhalten des römischen Einflusses in Oberägypten. Um diesen
• Der Beitrag kann bei weitem keine erschöpfende Behandlung du Themu sein. Insbesondere ist u nicht möglich, in der vielleicht wünschenswerten Weise zeitlich und örtlich zu differenzieren, wu teilweise auch durch den Forschungsstand bedingt ist. Auch einzelne papyrologische Probleme mOssen außer Betracht bleiben. Die Belege bescbrlnken sich auf du Notwendigste. Hinzuweisen ist auch, daß der Vortrag, der hier zugrunde liegt. fOr ein allgemeinere. Publilcum butimmt war. FUr Hilfe bei der Sammlung des Materials habe ich Herrn Dr. Rudolf Haensch zu danken. FOr die genauen Angaben fOr die wichtigsten Papyruseditionen sei auf E.G. Turner, Greek Papyri, Princeton 1968, 154 ff. aowie auf 0. Montevecchi, La Papirologia, Torino 1973, 407 ff. verwiesen. Öfter zitierte Werke: Johnson, Roman Egypt • A.Ch. Johnson, Roman Egypt to the Reign of Diocletian, ND New York 1975; Lewis, Compulsory Services • N. Lewis, The Compulsory Public Services of Roman Egypt. Florenz 1982; Oertel, Liturgie = F. Oertel, Die Liturgie. Studien zur ptolemäischen und kaiserlichen Verwaltung Ägyptens, Leipzig 1917; Petaus • Du Archiv des Petaus, hg. U. Hagedom D. Hagedom - L.S. Youtie - H.C. Youtie, KOln/Opladen 1969; Postl, NU z B. Postl, Die Bedeutung des Nil in der römischen Literatur. Mit besonderer Berllclcsichtigung der wichtigsten griechischen Autoren, Wien 1970; Schnebel, Landwi.rtJchaft = M. Schnebel, Die Landwirtschaft im helleniatischen Ägypten, MOnehen 1925; Sijpesteijn, Penthemeros = P.J. Sijpesteijo, Penthemeroa - Certificatea in Graeco Roman Egypt. Leiden 1964; Thomu, Epiltrategoa • J.D. Thomu, The Epiatrategos in Ptolemaic and Roman E&ypt. Part 2: The Roman Epiltrategoa, Opladen 1982; Wallacc, Taxation = S.L. Wallace, Taxation in E&ypt trom Au&uatua to Diocletian, Princeton 1938; Wilcken, GrundzUge • L. Mittheil - U. Wilclcen, GrundzO&e und Chrestomathie der Papyrusurkunden I 1-2, Leipz:ig/Berlin 1912. 1993 ilt du umfusende Werk von D. Bonneau, Le �gime adminiltratif de l'eau du Nil dan1 l'�gypte grecque, romaine et byzantine, Leiden-New Yort-Köln, postum enchienen. Du Buch bringt auch die eiolchllgi&e Literatur bil 1991 (S. 311-328). Zur Administration und Finanzierung aind die S. 237-305 zu ver&leichen. Auf eine Einarbeitung in den hier wieder abgedruclcten Beitrag wurde verzichtet. da u lieb in vieler Hinlicht um eine parallele Daratellun& handeil
254
Staat und landwirtschaftliches Bewässerungssystem
Aufgaben nachkommen
zu können, wurde ihm von Octavian ein Heer von 3
Legionen sowie mehreren Hilfstruppeneinheiten anvertraut
seiner Biographie des Augustus (c. 18,2) als erste organisatorische Maßnahme Octavians für Ägypten erwähnt: «Um Ägypten ... ertragreicher und für die Getreidev�sorgung der Stadt (d.b. Bezeichnend ist aber nun, was SueiOD in
Roms) ergiebig� zu machen, ließ er alle Kanäle, in die sich der Nil �gießt, die aber wegen langdau�der Vernachlässigung verschlammt waren, unter Einsatz
des Heeres reinigen.»I Zwei Aspekte werden dabei deutlich herausgestellt 1. die auch v001 neuen Herrscb� sofort erkannte Abbangigkeit des landwirtschaftlichen
Ertrags von d� Qualität der Bewässerung des Landes, sodann aber 2. auch die
Notwendigkeit organisatorischer Maßnahmen
von seiten des
Staates, um das
Funktionieren des Bewässerungssystems zu gewährleisten. Zwar weiß beute,
man
daß nicht der Zwang, das Land mit Wasser zu versorgen, im
pharaonischen Ägypten die politische Suprastruktur sowie ein zentrales
V�altungssystem geschaffen bat.2 Aber nachdem einmal durch menschliche Arbeit im großen Maßstab die Auswirkungen der jährlichen Nilüber
schwemmung verstärkt und aufedleblieb größere Landstriebe ausgedehnt worden waren,3 konnten nur eine staatliche Oberaufsicht und ein kontrollierendes V�tungssystem diesen Zustand edlalten und gewährleisten.
Als Rom seine Herrschaft in
Ägypten antrat, war es in der Lage, auf den
pharaonischen und insbesondere ptolemlischen Einrichtungen aufzubauen. brachte der politische Herrschaftswandel
teilweise unmittelbar,
Doch
teilweise auch
erst im Laufe der Zeit nicht unwesentliche Veränderungen mit sich, die auch die Formen betrafen, mit denen
das
Funktionieren des Bewässerungssystems
1 Vgl. Strabo 16,1,9 f. und Dio S1,18,1. Dazu auch W.L. Westermann, Aeliua Gallus and the Reorganization of the Irrigation System of Egypt under Augustus, Clusical Ä Philology 12, 1917, 237 ff. Zur Bedeutung gyptens für die Komversorgung Roms 0. Rickmann, The Com Supply of Ancient Rome, Oxford 1980, 67 tf., 231 ff. 2 W. Schenkel, Die Bewlsserungsrevolution im Alten Ägypten, Mainz 1978; dera., Ä gypten, Göttinger Die Einführung der künstlichen Pe1derbewlsserung im Alten Miszellen 1 1 , 1974, 41 ff.; E. Endeafelder, Zur frage der Bewässerung im Ä pbaraoniacben gypten, in: Acta of the Pirat International Congreu of Egyptology, Berlin 1979, 203 ff. 3 Zur Bewlsserung im pharaoDiaeben Äg ypten kun W. Schenkel, Lexikon der A Ä gyptologie I 77S ff.; H. Kees, Du alte gypten, Wien-Köln.Gru 1977, 22 ff.; W.L. Weatermann, The Developement of the Irrigation System of Egypt. Clusical Pbilology 14, 1919, 158 ff.
Staat und laodwirtscbaftlicbes Bewässerungssystem
255
gesichert werden sollte. Insbesondere war dieses Funktionieren bestimmt dmcb den von den Römern teilweise veränderten Verwaltungsaufbau.4
Ägypten unterstand als geschlossene Einheit dem Präfekten von Ägypten (pratftctus Atgyptl), der der Stellvertreter des römischen Kaisers war;S eine rechtliche Beschränkung seiner Amtsgewalt bestand nicht: politisch, ad ministrativ, jurisdiktionell, milltlrisch und {zumindest teilweise) religiös war seine Zuständigkeit allumfassend, sie wurde lediglieb in der Praxis dmcb die konkrete Unmöglichkeit der Omnipräsenz und die geringe Schnelligkeit der Kommunikatioo begrenzt Der ständige Amtssitz des Präfekten war Alexandria; dochbesuchte er in einem regelmllßigen Turnus die anderen Landesteile, um auf diese Weise den Bewohnem der Provinz eher die Möglichkeit zu geben, ihre
Anliegen und Rechtsstreitigkeiten an den bOcbsteD Vertreter der römischen Macbt heranzuttagen.6 Neben dem Präfekten amtierten in Alexandria noch weitere hohe römische Funktionsträger, die den Präfekten in Sonderbereichen entlasteten. Zu nennen sind: 1. der iuridicus, der für bestimmte Arten von Prozessen zuständig war;7 2. dez Dioiket, der etwa seit .badrianiscbec Zeit für weite Bereiche der Steuern und der Wirtschaft verantwortlieb zeicbnet.e;B 3. der Leiter des idios Iogos, einer kaiserlichen Sondelkasse, in die bestimmte, dafür reservierte Einnahmen flossen, jedoch keine regelmäßig zu leistenden Steuem.9 Alle diese kaiserlieben Beauftragten und einige weitere, die aber hier nicht einzeln genannt werden
4 Allgemein Wilcken, Grundzage 28 ff., 1S3 ff. P. Jouget, La vie municipale dans ragypte romaine, Plril 1968, 188 ff. Vgl. auch N. Lewil, Life in Bgypt under Roman Rule, Oxford 1983, 1S6 ff., 18S ff. S O.W. Reinmuth, lbe Prcfect of Bgypt from Augustu1 to Diocletian, Leipzig 193S; A. Stein, Die Prlfelcten von Ägypten in der römilcben Kaiserzeit, Bern 19SO; M. Humbert. La juridiction du Jrifet d'agypte d'AugUite l Diocl�tien, in: F. Burdeau u.a., Alpeeta de l'empirc romain, Plril 1964, 9S ft.; P .A. Brunt, lbe Administrators of Roman Bgypt, JRS 6S, 197S, 124 ff. • den., Roman Imperial lbemes, Oxford 1990, 21S ff.
6 Foti Talamanca, W. Bclc, Die religiösen und lcultiscben Aufgaben der römilcben Statthalter n i der hohen Kaiseneit, in: Rellgio Deorum, Actu del Coloquio Intemacional de Bpigraf!a, Barcelona 1992, 1S1-160; den., Zur Durchsetzung von Anordnungen und Botscheidungen in der hohen Kaiserzeit: Die administrative lnformationutrulctur, SIFC X, 1992, 91S-939 = in dieaem Band S. SS ff.; S. Strusi. Problemi relativi alla diffuaione delle disposizioni amministrative nell'Bptto Romano, ZPB 96, 1993, 89 ff. 7 H. Kupilzewslci, 1be Iuridi.cua Alexan
256
Staat und landwirtscbaftlicbe Bewässerungsy s stem
müssen. waren in ihrer Zuständigkeit ebenso wie auch der Präfekt auf ganz
Ägypten ausgerichtet.
Ganz im Gegensatz zu den sonstigen Gegebenheiten in den römischen
Provinzen wies Ägypten jedoch auch auf der mittleren Ebene eine deutliebe administrative Gliederung auf, die von römischen Amtstragern geleitet wurde,
eine echte staatliebe Mittellnstanz. Dies waren die sogenannten Epistrategien,
drei (oder vier) an der Zahl. die wohl seit spätaugusteischer Zeit existierten: die Thebais in Oberägypten. die Heptanomia als mittlerer Teil und schließlieb
Unterägypten, das im wesentlichen aus dem Gebiet des Deltas bestand und
vermutlieb in zwei Epistrategien eingeteilt war.lO Fürjedes dieser Gebiete wurde
ein Epistratege ernannt, derjeweils nur für seinen Bereicb verantwortlich war und dem Präfetten in Alexandria unterstand.
Die Eigenart aller bisher genannten Amtsträger war, daß sie vom Kaiser direkt
ernannt wurden. daß sie römische Bürger waren und auch, von verschwindenden Ausnahmen abgesehen. nicht aus Ägypten stammten; zum größten Teil hatten
sie sieb sogar vrx ihrer AmtsWigkeit nie im Land am Nil aufgehalten. jedenfalls
nicht in offiziellem Auftrag. Bei fast allen von ihnen ist somit auch nicht mit irgendwelcben spezifiSeben Kenntnissen, die möglicberweise für die Verwaltung
dieser Provinz und speziell für die besondere Art der Bewässerung des Landes nützlieb gewesen wären, zu recbnen.l 1 Doch standen ihnen eine nicht näher zu
benennende Zahl von Helfern in ihren Büros zur Verfügung, die wohl auch längerfristig dort tätig waren,12 während die aus Rom abgesandten Vertreter zumeist nur zwischen zwei und vier Jahre lang am Nil blieben,13 um dann wohl im allgemeinen auf eine andere amtliebe Stelle in einer anderen Provinz oder in Rom befördett zu werden. Ganz selbstverstäDdllcb wurden alle diese Amtsträger mit einem Gehalt entlobnt, das beim Präfekten von Ägypten kaum weniger als 300'000 Sesterzen betragen haben kann; im Laufe des 2. Jb. dürfte es noch höher geworden sein.1 4 Verantwortlieb waren sie letzten Endes alle dem Kaiser, von
dem sie auch alleine ernannt und entlassen werden konnten, wenn sie auch im 10 Thomu, Bpiltrategos 26 ff. 1 1 Brunt (Anm. 5) 128 ff. 222 ff. •
12 Se i be z.B. A. Stein, Untersuchungen zur Geschichte und Verwaltung Ägyptens
unter römilcber Hemchaft, Stuttgart 1915, 187 ff.
13 Die recht untenchiedlicbe Unce UDd da- «Durcluclmitt» ll8t sich leicht aus den U.ten von 0. Butianini, ZPB 17, 1975, 263 ff.; 38, 1980, 7S ff. sowie Brunt (Anm.
l 142 ff.,
S
24S ff. ablesen.
1 Vgl dazu 0. Alföldy, Die Stellung der Ritter in der FUhrungsschicht des Impaium
Romanum, Cbiron 11, 1981, 169 ff. bes. 183 ff.
•
den., Die Römische Gesell·
schafl Ausgewlhlte Beitrlge, Stuttgart 1986, 162-209 mit Nachtragen.
Staat Wld landwirtscbaftlidles Bewässerungssystem
257
dienstlichen Verhältnis in Ägypten selbst hierarchisch dem Präfekten Wlterstanden.1S Eine ganz andere Welt eröffnet sich, sobald man die Ebene Wlterhalb der Epistrategien betrachtet, die sogenannten Nomoi oder Gaue, eine Landes einteilWlg, die bereits eine jahrtausendealte Tradition hatte. Als eine mögliche Zahl dieser Gaue in ganz Ägypten wird 42 angegeben, doch hat sie immer wieder geschwankt. Zeitweise umfaßte die Thebais, also Oberägypten, 13 Gaue, die Heptanomia 1 1 und etwa 13 weitere verteilten sich auf das Delta. 16 Die Größe dieser Gaue variierte erlleblich, auch deshalb, weil manche durch Zusammenlegen zweier vorheriger Einheiten entstanden waren. Jeder einzelne Gau wurde von einem sogenannten Strategen geleitet, dem die gesamte zivile Verwaltung i stand der Basilikogrammareus, der königliche zugeordnet war; 17 neben hm Schreiber, 18 sowie der (oder die) Leiter einer Art Staatsbank, die Ein- und Auszahlungsstelle für alle staatlichen Gelder auf der Gauebene war. Alle drei hatten ihren Sitz in der Gauhauptstadt, der Metropolis. Doch darf diese Bezeichnung «Stadt» nicht irreführen; denn bis zu Septimius Severus, d.h. bis zu Anfang des 3. Jh.s, fehlte einer solchen Metropole genau das, was sonst eine griechisch-römische Stadt auszeichnete, nämlich die innere Autonomie. Klarstes Zeichen daflir war das Fehlen der meisten Selbstverwaltungseinrichtungen, vor allem des Rates. Damit ist auch schon klar, daß die drei genannten Amtsträger des Gaues nicht von den Bewohnern selbst oder wenigstens einem «re präsentativen» Teil in irgendeiner Form bestimmt wurden. Sie wurden vielmehr von außen her ernannt, der Stratege z.B. durch den Präfekten von Ägypten selbst.19 Im allgemeinen kam der Stratege nicht einmal aus dem Gau, in dem er amtierte, 20 dies vor allem deshalb, um eine relative Neutralität bei der Amtsführung zu gewährleisten. Da die Tätigkeit besoldet war, scheint sie attraktiv genug gewesen zu sein. wn eine «Bewerbung» voo außerhalb des Gaues anzuregen. Der Gau seinerseits war ebenfalls unterteilt, in sogenannte Toparchien, mindestens je zwei für jeden Nomos. einen nördlichen Wld einen südlichen, was mit dem Bassinsystem der Bewässerung zusammenhängen soll; doch ist dies eher 1S Zur Frage der Hierarchie zuletzt Hagedom (Anm. 8) 183 ff. 16 Se i be zuletzt Hinweise bei Tbomaa, Epistrategos 15 ff. 17 N. Hoblwein, Le stra�ge du nome, Brüssel 1969. lB
E. Biedermann, Studien zur lJyptiscben Verwaltungsgescbic:bte n i ptole mllisc:b-römisc:ber Zeit Der pacnMK� 'YpaJLJW.u;U�, Berlin 1913. 19 Hohlwein (Anm. 17) 19 f. 20 J.G. Tait, Tbe Strategi and Royal Sc:ribe.s in tbe Roman Period. JEA 8, 1922, 1 66 ff.; Petaus p. 20.
Staat tmd landwirtschaftliebes Bewässerungssystem
258
unwahrscheinlich. Die genaue Funktion der Toparebien ist jedenfalls kaum zu fassen.21 Weit besser wissen wir über die unterste Ebene Bescheid. den Bereich der Komai,
der Dörfer des einzelnen Gaues mit ihren
Fluren. Der wichtigste
Funktionsträger für jedes Dorf war der KomograilliD81tus, der Dorfschreiber;22 wie sein Name schon sagt, war
t s, der er wie auch der Basilikogrammatu
in pharaonischer Zeit existiert hatte. Der Typus seiner Funktion unterscheidet sieb von allen, die bisher genannt wurden, dadurch, daß es sich bei ihr um eine
königliche Schreiber, die Fortführung einer Einrichtung, die bereits
sogenannte liturgische Funktion handelt; in solchen Fällen lag es nicht
im
Belieben einer Person, die Tätigkeit auszuüben oder nicht, vielmehr konnten
solche sogenannten Liturgen von einem staatlichen Organ, in diesem Fall dem Gaustrategen, gezwtmgen werden, die entsprechende Aufgabe zu übernehmen. Im Falle von Unregelmäßigkeiten,
die fmanzielle Verluste für den Staat nach sieb
zogen, wurde der Betroffene mit seinem Vermögen
haftbar gemacht.23 Aus
diesem Grunde wurden Liturgen nur aus einem beschränkten Bevölkerungskreis ausgewählt, wobei ein bestimmtes Mindestvermögen die Voraussetzung war.24 Die Höhe des Mindestvermögens konnte dabei edleblich schwanken, je nach der mit der Aufgabe verbundenen Verantwortung. In der 2. Hälfte des 2. Jh.s n.Chr. dürfte sie im Faijum für einen Dorfschreiber 3'000 ägyptische Drachmen = 750
römische Denare betragen haben, keine allzu große Summe, jedenfalls wenn man in Rechnung zieht, was wir über Vermögensverhältnisse in den römischen Provinzen wissen.25 Wie grammareus
im
der
Stratege scheint
allgemeinen eher nicht
in
im
übrigen auch
der
Komo
seinem Dienstbezirk beheimatet
gewesen zu sein, d.h. er stammte zwar aus dem Gau, in dem er tätig war, aber aus einem anderen Dorf. Der Komogrammattus Petaus, über den wir etwas genauer unterrichtet sind. hatte so z.B. seinen normalen Wohnort in Karanis im nördlichen Faijum, verantwortlich war erjedoch für Ptolemais Hormu im Süden
desselben Gaues, rund 35 km von seinem Heimatort entfemt26 Da die Tätigkeit über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden mußte, erhielt der Dorfschreiber, obwobl Liturge, dafür eine «Aufwandsentscbädigung».
21 Im Zusammenbang du Bewllaerung vgl. unten zu den Chomatepimeletai ferner P. Berol. lnv. 25233: Anweiaung von Geld durch den Topareben (W. Brasbear, Before the Penthemuos: Govunment Fundi for tbe Canals, BASP 16, 1979, 25 ff.). 22 Vgl. zu ihm vor allem die Einleitung zum Petausarchiv: Petaus p. 17 ff.; ferner E.G. Turnu, The Papyrologist at Work. m. Viilage Administration in the Roman Empire in the Second Century, Durbam 1973, 32 ff. 23 Oertel, Uturgie 62 ff.; Lewia, Compulsory Services 55 ff. 24 Lewis, Compulaory Suvices 74 ff. 25 Petaus p. 21; Lewis, Compulsory Services 37. 26 Petaus p. 18 ff.; Lewis, Compulsory Services 37.
Staat wtd Jandwirtscbaftliches Bewässenmgssystem
259
Neben dem Dorfschreiber standen in jedem Dorf noch die sogenannten «Älteren», Presbyteroi, die freilich in der Praxis oft auch recht jung sein konnten. Sie wurden aus den Dorfbewohnern selbst bestimmt, waren aber wie der Komogrammareus ebenfalls Liturgen mit einem bestimmten, keineswegs sehr großen Mindestvermögen.27 Wie das genaue Verhältnis des Dorfschreibers zu den Dorfältesten bei der Bewältigung der anfallenden Arbeiten für die Bewässerung aussah, läßt sieb heute noch nicbt genau rekonstruieren. Es bat aber den Anschein, als ob die Presbyteroi im 1. Jb. eine größere Rolle gespielt hätten, während späterdet K<mo�us stärker in den V
Produktion einbezogen werden konnte.3 1 Diesem Typ von Arbeiten sind aber auch landesweite Aktionen zuzurechnen, wie der scbon erwähnte Auftrag des Augustus, alle Kanäle nacb jabre- oderjabnehntelanger Vemachlässigung wiedet instand zu setzen. Ähnliches scheint wtter Kaiser Probus im späten 3. Jb. erfolgt
27
Lewis, Compulsory Services 4S; A. Tomsin, �tude sur les npeoJ}u-tepot des
villages, Bulletin de la Classe des Lettres de l'Acadmue Royale de Belgique, Ser. S, 38, 1953; Brasbear (Anm. 21) 25 ff. 28 Vgl. Brasbear (Anm. 21) 25 ff.; P. Ryl. n 80; P. Strasb. SS; P. Par. 66. 29 Ähnlich aucb D. Bonneau, in: Proceedings of tbe XVI. International Congress of Papyrology, Chicago 1981, 3 28. 30 PJ. Sijpesteijn, Der JtO'W4.10c; Tpaux\'Oc;, Aegyptus 43, 1 963, 70 ff.
31 D. Bonneau, Fiscalit6 et irrigation artificielle en �gyptc a l'6poque Points de vue sur la fiscalit6 antique, Paris 1979, 57 ff.
romaine,
in:
260
Staat tmd landwirtschaftliches Bewässerungssystem
zu sein.32 De� Ausnahmesituationen entsprachen in diesen Fällen auch die tmkonventionellen Mittel: Augustus setzte, ebenso wie Probus, das Heer ein,
das üblicherweise mit diesen Aufgaben nicht belastet wurde.33 Entscheidend für das kontinuierliche Funktionieren waren jedoch
2. die ständig sieb wiederholenden Arbeiten; denn erst wenn diese vernachlässigt wurden, erwiesen sich Maßnahmen des ersten Typus wie unter Augustus oder Probus als notwendig. Wesentlich waren die Routinearbeiten am schon bestebenden Bewässerungssystem einschließlich des lokalen Aus- und Umbaus. Da die Überschwemmungen des Nils, auf die das Kanal- und Beckensystem ausgerichtet war, mit größter jahreszeitlicher Präzision zwischen Juli und November mit dem Wasserhöchststand im August erfolgten, waren auch die wiederkehrenden Arbeiten an diesem Rhythmus ausgerichtet. In erster Linie handelte es sich darum, die Kanäle, Dämme und Schleusen für die Verteilung des Wassers zu erhalten oder zu emeuem.34 Kanäle (6ubpuyec;) dienten der
Zuleitung zu den Bassins, die Dämme (Xc4J.ata) liefen an den Kanälen entlang
oder UJilSChlossen die Bassins und ermöglichten auf diese Weise die längerfristige Überflutung der Äcker und das Absinken der vom Nilwasser mitgeführten Stoffe, die jede künstliche Düngoog unnötig machten. Auf Grund der geographischen Gegebenheiten war freilich das Geflllle in de.n Kanälen recht gering, so daß der Nilschlamm sich auch dort absetzte, was insbesondere in den Monaten mit geringem Wasserstand geschah. Die Folge war einmal die Erhöhung der
Kanalsohle, sodann aber ein verstärktes Pflanzenwachstum in dem fruchtbaren Schlamm, das angesichts der auch in den heißesten Monaten vorhandenen Feuchtigkeit besonders intensiv war. In den Kanälen, die sich am Rande des Fruchtlandes entlang zogen, vollzog sich die Auffülng lu vor allem auch durch den Sand. .<Jer von der benachbarten Wüste in die langgezogenen Wasserrinen n geweht wurde. Auch die Böschungen bedurften einC2' ständigen Pflege, da durch Witterungseinflüsse, durch die Unachtsamkeit von Menschen und durch Tiere Schäden entstanden. Ähnliches war auch bei den Dämmen nötig, deren Krone nicht selten als Verbindungswege benutzt wurde. Immer wieder wurde dadurch die Haltbarkeit beeinträchtigt; doch die größten Schäden entstanden durch zufälligen 32 Sueton, Augustus 18,2; Historia Augusta, vita Probi 9,3. Auf die augusteische Zeit ist vermutlich auch CIL m 6627 Dessau 2483 zu beziehen. 33 Vgl. zum außergewöhnlichen Einsatz von Soldaten bei der Beaufsichtigung von Fronpflichtigen: H.C. Youtie, Scriptiunculae I, Amsterdam 1973, 625 ff.; P. Reinach II 115. Ferner Oertel. Liturgie 63 mit Anm. 4. 34 Dazu Schnebel. Landwirtschaft 29 ff. mit breiter Erörterung der verschiedenen Arbeiten; W.L. Westermann, Dike Corvk in Roman Egypt. On lhe Meaning of =
d+t>J.ta�, Aegyptus 6,
1925, 121 ff.
Staat Wld landwirtscbaftliches Bewässerungssystem
261
Bruch oder auch durch bewußt berbeigefübrtes Durchstechen der Dämme, wobei
die Gründe recht mannigfach gewesen sein können.35
Daß die kaiserliebe Verwaltung in Ägypten nicht anders als ihre Vorgänger in pharaonischer bzw. ptolemäischer Zeit höchstes Interesse am Funktionieren des Bewässerungssystems baue, lag zwar nicht allein, aber auch an den Auswir kungen, die Schäden nach sieb zogen.36 Denn notwendigerweise resultierte daraus ein venninderter Steuererttag, der wesentlich durch die konkrete Höbe der jährlichen Überschwemmung bedingt wurde.37 Spätestens seit der Zeit des Antoninus Pius (138-161 n.Chr.) wurden von den steuerpflichtigen Bauern Er lclärungen darüber abgegeben,38 welche Landstriebe das Hochwasser nicht er
reicht bzw. welche Gebiete zu lange unter Wasser gestanden hatten und damit
nicht rechtzeitig bearbeitet werden konnten.39 Selbstverständlich hing dies zu
einem erbeblieben Teil von der tatsäeblieben Höhe der Nilflut ab; doch schadhafte Dämme oder mehr oder weniger verstopfte Kanäle konnten die Auswirkungen beträchtlich verstärken. Noch schlimmere Folgen hatten schadhafte oder nicht benutzbare Schleusen, da n i solchen Fällen das Wasser nicht, wie es notwendig war, gesteuert werden konnte. Den Zusammenbang gibt
ein Papyrus aus dem J. 2101211 klar zu erkennen. Das Dokument ist die Ein
gabe von Bauern aus dem Dorf Kerkesoucba an den Epistrategen der Heptanomia.40 Die Grundbesitzer klagen, daß verantwortliebe Funktionsträger 35 A.E.R. Boak, Notes on Canal and Dikc Work in 215 ff.; Sijpesteijn, Penthemeros, 12 ff.
Roman Egypt, Aegyptus
7, 1926,
36 Allgemein dazu D. Bonneau, Le fisc et le Nil, Paris 1971; dies. (Anm. 31) 57 ff. 37 Grundsitzlieh wllre hier auch das Problem der Nilometer zu erörtern, insbesondere
die Frage, wer die Meldungen darüber zu geben hatte. Denn es ist au.ffil.lg li , daß die Nilometer offensiebtlieb durchweg mit Tempeln und Heiligtümern verbunden waren. Doch wUrde die Erörterung zu weit führen. Allgemein zum Nil und seinem Kult D. Bonneau, La crue du Nil, divinit6 �gyptienne � travers mille ans d'histoire (332 av. - 641 ap. J.-C.), Paris 1964; zu den Nilometern dies., Le nilom�tre: aspect architectural, Archeologia 27, 1976, 1 ff.; H. Jaritz - M. Bietak, Zweierlei Pegeleichungen zum Messen der Nilfluthöben im Alten Ägypten, MDAI (K) 33, 1977, 47 ff. Ebenso ist hinzuweisen auf Nilstandsmarken, die sieb in Tempeln finden und unter der Leitung von Priestern angebracht wurden, z.B. SB m 6597-6609. Allgemein PosU, Nil 140 ff. 38 Siebe Jobnson, Roman Egypt 37 f. mit zahlreichen Beispielen. 39 C. Pr�aux, D6claration d'inondation dUicitaire du Brooklyn Museum (P. Brooklyn gr. 5). CdE 38, 1963, 117 ff.; L.C. & H.C. Youtie, Tbree Declarations of Uninundated Land, ZPE 33, 1979, 193 ff. Zu den verschiedenen Landtypen vgl. z.B. W.L. Westermann, The «Uninundated Lands» in Ptolemaic and Roman Egypt, CPh 15, 1920, 120 ff.; 16, 1921, 169 ff.; ders., The «Dry Land» in Ptolemaic and Roman E&ypt, CPh 17, 1922, 21 ff.; Jobnson, Roman Egypt 29 ff. 4 SB N 7361 = H.C. Youtie, P. Mich. Inv. 2920 = Sammelbucb IV 7361, ZPE 15, 1974, 149 ff.; dazu Thomas, Epistrategos 173.
262
Staat IDld landwirtscllaftlidles Bewässerungssystem
nicht die für den Damm- IDld Kanalbau nötigen Materialien geliefert hätten, so wie es in jedem Jahr üblich gewesen sei. So seien sie nicht in der Lage, ein hölzernes Wehr instand zu setzen, weshalb ein Austrocknen des Landes und det Verlust det Steuern für die kaiserliche Kasse drohe. Denn das betroffene Land liefere sonst mehrere 10'000 Artaben (wohl Getreide), d.h. mehrere 100'000 Liter. Der 'Epistratege möge sich deshalb einschalten, damit der fmanzielle Ausfall vermieden werden könne. Dabei ging es denLandbesitzern natürlich auch um die eigenen Einnahmen. Das große Interesse det kaiserlichen Administration an der ordnungsgemäßen Instandhaltung det Dämme sieht man an einem Satz, den Ulpian zu Beginn des 3. Jb. im 9. Bucb seiner Abhandlung über die Aufgaben eines Statthalters for muliert hat Danach wird jeder, der einen Nilwasser führenden Kanal beschädigt, je nach seiner Stellung mit Zwangsarbeit oder mit Arbeit im Bergwerk bestraft.41 Ähnliche Strafen erwarten den, der einen Sykomorenbaum fälle, da diese Bäume wichtig seien für die Festigkeit der Dämme.42 In ptolemäischer Zeit hatte man sogar die Bauern zwangsweise verpflichtet, solche Bäume zur Befestigung det Kanäle an deren Rändern anzupflanzen.43 Aus der Tradition des Landes am Nil ergaben sich sehr verschiedene Mög lichkeiten, um alle anfallenden Arbeiten an den Bewässerungseinrichtungen zu erledigen; gleichbleibend war nur die stetige Leitung durch staatliche Funk tionsträger. So wurden die umfangreichen Meliorationsarbeiten, die freilich außerordentlichen Charakter hatten, unter dem zweiten Ptolemäerkönig zu Beginn des 3. Jh. v. Chr. im Faijum durch Unternehmer durchgeführt, denen Königsbauern zur Vedügung standen, die aber bezahlt werden mußten; die Kosten wurden aus der königlichen Kasse beglichen. D.h. die öffentlichen Arbeiten an Kanälen und Dämmen wurden damals letztlich durch Steuer zahlungen finanziert.44 Bereits die Ptolemäer hatten allerdings für diese speziellen Arbeiten eine eigene Steuer eingeführt, das XC.OJ.lCl'ttlCOV (Cho matik6n), die Dammsteuer. Sie war entsprechend dem jeweiligen Umfang des bearbeiteten Landes erhoben worden, belastete also diejenigen, die den Nutzen von der Bewässerungseinrichtung hatten, und zwar anteilmäßig. Die römische Regierung Ägyptens entschied sieb hier anders als die Ptolemäer. Zwar wurde die 41 Zur Abhlingigkeit der Strafhöhe vom sozialen Status siehe R. Rilinger, Humiliores - Honestiores. Zu einer sozialen Dichotomie im Strafrecht der römischen Kaiserzeit, München 1988 und Fr. Vittinghoff, in: Handbuch der Europliischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte I, hg. Fr. Vittinghoff, Stuttgart 1990, 233 ff. 42 Digesten 47,11,10. 43 G.M. Par.Usoglou, APP 24125, 1976, 92 f. 44 Schnebel, Landwirtschaft 47 ff.
Staat und Jandwirtscbaftlich.es Bewässerungssystem
263
Sondersteuer für Dämme genauso genannt wie in ptolemäischer Zeit, nämlich XCOJ.l.Cl'tl1C6v;45 doch handelte es sich um eine Kopfsteuer, die von allen Steuerpflichtigen, unabhängig von ihrem Einkommen und ohne Rücksicht. ob sie
Landbesitz hatten oder nicht. erbracht werden mußte.46 Dies war insofern auch
gerechtfertigt. als der Schutz der Siedlungen durch die Dämme allen zugute kam; Ägypten als Geschenk des Nils forderte somit auch von allen Tribut, oder besser vom größten Teil der Bevölkerung.47 Denn kleine Gruppen, so etwa die Bewohner der Gaumetropole Arsinoe im Faijum, waren offensichtlich davon befreit und dies galt sicher auch für römische BUrger sowie für die BUrger der Hauptstadt Alexandria.48 Ein gleichartiger Personalstatus für alle Bewohner (wobei man von den Sklaven einmal absehen
kann) war in Ägypten wie im
übrigen auch in den anderen Provinzen des römischen Imperiums keineswegs
gegeben. Dieser Zustand wurde nicht einmal durch die allgemeine Verleihung des römischen Bürgerrechts an alle freien Reichsbewohner durch
Kaiser Caracalla
(wohl im J. 212 n. Chr.) erreicht. Somit wurde das XCtlUl'tllC6v als Kopfsteuer vor allem von den Landbewohnern Ägyptens bezahlt. und zwar pro Person 6 Drachmen und 4 Obolen.49 Bei einer kopfsteuerpflichtigen Bevölkerung von mehreren Millionen war der Ertrag nicht gerade gering. Es ist heute freilich nicht zu erkennen, wozu konkret diese Steuereinnahmen verwendet wurden, vor allem
nicht, ob sie völlig zweckgebunden waren. Denn unmittelbare Hinweise darauf, daß von seiten der römischen Verwaltung Steuergelder für die jährlichen oder auch außergewöhnlichen Kanal- und Dammarbeiten aufgewandt wurden, fmden
sich nur wenige. lmmelbin wurden Arbeitskräfte, die beim Bau des Traianskanals zum Roten Meer eingesetzt wurden, bezahltSO und aucb
in den Anfangsjahren
des Augustus scheinen angeworbene und entlohnte Albeiter bei Reparaturen an Kanälen tätig gewesen zu sein.5 1 Auch für die Kanäle im Delta ist der bezahlte
Einsatz
von Arbeitern im
3. Jh. n.Chr. bezeugt. 52 Ferner ist zu vermuten, daß
bestimmte Kosten, die für das Bewässerungssystem nötig waren,
aus der Gau-
4S Quittungen dafUr z.B. 0. Tait ll 558 ff. 46 Wallace, Taxation 140 ff.; vgl. D. Hobson, P. Rainer Cent. 61 . 47 Vgl. unten Anm. 151. 48 Wallace, Taxation 420 Anm. 27. 49 Wallace, Taxation 140 f.; einzelne Beispiele etwa 0. Meyer 35-37. SO Sijpesteijn (Anm. 30) 74 ff. Sl Brasbear (Anm. 21) 2S ff.; unter Caligula fmden sich Xcq.ta'tEP"fO� in P. Fay. 214, dazu Schnebel, Landwirtschaft 54; doch kann u sich dabei auch um Fronarbeit handeln. 52 P. Oxy. 1427. Bei J.O. Milne, Theban Ostraca m. Oreek Texts, London 1913, 148 f. Nr. 130 werden für Erdarbeiten, die io Naubien berechnet sind, pro Naubion 13 Obolen bezahlt.
264
Staat tmd landwirtscbaftllcbes Bewässerungssystem
hauptkasse bestritten wurden.53 Oben wurde auf die Beschwerde der Landbesitzel' in Kerkesoucha aus dem J. 210011 verwiesen. Was sie vor allem beklagen, war die Nicbtanlieferung des nötigen Holzes durch dafür vorgesehene Funktions träger.54 Diese waren aber sicher nicht verpflichtet, dieses Baumaterial aus der eigenen Tasche zu bezahlen; sie hatten sieb nur um die Anlieferung zu
kümmern. Yennutlieb wurde ihnen entweder das Holz unmittelbar zur Verfügung gestellt oder, wabrscbeinlicber, die zum Kauf ausreichenden Fmanzmittel. Somit kann man annehmen, daß bestimmte Aufgaben für die Bewässerung, die fmanziell abgegolten wurden. zu Lasten der kaiserlieben Kasse gingen und damit über das Xc.tlJ.Ul't\lc6v fmanziert wurden.55 Doch die Masse der für Kanäle, Dämme und weitere Bewässenmgsein· ricbtungen nötigen Arbeiten wurde auf andere Weise bewältigt, nämlich durch unmittelbare Tätigkeit derer, die auch Nutznießer der entsprechenden Ein richtungen waren, d.h. jeder Ptlichtige hatte ein bestimmtes Quantum an Arbeit für die Gemeinschaft zu erbringen. Für das Bewässenmgssystem war dies bereits im Pharaoneureich üblich gewesen, ebenso auch in der Ptolemäerzeit.S6
Während der ersten drei Jahrhunderte der römischen Herrschaft kennen wirzwei Arten der Fronarbeit an den öffentlichen Bewässetungseinricbtungen. Die eine Art dürfte landesweit üblich gewesen sein.57 Benannt wurde sie nach dem Raummaß va'\Sßtov (N4ubion), das in römischer Zeit eine Seitenlänge von etwa 1,56 m (= 3 königliche Ellen zu je 0,52 m), somit rund 3,8 cbm umfaßte. Dies
hieß, daß im allgemeinen bei solchen Arbeiten von einet Person eine bestimmte Menge von Erde bewegt werden mußte,S8 was im Zusammenbang mit Kanal
und Dammbau sehr wobl verständlich ist Denn das bev
$3 Vgl. Oertel, Liturgie 289; Wallace, Taxation 143; in P. Berol. Inv. 25233 wurde durch den Topareben Geld aus der Offentliehen Bank ftlr Kanalarbeiten angewiuen (vgl. Brubear [Anm. 21) 2S ff.). In P. Mil. Vogl 212 (aua dem J. 109 n.Cbr.) werden Zahlungen im Bereich der d+roo+UA.auc; genannt; vermutlieb handelt es sieb um
Gelder !Ur Scbleusenwlrter (Lewis, Compulsory Servicea 17). Zum Teil wurden die Bewohner von Dödem auch verpflichtet, direkt besondera qualiftZierte Krllfte zu bezahlen (P. Fior. 273). Vgl. ferner u. Anm. 104 zur Bezahlung der Hydropbylakes.
54 Oben Anm. 40. 55 Vgl. A. Martin, Le P. Oxy. 800 et le fmancemeut del travaux publica, CdE 54, 1979, 131 ff.: Aunablungen aua· dem kyriakoa logoa. S6 C. �aux, Economie royale dea Lagidea, BrGuel 1939, 395 ff. 51 Dazu Wallace, Taxation 59 ff.; Sijpeateijn, Pentbemeroa 18 ff.; derl., Micbigan Papyri (P. Mich. XV), Zutpben 1982, 1 54 ff.; Oertel, Uturgie 74 ff. 58 Siebe z.B. 0. Mich. 807-847.
Staat und landwirtscbaftlicbes Bewässerungssystem
265
Soweit wir wissen, wurde jährlich innerhalb eines bestimmten
Gebietes,
vielleicht innerhalb der Dorfflur oder vielleicht auch der Toparchie, durch einen
Geometer der anfallende Bedarf an Erdarbeiten berechnet59 Die Gesamtmenge wurde sodann in Bezug gesetzt zur bebauten Fläche, woraus sich die auf die
Flächeneinheit der Aroure (Quadrat mit Seitenlänge von 100 ägyptischen Ellen 2756 qm) entfallende Arbeitsquote ergab.60 Was der einzelne Grundbesitzer oder auch Staatspächter zu leisten hatte, hing voo der Größe des ihm gehörenden bzw. =
gepachteten Landes ab.61 Wer dann tatsächlich die Arbeiten unmittelbar
ausführte, war gleichgültig; d.h. ein Grundbesitzer konnte Arbeitskräfte dafür anheuern oder Sklaven stellen.62 Rechnungsmäßig aber wurde die geleistete Arbeit
ihm gutgeschrieben. Eine Abgeltung durch Adaeratio, also die
Umrechnung von Arbeit in Geldwert, ist für privilegiertes Land möglich gewesen, wobei dann eine bestimmte Summe pro Grundstückseinheit zu bezahlen war.63 Docb wurde offensiebtlieh seit dem beginnenden 3. Jh., als der Geldwert durch die Inflation erbeblieb gesunken war, eine solche Adaeratio von den staatlichen Amtsträgern strikt abgelehnt, vielmehr die unmittelbare Arbeit gefoofett; gegen ZUwidedlandelnde wurden strenge Strafen angedroht64 Neben dieser in N4ubien abgerechneten Fron gab es diejenige der sogenannten PentMmeros.65 Jeder Pflichtige mußte unter Normalbedingungen pro Jahr fünf Tage mit Arbeiten an den Bewässerungseinrichtungen verbringen. Das Maß war dabei nicht die bewegte Erde, sondern die aufgewendete Zeit. Die Penth�merosleistung, die in ihrer Dauer römischen Vorstellungen von dieser Art
munera, wie sie auch in römischen Kolonien und Munizipien üblich waren, entsprach und auch von den Römern in Ägypten eingeführt wurde (spätestens in claudischer Zeit), war allerdings auf das
Faijum,
also
den Arsinoitischen Gau
59 Vgl. den Vermessungsbericht in P. Giss. I 42; cf. 15. ferner P. Oxy. 1469.
60 H.C. Youtie, TAPhA 73, 1942, 80 ders., Scriptiunculae 1, Amsterdam 1973, 146. 61 Wer auf seinem eigenen Land private Dllmme zu versorgen hatte, konnte von der =
Fronarbeit an den öffentlichen Dll.mmen befreit werden, vgl. z.B. P. Wisconsin 1 9. 62 Sklaven in BGU 176; vgl. Berichtigungsliste ill p. 9. W. Eck: J. Heinrichs, Sklaven und Freigelassene in der Gesellschaft der römischen Kaiserzeit, Darmstadt 1993, 49 Nr. 68. Vgl. allgemein D. Bonneau, Bsclavage et irrigation d'aprb la documentation papyrologique, in: Actea du Colloque 1973 aur l'esclavage, Paris •
1976, 314 ff. 63 Siehe zuletzt zur Naubionsteuer D. Hobson, in: P. Rainer Cent. 61 mit Nachtrigen zu Wallace, Taxation 380 Anm. 63; ferner Wilck:en, GnmdzUge 1 1, 336 f.; J. Kless, Aegyptus 28, 1948, 100 ff. 64 So zumindest in P. Oxy. 1409. Die Belege fllr die Naubionsteuer scheinen gegen Ende des 2. Jh.a zu verschwinden, vgl. Hobson in der vorausg. Anm. 65 Dazu vor allem Oertel, Uturgie 64 ff.; Sijpesteijn, Penthem.eroa; ders., Michigan Papyri (Anm. 57) 141 ff.
266
Staat Wld landwirtschaftliches Bewässe:nmgssystem
beschränkt, wo sie neben den Nbbien zu erbringen war.66 Vermutlich war diese doppelte Belastung dadurch bedingt, daß der Aufwand zur ErbaltWlg der Bewässerungsanlagen hier auch besonders hoch war.67 Soweit man beute sehen kann, wurden alle Bewohner, die zur normalen Kopfsteuer verpflichtet waren, auch zu der FünftageleistWlg herangezogen,68 d.b. befreit waren vermutlich römische Bürger, Alexandriner sowie die Bewohner der Gaumetropole.69 Eine finanzielle AblösWlg war offensichtlieb nicht möglicb,70 wohl aber Vertretung durch andere Personen.71 Ob in jedem Jahr alle Pflicbtigen auch tatsächlich aufgerufen wurden, ist nicht sicher. Doch konnten dringende Elfordernisse auch eine Verpflichtung über 5 Tage hinaus mit sich bringen, ähnlich wie auch die Dammsteuer in einzelnen Gauen f tir bestimmte Jahre erhöht wurde; vermutlich hing dies dort mit größeren Neubauten oder überraschenden Notfällen zusammen.72 Eine höhere Zahl als S Tage mußte allerdings von übergeordneter Stelle, d.h. von außerhalb des Gaues und damit von einem römischen Amtsträger, angeordnet werden, ohne daß deutlieb wäre, von wem ein solcher Befehl kommen konnte.73 Während im allgemeinen die NAubienverpflichtung weitgehend in der Nähe des Wohnortes der Pflichtigen abgeleistet wurde, was angesicbts der Relation zu der Größe des bestellten Landes auch einsichtig ist, konnten PentMmerospflichtige auch an weiter entfernten Orten eingesetzt wuden, also z.B. dort, wo entsprechenden Notwendigkeiten begegnet werden mußte. So fmdet sich in den einschlägigen Dokumenten öfter der Hinweis, daß die Fronpflicht im Faijum an du 6-facben Schleuse zu erfolgen hatte. Offen siebtlieb handelte es sich bei diesem Wasserbauwerk um die Scbleusenanlage, durch die das Nilwassel' in das Faijum geleitet wurde, also einer Anlage, die für
66 Nach D. Foraboschi, Adaeratio della corvu alle dighe nell' Egitto Romano?, Acme
23, 1970, 1!23 ff. wllre allerdings Chomatikon und Penthemeros gegeneinander aus tauschbar gewesen. 67 Siehe z.B. Wallace, Taxation 143. 68 BGU XW 2263. 69 Eine solche Befreiung ist z.B. nachweisbar in P. Mich. VI 381 Z. 6 ff. In P. Oslo Inv. 1023 = SB VI 9626 teilt der königliebe Schreiber des memphitiscben Gaues mit, welche Personen von der Penthemeros befreit sind. Sijpesteijn, Penthemeros 9. 70 Vgl. H.C. Youtie, TAPhA 71, 1940, 635 f. ders., Scriptiunculae I, Amsterdam 1973, 75 f.; so auch Sijpesteijn, Penthemeros 21 f. 1 1 Ob Sklaven für ihre Person diese Dienste leis�tep oder für ihre Besitzer, ist umstritten; doch ist es wahrscheinlicher, daß sie als Individuen verpflichtet waren, v l. Bonneau (Anm. 62) 317. Sijpesteijn, Penthemeros 8 f., bea. 9 Anm. 1. 1 Wallace, Taxation 141. 73 Sijpeateijn, Penthemeroa 8. =
!
Staat Wld landwirtscbaftliches Bewässerungssystem
UJ7
alle Bewohner des Faijum von lebenswichtiger Bedeutung war.74 Die dort anfallenden Arbeiten nur der in unmittelbarer Nähe wohnenden BevölkefWlg aufzulasten, wäre ohne Sinn gewesen Wld hätte wohl auch Proteste, notfalls auch Flucht zur Folge gehabt. Eine Privilegierung gab es in diesem Zusammenhang insoweit, als Priester der örtlichen Tempel nur in der jeweiligen unmittelbaren UmgebWlg zu dieser Leistung vetpflichtet waren, da sie ansonsten ihre religiösen Verpflichtungen nicht erfüllen konntem.7S Vermutlieb wurde auf Grund der vorhandenen Kopfsteuerlisten für die einzelnen Dörfer ein bestimmtes Quantum an Arbeitsleistung errechnet,76 das dann je nach Erfordernissen auch außerhalb der betreffenden Dorfflur eingesetzt Wld verwendet werden konnte. Möglicher weise wurde es auf diesem Weg auch möglich, Neubauten n i Fronarbeit zu erstellen. Aus der Zusammenstellung m1d Auswertung aller Zeugnisse, die sich aufbeide Arten von Fronarbeit beziehen, ergibt sich einerseits unzweifelhaft, daß Arbeiten an Kanälen, Dämmen Wld Schleusen während des gesamten Jahres hindurch erfolgten;77 denn die Dokumente, die eine BestätigWlg über abgeleistete Arbeit für je eine Person darstellen, geben peinlich genau nach einem festen Formular die jeweiligen Tages- und Monatsdaten an. Wichtiger ist jedoch, daß die Dokumente sieb zeitlieb in besonderem Maß auf die Monate Juni - August verteilen, also die Zeit, in der der Nil vom absoluten Tiefstand bis zur vollen Überschwemmungshöhe steigt.78 Gerade in dieser Zeit war es möglich und nötig, in den Kanälen zunächst alle Hindernisse zu beseitigen, um einen freien Lauf des einströmenden Wassers zu gewährleisten; andererseits waren die Dämme an schwachen Stellen zu befestigen.79 Und schließlieb war beim Höchststand des Nilwassers ein Brechen der Deiche besonders leicht zu erwarten. So war es geboten, allein schon zur Beobachtung zahlreiche Menschen zur Verfügung zu haben, die im Bedarfsfall sogleich einsetzbar waren.80 Rein arbeitsökonomisch 74 O.M. Pearl, 'EQi-9\>�. Irrigation Worb and Canala in the Arsinoite Nome, Aegyptu1 31, 1951, 223 ff.; G. Garbrecht H. Jaritz, Untersuchungen antiker Anlagen zur Wasserspeicherung im Fayum/Ägypten, in: Mitt. d. Leicbtweiß..lnstituts für Wasserbau 107, Braunscbweig!Kairo 1990. 75 P. Yale 349 Inv. = SB VI 9328; dazu E.H. Gilliam, YCS 10, 1947, 2SO ff. 76 Vgl. z.B. zu P. Mich. VI 380. 77 Dazu Sijpesteijn, Pentbemeroa 10 f. 78 Vg1. das Material bei Sijpeateijn, Pentbemeroa 24 ff.; den., Micbigan Papyri 57) 141 ff.; femer Scbnebel, Lllldwirtscbaft 65 ff. 9 Fllr diese beiden Arbeiten an Dämmen und Kanllen werden unterschiedliebe Personen zu Uturgien verpflichtet, vgl. z.B. P. Ryl. 90. 80 In P. Ryl. n 0 werden entsprechend einer Anweiaung mehrere hundert temporärer 8 Hydrophylakes in einer offensiebtlieb gefahrvollen Situation von den Dorfältesten auf die Dämme des oberen Patemitesbezirks gesandt. -
�Anm.
268
Staat und Jandwirtscbaftlicbe Bewässerungssystem
war dies auch deswegen leicht möglich, da alle üblichen landwirtschafUichen Arbeiten in dieser Zeit ohnehin ruhten.
Bei beiden Typen von Fronarbeit wurden große Gruppen von Menschen in Bewegung gesetzt Basis für die Feststellung der Leistungspflicht und des Umfangs waren einerseits die Kopfsteuerlisten. die vom Komogrammattus geführt wurden, und andererseits die Unterlagen des Besitzarcbivs, der Biblioth&e enkreseon; diese standen aber auch dem Komo�us zur Verfügung, det seinerseits über die gesamte Dorfflur einen genauen Überblick besitzen mußte.81
Doch waren es, zumindest zu Beginn des 2. Jh.s, nicht der Dorfschreiber oder die Dorfllltesten, die den Arbeitseinsatz der PfUchtigen unmittelbar zu organisieren und zu leiten halten; vielmehr wurden dafür andere Funktionsträger bestimmt, die fast ausschließlich kein besoldetes Amt. sondern eine Uturgie im oben schon erläuterten Sinn zu erbringen hatten.82
Die wichtigsten Liturgen im bisher behandelten Zusammenbang waren die Dammaufseber (X�um.J,LEktai), die oft in Personalunion auch über die Aussaat. veimuUich auf dem Staatsland, zu wachen hatten (1Cataonopd9.83
Möglicherweise war ihr Zuständigkeitsbezirk die Topatchie, also eine Unter gliederung des Gaues;8 4 doch lassen sich auch Zweierkollegien für Teile
innerbalb einer Toparchie nachweisen.8S Sie hatten ihre Tätigkeit länger als ein
Jahr, vielleicht n i sgesamt 3 Jahre auszuüben. Bestellt wurden sie vom Epi
strategen,86 ohne daß wir wüßten, wer siejeweils zur Ernennung vorgeschlagen
hat; vermutlich war dies jedoch der Stratege, der seinerseits ohne Zweüel auf die Dorfscbreibet' zurückgreifen mußte.87
Ihre Hauptfunlction, soweit sie sieb aus Dokumenten aus verschiedenen Gauen, etwa dem von Theben oder auch dem Faijum ergibt. war die Kontrolle der Arbeiten an Dämmen und Kanälen. Sie hatten die Quittungen über die erfüllte Dienstpflicht zu unterschreiben, die von Hilfspersonal als Formular bereits vorgefertigt waren. Außerdem hatten sie ihrerseits in Listen, in dez!en die abgeordneten Arbeitskräfte verzeichnet waren, die erbrachten Leistungen 8 1 Sijpesteijo, Penthemeros 8. 82 Zu allen Beteiligten auf der
unteren Ebene D. Bonneau, Uturgoa ot fonctionnairea de l'eau l 1'6poquo romaine: IOUplOIIO administrative, in: Akten de1 Xffi. Internationalen Papyrologenkongresses, München 1974, 3S ff. 83 Dazu Oertel, Uturgie 18S ff., 188 ff.; Sijpeateljn, Penthemeros 1S ft.; ders., Zum Bewluerungsweaen im Römischen Ägypten. Der Xq.la1tlnJ.lV,.TI't1\� und der fcq.La1EXdK'tTic;. Aegyptus 44, 1964, 9 ff.; Lewis, Compulsory Services S3. 3S. 4 P. Giss. S8. 85 P. Oxy. 347S.
86 lbomas, Epistrategoa 77 f. P. Oiaa. S9.
87
Staat und landwirtschaftliches Bewässerungssystem
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einzuttagen;88 diese wurden dann, vermutlich gegenübet staatlichen Amts trägem, abgerecbnet.89 So kann man beispielsweise zeigen, daß Zuschläge bei der PentMmeros vom königlichen Schreiber des Gaues an den Liturgen übermittelt worden waren, womit auch der umgekehrte Weg für die Rechen schaftspflicht klarliegt.90 In einem Bericht aus dem späten 3. Jh: legen (vermutlich) die Chomat epimeletru. dar, wieviele Näubien von verschiedenen Dörfern bei Damm reparaturen erbracht wurden und wieviele noch zu leisten waren.9 1 Ähnlich stellen Chomatepimeletru. im J. 220 für den südlichen Teil der westlichen Toparchie des Gaues von Oxyrhynchos die geleisteten Näubien zusammen und erwähnen, aus welchem Dorf wieviele Personen Wig waren.92 Wie im einzelnen
das Verhältnis zwischen Dammaufsehern und den Saatkontrolleuren war, läßt
sich nicht klar erkennen. Die Penthtmerosleistung im Faijum wurde jedenfalls immer von den Saatkonttolleuren unterschrieben, während dies in den sonstigen Gauen, soweit wir das sehen, durch die Dammaufseher erfolgte.93 Zumindest im Faijum kann
man jedoch
noch zwei andere Arten von
Saatkonttolleuren, die gleichzeitig auch für die Bewässerung zuständig waren, nachweisen. 94 Einmal hat ein solcher Katasporeus auf der Ebene des Gesamtgaues agiert; ihm haben beispielsweise Schleusenwärter beim Dorf Tebtynis einen Eid geleistet, ihren Aufgaben pflichtgemäß nachzukommen.9S Wohl nicht zußilligerweise ist der Inhaber der Funktion in diesem Fall, weil ein recht großes Gebiet erfaßt wurde, ein römischer Bürger. Die dritte Art von Saatkonttolleur fmdet sich auf der dörflichen Ebene; hier sind es Personen, die nur ägyptische Namen ttagen, woraus auf einen geringerwertigen Personalstatus zu schließen ist.96 Wie sich diese drei Typen von Katasportis, teilweise kombiniert mit der Funktion des Dammaufsehers, zueinander verbalten haben, läßt sich bis jetzt
88 M. Peachin, BASP 1 , 1 82, 16 1 f. 89 P. Mich. VI 380. 9In 9der Charta Borgiana (SB I 5124) ist der zustllndige
KataonopE'ISt; der Ustenfübrende, ebenso in BGU Xlß 2264. Eine Abrechnung von cbomatepimeletti in P. Oxy. 3475. 90 U. Wilcken, APF 4, 1908, 144 ff. Daß Listen von Seiten der Behörden gefObrt wurden, zeigt sieb z.B. in den von P.J.Sijpesteijn, Ust of Canal Worken, ZPE 60, 1985, 282 ff. publizierten Dokumenten. Auch P. Mich. VI 380. 381 könnten amtliebe Listen sein. 91 P. Oxy. 1546. 92 P. Oxy. 3475. 93 Dazu Sijpesteijn, Pentbemeros 15 ff. 94 Vgl. dazu insgesamt P. Petaus Nr. 52. 95 P. Mich. V 233. 96 P. Petaus Nr. 52.
Staat und landwirtschaftliebes Bewässerungsystem s
270 nicht
erkennen; zwar muß es bei liturgischen Aufgaben untereinander kein
hierarchisches Verhältnis gegeben baben;9 7aber immerbin könnte man
vermuten, daß die verschiedenen Ebenen ihre jeweiligen gleichartigen Aufgaben untereinander koordinierten. Dafür gibt es aber in diesem
Bereich keine
Hinweise. Zur gleichen Zeit
2. Hälfte 2. Jh. n.Chr. , als diese drei Arten von im Arsinoitischen Gau anzutreffen sind, waren noch andere liturgische Funktionsträger für Arbeiten an den Dämmen Ultig. Aus einem Brief -
-
Saatkontrolleuren
des Dorfschreibers Petaus98 erfahren wir, daß er Personen vorschlägt, die «die Arbeiter anzuweisen» haben, «die Deicharbeiten ... abzuleisten». Die Bezeichnung,
die
dabei verwendet wird, lautet
hcßoA.eU� (Ekboltus). Der
Tätigkeitsbereich warjeweils das Dorf bzw. die Dcrlflur; dort hätte er denen, die zur Dammarbeit verpflichtet waren, die Arbeitsplätze anzuweisen. Unidar ist aber, ob es :sieb dabei nur um Reparaturarbeiten handelt oder beispielsweise auch
um Beobachtungsfunktionen auf den Dämmen während derhöchsten Nilflut Wie das
Verhältnis dieser Ekboltis zu den Cbomatepimelet4i gestaltet war, läßt sieb
heute noch nicht ermitteln.99 Doch
hatten sie ebenfalls liturgische Pflichten zu
verrichten und mußten dafür ein gewisses Vermögen aufweisen..IOO
Ihre Namen
als
Sicherheit
wurden, wie schon erwähnt, vom Dorfschreiber
vorgeschlagen, sie wurden jedoch nicht vom Strategen, sondern von einem weiteren liturgischen (?) Funktionsträger ernannt,101 der als alyuxA.o�� (Aigialopbylax) bezeichnet wird, d.h. ein Aufseher über die Ufer, der freilich nur
im Faijum bekannt ist. Er nahm eine relativ hohe Stellung ein, da sieb seine Zuständigkeit auf einen ganzen Gau erstreckte. Er scheint der oberste «Aufseher über das ganze differenzierte Kanalsystem des Gaues» gewesen zu sein.102 Das beinhaltete z.B. auch, daß er Anweisungen an dieDorfältesten gab, Wächter auf
seine höchste Höhe erreichte und die größte Gefahr bestand, daß die Deiche brachen.103 Solche Wächter werden �Aalet� (Hydrophylakes) genannt Doch sind
den Dämmen aufzustellen, wenn der Nil langsam
bei ihnen zwei Arten zu unterscheiden:
Einmal diejenigen, die bei besonders
97 Zu unaerer geringen Kenntnil der «Hierarchie» in die.em Bereich vgl. auch Bonneau (Anm. 82) 3S ff. 98 P. PetaUI Nr. 49. 99 Nach Pe:acbin (Anm. 88) 163 wären der Xqta'ttlC�o� für das Dorf, die � für die Toparcbie zustllndig gewe1e0. 1 Oertel, Liturgie 193; Lewis, Compulsory Services S2 f. 101 P. Yale 349 Inv. = SB 9328; dazu Gilliam (Anm. 7S) 2SO ff. 102 Oertel, Liturgie 192 f.; P. Petalu 210 f.; D. Bonneau, CdB 54, 1979, 32S. 103 P. Ryl. ll 80.
x�aum
Staat und Jaodwirtscl:laft).j Bewlssenmgssystem
271
gefährlichen Situationen, etwa bei Wasserböcbststand. in größet'er Zahl kurzfristig eingesetzt wurden. sodaDn aber vor allem diejenigen. die ganzjllbrig tätig waren, bzw. sogar auf unbestimmte Zeit Während die zuerst Genannten Fronpflichten (wob! innetbalb der Penthtmeros) zu verrichten hatten, übten die anderen einen Beruf, nichtjedoch eine Liturgie aus. Dementsprccbend wurden sie bezahlt. wobei die Anweisung vom Aigialopbylax ausging und aus der Gauhauptkasse die entsprechenden Summen ausbezahlt wurden.l 04 Diese HydropbyJakeslOS erlilllten ihre Aufgabe offc:nsichtticb als Kollegium, wobei dann möglicherweise der einzelne einen bestimmten Kanalabschnitt zu betreuen hatte. So s i t es jedenfalls bezeugt flir den Wüstenkanal des Bezirks Polemon.l06 Zu den Aufgaben gehörte neben det Übetwacbung der Wasserftlhng m in den Kanälen wohl auch das Ablassen des Wassers auf die Feldec, wenn es für die Bewässerung nötig war.107 Dabei könnten sie auch mit den Schleusenwärtern (Ö4>eo�u� Aphesopbylax) zusammengearbeitet baben.l08 Bei diesen handelt es sieb freilieb im Gegensatz zu den Hydropbylakes im 2. Jb. offensichtlich mn Liturgen, wie es eine von den Dorßltesten voo Tbeadelpbia an den Strategen des ArsiDoltischen Gaues gesandte Vorscblagsliste zeigt109 Ebenfalls mit der Bewlsserung der Felder, allerdings wohl nur einer bestimmten Kategorie, waren schließlieb die AlJ,Lvacnat (Limnasai) bescbäftigt 110 Sie fungierten entweder einzeln im Rahmen einer Toparcbie,1 11 d.b. einer Anzahl von Dörfern, oder auch als Kollegium. 112 Sie hatten zu kootrollieren, daß das DooumiaDand (gleichgültig welcben Typs) ordnungsgemäß bewässert wurde, wobei sie sieb mindestens teilweise auf die Berichte der Dorfschreiber und der DorflOtesten sWtzen konnten. Wenn die naWrlicbe Bewässerung nicht ausreichte, ordneten sie den Einsatz von einfachen künstlichen Mitteln an; notfalls wurde die künstliche Bewässerung von ihnen auch erzwungen. 113 Sie hatten also nicht unmittelbar Arbeiten anzuweisen, •
104 BGU 621; P. Tebt n 393; vgl. Johnlon, Roman Bgypt 22 f. lOS Oertel, Liturgie 89 ff . 1
106 P. Tebl 393. 1°7 Private WU�erWicbter werden z.B. in P. Wiac. I 19 geDIDDt. 108 Oertel, Liturcie 92. 1 109 P. Strub. SS; vgl. N. Lewia, BASP 4, 1967, 19 ff. 110 Vgl. Oertel, Liturgie 187 f.; L. Van:el, APP 17, 1962, 20 f.; Bonneau (Anm.
36 f.
82)
111 P. Meyer 4: 6. Topuchie dea 'Ibemiltea; P. Leil 2. 112 P. Brem. 30; P. Ryl. 82: hier werden 11 aoleber Funktionatrlcer fllr einen Ort enannt. f 13 Zur ldlnatlieben Bewlsaerung z.B. Scbnebel, LandwirtiChalt 69 ff.; zu den teeboiseben Mitteln J.P. Oleson, Greet: and Roman Mecbanieal Water-Ufling Devicu: The Jllitory of a Tecbnology, Dordrecbt u.L 1984.
272
Staat UDd lalldwirtsc::batllic Bewässerungssystem
sondern nur bei Unregelmäßigkeiten einzuschreiten. Wie
viele andere bereits
genannte Funlctionstrllger wurden sie aus der besser situierten Dorfbevölkerung genommen, und zwar durch den Dorfschreiber vorgescblageu und vom Strategen ernannt114
schließlich
Hier konnten zwar nicbt alle kleineu und kleinsten Funktionstrlger, die in der
einen oder anderen Weise mit dem Bewässerungssystem verbunden waren,115
genannt werden. Doch zeigt allein die Zahl und die Differenziertheil der angefübrten
Aufgaben sowie der Penonenkrels, der diese zu gewährleisten hatte,
die Bedeutung, die das Funktiooieren des gesamten Bewässerungsystems auch für den Staat, d.h. wesentlich den Fiskus hatte. Deutlich wird auch, daß die zentralen
Einheiten, bei denen die eigentlicbe Verantwortung lag, einerseits der Gau und andererseits die einzelnen Dörfer waren. Dabei muß man freilieb voo den großen Privatbesitzungen absehen, die manche der Dienste selbst zu erbringen
hatten, 116
bierbei
jedoch ebenfalls von staatlieb beauftragten Organen
kontrolliert wurden. Denn auch sie waren Teil des Gesamtsystems. Fast ausnahmslos wurden die Arbeiten als Liturgie geleistet; dabei wurden die Liturgen üblicherweise vom Strategen, in maneben FlUlen auch vom Epistrategen ernannt Dagegen stammten die Vorschläge, wer eine Liturgie zu
übernehmen hatte, von den Dorfschreibern oder auch von den Dorflütesten. 117
Auf diese Weise hatte die staatliebe Verwaltung, zumindest zunächst, relativ leicht das benötigte Personal zur Verfügung. Das liturgische System entwickelte
Jb.s UDd war etwa in der Mitte des 2. Jb.s 118 Zuvor wird vermutlieb das Prinzip der mehr oder ausgebaut
sieb bereits seit der 2. Hlllfte des 1. weitgebend
weniger freiwilligen Übemabme voo Aufgaben vorgeberrscbt haben. Vieles aber wurde in der frühen Zeit offensiebtlieh auch noch von Untergebenen erledigt; ·
der
im
Amtstragern oder ihren
so bat z.B. im J. 57/58 ein subalterner Funktionsträger,
Büro des Basilikogrammareus
für die Dammarbeiten
zuständig war,
PentMmerosquittungen unterzeichnet. was später durch die
Saataufseber
114 Oertel, Uturgie 187 f; Lewis, Compulsory Servicca 38. 115 EiD Hydroparochoa: R. Bagnall, BASP 5, 968, 99 ff.; Nautokolymbctai, die du 1 Fluß- bzw. Kanalbett auch bei Wasserführung untersuchten: P. Mich. ID 174; vgl.
Lcwil, Compulsory Scrvlcca pauim.
116 Die• z.B. zu entnehmen aua P. Oxy. 290, einer Zusammenstellung von privaten Dammfronden fUr du 3. Jahr Domitians. 117 Hohlwein (Anm. 17) 136 ff.; Tbomu, Eplatratcgoa 69 ff.; Voracblagsliaten durch den Dorfschreiber beispielaweisc P. Petaua 52. 86. 88; P. Oxy. 2121; P. Lcit 2; Vorscbllge durch Preabyteroi P. Strub. 55. Vgl. Lewil, Compulsory Servicea 66 ff. 111 Dazu zuletzt R. HUbner, Oatb of a Dike Oveneer, ZPB 24, 1977, 43 ff.; J.D. Tbomas, Compulaory Public Service in Roman Egypt, in: Du rö· misch-byzantinische Ägypten, Mainz 1983, 35 ff.
Staat Wld laodwirtscbaftlicbe Bewässenmgssystem
273
erfolgte.11 9 Und unter Augustus haben offensichtlich die Dorfältesten die Damm- und Kanalarbeiten organisiert. wofür ihnen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt wurden.120 Widerstand in der einen oder anderen Form wurde gegen solche Aufgaben
freilieb immer wieder geleistet Und dies war dann auch der Schnittpunkt, an dem sich untere und höhere Verwaltungsebenen vomehmlicb, wenn auch nicht allein trafen. Denn unter normalen Umständen arbeitete die untetste Ebene, sobald die Funktionsträger
ernannt waren,
selbständig, ohne jeweils Einzelanweisungen
von außerhalb des Gaues zu erhalten. Die Dokumente des D
wässerungssystems. 1 21 Die Aufgaben der übergeordneten Ebene konzentrierten
sich, wenn keine außerordentliche Situation eintrat, auf die stets gleichbleibende Routinekontrolle, sowie die großräumige Koordination. Beschwerden von Seiten der Betroffenen gingen im allgemeinen
zunächst
einmal an den Gaustrategen, da er neben der Leitung von größeren Bauvor haben1 22 für die Bewässerung in erster Linie für die Kontrolle der normalen täglichen Routinearbeiten zuständig war und von ihm auch die meisten liturgischen Funktionsträger ernannt wurden. Entsprechend seiner Stellung war der Stratege damit auch die erste Adresse, wenn der übliche Ablaufder Verteilung
des Wassers auf die verschiedenen Felderkategorien einer Regelung bedurfte. So wandten sich die Bauern des Dorfes Nebna im Lykopolitischen Gau an den Strategen, er möge an den zuständigen Beauftragten den Befehl geben, das Wasser auf ihre Felder fließen zu lassen, nachdem der Nil seinen Höchststand über schritten hatte. Das Wasserwar in Speicberllecken zurückgehalten worden.123 Er war es auch, der jährlich zusammen mit dem königlichen Schreiber, dem Aigialophylax sowie einem Dammaufseher, der aus einem anderen Gau abgeordnet wurde, die ordnm1gsgemäße Erledigm1g der anfallenden Arbeiten am Bewässerungssystem einschließlich der richtigen Felderbestellung zu
119 G.M. Browne, A First-Century Penthemeros Certificate (P. Mich. Inv. 970), CdE 45, 1970, 1 35 ff.; P. Mich. XV 690 (77-78 n.Cbr.). In P. Fay. 25 berichtet der
Dorfschreiber über Dammarbeiten. 120 Brashear (Anm. 21) 25 ff. 1 2 1 Siehe P. Petaus Nr. 49-52 sowie eine Reihe von Listen mit Vorschlägen für Liturgen. 122 P. Giess. 15: Bericht Ober die Vermessungsarbeiten an einem neuen Kanal an den Strategen. Vgl. P. Giess. 42, ferner Hohlwein (Anm. 17) 122. 123 P. Oxy. 3167; eine Klage Ober das Abdllmmen des Wassers durch eine benachbarte Dorfgemeinde rmdet sich in P. Ryl. 653; hier entscheidet der Statthalter der Provinz Aegyptus Huculia (321 n.Cbr.). Vgl. auch P. Ryl. 81.
274
Staat und landwirtschaftliebes Bewässenmgssystem
kontrollieren h�tte. 124
Dies
mußte offensichtlich persönlich geschehen und wmde in der notwendigen Weise scbriftlich bestätigt.12S Denn der Stratege hatte seinerseits einen Bericht über die Arbeiten an Bewässerungsanlagen sowie die ordnungsgemäße Aussaat nach Alexandria zu senden, wo im Büro des Dioiketen für jeden Gau offensichtlich zumindest ein Sachbearbeiter die zentrale, vornehmlich finanzielle Kontrolle vomahm.126 Auf diese Weise konnte bei Unregelmäßigkeiten möglicherweise die Zentrale noch rechtzeitig eingreifen und
den größten Schaden verhüten. Eine weitere Kontrolle ergab sich dadurch, daß er
auch den Episcrategen infoonieren mu&e, so daß auch dieser gegebenenfalls tätig werden konnte.
Im J. 280/81
übersandte
so der Stratege des Memphitischen
Gaues an den Episcrategen lulius Claudianus den Bericht des staatlichen Landvermessers über Damm- und Kanalbauten.1 27 Zwar bedeutete dies zunächst nur, daß dieser informiert
wurde. Jedoch konnte auf Grund dieser Information,
wenn es nötig schien, eine entsprechende Kontrolle erfolgen. Deutlich wird die zentrale Stellung,
die der Stratege für die Bewässerung von Anfang an hatte,
beispielsweise durch eine Ebreninschrift unter einer Statue. die die BewOOne:r des
Dorfes Bousiris im Letopolitischen Gau 2'1123 n.Chr. für einen Cn. Pompeius Sabinus errichteten. Sie rühmen, er habe sich stets der Erhaltung der Dämme gewidmet und sich Tag und Nacht bevorzugen; dabei
darum gekümmert, ohne jemanden zu
er auch diejenigen, die an den Dämmen zu arbeiten hatten, gegen Betrug und schlechte Behandlung geschützt128
habe
Nicht immer waren freilich die Gaufunktionäre solche Muster an Sorgfalt und
Unparteilichkeit. 129 Somit ist es nicht verwunderlich,
daß einerseits von den
höheren staatlichen Amtslrägem regelmäßig oder in Sonderfällen Anweisungen an die Strategen kamen130 und andererseits auch die zu den Arbeiten Ver pflichteten !höheren Orts Hilfe suchten. Sie wandten sich insbesondere auch an
124 P. Ryl. 81; vgl. Hohlwein (Anm. 17) 122 f. 1 2S BGU 12 "" Wilcken, GrundzUge I 2, Nr. 389; Vgl. P. Oxy. 57. Dem Strategen
wurden aber auch von dem zuständigen Liturgen Liaten eingereicht: P. Col. Inv. 4S9 und P. Oxy. 3475. 126 P. Oxy. 37. 127 P. Yale Inv. 1529 veröffentlicht bei G.M. Parusoglou, AJPb 92, 1971, 662 ff. 128 SEG vm 527
=
SB 7738.
129 In P. Brem. 38 wird beispielsweise Klage darOber geftlhrt, da.8 ein Funktionsträger eine andere Person gezwungen bat, Dämme auf aeinem eigenen Grund zu beaufsichtigen und zu reparieren, wu eindeutig Amt.amißbraucb war. 130 Vgl. H.C. Youtie, ZPE 15, 1974, 49 ff. P. Mich. lnv. 2920. In BGU 1 2 1 Wilcken, GrundzUge I 2, Nr. 389 werden Anordnungen det Präfekten Flavius Crispus binsiebtlieb der jährlichen Inspektion der Dämme und Kanäle durch die Strategen und die Kommission erwähnt. =
=
Staat und landwirtschaftliches Bewässerungssystem
275
den höchsten Vertreter der römischen Macht, den Präfekten von Ägypten.l31
Dieser war auf Grund seiner Stellung für alle Bereiche der provinzialen Administration verantwortlich. Angesichts der Bedeutung der landwirt schaftlichen Produktion für den Steuerertrag der Provinz war jeder Präfekt kontinuierlich auch mi t den Fragen deA' Bewässerung befaßt So wurden jährlich diejeweils erreichten Wassezstände, die an den Nilometem gemessen wurden,132 offiziell allen, die davon Kenntnis haben mußten, mitgeteilt, speziell den Amtsträgem, die auf Grund des Wasserstandes die steuerliche Belastung festzulegen hatten. Tib. lulius Alexander verweist in seinem berühmten Edikt vom J. 68 n.Chr. streng darauf, daß keine Durchschnittswerte vergangeuer Jahre für die Berechnung des überschwemten m Landes helangezogen werden dürften, da
es auf diese Weise zu Ungerechtigkeiten bei deA' Festlegung deA' Steuerbelastung kommen mußte.133 Vor allem wurden natürlich großräumigere Wassea-baumn aß ahmen von den Präfekten angeordnet, wie es im Delta unter C. Tettius Africanus Cassianus Priscus im J. 80181 gescbab; 134 11hnlich baue C. Petronius sich unter Augustus landesweit um das Kanalsystem gekümmert.13S Da es jedoch auf der hohen Ebene keine eigene zentrale Einrichtung für das Bewässerungswesen gab, verwundert es nicht, wenn auch andere römische Amtsträger sieb mit An ordnungen oder Mahnungen an größere Teile der Provinz oder an alle Gaue wandten. Literarisch ist überliefert, daß in der 2. Hälfte des 3. Jh.s das Kanalsystem ziemlieb vemachläuigt wurde, mit entsprechenden Folgen für die Steuerleistung. 13 6 So war es nur folgerichtig, daß 278 n.Cbr. der Dioiket Ulpius Aurelius, also der Leiter des größten Finanzdepartments in der Gesamtprovinz, sich in einem ZirJcularscbreiben an alle Strategen und die Steuerverantw<X"tlichen in den damaligen Städten der Heptanomia wandte, in dem er sie an die rechtzeitige Reinigung der Kanäle, die Instandsetzung der Dämme sowie an die Bestellung der entsprechenden Liturgen erinnerte. Er verlangte kategorisch, daß jeder Pflicbtige seinen Dienst persönlich ableisten müsse und 131 D. Bonneau, Le pufet d�gypte et le Nil, in: Etudea offertea � J. Macqueron, Aix-en-Provence 1970, 141 ff. Allgemein Bonneau (Anm. 29) 321 ff. 132 Vgl. zu solchen Aufzeichnungen Johnaon, Roman Bgypt 15 ff., ferner oben Anm.
37 .
133 G. Cbalon, L'�it de Tiberiua luliua Alexander, Olten-Lauaanne 19 , 227 ff.; 64 Bonneau (Anm. 131) 147. Zu Dokumenten, in denen du tagliebe Steigen bzw. Fallen des Nils verzeichnet wird, vgl. O.M. Pearl, Tbe Inundation of the Nile in tbe Second Century A.D., TAPhA 87, 1956, 51 ff. 134 IGRR I 1098; vgl. A. Schiff, in: Festschrift 0. Hir:achfeld, Berlin 1903, 373 ff. 135 Vgl. Strabo 17,819 ff.; dazu W.L. Westermann, CPh 12. 1917, 237 ff. 136 Vgl. oben Anm. 32.
276
Staat Wld landwirtscbaftlicbe Bewässenmgssystem
ihn nicht durch Geld abgelten könne bzw. dürfe. Falls seine Anordnungen, die auf die Sicberbeit ganz Ägyptens zielten, von irgend jemandem nicht eingehalten werden sollten, würde nicht nur dessen Besitz konfisziert, vielmehr sei auch dessen Leben in Gefabr.l37 Die Mißstände müssen also wohl schwerwiegend gewesen sein. Möglicherweise ist der oben erwllbnte Bericht aus dem J. 280/81,
den der damalige Stratege des Mempbitischen Gaues an den Epistrategen der
Heptanomia richtete, ein Reflex auf diese von höchster Stelle gekommene Anweisung. Denn der Stratege legte den Vennesun s gsbericht übez Deich- und
Kanalarbeiten in seinem Gau zur Kenntnisnahme vor, um sich selbst damit abzusicbem.138 In seltenen Rillen wurden die in unserem Z1lS3Dlllg leDban spezif.LSCh relevanten Funktionsträger auf der Gauebene oder darunter von römischen Amtsinhabern ernannt. So wurde zumindest unter Vespasian ein Dammaufseher durch den Leiter des sogenannten Idios Logos, der großen kaiserlichen Sonderkasse, bestimmt. 139 Dieses Ressort hatte, ebenfalls wieder aus fiskalischen Gründen, ein Interesse an der sorgfältigen Arbeit an Dämmen und Deichen. Ein aufscblußreicher Fall ist da1Ur aus dem J. 148 n.Chr. edlalten.140 Damals stellte der Chef des ldios Logos bei einer Überprüfung der Abrechnungen des Oxyrbinchitischen Gaues fest, daß einige M.anlbeerbäume 8
Jahre vorher auf
Dämmen im Distrikt von Teis umgefallen waren; die Meldung darüber war aber nicht von den Dammaufsehern gemacht worden, sondern vom D
Dämme. Einer von diesen war freilich schon tot, der andere etklärte eindeutig, es sei nicht üblich, daß die Cbomatoepimelet.ti diese Meldungen macbten. Ob man die späte Untersuchung durch den ldios Logos als ein Zeichen penibler Grlindlicblcelt in der ÜbeqxUfung durch diesen spezifiseben Amtsinhaber oder als späte Folge einer langdauernden internen Schlampigkeit der Administration
ansehen will, mag offen bleiben. Vemacblässigung der notwendigen Arbeiten kam immer wieder vor, wobei die Gefahr bestand, daß die schwächsten Glieder innerhalb der Kette der
137 P. Oxy. 1409; vgl. P. Yale Inv. 447 • SB XIV 11349, der ein Ihnlieh dringendes Schreiben an alle Strategen enthllt. 138 Siehe oben Anm. 127. 139 HUbner (Anm. 118) 43 tf. Vgl. zuletzt J.D. Thomu, (Anm. 118) 3S ff. bea. 39. 140 P. land. 139; dazu Swamey (Anm. 9) 112 f.; vgl. auch allgemein D. Bonneau, Recbercbea aur le ICUp\UK� � JJP 19, 1983, 131 ff.; G.M. ParU.Oglou, On
Icüoa Logoa and Fallen T�. APP 24f2S, 1976, 91 ff.
..
Staat tmd landwirtscbaftlicbes Bewässerungssystem
277
Verantwortlichen am Ende zur Verantwortung gezogen wurden, wenn Verluste insbesondere für die kaiserliche Kasse auftraten. So versuchten die Steuer pflichtigen auf der untersten Ebene sich dagegen zu wappnen, indem sie schriftlich Mißstände und konkrete Versäumnisse der unmittelbar Zuständigen, noch bevor man von seiten der Administration daraufaufmerksam geworden war, hohen Amtsträgem zur Kenntnis brachten. Ein Pächter aus Theadelphia beschwerte sich deshalb bei einem Untergebeneo desprocurator usiacus odel' des Epistrategen darüber, daß der zuständige Aigialophylax nicht die notwendige Menge Wasser dem voo ihm gepachteten Gebiet babe zuleiten lassen, wodurch Gefahr bestünde, daß dieses austrockne, mi t den entsprechenden Folgen für den Ertrag; diese wären zudem nicht nur in diesem, sondern auch in den nächsten drei Jahren spürbar. Das entsprechende Schreiben an den Aigialophylax macht denn auch die Übenaschung der Administration deutlich, daß dieser nicht bereits ohne Erinnerung seinen Aufgaben nachgekommen sei, es dazu vielmehr erst einer Mahntmg bedürfe. Wenn ihn bis jetzt irgendetwas Dringenderes davoo abgehalten habe, dann solle er sich nunmehr schnellstens um seine Pflichten kümmem. l41 So der Tenor des Mahnschreibens.
Allzu wirlcsam müsSen freilich diese Mahntmgen nicht gewesen sein; denn im
J. 149, fünf Jahre nach dem eben erwähnten Schreiben, ergab sich dasselbe
Problem bei demselben Aigialophylax von neuem. freilich mit einem anderen Pächter. In diesem Fall wollte der Pächter, daß man sein Schreiben an den Aigialophylax weitergebe, damit dieser Bescheid wisse, welche Gefahren drohten.l42 Auf eine weitere Eingabe von Bauern von Kerk.esoucha war bereits hingewiesen worden; darin klärten sie im J. 210/211 den Epistrategen der Heptanomia darüber auf, es könnte größerer Schaden für den Fiskus entstehen, wenn ihnen nicht schleunigst Holz für eine Schleusenanlage von den Dammaufsehern geliefert würde.l43 Man wandte sieb vor allem deswegen an diesen Amtsträger, weil der Epistratege offensichtlich einen Überblick über alle Funktionsträger innerhalb seines Bezirkes haben konnte.l44 So war von ihm am ehesten Abhilfe zu erhoffen, zumal er auch der räumlich am nächsten amtierende römische Amtsträger war. Eine ständige Quelle der Klagen beim Epistrategen oder dem praefectus Aegypti waren schließlich ungerechtfertigte Ernennungen zu Liturgien, auch im Bereich des landwirtschaftlieben Bewässerungswesens. So erhoben mehrere 141 P. Wisc. I 3 f.; vgl. aber Thomas, Epislrategos 4 1 42 P. Wisc. I 31. 143 P. Mich. Inv. 2920 SB IV 7361. 1 44 Tbomas, Epistrategos 173. •
174 f.
Staat uod laDdwirtscbaftlicbe Bewässerungssystem
278
Personen im J. 21617 (?} beim Epi.strategen Einspruch dagegen, daß sie zum
Saatbeauftragten bestimmt worden waren;14S ein solcher Einspruch konnte jedoch auc.b beim Präfekten von Ägypten erfolgen.146 Und Priester klagten schließlich beim Arcbier�us in Alexandria, der auch für me Tempelverwaltung
verantwortlieb war, sie dürften auf Grund ihrer Privilegierung nicht zu Arbeiten
an Dämmen und Kanälen herangezogen werden. Sie bekamen eine entsJRCbende Anweisung vom Arcbier�us an den Strategen, die sie diesem persönlich vorzulegen batteo.147
Die drei Beispiele zeigen freilidl. daß nicht einmal bei der einen Frage nach der Gültigkeit der Bestellung zum Uturgen eine einzige administrative Stelle angesprochen wurde, vielmehr verschiedene Amtsträger dabei tätig werden konnten. Dies bängt engstens damit zusammen, daß der Begriff der Kompetenz im römischen Verwaltungszusammenbang (und das gilt auch für Ägypten) wesentlich allgemeiner und weniger scharf umgrenzt zu verstehen ist, als wir
dies heute erwarten. Die höchsten Amtsträger waren scbließlicb auch die letzte Zuflucht, wenn die konkret betroffenen Bauern und Dorfbewobner dureil m.ißlr.lucbliches Verbal ten von einzelnen Funktionsträgern oder durch ein betrügerisches Zusammenspiel mehrerer auf der Gauebeoe in ihren Rechten bedrobt wurden. Ein Bewohner des
Arsinoitiscben Gaues wandte sieb um 145 n.Cbr. an den Präfekten L. Valerius
Proculus, weil Subaltemfunktionäre, die dem Aigialophylax bzw. den
Katasporeis unterstanden, sieb Übergriffe gegen ihn herausgenommen hatten. Et bittet den Präfekten, an den Gaustrategen zu schreiben und dessen Eingreifen zu
seinen GunsteD zu erzwingeo.148 Ob sieb dort zunächst die Vorgesetzten
geweigert hatten, etwas zu unternehmen, ist nicht überliefert. Auch die Bewohner von Paimis im Gau von Oxyrbyncbus erbitten im
J. 298
n.Cbr. in
einer Eingabe das richterliebe Eingreifen eines der höchsten Amtsträger der ägyptischen Prl1fektur.149 Denn bei der Vermessung der vom Dorf an einem
Damm
zu leistenden Arbeit waren grobe Betrügereien vorgekommen. Der
öffentliche Geometer hatte als Arbeitsleistung 400 N'ubien errechnet, davon hatte der Dammaufseber das Dorf Paimis zunächst 250 N'ubien als Leistung erbringen lassen, legte ihnen aber am Ende alle 400 auf, obwohl offensiebtlieb 145 P. Leit. 6; vgl. Thoaw, Epialrategoa 83 mit Anm. 90. 146 SB VI 9050. 147 Thomu, Epillrategoa 86 f. 141 P. Mich. m 174. 149 P. Oxy. 1469; zu einer Enllcbeidung dea Stattbalten der Provinz Aegyptua Herculia in einem Rechtastreit um die Bewllserung der Felder ei.nea Dodea aiebe oben
Anm. 123.
Staat lDld landwirtscllaftlicb.es Bewässerungsystem s
279
auch andere Dörfez daran hätten mitwirken sollen. Der eigentliche schlimme
Vorfall kam jedoch erst dann, als ein Untergebener des Strategen die bereits geleistete Arbeit abzunehmen und zu bestätigen hatte. Denn dabei schrieb er dem Dorf Paimis nur 100 N&Jbien gut. lDlterschlug aber ISO, so daß diese, obwohl erbracht. nochmals abgeleistet werden mußten. Tatsächlich schrieb er wohl. wie die Dortbewohner in ihrer Eingabe formulierten, diese 150 Einheiten einem anderen Dorf gut. das dafür entsprechende Schmiezgelder zu bezahlen hatte. Da bei dez Präfektur in Alexandria Unterlagen über die bereits abgearbeiteten 250 N&Jbien lägen, baten die Leute von Paimis. dez Stellvettreter des Präfekten möge verfügen, daß ihre Arbeitsleistung durch einen von ihm Bestimmten neu bemessen werde. Ob das Ergebnis ihren Wünschen und Vorstellungen entsprach,
ist nicht überliefert. Wenn freilich von der administrativen Spitze keine Hilfe kam, blieb den Geschädigten am Ende oft nur die Flucht. was nicht selten geschehen ist. Die Folgen waren Arbeitskräftemangel, Vernachlässigung des Bewässer\Dlgssystems lDld ein sinkender Steuerertrag für den FtSkus. Die ägyptische Landwirtschaft lebte ausschließlich durch den Nil. Nachdem, wohl in der Übergangszeit zwischen Altem lDld Mittlezem Reich, der Mensch begonnen hatte, durch Kunstbauten lDld aktives Steuern die Wirkungen des Nilwassers für die Landwirtschaft zu beeinflussen lDld zu verstärken, wäre ein Rückzug auf eine rein natürliche Bewässerung einer Katastrophe gleichgekommen. Die verschiedenen politischen Systeme haben deshalb auch jeweils mit mehr oder minder großem Aufwand versucht, dieses klDlstvolle System aufrechtzuhalten bzw. den wechselnden Situationen anzupassen.ISO Das römische System, wie es sich von Augrustus bis zum Ende des 3. Ih.s ent wickelte, wurde auf den vorausgehenden Seiten in groben Umrissen skizziert. Bezieht man dieses differenziezte System in seine ÜberleglDlgen ein, dann verliert das Wort: .:Ägypten ein Geschenk des Nils�t51 ein wenig von seinem Glanz und vor allem von seiner Selbstverständlichkeit Um das Wort unter den gewandelten Umständen lDld bei einer wesentlich erhöhten Bevölkerungszahl Wirklichkeit bleiben zu lassen, bedurfte es erheblicher menschlicher Anstrengungen. Entscheidend war dabei eine straffe, durchsetzungsflllig i e 150 Nach D. Bonneau, Fiscali� et irrigation artifu:ielle en Egypte l l'epoque romaine, in: Points de vue sur Ia flscali� antique, hg. H. van Effentetre, Paris 1979, 57 ff. habe der fehlende politische Wille, weiterhin auf die Nahrungsreserven des Faijum zu rückzugreifen, im späteren 3. Jb. zum Niedergang des dortigen Bewlsierungssystems geführt. Dazu aber jetzt R.S. Bagnall, Agricultural Productivity and Taxation in Later Roman Egypt, TAPhA 115, 1985, 297 ff. 151 So zuerst von Hekataioa formuliert, dann von Herodot 2,5, aufgenommen, 1 freilich in einem engeren Zusammenhang gebraucht. Siehe insgesamt Postl, Nil 45 f.
280
Staat ood landwirtschaftlie ch s Bewässerungssystem
politische FiibiOOg.lS2 Vcnagte diese. dann ging das Bewässerungssystem zwar nicht völlilg zugrunde; aber die nur lokale Organisation, die schon aus dem vitalen Interesse der Bewohner stets in irgendeiner Weise funktionieren mußte, reichte nicht aus.1S3 Die spezielle römische Variante dieser lokalen Organisation vom 1.-3. Jh. n.Chr., bestehend aus lokalen Amtsträgern, Liturgen und der Masse der fronpflichtigen Bevölkerung, erwies sich zumindest im 1. und 2. Jh. offensichtlich als durchaus effektiv. Ob sie mehr leistete als ihre Vorgänger ood ihre Nachfolger, dazu bedürfte es erst einer vergleichenden historischen Untersuchung.
1 S 2 Zu Beginn der traianiscben Regierungszeit war offensiebtlieh das Bewäs serungssystem in einem schlechten Zustand mit entsprechenden Polgen für die Getreideproduktion. In der unmittelbaren Folgezeit lassen sieb verstllrkte Anstren gungen nachweisen, um den notwendigen Zustand wieder herzustellen P.J. Sijpesteijn, in: Stu��� Papyrologie& varia, Leiden 196S, 112 f.). S3 Im byzantinischen Agypten des S. und 6. Jh.s sind offensiebtlieh wesentliche Teile des Bewllsserungssystems von den großen Domllnen erbalten worden, vgl. D. Bonneau, L'administration de l'irrigation dans les grands domaines en Egypte au Vle siecle de n. e., American Studies of Papyrology 7, 1970, 4S ff.
�
CURA VIARUM UND CURA OPERUM PUBL/CORUM
ALS KOlLEGIALE ÄMTER IM FRüHEN PRINZIPAT In einem viel zitierten Passus in seiner Augustusvita spricht Sueton von den durch Augustus neugeschaffenen amtlichen Aufgaben, soweit sie von Senatoren übernommen wurden und Rom und Italien betrafen:
quoque plures partem
administrandae rei p. caperent, nova ojficia excogitavit: curam operum publicorum, viarum variarum, aquarum, alvti Tiberis, frumenti populo dividundi, praefecturam urbis, triumviratum legendi senatus et alterum recognoscendi turmas equitum, quotiensque opus esset.l
Sieht man
von der Stadtpräfektur
ab, die, wie die cura alvei Tiberis, als
permanentes Amt offensiebtlieb erst durch Tiberius geschaffen wurde, dann ist es evident,
daß
alle
Ämter auf mehrere Personen verteilt wurden, und zwar fast
generell aufmehr als zwei (siebe dazu im Folgenden). Dies paßt auch bestens zur Bemerkung Suetons, Augustus habe mit seinen Regelungen eine größere Anzahl von Senatoren an der Verwaltung der
res publica beteiligen wollen; je mehr
Stellen er (oder auch Tiberius) mit dem einzelnen Funktionsbereich verband, desto umfassender wurde dieses Ziel erreicht Es ist ferner evident, daß fast alle diese Aufgaben nachweisbar kollegial erledigt wurden, wobei das collegium fast durchgängig mehr als zwei Personen umfaßte. Lediglich
auf zwei curae sollen
nach der bisherigen Forschung diese beiden Kriterien, Kollegialität bzw. ein Personenkreis von mehr als zwei, nicht unbedingt zutreffen:
für die cura viarum
und die cura operumpublicorum. Für die cura viarum wird zwar allgemein davon ausgegangen, daß
es mehrere
Amtsinhaber gegeben hätte, doch besteht kein Konsens über ihre Zahl: Teilweise vermutete man bereits
für die augusteische Zeit die später für die einzelnen
großen Straßen nachweisbare Zahl von 7-8
curatores viarum. Ferner nahm man
teilweise auch an, daß schon von Beginn an für jede einzelne Straße ein eigener Amtsträger benannt gewesen sei; eine Einbindung
in
ein Kollegium, in dem
grundsätzlich jeder Amtsträgerjeden subs1iituieren konnte, wirdjedoch üblicher weise nicht angenommen.2 Andererseits setzt man bei der cura operum publico-
1
Sueton, Aug. 37.
2 Vgl. z.B. Th. Mommsen, Staatsrecht n3, Leipzig 1887 (ND Darmstadt 1 963), 1077 (vgl. 1046): curator für jede einzelne Straße; 0. Hirschfeld, Die kaiserlichen Verwal tungsbeamten bis auf Diolcletian, Berlin 21905, 205 ff.: unsicher, ob schon
gesonderte Kuratoren, eher nur allgemein curatores viarum, die auch nicht unbedingt alle prlltorisch gewesen sein müssen; F. de Martino, Storia della costituzione Romana, IV 1, Neapel 2t974, 659: spezielle Kuratoren aind nicht gesichert, aber auch nicbt ausgeschlossen. Siebe zusammenfassend W. Eck, Die staatliebe
Cura viarum und cura operum publicorum
282
rum
zwar ein
collegium
voraus; doch soll dieses von Anfang an nur zwei
Mitglieder umfaßt haben, entsprechend dem, was später im 2. sei und was sich auch an der Amtsbezeichnung
Jh. festzustellen
curatores aedium sacrarum et
operum locorumque publicorum erkennen lasse, Bezeichnungen, die später nicht selten auch mit Beschränkung nur auf aedes sacrae oder opera publica vergeben worden seien.3 Auch der konsulare Rang dieser beiden curatores wird schon zumeist vorausgesetzt. Grundsätzliche Überlegungen sowie ein neues Dokument lassen jedoch erkennen, daß
auch für die cura viarum und die cura operum publicorum unter
Augustus mit größter Wahrscheinlichkeit die gleichen Regelungen getroffen wurden, wie wir sie auch für die anderen Funktionsbereiche erkennen können.
I. Im
einzelnen stellen sich die institutionellen Regelungen für die
Leitungsebene der vetSChiedenen Funktionen folgendennaßen dar:
praefectifrumenti dandi, zumindest ursprünglich auch curatoresfrumenti dandi genannt Nach einem ersten Versuch mit zwei Amtsinhabern wurden seit 18 v.Chr. n i sgesamt vier benannt, die ihre Aufgabe für ein Jahr übernahmen und möglicherweise
im Turnus von je drei Monaten
durchführten. Alle Amtsinhaber waren, soweit ersichtlich, prätorisehen Ranges.4
curatores aquarum: Durch ein senatus consultum vom J. 11 v.Chr. wurden sie eingesetzt, und zwar als Dreierkollegium; der erste curator sollte konsuOrganisation Italiens in der Hohen Kaiserzeit, München 1979, 37 ff.; B. Komemann, RB IV (Stuttgart 1901), 1781 (ebenso D. Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch, Darmstadt 1982, 411 mit Anm. 207) spricht mit Verweis auf Cass. Dio 54,8,4 von zwei Prätoriern; doch sagt Dio nur, jeder der curatore1 viarum habe zwei Liktoren erhalten. 3 Siebe z.B. Mommsen, Staatsrecht n3 1046 f.; Hirschfeld (Anm. 2) 265 ff.; de Martino (Anm. 2) 661; Kornemann, RB IV 1787 ff.; A.B. Gordon, Quintus Veranius, consul A.D. 49, Univ. Calif. Publ. in Class. Arch. 2,5, Berkeley-Los Angeles 1952, 279 ff.; D.E. Strong, The Administration of Public Building in Rome during the Late Republic and Barly Empire, in: Bull. lost. Class. Stud. 15, 1968, 104. Siehe jetzt auch A. Kolb, Die kaiserliche Bauverwaltung in der Stadt Rom. Geschichte und Aufbau der cura operum publicorum unter dem Prinzipat, Stuttgart 1992. 4 Cass. Dio 54,17,1; H. Pavis d'Bscurac, La pr6fecture de l'annone, Rom 1976, 21 ff. Die Bezeichnung curatorfrumenli in CIL VI 1460. 1480. Uste der praefecti frumenti
dandi ex 1.c. bei H.-G. Pflaum, B1 163, 1963, 234 f.
Cura viarum und cura operum publicaum
283
Iaren Rang haben, der zweite prätcxischen, während der dritte lediglich
pedaneus war, also wohl noch nicht die Prätut erreicht batte.5 Wie
lange die Dreizahl beibehalten wurde, ist nicht ersichtlich. Spätel" wurde nur noch ein konsularer Amtsträger benannt. Einzelne senatorische curatores aquarum, die aber nicht in der Liste der konsularen Amtsinha ber bei Frontin erscheinen, wurden teilweise als adiutores, dh. als Mit glieder des im J. 11 v.Chr. etablierten collegium, angesehen; doch ist dies bestritten wc.-den, da auch andere Erltlärungsmöglichkeiten beste ben.6 curarores alvei Tiberis: Sie wurden offensichtlich erst im J. 15 n.Chr. unter
Tiberius durch Senatsbeschluß zum ersten Mal eingesetzt.7 Durch stadtrömische Inschriften sind vier collegia bekannt, die unter Tiberius und Claudius amtierten.8 In allen Fällen erscheinen jeweils fünf curatores in den Inschriften; sie bandein gemeinsam entweder ex senarus consulto oder, unter Claudius, ex auetorirate des Princeps.9 Späterbin sind keine curarores mebr n i der Mehrzahl bezeugt, sondern jeweils nur ein einziger; alle diese späteren curatores scheinen konsularen Rang gehabt zu haben, während sieb in den vier collegia offensiebtlieb jeweils nur ein Konsular befand, der wohl den Vorsitz batte. 10
triumviratus: Die beiden dreiköpfigen collegia für die Iectio senatus bzw. die
Musterung des Ritterstandes bestanden nur unter Augustus und fanden später offensiebtlieb keine Nachfolge. Alle bekannten Amtsinhaber waren konsularen Ranges. 1 1 5
6
Frontin, aqu.
99,4.
Zum Forschungsstand Chr. Bruun, The Water Supply of Ancient Rome, Helsinki
1991, 160 f. Vermutlich handelt es sich bei den Senatoren, die auf fistulae aquariae ... erscheinen (Bruun 237 ff.), um Amtstriger mit sehr
mit der Bezeichnung sub cura
verschiedenen Aufgaben, nicht jedoch
um curatores aquarum. Denn es scheinen alle
Personen, die handelnd auf den futulae genannt werden, in ganz unterschiedlicher Funktion tätig gewesen
zu
sein, auch die p.rocuratores. Sie haben jeweils ftlr ihren
eigenen administrativen Bereich die fistulae verlegt, hlufig wohl in Verbindung mit
anderen Baumaßnahmen. Mit den cura aquarum aber haben sie nichts zu tun. Darüber
ausfUhrlieh an anderer Stelle. 1 Cass. Dio 57,14; vgl. Tac., ann. 1,76.
8 CIL VI 31543-45; XIV 4704. 9 CIL VI 31545. 10 Dazu zusammenfassend J. Le Gall, Le Tibre, fteuve de Rome dans
1953, 137 ff.
l'antiquite, Paris
1 1 Suet , Aug. 37; dazu S. Demougin, L'ordre �uestre soua les Julio-Claudiens, Rom 1988, 172 ff. mit den weiteren Zeugnissen. .
Cura viarum und cura operum publicooJin
284
Hinweisen könnte man schließlieb noch auf die praefecti aerarii Augustus
militaris, die
6 n.Cbr. einsetzen ließ:
sie bildeten ein Collegium von drei Personen, jeweils prätorisehen Ranges.1 2 Dagegen wurden für das
aerarium Salurni jährlich nur zwei praetores aerarii bestellt; hier wirkte allerdings
das
republikanische Vorbild, nach dem auch nur je zwei
quaestores für das aerarium verantwortlieb gewesen waren; darüber gingen Augustus und auch seine Nachfolger bei den jeweiligen organisatorischen Änderungen nicht binaus. 13
Im Gegensatz zu allen bisher angeführten Kollegien von Amtsträgern sollen
allein die curatores operum publicorum. wie sie Sueton nennt, von Anfang an nur als Zweiergruppe
amtiert baben; 14 dafür gibt es zwar kein
augusteisches
Zeugnis, aber man übertrug weitgehend den späteren Zustand, auch binsiebtlieb des konsularen Ranges der beiden
curatores, bereits auf den Zeitpunkt der
Einrichtung. 15 Der strukturelle Vergleich mit den anderen Kollegien deutet jedoch darauf hin,
daß auch bei der cura operum publicorum am Beginn
eine
ähnliche Organisationsform mit mehr als zwei Amtsinhabern bestanden haben könnte. Tatsächlich sind aus augusteischer und/oder tibetischer Zeit drei collegia von jeweils 5 senatorischen curatores locorum publicorum iudicandorum durch sechs stadtrömische
cippi bezeugt, die ex s.c. causa cognita ex privato in publicum 16 restituerunt. Die Anordnung der Namen läßt vermuten, daß an erster Stelle des Fünferkollegiums jeweils ein Konsulat steht, während die folgenden Senatoren wesentlich niedrigeren Rang batten; 17 bei einem von ihnen, P. Viriasius Naso, der an zweiter Stelle eigens
nach L. Asprenas, cos. sujf. 6
n.Cbr., genannt wird, ist
tr(ib,unus) pl(ebis) hinzugefügt, wohl deshalb, weil er als einziger von
12 Cass. Dio 55,25,1 ff.; vgl. M. Corbier, L'aerarium Satumi et l'aerarium militare, Rom 1974, 664 ff. 13 Vgl. Corbier (Anm. 12) 631 ff. 14 Vgl. oben Anm. 3. 1 5 E. Komemann, RE 'N 1787 geht wegen CIL IX 3306 D. 932 davon aus, die beiden curatores seien bald prltorilchen, bald konsularen Ranges gewesen. 16 CIL VI 1266 D. 5939. 1267 Lb. 31573 D. 5940. 31574 • D. 5941. 37037. 17 An der Spitze der beiden Kollegien steht einerseits L. Asprenu (CIL VI 1267 a.b. 31573 f.), andererseits T. Quinctius Crispinus Valerianus (CIL VI 1266). Bei L. Asprenas, der ohne nomen gentile genannt wird, handelt es sich wohl um den consul ordiruuius des J. 6 n.Chr., T. Quinctius Crispinus Valerianus aber war consul suffectus im J. 2 n.Chr. Vgl. zur Diskussion der Datierungsmöglichkeiten außer dem Kommentar :zu CIL VI 1 267 a.b. auch H. Zosel, in: W. Helbig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen klassischer Altertümer in Rom, Bd. 3, TUbingen 4 1969, 403 f.; vgl. auch unten Anm. 33. =
=
=
Cura viarum und cura operum publicOOlßl
285
allen die cura gleichzeitig mit einem ordentlichen Amt übemahm.1 8 Daraus ist also nicht zu schließen, die nach ihm genannten curatores seien niedrigeren Ranges gewesen. Diese curatores locorum publicorum werden generell als ein collegium betrachtet, das aus besonderem Grund durch ein eigenes senatus consultum geschaffen worden sei; es sei also eine magistratura straordinaria für einen bestimmten Zweck ad hoc eingerichtet worden. 19 Diese Meinung hat vor allem auch Mommsen in seinem Staatsrecht vertreten.20 Basis für diese These war,
daß das ex s.c., das in allen einschlägigen Inschriften erscheint, zumeist auf die jeweilige Einsetzung des Kollegiums bezogen wurde; mit dem nachfolgenden Auftrag sollte diese Formel nichts zu tun haben. Doch wenn es in CIL VI 1265
von den praetores aerarii eines unbekannten Jahres, Funktionsträgem also, die regelmäßig Jahr für Jahr bestimmt wurden, heißt: aream ex s.c. a privatis publica pecunia redemptam terminaverunt,21 dann liegt typologisch hier nichts anderes vor als bei den curatores locorum publicorum iudicandorum. In beiden Fällen legt ein Senatsbeschluß fest, was konkret getan werden soll. Über die (angeblich eigens für diesen Zweck veranlaßte) Einsetzung von Funktionsträgem
wird überhaupt nichts gesagt. D.h. die in den sechs stadtrömischen Inschriften genannten curatores könnten bereits jeweils im Amt gewesen sein, als ihnen durch Senatsbeschluß die jeweilige konkrete Angelegenheit übertragen wurde.22 Sie wären dann ein permanentes collegium gewesen.
Ein neues senatus consultum vom 10. Dezember des J. 20 n.Olr. zeigt gerade
diese Situation.23 Der Senatsbeschluß, der den Prozeß gegen Cn. Calpumius
Piso betrifft und im einzelnen die Strafen festlegt, die noch nach dem Tod des Piso verhängt werden sollen, bestimmt am Ende der gegen Piso beschlossenen Maßnahmen, uti Cn. Piso pater supra portam Fontinalem, quae inaedijicasset iungendarum domum privatarum causa, ea curatores locorum publicorum
18 CIL VI 1267 a.b. 31573 f. 1 9 Diz. Epigr. n 1327; so
auch R.J.A. Talbert, The Senate of Imperial Rome, Princeton 1984, 373. 20 Mommsen, Staatsrecht n3 993; Komemann, RE IV 1794 f.
21 CIL VI 1265. 22 Richtig bezieht Talbert (Anm. 19) 373 du
publicorum iudicandorum
ex
s.c. bei den curalores locorum
nicht auf die Einsetzung, sondern auf den konkreten
Einzelauftrag. Das neue Dokument wird in KUrze in einer Monographie gemeinsam von A. Ca hallos, W. Eck und F. Femmdez publiziert werden. Siehe als ente Hinweise dem nächst A. Caballos - W. Eck - F. Femmdez, Senatus consultum de Cn. Pisone patre. Informe preliminar, Actu del ll Congreso de Historia de Andalucia. Historia Antigua, Cordoba 1991, C6rdoba 1994, 159 ff.; ferner W. Eck, Du s.c. de Co. Pisone patre i der Baetica, Cahiers du Centre G. Glotz 4, 1993, 189 ff. und seine Publikation n
23
Cma viarum und cura operum publicooun
286
iudicandorum tollenda dimolienda curarent. Unabhängig von der Frage, wmnn es sieb bei
der Baumaßnahme Pisos konkret
gehandelt bat. werden
zwei Punkte
eindeutig geklärt:
1.
Die curatores locorum publicorum iudicandorum haben
im J. 20
als
col/egium existiert, sie mußten fUr die ihnen vom Senat übertragenen Aufgaben nicht erst geschaffen werden. Sie werden in
dem s.c. nicht anders erwähnt als
etwa die praetores aerarii oder der praetor, der für die Prozesse auf Grund der Iex
maiestatis zuständig war.24 Wie lange die curatores freilieb schon amtierten, ist damit noch nicht geklärt.
2. Trotz der Funktionsbeschreibung als (cura) locorum publicorum iudicando rum haben die Amtsträger in diesem Fall gar nichts mehr zu entscheiden, weil der Tatbestand, also das, was Cn.
Piso gebaut hatte, klar war. Ihre Aufgabe be
stand nach dem Auftrag des Senats im tollere und dimolire, also Aufgaben, wie sie sonst f ür curatores operum publicorum bezeugt sind.25 Aus dem iudicare in ihrer Amtsbezeichnung
ist somit nicht auf eine eng
begrenzte, etwa nur
auf
Terminationen abzielende Tätigkeit zu schließen. Diese geht vielmehr weit darüber hinaus zu entscheiden, ob bestimmte loca öffentlich oder privat seien. Daraus folgt aber mit großer Wahrscheinlichkeit. daß tatsäeblieb mit den durch stadtrömische Inschriften faßbaren curatores locorum publicorum iudicandorum dieselben Amtsträger gemeint sind. die spätermit etwas verändertem und vollem Titel curatores aedium sacrarum et operum locorumque publicorum genannt werden. Sueton benutzt in dem oben zitierten
Passus
nicht die vollständige
Amtsbezeichnung mit allen Einzelheiten, sondern den Bestandteil der Titulatur, der zu seiner Zeit und auch später offensichtlieb als der zentrale Kern der Amtstätigkeit angesehen wurde: cura operum publicorum.26 Von der Forschung ist natürlich längst gesehen worden. daß die Bezeichnungen
für das Amt recht häufig variieren; es können jeweils verschiedene Aspekte des Amtsbereiches damit betont werden.27 So hat bisher z.B. niemand bestritten,
daß Q. Varius Geminus zu den hier behandelten curatores gehört. obwohl sein 24 Diesen Amtstrigern wird die Exekution der Urteile gegen zwei comites des Cn. Calpurnius Piso übertragen; W. Eck, Cahiers G. Glotz 4, 1993, 199. 25 Hinweise darauf fmden sieb allerdings eher für munizipale curatores; vgl. Ulpian, Dig. 43,8,2,17. 26 Vgl. die Beispiele bei Gordon (Anm. 3), die allein auf die opera publica verweisen; besonders wichtig Nr. 21 und 26; ferner nunmehr Kolb (Anm. 3) 90 ff. 27 Gordon (Anm. 3) 279 f.
Cura viarum und cura operum publioorum
287
präziser Titel curator
aedium sacr(anun) monumentor(um)que public(orum) tuendorum lautet; tueri wird sonst nie mit dieser Aufgabe verbunden, auch nicht das Wort monumenta.28 Dennoch können die beiden Worte hier als sprachliebe Varianten ohne wesentliche Änderung des Inbalts verwendet werden. Nun wäre es naWrlich nicht absolutunmöglich. daß zwei verschiedene collegia
collegium der curatores aedium sacrarum et operum loconunque publicorum, das andere der curatores locorum publicorum iudicandorum. Doch specbeo dagegen mehrere Gründe: Wir müßten dann annehmen, daß Suetoo das eine collegium nicht genannt hätte, nämlich das der curatores loconun publicorum iudicandorum, für das wir nebeneinander existiert hätten, einmal das
jedoch unmittelbare Zeugnisse aus der tiberiscbeD Zeit haben. Das andere aber, das Sueton nennt, müßte bei diesec Siebtweise im gleichzeitigen doku mentarischen Material fehlen. Ein Grund für diese bei Sueton dann voraus zusetzende Diskrepanz läßt sich m.E. nicht erkennen. Denn man kann nicht argumentieren, er habe das eine collegium nicht erwähnt, weil es in seiner Zeit nicht mehr bestanden habe; denn das gilt genauso für die beiden Drei männerkollegien für die kcto i
senatus bzw. die Musterung der Ritterturmen.
Beide sind später nicht mehr weitergeführt worden; dennoch hat Sueton sie
erwähnt Vor allem aber wäre es höchst seltsam. wenn man zwei collegia eingesetzt hätte, die n i ihrer sacblichen Tätigkeit, gerade nach der inhaltlichen Präzisierung durch das neue s.c., so eng beieinander lagen und beide auch in ihrer Amtsbe zeichnung die
loca publica
geführt hätten. Es ist schwer vorstellbar, daß für
denselben öffentlichen Bereich nebeneinander zwei jeweils mehrköpfige Kollegien amtiert hätten. Akzeptiert man somit die vorgeschlagene Gleichsetzung von curatores locorum publicorum iudicandorum mit den {späte�' allgemein so genannten) curatores aedium sacrarum et operum loconunque publicorum, dann folgt daraus, daß die von Augustus eingesetzten curatores für die öffentlichen Plätze und Bauten {sowie für die Tempel) als ein collegium von fünf Amtsträgern or ganisiert waren, also in dem zahlenmäßigen Umfang, den später Tiberius für die
curatores alvei Tiberis, die ähnliche Funktionen für den Tibet hatten, wieder
28 CU. IX 3306 D. 932. Die faktilcbe t1dlio der einzelnen Tempel lag in der Hand von Privatpersonen, die diese Auf&abe cep�ebt.et hatten; vgl. Tabula Hebana Zeile 59 f.: ii, qui eas aedu tuendal rukmptas Mbenl h[abeblll.lt] Möglicherweise gehörte es zu den Amtsaufgaben der curalores aedium sacrarum, die entsprechenden Vertrlge abzuschließen. •
Cura viarum und cura operum publicOOliil
288
aufgenommen hat.29 Dies beinhaltet dann ferner, daß dem collegium nicht von Anfang an zwei k:onsulare curatores angehörten,30 sondern überwiegend Senatoren niedrigeren Ranges. Mit der Amtsbezeichnung cur(ator) loc(orum) public(orum) ist ein Torquatus Novellius Atticus wohl aus tiberischer Zeit bezeugt31 In die Regierungszeit des Augustus oder Tiberius ist das Amt als cur(ator) locorum public(orum) iterum des C. Pontius Paelignus zu datieren.32 Beide Male erscheint iudicandorum nicht in der Titulatur. Vermutlich als augusteisch aber ist Q. Varius Geminus als curator aedium sacr(arum) monumentor(um)que public(orum) tuendorum anzusehen.33 Während Torquatus Novellius Atticus das Amt sicher nach der Prätut übernahm, wird bei Pontius Paelignus die Funktion zwischen Quästur
und Ädilität genannt;34 Varius Geminus aber ist jedenfalls nie zum Konsulat gekommen, hat also irgendwann während seiner Laufbahn, die auf der prätorisehen Stufe wohl länger gedauert hat, die stadtrömische cura übernommen. Wann genau, ist nicht zu sehen, da das Amt außerhalb des normalen cursus lumorum angeführt wird. Alle drei passen somit bestens zu dez Struktur, wie sie die inschriftlich überlieferten Kollegien von curatorts locorum publicorum iudicandorum, aber auch andere collegia von curatores aufweisen: ein Konsular als Vorsitzender und vier andere Senatoren, die im Rang niedriger standen. Die Amtsbezeichnung lautete vermutlich präzis zunächst curatores Iocorum publicorum iudicandorum. Im Titel ist vielleicht die Ursache für ihre Einsetzung 29 Die Zahl von fünf curalores alvei iiberis, wie sie von Tiberi�a festgelegt wurde, ist im übrigen eher verständlich, wenn ein so ausgestattetes collegium als Modell bereits unter Augustus eingerichtet wurde.
30
Dies wUrde auch damit besser harmonieren, daß im allgemeinen in augusteischer
Zeit
maximal neben den beiden ordentlichen Konsuln nur noch zwei sujfecti pro Jahr
amtierten, und auch das ent seit 5 v.Chr. Die Zahl der verfllgbaren Konsulare war also äußerst beschränkt.
3 1 CIL XIV 3602 Narbonnaise, Paris
D. 950. 1978, 6. =
Vgl. H.-G. Pflaum, Les fastes de Ia province de
32 CIL V 4348; er wird im Gegensatz zu Torquatla Novellius Attic�a und
Geminus (siebe die folgende
Q. Varius
Anm.) von Gordon (Anm. 3) 283 f. nicht zu den curalores
aedium sacrarum er operum loconunque publicorum gezlhlt, wohl gerade deshalb, weil er in CIL VI
1266 und 31574
im collegium
der curatore:1 locorum
publicorum
iudicandorum erscheint
33 C1L IX 3306 D. 932. 34 Da bei ibm der Zusatz iterum bei der cura erscheint, hat er die Funktion zweimal übernommen; n i dieser Funktion ist er in CIL VI 1266 D. 5939 und 31574 D. =
5941
=
=
bezeugt. Wenn man im übrigen davon ausgehen darf, da.6 die Mitglieder des
Kollegiums entsprechend ihrem Rang im Senat in den beiden Usten
31574
=
der Amtstriger
müßte CIL VI 1266 D. 5939 eher splter sein als CIL VI D. 5941. Denn in der zuletzt genannten Liste steht C. Pontius Paelign�a an
genannt werden, dann
letzter Stelle, in
=
der anderen Liste ist er dagegen der dritte der fünf curQ/Qres.
Cura viarum und cura operum publieOOJJll
289
faßbar: es waren offensiebtlieb häufiger Probleme mit der rechtlieben Zuge hörigkeit von Grund und Boden aufgetreten; auch bei den curatores alvei Tiberis ist vor allem dieser Aspekt ihres Wirkens für uns greitbar.3S Doch sind wohl im Verlaufe der Zeit durcb verschiedene Senatsbeschlüsse aucb andere Aufträge den
curatores übertragen worden; im Zuge der zunehmenden Rechtssicherheti in Rom dürften sodann gegenüber den loca publica iminec stärleer die opera publica sowie die aedes sacrae in den Vordergrund der Tätigkeit dieser curatores getreten sein, die sieb damit auch in den Amtsbezeichnungen niedergescblagen haben.36 Wie variabel bei der Aufgabenbezeichnung verfahren werden konnte, zeigt sieb, abgesehen von dem bereits oben S. 286 f. Erwähnten, an dem trübest bezeugten Prokwator für diesen Funktionsbereich,
einem Ti. Claudius
Aug.
1. Aesius; er
wird als procurator aedium sacrarum locorumq(ue) publicorwn bezeichnet;37 die
opera, später der dominante Teil in der Titulatur jedenfalls der curatores, fehlen hier noch. Auch bei den curatores alvei Tiberis läßt sieb eine wesentliche Veränderung bzw. Differenzierung der Aufgabe in der Amtsbezeichnung nachweisen.38 Übernimmt man im übrigen diese Argumentation zur Genese der cura aedium sacrarum et operum locorumque publicorum, dann bestätigt sich erneut, daß diese curatores keine Baubehörde für die Stadt Rom darstellten, daß ihnen vielmehr vordringlich die Kontrolle und Beaufsichtigung des Bestehenden anvertraut wurde. Für Neubauten oder Restaurierungen kompletter Bauten nach
Einsturz oder Brand dürften jeweils ganz andere Petsooen verantw<Xtlich gewesen sein.39 Denn wenn dies der zentrale lnbalt ihrer Tätigkeit gewesen wäre, dann 35 Vgl. Le Gall (Anm. 10) 149 ff. 36 Augustus hatte mit Nachdruck die Wiederherstellung verfallener Tempel belrieben, zunächst aus eigener Initiative, Ihnlieh wie Agrippa dies bei den Wasserleitungen getan hatte. Im Zuge der Übertragung weiterer Kompetenzen an AugustuJ konnte der Zeitpunkt gekommen sein, daß ea ihm nötig encbien, solchen Aufgaben wie der Erhaltung der Tempel eine festere Form zu geben, Ihnlieh wie er für die cura annoruu erst etliche Jahrzehnte nach der Übernahme durch ihn selbst einen eigenen Funktionsträger n i Form des praefectus anrwruu ernannte. Dabei hat man dann, wenn die oben gegebene Rekonstruktion zulrifft,. diese Aufgabe dem schon existierenden collegium der curatores locorum publicorum iudicandorum übertragen. Vgl. die unmittelbar folgende Amtsbezeichnung des ersten bekannten Prokurators. 3? C. Lo Giudice, in: La collezione epigrafica dei Musei Capitolini, ed. S. Panciera, Rom 1987, 86 f. Nr. 28. 38 Le Gall (Anm. 10) 147. 39 Am ehesten könnte man dabei z.B. an diejenigen Amtsträger denken, die die jeweiligen Gebäude benutzten. Dies ist vielleicht vergleichbar mit der Verantwortlichkeit bei der Verlegung von fistulae aquariae tur die einzelnen öffentlichen Einrichtungen in Rom; dafür waren nicht der curator bzw. procurator aquarum zuständig, auch nicht angebliche procuratortl patrimonii, wie es Chr. Bruun
Cura viarum und cura operum publicorum
290
müßte man erwarten, daß wenigstens der eine oder andere Reflex darüber in unseren Quellen zu finden wllre. Das aber ist nicht der FaU.40
ß. Bei den curatores viarum ist der kollegiale Charakter sowie die Zuweisung bzw. Nichtzuweisung einet bestimmten einzelDen Straße an einen Kurator schon seit augusteischer Zeit in der Forschung umstritten.41 Bekannt ist von der
personellen Organisation der cura viarum freilieb nurFolgendes; a)
Suet., Aug. 37 bat möglicherweise von der cura viarum variarum gesprochen;42 wenn der Kaiserbiograph den Zustand seiner Zeit, des trüben 2. Jb.s, hätte beschreiben wollen, als für jede einzelne der von Rom ausgebenden großen republikanischen Straßen ein eigener Kurator ernannt wuroe, hätte er vermutlieb eher viarum singularum geschrieben.
b)
Im s.c. vom J. 11 v.Cbr., mit dem die cura aquarum und ein dreiköp figes collegium von curalores geschaffen wurde, werden die curatores viarum als M o d e I I für die neue administrative Organisation der aquae angefübrt;43 wenn somit die curatores viarum das Modell bildeten, dann sollte im Grundsatz eine gleichartige Struktur für beide curae bestanden haben. Das aber hieße eben, daß die curalores viarum ebenso wie die nach ihnen geformten curatores aquarum ein collegium von mehreren Amtsträgem bildeten, die gemeinsam verantwortlich waren.
(Anm. 6) 203 vonchllgt Der Bo&riff DaubebOrde impliziert im Qbrigen zu sehr moderne Vontelluogen. Wu wlre unter rOmiscben Voneieben Oberhaupt darunter zu verstehen? 40 Vgl. z.B. den Hinweis, daB ein curDIOr viarum fQr deo AUJbau einer Straße bi.J nach Puteoll zustlndig war (Eck. Italien [Anm. 2) SO f.). Gerade dabei handelte ea sieb aber nicht um einen normalen curDIOr vümun, der reaelml8ig eingeaetzt wurde, aondern um einen Sonderbeauftragten, der lediglieb fQr diesen Bau zustlndig war. Der curator viae Appiae, zu dessen Bereich dieses Straßentell i tUck aplter gehörte, wurde damit eben nicht beauftragt. Vgl. W. Bck, Die Adminiatration d.er itali.Jcben Straßen: das Beispiel der via Appia, in: La Va i Appia, Quaderni del Centro di Studi per l'Arcbeologia Btrusco-Italica 18, Rom 1990, 29 ff., bea. 31 ff. in diesem Band S. 9S ff. 2 41 Vgl. obeo Aom. 2. 42 Siehe den kritischen Apparat zu Suet., Aug. 37, ferner Hirschfeld (Anm. 2) 206 Anm. 1. 43 Frontin., aqu. 101. •
Cura viarum und cura operum publiCOOJJD
c)
291
Die ersten epigraphisch übetlieferten curatores für eine bestimmte, einzelne Straße stammen aus den ersten Jahren Vespasians.44 Dagegen kennen wir n i sgesamt drei Senatoren, die zwar jeweils curator viarum genannt werden, ohne daß jedoch eine bestimmte Sll'aße angegeben wird: P. Paquius Scaeva wird untez Augusws zum viar(um) cur(ator) extra u(rbem) R(omam) ex s.c. in quinq(utMium) bestimmt, vermutlieb gerade im J. 20, als Augustus die cura viarum übernahm. Als Paquius Scaeva mit dem Amt begann. war et pdtoriscben Ranges.4S C. Propertius Postumus wurde als pr(aetor) cksig(natus) ex s(enatus) c(onsulto) zum viar(um) cur(ator) ernannt, er dürfte ebenfalls in augu· steische Zeit zu datieren sein.46 Bezeichnend ist dabei, daß das Amt offensichtlich mit der Prätor gleichzeitig geführt werden konnte. Ähnliches ist für Viriasius Naso im collegium der curatores locorum publicorum iudicandorum zu beobachten (oben S. 284f.). T. Mussidius Pollianus, Suffeletkonsul wohl in claudischer Zeit, übernahm auf einet nicht näher bestimmbaren Stufe seiner Laufbahn, vermutlich jedoch nach der Prätor, das Amt eines cur(ator) viarum, wahrscheinlich unter Tiberius oder Gaius.47
Nun ist es in den frühen senatorischen Laufbahnen ohne Zweifel noch nicht allzu sehr Spezifikationen anzugeben; so wird sehr häufig nur die Tat sache eines Prokonsulats oder die Aufgabe als legatus Augusti genannt, nicht jedoch die konkrete Provinz oder eine bestimmte Legion angegeben.48 Damit wäre es durchaus denkbar, daß man auch bei der cura viarum eine Straße. die als Bereich zugewiesen worden war, nicht anführte. Dies kann aber zumindest für P. Paquius Scaeva nicht gelten, weil in seiDer Grabinschrift Außerst detailliert alle einzelnen Aufgaben beschrieben und ja auch bei der cura viarum eigens extra urbem Romam sowie die Zeitdauer von fünf Jahren erwähnt werden. Falls er rechtlich für eine bestimmte Straße verantwortlieb gewesen wäre, hätte man üblich,
44 Eck (Anm. 2) 40. Ob der bei Seneca, Apoc. 1,2 genannte Appiae viae curaror priZis diesen Titel trug oder ob etwa Seneca ihn nur in seiner Bezeichnung aus fUr uns nicht mehr ersiehtlieben Gründen eingrenzte (vielleicht weil die via A.ppia die größte Gräberstraße war), läßt sieb nicht ugen. D. 915; Eck (Anm. 2) 41 f. 1501 D. 914. D. 913. Zum Suffektkonsulat. VI 1466
45 CIL 1X 2845 46 CIL VI
47 CIL
•
•
vielleicht im J. 44, 1iebe G. Camodeca, in: Epigraphica. Acte1 du Colloque international d'�pigrapbie latine en m�moire de Attilio Degrusi, Rom 1991, S. 69. 48 Siebe z.B. D. 90S. 929. 931. 932. =
Cura viarum und cura operum publiccxum
292
ohne Zweifel auch dies angegeben; er wird aber viar(um) cur(ator) genannt, also von Straßen im Plural. Somit muß man schließen, daß der Titel curator viarum zu Beginn tatsächlich als Kompetenzbereich die von Rom ausgehenden großen viaepublicae beschrieb, ebenso wie sich die cura aquarum bei den drei Wasserkuratoren auf alle Wasser leitungen, die Wasst!t nach Rom brachten, bewg. Wenn aber nicht die einzelnen Straßen den Maßstab für die Bestimmung der Zahl del' curatores viarum bildeten,
dann gibt es auch keine Notwendigkeit mehr, in irgendeiner Form voraus zusetzen, daß auch schoo untez Augustus ca. adlt curatores viarum ernannt wor den wären,
wie dies seit dem späteren 1. Jh. n.Chr. vorauszusetzen ist49 Viel
mehr darf man
in Analogie zu
den anderen von Augustus geschaffenen und
kollegial organisierten senatorischen Ämtern lediglich annehmen, daß auch die cura viarum von einem kleinen, vermutlich mehr als zwei Senatoren umfassen den colleg ium getragen wurde. Dabei war es nicht ausgeschlossen, diese cura viarum mit einem an.deren Amt zu kumulieren, wie es auch bei den curatores locorum publicorum iudicandorum für Viriasius Naso als tribunus piebis bezeugt ist Wieviele curatores es tatsächlich waren, läßt sieb nicht sagen, vermutlieb jedoch weniger als die späteren acbt Amtsinhaber. Denn eine so hohe Zahl hätte sich mit großer Wahrscheinlichkeit in der epigraphischen Über lieferung niedergeschlagen.SO
m.
cura operum publicorum und cura viarum erläuterte zu, dann war die Organisation der Augustus für Rom und Italien geschaffenen und mit Senatoren
Trifft die für die
Rekonstruktion der personellen Ausstattung neuen von
besetzten Ämter gnmdsälzlich gleichartig: Es amtierte jeweils ein colkgium von
curatores, die gemeinsam für ihren Aufgabenbereich verantwortlich waren. Da sie kollegial handelten, konnte eine solche cura auch gleichzeitig mit einem anderen Amt übernommen werden: P. Viriasius Naso war während seines Volkstribunats auch curator locorum publicorum iudicandorum, Q. Properttius Postumus wurde als praetor designatus zum curator viarum be stimmt, hat also auch während der Prätur diese Aufgabe erfüllt; dies gilt vor mehr als zwei
49 Zur vermutlieben Zahl der cwaton1 vgL Eclt (Anm. 2) 43 f. SO Eck (Anm. 2) 43 f. zum statistiJCben Vergleich der curatores viarum mit anderen Amtstrlgern.
Cura viarum und cura operum publicorum allem dann, wenn auch bei ihm eine Amtszeit von
293
fünf Jahren vorausgesetzt
werden darf, wie es für P. Paquius Scaeva überliefert ist Die nachfolgende Entwicklung der einzelnen curae verlief allerdings teilweise unterschiedlich. Während die Zahl der curatores viarum wohl beträchtlich erhöht
wurde, verminderte sieb der Kreis der Amtsträger bei den anderen curae: Sowohl für die
cura alvei
Tiberis51als auch für die
cura aquarum
scheint später ein
einziger konsularer Funktionsträger ausreichend gewesen zu sein, die rangmäßig niedrigeren senatorischen
curatores sind offenbar nicht mehr benannt worden;
zumindest erscheinen sie nicht (mehr) in unserer Überlieferung oder sind nicht
als solche erkennbar. Die Zahl der Beauftragten für die opera publica und aedes i e curatores erhielten jedoch konsularen Rang; sacrae wurde auf zwei begrenzt, bed möglicherweise wurden in diesem Zusammenhang faktisch die beiden Bereiche zwischen den Amtsträgem aufgeteilt, d.h. eine «Kompetenzabgrenzung» durchge
führt, wie bei den curatores viarum auf je eine Straße. Eine rechtliche Beschrän kung ist dies jedoch nicht gewesen. Wann genau das kollegiale Element bei den senatorischen Kuratoren in Rom weggefallen ist und was die Ursache dafür war, ist weiterhin ungeklärt.52
51 Jedenfalls gibt es keinen Grund, in der Mitte dea 2. Jb.a plötzlich zwei adiutores unter dem konsularen curator vorauszusetzen. So jedoch von M. Torelli, MEFR 81, 1969, 614 für CIL XIV 247 entwickelt und von H. Lawrence Royden, Tbe Magistrates
of the Roman Professional collegia in ltaly from the first to the third century A.D., Diss. Chapel Hili 1986, 37 übernommen. D·ie Interpretation scheitert jedoch schlicht an der Tatsache, daß der an. erster Stelle in CIL XIV 247 (Liste der Patrone eines collegium in Ostia aus dem Jahr 145) genannte T. Prifernius Paetus Rosianus Geminus erst im J. 146 überhaupt cos. suff. wurde, wir aber keinerlei Hinweis darauf haben, daß bereits ein Jahr vor der Übernahme des Suffektk.onsulats, der die Voraussetzung für die Bekleidung der cura alvei Tiberis war, schon die spätere Einweisung in diese cura feststand. Umso weniger aber darf man voraussetzen, zu dieser Zeit hätten auch schon die adiutores von ihrer zukünftigen Ernennung gewußt, deren Existenz schließlieb für das 2. Jh. überhaupt erst nachgewiesen werden müßte. Die gesamte These bat keinerlei reelle Basis. 52 Zumindest eine der Ursachen könnte man n i der Benennung von Freige lassenenprokuratoren fUr die cura aquarwn sowie die cura aedium sacrarum et operum locorumque publicorwn sehen; nach der heute zur VerfUgung stehenden Überlieferung dUrften beide Prokuratoren erstmals unter Claudius eingesetzt worden sein (vg1. Frontin, aqu. 105, 2 und oben Anm. 37). f'Ur die Straßen hat es nie Prokuratoren gegeben, was möglicherweise die Ursache dafür war, daß die Zahl der curatores viarum nicht eingeschrlnk.t, sondern vielmehr erhöht wurde. Für die cura alvei Tiberis sind Prokuratoren bisher nicht bekannt. - Für Hinweise bin ich Rudolf Haenscb und Marietta Horster (Köln) sowie Anne Kolb (Heidelberg) zu Dank verpflichtet ..
DIE ADM1NISTRATION DER ITALISCHEN STRAßEN: DAS BEISPIEL DER VIA APPIA Das Funktionieren der römischen Administration ist für
uns auch heute nach
mebr als einem Jahrhundert teilweise intensiver Forschung noch in vieler Hinsicht ein Rätsel. Die Gründe dafür sind dreifach:
1. Es fehlt für manche Bereiche an Quellen, die einen wirklich detaillierten Einblick in das innere Funktionieren der römischen Administration erlauben.
in ihrem Charakter von moderner Ad ministration wesentlich verschieden. Die Benutzung moderner Termini in der Forschung verhüllt allerdings diesen Tatbestand und läßt unsere Kenntnisse oft 2.
Die römische Administration ist
präziser erscheinen, als sie tatsächlich sind.
3.
Es werden häufig nicht die Fragen gestellt, die nötig und möglich sind.
Trotz einer Reihe von systematischen Untersuchungen zum römischen
Straßenwesen n i Italien vcx allem während der letzten beiden Jahrzehntel gilt die eben gemachte Feststellung auch
für die Administration der viae publicae. Von
einem vollen Verstehen des Funktionierens der Straßenverwaltung sind wir nach meinem Urteil noch weit entfernt Auch das, was hier ausgeführt wird, kann als Darstellung der Administration nur unvollständig sein. Zudem ließe der zur Verfügung stehende Raum keine umfassende, detaillierte Gesamtdarstellung zu.
I 0. Hirscbfeld, Die kaiserlieben Verwaltungsbeamten bis auf Diokletian, Berlin 1905, 205 ff.; Tb. Pek4ry, Untersuchungen zu den römischen Reicbsstraßen, Bonn 1968 (= Pekhy, Untersuchungen); R. Cbevallier, Les voies romaines, Paris 1972
(wenig verläßlich); H. Herzig, Le JUeau routier des regions VI et vm d'ltalie, Saggi di AnticbitA, Bologna 1970; ders., A propoa de l'adminiatration routi�re dans la V�n�tie regio X, in: D territorio Veronese in etl romana, Atti del convegno tenuto a Verona il 22-23-24 ottobre 1971, Verona 1973, 87 ff.; dera., Probleme des römischen Straßenwesens: Untersuchungen zu Geschichte und Recht, ANRW n 1, Berlin 1974, 593 ff.; Pb. Culbam Ertman, Curatores viarum: A Study of tbe Superintendents of Highways n i Ancient Rome, Phi!. Diu. State University of New York at Buffalo 1976, Ann Arbor 1984 ( Culbam Ertman); W. Eck. Die staatliebe Organisation Italiens in der Hohen Kai5erzeit, MOneben 1979, 25 ff. ( Eck. Italien); A. Palma, Le curae pubblicbe, Studi sulle strutture amministrative Romane, Neapel 1980, 186 ff. (sehr unzuverllssig und nicht weiterführend); H.-Chr. Schneider, Altstraßen forscbung, Darmstadt 1982 (kungefaßte Orientierung Ober den Forscbungsstand); A. Palma, Le strade romane neUe dottrine giuridiche e gromaticbe dell'et� del principato, Atti Ace. Napoli (Lett ed arti) 89, 1978, 283 ff. ANRW n 14, 1982, "'
=
850 ff.
=
296
Die Administration dec italischen Straßen
Es soll jedoch in diesem Beitrag versucht werden, neben der Schilderung der wesentlichen Grundtatsachen der Verwaltung der Straßen einige mir für diesen Bereich wichtig erscheinende Fragen zu stellen, partielle Lösungen anzubieten und für andere Fragen auf Beantwortungsmöglichkeiten gerade durch die Archäologie zu verweisen. Zeitlieb werden sieb die Ausführungen im wesentlichen auf die Periode von Augustus bis ins 3. Jh. binein beschränken. Denn ob es seit der ersten Anlage von vitu publicae in Italien vielleicht
im
J. 312 v.Chr. bis in die letzten Jahre der Republik überhaupt etwas gegeben hat, was den Namen Administration der Straßen verdient, erscheint mir sehr zweifelhaft. Auf der anderen Seite unterscheidet sieb die spätantike Situation in Italien wobl nicht mehr allzu sehr von der in den Provinzen, stellt also kein Spezifikum mehr dar.2 Deutlichstes Zeichen dafür ist, daß kurz nach 350 n.Chr. zum ersten Mal auf einem italischen Meilenstein ein Statthalter, der consularis Flaminiae et Piceni, genannt wird.3 Über mehr als 300 Jahre hinweg ist dies bei keinem der seit Augustus für die Straßenadministration eingesetzten Amtsträger gescbeben.4 Der größere Teil der viae publictu Italiens wurde bereits in den Jahrhundecten der Republik gebaut; doch sind auch während dec Kaiserzeit nicht wenige Straßen neu angelegt, bzw. es sind alte Routen durch neue ersetzt oder doch zum ersten
Mal vollständig als Fahrstraße ausgebaut worden. Man darf an Straßen wie die via Traiana, via Herculea, via Domitiana, via Claudia nova. via Claudia Valeria.
viae tres Traianae in Etrurien, via Iulia Augusta, via Claudia von Altinum bis nach Rätien oder die via Flavia erinnem.s In einem vor wenigen Jahren
publizierten Zeugnis sind ferner die viae Traiana, Hadriana. Aurelia Antoniniana 2 Zuletzt bat P. AusbUttel, Die Verwaltung der Stldte und Provinzen im spätantiken Italien, Frankfurt 1988, 147 ff. Ober die Administration der Straßen gehandelt; nicht alle offensichtlichen Probleme wurden von ibm gesehen. 3 A. Donati, Bpigraphica 36, 1974, 65 ff.; Verbeaaerungen zu dem von Donati publizierten Text sowie zu anderen Inschriften mit deiDJelben consulari.J von G. Camodeca, Per Ia redazione dei Futi delle province Italicbe: PI. Romulus, consularis Flaminiae et Piceni nel 352(-3), ZPB 28, 1978, 151 ff.; vgl. AB 1904, 52 1978, 285; 1951, 17 1978, 284; 1975, 358 1978, 290. 4 Lediglich in CIL X 6892 erscheint Vettius Proculua als curator viarum auf einer Bau.inschrift; dieser Text gehört erst in die Zeit Diokletians oder Konstantins. S Siebe Eck, Italien 27 ff. Einige neue, in den vergangeneo Jahren publizierte Dokumente (so z.B. AB 1984, 257. 361; 1982, 153; dazu AB 1909, 67. 68 - von mir übersehen) verindem du Bild nicht Zu regionalen Untersuchungen vgl. etwa M. Silvestrlni, Miliari della via Tralana, in: Bpigratia e territorio. Politica e societl, Bari 1983, 79 ff.; G. Uggeri, La via Traiana Calabra, Quad. Mus. Arcb. P. Ribezzo di Brindisi 12, 1979, 115 ff.; R. Gebomino, Ferentinum nel aistema viario Romano, Rom 1986. =
=
•
Die Administtalion der' italischen Straßen
297
bekannt geworden,6 von denen wir bisher überhaupt nichts wußten und die auch
Doch müßten sie nach der administrativen unterstehen einem ritterlieben procurator), soweit wir diese kennen, in der Nähe von Rom zu suchen sein.' Andere Straßen, die ohne nur schwer lokalisierbar sind.
Systematik (die Straßen
Zweifel öffentlich gewesen sein müssen, tragen überhaupt keine Namen; der Zeitpunkt der Erbauung ist deshalb blutig auch nicht exakt festzulegen. Solches gilt z.B. für die Straße, die von Benevent aus nach Nooien zog und den Anscbluß an die via Claudia Valeria herstellte,
oder auch für die Straße, die von Fanum
Fortunae an der Küste entlang nach Süden führte, um sieb scbließlich mit der via Traiana zu vereinigen.8
Daß alle diese Straßen für den öffentlichen Verkehr ecbaut wurden und vitU
publicae
waren, ergibt sich aus drei Kriterien: Zum einen sind sie alle im Itinerarium Antonini9 bzw. auf der Tabulla Peutingeriana verzeicbnet;lO ferner tragen sie zum größeren Teil den Namen eines Kaisers, und schließlieb fmden sich an jeder dieser Straßen Meilensteine, die nur an
vitU publictU
aufgestellt
wurden. Diese praktischen Kriterien sind für uns beute bei der Erkenntnis wichtiger als beispielsweise das juristische Kriterium des so/um publicum; l l denn ohne ein konkretes Zeugnis am jeweiligen Ort ist für uns heute so/um publicum von so/um privatum ganz selbstverständlich nicht zu unterscbeiden.l2 Alle diese öffentlichen Straßen (natürlicb außerhalb der Städte) unterstanden damit in irgendeiner Form staatlicher Leitung. Die Problematik beginnt n i dem Augenblick, in dem man nach der konkreten Form dieser staatlichen Leitung für alle italischen viae publicae bzw. für jede einzelne fragt Während der Republik
hat
es ganz offensiebtlieh keine ständigen
und
regelmäßigen Amtsträger für die Staatstraßen s gegeben. Der Bau erfolgte durch
6 St. Mitcbell, AS 27, 1977, 67 ff. Nicbt hierher gehörig s i t wohl der curalor viae Curriae, der in AE 1979, 216 erscheint; bei der via Curtia d!1rfte ea sieb eher um eine lokale Straße in der Verantwortung vielleicht von Forum Clodii gehandelt haben. Italien 53 ff. 8 Siebe dazu die Meilensteine CIL IX 5850 ff. Ein interessante• Beispiel dafUr, wie durch rein arebiologische Beobachtungen Straßen datiert werden können bei D. Prencb, A Road Problem: Roman or Byzantine?, Istanb. Mitt. 43, 1993, 445454. 9 0. Cuntz, ltineraria Romana, Leipzig 1929, 14 ff., 40 ff. 10 Tabula Peutingeriana. Codex VindobonensiJ 423, ed. und kommentiert E. Weber, Graz 1976. 1 1 Defmitioneo bei Siculus Placcus, Oe conditionibus agrorum p. 110 (Th.) und Ulpian, Dig. 43,8,2,21. 12 Vgl zu dieser Diskussion Herzig, ANRW n 1,612 ff.
7 Vgl. Eck.
Die Administration der italischen Straßen
298
die ordentlichen Magistrate, 13 also aedi.les,14 con.rutes1 S oderpraetorts; 16 ob tatsäeblich die Censoren auch manchmal für den Bau von Sttaßen verantwortlieb waren, was ja gerade für die via Appia der Fall gewesen sein soll, ist umstrit ten. 17 Im Einzelfall sind auch andere Amtstrager, z.B. ein quatstor urbanus18
oder auch speziell ernannte curatorts viarum19 für den Bau oder die Reparatur von Straßen herangezogen worden. Doch eine regelmäßige, ununterbrochene Leitung dieses Aufgabenbeteichs hatte die Republik nicht für nötig gehalten und
deshalb auch nicht geschaffen. Dies änderte sieb, wie bekannt, unter Augustus. 20 v.Cbr. Obernahm er selbst
die cura via.rum.20 Daß man jedoch mit diesem Jabr eine Straßenverwaltung im
engeren Sinn beginnen lassen darf, liegt wesentlich an der Einsetzung ständiger Funktionsträger. So berichtet Cassius Dio im Zusammenbang mit der
cura curatorts aus den Prätoriern bestellt21 Ebenso erwähnt Sueton, Aug. 37 unter den nova officia für Senatoren auch die cura viarum. Wie auch m i mer man sich die genaue
viarum des
Augustus, der Princeps habe für die Straßen
Entwicldung dieses Amtes vorzustellen bat. so ist es doch unbestreitbar, daß seit augusteischer Zeit solche curatorts viarum tätig waren.22
13 Zuletzt dazu ausftlhrlich G. Rldke, Viae publicae Romanae, Stattgart ff. = RE Suppl. XTII ff.; Pekby, Untenuchungen ff. 14 ILLRP I 448. = 0. R.LRP I = 0. 1S ILLRP J = 0. R.LRP I = 0. ILLRP I • 0. lLLRP I • 0. Iu.RP I 460 = 0. AE Aus Cerveteri stammt ein noch unpubliz.ierter Meilenstein der via Aurelia. 16 AB = lLLRP I a. 17 Vgl. daz.u Herzig, ANRW ß ff. mit Diakussion der vorausgebenden Uteratur; zuletzt auch B. Macbain, Appiua Claudius Caecus and the via Appia. CIQ
1472 449 450-453 5808;
458
5801. 5802; 5803. 5805-5807; 459 5810;
1955, 191
356 ff.
18 lLLRP 465
37 463
1971, 56
5812. 454. 457 5809; 5811; 1288; 1986, 232.
454 1, 597
74, 1980,
= 0. ob ea sich in cn. 12 = ILLRP n a um stadlrömiscbe handelt, muß offen bleiben. ll l ILLRP a = 0. 800; T.P. Wiseman, PBSR f.: Liste der publik an ische n curaloru lliarum. r e 20"Dazu Eck, Italien 25 ff. 2 1 Cassius Oio Eck, Italien Culham Brtman ff. Zum kollegialen Charakter dieses Amtes in den ersten Jahrzehnten seines Deslehens W. Eck, Cura lliarum und cura operum publicorum a1a kollegiale Ämter im frühen Prinzipal. Klio .. in diesem Band S. ff. Noch nicht &ekllrt ist die Formulierung in CIL XIV = 0. P. Plautius .• curalor lliarum sternendarum a llicinis lectus ex auctoriJale Ti. Clasuli Caesaris. Um du normale Amt des curalor llianun kann ea sieb nicht gehandelt haben, da die llicini (wohl possessores in der Nlbe der Plautii - wobei unsicher ist, ob es lieh um possessores bei Trebula Suffenas oder Tibur handelt) ihn dann kaum bitten erwlhlen kOnuen. Andererseits muß damit eine offwelle Stellung gemeint gewesen sein, da sonst die auetorilas des Claudius unnOtig gewesen wlre; die llicini mOssen somit zum Unterhalt e.iner Straße verpflichtet gewesen sein, mit der
Ou ls tore n
5799;
465
5
54,8. 37;
22
964:
832
281
1275
38, 1970, 144
21
Puleher .
74, 1992, 237-245 3607
·
Die Administration der italischen Straßen
299
Möglicherweise wurden sie zu Beginn auf Grund eines Vorschlags des Princeps durch Senatsbeschluß ernannt wie dies ja auch bei den
curatores
aquarum ursprünglich det Fall war.23 Später gibt es keinen Hinweis mehr auf eine solche Art der Bestellung. Vielleicht seit tibetischer, zumindest aber seit vespasianischer Zeit ist in ihrer Amtsbezeichnung auch der konkrete Zuständigkeitsbereich ausgedrückt,24 ob in vollem Umfang oder als pars pro
toto
wird noch zu erörtern sein. Die in der Titulatur ausgedrückten
Zuständigkeitsbereiche lauten jedenfalls folgendermaßen:
viaAemilia via Appia via Aurelia, Comelia et triumphalis via Clodia, Annia, Cassia, Ciminia
via Flaminia via Latina bzw. Labicana et Latina vetus via Salaria via Valeria Tilburtina25
Bestimmung des Plautius Puleher wurde dann wohl eine andere Organisationsform als zuvor gefunden. 23 Dies könnte man zumindest aus dem Zusatz ex s.c. bei der cura viarum des P. Paquius Scaeva (D. 915) sowie des C. Propertius Postumus (D. 914) vermuten; vgl. dazu Eck, Italien 41 f. Die Laufbahn da T. Mussidius Pollianus gehört sicher nicht in die Zeit vor Tiberius, da sein Konsulat vermutlich ins Jahr 44 fällt, W. Eck, ZPE 42, 1981, 252 ff. sowie G. Camodeca, Puteoli 6, 1982, 26 Anm. 11; 718, 1983/4, SOff. AE 1986, 180. 181, ferner oben S. 291 Anm. 47. 24 D. 1005; AE 1925, 126; 1972, 394, dazu E. T6tb, AArehRung 35, 1983, 38 ff. (allerdings sehr spekulativ). Lediglieb aus iD. 6286 kennen wir einen Ritter, der unter Augustus oder Tiberius curator viarum Labicanoe et IAtinae genannt wird. 25 Vollstllndige Listen der bis 1977 bekannten Amtsträger bei Eck, Italien 80 ff. Zu ergänzen sind inzwischen für die via Appia: AE 1984, 182; für die via Valeria Tiburtina: AE 1984, 36; für die via Aurelia: G. Camodeca, Index 18, 1990, 320 ff.; für die via Clodia ...: Cicikova Bozilova, MEFRA 102, 1990, 611 ff.; für nicht näher benennbare Straßen: AE 1980, 427; 1984, 182, 426. Nicht vollständig und öfter unzuverlässig die Listen bei Culbam Ertman 140 ff. De i Zahl der für eine Straße überlieferten konkreten Amtsträger variiert aehr; dia ist sicher zum Teil durch die Überlieferungslage bedingt. Daß die Zahl der curatores der viae Clodia, Annia, Cassia, Ciminia, tres Traianae am höchsten ist, erldllrt sich leicht aus der Länge des Namens; dadurch ist auch bei sehr fragmentarischen Inschriften immer noch genUgend von der Bezeichnung erkennbar, um die Straße eindeutig identifizieren zu können. Bei kurzen Straßennamen ist die Cbanu, daß in einer fragmentarischen Inschrift ein Teil des Namens erbalten blieb, wesentlich geringer. Die bei Eck, Italien 86 zusammen gestellten curatores ohne bekannten Namen dürften in der Mehrzahl Straßen mit kurzem Namen zuzuweisen sein. •
300
Die Administration der italischen Straßen
Für insgesamt acht mit Ausnahme der Aemllia ausschließlich von Rom ausgebende Straßen wurden somit senalOriscbe curatores ernannt; spätestens seit vespasianiscber Zeit sind sie durch Einzelbeispiele bezeugt. Daneben kennen wir für eine ganze Reihe von lcürzereo Straßen unmittelbar in der Umgebung der Hauptstadt ritterliche curatores, so für die via Comelia et triumphalis, die via Nomentana,. via Ostiensis et Campana. via Praenestina, eine via Claudia und schließlich die viae Traiana, Hadriana, Aurelia, Antoniniana.26 Ob es sich in allen zuletzt genannten Fällen um kontinuierlich besetzte Funktionsstellen handelte oder vielmehr um Sonderaufträge aus einem aktuellen Anlaß heraus, läßt sich nicht definitiv sagen. Doch spricht die äußerst geringe Zahl der
Personen, die solche Aufträge erllielten. eher für die zweite Möglichkeit Nimmt man nun die Amtsbezeichnungen der senatorischen und ritterlichen
curatores rein n i ihrem Wortlaut als umfassend in ihrer Aussage an, so ergibt
sich der Eindruck, daß nur ein eingeschränkter Teil aller Staatsstraßen n i Italien ihnen unterstellt gewesen ist Alle viae südlich der via Appia in den Regionen Lucania et Bruttii,27 ebenso die via Traiana in Apulia et Calabria,28 die Straßen in Samnium29 und zum Teil an der Ostküste Italiens einschließlich der viae Claudiae,30 ferner alle Straßen nördlich des Po,3 1 aber auch die im Westen Oberitaliens wären rein nach den vorbandenen Amtsbezeichnungen den curatores
viarum nicht unterstellt gewesen. Damit müßte man fordern, daß die Administration dieser viat publicae anders organisiert gewesen wäre als die der
eben genannten acht Straßen.32 Für die Straßen nördlich des Po dürfte dies auch zutreffen. Auffälgli ist dabei, daß in der Titulatur der curatores nur solche Straßen erwähnt werden, die bereits während der Republik gebaut worden waren, wenn man einmal von den viae tres Traianac absieht. die für einige Jahrzehnte in die Amtsbezeichnung des curator viarum Clodiat, Anniae, Cassiae, Ciminiae einbezogen wurden, die jedoch schnell wieder aus der Amtsbezeichnung verscbwancJen.33 Es gibt jedoch einige Hinweise, die es eher unwahrscheinlich machen, die Amtsbezeichnung eines curator viae überall sozusagen ausschließlich auf die lineare Ausdehnung der im Titel genannten Straße zu beschränken; vielmehr 26 Siebe die Zusammenstellung bei Eck. Italien 86. 27 Vgl. z.B. CIL X 6951 ff. 28 CIL IX 5998; vgl. ferner z.B. clie Arbeiten von Silveatrini und Uggeri (o. Anm. 5). 29 A. Donati, Epigraphica 36, 1974, 197 ff. nr. 37 ff. 30 A. Donati. Epigraphica 36, 1974, 176 ff. nr. 13. 30; 181 ff. 52 ff. 31 CIL V p. 933 ff. 32 Dazu Herzig, A propoa (Anm. 1) 87 ff.; Eck, Italien 53 f. 33 Eck. Italien 82.
Die Administration del' italischen Straßen
301
scheint mit der jeweiligen Bezeichnung ein bestimmter territorialer Bereich gemeint zu sein, innerhalb dessen alle viae publicae einem curator anvertraut waren.34 Folgende Hinweise lassen sieb finden: Die Amtsbezeichnung des Kurators, der f lir die das Innere Etruriens durchziehenden Straßen zuständig war, weist eine erbebliebe Variationsbreite auf. Neben den vollen Formen curator
viarum Clodiae, Anniae, Cassiae, Cimin;aeJS fmden sieb auch Abkürzungen, die bis zur Reduktion auf die via Clodia allein geben können.36
Daß dies dann
nicht etwa ein Amtstitel für eine auf diese eine Straße beschränkte Kompetenz ist, zeigt das Beispiel des P. Iulius Junianus Martialianus, der einmal curator
viarum Clodiae Cassiae Ciminiae,31 in einem anderen Text aber nur curator viae
38 Clodiae genannt wird. Bei der via Valeria·Tiburtina erscheint im Amtstitel
häufig nur ein Namensbestandteil, entweder Valeria oder Tiburtina;39 es ist jedoch stets die gesamte Straße gemeint. auch der Teil. dessen eigentlicher Name via Claudia gelautet hatte. Für zwei Straßen
sehr
unterschiedlicher Länge wurden
spezielle curatores ernannt. einmal für die via Domitiana,
bei ihrer Erbauung
die eine Abzweigung
von der via Appia bei Sinuessa darstellte und eine schnelle Verbindung mit der Bucht von Baiae, speziell dem Hafenort Puteoli, scbuf;40 zum anderen beauftrag te Traian den Senator Q. Pompeius Falco, cos. im J. 108, mit dem Bau der via Traiana zwischen den Jahren 108 und 112.41 Beide Amtsträger werden in den
34 Tendenziell bereits in diese Richtung argumentiert bei Eck, Italien 51 ff.; vgl. z.B.
auch die m.E. einen zutreffenden Tatbestand beschreibenden Kapitelüberschriften in p. 1001: Via Aemilia Arimino Placentiam et adhaerentes. 35 Siehe z.B. D. 1038. 1052. 1109. 1066. 36 D. 1187; die volle Beschreibung lautet hier allerdings: viar(um) . ClodUu et CIL XI p. 995: Via Flaminia Roma Ariminum et adhaerentes;
..
cohaerent(ium).
37 D. 1177. 38 D. 1178.
39 D. 1026 und D. 1080.
40 CIL V 7812; AE 1964, 239. 4 1 CIL m 12117 = D. 1036; X 6321 = D. 1035; VI 3844 Ertman 236 f. irrig auf einen unbekannten VUu
[,curato]r
=
31752 (von Culham
T[iburtinae] bezogen); AE
1957, 336. Vgl. auch A.R. Bir1ey, 'lbe Fasti of Roman Britain, Oxford 1981, 99 (allerdings dort als erster, nicht ala einziger Inhaber dieses Amtes). CIL X 6321 D. 1035, eine «Ehreninschrüt» fUr Falco, wurde 1796 ad Paludes Pomptinas auf dem Territorium von Terracina gefunden, also dort, wo Traian umfangreiche Straßenbauarbeiten hat durchführen lassen. Man könnte versucht sein, diese Inschrift, deren Dedikant verloren gegangen ist, mit diesen Bauarbeiten in Verbindung zu bringen; doch ist din eher unwahrscheinlich, weil .zwischen der Familie Falcos und Terracina Verbindungen bestanden (vgl. CIL X 6322), die am =
Die Administration der italischen Straßen
302
entsprechenden Inschriften curawr genannt, der eine curawr vifu TraiaMe, der andere wobl curawr vifu novaefaciendae usque Puuolos. Entscheidend für unsere Überlegungen ist jedoch, daß beide keinen Nachfolger erbalten haben. Selbst wenn man das bei der via Domitiana nicht erwarten kann, da selbstverstandlieb dieser Name nach dem J. 96 nicht mebr verwendet werden durfte, so lag bei der via Traiana kein entsprechender Grund vor. Wenn aber die Erbauung einem senatorischen curator übertragen wurde, dann ist es eher nicht zu erwarten, daß anseblieBend die Routineverwaltung ohne einen solchen Amtsträger ablaufen sollte. Was liegt näher, als daß der curator vifu Appifu auch die S<:W'ge um die via Traiana übernahm, zumal die neu erbaute Strecke die alte Straße entlasten sollte.42 Und auch die kurze Strecke der via Domitiana lag sozusagen für den
curator viae Appiae «auf dem Weg». Auffalnd le ist zumindest auch, daß im Itinerarium Antonini die erste Strecke, die unter dem Namen der via Appia verläuft, von Capua über Nola bis Ad Columnam führt, also nicht zuerst die Straße nach Benevent - Brundisium beschreibt;43 der Begriff via Appia konnte somit auch den Straßenbereich in der Region Lucania-Bruttii umfassen. Besonders bezeichnend scheinen mir jedoch drei Zeugnisse zu sein, die Einblick geben in die Organisatioosf<W'ID des cursus publicus, der sieb ja an den gleichen viae publicae orientiel'eo mußte. Die Zeugnisse, nämlich Dedikationen
an den Kaiser aus Rom, stammen aus der Zeit Caracailas und nennen einmal die ipes et iunctores iumentarii viarum Appiae, TraiaMe item Anniae cum
manc
ramulis,44 zum andem die {mancipes et i]unctores [iumentarii viar]um Appi.ae Anni.ae [Traanae i ? Aur]elifu novae cum [ramulisj.4S Ohne hier im einzelnen auf die Identifizierung der verschiedenen Straßen einzugeben,46 ergibt sieb doch klar, daß die mancipes und iunctores iumentarii neben den Hauptlinien mehrerer Straßen auch
die Nebenstrecken und Abzweigungen, die ramuli, zu bedienen
hatten, also quasi ein Gebiet, das durch eine oder mehrere benennbare Straßen
ehesten in Kombination mit dem Fundort voo cn. X 6321 auf Grundbesitz det Familie hindeuten. 42 Dies ist offensiebtlieb auch geschehen; denn sonst könnte man sieb kaum vorstellen, wie es zu der auf drei badrianiscben Meilensteinen beschriebenen Situation an der alten via Appia zwischen Benevent und Tarent kommen konnte: viam Appiam per milia pa.rsuum XV DCCL longa vetiUtale ami.rsam (Cll. IX 6072. 6075; AE 1930, 122). MöglichetWeise hatte sich der Verkehr in aolcbem Ausmaß auf die via Traiana verlagert, daß der schlechte Zustand der alten Strecke wenig Anatoß erregte 43 Itinerarium Antonini 106,4 ff. 44 cn. VI 31338 a "" 0. 452. 45 cn. VI 31370. 46 So muß unter der via Annia vennutlicb die Stra.Be verstanden werden, die von Capua nach Rbegium fllbrte, T.P. WlleJJWl, PBSR 32, 1964, 32 f. .
Die Administration der italischen Straßen
303
bezeichnet wurde. Dieser regionale Charlrter wird aber vollends deutlich durch eine inhaltlieb gleichartige, in der Foon
aber verschiedenartige Bezeichnung im [man]cipes et iun[ctores irunen]tari viarum [Hist]riae Veneti[ae Tra]nspadanat.47 In dem Gebiet jenseits des Po existierten keine alten
dritten Inschriftentext
und damit die gesamte Region kennzeichnenden Straßen; somit bat man hier
selbstverständlich einen geograpbiscben Terminus als Benennung herangezogen. Im übrigen bat sieb ja auch aus der Bezeichnung einer Sttaße der TeamiDus für
eine administrative Region entwickelt. DAmlich aus
via Flaminia die (regio)
Flaminia, etwa im Amtstitel des iuridicus Flaminiae (et Piceni).
Zwei weitere Argumente mögen diese Interpretation unterstützen. Der hadrianiscbe Senator
Q. Voconius Saxa Fidus
war
curator viat Valtriat
Tiburtinae. Wegen der schweren Verluste Roms im Krieg gegen Bar Kocbba in ludaea wurde er jedoch von Hadrian auch
mit der Ausbebung neuer Soldaten
beauftragt. Die Formulierung für beide Aufgaben lautet in einer vor wenigen Jahren publizierten, lateinisch formulierten Cursusinscbrift folgendermaßen:
curator viat Valeriat Tiburtituu, qui et per tundem tractum dilect[um e]git.49 Das Aushebungsgebiet auf der einen Seite und der Zuständigkeitsbereich der cura viae Valeriae Tiburtituu auf der anderen Seite waren also offensiebtlieb identisch; denn wenn die cura viat gewissermaßen nur die Linie der Straße erfaßt hätte, wäre es nicht möglich gewesen, damit tr.wkm tractum. einen regionalen Begriff, zu korrelieren. Ähnliches ergibt
sieb auch aus den Amtsbezeichnungen der kaiserlichen
Beauftragten für die Alimentarstiftung. Sehr häufig wurde die Kontrolle dieser Stiftung den curatores einzelner viae publicae übertragen, was vor allem auch erkennen
läßt, daß die Straßenkuratur allein häufig keine
sehr arbeitsintensive
Aufgabe gewesen sein kann. Die Amtsbezeichnungen sind sehr varianteoreicb; sie lauten z.B.
curator viae Flaminiat, praejectus alimtntorum;5° curator viae
47 CIL VI 31369. 48 Die Verwendung dieses Begriffs war bereits in der Zeit Man: Aurel5 möglich: AE 1969nO, 601 1971, 462; CIL XI 377; VI 1509 D. 1123. 49 I. Kaygusuz, BA 2, 1983, 37 ff.; in einem griechischen Text (IGR m 763 D. 8828 TAM ll 1 201) wird dieuelbe Stellun& mit ba.�'llntc; 6Sol'J �lac; ..
•
"'
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1lai�"P�Vllc; Kat tv -rote; dll.olc; 'tOKcnc; a'f9(l't())..oyl\ aav1n amgedrtlctt. Ob hier nicht statt &ll.olc; richtig aU-tot� zu lesen i5t7 Zur Aufgabe deJ Vocooius Saxa und der Datierung siehe jetzt auch Th. Pek!ry, Zu den römischen Reichlltraßeo, in: den., Ausgewlhlte lcleine Schriften, hg. H.-J. Drexhage, Pharos IV, St
.
Katbadneo 1994, 238 ff. bea. 244 ff. SO CU. XIV 3599 "" D. 1061 .
Die Administration der italischen Straßen
304
Appiae et aliTMntorum;5 l curator viae Salariae et aliTMntorum52 oder auch btapxo� äAnJ,lfvtmv 'Am� x:ai �AaJ.llv{�3 also praefectus ali TMntorum viae Appüu et Flaminüu. Wie auch immer die Bezeichnungen formuliert sind, es ist stets deutlich, daß auch Städte, die n i c h t u nmi
tte1b
ar
an einer Hauptverbindungsstraße wie etwa der via Appia lagen,
dem Alimentarbeaufttagten unterstanden; doch zur Bezeichnung genügte z.B. die via Appia. vermutlich eben gerade deswegen, weil ohnebin
darin auch eine
regionale Ausdehnung mitverstanden wurde. So kann es kaum zweifelhaft sein,
daß etwa die Alimentarstiftung in NeapetS4 vom curator und praejectus der via Appia abhängig war, daß andererseits im Norden Veleia5S sicherlieb dem pratjectus alimentorum viat Aemiliat unterstand, obwohl die Stadt mit ihrem Territorium nicht bis zur via Aemilia reicbte. Wenn diese Interpretation zutrifft, lösen,
dann muß man sich von der Vorstellung daß beispielsweise der curator vüu Appiae ausschließlich für die Ad
ministration der via Appia von Rom Uber Tarracina, Capua. Benevent, Tarenturn bis Brundisium zuständig war. Vielmehr waren
ihm dann auch vermutlich die
Küstenstraße nach Antium und Circei, die zahlreichen Nebenstrecken um Capua. die via Aeclanensis und vor allem natürlich die via Traiana übertragen, vielleicht auch die via. Annia und Popillia in der Region Calabria et Bruttii. Andererseits war dem
curator viae Flaminiae nicht
nur die
via publica
von Rom nach
Ariminum unterstellt, sondern wohl auch die anderen Trassen durch Umbrien, etwa über Septempeda nach Ancooa,S6 und schließlich von Ariminum nach dem Norden hin zumindest bis nach Ravenna.S7
Der territoriale Verantwortungsbereich der cura viarum ist damit umfassender gewesen, der quantitative Umfang der Aufgaben insgesamt wesentlich größer als bei einer Beschränkung lediglich
auf die eine Straße, obwohl auch dann keine
Arbeitsüberlastung der Amtsträger konstatiert werden darf. Solche erweiterte Zuständigkeit können wir bei allen
curatores viarum voraussetzen, auch wenn
eine präzise Beschreibung, welche Straßen und damit welche Städte einem
Sl AE 1957, 1 . Derselbe Senator wird n i CU. V 865 D. 1069 {curar.) viae Appiae, 3S �iraef alim.] genannt. CIL VI 1509 D. 1123. 53 IGR ill 618 D. 8841. Weitere Varianten in der Liste bei Eck, Italien 183 f. Auch im frühesten Zeug:oiJ, du f1lr einen Alimentarbeauftragten vorhanden ist, flndet aich dieselbe ZuaammenfOgunc: (pnuf a]li1M111., curar. (viae ...): J. SaJeJ W. Eck, in: e ordine aenatorio I, Rom 1982, 481 ff. AE 1984, 426. S CU. X 1491 D. 6456. SS C1L XI 1 147 D. 661 . S S6 Vgl. Itinerarium Antonioi 3 10,5 ff. S1 Vgl. Itinerarium Antonioi 126,4 ff. =
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Ef,grafia
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Die Administration der italischen Straßen
305
curator zugewiesen waren, in keinem Fall möglich ist; lediglich mit Wahrscheinlichk:eiten läßt sich hier arbeiten. Die Erweiterung der Amtsaufgaben
der curatores durch die Kompetenz auch für die alimenta ist dann eine inhaltliche gewesen, ohne daß sich der regionale Amtsbereich geändert haben muß. Im Zentrum der AmtsaufgabenS8 der curatores viarum stand ohne Zweifel die
Kontrolle der Funktionsfähigkeit der Straßen, d.h. vor allem die von Zeit zu Zeit
sich als notwendig erweisenden Reparaturen sowie auch der gelegentliche Neubau von Teilstrecken.59 Wirklich große Neubauprojekte sind nach der traianischen
Zeit nicht mehr bekannt Doch sind zumindest die via Domitiana und die via Traiana unter der Bauleitung von senatorischen curatores angelegt worden.60
Dies scheint auch unter früheren Kaisem möglich; es ist aber nicht ausgeschlos sen, daß auch ganz andere Personen
im Einzelfall derartige Aufträge erfüllen
konnten. Die höchst aufwendige und teure Entwässerung des lacus Fucinus war beispielsweise Narcissus, dem Freigelassenen des Claudius, übertragen worden.61 Es gibt aber für Straßenbauten keine entsprechenden Hinweise in der Überlieferung. Eine gewisse Ausnahme war aufjeden Fall Pompeius Falco, der einzige bekannte curator viae Traianae; denn er ist als einziger Amtsinhaber erst nach dem Konsulat mit seiner Aufgabe, eben dem Neubau, betraut worden.
Doch selbst wenn man auch die Neubauten grundsätzlich zu den Aufgaben der curatores rechnet, kann man nicht ständig mit einem umfangreichen Ar
beitsanfall in diesem Amtsbereich rechnen.62 Denn die römischen Straßen sind, wenn sie einmal erbaut waren, auf vielen Strecken keine sehr verletzlichen Einrichtungen gewesen. Der normale Veckehr auf den viaepublicae konnte diese, vor allem wenn sie bereits fest gepflastert waren, kaum schädigen. Empfindliche Straßenabschnitte ergaben sich auf den Bergstrecken mit der ständigen Gefahr in sumpfigen Gebieten64 oder an Brücken wegen immer
von Hangrutschen,63
wieder auftretender Schäden insbesondere durch Hochwasser oder durch
58 Dazu Eck, Italien 55 ff.; Culham Ertman 93 ff. 59 Es wäre interessant zu wissen, ob auch der Kanal, der einen Abschnitt der via Appia
durch die Pantinischen Sümpfe begleitete und offensichtlich den Verkehr sicherte, wenn die Straße unbenutzbar war, der Aufsiebt Roms und der Kuratoren unterstand. 60 Oben Anm. 40 und 41. 61 Tac., ann. 12,56,2: mini.rtrum operi.r Narci.rsum. 62 Dabei müssen wir ganz sicher davon ausgehen, daß die Masse der Reparaturen überhaupt nicht überliefert ist. Denn Meilensteine wurden höchstens bei großen Straßenbauaktionen aufgestellt. 63 Z.B. Cll. IX 5947. 5980. 5994. 6011; X •6908. 64 Vgl. etwa Cll. V 7992. 7992a; X 6850. 6851. 6876. Dazu ferner Galen 10, 632 f.; Cassiod., Variae ll 32. 33 zu Cll. X 6850 f.; vgl. dazu S. Mazzarino, Helikon 8, 1968, 195 f.
Die Administration der italischen Straßen
306
Erdbeben.65 Dort scheinen auch am ehesten die Reparaturen notweod.ig gew<Xden zu sein. All dies aber hat nicht zu einer kontinuierlichen Arbeitsnotwendigkeit durch die curatores geführt. Deshalb konnten sie ja auch wie andere senatorische Amtsträger verpflichtet werden, drei Monate im Jahr als iudices in Rom zur Verfügung zu stehen,66 jedenfalls in augusteischer Zeit Und gerade wegen ihrer VerfUgbark:eit hat Traian wohl auch die meisten Straßenkuratoren gleichzeitig
mit der Leitung der ali!Mnta betraut Ein zweites Argument könnte bei der Entscheidung Traians für die curarores freilieb ebenfalls noch eine Rolle gespielt haben. einleuchtend,
daß
die Kontrolle der
alimenta
Es
ist unmittelbar
zumindest auch vor
Ort. d.h.
unmittelbar in den
Stlldten erfolgen mußte. Vermutlicb hat Traian die curarores viarum aucb deswegen als Amtstrllier für die Alimentarinstitution gewählt, weil sie sich ohnehin immer wieder in den Städten ihres regionalen Straßenbereiches umzusehen hatten. Für eine solche Tätigkeit der curarores außerhalb Roms gibt es allerdings nur ganz spärliche Hinweise. Immerhin wurden ihnen bei der Etablierung des Amtes jeweils zwei UJctoren zugewiesen,67 die sie in Analogie
zu dem, was beim curator aquanun überliefert ist, wohl nur außerhalb der Stadt Rom heranziehen konnten.68 Wie lange ihnen diese UJctoren erbalten blieben, ist unbekannt. Ferner hat sich ein praefectus
alimentorum, Maecius Probus, während seiner praefectura alimentorum offensichtlieb in amtlichen Auftrag auf dem Ager Campanus aufgehalten;69 und natürlich hat Q. Voconius Saxa die Aushebung von Rekruten im Amtsbereich der via Valeria vor Ort durchge führt70 Ohne Zweüel aber ist es auffallend, daß wir für keinen einzigen curaror viarum in einer italischen Stadt eine Ehrung durch eine Statue und eine Inschrift nachweisen können, die a u s A n 1 a 8 d i e s e r A m t s t ä t i g Je e i t erfolgte, ganz im Gegensatz etwa zu den iuridici. bei denen dies nicht ganz selten geschab.7 1 Wenn man dieses unterschiedliche Verhalten
der
Städte
als ein
6S CIL X 6853. 6891. 6893. Nach CIL XI 826 wurde eine Br11cke vi ignis consumpt. durch die ndulgenli i a von ValerianUJ und OallienUJ wi�bergestellt; die BrOcke muß also zumindest im oberen Teil au. Holz beatanden haben. 66 Pronti.n., �qu. 101,1. 67 Cusiua Dio 54,8. 68 Prontin., �qu. 100, 1-3. 69 CIL X 3805 D. 2997. 10 Siehe oben . 49. 71 Unter den rund 5S Inschriften mit der Nennung einea italischen iuridicus, die M. Corbier, MEPRA 85, 1973, 635 ff. gesammelt hat, aind 14 Texte eben wegen des Iuridi.lcata zur Ehrung der ehemaligen Amtstriger errichtet worden. PUr die curatores viarum liegt die Zahl der einachllgigen Dokumente bei Ober 120 (Jkk. Italien 80 ff. und oben Anm.. 25), abu darunter iat keine Ehrung fllr einen Senator wegen seiner cura viarum. Diesea Ergebnis kann nicht mehr dem Zufall zugeschrieben werden.
Anm =
Die Administration der italischen Straßen Symptom
307
für die Dichte der gegenseitigen Kontakte und damit auch des
Umfangs der Amtstätigkeit nehmen wenig intensiv die Verbindung
darf, dann ergibt
sieb auch hieraus, wie
zwischen den curatores viarum und den Städten
ihres Amtsbereiches vermutlich war. ZUmindest bei Neubauten, häufig aber auch bei Reparaturen, wurden die Kosten vom
Kaiser bzw.
vom Aerarium Saturni
getragen. Dann waren die Städte und ihre Bewohner vermutlich Ubemaupt nicht betroffen. Dabei sollte
man freilich nicht übersehen, daß das Fehlen solcher «Ehren
inschriften» auch noch durch einen weiteren Umstand bedingt sein kann. Man nimmt zwar nicht selten an,
die Städte hätten Ehrungen, also vor allem Statuen
mitsamt den Inschriftbasen, verschwenderisch vergeben, vor allem auch aus Gründen der Schmeichelei gegenüber zutreffen;
den Amtsträgern. Dies dürfte kaum
vielmehr haben sieb die Gemeinden sehr wohl überlegt,
nicht ohne
wirklichen Grund, d.h. normalerweise erst beim Vorliegen eines wirklieben Verdienstes, derartige Ehren zu beschließen. Es ist freilieb zu fragen, ob die Gemeinden und ihre Bewohner stets ein 4
curatores viarum sahen. Denn soweit sie direkt mit den Städten zu tun hatten, forderten sie entweder die unmittelbare Bezahlung von Straßenarbeiten oder die
Leistung von munera sordida zum lnstandbalten
der viae. Beides war wenig
willkommen. Merita, wegen der ein curator geehrt werden konnte, waren auf
diese Weise kaum zu erwerben.72
Wie die Amtstätigkeit im einzelnen ablief, ist nicht bekannt Soweit redemp
tores entsprechend der Aussage des Siculus Flaccus für die munitio viarum in Italien zuständig waren,73 könnten die Amtsgeschäfte im allgemeinen durch die Kuratoren auch in Rom selbst abgewickelt worden sein. Ob es ein entsprechen des Amtslokal vergleichbar etwa der statio aquarum gab,74 ist gänzlich
unbe
kannt Einerseits müßte man von unserem heutigen Verständnis administrativer 72 Allerdings ist es auch nötig, darauf hinzuweisen, daß es in kaum Klagen gibt über
Provinzen; das steht
n i
die Arbeit der Bevölkerung
unserer Überlieferung an den Straßen, auch nicht in den
auffalendem l Gegensatz zu den Klagen beim
Ein Grund dafür mag auch darin bestanden haben, daß wurden, der
die
cursus publicus.
Straßen von allen benutzt
cursus publicus nur von staatlieben Amtstrlgern. Außerdem waren die cursus publicus mehr oder weniger kontinuierlich zu erbringen,
Leistungen für den
Straßenbauarbeiten aber fielen insgesamt gesehen eher selten an.
73 Siculus Flaccus, De condicionibua agrorum p. 110 (l'b.). 74 Zur statio aquarum vgl. F. Coarelli, Rom. Ein arebiologischer Führer,
1974, 84 f. 252
Freiburg
f. Doch vgl. jetzt Chr. Bruun, 1be Water Supply of Ancient Rome. A
Study of Roman Imperial AdminiJtration, Helsinki 1991, 195 f., nach dem statio aquarum nicht den Amtssitz oder das «Verwaltungsgeblude» der cura aquarum bedeu tete, sondern lediglieb allgemein die stadtrömische Wasseradministration meint.
308
Die Administration der italischen Straßen
Rationalität aus eine solche lokale Eimichtung fordetn, wo dann auch bei Bedarf die Amtsträger anzutreffen gewesen wären. Andererseits ist aber auch zu bedenken. daß Amtsbandlungen unter den südländischen Bedingungen auch jederzeit 'im Freien bzw. in einer der vielen Portleus abgewickelt werden konnten, ohne daß es dazu unbedingt eines festen Gebäudes bedurft hätte. Notwendig könnte ein solches Amtslokal jedoch dann erscheinen, wenn man davon ausgebt, daß es irgendwelche Unterlagen gegeben haben sollte, aus denen der «Amtsbezirk» jedes Kurators hervorging, d.h. vor allem auch, welche Städte für den Unterhalt bestimmter Straßenabschnitte heranzuziehen waren. Doch versagen hier alle theoretischen Überlegungen. Zu dem vermuteten geringen Umfang der amtlichen Aufgaben der Kuratoren paßt jedenfalls die sehr beschränkte Zahl ihres Subaltempersonals. Unmittelbar bezeugt sind nur zwei Liktoren, die jedem curator viarum unter Augustus bei der Einrichtung des Amtes zur Verfügung gestellt wurden,7S ebenso wie im J. 11 v.Chr. auch den curatores aquarum.16 Frontin betont allerdings, in seiner Zeit sei man von der Heranziehung dieser Fascesträger bereits abgekommen.77 Analoges könnte bei den Straßenkuratoren zutreffen. Sonstiges Personal, vor allem Amtsdiener zur Überbringung von Anweisungen bzw. auch Schreiber und Rechnungsführer, also apparitores, tabellarii sowie scribae librarii bzw. quaestorii, wurden ihnen wohl jeweils aus den Dekurien zugewiesen. Auch hier drängt sieb der analoge Vorgang zum senatus consultum de officio curatoris aquarum auf.78 Dagegen standen den curatores viarum wohl kaum kaiserliebe Sklaven oder Freigelassene zur Verfügung; denn das Pendant zum procurator aquarum, von dem die durch Claudius aufgestellte Truppe von kaiserlichen servi und liberti abhängig war, hat es für das Straßenwesen nicht gegeben.79 15 Cassius Dio 54,8. 76 Frontin., aqu. 100,1 f. 11 Frontin., aqu. 101,3 f. 78 Frontin., aqu. 100,1 ff.; 101,2. 79 Deshalb sind zwei tabularii (CIL VI 8466
=
D.
1606; 8467) vermutlich eher dem
Culham
praefectus vehiculorum als den curatores viarum zuzuweisen (Eck. Italien 57). 102 ff. geht davon aus, den curatores habe analog zum curator aquarum a
Ertman
considerable nurober of subordinat.es (S. lOS) zur VerfUgung gestanden, darunter auch one work gang (S. lOS) und vilici (S. 104). Abgesehen davon, daß es dafür nicht den geringsten Hinweis in den Quellen gibt, fUhrt die Analogie zum curator aquarum deswegen in die Irre, weil es fUr die stadtrömischen aquae nicht das Pendant der Städte gab, die bei den Straßen außerhalb Roms nicht selten herangezogen wurden. Hinzu kommt, daß aquae anflllliger waren als Straßen. Vor allem aber kann man Wasserleitungen in der Umgebung Roms mit Personal, das in Rom stationiert war, unterhalten, nicht jedoch Straßen, die sieb durch ganz Italien ziehen. PUr diese wurden entweder die Bewohner der Stldte herangezogen oder die Aufgaben Unternehmer verpachtet. Dort fiel dann auch der wesentliche Teil der administrativen Arbeit
an
an.
309
Die Administration der italischen Straßen
Aus dem gesamten Aufgabenbereich der Straßenkuratoren sei hier noch kurz auf einen Aspekt eingegangen, der Bauarbeiten an den Straßen betrifft und insbesondere auch
für archäologische
Grabungen an den viae publicae von
Interesse sein könnte. Daß Augustus höchstes Interesse an einem guten Zustand der Staatstr s aßen in Italien und den Provinzen hatte, war n i erster Linie durch politische Gründe bedingt Die Verbindungen mit den Provinzen und den dort stationierten Heeren mußten ohne Schwierigkeiten funktionieren.80 Das Mittel dazu war der von ihm neugeschaffene cursus publicus (dieser Begriff selbst ist freilich erst wesentlich später entstanden). Dessen Organisation braucht uns hier nicht im einzelnen zu interessieren.8 1 Wichtig ist nur, daß die Bereitstellung der notwendigen Mittel,
also der Wagen und Zug- bzw. Reittiere durch Augustus den Munizipal magistraten übertragen wurde. Vermutlich seit Nerva oder Traian traten in Italien mancipes an ihre Stelle, womit wahrscheinlieb auch eine partiell stärkere
zentrale Administration verbunden war.82 Diese fiel wohl in die Kompetenz des praefectus vehiculorum.
Ihre eigentlichen Aufgaben hatten die Munizipalmagistrate bzw. später die
mancipes an den mutationes und mansiones zu verricbten;83 nur zum kleineren
Teil lagen diese Stationen in den Städten, zum größeren Teil aber an den Straßen zwischen den Zentralorten. Die notwendigen Bauwerke müssen zumindest n i ihren Grundstrukturen bereits unter Augustus eingerichtet worden sein, da z.B.
80 Vgl Suet., Aug. 49,3-50. 81 Wichtig vor allem H.-G. Pflaum, Essai sur le cursus publicus sous le Haut-Empire .
romain, Pars i 1940; H. Bender, Archäologische Untersuchungen zur Ausgrabung Augst-KurzenbetUi, Frauenfeld 1975, 125 ff.; St. Mitcbell, Requisitioned Transport in tbe Roman Empire: A new inscription from Pisidia, JRS 66, 1976, 106 ff.; Eck, Italien 88 ff.; Schneider, Altstraßenforschung (Anm. 1) 90 ff. JUngst H. Bender, Verkehrs- und Transportwesen in der römischen Kaiserzeit, Abbandl. Akad. Göttingen 1989, 108 ff. Ferner W. Eck, Tacitus, Ann. 4,27,1 und der cursus publicus auf der Adria, Scripta Class. Israelica 13, 1994, 60 ff. 82 Siebe die Argumentation bei Eck, Italien 94 ff.107 ff. 83 Dabei s i t die konkrete Abwicklung in unserem Zusammenbang gleichgültig. Denkbar wären folgende Möglichkeiten: Die Gemeinden konnten die Einriebtungen mit eigenem Personal, also städtischen Sklaven oder Freigelassenen, betreiben; sie konnten die Aufgaben als munus unter den BUrgern zirkulieren lassen, die Ober entsprechendes Vermögen verfUgten, oder schließlich die Stationen auch verpachten. Nachweisbar ist keine dieser Möglichkeiten. Allerdinga könnte man aus V 7907 (Cemenelum in den Alpes Maritimae) schließen, daß :abernae von der munizipalen Obrigkeit abhängig waren. Die rabernari Salinienses, die die Inschrift setzten, waren römische BUrger. Falls sie also mit dem cunus publicus zusammenhängen, waren sie vermutlieb Pächter. Der Bau von mansione.r konnte als munus personale vergeben werden, wie bei allen anderen städtischen Bauten (Dig. 50,4,18,10); vermullich traf diese Regelung allerdings in Italien seit Nervalfraian nicht mehr zu.
Cll..
Die Administration der italischen Straßen
310
über längere Zeit hinweg auf offenem Feld weder Wagen noch Reit- bzw. Zugtiere bereitgehalten werden konnten.84 Daß dazu nicht stets schon vorhandene Gebäude ve.rwendet wurden, ersieht man an der häufigen BeneMung solcher Stationen etwa nach der Meilenzahl, wo sie errichtet wurden:
ad
Quintum, .ad Decimum. Diese Stationen wurden zumindest zum Teil neu an vorher unbesiedelten Stellen erbaut.85
An diesem PWlkt ergibt sich wiederum die Verbindung zur Straßenadministra tion und den curatores viarum. Es ist nämlich zu fragen, von wem die Stationen errichtet wurden, ob durch die italischen Städte oder durch Rom, d.h. durch den Kaiser. Nun scheint es unbestreitbar zu sein, daß zumindest alle Neubauten von fmanzielle Mittel dazu sind dem Aerarium Saturni gekommen.S6 Unter dieser Prämisse
Straßen in Italien durch die Kaiser bezahlt wurden; vielleicht auch aus
ist es zumindest möglich,
daß auch die festen baulichen Einrichtungen für den cursus publicus an den Straßen Italiens im Verlaufe der Zeit durch die Kaiser veranlaßt wurden. In den Quellen gibt es dazu für Italien nur einen einzigen Hinweis. Cassius Dio berichtet nämlich, Dakerkrieg, die
via Appia durch
daß Traian,
vermutlich nach dem
die Fontinischen Sümpfe solide aus Stein
erbauen und gleichzeitig andere Bauten und Brücken an den Straßen errichten ließ.87 Zwar istdas Wort 1tClpO\KoOOJ.11\JJ.a:ta. nicht sehr spezifisch. Doch ist
eine andere Deutung als auf Gebäude, die dem Verkehr auf der Straße dienten, also mansiones und mutationes, nur schwer vorstellbar.S8
84 Dies mag an manchen Stellen vielleicht vorgekommen sein, war aber sicher nicht die Regel. Ob die Errichtung eines .rtabulum zwischen 379 und 383 n.Chr. bei La Storta, neun Meilen von Rom entfernt, damals zum ersten Mal geschah, s i t nicht sicher, könnte aber dem Text entnommen werden (CIL VI 1774 D. 5906). 85 Vor allem in den Städten konnte vermutlich häufig auf schon vorhandene Einrichtungen für den Reiseverkehr, die auf privater Basis betrieben wurden, zurück gegriffen werden, zumal die Benutzer des cur.su.r publicu.r ja von Anfang an für fast alle Dienste zu bezahlen hatten (Mitcbell, JRS 66, 1976, 107 f. Zeile 8 ff. AE 1976, 653). Lediglieb die man.sio, also die Unterkunft, mußte kostenlos gestellt werden; dies geschah vielleicht nicht selten auch in Privathäusern, zumindest bei hoben Amtsträgern. In Italien muß bei der Gewll.hrung von Unterkunft mit Nervaffraian eine Änderung eingetreten sein; vermutlieb betrafen die Kosten auch dafür nicht mehr die Bewohner der Städte, sondern wurde.n vom Staat getragen. - Zu den Benennungen solcher Haltepunkte vgl. auch T. K.leberg, HOtels, restaurants et cabarets dans l'antiquitt romaine, Uppsala 1957, 60 ff. 86 Vgl. Herzig, ANRW ll 1,640 ff.; Eck, Italien 69 ff. 87 Cassiua Dio 68, 15,31. 88 Nach Uddell-Scott, Oxford 1968, 1342 kann mpouc:o&t,l1\J,la'm auch mit «build across» Obersetzt werden; theoretisch könnte man damit auch an Bauwerke denken, die die via Appia überspannten, 10 beispielsweise an Ehrenbögen, arcu.s, wie wir einen solchen aus traianiscber Zeit in Benevent erbalten haben. Auch Domitian ließ am Beginn der via Domitiana von Sinuessa nach Puteoll einen arcu.s mit Darstellung =
=
Die Administration der italischen Straßen Nun wissen wir ferner,
daß Nero in
311
1brakien durch seinen Prokurator Ti.
Iulius Ustus tabernas et praetoria per vias militares fieri iussit;89 und unter Traian hat der kappadokiscb-galatiscbe Statthalter Aufidius Umber tabernam cum
ponicibus an der via Sebaste erbauen lassen.90 Wenn aber in den Provinzen derartige Bauten durch die Statthalter organisiert wurden, die auch für den Straßenbau verantwortlich waren, dann kann man in Italien Vergleichbares vermuten: nämlich Bau der Straßen und der Straßenstationen durch dieselben Amtsträger.91 Zwar sind für die italischen Straßen die Hinweise auf die faktischen Träger der Bauarbeiten gering. AufMeilensteinen sowie auf sonstigen Bauinschriften für Brücken, Substruktionen oder ganze Straßenabschnitte wird
außer dem Kaiser während der ersten drei Jahrhunderte n.Chr. nie ein derartiger Funktionsträger genannt.92 Auch ritterliche Sonderbeauftragte, wie z.B. einige Male für Straßen in Rom,93 kennen wir für die italischen viae publicae nicht. Lediglich über die Cursusinschriften einiger curatores viarum stehen uns, wie oben schon kurz erwähnt. einige Quellenzeugnisse zur Verfügung. Q. Pompeins Falco wurde erst nach seinem Konsulat als einziger Senator zum curator viae Traianae in der Zeit nach 108 emannt.94 Es ist nicht zweifelhaft, daß er den seiner Kriegstaten errichten (Stat., Silv. 4,3,97 ff.; dazu K.M. Coleman, Statius, Silvae IV, Oxford 1988, 127 f.). Doch ist Ober (mehrere) Ehrenbögen Traians an der via Appia nichts bekannt. Auch der Konte.xt bei Cassius Dio spricht nicht fUr eine solche Deutung. 89 CIL m 6123 14207, 34 D. 231; AE 1912, 193. Vgl. M. Madzarov, Arcbeologia 27, 1985, 42. 90 AE 1979, 620. Um eine Bauinschrift fUr eine mansw in der Provinz handelt es sieb auch bei CIL m 7080 D. 785 Merkelbach, Inscbr. von Assos Nr. 31. Der Text steht auf einem wiederverwendeten Altar, der in den Ausgaben ab Meilenstein bezeichnet wird. Dies wUrde freilich zumindest auch die Angabe einer Meilenzahl erfordern, was aber offenbar nicht geschehen ist; jedenfalb scheinen die in den Texten nicht aufgenommenen Schriftzeichen der letzten Zeile (vgl. Zeichnung bei Merkelbacb S. 69) keine derartige Angabe zu enthalten. Solacium lavori
=
=
=
=
=
=
312
Die Administration der italischen Straßen
Ausbau der Nebenstrecke der via Appia von Benevent nach Brundisium als Fahrstraße zu leiten hatte. Gerade zu diesem Zeitpunkt aber müssen, um dem verstärkten Veckehr auf der neuen Trasse gewachsen zu sein, auch die Wech selstationen sowie mansiones an dieser Strecke erweitert oder überhaupt erst erbaut worden sein. Damals lag, wie schon erwähnt, die Verantwortung für diese Einrichtungen nicht mehr bei den Gemeinden, wie das vorher der Fall gewesen war.95 Damit ist aber auch zu vermuten, daß der curator viae Traianae mit dem
ihm zur Verfügung stehenden technischen Personal, mensores und architecti,96
die mansiones und nwtationes erbaute. Die Gestaltung dieser Anlagen könnte
einigermaßen uniform gewesen sein, da auch die Funktionen überall die gleichen
waren.97 Bisher hat man allerdings nach meinem Wissen an den italischen
Straßen nur an wenigen Orten Gebäudekomplexe archäologisch erforscht, die nachweislich als mansio oder mutatio angesprochen werden können.98 Eine zusammenfassende typologische Untersuchung fehlt bisher völlig. Sie müßte sich aber nach meinem Urteil lohnen. Insbesondere sollte eine solche Untersuchung darauf achten, ob es Veränderungen in den Bauplänen der Anlagen des 1. Jh.s und den Bauplänen in der Zeit seit Traian gegeben hat. Der Wechsel in der Zuständigkeit von den Munizipalmagistraten zu den mancipes und damit einer stärkeren staatlichen Oberaufsicht könnte auch eine Änderung in �r Gestaltung der mutationes und mansiones verursacht haben. Es wäre interessant
95 Vgl. oben S. 309 f. 96 Zu mensores im Straßenbau vgl. Mart. 10,18,6. Culham Ertman 102 spricht von der Ersetzung der architecti, wie sie den curatores aquarum zur Verfügung standen, durch Ingenieure bei den curatores viarum. Diei ilt ein unnötiger Austausch, da der Begriff architectus gerade du Tätigkeitsfeld einei cStraßenbauingenieurs» unter römischen Bedingungen miteinbegriff. 97 Zu den verschiedenen Typen von Gebäuden, die zu einer vollen Straßenstation ebörten, siebe Bender (Anm. 81) 125 ff.; Schneider, Altstraßen (Anm. 1) 95 ff. 8 Zuletzt G. Garzetti, La «mansio» ad Vacanu al XXI miglio della via Cassia, in: Arcbeologia nella Tuscia ll, Rom 1986, 155 ff. Auf mögliche stationes des cursus publicus beziehen sieb mit aller Vorsiebt die beiden folgenden Fund- und Situationsbericbte: A.M. Marra - G. Meisineo, Bult. Com. 91, 1986, 682 ff. (Uber Settecamini) und L. Quilici, La civitl di Artena (Latium Vetus - IV), Rom 1988, 126 ff. 167 ff. Zu Straßenstationen in den Provinzen siebe z.B. M. Madzarov, La poste romaine (mansio) Viamata sur la voie Pbilippopolli - Oescus, Arcbeologia 27, 1985, 36 ff.; U. Heimberg, BJ 177, 1977, 569 ff.; W. Vanvincbenroye, Tongeren Romeinse Stad, 1975, 59 ff.; Bender, Verkehrs- und Transportwesen (Anm. 81) 137 ff. Eine umfangreiche Analyse der archäologischen Überreste von mansiones findet sieb in der noch unpublizierten Dissertation von Hugb Cbapman, Tbc arcbeological and otber evidence for tbe organi1ation and operation of tbe cursus publicus, Diss. Pb. London 1978. Vgl. auch S. Crogiez, Les stations du cursus publicus en Calabrie, MEFRA 102, 1990, 389 ff.
6
Die Administration det italischen Straßen
313
zu sehen, ob dieser Wechsel in der organisatorischen Zuständigkeit sich archäologisch nachweisen Iäßt.99
Appendix
Es ist nicht zweifelhaft, daß manche Straßenstationen
den Nucleus für neue
Siedlungen abgaben bzw. umgekehrt auch an Stellen errichtet wurden, wo bereits eine mehr oder weniger große Siedlungsgruppe bestand. Bei det Sammlung und Auswertung der Inschriften in Italien wurde
geachtet. Dennoch ist davon auszugehen,
auf diese Frage
bisher
kaum
daß nicht wenige Texte von solchen
Plätzen stammen müßten, was allerdings zumeist wohl nur durch eine sehr präzise topographische Fundanalyse zu eruieren wäre. An solchen Plätzen haben sich neben den
mansiones mit den dazu gehörigen
Gebäudeteilen vermutlich andere Baulichkeiten entwickelt, die mehr oder weniger direkt mit dem Verleehr auf den viae publicae und den Bedürfnissen der Reisenden zusammenhingen. Zumindest soweit es sitch um Gebäude für öffentliche Zwecke handelte, werden vermutlich auch Inschriften angebracht worden sein; ähnliches ist für kleinere Heiligtümer, die sich dort ohne Zweifel ebenfalls entwickelt
haben, zu vermuten. Auch Todesfälle von Reisenden dürften auf solchen Stationen immer wieder vorgekommen sein. Vermutlich werden viele Tote unmittelbar bei den
mansiones begraben worden sein.
Schließlich waren mit
diesen Orten manchmal auch Militärposten verbunden. Aus all diesen Faktoren müßten immer wieder Inschriften errichtet worden sein. Nachzuweisen ist davon bisher kaum etwas. Eindeutig ist nur aus
CU.. V 2108 = D. 8453 zu entnehmen,
daß ein Reisender aus Gallien zwischen F.eltria und Vicetia offensichtlich in einer
mansio
gestorben ist; seine Frau, die
aus Gallien anreiste, ließ ihm dort ein
Grabmahl errichten. Auch CIL XI 4749 und 6107 stehen mit Wahrscheinlichkeit mit Straßenstationen in Verbindung, ebenso vielleicht CIL X
3161.
Es bedarf genauer Überprüfung, ob nicht auch andere Texte aus Italien z.B. nicht näher spezifiZierte kaiserliche Bauinschriften von könnten, so z.B. NSc
1888, 681
=
CIL XI 6619
=
mansiones stammen
D. 5857.
99 Die Problematik bei der IdentifiZierung von Stationen des cursus publicus wird vor allem dadurch verscbllrft, daß private Einrichtungen zur Aufnahme von Reisenden, die es vermutlieb in sehr großer Zahl gegeben bat, aicb typologisch möglicherweise kaum von öffentlichen Stationen unterscheiden.
DIE ITALISCHEN LEGATI AUGUSTI PROPRAEIORE UNIER HADRIAN UND ANTONINUS Prus•
Die römische Provinzialadministration ist durch den Statthalter, der in einem relativ regelmäßigen Turnus seine Provinz bereist, geprägt Dies war unabhängig davon, ob es sich um provinciae populi Romani oder um provinciae Caesaris mit ihren jeweils unterschiedlich benannten Gouverneuren handelte. I Daß eine ihrer wesentlichsten Aufgaben in der alle Bereiche umfassenden Rechtsprechung bestand, ist unbestritten. Doch war ihre Tätigkeit nicht darauf eingeschränkt, da grundsätzlich jeder Bereich öffentlichen Interesses zu ihrer Disposition und Entscheidung stand. Eine genaue Kompetenzbeschränkung im Detail existierte
kaum. Italien aber, das Kernland der römischen Bürger,2 kannte keine Statthalter, d.h. Personen, die anstelle der ordentlichen Magistrate der Hauptstadt in den italischen Regionen anfallende Aufgaben erfüllten. Zuständig waren vielmehr für alle Aufgaben, die den munizipalen Amtsträgem nicht zukamen bzw. über die in den Städten Italiens keine innere Einigung erzielt werden konnte, die ordentlichen stadtrömischen republikanischen Magistrate, also insbesondere Prätoren und Konsuln. Dies gilt in besonderem Maß für die Rechtsprechung, da die Kriminal gerichtsbarkeit vermutlich seit augusteischer Zeit vollständig den Ilviri bzw. li/Iviri iure dicundo entzogen war. Für Zivilprozesse war die Höchstgrenze der Zuständigkeit der munizipalen Magistrate im allgemeinen nicht ganz niedrig angesetzt, jedenfalls weit höher als etwa im Stadtgesetz von Irni, in dem die Grenze bei 1'000 Sesterzen gezogen war;3 für Italien werden Sätze von 5'000 und 10'000 Sesterzen genannt, doch müssen sie teilweise auch noch wesentlich darüber gelegen haben.4 Im Laufe der Entwicklung des 1. Jh.s n.Cbr. wurden die •
Der hier publizierte Beitrag wurde während eines Akademiejahres, das von der
Volkswagen-Stiftung gewährt wurde, geschrieben. Der Stiftung sei auch
an
dieser
Stelle nochmals Danlc gesagt
I Zur typologischen Benennung der Provinzen F. Miliar, cSenatorial» Provinces: An
Institutionalized Ghost, AncWorld
2
Dazu insgesamt W. zeit, MOneben 1979.
Eck,
3 Lex Irnitana cap. LXXXIV; send
F.
20, 1989, 93 ff.
Die staatliche Organisation Italiens n i der hoben Kaiser
1. GonUlez, JRS
76, 1986, 175
f. Vgl. zusammenfas
Lamberti, «Tabulae Irnitanae». Municipalita e cius Romanorum», Neapel
1993. 4 W. Simshäuser, Iuridici und Munizipalgerichtsbarkeit in Italien, MUncben 1973; ders., ANRW ll 13, 1980, 401 ff. Eck, Italien (Anm. 3) 19 ff.; W. Utewski, ANRW ll, 14, 1982, 60 ff.; zu höheren Sätzen im Zivilprozeß zumindest in Puteoll vgl. W. Kunkel, VI. Intern. Kongr. f. Griecb. u. Lat. Epigr., MUncben 1973, 2 10 f.; J.G. Wolff, SDHI 45, 1979, 117.
Die italischen 1egati Augusti pro�
316
stadtrömischen Prätoren und Konsuln in ihrer Tätigkeit Munizipien Italiens allerdings bereits auch schon durch die praefecti
für die Kolonien und durch de.n praefectus urbi und vielleicht
praetorio ergä.nzt. Doch waren
sie allesamt
ihrem Tun an Rom selbst gebunden; außerhalb zu agieren, war ihnen unter normalen Umständen nicht möglich. Das hieß aber im konkreten Fall, daß
faktisch in
jedes administrative Gesuch, jede gerichtliche Entscheidung, die über die den Magistraten der Kolonien und Munizipien zustehende Kompetenz hinausging, nach Rom zur Entscheidung verlagert werden mußte.s Für den einzelnen Rechtsuchenden bedeutete dies oft eine erhebliche Belastung in fmanzieller und zeitlicher Hinsicht, weit mehr wohl
als in den Provinzen, in denen das Kon
ventsystem oft den Amtsträger zu den Untertanen bracbte.6
Für die Städte Italiens als individuelle Einheiten
und für deren
lokale
Aristokratien stellte sich die Situation jedoch wesentlich anders dar. Denn sie genossen damit über das auch in den Gemeinden der Provinzen vorhandene Maß hinaus eine ausgeprägte innere Autonomie, da Feme der konkreten Machtträger auch geringere Wirksamkeit bedeutete. Dieser Zustand, der sich seit 90/89 v.Chr. in der späten Republik und unter Augustus herausgebildet hatte, erschien konstitutiv
daß
für das Herzland des Imperiums. Es verwundert deshalb auch nicht, daß jedoch
Augustus zwar Italien in insgesamt 1 1 Regionen gliederte,
andererseits diese Regione.n in keiner Hinsicht Funktionen von Provinzen übemahmen.7 Ja man hat fast den
Eindruck,
als ob die Regione.n funktionslos
gewese.n wären; was natürlich, zumindest von der Intention her, nicht sein kann. Aber es s i t bezeichnenderweise kein Amtsträger bekannt,
der vor Beginn des 2.
Jh.s n.Chr. in dauerhaftem Auftrag mit diesen Regionen verbunden gewesen wäre. Verwaltung aber ist konstitutiv auf solche permanenten Amtsträger angewiesen. Die �Freiheit» Italiens von jedem Anschein der Gleichstellung mit
den Provinzen,
also die Bewahrung des alten, tradierten Zustandes scheint eine
Konstante in der Politik aller Herrscher seit Augustus gewesen zu sein. Umso überraschender, weil Vorläufer angekündigt,
kaum
durch irgendwelche Vorzeichen oder
muß dann die Entscheidung Hadrians
gewirkt
haben,
Italien in vier Bereiche m teilen undjeden Bezirk einem senatcrischen Beauftrag-
S Vgl. Tacitus, ann. 2,35,2: eoque conventum ltaliae; siebe auch Simshlluser, ANRW n 13, 1980, 401 ff.
6 Eck, Italien (Anm. 2) 9. 1 R. Tbomsen, The Italic Regions from Augustus to tbe Lombard Invasion, Kopenhagen 1947, 17 ff.; Eck, Italien (Anm. 2) 11. P. 0rsted, Regiones Italiae, Ehreninschriften und Imperialpolitik, in: Studiea in Ancient History and Numismatics presented to R. Thomsen, K.openbagen 1988, 1 24 ff., führt in der Frage der Datierung der Einrichtung der rttionu nicht weiter. Zuletzt zu den regiones H. Galsterer, Regionen und Regionalismus im römischen Italien, Hiatoria 43, 1994, 306 ff.
Die italischen legati Augusti propraet<xe
317
ten in konsularem Rang anzuvertrauen.8 Dies geschah möglicherweise
im
Hadrian im J. 127 durch Italien unternahm, möglicherweise mit dem speziellen Ziel Oberitalien, wenn ein Fragment der Fasti Ostienses zum J. 127 entsprechend ergänzt werden darf.9 Ein spezielles Zusammenhang einer Reise, die
Motiv für die hadrianischen Maßnahmen wird in den Quellen nicht überliefert; in
unserer einzigen Quelle dafür, abgesehen von einer kurzen Notiz bei 22,13): quattuor consulares per omnem Italiam iudices constituit. Und in det vita Pii 2,11 wird von Antoninus Pius erwähnt, Hadrian habe ihn unter die quattuor consulares erwählt, quibus Italia committebatur, und zwar ad eam partem regendam, in qua plurimum possidebat, ut Hadrianus viri talis et hon.or consuleret et quieti. In der vita Marci 11,6 kommt der Autor der HA schließlich nochmals mit der Bemerkung darauf zurück: Datis iuridicis ltaliae consulut i ad id exemplum, quo Hadrianus consulares viros reddere wra praeceperat. der HA,
Appian, 10 heißt es lediglich lapidar (v. Hadr.
Die Amtsträger werden vom Verfasser der HA offensichtlich titular als
consulares bezeichnet, obwohl die Stelle in der vita Marci daran denken lassen könnte, er spreche hier nur von det konsularen Rangstufe, die diese Amtsträger innerhalb des Senats bereits erreicht hatten. Doch würde dies verlangen, daß dann die iuridici als prätorisch gekennzeichnet würden, was aber nicht geschieht übrigen spricht auch
Im
für einen titularen Gebrauch, daß die Bezeichnung
consulares an allen drei Stellen der HA erscheint. Der Autor hat also in dem Begriff eine Amtsbezeichnung gesehen. Ihre Aufgabe kennzeichnet er mit iura
retidere, womit auch die weitere Benennung als iudices übeteinstimmt In der Forschung hat man sich meist gar nicht gefragt, ob consulares denn tatsächlich die hadrianische Bezeichnung gewesen sein könnte; vielmehr
wird
consulares üblicherweise ganz selbstverständlich als Amtsbezeichnung an gesehen. 11 Doch ist
dies
fast ausgeschlossen, da
consularis als offizieller
8 Zuletzt dazu im Zusammenhang Eck, Italien (Anm 2) 247 ff. . .
9 Fasti Ostienses, ed. L. Vidman, Prag 21982, 49. 117. Zur Konzentration auf Oberitalien R. Syme, JRS 58, 1968, 135 = Roman Papers ll, Oxford 1979, 645; ders., Athenaeum 62, 1984, 58; ibid., 63, 1985, 28 = Roman Papers V, Oxford 1988, 432; dagegen argumentierte Vidman, a.O. S. 117. TD. Barnes, JRA 2, 1989, 254. 10 Appian, b.c 1,172. 11 Nur exempli gratia sei hingewiesen auf Diz. epigr. n 866; Thomsen (Anm. 7) 153; A. Reintjes, Untersuchungen zu den Beamten bei den Scriptores Historiae Augustae, Diss. Bonn, 1961, 29 f.; H.W. Benario, A Commentary on the vita Hadriani in the Historia Augusta, Ann Arbor 1980, 130; Simshllus er, ANRW ll 13, 425; A. Birley, Mark Aurel, München 1968, 80; Tb. Mommsen, Staatsrecht ll 2, 1085 vermeidet den Begriff, spricbt statt dessen nur von Rechtspflegern «consularischen Ranges». Bei K. Christ, Geschichte der römischen Kaiserzeit, Mllnchen 1988, 321 werden die Amtsträger bereits iuridici genannt, aber gleichzeitig auf sie als Konsulare verwiesen. .
Die italischen legati Augusti propraetore
318
Funktionste�us erst seit dem
3. Jh. gebraucht wird. 12 Der Autor der HA hat
hier ganz offensichtlich eine Terminologie seiner eigenen Zeit angewandt, da für die meisten Statthalter der beiden italischen Diözesen
am
Ende des
4. Jh.s
consularis als Amtsbezeichnung ganz gebräuchlich war. 13 Überliefen ist im übrigen, daß der spätere Kaiser Antoninus Pius einer dieser consulares gewesen ist. 14 Die Begründung, die für die Zuweisung des nicht näher genannten Teils Italiens an Antoninus Pius gegeben wird:
in qua plurimum possidebat, ut
Hadrianus viri talis et honor consuleret et quieti, ist wiederum konform mit
dem, was wir für nicht wenige der spätantiken italischen Statthalter wissen; im
Beauftrag Ob damit ein badrianiscbes Motiv zu fassen ist, muß mehr als zweifelhaft
Einsatzgebiet lagen nicht selten auch ökonomische Interessen der ten.
l
S
bleiben, da es mit seiner sonst erkennbaren Einstellung gegenüber Amtsträgern
nicht so recht barmonien. Wieso sollte er im übrigen besonders auf die quies des Antoninus Pius achten, wenn er offensichtlich aus dringenden sachlichen Gründen überhaupt erst das Amt geschaffen hatte - und zwar gegen Vor stellungen, die im Senat die Oberband hatten. Auch die Verbindung honos und
quies ist also eher Reflex spätantiket Zustände. Die hadrianische Einrichtung hat Bestreben des
man in der Forschung nicht selten in das
Kaisers eingeordnet, die Stellung der Provinzen zu stärken und
Italien den Außenländern anzugleichen. 16 Der Kaiser hätte hier, freilich aus i Ende gemacht, wohlüberlegtem Grund, dem tradierten Status des Kernlandes en
wovon in ,gleicher Weise die italischen
Gemeinden
und die stadtrömischen
Magistrate. insbesondere die Prätoren betroffen wurden. Wenn freilich die Auf gaben der consulares nur im reddere iura bestanden hätten, so wie es später bei den iuridici seit Mare Aurel der Fall war, dann wäre die Ableitung einer Gleich
stellungstendenz eine deutliche Überintetpretation. Denn der Aufgabenbereich der iuridici war äußerst begrenzt.17 So ist es nicht verwunderlich, daß manchmal,
gegen die Aussage der vita Marci 11,6, den consulares sehr umfassende Aufgaben zugewiesen wurden.18 12 Vgl. Eck. Italien (Anm. 2) 248 Anm. 7. 13 Vgl. PLRE I 1092 ff. 1 4 V. Pii 2, 1 1 ; siebe oben S. 317. 15 M.T.W. Arnbeim, Tbe Senatorlai Aristocracy in tbe Later Roman Empire, Oxford 1972, 155 ff. A .R. Birley, Mare Aurel, Mllncben 1968, schließt im llbrigen aus dem
Passus der felegen.
v.
Pü 2,11,
der
Amtsbereich
des
Pius
habe in Etrurien und Umbrien
6 G. Cardinali, Diz. Epigr. IV 106; B.W. Henderson, Tbe Life and Principate of tbe Emperor Hadrian, ND Rom 1968, 186; St. Perowne, Hadrian, Mllncben 1966, 84 f. 17 Siebe, zum Teil gegen die Ausfllbrungen Simsblusers, Eck, Italien (Arun. 2) 256 ff. 18 Vgl. z.B. H.-0. Pflaum, Propylllen Weltgeschichte IV 370.
Die italischen legati Augusti propraetore
319
Nun scheinen die consulares mit dem Tod Hadrians wieder verschwunden zu sein. Nacb der freilich etwas wirren Notiz bei Appian haben diese Amtsträg& nach d.J. 138, dem Todesjahr Hadrians, nur noch kurz weiterbestanden. 19 D.h. i sofern vezwunder aber, Antoninus Pius muß sie abgeschafft haben. Dies ist n
lich, als er doch weitgehend an sonstigen .badrianischen Regelungen festhielt und andererseits ein Bedarf für eine dezentrale Rechtsprechung in Italien nicht nur durch die 2 1/2 Jahrzehnte spätere Einflihnmg der iuridici unter Mare Aurel außer Zweifel steht. Es sei nur auf einen Briefdesjüngeren Plinius an seinen prosocer Fabatus erinnert, in dem er ihm mitteilt, er könne seinen amicus Calestrius Tiro bitten, auf seinem Weg als Prokonsul in die Baetica über Ticinum zu reisen, um inter amicos freigelassene Sklaven des Fabatus auch per vindictam die Freiheit zu geben.20 Fabatus hatte wohl einmal diese rechtliche Absicherung gewUnscht und Plinius scheint damit übereinzustimmen. Ohne die Hilfestellung des mit
imperium in seine Provinz reisenden Prokonsuls aber hätte Fabatus nach Rom gehen müssen, um die Angelegenheit in einer rechtlieb voll abgesicherten Form zu regeln. Die in den großen Regionen Italiens leichter als die sonstigen Jurisdik tionsmagistrate in Rom erreichbaren consulares dürften somit für Rechtsuchende eine erbebliche Erleichterung gebracht haben. Wenn sie dann trotzdem abge schafft wurden, muß mit ihrer Existenz ein Faktor verbunden gewesen sein, der so schwerwiegend und belastend war, daß er Antoninus Pius veranlaßte, ja sogar zwang, die Maßnahme Hadrians gegen seine sonstige Haltung dem Vorgänger gegenüber zurückzunehmen. Bisher war nur der spätere Antoninus Pius selbst vor dem J. 135/136 als ein&
dieser Amtsträger bekannt.21 Ein zeitgenössisches Zeugnis für die tatsäebliche Amtsbezeichnung gab es nicht, oder besser gesagt, schien es nicht zu geben. Denn tatsäeblich war seit langer Zeit der cursus honorum eines L. Vitrasius Flamininus bekannt, der in einer Inschrift aus Cales als leg. pr.pr. Italiae Transpadanae bezeichnet wird.22 Da es jedoch im Anschluß an dieses Amt im Text weiter beißt: et provinciae Moesiae superioris et exercitus et provi.nc.
Dalmatiae, glaubte man weithin, hi& einen Senator zu fassen, der während der 19 Appian, b.c.
1,172; Eck, Italien (Anm. 2) 247.
20 Plinius, ep. 7,16,3 f.
21 Vermutlieb in diesem Jahr war T. Aurelius Fulvus Boionius Anius Antoninus Prokonsul von Asia (W. Eck, Chiron 13, 1983, 178). Sein Nachfolger war jedenfalls Q. Pomponius Rufus Marcellus, cos. suff. 121; er ist im J. 136 bezeugt (SBG 36, 987), könnte also 135/136 oder 136/137 amtiert haben. Wie die gleich zu besprechende Laufbahn des Vitrasius FlaminiDus zeigt, kam der Auftrag in Italien vor dem konsularen Prokonsulat, wie es auch aus der Struktur einer senatorischen Laufbahn zu erwarten ist.
22 cn. x 387 . 0
320
Die italischen legati Augusti propraetore
Markomannenkriege Mare Aurels einen weiten Kommandobereich befehligte und dem dann unter den Bedingungen des Krieges auch, vorübergehend, die Transpadana unterstellt gewesen sei.23 Da rechtfertigte sich dann auch die Amtsbezeichnung leg. pr.pr.; d.h. der ganz normale Titel eines Statthalters in einer kaiserlichen Provinz, der für den gesamten Aufgabenbereich seines Amtssprengels zuständig war, wurde zwar hier auch auf einen Teil Italiens angewandt, aber in einer außergewöhnlichen, vorübergehenden Situation, die keine gnmdsätzlichen Konsequenzen für die Beurteilung nach sich ziehen mußte. Der Text aus Cales oder, wie man früher meinte, aus Capua24 ist fragmenta
risch überliefert worden; das Ende war nicht bekannt, oder besser, schien nicht
bekannt zu sein. Tatsäeblich war aber auch das Ende der Grabinschrift publi· ziert.25 Erst Giuseppe Camodeca gelang die glückliche Zusammenfügung der beiden Teile, womit sich folgender Gesamttext ergibt:26
L.
5
10
Vitrasio L.t
Pob. Flaminino, COS., pro COS. provinciae Africae, leg. pr. pr. Italiae Trans padanae etprovinciae Moesiae Superioris et exercitus et provinc. Dalmatiae, curatori alvei Tiberis et ripa. et cl
Daraus ergibt sich nunmehr evident, daß der genannte L. Vitrasius Aamininus
mit dem gleichnamigen Konsul von 122 n.Chr. identisch sein muß. Denn der Sohn, der die Grabara hat aufstellen lassen, wird bereits im J. 117 n.Chr. in den Arvalakten unter den pueri patrimi et matrimi genannt.27 Damit aber folgt dann 23 Vgl. die von G. Camodeca, in: Epigrafia e ordine senatorio I, Rom 1982 [1984],
529 Anm. 2: und 3 genannte Literatur. 24 Camodeca (Anm. 23) 530. zs cn.. x 4414. 26 Camodeca (Anm. 23) 529 ff. 27 CIL VI 2076.
Die italischen legati Augusti propraetore
321
zwingend, daß Vitrasius Flamininus nicht unter den Bedingungen eines gefährli chen Krieges unter Mare Aurel, also 40 Jahre später,
leg. pr.pr. Italiae Trans
padanae war und daß er sein Kommando über dieses Gebiet auch nicht gleich zeitig mit
dem über andere Provinzen innehatte. Denn diese Verbindung sehr
unterschiedlich strukturierter und vor allem sehr weit ausgedehnter Gebiete wäre allerhöchstens in einer absoluten Krisensituation vorstellbar. Obwohl man sich selbst dann fragen müßte, worin denn eigentlich die militärischen Vorteile eines so
weit ausgedehnten Kommandobereichs bestanden hätten. Vielmehr handelt es
dem Auftrag
sich bei
in der Transpadana um ein eigenständiges, separates Amt,
das er vor dem J. 137/8, in dem er vermutlich als Prokonsul Africa verwaltete,28 führte, also auf jeden Fall unter Hadrian.29 Die Aufgaben in Dalmatien und Moesia superior waren davon getrennt Dann aber drängt es sich geradezu auf, in Vitrasius Flaminions einen der hadrianischen
im übrigen stätigt.3 0
eine Vermutung von
consulares zu sehen, womit sich
R. Syme aus dem J. 1965 glänzend be
Akzeptiert man diese Gleichsetzung von consularis
=
legatus pro praetore,
dann läßt die Kenntnis des genauen Titels, den die 4 hadrianischen Beauftragten
erhalten hatten,31 nunmehr auch näher erfassen, was für die Zeitgenossen und insbesondere den Senat sowie die munizipale Aristokratie in Italien damit
i n h aI tI i ch
verbunden werden konnte . Legatus Augusti pro praetore mit
Hinzufügung eines regionalen Bereiches bezeichnete grundsätzlich den Statthalter in einer kaiserlichen Provinz im Gegensatz zu den Provinzen, die von Pro-
13, 1983, 182: das Jahr ist allerdings nur aus dem in dieser Zeit beobachtbaren Intervall zwischen Konsulat und Prokonsulat erschlossen. Vgl. die
28 W. Eck, Chiton
Abfolge der anderen Prokonsuln bei
Eck,
a.O.
213.
29 Die Abfolge der Ämter wird von Camodeca (Anm. 23) so gesehen, daß FlaminiDus zunächst in Dalmatien, anschließend in M<>e$ia superior und erst am Ende in Italien
amtierte. Die umgekehrte Reihenfolge wird
z.B.
von R. Syme, Hadrian and the Senat,
Athenaeum 62, 1984, 58; ders., Transpadana Italia, Athenaeum 63, 1985, 28 = Roman Papers V, Oxford 1988, 432; ebenso von W. Eck, Chiron 13, 1983, 170 Anm.
409
vertreten. PUr die hier vorliegende Frage ist aber die zeitliche Abfolge
nicht unbedingt entscheidend.
30 R.
Anm.
Syme, in: Les empereurs romains d'Espagne, Paris
29
1965, 160;
vgl. auch die in
genannten Arbeiten.
3 1 Sollte im übrigen die Amtsbezeichnung nicht generell kgatw Augusti pro praetore
gewesen sein, dann wUrde dies nichts am Umfang der Kompetenz Indem, da eine
abgestufte Zuständigkeit in keiner Weise verständlich wllre. F. Reich und seine Nachbarn, Frankfurt
1966, 140
Miliar, Das römische
spricht von vier eingesetzten
Prokonsuln, was auf der irrigen Aus11ge Appians beruht. Aber gerade der Vergleich Appians
mit den Prokonsuln verweist
auch wieder auf eine umfassende Amtsgewalt,
wie sie einem Promagistrat als Statthalter zukam.
322
Die italischen legati Augusti pro}netore
konsuln geleitet wurden.32 Die Bestimmung der Prokonsuln, die dem republi kanischen Prinzip der Annuität unterworfen waren, erfolgte durch Losung
im
Senat. Der legatus wurde dagegen durch den jeweiligen Kaiser ernannt und konnte mehr oder weniger lange in seinem Amt bleiben. Kompeten.zm.äßig fiel, außer dem Fiskalbereicb, die gesamte staatliche Tätigkeit in seinen Aufgabenbereicb, also nicht nur die Rechtsprechung, sondern z.B. auch die Kontrolle der Städte und ihrer Fühnmgsschichten, soweit dies nötig war. Vitrasius Flamininus wird aber nun leg(atus) pr(o) pr(aetore) Italiae Transpa danae genannt. Dabei sei sogleich dem Einwand begegnet, es fehle der Zusatz Augusti. Das Fehlen dieses Terminus besagt jedoch im vorliegenden Fall nichts,
da die verkürzte Amtsbezeichnung ohne Augusti hier auch auf Moesia superior und Dalmatien zu beziehen ist, wo der Statthalterstatus natürlich eindeutig ist. Auch n i anderen, vergleichbaren Inschriften hat man manchmal auf den Zusatz Augusti verzichtet.33 Damit dürfte aber für das Italien der hadrianiscben Zeit aus dem Titel zweierlei an Erkenntnis zu gewinnen sein: Einmal war plakativ nach außen hin der für die vier Teile, in die Italien gegliedert wurde, jeweilig zuständige Amtsträger nicht von einem normalen Provinzstatthalter zu unterscheiden, auch wenn das Wort provincia z.B. vor ltalia Transpadana fehlte.
Er war außerdem ein nur vom Kaiser bestellter Amtsträger, losgelöst von jeder republikanischen Magistratur; für Italien aber hatte bisher weitgehend die Bindung an die republikanischen Ämter gegolten. Zum andem ist es schwer vorstellbar, daß Amtsträger mit dem Titel legatus Augusti pr.pr., die zudem konsularen Ranges waren, in h i rem jeweiligen Bezirk sich lediglich auf die freiwillige Gerichtsbarkeit zu beschränken hatten, wie dies später für die iuridici zutraf.34 Im Gegenteil: Wenn eine Beschränkung gewollt gewesen wäre, hätte dies in irgendeiner Form gekennzeichnet werden können und müssen, wie es später durch den Titel iuridicus geschah. Damit darf man wohl von einer umfassenden Zuständigkeit
dieser Legaten
ausgeben, die sich im rechtlichen
32 Vgl. da:zu B.E. Thomasson, Legatua. Beiträge zur römischen Verwaltungsge schichte, Stockholm 1991. 33 Siehe z.B. D. 1019. 1034. 1042 etwa aus der gleichen Zeit. 34 Von dieser Beschrllnkung gehen die meisten modernen Autoren, soweit sie sich dazu äußern, aus; siehe z.B. Mommsen, Staatsrecht n3 1085; Simshäuser, Iuridici (Anm. 4) 235 f.; Reintjes (Anm. 11) 29: «höhere Zivilgerichtsbarkeit»; wider sprüchlich Benario (Anm. 11) 130, der einerseits behauptet, «iurisdiction in ltaly was like that in the provinces,., der aber andererseits davon ausgeht, die cjudicial powers were m il i ted to civü cases». A. Garzetti, From Tiberius to the Antonines, Loodon 1974, 407 siebt die Aufgaben als im Umfang eingeschränkt an und erkennt darin sogar einen möglichen Grund fUr das Scheitern.
Die italiscben legati Augusti prop-ae�
323
Bereich vermutlieb selbst auf die Kriminalgerichtsbarkeit erstreckt bat.35 Daß der Legat sodann die Verfahren durchfilhrte,
in der Form
der cognitio extra ordinem
versteht sich aus der Entwicklung des Gerichtswesens
sowie
der
besonderen Stellung des Amtsträgers von selbst. Trifft diese Interpretation zu,
dann beseitigte die badrianische Maßnahme für
weite Teile Italiens den herkömmlichen ordo iudiciorum; vor allem aber muß sie zwei Personengruppen Dicht unwesentlich betroffen haben. Einmal vollzog sieb die Tätigkeit der munizipalen Führungsschichten in ganz anderer Weise als bisher vor den Augen eines ihnen übergeordneten Magistrats, da man davon auszugeben hat, daß z.B
.
der legatus Augusti pro praetore der Transpadana, d.b.
des gesamten Bereichs nördlich des Po, die Regionen X und XI umfassend,36 wie ein Provinzgouverneur in seinem Amtsbereich herumreiste, um dort Recht zu sprecben,37 begleitet vermutlieb von seinem consilium.38 Zum anderen aber waren damit auch den stadtrömischen Amtsträgem, insbesondere den
Prätoren
und den Konsuln, aber wohl auch dem praefectus urbi, die Kompetenzen erheblieb beschnitten. Denn vor allem die Kriminalgerichtsbarkeit scheint seit langer Zeit vollständig
in
Rom konzentriert gewesen zu sein.39 Die
stadtrömischen Magistrate und auch der Senat selbst wurden damit wesentlichen aus
im
der Verantwortung für Italien ausgeschaltet. Nero hatte nach
dem Tod des Claudius in der Kurie verkündet: teneret antiqua munia senatus, consulum tribunalibus Italia et publicae provinciae adsisterent: illi patrum aditum praeberent, se mandatis exercitibus consulturum.40 Diese Maxime galt
im
Grundsatz auch noch
35 So
im frühen 2. Jb., wie immer man sieb die reale
auch 0. Hirscbfeld, Die kaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf Diokletian,
Berlin 21905, 478, der Italien ginzlich dem Einfluß des Senats und der ordentlichen Magistrate entzogen und zum größten Teil auch die Verwaltung direkt der Aufsicht des Kaisers unterstellt siebt.
36 Siehe R. Syme, Athenaeum 53, 1985, 28 f. = Roman Papers V 432. 37 Dies muß z.B. auch für die splteren iuridici vermutet werden, vgl.
MEFRA 85, 1973, 611; Eck, Italien (Anm. 2) 255.
M. Corbier,
3S Siebe den interessanten Hinweis auf Plin. ep. 6,8; 7,7.8.15 bei R. Syme, Hermes 85, 1957, 488 f. = Roman Papers I, Oxford 1979, 347 und Athenaeum 52, 1984, 58 mit Anm. 153; Atilius Crescens gehörte zur Begleitung eines Priscus, der als lurisdik tionsmagistrat im Norden Italiens lltig war.
In
welchen genauen Zusammenhang
dieser zu stellen ist, kann man nicht sehen. Denkbar sind verschiedene Möglich
keiten, z.B. die Einrichtung der Alimentarinstitution, oder auch Regelungen im
Bodenrecht.
39
W. Simshäuser,
Iuridici und Munizipalgerichtsbarkeit in Italien, München 1973,
145 ff.; Eck, Italien 19 f.; vgl. aber auch P. Miliar, Phoenix 40, 1986, 310 f. 40 Tacitus, ann. 13,4,2.
Die talisc i hen legati Augusti propraet(Xe
324
Intensität des Verlcehrs zwischen den italischen Gemeinden und Rom mit seinen
republikanischen Institutionen vorzustellen hat.41
Mit all den angedeuteten Konsequenzen mußte aber die badrianische Neurege lung als ein gewaltsamer Eingriff in die überkommene Struktur erscheinen, eine Struktur, die von den vorausgehenden Herrschern nicht oder nur mit größter Vorsicht angetastet worden war - und zwar sowohl im Inhalt als auch in der äußeren Form. Vielmehr hatten sich fast alle bemüht, die nicht direkt vom
Kaiser bestimmte Ämterstruktur in den Zuständigkeiten zu erhalten, aber auch
im numerischen Umfang, was äußerlich natürlich vor allem wahrgenommen wurde. So erhielt z.B. Acbaia bzw. Pontus-Bithynien, das eine unter Nero, das andere unter Traian, keinen Prokonsul als Statthaltez; dafür aber wurde jeweils nach Sardinien ein solcher Amtsträger des populus Romanus gesandt, um die
Zahl von 10 Prokonsuln, die seit Augustus als kanonisch galt, nicht zu verän dem.42
Wenn aber die eben vorgetragenen Schlußfolgerungen hinsichtlich der Amtskompetenz der legati pro pr. in Italien zutreffen, hat Hadrian diese Rück sichtnahme auf die tradierte Verteilung der Aufgaben und die Sonderstellung Italiens zumindest partiell aufgegeben und etwas provozierend Neues, in der Sache wohl Notwendiges gescbaffen.43 Besonders provozierend mußte sein. daß systematisch ganz Italien erfaßt wurde. Denn von einer urbica dioecesis verlautet nichts. Ferner war sehr deutlich,
daß
die Regelung keinen provisorischen
Charakter hatte. Dies ist deswegen zu betonen, weil auch unter Traian bereits ein legatus Aug(usti) p(ro) p(raetore) region(is) Transpadanae bezeugt ist Doch sind wesentliche Unterschiede festzustellen: Einmal war er nur für die Region zuständig, nicht für das gesamte Gebiet nördlich des Po; außerdem war er nur prätorisehen Ranges, also deutlich niedriger in der Amtshierarchie angesiedelt als die späteren badrianischen Amtsträger.44 Vor allem aber gibt es keinen Hinweis
41 Vgl. F. Miliar, Phoenix 40, 1986, 313 ff.; ferner W. Eck, Kaiserliches Handeln in
italischen Städten, in: L' Italie d'Auguste � Diocletien, Actes du colloque international, Rome 25.-28. mars 1992, Rom 1994, 329ft. 42 W. Eck, Zum Rechtsstatus von Sardinia im 2. Jb. n.Chr., Historia 20, 1971, 5 1 0 ff. 43 Deshalb kann man auch kaum davon ausgehen, daß «ltaliana may have resented such a seeming diminution in their atatus» (Benario [Anm. 11] 130); fUr den normalen Bewohner Italiens mußte die Regelung eher von Vorteil gewesen sein, ohne daß ihn die Statusminderung wohl irgendwie sehr interessierte. Der stadtrömische Senat und Teile der munizipalen Dekurionenräte sind die negativ Betroffenen !ewesen. 4 CIL X 6658 D. 1040. Da C. lulius Proculus Ende des J. 109 Suffektkonsul war, dUrfte der Auftrag n i der regio Transpadana in die Zeit zwischen 106 und 108 fallen. =
Die italischen legati Augusti propraetore
325
darauf, daß damit irgendeine flächendeckende, permanente Einrichtung für Italien geschaffen werden sollte. Vielmehr dürfte es sieb um eine regional begrenzte ad hoc-Maßnahme gehandelt haben. Der nähere lohalt seiner Aufgabe ist unbekannt. Treffen die vorgenannten Überlegungen zu, dann hat die hadrianische Neuregelung zumindest bei weiten Teilen des Senats, vielleicht aucb bei einem Teil der munizipalen Aristokratie erhebliche negative Reaktionen hervorgerufen, die weniger rational als emotional durch ihre Vorstellung, wie die Ordnung Italiens nun einmal zu sein habe, bedingt waren. Dies aber hat es dann Antoninus Pius geraten erscheinen lassen. die hadrianische Neuerung rückgängig
zu macben und Italien den alten Status zurückzugeben. Auffallenderweise wird Antoninus Pius in
drei italischen Städten: Bononia.
Placentia und, erst seit kurzer Zeit bekanmt, in Augusta Praetoria. auf Inschriften als restitutor ltaliae gefeiert45 Man fragt sieb, ob darin ein Reflex der Wieder herstellung des alten administrativen Zustandes gesehen werden kann. Zumindest sind sonstige generelle, ganz
ltalia betreffende Maßnahmen unter ihm
nicht
bezeugt. Aucb auf Münzen erscheint ITALIA auf dem Revers unter Antoninus Pius außerordentlich oft, weit öfter als etwa BRITANNIA oder MAVREfANIA, wo einige der wenigen militärischen Siege des Antoninus Pius errungen wurden.46
ltalia
dominiert auf den antoninischen Münzen ganz eindeutig
gegenüber den wenigen sonst genannten Provinzen. Unter Hadrian ist es ganz anders: R.ESTITVTOR ITALIAE fmdet sich unter ihm zwar aucb,47 aber Italien verschwindet dabei fast unter der Masse der sonstigen Provinzen bzw. Reicbsteile, denen gegenüber Hadrian ebenfalls als restilutor aufgetreten ist.48
Docb ist festzuhalten, daß die Verbindung der Bezeichnung restilutor ltaliae für
Antoninus Pius mit der Aufhebung der hadrianischen «Consulares-. nicht zu beweisen ist.49 Die genannten italischen Städte können ganz anderes mit dieser
Bezeichnung für den Kaiser im Sinn gehabt haben.SO Vgl. R. Syme, Athenaeum 62, 1984, 58;
432.
den., ibid. 63, 1985, 28 = Roman Papers V
45 ClL XI 80S D. 343; XI 6939 (nur a-balten [mtit]utor[i ltaliae]); A.M. Cavallaro G. Walser, Iscrizioni di Augusta Praetoria, Aosta 1988, 26 f. ([restitutori] ltaliae). =
Lediglieb der Text aus Aosta ist genauer zu datieren, zwischen 140 und 145 n.Chr. Die Inschrift gehörte zu einem sehr imposanten Monument für Antoninus Pius.
46 BMC Emp. IV 32 nr. 213 ff. 38
nr. 246 ff.; 190 nr. 1190; 264 nr. 1641 ff. 277 nr. 1719; 264 nr. 1640; 190 nr. 1190. 47 BMC Bmp. ID 352. Vgl. P.L. Strack, Untersuchungen zur römischen Reicbsprll §ung des zweiten Jahrhunderts ß, Stuttgart 1933, 143; Katalog nr. 779. 8 BMC Emp. m 349 ff., 517 ff.
49 [Restitut.] ltaliae wird Traian auf einer Basis im Nationalmuseum in Neapel genannt (Tb. Schiller, AA 1983, 247 ff.), die aus Anlaß der Alimentarinstitution aufgestellt wurde. Auch Antoninus Pius dUrfte die Alimentarinstitution in maneben
326
Die italischen legati Augusti prop-aetore
Als Mare Amel 25 Jahre später unter anderen äußeren Bedingungen das hadrianische Vorbild wieder aufnahm, hat ec es entscheidend modifJZiert: der Titel
iuridicus, den ec wählte, war viel bescheidener; ec beinhaltete nicht den Anspruch auf eine statthalterliehe Tätigkeit; die Kompetenz war auf die freiwillige
Gerichtsbarlceit beschränkt;51
zudem hatten die Amtsträger auch nur prätorisehen
Rang und waren damit von der Ämterhierarchie her echeblich niedriger eingestuft als die früheren konsularen legati Augusti pr.pr. Durch diese wesentlichen Modifikationen, durch die
äußeren Umstände von Kriegs- und Pestsituation
sowie durch das zeitliche Fortschreiten mit seinem Gewöhnungseffekt wurden offensichtlich mögliche Widerstände überspielt: Die iuridici konnten zu einer dauernden Einrichtung werden. Eine umfassende Kompetenz jedoch im Sinn der Gesamtzuständigkeit erhielten sie erst mehr
als 100 Jahre später. Da aber
wandelte sich dann auch ihre Amtsbezeichnung zu co"ector und schließlich zu
consularis. Diese ha1 schließlich der Autor der HA auch anachronistisch in die historiographische Überlieferung
flir die hadrianische Zeit eingeführt. Denn ein
legatus propraetore ltaliae Transpadanae war für ihn wie für die Regierungszeit
Hadrians, wenn auch aus jeweils anderen Gründen, ein Fremdkörper in Italien; ein consularis ltaliae Transpadanae
aber war wie ein consularis Venetiae et
Histriae für ihn italische Normalität
Städten Italiens erweitert haben (Eck, Italien [Anm. 2) 151 f.); von einer weit gespannten oder gar ßllcbendeckenden Erfusung Italiens ist aber nichts bekannt. Alle drei Städte: Bononia, Placentia und Augusta Praetoria sind bisher nicht als Empfänger von alimenta bezeugt (Eck, Italien 189), wu freilich, angesicbts des mageren Quellenbestandes nicht beweisend ist. SO Immerbin ist aus der Zahl der Ehrungen fUr Antoninus Pius mit dieser Bezeichnung zu schließen, daß in weit mehr Städten solche Ehrungen erfolgt sein müssen. Es muß sieb also schon um einen fUr du Kernland des Reiches bedeutenden Anlaß gehandelt haben, worauf die Städte reagierten. 51 Zu ihren Kompetenzen Eck, Italien (Anm. 2) 256 ff.
DIE LEITUNG UND VERWALlUNO EINER PROKURATORISCHEN PROVINZ bat
Octavian
einen seiner engsten Vertrauten, Comelius Gallus, mit der Leitung
des eben
Unmittelbar nach
seinem
Sieg über Antonius
und Cleopatra
eroberten Ägypten betraut. Daß das neu gewonnene Land Besitz des römischen
Volkes, d.b. eine Provinz geworden und nicht etwa im Privatbesitz des Siegers im Bürgerkrieg geblieben ist, daran gibt es keinen Zweifel. Augustus selbst
spricht in den Res gestae zu klar darüber. 1 Doch als Provinz stellte Ägypten eine
Novität dar. Denn der erste Statthalter gehörte nicht
der bisherigen politischen
Führungsschiebt an, war kein Senator, semdem - lediglich - �q.us Ro1MitliS.2
Damit war unter dem Gesichtspunkt der permanenten Leitung ein Typus von Provinz geschaffen, wie er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht existiert hatte.3 Das Modell aber wurde in der Zukunft immer wieder angewendet. Bereits Augustus schuf mit Iudaea und
Raetia neue Provinzen, die er ebenfalls einem
Ritter übergab, und das schon lange als Provinz bestehende Sardinien erlrielt 6 n.Chr. statt eines senatorischen Prokonsuls einen ritterlichen praeftctus bzw. pro
legaJo. Auch in den Alpes Maritimae und den Alpes Cottiae fmden sich bereits in augusteischer Zeit nichtsenatorische praefecti, ebenso in Asturia und vielleicht in Moesia für die civitates Moesiae et Treballiae (D.
1349).4 Während freilich
die Alpes Maritimae und die Alpes Cottiae später zu eigenständigen ritterlieben Provinzen weiterentwickelt wurden, verschwinden die ritterlichen Amtsträger in Asturia und. den civitatts Moesiat tt Trtballiae. Unter Claudius wird die
Höchstzahl von ritterlichen Provinzen: nämlich woh1 13, erreicht;5 am Ende der t.raianiscben Zeit sind es 9, unter Mare Aurel nur noch 7;6
um die Mitte des 3.
Jb.s, kurz bevor das augusteische System ein Ende fmdet, sind es wiederum 11.7 I Res gestae 27: Aegyptum imperio popu.li [Ro]mani adieci.
2 Ygl, daß in der Dedibtioosinschrift des Comelius Gallus auf der Insel Philae mit
Nachdruck auf den sozialen Status als eques ROIIUUIUI hingewiesen wird (CIL m Dessau 8995). 14147,5 3 Zu marginalen Vorgingern vgl A.H.M. Jonea, in: Studies in Roman Govemment and Law, Oxford 1960, 119 f. 4 Ygl. dazu P. Brunt, JRS 73, 1983, 55. S Es sind dies: MautetaDia Caesarien1i1 und Tmgitana, Sardinia, Corsica (7}, Alpes Maritimae, Alpes Cotliae, Alpes Graiae, Raetia, Noricum, Thracia, Cappadocia, ludaea, Aegyptus. 6 Mauretania Caesariensis und Tmgita.na, Alpes Maritimae, Alpes Cottiae, Alpes Graiae et Poeninae, Epi.rul, Aegyptus. 7 Zu den in der vorhergebenden Anmerltung genannten Provinzen kommen hinzu: Pontus (M. Cbristol - X. Loriot, Centre J. Paleme, Memoirs 7, 1986, 13 ff.}, Mesopotamia, Osrboenae (zuletzt P. Millu, The Roman Near East, 31 BC - AD 337, =
Die Leitung und Verwaltung einer proJcurataiscben Provinz
328
Schon dieser grobe zahlenmäßige Übetblick läßt erkennen, daß die rittetliehen Provinzen keine konstante Größe, daß sie jedoch bis zum Ende des augusteischen Systems in der Mitte des
3. Jh.s stets ein Element der gesamten Provinzor
ganisation gewesen sind. Ein Vergleich mit den Zahlen der von Senatoren, seien es Prokonsuln oder ltgali Augusti pro prlUtort, geleiteten Provinzen läßt zudem erkennen, daß sie stets in der Minderzahl waren. Selbst in als wohl
13
ritterliebe Administrationseinheiten existierten, blieben sie
gegenüber den standen den
der claudischen Zeit,
25 senatorischen zahlenmäßig weit zurück. Unter Mare Aurel
7 ritterlichen 35 senatorische gegenüber. D.h. dieser Provinztypus
war niemals dominierend, trotzdem bildete er keineswegs ein unwesentliches Element in der römischen Provtnzialadminittation. s Allein Ägypten hatte ein zu großes Gewicht Das verbindende Kennzeichen dieser Provinzen ist zunächst rein äußerlicher
der sozio-politische Status des höchsten Amtsträgers. Man hat der Forschung in vielfältiger Weise zu erkennen versucht, ob sich
Natur, nämlich deshalb in
nicht aus einem den verschiedenen ritterlieben Provinzen gemeinsamen Kriterium heraus die Wahl des besooderen Typus der Leitung erklären ließe. Teilweise bat man
die Erldänmg in politischen
bewußten Machtminderung
für den Senat bzw.
Gründen gesehen, etwa einer einer leichteren Sicherung
der
Herrschaft des Augustus. Auch mit der geringen territorialen Größe glaubte man den Typus erklären zu können
oder auch mit der Lage an der Peripherie des
Reiches, wobei das Fehlen von Legionstruppen eine zweite kausale Komponente gewesen
sei, oder auch mit einer angeblich zu geringen Zahl von verfügbaren
Senatoren.
Schließlich sab man die Ursache für die Bev
geringen kulturellen Entwicklungsstand der eroberten oder annelctierten
Länd 8 er.
Keine dieser Begründungen kann eine allgemeine Gültigkeit für sich beanspru chen; denn gegen alle lassen sich unwiderlegbare Einwände erheben.9 Das schließt nicht
aus, daß der eine oder andere Grund tatsächlich in der konkreten
Entscheidung, eine von einem Ritter geleitete Provinz zu etablieren, eine Rolle gespielt haben mochte. So kann
man
vermuten,
daß bei der Einrichtung der
Provinz Alpes Maritimae oder Cottiae, wohl unter Claudius
oder Nero, einmal
die geringe Ausdehnung, sodann aber vor allem die bisherige Betrauung eines ritterlieben Präfekten, der jedoch von einem senatorischen Legaten, vielleicht des
Cambridge - l..ondon 1993, 12S f.) und vielleicht Callaecia (0. Alföldy, Gennania 61, 1983, 523 ff.). 8 Die frQberen Meinuogalußerungen sind zitiert von H.-0. Pflaum, Les procurateurs �ueslrea sous Je Haut-Empire romain, Paria 1950, 26 ff. 9 Siebe zuletzt P. Brunt, JRS 73, 1983, 57 f., sowie den Beilrag oben S. 83 ff.
Die Leitung und Verwaltung einerprokuratorisehen Provinz
329
obergermanischen Heeres, abhängig gewesen sein dürfte, eine Rolle gespielt bat. Freilieb hätte die Kleinheit allein wohl nicht ausgereicht. Denn die prokonsulare Provinz Cypem umfaßte auch nur etwas mehr als 9'000 qkm. Dort hatte jedoch bereits seit der späten Republik amtiert und diese «Tradition»
immer wieder ein senatorischer Statthalter
setzte sich durch; und ebenso dürfte es bei den
Alpes Maritimae und Cottiae gewesen sein, nur eben bei einem Amtsträger mit anderem sozio-politiscben Status. Doch lassen sich diese und ähnliche Gründe, außer vielleicht
im Falle von Ägypten. nirgendwo quellenmäßig nachweisen.
Man muß vermutlieb davon ausgeben,
daß jeweils
ein ganzes Bündel von
Motiven die kaiserliebe Entscheidung vernnlaßt haben wird. Doch läßt sieb weder global noch im Einzelfall eine klare Aussage machen. Wenn man somit auch genetisch nicht zu einer eindeutigen und einheitlieben Erklärung für den Typus der ritterlich geleiteten Provinzen kommen kann, so ist doch zu fragen, wie sieb inhaltlieb die Administration eines derartigen Gebietes gestaltete und ob sich dabei gegebenenfalls Unterschiede gegenüber den von Senatoren geführten Provinzen
feststelle.n lassen. Zwei Aspekte sind in diesem
Zusammenhang zu erörtern:
1. Lassen sieb bei den ritterlieben Statthaltern hinsiebtlieb der Vorbildung, der Kenntnisse und der Amtszeiten Besonderheiten gegenüber senatorischen
Amtsträgem nachweisen?
2.
Wie umfassend war der Inhalt der amtlieben Tätigkeit eines ritterlichen
Gouverneurs?
1. Im Bereich der senatorischen Laufbahn kann man, trotz mancher Unter schiede
im einzelnen und besonders in der Zeit nach der Prätur, eine relative
Einheitlichkeit erkennen. Vor allem waren die niederen stadtrömischen Magistra turen eine unabdingbare Voraussetzung für jedes weitere Fortkommen. Die re publikanischen Magistraturen bildeten mit ihren gesetzlichen Altersvorschriften einen Rahmen, der im groben
für jeden galt. Damit war eine Struktur vorge
geben, in die die neuen, seit Augustus geschaffenen Ämter eingebaut wurden.lO Für eine ritterliche Laufbahn gab es dagegen keinerlei Vorbild und keine gesetzlieb f1Xierten Normen. Vielmehr entwickelte sie sieb aus gewissen
10 Vgl. etwa W. Eck, Beförderungskriterien innerhalb der senatorischen Laufbahn, dargestellt an der Zeit von 69 bis 138 n.Chr., ANRW n 1, Berlin 1974, 158 ff.; G. Alföldy, Konsulat und Senatorenstand unter den Antoninen, Bonn 1977, 33 ff.; A.R. Birley, Fasti of Roman Britain, Oxford 1981, 4 ff.
330
Die Leibmg und Verwaltung einer prolruratOOscben Provinz
sachlichen Notwendigkeiten sowie aus Entscheidungen, die von den ersten Principes ohne Systematik getroffen wurden. Daraus resultiert die große Variationsbreite in der Ausgestalbmg der ritterlichen Laufbahnen.1 1 Dennoch kann man zwei Grundkoostanten als weithin beherrscbend herausheben: Einmal verbrachten sehr viele spätere ritterliche Amtsträger zu Beginn ihrer Tätigkeit einige Zeit beim Heer in der Stellung eines Offiziers, freilich mit sehr unter schiedlichen Ausgangsstellungen; zum andem bemaß sich der Rang einer Position innerhalb einet" Karriere zumeist nach dem sachlichen oder politischen Gewicht der Aufgabe. D.h., daß beispielsweise die Präsidialprokuratue in einer der kleinen Alpenprovinzen stets vor der Statthalterschaft über eine größere prokuraloriscbe Provinz, wie z.B. Mauretania Caesariensis übernommen wmde. So war ein gewisser M. Vettius Latro vermutlich in der Spätzeit Traians procurator Alpium Cottiarum, erst im J. 128 dagegen fmden wir ihn als Statthalter von Mauretania Caesariensis. 12 Das entsprach dem unmittelbar erlcennbaren unterschiedlichen Gewicht der beiden Provinzen. Daraus sind zwei Schlußfolgerungen zu ziehen: Die Masse der ritterlichen Amtsträger ist zu Beginn ihrer Tätigkeit durch das Heer geprägt worden, also durch die hierarebische Befeblsstrulctur, durch die Abhängigkeit vom Kaiser und durch die administrative Praxis des Militärs. Damit sind sicherlich Grundeinstei lungen vorgegeben, wie sie sich bei jungen Senatoren nicht im gleichen Maß ausprägen konnten. Zwar verbrachten auch die meisten jungen Senatsanwärter als tribuni laticlavii einige Zeit beim Heer. Doch im allgemeinen verblieben Ritter weit länger bei den Truppen, gleichgültig ob ihre Laufbahn über die seit Claudius mehr und mehr üblichen trts militiat oder über die stadtrömischen Einheiten und einen zweiten Primipilat verlief. 13 Eine gewisse «Professio nalisierung», d.b. Konzentration des gesamten Lebens auf staatliebe Aufgaben ist hier wohl tatsäeblieb gegeben gewesen. Doch war keine spezifs i che Aus richtung auf und Ausbildung für spälete Aufgaben eingeschlossen, so daß sieb die Vorbildung, die jüngere Senatoren nach den ersten Stufen ihrer Laufbahn aufwiesen, nicbt grundsl1tzlich von der der rangniederen Ritter unt.encbied. Die im engeren Sinn prokuratorisehe Laufbahn war zumeist ein Gemisch recht unterschiedlieber Aufgaben, die auch weitgebend an sehr verschiedenen Orten
Anm
1 1 Zur Kritik an dem zu rigorosen System, du von Pflaum (o. . 8) 210 ff. entwickelt wurde, vgl. vor allem P. Bruot, JRS 65, 1975, 124 ff., sowie R.P. Saller, Promotion and Patronage in Equestriao Cveen, JRS 70, 1980, 44 ff.; ders., Personal patronage under tbe early empire, Cambridge 1982, 41 ff der seinerseits freilich dem anderen Extrem zuneigt und keinerlei «Regeln» mehr anerkennen will. 12 AE 1939, 81; C1L vm 8369. 13 B. Dobson, Die Primipilarea, Köln 1978. ..
Die Leitung und Verwaltung einer prolruratoriscbn Provinz
331
abzuleisten waren. Stellungen in den Provinzen konnten abwechseln mit solchen in Italien
oder in
Rom. Inhaltlich waren sie ausgerichtet auf differenzierte
Bereiche, die in vielen Fällen Militariscbes und Ziviladministratives umfaßten. So war der schon erwähnte M. Vettius Latro vor seiner Prokuratur über die Alpes Cottlae als procurator
für die Lebensmittelversorgung Roms zuständig,
soweit diese über den neuenportus Traiani bei Ostia lief; anschließend hatte er kaiserliche Besitzungen der Provinz Sizilien zu leiten.14 Andererseits war T. Appalius Alf'mus Secundus nach seinen tres militil.u zunächst Stellvertreter des Flottenpräfekten voo
Ravenna, leitete anschließend das staatliebe Nachrichten
system in Italien. den cursus publicus, und wurde von dort als Prokurator in die Alpes Atrectianae gesaodl1S
Diese Grundzüge: Variabilltat
im
territorialen
möglichkeit für sehr unterschiedliebe Funktionen
Einsatz, Verwendungs und geringe Anzeichen von
Spezialisierung, 16 tinden sieb in vergleichbarer Weise auch in den senatorischen Laufbahnen, 17 womit wiederum, wie schon bei der Frage der Vorbildung, im ritterlieben und senatoriscben Dienst keine wesentliche Diskrepanz festzustellen ist. Es bleibt die Frage nach der Lange der Amtszeiten ritterstllndischer Statthalter. Vergleichsmaßstab köoneD dabei nur die kgati Augusti proprtutort sein, da es,
im
Gegensatz
zur Annuitllt der Prokonsuln, bei ihnen ebenso wie bei den
Präsidialprokuratoren
im Prinzip von der Entscheidung des Herrschers abhing,
wie lange sie ein Amt in der Provinz innehatten. Bei den Legaten kann man im Durchschnitt mit 2-3 Jahren rechnen,18 wobei solche Amtsträ.ger in prätorisehen Provinzen wie Lycia-Pamphylia oder Numidien etwas kürzer verweilten
als
im
allgemeinen vermutlich
in den größeren und mililllrisch zumeist be
deutenderen konsularen Provinzen. Die Quellenbasis ist für die Entscheidung der Frage nach der durchschnittlichen Länge der Amtszeit von Präsidialprokuratoren
im allgemeinen eher schlecht
Sowohl die Zahl der überlieferten Personen als auch die Präzision der Datierung ist zumeist höchst ungenügend. 19 Für alle Al14 AE 1939, 81. 1S cn.. IX 5357 Dessau 1517. 16 Vgl. P. Brunt, JRS 65, 1975, 127 ff.; deri., JRS 73, 1983, 47 ff. 1 7 Siebe z.B. W. Eck, Roms Statthalter am Rhein - Repräsentanten römischer Macht, Geschichte in Köln 16, 1984, S ff. i einigen 1 8 Dies gilt trotz der Zweifel bei P. Brunt, JRS 73, 1983, 49. Denn n =
Provinzen mit exzeptionell guter Oberlieferungslage wie Numidien oder Lyltien-Pampbylien IlSt es sieb tataleblich fUr bestimmte, bineswe&• exzeptionelle Perioden nachweisen. 19 Zusammenstellung des gesamten MatcrialJ bei B. Tbomasson. Latcrcull praesidum l, GOteborg 1984.
332
Die Leitung und Verwaltung einer prokuratorisehen Provinz
penprovinzen zusammen, also für die Alpes Maritimae, Cottiae, Graiae und Atrectianae, sind nur 34 Statthalter insgesamt bezeugt20 und auch diese n i den meisten Fällen zeitlich nur recht unpräzis. Lediglich in einigen wenigen Provinzen kommt man zu einem befriedigenden Ergebnis. Die Präfekten von Ägypten, die wegen der zahlreichen Papyri besonders gut bekannt sind, verblieben z.B. im 2. Jb. n.Cbr. im Durchschnitt zwischen drei und vier Jahre am Nll, wobei im Einzelfall diese Zeit nach oben oder unten nicht unerheblich überschritten werden konnte.21 So war z.B. T. Aavius Titianus von Anfang 126 bis mindestens Anfang 133 im Amt. Dagegen blieb Volusius Maecianus nicht einmal das gesamte Jahr 161 in Ägypten.22 Aber die Masse der Amtsträger nahm ihre Aufgaben etwa 3-4 Jahre wahr. Andere ritterliche Provinzen lassen weit weniger erlcennen. Iudaea, dessen Präfekten/Prokuratoren durch das Werlc des Josepbus von 6-66 n.Chr ohne Ausnahme bekannt sind, sah Statthalter wie Valerius Gratus oder Pontius Pilatus. die 10 oder mehr Jahre die Provinz leiteten, freilich in der Regierungszeit des Tiberius, als das System noch wenig entwickelt war und als auch senatorische Gouverneure häufig nicht ausgewechselt wurden. Dies war unzweifelhaft durch die Persönlichkeit des Tiberius bedingt. Doch seit Claudius 44 n.Chr. in Iudaea wiederum die ritterliche Provinzverwaltung hergestellt hatte, schwankte die Amtsdauer zwischen 2 und 4 Jahren.23 In Mauretania Caesariensis kennen wir für die rund 230 Jahre von 40-270 n.Cbr. etwa 50 Statthalter, wobei wir mit Sicherheit davon ausgehen dürfen, daß Lücken in unserer Kenntnis bestehen.24 Dasselbe gilt für Noricum, wo für die rund 140 Jahre seit Beginn der Regierungszeit des Claudius bis zum Ende der Herrschaft Mare Aurels 23 Namen von Präsidialprokuratoren überliefert sind.25 Tendenziell weist dies ebenfalls auf eine durchschnittliche Amtsdauer von weniger als vier Jahren hin. Da es keinen erkennbaren Grund gibt, weshalb in den angeführten Provinzen Sonderbedingungen die Länge der Amtszeiten beeinflußt haben könnten, darf man die Ergebnisse auf alle ritterlich geleiteten Provinzen übertragen. Dann ergibt sich aber, daß auch unter dem Gesichtspunkt der Länge der Amtszeit Präsidialprokuratoren sich nicht von den kaiserlichen Legaten unterschieden. Die zeitlichen Möglichkeiten, ihren Amtsbezirk sowie 20 Thomasson (Anm. 19) 63 ff. 2 1 G. Bastianini, ZPE 17, 1975, 263 ff.; 38, 1980, 75 ff.; P. Brunt, JRS 65, 1975, 126 r. 22 G. Bastianini, ZPB 17, 1975, 285 f. 295. 23 Thomasson (Anm. 19) 321 ff. 24 Thomasson (Anm. 19) 409 ff. 2SThomasson (Anm. 19) 83 ff. Vgl. jetzt ein neuea Zeugnil bei D. Knibbe H. Engelmann - B. lp�ioju, JÖAI 62, 1993, 127 f.
Die Leitung und Verwaltung ei.oet prokuratOOscben Provinz
333
die dort anfallenden Aufgaben kennenzulemen, war im Grunde für beide Typen von Statthaltern die gleiche; eine starleere Professionalisierung ist, zumindest unter diesem Aspekt, auch bei den Rittern. nicht festzustellen. i Kompetenz eines Statthalters beruhte traditionell seit der Republik auf 2. De dem imptrium, das der jeweiligen Person auf Grund der Wahl durch das Volk verlieben worden war. Dieses imperium, das grundsätzlieb als umfassend ange sehen wurde, besaßen auch die senatorischen Statthalter seit der augusteischen Zeit, und zwar sowohl die Prokoosuln, die im Auftrag des Senats Provinzen leiteten, als auch die kgati Augustipropraetore, die als Stellvertreter des Kaisers agierten. Daß das imptrium der kgati Augusti ein abgeleitetes war, nllmlich abgeleitet aus der Befehlsgewalt des kaiserlieben «Prokonsuls. über seine Pro vinzen, hat den faktischen Inhalt und die konkrete Ausgestaltung nicht wesentlich beeinträchtigt. Damit war eine umfassende gleichartige Zuständigkeit der Statthalter beiderlei Typs gegeben und zwar im zivilen und im militärischen Bereich. Die rechtliche Gleichartigkeit muß betont werden, und zwar gerade in militärischer Hinsicht. Denn natürlich konnte sich aus den praktischen Notwendigkeiten in den verschiedenen Provinzen auch ein unterschiedliches Schwergewicht in der Tätigkeit eines Prokonsuls bzw. eines kaiserlieben Legaten ergeben. Sobald in einet Provinz eine oder mehrere Legionen stationiert waren, mußte ein nicht unwesentlicher Teil der Zeit eines Legaten sich auf den militärischen Sektor konzentrieren, nicht vor allem im Sinn der aktiven Heeresleitung im Krieg, sondern der Militäradministration im Frieden. Rechtlieb unterschied er sieb hierin jedoch nicht von einem ProkonsuJ.26 Die Publikation eines Militärdiploms aus der Provinz Asia, worin ohne jeden Zweifel der Prokonsul genannt ist, hat dies, wenn auch nur für einen begrenzten Bereich, nochmals mit aller DeutliChkeit gezeigt27 Daß diese rechtliche Allzuständigkeit auch für einen Stanhalter, der dem ordo equester entnommen wurde uod der zuvOI" keine Magistratur übernommen hatte, als notwendig erachtet wurde, zeigt die Ausgestaltung der Präfektur von Ägypten. Vermutlich bereits für Comelius Gallus, also noch vor der Regelung des Jahres 27 v.Chr. (und vielleicht gerade wegen der noch prekären politischen Situation Octavians), wurde durch eine Iex dem praefectus Aegypti ein imperium
26 Dazu W. Eck, Prokonsuln und militlriscbes Kommando, in: Heer und In tegrationspolitik. Die römischen Milltlrdiplome ab bistorilebe Quelle, h&. W. Eck H. Wolff, Köln 1986, 518 ff. 27 Roman Military Diplomu 1978 - 1984, bg. M.M. Roxan, Londoo 1985, Nr. 100.
334
Die Leitung und Verwaltung einer prokuratOOschen Provinz
in Analogie zu der Amtsgewalt eines Prokonsuls verlieben.28 Dabei ist zu betonen, daß es zum Zeitpunkt der vermutlieben Verabschiedung der lex in den Provinzen überhaupt nur Prokonsuln als Amtsträger gegeben bat Legati Augusti konnten noch nicht als Vorbild genommen werden. Jedenfalls war der praefectus Aegypti damit in der Lage, die in Ägypten stationierten Legionen zu kommandieren sowie die Gerichtshoheit auszuüben, und zwar auch gegenüber Römern. Daran bat sieb in der Folgezeit nichts mehr geändert. Für die anderen ritterlieben Statthalter wird jedoch nirgendwo erwähnt,
daß eine vergleichbare
Regelung getroffen worden wäre. Andererseits gebt Ulpian (Dig. 1,18,4) ohne Zweifel davon aus, daß jedem Stattbalter in seinem Bezirk die im
imperium beinhaltete Amtsgewalt zukam: praeses provinciae maius imperium in ea provincia habet omnibuspost principem.29 Ulpian kann dabei nicht eine ganze Kategorie von Statthaltern übergangen haben. Bereits der erste ritterliebe Präfekt der neueingerichteten Provinz Iudaea hatte im J. 6 n. Cbr. das Recht der Kriminalgerichtsbarkeit unter Einschluß der Todesstrafe erbalten.30 Und auch der
im gleichen Jahr an die Stelle des Prokonsuls getretene ritterliebe praefectus bzw. pro legato n i der Provinz Sardinien kann kaum eine geringere Kompetenz gehabt haben als seine senatorischen Vorgänger. Man muß somit vermuten, daß Augustus entweder durch neue Beschlüsse des Volkes oder
-
weit wahr
scheinlicher - in Analogie zur Machtübertragung an seine legati pro praetore
auch den ritterlieben Statthaltern Kompetenzen zugewiesen bat, die inhaltlieb im wesentlichen dem m i perium des praefectus Aegypti entsprochen baben.3 1 Daß
dies vermutlieb ohne erneute gesetzliebe Sanktion geschehen ist, darf man wohl auch deswegen vermuten, weil seit dem Jahr der Verabschiedung der Iex für den
praefectus Aegypti
eine machtpOlitische Stabilisierung der Position des
Augustus eingetreten war. Für seine Nachfolger ist dieses Handeln dann traditionsbildend gewesen.
Wenn man diese rechtlieb-faktische Voraussetzung akzeptiert, so ist damit jedoch noch nichts über die konkreten Handlungsbereiche eines ritterlieben Statthalters gesagt32 Wenn Pomponins Victor, wohl procurator der Alpes
Graiae et Poeninae, seine Tätigkeit mit ius gubenw
remque fungor Caesarum
28 Dig. 1,17,1: . . imperium, quod ad similitudinem procon.sulis lege sub Augusto ei datum est ... 29 Dazu Pflaum (Anm. 8) 111 ff. 30 Joa. b.J. 2,117; vgl. ant. Jud. 18,1 f. 31 Vgl. Jones (Anm. 3) 1 20. 32 Am breitesten sind diese bei Pflaum (Anm. 8) 110 ff. geschildert, in der .
Begrenzung auf Iudaea jetzt bei J.-P. Umonon, Pilate et le gouvemement de Ia Judu,
Paris
1981. 57 ff.
Die Leitung und Verwaltung einer prokuratoriscben Provinz
335
beschreibt, weist er zwar auf zentrale Aufgaben eines Präsidialprokurators hin,
erfaßt damit jedoch nur einen Teil.33 Um
die
Allzuständigkeit auch eines
ritterlichen Statthalters zu erhärten, sollen die verschiedenen Bereiche kurz erläutert und jeweils mi t der Kompetenz der senatorischen Amtsträger verglichen
werden. a) Dem ritterlichen Statthalter unterstanden alle in seiner Provinz stationierten Truppen. Außer in Ägypten setzten sich diese, jedenfalls soweit es sich um komplette Einheiten handelte, ausschließlich aus Auxiliarformationen, Kohorten und Alen, zusammen. In manchen Provinzen konnten sie fast doppelte Legionsstärke erreichen, wie z.B.
in Mauretania Tingitana, wo im I. 159 n.Chr.
das dortige Heer mindestens
5 Alen und 1 1 Kohorten umfaßte, also nicht weniger als rund 8500 Soldaten.34 Ähnlich umfangreiche Auxiliarheere kennen wir aus Mauretania Caesariensis und aus Rätien.35 Dagegen dürften in den
kleinen Alpenprovinzen nur ganz geringe Verbände stationiert gewesen sein; die der Alpes Maritimae lagen in Cemenelum in Quartier.36 Bei Bedarf wurden auch Teile von Legionen Präsidialprokuratoren unterstellt In der Forschung hat man früher zumeist gemeint,
der Prokurator habe dann
die Bezeichnung pro
legato
erhalten, um so seine Kompetenz dem- eines senatorischen Legaten anzu i t dies höchst zweüelbaft und in der Forschung auch gleichen.37 Doch s
umstritten.38 Selbst die officia von Finanzprokuratoren wurden in maneben Provinzen aus den Legionen benachbarter Provinzen genommen.39
Soweit man den Zeugnissen entnehmen kann, unterschieden sich die Prokuratoren in ihren Kompetenzen im militärischen Bereich in nichts von den senatorischen Kommandeuren. Kriegfiihrung, Entlassung
des
militärische Bauten, Rekrutierung,
aus dem Heer, Jurisdiktionsgewalt gegenüber den Soldaten unterhalb
Ranges von Centurionen war ihnen anvertraut; gegenüber der praktischen
Tätigkeit eines senatorischen Statthalters ist keinerlei Unterschied festzustellen. b) Eine der wesentlichsten Aufgaben jedes Statthalters war die Ausübung der Rechtsprechung innerhalb seiner Provinz. Auf Grund der ihm in Analogie zum
33 CIL Xll 103,6.
34 RMD I (Anm. 27) Nr. 53. 35 C1L XVI 56; RMD (Anm. 27) Nr. 94. 104.
36 G. Laguerre, lnscriptiona antiquea de Nice - Cimiez (Cemenelum, ager Cemenelen sis), Paris 1975, 48-59.
37 Vgl z.B. Jones (Anm. 3) 120; anders J. Sdel, Chiron 4, 1974, 467 ff. 38 P. Brunt, JRS 73, 1983, 56 f. 39 Z.B. CIL Xlli 3983. 1856. 1880.
Die Leitung und Verwaltung einer prokw'at<Xischen Provinz
336
imperium eineS Prokonsuls verliehenen Macht hat der Präfekt von Ägypten von Anfang an diese Kompetenz wahrgenommen. Und in der Folge müssen die
anderen ritterlichen Gouverneure ebenfalls dieses Recht erbalten haben. Denn als Claudius im J. 53 n.Chr. die Gerichtshoheit in Finanzangelegenheiten an seine Patrimonialprokuratoren übergab, haben die Präsidialprokurataen bzw. Präfekten nach
dem
Wortlaut des Tacitus (ann. 12,60,2) die in Rom von den Prätoren
geleitete Rechtsprechung in den Provinzen bereits ausgeübt.40 Schon die praktische Notwendigkeit erforderte es, daß dies jeweils seit det Einrichtung einer ritterlichen Provinz möglich wurde. Das wird besonders deutlich bei Sardinien, wo im J. 6 n.Chr. der Wechsel von einem Prokonsul zu einem ritterlichen pro legato oder Präfekten erfolgte. Die
sachlichen Erfordernisse der Provinzialad·
ministration machen es zwingend erforderlich, daß mit dem Statuswechsel des GouverneW'S nicht auch ein Wechsel in det richterlichen Zuständigkeit verbunden
gewesen sein kann. Wohin hätten sich denn die Bewohner von Sardinien, von denen nicht wenige auch römische Bürger waren, bei Rechtsstreitigkeiten wenden sollen? Problematischer als die Zivil- ist freilich die Kriminaljurisdiktion.41 Dabei ist unbestritten. daß auch die ritterlichen Prokuratoren bzw. Präfekten gegenüber den Peregrinen von Anfang an dieses Recht besaßen. Die Unsicherheit besteht hinsiebtlieh der Ausweitung dieses Rechts gegenüber römischen Bürgern und speziell gegenüber Soldaten. Schon beim ersten ritterlichen Statthalter von Iudaea betont Josephus, er
habe das
Recht, jemanden hinrichten zu lassen,
besessen.42 Doch hat man aus der Tatsache, daß bei zwei Gouverneuren aus dem Ritterstand zusammen mit der Prokurator über eine Provinz auch das ius gladii in inschriftlichen Texten eigens genannt wird, 43 geschlossen, nicht alle Präsidialprokuratoren hätten dieses Recht ausüben können, sondern nur die, denen es speziell verlieben worden sei. Und das wurde kombiniert mit der Aussage bei Cassius Dio 53,3,6 f., nicht nur den Senatoren, sondern auch den Rittern, die ein Schwert tragen durften, sei das Hinrichtungsrecht zugestanden worden; d!.h.
man
vennutete, einigen Präsidialprokuratoren sei die Kapital
jurisdiktion, einschließlich des Rechts, Soldaten hinzurichten, verliehen worden,
40 Vgl. P. Brunt, Procuratorial Jurisdi.ction, Latomus 25, 1966, 461 ff. 41 Dazu Pflaum (Anm. 8) 110 ff.; D. Uebs, Das ius gladü der römiscben Provinzgou verneure n i der Kaiseneit, 43, 1981, 217 ff. 42 Jos. b.J. 2,117. 43 Dessau 1368. 9200; CIL V1ll 20995 ist niebt dazu zu zllhlen, da das iu.s gladil des ritterlieben Amtsträgers sieb nacb CIL V1ll 20996 Dessau 1356 auf eine Stellung als praepositu.s equitwn item peditwn bezog.
ZPE
=
Die Leitung und Verwaltung einer prokuratMscben Provinz
337
anderen jedoch nicht.« Dagegen sprechen freilich. von Wahrscheinlich keitsgründen einmal abgesehen, zwei Faktoren: Einmal wäre es höchst auffilll.ig, wenn bei der großen Zahl von ritterlieben Statthaltern dann nur zwei dieses Sonderrecht, das etwas Auszeichnendes gewesen wäre, in ihrem Amtstitel genannt hätten. Selbstverständliches freilich brauchte nicht eigens erwähnt zu werden. Zum andern ist jedoch der Passus bei Cassius Dio genauer zu analysieren: Dio erläutert, daß das Recht. ein Schwert zu tragen, immer verbunden sei mit dem Recht. auch einen Soldaten zu töten; das gelte für einen Prokonsul, einen kaiserlieben Legaten und einen Prokurator. Alle drei Typen von Statthaltern stehen sich in dieser Hinsicht gleich. Wenn er dann unmittelbar anschließend betont. nicht nur den Senatoren, sondern auch den Rittern, denen dies eingeräumt sei, habe Augustus das Hinrichtungsrecht gegeben. so kann dies nicht bedeuten, der Herrscher habe nur einigen Präsi.dialp'okurat<:xen dieses Recht gegeben; vielmehr wird betont, daß dies nicht auf alle Ritter, die den Titel procurator trugen, zutraf, sondern nur auf diejenigen, die wie Prokonsuln und Legaten als Statthalter fungierten. Ausgeschlossen sind also z.B. Finanzpro kuratoren, es sei denn. sie hätten eine Sondererlaubnis erhalten.4S Somit darf man wohl davon ausgeben, daß jedem Präsidialprokurator die volle Kriminal gerichtsbarkeit zustand. Daß T. Comasidius Sabinus. procurator Alpium Atrac tianar(um) tt Potninar(um) noch eigens zu seiner Amtsbezeichnung iurt gllulii hinzusetzt. ist am ehesten aus dem Bedürfnis zu erldären, diese Prokurator als eine statthalterliehe zu kennzeichnen. während die sich anschließende Prolruratur in der Dacia Apulensis nur auf den Fmanzsek.tor ausgerichtet war.46 Vielleicht war im Ernennungsschreiben als procurator Alpium auf diese Kompetenz verwiesen worden. Ein letzter Aspekt bei der richterlieben Tätigkeit der Präsidialprokuratoren bleibt zu erörtern. In Provinzen der Prokonsuln und der legati Augusti pro prattort ist das Gerichtswesen weitgehend, wenn nicht generell nach dem Conventsystem organisiert gewesen, d.b. der Statthalter begab sieb jährlich auf die Reise durch seinen Amtsbezirk und bot den Untertanen an verschiedenen Orten die Möglichkeit. ihr Recht zu fmden. Obwohl das System nicht überall
44 Vgl zuletzt D. Uebs, ZPE 43, 1981, 217 ff. 4S Solche und Ibnliebe Pille sind tataleblich auch weit blufiger in den Inschriften, vgl. P. Brunt, JRS 73, 1983, S7 mit Anm. 101 u. 102. Daß Filkal- und DomiDen prokuratoren die volle Gerichtsbarkeit fehlte, ergibt sieb z.B. auch aua Dig. 1,19,3: .
sie hatten - Obiicherweise - kein us i depo114N:li.
46 Cß.. IX S439
=
Dessau 1368. Vgl. P. Brunt, JRS 73, 1983, S7.
338
Die Leitung und Verwaltung einer prokuralaiseben Provinz
bezeugt ist,47
darfes aus allgemeinen Erwägungen überall vorausgesetzt werden
und zwar auch in
den
prokuratorisehen Provinzen. Ägypten kannte dieses
Conventsystem und dieses war dort eine römische Neuerung, keine Übernahme
aus der ptolemäischen Zeit48 Auch in anderen ritterlieben Provinzen kann man
zeigen, daß der Statthalter auf der Reise durch sein Herrschaftsgebiet war.49 Ein Finanzprokurator n i Acbaia hat, freilieb in einer Sondermission, an verschiedenen Orten die Möglichkeit zur gerichtlichen Klärung von Streitfällen geboten.50 Somit sollte man sich auch die Präsidialprokuratoren als reisende Gerichtsmagistrate vorstellen. Mag sein,
daß dies in ganz kleinen admini
strativen Gebieten wie gerade den Alpenprovinzen nicht so bedeutsam war. Aber
die beiden und in
Inschriften des T. Pomponius Victor in Forum Ciaudii Ceutronum
Forum Claudü Vallensium mögen ein Hinweis darauf sein,
beiden Orten gewesen ist und Gericht gebalten hat.5 1
daß er an
Im Text aus Forum
Claudü Ceutronum spricht er ja gerade von ius gubemare; und in Forum Claudü Vallensium ist ein Auditorium von einem Prokurator wiederbergestellt worden. Es könnte der Rechtsprechung gedient haben. c) Eine klare Sonderstellung nimmt der Präsidialprokurator in der Finanzver waltung ein.52 Soweit wir beute sehen können, waren die legati Augusti pro
praetore weder an der Steuererhebung beteiligt noch an der Besoldung der Truppen.53 Dafür war ein eigener Prokurator zuständig, dessen Kompetenz sich teilweise auf mehr als eine Provinz erstreckte, etwa auf die Lugdunensis und die Aquitania. Dagegen unterstand die Kontrolle des Einzugs der Hauptsteuer, also
im allgemeinen der Grund- und Kopfsteuer, in den Senatsprovinzen noch zu 47 Immerhin ist ea ve i lleicht bemerkenswert, daß nunmehr durch ein neues Zeugnis fllr Pamphylien du Conventsystem bezeugt ist: I. Kaygusuz, EA 4, 1984, 1 ff. Bisher
war davon fllr Lycia-Pamphylia nichts bekannt gewesen. & war aber zu erwarten.
Allgemein G.P. Burton, Proconsuls, Assizes and tbe Administration of Justice under tbe Empire, JRS 65, 1975, 92 ff. 48 G. Foti Talamanca, Ricerche sul processo nell'Egitto greco-romano I. L'organiz zazione del conventus del praefectus Aegypti, Milano 1974. 49 So mUss.en die Prokuratoren in den beiden Mauretaniae auf der Reise durch ihre Provinzen gewesen sein, da sie z.B. Dedikationen oder Terminationen in verschiedenen Städten vor Ort durchführten. SO J.H. Oliver, Marcus Aurelius. Aspects of Civic and Cultural Policy in tbe Bast, Princeton 1970, 8 Zeile 85 ff. Sl C1L Xll 103; Dessau 3823. 52 Dazu Pflaum (Anm. 8) 151 ff.; Umonon (Anm. 3 ). 2 53 Siebe dazu zuletzt M. Cbristol. TI. Claudius Proculus Comelianus, procurateur de la rc!gion de Tbeveste, Africa Romana 7, 1990, 893 ff.; dagegen Y. Le Bohec, ZPE 93, 1992, 107 ff.
Die Leitung und Verwaltung einer prokuratorisehen Provinz
339
Beginn des 3. Jh.s dem Prokonsul und seinem Quästor.S4 Seine Kompetenz
erstreckte sich jedoch nicht, zumindest im Verlauf der Entwicklung, auf alle neueingeführten Steuern, also z.B. die 5%ige Erbschaftssteuer, oder die Zölle; und ebenso war ihm der kaiserliche Domanialbesitz entzogen. Dafür wurden immer häufiger kaiserliche Prokuratoren emannt.SS In den ritterlichen Provinzen erfolgte dagegen weder eine vollständige, noch eine partielle Abspaltung
der
Finanzkompetenzen von den Aufgaben des Statthalters. Vielmehr verblieb die uneingeschränkte Zuständigkeit beim Präsidialprokurator, und zwar einschließ lich der Verwaltung der Domänenerträge und wohl auch der portoria.56 Aus diesem Grund unterstanden
dem
Präsidialprokurator als einzigem Statthalter
neben dem militärischen
officium
auch noch kaiserliche Sklaven und
Freigelassene als Subalternpersonal für die Finanz.administratioo. Bei dieser Konzentration der Zuständigkeit in den Händen des ritterlichen
Praeses war ein Ratschlag, wie er von tnpian gegenüber dem Prokonsul geäußert wurde: sane si fiscalis pecuniaria causa sit, quae ad procuratorem principis respicit, melius fecerit, si abstineat,51 überflüssig. Auch die Fiskalprozesse wurden vom Präsidialprokurator ganz selbstverständlich entschieden, da es neben
ihm keinen sonstigen konkurrierenden Prokurator in der Provinz gab. Erst sehr spät, zu Beginn des 3. Jh.s, erfahren wir. daß für die Provinzen Mesopotamien und Mauretania Caesariensis jeweils ein eigener ritterlicher Beauftragter für die ratio privata ernannt wurde;58 ob dafür besondere Umstände verantwortlich waren, entzieht sich unserer Kenntnis. d) Schließlieb ist noch der Kompetenzbereich zu nennen, den man am ehesten
mit «allgemeine Verwaltung» umschreiben könnte.
Dazu gehört etwa die Auf
sicht über die Städte bzw. andere Selbstverwaltungseinheiten einer Provinz, die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung beim Versagen der städtischen Magistrate, die Kontrolle der Baumaßnahmen, z.B. Stadtmauerbau oder Reparatur einer Femwasserleitung. Ebenso war der Präsidialprokurator für den Straßenbau verantwortlich. und zwar vor allem, um die Koordination zwischen verschiedenen
54 G. Alföldy, Chiron 11, 1981, 175; P. Brunt, JRS 73, 1983, 46. 52 f.; W. Eck 26) 530 f. 5 Vgl. G P. Burton, Provincial Procurators and the Public Provinces, Chiron 23, 1993, 13 ff. 56 Jedenfalls soweit diese nicht in ein.e.m mehrere Provinzen umspannenden Zollbezirk verwaltet wurden. 57 Dig. 1,16,9. 58 AE 1970, 612; AE 1930, 47; Dessau 1371; CIL vm 20487; AE 1903, 94.
�Anm.
.
340
Die Leitung und Verwaltung einer prokuralaiseben Provinz
Gemeinden herzustellen.5 9 Soweit unsere Quellen uns in diesen Bereich einen konkreten Einblick geben, läßt sich keinerlei Unterschied zwischen einem senatorischen oder einem ritterlichen Gouverneur feststellen.60 Selbst die Dedikation von Tempeln, die zumindest während der Republik nur ein Magistrat mit imperiwn durchführen durfte, wurde von Präsidialprokmatoren vollzogen;61
ob dabei immer noch die alten sakralrechtlichen Regeln galten, ist unsicher.62 Wichtig
s i t nur, daß auch in dieser Hinsicht keine äußere Differenz zu einem
senatorischen Amtsträger zu erkennen ist Wenn die vorgetragene Sichtweise zutrifft, Verlauf der 1. Hälfte des
dann verschwinden spätestens im
1. Jb.s n.Chr. die rechtlichen, vor allem aber die
faktischen Unterschiede, die
man
zwischen senatorischen und ritterlieben
Statthaltern hat sehen wollen. Insbesondere war ein Präsidialprokurator kein Statthalter minderer Qualität und geringerer Kompetenz.
Im Gegenteil: Da nur
ein Präsidialprokurator auch für die Fiskaladministration seiner Provinz zuständig war,
übertraf er seine senatorischen Amtskollegen in dieser Hinsicht
sogar im Umfang seiner Tätigkeit Vom Standpunkt der Untertanen aus war ein ritterlicher Statthalter genauso der fast allmächtige Repräsentant Roms und des Kaisers wie ein Prokoosul oder ein kaiserlicherLegat. Ein Unterschied freilich blieb, nämlich der gegenüber den senatorischen Statthaltern niedrigere sozio-politische Status. Deshalb auch scheinen den ritterlichen Präsidialprokuratoren die Liktoren mit ihren
Jasces gefehlt zu
haben.63 Aber das war letztlich eine Frage des Ranges, nicht der administrativen Kompetenz.
S9 Zahlreiche Texte für verschiedene administrative Tätigkeiten finden sieb bei B.E. Tbomasson, Die Statthalter der römischen Provinzen Nordafrikas von Augustus bis Dioldetian, Lund 1960, ll 241 ff. passim. 60 Auch hier kann man exempli gratia auf die bei Tbomasson (Anm. 59) ll 9 ff. für die oconsules Africae gesammelten Zeugnisse verweisen. pr
ol CIL vm 2182 . 5 62 Pflaum (Anm. 8) 139f.
63 Im beute noch vorbandenen Denkmllerbestand gibt es kein Monument. das für
einen ritterlichen Prokurator errichtet wurde und auf dem Jasces abgebildet wären. Vermutlich hatten Soldaten die sonst von Liktoren versehenen Funktionen bei einem Präsidialprokurator zu veraehen.
ZUR ERHEBUNG DER ERBSCHAFfS- UND FREILASSUNGSS1EUER IN ÄGYPTEN IM 2. JH. N.CHR. In der Entwicklung der römischen Administration wird Hadrians Regierungs zeit als entscheidender Einschnitt angesehen; dieser soll so tiefgreifend gewesen sein, daß man sogar von einer allgemeinen und umstürzenden Verwaltungsreform. gesprochen hat. 1 Diese Bewertung beruht nicht auf konkreten, als Einheit über lieferten Maßnabmen,2 sondern auf einem Bündel von Einzelverfügungen und Veränderungen, die in wenigen Fällen unmittelbar bezeugt sind, oder weit häufiger, der Regierungszeit Hadrians mit mehr oder minder großer Berechtigung zugewiesen werden. Obwohl im Laufe de.r vergangeneo Jahrzehnte nicht wenige
angeblich hadrianische Eingriffe in die administrative Struktur des Reiches besser datiert und anderen Kaisem zugewiesen wurden,3 hat sich doch an der grund sätzlichen Beurteilung der Tätigkeit des des Reiches kaum etwas geändert4
Kaisers im Bereich der Administration
1 Einige Hinweise mögen dafUr genügen: W. Schurz, Oe mutationibus in imperio ordina.ndo ab imperatore Hadriano factis, Diss. Bonn 1883; 0. Hirschfeld, Die kaiserlichen Verwaltungsbeamten bis auf Diokletian, Berlin 1905, 84 f., 114, bes. 476 ff.; H. Last, CAH XI 427; B. d'Orgeval, L'empereur Hadrien. Oeuvre 16gislative et administrative, Paris 1950; A. Garzetti, iFrom Tiberius to the Antonioes, London 1974, 402 ff., 682; R. Thomsen, The Italic Regions from Augustus to the Lombard Invasion, Kopenhagen 1947, 192; M.A. Levi, L'ltalia antica ll, Mailand 1968, 373; G. Webster, The Roman Imperial Army, London 1969, 264; W. Langhammer, Die rechtliche und soziale Stellung der Magistratus municipalea und der Decuriones, Wiesbaden 1973, 110; K. Christ, Das römische Weltreich, Herder Taschenbücher 445, Freiburg 1973, 113 (allgemeine Verwaltungsreform). M.K. Thomton, Hadrian and his Reign, ANRW ll 2, 1975, 432 ff. geht auf die Frage Dicht ein. 2 Abgesehen von Epit. de Caes. 14,11, eine Aussage, die freilich ohne Bedeutung fUr das konkrete Geschehen unter Hadrian isl 3 Die Ersetzung von Freigelassenen durch Ritter in den zentralen Entscheidungsfunk tionen um den Kaiser hat bereits llngst vor Hadrian eingesetzt, vgl. z.B. Cn. Octavius Titinius Capito, D. 1448; AE 1934, 154; dazu H.-G. Pflaum, Les carri�res procuratoriennes �uestres sous le Haut-Empire romain, Paris 1960, 143 f.; C. Suetonius Tranquillus, AE 1953, 73 (= Pflaum, Carri�res 219 ff.). Der erste procurator vicesimae hereditatium gehört bereits in die vespasianische Zeit, ritterliche praefecti vehiculorum wurden wohl schon seit August\11 ernannt, W. Eck, Chiron 5, 1975, 365 ff.; ders., Die staatliche Organisation Italiens in der Hohen Kaiserz.eit, München 1979, 89 ff. 129 ff. 4 Vgl. zum Beispiel H.-G. Pflaum, RE :xxm 125 f.; G. Boulvert, Esclaves et affranchis imp6riaux sous le Haut-Empire romain: rOle politique et administratif, Neapel 1970, 283 ff. und die Literatur in Anm. 1. Einschrlnkungen gegenüber der Vorstellung einer tiefgreifenden Verlnderung der administrativen Strukturen bei A. d'Ors, La signification de l'oeuvre d'Hadrian dans l'histoire du droit romain, in: Les empereurs romains d'Espagne, Paris 1965, 147 ff., bes. 157 f.; ebendort S. 160 im selben Sinn auch R. Syme.
342
Zur Erhebung der Erbschafts- und Freilassungssteuer
Wie die Gestalt Hadrians innerhalb des administrativen Entwicklungsstranges gesehen werden kann, soll hier allerdings nicht als Gesamtkomplex behandelt, vielmehr nur ein Teilaspekt erörtert werden, nämlich ob Hadrian eine wesentliche und grundsätzliche Veränderung des Erhebungssystems der sogenannten vecti
galia, d.h. nicht regelmäßig Jahr für Jahr anfallender Steuern veranlaßt hat. Während man in der Forschung weitgehend davon ausging, daß die societates publicanorum durch Augustus oder Ttberius bereits von der Pacht des Tributum, also der regelmäßig anfallenden Steuern, zumindest in den kaiserlichen Provinzen ausgeschaltet wurden,5 soll dieser Schritt bei den vectigalia, zu denen auch die
ponoria gezählt wurden, spätestens unter Hadrian geschehen sein.6 Dabei wird zumeist stillschweigend oder auch expressis verbis davon ausgegangen, daß
damit jegliche Beteiligung privater Steuererbeber zu Ende gewesen sei.
Gerade
bei den Zöllen konnte nun nachgewiesen werden, wie zwar die Steuer pachtgesellschaften offensichtlich verschwinden, wie jedoch weiterhin private Zollpächter die Einziehung der staatlichen Abgaben übernahmen, bis manchen Teilen des Reiches im späten 2.
dann in
Jh. unmittelbare Vertreter des Staates,
also Prokuratoren mit kaiserlichen Sklaven und Freigelassenen, offensichtlich diese privaten Unternehmer verdrängten.7
vectigalia s i t freilich die Quellenlage sehr beschränkt, z.B. für die vicesima hereditatium und die vicesima libertatis. So bat man hier nicht selten den Schluß, gezogen, mit dem Auftauchen der Prokuratoren oder zumindest mit ihrem vermehrten Einsatz sei auch eine Veränderung in der Erhebungsform der Steuer verbunden gewesen und der Auflösung der societates publicanorum, die Für viele
zum Teil Hadrian, für manche Steuerarten aber auch Traian zugeschrieben wurde, hätte auch eine Beseitigung jeglicher Steuererhebung durch nichtstaatliche Kräfte
ß 2, 1091 ff.; Ürögdi, RE Suppl. XI 1201 f.; Schwahn, RE Vll A 65 ff. 6 Etwa Hirschfeld, Verwaltungsbeamte 478: (unter Hadrian) «mit dem laxen und trägen System der Verpachtung der kaiserlichen Revenuen wird fast gänzlich gebrochen und direkte Bewirtschaftung an ihre Stelle gesetz�. H. Bengtson, Grundriß der römischen Geschichte mit Quellenkunde, München 1967, 345: «Aua der Steuerverwaltung wurden die societate1 publicanorum aUigeschaltet, eine für die Provinzialen sehr heilsame Maßnahme». H. Last, CAH XI 428 (Hadrian). Zwischen Traian und Hadrian schwankt Ürögdi, RE Suppl. XI 1203. Für Traian Boulvert, Esclaves et affranchis im�riaux 276. Zeitlich nicht fvtiert etwa bei F. Miliar, Das römische Reich und seine Nachbarn, Fischer Weltgeschichte Bd. 8, Frankfurt 1966, 94. Siehe jetzt grundlegend P.A. Brunt, Publicans in the Principate, in: Roman Imperial Themes, Oxford 1990, 354 ff.; W. Eck, Provincial Administration and Finances, cap. 7 von Band XI der CAH (im Druck). 7 S. J. de Laet, Portorium, Brügge 1949, 370 ff.; Fr. Vittinghoff, RE XXß 384 ff.
S Z.B. Mommsen, Staatsrecht
Zur Erhebung der Erbscbafts- undFreilassungssteuer entsprochen.S
Für die vicesima
343
htreditatium sei dies unter Traian bereits
geschehen. Lediglich für die XX libtrtatis mußte man diese Umstellung bis zur
Zeit des Septimius Severus verschieben, da erst in seiner Zeit kaiserliche Prokuratoren ernannt worden seien,9 wenn man nicht aus demfiscus libtrtatis et
peculiorum den Schluß zog, bereits unte1: Oaudius sei die Steuer dem Aerarium genommen und voo kaiserlieben Freigelassenen erboben wooJen.10
Beide Behauptungen entbehren freilich jeglicher Evidenz, da methodische
Prämissen verwendet werden, die nachweislich unzutreffend sind. Denn die Ernennung kaiserlicher Prokuratoren bat zunächst überhaupt nichts unmittelbaren Übernahme der Steueretbebung
mit der
durch die staatlichen Organe zu
tun, da zumindest weitgehend, wenn nicht sogar allgemein, etwa die tributa von
den Magistraten der kleineren territorialen Einheiten eingezogen und dann an die staatlichen Hoheitsträger abgeführt wurden. 1 1 In diesem Bereich bedingte also
keineswegs die Ernennung von Prokuratoren auch die Schaffung des
Apparats,
der für eine direkte Steuereinziehung unmittelbar beim Steuerpflichtigen nötig gewesen wäre. Speziell für die vicesima htredilatium und auch für die victsima 8 Hinchfeld, Verwaltungsbeamte 99 f.; P. Kniep, Societates Publicanorum, Jena 1896, 56 f.; Orögdi, RE Suppt. XI 1203; H.-0. Pflaum, Lea procurateun �uestres 1001 le Haut-Empire romain, Paria 1950, SS f. (unter Traian); dera., RE xx:m 1269 f.; Boulvert, Eaclavea 257 f. (Ernennung eines Prokuraton durch Domitian, noch ohne Auswirkung auf die Erbebungsart); 276 (unter Traian direkte Erhebung).
Hirschfeld hatte in Erwllgung gezogen, trotz der Übernahme der direkten Erhebung durch kaiserliebe Funktionire seien bei der XX hereditatium noch Kleinpllchter herangezogen worden wie bei den poT1oria. Damit gewinnt freilich der Begriff «direkte Erhebung», von Kniep (a.o.) 57 ala unmittelbare Beziehung dea Staata zu den Steuerpflichtigen defmiert, eine völlig aode� Bedeutung, die ihm offensichtlieb von anderen Autoren nicht zugewiesen wird. Vgl. zu der Begrifflicbkeit vor allem W. Ooffart, Caput and Colonate, Toronto 1974, 6 ff., der dafUr bedeutsame Klllrungen bringt A. Degrusi, Scritti vari di antichitl, Venedig-Triest 1967, ID 18 geht davon aus , daß in Italien möglicherweise conductores die .socii vicesimae libertali.s abgelöst haben könnten. 9 Einziges datiertes Beispiel ftlr Italien: Lollianua, procurator XX libeT1ati.s unter Septimiua Severua, CIL XIV 5344; dazu Pflaum, Procurateun 92; C�res ll 646. Cll. XI 1308, von Pflaum, Procurateun 92 und Carri�res ID 1034 auf nach 193 datiert, bietet keine chronologischen Hinweise. R. Cagnat, !ltude hiatorique aur lea impOts indirects ches les Romains, Paria 1882, 157 f. und Hirschfeld, Verwaltungsbeamte (hier freilieb schon auf claudiscbe Zeit datiert; vgl. dazu A.H.M. Jones, Studie• in Roman Oovernment and Law, Oxford 1960, 109); 0. Wesener, RE VIII A 2479; Langhammer (Anm. 1 ) 110 achreibt die Einsetzung der procuratores vi ce.simae libeT1ali.s wahrscheinlich «Verwaltungsreform Hadriana• zu. Unacbarf Boulvert, Esclavea 322 f. 10 Zuletzt 0. Wesena-, RE VIII A 2471 ff. 1 1 Vgl. z.B. eine Inscbrift aus Alloa, die den Beachlu8 von Rat und Volk entblllt, keine Steuereinziehet mehr einzusetzen, IOR IV 259 = Inschriften von Assoa, bg. R. Merkelbach, Bonn 1976, Nr. 23, vor allem aber Ooffart, Caput (Anm. 8).
der
344
Zur ErbebWig der Ernscbafts- Wld FreilassWigssteuer
libertatis kann man nun jedoch zumindest in Italien eine gleichzeitige Tätigkeit
privaten Steuererhebem, sogar n i Form der societas publicanorum. für die domitianiscb-traianisd:le Zeit nachweisen. 12 Damit ent fllltl aber aud:l für diesen Funktionsbereid:l jeglicbes Indiz dafür, wann und ob überhaupt jemals eine volle und ausscbließlicbe Erhebung dieser Steuern durch von Prokuratoren und
kaiserliche Funktionsträger erfolgt s i t. Freilich ist damit nichts über die
private Erhebungsgewerbe möglicherweise man nicht ohne weiteres eine Uniformität in
Rechtsform ausgesagt, in der das organisiert gewesen ist, zumal
Italien und den Provinzen postulieren darf. l3 Aber allein schon die theoretische
Frage, woher denn plöezlich die kaiserlid:le Administration das gesamte Unterper
sonal, das bisher
von den Pllcbtem gestellt wurde,
beschafft blUte,
muß
eigentlid:l zu der Schlußfolgerung fUhren, daß weiterhin in irgendeiner Form außerstaatliebe Kräfte beteiligt gewesen sein
müssen. Dabei kann man sieb
keineswegs etwa auf die Position zurückziehen, die ehemaligen Pächter seien mit
ihrem Personal in den kaiserlichen Dienst übergewed:lselt; denn während bei den portoria diese Entwicklung partiell nachgewiesen werden kann, l4 fehlt für die
victsima hereditatium und libtrtatis jegliches Zeugnis und ist auch wegen der wesentlich größeren Zahl von Personal. das zu deren Einziehung flächendeckend in allen Provinzen nötig gewesen sein muß, ganz unwahrscheinlid:l. Sehr punktuell läßt sieb nun in
Ägypten für beide
5%igen Steuerarten das
Fortleben des alten ErbebiDlgssystems aud:l in der Zeit nach Traian bzw. Hadrian nachweisen. In P. Oxy. 2265 ist folgender Brief des Präfekten von Ägypten, Haterius Nepos, an die Strategen von Oberägypten erhalten:15
'Ahepto� Nbt� CJtpannioi� •A[vO> xJctlpa; xmpetv. Toli� 1dpawa'tt'\)tai� ��-no� 12 FUr die XX hereditalium W. Eck. Chiton 5, 1975, 386 ff. und Plin. pan. 39,5; ep. 7,14; fUr die XX libert41is CIL IV 9592b und AE 1964, 239. Zum gesamten Komplex des Steuereinzugs in Italien vgl. W. Eck. Die staatliebe Organisation Italiens n i der hoben Kaiserzeit, MUncben 1979, 1 1 1 ff. 13 D.b. ob in der Form von societales, von Generalpichtern oder auch Kleinplcbtem. Strukturell entscheidend ist lediglich, ob staatliche Funlctionatrlger, die Gehalt bezogen, unmittelbar die Steuern erhoben. 14 Vgl. etwa fUr du portorium lllyrici A. Dob6, Publicum Portorium Illyrici, Budapest 1940 und de Laet, Portorium 384 ff. 1S Publiziert von E.P. Wegener in Bd. XX. 1952. Zum Datum vgl. J. Rea, CdE 43, 1968, 367 f.; ohne jeden Grund siebt die Herausgeberio eine mögliche Ver wandtschaft zwischen Futiua Secundua und einem {---]tius Secundus, der im Jahre 70 proconsul provinciae Sardiniae war; vgl. auch W. Eck, RE Suppt. XV s.v. Futius Nr. 3.
Zur Erhebung der Etbscbafts- und Freilassungssteuer
345
IElCQVVOO'U � 'tO UA.o� 'tflc;l ej,x:oo't'f\c; 'tWV U . .e "Ueept.ci>v �1m cl 1t0t'l\at-te t1'UV A.aß6�ot tv otc; tav 5tx:c4tJ c.OOe-tt,
5
1o
Haterius Nepos to tbe strategi
You
will
do weil to
of the Upper Country greeting. assist, in whatsoever ways you think
proper, the collectors of Futius Secundus, wbo s i concemed
with tbe tax of vicesima libettatis, in order that they may collect in accordance with the law of the vicesima. I wish you farewell. Zweck dieses Schreibens s i t es, die 1tpCX'YJl(l'tt"U'tai des Futius Secundus den Strategen zu empfehlen, und die Zusammenarbeit zu sichern. Die Tätigkeit des Futius Secundus wird mic � tO tV..os 'ti\c; tl.x:oo't'f\c; tWv tk"U9tptci>v 1tp(>t11\1m, umschrieben. Die Herausgeberio hat dies alsprocuraJOrXX libertalis verstanden. Es wäre jedoch erstaunlich, wenn der Präfekt voo Ägypten eine solch unpräzise, vage beschreibende Formulierung statt des üblichen bd'tpon:oc; rlx:oo't'f\c; tk"U9tptci>v verwendet hätte. Noch erstaunlicher wäre es allerdings, wenn überhaupt die Untergebenen eines zumindest sexagenaren ritterlichen Prokurators einer solchen Empfehlung zur Zusammenarbeit mit den Strategen bedurft hätten. Vor allem aber hätte der Ausdruck npayJ.La'tt'Utai eine Warnung vor dieser Interpretation sein mUssen; denn dieser Ausdruck bezeichnet das Personal von Steuereinnehmern und ist im Lateinischen mit dem Begriff actor gleicbzusetzen.16 Unter diesen Umständen haben wir also keineswegs einen ritterlichen Prokurator voc uns, soodern den ersten privaten Steoererlleber, der in Ägypten für die XX libertalis bekannt ist. 17 Dann ist es aber auch verständlich, wenn der Präfekt bei den Strategen eine Empfehlung ausspricht, weil offensichtlich Futius Secundus eben erst seine Tätigkeit angetreten hat; da die Empfehlung an die 16
Dazu vor allem
M. Rostowzew, Geschichte der Stutspacht in der römischen
Kaiserzeit bis Diokletian, Philol. Suppl.
cb:t�
9, 1904, 405.
Efh. VI 2245 ein KO\VO'NfiN t\x:O
1969, 286 ff.
In
AE 1930, 87
=
Inscbr.
Wallace, Taxation in Roman
346
Zur Erhebung der Erbschafts- und Freilassungssteuer
Strategen der WAvro xcbpa ging, darf man schließen, daß Futius Secundus
für
dieses Gebiet zuständig war, woraus sich weiter mit Wahrscheinlichkeit eine regionale Aufteilung der Steuererhebung in Ägypten ergibt. Daß speziell Strategen angeschrieben werden, beruht auf der Tatsache, daß voc diesen üblicher weise die Testamente eröffnet und vor allem lntestaterbflille deklariert wurden. 18
Und gerade testamentarisch bzw. durch testamentarische Fideikommisse wurden Sklaven freigelassen. Um die Steuerpflichtigen, die Erben oder die Freige lassenen, zu erfassen, bedurfte es also einer Zusammenarbeit zwischen dem
Personal der Steuerpächter und den Strategen der einzelnen Gaue. Ob man aus der Tatsache, daß der Präfekt selbst die Empfehlung aussprach, den Schluß ziehen
darf, von ihm sei auch der Vertrag mit Futius Secundus geschlossen worden, ist nicht sicher. aber möglich. Denkbar wäre z.B. auch der Dioikel Diese Zusammenarbeit zwischen kaiserlichen Amtsträgem und privaten Steuerpächtern ist keineswegs singulär. In einem neuen Dokument aus Aphrodisias aus
dem J. 119 n.Chr., aus dem wir eine bisher unbekannte Steuer
auf Nägel kennen, teilt
Hadrian der Stadt Aphrodisias mit. er werde seinem
Prokurator Claudius Agrippinus, offensichtlich dem schreiben, damit dieser sich mit
procurator Asiae, 1 9
dem Publikanen, der für die Provinz Asia die
entsprechende Steuer gepachtet hatte, in Verbindung setze.20 Offensichtlich hatte
dieser auch von den Bewohnern von Aphrodisias die Abgabe erhoben, obwohl sie als Bürger einer freien Stadt in diesem Punkt privilegiert waren.
Noch deutlicher wird jedoch das Zusammenspiel zwischen kaiserlichen Beauftragten und privaten Erbebern aus einem Papyrus, der ins J. 160 datiert x:A.TtpoVOJ.lUDV (= Steuerpächter für die vicesima ist.21 Zwei eh:oa'trovoo.
hereditatium), Valerius Cassius qui et Geminus undAtiniu[s--]ume[--], wenden sich in Ägypten
über den adiutor lulius an den kaiserlichen Freigelassenen
Aelius Epaphroditus. Der kaiserliche Prokurator Cosmus22 hatte ihnen
18 Dazu M. Amelotti, 11 testamento romano attraverso la prassi documentale. I. Le forme classiche di testamento, Florenz 1966, 187 ff. 19 Der mit dem Claudius Agrippinus in PIR2 C 776 identisch sein könnte. 20 Der Text zunächst in Übersetzung bei F. Miliar, Tbe Emperor in tbe Roman World, London 1977, 429. Siehe jetzt J. Reynolds, Aphrodisias and Rome. Documents from tbe excavations of tbe tbeatre at Aphrodisias conducted by Kenan T. togetber witb some related texts, London 1982 (= JRS, monograph. no. 1), 117 ff. Vgl. z.B. auch den procurator Augusti inter mancipes XL Galliarum et negotianlis, D. 1410, der ebenfalls nicht die Erhebung der Zölle leitet. 21 P. Ross. Georg. ll Nr. 26 Amelotti (Anm. 18) 264 f. 22 Nach Boulvert, Esclaves 288 A. 160 ist Cosmua ein Freigelassenenprokurator für die vicesima hereditatium in Ägypten, nach Pflaum, Carri�res m 1086 ein ritterlieber Prokurator der Erbschaftssteuer. Die Begründung von Boulvert, Cesmus werde nur mit Cogoomen genannt, was eher auf einen Freigelassenen als auf einen Ritter hindeute,
Erim.
=
Zur ElbebWlg der Erbscbafts- und Freilassungssteuer
347
mitgeteilt, Testamente sollten im arsinoitischen Gau in Anwesenheit des Aelius Epaphroditus eröffnet werden. Sie bitten nun diesen, er möge damit so lange warten, bis ihre
7tpttyJJ.attutai
D.b. wir 1tptty)J.(l'ttutai
anwesend seien.
Verfahren, wie es oben teilweise bei den
fmden hier ein der XX libertatis
erschlossen wurde. Einerseits Teilhabe eines Vertreters der öffentlichen Gewalt, der aber keineswegs die Steuererhebung selbst durchführt, sondern nur die Voraussetzung der Information schafft, andererseits das Personal von Steuerpächtern, das nach dem Empfang der Information tätig werden kann.23 Möglicherweise wurden dann später die eingenommenen Steuern anband der offiZiellen Unterlagen, der Testamente bzw. der deklarierten lntestaterbfälle, von den kaiserlieben Funktionsträgem kontrolliert. Wie lange n i Ägypten dieses System bestehen blieb, ist beute noch nicht zu sagen. Unmittelbare Beteiligung von kaiserliebem Personal an der Einziehung der beiden genannten Steuern in Ägypten ist bisher nicht belegt, mit einer Ausnahme. Ein kaiserlicher Sklave quittiert die BezahliUlg von 20 Drachmen, die ein ehemaliger Sklave für seine Freilassung der staatlieben Steueradministration zu begleichen hatte.24 Freilieb ist diese Tabula nicht genau datiert, sie könnte
auf Grund der Schrift durchaus bereits in die Mitte des 2. Jh. gebören.25 Allein,
auch wenn diese Datierung voll zulräfe, wäre damit noch keineswegs gesagt, daß ist aber allein ohne Beweiskraft, da auch ritterliche Prokuratoren nur mit dem Cognomen angeführt werden können, so z.B. P. Oxy. XLm 3117 Callistianus, Sucato&S'tl\� &aö. W. KaW. UtV 1\'yEJ.LOvlav (im J. 218/219) und in P. Tebt. ll
287 Crassus, 6 Kpdno� lbto'tfXi'tll'Yioc;, und Severianus, wohl ÖtOlK'I\'tl\c; (um 157/9; Bastianini, 17, 1975, 293); Pflaum, Carri�res m 1086 sieht neben Cosmus auch in einem Geminius Vale[---1 (P. Oxy. Vill 1 1 14) einen ritterlieben
ZPB
procuralor XX hereditalium. Doch ist dies keineswegs sicher; denn Geminius ordnet die Deklaration einer Erbschaft an; genau dieser Vorgang wird jedoch in P. Oxy. xun 3103 (226 n.Chr.} von dem procuralor usiacus Aurelius Terpsilaus angeordnet (vgl. auch P. Oxy. X 1274).
amtlichen
23 Dies könnte auch bei der Eröffnung des Testaments des C. Longinius Castor der Fall gewesen sein, die in der .rtalio vicesimae hereditatium et manumissionum n i der Metropolis des arsinoitiscben Gauea im Jahr 194 vorgenommen wurde, FIRA m2 Nr. 50. Von der Bezahlung der Erbschaftssteuer ist nicht die Rede. 24 P. Mich. Vll 462= CPL 171 = J.F. Gilliam, AJPh 71, 1950, 437 f. = V. Arangio Ruiz, in: Studi Paoli, 1955, 3 f. = FIRA m2 Nr. 10 bis. 25 Der Text wurde von H.A. Sanders in P. Mich. vn 462 ins 4. Jh. datiert, was auch von Arangio-Ruiz in FIRA m2 604 mit Fragezeichen beibehalten wurde. Doch resultiert diese Deutung offensichtlich nur daher, daß der Erstherausgeber XX sol(i)d(i) gelesen hatte. Da jedoch die Lesung nunmehr hinfällig ist (vgl. FIRA m2 10 bis}, gibt es aus dem Text heraus selbst kein chronologisches Kriterium mehr. Nach einer freundlichen Mitteilung von Herrn D. Hagedorn ist das Dokument wegen des Schriftcharakters auf keinen Fall dem 4. Jb. zuzuweisen, eine Datierung etwa in die Mitte des 2. Jh. scheint durchaus möglich.
348
Zur ErbebWlg det Etbschafts- Wld Freilassungssteuer
die privaten Steuererneber bereits aus dem Geschäft ausgescbaltet gewesen waren. Denn det Sklave wurde nicht testamentarisch freigelassen, sondern per vindictam vor dem Präfekten. Dann war es durchaus im Sinne administrativer Logik und Rationalität gewesen, wenn unmittelbar nach dem FreilassWlgsakt auch die 5%ige Steuer von einem untergeordneten Funktionsträger ernoben wurde. Die weit schwieriger zu erfassende Steuer bei testamentarischen Freilassungen, die wohl die Hauptmasse darstellten, war vermutlich weiter
den privaten
Steuer
erhebern überlassen.
Die administrative Entwicklung Ägyptens verläuft sicher nicht absolut parallel zu der in anderen Reichsteilen. Doch wenn sogar in diesem Land mit seiner weit dichteren staatlichen Überwachtmg tmd Erfasstmg noch nach der Mitte des 2. Jh. nachweislich für die Erhebung det Erbschaftssteuer von den römischen Bürgern auf das System der privaten Steuereintreiber zurückgegriffen wurde, sollte man sich hüten, in anderen Provinzen oder gar in Italien das En.de dieses Systems zu postulieren, nur weil keine unmittelbaren Zeugnisse von «Publikanen» auf uns gekommen sind. Dabei sollte
man
sich bewußt sein, daß
im
Kernland des
Reiches auch während des gesamten ersten Jahrhunderts von privaten Steuererbebern
für die XX hereditatium nichts verlautet, also in einer Zeit, die
relativ gut dokumentiert ist, epigraphisch und histOO.ographiscb. Nur Plinius um das J.
100 n.Chr. läßt durch seinen Panegyricus und epist. 7,14 keinen Zweifel,
daß sie und nicht etwa staatliche Funktionsträger für den Steuereinzug zuständig waren.
Man
sollte also davon ausgehen,
daß
zumindest noch weit ins
2. Jb.
hinein, möglicherweise sogar bis zum Verschwinden der beiden private Steuererbeber unter
vicesimae, der Kontrolle kaiserlicher Funktionäre die für den
Staat notwendige Tätigkeit ausgeübt baben.26 Somit entfällt auch jede Berechtigung, Hadrian, oder auch bereits einem seiner Vorgänger, die Aufhebung der societas publicanorum im Sinne einer weitgebenden unmittelbaren Erhebung
der beiden vectigalia durch staatliche Funktionsträger (Prokuratoren, kaiserliebe Freigelassene Wld Sklaven) zuzuschreiben.
26 Vgl. allgemein aucb P. Brunt bei A.H.M. Jones, 1be Roman Bconomy, Oxford
1974, 167 A. 89 und 180 ff.
DIE EINRICHIUNG DER PROKURATIJR DER llll PUBLICA AFRICAE ZU EINEM METIIODISCHEN PROBLEM Administrative Vorgänge
des römischen Reiches waren nur selten ein Thema
für die antike Historiographie. Wenn mit der Einrichtung bestimmter Funktions stellen keine i
lichen Administration zu erschließen. Außerhalb Ägyptens bieten dabei,
mit
wenigen Ausnahmen, fast nur lateiniS<:he und griechische Inschriften die notwendige Materialbasis, die freilieb sehr häufig äußerst ungenügend ist. Die Zufailigkeit dieser Überlieferung bringt besondere Probleme bei der Frage nach der erstmaligen Einrichtung eines Amtes mit sieb.
Denn es wäre höchst
auffälg li , wenn, bei sehr sporadischer Übedieferung, gerade das fiiiheste bekannte Zeugnis zeitlich mehr oder weniger genau mit der Einrichtung einer neuen Funktionsstelle zusammenfiele.2 Nicht selten ist freilich dieser Zusammenbang in der ForS<:bung hergestellt worden und manche Deduktionen über den Beginn ritterlieber Prokuraturen beruhen auf solchen Schlußfolgerungen. Als Beispiel mag die Prokuratut für die 1111 puolica Africae dienen. Diese Zusammenfassung von vier verschiedenen staatlieben Abgaben in Africa3 soll, und dies war bereits die Meinung von Rostovtzeff, durch Hadrian einem ritterlieben Prokuratoc übertragen worden sein, während v<Xher kaiserliebe liberti, die allerdings ebenfalls procuratores genannt
wurden, die privaten Zoll- und
Steuereinnehmer überwacht bätten.4 Der Datierung von Rostovtzeff haben sieb
de Laet und Pflaum und jüngst M.P. Pavese angescblossen.5 Grundlage für die
1 Vgl. W. Eck, Die staatliche Organisation Italiens in der hohen Kaiserzeit, München 1979, 4 f. 2 Sehr skeptisch dazu P. Brunt, JRS 73, 1983, 68 f. Da.8 aus einer nichtliterarischen
Überlieferung sich unmittelbar die Einrichtung eines Amtes ergibt, ist höchst selten. Dies ist z.B. beim Archiereus in Ägypten der Fall: G.M. Parusoglou, ZPE 13, 1974, SB Xll 11236; vergleichbar ist der Fall der Hispania nova citerior unter 21 ff. Caracalla (CIL n 2661 D. 1157; ll 5680). 3 Dazu S.J. de Laet, Portorium, Brügge 1949, 247 ff. 4 M. Rostovtzeff, Geschichte der Staatspacht in der römischen Kaiserzeit bis Diokletian, Leipzig 1902, 402 f. S de Laet, Portorium 389 ff.; H.-0. Pflaum. Lea procurateurs 6questrea aous le Haut Empire Romain, Paria 1950, 61. M.P. Paveae, L. Caninius Valens, procurator 111/ publicorum Africae, Epigraphica 45, 1983, 227 ff. =
=
DieEinrichtung der Prokuratut der nn publica Africae
350
Datierung war wesentlich die Lautbahn des T. Eppius Latinus, der unter Hadrian
procurator Aug. ad census accipiendos in einer unbekannten Provinz war und anschließend, also entweder unter Hadrian odec kurz darauf, die Zustilndigkeit für die IIIIpublica Africae übertragen erhielt6
Außa' ihm sind nur noch vier weitere Inhaber dieser Funktion bekannt, wovon drei etwa in die Zeit Mare Anreis bzw. die des Septimius Severus datiert Wel'den i s Valens, schien sich bisher einer näheren können.7 Der vierte, ein L. Caninu i ierung zu entziehen.& chronologischen Fx Jüngst wurde jedoch von M.P. Pavese dieser Prokurator, wenn auch mit einer
gewissen Unsicherheit, der Regierungszeit Hadrians zugewiesen.9 Die
«Kriterien» gewann Pavese einerseits aus der für ibn offensiebtlieb unbezweifel
baren Einrichtung der Prokurator durch Hadrian und andererseits aus der Tatsache,
daß
die verzierte Grabstele aus Turin, auf der dieser Aufgabenbereich des
Caninius Valens genannt ist, von Dütschke, der eine Sammlung antiker Bild werke in Oberitalien, Aorenz und Pisa vorgelegt hatte,10 der ersten KaiSeJ"Zeit zugewiesen worden war. 1 1 Aus der Kombination beider Kriterien: Einrichtung
der Prolrur:atur unter Hadrian und «frühe» Datierung des Monuments ergab sich
für Pavese, daß L. Caninius Valens «dovrebbe quindi essere dubitativamente inserito in uno dei primi posti nell'elenco cronologico dei procuratores IIII publicorum Africae attualmente noti, con riferimento al principato di Adriano».l2 i t allerdings diese Argumentation nicht akzeptabel. Von der Methode her s Denn zwei nicht näher fundierte und damit unsichere Kriterien, die zudem einem ganz unterschiedlichen Typus von Quellenmaterial entnommen sind, können nicht in Kombination, angeblich einander stützend, he1'angezogen wel'den, da auf diese Weise die Unsicherheit ja im Gegenteil vermehrt wird. Vielmehr müssen
die Kriterien für sich betrachtet und daraus unabhängig von einander Ergebr$se erreicht werden.13
6 CIL m 3925
D. 1408. 7 Siehe H.-G. Pflaum, Lea cani�res 6questrea soua le Haut Empire Romain, Paris 1960, m 1093. 8 CIL V 7547 D. 1407; vgl. Pflaum, Cani�res 1093. 9 Pavese, Epigraphica 45, 1983, 229 tt. 10 H. DUtschke, Antike Bildwerke in Oberitalien IV, Leipzig 1880, 14 f. 1 1 Ein Photo dieser Stele wurde von der Soprintendenza archeologica n i Turin dankenswerterweise zur VerfUgung gestellt 12 Pavese, Epigraphica 45, 1983, 231. 13 Bei der Kombination unsicherer Kriterien ist olmlieh nicht nach dem Prinzip: 1/2 1 zu verfahren, vielmehr umgekehrt: 1/2 x 1/2 114! + 112 =
=
=
=
Die Einrichtung der Prolcuratur der nn publica Africae
351
Zunächst einmal besteht für die Einrichtung der Prokurator der 1/II publica Africae durch Hadrian keinerlei Hinweis in den Quellen. Dies ist für die gesamte ritterliche Administration nichts Ungewöhnliches. Bedenkt man die sehr geringe Zahl der bekannten Inhaber dieser Stelle, so liegt es in keiner Hinsicht nahe zu vermuten, T. Eppius Sabinus gehöre unmittelbar in die Zeit der erstmaligen Besetzung der Prokurator. Für Sizilien z.B., wo bereits für die augusteische Zeit aus Plutarch zwei Prokuratoren für das Privatvermögen des Augustus und für die neronische Zeit Caecilius Junior durch Seneca in derselben Funktion bekannt sind, stammt der erste e p i g r a p h i s c h bezeugte Prokurator etwa aus dem Jahr 102, also weit mehr als 100 Jahre, nachdem diese Funktion besetzt wurde.14 In Macedonia, wo wohl ebenfalls seit augusteischer, zum.indest aber seit clandiseher Zeit mit einem Patrimonialprokurator zu rechnen ist, gehört das früheste zur Zeit publizierte Zeugnis in die Jahre um 165 n.Chr.15 Eine Datierung für L. Caninius Valens läßt sich nur aus dem Dokument gewinnen, daß ihn bezeugt Es handelt sich dabei um eine fast zwei Meter hohe Stele, die im oberen Teil eine Nische mit einer männlichen Porträtbüste aufweist; der Porträtkopf ist freilich verloren, so daß daraus nichts für die Datierung zu gewinnen ist. Unterhalb der Nische findet sich folgende Inschrift: 16 L. Caninio P. f. Valenti procuratori 1111 publicor. Africae
P. Caninius C. f. pater sibi et filio v. f.
Unterhalb dieses Textes ist noch Raum für etwa vier Zeilen frei, der jedoch nicht beschrieben wurde.
Während Dütschke nur allgemein eine Datierung in «die erste Kaiserzeit» vornahm und sich dabei zum Vergleich auf Monumente aus Rom und Ravenna berief,17 ist eine TUbinger Dissertation von Hermann Pflug, die sich mit diesem 14 Pflaum, Carriues 1044. 15 Pflaum, Carri�res 1070. Ein noch unpublizierter Text aus Makedonien bezeugt jetzt
einen lunius Valerianus als Prokurator der 1111 publica lifricae unter Hadrian. Die Inscbriti wird von G Souris publiziert werden, der mir dankenswerter Weise davon Kenntnis gab. 16 CIL V 7547 D. 1407. 17 DUtscbke, Bildwerlee 15. ..
=
352
Die Einrichtung der Prokuralur der liD publica Africae
oberitalischen Stelentypus befaßt hat, zu einer größeren zeitlichen Einengong gekommen. Der Dekor der Stele weise, wie mir Herr Pflug dankenswerter Weise brieflich mitteilte,lB auf die claudisch-neronische Zeit hin. BetUcksichtige man eine für oberitalische Verhältnisse nicht Wlgewöhnliche Retardierung ..., komme man vielleicht bis ins beginnende letzte Drittel des 1. Jh.s n.Chr., weiter jedoch nicht Somit ist festzuhalten, daß, rein von den archäologischen Kriterien her, die sich zudem aus dem gleicbartigen r e g 1 o n a 1 e n Material ergeben, eine Datierung der Stele des Caninius ins 2. Jh. nach unserem heutigen Wissen auszuscheiden bat. Die Inschrift selbst enthält kein unmittelbar datierendes Element. gibt jedoch einen nicht unwichtigen Hinweis, Der Sobn, der kaiserlicher Prokurator gewoolen war, wurde vom Vater, der ihn überlebte, bestattet Währendjedoch der Sohn neben der Flliation auch ein Cognomen trägt, wird beim Vater nach Praenomeo und Gentilnomen nur die Filiation angegeben, nicht jedoch der Beiname. Dieser kann nicht etwa aus Platzgründen weggefallen sein, da noch genügend freier Raum zur Verfügung stand. Der Name ist vielmehr vollständig wiedergegeben, was auch die eigentlich ungewöhnliche Nennung der Filiation beim Vater zeigt. Will man nicht mit einem zufälligen, etwa durch den Steinmetzen verursachten Weglassen des Cognomens rechnen, dann weist auch dieser Umstand auf das 1., nicht das 2. Jh., wobei die claudisch-neronische als
späteste Datierung wahrscheinlichez ist als die flavische.l9 Diese unabhängig voo einander gefundeuen Kriterien aus dem archäologischen und aus dem epigraphischen Befund legen es damit nahe, die Grabstele des L. Caninius Valens noch ins 1. Jh. zu setzen und zwar am ehesten n i die spätere Phase der julisch-claudischen Dynastie, ohne daß die Zeit der Flavier damit ausgeschlossen ist Trifft diese Argumentation das Richtige, dann ergibt sich, daß die Prokuratue für die Illl publica Africae ebenfalls bereits in dieser Epoche existiert haben muß, nicht aber erst von Hadrian geschaffen wurde. Zu fragen ist. ob eine EinrichtlDlg dieser Prokuratue irgendwann im Verlauf des 1. Jb.s der sonstigen Entwicldung vergleichbarer ritterlicher Dienststellungen widerspricht oder ob sie damit in etwa konform geht. Zwei Hinweise mögen genügen. Lange Zeit hatte man angenom11 Briefliebe Mitteilung vom 30.6.1985. Auch H. Gabelmann (Bonn) darf ich hier danken. mit dem ich brieflieb die Probleme dieaea Monumeoll besprechen konnte. Siebe jetzt H. Pßug, ROmlache Portrltstelen in Oberitalien. Unterauebungen zur Chronologie, Typologie und Ikonographie, Main.z 1989, 287 Nr. 326. 19 Vgl. dazu die letzte Bemerkung von I. Kajanto, in: L'onomutique Latine, Paria 1977, 69.
Die Einricbtung der ProlcurabJr der nn publica Africae
353
meo, die Existenz von Publilcaneo, insbesondere in der Form einer societas, sei nicht mit dem Wirken eines ritterlichen Proknrala's zu vereinbaren.20 Gttade für Italien aber, das als reines Bürgerland besondere Rücksichtnahme erforderte, lassen sich jedenfalls für die flavische Zeit, und zwar bereits für Vespasian, ritterliche Prokuratoren für die XX libertatis und für die XX hereditatium nachweisen,21 obwohl diese Steuern noch von privaten Steuerpächtem, die sogar n i der Form einer societas organisiert waren, eingezogen wurden. Ob erst Vespasian diese Prokuraturen geschaffen hat, odec ob sie bereits vor ihm vorhanden waren, läßt sich nicht beweisen. Immerbin ist die Vermutung wohl berechtigt, die beiden Prokuraturen könnten als eine Folge der massiven Proteste von Abgabenpflichtigen gegen die Willkür der privaten Steuer- bzw. Zolleinneh mer im 1. S8 n.Chr., wie sie Tacitus eindrücklich beschreibt, eingerichtet wor den sein. Denn Nero hatte zunächst aufdie Beschwerde hin, so jedenfalls Tacitus, alle derartigen Abgaben aufheben wollen. Erst senatorische Intervention habe ihn davon abgehalten. Doch war die Folge der Proteste zumindest eine verschärfte Aufsichtspolitik gegenüber den Publikanen, die z.B. gezwungen wurden, die Zolltarife zu publizieren.22 Dann aber ist zumindest die Vermutung erlaubt, Nero und seine Ratgeber hätten auch für eine genauere Kontrolle der Steuer- und Zolleinnehmer vor Ort gesorgt23 Womit automatisch verbunden gewesen wäre, andere als die praefecti aerarii militaris mit dieser Aufgabe zu betrauen. Denn diese senatorischen Amtsträger waren notwendigerweise an Rom gebunden. Was aber vielleicht für Italien notwendig erschien, mochte auch für die Provinz Africa adäquat gewesen sein. Beweisen läßt sich also ein Zusammenbang der Einrichtung der Prokuraturen für die /Ill publica Africae, für die XX libertatis und XX hereditatium mit den Vorkommnissen des Jahres 58 nicht; eine gewisse Wahrscheinlichkeit aber besteht durchaus. Unabhängig davon aber ist, wenn die oben angeführten Argumente zutreffen, von der Existenz eines ritterlichen procurator Illlpublicorum Africae spätestens in der frühflavischen Zeit auszugeben.
20 Vgl. z.B. G. Boulvert, Eaclavet et affranchil imperiaux sous le Haut-Empire romain. Role politique et adminutratif, Neapel 1970, 133 ff. 276 ff. 322 f.; Rostov
tz.eff, Geschichte der Staatspacht 403; Pflaum, Procurateurs 55; ders., Carri�res I 314.
320. 21 CIL IV 9592; W. Eck, Chiron 5, 1975, 365 ff. (• AE 1973, 485); ders., Staatliche Organisation 129 ff. Siehe jetzt auch allgemein P. Brunt, Publicans in the Principate, in: Roman Imperial Themes, Oxford 1990, 354 ff. 2 2 AE 1964, 239; Eck, Staatliche Organisation 114 f. Vgl. jetzt auch H. Engelmann- D. Knibbe, Du Zoll&esetz der Provinz Asia, EA 14, 1989. 23 Tac., ann. 13,50 f.
354
Die Einrichtung der Prokura1ur der llll publica Africae
Damit verstärkt sich immer mehr dtt Eindruck. daß wir bereits erheblich früher mit mehr ritterlichen Amtsträgem zu rechnen haben, als etwa den Ausführungen und Aufstellungen H.-G. Pflaums entnommen werden 1cann.24 Die hadrianische Regierungszeit war dabei offensichtlich nicht die große Umbruchsepoche.
24 Zuletzt H.-0. Pflaum, Abr�g� des procurateurs �uestres, Paris 1974, 9 ff. Irrigerweise wird dort allerdings S. 12 ebenso wie bei Plaum, Procurateurs 42, der durch Claudius eingesetzte Prokurator für die stadtrömischen Wasserleitungen (Frontin, .aqu. 105,2) angeführt; denn dieser war durchaus zunächst kaiserlicher Freigelassener. Für das Problem des «ritterlichen• Anteils an der Administration ist diese Funktion dami t zunächst irrelevant. Vgl. zu der Frage auch W. Eck, Cambridge Ancient History Bd. XI, cap. 6 (im Druck).
TERMINATIONEN ALS ADMINISTRATIVES PROBLEM: DAS BEISPIEL DER NORDAFRIKANISCHEN PROVINZEN Prosopagraphische Studien der Amtsträger einer Provinz sind keine Dar stellung der Verwaltung dieser Reichsteile - obwohl die Titel solcher Studien manchmal einen derartigen Eindruck erwecken. 1 Dennoch können Werke dieser
Art bisweilen Spezifika statthalterlieber Tätigkeit deutlieb werden lassen, vor allem dann, wenn alle für die römischen Amtsträger aussagekräftigen Dokumente
im Wortlaut wiedergegeben werden. Aufschlußreich ist etwa das Buch von
A. Jagenteufel über die Provinz Dalmatien.2 Beginnend mit dem dritten be kannten Legaten P. Comelius Dolabella erscheint eine Fülle von Dokumenten,
in denen während des 1. Jb.s n.Cbr. von Grenzstreitigkeiten zwischen verschie denen Städten bzw. Stämmen und von Grenzfestsetzungen durch den Statthalter sowie seine Untergebenen die Rede ist.3 Ohne diese ausschließlieb inschriftlieb
überlieferten Texte wäre die Dokumentation der legati Augustipropraetore dieser Provinz wesentlich eingeschränkter. Mit den in den Terminationsinschriften erwähnten Maßnahmen fassen wir ohne Zweifel eine typische und wichtige Funktion aller römischen provinzialen
Amtsträger, vornehmlich der Statthalter.4 Somit ist es auch fast selbstver
ständlich, daß wir für fast alle Provinzen derartige Zeugnisse besitzen, so z.B. für Lusitanien,5 die Baetica,6 die Tarraconensis,7 für Macedonia,8 Thracia,9
1 Es sei als Beispiel nur auf A. Dob6, Die Verwaltung der römischen Provinz Pannonien von Augustus bis Diocletianus, Amsterdam 1968 verwiesen. 2 A. Jagenteufel, Die Statthalter der römischen Provinz Dalmatien von Augustus bis Diokletian, Wien 1958. 3 FUr Cornelius Dolabella (Jagenteufel Sp. 12 f.) finden sich zwei solcher Texte, für Volusius Saturninus (Sp. 17 ff.) vier, fUr Arruntius Camillus Scribonianus (22) einer, für Calpurnius Piso (Sp. 28 f.) einer, fUr Ducenius Geminus (Sp. 39 f.) zwei, für Pompeius Silvanus (Sp. 43) einer. 4 Vgl. z.B. Mommsen, Staatsrecht n3 993 ff.; A. Aicbinger, Grenzziehung durch kaiserliche Sonderbeauftragte in den römischen Provinzen, ZPE 48, 1982, 193 ff. 5 AE 1954, 88. 6 AE 1913,3; nach G. Alföldy, Fasti Hispanienses, Wiesbaden 1969, 166 f. könnte Iutius Proculus den verstorbenen Prokonsul ersetzt haben; nach A. Aichinger, ZPE 48, 1982, 199 handelte es sieb möglicherweise nicht um einen senatorischen Sonderbeauftragten, sondern vielleicht eher um einen untergeordneten iudex, eine Funktion, die oft auch von centuriones übernommen wurde. Dies ist jedoch auszuschließen, da der Spruch eines solchen Richters kaum direkt vom Kaiser besätigt t wurde, sondern zuvor eher an den Statthalter gegangen wllre. Bestätigung der
Tenninationen als administratives Problem
356 Achaia, 10
Asia,ll Pamphylia, 12 Galatia13 und Syria, 14 um nur einige davon
zu nennen. Betrachtet man diese Zeugnisse
im
Kontext dessen, was
an ad
ministrativen Maßnahmen, vornehmlieb von Statthaltern, auf Inschriften Oberliefert ist,
dann könnte der Eindruck entstehen, Terminationen seien eine
sehr zentrale Tätigkeit römischer Amtsträger gewesen. Dabei istjedoch zu beach ten, daß uns beute die Bedeutung solcher Maßnahmen überproportional groß erscheinen kann. Denn die Überlieferung dürfte Dokumente, auf denen von solchen Maßnahmen berichtet wird, begünstigt haben. Einmal wurden Grenzfest setzungen zumeist durch eine Mehrzahl von Inschriften, oft sogar durch sehr viele, fixiert. da oft sehr lange Grenzen markiert werden mußten; damit war die
Chance des Überlebens wesentlich größer als bei anderen, auf Inschriften zumeist
nur einmal dokumentierten administrativen Akten.15 Zudem wurden Termi nalionsinschriften zumeist auch weit außerhalb von menschlichen Siedlungen gesetzt, wodurch wiederum die Möglichkeiten einer Vernichtung in der
nachfolgenden Zeit verringert waren.1 6 Hinzukommt, daß Grenzfestlegungen natürlich dauerhafte, siebtbare Zeichen erforderten, während sehr viele
ad
ministrative Akte Oberhaupt keiner solchen Dokumentation bedurften. Bezieht
Entscheidung einea Statthalten bzw. Sonderbeauftragten durch den Kaiser ist dagegen üblich. 7 CIL n 4125; auch AB 1952, 122 könnte sich m.E. auf einen Grenzstreit zwischen
den Olossitani und lndicetani beziehen. 8 SEG 24, 486 AB 1965, 206; CU. m 1463 0. 1046; AE 1924, 51; A. Aichinger, AV 30, 1979, 629 W. Eck, ZPB 42, 1981, 240 f. M.B. Hatzopoulos L.O. Loukopoulou, Morrylos, cite de la Crestonie, Athen 1989, 58 Anm. 1. 9 IGBulg 1455. 1472; AB 1979, 552. 10 IG IX 1,61; CIL m 586 0. 5947a (oder zu Macedonia gehörig). 11 AB 1933, 123 .. I. Bph. Vll 2, 3506. 3507-12. 12 G.E. Bean, AS 9, 1959, 84 ff.; IGR ill 335; L. Robert, Hellenica 11/12, 1960, 596. 13 OGIS ll 538. 14 AE 1939, 178; vgl. F. Miliar, The Roman Near East, London 1993, �35 tf. 15 So kennen wir von den Grenzsteinen des Antius Rufmus inter Mouos et Thraces inzwischen mindestena 9 Exemplare (A.ichinger, ZPE 48, 1982, 198; AE 1985, 729. 730. 733; Tycbe 2, 1987, 20); von der Grenzziehung des Minicius Natalia gegenüber den Musulamü sind mindestena 4 Steine erbalten (PIR2 M 619). von der des Rutilius Gallicus zwischen Lepcis Magna und Oea immerhin zwei (AE 1979, 648 f.). Ähnlich sind von einer Grenzregelung in Pamphylien (für Sagalassus und Tymbrianassus) fünf Steine auf uns gekommen (G.E. Bean, AS 9, 1959, 84 ff.; L. Robert, Hellenica 11112, 1960, 596). Vgl. z.B. die Grenzsteine am Tiberufer in Rom mit den jeweilig zahlreichen Exemplaren: J. Le Gall, Le Tibre, ßeuve de Rome dans l'antiquitl, Paris 1953, 149 ff., Ihnliebes Jilt von den Grenzsteinen entlang den Seitenstreifen der Wasserleitungen, die nach Rom ftlhrten. 16 Siebe dazu zahlreiche Beispiele in den Akten des von L. Gaspenni 1989 organisierten Convegno «lacrizioni rupestri di etl romana in ltaliu, Rom 1993. =
=
=
=
=
357
Terminationen als acbninistratives Problem
man diese Überlegungen ein, dann vermindern sich ohne Zweifel die Aussagefähigkeit und das Gewicht dieser Zeugnisse im Gesamtzusammenhang der Provinzialadministration. Dennoch darf man davon ausgeben,
daß viele
Statthalter mit Fragen der Grenzfestsetzung konfrontiert wurden, V<X" allem dann, wenn davon mehr als ein Gemeinwesen. sei es eine
Stadt, eine civitas oder ein
St.amlll. betroffen war.
Gerade in den Provinzen, in denen vorrömisch wenig feste staatliche Organisa
tionsstrukturen bestanden oder in denen Menschengruppen nicht seßhaft waren, vielmehr ein nomadisches Leben führten, mußten Grenzfragen beim Prozeß der stärleeren Verfestigung der Territorialstrukturen, d.h. insbesondere der Fixierung
Stadtterritorien, der Besitzrechte und den damit verbundenen Fragen der Steuerleistung, häufiger zu Problemen führen.l7 Aus dieser Konstellation heraus von
ist es nicht auffallend, daß wir gerade für die afrikanischen Provinzen Roms, von
der Proconsularis bis zur Mauretania Tingitana, vor allem jedoch aus Numidien zahlreiche inschriftliebe
Texte erbalten haben, die Terminationen unterschied
lichster Art betreffen. Aus dem sehr weit gefächerten Fragenkomplex, der sieb daraus fllr das Verwaltungshandeln römischer Statthalter ergab, soll hier nur eine Frage etwas näher untersucht werden, nämlich die Beteiligung der Kaiser, soweit sie sieb in der Formel ex auetorilote Augusti niedergeschlagen hat.18
Nicht in jeder Inschrift, in der von der Festlegung der Grenzen etwa zwischen zwei Städten oder der Errichtung von jeweilig regierende
tennini berichtet wird, erscheint auch der in manchen Fällen über den
Kaiser. Vielmehr entscheidet
Verlauf einer Grenze der Statthalter allein; zumindest ist häufig dem Text keine kaiserliche Intervention zu entnehmen. So sind die Terminationscippi des Territoriums von Sigus ganz lapidar in folgender Weise formuliert: ex auct(orila
te) P. Cassi Secundi leg(ati) Aug(usti) a(ger) p(ublicus) Sig(uitanorum).l9 Ähnlich lauten die Inschriften auf Grenzsteinen vom Territorium der
Stadt
ex edictu bzw. decreto P. Comeli Dolabellae leg(ali) pro praetore determinavit S(ervius) Titius Geminus pri(nceps) posterior Corinium in Dalmatien:
17 Siebe etwa zuletzt A. Gutsfeld, Römische Herrschaft und einheimischer Widerstand in Nordafrika. Militärische Auseinandersetzungen Roma mit den Nomaden, Stuttgart 1989, 167 f. zu den Musulamü. lB Vgl. dazu schon z.B. Mommsen, Staatsrecht n3 994; Aicbinger, ZPE 48, 1982,
193 ff.
1 9 CIL VID 19132 ff ., D. 5977. 5977a. .
Terminationen als administratives Problem
358
leg(ionis) VII inter Neditas et Corinienses.20 Weitere
anführen.21
Beispiele ließen sich
Doch bei der Mehrzahl aller Terminationsbandlungen vor allem in Nordafrika
wird in den epigrapbiscben Texten aucb der Kaiser erwähnt. in unterscbiedlichec Form. Uns sollen hier nur die Inscbriften interessieren, die aus den nordafrikani schen Provinzen, vornehmlieb aus Numidien stammen und ein gemeinsames
Merlemal aufweisen. Sie begiimen nämlich fast ohne Ausnahme mit der Formel:
ex auetoritate imperatoris ... Dies ist z.B. der Fall auf zwei Grenzsteinen aus Tripolitanien, die von Ginette di Vita-Evrard 1979 publiziert wurden: Ex
[auetoritau I]mp. Ves[pasiani Caes]aris Aug. p.p. pon[t. max. trib.] potest. V, imp. XIII, c[os. V dtsig. VI] Q. lulius Cordituu [C. Rutilius Galli]cus ltg. Aug. pro (pr. eos. pont.] lim.item inter Le[pcitan.os et Oeen]ses derexit.22 Andere Grenzsteine desselben kaiserlieben Legatenberichten von der Feststellung der Grenze zwischen Africa vetus und nova, ebenfalls ex auct. n i diesen Fällen wurde Rutilins
imp. Vespasiani;
Gallicus von Sentius Caecilianus, Legaten der
legio m Augusta, unterstützt.23 Vergleichbare Terminationen kennen wir- und zwar ausscbließlicb im Gebiet
der späteren Provinz Numidien -aus den Regierungszeiten von Titus, Domitian, Traian und Hadrian.24 Auf die Formel ex
auetorirate
des Kaisers folgt die
Nennung des Statthalters mit der näheren Cbarakterisierung des Vorgangs, so
Aeilius Strabo Cl[od]ius Nu1111s1W leg. Au[g.] pr. pr. inter Musul(am.ios) et Madaurens(es).25 Etwa 10 Jahre früher war es bereits z.B. aus dem J. 116: L. einmal
zu
einer Regelung zwischen den beiden Beteiligten gekommen:
Minicius Natalis leg. Aug. pro pr. inle[r] Madaurenses et Musulam.i[os], auch in diesem Fall ex auetorirate imp. Nervae Traiani Caes. Aug. Germaniei Dacici. 26 Eine Speziflzierung, worin näherhin und konkret die auetoriras des
L.
Kaisers bestand, wie sie sieb geäußert bat, wird nicbt gegeben. 20 CIL ID 9973 = D. 5953 • Jagenteufel (o. Anm. 2} Sp. 12; AE 1910, 80. 21 cn. n 4125; m 8472 - o. 5948; 2882; 12794 ,. o. 5952; vm 8369 • o. 5961;
AE 1919, 14; 1941, 81; 1965, 1 f. 22 G. di Vita-Evrard, Quatre lnJcriptioDI du Diebel Tarhuna: le territoire de Lepcis Magna, Quad. Arch. Ub. 10, 1979, 67 ff. AE 1979, 648 f. 23 CIL VIII 23084. 25860. 25967 D. 5955; AE 1912, 148-151; 1936, 28; 1939, 31. 24 Siehe B.E. Thomuaon, Die Statthalter der rOm.iJcben Provinzen Nordafrikas von Augustus bis DiocletianUJ, Lund 1960, ll 154 (der Name du kaiserlichen Legaten müßte, wenn es sich um einen Grenutein handelt, mit per erglnzt werden). 156 (e.x auetorirate müßte erglnzt werden}. 158. 162. 163. 165. 166. 168. 255. 2S ILAlg 1 2829; vgl. 2939 bil 2989; cn. vm 28073 b o. 5958 b. 26 CIL vm 28073a .. D. 5958a; vgl. PIR2 M 619. •
=
=
Tenninationen als administratives Problem
359
Auszuschließen ist von vorneherein. daß es sich bei ex auetorirate um eine Formel bandein könnte, die entweder nur allgemein eine generelle kaiserliche Kompetenz bezeichnen wUrde27 oder eine spezielle zur Regelung von Ter minationsfragen. Das erste ist ausgeschlossen, weil sonst diese Formel aucb bei vielen anderen administrativen Handlungen erscheinen wUrde; das zweite aber wäre eine unmögliche Verengung dieses Begriffs. Vielmehr muß ein konkretes Handeln des Kaisers selbst dahintergestanden babeD.28 Deutlieb ergibt sich dies z.B. aus zwei Texten, die beide aus badrianiscber Zeit stammen und in der Provinz Mauretania Caesariensis unter dem Prokurator C. Petronius Celer formuliert wurden. In einem Text werden u indulgelllia ... Hadriani Aug. jines adsignali genli Numidarum per C. Petronium Celeremproc. Aug. pro(vinciae) [Maur. C]aes[ariens].29 Im anderen Text beißt es: u au[ctor]italt ... Hadriani Aug. p.p. p.m. tr.pot. XX[I] cos. 111 procos. ... termini pos. i[n]ter Regienses et saltum Cu[...] per C. Petronium Celertm proc. Au[g.].3° Die Anweisung von Ackerland an die gens Numidarum durch Petronius Celer erfolgte, nachdem Hadrian als beneficium ein bestimmtes Gebiet in der Provinz Mauretania Caesariensis zur Verfügung gestellt hatte; es muß also eine konkrete kaiserliche Entscheidung aus Rom an den Statthalter gegangen sein. Bei der völligen Parallelität der beiden Texte hat dies dann auch für die ex auctoritale Hadriani erfolgte Setzung von Grenzsteinen zu gelten. Die Frage ist nur, in welcher konkreten Fom dies erfolgte. Die termini wurden zwischen dem Gebiet der Regienses und einem saltus Cu[...] gesetzt; möglicherweise war dieser saltus kaiserlicher Besitz, doch spielt das in unserem Zusammenhang keine Rolle. Dies zeigen viele Beispiele von Teminationen aus Numidien oder aucb aus anderen Provinzen, in denen zwei Gemeinden bzw. eine Gemeinde und Privatpetsmen,31 aber nicht der kaiserliebe Fiscus beteiligt waren und dennoch die Formel ex auetorirate ... erscheint. Vermutlich war es zwischen den Eigentümern beider Territorien, den Regienses und dem des saltus Cu[... ], zu einem Streit gekommen, der von den beiden 27 In diesem Sinn wohl z.B. von G. di Vita-Bvrard, Quad. Arch. Lib. 10, 1979, 8 1 f.
ZAnt
verstanden. F. Papazoglou, 29, 1979, 241 mit Anm. 62 möchte die Formel im Fall von Philippi aus dem Koloniestatut erkllren, da dieses eine entsprechende Regelung möglicherweise der unmittelbaren Macht dea Statthalten entzogen habe. 28 Vgl. Mommsen, Staatltecht n3 1114 Anm. 1 der den Untencbied von u I.C. und u auctoritale auf den Terminalcippi in Rom 10 erkllrt, da8 an die Stelle dieser Formel 3 der lcai5erlicbe Auftrag getreten sei; aiehe auch n 995 Anm. 1.
29 cn.. vm 8814 "' o. 5960.
30 cn.. vm 21663
=
o. 5963.
31 Für Africa z.B. IRT 854; ClL Vlll 28073 a = D. 5958 a; für andere Provinzen AB 1977, 919; 1. Bph. vn 2. 3506-12; AB 1969no, 635.
Tenninationen als administratives Problem
360
Parteien allein nicht gelöst werden konnte. Damit mußte die staatliche Autorität entscheiden. Ob zunächst der Statthalter angegangen wurde, läßt sieb nicht erkennen. Sicher s i tjedoch, daß die Stteitfrage über den Grenzverlauf vor Hadrian gebracht wurde. Zwei Wege standen dafür zur Verfügung: Entweder leitete der Statthalter die strittige Frage an den Kaiser weiter32 oder die beiden Parteien
indem sie Gesandte nach Rom abordneten,33 was durchaus unter Umgehung des statthalterlieben Gerichts geschehen sein kann, wandten sich selbst an ihn,
oder vielleicht sogar in der Absicht, den bereits ergangenen Spruch des Gouverneurs wieder aufheben bzw. umändern zu Iassen.34 Aus den Provinzen
Afrikas sind, soweit ich sehe, keine einschlägigen Dokumente bekannt, n i denen der genaue Ablauf bezeugt ist. Zwei Exempla aus Italien und von der Insel Corsica mögen jedoch dafür genügen zu zeigen, wie der Herrscher in solche Grenzstreitigkeiten einbezogen wurde und in welcher Fonn er seine Entscheidun gen fällte.
Im J. 82 erschienen Gesandte der Falerienses und der Firmani vor Domitian, um eine Klärung der umstrittenen Frage der Zugehörigkeit von erreichen. In diesem Fall führte wegen
klarer
subseciva zu
Domitian die Untersuchung selbst durch, was
schriftlicher Dokumente, speziell des Augustus, in Rom selbst
erfolgen konnte. Der richterliche Spruch wurde den beiden Gesandten der Falerienses vom Kaiser als Anlage zu einer epistula mitgegeben.35 Das zweite Dokument ist ein Brief Vespasians an die Gemeinde der Vanacini auf der Insel Corsica aus dem J. 77 n.Chr.36 Zwischen den Vanacini und den Mariani war es zu Stteitigkeiten wegen eines Gebietes gekommen, das von dem kaiserlichen Prokurator Publilius Memorialis an die Vanacini verkauft worden war.
Da in
der Provinz keine Klärung erreicht wurde, ging eine zweiköpfige
Gesandtschaft der Vanacini
nach Rom und wandte sich direkt an Vespasian. Ob erwähnt, ist aber eher hat Vespasian allerdings
auch die Mariani erschienen, wird in dem Brief nicht unwahrscheinlich. Vielleicht gerade
auch deswegen
32 Im Zusammenbang einer solchen Grenzfrage bat sieb, allerdings wegen des strafrechtlieben Aspekts Terentius Gentianus aus Macedonia an Hadrian gewandt (Dig. 47,21,2 • CoUat 1 3,3,1); Terentius Gentianus war als censor provincitJIJ Macedoniae tltig (CU.. m 1463 = 0. 1046; 21 = 6625 = 0. 1046a) und hatte in dieser Eigenschaft auch mit der FesUegung von Termini zu tun (AE 1924, 57). Vgt auch den Fall der Größe der cleroi auf dem Grundbesitz des Jupit.ertempels von Aizanoi: U. Laffl, Athenaeum 49, 1971, 3 ff. bes. 9. 33 Siebe dazu die folgenden Beispiele. 34 So läßt es sich nicht entscheiden, welcher Art in CIL n 2 49 = 0. 597 die 3 3 confirmatio Hadrians filr die statthalterliebe sententia war. 35 cn.. I.X 5420. FIRA 12 nr. 75. 36 cn.. X 80 8 '"' FIRA 12 nr. 72. 3
de termino moto,
Temtinationen als administratives Problem nicht selbst im Einzelnen entschieden; dazu trug
361
aber wohl auch bei, daß
die
örtlichen Verhältnisse bei der gerichtlichen Regelung miteinzubeziehen waren. Vielmehr schrieb Vespasian an seinen (Provinz-)Prokurator Claudius Clemens einen Brief37 und sandte gleichzeitig auch einen mensor auf die Insel: utfiniret Claudius C/emens procurator meus, scripsi ei et mensorem misi.38 Was der Brief Vespasians an den Prokurator Clemens enthielt, ist unbekannt. Möglich wäre entweder eine Grundsatzentscheidung in der Sache, wie es z.B. einige Jahre später Titus in einem Territorialstreit zwischen Capua und einem Privatmann auf Creta tat,39 oder - und das ist wahrscheimlicher - er gab seinem Prokurator nur die Anweisung, in dem Streit selbst eine Regelung herbeizuftihren. Unter beiden
Prämissen handelte er jedoch auf spezielle Anweisung des Kaisers. So geschah es beispielsweise auch durch Hadtian,
der
an den Prokonsul Gellius Sentius
Augurinus in einem Streit zwischen Lamia und Hypaita schrieb: er solle adhibitis mensoribus de controversiis jinium inter Lamienses et Hypataeos cognita causa die Grenzen festlegen.40 Mit diesen Beispielen aus Italien und Corsica scheint nun genau die Situation gekennzeichnet zu sein, aus der heraus die meisten Grenzregelungen ex auetorirate imperatoris in
den nordafrikanischen Provinzen
Reichsteilen zu verstehen sind.41
und den anderen
Gerade wegen der nomadisierenden Stämme
waren insbesondere in Numidien Grenzen entw�er oft gar nicht vorbanden oder 37 Vgl. z.B. auch die Formel
t� bnowA.i\�
9ooß
�ßao'toß rEpJ.uxvucoß
Kaloapo� in einer Grenzfestlegung zwischen Sagalassus und Tymbrianassus (Bean, AS 9, 1959, 85; IGR ill 335). 38 Vgl. die Heranziehung von mensores etwa n i CIL m 586 0. 5947a. Nach AE 194213, 35 wurde von Hadrian ein kaiserlieber Sklave als mensor nach Africa gesandt, um termini wiederberzustellen. Vgl. ferner AE 1905, 188 mit einem kaiserlieben libertus. 39 AE 1969nO, 635: [ex) sententia Titi lmp. Aug. item [sec)undum decretum col. Cap(uae) [ex c)onventione u[tri)usq(ue) [parti)s [t)ermini positi sun[t}, agente P. Mess[i)o Campano, proc. [C)a[es)aris; es ist nicht zufällig, daß der kaiserliebe Prokurator hier nur mit dem Verb agens angeführt wird. (Vgl. auch M.W. Baldwin Bowski, Roman arbitration in central Crete: An Augustan proconsul and a Neronian procurator, CU 82, 1986, 218 ff.). Ein ähnlicher Fall könnte n i IGBulg 1455. 1472; AE 1979, 552 vorliegen : Ka't<X &iav c'.ut6�v. Auffällig ist CIL Vill 27459: ex auetorirate et sententia imp. Caesaris T. Aeli Antonini Aug. Pii determinatio facta publica Mustitanorum; der Statthalter wird nicht genannt, vielleicht war er auch nicht beteiligt wie vermutlieb auch nicht bei der Wiederaufstellung von termini in AE 1942/43, 35 (vgl. vorausgebende Anm.). 40 Cll.. ID 586 D. 5947 a. 41 Die Festlegung der Provinzgrenzen zwischen der provincia nova und vetus entlang der fossa regia in Africa ex auetorirate Vespasiani wurde vermutlich nicht durch Gemeinden, sondern durch Probleme der statthalterlieben Administration ausgelöst (zu den Texten vgl. o. Anm. 23). =
=
Terminatiooen als administratives Problem
362
sie waren fließend. Unter anderem wegen der Verantwortung der Gemeindeo für den Steuerertrag mußte dies fast notwendigerweise immer wieder zu Strei tigkeiten führen, weshalb nicht selten eine oder auch beide Parteien sieb unmittelbar an den Herrscher wandten, um seine Entscheidung zu erhalten. Dieser aber sah Obiicherweise eine adäquate und alle Interessen berUcksicbtigende Regelung nur vor Ort als möglich an. Deshalb verwies er die Klageführenden an
den iudex competens,
nämlich den Statthalter, wobei er diesem manchmal oder
vielleicht auch regelmäßig entsprechende Direktiven gegeben haben kann . Damit war dessen
Urteil durch die kaiserliebe auetorilas unter Umständen bereits
vorentschieden, voc allem aber durch diese auetoriras gedeckt Die Entscheidung
selbst aber hatte der Stanhalter zu ueffeo. Wir dürfen somit sehr wahrscheinlich davon ausgeben, daß in vielen oder den meisten Fällen, n i denen
ex auctoritate imperatoris Grenzregelungen in den
Provinzen vorgenommen wurden, zuvor Gesandtschaften der Parteien sieb an den Kaiser gewandt batten.42 Die Entscheidungen selbst wurden im allgemeinen erst durch den Statthalter in
der Provinz
selbst gefällt, sie standen aber unter der auctoritas des K.aisers.43
konkreten, fürjeden einzelneu Fall erst aktivierten
Im Gegensatz dazu scheint es im Grenzstreit zwischen den Patulcenses und den Galillenses auf der Insel Sardinien44 nicht zu einer solchen Klärung durch den Kaiser gekommen zu sein. Zwar waren die beiden Parteien öfter vor ver schiedenen Statthaltern erschienen, um eine Entscheidung zu erreichen. Doch die Berufung auf eine Grenzregelung durch M. Metellus,
der im J. 111
v.Cbr. Ober
Sardinien triumphiert hatte, blieb obne Enolg. Der Grund war vor allem der, daß die Galillenses erklärten, sie würden ein Dokument,
das sich auf den Streitfall
i s herbeischaffen. Um dieses Rechtsdokument bezog, aus dem tabu/arium princpi
in die Klärung der Sachfrage einzubeziehen, erhielten sie durch eine Entscheidung
Caecilius Simplex eine Fristverlängerung um drei Monate, während der jedoch von ihrer Seite aus nichts unternommen worden zu sein des Prokonsuls
scheint Auch eine neuerliche Fristverlängerung
durch den nachfolgenden
Statthalter, den Prokonsul L. Helvius Agrippa, hatte keinen Erfolg, so daß dieser 42 Deutlich wird dies z.B. auch in einer Grenzangelegenheit zwischen Choroneia und Thisbe; Antoninus Piua nennt die Gesandten von Choroneia am Ende seines Briefes. Er entschied allerdings in diesem Fall selbst, weil die hadrianische Regelung für ihn klar war und beauftragte nur einen Mestriua Aristonimua mit der Vermessung des Gebietes; hier s i t der Statthalter offensiebtlieh nicht mehr eingeschaltet worden (AE 1986, 638). 43 Auch n i AE 1967, 355 sollte man u auctoritale auf den gesamten Vorgang der Termination beziehen und nicht nur auf J.J. Willces, Epigr. Stud. 4, 1967, 120 tut
44 CIL X 7852
"'
D. 5947
"'
F1RA 12 nr. 59.
iudex datus,
wie dies offensichtlich
Terminationen als administratives Problem schießlieh
das Urteil sprach, die Galillenses sollten bis zum
363
1. April (des Jahres
69 n.Chr.) das Gebiet der Patulcenses räumen, anderfalls seien sie
der schon
öfters verkündeten contumacia schuldig. Gerade dieses Dokument zeigtjedoch wiederum einen vergleichbaren möglichen Gesamtverlauf, den die Texte mit ex
auctoritate erwiesen haben. Wenn die Galillenses die forma45 aus dem tabu larium principis vorgelegt hätten, wäre auch Helvius Agrippa in der Situation gewesen, ex auctoritateprincipis zu entscheiden.
45 Vgl. die Erwähnung exforma divi Augusti bei einer Restitution der praedia Dianae
Tifatinae unter Vespasian (AE 1971, 80). Zu Grenuege1ungen ganz anderer Art vgl. zuletzt auch P. Herrmann, Rom und die Asylie griechischer HeiligtUmer: Eine Urkunde des Dictators Caesar aus Sardeis, Cbiron 19, 1989, 127 ff.
NACHWEIS DER ERSTVERÖFFENTLICHUNGEN
1.) Die staatliehe Admillistration des r6mischen Reiches in der hohen Kaiserzeit: Ihre strukturellen Komponenten. In: 100 Jahre Neues Gymnasium Nümberg, 1889-1989. Festschrift hg. von R. Klein, 1989, 204-224. 2.) Die Ausformung der ritterlichen Administration als Antisenatspolitik? In: Opposition et resistance � !'Empire d Auguste � Trajan. Entreliens Fondation Hardt 33, 1987, 249-283. '
3.) Zur Durchsetzung von Anordnungen und Entscheidungen in der hohen Kaiserzeit: Die administrative lnformationsstruktur. Studi italiani di filologia classica, 3. ser. vol 10, Fase. I-li, 1992, 915-939.
4.) Augustus' administrative Reformen: Pragmatismus oder systematisches Handeln ? Acta Classica 29, 1986, 105-120.
5.) La rijorma dei gruppi dirigenti. L'ordine senatorio e l'ordine equestre. In: La Storia di Roma li, 2, 1992, 73- 118. 6.) Organisation und Administration der Wasserversorgung Roms. In: Wasser versorgung im antiken Rom, Bd. 1, 1982 (hrsg. Frontinus Gesellschaft), 6377.
7.) Die Wasserversorgung im rtfmischen Reich: Sozia-politische Bedingungen, Recht und Administration. In: Wasserversorgung im antiken Rom, Bd. 2, 1987 (hrsg. Frontinus-Gesellschaft), 49-101. 8.) Staat und landwirtschaftliches BewtJ.sserungssystem Agyptens in rtfmiseher 2eit. In: Leichtweiss-Institut für Wasserbau der Tecbn. Univ. Braunschweig, Mitteilungen Heft 89, 1986, 1-37. (Vorträge der Tagung "Geschichtliche Wasserbauten in Ägypten", Kairo, 10.-17. 2. 1986). 9
) Cura viarum und cura operum publicorum als kollegiale Amter im frUhen
.
Prinzipal. Klio 74, 1992, 237-245.
10.) Die Administration der italischen Straßen: das Beispiel der via Appia. La Via Appia. Quad. AEI 18,1990, 29-39. 11.) Die italischen legati Augusti pro praetore unter Hadrian und Antoninus Pius. In: Historiae Augustae Colloquia, Colloquium Parisinum 1990, Nova Series, 1991 (a cura di Giorgio Bonamente, Noel Duval), 183-195.
12.) Die Leitung
und Verwaltung einer prokuratorisehen Provinz. In: La valle d'Aosta e l'arco alpino nella politica del mondo antico. Atti del convegno intemaz.ionale di studi, St. Vincent , 25-26 aprile 1987, 1988, 102-117.
13.) Zur Erhebung der Erbschafts- und Freilassungssteuer in Agypten im 2. Jh. n.Chr. ZPE 18, 1977, 89-99. Die Einrichtung der Prokuratur der llll publica Africae. Zu einem methodischen Problem. In: Studia n i bonorem Borisi Gerov, 1990, 58-63.
14.)
15.)
Terminationen als administratives Problem: das Beispiel der nord
afrikanischen Provinzen. L'Africa Romana 7,
1990, 933-941.
REGISTER Li te rari sc h eQu e ll e n Acta procons. Cypr. 1,1
(p. 168
Musurillo): 58 Ambrosius, Expositlo in evang. Lucae 7,158: 230
Antbologla Graeca 10,112: 248
Applan, clv.
bell.
1,172: 317, 319 5,66 ff.: 96 5,7lf.: 96
Apulelus, morph.
Meta
10,13: 7
Ausonlus, Ordo urblum nobl llum 4
=
1 1 ,4: 184
Casslodor Variae II 32: 305 Variae II 33: 301, 305 Cicero Ad Att. 5,2,1: 129
De lege agraria 3,9: 228 In Verrem 2,2,163: 185
C.J. 8, 1 1 , 2 : 232 11, 43, 5: 234 11, 43, 7: 227
C.Tb. 15, 1, 32: 232 15, 2, 1: 220 15, 2, 2: 238, 245 15, 2, 3; 239 15, 2, 3: 245 15, 2, 4: 245 15, 2, 8: 245 15, 2, 9: 245
Collatlo Mosalcarum et Romanarum legum 13,3,1: 360
Cypr.,
ep.
80,2,3: 58
Dlg. 1,15,3,3: 47, 101 1,16,7,1: 209, 224 1,16,9 pr: 45 1,16,9: 339 1,17,1: 15, 33, 40, 99, 104, 334 1, 18, 4: 334 1, 19, 3, 337 4,4,2: 1 19 7,1,27,3: 228 8,3: 194 8,3,17: 192 14,3,11,3: 67 19,2,30,1: 231 19,2,58,2: 229 20,3,1: 192 20,4,9 pr.: 229
23,2,44 pr.: 108 30,39,5: 228 32,35,3: 231 43,8,2,17: 286 43,8,2,21: 297 43,13,3.7: 192 43,20,1,43: 238 43,20,4: 193 43,21: 192, 194 47,11,10: 262 47,21,2: 360 50,4,1,2: 232 50,4,18,10: 309 50,4,18,5: 232 50,4, 18,6: 242 50,10, 3: 209 50,10, 6: 209
Dlo 49,14,5: 213 51,17: 41 51,17,lf.: 33 51,18,1: 254 52,19,3: 158 52,23,2: 128 53,3,6!.: 336 53,11,5: 51, 94 53,13,2: 1 1 9 53,15,3: 86 53,15,3-5: 43, 86 53,15,5: 136 53,20,1: 93 53,24,4: 92 53,24,4ff.: 46f., 94 53,24,6: 94 53,28,4: 3 1 53,33,5: 93 54,1,1: 93 54,1,4: 49, 96 54,8: 90, 298, 306, 308 54,8,4: 282 54,14,4: 107 54,17,1: 49, 97, 282 54,2,4: 47, 94 54,20,7 : 54
368 54,21,3: 43 54,25,2: 93 54,25,4: 231 54,26,3ff.: 115 54,29,4: 231 54,30,2: 31 55,8,6f.: 95 55,8,7: 47 55,8,7f.: 95 55,10,10: 33, 51, 98 55,10a,1: 43 55, 13,4ff.: 1 1 3 55,22,3: 93, 97 55,24,9: 3 1
55,25,lff,; 284 55,26,1ff.: 49, 97 55,26,4: 46, 95 55,26,4!.: 47, 95 55,28,1: 43 55,28,2: 43 55,31,4: 49, 97f. 56,27,1: 3 1 56,27,4: 93 57,14: 283 57,14,7: 93 57,24,4: 5 9 60,18,2: 24 63,21,2: 177 66,14,1-3: 177 68,15,31: 310 79,14,1: 69 79, 15,1: 69 79,15,3: 24 79, 39,3: 69
Dlodor 17,52,6: 184 20,36,1: 162
Dlon.
Hai.
6,13,4: 1 1 3
Eplt. de Caes. 14,11: 341
Frontln, 4,1: 198 5: 162 5ff.: 205
aqu.
7: 163, 205 7,4: 225 9: 165 16: 249 18,4: 189 87,1: 235 94: 164, 175 94,2ff.: 227 94,3ff.: 234 94,4: 227 94,6: 163 95: 163 95ff.: 205 96: 163 97: 164 97,3: 244 97,5f.: 243 98: 165, 206 98ff.: 92 98,2: 190 98,9f.: 206 99: l66f. 99ff.: 92, 206 99,3: 227, 237 99,4: 121. 283 100,1: 127 lOO,lff.: 50, 306, 308 101: 174, 290 101,1: 48, 93, 122, 170, 306 101,2: 308 101,3!.: 308 102: 168 103: 169 103,2: 237 103,4: 172, 235 105: 169 105,1: 237 105,2: 121, 166, 293 105,3!.: 172 106,1: 229, 236, 107,1: 238 108: 175 109,1: 235 109,2: 227 1 1 0f.: 234 1 10,2: 172 1 1 2-115: 235 114,1: 172, 235 115: 172 115,1: 235 116: 20, 206
l 1 6f.: 170 117: 172, 174 117,1: 244 118: 164 119: 169 119,1: 161 125: 195 127,2: 243 127,2f.: 170 128,1: 196 129,1 1 : 168 129,4ff.: 170 130: 170, 247
Fronto, ep. Graeca
5,1 (I 270 Haines): 230
Ga 1e n 5,49 {KUhn): 184 10, 632f.: 305
Gelllus, Noctes Attlcae 16,13,4: 1 8 2
Gregorlus I, e p lstu 1a 1 1 ,76: 249 12,6: 249
Gromatlcl veteres (ed. Lachmann, 1848) 349: 220
Hlstorla
Augusta
v. Hadr. 22,13: 317 v. Marci 11,6: 3l7f. v. Max. et Balb. 10,3: 69 V. Pii 2,11 :317f. V. Probi 9,3: 260
v. Severi Alexandri 24,5f.: 231
369 Herodlan
Martlal
5,7,7: 24 7,6,1: 184
6,76,1: 51 8,31: 10 10,18,6: 3 1 2
Herodot Petron.
2,5,1: 279
76,2: 108 Horaz, Serm. 1,3,137: 230
Pbllostrat., aopb.
ltln.
520: 58 548: 213
Ant.
14ff.: 34 40ff.: 34 106,4ff.: 302 126,4ff.: 304 3 10,5ff.: 304 luvenal,
Sat.
3,268ff.: 236 6,447: 230
Plln.,
vlt.
Plln.,
Nat.blst.
1 6,236:67 31,41,: 206 31,42: 238 33,.30: 116 33,32: 114 33,33: 114 35,199ff.: 54 36,121: 206, 236
Jos., Bell. Jud. 2,117: 43, 334, 336 2,175ff.: 210 2,345ff: 158 7,163: 53 Llbanlus, Or. I 523f. (Förster): 234
1 1,245ff.
=
Llvlua 9,29,6ff.: 162 39,44: 234 39,44,5: 205 43,14,10: 65
Plln.,
Paneg.
39,5: 344, 348
Jos., Ant. Jud. 14,319: 76 17,221f.: 222 18,1f.: 334 18,29ff.: 43 19,291: 57, 67
10,24: 219 10,26: 24 10,27!.: 21 10,39: 211 10,41: 209, 224 10, 70: 209f. 10,86a: 21 10,90: 191, 209 10,91: 191 10,98: 209 10,106f.: 56
ep.
1,19: 187 2,4,3: 156 2,9,2ff.: 139 3,8: 139 3,14: 113, 177 4,1,4f.: 216 4,7,2: 65 4,8,3: 170 4,12: 20 6,8: 323 6,32,1: 156 7,7: 323 7,8: 323 7,14: 344, 348 7, 15: 323 7,16,1!.: 119', 127 7,16,3!.: 319 7, 18,4: 196 7,29: 54 8,8,6: 232 9,5,3: 117 10,12: 24, 139 10,21: 21 10,23: 209f., 219
Plut., Ga1ba 8,4f.: 63 Polyblua 1,1: 1 Prelsedlkt, ed. S. Lauffer, Berlin 1971, 124 Zeile 76 = Vll 76: 230 Procop., Aedlflcla 1,11,10ff.: 249 2,3,25: 249 2,5,1 1 : 249 2,10,22: 249 3,3,8: 249 3,7,1 : 249 Procop.,
Bella
5,8,45: 189, 249 5,9, 1 1C f.: 249 5,19,13: 189, 200, 249 5,19,19: 190 5,19,28: 200 6,9,1ff.: 249 6,9,5f.: 249 19,13: 189
370
Sen.,
Apoc.
1,2: 291 6,1: 43 Slc:u1ut F1ac:c:us, De c:ondlc:. agr. p. 110 (Tb.): 297, 307 Statlus,
Sllvae
4,3,97ff.: 3 1 1 5,1 ,94ff.: 140 Strabo
Aug. 42,3: 97 Aug. 44,1: 59 Aug. 46: 1 1 4 Aug. 49f.: 90 Aug. 49,1: 94 Aug. 49,3-50: 309 Aug. 50: 90 Gaius 41,1: 67 Claud. 24,1: 136 Claud. 28: 43 Nero 37,1: 68 Vesp. 3: 177 Vesp. 9,2: 1 1 7 Vesp. 23,2: 24 Vesp. 23,3: 203 Dom. 7,2: 58 Dom. 7,3: 134
3,5,3: 1 1 3 4,6,5: 36 5,1,7: 113 5,3,7: 95 13,2,3: 130 14,1,37: 203 16,1,9f.: 254 16,2,5: 184 17,3,25: 44f., 86 17,1,52((.: 275
21,3: 248 42: 127
Suet.
Tac:.,
lul. 76,3: 4 1 Aug. 16,1: 96 Aug.18,2: 254, 260 Aug. 25,2: 95 Aug. 27,5: 1 1 2 Aug. 30,1: 90 Aug. 34ff.: 83 Aug. 37: 46, 83, 112, 122, 281, 283, 290, 298 Aug. 37,1: 1 1 4 Aug. 38,2: 108 Aug. 38,3: 1 1 2 Aug. 39: 1 1 2, 1 1 4 Aug. 40,2: 1 1 3 Aug. 42,1: 206
1,4,3: 128 1,7,2: 50f., 98 1,76: 283 1,76,1: 93 2,33,3: 1 1 7 2,35,2: 316 2,51,1: 1 1 9 2,59,3: 4 1 , 104 3,30: 105 3,30,1: 112, 1 1 4 3,32,1Cf.: 128 3, 35,1: 128 4,5,3: 94 4,15,2: 130 4,27,1: 90 4,35: 59
Tabu1a Peutlnge rlana (= Cod. Vindob. 423) 297: 34 Tac:.,
Agr.
Ann.
6,8: 1 1 7 6,11,3: 93 1 1,23ff.: 148 11,23,4: 148 1 1,25,2: 1 1 1 12,53: 54 12,56,2: 305 12,60: 16, 1 1 7 12,60,2: 336 13,4,2: 323 13,50f.: 53, 353 15,22: 65 15,25,3: 57 Tac.,
Dlal.
8: 147 Tac.,
Hlst.
1,9,1: 128 4,48,1: 54 Tlbull,
EI.
1,7,57ff.: 90 Vellelut 2,77,1: 96 2,89: 87 2,89,3: 30 2,89,3: 44 2,91,3: 92, 94 Vltruv, De arcb. 8,6,2: 164, 227 Xenopbon, olea 3,1,7: 189
Helle
371
Inschriften AE
1949, 215 1952, 164: 60 1951, 17 1978, 284: 296 1952, 122: 356 1952, 164: <60 1953, 21: 232 1953, 73: 341 1954, 88: 3.55 1955, 191: 298 1956, 145: 208 1957, 135: 304 1957, 336: 301 1959, 25: 204 1961, 109: 217 1964, 239: 301, 344, 353 1965, lf.: 358 1965, 206: 356 1966, 511: 197 1966, 512: 242 1967, 96: 2()8 1967, 355: 362 1967, 533: 7 6 1968, 157: 211 1969170, 89: 90 1969170, 601 1971, 462: 303 1969170, 635: 359, 361 1970, 612: 339 1971, 80: 363 1971, 183: 61 1971, 462: 303 1971, 534: .56, 117 1972, 150: 204 1972, 250: 141 1972, 394: 299 1972, 573: 21 1972, 628: 221 1972, 670: 224 1973, 77: 67 1973, 485: 353 1973, 573: 224 1975, 358 1978, 290: 296 1975, 403: 190, 192 1975, 408: 135 1976, 653: 78, 310 1976, 673: 77 =
1902, 189: 138 1903, 94: 339 1904, 52 1978, 285: 296 1905, 188: 361 1909, 67: 296 1909, 68: 296 1910, 80 : 358 1911, 90: 249 1911, 217: 216 1911, 225: 204 1912, 148-151: 358 1912, 193: 311 1912, 245: 207!. 1913, 3: 355 1913, 227: 204 1916, 87: 201 1916, 88: 201 1919, 14: 358 1921, 45: 216f. 1923, 67: 356 1924, 57: 356, 360 1925, 103: 215 1925, 126: 299 1928, 121: 214 1928, 136: 224 1928, 137: 224 1930, 4: 150 1930, 47: 339 1930, 87: 345 1930, 122: 302 1932, 65: 218 1933, 123: 356 1933, 49: 248 1934, 154: 134, 341 1935, 157: 69 1936, 28: 358 1939, 31: 358 1939, 81: 330, 331 1939, 119: 213 1939, 151: 204, 213 1939, 178: 356 1939, 293: 246 1941, 81: 358 1941, 94: 214 1941, 105: 131 1942/43, 35: 361 1942/43, 93: 224 =
=
=
=
1977, 171: 27 1977, 758: 219 1977, 919: 359 1978, 145: 108, 113 1978, 217: 230 1978, 284: 296 1978, 285: 296 1978, 290: 296 1978, 303: 208, 213 1978, 804: 222 1979, 202: 231, 232 1979, 216: 297 1979, 552: 356, 361 1979, 620: 311 1979, 648!.: 356, 358 1980, 427: 299 1981, 858: 213 1982, 153: 296 1982, 162: 67, 68 1983, 399: 112 1983, 927: 224 1984, 36: 299 1984, 182: 299 1984, 257: 296 1984, 361: 296 1984, 426: 299, 304 1984, 508: 9, 60, 145 1986, 180: 299 1986, 181: 299 1986, 232: 298 1986, 307: 213
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m 568: 245, 247 m 586: 356, 361 m 709: 213, 222 m 781: s1 m 14168 : 21 m 1446: 213 m 1463: 356, 360 m 1750: 208, 241 m 1805: 216 m 2063: 69 m 2728: 222 m 2882: 358 m 3925: 35, 350 m 6077: 69 m 6123 14207, 34: 311 m 6627: 260 m 6687: 185 m 7000: 190 m 7080: 311 m 7380: 214 m 7473: 224 m 8472: 358 m 8684: 214 m 9973: 358 m 12117: 301 m 12794: 358 m 14147,5: 327 m 14191: 69 m 14207, 34: 311 IV 1136: 229 IV 9592: 34, 353 V p. 933ff.: 300 V 47: 213, 222 V 376: 232 V 865: 304 V 2108: 313 V 3342: 217 V 4097: 187 V 4307: 213 V 4348: 288 V 5262: 214 V 6522: 232 V 6668: 232 V 7547: 35, 350, 351 V 7812: 301 V 7907: 309 V 7992: 305 V 7992a: 305 V 8308: 234 V 8807: 204 =
G. Camodeca, in:
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325
CIL 12 832: 298 12 1473: 201 1 2 1537: 208 n 191: 210 n 1478: 236 n 1614: 213, 222 n 1643: 22s n 2029: 141 n 2343: 213, 222 n 2349: 360 II 2661: 349 n 3240: 215 n 3361: 221 n 4125: 356, 358 n 5181: 229, 23o n 5680: 349 II 5961: 216, 225 II 6278: 60 II 7127: 3 1 1 m 21 6625: 36o m 324: 214 =
VI 44, Kol. IV. Z.1517: 141 VI 342 30742: 67 VI 410: 69 VI 798: 134 VI 967: 58 VI 1136: 248 VI 1248: 166, 169 VI 1261: 240 VI 1265: 285 VI 1266: 284, 288 VI 1267a.b: 284, 285 VI 1460: 282 VI 1466: 291 =
VI 1480: VI 1501: VI 1509: VI 1532:
282
291 303, 304 139 204, 216 310 320 173 31752:
VI 1750: VI 1774: VI 2076: VI 2342: VI 3844 301 VI 5359: 69 VI 8445: 7 VI 8466: 308 VI 8467: 308 VI 8473: 7, 69 VI 8487: 173 VI 8488: 173 VI 8489: 173 VI 8505: 69 VI 8655a: 69 VI 8668: 69 VI 9051: 69 VI 9052: 69 VI 9915: 69 VI 10231: 117 VI 15258: 248 VI 31338a: 302 VI 31369: 303 VI 31370: 302 VI 31543-45: 283 VI 31559: 244 VI 31595: 283 VI 31752: 301 VI 31573: 284f. VI 31574: 284f., 288 VI 33731: 173 VI 37037: 284 vm st: 242 vm 1584: 216 =
373 vm vm vm vm vm vm vm
1828: 191, 216 1878: 69 2572: 204 2631: 204 2658: 224 2660: 201 2661: 204, 210, 223, 224 vm 2706: 224 vm 4224: 219 vm 4400 = 18587: 240 vm 4645: 210 vm 5335: 204, 216,
242 vm 7034: 191 vm 8369: 330, 358 vm 8809: 204 vm 8814: 359 vm 10827 = 11oso: 69 vm 14454: 35 vm 15204: 191. 204, 216 vm 1 9132ff.: 357 vm 20487: 339 vm 20995: 336 vm 20996: 336 vm 21663: 359 vm 21671: 199 vm 21825: 340 vm 23084: 358 vm 25860: 358 vm 25967: 358 vm 27459: 361 vm 28073a: 358, 359 vm 28073b: 358 IX 2212: 210 IX 2338: 204, 210 IX 2353: 242 IX 2438: 27
IX
2828: IX 2845: IX 3305: IX 3306: 288 IX 3312: IX 4786: IX 4978: IX 5074: IX 5144: IX 5357:
220 291 143 284, 287, 200 193 221 232 228 331
IX
5369: 200
IX 5420: 117, 360 IX 5439: 337 IX 5850ff: 297 IX 5947: 305 IX 5980: 305
IX
5994: 305
IX 5998: 300
IX
6011: 305
IX 6072: 302
IX 6075: 302 IX 6257: 220, 247 X 103: 213 X 1063: 229 X 1074: 187 X 1401: 65 X 1491: 304 X 1707: 210 X 1741: 69 X 3161: 3 1 3 X 3678: 221 X 3805: 306 X 3870: 3 1 9 X 3871: 130 X 4414: 320 X 4654: 239 X 4760: 239 X 4833: 222 X 4842: 194, 213, 227, 241 X 4843: 244 X 4875: 227 X 5348: 203 X 5411: 216 X 5807: 201, 217 X 5917: 214 X 6321: 301, 302 X 6322: 301 X 6526: 200, 241 X 6656: 191, 216 X 6658: 324 X 6850: 305 X 6850f.: 305 X 6851: 305 X 6853: 306 X 6876: 305 X 6891: 306 X 6892: 296 X 6893: 306 X 6908: 305 X 695lff: 300 X 7017: 204 X 7200: 3 1 1
X 7351: 36
X 7852: 362
X 8038: 360 XI p. 995: 301
XI 263: 232 XI 377: 303 XI 720: 232 XI 721: 248 XI 722ff: 208 XI 805: 325 XI 826: 306 XI 1147: 304 XI 1308: 343 XI 1420: 60, 66 XI 1421: 60, 66 XI 3003: 193 XI 3366: 214, 221 XI 3586: 213 XI 3594: 213 XI 3793: 195 XI 3811: 232 XI 4095: 216 XI 4170: 59 XI 4221: 200 XI 4222: 200 XI 4749: 313 XI 4781: 204 XI 5028: 134 XI 5939: 247 XI 6107: 313 XI 6167: 232 XI 6225: 204 XI 6337: 311 XI 6619: 313 XI 6939: 325 XI 7298: 217 XI 7999: 213 XII 103: 335, 338 XII 3165b: 216 XII 4342: 204 XII 4355: 204 XII 5842: 131 XIII 596: 221 XIII 1623: 246, 251 XIII 1856: 335 XII 1880: 335 XIII 1882-1888: 193 XIII 3255: 213 XIII 3983: 335 XIII 4325: 215 XIII 5330: 199 XIII 7576: 224 XIII 1 1353: 215
374 xm 1 1757: 224 xm 1 1 758: 224 xm 1 1 759: 224 XIV 98: 222 XIV 135: 204 XIV 247: 293 XIV 2101: 21 1 XIV 2119: 203 XIV 2121: 214 XIV 2298: 113 XIV 2465: 69 XIV 2795: 67 XIV 2797: 213 XIV 2799: 213 XIV 2978: 232 XIV 2979: 232 XIV 3013: 200 XIV 3015: 231 XIV 3472: 21:5 XIV 3530: 223 XIV 3599: 303 XIV 3602: 288 XIV 3607: 298 XIV 3649: 173, 244 XIV 3674: 208 XIV 3676: 240 XIV 3699: 208 XIV 4015: 248 XIV 4074ff., : 244 XIV 4190: 221 XIV 4704: 28:3 XIV 5309: 218 XIV 5344: 343 XV 1677!.: 165 XV 7241-44: 171 XV 7253-55: 176 XV 7257-58: 176 XV 7271: 166 XV 727lff.: 1 7 1 X V 7278: 1 2 1 XV 7281: 1 2 1 X V 7302: 1 2 1 XV 7568a.b.: 238 XV 7879: 175 XVI 56: 335 M. Corbier, REL 62, 1984, 256: 213 M. H. Crawford -. D. Whitehead,
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12 Nr. 67: 194 12 Nr. 68 V: 64
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IGBul& 1455: 356, 361
375 1472: 356, 361 IGR I 76: 8 I 421: 67 I 1098: 275 I 1262: 73, 76 I 1293: 42, 328
m 335: 356, 361
618: 304 m 763: 303 m 804: 225 IV 228: 214 IV 259: 343 m
I GUR I
78-93: 68
ILArr
390: 187 455: 35 I LAI&
2000: 204 2101: 201 2101!.: 242 2829: 358 2939-2989: 358 298: 221 ß 3596: 191, 216 ß 2, 4664: 191
I I I I I I
ILLRP
448: 298 449: 298 I 450-453: 298 I 454: 298 I 454 a: 298 I 457: 298 I 458: 298 I 459: 298 I 460: 298 I 463: 298 I 465: 298 I 465 a: 298 ß 528: 201, 217 ß 542: 220, 241 ß 546: 208 I I
ß ß ß ß ß ß
594: 200 615: 200 659: 200, 207 671: 200 1275 a: 298 1288: 298
ILS (= D.)
114: 213 139: 66 140: 60, 66 144: 134 157: 59 212: 148 212ß: 143 231: 311 272: 67 309: 58 343: 325 423: 57 452: 302 703: 213 613: 214 785: 311 889: 90 905: 291 913: 291 914: 31, 291, 299 915: 31, 291, 299 929: 291 931: 291 932: 143, 291, 284, 287, 288 950: 288 964: 298 1001: 151 1005: 299 1019: 322 1026: 301 1034: 322 1035: 169, 301 1036: 169, 301 1038: 301 1040: 324 1042: 322 1046: 356, 360 1046a: 360 1052: 301 1061: 303 1066: 301 1069: 304 1080: 301
1109: 301 1123: 303, 304 1148: 217 1157: 349 1159: 28 1177: 301 1178: 301 1186: 28 1187: 301 1190: 28 1191: 28, 139 1321: 131 1349: 327 1356: 336 1368: 336, 337 1371: 339 1405: 141 1407: 35, 350, 351, 352 1408: 35, 350 1410: 346 1421: 311 1422: 311 1447: 134 1448: 341 1505: 69 1517: 331 1553: 7 1606: 308 1702: 69 1703: 69 1705: 7 1707: 69 1708: 69 1909: 214 1709: 69 1949: 113 2370: 69 2682: 143 2683: 185 2927: 214 2997: 306 3512: 223 3675: 67, 68 3823: 338 5053: 187 5163: 60 5348: 201, 217 5350: 203 5667: 200, 207 5667: 208 5670: 221 5671: 232
376 5672: 232 5674: 232 5678: 247 5679: 204 5680: 216 S68S: 204 5686: 211 5688: 221 5689: 221 5690: 210 5691: 204, 210 5692: 210 5693: 242 5696: 216 5698: 203 5699: 210 5702: 216 5703: 204, 216 5707: 203 5714: 210 5720: 248 5721: 248 5724: 229 5729: 220, 241 5730: 242 5731: 242 5738: 208 5743: 194, 213, 227, 241 5744: 244 S14S: 166, 169, 244 5749: 246 5155: 213, 222 5159: 222 5764: 215 5767: 193 5771: 193 5772: 200 5777: 242 5779: 239 5780: 216 5788: 204, 210, 223, 224 5793: 240 5794: 245, 247 5195: 222 5799: 298 5800: 298 5801: 298 5802: 298 5803: 298 5805-5801: 298 5808: 298
5809: 298 5810: 298 5811: 298 5812: 298 S8S1: 313 5891: 229 S90S: 311 5906: 310 5939: 284, 288 5940: 284 5941: 284, 288 5947: 362 S947a: 356, 361 5948: 358 5952: 358 5953: 358 5955: 358 59S8a: 358, 359 S958b: 358 5960: 359 5961: 358 5963: 359 5973: 360 5977: 357 S977a: 357 6043: 6S 6044: 117 6087: 197, 207, 220, 228, 238 6089: 67 6091: 190 6296: 239 6456: 304 6675: 304 6891: 230 6987: 27 8453: 313 8821: 150 8828: 303 8841: 304 8903: 224 8995: 327 9007: 36, 138 9200: 336 9406: 187 9483: 112, 114
lasc:br. 28:343
Assos
Insc:br.
Dldyma
ll Nr. 84: 222
lasc:br.
Epbesos
n n n n
404: 216 40S: 216 419: 208 424: 215 n 424a: 215 m 648: 1s1 m 680: 21 m 695: 209 m 696a: 69 m 8SS: 69 VI 2200a: 69, 77 VI 2222b: 69 VI 2245: 345 VI 2281a: 69 VII 1, 3092: 213, 215 VII 1, 3217: 195, 215, 242, 244, 246 VII 2, 3506: 356 VII 2, 3506-12: 359 VII 2, 3507-12: 356 VII 2, 4112: 69, 77
Iasc:br.
Kyme
Nr. 19: 217
lasc:hr.
Milet
I 9 Nr. 339-343: 222
Iasc:br.
Nlkala
I 1: 246 lasc:hr.
Prlene
106: 78
Iasc:hr. Smyrna II, 1 S. S4: 78
Insc:r. Cret.
IV 272: 59
377
Iaser.
Ital.
xm 1, 86r.:
142
C. Mango. Oxf. Joum. A.rch. S, 1986, 223ff.: 3 1 1 .
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IRT
B.H. Minns, JHS 35.
117: 215, 236 263: 242
1915, 22ff.: 240
94: 335 100: 333
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C.P. Jones, Chiron 14, 1984, 93ff.: 59
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cap.
84: 315
cap. 90: 62 cap. 92: 62
Lex
Malacltana
cap. 51: 67
1 1112, 1960, 596: 356
1977, 67ff.: 297
Lex Irnltaaa cap. 31: 62, 107, 186 cap. 82: 197 cap. 83: 220
L. Robert, Hellenica
Res Gestae dlvl Augustl
S:
Beguense
65
s.c. de agro Pergameno 78 s.c.
Calvlslanum
64 s.c. de Ca.
Plsone
Patre
59, 60, 62, 65, 108f.• 285
B. Sciarra,
Epigraphica 25, 1963, 84: 242
10: 1
s.c. de pretlls cladlatorum mlnuendll
20: 90 25: 106, 142
60
49, 96 8: 1 1 2
27: 327 34: lOS 35: 106
SEG 8, 527: 274
Lex
Ursonensls
cap. 98: 220
cap. 99: 197, 207 cap. 100: 228, 238
J.
ReyDolds, Apbrodlslas and Rome, London 1 9 8l
Nr. 8: 65 Nr. 14: 57
10: 47: 219 14, 731: 197 17, 759: 27 24. 486: 356 34. 1306: 77 36, 987: 319
378 R. K. Sberk, Ro· maD Documents Nr. 52: 78 Nr. 43: 78 Nr. 65: 78
N. Svensson, A.rsber. kungl. human. vetenskapssamf. Lund 1925/6 65ff.: 195, 245, 252 Tabu1a Hebana
M. Smallwood, Documents
z. 56f.: 109 z. 59f.: 287
Nr. 382: 73, 76
Tabula Slarensls (= AE 1984, 508) 62, 65 Frag. D.a: 60 Frag. Db: 9, 60, 145 TAM
D 1201: 303 D 905: 71 V 1, 423: 78
Papyri.Ostrakaetc. BGU 12: 274 176: 265 372: 73 621: 271 646: 71, 73 2263: 266 2264: 269
H. Cotton, ZPE 100, 1994, 550: 9 H. Cotton, ZPE 105, 1995, 183ff.: 240 CPL 171: 347 0. Feisse1 - J. Gascou, CRAI 1989, 535ff.: 1 1 , 202. R. 0. Fink, Roman Military Rec:ords Nr. 98: 74 Nr. 399: 75
B. Kramer, Arch. Pap. 32, 1986, 33ff.: 75 J. Mathwich, ZPE 15, 1974, 69ff.: 26
W.
Mittels, Cbrest.
Nr. 371: 58 O.Mich. 807-847: 264 O.Tait. D 558ff.: 263 O.Tbeb. m, 130: 263 P.Berol. Inv. 25233: 258, 263 P. Boissier • W. Cbrest. 13: 73 P.Brem. 30: 271 P.Brem. 38: 274 P.Col. Inv. 459: 274 P.Fay. 20: 58 P.Fay. 24: 73, 76 P.Fay. 25: 273 P.Fay. 214: 263 P. Fior. 273: 264 P. Fior. 278: 72, 74f. P. Giess. 15: 265, 273 P. Gien. 42: 265, 273 P. Giss. 58: 268 P. Giss. 59: 268 P. Heid. 310: 75 P. Hib. I 29: 76 P. Jand. 139: 276 P. Jand. 140: 73f. P. Leit. 2: 27lf. P.Lond. I, 77: 233
P. Meyer 4: 271 P.Mich. Inv. 2920: 261, 274, 277 P. Mich. m 174: 272, 278 P. Mich. V 233: 269 P. Mich. VI 380: 267, 269 P. Mich. VI 381: 266, 269 P. Mich. VD 462: 347 P. Micb. XV 690: 273 P. Mil. Vogl. 212: 264 P. Os1o lnv. 1023: 266 P. Oxy. 57: 274 P. Oxy. 58: 73 P. Oxy. 290: 272 P. Oxy . 474: 73 P. Oxy. 900: 75 P. Oxy. 1021: 71 P. Oxy. 1022: 76 P. Oxy. 1100: 73, 76 P. Oxy. 1114: 347 P. Oxy. 1408: 73, 76 P. Oxy. 1409: 73, 75, 265, 276 P. Oxy. 1427: 263 P. Oxy. 1469: 265, 278 P. Oxy. 1546: 269 P. Oxy. 2116: 75 P. Oxy. 2121: 272 P. Oxy. 2265: 73, 344
379 P. P. P. P. P. P. P. P.
Oxy. Oxy. Oxy. Oxy. Oxy. Oxy. Oxy. Oxy.
2705: 76 3095: 75 3103: 347 3117: 347 3133: 75 3167: 273 3343: 72 3475: 268f.,
80: 259, 267,
270 P. Ryl.
81: 271,
273f. P. Ryl. 90: 267 PSI 1125: 7S PSI 1148: 73, 76 P. Stras. 55: 259,
27lf.
274 P. Oxy. 3611: 57 P. Oxy. 3613: 219 P. Oxy. 3615: 75 P. Paris 66: 259 P. Petaus 17: 75 P. Petaus 23: 75 P. Petaus 24: 75 P. Petaus 25: 76 P. Petaus 34: 75 P. Petaus 49: 270 P. Petaus 49-52: 273 P. Petaus 52: 269,
P. Tebt. 393 271 30 P. Wisc. I 19: 271 P. Wisc. I 31: 277 P. Wisc. I 34 f.: 277 P. Yale Inv. 349:
P. Petaus 86: 272 P. Petaus 88: 272 P. Rein. ll 115: 260 P. Ross. Georg. ll 26:
346 653: 273 78: 76
9328: 267, 270 9626: 266 11236: 349 11349: 73, 276 11374: 76 11612: 73 11651: 74 11935: 73 12144: 73, 76 Sel.
Pap.
n 216: 58 n 222: 11,73
267, 270 P. Yale Inv. P. Yale Inv.
447: 276 1529:
274 P. Yale
61: 11, 26, 56
Wllcken,
Cbrest.
19: 73 23: 72 72: 172
G. M. Parassog1ou, ZPB
272
P. Ryl. P. Ryl.
P. Ryl.
13, 1974, 21ff.: 349
Wllcken, Grund· züge I
SB
2, Nr. 389: 274
5124: 269 6597-6609: '261 7361: 261, 277 7738: 274
Münzen BMC Emp.
m 349ft.: 325 m 352: 325 m 517ft.: 325
IV IV IV IV
213ff.: 325 246ff.: 325 1190: 325 1640: 325
IV IV
1641ff.: 325 1719: 325
380
AUe;emein a bibliothecis, 172 a cognitionibus, 17 a commentariis, 18, 173 a libellis. 17, 27, 133, 135 a punctis, 172 a rationibus, 17, 27, 53f., 133ff., 172 a studiis, 133 ab actis senatus, 32 ab epistulis, 17, 27, 53f., 133, 135, 140, 172, 176, 205 Abschriften, von Anordnungen, 58, 62f., 76f. -+ Publikation Acerrae, 213 Acbaia, 70, 245, 247, 324, 338, 356 M'. Acilius Aviola, 168 M.' Acilius Glabrio, 9 L. Acilius Strabo Clodius Nummus, 358 actor, 345 Ad Columnam, 302 ad Iegationes et responsa Graeca, 134 adiutor, 283, 346 adlectio, 110, 150 Adramyttium, 77 adventores, 232 advocatus fisci, 135, 141 aedes sacrae, 282, 289 aedilis, 14, 31f.,46ff., 59, 92, 94f., 97, 121f., 125, 129, 163, 165, 187 (Cremona), 189, 200, 205, 208f., 214 (Lanuvium), 220 (Lacedonia), 241 (Lacedonia), 243, 288f. aedilis Cerealis, 48, 96 Aelius Epapbroditus, 346 L. Aelius Seianus, 51 Aemilia, :300 Aemilii, 146 aerarium .Satumi, 88, 91, 125, 196, 284 L. Afranius, 86 Sex. Afranius Burrus, 131 Africa, 7, 58, 71, 120, 124, 128, 146f 151, 182, 185, 187, 189, 197, 217, 22lf 225, 321, 349ff 355ft. Ager Campanus, 306 .•
.•
.•
Agrippa, 92, 106, 110, 121, 142f., 165f., 169, 189, 206, 229f., 236, 289 Agrippa n, 158 Agrippina, 139 Ägypten, 1, 5, 8, 10, 33, 37, 39, 40ff., 52, 56, 58, 61, 71ff., 75f 79, 83, 88, 99, 103f., 129, 132f., 135, 140, 149, 151, 180f., 219, 222, 253ff.. 327ff.. 332ft.. 338, 34lff. - administrative Gliederung, 255ff. - Steuern, 26lff. - Verwaltung des Bewässerungssystems, 259ff. Aegyptus Herculia, 273, 278 Aigialopby1ax, 270f., 273, 277f. Aktium, 165 Alabanda, 77 Albingaunum, 190, 192 Aletrium, 201, 217 Alexander d. Gr, 181 Alexandria, 15, 57, 72f., 75, 184, 219, 253, 255f 263, 266, 274, 278f. Alexandria Troas, 153, 213, 214, 222, 225 alimenta, 32, 305, 306 Alliatoria Celsilla, 65 Allobroger, 147 Alpenprovinzen, 4, 37, 99, 129, 135, 327ff. Alpes Atrectianae, 331 Alpes Cottiae, 327ff., 331 Alpes Graiae et Poeninae, 39, 334 Alpes Mariimae, t 39, 327ff., 335 Altinum, 296 Ampbissa, 247 L. Annaeus Seneca, 148 Ancona, 304 angustus clavus, 1 1 1 Annius Severianus, 347 Annia Victorina, 215 M. Annius Verus, 1 1 1 annona, 98 annus legitimus, 118 'AV(J) XOOpa, 346 Antiocbia am Orontes, 184, 202, 234, 238, 245 Antiochia n i Pisidien, 149 .•
.•
381 Antium, 304
Asia, S, 23, S8, 77, 120, 124, 130f.,
Antius Rufmus, 356 Antonia Caenis, 139, 177 Antoninus
150f., 154, 184, 19S, 213, 222, 246, 333, 356
Pius, 123, 135, 189, 197,
213, 222, 246, 261, 317ff., 325, 36S
M. Antonius, 42, 99, 103, lOS, 107, 142, 206, 327 Antonius Primus, 148 Anträge bei Amtsträgem Verfahren anulus aureus, 111
-+ libellus-
in Bithynien,
a�oo+UA.al;.
149, 219
264, 271
Aphrodisias, 346
T. Appalius Alfmus Secundus, 331 apparitores, 308 Appius Claudius Caecus, 162 Apulia (et Calabria), 145, 1S2, 300 aqua Anio novus, 173, 19S aqua Appia, 195 aqua Augusta, 213 aqua Claudia, 169, 173 aqua Iulia, 92, 19S aqua
Pollio, 142
Aspendos, 225 Asturia, 36, 327 Athen, 180f., 183, 209, 213, 219 Atilius Crescens, 323 auctoritas, 362 Augusta Praetoria, 325 Augustales, 212, 239 Augustus, lff., 6, 30, 37ff., 43ff., 48,
Apamea in Syrien, 184 Apamea
C. Asinius
Marcia, 173, 195, 205
aqua Tepula, 195
SOff., 59, 64, 83ft., 103ff., 164ft., 169, 184, 186, 191, 194, 206, 213,
215,
222,
227,
231,
289, 29lf., 298, 308!., 324, 328f., 342, 360 - administrative Reformen, 83ff., 103ff., 28lff. -+ Octavian Aurelia Paustiniana, 248
T. Aurelius Pulvua Boionius Arrius Antoninua, 319
Q. Aurelius Psctumeius
Clcmens, lS1
Q. Aurelius Pactumeius Pronto, lS 1 Aurclius Tcrpsilaus, 347
aqua Titulensis, 224
Avidius
aqua Traiana, 169, 233
A. Avillius Placcus, 72
aqua vcnalis, 227
Bilder-+ balnea, -+ Thermen
aqua Virgo, 92 aquae publ.icae, 220 aquarii, 16S, 166, 173, 235
M. Aquilius Regulus, 6S Aquilcia, 234
aquimolina, 190 Aquitania, 148, 338
241,
253, 2S9f., 273, 27S, 281, 287!.,
Cassius, 39
Baetica, 4, 66, l l lf., 147, 1St, 1S3, 319, 3SS Bactia, 146 Baiae, 213, 301 Balboura, 222
balnea, 231 balneac publicae, 230
Arabien, 10, 61
balneaticum, 231
Aragucni, 69
balneator, 230
Arcblologie, 297, 309ff. Arcbiedus, 278 arcbitecti, 312
Basilik:ogrammatius, 272 Belgica, 21
Archiv, kaiserliches, 56
Belisar, 249
Areus, 131, 310 Ariminum, 90, 304
C. Bellicius Flaccus Torquatus Tebanianus, 9
M. Arruntius Claudianus, ISO
bcneficia, 17S, 177, 227
3SS Arpinum, 208
Bcncvcnt. 297, 304, 3 1 2 Bestechun.g, 21
Arsinoe, 263
Bethlebem, 1 1 , 224
Arsinoitis, 73f., 265, 270!., 278,
L. Betilienus Varua Censorinus, 201,
L. Ammtius Camillus Scribonianus,
347
Bar Kocbba, 303
beneficia
217
Caesaris, 238
boni viri et locupletes, 14S, 147
382 Bononia, 208, 248, 325
Bousiris, 274
Brandbekämpfung, 190 - in Rom, -+ cobortes vigilum
Briefe, kaiserliebe -+ Kommunikation
Britannia, 3, 5, 32, 63, 128, 133, 151. 179, 182, 325
Cemenelum, 335
Brixia. 213 Bronzetafeln, 60 Brundisium, 169, 304, 312
Brunnen, 198ff.,
162!.,
215f.,
165,
221,
174,
225,
233f., 236, 238, 24lff.
Censoren, 298
190,
227f.,
Bruttii Praesentes, 145 Bruttiwn, 185
Bürokratie, 55ff.
-+ Archive; -+ Kommunikation Bule, 5
Bulla Regia. 216 Burdigala, 221
Caecilii, 146 M. Caecilius Metellus, 362 Co. Caecilius Simplex, 362 Caere, 213 Caesar, 3, 40, 96, 102, 110, 115, 142, 144, 146ff., 153
C. Caesar, 66 L. Caesar, 60, 66 Caesarea n i Mauretanien, 199 Caesarea Maritima. 224 Sex. Caesius Propertianus, 134 Calabria et Bruttii, 304 Calama, 221 Cales, 239, 319, 320 Calestrius T1ro, 127, 319 calices, 235 Caligula, 53, 109, 115f., 148, 291 calles, 44, 87 Callistianus, 347
L. Calpumius Fabatus -+ Fabatus Co. Calpurnius Piso, 45, 285!.
L. Calpurnius Piso, 355
C. Calvisius Sabinus, 90 C. Calvisius Statianus, 39 P. Caninius C.f., 35, 352 L. Caninius Valens, 35, 350ft. Cappadocia, 3, 5, 32, 37, 39, 53, 70, 151
Cassius Dio, 41, 47 Q. Cassius Longinus, 87 P. Cassius Secundus, 357 castella, 201 castellarii, 1 72 cutra peregrina. 69 Cutrum Novum, 213 [Ca]tilius Longus, 149
Capua, 213, 302, 304, 320, 361 Caracalla. 3, 176, 231, 263, 302 Caralis, 202 C. Caristanius Fronto, 149
censura perpetua. 14 ceosus, 89 census equester, 113 centenarius, 136
Centuripae,
185
Cbalkis, 158 Cbomatoepimelet!i, 269, 270, 276 cbomatik6n -+ XQli.Lanx6v
Cboroneia, 362 Cicero, 129, 185, 228 Cilicia. 4, 36, 45 cippi, 284 Circuspartei der Grünen, 176 Circei, 304 cin:itores, 172f., 243 Cirta, 151 cistiberes, 46 civitates Moesiae et Treballiae, 327 classis -+ Flotten Claudius, 1, 54, 57, 66ft., 71, 110f., 117, 121, 133f., 136, 141, 143,
145, 148(., 153f.• 166, 170, 176,
237, 283, 293, 305, 308, 323,
327(., 330, 332, 343
TI. Claudius Aug. 1. Aesius, 289 Ti.(?) Claudius Agrippinus, 346 Tib. Claudius Aristio, 215
Ti. Claudius Balbillus, 154 Claudius Clemens, 361 TI. Claudius Atticus Herodes, 213 f. TI. Claudius Atticus Herodes CVater), 213 f.
Claudius lulianus, 72 TI. Claudius Subatianus Aquila, 11, 56 c1oacarium, 228 T. Clodius Eprius Marcellus, 147 cognitio extra ordinem. 323 cobors m sagittariorum, 149 cobors I Septimia Belgarum, 224
cobortes praetori.ae, 5lff., 94, 134
- Wasserversorgung, 171 -+ praefectus praetorlo
383
93f., 134 46ff., 94f., 134 oollegia, 92, 203, 28lff. collegium aquatorum, 234 cohortes urbanae,
cobortes vigilum,
colonia -. Städte
117 214, 226 78
concilia provinciae,
117, 120, 323
- Aufgaben,
282, 286f.
mentorumque publioorum tuen curator alvei Tiberis et riparum cloacarum urbis,
et Piceni, 296
326 326
consularis ltaliae Transpadanae, consularis Yenetiae et Histriae,
5, 10, 11(.
conventus civium Romanorum,
146
Cora, 200 Corduba, 61
143 78
Corfinium,
T. Comasidius Sabinus, Cornelii,
337
146
L. Comelius Balbus, 147
355, 357 C. Cornelius Gallus, 40f., 42, 99, 103, 253, 327, 333 M. Comelius Fronto, 166 Comellus Fuscus, 51 L.(?) Cornelius Priscus, 246 Selt. Cornelius Repentinus, 135
Ser. Cornelius (Scipio) Salvidienus Orfitus,
68 33, 248, 249
corrector, 326 Corsica, 360f. Cosa, 198
289
242 curator aquae ducendae, 242 curator aquarum, 31f., 48, 50, 92f., 121f., 127, 166((., 169, 204, 206, 220, 237, 241f., 247, 282, 306, 308 curator civitatis, 242 curator frumeoti dandi, 31, 49, 97, 121, 282 curator locorum publioorum, 288 curator locorum publicorum iudicandorum, 31, 284ft., Aufgaben, 286
291
curator viae Appiae,
302
361 Cuicul, 234 Cumae, 213
curator viae Appiae et alimentorum,
303 curator viae Clodiae, 301 curator viae Flaminiae,
303(.
curator viae novae faciendae usque Puteolos,
302
curator viae Salariae et alimentorum,
304
Traianae, 302, 305, 31lf.
303 12, 15, 31, 32, 90ff., 122f., 281, 290ft., 298, 300, 305, 306ft., 310f.
curator viae Yaleriae Tiburtinae., curator viarum,
346 Cremona, 187 Creta,
-
curator viae
Cosmus,
A. Cremutius Cordus,
et
32, 93, 122, 283,
curator aquae,
P. Comeliua Dolabella,
P. Comelius Tacitus,
286
c:urator aedium sacrarum monu dorum, 287f.
6 1 , 298 consularis, 317ff., 321, 325f. consularis aquarum, 220
Cormusa,
300
65
consul,
conventus,
93, 281, 293
curator aedium sacrarum et operum Jo corumque publicorum, 3lt., 121,
Constans, 3 1 1 Constantiua, 3 1 1
oonsularis Plaminiae
cura alvei Tiberis,
curator, rittterlicber,
229
consilium principis,
93, 121,
174, 177, 204, 290, 292f. cura viarum, 90f., 93, 123, 281ff., 298, 304
Commodus,
oonductor,
locorumque publioorum,
281ff. cura annonae, 49, 96, 98 cura aquarum, 92, 170f.,
XCllla'WnJ.lÜ.t'ta(, 268 XCllla'tucov , 262f., 266 x<4ta-ta, 260 Comum, Conana,
cura aedium sacrarum et operum
59
curator viarum Clodiae, Cassiae, Ciminiae,
301
curator viarum Clodiae, Anniae, Cusiae, Ciminiae, Cures, 221 curaores,
69
300f.
384 cursus publicus, 6f., 12, 63, 89f., 302, 307, 309f., 3 1 1 -313,331 Cypern, 4, 45, 129, 213, 329 Cyrenae, 64, 151, 213 Cyrus- PI. Taurus Seleucus Cyrus Dacia, 3, 12.5, 133, 213 Dacia Apulensis, 337 Dalmatia, 321f., 355 Dammaufseher, 268 Dämme, 260 Decimius Secundinus, 247 Delos, 208 Delta, 2.56, 2.57. 263 dies festi, 61f. dignitas, 48, 115, 117, 157 A. Didius Gallus, 166 Dioiketes, 255, 274 Diotletian, 210, 231 - Zweck seiner Reichsreform, 3 dispensator, 18, 24 Divodurum, 215 Domll.nenprokurator, S Domitian, 1, 3, 37, 58, 110, 117, 132ff., 150, 202, 358, 360 Domitü, 146, Cn. Domi tius Afer, 147 Co. Domitius Lucanus, 155 Co. Domitius Tullus, 155 domus Augusta, 41, 62, 112 dooativa, 46 Dooau-Balkao-Raum, 182 ducenarius, 136 A. Duceoius Geminus, 355 llviri iure dicundo, 208, 315 Dyrrhacbium, 207, 213, 222 Edikte
- Publikation, 57f., 66, 72, 77f., 246f 357f. Egnatius Rufus, 46, 92, 94 ellcoo't6Nat lCÄ'IlpoVoJ..Lt
bd:tpoltO<; dlCOCJ'ti\<; EÄE'1>9q>ullv,
345 Epbesus, 23, 77, 151, 195, 208, 213, 21St., 244ft., 245 Epirus, 37, 70, 135 Epistratege, 5, 8, 37, 42, 72f., 132, 256, 262, 268, 272, 274, 276ft. Epistrategien, 256!.
T. Eppius Latinus, 350 T. Eppius Sabinus, 351 equus publicus, 1 1 1ff. Etrurien, 193f., 198, 213f., 246, 296 Euergetes, 188 ex auctoritate (des Kaisers), 283, 357ft. ex indulgentia (des Kaisers), 175, 359 exceptorium, 20 1 exemplum - Abschriften Euergeles - patronus Pabatus, 319 Pabii, 146 P. Paianius Plebeius, 192 Paljum, 58, 258, 259, 262, 263, 265, 266, 267, 268, 269, 270 Palerio, 117 familia Caesaris, 170f., 174 familia publica, 165, 170, 174 Panum Portunae, 297 fasces, 90, 119, 340 Peltria, 313 Finanzverwaltung, 341ff., 349ff. - Neuregelung unter Augustus, 43ff., 342 - Ritter in der, 15ff. fiscus, 166, 213 flScus priocipis, 46 fiscus libertatis et peculiorum, 343 Piskalprozesse, 45 fistulae aquariae, 171, 176ff., 201, 208, 214f., 221, 235, 236, 238f. Plavius Crispus, 274 C. Flavius Pudens, 215 L. Flavius Silva, 125 T. Flavius Titianus, 332 Ptoren2, 350 Plotten, 37 - im Dienste der NachrichtenUbermittlung, 7, 71 - militärische Bedeutung gering, 40 Ptottenpräfekturen, 37 forma, 363 Forum Claudii Ceutronum, 338 Forum Claudü Vallensium, 338 Forum lulii, 103, 1 1 1 Forum Novum, 192 forum Romanum, 54, 173 Freigelassene, kaiserliebe - liberti Augusti Prontin, 168, 220, 249 frumentarii, 69f. frumeotationes, 96f.
385 Fucinersee, 205 Fulginiae, 213
Histrien, 143
Fulius Secundus, 344!.
Honorius, 232
Gabii, 213
honos, 109, 187, 2 1 1 , 318
homines novi, 110, 14lf., 147
Gades, 1 1 2!., 147
Hordeonius Flaccus, 128
Gaius Caligula-+ Caligula Galatia, 4, 36, 45, 78, 150, 154, 356
Hydropby1ax, 264, 270!. Hungersnöte, 48f., 84, 96f.
Galba, 64, 128, 149 Galen, 184
iberiseben Halbinsel, 149, 182 Icelus, 64
Galillenses, 362f.
Idios Logos, 37, 42, 132, 255, 276
Gallaecia, 36 Gallia, 15, 45, 146, 148, 182, 231,
Illyr icum, 36 Ilugo, 215 imperium, 51, 129, 319, 333, 340
313 Gallia Comata, 36, 144, 146, 148
impe.rium der legati Augusti, 333
Gallia Lugdunensis, 4, 125, 148, 338
imperium proconsulare, 88
Gallia Narbonensis, 45, 103, 1 1 1 ,
Imperium Romanum - ab Lebensbereich, 161
146!., 149, 1 5 I, 153f. Gallienus, 306
- Ausdehnung, lf.
Gavii, 157
- "Befeblsstruktur", 8
M. Gavius Maximus, 217 Q. Gellius Sentius Augurinus, 361
- "Dienstweg", 10 - Informationsstruktur-+ Kommunikation
Geminius Val[---], 347 gens Numidarum, 359 Germania inferior, 4, 21, 63, 151. 199 Germania superior, 4, 63, 151 Germanicus, 59, 60, 65, 67 Gesandte,
städtische,
-+ legati; -+
staliones municipiorum Gibraltar, 179 Gnesius, 166
- Osten, 4, 147, 149, 150, 154, 179, 181, 186, 207, 249, 253 - Westen, 41, 146, 150!., 179f., 182, 186, 209, 249, 253 incolae, 232 Inschriften, 349, 3SS!f. Insubrer, 144 Ionien., 150 Ipolcobulcula, 228
Golf von Neapel, 190
lmi, 220
Gracchen, 48
ltalica, 1 1 , 202 Italien, 2f., 7, 9, 12, 15, 20, 44,
Gregor I, 249 Griechenland, 177, 181, 222
51ft., 62, 64, 66,
griechischen Stadtstaaten, 180f.
111,
Grenzfestsetzungen, 355ff.
143,
Hadrian, 3, 34, 41, 123, 135, 138, 141, 151, 157, 202, 213, 222,
209, 213!., 220, 222, 225, 239,
113,
116,
145!.,
152!.,
225, 246, 259, 317, 319, 321,
241f.,
31 Sff., 331, 360!.
358, 360!.
T. Haterius Nepos, 344!.
133, ISS,
87!., 141, 157,
181ff., 185, 189, 190, 196, 200,
324ff.• 341f., 344, 346, 348, 350, Hlduer, 148
68, 78,
123,
249,
281,
292,
295ff.,
- administrative Gliederung, 2, 89ff., 122!., 295ft., 315ff. -Beitrag zum ordo equester, 152ff.
Heba, 60
- Beitrag zum ordo senatorius, 14lff.
Hebron, 195, 245
- Kernland des Reiches, 2, 89, 315ff.
L. Helvius Agrippa, 362f. M. Helvius Rufus, 215
-+
Heptanomia, 73f., 256!., 261, 275ff. Herculaneum, 8
regiones ltaliae
Iudaea, 15, 39,
99,
120, 128!., 334,
336 iudex, 116, 306, 317
Herdonia, 208
iudex competens, 362
C. Herennius Capito, 131
Co. Iulius Agrico1a, 1 1 1 , 119, 127
Herodes, 45
Ti. lulius Alexander, 39, 145, 275
386 TI. Iulius Celsus Polemaeanus, 149
Kommunikation, administrative, 6ff.,
Iulius Claudianus, 274 Q. Iulius CordiDus C. Rutilius Gallicus
55ft., 166, 168, 237, 274, 346, 357ft. - Geschwindigkeit, 71
-+ Rutilius Gallicus lulius Eubulius Iulianus, 75 Iulius Florus, 148
-+ cursus publicus; -+ Strassenwesen Komogrammateus, 258, 268
Sex. Iulius Frontinus -+ Frontin
Konstantin, 190, 210, 213, 220
P. lulius Junianus Martialianus, 301 C. lulius Laco, 153
Konstantinopel, 227ff., 238f., 244f.,
C. Iulius Proculus, 324
Konsul, 2, 8f., 14, 30ff., 54, 61ff.,
lulius Sacrovir, 148 Sex. lulius Severus, 128
Karanis, 258
66, 70, 93, 116, 119{., 122, 126, 142ff., 147, 150f., 167, 193, 206, 229, 288, 298, 305, 3 1 1 , 315f., 320, 323 - Bekanntgabe der Namen, 8f., 6lf. - Datierung nach, 61 - ordinarius, 126 - omamenta, 136 - suffectus, 8f., 14, 30f., 61, 126, 291 Konsular, 49, 92, 97, 120f., 123f.,. 126ff., 136{., 167, 282ff., 288, 293, 317, 322, 326, 331 Kopien -+ Abschriften Korinth, 154 Kriegsbeute, 90 Kroton, 207f. kyriakos Iogos, 264 Lacedonia, 220, 241 lacus, 190, 201, 220, 236, 239 lacus Iuturnae, 173 Lambaesis, 223, 224 Lamasba, 240 Lanuvium, 214 A. Larcius Lydus, 177 A. Larcius Macedo, 113, 177 Latrinen, 203 Iatus clavus, 109, 148
Karthago, 161, 180, 184, 187, 189,
Laufbahnen -+ Senatoren; -+ Ritte.r
197, 200, 214 Kataspor�us, 268f., 278 Kerkesoucba, 261, 277 Kibyra, 246 Killkien -+ Cilicia
Lebensmittelversorgung, 211 - Roms, 48ff., 121, 123, 162, 254 lectio senatus, 106f., 1 1 1 , 283 legati (der Städte und Provinzen), 9, 66ft.
Kleinasien, 4, 147, 151, 181, 222
legati (für die Getreidebescbaffung),
C. Iulius Spartiaticus, 153 L. lulius Ursus, 132
Ti. Iulius Ustus, 311 L. lulius Vestinus, 141 lulius Vindex, 148 iunctores iumentarii, 302 iuniores, 112
L. Iunius Gallio, 147 iuridicus, 15, 37, 42, 123, 132, 255, 318f., 306, 317, 322, 326 ius gladii, 336 ius Latii, 146 ius trium liberorum, 10 lustinian, 249 . Jerusalem, 224 Juden, 57, 66{. Kaiser - Personalentscheidungen,
24ff.,
126ff., 131, 138ff. - Rolle in der Verwaltung, 24ff.,
56ft., 126, 165f., 175, 209ff., 213, 22lf., 237, 346, 357ff. Kalabrien, 145 Kampanien, 145, 161, 194 Kappadokien -+ Cappadocia
Kleopatra, 206, 327
96
Iegaius Augusti pro praetore -+ Statt
Klientelstaaten, 3 Kloaken, 202f., 205, 228
halter
legatus Augusti pro praetore in
Köln, 202 Kommandeure,
militärischer
heiten, - BefeblsUbermittlung, 74f.
249
Ein
Italien, 123, 3 15ff.
legatus Augusti pro praetore leg. Aug., 53
m
387 legatus Augusti pro praetore regionis Transpadanae, 324
Lugdunensis -+ Gallia Lugdunensis Lusitania, 36, 355
legatus legionis, 3 1 f. -+ Legionskommandeur
Lycia-Pamphylia, 76, 331
legatus pro praetore Italiae Transpadanae, 319, 321!., 326
Lyon, 246
Ieges annales, 127
Lykopolitis, 273 Macedonia, 70, 181, 207, 213, 351, 355
legio - ll Traiana, 224
Maecenas, 100, 105, 131, 158
- m Augusta, 53, 223
M. Maecius Probus, 306
- ill Cyrenaica, 69, 149 - VI Ferrata, 224 - X Fretensis, 224 - XXI Rapax, 125 Legionsk:ommandeur, ritterlicher, 37 Lepcis Magna, 151
Q. Maecius Laetus, 26, 57 Magistrate, der Städte, - Pflichten und Tätigkeiten, 58f., 66f., 89f., 208, 227, 231, 241ff., 245ff.• 315
- summae honorariae, 187f., 219 Mailand, 230 Mainz, 224
Letopoliis, t 274 Iex, 333
manceps, 302, 309, 312
Iex lulia de maritandis ordinibus, 108
Manlius Crassus, 347
lex lulia theatralis, 114 Iex maiestatis, 286
mansio, 309f., 312f. L. Mantennius Sabinus, 71, 73
lex Papia Poppaea, 108, 154
Mare Aurel, 3, 60, 65, 117, 184,
Iex Roscia, 1 1 4
Q. Marcius Rex, 163, 205
Iex Pompeia, 1 1 8
318f., 321, 326ff., 332, 350
lex Saenia, 110
Q. Marcius Turbo, 34
libellus-Verfahren, 1Of., 56
Mariani, 360
liberti Augusti
Marius Maximus, 73, 74
- als Kuriere -+ tabellarii - als Schiffskapitäne der Kriegsflotten, 37
Marrucini, 142 Marsfeld, 173 Masada, 125
- als subalternes Verwaltungsperso
Mauretania, 3, 37, 53, 133, 135, 325
nal, 18ff., 23 ("Spezialisten"), 25,
Mauretania Caesariensis, 222f., 330,
141 ("Spezialisten")
332, 335, 339, 359
- gesellschaftliche Ansprüche, 18
Mauretania Tingitana, 335, 357
- höhere Funktionen im kaiserlichen
Maximian, 231
Dienst, 17, 27, 43, 54, 133, 349
Maximinus Thrax, 69
Licinii, 146
Mediomatriker, 215
M. Ucin ius Crassus Frugi, 229 Licinus, Freigelassener des Augustus,
Memmia Aemiliana Fidiana, 217
43 Liturgen, 271f., 275 Liturgien -+ munera Livia Augusta, 131 Locri, 247
Memphis, 10 Memphitis, 276 mensor, 312 merita, 307 Mesopotamien, 339
locus celeberrimus, 78
Messalina, 139 C. Messius Campanus, 361
C. Longinius Castor, 347
Mestrius Aristonimus, 362
Lucilius Africanus, 58
Milet, 150 militiae equestres, 33, 134 L. Minicius Natalis, 356, 358
Lucania (et Bruttii), 143, 145, 152, 300, 302 Luci l ius lunior, 351 Lucus Feroniae, 198, 203, 208, 213, 222 Iudus magnus und matutinus, 53
Minturnae, 213 Misenum, 71, 213 Moesia, 3, 133, 183, 327 Moesia inferior, 224
388 officiales
Moesia superior, 321f.
L. Mummius Niger Q. Valerius
- als Kuriere, 75 officium
Vegetus, 193, 194, 199 munera,
12,
219f.,
232,
264ff.,
268ff. muneta sordida, 307 municipium - Stlldte munitio vill"lliil. 307 T. Mussidius Polüanus, 291, 299
- der Finanzprokuratoren, 335 - des Prauidialprokurators, 339
- dea Statthalters, 20f.
- militlri.scber Kommandeure, 88
officium annonae, 68 Ofillia Bassa, 215
mutationes, 309f., 312
M. Opellius Macrinus, 176
Mylasa, 77 Myra, 77
opifices, 172
Mytilene, 147
Narbo Martius, 146 Narbonensis - Gallia Narbonensis
optio, 69
Orcistus in Phrygien, 190
ordo decurionum. 5
ordo equester, 29ft., 103ff.
Narcissus, Freigelassener des
- Aufnahme, l l lff.
Claudius, 134, 176, 205, 305 Neapel, 182, 198, 213, 239, 249,
- Ausschluss, 113 - Kriterien fur die Zugehörigkeit, 12,
304
1 13ft.
Nebna, 273 negotiatores, 150
- Rolle in der Administration unter Augustus, 29ff., 41f.• 83ff., 98ft.
Nemausus, 147, 161
L. Neratius Priscus, 155
- Standessymbole, 1 1 1 - Umfang, 12, 111ff., 152f., 156
L. Neratius Marcellus, 155
- Verhllltnis zur Senatsaristokratie,
Nero, 53f., 58, 63, 71, 148ft., 154,
!6t.• 29ft.• 1 15ft.
Nerva, 236, 309
- Ritter ordo senatorius, 1 03ff.
Nikaia n i Bithynien, 211, 245f.
- Aufnahme, 13, 108ft., 143
166, 177t., 311, 323f., 328, 353
Nikomedia in Bilhynien, 191, 211, 214, 246
- Ausschluss, 107f. - als Funktionselite, 106
Nil, 253ft.
- Ehegesetze, 107
Nil.ltatarakte, 179
- Entstehung, 106ft.
Nimes - Nemausus
- homines oovi, 141ff.
Nola, 213, 302 Nonii Asprenates, 155 L. Nonius Asprenas, 284
- Kriterien
Nonius DanlS, 223 Nordatrilca, 151, 179, 186, 201, 234,
106ft. - Rolle
in
für die
Zugehörigkeit, 12,
der Administration unter
Augustus, 83ff., 102 - Standessymbol- Iatus clavus
240, 242, 358, 361
- Umfang, 12, 30, 102, 106!., 154f.
Noricwn. 37, 53, 135
- Senatoren Q. Orfrtasius Aufidius Umber, 3 1 1 Ostia, 87, 145, 200, 203, 213, 222,
nota censoria, 107 nova officia, 122
L. Novius Crispinus, 223 Numidien, 1186, 223, 331, 357ff., 361
236, 331
Oxyrhyncbos, 71, 269, 276, 278
Q. Paconius Lepta, 239
C. Nympbidius Sabinus, 63
Paimis, 278!.
Oberllgypten, 10, 253, 256!., 344 Oberitalien, 112, 300, 350
Palllstina. 195, 224f.
Octavian, 40ff., 99, 103ff., 110t., 131, 142, 147, 165, 206, 253 - Augustus
Pallu, 134 Pamphylia, 36, 221, 356 - Lycia-Pampbylia Pannonia inferior, 120
Q. Octavius Sagitta, 36
P. Paquius Scaeva, 291, 293, 299
Oea, 185
Patavium, 1 1 2f.
389
141 212
pater fami l ias, pater patriae,
Patrimonialprokuratoren,
patrimonium, 53, Patronage, 138ff.
70
37, 43f.
Penth�meros,
265f.
269, 27lf.
37
77, 181, 184, 199, 209, 233, 241, 243 Persischer Golf, 179 Pertinax, 71, 73 Pescennius Niger, 4 Petaus, 258, 270, 273 Petelia, 185 P. Petreius, 86 C. Petronius, 275 P. Petronius, 124 C. Petronius Celer, 223, 359 Pbilippi, 69, 359 Phöniker, 180 Pbrygien, 190 Picenum, 144 T. Pifemius Paetus Rosianus Geminus,
Piraten,
P. Plautius Pulcher, 298,
131
319 334, 338 Pontiniscbe Sümpfe, 310 C. Pontius Paelignus, 288 Pontius Pilatus, 210, 332 Pontus-Bitbynia, 7, 70, 210, 324 Q. Porciua Vetustinus, 223 portorium, 339, 342, 344 portus Traiani, 331 ponessor, 196 T. Pomponius Victor,
Pergamon,
plebs,
274
Q. Pomponius Rufus Marcellus,
Peregrine - als Mannschaften der Kriegsflotten,
293 43 Pisa, 221, 350 Pisaurum, 185 piscina, 190, 201 Placentia, 325
Cn. Pompeius Sabinus,
Cn. Pompeius Tbeophanes,
patronus, 188, 21 1ff. Patulcenses, 362, 363 Paulus, 48 pedaneus, 283
M. Pompeius Silvanus Staberius Flavinus, 147, 355
potentes, 55
praefectura Aegypti, 99
306 48, 51, 116
praefectura alimentorum, praefectura annonae, praefectura urbis,
93
34, 136 51, 116 praefecti et praepositi, 74 praefectus Aegypti, 8, 10, 15, 36f., 40ft., 131, 253, 255, 277, 333f. - Tltigkeit.en, 275 praefectus aerarii m.ilitaris, 31f., 53, 122, 284, 353 praefectus aerarii Saturni, 32, 53, 91, 121 praefectus alae, 115, 134 praefectus alimentorum, 123, 303, 306 praefectura vehiculorum, praefectura v igilum,
praefectus alimentorum viae Aemiliae,
299
48
70, 139, 210, 214, 224, 226, 319 Po, 144, 300, 323 Pola, 213 Polemon, 271 Polybius, 1, 54, 134 Pompeii, 8, 146, 187, 190, 198, 202f., 213, 229, 234ff., 238, 248 Sextus Pompeius, 48, 96 Q. Pompeius Falco, 301, 305, 311 Cn. Pompeius Homullus, 37 Cn. Pompeius Magnus, 3, 48, 86, 96, 129, 131 Cn. Pompeius Macer, 130f., 147 M. Pompeius Priscus, 147 C. Plinius Caecilius Secundus,
304
praefectus alimentorum viae Appiae et Flaminiae, 304 praefectus annonae,
37, 50, 98, 100,
129
praefectus cobortis m sagittariorum,
149
praefectus frumenti dandi,
122, 282
32, 48,
praefectus frumenti dandi ex s. c.,
121, 127
49,
praefectus ludaeae, 36 praefectus legionum,
42
70 16f., 27, 37, 51, 63, 98, 100, 116, 129, 235, 239, 291, 316 praefectus bzw. pro legato, 327, 334 praefectus orae Ponticae,
praefectus praetorio,
praefectus (bzw. pro legato) Sardiniae,
36
390 praefectus urbi, 32, 122, 126, 316,
323
praefectus vebiculorum, 37, 90, 308,
309, 3 1 1 praefectus vigilum, 16, 37, 47, 50,
95, 98, 100, 129
procurator XX libertatis, 34, 53, 345 -+ vicesima libertatis
praepositus, 69 praeses Thebaidos, 75
Prokonsul, 14f., 31f., 43, 64, 85f.,
Prllsidialprokuraturen, 37, 327ff.
44, 49, 87,
9 1 , 95, 97, 118ft., 125ff., 205, 283, 286, 288, 291f., 298, 315f., 318, 323, 329, 336 praetores aerarü, 3 1 , 284ff. Praetorianerkoborten
-+
cob ortes
praetoriae; -+ praefectus praetorio - Solderhöhung unter Augustus, S 1
Prätorier, 49, 90, 96f., 113, 124f., 282ff., 291, 298, 324, 326 praetorium, 3 1 1 primus pilus, 33, 138, 215 principes iuventulis, 112 principes officiorum, 27 Priscus, 323 pro 1egato, 335 pro legato Cypri, 36 Probus, 260 proconsularis, 357
-+ Prokonsul procurator ab epistulis et a patrimo
nio, 134 procurator aedium sacrarum locorum que publicorum, 289 procurator Alpium, 337
procurator Alpium Atractianarum et Poeninarum, 337 procurator Alpium Cotliarum, 330 procurator annonae, 135, 331 procurator aquarum, 54, 166, 170f., 206, 308 procurator Asiae, 346 procurator Augustae, 131 procurator Augusti, 130, 132, 349 procurator Aug.
procurator WI publicorum Africae, 35, 53, 353 procurator usiacus, 277 procurator XX bereditatium, 53 -+ vicesi.ma bereditatium
Praeneste, 207, 208
praetor, 2, 14, 24, 31 f.,
procurator Neaspoleos, 73
procurator provinciae, 133
ad census accipien
-
dos, 350 procurator Caesaris Augusti, 131 procurator TI. Caesaris, 131 procurator divi Claudi, 131 procurator et praefectus provinciae Sardiniae, 133 procurator imperatoris a patrimonio et bereditatibus et a libellis, 134
99, 103, 120, 124, 127, 321, 324,
328, 331, 333f., 337, 339(. Afrika, 128, 148, 197, 321 - von Asia, 245f. - der Baetica, 319 - praetoriscber, 134 prokonsulare Legaten, 31f. - von
Prokuratoren
- administrativer Briefverkehr,
7f.
- Ernennungen seit Augustus, 34ff.,
86ff. - des Kaisers, 12 - ntigk.eit. 36, 83, 86ff., 129, 133, 335, 337f. - Titel, 132 C. Propertius Postumus, 291!.. 299 Prosopograpbie, 355 provinciae Augusti bzw. Caesaris, 87, 130, 315 provinciae populi Romani, 44, 120, 315 Provinzen - administrative Gliederung, S - Anz.abl, 3 152ff. - Beitrag zum - Beitrag zum 145ff. - Grösse, 4
ordo equester, ordo senalorius,
- Gr11nde fUr Teilung, 3f.
- personeller Verwaltungsaufwand, 4 - prokonsulare, 45f., 130f., 329 - Verbindung mit Italien, 309f. - unter ritterlieber Verwaltung, 327ff.
Prosa, 210
Ptolemller, 181, 262, 264 Ptolemais Hormu, 258 publicani -+ Steuerpächter Publikation,
von
Verwaltungsent-
acbeidungen, 9ff., 57ff., 62, 64,
66f., 72f., 76ff., 193f., 353, 355ff. Publilius Memorialis, 360
P.
Tullius Vasro, 193 Puteoli, 59, 145, 213, 301 Pytheu, 219
391 DII publica Africae, 34, 37, 53,
Rom
349ff. quaestor, 13ff., 30ff., 43ff., 87, 120,
- aquae, 206 - Getreideversorgung -+ cura anno-
124, 126, 129f., 137f., 163, 208,
nae; -+ frumentationes; -+ Lebeos
338
mittelversorgung -+ praefectus fru menti dandi; -+ praefectus annonae - Einrichtung neuer Ämter unter Au-
quaestor aerarii, 91, 121, 284
quaestor Augusti, 45, 88 quaestor urbanus, 298 Qulistorier, 125
gustus, 14f., 91, 101, 121f., 281ff. - Einwohnerzahl, 183f. - Gescbworeoengericbte, 13
DII viri iure dicundo, 31 5
quies, 318
T. Quinctius Crispinus Valerianus,
- viel, 47, 9.5 - Verwaltung der Wasserversorgung, 161ff., 20.5ff.
284
- Zentrum der Jurisdiktion, 2
P. Quinctilius Varus, 45 quinquennales., 187 quinqueviri cis Tiberim, 46
T. RubriuJ Nepos, 166
C. Rutilius Gallicus, 124, 356, 358
Raetia, 36f., 53, 63, 99, 182, 296, 335
Sabinerland, 221 Sabinus, Provinzprocurator in Syrien, 45
Rluber, 43 ramuli, 302 Ravenna, 87, 214, 232, 249, 304,
Sabratba, 215, 236
L. Saepioius Abascantus, 220 Sagalassus, 78
331, 351
Saldae, 222f.
recognitio equitum, 112 redemptores, 307
C. Sallustius Cripsus, 10.5
Reformen -+ Verwaltuogsrefomen Regienses, 359
salieotes, 236
regiones ltaliae, 3, 89
saltus Cu[...], 359 Samnium, 144, 220, 300
res publica, 13, 67, 86ff., 90, 102,
Sardeis, 77, 149 Sardinien, 1.5, 43, 99, 129, 202, 327,
115, 117, 122, 129, 141, 281 Reskripte, 56, 69
restitutor ltaliae, 325 Ritter, als Amtstrllger, 29ff., 103ff. - Amtsdauer, 50f., 33lf.
- Ansehen, 52
Scb1euseowlrter -+ ä+ro�u� Scbriftlicbkeit, in der Verwaltung, 10, 268!., 274
- Anzahl Ämter, 16f., 33ff., 36ft., .52ff., 128ff., 133, 138, 349ff. 297, 300
- in der Umgebung des Kaisers,
-+
Kommunikation
Schriftverkehr,
- Bedeutung der Heimatstadt, 156f.
- der Strasseoverwaltung,
334, 336, 362 Sarmizegetusa, 213
17f.,
133ff. - Entwicklung der Ämterstruktur, 132ft., 329ff., 349ff.
administrativer -+
Kommunikation Scolacium, 213 scriba - librarii, 308 - quaestorii, 308
- fachliebe Q�aliilkatioo, 137ff.
- rei publicae, 208 [-]tius Secundus, 344
- Funktionen, 15ff., 128ff., 327ff.
L. Seius Strabo, .51
- Herkunft, geographische, 152ff.
Seleukiden, 181
- keine "Spezialisten", 22, 41, 140f., 332f.
- militliriscbe "Macht", 39, 53, 99f.
- Offtziere im Heer, 115, 131, 133ff.
- Ptovinzstattbalter, 15, 327ff. - "Rangordnung", 17
- als Richter in Rom, 13, 104, 115 -+
ordo equester
Sempronii, 146
C. Sempronius Graccbus, 104
Ti. Sempronius Graccbus, 1 04 Senatoren, als Amtstriger - Altersstufen, 118ff. - Amtsdauer, 86, 331
- Anzahl Ämter 1.5, 30ff., 120ff.
392 - Bedeutung der Heimatstadt, 155f.
Sigua, 357
-der Strassenverwaltung, 295ft.
sillcarii, 172 Sinuessa, 301
290ff.,
- cursua bonorum, 14f., 118ff.,
Sizilien, 131, 185, 331
124ft., 281ft. - Entwicklung der Ämterstruktur-+
Sklaven -+ servi
cursua
bonorum
- fachliebe Qualifikation, 14!., 91f., 167
Smyma, 77 societu publicanorum -+ Steuerpächter Soldaten
- für die Alimentarstiftung, 303f.,
- als Kuriere, 7, 63, 68ft., 75
323 - Herkunft, geographische, 141ft.
- als Verwaltungspersonal, 20
- "zivile" Auftrlge, 222ff., 254, 260
- in der Heeresleitung, 38, 86
solacium lavori
- in Kollegien, 281ff. - keine "Spezialisten", 22, 4 1
solum privatum, 297
- OffiZiere im Heer, 115, 120
Richter in Rom, 47f., 115f., 170
-
-+ ordo senatorlas Senatsbeschluss -+ senatus consul tum Senatsprotolcolle, 33 senatus consultum, 59f., 64ft., 108, 114, 131, 207f., 283
- de officio curatoris aquarum, 308
- des Jahres
19 n.Cbr., 9
- die sich an Städte richten, 57 - Publikation, 58ff., 62 -+ Stellenregister (Inschriften) s.v. . ''s.c. . seniores, 1 1 2 C. Senniua Sabinus, 193 Sex. Sentiua Caecilianus, 358 Septimius Severus, 1, 3, 4, 41, 257, 350 servi Augusti - als Kuriere -+ tabellarii
- als
subalternes Verwaltungs- und
311 solum publicum, 297 Sex. Sotidius Strabo Ubuscidianus, 78 Spanien, 5, 15, 45, 86!., 146f., 149, 154, 200, 202, 207, 213, 220, 222, 228, 230 Sparta, 1 8 1 speculatores, 69 stabulum. 310 Städte
- Bedeutung für die Reichsverwaltung, 5f. - Einnahmen, 187f., 219!., 357, 362 - Einwohnerzahlen, 183ff.
- Funletion ala Heimatgemeinde, 2
- Gesandte der in Rom, -+ legati; -+ atationes municipiorum - Orenzfestlegungen, 355ff. t 9, 57!., - Informaionsbeschaffung, 62, 64ff., 76ff. - politisch-administrative Entwicklung, 180ff.
Arbeitspersonal, 18ff., 23 ("Spe
- Selbstverwaltung, 5, 1 8lff., 209f.
zialisten"), 25, 141, 308
- sozia-politische Strukturen, 186ff.
servi publici
- als Kuriere, 7, 63!.
- als
subalternes Verwaltungs- und
Arbeitspcrsonal, 20, 92, 141, 165!.
- Verwaltung der Wasserversorgung, 201ft.. 240ft. - Wasaerbedarf, 188ft. -+ Magistrate
i Rom 7 - bei der Brandbekämpfung n 47, 94
T. Statiliua Taurua, 142 statio, 3 1 1
servus aquarum, 242
statio aquarum, 307
Severua Alexander, 57, 74, 222, 231
statio hereditatium, 68
seviri equitum Romanorum, 1 1 2 sexagenarius, 136
statio marmorum, 69 statio Noricorum, 68
C. Sextilius Pollio, 215f. Siagu, 185
stationes exterarum nationum, 68
Siarum, 60
Statthalter
Side, 221
stationes municipiorum, 67f.
393 - administrativer Briefverkehr,
7,
Fl. Taurus Seleucus Cyrus, 234
?Off., 345f. - Amtsdauer, 331
Teate Marrucinorum, 142 Tebtynis, 269
- Anzahl senatorischer, 31!., 85, 328 - Bezeichnung auf frühen Inschriften,
Teis, 276
- Anzahl der 1egati Augusti, 15
tectores, 172
291
- imperium der, 129, 333 - ritterlicher, 327ff.
D. Terentius Gentianus, 360
termini, 357, 359
tertia militia, 138 tesserarii, 69
- Schaffung des Amtes, 15, 44, 118, 120 - Tätigkeit, 5, 10, 56, 60, 65f., 86,
C. Tettius Africanus Cassianus Priscus, 275 Tbeadelpbia, 271, 277
209f.. 246f., 315, 337f., 339f.,
Tbebais, 256, 257
355ff.
Theben, 268
Tbeodahad, 214
-+ officium T. Statulenus luncus, 65
Tbeoderich, 214
Steuern, 341ff., 349ff. Steuerpäcbter, 23f., 53,
88,
164,
89ff.,
123,
176, 342ff., 348ff. Strassenwesen,
11f.,
Thermen, 201f., 204, 213ff., 221, 229ff., 248 Tbisbe, 362
290ft. • 295ft.
Tbracia, 3, 37, 39, 53, 70, 133, 135, 151, 3 1 1 , 355
- Finanzierung, 12, 90, 307, 310
Tbrasamund, 214
- Umfang, 12 - während der Republik, 297f.
Thyateira, 200
-+
cursus
publicus; -+ Kommuni-
kation Stratege, 8, 71, 257, 272, 274, 276, 279, 345 subpraefectus vigilum, 135
Thugga, 191, 199, 234 Tiber, 198 Tiberius, 45, 5 1 , 78, 93, 105, 109, 1 1 1 , 113, 122, 124, 128, 130, 133, 145, 147f., 155, 281, 283, 287f., 291, 332, 342
subscriptio, 1 1 , 237
Tibur, 173, 174, 208
subseciva, 360
Ticinum, 319
suburbium, 170
Tifernum Tiberinum, 246
Suessa. 239
C. Titius Chresimus, 239
C. Suetonius Tranquillus, 84, 92, 135, 140 Suffektk:onsul -+ Konsul, suffectus
Ser. Titius Geminus, 357 Titus, 110, 203, 231, 358, 361 Tios, 76
suffragium, 139
Toparchie, 268, 269
Sulla, 30, 44 Superaequani, 143
Torquatus Novellius Atticus, 288 trabea, 1 1 1
supra formas, 173
Traian, 1, 3 , 70, 1 1 1 , 120, 123, 135,
Syria, 3f., 10, 15, 27, 36, 45, 71, 74, 149f., 356
139, 149ff., 154, 156, 171, 210,
tabellarii, 7, 63, 68ff., 308
306, 309!., 312, 324, 342ff., 358
213, 219, 223, 231, 259, 301,
tabernae, 68, 311 tabula Banasitana, 117
Traianskanal, 259 Tralles, 77
tabularii, 18, 173
Transpadana, , 323
tabularium principis, 362f.
transvectio equiturn, 1 12f.
Tacfarinas, 128
Transpadana, 122, 144f., 32lff.
Tarentum, 304
-+ Oberitalien
Tarquinii, 214 Tarracina, 304
trecenarius, 136 tres militiae, 330
Tarraconensis, 5, 32, 36, 151, 153,
tresviri nocturni, 46
355
tribunus angusticlavius, 115
394 tribunus 1aticlavius, 115, 330
tribunus militum, 74, 115 tribunus militum a populo, 114
- Besoldung, 172
tribunus plebis, 14, 3lf., 95, 109,
- in der Republik, 12 - Tätigkeiten, 172ft., 339 -+ servi; -+ liberti; -+ Soldaten
tributum, 43, 87, 220, 343
des Augustus, 83ff., 281ff. - Diokletians, 3
124, 126, 292 tribunicia potestas, 109 Trier, 233
Tripolitania, 185, 236, 358 triumvir monetalis, 125
triumviratus, 283 triumviri centuriis equitum
recognoscendis censoria potestate, 112
Truppenso!d, 43, 51, 95, 136, 338 P. Tullius Varro, 214 Turin, 350
C. Turranius Gracilis, 50, 100 Tusculum, 228 tutela, 221
Überschwemmungen, 15, 47, 93
Uccubi, 1 1 1
Ulpius Aurelius, 275 M. Ulpius Traianus-+ Traian Urso, 207, 220, 228, 238
Uthina, 197
L. Vaccius Labeo, 217
Valerian, 58, 306
Verwaltungsreformen
-
- Hadrians, 341ff., 349f., 354
Vespasian, 110, 1 1 1 , 139, 150, 154, 203, 213, 222, 276, 353, 360f.
Veteranen, 150 Sex. Vetulenus Cerialis, 53 M. Vettius Latro, 330f. via Aeclanensis, 304
via Aemilia.
299, 304
via Annia u.nd Popillia, 304
via App ia. 295ft. via Aurelia. Cornelia et triumphalis, 299
via Claudia. 296, 300f. v ia Claudia nova, 296
via Claudia Valeria, 296f.
Clodia, Annia, Cassia. Ciminia, 299
via
via Comelia et triumphalis, 300 via Domitiana, 296, 301f., 305 via Flaminia, 90, 299 via Flavia. 296
Valerii, 146 Valeri i Messallae, 155
via Herculea. 296
D. Valerius Asiaticus, 147
via Latina bzw. Labicana et Latina vetus, 299
M. Valerius, 214
M. Valerius Etruscus, 223
via lulia Augusta, 296 via
Latina. 90
Valerius Gratus, 332
via Nomentana, 300
L. Valerius Proculus, 278
via Popillia. 304
M. Valerius Messalla Corvinus, 90
Vanacini, 360
via Ostiensis et Campana, 300 via Praenestina. 300
T. Varius Clemens, 177, 223 Q. Varius Geminus, 143, 286, 288
via Sebaste, 3 1 1
vectigal, 163, 227f., 342, 348 vehiculatio, 6
302, 304, 305 via Valeria, 306
Vasio Vocontiorum, 203
via Salaria, 299
via Traiana. 169, 296, 297, 300,
Veii, 195
via Valeria Tiburtina. 299, 301
Veneter, 144
viae Appiae, Traianae item Anniae
Q. Veranius, 37, 76f. Cn. Vergilius Capito, 73
viae C1audiae, 300
Venafrum, 194, 213, 227, 238, 241, 244
Venetia et Histria. 143f., 145, 152
Verres, 185
Verwaltungspersonal, subalternes, 5, 20f., 86,
344
169ft.,
174, 308, 339,
viae Appiae Anniae Traianae?
Aureliae novae cum ramulis, 302 cum ramulis,302
viae Histriae Venetiae Transpadanae,
303 viae militares, 3 1 1
viae publicae, 292, 295ff., 300ff., 305, 309, 3 1 1 , 313
395 viae Traiaoa, Hadriana, Aurelia Antoniniana, 296, 300 viae tres Traianae, 296 vicesima hereditatium, 37, 44, 53, 342ff., 346, 348, 353
-+ procurator XX hereditatium vicesima libertatis, 34,
44,
53,
342ff., 345, 347f., 353 -+ procurator XX libertatis Vicetia, 313 A. Vicirius Martialis, 246 vico magistri, 47, 100 vicus Aurelianus, 224 Vienna, 147 Vigintivirat, 3 lf.,
123ff.
vilicus, 18, 172
T. Vinius, 64
Vipasca, 230f. M. Vipsanius Agrippa -+ Agrippa
P. Viriasius Naso, 284, 29lf. A. Vitellius, 134
Viterbo, 193 L. Vitrasius Flamininus, 319ff. C. Vitrasius Pollio, 130 Q. Voconius Saxa Fidus, 303, 306 Volkstribun -+ tribunus piebis Volsinii, 182 Volusü Saturni, 238 Q. Volusius, 129 M. Volusius Maecianus, 332 Vorderer Orient, 180f. Wachstafeln, 8f. Wasseranschlilsse,
private,
175ff.,
227f.• 234ff. Wasserbauten, 16lff., 179ff. - Benutzungskosten, 226ff. - Erstellungskosten, 218ff. - Strafen bei Missbrauch oder Beschlldigung, 242ff., 262 - Verlegungsrechte filr Leitungen, 1 9 l ff. Wassermilhlen, 190
uSpo+t\�
-+
Hydrophylax
Zaghouan, 200 Zölle, 342, 349ff.