Министерство образования и науки Российской Федерации Омский государственный университет им. Ф.М. Достоевского
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Министерство образования и науки Российской Федерации Омский государственный университет им. Ф.М. Достоевского
УДК 30+159.9 ББК 81.2 Нем. я73+88я73 П86 Рекомендовано к изданию в качестве сборника текстов редакционно-издательским советом ОмГУ 5 октября 2005 г., протокол № 4 Рецензент – доц. кафедры немецкой филологии Л.Л. Лузянина П86
ПСИХОЛОГИЯ КАК ЧАСТЬ КУЛЬТУРЫ Сборник текстов на немецком языке
Психология как часть культуры: Сборник текстов на немецком языке / Сост. Л.И. Дементий, Т.А. Пятова; Отв. ред. Т.А. Пятова. – Омск: Изд-во ОмГУ, 2004. – 54 с. ISBN 5-7779-0519-6 Издание содержит тексты, взятые из немецкой оригинальной литературы, включает задания к ним. Сборник адресован студентам-психологам и культурологам II курса, аспирантам, а также всем тем, кто интересуется немецкой научной литературой.
УДК 30+159.9 ББК 81.2 Нем. я73+88я73
ISBN 5-7779-0519-6
Изд-во ОмГУ
Омск 2004
© Омский госуниверситет, 2004
Предисловие Целью данного пособия является обучение чтению студентов-психологов, культурологов и аспирантов, изучающих немецкий язык. Пособие также предназначено для широкого круга лиц, интересующихся немецкой научной литературой по специальностям «Психология» и «Этика». Пособие отражает следующие темы: – психология как наука о духовном мире человека; – краткая история психологии; – психология как профессия; – психология и этика; – психология и культура. Тексты пособия заимствованы из оригинальной немецкой психологической литературы. Тексты расположены по жанровому признаку и снабжены заданиями. В методическом аппарате представлены два основных блока заданий: 1. Задания по обучению чтению и пониманию содержания текстов с ориентацией на подготовку к последующей устной передаче содержания (вопросы, сопоставление с предшествующим текстом, содержательный анализ отдельных предложений, заголовков, сопоставление планов содержания, просмотровое чтение и т.д.). 2. Смысловой анализ текстов, формирование собственного мнения по проблемно-дискуссионным вопросам содержания, творческие задания. При подготовке сборника текстов соблюдался принцип преемственности: содержание учебного материала (тематика) базируется на основе ранее изученного в курсе «Psychologie als Teil der Kultur», разработанном старшим преподавателем кафедры иностранных языков Омского государственного университета Т.А. Пятовой.
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Методические указания для студентов Рекомендуется следующая схема работы над каждым текстом: 1. Ознакомиться с заглавием текста, если оно есть, и перевести его на русский язык. 2. Прочитать текст. При первом прочтении текста, по возможности, не пользоваться словарём, а постараться понять общее содержание текста. 3. При втором и последующих прочтениях необходимо руководствоваться заданиями, данными после текста.
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Teil I
An der Schwelle Schule – Universität Text I. Was wissen die Abiturienten von der Psychologie? 1. Die Antworten: - Lehre von der Seele des Menschen. - Psychologie ist eine Geisteswissenschaft. - Wissenschaft von Verhalten des Menschen und seiner Verhaltensmuster. - Psychologie befaßt sich mit Verrücktheit und Abnormalität. - Psychologie beschäftigt sich mit dem Denken und Handeln des Menschen. - Zu ihren Methoden gehören auch Experimente. - Individuum und Umwelt. - Der Mensch wird durch Werte und Normen seines Umfeldes geprägt. - Gruppenverhalten, der einzelne und die Gruppe, Sozialpsychologie, Indiwidualpsychologie. - Gewissen, Gewalt, Kommunikation, Umgang mit Menschen, Angst, Frustration. - Psychoanalyse nach Freud: Es, Ich, Über-Ich. 2. Woher stammt das Wissen? - aus Religionsunterricht - im Zusammenhang mit der Unterrichtung in Werten und Normen - Psychologie-, aber auch Philosophiekurs - Sozialkunde - Fernsehen - Printmedien (zum Beispiel Psychologie Heute) 3. Welche Psychologinnen/Psychologen oder psychologischen Bücher kennst du / kennen Sie? - Freud (mit Abstand am häufigsten) - Milgram (deutlich seltener) - je einmal: u.a. Jung, Pawlow, Rogers, Sacks, Lorenz, Sherif, Allport
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4. Hast du dich / Haben Sie sich für ein Psychologie-Studium entschieden? Wunsch zum Studium noch bis vor kurzem, mich mit menschlichem Denken und Handeln zu befassen, aber aufgegeben wegen Zulassungsbeschränkung - Gründe gegen Studium: viel Literatur auf Englisch; zu viel Mathematik - Gründe für Studium: Interesse beruht auf eigenen Erfahrungen Die erfragten Berufsziele/-wünsche streuen wie bei anderen sozialen Gruppen breit und werden hier nicht wiedergegeben. 5. Welche Eigenschaften soll der Psychologe haben? - Neugierig sein auf andere Menschen und deren Lebenswelt. - Zweifeln können daran, daß ganze Psychologie nur eine Möglichkeit ist, menschliches Verchalten zu verstehen und zu erklären. Zugleich (heimlich) auch Soziologe, Biologe oder Historiker sein wollen und sich fragen, ob Psychologie notwendig zum Verständnis menschlichen Verhaltens gehört. - Kritisieren können: die historische Gebundenheit psychologischer Theorien begreifen wollen, aber nicht alles glauben. - Reflektieren können über das eigene Verhalten im Verhältnis zu anderen; nach den Gründen von menschlichem Verhalten fragen. - Irrtum als Methode: Irrtum bei sich und anderen als Ausgangspunkt für neue Erklärungsmöglichkeiten begreifen. - Sprache als “Kulturfräger” verstehen. - Menschen in ihren Lebenszusammenhängen sehen, die sie selbst geschaften haben und verändern können. - Vertrauen darauf, dass möglicherweise aus den formalsten Theorien der Psychologie Brauchbares herauskommt, um Menschen helfen zu können. - Entscheiden können zwischen eigenen und theoretischen Erklärungen und Standpunkten; zuweilen eigene Standpunkte aufgeben und andere annehmen. - Geduldig sein, weder sich noch andere vorschnell klassifizieren wollen; auf Antworten lange warten können. - Gucken\beobachten\ sich einlassen können auf psychische Phänomene. 6
- Aushalten und abwarten können, um anderen die Chance zum Darstellen zu geben. - Respekt gegenüber fremden menschlichen Äußerungen wie zum Beispiel Sprachbesonderheiten, Denk- und Empfindungsweisen und Verhalten zeigen. - Begriffliche Fähigkeiten besitzen; zwischen konkreter und allgemeiner Begrifflichkeit unterscheiden können. - Beschreiben und Erklären unterscheiden können.
Wissenschaftliche Fragestellungen fallen nicht vom Himmel. Sie sind das Ergebnis beständigen Nachdenkens von wißbegierigen Menschen, die nach Erklärungen für Dinge suchen, die sie in ihrem täglichen Leben an sich selbst oder anderswo beobachten und erfahren. Warum weint ein Mensch, wenn er traurig ist? Wie kommt es, dass Menschen Höhenangst haben oder sich nicht trauen, über eine Brücke zu gehen? Warum empfindet jemand Genugtuung, wenn er anderen
Schmerz zufügt? Warum stottert ein Kind, und wieso ist es so gesund, mindestens einmal am Tag zu lachen? Fragen über Fragen, für die es noch immer keine abschließenden Antworten gibt. Erklärungen beobachtbarer Sachverhalte – also die Beantwortung der Frage nach dem Warum einer Sache – und die Suche nach neuen, erstrebenswerteren Formen menschlicher Lebensgestaltung – also das Bemühen, menschliche Lebensqualität zu verbessern – sind die zentralen Fragen, die wissenschaftliche Arbeit vorantreiben. Hochschulen und Forschungszentren sind Orte, die sich eine Gesellschaft schafft, um das systematische Nachdenken über Fragen menschlichen Zusammenlebens in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Alle dort bearbeiteten Fragestellungen sind irgendwann einmal unseren tagtäglichen Erfahrungen und Beobachtungen entsprungen. Zweifelnde gläubige Menschen haben nach Gottesbeweisen gesucht, andere haben über die technischen Möglichkeiten nachgedacht, wie wir in den Tiefen der Ozeane nach andere als uns bekannten Formen natürlichen Lebens suchen können. Selbst komplizierteste Fragestellungen in der Atomphysik oder bei der Erforschung menschlicher Hirntätigkeit lassen sich zurückverfolgen bis zu ihrem Uhrsprungsort in den “Niederungen” alltäglicher konkreter Erfahrungsbildung und dem Versuch, sie erklären zu wollen. Wissenschaftliches Erkentnisinteresse in den Psychologie ist stets verbunden mit dem Anspruch, Menschen verstehen und/oder ihr Verhalten im Unterschied zu anderen Menschen erklären zu können. Etwas zu verstehen und zu beschreiben gibt es dann, wenn wir Verhaltensweisen oder Empfindungen von Kindern oder Erwachsenen in ihrem Enstehungszusammenhang und in ihrer jeweiligen Qualität für uns selbst, mehr noch für andere nachvollzihen wollen. Uns ist nicht bis ins einzeln bekannt, woraus eine Sache entspringt, was also ihre Ursache ist; aber wir können Zusammenhänge kindlichen Verhaltens beispielsweise mit dem seiner Eltern beschreiben und plausibel machen. Erklären dagegen bedeutet, eine beobachtbare Erscheinung auf ihre Ursache zurückzuführen derart, daß wir mit der Herstellung der Ursache die erwartete Konsequenz, also eine kindliche Verhaltensweise beispielweise hervorrufen können.Gelingt uns das, dann haben wir die Kernfrage jedweden wissenschaftlichen Forschens und Nachdenkens be-
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Задания 1. Прочтите и переведите вопросы и ответы текста I. 2. Укажите, какие из ответов текста совпадают с вашим мнением. 3. Охарактеризуйте психологическое мышление, используя ответы № 5 по схеме: Psychologisches Denken als Bezug
(1) auf das eigene Selbst
(2) auf andere Menschen\ Sachen\ Situationen heißt
Text II. Psychologie – die Wissenschaft vom Seelenleben des Menschen. Zum Begriff Psychologie als Wissenschaft
antwortet: die nach dem Warum einer Sache,einer Beobachtung,einer Erscheinung-auch Phänomen genannt. Zu solchen Fragen gehört zum Beispiel die nach den Gründen einer umsatzsteigernden Wirkung von farbiger Verpckungsgestaltung für eine triste Schuhcreme. Warum lassen sich Konsumenten davon beeinflussen? Flugzeugbesatzungen werden von Psychologen im Kommunikationstraining geschult, damit sie in einer Notsituation sekundenschnell richtige Entscheidungen in gegenseitiger Absprache treffen.Warum sind sie nicht allein dazu fähig? Psychologische Gutachter helfen bei einer Sorgerechtsentscheidung vor Gericht mir ihren sachverständigen Stellungnahmen. Sie beantworten darin u. a. die Frage, ob es für das Kindeswohl förderlicher ist, künftig beim Vater oder bei der Mutter aufzuwachsen. Und Psychologen untersuchen die Ermüdungsverläufe des Kontrollpersonals im Elektrizitätskraftwerk. Sie beantworten, warum diese Art der Tätigkeit einen Menschen über Gebühr belastet und wie man ihn im Interesse noch größerer Zuverlässigkeit schulen muß, um die Fehlerraten zu senken.
Задания 1. 2. 3. 4.
Прочитайте текст “Zum Begriff Psychologie als Wissenschaft.” Озаглавьте каждый абзац. Составьте план к тексту. Найдите в тексте данные, подтверждающие разнообразие проявления человеческих чувств. 5. Дайте определение понятию «Psychologie», исходя из текста. 6. Переведите текст устно.
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Text III. Psychologie als Natur-, Geistes-, Kultur-, und Sozialwissenschaft Wißbegieriger: “Warum fliegen Vögel vor dem Winter gen Süden?” Wissenschaftler: “Instinkt.” Zu deutsch: “Wissen wir nicht” Hoff. Es ist nicht leicht, den Kern, das Besondere der Psyhologie herauszustellen und ihren Gegenstand so zu bestimmen, dass sie sich eindeutig von anderen Wissenschaften abgrenzen läßt. Die Psyсhologie ist eine vielgestaltige Wissenschaft, die aufgrund ihrer “doppelten historischen Wurzeln” – in der Philosophie einerseits, in der Medizin andererseits – kein einheitliches Profil entwickelt hat. Das, was die Psyсhologie erforschen und thematisieren soll/kann, und die Methoden, die sie dabei zur Anwendung bringt, werden von den Vertreterinnen und Vertretern des Fachs jeweils unterschiedlich gesehen. Am Beispiel des Träumens sollen diese verschiedenen Perspektiven aufgezeigt und in ihren Eigentümlichkeiten entwickelt werden. Das Träumen erscheint auf den ersten Blick als gut definiertes Phänomen, bei genauerem Hinsehen aber führt es zu ganz unterschiedlichen Fragen und Forschungsansätzen.
Die Vielgestaltigkeit der Psychologie Das Träumen als Teil des menschlichen Erlebens ist eines der klassischen Themen der Psychologie, wurde aber, schon bevor es die Psychologie als “Fach” gab, von verschiedenen Disziplinen (Philosophie, Theologie, Geschichtswissenschaften) erforscht. Träume werden sowohl von seiten der naturwissenschaftlich ausgerichteten als auch von seiten der geisteswissenschaftlich ausgerichteten Psychologie als Gegenstand der wissenschaftlichen Psychologie anerkannt. Gleichzeitig ist der Traum ein kultur- und sozialwissenschaftlich interessantes Phänomen.
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Naturwissenschaftliche Perspektive: Eine Naturwissenschaftlich ausgerichtete Psychologin würde das Träumen zu erforschen verzuchen, indem sie (möglichst viele) Versuchspersonen in ihr Schlaflabor bittet, diese an ein EEG- und EKG-Gerät anschließt und ihre Augenbewegungen mißt, während sie schlafen und träumen. Eine solche Forscherin würde ihre Versuchspersonen zu unterschiedlichen Zeiten aufwecken und sie fragen, ob sie etwas geträumt haben. Vielleicht würde sie ihre Versuchspersonen während des Schlafens auch noch beobachten und zum Beispiel ihre Körperbewegungen registrieren. Bei diesen Experimenten würde sie möglicherweise auf den sogennanten REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), die traumintensive Schlafphase, stoßen und sehen, daß es,physiologisch betrachtet, unterschiedliche Schlafphasen gibt. Das Vergessen von Träumen nach dem Aufwachen würde sie vielleicht damit erklären, dass im Schlaf zwar unser Gehirn Aktivität zeigt, aber unser (Langzeit) Gedächtnis nicht aktiv ist, oder auch damit, dass wir unsere Traumbider nicht recht für das Gedächtnis kodieren können und das Speichern nicht funktioniert. Geisteswissenschaftliche Perspektive: Ein geisteswissenschaftlich ausgerichteter Psychologe würde etwas anders als seine naturwissenschaftliche Kollegin vorgehen und zum Beispiel bei seinen eigenen Träumen und ihren Inhalten anfangen. Er könnte in einem Tagebuch seine Träume notieren und als “Geschichten” zu analysieren versuchen. Außerdem würde er andere Menschen nach ihren Träumen fragen und sich ihre Träume erzählen lassen. Dabei würde er vielleicht festellen, dass bestimmte Traummotive (Haus, Turm, Baum, Wasser, Feuer, Schlangen, Riesen, Zwerge…) oder bestimmte Traumarten (Angsttraum, Prüfungstraum, Wecktraum …) wiederholt auftreten und jeweils bestimmte Gefühle bei den Träumenden auslösen. Möglicherweise würde er einigen Traummotiwen Symbolcharakter zuschreiben und die Bedeutungen dieser Symbole verallgemeinern. Er könnte das Vergessen von Träumen damit erklären, daß die Träume aus unserem Unbewussten kommen.
Задания 1. Прочитайте текст и поставьте к нему 6 вопросов.
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2. Найдите в тексте информацию по теме «Сон, сновидения – психологические аспекты» и прочитайте ее. 3. Объясните выбор эпиграфа к данному тексту на русском языке. 4. Переведите письменно первую часть текста. 5. Выпишите из текста различные виды придаточных предложений и переведите их.
Text IV. All diese Perspektiven unterscheiden sich insbesondere darin, welche Fragen und Probleme zum Thema “Träumen” sie aufwerfen und mit welchen Methoden – Messen, Befragen, Selbst- oder Fremdbeobachtung – sie diese Fragen des Gegenstandsbereiches Traum bearbeiten. Dabei wird deutlich, dass die jeweilige Perspektive bestimmte Aspekte in den Vordengrund rückt und andere mehr oder weniger ausblendet. Die Naturwissenschaftlerin konnte Zusammenhänge zwischen Trauminhalten und historischen Ereignissen nicht erkennen, weil ihre Messgeräte nur physiologische, nicht aber semantische, also beteutungstragende Elemente registrieren. Die Sozialwissenschaftlerin konnte nicht entdecken, daß es unterschiedliche Schlafphasen gibt, weil sie sich ausschließlich für die Inhalte der Träume im historischen Kontext interessierte. Außerdem sind die Orte der Forschung (Labor, “natürliche Umgebung”) und das Material (physiologische Daten, Erzählungen, Texte) der Forschungsperspektiven verschieden, und es kommen jeweils unterschiedliche Quellen und Personen zu Wort. Darüber hinaus werden sozialwissenschaftlich geprägte Erkenntnisse innerhalb der Psychologie vermutlich kaum als “wissenschaftliche Erkenntnisse” anerkannt werden.
Задания 1. Прочитайте текст IV и озаглавьте его. 2. Опишите одно из своих сновидений на немецком языке. 3. Переведите на русский язык термины “Messen”, “Befragen”, “Selbst- oder Fremdbeobachtung”.
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Text V. Orientierungsfragen - Bin ich auf der Suche nach einer “exakten” Wissenschaft, oder kann ich mehrere Perspektiven und “Wahrheiten” aushalten? - Suche ich eine einheitliche Wissenschaft mit einer traditionellen Grundausrichtung, oder kann ich verschiedenen wissenschaftlichen Traditionen etwas abgewinnen? - Traue ich mir zu, ein Grundstudium zu absolvieren, in dem Statistik einen breiten Raum einnimmt? - Habe ich bereits “speziellere Erwartungen” an die Psychologie und Lust, mich über die Angebote an verschiedenen Hochschulen zu informieren, um mir ein entsprechendes Angebot auszusuchen? - Habe ich Freude daran, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und/oder sie in ihrem Alltag zu beobachten? Beobachte ich mich auch selbst gern? - Kann ich mir vorstellen, ein Fach zu studieren, in dem der Mainstream naturwissenschaftlich ausgerichtet ist?
Задание 1. Ответьте на вопросы на немецком языке.
Spannundsfeld zwischen den Geistesund Naturwissenschafen verwurzelt ist. Die Etablierung der Psychologie als eigenständiger Disziplin könnte man mit der Gründung des ersten psychologischen Instituts von Wilhelm Wundt (1832–1920) in Leipzig 1879 beginnen lassen. Einer ihrer “Vorläufer” jedoch ist Zeitschrift, die im Zuge derAufklärung gegründet wurde und ihrerseits einen Beginn der Psychologie markiert. Diese Zeitschrift nämlich unternimmt eine Hinwendung zum Empirischen, also zu Erfahrungen, Beobachtungen und Beschreibungen, und wendet sich damit – zunächst einmal – von den eher theoretischen Überlegungen der Philisophie ab.
Задания 1. Прочитайте текст. 2. Ответьте на следующие вопросы: Warum ist die Geburtsstunde der Psychologie schwer zu bestimmen? Welche Fragen wurden in der griechischen Philosophie diskutiert? Wann könnte man die Etablierung der Psychologie als eigenständiger Disziplin beginnen lassen? Was kann man über die Zeitschrift “Vorläufer” erzählen?
Text VI. Kleine Geschichte der Psychologie Die Geburtsstunde der Psychologie ist schwer zu bestimmen. Psychologische Fragen und Themen haben Menschen von jeher beschäftigt. Bereits in der griechischen Philosophie wurden Fragen diskutiert, die philosophischer und psychologischer Natur sind, etwa nach dem Sinn des Lebens, nach der Ethik des Handels oder der Möglichkeit, Erkenntnisse über sich und andere zu jewinnen. Im folgenden soll die Geschichte der Psychologie als eigenständige Wissenschaft anhand einer kleinen Chronologie derjenigen Ereignisse nachgezeichnet werden, welche die heutige Vielfalt in der Psychologie geprägt haben. Es wurde eine möglichst kontrastreiche Sammlung psychologiehistorischer Ereignisse zusammengestellt, um deutlich zu machen, dass die Psychologie bereits aufgrund ihrer geschichtlichen Entwicklung im
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Text VII. 1897: Wilhelm Wundt und das erste psychologische Institut in Leipzig Wundt (1832–1920) ist einer der ersten, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrunderts der Psychologie einen eigenen Ort innerhalb der Universität gaben. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden psychologische Phänomene immer im Rahmen anderer Disziplinen wie in der Physik oder der Physiologie erforscht. 1879 gründete Wundt, der Philosophie studiert hatte, in Leipzig das erste Institut für experimentelle Psychologie. Dort versuchte er zunächst, einfache seelische Vorgänge zu messen, und zwar mit Hilfsmitteln wie dem Tachistoskop, dem Ergographen, einem Kurvenschreiber, einem Gesichtsfeld- und Hörschärfemesser, Farbtafeln, einem Tastzirkel etc. Diese bildeten, vergleichbar den Reagenzgläschen, dem Bunsenbrenner oder dem Thermometer, die 14
Grundausstattung der psychologischen Institute, die sich “Laboratorien” nannten und damit ihre Nähe zu den experimentellen Naturwissenschaften unterstrichen. Neben dieser experimentellen Psychologie entwickelte Wundt, dessen Gesamtwerk auf ca. 53000 Seiten geschätzt wird, eine ebenso umfangreiche wie umstrittene Völkerpsychologie, in der andere Methoden als Experiment zur Anwendung kamen. In dieser Vielseitigkeit wäre Wundt heute mindestens ein ungewöhnlicher Psychologe. Die experimentelle Psychologie etablierte sich unter Wundt und seinen Schülern wie eine Naturwisenschaft und übernahm deren Wissenschafts- und Weltbild. Es ging um das Messen und empirische Prüfen von Hypothesen. Dadurch sollten “gesicherte”, also “wissenschaftliche” Erkentnisse gewonnen werden. Die experimentelle Ausrichtung der Psychologie ist bis heute lebendig geblieben. Interessant an Wundt ist, dass er sich in seinen Experimenten ebenfalls der Introspektion bediente und seine Versuchspersonen eigens in dieser Methode schulte. Wer an seinen Experimenten teilnahm, wurde zunächst darauf “trainiert”, seine eigenen Gefühle, Bilder, Gedanken etc. zu beobachten und zu beschreiben. Die introspektive Methode birgt trotz der Schulung viele Probleme, die in der Geschichte der Psychologie kontrovers diskutiert wurden und werden. Introspektive Beobachtungen sind nicht durch andere direkt überprüfbar. Diese “NichtÜberprüfbarkeit”, die gegen ihre Verwendung als wisenschsftliche Methode spricht, führt allerdings dazu, dass solche Erlebnisse, über die nur auf introspektivem Weg Erkentnisse gewonnen werden könen wie die Trauminhalte, das Schmerzerleben, subjektive Erinnerungen etc., nicht zum Gegenstand der wissenschaftlichpsyhologischen Forschung werden können. Die mit einer solchen Wissenschaftsauffassung verknüpfte Ausgrenzung macht deutlich, dass das Wissenschaftskriterium der Überprüfbarkeit nicht unproblematisch ist und es sinnvoll sein kann, es durch weitere Kriterien zu ergänzen oder auch zu ersetzen. So könnten zum Beispiel Kriterien wie “Nachvollziehbarkeit”, “Plausibilität” oder “Glaubwürdigkeit” für die Anerkennung von introspektiven Daten herangezogen werden.
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Задания 1. Прочитайте текст, скажите, какую для вас интересную информацию он содержит? 2. Прочитайте текст ещё раз и скажите, есть ли в нем сведения: 1) об Институте экспериментальной психологии; 2) о методах экспериментальной психологии; 3) об интроспективных наблюдениях? 3. Выпишите термины и переведите их. 4. Кратко перескажите текст на немецком языке.
Text VIII. 1899: Sigmund Freud, die “Traumdeutung” und die Psychoanalzse Interessanterweise bediente sich auch Sigmund Freud (1856– 1939) bei der Entdeckung und Entwicklung der von ihm begründeten Psychoanalyse u.a. der Methode der Introspektion. Allerdings wandte er sie auf sich selbst an. Freud, der Medizin studiert hatte, war 39 Jahre alt, als er begann, seine eigenen Träume zu analysieren und als Quelle der Selbst- und Seelenerkenntnis zu erforschen. In seiner “Vorbemerkung” zur 1899 erstmals erschienenen “Traumdeutung” unterstreicht er den für die Psychologie (in gewisser Weise auch für die Medizin) paradigmatischen, also den für eine Wissenschaft grundlegenden Charakter der Erforschung der Träume. Dabei geht er weit über die Entwiclung einer Traumtheorie hinaus und gelangt zu den angekündigten grundlegenden Erkenntnissen über die menschliche Seele: “Wer sich die Entstehung der Traumbilder nicht zu erklären weiß, wird sich auch um das Verständnis der Phobien, Zwangs- und Wahnideen, eventuell um deren therapeutische Beeinflussung, vergeblich bemühen”. Die von der “Traumdeutung” ausgehende, revolütionär zu nennende Erkenntnisbewegung liegt in der Entdeckung des Unbewussten. Dies ist auf den ersten Blick mehr als erstaunlich, geschieht sie doch durch einen Vertreter der Wissenschaft, die dem Vernunftideal anhängt und die Rationalität über alles stellt. Innerhalb der Wissenschaft die Idee des Unbewussten zu entwickeln, also den Gedanken zu fassen, dass nicht alles 16
den rationalen Gesetzen gehorcht, ist ungewöhnlich, weil alles auf die Aufdeckung solcher Gesetzmäßigkeiten hin ausgerichtet war. Auf den zweiten Blick aber erweist sich auch Freud als ein Kind dieser Wissenschaft, nämlich dann, wenn er diesem Unbewussten einen Sinn zuspricht, also dem Irrationalen ein rationales, logisches Moment zuordnet. Die Entdeckung des Unbewußten markiert damit gleichzeitig den Beginn der Psychoanalyse als einer neuen psychologischen Disziplin: einer Wissenschsftsauffassung, eines Erkenntnisinstruments und einer Behandlungstechnik gleichermaßen: “Auf den folgenden Blättern werde ich den Nachweis erbringen, dass es eine psychologische Technik gibt, welche gestattet, Träume zu deuten, und dass bei Anwendung dieses Verfahrens jeder Traum sich als ein sinnvollles psychisches Gebilde herausstelt”. Was Freud hier über den Traum sagt, wird er später auch über andere psychische Symptome und weitere sogenannte Fehlhandlungen (Vergessen, Versprechen, Verlieren, Verlegen etc.) sagen.
Задания 1. Прочитайте и переведите текст. 2. Найдите предложения, которые содержат распространенное определение. 3. Ответьте, какое новое «революционное» открытие в области психологии делал Фрейд? 4. Скажите, что нового о психоанализе вы узнали из этого текста?
Text IX. Psychologinnen und Psychologen auf dem Arbeitsmarkt Nach internen Schätzungen des BDP (Bund Deutscher Psychologen und Psychologinnen), die auf Hochrechnungen der dort organisierten Mitglieder beruhen, ist (noch) die überwiegende Mehrheit aller Psychologinnen und Psychologen in Institutionen beschäftigt. Davon gehören ca. 60 bis 70 Prozent zur öffentlichen Hand; andere Arbeitgeber sind beispielsweise karitative Einrichtungen, Betriebe oder Organisationen. Diese angestellten Psychologinnen und Psychologen verteilen sich danach wie folgt auf die verschiedenen Praxisfelder: Angestellte und Beamte in der Klinischen Psychologie 17
35%
Klinische Psychologinnen und Psychologen, selbstän- 20% dig Lehre und Forschung 15% Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie 12% Marktforschung und Werbung 7% Forensische Psychologie 5% Schulpsychologischer Dienst 4% Verkehrspsychologie 2% Verteilung der Psychologinnen und Psychologen auf verschiedene Arbeitsfelder (Quelle: BDR, 1991) Die Mehrheit ist demnach im Bereich der Klinischen Psychologie tätig (35%), davon liegt der Frauenanteil bei ca. 50 Prozent. Dies entspricht dem Studienwunsch und- verhalten der meisten Studierenden: ca. 50 Prozent aller Studienanfängerinnen und -anfänger nennen Klinische Psychologie und/ oder Therapie als ersten Berufswunsch. Die Aufgabengebiete Klinischer Psychologinnen oder Psychologen umfassen Prävention (das heißt Verhütung, Vorbeugung), Diagnostik und Psychotherapie ebenso wie Beratung und Rehabilitation. Ihre Arbeitsfelder sind unterschiedlichste ambulante und stationäre Einrichtungen wie Kliniken, Beratungsstellen, Heime oder Privatpraxen. Im Bereich von Lehre und Forschung sind etwa 15 Prozent beschäftigt. Ihre Aufgaben bestehen in der Weiterentwicklung der Psychologie als Wissenschaft und der Vermittlung psychologischen Grundlagenwissens an Studierende, beispielsweise an Hoch- oder Fachschulen. Als Arbeits- und Organisationpsychologen arbeiten ca. zwölf Prozent. Sie befassen sich mit den unterschiedlichsten Fragestellungen, die sowohl den Menschen im Arbeitsprozess als auch die Gestaltung der Bedingungen menschlicher Arbeit betreffen. Zu ihren Aufgaben gehören u. a. Gestaltung von Arbeitsplätzen, Fragen der Arbeitssicherheit, Unfallforschung, Personalauswahl (Eignungsdiagnostik) und -entwicklung (wie innerbetriebliche Weiterbildungsmaßnahmen, Teamarbeit), aber auch Organisationsberatung und entwicklung (wie Entwicklung und Einführung neuer Methoden zur Personalführung). 18
Etwa sieben Prozent sind im Bereich von Marktforschung und Werbung tätig. Sie untersuchen beispielsweise die Werbewirkung von Produktpräsentationen oder versuchen, per Umfragen Kaufmotive zu erforschen. Die verbleibenden elf Prozent verteilen sich auf schulpsychologische Dienste, forensische und Verkehrspsychologie. Forensische Psychologen arbeiten u. a. auf dem Gebiet der Gutachtenerstellung in Gerichtsprozessen (wie Beurteilung von Zeugenaussagen und Tatverdächtigen), Verkehrspsychologen sind unter anderem mit der Begutachung und Beurteilung der Fahreignung nach einem Führerscheinentzug befasst.
Задания 1. Прочитайте и переведите текст. 2. Ответьте на вопрос, каким видом психологической деятельности вы хотели бы заниматься? Используйте таблицу. 3. Составьте на материале текста краткую сравнительную характеристику рынка труда в области психологии в ФРГ и в России.
Text X. Psychologie als Beruf Der Weg in die Berufspraxis verläuft nur in den seltensten Fällen geradlinig, zumal in den letzten Jahren. 31 bis 54 Prozent der Psychologiestudentinnen und -studenten haben vor dem Psychologiestudium eine andere Ausbildung abgeschlossen, 24 bis 35 Prozent ein anderes Studium begonnen. Solche “Umwege”, weitere Ausbildungen und Warteschleifen werden einerseits vom Arbeitsmarkt eingefordert oder sind durch den Numerus clausus bedingt. Andererseits ist es angesichts der Fülle von unterschiedlichen Berufsfeldern für Psychologie-Absolventinnen und -Absolventen nicht leicht, den passenden Ort zu finden. Oftmals sind es informellere Kontrakte, persönliche oder professionelle Erfahrungen aus Praktikums-, Arbeits- und Ausbildungszusammenhängen, die sich als ergiebig für das Suchen und Auffinden von Arbeitsplätzen erweisen. Wir möchten nun exemplarisch Praktikerinnen und Praktiker, allesamt Diplom-Psychologinnen und -Psychologen, selbst zu Wort kommen lassen, damit sie von ihrem Weg in den Beruf und ihrem aktuellen Arbeitsalltag, von 19
ihren Freuden und Leiden erzählen. Die Autorinnen und Autoren orientierten sich in ihren Texten an folgenden, von uns vorgegebenen Leitfragen: – Wie sah dein Weg in den Beruf und hin zu diesem, deinem aktuellen Arbeitsplatz aus? – Wie hast du den Wechsel vom Studium in den Beruf erlebt? – Wie sieht ein “typischer Arbeitstag” aus? – Welche psychologischen Kompetenzen brauchst du in deiner Arbeit? – Was könntest du zu deiner Rolle als Psychologin/Psychologe innerhalb deiner Institution sagen? – Mit welchen Berufsgruppen arbeitest du in welcher Weise zusammen? – Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Freude, wo gibt es Probleme? – Was möchtest du Studienanfängerinnen und -anfängern über deinen Beruf (oder die Psychologie im allgemeinen) mit auf den Weg geben? In den Berichten aus der Praxis wird u. a. deutlich, dass die Arbeit als Psychologin und als Psychologe in der Regel bedeutet, in eine Institution eingebunden zu sein oder mit mindestens einer Institution zusammenarbeiten zu müssen. Dabei werden Psychologinnen und Psychologen mit Bündeln von zum Teil unterschiedlichen, bisweilen sogar widersprüchlichen Erwartungen konfrontiert. Sie sollen Krankheitsdiagnosen stellen und/oder Prognosen über das zukünftige Verhalten von Menschen abgeben, sie sollen Menschen wieder gesund machen, das kann heißen: schulfähig, arbeitsfähig, gesellschaftsfähig, leistungsfähig, partnerschaftsfähig, glücksfähig, fahrtauglich etc. Diese unterschiedlichen Ansprüche müssen – gemeinsam mit eigenen Vorstellungen und psychologischen Erkentnissen über Grenzen und Möglichkeiten menschlichen Handelns – in die Arbeit intergriert werden. Auch hier gilt es, unterschiedliche Perspektiven zu reflektieren, einen eigenen Stand-ort zu bestimmen und Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln, die dem Stand des psychologischen Wissens, den ethischen Anforderungen an die psychologische Arbeit,
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den Bedürfnissen von Klientinnen, Klienten und Auftraggeberinnen, gebern und eigenen Vorstellungen gleichermaßen gerecht werden. In der Darstellung der Praxisfeldbeschreibungen wurde die Systematik der psychologischen Arbeitsfelder (vgl. vorangegangenes Kapitel) zugrunde gelegt, und zwar in folgender Reihenfolge: A: Klinische Psychologie A1: Psychiatrie A2: Rehabilitationspsychologie in der Orthopädie A3: Neuropsychologie A4: Kinder- und Jugendpsychiatrie A5: Sozialpsychiatrischer Dienst im Gesundheitsamt A6: Psychologie in einer psychologisch-therapeutischen Beranugsstelle für Studierende A7: Klinische Psychologie in selbständiger Praxis
Задания 1. Прочитайте и переведите текст. 2. Ответьте на поставленные в тексте вопросы на немецком языке. 3. Сравните данные предыдущего текста с информацией из текста № I.
Text XI. Kinder- und Jugendpsychiatrie Meine Arbeit als Psychologe im Krankenhaus Früher war das alles viel einfacher. Während des Studiums habe ich eigentlich nie einen unsichern Gedanken daran verschwendet, ob ich denn nach dem Diplom eine Arbeit finden würde. Wir kümmerten uns während des Studiums mehr um den fehlenden Praxisbezug unserer Ausbildung als um fehlende künftige Praxisfelder. Damals gab es tatsächlich nur sehr wenige Psychologen, die den Beruf eines Psychologen ausübten, ich schätze für 1974 etwa 5000. Erst machte ich einen kurzen Abstecher an eine Pädagogische Hochschule. Als wissenschaftlicher Assistent galt mein ganzer Einsatz und Eifer den Vorlesungen, Seminaren und Übungen für die künftigen Lehrerinnen und Lehrer. Aber dann landete ich am 1. Januar 1974 in
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der Institution, die ich in meiner Diplomarbeit so intensiv analysiert hatte: in einer psychologischen Klinik. Ein kleines klammheimliches Berufsverbot hatte mir die angepeilte Hochschullaufbahn an der Universität gemachte Stellenzusage auch eingehalten wird, wollte ich nicht bleiben, aber in Bremen wollte ich leben. “Frag doch mal in der Kinderpsychiatrie nach”, sagte mir eine Ärztin der damaligen Nervenklinik, “da wird eine Stelle frei.” Im November gab ich meine Bewerbung ab und stelle mich vor, sechs Wochen später fing ich an. Froh war ich, weil nun praktisch zu erproben war, was ich so schön analysiert hatte. Tatsächlich wurden wir Psychologen. Wir waren zu zweit – damals als “Testknechte” gesehen: Psychodiagnostik und Beratung der Erzieherinnen und Erzieher, das war unser Job. Der damalige Chefarzt ließ uns nur zu den wöchentlichen Fallbesprechungen auf die Stationen, Krankengeschichten durften wir nicht einsehen. Aber der Wechsel in den Beruf war trotz dieser Einschränkungen (gelegentlich war das wie Schikane) angenehm: Ich war ja den ganzen Arbeitstag von Kindern umgeben. Bis heute ist das der alltägliche Gewinn meiner Arbeit: die Kinder. Inzwischen ist alles anders, zumindest bei uns. In unserer Klinik sind Psychologinnen und Psychologen angesehene und gleichberechtigte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Sie sind wie Ärztinnen und Ärzte für die Behandlung von Patientinnen und Patienten zuständig, machen Aufnahmen und Entlassungen, verantworten die Therapien, führen die Krankenakte. Mein Berufsleben in diesem Krankenhaus (Ende der 70er Jahre zum riesigen Zentralkrankenhaus mit mehr als 2000 Beschäftigten und mit inzwischen nicht einmal mehr der Hälfte psychiatrischer Betten gewandelt) hat mehrere Etappen: vier Jahre ausschließlich Psychodiagnostik und Beratung, vier Jahre gemeinsam mit einem Arzt oder einer Ärztin auf einer Kinderstation, vier Jahre auf einer Jugendlichenstation, fünf Jahre freigestelltes Mitglied im Personalart des Krankenhauses. Es folgten zwei Jahre als therapeutischer Leiter einer Kinderstation. Knapp drei Jahre war ich danach wissenschaftlicher Berater der Pflegedienstleitung des Krankenhauses im Qualitätsmanagement der somatischen Stationen. Jetzt bin ich Leiter der Tagesklinik der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. 22
Mein Arbeitstag ist jeden Tag gleich – und täglich neu. Für acht Kinder, die in der Tagesklinik behandelt werden, bin ich verantwortlich, natürlich nicht allein. Ich beginne um halb acht und bleibe bis zum Schluss, in der Regel bis 16.00 Uhr. Dazwischen: Termine mit den Kindern (Diagnostik oder Therapie), Elterngespräche, Besprächungen (möglichst nicht so viele), Besuche in Kindergärten, Schulen, andere Institutionen, aus denen die Kinder kommen, Berichte schreiben, Tests auswerten. Nichts zu tun gibt es nie. Schichtdienst haben wir nicht. Ich nehme auch nicht am “Hintergrund-Rufdienst” unserer Klinik teil, das machen die ärtzlichen Kolleginnen und Kollegen. Wir haben in der Tagesklinik eine Arbeitsweise entwickelt, die in der Kinder- und Jugentpsychiatrie noch selten so konsequent, praktiziert wird: Immer sind eine Therapeutin oder ein Therapeut (das ist in unserer Klinik der Sprachgebrauch für Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psychologen. Задания 1. Прочитайте текст и переведите его устно. 2. Ответьте на вопросы: 1) Was können Sie über den Autor des Textes erzählen? 2) Wie verstehen Sie das Wort “Berufsverbot”? 3) Warum ist der Arbeitstag in der Klinik täglich neu?
Text XII. Psychologie in einer psychologisch-therapeutischen Beratungsstelle für Studierende Deutsche und ausländische Studierende erhoffen sich von psychologisch-therapeutischer Beratung Problembewältigung und (Wieder-) Gewinnung von Handlungsfähigkeit. Sie wünschen sich einen Menschen, der sich erst einmal Zeit für sie nimmt und ihnen nicht wertend zuhört. Vom Studium erwarten sie einerseits, dass es Raum und Zeit für Lernprozesse und akademische Qualifikation bietet, andererseits erhoffen sie sich persönliche Weiterentwicklung. Weder das eine noch das andere verläuft jedoch widerspruchsfrei und kontinuierlich.
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Neben professioneller Kompetenz und Kenntnis des Hochschulkontextes wird von der Beraterin bzw. dem Berater das Einfühlen in sehr unterschiedliche biographische Konstellationen erwartet. Die Studierenden, zumeist zwischen 20 und 30 Jahren, befinden sich in einer bestimmten “Statuspassage”, also in einem Übergang zwischen Schulzeit, Zivil- oder Wehrdienst bzw. sozialem Jahr und dem späteren Berufsleben. Themen der Beratung berühren häufig Facetten der Identitätssuche. Die institutionelle Anbindung und organisatorischene Einbettung psychologisch-therapeutischer bzw. psychosozialer Beratungsstellen an deutschen Hochschulen sind sehr unterschiedlich. Eine Minderheit ist an Universitätskliniken, psychologische Fachbereiche und Institute angebunden, etwa ein Viertel fällt unter die (Teil-) Trägerschaft der jeweiligen ortsansässigen Studentenwerke. Der weitaus größte Teil ist direkt in die Organisationsstruktur der Hochschulen eingebunden, hier wiederum teilweise eng verzahnt mit der allgemeinen Studienberatung. Wenn ich mich im weiteren beispielhaft auf die von mir geleitete Beratungsselle in Hannover beziehe, so weist diese u. a. die Besonderheit auf, eine zentrale Einrichtung der Universität, jedoch zuständig für die insgesamt ca. 43 000 Studierenden auch der anderen hannoverschen Hochschulen zu sein. Dies sind die Medizinische Hochschule, die Tierärztliche Hochschule, die Hochschule für Musik und Theater und die Fachhochschule Hannover. Die Beratungsstelle wurde 1970 gegründet. Zu diesem Zeitpunkt ist für studentische Beratungseinrichtungen in Westdeutschland generell ein “Gründungsboom” zu verzeichnen; an einigen Universitäten stieg die Zahl der Selbsttötungen von Studierenden, beunruhigte die Öffentlichkeit und setzte die Hochschulleitungen unter Handlungszwang. Während in den neuen Bundesländern noch in DDR-Zeiten bis zur Wende erst 16,3 Prozent der Beratungseinrichtungen existierten, setzte hier dann ab 1990 eine Gründungswelle ein. Zu den Hauptarbeitsfeldern einer psychologisch-therapeutischen Beratungsstelle im Hochschulkontext zählt Einzelberatung zu einer Vielzeit von Themenschwerpunkten wie Störungen und Krisen im Studienverlauf, Beziehungs-/Partnerschaftsprobleme und familiäre Belastungen, Prüfungsängste, Konzentrations- und Leistungsstörungen, Per24
spektiven- und Orientierungslosigkeit, Einsamkeit und Vereinzelung, Niedergeschlagenheit und innere Ausweglosigkeit. Suizidprophylaxe (das heißt Vorbeugung von Selbsttötung) und Krisenintervention sind nach wie vor wesentliche Aufgabengebiete der Beratungsarbeit und stellen höchste Anforderungen an alle in der Beratungsstelle Arbeitenden. In diesem lebenskritischen Konstellationen ist es besonders wichtig, schnelle und unbürokratische Hilfe zu gewährleisten, wobei ansonsten insbesondere während des Semesters schon einmal Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen. Die Beratung erfolgt in einem mit den ratsuchenden Studierenden gemeinsam gestalteten Prozess. Sie basiert auf absoluter auf Vertraulichkeit und ist in Hannover kostenfrei. In unserer Beratungseinrichtung umfasst sie in der Regel maximal 20 Stunden. Entsteht der Wunsch nach einer längerfristigen Therapie, informieren wir hinsichtlich der in Frage kommenden psychotherapeutischen Ansätze und stellen Adressen von ärztlichen und/oder psychologischen Therapeutinnen und Therapeiten zur Verfügung. Während des Semesters ist Gelegenheit gegeben, an verschiedenen themenzentrierten Gruppenangeboten teilzunehmen. Sie richten sich zum Beispiel an Studierende, die ihre Prüfungsängste bearbeiten, ein sinnvolleres Stressmanagement erreichen oder zum Thema “Bewältigung von Belastungen im Studium” arbeiten.
Задания 1. Прочитайте текст и озаглавьте каждый абзац. 2. Поставьте к тексту 8 вопросов. 3. Найдите в тексте информацию о профилактике суицида, прочитайте и переведите фрагменты, содержащие её.
Text XIII. Forensische Psychologie und Rechtspsychologie Aus dem weiteren Bereich der forensischen Psychologie beschreibt nun eine Psychologin im Strafvollzung ihre Arbeit. Sie muss sich mit der Perspektive der Justiz, ihrem Vokabular und ihren Regeln auseinandersetzen, um ihren institutionell definierten Auftrag zu erfüllen. Auch dabei stoßen – ähnlich wie in der Medizin – bisweilen Welten auf25
einander: Wo die Justiz strafen und die Gesellschaft schützen muss, bemüht sich die Psychologie außerdem um Verstehen und Helfen. Daraus können Konflikte resultieren, wenn es nicht gelingt, beide Aspekte in die Arbeit zu integrieren. Innerhalb der Einrichtung Strafvollung/Gefängnis sind Psychologen und Psychologinnen dazu da, die mit der Haft verbundenen psychischen und psychosozialen Belastungen und Probleme der Inhaftierten “aufzufangen” und in Krisen zu intervenieren. Darüber hinaus ist der Strafvollzug jedoch nicht nur für Inhaftierte belastend, sondern in der Regel auch in anderer Weise für die Angestellten. Als “geschlossenes System” stellt dieser Arbeitsplatz besondere Anforderungen. Das nachfolgende Beispiel ist eher eine (positive) Ausnahme, weil die Psychologin intensiv psychotherapeitisch mit Strafgefangenen arbeitet; in anderen Einrichtungen bleibt dafür häufig kaum Zeit, dort beschränkt sich die Arbeit auf kurzfristig entlastende Gespräche, Beratung, Prozessbegleitung und Krisenintervention. Psychologin im Justizvollzug Mein Weg in Berufspraxis als Psychologin verlief etappenweise, u. a. über Lehraufträge an der Universität und der Fachhochschule und Mitarbeit in einer Beratungsstelle. Es gab also keinen direkten, unmittelbaren Übergang vom Studium in den Beruf, sondern eine eher längere Suche nach einem Arbeitsplatz, die ich als mühsam und schwierig empfand, weil ich etliche Absagen in Kauf nehmen musste. Das war ich von früherer Stellensuche nicht gewohnt.
Задания 1. Прочитайте текст и перескажите его первую часть на русском языке. 2. Прочитайте вторую часть текста. Исходя из полученной информации, придумайте продолжение текста. 3. Расскажите о работе женщины-психолога в органах юстиции на немецком языке.
Text XIV. Verkehrspsychologie
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Die Verkehrspsychologie ist ein vergleichsweise überschaubares Gebiet, welches psychologisches Wissen auf verkehrsbezogene Frageund Aufgabenstellungen anwendet. Einen Schwerpunkt der Verkehrspsychologie bildet die Erstellung von Gutachten insbesondere zu Fragen der Fahreignung; hinzu kommen Beratungs- und Schulungsmaßnahmen. Dabei sind psychodiagnostische Fertigkeiten genauso von Bedeutung wie das Verstehen und Analysieren von Alkohol- und Drogenkonsum (das Erkennen von Missbrauch und Sucht), um prognostische Aussagen treffen zu können. Außerdem fließen wahrnehmungspsychologische Erkenntnisse (Stichwort: Reaktionsvermögen) und Kompetenzen der Gesprächsführung und Beratung mit ein. Meine Tätigkeit als Verkehrspsychologe Kurz und bündig: Studium in Landau, Osnabrück und an der FU Berlin, dort Diplom im Mai 1985. Damals waren allein in Berlin 1000 diplomierte Psychologen und Psychologinnen arbeitslos gemeldet, wie viele mehr fuhren Taxi? Im Studium selbst hatte sich kein Berufsfeld herausgeschält, welches eine psychologische Zukunft hätte werden können. Ich hatte breit studiert, viele Lehrangebote der Soziologen wahrgenommen, interessierte mich für Gesundheitssystemanalyse, qualitative Methoden in der Sozialforschung, Geschichte der Psychologie und des Psychischen. Die Diplomarbeit setzte sich kritisch mit der Anwendung der Psychologie im Militär auseinander. Alles keine verwertbaren Kompetenzen und Kenntnisse für die wenigen Stellen, die ein Diplom in Psychologie voraussetzten. In den folgenden gut dreieinhalb Jahren habe ich dann versucht, meine Einkommensbasis zu sichern: als Honorarkraft im Jugendfreizeitheim (infolge eines Praktikums), als sozialpädagogischer Einzelfallhelfer (infolge der Jugendfreizeitarbeit), als Mitarbeiter in einer Kongressorganisation (aufgrund eines Uni-Kontakts). Dazu habe ich versucht, weiterhin wissenschaftlich tätig zu sein: Zwei Forschungsprojektanträge wurden abgelehnt, diverse Artikel veröffentlicht. Zur beruflichen Qualifizierung im psychosozialen Feld haben wir uns mit anderen in gleicher Lage einen Arbeitskreis zur Fortbildung in Verhaltenstherapie (DGVT) aufgebaut, welcher darüber hinaus als Kontaktbörse und solidarischer Unterstützungskreis wirkte. Im ganzen eine Zeit mit 27
vielen fruchtlosen Anläufen, enttäuschten Hoffnungen, breiten und vagen Orientierungen, aber auch von Erfolgserlebnissen: Kongresse verliefen erfolgreich, die inhaltlichen Auseinandersetzungen brachten weiter, Vorträge und Veröffentlichungen schafften Kontakte und Motivation. Alle Bewerbungen auf feste Stellen blieben jedoch erfolglos, ohne Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch. Dann die eine Stellenanzeige in der ZEIT. Gesucht wurde für eine Führungsaufgabe Organisationstalent, Verhandlungsgeschick, Leitungskompetenz und ein Diplom in Psychologie. Letztlich bekam ich die Stelle, beim TÜV, und wurde Verkehrspsychologe. Eine Tätigkeit, von der ich vorher nicht einmal wusste, dass es sie gibt. Nur an wenigen Universitäten wird Verkehrspsychologie angeboten, obwohl dieses Praxisfeld im Schnittpunkt von Klinischer Psychologie, Umweltpsychologie, Arbeits- und Organisationspsychologie und Pädagogischer Psychologie angesiedelt ist und vielerlei berufliche Aktivitäten ermöglicht. Die notwendigen fachlichen Kenntnisse fehlten, und entsprechend aufwendig gestaltete sich meine Einarbeitung. Inhaltlich bedeutete die Tätigkeit für mich, gemeinsam mit Ärzten zu untersuchen und zu begutachten, ob die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen noch oder schon wieder gegeben ist. Im Volksmund heißt das Idiotenoder Macketest. Alle Kraftfahrer, die mit mehr als 1,6 Promille oder die mehrfach mit Alkohol aufgefallen sind, Alkohol- und Drogenabhängige und die sogenannten verkehrsauffälligen Punktesünder müssen ein positives Gutachten beibringen, um den Führerschein wiederbekommen oder erhalten zu können.
Задания 1. Прочитайте текст. 2. Выберите из текста предложения, характеризующие особенности психологии водителей автотранспорта. 3. Составьте подробный план ко второй части текста. 4. Перескажите текст “Meine Tätigkeit als Verkehrspsychologe” от третьего лица на немецком языке.
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Text XV. Arbeits- und Organisationsberatung in selbständiger Praxis Mein Weg zu meinem aktuellen Arbeitsplatz war eigentlich schon klar, bevor ich angefangen habe zu studieren: Ich wollte unbedingt selbständig sein. Dass dies dann doch so lange gedauert hat (immerhin seit Abschluss meines Studiums fast neun Jahre), hat sehr persönliche Gründe. Also, ich habe nach dem Abitur 1979 angefangen, Psychologie zu studieren. Diese Wahl hatte mehrere Hintergründe: Jemand aus meinem engeren Umfeld war/ist magersüchtig, so dass ich den Einfluss von Psychologen schon sehr früh kennengelernt habe; daraus ergaben sich für mich auch die weiteren Punkte: – ich war fasziniert von der Macht, die Psychologen einnehmen können, – ich wollte immer selbständig arbeiten. Außerdem war mir klar, dass ich ausreichend bis viel Geld verdienen wollte. Nachdem ich zunächst in Kiel, dann schon bald in Oldenburg Psychologie studiert hatte, natürlich mit dem Ziel, eine klinische Psychologin, sprich Therapeutin zu werden, bekam ich erst einmal meine Tochter. Um ein Haar hätte ich mein Studium daraufhin abgebrochen. Nur mit Mühe und großen zeitlichen Verzögerungen habe ich dann 1987 mein Diplom fertiggestellt, das allerdings als Arbeits- und Organisationspsychologin. Zu diesem Schwerpunkt hatte ich mich nach dem Vordiplom entschlossen, da der stark Theorieanteil im Studium, das unendliche “Geschwafel” der Lehrenden und der Studenten untereinander mir fast allen Spaß an Studium verdorben hätten. Alles das, was ich in der Schule gerne abgewählt hatte, nämlich Mathe und Englisch, bekam hier eine Be deutung und Wichtigkeit, die mir so nicht bewusst gewesen war - also, zum Teil war das Studium “stinklangweilig”. Das wurde mit dem Schwerpunkt A&O (so wird Arbeits- und Organisationspsychologie oft abgekürzt) etwas besser. Allerdings waren wir so wenige Studenten, dass ich zu manchen Zeiten Einzelvorlesungen hatte; ich konnte also weder “abtauchen”, noch hatte ich Austauschpartner auf gleichem oder ähnlichem Niveau. Auch das hätte ich mir anders vorstellen können. 29
Eigentlich war mir, schon bevor ich die erste Stelle in der Uni bekam, klar, dass ich auf gar keinen Fall eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen und in der Uni bleiben wollte. Sonst hätte ich auch Promotion und Habilitation (eine weitere wissenschaftliche Arbeit, die man machen muss, um Professor zu werden) sehr viel schneller “durchziehen” müssen. Als Frau im A&O-Bereich wären meine Chancen an europäischen Universitäten gar nicht so schlecht gewesen, aber wie gesagt, das ist und war nie mein Weg. Richtig Spaß machte mir die Arbeit als Psychologin erst, als ich außerhalb der Uni arbeitete und mehrfach in die Wirtschaft ging, Seminare, Konzepte und Projekte selbst erstellen und durchführen konnte. Allerdings hatte ich dazu während meiner Uni-Zeit auf den ersten Blick wenig gelernt. Vieles mußte ich mir mit Kollegen und sonstigen wohlgesonnenen Personen zum Teil mühsam selbst erarbeiten.
Задания 1. Прочитайте текст. 2. Найдите в тексте объяснение, почему автор увлёкся психологией. 3. Ответьте на вопрос, чем отличается женское восприятие роли психолога от мужского? Используйте информацию из текстов, которые вы прочитали ранее.
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Teil II
Praktische reflexion Text I. Ethik als Praktische Philosophie. Zum Begriff der Ethik 1. Zur Etymologie und Geschichte Zwei griechische Wurzeln werden zur Etymologie des Wortes Ethik angeboten: a) Ta ethika: die Sittenlehre des Aristoteles. Als philosophische Disziplin und als Titel dieser Disziplin geht Ethik bereits auf Aristoteles zurück. Aristoteles sieht sich selbst in einer ethischen Tradition, die mit den Namen der Sophisten, des Sokrates und Platons benannt wird. b) To ethos: Ethos. Ethos meint den gewohnten Ort, das Vertraute; das Überlieferte, das mit der Zeit zur Gewohnheit Gewordene, das Eingeschriebene, das im Herzen Eingewurzelte, den Charakter! Ethos ist das, was sich bewährt, was Leben gelingen lässt, das wahre Leben. Zunächst scheint Ethik das zu bedeuten, was im Denken und Tun als das Gewohnte, Selbstverständliche angesehen wird. Doch lehrt die Geschichte, dass gewohnte Verhaltens- und Denkweisen im Verlauf der Zeit ihre Plausibilität verlieren. Neue Herausforderungen durch geschichtliche Veränderungen stellen das Gewohnte in Frage. Immer dann, wenn überkommene Lebensweisen, Lebenspraktiken, Handlungsnormen individueller wie kollektiver Handlungssubjekte ihren Charakter der Selbstverständlichkeit und allgemeinen unwidersprochenen Geltung verlieren, wird nach dem WARUM überlieferter Praxis gefragt. Die Ethik als wissenschaftliche Disziplin wird geboren, wenn bislang selbstverständliches Handeln aus einsichtigen Gründen nicht mehr selbstverständlich erscheint. Die Ethik als philosophische Disziplin greift diese Warumfrage in systematischer Absicht auf und sucht plausible traditionell: allgemeingültige und verbindlich notwendige Antworten über Bedingungen eines gerechtfertigten, verantwortlichen Handelns.
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2. Zum Selbstverständnis der Ethik Als eine wissenschaftliche Disziplin betreibt Ethik ihre Reflexion in systematischer, reflexiver und prinzipieller Absicht: – systematisch heißt: Die Ethik steht in Verweisungskonsequenzen, arbeitet mit spezifischen Methoden und kennt ihren spezifischen Gegenstand. Die Ethik unter- wirft sich einer bestimmten Ordnung einer wissenschaftlichen Methodik, Begrifflichkeit und Dokumentation. – reflexiv heißt: Die Ethik nutzt die Möglichkeiten bewussten und gewollten Erfassens ihres Gegenstands/Fragebereichs. Begreifen, Urteilen und Schließen d.h. der argumentative Bereich des Menschen und seines Umgangs mit seiner Lebenswelt werden genuzt. Intersubjektive Kontrolle und universeller Nachvollzug werden dadurch möglich. – prinzipiell heißt: Die Ethik will Fragen in grundsätzlicher Absicht stellen, und entsprechende grundsätzliche Antworten erarbeiten. Nicht ethische Sonderfälle sollen untersucht werden, bestenfalls viatorisch Grundsätze ethischer Reflexion sollen reflektiert, bzw. argumentativ gefunden werden. Ethik als Wissenschaft ist somit keineswegs selbstverständlich gegeben, sondern erst, wenn das handelnde Subjekt bewusst und gewollt sich einläßt und auseinandersetzt mit der Gegebenheit von Ethik. Disziplinierte wissenschaftliche Erkenntnisse anzustreben, bedeutet, in systematischer Absicht ausweisbare, intersubjektiv begründete Erkenntnisse anzustreben. Eine wissenschaftliche Disziplin ist ein systematisch ausgewiesenes Erkenntnisbemühen und dessen Resultate.
Задания 1. Прочитайте тексты 1 и 2. 2. Озаглавьте каждый абзац текста 1. 3. Переведите текст 1 письменно. 4. Переведите текст 2 устно. 5. Объясните этимологию слова «Этика», используя информацию данных текстов. 32
6. Переведите на русский язык следующие предложения. Найдите придаточное предложение и определите его тип: Ethik zeigt sich Krisephänomen. Sie gewinnt immer dann an Beteutung, wenn das handelnde Subjekt seiner Grundorientierung und Zielbestimmung unsicher geworden ist. 7. Ответьте на следующие вопросы: 1) Was ist der Gegenstand der Ethik? 2) Was können Sie von den beiden Gegebenheiten der Ethik sagen? 3) Womit beschäftigt sich Ethik, wenn sie sich als wissenschaftliche Disziplin begreift?
Text II. Die Säulen der Ethik Handeln und Freiheit. Freiwilligkeit und Intentionalität Der Handlungsbegriff hat für die ethische Erkenntnis eine ähnliche Bedeutung wie der Tatsachenbegriff für die empirischen Erkenntnisse. Bei aller Unterschiedenheit der Handhingen gibt es einige invariante Merkmale des Handelns, die für die Ethik von fundamentaler Bedeutung sind. Unter dieser Voraussetzung lässt sich Handeln definieren als freiwilliges und intentionales Tun oder Lassen. Freiwilligkeit und Intentionalität sind konstitutive Merkrmale des Handelns. Freiwilligkeit besagt, dass Handeln eine Tätigkeit ist, die spontan aus eigenem Antrieb erfolgt und unter der Kontrolle dessen steht, der die Handlung ausübt. Diese Spontaneität unterscheidet sich von Impulsivität. Bei impulsiven Taten reagiert der Mensch nur unkontrolliert auf Impulse seiner Umwelt. Die situativen Anlässe der Umwelt können dabei stimulierend wirken. Sie können Handlungen auslösen. Im strengen Sinn handelt der Mensch nie ohne stimulierende Impulse, aber sie können kein hinreichender Bestimmungsgrund für Handlungen sein. Im Wissen um die unmittelbar relevanten Umstände einer Handlung beschließt der Handelnde, ungezwungen so zu handeln, wie er es dann auch tut.
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Eine Handlung, die Ausdruck innerer oder äußerer, psychischer oder physischer Zwänge wäre, stellt keine Handlung im ethischen Sinne dar. Intentionalität besagt, dass Handlungen Tätigkeiten darstellen, die durch den Handelnden in ihrer finalen Sinnrichtuhg bestimmt werden. Handlungen geschehen im Blick auf ein Ziel. Dieses Ziel stellt den vorweggenommenen Grund einer Handlung dar. Die Handlung selbst kann schon ihr Ziel sein, oder irgendetwas, das durch die Handlung erreicht werden soll. Ziele signalisieren immer einen Zusammenhang mit menschlicher Praxis. Die Zielfindung orientiert sich an Normen oder Worten, die bestimmte Ziele als geboten, verboten, erlaubt möglich, erwünscht- ausweisen. Die Zielbestimmtheit charakterisiert menschliches Handeln im Unterschied zu tierischem “Tun”, das ausschließlich instinktgesteuert und reizbestimmt ist. Insofern auch menschliches Handeln instinkt- und reizabhängig bedingt ist, kann der Mensch dank seiner Intentionalität zwangsläufige Umweltbestimmtheit in Motivationen seines intentionalen Handelns umwandeln. Sich auf Anderes zu beziehen, Beziehungen festzustellen und zu konstituieren gehört zu den geistig-psychischen Fähigkeiten des Menschen. Physische Umweltbedingungen und psychische Bedürfnisse kann der Mensch in seinem Handeln willentlich akzeptieren oder negieren. Die Intentionalität verhilft dem Menschen zu überlegender Distanz gegenüber den situativen Bedingungen und stimulierenden Impulsen seines Handelns. Trieb und Umwelteinfluß sind keine Konkurrenz zu Freiwilligkeit und Intentionalität menschlichen Handelns, sondern mögliche Vorgaben, zu denen bewußt und willentlich Stellung bezogen werden kann. Mit der Jntentinnalität menschliches Handeln eine letzte inhaltliche Zielbestimmung ausweist. Ob die Intentionalität menschlichen Handeln daher eine teleologische Ethik erforderlich macht, ist durch den phänomenologischen Befund menschlichen Handelns noch nicht enschieden. Die Freiwilligkeit menschlicher Handlungen kann nur wirksam werden, wenn die Intentionalität der Handlungen durch Vernunft mitbestimmt wird.
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Freiwilligkeit und Intentionalität verhalten sich in korrelativer Verwiesenheit. Beide Strukturmomente gehören konstitutiv zur Handlung als ethischem Gegenstand.
Задания 1. Прочитайте текст и переведите его. 2. Найдите, прочитайте и перескажите абзац, в котором говорится об основных признаках поступка. 3. Выпишите термины психологии и этики. 4. Скажите, согласны ли вы со следующим заключением? Handeln unter dem verbindlichen Anspruch einer sittlichen Qualifikation ist das spezifische Charakteristikum der Ethik. Jene Verbindlichkeit, die prinzipiell für alle Menschen Gütigkeit beansprucht, ist die Bedingung, unter der Handeln zur tragenden Säule der Ethik wird. 5. Поставьте вопросы к следующим предложениям: Der Handelnde weiß um sein Tun und weiß auch, warum und wozu er tätig wird. Handlungen sind Tätigkeiten, die sowohl ein Willens- wie auch ein Wissensmoment voraussetzen. Da auch Unterlassungen Merkmale der Freiwilligkeit und Intentionalität erfüllen können, erweisen sich auch sog. Handlungsverweigerungen im ethischen Sinne als Handlungen. Immer, wenn ein Mensch sich in einer durch Freiwilligkeit und Intentionalität bestimmten Weise verhält, handelt er.
Text III. Willensfreiheit und Handlungsfreiheit. Grenzen der Freiheit Durch Freiwilligkeit und Intentionalität weist sich die menschliche Handlung als gewollt und gewußt aus. Nur weil menschliches Handeln derart konstituiert ist, erweisen sich Vorschriften, einschließlich normativ sittliche Vorgaben als sinnvoll. Die ethische Reflexion verlöre ohne beide Konstitutiva ihren Gegenstand. Damit ist das Handeln der gemeinsame Gegenstand aller praktischen Vorschriften, die an das Handeln bestimmte Forderungen stellen und damit das Handeln in bestimmter Weise qualifizieren können. Eine 35
Vorschrift zielt auf einen Adressaten, der in der Lage sein muß, sein Verhalten durch eigene, unerzwungene Wahl so zu bestimmen, dass ein vorgegebenes Ziel erreicht werden kann. Zugleich weiß der Handelnde, dass er auch dieser Vorschrift sich verweigern könnte. Diese Handlungsphänomenologie hat eine schwerwiegende Implikation. Um von einem potentiell Handlungsfähigen zu einem aktuell Handelnden zu werden, muß der Handelnde sich in einer bestimmten Handlungsdisposition befinden. Ein Wahlfähiger kann am Wahltag zwar entscheiden, ob er wählt, oder ob er nicht wählt, aber er kann nicht mehr entscheiden, sich aus dieser Handlungsdisposition zu entfernen. Offen bleibt ihm nur, wie er sich in dieser Situation entscheidet, wie er seine Handlung ausrichtet. Handeln muß er, nur seine Handlungsweise bleibt ihm frei. Nicht mehr frei ist er, Überhaupt zu handeln. Seine Handlung ist frei, aber zu Handeln ist nicht in seine Freiheit gestellt. Für den Handlungsfähigen ist handeln können ein unhintergehbarer Tatbestand. Der Begriff Handlungsfreiheit ist somit in einer fundamentalen Einschränkung und Spezifizierung zu interpretieren. Der handlungsfähige Mensch ist nicht frei, zu handeln oder nicht zu handeln. Er ist nur frei, so oder so zu handeln. Der menschliche Wille kann sich intentional nur ausrichten, unter möglichen Handlungen diese oder jene, so oder so zu wählen. Der Wille hat nicht die Freiheit, zu handeln oder nicht zu handeln. Im Handlungsbereich hat der Mensch die Möglichkeit für Freiheit. Dem Handlungsbereich gegenüber hat der Mensch keine Freiheit. Die sittliche Handlung bestimmt den relativen Freiheitsbereich und definiert zugleich die absolute Grenze seiner Freiheit.
Задания 1. Прочитайте текст и скажите, о чём в нём идёт речь на немецком языке. 2. Составьте план пересказа этого текста. 3. Найдите в тексте информацию о научном понимании свободы. Прочитайте соответствующие предложения и выскажите свою точку зрения на русском языке.
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Text IV. Bereiche der Freiheit
Text V. Handlungsfreiheit
Diese Erkenntnis ist die eigentliche Ursache dafür, warum schon immer der Begriff Freiheit differenziert benutzt wird, je ob er im Kontext von Willensfreiheit oder von Handlungsfreiheit verwendet wird. Einerseits wird von Freiheit als einem andauernden Vermögen gesprochen, andererseits aber auch als einer gegebenen oder verweigerten Möglichkeit. Einerseits spielt Freiheit als Willensfreiheit und Vermögen des Menschen eine Rolle im ethischen Handeln und bei ethischer Reflexion; Andererseits bedeutet Freiheit als Freiheit des Tuns, als Handlungsfreiheit eine immer wieder gefährdete, verlustige Chance des Menschen. Unter Willensfreiheit wird das Vermögen des Menschen verstanden, einen Zustand von selbst anzufangen. Der Wille läßt sich im Letzten nicht von etwas anderem als von sich selbst bestimmen. Weder Sinnlichkeit, psychische oder soziale Vorgaben, noch fremde Geistmächte können der letzte, ursächliche Bestimmungsgrund des menschlichen Willens sein. Der Wille ist selbst Ursprung seines Sound Nicht-anders-Wollens. Der Wille ist das Vermögen der Wahl. Der Wille kann “unabhängig von fremden sie [die Vernunft] bestimmenden Ursachen wirkend sein”. Willensfreiheit meint Entscheidungsfreiheit. Positiv heißt das: Der Wille kann eine Wahl treffen; negativ heißt das: Der Wille kann sich unabhängig von fremden Bestimmungsgründen entscheiden. Weil Willensfreiheit zunächst nur ein Vermögen ist, müssen wählbare Alternativen vorliegen, um eine Entscheidung konkretisieren und aktualisieren zu können. Das Vermögen der Wahl zu besitzen, bedeutet lebensgeschichtlich nicht schon, dieses Vermögen in die Tat umsetzen zu können. Der Wille stößt immer auf le-bensgeschichtlich vorgegebene Bedingungen, die seine Wahlaktualisierung definieren.
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Handlungsfreiheit besteht dann, wenn der Mensch unter den Bedingungen seiner geschichtlich geprägten konkreten Lebenswelt aktiv tätig werden kann. Handlungsfreiheit bedeutet die Möglichkeit, Entscheidungen auszuführen. Handlungsfreiheit eröffnet einen Spielraum alternativer Möglichkeiten und realisiert eine Entscheidung für ein bestimmtes Verhalten. Handlungsfreiheit heißt sowohl tätig sein können, als auch eine Tätigkeit zu verweigern. Traditionell spricht man im ersten Fall von einer “libertas exercitiae”, im zweiten Fall von einer “libertas spezificationis”. Handlungsfreiheit aktiviert die Willensfreiheit. Im Gegensatz zur Willensfreiheit ist die Handlungsfreiheit an äußere, lebensweltliche Möglichkeiten gebunden. Insofern ist die Handlungsfreiheit eine konkrete Freiheit, da sie an eine Fülle konkreter, geschichtlicher raumzeitlicher Bedingungen als ihrer Voraussetzung und Betätigungsmöglichkeit gebunden ist. Zwischen Willensfreiheit und Handlungsfreiheit besteht demzufolge ein gravierender Unterschied. Willensfreiheit ist eine angeborene, mit dem Faktum der Vernunft gesetzte Fähigkeit. Dagegen ist Handlungsfreiheit nicht immer schon gegeben, sondern eine Möglichkeit, die es zu realisieren gilt.
Text VI. Unbeschränkte Freiheit Eine dem Wesen nach unbeschränkte Freiheit muss die Ethik voraussetzen, um den Menschen für sein Tun und Lassen uneingeschränkt verantwortlich machen zu können. Die unbeschränkte sittliche Verantwortlichkeit des handelnden Menschen fordert eine unbeschränkte Willensfreiheit. Diese Freiheit ist Vorbedingung sittlicher Zurechnungsfähigkeit. I. Kant spricht von der transzendentalen Freiheit, weil sie die notwendige Bedingung jeder Zurechnungsfähigkeit einer Handlung darstellt. Einem Subjekt eine Handlung zuzurechnen heißt, es als verantwortlichen Initiator einer Veränderung zu benennen. Wenn ein Subjekt, Person oder Souverän, nicht fähig wäre einen Zustand aus sich heraus, 38
d.h. selbst initiatorisch, zu wollt und zu realisieren, wäre eine Handlung lediglich ein Glied in einer Kette kau verknüpfter Ereignisse. Der fundamentale Wille ist nur dann frei und nur da verantwortlich, wenn er sich nicht von außerhalb seiner Selbst bestimmen lässt. Das Maß der Verantwortung bestimmt das Maß der Willensfreiheit. Die prinzipielle Unbegrenztheit einer sittlichen Verantwortung bestimmt die prinzipielle Unbegrenztheit grenztheit der Willensfreiheit. Die Unbegrenztheit der Verantwortung fordert um so dringlicher die konkrete Bestimmtheit des Inhalts der Verantwortung. Ohne bestimmbaren materialen Gehalt findet jede noch so unbegrenzte Verantwortung keinen lebensweltlichen Ansatzpunkt. Außerdem kann Verantwortung nur gefordert und akzeptiert werden, wenn das individuelle oder kollektive Subjekt der Verantwortung feststeht. Jede unbegrenzte Verantwortung bleibt hypothetisches Ideal, wenn das Geforderte am Können scheitert. Die geforderte Verpflichtung schlägt bei aktueller oder dauernder Überforderung in unverantwortlichen Zwang um.
Text VII. Selbst- und Fremdbestimmung Es gehört letztlich zur schmerzhaften Erfahrung, wenn auch zwischenzeitlich zur lustvollen Erfahrung des Menschen, dass er sich auch mit Wissen und Wollen gegen freie Selbstbestimmung bestimmen kann. “Von empirischen Gründen bestimmt” (I. Kant) oder von welchen psychisch-intellektuellen Veranlassungen auch immer, kann der Mensch sich gegen seine Vernunft bestimmen. Die Glücks- und Leidensgeschichte des Menschen schreibt sich oft als Geschichte gelungener oder misslungener Überwindung oder Veränderung vorgegebener Grenzen aktualisierter Wahlentscheidungen. Auch ein Mensch in strenger aufgezwungener Isolation weiß um Alternativen, auch wenn er diese Zielvorstellungen kaum in die Tat umsetzen kann. Aber auch im rein intentionalen Bereich könnte sich dieser Unglückliche noch sehr unterschiedlich zu den gedachten Möglichkeiten verhalten. Genau diese menschliche Chance, sich von den realen Bedingungen zumindest intentionaliter distanzieren zu kön39
nen, sie “nicht zu wollen”, oder “sich zu fügen”, charakterisieren noch unter den inhumansten Formen der Knechtschaft den freien Willen des Menschen. Dem Willen können seine Inhalte nicht von außen zudiktiert werden. Es liegt an ihm, diese Vorgaben anzuerkennen oder sie abzulehnen, selbst dann noch, wenn die wünschenswerten praktischen Konsequenzen dieser willentlichen Einstellung nicht aktualisiert werden können. Was aus Anerkennung und Ablehnung folgt, hängt immer auch von situativer lebensweltlicher Bedingtheit ab.
Задания 1. Познакомьтесь с подборкой текстов, посвящённых проблеме свободы в психологическом контексте. 2. Выберите текст, который вас особенно заинтересовал. 3. Прочитайте и переведите выбранный вами текст. 4. Поставьте к нему 5 вопросов. 5. Прочитайте остальные тексты. 6. Дайте определение психологическому понятию «свобода». Употребите следующие слова и выражения: die Freiheit, unbeschränkt, die Ethik, verantwortlich, die Vorbedingung bestimmen, die Verpflichtung. 7. Объясните понятие термина “Handlungsfreiheit”. 8. Опишите на немецком языке ситуацию, употребляя следующие слова: die Wahl, verlustige Chance des Menschen, der Wille, die Vernunft, die Ursachen.
Text VIII. Bedingung für Glück. Handlung und Disposition Wodurch wird Glück zur Erfahrung und welche Qualitäten braucht der einzelne Mensch oder ein Kollektiv von Menschen, um wie unterschiedlich auch die situativen Bedingungen sein mögen ein sich vervollkommnendes, erfülltes Leben zu erreichen? Eine entscheidende Bedingung zum Glück die sich in vielen Theorien über Glück findet liegt in einer qualifizierten Disposition des Menschen, die er sich durch Handeln verfugbar macht. Diese Disposi40
tion zu einem guten sittlichen Handeln ist nicht unabhängig von willentlich bewussten Handlungen, des jeweils disponierten Handlungssubjekts. Die Disposition kann optimiert und minimiert werden, entsprechend unterschiedlich ist die jeweils ausgeprägte Neigung zum guten weniger guten, oder gar bösen Handeln. Umstritten ist, wieweit gutes Handeln die jeweilige Disposition für weitere sittliche Handlungen optimiert. Weniger umstritten ist, dass direkt auf die Disposition gerichtete Handlungen, die personale oder souveräne Neigung zum guten Handeln beeinflussen. Sie optimieren initiatorischen Ausgangspunkt, das sittliche Handlungspotential eines Vernunfsubjektes. Die Disposition eines Vernunftsubjektes zu gutem Handeln als ausgeprägte Neigung zum guten Handeln ist identisch mit dem sittlichen Charakter. Die sittliehe Disposition charakterisiert die vielfältigen Relationen, die ein Vernunftsubjektes handelnd realisiert. Der Charakter als Disposition eines Vemunftsubjektes zeichnet die ausdrücklich eingeschriebene sittliche Individualität der Person, bzw zeichnet die ausdrücklich eingeprägte sittliche Souveränität eines Kollektivs aus. Weil diese Disposition eine Tendenz nahelegt, die vorgenommenen Handlungen in eine bestimmte Richtung zu lenken, dokumentieren Handlungen den Charakter personaler und souveräner Beziehungen. Sittliche Handlungen tragen die Handschrift ihrer Vernunftsubjekte. In der Disposition dokumentiert sich das sittliche HandlungsNiveau. Sie ist die Ausgangs-basis jeder sittlichen Relation, d.h. jeder sittlichen Initiativen des Vernunftsubjektes. Die sittliche Disposition bezieht sich deshalb auf alle, eine Handlung kondi-tionierenden Fähigkeiten, Kräfte und konkrete Bedingtheit eines Vernunftsubjektes. Vernunft mit ihrer kognitiven und voluntativen Bedingtheit, die Psyche mit ihrer emotionalen, aber auch Physis mit ihrer sinnlichen Bedingtheit können die konkrete Bedingtheit des Vernunftsubjektes konstituieren. Die sittliche Disposition als Charakter bedeutet zusätzlich, dass diese Bedingtheit in einer hierarchischen Unterordnung gegenüber der handlungsleitenden Initiative der Vernunft steht.
Durch die jeweils neu erreichten Dispositionen für gelingendes sittliches Handeln, vervollkommnet der Handelnde nicht nur die Handungsdisposition sondern das Handeln selber. Sittliches Handeln als jeweils neue Disposition qualifiziert gutes Verhalten in lebensweltlichen Situationen, und eine jeweils vervollkommnete Situation als Handlungsdisposition schafft die entscheidenden Bedingungen, Glück zu erfahren.
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Задания 1. Прочитайте текст и озаглавьте каждый абзац. 2. Ответьте на вопрос, который содержится в первом абзаце.
Text IX. Glücksethik und Tugendethik Die Handlungsdispositionen in ihrer Bedeutung für sittliches Handeln, soweit dieses Verhältnis zwischen Vernunftsubjekt und Lebenswelt von der Disposition des handelnden Subjekts abhängt, werden traditionell von der Tugendethik diskutiert. Tugend wird als durch Handlung erworbene Lebensweise verstanden, die ihrem Träger ein vorzügliches Können ausweist. Tugend im Kontext der Ethik ist Inbegriff der Disposition des Menschen, seiner personalen, emotionalen wie kognitiven Fähigkeiten, das sittlich Gute freiwillig zu intendieren. In der Regel ist Tugend eine erworbene Disposition, etwas gut zu können. Der Grad der jeweiligen Tugend ist Ausdruck dafür, wieweit diese Disposition sich bereits in das Verhalten des Menschen “eingeschrieben” hat. Tugend definiert den Charakter eines Vernunftsubjekts. Je stärker ein tugendgemäßes Verhalten ein Vernunftsubjekt prägt, je willentlicher und selbstverständlicher, je “notwendiger” und “leichter” entscheidet sich dieser Handelnde frei und bewusst für das Gute. Die traditionelle Unterscheidung von Glücksethik und Tugendethik lässt sich im Lichte einer Handlungsethik nicht mehr rechtfertigen. Entsprechend relativiert sich der Streit zwischen Tugendethik und Regelethik, wenn Handlungsethik sich vom Konzept einer gelingenden Lebensführung leiten lässt.
Text X. Qualitative Merkmale der Liebe a) Wohlwollen und Wohltun Liebe ist eine personal ganzheitlich, einheitliche und authentische Disposition zum guten sittlichen Handeln. Sie ist als Disposition sowohl Geneigtheit als “Wohlwollen” wie auch Geneigtheit zum “Wohltun”. Selbst im Verständnis I. Kants lässt sich Liebe nicht zur reinen gesinnungsethischen Maxime verkürzen. “Man siehet bald: dass hier nicht bloß das Wohlwollen des Wunsches, welches gelegentlich ein bloßes Wohlgefallen am Wohl jedes anderen ist, ohne selbst dazu etwas beitragen zu dürfen (ein jeder für sich; Gott für uns alle), sondern ein tätiges, praktisches Wohlwollen, sich das Wohl und Heil des anderen zum Zweck zu machen (das Wohltun), gemeint sei. Denn im Wünschen kann ich allen gleich wohlwollen, aber im Tun kann der Grad, nach Verschiedenheit der Geliebten (deren einer mich näher angeht als der andere), ohne die Allgemeinheit der Maxime zu verletzen, doch sehr verschieden sein.” Liebe hat, weil keineswegs nur eine gefühlsmäßige Neigung der Vernunftperson, Anteil an der umfassenden Intelligibilität des Menschen. Wille und Verstand, die Vernunft in all ihren personal souveränen Relationen kann geprägt sein – d.h. kann geneigt sein freiwillig und intentional – Wohlwollen und Wohltun zu fördern. Wenn sittliches Handeln auf Vollkommenheit der Vernunftperson ausgerichtet ist, dann erfüllt sich in und durch die Liebe die Vernunft in Vollkommenheit. Liebe ist jene Disposition der Vernunft, in der das Vemunftsübjekt optimal auf Vollkommenheit hin ausgerichtet ist und seine Vervollkommnung in die Tat umsetzen kann.
Keine denkbare Konkretion für Wohlwollen und Wohltun wird prinzipiell ausgeschlossen.
Text XI. Die Liebe zu einer anderen Person
b) Selbst- und Nächstenliebe Liebe ist kein abstraktes Prinzip eines allgemeinen Wohlwollens, sondern in ihrer Ausrichtung auf Wohltun zeitlich nachgeordnet, aber intentionallogisch früher als Wohlwollen in konkreter Bezogenheit. Dadurch wird die Universalität der Maxime nicht zurückgenommen. Die Zielrichtung der Handlung auf Konkretisierung bleibt universal.
Weil der Begriff “gut” eine Relation qualifiziert, die durch eine sittliche Handlung vollzogen wird, muss auch das Verhältnis von Selbst- und Nächstenliebe neu formuliert werden. In den Zeiten eines ontologischen Objektbegriffes von “gut” fundierte der Wertmaßstab für erreichte Vollkommenheit im Seinsniveau des handelnden Subjektes, im Ich, im Wir. Davon unterschieden fundiert der Weitmaßstab für erreichte Vollkommenheit auch im erreichten Seinsniveau des intendierten Objektes, das Andere, der Andere, das Du. Die Gleichsetzung von Liebe und Selbstlosigkeit zerschneidet die grundsätzliche Relation liebenden Tuns nicht weniger als der Egoismus. Liebe ohne Selbstliebe scheitert an der Liebe zum anderen, wie Liebe ohne Nächstenliebe auch Selbstliebe scheitern lässt Die Unterdrückung einer Ausdrucksform der Liebe verhindert auch die ausdrückliche Verwirklichung der korrelativen Ausdrucksform. Handeln in jeder Form ist ohne Bezogenheit zwischen Handlungssubjekt und objekt nicht realisierbar. Dies gilt in qualifizierter Weise vor allem dann, wenn der Bezugspunkt einer Handlung nicht irgendein anderes Objekt ist, sondern der Andere als Person, und damit immer auch Subjekt im Handlungsgeschehen. Die Überschreitung des Selbst ist für jede Handlung konstitutiv. In einer Handlung der Liebe zu einer anderen Person ist diese Transzendenz auf eine andere Person hin korrelativ zum transzendierenden bereichernden Innewerden des Anderen dank einer kommunikativen Handlung. Gut als Relationsbegriff bezüglich einer sittlichen Handlung zeigt sich eindringlich in der Dialogstruktur jeder erfahrbaren Liebe. Liebe als Dialog erweist die wechselseitige Offenheit füreinander, als “gegenseitiges Sehen und Sichsehenlassen”. Liebe als Dialog disponiert aktiv das “interpersonale Zwischen”, das durch eine sittlich optimale Handlung angestrebt und vollzogen wird.
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Wenn jedoch die Handlung als Relationskonstitutivum zwischen Handlungssubjekt und Handlungsobjekt, zwischen Ich und Du, handelndem Selbst und intendiertem Anderen die fundamentale Bewertungsposition darstellt, dann optimiert jede gute Handlung sowohl Subjekt wie Objekt. Beide Bezugskonstanten sind im Grade ihrer handlungskonstituierenden Bedeutung in die Bewertung der Handlung einbezogen. Jede gute Handlung vervollkommnet sowohl das Handlungssubjekt, wie das Handlungsobjekt.
Задания 1. Прочитайте текст IX, X, XI. 2. Скажите, какая тематика для них характерна? 3. Переведите текст X письменно. Перечислите признаки любви. 4. Составьте план пересказа текста XI. 5. Ответьте на вопросы: Was bedeutet für sie die Selbstlosigkeit? Wie verstehen sie den Begriff “Liebe als Dialog”? Was bildet die drei Säulen der Ethik?
Text XII. Zum Begriff der Bioethik Bereits die Darlegungen zum Problemfeld einer Medienethik zeigen, dass gegenwärtige Bereichsethiken weniger die Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung einzelner Handlungsträger mit einem ethischen Kodex diskutieren, als sich um neues generelles Ethos bemühen, in dem neue Handlungsfelder erörtert werden sollen. An dieser generellen Kursbestimmung mag es liegen, dass der begonnene Diskurs immer wieder zwischen Moral und Recht, verantwortlicher Selbstbestimmung und kollektiver Kontrolle pendelt. Für neue Räume menschlichen Handelns, die entdeckt werden als Verpflichtung zum Humanen werden ethische Maßstäbe gesucht, die nicht nur den speziellen moralischen Anforderungen des Einzelnen, privaten Handelns genügen sollen, sondern auch die öffentliche Billigung einer Handlungs-, Informations-, Kommunikations- und damit Lebensgemeinschaft finden können. 45
Bioethik ist jene Bereichsethik, die es mit den Problemen des Bewertens und Sollens im Umgang mit dem Lebendigen zu tun hat. Der Umgang des Menschen mit Leben im Licht ethischer Prinzipien umschreibt den wissenschaftlichen Anspruch einer Bioethik. Der Begriff wird bei Rensselaer Potter 1971 zum erstenmal als Bezeichnung für eine auf Leben bezogene Bereichsethik verwendet. Der Begriff Bioethik darf weder reduktionalistisch noch biologistisch missverstanden werden. Es geht in der Bioethik nicht um die Reduktion des ethischen Handelns auf naturgesetzlich geregelte Verhaltensweisen. Bioethik bedeutet die Anwendung ethischer Normen und Bewertungsprinzipien auf den Bereich des Lebendigen. Ebenso darf die Bioethik nicht identifiziert werden mit bestimmten Ethiksystemen und deren spezifischen Normen und Prinzipien. Da Bioethik in der angelsächsischen Philosophie zunächst entwickelt wurde, tritt sie oft als Anwendungsethik eines spezifisch englischen pathozentrischen Utilitarismus auf. Doch fasst Warren Thomas Reich in der, Encyclopedia of Bioethics' den Begriff 1978 ähnlich weit, wie er in der Menschenrechtskonvention des Europarates schon gebraucht wurde. Die pathozentrische Bioethik stützt sich auf Jeremy Bentham und dessen These vom größten Glück der größten Zahl, die auch Tiere aufgrund ihrer Leidens- und Glucksfähigkeit in ihre Interessenabwägung einbeziehen müsse. Lust und Unlust, Zufriedenheit und Unzufriedenheit treten nicht nur beim Menschen auf, sondern auch bei Tieren. Moral ist nach Bentham die Kunst, menschliche Handlungen so zu regeln, daß sie “the greatest possible quantity of happiness” hervorbringe. Menschliches Handeln muss nach ihren Folgen für alle Betroffenen ethisch bewertet werden, gemäß einem abwägenden Nützlichkeitsprinzip, in dem auch eine Nutzen-Schadens- und Glück-UnglücksBilanz in die Bewertung einbezogen werden muss. In Deutschland verbindet sie sich oft mit einer kantisch verwurzelten Diskurs-Ethik oder vertragstheoretischen Ethiktheorien. Die Bioethik umfasst als Gegenstandsbereich einer angewandten Ethik den verantwortlichen Umgang des Menschen mit Leben. Dazu gehören ethische Probleme der Medizin, der Biowissenschaften und der Ökologie.
Задания 46
1. Прочитайте текст. 2. Переведите его. 3. Ответьте на вопросы: Was bedeutet der Begriff “Bioethik”? Wer hat zum erstenmal den Begriff “Bioethik” verwendet? Erzählen Sie über die Geschichte der Bioethik. Was umfasst die Bioethik als Gegenstandsbereich? Wie verstehen Sie die Redewendungen: “Leben als ethischer Anschpruch”, “Verantwortliches Handeln in bezug auf Leben”?
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Teil III
Psychologie und Kultur Text I. Erkenntnistheoretische Entscheidungskultur Geglücktes Leben im Kulturkontext Weil es im ethischen Handeln um die Frage des Guten geht, steht die Bioethik vor dem Problem, ob der Mensch in der Lage ist, das für andere Wesen wirklich Gute zu erkennen. Die Erkenntnistheorie wird zu einer entscheidenden philosophischen Disziplin für die angewandte Bioethik. Bioethischer Anthropozentrismus oder reine interpersonale und pathozentrische Bioethiken (Leidensfähigkeit) sind geprägt von erkenntnistheoretischem Anthropozentrismus. Weil das Gute eine Qualität menschlichen Handelns ist, zielt dieses Handeln auf ein verantwortlich geglücktes Leben. Interpersonaler Ausdruck geglückten Lebens ordnet den ethisch handelnden Menschen nicht nur in eine auf Gerechtigkeit hin geordnete Gemeinschaft ein. Ein noch so privatisiertes, individualisiertes Glücksstreben des handelnden Menschen kann ohne einen interpersonalen Kontext sein Ziel nicht erreichen. Dieser interpersonale Kontext ist identisch mit der Kultur eines Gemeinwesens. Kultur bedeutet als Inbegriff objektiver Voraussetzungen für menschliches Handeln immer mehr als nur interpersonale Beziehungen und anspruchsvolle ethische Würdigung anderer Vernunftwesen. Kultur als Netzwerk personaler und außerpersonaler Gegebenheiten stellt als einheitlich Ganzes einen Anspruch an die ethisch handelnde Person. Unter dieser Rücksicht ließe sich eine von der Menschenwürde abgeleitete indirekte Würde aller Lebensbereiche aufzeigen, insofern sie als kultivierter Lebensraum der Person sein Handeln mitbestimmen und von seinem Handeln betroffen sind. Zu fragen wäre, ob personales Handeln von Menschenwürde getragen sein kann, ohne Rücksicht auf den außerpersonalen Handlungsraum. Diesem Handlungsraum kommt würdigende Rücksicht und anspruchsvoller Respekt zu, nicht weil er irgend einer naturgesetzlichen oder historischen Gesetzlichkeit, einer kosmischen oder sozialen Ordnungsmacht unterliegt. Weder eine teleologische Naturauffassung noch eine höhere Geschichtsgesetzlichkeit muss erst den Respekt vor außer48
personalen Gegebenheiten begründen. Genügt nicht allein das Faktum der Kultur als Resultat bewusster, verantworteter Weltgestaltung durch den Menschen, um zumindest einen abgeleiteten Anspruch dessen, was ist, zu begründen?
Text II. Die Natur als integrale Kultur Können Ansprüche auch Wesen, Tieren, Pflanzen zuerkannt werden, die nicht selbst zu Pflichten fähig sind? Wie weit darf der Gegenstandsbereich der Ethik über den zwischenmenschlichen Bereich hinaus ausgeweitet werden? Erlaubt der dezidierte Anspruch der Menschenwürde auch einen Anspruch der Würde von nicht-vernünftigen Lebewesen, oder fordert gar Menschenwürde diese Ausweitung? Ist Menschenwürde realisierbar ohne Integration aller Lebensbereiche? Schließlich ist menschliches Leben ohne Integration in alle Lebensphären nicht denkbar und besäße keinen Raum sinnvollen Handelns. Die Autonomie der Person dürfte sicher nicht gefährdet werden dadurch, dass auch gegenüber nicht-personalen Wesen Pflichten bestehen und ihnen gegenüber Gutes getan werden soll. Im gegenwärtigen Diskurs einer noch offenen Letztbegründung der Ethik wird die Ausweitung des ethischen Anspruchs auch auf nichtpersonale Wesen als Erschwernis der Begründungsfrage angesehen. Auch die Motivationsfrage für ethisches Handeln dürfte schwieriger zu beantworten sein, wenn ethisches Handeln auch Ansprüche nicht-personaler Wesen berücksichtigen sollte. Die mögliche Tragweite dieser Anfrage kann abgeschätzt werden, wenn das Faktum der Natur selbst nicht als Gegenüber von Kultur, sondern als integrale Erscheinungsform von Kultur verstanden wird. Der Mensch lebt und handelt nie in einer bloß natürlichen Welt, er lebt immer schon in einer von menschlichem Willen und menschlicher Erkenntnis gestalteten und gedeuteten Welt. Kultur als bewusste und willentlich vorgegebene Ganzheit ermöglicht und definiert den Handlungsraum des Menschen. Kultur wird verstanden als Inbegriff geschichtlich gewachsener Wertentscheidungen, insofern sie Institutionen verankert sind und als Steuerungsvorgaben den individuellen wie gesellschaftlichen Handlungsraum prägen. 49
Kultur wird verstanden als die Gesamtheit der menschlichen Lebenswelt und der sie gestaltenden Wertentscheidungen und bewussten Normierungen. Moderne Kultur ist geprägt von der Freiheit und Gleichheit, den Begabungen und Tugenden, von bewussten Initiativen, von argumentativer Rationalität und personalen Qualifikationen. Kultur ist Inbegriff menschlichen verantwortlichen Handelns in geschichtlicher Gewordenheit. Kultur ist Dokument menschlicher Würde. In den Institutionen einer Demokratie, des Rechts und kontrollierter Macht erlebt die Psychologie einen neuen Aufschwung.
Задания 1. Прочитайте тексты I и II. 2. Найдите в текстах незнакомые научные термины и выпишите их. 3. Переведите тексты. 4. Ответьте на вопросы: Warum ist das Gute eine Qualität menschlichen Handelns? Wie verstehen Sie den Begriff “Kultur”? Warum ist die Entwicklung der Psychologie mit der kulturellen Blüte verbunden?
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Literatur 1. Alexius I. Bucher Verantwortlich handeln. Ethik in Zeiten der Postmoderne. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, 2000 2. Siegfried Grubitzsch. Petra Muckel. Orientierung Psychologie. Was sie kann, was sie will. Rowohlt Taschenbuch Verlag, GmbH, Hamburg, 1999. 3. H. Kron. Ethos und Ethik Der Pluralis mus der Kulturen und das Problem des ethischen Relativismus. Frankfurt, 1990. 4. H. Lorenz. Zur Gescichte des Kulturbegriffs. Kassel, 1984.
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Оглавление Предисловие ..................................................................................... 3 Методические указания для студентов ........................................... 4 Teil I. An der Schwelle Schule – Universität Text I. Was wissen die Abiturienten von der Psychologie? ........... 5 Задания ................................................................................ 7 Text II. Psychologie – die Wissenschaft vom Seelenleben des Menschen. Zum Begriff Psychologie als Wissenschaft ................. 7 Задания ................................................................................ 9 Text III. Psychologie als Natur-, Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaft ..................................................................................................... 10 Задания .............................................................................. 11 Text IV .............................................................................................. 12 Задания .............................................................................. 12 Text V. Orientierungsfragen ......................................................... 13 Задание ............................................................................... 13 Text VI. Kleine Geschichte der Psychologie ................................. 13 Задания .............................................................................. 14 Text VII. 1879: Wilhelm Wundt und das erste psychologische Institut in Leipzig ................................................................................ 14 Задания ............................................................................... 16 Text VIII. 1899: Sigmund Freud, die “Traumdeutung” und die Psychoanalyse ...................................................................................... 16 Задания .............................................................................. 17 Text IX. Psychologinnen und Psychologen auf dem Arbeitsmarkt ........................................................................................ 17 Задания .............................................................................. 19 Text X. Psychologie als Beruf ........................................................ 19 Задания .............................................................................. 21 Text XI. Kinder- und Jugendpsychiatrie ...................................... 21 Задания .............................................................................. 23 Text XII. Psychologie in einer psychologisch-therapeutischen Beraungsstelle für Studierende ............................................................... 23 Задания .............................................................................. 25 Text XIII. Forensische Psychologie und Rechtspsychologie ........ 25 Задания .............................................................................. 26 52
Text XIV. Verkehrspsychologie ..................................................... 27 Задания ............................................................................... 28 Text XV. Arbeits- und Organisationsberatung in selbständiger Praxis ......................................................................... 29 Задания ............................................................................... 30 Teil II. Praktische reflexion Text I. Ethik als praktische Philosophie. Zum Begriff der Ethik ...................................................................................................... 31 Задания ............................................................................... 32 Text II. Die Säulen der Ethik. Handeln und Freiheit. Freiwilligkeit und Intentionalität ........................................................ 33 Задания ............................................................................... 35 Text III. Willensfreiheit und Handlungsfreiheit. Grenzen der Freiheit ........................................................................................... 35 Задания ............................................................................... 36 Text IV. Bereiche der Freiheit ........................................................ 37 Text V. Handlungsfreiheit .............................................................. 38 Text VI. Unbeschränkte Freiheit ................................................... 38 Text VII. Selbst und Fremdbestimmung ....................................... 39 Задания ............................................................................... 40 Text VIII. Bedingung für Glück. Handlung und Disposition ...... 40 Задания ............................................................................... 42 Text IX. Glücksethik und Tugendethik ......................................... 42 Text X. Qualitative Merkmale der Liebe ...................................... 43 Text XI. Die Liebe zu einer anderen Person ................................. 44 Задания ............................................................................... 45 Text XII. Zum Begrif der Bioethik ................................................ 45 Задания ............................................................................... 47 Teil III. Psychologie und Kultur Text I. Erkenntnistheoretische Entscheidungskultur Geglücktes Leben im Kultukontext .................................................... 48 Text II. Die Natur als integrale Kultur .......................................... 49 Задания ............................................................................... 50 Literatur ............................................................................................ 51
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Учебное издание Людмила Ивановна Дементий Татьяна Александровна Пятова
ПСИХОЛОГИЯ КАК ЧАСТЬ КУЛЬТУРЫ Сборник текстов на немецком языке
Технический редактор Е.В. Лозовая Редактор Е.В. Коськина Подписано в печать 26.11.04. Формат 60х84 1/16. Печ. л. 3,4. Уч.-изд. 3,0. Тираж 150 экз. Заказ 631. Издательство ОмГУ 644077, Омск-77, пр. Мира, 55а