Springer-Lehrbuch
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Konrad Konigsberger
Analysis 2 Fiinfte, korrigierte Auflage Mit 150 Abbildungen
Springer
Prof. Dr. Konrad Konigsberger Technische Universitiit Zentrum Mathematik Boltzmannstrde 3 85747 Garching bei Miinchen, Deutschland e-mail: kkemathematiktu-muenchen.de
Mathematics Subiect Classification
120001:26.26A
Die Deuhche Bibliothek- ClP~Einheihaufnahme
ISBN 3-540-20389-3 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-43580-8 4. Aufl. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechflichgeschotzt.Die dadurchbegrlindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrudts.desVortraes.derEntnahmevonAbbildunrenundTabellen.derFunksendune.derMlkroverfilmuneoder
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Vorwort zur fiinften A d a g e
In der neuen Auflage hahe ich an einigen Stellen die Ausfiihrungen priiziser gestaltet und die bekannt gewordenen Druckfehler korrigiert. Fur Hinweise und vielfdtige Hilfe bin ich meinem Mitarbeiter DipLMathematiker Frank Hofmaier zu grogem Dank verpflichtet. Garching bei Munchen, Dezember 2003
Konrad Konigsberger
Vorwort zur vierten Auflage Fur die neue Auflage habe ich den gesamten Text noch einmal sorgfaltig durchgesehen und dabei die Kapitel zur Funktionentheorie und zum Integralsatz von Stokes auch etwas umgestaltet und erweitert. Die Arbeit am Computer hat Herr DipLMathematiker Frank Hofmaier mit groMer Sachkenntnis und Zuverlassigkeit besorgt. Dafiir bin ich ihm sehr zu Dank verpflichtet. Munchen, Juni 2002
Konrad Konigsberger
Vorwort zur dritten A d a g e In der dritten Auflage hat der Text keine einschneidenden Anderungen erfahren. Er wurde lediglich an einigen Stellen gestrafFt und an anderen erganzt; die Aufgaben wurden im AnschluE an Erprobungen mit Studierenden etwas uherarbeitet. Bei der technischen Vorhereitung der neuen Auflage hat mich mein studentischer Mitarbeiter Frank Hofmaier mit vie1 Engagement und Sachkenntnis unterstutzt; ihm gebuhrt mein ganz besonderer Dank. Munchen, Aschermittwoch 2000
Konrad Konigsberger
VI
Vorwort
Vorwort zur zweiten Auflage Fur die vorliegende zweite Auflage habe ich den gesamten Text griindlich uberarbeitet und erweitert. Neu hinzugekommen sind die drei Kapitel ,,Vektorfelder und Differentialgleichungen", ,,Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie" und , p e r Satz von Stoked'. Beim Thema Vektorfelder habe ich vor allem auf die qualitative Seite Wert gelegt. Die Elemente der Funktionentheorie wurden unmittelbar im AnschluB an das Kapitel iiber Pfaffsche Formen und Kurvenintegrale dargest,ellt, wobei die Cauchy-Theorie sogleich ihre Homotopieversion gewinnt. Das Kapitel iiber Differentialformen und den Satz von Stokes ist als Einstieg in die Theorie der differenzierbaren Mannigfaltigkeiten konzipiert. Die neue Auflage hatte ohne die Hilfe meiner Mitarbeiter Dr. Thomas Honold und Diplom-Mathematiker Johannes Kuster nicht die vorliegende Gestalt gewonnen. Herr Honold hat den Text mit gro%er Sorgfalt gelesen und wesentlich zu dessen Verhesserung beigetragen; Herr Kuster hat die Bugere Gestaltung des Textes meisterhaft ausgefuhrt sowie samtliche Abbildungen mit feinem Gespur neu erstellt; dabei waren nicht wenige Programmieraufgaben und technische Probleme zu losen. Beiden Herren bin ich zu grogem Dank verpflichtet. SchlieBlich danke ich herzlich meiner Frau, die stets fur die notige Arbeitsruhe gesorgt hat. Munchen, im August 1997
Konrad Konigsberger
Vorwort zur ersten Auflage Der vorliegende Band stellt den zweiten Teil eines Analysiskurses fur Studenten der Mathematik, Physik und Informatik dar und ist der mehrdimensionalen Differential- und Integralrechnung gewidmet. Die Differentialrechnung wird, aufbauend auf dem Konzept der linearen Approximation, zunachst fur Funktionen auf Gebieten in einem IRn und dann koordinatenfrei fur Abbildungen auf Gebieten in einem endlichdimensionalen normierten Raum entwickelt. In der Integralrechnung bringen wir das Lebesgue-Integral, da nur dieses eine leistungsfahige Theorie zur Vertauschung von Integration und Grenzwertprozessen ermoglicht. Die vorliegende Einfiihrung scheint in der Lehrbuchliteratur neu zu sein. Das fiir Treppenfunktionen elementar erkliirte Integral wird fortgesetzt auf die Klasse derjenigen Funktionen, die sich beliebig genau durch Treppenfunktionen approximieren lassen, wobei als ApproximationsmaB die L1-Halbnorm dient, die wir ohne Zuhilfenahme
Vorwort
VII
des Integrals fur alle Funktionen auf dem IRn definieren. Als Anwendungen der Integralrechnung im lRn behandeln wir die Approximation von Funktionen durch Faltung rnit Dirac-Folgen, den Umkehrsatz der FourierTransformation sowie quadratintegrierbare Funktionen. Bei der Integration uber Untermannigfaltigkeiten und allgemeiner uber Y1-Flachen im lRn legen wir Wert darauf, Singularitaten in hinreichender Allgemeinheit miteinzubeziehen. Als Singularitatenmengen lassen wir Hausdorff-Nullmengen einer geeigneten Dimension zu. D d u r c h wird es dann auch mijglich, den GauBschen Integralsatz in einer Allgemeinheit aufzustellen, wie sie die Theorie der partiellen Differentialgleichungen erfordert. Im abschlieflenden Kapitel studieren wir Kurvenintegrale und gehen dabei aucb auf das Zusammenspiel yon Analysis und globalen geometrischen Strukturen ein. All jenen, die mich rnit Rat und Tat unterstutzten, mochte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Herr Dr. G. Fritz und Frau Dr. M. RGsler haben groBe Teile des Textes grundlich durchgesehen und zahlreiche Verbesserungen angeregt. Herr DipLMath. Th. Honold hat rnit Engagement und groBter Sorgfalt die letzte Korrektur gelesen. Frau Dipl.. Math. B. Eggert fertigte rnit Prbision und Ausdauer die Abbildungen an. Die umfangreiche Arbeit der Erstellung von w - M a k r o s sowie der Erfassung und Gestaltung des Textes fuhrte Herr cand. math. J. Kiister rnit groBer Sachkenntnis aus. Ein herzlicher Dank gilt auch meiner Frau, die rnit Geduld und Verstandnis die Arbeit an diesem Buch begleitet hat. Dem Verlag schlieBlich danke ich fur manche Ermunterung und die vertrauensvolle Zusammenarheit. Munchen, im Juli 1993
Konrad KGnigsberger
Inhaltsverzeichnis
Elemente der Topologie
1
Topologie des euklidischen Ranmes IRn ...................... Topologie metrischer Raume ................................ Stetige Abbildungen ....................................... Kompakte E u m e .......................................... Zusammenhang ............................................ Potenzreihen in Banachalgebren ............................ Aufgahen ...................................................
1 6 13 28 33 38 42
Differenzierbare Funktionen
45
Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Fest.stellungen .... Mittelwertsatz und Schrankensatz ........................... Hohere Ableitungen . Der Satz von Schwarz .................. Die Taylorapproximation ................................... Zur Bedeutung der zweiten Ableitung ....................... Differentiation parameterabhangiger Integrale ............... Die Eulersche Differentialgleichung der Variationsrechnung ... Aufgaben ................................................... Differenzierbare Abbildungen
87
Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen ..... Der Schrankensatz ......................................... Der Satz von der lokalen Umkehrbarkeit .................... Auflosen von Gleichungen. Implizit definierte Ahbildungen ... Differenzierbare Untermannigfaltigkeiten .................... Extrema unter Nebenbedingungen .......................... Aufgaben ...................................................
87 102 104 111 115 123 126
Vektorfelder
131
Vektorfelder. Koordinatensysteme ...........................
131
Inhaltsverzeichnis
Integralkurven in Vektorfeldern. Gewahnliche Differentialgleichungen ................................................. Lineare Differentialgleichungen ............................. Erste Integrale ............................................. Attraktoren und stabile Punkte ............................. Fliisse in Vektorfeldern und Divergenz ...................... Divergenz und Laplace-Operator in orthogonalen Koordinaten Aufgahen ...................................................
.
136 147 154 158 164 171 173
Felder von Linearformen. Pfaffsche Formen Kurvenintegrale
177
Begriff der PfafFschen Form ................................. Integration von l-Formen lings Kurven ..................... Exakte 1.Formen . Wegunahhangigkeit der Integration ....... Lokal exakte 1.Formen . Das Lemma von Poincark ........... Homotopieinvarianz des Kurvenintegrals lokal exakter 1.Formen ...................................... Aufgahen ...................................................
177 179 182 185
Die Fundamentalstitze der Funktionentheorie
197
Der Cauchysche Integralsatz ................................ Die Cauchysche Integralformel fiir Kreisscheihen. Der Satz von der Potenzreihenentwicklung ............................ Die Cauchysche Integralformel fiir Kreisringe . Der Satz von der Laurententwicklung ..................................... Der Residuensatz .......................................... Das Maximumprinzip . Die holomorphen Automorphismen vonIE ...................................................... Die Gammafunktion ....................................... Holomorphe Funktionen und harmonische Funktionen ....... Aufgaben ...................................................
197
Das Lebesgue-Integral
188 194
203 211 216 223 225 229 230 235
Integration von Treppenfunktionen ......................... 235 238 Die L1-Halbnorm ........................................... Definition des Lehesgue.Integrals . Elementare Feststellungen . 242 Der Kleine Satz von Beppo Levi und der 245 Kleine Satz von Fubini ...................................... MeBbarkeit von Teilmengen des IRn ......................... 252 Nullmengen ................................................ 256 Translationsinvarianz des Lebesgue.Integrals . Das Volumen von Parallelotopen .......................................... 261 Remannsche Summen ...................................... 264
Inhaltsverzeichnis
XI
7.9
Aufgaben ...................................................
8
Vollstiindigkeit des Lebesgue.Integrals Konvergenzsiitze und der Satz von Fubini
266
.
269 269
8.6
Der Vollstandigkeitssatz von Riesz-Fischer .................. Gliedweise Integration bei monotoner Konvergenz. Der Satz vonBeppoLevi ............................................. Gliedweise Integration bei majorisierter Konvergenz .......... Parameterabhangige Integrale .............................. Integration iiber einen Produktraum. Die Satze von Fubini und Tonelli ................................................. Aufgaben ...................................................
9
Der Transformationssatz
299
9.1 9.2 9.3 9.4
Formulierung des Transformationssatzes . Erste Beispiele ..... Beweis des Transformationssatzes ........................... Integration mittels Polarkoordinaten und Jacobi-Abbildung ... Aufgaben ...................................................
299 303 308 314
10
Anwendungen der Integralrechnung
317
10.1 10.2 10.3 10.4
Faltung und Approximat.ion von Fnnktionen ................ Die Fourier-Transformation ................................. Quadratint.egrierbare Funktionen ........................... Aufgaben ...................................................
317 325 334 343
11
Integration iiber Untermannigfaltigkeitendes euklidischen IRn 346
11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8
Reguliire Parameterdarstellungen ........................... Das Volumen d-dimensionaler Parallelotope ................. Integration uber ein Kartengebiet ........................... Zerlegungen der Eins ....................................... Integration uber eine Untermannigfaltigkeit. ................. Nullmengen zu einer Dimension d ........................... Integration uber V1-Flkhen ................................ Aufgaben ...................................................
346 351 353 359 362 367 371 374
12
Der Integralsatz von G a d
377
8.1 8.2 8.3 8.4 8.5
12.1 Integration von Vektorfeldern iiber orientierte regulare Hyperflachen ............................................... 12.2 V1-Polyeder ............................................... 12.3 Die Divergenz eines Vektorfeldes ............................ 12.4 Der Gaugsche Integralsatz ..................................
272 278 282 289 296
377 380 382 384
XI1
Inhaltsverzeichnis
12.5 Beweis des Gaugschen Integralsatzes ......................... 12.6 Die Greenschen Formeln .................................... 12.7 Aufgaben ...................................................
387 393 396
13
399
Der Integralsatz von Stokes
13.1 Alternierende Multilinearformen ............................ 13.2 Differentialformen auf offenen Teilmengen des IRn ........... 13.3 Differentialformen auf Untermannigfaltigkeiten des IRN ....... 13.4 Orientiernng von Untermannigfaltigkeiten ................... 13.5 Integration von Differentialformen .......................... 13.6 Glatt berandete Teilmengen einer Untermannigfaltigkeit ...... 13.7 Der Satz yon Stokes ........................................ 13.8 Die klassische Version des Satzes von Stokes ................. 13.9 Der Brouwersche Fixpunktsatz .............................. 13.10Aufgaben ...................................................
Literatur
445
Bezeichnungen
446
Namen- und Sachverzeichnis
449
1 Elemente der Topologie
Begriffe wie ,,Konvergenz", ,,Stetigkeit6',,,AbgeschlossenheitUtreten in der Analysis in verschiedenen Zusammenhangen auf und kijnnen jeweils auf einen Umgebungshegriff bezogen werden. Die mengentheoretische Topologie klart solche Begriffe und untersucht die damit gegebenen Strukturen in einem einheitlichen Rahmen. Wesentliche Beitrage dazu stammen von Cantor. Frkchet und HausdorfT.
1.1 Topologie des euklidischen Raumes IRn Der fiir Folgen in IR oder C eingefuhrte Konvergenzbegriff beruht auf dem mit dem Absolutbetrag gegebenen Abstand. Im IRn erzeugt die euklidische Norm einen analogen Ahstandsbegriff. Die euklidische Norm ist fiir einen Vektor x = (XI, . . . ,x,) E IRn durch
erklart und erfiillt folgende Regeln: fur x 0, 1. llxll > 0 fiir a E R, 2. llcvxll = Ial . llxll
+
(Dreiecksungleichung). 3. Ilx+yll 5 Il4 + l l ~ l l Die Regel 3 zeigt man mit Hilfe der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung; siehe Band 1,9.8. Der euklidische Abstand zweier Punkte a, b E IRn ist dann die Zahl
Der Raum IRn zusammen mit der euklidischen Norm und der euklidischen Metrik heigt euklidischer Rn. Wir verallgemeinern sogleich eine Bezeichnung aus Band 1: Unter der offenen Kugel mit Mittelpunkt a und Radius r > 0 versteht man die Menge
2
1 Elemente der Topologie
Konvergenz. Eine Folge (xk)von Punkten im IRn heist konvergent, wenn es einen Punkt a E IKn giht so, daJ3 gilt:
In diesem Fall heist a Grenzwert von (xk), und man schreibt lim xk = a k+ao oder xk + a fiir k + M. Geometrisch bedeutet die Forderung (I), d d jede Kugel K,(a) fast alle Folgenglieder enthat.
Lemma: Eine Folge uon Punkten, xk = (xkl,.. . ,xkn) des euklidischen IRn konuergiert genau dann gegen a = (al, .. . ,an), wenn fiir u = 1 , . . . ,n xkv + a" gilt. Konvergenz hedeutet also komponentenweise Konvergenz.
Beweis: Die Behauptung folgt aus den n Abschatzungen
Das Lemma fuhrt die Konvergenztheorie der Folgen im euklidischen IRn anf den Fall n = 1 zuruck. Nehen Rechenregeln kann damit der wichtige Satz van Bolzano-WeierstraJZ uhertragen werden. Man definiert: (i) Eine Folge (xk)heist beschrankt, wenn alle ihre Glieder in einer Kugel K,(O) mit geeignetem Radius r liegen. (ii) Eine Folge (xk) heist Cauchyfolge, wenn es zu jedem E N(E) gibt so, da& llxk -sill < E fur alle k , l > N(E).
> 0 einen Index
Satz (Bolzano-Weierstrd): I m euklidischen IRn gilt: (i) Jede beschrankte Folge besitzt eine konvergente Teilfolge (ii) Jede Cauchyfolge konuergiert
Beweis: (i) zeigt man durch vollstandige Induktion nach n. Fiir Folgen in IR und in C wurde der Satz in Band 1,5.5 gezeigt. Der Induktionsschritt von En-' auf IRn wird wie die Ausdehnung des Satzes van IR auf C durchgefuhrt, siehe lac. cit. (ii) 1st (xk) mit xk = (xkl,. . . ,xkn) eine Cauchyfolge, so sind die n Komponentenfolgen (xk,), u = 1,.. . ,n, wegen lxk, - xl,i 5 llxk - xrll Cauchyfolgen in IR. Sind al, . . . ,a, deren Grenzwerte, so konvergiert (xk) gegen 0 a := ( a ~.,. . ,an). Umgebnngen. Eine Menge U C IRn heist Umgebung von a E IRn, wenn sie eine Kugel K,(a), E > 0, mit Mitt,elpunkt a enthalt. K,(a) heist auch E-Umgebung von a.
1.1 Topologie des euklidischen Raumes IRn
3
Beispiel: Die Kugel K,(b) ist Umgebnng jedes Punktes a E K,(b). Denn fur jede positive Zahl E < r - Ilb - all liegt K,(a) in K,(b).
Elementare Regeln: 1. Der Durchschnitt zweier Umgebungen von a ist eine Umgebung von a. 2. Jede Obermenge einer Umgebung von a ist eine Umgebnng von a. 3. Je zwei verschiedene Punkte a , b besitzen punktfremde Umgebungen; 2.B. die Kugelumgebungen K,(a) nnd K,(b) mit E := $ Ilb - all. (Hausdorffsche Dennungseigenschaft) Offene Mengen. Eine Menge U C IRn heifit offen, wenn sie Umgebnng eines jeden Punktes a E U ist; ausfuhrlicher: Wenn es zu jedem Punkt a E U eine Kugel K,(a) gibt, die in U enthalten ist. Die leere Menge ist nach dieser Definition offen. Beispiel: Die offene Kugel K,(b) ist offen im Sinn dieser Definition. Insbesondere sind die Kugelumgebungen offene Umgebungen. Elementare Regeln: (01) Der Durchschnitt endlich vieler offener Mengen ist offen.
( 0 2 ) Die Vereinigung beliebig vieler offener Mengen ist offen. Abgeschlossene Mengen. Eine Menge A C IRn heifit abgeschlossen, wenn ihr Komplement AC := IRn \ A offen ist. Beispiele: 1. Die sogenannte abgeschlossene Kugel
ist abgeschlossen im Sinn der Definition. 1st namlich a ein Pnnkt auBerhalb von %(b), so lie@ auch jede Kugel K,(a) mit E < Ilb - all - r aufierhalb. 2. Der IRn und die leere Menge sind offen und abgeschlossen zugleich.
I
3. Die Menge { l l n . n E I N } C IR ist weder offen noch abgeschlossen.
Obigen Regeln fur offene Mengen entsprechen jetzt:
( A l ) Die Vereinigung zweier abgeschlossener Mengen ist abgeschlossen. ( A 2 ) Der Durchschnitt beliebig vieler abgesehlossener Mengen ist abgeschlossen.
1 Elemente der Topologie
4
Abgeschlossene Mengen (und auch offene) kijnnen eine komplizierte Gestalt haben. Wir betrachten ein Beispiel aus der fraktalen Geometrie. Sei A0 die Vereinigung der abgeschlossenen Quadrate [ k ;k l]x [j;j 11 im IR2, wobei k und j ganze Zahlen sind derart, dafi k - j durch 2 teilbar ist; diese Quadrate sind wie die schwarzen Felder eines Schachbretts verteilt. die weiteren Mengen Aus A. entstehen durch Ahnlichkeit~abbildun~en
+
+
Die Komplemente IR2 \A, sind als Vereinigungen offener Quadrate offen. Alle A, sind also abgeschlossen; folglich ist es auch ihr Durchschnitt
n m
A=
A,.
n=o
Aussthitte aus A", A.
n A1 und A. n Al n Az
Der Schnitt von A mit dem abgeschlossenen Quadrat Q = [O;11 x [O;11 kann als ein 2-dimensionales Analogon des Cantorschen Diskontinuums angesehen werden; vgl. Band 1,7.5. Ein wichtiges Charakteristikum der abgeschlossenen Mengen ist ihre ,,Abgeschlossenheit" hei der Bildung von Grenzwert,en.
Satz: Eine Menge A C IRn ist genau dann abgeschlossen, wenn der Grenzwert jeder in IRn konvergenten Folge (ak) mit ak E A fur alle k ebenfalls in A liegt. Beweis: Sei A abgeschlossen. Lage der Grenzwert a einer konvergenten Folge (ah) mit ak E A fiir alle k in U := IRn \ A , so enthielte die offene Menge U als Umgebung von a fast alle ak. Widerspruch! Es habe nun A die angegebene Eigenschaft fiir Folgen. Angenommen, A ist nicht abgeschlossen, d. h. U := IRn \ A nicht offen. Dann gibt es einen Punkt a E U derart, daB keine Kugel um a in U liegt. Insbesondere enthalt jede Kugel Kllk(a), k = 1,2,. . ., einen Punkt ak mit ak 6# U . Die Folge (ah) liegt in A und konvergiert wegen llak -all < l / k ; ihr Grenzwert a jedoch gehijrt nicht zu A. Widerspruch!
1.1 Topologie des euklidischen Raumes IRn
5
Randpunkte. x E IRn heist Randpunkt der Menge M C IRn, wenn jede Umgebung von x Punkte sowohl aus M als auch aus dem Komplement M C enthalt. Die Menge aller Randpunkte von M bezeichnen wir mit a M . Aus Symmetriegriinden gilt a ( M C )= a M . Beispiele: Der Rand der Kugel K,(a) ist die Sphare { x Der Rand von $ in IR ist ganz IR.
1 llx - all = r } .
Lemma: Fiir jede Menge M C IRn gilt: a) M \ a M ist offen. Jede offene Menge U mit U C M liegt i n M b) M U a M ist abgeschlossen. Jede abgeschlossene Menge A mit urnfafit M U a M .
\ aM. A >M
c) a M ist abgeschlossen.
Beweis: a) Jeder Punkt a E M \ a M hat eine offene Umgebung V mit V C M ; sonst wiire a ein Randpunkt. V enthalt keinen Pnnkt x aus a M ; sonst enthielte V als Umgebung von x auch Punkte aus M C , im Widerspruch zur Wahl von V. Also gilt a E V C M \ a M . Mithin ist M \ a M offen. Die weitere Behauptung U C M \ a M beweist man wie soeben die Behauptung V C M \ a M . b ) folgt mittels Komplementbildung aus a): M' ist offen, also
\ a ( ~ ~ )
( M \~L ? ( M ~ = ) )M ~U L J ( M ~ = ) MU aM (*) abgeschlossen. Weiter ist AC C M C offen. Nach der zweiten Aussage in a) ) daraus folgt mit (*) M U a M c A. gilt also AC c M' \ a ( ~ ' und c) folgt aus h) wegen a M = ( M U a M ) n ( M CU a ( M C ) ) . 0 Das Lemma ergibt sofort eine Charakterisierung der offenen und der ahgeschlossenen Mengen anhand ihrer Randpunkte:
Satz: Eine Menge U C IRn ist genau dann offen, wenn sie keinen ihrer Randpunkte enthalt. Eine Menge A C IRn ist genau dann abgeschlossen, wenn sie alle ihre Randpunkte enthalt. Bezeichnungen: Fiir beliebiges M C IRn heiBen M" := M \ a M der offene Kern oder auch das Innere von M , M := M U a M die abgeschlossene Hulle von M . Nach dem Satz ist M a die groste offene Menge, die in M liegt, und M die kleinste abgeschlossene Menge, die M umfaBt.
Hgufungspunkte. x E IRn heist Haufungspunkt der Menge M C IRn, wenn jede Umgebung von x mindestens einen von x verschiedenen Punkt
1 Elemente der Topologie
6
aus M enthalt. Induktiv kann man dann unter Verwendung der Hausdorffschen Trennungseigenschaft sogar eine Folge paarweise verschiedener Punkte xk E M mit llx - xkll < l l k , k E IN, konstruieren. Die Menge aller Haufnngspunkte von M hezeichnen wir mit X ( M ) .
Lemma: Fiir jede Menge M C Rn gilt MU X ( M ) = M U a M = M.
Beweis: Ein Haufungspunkt x von M , der nicht in M liegt, ist ein Randpunkt, da jede Umgebung von x einen Punkt aus M sowie den nicht in M liegenden Punkt x enthalt. Umgekehrt ist ein Randpunkt x von M , der nicht in M liegt, ein Haufungspunkt. 0 Das Lemma und der vorangehende Satz implizieren eine weitere Charakterisierung der ahgeschlossenen Mengen:
Satz: Eine Menge A C IRn ist genau dann abgeschlossen, wenn sie alle ihre Haufungspunkte enthdt.
1.2
Topologie metrischer R5ume
Nehen dem En treten in der Analysis viele weitere Raume mit einer Umgebungsstruktur auf. Wichtige Kategorien hilden die normierten und allgemeiner die metrischen Raume. Die Letzteren spielten eine Vorreiterrolle bei der Ausformung des Begriffs des topologischen Raumes. I. Normierte Raume. Metrische m u m e
Definition (Normierter Raum): Sei K = IR oder C. Eine N o n n auf einem K-Velctorraum V ist eine Funktion 11 11 : V + IR so, d d fiir alle x, y E V und cu E IK gilt: (Nl) 11011 = 0 und 11x11 > 0 fiir x # 0, (N2) I l4 = lal .11x11> (N3) Ilx yll llxll llyll
+ <
+
(Dreiecksungleichung). Das Paar (V, 11 11) heifit normierter Raum. Wenn klar ist, welche Norm auf V verwendet wird, schreiben wir fiir (V, 11 11) nur V. Beispiele normierter Mume: 1. Der Raum Kn mit der fiir p 2 1 definierten p-Norm (siehe Band 1,9.8)
Die Norm
11 11,
heist auch im Fall K = C euklidische Norm
Eine weitere. oft verwendete Xorm auf IK7' ist die Mazimumsnom ll+llw := 1llaX{lX,~
....
,[X9J].
( N l ) und ( N 2 j gelten offensichtlich; (N3) folgt aus
Iur Folgendeu ramen wir den Vekl.orraum Knxmder vtxvrt-htalrizeu mil Flrmrntrn in K strts mr:h ads den mm-dimmsionalrn Rar~mR n m anf. Die Kormen auf KJV"* srellen dann auch Xormen auf KnX"'dar. Zum Beispiel hat eine Matrix A = (aij) die hln~imumsnormllAlm = m? laiil. L,l
2. Der Raum %[a:b] der ~tetigenhnktion.en auf einem Intemall [a;b] nait einer 12'-?'om oder der S~~prem?imnnorm: 1/11 (L"~-.Vunn):
Din norm spirlt in drr Theorin der F~iurirrreihmr i m wichrigr Rollr? siehe Band l , l 6 . 7 : die Supremumsnorm fiir die gleichmafiige IConvergenz. siclrc Bald 1,15. 3. Vcktorri;i~memit Skalarprodtlkt ( : ). Uurch Ixll := wird in solchcn cinc Norm dcfinicrt. Dic Drciccksunglcichun~folgt aus dcr CauchySclrwar~sclienUugleicl~ung.Der eukliclisclie Rn uud V [ u . ;b] uiil der ,LAk r m g~hrirenin dinse ICategori~.
In cincm normicrtcn Kaum dcfinicrt man dic Bcgriffc ,,Konvcrgcnz", ,,Umgcbun<, ,pffcnc Mcngc", ~abgcschlosscnchicngc", ,,H~ufungspuukt" \vie irn euklirliscl~enRn.Dabei win1 uur cler ahgeleilele, d u d d ( r , y) := 112 - yI erklikte. BegriIf des iil~s~mrdes gebrau&L. Wir belrad~lend&w sogleich Raume, in denen ledighch ein .4bstandsbegriE gegeben ist. Definition (Metriseher R.anm): Sri X irgmilrinr hlmgr. Einn 1Mph.k auf X ist eine Funktion d , die je zwei Punkten x:y E X eine reelle Zahl d ( 2 . y ) znordnet so, daB gilt: (MI) d ( ~2): = 0 und d ( x , y ) > 0 fiir .T # y , w 2 ) d ( ~9), = ~ ( v . x ) , (M3) 11(2?y ) 5 f!(:6, Z) + d ( z ; y ) (J)~eie~:k~~7~glei~:lI~~,vig). Uss P a r ( X , d ) hciXt metrdscher Xaum; oft schrcibcn wir dnfiir nur X . Die Zahl d ( z , y) 1reil:l. Abulund cler Puukle z und y.
1 Elemente der Topologie
8
Beispiele metriseher mume: 1. Die normierten Raume (V, 1 1
11)
mit d ( x ,y ) := Ilx - yll.
2. Jede nicht leere Menge X zusammen mit d(x,y) :=
0, falls x = y, 1, falls x # y.
11. Die Topologie eines metrischen R a u m e s Um fiir einen metrischen Raum ( X ,d) eine Topologie zu definieren, ahmt man die Begriffsbildungen fiir den euklidischen Rn soweit als moglich nach. Zunachst definiert man als offene Kugel mit Mittelpunkt a E X und Radius r > 0 die Menge K,(a) := { x E X d(x,a) < r}.
I
t
Die geometrische Gestalt einer Kugel in einem normiert,en IRn etwa hangt natiirlich von der Norm ab. Die nebenstehende Abbildung zeigt die Einheitskreise K l ( 0 ) = { x 1 1 ~ 1 < 1 ~ 1 ) im B%eziiglich der pNormen fur p = 1,2 und m.
1
m
Wir definieren weiter Umgebungen, offene und abgeschlossene Mengen, sowie die Konvergenz von Folgen. Definition: Eine Menge U C X heifit Umgebung von a, wenn es eine Kugel K,(a) mit K,(a) C U gibt. K,(a) heiBt wieder E-Umgebung oder Kugelumgebung von a. Das hiermit in ( X ,d) eingefiihrte System von Umgebungen erfiillt dieselben elementaren Regeln wie jenes im euklidischen IRn; es hat insbesondere die Hausdorffsche Trennungseigenschaft. Definition: Eine Menge U C X heifit offen, wenn sie Umgebung eines jeden ihrer Punkte ist, d. h., wenn es zu jedem u E U eine Kugel K,(u) gibt, welche in U enthalten k t . Die leere Menge wird als offen erklart. Die Gesamtheit der offenen Teilmengen des metrischen Raumes ( X ,d) heifit die von d erzeugte Topologie auf X und wird mit B ( d ) bezeichnet. Ferner heifit eine Menge A C X abgeschlossen, wenn ihr Komplement X \ A offen ist. Wie im euklidischen IRn gelten folgende Regeln:
( 0 1 ) Der Durchschnitt endlich vieler offener Mengen ist offen. ( 0 2 ) Die Vereinigung beliebig vieler offener Mengen ist offen. ( A l ) Die Vereinigung endlich vieler abgeschlossener Mengen ist abgeschlossen. (A2) Der Durchschnitt beliebig vieler abgeschlossener Mengen ist abgeschlossen.
1.2 Topologie metrischer mume
9
Definition: Eine Folge ( x k )in X heifit konvergent, wenn es einen Punkt a E X gibt derart, dafi d(xk,a) + 0 fur k + cc gilt. Gegebenenfalls heifit a Grenzwert und man schreibt dafiir lim xk = a oder xk + a. k i m
Eine Folge besitzt hijchstens einen Grenzwert. Fur Grenzwerte a' und a" gilt namlich d(af,a") = 0 wegen d(af,a") 5 d(af,xk) d(xk,a") fur alle k .
+
Die Charakterisierung abgeschlossener Mengen im euklidischen IRn mittels Folgen gilt samt Beweis auch in metrischen Raumen:
Satz: Eine Menge A C X ist genau dann abgeschlossen, wenn der Grenzvrer-t jeder i n X konuergenten Folge (ah) mit ak E A ebenfalls in A liegt. Fur einen metrischen Raum X definiert man weiter: x E X heifit Haufungspunkt der Menge M C X , wenn jede Umgebung von x mindestens einen von x verschiedenen Punkt von M enthalt. x E X heifit innerer Punkt von M , wenn es eine Umgebung U von x mit U c M gibt. Wir besprechen noch zwei oft gebraucbte Konstruktionen metrischer Raume und die durch sie erzeugten Topologien. Die erste betrifft Teilmengen, die zweite direkte Produkte.
Teilraumtopologie. Es sei ( X , d ) ein metrischer Raum und Xo C X eine Teilmenge. Diese wird zu einem metrischen Raum, indem man fur Punkte x , y E Xo als Abstand die Zahl d(x,y) festsetzt. Die Einschrankung do := d 1 Xo x Xo heist induzierte Metrik oder Spurmetrik auf Xo. Eine Kugel in Xo bezuglich der Spurmetrik ist der Durchschnitt einer Kugel in X mit Xo. Damit folgt, dafi eine Menge Uo C Xo bezuglicb der Spurmetrik offen ist genau dann, wenn es eine offene Menge U in X mit Uo = U n XO gibt. Die von do auf Xo erzeugte Topologie @(do)= {U n X o U E B ( d ) ) heist Spur- oder Teilraumtopologie. Besonders wichtig ist fur uns der Fall, daB Xo eine Teilmenge eines normierten IKn ist.
I
Definition der Spurtopologie: Uo = U n Xo ist offenin X o
1 Elemente der Topologie
10
Statt offen (abgeschlossen, Umgebung) beziiglich der Spurtopologie sagen wir auch kurz offen (abgeschlossen, Umgebung) in Xo oder XO-offen (XOabgeschlossen, Xo-Umgebung). Man heachte, daJi eine Xo-offene Menge nicht offen in X sein mug. Fur X = IR und Xo = Q etwa ist (0; 1) n Q zwar Q-offen, aber nicht IR-offen. Ist Xo jedoch eine offene Teilmenge von X , so sind die Xo-offenen Mengen genau die in Xo enthaltenen offenen Teilmengen uon X . Diese Feststellung bleiht richtig, wenn an jeder Stelle ,,offen'' durch ,,abgeschlossenLL ersetzt wird. Produkttopologie. Es seien ( X ,d x ) und (Y,dy) metrische Raume. Auf X x Y wird dann durch
eine Metrik, die sogenannte Produktmetrik, definiert (Beweis als Uhung). Die Kugel K,(a, b) C X x Y beziiglich der Produktmetrik ist gerade das direkte Produkt K,(a) x K,(b) der Kugeln K,(a) C X und K,(b) C Y. Die von der Produktmetrik erzeugte Topologie anf X x Y heifit Produkttopologie. Eine Menge W C X x Y ist genau dann offen, wenn es zu jedem Punkt (x,y) E W Umgebungen U von x in X und V von y in Y gibt so, daB U x V C W. Man beachte, d d die Produkte U x V offener Mengen U C X und V C Y nicht die einzigen offenen Mengen in X x Y sind.
s U
X
Definition der Produkttopologie Vereinbarung: Teilmengen metrischer Ftiiume sehen wir im Folgenden als Teilranme mit der Spurt,opologie an, falls nicht ausdrucklich etwas anderes festgelegt wird; analog Produkte als Raume mit der Produkttopologie. 111. Aquivalenz der Normen auf einem endlich-dimensionalen Vektorraum
Verschiedene Metriken erzeugen unter Umstanden dieselbe Topologie. Sind d und d' Metriken auf X und enthalt jede d-Kugel eine d*-Kugel mit
1.2 Topologie metrischer m u m e
11
demselben Mittelpunkt, so ist jede d-offene Menge auch d*-offen, und es gilt B(d) C B(de). Enthdt iiberdies auch jede d*-Kugel eine d-Kugel mit demselben Mittelpunkt, so gilt B(d) = B(d*). Metriken d und d* mit B(d) = B(d*) heigen aquiualent. Zum Beispiel ist d' := - eine zu d l+d aquivalente Metrik; in dieser haben je zwei Punkte einen Abstand < 1. Fur aquivalente Metriken d und d* gilt: Eine Folge in X konwergiert bezuglich d genau dann, wenn sie bezuglich d* konuergiert. Zwei Normen 11 11 und 11 11' auf einem Vektorraum heisen aquiualent, wenn sie aquivalente Metriken, d. h. dieselbe Topologie, erzeugen.
Lemma: Zwei Nonnen 11 11 und 11 11' auf e i n e n K-Vektorraum V sind genau dann aquivalent, wenn es positive Zahlen c und C gibt so, daj3
Beweis: 11 11 und 11 11% seien aquivalent. Die Kugeln bezuglich 11 11 und 11 11' bezeichnen wir mit K bzw. K*. Mit einem geeigneten r > 0 gilt dann K:(O) C Kl(0). Fur x # 0 folgt r x / 2 llxllXE K;(O) c Kl(0); fiir jedes x gilt also cllxll 5 11x11' mit c := '12. Aus Symmetriegriinden besteht eine analoge Ahschatzung 11x11' 5 C 11x11. Damit ist (2) gezeigt. Umgekehrt 0 folgt aus (2) sofort K&(a) C KT(a) C K&(a). Beispiel: Die euklidische Norm und die Maximumsnorm auf IRn sind aquivalent. Zwischen beiden hesteht namlich die Abschat,zung
1 1 ~ 1 1 , I 11x112 5 JSi 1 1 ~ 1 1 , . Jede Kugel heziiglicb der euklidischen Norm enthalt eine Kugel beziiglich der Maximumsnorm und umgekehrt
Satz: Je zwei Normen auf eeinem endlich-dimensionalen K-Vektorraun sind aquivalent.
Beweis: a) Zunachst fiir den IRn. Es geniigt zu zeigen, dag jede Norm 11 11 zur euklidischen Norm 11 11, aquivalent ist. Sei e l , . . . ,en die Standardhasis. Fiir x = C:=l s u e , gilt dann nach der Cauchy-Schwarzschen-Ungleichung
wobei C :=
Js.
(*) ist eine Ahschatzung (2) rechts
1 Elemente der Topologie
12
Um eine Ahschatzung (2) links zu gewinnen, hetrachten w i ~
1
c := inf (11x11 x E S),
I
wobei S := {x E IRn llxllz = 1) die sog. euklidische Einheitssphire ist. Wir zeigen: c > 0. Angenommen, es sei c = 0. Dann giht es in S eine Folge (xk) mit 11xkll + 0. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstrag in 1.1 hat (xk) eine Teilfolge, die hezuglich der euklidischen Norm konvergiert. Wir nehmen an, (xk) sei hereits diese Teilfolge. Fiir den Grenzwert a folgt a: + . . . + a; = l i m ( x ~ + , . . . ),x; = 1; d. h., es ist a E S. Andererseits haben wir wegen (*) fiir alle k
+
Mit k + m folgt daraus [la11 = 0, also a = 0, im Widerspruch zu a E S. Damit ist gezeigt, dafi c > 0. Fiir a: # 0 ist x/ 1 1 ~ 1 E1 ~ S; also gilt c 5 llz/ 1 1 ~ 1 1 ~ 1 1 und , damit
c Ilxllz 5 IIXII~ Diese Ungleichung gilt auch fur x = 0. Zusammen mit (*) zeigt sie die Aquivalenz der beiden Normen. h) Fur einen heliebigen Vektorraum V. Seien 11 11 und 11 II* Normen auf V. Mit Hilfe eines R-Isomorphismus ip: IRn + V uhertragen wir diese auf den En:Fur x E IRn setzen wir Man sieht leicht, dag 11 1, und 11 1; Normen auf IRn sind. Nach a) gibt es Konstanten e nnd C so, daB fur alle x E IRn
Das bedeutet wegen der Surjektivitat von
ip
fur alle y E V
cllvll 5 Ilvll* 5 Cllvll.
0
Der Satz hat eine wichtige Konsequenz. Die mit Hilfe einer Norm in einem endlich-dimensionalen Vektorraum eingefuhrte Topologie h b g t nicht von der Art der Norm ah. Insbesondere sind die offenen Mengen, die Umgebungen und die konvergenten Folgen in einem beliebig normierten IRn identisch mit jenen im euklidischen IRn; Konvergenz etwa bedeutet stets komponentenweise Konvergenz. Ferner darf in Erorterungen, die nur offene Mengen, Umgebungen, konvergente Folgen und daraus abgeleitete Begriffe involvieren, mit einer Norm gearheitet werden, die der Sachlage angepdt ist oder Rechnungen vereinfacht. Oft ist die Maximumsnorm eine solche.
1.3 Stetige Abbildungen
1.3 Stetige Abbildungen I. Stetigkeit Wir dehnen den Begriff der Stetigkeit einer Funktion auf einer Menge in C aus auf Abbildungen eines metrischen Raumes in einen anderen. Definition: Es seien ( X ,d x ) und ( Y ,d y ) metrische Raume. Eine Abbildung f : X + Y heifit stetig im Punkt a E X , wenn es zu jedem E > 0 ein 6 > 0 gibt so, daJ2 gilt:
(3)
dy ( f ( x ) ,f ( a ) )< E
fur alle x E X mit d x ( x ,a ) < 6.
Die Abbildung heiBt stetig in X , wenn sie in jedem Punkt stetig ist. Auf Mengen X C Kn und Y C IKm sind die von Normen auf IKn bzw. Km erzeugten Spurmetrikeu zu nehmen. Die Stetigkeit einer Abbildung hangt in solchen Fallen jedoch nicht von den verwendeten Normen ab, da alle Normen auf IKn bzw. Km zueinander aquivalent sind. Ein Wechsel der Normen erfordert hiichstens eine Anderung der Zahl6. Eine wichtige Klasse stetiger Abbildungen bilden die Lipschitz-stetigen Abbildungen. f : X + Y heiBt Lipschitz-stetig, wenn es eine Konstante L 2 0 gibt so, dafi fiir alle x , x' E X gilt: dy ( f ( x ) ,f ( x ' ) ) 5 L . d x ( x ,x'). Mit 6 := & / ( L+ 1) ist dann (3) erfiillt. Beispiele: 1. Jede lineare Abbildung f : V + W eines endlich-dimensionalen normierten Ravmes (V, 1 1 i l v ) in einen normierten Raum (W,1 1 I l w ) ist Lipschitz-stetig; insbesondere ist es jede Koordinatenfunktion X U : IKn + K , zv(al ,..., an) :=a".
Beweis: Sei e l , . . . ,en eine Basis in V und M das Maximum der Zahlen Ilf(el)Ilw ,..., Ilf(e,)llw. Fur x = C : x , e , u n d a = C;a,e, gilt d a m
Nun definiert y H Cr ly,l eine Norm auf V . Da diese wegen dimV < co zu 11 1 1 , aquivalent ist, gibt es eine Konstante C so, daB Cr ly,l 5 C Ilvll,. Damit folgt
Ilf(x) - f ( a ) l l w 5 C M . 2. Jede Norm
11"-
allv.
11 11 : V + R ist Lipschitz-stetig mit der Konstanten I llxll - I I Y I I I 5 llx - YII.
1, da
1 Elemente der Topologie
14
3. Abstandsfunktionen. Sei X ein metrischer Raum. Als Abstand eines Punktes x E X von einer Menge A C X, A # 0,definiert man die Zabl
I
d ( x ,A ) := inf { d ( x ,a ) a E A}. Wir zeigen: Die Funktion x H d ( x ,A ) ist Lipsehitz-stetig auf X
+
Beweis: Fur x , y E X gilt zunachst d ( x ,A ) 5 d ( x ,y ) d(y,A ) ; zusammen mit der durch Vertauscben von x und y entstehenden Ungleichung folgt Id(x,A ) - d(y, 5 d ( x ,y). Das in Band 1,7.1 angegebene Folgenkriterium fiir Stetigkeit la& sich samt Beweis sofort auf Abbildungen metriscber RXume ausdehnen; man hat nur Betrage lx - akl durch Abstbde d ( x ,am) zu ersetzen. Folgenkriterium: Eine Abbildmg f : X + Y ist genau dann stetig in a E X , wenn sie jede Folge (xm) in X mit xk + a in eine Folge ( f ( x k ) ) mit f (xk) + f ( a ) abbildet. Mit Hilfe des Folgenkriteriums kann man leicht die Rechenregeln I und I1 aus Band 1,7.2 ubertragen. Da deren Beweise im wesentlichen wijrtlich weitergelten, begnugen wir uns, diese Regeln zu formulieren; dabei seien X, Y , Yl, Yz und Z beliehige metrische RXume, W ein normierter KVektorraum.
+
Regel I: Sind f ~ f z, : X + W stetig in a, so ist es aueh f~ f z . Es sei ferner g : X + K stetig in a. Dann ist f g : X + W stetig in a und i m Fall g(a) # 0 aueh f /g. Folgerung: Die rationalen Funktionen sind im. Definitionsbereich stetig. Eine Funktion auf einer offenen Menge X C 8" heiflt rational, wenn sie als Quotient von Polynomfunktionen darstellbar ist; eine Funktion auf Kn hei%tPolynomfunktion, wenn sie durch endlich viele Additionen und Multiplikationen aus den Koordinatenfunktionen X I , .. . , x, und den Konstanten entsteht. x
Beispiel: Die Abbildung p: IRn+l \ 10) + ELn+' mit p(x) := -ist stetig. lldz Ihr Bild ist die (euklidische) n-Sphare
f Y Regel 11: In X + ist g o f stetig in a.
4Z
Beispiel: Die Funktion h : X
sei f stetig in a und g stetig in f ( a ) .Dann
+ IR, h ( x ) := e1I51, ist stetig.
1.3 Stetige Ahbildungen
15
Regel 111: f = ( f i , f i ) : X + Yi x & ist genau dann stetig in a, wenn f i : X + Y l undfi:X+Yzinastetigsind. f = ( f i , ...,fn) : X + I K n ist genau dann stetig in a, wenn dort jede der n Komponentenfunktionen f,: X + IK stetig ist.
, bedeutet in der Beweis: Die Konvergenz ( f i ( x n )f,i ( x k ) ) + ( f i ( a ) fZ(a)) 0 Produktmetrik die komponentenweise Konvergenz. Sind bei einer Abbildung f : IRn + Y alle Beschrankungen auf achsenparallele Geraden stetig, so folgt nicht notwendig, daf2 sie stetig ist. Ein Beispiel hierfiir liefert die Funktion f auf I R h i t f (0,O)= 0 und
Alle Funktionen x ct f ( x ,c) und y ct f (d, y) sind stetig. Die Funktion f aber ist im Nullpunkt unstetig, da f (t,t ) - f (0,O)= 1 fiir alle t # 0. Wir betrachten noch die Beschrankungen von f auf die vom Nullpunkt ausgehenden Halbgeraden. In den Punkten ( x ,y) = ( r cos ip, r sin i p ) mit r # 0 hat f den nur von ip abhangigen Wert sin 2 ~ Insbesondere . nimmt f in jeder Umgebung des Nullpunktes alle seine Funktionswerte an. Der Graph der Funktion f stellt im wesentlichen das Pluckersche Konoid dar. Darunter versteht man die Nullstellenmenge im lR3 des Polynoms 2xy - (x2 + y2) . z. Diese setzt sich zusammen aus dem Graphen von f und der z-Achse. Die Abbildung zeigt 16 Halhgeraden auf dem Graphen von f zu jeweils gleichen Funktionswerten. Die eingezeichneten Achsen stellen die Geraden x = y und x = -y dar. Auf diesen nimmt f seine Extrema 1 und -1 an.
Graph von (4)
Wir charakterisieren scbliefilich den Begriff der Stetigkeit allein mit Hilfe des Begriffs der Umgebung.
Satz: Es seien X und Y metrisehe Raume. f : X + Y ist genau dann stetig im Punkt a E X , wenn es zu jeder Umgebung V uon f ( a ) eine Umgebung U von a mit f ( U ) c V gibt. Beweis: Es sei f stetig in a. Sei V eine beliebige Umgebung von b := f ( a ) und K,(b) C V eine Kugelumgebung. Zu E wahle man ein S gem33 (3). Mit U := K 6 ( a ) gilt dann f ( U ) C K,(b) C V . Somit erfullt f die im Satz genannte Bedingung. Sei nun umgekehrt diese erfullt. Dann gibt es zu jeder Kugel K,(b) =: V eine Umgebung U von a mit f ( U ) C K,(b). In U liegt eine Kugel K6(a).Mit dieser gilt ebenfalls f ( K 6 ( a ) )C K,(b), d. h., f erfullt die Stetigkeitsbedingung (3).
1 Elemente der Topologie
16
Folgerung (globale Stetigkeit): f : X + Y ist genau dann stetig auf ganz X, wenn eine der folgenden gleichwertigen Bedingungen erfullt ist: (i) Das Urbild f-'(V) jeder offenen Menge V C Y ist offen in X. (ii) Das Urbild f-'(A) jeder abgeschlossenen Menge A C Y ist abgeschlossen in X. Beweis: (i) Sei f stetig. Da eine offene Menge V C Y Umgebung eines jeden Punktes in V ist, ist die Urbildmenge f-'(V) Umgebung eines jeden ihrer Punkte; d. h., f-'(V) ist offen. Sei umgekehrt die angegebene Bedingung erfullt. Eine Umgebung V eines Punktes f (a) enthat eine offene Menge V' mit f (a) E V'. Deren Urbild f-'(V') =: U' ist als offene Menge eine Umgebung von a und erfiillt f (U') c V. f ist also stetig in a. (ii) folgt aus (i) mittels Bildung von Komplementen. 0 Anwendung: Ist f : X
+ IR stetig, so gilt fir jedes
c E R:
I < c} ist offen; (ii) A := {x E X I f(x) 5 c} ist abgeschlossen (i) U := {x E X f ( x )
Denn U ist das f-Urbild der offenen Menge (-oo;c) C IR und A das der abgeschlossenen Menge (-w; c]. Man beachte: Eine stetige Abbildung mug offene Mengen nicht auf offene Mengen abbilden und abgeschlossene Mengen nicht auf abgeschlossene; z. B. bildet sin: IR + R das offene htervall (0; 2n) auf das abgeschlossene htervall [-I; 11 ab und die abgeschlossene Menge {2nv l l n I n E IN} auf die nicht abgeschlossene Menge {sin l l n I n E IN}. Gunstiger ist die Sachlage allerdings bei HomGomorphismen.
+
11. HomSomorphismen. Beispiele
Die Umkehrung einer bijektiven stetigen Abbildung mu%nicht stetig sein. Zum Beispiel bildet x ct ei" das Interval1 [O;2n) bijektiv und stetig auf die Kreislinie S' C C ab; ihre Umkehrung aber ist unstetig im Punkt 1. Eine bijektive stetige Abbildung f : X + Y, deren Umkehrabbildung ebenfalls stetig ist, heist Homoomorphismus von X auf Y; ferner heigen zwei metrische Raume X und Y zueinander homiiomorph, wenn es einen Homi5omorphismus zwischen ihnen gibt. Ein Homiiomorphismus bildet offene Mengen auf offene Mengen ab und abgeschlossene auf abgeschlossene. Homoomorphe Ftiiume haben dieselben Topologien, konnen aber sehr verschiedene geometrische Formen haben. Wir bringen einige Beispiele. Beispiel 1: Jeder Isomorphismus f : V + W zwischen endlich-dimensionalen normierten Raumen ist nach I. Beispiel 1 ein Hom6omorphismus.
1.3 Stetige Abbildungen
17
Beispiel 2: Die Kugel K l ( 0 ) C Rn beziiglich einer beliebigen Norm 11 1 1 ist homoomorph zum IRn. Ein Homoomorphismus f : K l ( 0 ) + En und seine Umkehrung f -' sind gegeben durch
Damit folgt, dai2 auch alle Kugeln des Rn zu verschiedenen Normen untereinander homoomorph sind. Beispiel 3: Inversion und stereographische Projektion. Sei p E Rn und a E R, a > 0. Unter der Inversion mit dem Pol p und der Potenz a versteht man die Abbildung i : IRn \ { p } + IRn \ {p} mit den folgenden Eigenschaften: 1. x und i ( x ) liegen auf der gleichen Halbgeraden durch p, d. h., es ist i ( x ) - p = X . ( x - p) mit einer Zahl X > 0;
-pl12 = a. 2. Ili(x) - ~ l l , Die Abhildung i verallgemeinert die in Band 1, 3.2 betrachtete Inversion am Kreis. Nach 1. und 2. hat sie die Darstellung
Mit Hilfe der oben angegebenen Rechenregeln und Beispiele stetiger Abbildungen sieht man sofort, daJ3 sie stetig ist. Ferner gilt i-I = i . Die Inversion bildet also homoomorph ah. In 3.1. IV zeigen wir, dai2 sie auch winkeltreu ahbildet. Die stereographische Projektion. Es sei jet,zt i~ die Inversion mit dem Pol N = ( 0 , .. . ,0,1) E IRn+' und der Potenz 2. i~ hat die Darstellung
Wir zeigen: i~ bildet die Hyperebene C En+', bijektiv auf die ,,geloehte" Sphare Sn \ { N } ab.
:= { x
1 xn+l
= O),
Zum Beweis bezeichne ( , ) das Standardskalarprodukt auf I R n f l . Fiir x E I R n f l \ { N ) gilt dann
o(x-N,N)=-1 * ( x , N ) = 0 o X,+I = 0; da jeder Punkt y # N ein Punkt i ~ ( xist, ) folgt die Behauptung
[@I
mn, sn\ (XI:
flu(^) : = i x ( ~ ; O ) . ox heiKt stereogmphi.dw Projektion van lR" ailf 5" \ {N). flN:
rr* isb bijekliv und slelig; rerner isl auch 'r,
slelig. Die s~.e~eogt.aphische Projektion ist also rin TTomi.iomorp1iismus von m" aof S" \ {,N).
Bcmwk~mg: Ilir stcrmgraphischc I'rujclctiu~~dicnt u n t w andcrcm nur I
rl>l~ismus. @ U { . x }hcigt KimPr~nkt-ICorn&;tifizicll~r~g votl C; untl '9 is&cin h:Iodcll dcruclbcn.
1.3 Stetige Abbildungen
19
Die Umkehrabbildung g2 : R2 \ S
+ R+ x (-n;
n) ist gegehen durch
Abbildung des Streifens IR+ x (-n; n) auf die gescblitzte Ebene IR2
Wir konstrnieren nun rekursiv Abbildungen Pn: Rn + Rn, n
\S
> 2, durch
Im Fall n = 3 etwa lauten die Koordinaten x 1 , x 2 , x 3 des Bildpunktes x = P3 ( r ,9 1 , ipz) ausfiihrlich XI
=rcosiplcosipz,
;.
- ; ;$/
91 heist geographische Lange und 9 2 geographische Breite des Punktes x = P3 (?,PI,9 2 ) .
51
Satz: Die Polarkoordinatenabbildung P, : Rn + IRn hat folgende Eigenschaften: (ii) Pn bildet den offenen Streifen IR+ x II C Rn homoomorph ab auf den ,,geschlitzten Raum" Rn \ ( S x IF-'); dabei sei
II :=
(-.;I (
i m Fall n = 2, n
)x
(
-
n n 2'2
n-2
i m Fall n
> 2.
20
1 Elemente der Topologie
Beweis: (i) folgt rnit der Rekursionsformel (7,) aus ~ [ ~ z ( r , i p= ) ~r2. ~; (ii) Sei n 2 3. Wir konstruieren die gesuchte Umkehrabbildung rekursiv. Fiir einen Punkt x = (XI, . . . ,x,) E IRn \ (S x ELn-') setzen wir zunachst
r := Wegen (XI,x2)
d # (0,O)ist
m
1
und
.
< 1,also ip,-l
2,
:= arcsm -
ip,_,
T
E
(--.2 ' )2 . Weiter sei 71
71
Man rechnet nach, daJi 11xf11; = r2. Sei nun gn-1 die Umkehrabbildung zu P,-1 I IR+ x II. Dann wird die Umkehrabbildung zu P, I IR+ x I7 gegeben durch sn(x) := (sn-l(zl), 9,-I). 0 Beispiel 5: Die spezielle unitare Gruppe SU(2) ist homComorph zur dreidimensionalen Sphire S3 = {x E IR4 llxllz = 1).
I
SU(2) besteht aus den komplexen 2 x 2-Matrizen U rnit U U ~= E und det U = 1. Das sind genau die Matrizen der Gestalt
Jede komplexe 2 x 2-Matrix wird als Element von C4 aufgefak SU(2) wird dadurch zu einem (mit der Spurtopologie versehenen) Teilraum von C4. Wir erkliren eine Abbildung f : SU(2) + S3 durch f (U) := (XI, 22,23,x4), wobei z = 21 ixz und w = x3 ix4 gelte rnit XI, x2,x3, x4 E IR. Wegen l.#+1w1~ = 1liegt f(U) tatsachlich auf S3. f ist stetig und hat eine stetige Umkehrung f - I : S3 + SU(2); es ist
+
+
Bemerkung: SU(2) ist rnit der Matrizenmultiplikation eine Gruppe. Dabei sind die Multiplikation SU(2) x SU(2) + SU(2) und die Inversenbildung SU(2) + SU(2) stetige Abbildungen, da sie durch rationale Funktionen beschrieben werden konnen. Man sagt, SU(2) sei eine topologische Gruppe. Der Homoomorphismus SU(2) + s3verpflanzt die stetige Gruppenoperation von SU(2) auf s3. Man kann zeigen, da% nur die Sphken der Dimensionen 0, 1 und 3 stetige Gruppenmultiplikationen zulassen. In engem Zusammenhang damit steht der beriihmte Satz von Kervaire und Bott-Milnor (1958): NUT in den Dimensionen 1, 2, 4 und 8 gibt ea Divisionsalgebren uber IR.
Literatur: Der Band ,,ZahlenU,Grundwissen Mathematik 1. Springer 1992.
1.3 Stetige Abbildungen
21
111. Grenzwerte Wie der Begriff der Stetigkeit kann auch der des Grenzwertes auf Abbildungen metrischer Raume ansgedehnt werden. Er wird wie im Eindimensionalen mit,tels stetiger Fortsetzungen erklart. Im Folgenden seien X , Y beliebige metrische Raume und f : D + Y eine Abbildung auf einer Menge D C X . Definition: Die Abbildung f : D + Y hat im Haufungspunkt a E X von D den Grenzwert b E Y , wenn die Abbildung F: D U {a} + Y mit F ( x ) := f (x) fur x E D\{a), b fur x = a im Punkt a stetig ist. Man schreibt dann lim f (x) = b. z i a
Gehort der Hinfungspunkt a zu D, so besagt lim f (x) = f (a), daB f z i a in a stetig ist. Aufgrund der Anbindung des Begriffs des Grenzwertes an den Begriff der Stetigkeit kann man die E-6-Formulierung, das Folgenkriterium und die Rechenregeln des Abschnitts I. sinngemaB ubertragen. Wir notieren lediglich die E-6-Formulierung. E-&Formulierung: f : D + Y hat in einem Haufungspunkt a E X von D den Grenzwert b E Y, wenn es zu jedem E > 0 ein S > 0 gibt so, daB dy(f(x),b) < ~ f i i r xD~\ { a ) m i t d x ( x , a ) <S.
IV. G l e i c h m a i g konvergente Folgen stetiger Abbildnngen Die Konstruktion stetiger Funktionen durch gleichmaflig konvergente Folgen von Funktionen spielt auch im Hoherdimensionalen eine groBe Rolle. Wir betrachten hier sogleich Folgen von Abbildungen in einen vollstandigen metrischen Raum. Die Vollstandigkeit des Bildraumes sichert dabei die punktweise Konvergenz. Den Begriff der Vollstandigkeit eines metrischen Raumes definieren wir in Anlehnung an die Formulierung der Vollstandigkeit von IR mittels Cauchyfolgen. Definition: Ein metrischer Raum (X,d) heiBt uollstandig, wenn jede Cauchyfolge in X einen Grenzwert hat. Dabei heiBt eine Folge (xk) in X Cauchyfolge, wenn es zn jedem E > 0 einen Index N(E) gibt derart, daB d(xk, XI) < E gilt fiir alle k, 1 2 N(E). Zum Beispiel ist jede abgeschlossene Teilmenge des euklidischen IRn nach dem Folgenkriterium fiir abgeschlossene Mengen in 1.1 vollst%ndig, da jede Cauchyfolge in IRn dort konvergiert.
1 Elemente der Topologie
22
Eine besonders wichtige Kategorie vollstindiger metrischer Raume stellen die Banachranme dar. Definition: Ein normierter II-Vektorraum V heigt Banachraum, wenn er vollstandig ist, d. h., wenn jede Cauchyfolge in V einen Grenzwert hat.
Stefan Banoch (1892-1945), polniscber Mathematiker. Von ihm stammen grundlegende Beitrage zur Funktionalanalysis. Der nach ihm benannte Fixpunktsatz wird in zahlreicben Existenzbeweisen, zum Beispiel in 3.3, verwendet. Beispiele von Banachr5umen: 1. Jeder endlich-dimensionale nomierte Vektoraum (V, 11 11).
Beweis: Mit Hilfe eines IR-Isomorphismus i p : V + IRn iibertrage man die 1 ~ llip-'(z)11. Norm von V auf den IRn: Fur z E IRn setze man d a m 1 1 ~ 1 := ip bildet dann Cauchyfolgen in (V, 11 1 1 ) auf solche in (IRn, 1 1 I I p ) ab. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstrag, siehe 1.1, und wegen der Aquivalenz zu 11 11, konvergieren die Cauchyfolgen in (IRn, 11 nnd damit von 11 auch die Cauchyfolgen in (V,11 11). 2. '&[a; b] mit der Supremumsnonn. Denn jede auf [a;b] gleichmagig konvergente Folge stetiger Funktionen besitzt dort eine stetige Grenzfunktion.
3. Die Hilbertraume.
Definition: Ein II-Vektorraum mit einem Skalarprodukt heigt Hilbertraum, wenn er mit der vom Skalarprodukt induzierten Norm vollstandig ist. Beispiel: Der Hibertsche Folgenraum e2. Die Elemente dieses Raumes sind die quadratsummierbaren F o l ~ e nkomplexer Zahlen, d. h. die F o l ~ e n
Die Gesamtheit dieser Folgen bildet einen Vektorraum: Fur quadratsummierbare Folgen a = (a,) und b = (P,) ergibt sich namlich aus der Unla,p,l I llal12 . llbl12 die absolute Konvergenz der Reihe gleichung
C:=l
(8) und damit
+
Die Summe a b ist also ebenfalls quadratsummierbar. Folglich ist Vektorraum. Durch (8) wird auf ihm ein Skalarprodukt erklart.
e2 ein
1.3 Stetige Abbildungen
23
Wir zeigen, d d e2 vollstandig ist. Die Elemente ak = ( a : , a$,. . .) E e2, k E N,mogen eine Cauchyfolge bilden, und E > 0 sei beliebig vorgegehen. Dann gibt es ein N so, d d
Dann gilt erst recht la: - a!l < E fiir k , l 2 N und jedes u E IN. Jede Komponentenfolge (cu:)kEw ist also eine Cauchyfolge und besitzt einen Grenzwert a,. Aus (*) erhalten wir ferner fur jedes n und alle k, 1 2 N die Ungleichungen C; la: - a!12 < E' und aus diesen fiir 1 + oo n
- a,I2
also
I E'
fiir k 2 N und jedes n,
u=1 m
Clcub-a,I
2
IE' f i i r k > N .
u=1
Hiernach hat die Folge a := ( a l , a 2 , . . .) die Eigenschaft, daB a - aN zu gehort sie also schon selbst zu e2. Die letzte Ungleichung kann man nun in der Form l l a k -all$ 5 E' fiir k 2 N schreihen, in der sie besagt, daB ak + a fur k + oo.
e2 gehort. Wegen a = a - aN + aN
Historisches. Der Begriff des Hilbertraumes kristallisierte sich ah etwa 1906 aus den Untersuchuneen " Hilberts und seiner Schiiler iiber Inteeraleleichuneen " " " heraus. Hilbert hatte erkannt, dali gewisse Typen von Integralgleichungen mittels einer Orthonormalbasis "on Funktionen in lineare Gleichungssysteme in t2iibergehen. Hilbertraume spielen auch in der Quantenphysik eine maligebliche Rolle.
David Hilbert (1862-1943) war der fiihrende Mathematiker in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts. Unter Mitwirkung "on Felix Klein (1849-1925) und Hermann Minkowski (1864-1909) schuf er die beriihmte Gattinger Schule, die alle Gebiete der Mathematik, einschlielilich der Mathematischen Logik und der Grundlagenforschung, sowie die Mathematische Physik pragte. Auf dem Internationden MathematikerkongreB in Paris 1900 formulierte er 23 Probleme, die fiir die Mathematik im 20. Jahrhundert richtungweisend wurden.
Wir kommen zur Konstruktion stetiger Abhildungen durch gleichmaflig konvergente Folgen. Definition: Es seien X und Y metrische Raume. Eine Folge von Ahbildungen f k : X + Y heifit gleichmgig konuergent auf X , wenn es zu jedem E > 0 ein N ( E ) giht so, d d gilt: dy(fk(x), fi(x))
<E
fiir alle x E X und k , 1
2N(E)
1 Elemente der Topologie
24
Wir setzen nun zusatzlich voraus, Y sei vollstandig. Fiir jedes x E X ist dann (fk(x)) eine Cauchyfolge in Y. Wegen der Vollstandigkeit von Y konvergiert diese. Durch limk,, fr,(x) =: f (x) wird also eine Grenzabhildung f : X + Y definiert. Aus d(fk(x), fl(x)) < E fiir alle x E X und alle k , 1 2 N(E) folgt fiir k + cc wegen der Stetigkeit der Abstandsfunktion d(f (x), fl(x)) 5 E fiir alle x E X nnd alle 1 2 N(E). Damit zeigt man wie in Band 1,15.2: Satz: Es sei Y ein uollstandiger metriseher Raum. Dann definiert eine auf X gleichmajig konuergente Folge stetiger Abbildungen f h : X + Y eine Grenzabbildung f : X + Y , und diese ist stetig. Als Anwendung heweisen wir das Fortsetzungslemma von Tietze: Jede stetige Funktion f : A + IR auf einer abgesehlossenen Teilmenge A eines metrisehen Raumes X kann zu einer stetigen Funktion F : X + IR fortgesetzt werden.
Beweis: a) Wir zeigen zunachst folgende Approximationsaussage: Zu jeder stetigen Funktion u : A + IR mit lul 5 a, a E IR, gibt es eine stetige Funktion v : X + IR mit ivl 5 +a auf X und lu - vl 5 $a auf A. Beweis der Approximationsaussage im Fall a # 0: Sei
A- und A+ sind pnnktfremde abgeschlossene Mengen. Sind heide nicht leer, so wahlen wir eine stetige Funktion g: X + [ - I ; 11 mit g 1 A- = -1 und g I A+ = 1, etwa
A-= 0und A+= 8wahlen wir g := 1 hzw. g := -1. In den Fillen A+# 0, 1 In allen Fallen leistet dann v := a g die gewiinschte Approximation. 3
b) Beweis des Lemmas unter der zusatzlichen Voraussetzung, daB 1 f 1 < 1. Wir definieren induktiv eine Folge stetiger Funktionen f k : X + IR mit
Wir beginnen mit fo := 0.
1.3 Stetige Abbildungen
25
Sei nun f k wie gewunscht definiert. Dann gibt es nach der Approximationsaussage a) zu f - f k eine stetige Funktion uk auf X mit
+
Wir setzen f k + l := f k uk. f k + l ist eine stetige Funktion auf X mit der gewunschten Approximationsgiite. Die Folge ( f k ) sei wie angegeben definiert. Dann gilt weiter: (i) (ii)
(fk) (fk)
konvergiert auf A punktweise gegen f . konvergiert auf X gleichmagig, da fur alle x E X und p > q
Die Grenzfunktion F der Folge ( f k ) ist also stetig anf X und stimmt auf A mit f uberein. c) Beweis des Lemmas im allgemeinen Fall. Wir fuhren ihn auf Fall b) zuruck. Sei dazu h : IK + (-1; 1)ein Homoomorphismus, etwa wie in (5). Die Funkt,ion ip := h o f erfullt lip1 < 1, besitzt also nach b) eine stetige Fortsetzung @ auf X. Die Funktion F := h-I o @ ist dann eine stetige 0 Fortsetzung von f .
V. Lineare Abbildungen. Die Operatornorm Nach I. Beispiel 1 ist eine lineare Abbildung eines normierten Vektorraumes V in einen anderen Lipschitz-stetig, falls dim V < m. Dagegen kann eine lineare Abbildung unstetig sein, falls dim V = m. Zum Beispiel ist die Differentiation D: W1[O; 11 + @, Df := f'(O), in dem mit der Supremumsnorm versehenen Raum W1[O; 11 unstetig, da die Normen der Funktionen fn(x) := (sinn%)/n eine Nullfolge bilden, wahrend die Folge der Ableitungen fA(0) divergiert.
Lemma: Es seien V,W n o n i e r t e Vektorraume. Eine lineare Abbildung A: V + W ist genau dann stetig, wenn es eine Konstante C gibt so, do$ llAxll C llxll fiir alle x E V gilt. In diesem Fall ist A sogar Lipschitzstetig.
<
Beweis: Es sei C eine Konstante wie angegeben. Aus Linearitatsgrunden gilt dann llAx-Axoil 5 C Ilx-xoll; d.h., Aist Lipschitz-stetig. Seinun A (wenigstens) in 0 stetig. Dann gibt es zu E = 1 ein 6 > 0 so, dag IlAEll 5 1 gilt fur [ E V mit 6. Damit folgt fur alle x E V, x # 0,
IIcII <
1 Elemente der Topologie
26
Die Operatornorm. Es seien V und W normierte Vektorraume iiber K, und L(V, W) bezeichne den Vektorraum der stetigen K-linearen Ahbildungen von V in W. Auf L(V, W) fiihrt man die sogenannte Operatornorm ein. (Lineare Ahbildungen heiflen auch lineare Operatoren.) Man definiert dam fiir eine stetige lineare Abbildung A: V + W
Nach dem Lemma ist IIAIIL(v,w,< CO. Die Zahl IIAIILcv,w,,fiir die wir, wenn keine Verwechslungsgefahr besteht, auch nur IlAll schreiben, heifit Operatornom von A. Sie hangt von der Norm auf V und der Norm auf W ah. Geometrisch ist die Operatornorm als grijfiter ,pehnungskoeffizient" gilt n b l i c h auch der Ahbildung zu deuten; wegen - = A (L)
ll4
ll4
Durch (9) ist in der Tat eine Norm auf L(V, W) erklart: ( N l ) und (N2) sind offensichtlich erfiillt,; (N3) folgt aus der fiir alle x c V mit llxll 5 1 giiltigen Abschatzung II(A B ) x I llAxll llBxll I IlAll IIBII.
+
1
+
+
Eigensehaften der Operatornorm: 1. Fiir alle x E V gilt
2. In der Situation U
A 5V v W ,in der U , V, W normierte RBume und
A, B stetige lineare Operatoren sind, gilt die Ungleichung
Beispiel 1: Es sei (V, ( , )) ein euklidischer Vektorraum und A: V + K die einem Element u E V mittels Ax := (v,x) zugeordnete Linearform. Wegen lAxl 5 [lull . 11x11 und A("/ IIuII) = 11~11,falls u # 0, hat A die Operatornorm IIAll = 11~11. Beispiel 2: Die Zeilensummennorm auf L(IKn,IKm).Darunter versteht man die zu den Maximumsnormen auf IKn und Km geharende Operatornorm.
1.3 Stetige Abbildungen
27
Diese hat fiir eine lineare Abbildung A : lKn den Wert:
Beweis: Fiir
3: =
( X I , .. . ,x n ) rnit lxjl
+ lKm
rnit der Matrix ( a i j )
5 1 besteht die Abschatzung
Der Wert M wird auch erreicht: Wir wahlen io so, dafi M = CEl labjl, und setzen C := laiOjl/aioj, falls aiOj # 0 ist, und sonst & := 1. Dann hat E := (G,. . . ,En) die Norm II
In der Differentialrechnung bekommen wir es rnit Funktionen auf einem metrischen Raum X rnit Werten in L(V, W ) zu tun. Die Frage der Stetigkeit solcher Funktionen bezieht sich stets auf die von der Operatornorm in L(V, W ) erzeugte Topologie. Im Fall endlich-dimensionaler Vektorraume V und W hat man dafiir einen einfachen Test: Stetigkeitstest: Seien V und W endlich-dimensional. Eine Funktion 9 : X + L(V, W ) ist genau dann stetig, wenn fGr jeden Vektor v E V die Funktion X + W , x e ip(x)v, stetig ist.
Beweis: Es geniigt, den Fall V = lKn und W = lKm zu betrachten, da jeder Isomorphismus L(V, W ) + IKmxn wegen dimL(V, W ) < m auch ein Homijomorphismus ist. Nun ist eine Abbildung 9: X + l K m X n genau dann stetig, wenn ihre mn Komponentenfunktionen 9,": X + lK stetig sind. Das wiederum ist genau dann der Fall, wenn die n Abbildungen
x
+ ('l?)
= p(x)eu
~mv(x) stetig sind; dabei seien e l , . . .,en die Standardhasisvektorendes lKn. Damit 0 ergibt sich sofort das angegebene Kriterium.
28
1 Elemente der Topologie
1.4 Kompakte R5ume Wichtige Aussagen der Analysis erhiilt man in vielen Fallen bereits aufgrund der Kompaktheit der involvierten Raume. In Band 1 hahen wir Teilmengen von IR als kompakt bezeichnet, wenn sie zugleich abgeschlossen und beschrankt sind; dort haben wir auch gezeigt, daB diese Mengen gerade diejenigen sind, welcbe die Heine-Borelsche Uberde~kun~sei~enschaft hesitzen. Bei der folgenden Verallgemeinerung definieren wir Kompaktheit durch die genannte Uberde~kun~sei~enschaft. Fiir Teilmengen eines endlich-dimensionalen normierten Vektorraumes erweist sich diese wieder als gleichwertig mit der Eigenschaft, abgeschlossen und beschriinkt zu sein.
I. Kompaktheit Unter einer offenen uberdecku,ng eines met,rischenRaumes X versteht man eine Familie { I ~ , } ,offener ~I Mengen in X derart, daB jeder Punkt x E X in mindestens einem U, liegt; dabei ist I irgendeine Indexmenge. Definition: Ein metrischer Raum X heigt kompakt, wenn aus jeder (wohlgemerkt: aus jeder) vorgegehenen offenen Uberdeckung {U,}iE~von X endlich viele U,, , . . . , U,, so ausgewihlt werden konnen, d d auch diese X iiberdecken: x = uz 1 u . . . u u , , . Eine Menge K C X heigt kompakt, wenn sie als Teilraum kompakt ist; Letzteres hedeutet: Aus jeder Familie {U,}iEr offener Mengen in X mit K c U,,, Ui konnen endlich viele Ui,, . . . , Ui, so ausgewihlt werden, daB K C U,, U . . . U U,,. (Heine-Borelsche iiberdeck~n~sei~enschaft) Definition: Ein metrischer Raum X heiBt folgenkompakt, wenn jede Folge von Punkten in X eine konvergente Teilfolge besitzt. Eine Teilmenge K C X heist folgenkompakt, wenn sie als Teilraum folgenkompakt ist; d. h., wenn jede Folge in K eine konvergente Teilfolge besitzt, deren Grenzwert in K liegt. (Bolzano- Weierstmfl-Eigenschaft) Lemma: Sei X ein metrischer Raum. Dann gilt: a) Ist X kompakt, so ist X auch folgenkompakt. b) Jede folgenkompakte Menge K C X ist beschrankt und abgeschlossen. Eine Menge M C X heigt beschrankt, wenn es eine Kugel K,(b) gibt mit M C K,(b).
Beweis: a) Sei (ak) eine Folge in X und A := {ah I k E IN}. 1st die Menge A endlich, so hat die Folge ( a h ) sogar eine konstante Teilfolge. Sei die
1.4 Kompakte Raume
29
Menge A nun unendlich. Wir zeigen zunkhst, dag sie einen Haufungspunkt in X hat. Angenommen, das sei nicht der Fall. Dann hat jeder Punkt x E X eine offene Umgebung U(x), die nur endlich viele Punkte ans A enthalt. Die Umgehungen U(x), x E X, bilden eine offene Uherdeckung von X. Als kompakter Raum wird X bereits von gewissen endlich vielen U(xl), . . . , U(x,) uberdeckt. Somit enthalt auch A nur endlich viele Punkte. Widerspruch! Sei nun a E X ein Haufungspunkt von A. Dann enthalt fur jedes v E lN die Kugel Kll,,(a) unendlich viele Punkte aus A. Es gibt also eine streng monoton wachsende Indexfolge (k,), so daf2 d(akw,a)< l / v gilt. Die Teilfolge (ah,,) hat dann den Grenzwert a E X. h) Wire K nicht heschrankt, so gabe es bei beliebigem b E X eine Folge (xk) in K mit d(xk,b) > k. Diese Folge aber hatte keine konvergente Teilfolge. Ware K nicht abgeschlossen, so gabe es eine konvergente Folge in K, deren Grenzwert nicht in K liegt. Dann lage auch der Grenzwert 0 jeder ihrer Teilfolgen augerhalb von K . Bemerkung: Man kann fur einen beliebigen metrischen Raum X auch die Umkehrung von a) zeigen. Dagegen gilt die Umkehrung von b) nicht allgemein. Ein Beispiel liefert der Raum F[O;T ] mit der Supremumsnorm. Die abgeschlossene Einheitskugel Kl(0) = {f E Ce[O;?r] ilf llro:nl5 1) dieses Raumes ist nicht folgenkompakt und damit auch nicht kompakt. Sonst hatte die Folge der Funktionen ek E K1(0), ek(x) := eikx, eine konvergente Teilfolge, was wegen llek - erlllo;Tl= 2 fur alle k # 1 nicht der Fall ist. Die Umkehrung der Anssage b) gilt jedoch, falls X ein endlichdimensionaler normierter Raum ist.
I
Satz: Fur eine Teilmenge K C V eines endlich-dimensionalen nonnierten Raumes V sind folgende Aussagen aquivalent: 1. K ist abgeschlossen und beschrankt. 2. K ist kompakt. 3. K ist folgenkompakt. Beueis: Nach dem Lemma ist nur noch 1+. 2 zu zeigen. a) Wir behandeln zunachst den Fall V = IRn. Angenommen, {U,} sei eine offene Uberdeckung von K derart, daJ3 K nicht von endlich vielen der U, uberdeckt wird. Als beschrbkte Menge liegt K in einem abgeschlossenen Wiirfel W; dessen Kantenlange sei s. Wir zerlegen den Wurfel W in 2n abgeschlossene Wiirfel der halben Kantenlange und finden einen Teilwiirfel WI derart, dag auch K n Wl nicht von endlich vielen der U, uberdeckt wird. Durch Wiederholung dieses Verfahrens findet man eine Folge abge schlossener Wurfel Wk der Kantenlange s / Z k mit WI 3 Wz > W3 > . .. und der Eigenschaft:
30
1 Elemente der Topologie
(*) Keine der Mengen K n Wk, k E IN, wird von endlich vielen der U, uberdeckt.
Wir w a l e n dann in jeder Menge K n Wk einen Pnnkt xk. Nach Konstruktion der Wurfelfolge (Wk)ist (xk)eine Cauchyfolge. Deren Grenzwert a E IRn liegt wegen der Abgeschlossenheit von K in K. a liegt auch in einer offenen Menge U der Uberdeckung. Diese Menge U enthilt fast alle Wurfel Wk, insbesondere fast alle Durchschnitte K n Wk im Widerspruch zu (x). h) Den allgemeinen Fall fuhren wir nun mit Hilfe eines Isomorphismus i p : V + IRn auf den Fall a) zuriick. Da ip auch ein Homoomorphismus ist, gelten fur K c V die Aquivalenzen: K hat die Heine-Borel-Eigenschaft o ip(K)hat diese, K hat die Bolzano-Weierstraf-Eigenschaftu ip(K)hat diese, K ist abgeschlossen o ip(K)ist abgeschlossen; und da ip und ip-I nach 1.3.1. Beispiel 1 Lipschitz-stetig sind, gilt ferner: K ist beschrankt u ip(K)ist beschriukt. Diese Aquivalenzen reduzieren den Satz auf den Fall a).
0
Beispiel: Die Gruppe O(n) der orthogonalen n x n-Matrizen ist kompakt. Dabei ist O(n)als Teilraum von I t n X n aufzufassen.
O(n)ist beschrankt, da O(n)in der Einheitskugel K1(0)C IRnxn bezuglich der Maximumsnorm liegt. AuMerdem ist O(n) abgeschlossen, da die Matrizen durch die n2Polynomgleichungen XXT = E definiert sind. Satz: Jede ahgeschlossene Teilmenge A eines kompakten Raumes X ist kompakt.
Beweis: Sei {Ui)iEr eine Familie offener Mengen in X mit A C UiEr Ui. Dann bilden die offene Menge X \ A und die Mengen U,, i E I, eine offene Uberdeckung von X . Mit geeignet ausgewahlten U,, , . . . ,U,, gilt also X = (X \ A) U (U,, U . . . U U,-); danach wird A von Ui, U . . . U Ujs iiberdeckt. 11. Stetige Abbildungen kompakter m u m e Wichtige Existenzaussagen der Analysis heruhen auf Eigenschaften stetiger Abbildungen kompakter Raume, insbesondere auf dem Satz von der Annahme eines Maximums und dem Satz von der gleichmafiigen Stetigkeit.
1.4 Kompakte Raume
31
Beide Satze wurden fiir kompakte Teilmengen K C C bereits in Band 1 gezeigt. Wir verallgemeinern sie nun auf Abbildungen kompakter Raume.
Satz: Sei f : X + Y eine stetige Abbildung eines kompakten Ruumes X in einen beliebigen Raum Y . Dann ist aueh das Bild f ( X ) kompakt. Beweis: Sei {K) eine offene Uberdeckung von f ( X ) . Die Mengen U, := f-'(V,) bilden dann ein offene Uberdeckung von X. Gewisse endlich viele Uil,. .. ,Ui, dieser Urblider iiberdecken X, deren Bilder K,,. .. ,K/,,also der Bildmenge f ( X ) . 0 Folgerung (Satz v o m Maximum und Minimum): Jede stetige Funktion f : X + IR auf einem kompakten Raum. X nimmt ein Maximum und ein Minimum an. Beweis: Das Bild f ( X ) C IR ist beschrankt, hat also ein Supremum M nnd ein M m u m m. Ferner ist f ( X ) abgeschlossen; also sind M und m Elemente von f ( X ) . 0 Beispiel: Als Abstand zweier nicht leerer Teilmengen K und A eines metrischen Raumes ( X ,d) definiert man die Zahl
I
d ( K ,A ) := inf { d ( k ,a) k E K , a E A } Wir zeigen: Ist K kompakt, A abgeschlossen und K n A leer, so gibt es einen Punkt p E K mit d(p,A ) = d ( K ,A ) ; insbesondere ist d ( K ,A ) > 0.
Beweis: Die Fnnktion x H d(x,A ) ist stetig und nimmt auf K ein Minimum an; es gibt also einen Punkt p € K mit d(p,A ) = d ( K ,A). Da p nicht in A liegt nnd A abgeschlossen ist, gibt es eine Kugel K,(p), die A nicht 0 schneidet. Folglich ist d(p,a) 2 r fiir a E A, also d(p,A ) 2 r. Die analoge Aussage im Fall zweier nur abgeschlossener Mengen kann falsch sein. Zum Beispiel haben das Achsenkreuz A = ( ( 2 ,y) xy = 0) in R2 und die Hyperbel H = ( ( 2 ,y ) xy = 1 ) den Abstand 0.
I
I
Definition: Seien X , Y metrische Raume. Eine Abbildung f : X + Y heist gleichma$ig stetig auf X , wenn es zu jedem E > 0 ein 6 > 0 gibt so, daB fiir jedes Punktepaar X I , xz E X mit d x ( X I , 2 2 ) < S gilt:
Satz: Eine stetige Abbildung f : X + Y eines kompakten metrischen Raumes X in einen metrisehen Raum Y ist sogar gleiehmgig stetig. Beweis wiirtlich wie in Band 1.7.5.
1 Elemente der Topologie
32
111. Produktrsume mit kompaktem Faktor Tubenlemma: Es sei X ein beliebiger und K ein kompakter metrischer Raum. Sei ferner W C X x K eine offene Menge, die die ,,Fasert' uber dem P m k t xo E X, d. h. die Menge {xo} x K, enthat. Dann gibt es eine Umgebung U c X von xo dernrt, dnfl U x K c W .
Jede Umgebung W einer kompakten Faser {q}x K enthat eine Tubenumgebung U x K Beweis: Zu jedem Punkt (xo,y), y E K, wahle man offene Umgebungen U, von x0 in X und Vy von y in K mit U, x Vy C W . Die Gesamtheit der Vy, y E K, bildet eine offene Uberdeckung von K. Als kompakter Raum wird K bereits von gewissen endlich vielen Vyl,. . . ,Vyr uberdeckt. Dann ist U := Uyl n . . . n U,, eine Umgebung von xo mit U x K c W .
Folgerung: Das Produkt K x L kompakter Raume K und L ist kompakt. Beweis: Sei {W,} eine offene Uberdeckung von K x L. Jede Faser {x} x L, x E K, wird bereits von gewissen endlich vielen W,,, uberdeckt. Diese Wi,, uberdecken nach dem Tubenlemma eine Menge der Gestalt U, x L, wohei U, eine offene Umgebung von x ist. Geeignete endlich viele der U, iiberdecken K. Insgesamt findet man so endlich viele Wi, die K x L iiberdecken. 0
Anwendung: Stetigkeit parameterabhkgiger Integrale. Wichtige Funktionen der Analysis kann man als parameterabhangige Integrale darstellen; zum Beispiel die Gammafunktion, siehe 8.4, oder die sogenannten Besselfunktionen Jn: IR + IR, n E Z; diese besitzen die Darstellung 1 J,(s) = - Jcos(ssint - nt) dt. ?I
0
Wir beweisen mit Hilfe des Tubenlemmas einen Stetigkeitssatz fur parameterabhangige Integrale im Fall eines kompakten Integrationsintervalls. Den Fall eines nicht kompakten Integrationsintervalls behandeln wir erst in der Integrationstheorie; siehe 8.4.
1.5 Zusammenhang
33
Es sei f : X x [a;b] + C eine stetige Funktion auf dem Produkt eines metrischen Raumes X und eines kompakten Intervalls [a;b] C IR. Integration Iangs der ,,FasernC'{x) x [a;b] ergibt eine Funktion F:X
+ C,
b
F(x) := J f (z,t) dt. a
Satz: Die Funktion F ist stetig. Beweis: Wir beweisen die Stetigkeit in xo E X. Sei E > 0 gegeben. Die Funktion ~ ( xt), := f (x,t) - f (xo, t) auf X x [a;b] verschwindet auf der Faser {xo} x [a;b] und ist stetig. Daher ist die Menge
eine offene Umgebung von {xo} x [a;b]. W enthalt eine Menge der Gestalt U x [a;b], wobei U eine Umgebung von xo ist. Fur x E U gilt dann
Falls auch X ein kompaktes Intervall ist, X = [c;dl, kann F daruber integriert werden. Dadurch erhalt man das sogenannte iten'erte Integral
In 7.4 werden wir sehen, daB dieses den Wert des 2-dimensionalen Integrals der stetigen Funktion f auf dem Rechteck [c;dl x [a;b] darstellt.
1.5
Zusammenhang
Der Zwischenwertsatz fiir stetige Funktionen in der Version von Band 1 setzt als Definitionsbereich ein Intervall voraus. Wir verallgemeinern diesen wichtigen Satz jetzt auf stetige Abbiidungen, deren Definit,ionsbereich zusammenhangend ist. Definition: Ein metrischer Raum X heiBt zusammenhiingend, wenn es keine Zerlegung X = U U V gibt, in der U und V disjunkt, offen und nicht leer sind. Eine Teilmenge Xo C X beiBt zusammenhangend, wenn sie es als Teilraum ist.
I
Beispiel: Die Hyperbel H = {z E IR2 z? - x: = 1) hangt nicht zusammen: Ihre beiden Aste H+ = H n (IR+ x IR) und H- = H n (IF- x IR) bilden eine Zerlegung in nicht leere, punktfremde, H-offene Teilmengen.
1 Elemente der Topologie
34
Satz: Eine Menge X C R mit mindestens zwei Punkten ist genau dann zusammenhangend, wenn sie ein Intervall ist.
Beweis: Es sei X = I ein Intervall. Angenommen, es gibe eine Zerlegung I = U U V , in der U und V disjunkte, I-offene, nicht leere Mengen sind. Wir wahlen dann Punkte u E U und u E V , wobei wir u < u annehmen diirfen. Da I ein Intervall ist, liegt [u;u] in I . Sei s := sup ( [ u ; u ]n U ) . Da U = I \ V in I ahgeschlossen ist, liegt s in U . Damit folgen s < u und ( s ;u] C V . Andererseits gehijrt wegen der Offenheit von U in I ein gewisses Intervall [s;s E ) zu U . Wir erhalten also einen Widerspruch zu unv=0. Umgekehrt sei X kein Intervall. Dann gibt es Punkte u , u E X und zwischen diesen einen Punkt s 6 X . Die Mengen U := X n (-m;s) und V := X n ( s ;co)sind dann disjunkt, X-offen und nicht leer, und es gilt U U V = X . Somit hangt X nicht zusammen. 0
+
Satz: Das Bild f (X) eines zusammenhangenden Raumes X unter einer stetigen Abbildung f : X + Y ist zusammenhangend.
Beweis: Andernfalls gahe es disjunkte, nicht leere, f (X)-offeneMengen U und V mit f (X) = U U V , und man erhielte in X = f ( U )U f - l ( V ) eine analoge Zerlegung von X . Widerspruch! Folgerung (Zwischenwertsatz): Es sei X ein zusammen,h,angender Raum und f : X + R eine stetige Funktion auf ihm. Ferner seien a und b Punkte in X . Dann nimmt f jeden Wert zwischen f ( a ) und f ( b ) an.
Beweis: Im Fall f ( a ) # f (b) ist f (X) ein Intervall.
0
In der Analysis spielt noch ein weiterer Zusammenhangsbegriff eine Rolle. Definition: Ein metrischer Raum X heiBt wegzusammenhangend, wenn es zu je zwei Punkten a, b E X eine stetige Kurve y : [a;P] + X mit y ( a ) = a und y(P) = b gibt. Man sagt dann, y verbinde a und b. Beispiel 1: Jede konvexe Menge X in einem normierten Vektowaum ist wegzusammenh~ngend.X heist konvex, wenn mit je zwei Punkten a und b E X auch die Verbindungsstrecke [a;b] := { a + t(b - a ) t E [O;11) in X liegt. y ( t ) := a t(b - a ) , t E [O;11, definiert dann eine Verhindungskurve.
I
+
Beispiel 2: Fur n hangend.
> 2 sind IRn \ 10) und die Sphare SnS1 wegzusammen>
Beweis: Seien a, b E IRn \ { O ) . Wegen n 2 gibt es einen weiteren Punkt c E IRn derart, daB 0 weder auf der Strecke [a;c] noch auf der Strecke [c;b]
\ {O),
liegt. Der Streckenzug 7:[O; 21 -t I t n y(t) :=
a+t(c-
a)
c+(t-I)(h-I:)
fiir t E 10; 11; fiirt€[1;2],
verbindel dann a und b. Liegen a utid 6 aul'Sn-', aul 3"-'. die u und 11 verbindet.
yo
is1 ?/
1 :,1 2
ei~reKurve 0
L c m m a : Jeder zue,qe~~samrnenhiingende Kaum X ist zusamnacnhiingend. Reri!ezn: Angentnnmm, r s giht rinr Zerlngiing X = 'L IJ 1,. in di~j~~nh?,e: nicht lccrc, offcnc kicngcn. Wir vcrbindcn dann Punktc u t Ll und z: t 1/ mit cincr stctigcn Kurvc T : [0; 11 + X und crhaltcn in (L') U y-' ( V ) cine Zerlegung des Intemalls [O; 11 in disjunkle, uichl leere, [O:l]-olLe~~n Teilruengen. Eine solcl~egibl. es aLw Iliclil. 0
Sate: Jede zusammcnhiingende offene Mengc X i n einem normierten kktorraum ist wcgzusammcnhi~qend.Je ewei Punkte a , b t X kl;nnen nogor dsrch e i n m ,Streckmmg in
X
rierhmdm wer11en.
Lctztcrcs bcsngt.: Es gibt. Punktc ao := a , a l : . . . , a h := b dcrart, dsB jcdc Ve'erbiLdung3strecke [ ~ i - ail ~ ; in X liegt. Ueweis: Wir bctmchtcn dic hlcngc (i :=
{zt X 1 Es gibt cincn Strcckcnzug iu X' von a nsch
I }
I; hut folgende Eigenschaften: (i) C' ist offm. Drnn jedr Kngrl Kjw) C X mit Mittrlpr~nkt71, E U lie@ ganz in 17: Setvt, man namlich fiir .T E h'(i1) einm Streckenmg in .I' von a nach u mit der St.rec1ce [u; msamrnen, so erhdt man einen Strcckcmug in A' von a n x h z.
XI
(ii) V := X \ L' ist offcn. Ucnn jcdc Kugcl K(v) c .X mit Mittclpunkt .LV E V liegl g a u ~ in V : Soust gabe es eine~rSlrecken~ugin X vou o zu eine~nPutkt z E Kjv) utld d a u d such xu111 MitLelpunkl v.
Kwh (i) und (ii) ist X = CUV cine Zerlegung in disjunkte! offene Mengen. nit 17 wrgm a E I! nitht leer ist und da X 7nsarnmenhiingt, ist 1,' = S.n Bemerkmg: Der Satz gilt nicht fiir beliebige zusammenhangende Teilmengcn cincs normicrtcn Kaumcs. Zum Ucispicl ist. dic k4cngc in 1%" dic aus dcnr Nullpur~klund dcln Graplrc~idcr Fu~ili~iou s h l / x 7 z > 0: Lcslclit, LUsmmenhiiugeud, aber nichl. ~~egzusa~iinie~il~bgend; Beweis als Aul'gabe. Definition: Einc zusammcnhZngcndc offcnc hlcngc in cincm normicrtcn Raum heiB1 Cebiel.
1 Elemente der Topologie
36
Wir bringen noch ein weiteres Beispiel. Dieses hat fur den Orientierungshegriff in endlich-dimensionalen IR-Vektorraumen eine groge Bedeutung; siehe 13.4. Es seien GL(n, IR) die Gruppe der rellen n x n-Matrizen A mit det A # 0, GL+(n, IR) die Gruppe der rellen n x n-Matrizen A mit det A
> 0.
GL(n, IR) und GL+(n, IR) fassen wir als Teilraume yon IRnxn auf.
Satz: Die Gruppe GL(n, IR), n 2 1, ist nicht zusammenhangend; die Untergruppe GL+(n, IR) hingegen ist zusammenhangend. Beweis (von Thomas Honold): GL(n,IR) ist nicht zusammenhbgend. Andernfalls ware das Bild unter der stetigen Abbildung det : GL(n, IR) + IR zusammenhangend; tatsachlich aber ist dieses Bild IR*. Dem Nachweis, daB GL+(n, IR) zusammenhangt, stellen wir zwei Hilfssatze voran.
Hilfssatz 1: Es seien U, V E G L + ( ~IR) , Matrizen derart, daj3 VU-I keinen negativen Eigenwert hat. Dann liegt auch ihre Verbindungsstrecke [U;V] := {tU (1 - t)V t E [O; 11) in GL+(n, IR).
+
I
Beweis: Zu zeigen ist, dag D(t) := det(tU + (1 - t)V) > 0 fiir t E [O;11. Wegen der Stetigkeit der Funktion D und D(0) > 0, D ( l ) > 0 genugt es zu zeigen, daJi D in (0; 1)keine Nullstelle hat. Nun gilt fiir t E (0; 1) ~ ( t =) (1 - t)n det U . det
( 4 + VU-l) ~ = (1 - t)n det U .x (*) 1 -t l-t
;
dabei bezeichnet x das charakteristische Polynom von VU-I. Nach Voraussetzung ist x(X) # 0 fiir X < 0. Damit folgt die Behauptnng. 0
Hilfssatz 2: Jede Matrix A E GL+(n, IR) besitzt eine Darstellung
wobei T und B keine negatiuen Eigenwerte haben. Beweis: Wegen det A > 0 ist die Anzahl der negativen Eigenwerte von A gerade. Diese Eigenwerte seien XI,. . . ,Xzk. Nach einem einfachen Reduktionssatz, siehe etwa [Q] Kapitel 8.3.3, gibt es ein V E GL(n,R) so, daB T I A V die Gestalt
hat, wobei A eine ohere Dreiecksmatrix ist mit XI, . . . ,X2k in der Diagonale und C keine negativen Eigenwerte hat. Es genugt, den Hilfssatz fur A' zu zeigen.
1.5 Zusammenhang
37
Sei T die n x n-Matrix mit k Kbtchen I =
-
( y ):
und der (n - 2k)-
reihigen Einheitsmatrix En-2,, langs der Diagonale:
T := Diag(1,. . . ,I,En-2k). k-ma1
T hat keine negativen Eigenwerte; ferner gilt
Da auch B keine negativen Eigenwerte hat, ist der Hilfssatz damit hewiesen. 0 Wir kommen zum Nachweis, daB GL+(n, IR) zusammenhingt. Wir zeigen dazu, daf3 jedes A E GL+(n,IR) mit der Einheitsmatrix E durch , verbunden werden kann; das genugt. Sei einen Streckenzug in G L + ( ~IR) A = T% eine Darstellung wie in Hilfssatz 2. Dann ist [E;B], [B;TB], [TB;T2B] ein Streckenzug von E nach A, der nach Hilfssatz 1 ganz in GL+(n, IR) liegt. Der Zusammenhang stellt eine wichtige topologische h r i a n t e dm: Sind X und Y homoomorph,e Raume, so ist A' genau dann msammenhangend, wenn das fiir Y zutrifi. Diese Tatsache ermoglicht es manchmal, zwei %ume als nicht homoomorph zu erkennen. Wir demonstrieren das an einem fur die Dimensionstheorie bedeutsamen Beispiel. Cantor entdeckte 1878, d d IR bijektiv auf IR2 abgebildet werden kann. Ferner zeigte Peano 1890, dafi es stetige surjektive Abhildungen des Intervalls I = [O; 11 auf das Quadrat I 2 giht; siehe Band 1,12.10, Anfgabe 14. Die Abhildung von Cantor ist nicht stetig, die von Peano nicht bijektiv. Erst 1911 hewies Brouwer, da8 es keine homoomorphe Abbildung von IRm anf IRn gibt, wenn m # n ist. Der Beweis benutzt Hilfsmittel, die hier nicht zur Verfiigung stehen. Immerhin konnen wir aufgrund der Invarianz des Zusammenhangs den Satz fur m = 1 zeigen; fiir m =2 siehe 5.6 Aufgabe 13.
Satz: Rn ist fiir n > 1 nicht homoomorph zu IR Beweis: Fur n > 1 ist IRn \ {0} nach Beispiel 2 zusammenhingend, die Menge R \ {y} jedoch fiir keinen Punkt y E IR, da sie kein Interval1 ist. Gabe es einen Homoomorphismus f : IRn + IR, so induzierte dieser aber einen Homoomorphismus Rn \ {0} + IR \ {f (0)}. 0 L. E. Brouzuer (1891-1961). Begriinder des Intuitionismus. Von ihm stammen wichtige Beitrage zur Topologie, inshesondere zur Dimensionstheorie. Die KIarung des Dimensionshegriffes war im Anschld an die Mengenlehre "on Cantor unausweichlich geworden. Vgl. Band 1, 5.8 Aufgahe 20.
1 Elemente der Topologie
38
1.6 Potenzreihen in Banachalgebren m
C xk, xk
E V, in einem Banachraum V versteht man k=l wie im Fall V = C die Folge der Partialsummen Sn = Xi=, xk. Die Reihe heist konuergent, wenn die Folge ( S , ) konvergiert; gegebenenfalls heist deren Grenzwert Wert der Reihe, und man schreibt auch fur diexk. Ferner heiflt die Reihe absolut konvergent, falls die Reihe sen CF'=, llxkll konvergiert. Die Folge der Partialsummen einer der Normen absolut konvergenten Reihe ist offensichtlich eine Cauchyfolge. Somit gilt:
Unter einer Reihe
CEO=,
Satz 1: Jede absolut konuergente Reihe in einem Banachraum konuergiert. Wir betrachten im Weiteren Banachraume, die zusatzlich eine rnit der Norm vertragliche multiplikative Struktur aufweisen. Definition: Ein normierter IK-Vektorraum d heist normierte K-Algebra, wenn in ihm eine bilineare und assoziative, aber nicht notwendig kommutative Verknupfung (Multiplikation) .d x .d + d , (x, y) H xy, erklart ist und die Norm die multiplikatiue Dreieeksungleiehung (N4) IIxYII 5 llxll . l l ~ l l erfullt. Eine normierte Algebra, die zugleich ein Banachraum ist, heiflt Bnnachalgebra. Beispiele von Banaehalgebren: 1. Jede endlich-dimensionale nomierte lK-Algebra. Zum Beispiel der Matrizenraum l K n X n rnit irgendeiner Operatornorm; allgemeiner, der Raum L(X,X) der linearen Abbildungen eines endlich-dimensionalen normiert,en Vektorraums in sich. 2. Die Algebra W [a;b] rnit der Supremumsnom.
Folgerungen a n s (N4): k 1. llxkll 5 11x11 f i r k = 2 , 3 , . .. 2 . Aus xk + x und yk + y folgt xkyk + xy. Insbesondere gilt fur jede 00 konuergente Reihe und jedes Element a E d a xk) = CkZl axk.
(XZ1
Beweis im Wesentlichen wartlich wie im Fall d = C. Im Folgenden sei .d stets eine Banachalgebra rnit Einselement, d. h. rnit einem Element e derart, dafl ae = ea = a fur jedes a E d gilt. Ein solches Element ist eindeutig bestimmt und wird oft rnit 1bezeichnet. Die Algebra l K n X n etwa hat als Einselement die Einheitsmatrix. Fur jedes x E d setzen wir x0 := 1.
39
1.6 Potenzreihen in Banachalgebren
Satz 2: Sei d eine Banachalgebra uberlK mit Eins. Ist P ( z ) = CEO akzk eine Potenzreihe mit Koeffizienten an: E lK und Konwergenzradius R, so konwergiert fur jedes Elementx E K$(O) := { x E a' IlxIl < R } die Reihe
1
absolut. Die hierdurch erklarte h n k t i o n P d : K g ( 0 ) + d ist in jeder Kugel K e ( 0 ) mit r < R Lipschitz-stetig: Fur beliebige x , y E K f ( 0 ) gilt
Fur jedes x E K g ( 0 ) ist die Funktion t H P d ( t x ) im Interwall (-p; p ) differenzierbar (p := R/ llxll bzw. p = fur x = 0) und hat die Ableitung
dabei bezeichnet P' die Ableitung won P . Beweis: Die absolute Konvergenz der Reihe P d ( x ) fur x E K$(O) folgt wegen ilamxk[l5 lakl . IIxIIk aus der absoluten Konvergenz der Reihe P ( z ) fur 121 < R. Die Lipschitz-Stetigkeit ergibt sich aus der fiir x , y E d mit llxll 5 r und llyll 5 T geltenden Abschatzung llxk - ykll 5 llx - yll. krk-l, und diese folgt aus der Identitiit xk - yk = x ~ - ' - ~ (x y) yi. Zum Nachweis von (14) verwenden wir die Potenzreihe
~ t ~ i
Es sei t E ( - p ; p ) fixiert. Da @ in it1 differenzierbar ist, gibt es zu jedem E > 0 ein 6 > 0 so, daB
Fiir diese h gilt dann
Daraus folgt die Behauptung.
0
Zusatz: Fur jede Matrix A E l K n x n mit IlAll < R, wobei 11 1 1 eine belieakAk in dieser Norm; bige Operatornorm sei, konwergiert die Reihe CEO sie konwergiert ferner komponentenweise.
40
1 Elemente der Topologie
Als Beispiele betrachten wir die geometrische Reihe und die Exponentialreihe. Geometrische Reihe und Inversenbildung. Es sei d eine Banachalgebra mit Eins. Dann hat 1 - x fir jedes Element x E d mit 11x11 < 1 ein Inverses: und zwar ist
z m
( 1 - x)-I =
n=n
xn =: G d ( x ) ;
es gilt namlich
und ebenso G d ( x ). (1 - x ) = 1. Die Menge der invertierbaren Elemente einer Banachalgebra d mil Einselement bezeichnet man mit a''. d*ist mit der Multiplikation von d als Verkniipfung eine Gruppe und heiBt Einheitengruppe von d.Die Einheitengmppe der Matrizenalgebra l K n x n ist die Gruppe GL(n, lK); a l gemeiner: Die Einheitengruppe in der Algebra der linearen Abbildungen X + X eines endlich-dimensionalen normierten Vektorraums ist die Gruppe L*( X ,X ) der Isomorphismen.
Satz 3: Die Einheitengruppe & einer Banachalgebra d mit Eins ist eine offene Menge in d,und die Inuersenhildung
ist stetig. Insbesondere ist Inv: L Y ( X ,X )
+ L*(X, X ) stetig
Beweis: Sei a E &. Dann enthalt d*auch die Kugel um a mil dem Radius r := 11 Ila-' 11. Aus Ilx - all 5 1/ Ila-lI1 folgt namlich zunachst 111 - a-lxll 5 [Ia-'[l . [la- 211
< 1;
also ist a-lx invertierbar und damit auch x. Mithin ist d*offen. Ferner ist das zu x E K,(a) inverse Element gegeben durch
Die durch x
H 1 - a-lx
und durch y H ya-I definierten Abbildungen in
d sind Lipschitz-stetig und G d : K l ( 0 ) + d ist stetig nach obigem Satz. Somit ist auch x
H x-'
stetig.
Bernerkung: Die geometrische Reihe wird oft angewendet, urn Operatoren zu invertieren. Man bezeichnet sie auch als Neumannsche Rtihe nach Carl Neumann (1832-1925), der sie erstmals zur Losung gewisser Integralgleichungen einsetzte.
1.6 Potenzreihen in Banachalgebren
41
Die Exponentialabbildung. Wie im Fall d = C definiert und zeigt man
Die Exponentialabbildung in d hat dieselben charakteristischen Eigenschaften wie die Exponentialfunktion in C:
Satz 4: Fur vertauschbare Elemente x, y t d,d. h. Elemente mit xy = yx, gilt das Additionstheorem
Insbesondere ist fiir jedes x t d durch y(t) := et", t t K, ein Homomorphismus y : K + a" definiert. Dieser ist differenzierbar, und es gilt
Beweis: Das Addit,ionstheorem beweist man wie in Band 1,8.1. Damit ergibt sich auch die Invertierbarkeit von ex; es gilt namlich eZ.e-5 = e0 = 1. Die weiteren Behauptungen sind mit Satz 3 gezeigt. 0 Die Exponentialabbildung in einer Banachalgebra hat vielfaltige Anwendungen. Wegen (15) spielt sie zum Beispiel eine fundamentale Rolle bei Systemen linearer Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten; siehe 4.3. Beispiele: 1. Sei A = Diag(X1,. . . , A,) eine Diagonalmatrix mit den Diagonalelementen XI,. . . ,An. Dann ist Ak = Diag(X:, . . . , A:), und es ergibt sich
2. Sei I = et'-
-
(y i ) und t t K. Wegen IZk= ( - l ) k ~erhilt man
(I - -t2+ 2!
t4
cost
- sint
4!
Wegen dieser Formel wird die Matrix I oft als in,finitesimale Erzeugende der Drehgruppe bezeichnet.
1 Elemente der Topologie
42
3. Sei A =
(ab
-b)
a
= aE
+ bI, I
wie in Beispiel 2. E und I sind ver-
tauschhar; also gilt etA = etaE . etbr fiir t E IK. Mit Beispiel 1 nnd 2 folgt sin bt
cos bt
Bemerkung: 1st AB # BA, so hat man im allgemeinen eA+
Zum Beispiel gilt mit A = eAeB =
(;
(i9und B (: :)
# eAeB.
=
3
und
e
1.7 Aufgaben 1. Fur Mengen A, B C IRn gilt
a) AUB=AUB, b) ( A n B ) O = A 0 n B 0 . 2. Jede offene Menge M C Rn ist eine Vereinigung ahzahlbar vieler offener Kugeln.
3. Eine Norm 11 11 auf einem Vektorraum V wird genau dann von einem wenn sie Skalarprodukt ( , ) indnziert, d. h., es gilt llxll = das Parallelogramrngesetz erfullt:
m,
Welche pNormen auf IKn werden von einem Skalarprodukt induziert? 4. Es seien I , J c IR kompakte Intervalle und f : I x J + IR eine stetige Funktion. Man zeige, da%die durch F ( x ) := supgEJ{f (x, y)} definierte Funktion F : J + IR stetig ist.
+ IR mit f (0,O) = 0 und f (z, y) := ly/x2~.e-lylxz1 fur (x, y) # (O,0) ist in (0,O) unstetig, aber die Beschrejlkung f I G auf
5. Die Funktion f : IR2
jede Gerade G durch den Nullpunkt ist stetig auf G.
6. Man zeige, da% die punktierte Ebene IK2 \ 10) = C* und der Zylinxz = 1) C IR3 homoomorph sind. Ein der Z := { ( X I , X Z , X ~x:) HomGomorphismus f : C* + Z ist gegeben durch
I +
4
=
(
Rez
m. '"l') Imz
1.7 Aufgaben
43
7. Es sei A C IRnXn eine nicht-singulare, symmetrische Matrix mit k 2 1 positiven Eigenwerten. Man zeige: Die Quadrik {x E IRn I xTAx = 1) ist homiiomorph zu Sk--' x lRn-k.
8. Es seien A, B nicht leere, abgeschlossene und disjunkte Teilmengen eines metrischen Raumes X. Dann gibt es offene disjunkte Mengen U,VinXmitACUundBCV. Hinweis: Es gibt eine stetige Funktion p : X -t IR mit p I A = 0, p I B = 1. 9. Sei a E IKn. Man ermittle fur die Linearform La: lKn die Operat,ornorm hezuglich der 1-Norm auf lKn.
-t
lK, x H aTx,
e2
10. Man zeige: Die ahgeschlossene Einheitskugel in ist nicht kompakt; dagegen ist die Menge Q C der Folgen z = (21, a ,. . .) mit lz,l 5 kompakt; Q heist Hilbertwurfel.
e2
11. Es sei K ein kompakter und Y ein beliebiger metrischer h u m . Dann ist jede stetige Bijektion f : K + Y sogar ein Homiiomorphismus. 12. Es sei K eine kompakte Teilmenge eines metrischen Raumes X und {U<)iErsei eine Uberdeckung von K durch offene Mengen in X. Dann gibt es ein r > 0 derart, dafi jede Kugel K,(x), x E K , in einer der Mengen Ui liegt. 13. Satz von Baire. Sei ( A k )eine Folge abgeschlossener Mengen im IRn derart, daB ihre Vereinigung A eine offene Kugel enthalt. Dann enthalt auch mindestens ein Ak eine offene Kugel. Hinweis: Angenommen, alle A; sind leer. Dann gibt es eine Folge abgeschlossener Kugeln Kk C A mit Kk+1 C Kk und Ak C l Kk = 0. Man zeige, dai3 Kk nicht leer ist, und leite einen Widerspruch ah.
nrzl
14. Man zeige: Zu jeder stetigen Funktion f : Sn + IR, n 2 1, giht es ein Paar antipodaler Punkte x, -x E Sn mit f (x) = f (-x). Beispiel: Bei jeder stetigen Temperaturverteilungauf der Erdoberflikhe gibt es antipodale Orte, in denen gleichzeitig dieselbe Temperatur herrscht. Hinweis: Zwischenwertsatz. 15. 1st G ein Gebiet im IRn, n 2 2, und V ein affiner Unterraum des IRn einer Dimension 5 n - 2, so ist auch G \ V ein Gebiet. 16. Je zwei Punkte einer zusammenhangenden offenen Menge U C IRn lassen sich durch eine stetig differenzierbare Kurve in U verbinden. 17. Fur jede Matrix A E (Cnxn zeige man: a) 1st T E CnXninvertierbar, so gilt T-' b) det eA = eSpurA.
.eA . T = eT-lAT.
1 Elemente der Topologie
44
18. Es sei d eine Banachalgebra mit Einselement. Man zeige: a) Sind G(z) = C r ckzk und F ( z j = =y akzk konvergente Potenzreihen mit positiven Konvergenzradien Rc bzw. RF und ist x E .a' ein Element mit llxll < RF und C y lakl . 11x11~ < Rc , so gilt
Man vergleiche Band 1,14.2. b) Fiir jedes x E .a' mit 111- xll < 1 konvergiert die Reihe
absolut, und es gilt exp(ln(l
+ 2)) = 1 + x.
19. N o n e n und konvexe Mengen im IRn. Man zeige: (i) Fiir jede Norm auf IRn ist die Kugel K1(0) konvex und symmetrisch (d.h., mit x liegt auch -x in K1(0)). (ii) Sei umgekehrt K C IRn eine kompakte Menge, die konvex und symmetrisch ist, und deren offener Kern nicht leer ist. Setzt man 11011 = 0 und
llxll so ist
1 := ,ax
( t E IR I t z E K )
11 11 eine Norm auf IRn,
fur x
# 0,
und es gilt K1(0) = K.
20. Spektralradius einer Matrix A E Cnxn.Sind XI,. . . , A n die Eigenwerte von A, so heist p(A) := max{lX11,. . . , IX,I} Spektralradius von A; llAllz bezeichne die Operatornorm von A: Cn + Cn bezuglich der euklidischen Norm auf Cn. Man zeige:
21. Seien P, Q : V + V lineare Abbildungen eines normierten Vektorraums V f 0, die die sogenannte Heisenberg-Relation PQ - QP = id erfiillen. Dann kijnnen P und Q nicht zugleich stetig sein. Hinweis: Es gilt (*) PQn - Q n P = nQn-l fiir alle n E N.W&renP und Q stetig, so folgte fir grofies n I I Q " - ~=~0, ~ also = 0. Induktiv folgte aus (*) weiter Qk = 0 fur k 5 n - 1.
2 Dzerenzierbare Funktionen
Die Differentialrechnung im IR1 wird in diesem und im nachsten Kapitel zur Differentialrechnung im IRn erweitert. Ihr Gegenstand sind wieder die Funktionen oder Abbildungen, die sich lokal hinreichend gut durch lineare Funktionen bzw. Abbildungen approximieren lassen.
2.1
Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
Vorbemerkung. Eine Funktion f einer reellen Veranderlichen heiBt bekanntlich an einer Stelle a differenzierbar, wenn der Grenzwert
existiert. Gleichwertig damit ist die Existenz einer (von a abhangigen) linearen Abbildung L : IR + C derart, daJi lim
htO
f (a
+ h) - f (a) - Lh = 0 Ihl
gilt; dahei ist dann Lh = f'(a)h. In dieser zweiten Formulierung hesagt die Differenzierbarkeit, daf2 der Zuwachs f (a h) - f (a) der Funktion durch den Wert Lh einer linearen Abbildung L so gut approximiert werden kann, daB der Fehler f (a h) - f (a) - Lh schneller als lhl gegen Null geht.
+
+
Das Prinzip der Approximation der Zuwachse durch die Werte einer linearen Abhildung wird auch der Differentialrechnung im IRn zugrunde gelegt . Im Folgenden treten sowohl der Punktraum IRn als auch der Vektorraum Rn auf und sollten eigentlich unterschiedlich bezeichnet werden. Mit einem Punkt a E IRn und einem Vektor h E IRn ist a h ein Punkt. Elemente von IRn schreihen wir meistens als Zeilen, hei Rechnungen mit Matrizen jedoch immer als Spalten.
+
46
2
Differenzierbare Funktionen
I. Begriff der Differenzierbarkeit Definition: Eine Funktion f : U + C auf einer offenen Menge U C IRn heist differenzierbar im Punkt a E U , wenn es eine lineare Abbildung L : IRn + G gibt derart, dai2
Dabei ist es gleichgultig, welche Norm verwendet wird, da alle Normen auf lRn zueinander aquivalent sind. Die Funktion heist differenzierbar auf U, wenn sie in jedem Punkt x E U differenzierbar ist. Oft formuliert man die Bedingung ( 1 ) anhand des durch
erklarten Restes R ( h ) ; sie lautet dann
Die Bedingung ( 1 ) wird von hijchstens einer linearen Abbildung L erfullt. 1st etwa LX eine weitere, so gilt fiir jeden Vektor v mit l l ~ l l= 1
( L - L X ) ( u= ) lim t u
( L - L')(tu)
= 0.
lltvll
Da die Menge der Einheitsvektoren den IRn aufspannt, folgt L = L*. Die eindeutig bestimmte lineare Abbildung L heist Differential oder auch Linearisiemng der Funktion f im Punkt a und wird mit df ( a ) oder df, bezeichnet. In alteren Buchern wird das Differential auch totales Differential genannt.
+
Approximation des Funktionszuwachses f (a h) - f (a) durch den Wert df(a)h des Differentials
2.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
47
Sei e l , . . . ,en die Standardbasis des IRn. Wegen der Linearitat von df (a) gilt dann fur jeden Vektor h = ( h l ,. . . , hnjT E IRn
Die 1-zeilige Matrix
nennen wir die Ableitung von f i n a. Wir werden sie in (8) mittels partieller Ableitungen darstellen. Der Wert df ( a ) hergibt sich durcb Multiplikation der Matrix f'(a) mit dem Vektor h E IRn:
Die an-lineare Funktion (5)
+
T f ( x ;a ) := f ( a ) f f ( a ) ( x- a)
heist lineare Approximation von f in a, und bei reellem f deren Graph
die Tangentialhyperebene an den Grapben von f in (a,f ( a ) ) . Wie im Fall n = 1 gilt:
Satz: Eine in a differenzierbare finktion ist dart auch stetig. Denn in (2) gilt Lh
+ 0 und R ( h ) + 0 fur h + 0.
Beispiele: 1. Sei f ( x ) := Ax + b, A eine 1-zeilige Matrix und b E C. Die durcb Lh := Ah erklarte lineare Abbildung erfiillt die Bedingung (1). f ist also in jedem Punkt a differenzierbar, und es gilt erwartungsgems
d f ( a ) h= Ah,
f ' ( a ) = A.
2. Sei f ( x ) := x T A x , A = (aik)eine symmetrische n x n-Matrix. Es gilt
f (a
+ h ) - f ( a ) = 2aTAh + hTAh.
Lh := 2aTAh definiert eine lineare Abbildung und R ( h ) := hTAh erfiillt die Bedingung (1'); mit u := C:k=l laikl gilt n h l i c b IR(h)l 5 u llhll;. f ist also in jedem Punkt a differenzierbar, und es gilt
48
2
Differenzierbare Funktionen
11. Darstellung des Differentials durch Richtungsableitungen
Es sei f eine in a differenzierbare Funktion. Die Werte d f ( a ) h , h E IRn, sollen jetzt mit Hilfe von Rchtungsableitungen ermittelt werden. Fiir alle t E IR mit hinreichend kleinem Betrag gilt zunachst
f(a+th) = f(a)+df(a)th+R(th,). Da der Rest R die Bedingung (1') erfiillt, ergibt sich
d f ( a ) h = lim f (a + t h ) - f ( a ) t-0 t Definition: Sei f : U + C eine (nicht notwendig differenzierbare) Funktion in einer Umgebung U von a. Dann versteht man uuter der Ableitung von f im Punkt a in Richtung des Vektors h E IRn im Existenzfall den Grenzwert
Die Ahleitungen in den Richtungen e l , . . . ,en der Standardbasis heiBen partielle Ableitungen von f , und f heiBt partiell differenzierbar in a, wenn alle partiellen Ahleitungen f ( a ) ,. . . f ( a ) existieren. Weitere Bezeichnungen fiir die partiellen Ableitungen sind:
a,,
,a,,
Satz: Eine in a differenzierbare Funktion f hat dort Richtungsableitungen in jeder Richtung; sie ist dort insbesondere partiell differenzierbar. fir Differential in a hat fir jeden Vektor h = ( h l ,.. . , hn)TE lKn den Wert
und ihre Ableitung f'(a) ist die 1-zeilige Matrix
Beweis: Die Existenz aller Rchtungsableitungen ist mit der Herleitung von (7) gezeigt. Die Formeln sind wegen d f (a)e, = f ( a ) identisch mit ( 3 ) , (3') und (4).
a,
2.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
Bereehnung partieller Ableitungen: Die Definition
mit a = ( a l , . .. ,a,) lauft darauf hinaus, in XI,.. . ,x,) alle Variahlen xk bis auf die u-te konstant = a& zu setzen und die dann nur noch von x, ahhangige Funktion als Funktion einer Veranderlichen zu differenzieren. Beispiel: f (x, y) = sin2x . e3,
111. Das Hauptkriterium Fir Differenzierbarkeit Um eine Funktion f auf Differenzierbarkeit in a zu untersuchen, klart man zunachst, oh sie partiell differenzierbar ist. Im positiven Fall pruft man weiter, ob die einzige als Differential in Frage kommende lineare Abbildung
L : IRn
+ C,
n
13, f ( a ) . h,:
Lh = v=1
die Bedingung (1) erfullt. Da% die hloge Existenz der partiellen Ableitungen nicht die Differenzierbarkeit impliziert, zeigt die Funktion f : R2 + IR mit f (0,O) = 0 und
(siehe 1.3 (4)). f ist im Nullpunkt nicht stetig, also erst recht nicht differenzierbar. f ist aber uberall partiell differenzierbar; speziell in (0,O) hat f wegen f (x, 0) = 0 und f (0, y) = 0 die partiellen Ableitungen I3, f (0,O) = 0 und a, f (0,O) = 0. In den Punkten (0, y), y # 0, gilt I3, f (0, y) = l l y ; 13, f ist also im Nullpunkt unstetig; ebenso a, f . Das folgende, weitergehende Beispiel zeigt, da%selbst die Existenz aller Richtungsableitungen nicht die Differenzierbarkeit zur Folge hat. Behiel: Sei f : IR2 f(o,b) = o u n i f(%d =
x2y 22+Y2
+ IR definiert fur
durch
(x,y) # (0,O).
Wegen f (tx, ty) = tf (x, y) fur alle t E IR besteht der G r a ~ hvon f aus Geraden durch den ~ullpunkt.
50
Differenzierbare Funktionen
2
Diese hat im Nullpunkt Ableitungen in jeder Richtung h = ( h l ,hz); und zwar gilt
a,
a,
Insbesondere sind die partiellen Ableitungen f ( O , O ) und f (0,O) Null. Als Differential im Nullpunkt kommt also hochstens L = O in Frage. Damit aher wird die Bedingung (1) nicht erfiillt, da fiir alle ( h l ,h l ) # ( O , O )
gilt. Folglich ist f im Nullpunkt nicht differenzierbar. Man stellt leicht fest, daB die partielle Ahleitung f, im Nullpunkt unstetig ist. 0 Wir zeigen nun, daB eine Funktion mit stetigen partiellen Ableitungen auch differenzierbar ist. Differenzierbarkeitskriterium: Existieren in einer Umgebung U won a E IRn alle partiellen Ahleitungen dl f, . . . f u,nd sind diese im Punkt a stetig, so ist f in a differenzierbar.
,a,
Beuieis: Wir diirfen f als reel1 voraussetzen, da ein komplexes f genau dann differenzierbar ist, wenn Ref und Im f differenzierbar sind. Wir zeigen dann, daB die Linearform L : IRn + IR mit Lh. := C:=l f ( a ) .hv die Bedingung ( 1 ) erfiillt. Sei Q ein offener achsenparalleler Quader in U mit a E Q. Jeder Punkt a h E Q kann mit a durch einen stiickweise achsenparallelen Streckenzug in Q verbunden werden. Man setze dazu a0 := a und a, := a,-1 hue,, Y = 1, . .. ,n; inshesondere ist a, = a + h. Dann gilt
a,
+
+
Die Differenzen in dieser Summe formen wir gemaB dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung einer Veranderlichen um. Wir betrachten d a m die Funktionen ip, : [O; h,] + IR, ip,(t) := f (a,-l te,). Mit diesen gilt
+
Die Funktionen ip, sind wegen der partiellen Differenzierbarkeit von f differenzierbar, und es gilt ip:(t) = f (a,-l +te,). Nach dem Mittelwertsatz gibt es ferner Zahlen 7, in [O; h,] so, d d ip,(h,) - ~ " ( 0=) h,ip1(.r,). Mit 5" := a"-I ?,e, folgt nun f (a,) - f (a,-1) = h,d, f (5").
a,
+
2.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
Damit ergibt sich
Fiir h + 0 gilt Q + a, u = 1 , . . . , n ; wegen der Stetigkeit der partiellen Ableitungen in a erhdt man also lim
f(a+h)-f(a)-Lh
h-0
llhllW
=0
Beispiel: Differentiation rotationssymmetrischer Funktionen Es sei F: I
+ C eine Funktion
auf einem Interval1 I C [O; co).Mit F
e r k k t man auf der Kugelsehale K ( I ) := { x E IRn eine Funktion f durch
I llxllz
=
EI )
Es sei nun I offen und F stetig differenzierbar. Dann ist auch K ( I ) offen, und f hat an jeder Stelle x E K ( I ) , x # 0 , die partiellen Ableitungen
Diese sind offensichtlich stetig. Somit ist f an jeder von 0 verschiedenen Stelle x E K ( I ) differenzierbar und hat dort die Ableitung
Definition: Eine differenzierbare Funktion f : U + C auf einer offenen Menge U C IRn heist stetig differenzierbar auf U , wenn d f : U + L(IRn,C ) stetig ist; dieses ist nach dem Stetigkeitstest in 1.3.V gleichwertig zur Stetigkeit der Ableitung
Mit dem Differenzierbarkeitskriterium folgt, daB eine Funktion f : U + C genau dann stetig differenzierbar ist, wenn alle n partiellen Ableitungen & f , . .. f auf U existieren und stetig sind. Den Vektorraum der stetig differenzierbaren Funktionen auf U bezeichnet man mit V 1 ( U ) .
,an
52
2
Differenzierbare Funktionen
IV. D e r Gradient Auf lRn sei jetzt ein Skalarprodukt ( , ) gegeben. Bekanntlich kann d a m jede Linearform L: lRn + IR mit Hilfe eines eindentig bestimmten Vektors g E lRn folgenderma8en dargestellt werden: Lh = (g, h ) fur alle h E IRn. 1st L das Differential einer in a differenzierbaren reellwertigen Funktion f , so nennt man den Vektor g den Gradienten von f in a beziiglich ( , ) und bezeicbnet ihn mit grad f (a). Der Gradient von f in a beziiglich ( , ) ist also der durch die Forderung
eindeutig best,immte Vektor in lRn. Im Fall des Standardskalarproduktes etwa ist grad f (a) nach dem letzten Teil von (8) der Spaltenvektor
gesprochen ,,Nabla-f (a)".
4
gradf(a)
Beispiel: Die in (9) definierte rotationssymmetrische Funktion f hat im Fall einer reellen W1-Funktion F im Pnnkt a # 0 den Gradienten grad f (a) =
F'(llallz)
a.
llallz
Dieser im + . F'(llal12) > O Ortsvektor Oa direkt parallel und im Fall F1(llallz) < 0 antiparallel.
zmi Niveaulinlen (fett) sovie Gradienten einer rotationssymmetrischen Funktion
Es bezeichne 11 11 die zum Skalarprodukt gehijrige Norm. Aufgrund der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung gibt es einen Winkel 9 zwischen den Vektoren grad f (a) und h derart, dal3 gilt:
Nach dieser Darstellung zeichnet sich der Gradient durch folgende Maximalitatseigenschaft aus:
2.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
53
1
(i) Seine Lhnge llgrad f ( a ) ist das Maximum aller Richtungsableitungen a h f ( a ) nach den Einheitsvektoren:
(ii) Im Fall M # 0 gibt es genau einen Einheitsuektor u n i t a, f ( a ) = M , und mit diesem ist grad f ( a ) = Mu. Der Gradient zeigt also die Ricltung des starksten Anstiegs der Funktion im Punkt a an.
Bemerkung: Wir haben den Gradienten in Bezug auf ein Skalarprodukt eingefiihrt. Er kann allgemeiner in Bezug auf eine nicht ausgeartete symmetrische Bilinearform erklkt werden; im IR4 etwa beziiglich der fiir die Relativitatstheorie bedeutsamen Minkowski-Form ( , ) M mit der Matrix ( ( e i ,ej)M) = Diag(1, 1, 1, -1). Die zu (10) analoge Forderung
erfiillt in diesem Fall grad, f ( a ) := (f,(a), f,(a), f,(a), - f t ( a ) ) T .
V. Rechenregeln Algebraische Regeln: Sind f , g : U + C differenzierbar in a E U , dann sind aueh f g und f . g in a differenzierbar, und es gilt
+
Fur die Ableitungen gelten hiernaeh dieselben Regeln wie im Fall n = 1:
(f)' ( a ) = --ff'(4 2(a)' Sind f und g in U stetig differenzierbar, dann sind es aueh f f e n e r f / g in { x E U I g ( x ) # 01.
+g
und fg;
Beweis: Wir zeigen nur die Quotientenregel, und dam, da8 die Linearform -d f ( a ) /f ' ( a ) die Bedingung ( 1 ) erfiillt.
54
2
Differenzierbare Funktionen
Fiir hinreichend kurze Vektoren h E IRn ist auch f ( a
+ h ) # 0 , und es gilt
Die heiden Summanden rechts gehen mit h + 0 gegen Null: der erste wegen der Differenzierharkeit von f in a , der zweite, weil f ( a h ) - f ( a ) gegen Null geht und der Bruch d f ( a ) h / llhll beschrinkt ist, zum Beispiel durch die Operatornorm von df ( a ) . Damit folgt die Behauptung. 0
+
Folgerung: Jede rationale Funktion ist i n ihrem Definitionsbereich stetig differenzierbar. Als weitere Rechenregel hringen wir eine erste Version der Kettenregel. In Verallgemeinerung der Richtungsableitung herechnen wir hier die Ableitung einer Funktion langs einer Kurve. Wir betrachten dazu die Situation
I ~ U L C , in der I C IR ein beliebiges Interval1 und U C IRn eine offene Menge ist. Die Kettenregel hierfiir wird uns unter anderem dazu dienen, wichtige Sachverhalte der Differentialrechnung in IR wie den Mittelwertsatz, den Schrankensatz und die Taylorformel auf Funktionen in IRn auszudehnen. Kettenregel (erste Version): Es sei y = ( y l , . . . ,7%) : I + U differenzierbar in t~ und f : U + 6: diffeerenzierbar i n a = ?(to). Dann ist f a y differenzierbar in to und hat dort die Ableitung
d(f
n
di f ( a ) . +i(to).
(to)= d f ( a ) ?(to) = f l ( a )+(to) = i=l
Mit Hilfe des Gradienten lautet diese F o n e l nach (10)
Beweis: Nach Voraussetzung gilt fiir k E IR und h E IRn mit hinreichend kleinen Betragen
to + k ) = ?(to) + +(to)k+ n ( k )Ikl ,
wohei lim r l ( k ) = 0,
f ( a + h ) = f ( a ) + d f ( a ) h + r z ( h ) llhll,
wohei lim r z ( h ) = 0.
k t 0
htO
2.1 Begriff der Differenzierharkeit. Elementare Feststellungen
Setzt man h := ?(to
+ k ) -$to), so folgt
wobei
Dieses Restglied hat offensichtlich die Eigenschaft lim k+O folgt aus (*) die Behauptung.
k
= 0. Damit 0
Beispiel: Sei f eine differenzierbare Funktion auf IR2. Wir betrachten ihre Komposition F := f o Pz mit der Polarkoordinatenabbildung Pz:
F ( r ,y ) = f ( r cos y , r sin y ) Differenziert man F bei festgehaltenem y nach r , erhalt man die partielle Ableitung F, und analog F,; in beiden Fallen ergibt die Kettenregel
F,(r, y ) = f, ( r cos y , r sin i p ) . cos
+ f, ( r cos y , r sin y ) . sin y ,
F,(r,y) = f,(rcosy,rsiny).(-rsinip)
+ f,(rcosip,rsinip).(rcosy).
Anwendung: Orthogonalitiit von Gradient und Niveaumenge. Auf IRn sei ein Skalarprodukt gegeben. Sei f : U + IR eine differenzierbare Fnnktion auf einer offenen Menge U C IRn und y : I + U eine differenzierbare Kurve, die in einer Niveaumenge von f verlauft, d.h., es ist f ( y ( t ) )= c fiir eine geeignete Konstante c und alle t E I. Dann steht der Gradient von f im Punkt y ( t ) senkrecht auf dem Tangentialvektor +(t),
Beweis: Wegen der Konstanz von f o y ergibt die Kettenregel in der Gradientenformulierung (grad f ( y( t ) )j.(t)) , = 0. Im Fall U c lR2 kann man sich den Graphen von f als Landschaft "her U mit f (x) als Hohe iiher dem Punkt x vorstellen. Die Niveaulinien von f sind dann ihre Hohenlinien. Nach dem Bewiesenen steht der Gradient von f in x senkrecht auf der Hohenlinie durch x; und zwar zeigt grad f (x) in die Richtung des stirksten Anstiegs von f und -grad f ( x ) in die des steilsten Abfalls (Fallrichtung); ferner ist llgrad f(x)II ein Ma% fur die Steilheit am Ort x.
- sad f ("1
Hohenlinien und Fallrichtungen
56
2.2
Differenzierbare Funktionen
2
Mittelwertsatz und Schrankensatz
Wir wenden uns der Aufgabe zu, den Zuwachs f (b)- f ( a ) einer differenzierbaren Funktion mit Hilfe ihrer Ableitung darzustellen oder abzuschatzen. Mit Hilfe einer im Definitionsbereich verlaufenden Kurve von a nach b fuhren wir diese Aufgabe auf den eindimensionalen Fall zuruck.
Mittelwertsatz: Es sei f eine reelle differenzierbare Funktion in einer offenen Menge U C IRn. Ferner seien a , b E U Punkte, deren Verbindungsstreeke in U liegt. Dann gibt es einen Punkt E [a;b] mit
<
+
Beweis: Wir setzen y ( t ) := a t (b - a ) , t E [O;I ] , und betrachten die Funktion F := f o y : [O; 11 + IR. Mit dieser gilt: f (b)- f ( a ) = F ( l )- F ( 0 ) . F ist nach der Kettenregel differenzierbar. Nach dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung einer Veranderlichen gibt es also ein T E (0; 1 ) so, daB F ( l )- F(0) = F(T) = d f ( y ( ~ ) ) ( ba ) . Somit leistet der Punkt := y(7) das Behauptete. 0
<
Folgerung: Sei U C IRn eine zusammenhiingende offene Menge. Hat eine Funktion f : U + C iiberall die Ableitung 0, so ist sie konstant.
Beweis: Es genugt, die Behauptung fur reelles f zu zeigen. Seien a und b beliebige Punkte in U. Dazu wahle man Punkte ao := a , a l , . . . ,ak := b derart, daB jede Strecke [ai-1; ail in U liegt. Der Mittelwertsatz kann dann bei jeder Strecke [ai-1; ail angewendet werden und ergibt wegen f ' = 0: f ( a ) = f ( a ~=) . . . = f (am-1) = f (b). In zahlreichen Fallen benijtigt man nicht den exakten Wert eines Funktionszuwachses f ( y ) - f ( x ) , sondern nur eine in best,immten Bereichen universe11 gultige Abschatzung desselben durch den Abstand von x und y. Eine solche liefert der folgende Satz.
Schrankensatz: Eine %?-Funktion f : U + C auf einer offenen Menge U ist auf jeder kompakten konwexen Teilmenge K C U Lipschitz-stetig. Genauer: Mit Ilf'llK :=
Ilft(<)II1,K
gilt fir beliebige x , y E K
= ?:'(ld~f(<)I
f
. ' .+ l a n f ( c ) l )
2.2 Mittelwertsatz und Schrankensatz
57
Beweis: Mit x , y E K liegt auch die Strecke [x;y] in K . Folglich ist die Funktion F := f o y : [O;11 + C mit y ( t ) := x t ( y - x ) definiert. Nach dem Schrankensatz fiir Funktionen einer Veranderlichen gilt daher
+
I
I
Die Kettenregel ergiht die Ahschatzung ~ ( t 5) Damit folgt die Behauptung.
C:=L=, ldi f
1. I
( y ( t ) ) yi-xi I. 0
Wahrend der Mittelwertsatz und der Schrankensatz nur dann angewendet werden konnen, wenn die Strecke [a;b] in U liegt, liefert der folgende Satz eine Darstellung des Zuwachses f ( b ) - f ( a )einer komplexen Funktion, sofern sich a und b durch irgendeine Cel-Kurve in U verbinden lassen.
Satz (Integraldarstellung des Funktionszuwachses): Es sei f eine komplexe W1-finktion auf einer offenen Menge U C IRn. Weiter seien a, b Punkte in U und y : [a;P]+ U eine V1-Kurve in U mit ? ( a ) = a und y(P) = b. Dann gilt P
(11)
P
f ( b ) - f (a)= J d f ( y ( t ) ) ; i ( tat ) = J f 1 ( y ( t ) ) . t ( tdt. ) n
n
Das Integral ist das sogenannte Kurvenzntegral des Dzfferentials d f langs y; siehe Kapitel 5.
B
Beweis: Die Behauptung ergibt sich unmittelhar aus dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, da der Integrand nach der Kettenregel 0 die Ahleitung der Funktion f o y ist. Wir beniitzen die Integraldarstellung ( l l ) ,um eine prinzipiell interessante Darstellung der Anderung f ( x )- f ( a )einer Cel-Funktion in der Nihe von a zu gewinnen. Im Fall n = 1 ergibt sich diese unmittelhar aus der Definition der Differenzierbarkeit; siehe Band 1,g.l.
Anwendung: Zu jeder stetig differenzierbaren finktion f in einer Kugel K,(a) gibt es in dieser Kugel stetige Funktionen ql, .. . ,q, derart, daj3
Im Punkt a gilt
a, f ( a ) = q, ( a ) .
Beweis: Wir stellen f ( x ) - f ( a ) mittels (11) dar und verwenden dazu die Kurve y ( t ) := a t ( x - a ) , t E [O; 11. Wegen j.(t) = x - a erhalten wir
+
58
2
Differenzierbare Funktionen
Die Funktionen qi sind nach dem Satz iiber parameterabhangige Integrale in 1.4.111 stetig; wir haben damit eine Darstellung wie behauptet. Aus dieser folgt nach Definition der partiellen Ableitung auch 13, f (a) = q,(a).
-
2.3
Hiihere Ableitungen. Der Satz von Schwarz
,an
Die partiellen Ableitungen d l f,. . . f einer Funktion kijnnen ihrerseits partiell differenzierbar sein. Dann heifien die Funktionen dij f := f) partielle Ableitungen 2. Ordnung von f.Weitere Bezeichnungen dafur sind
Z.B. hat
f (x,y) = XY auf lR+
x
lR die partiellen Ableitungen 1.0rdnung
und die partiellen Ableitungen 2.0rdnung
In diesem Beispiel ist f,, = f,,. Im allgemeinen ist jedoch dij f # d j i f, wie Aufgabe 3 zeigt. Es kommt sogar vor, daB nur eine der beiden partiellen Ableitungen & j f oder d j i f existiert. Der folgende Satz von H. A. Schwarz (1843-1921) zeigt jedoch, d d derartiges nicht eintritt, wenn eine der partiellen Ableitungen dij f,d j i f stetig ist.
Satz (Schwarz): Die finktion f besitze in einer Umgebung uon a E IRn die partiellen Ableitungen di f, d j f und d j i f. Ferner sei d j i f in a stetig. Dann existiert auch a, f (a), und es gilt
Im Beweis verwenden wir ein Analogon des Mittelwertsatzes. Sei Q C 1R2 das achsenparallele Rechteck mit den gegeniiberliegenden Ecken (a, b) und ( a h, b k), h, k # 0. Fur eine Funktion ip auf Q setzen wir
+
+
2.3 Hohere Ableitungen. Der Satz von Schwarz
59
Lemma: ip sei reell und besitze auf Q die partiellen Ableitungen &ip und &lip. Dann gibt es in Q einen Punkt mit D ~ i p= hk . dz~ip(E,r~).
(c,~)
Beweis: Wir setzen u ( x ) := p ( x , b + k ) - ip(x,b). Zweimalige Anwendung des Mittelwertsatzes fur Funktionen einer Veranderlichen ergibt dann mit geeigneten Stellen E zwischen a und a h sowie 17 zwischen b und b k
+
+
DQip = u(a + h ) - u ( a ) = h,ul(<) = h ( h i p ( [ ,b
+ k ) - &ip(E,
b)) = h k h d E , 7 ) .
Beweis des Satzes von Schwarz: Es genugt, ihn fur reelles f zu zeigen. Man setze d a m fur ( x ,y ) aus einer Umgehung V C R2 von (0,O) Bei geeigneter Wahl von V existieren in V die partiellen Ableitungen d l i p , dzip und & l i p ; ferner ist & l i p im Punkt (0,O) stetig. Zu zeigen hat man, daB d l z i p in (0,O)existiert, und, daB gilt,: Sei dazu E > 0 gegeben. Man wahle eine Umgebung V' C V von (0,O) so, daB fiir ( x , y ) E V' die Ahschatzung ldzlip(x,y) - dzlip(0,0)l < E gilt, und weiter ein ahgeschlossenes achsenparalleles Rechteck Q C V' mit gegenuberliegenden Ecken (0,O)und ( h ,k ) , h , k # 0. Nach dem Lemma ist dann
folgt mit k
+0
fur alle hinreichend kleinen ihl
# 0. Damit ist (*) hewiesen.
0
Definition: Sei U C Rn offen. Eine Funktion f : U + C heiBt k-mal stetig differenzierbar oder auch Vk-Funktion, k 2 1, wenn alle partiellen Ableitungen d i , . . . di, f k-ter Ordnung auf U existieren und stetig sind. Den Vektorraum der Wk-Funktionen auf U bezeichnet man mit W k ( U ) .
Aufgrund des Satzes von Schwarz spielt bei einer Vk-Funktion f die Reihenfolge der partiellen Ableitungen in di,. . .&,f keine Rolle. SchlieBlich definiert man V m ( U ):=
m
n Vk(U). k=l
60
2
Differenzierbare Funktionen
Differentiale hiiherer Ordnung Aufgrund des Satzes von Schwarz kann man einer in einer Umgebung eines Punktes a E IRn p m a l stetig differenzierharen Funktion f in Verallgemeinerung des Differentials eine symmetrische, pfach lineare Abbildung
-
d ( ~f )( a ): IRn x . . . x IRn
+C
p-ma1
zuordnen. Wir betrachten zunachst den Fall p = 2. Die Gagliche Bilinearform erklken wir fiir ein Paar von Vektoren ( u ,u ) E IRn x IRn dm&
Die Definition ist sinnvoll: Zunachst gilt mit u = ( u l , . . . ,u,) nach ( 8 ) d , f ( x ) = Cy=ldaif(x)ui.Die Funktion 13, f ist in einer Umgebung von a stetig differenzierbar, da die n Summanden dl f , . . . f diese Eigenschaft haben. f hesitzt also in a Rchtungsableitungen, und es gilt
a,
,an
Die Zuordnung (u,,u) H a,d,f ( a ) ist linear in jeder der Variablen u, u und symmetrisch nach dem Satz von Schwarz. Sie heigt Differential tweiter Ordnung von f in a. (12') liefert bereits die Matrixdarstellung dieses Differentials heziiglich der Standardhasis des IRn: Wir setzen
diese Matrix heifit Hesse-Matrix oder auch zweite Ahleitung von f in a. Die zweite Ableitung ist eine symmetrische Matrix, und mit ihr gilt
Beispiel: Die eingangs betrachtete Funktion f (x, y) = x q a t im Punkt a = ( 1 , l ) die 2. Ahleitung
Auf die geometrische Bedeutung der zweiten Ableitung einer Funktion gehen wir im Anschlufi an die Taylorapproximaton in Abschnitt 2.5 ein.
2.3 Hohere Ableitungen. Der Satz von Schwarz
61
Wir kommen zur Definition von d(p)f ( a ) fiir beliebige p 2 1: Analog zum Fall p = 2 setzen wir fiir beliebige Vektoren u l , . . . ,up E IKn:
Die hierdurch erklarte Abbildung d(p)f (a) ist invariant gegen Vertauschungen der Variablen ul,. . . ,up und linear in jeder einzelnen. Mit Hilfe der partiellen Ableitungen p t e r Ordnung von f und der Komponenten der Vektoren ul,. ..,up hat sie die Darstellung
Lineare Differentialoperatoren. D e r Laplace-Operator k Ersetzt man in einem Polynom P(x) = C ak ,... k..zl1 . . .x k , ak,.,.k, E C, die Veranderlichen xi durch die Ableitungsoperatoren di, so entsteht ein sog. linearer Differentialoperator P(D) mit konstanten Koeffizienten: Hat P den Grad k, k := max{kl+. . . k,}, so ist P(D) die lineare Abbildung
+
dabei bedeutet dp, daB di p m a l anzuwenden ist. Die zur euklidischen Metrik auf IRn gehorende quadratische Form Q(x) = 22 + . . . + x; induziert hiernach den Differentialoperator
A heist (der zu Q gehorige) Laplace-Operator. P. S. Laplace (174!31827), frz. Mathematiker und Astronom. Hauptarbeitsgehiete Mathematische Physik, Potentialtheorie, Wahrscheinlichkeitstheorie und Himmelsmechanik mit ersten Untersuchungen zur Stabilitat des Sonnensystems. Zuerst Repuhlikaner, dam kurze Zeit Minister unter Napoleon.
Auf den Laplace-Operator wird man auch durch die Spur der Hessematrix H f (x) einer Ce2-Funktion gefiihrt:
x n
spur H~ (x) =
d:f(.) =~ f ( x ) . i=l Aufgrund dieses Zusammenhangs impliziert die Drehinvarianz der Spur eine analoge, augerst wichtige Invarianzeigenschaft des Laplace-Operators. (14)
62
2
Differenzierbare Funktionen
L e m m a (Drehinvarianz des Laplace-Operators): Fur jede Orthonormalhasis v l , . . . ,v, des euklidischen E n gilt
Beweis: Nach (12") ist avidvif ( x ) = u : H f ( x ) vj. Mit Hilfe der Matrix V := ( v l ,. .. ,v,) und der Standardbasis des E n folgt &,auif = e:gej,
-
wobei H := V T H f V .Damit ergibt sich
n
C
f = s p u r E . Nach Vorausi=l setzung ist die Matrix V orthogonal. Folglich haben H f und I? dieselbe Spur. Zusammen mit (14) ergibt sich nun die Behauptung. 0
Der Laplace-Operator tritt im Raumanteil zahlreicher Differentialgleichungen der Analysis und der Mathematischen Physik auf. Die Ursache dafur lie@ in der bei isotropen Medien erforderlichen Invarianz gegen Drehungen des Koordinatensystems. Unter den linearen Differentialoperatoren 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten haben nur der Laplace-Operator und seine Vielfachen diese Eigenschaft; siehe Aufgabe 21. Wir fiihren drei Beispiele solcher Differentialgleichungen an: 1. Die homogene und die inhomogene Potentialgleichung
Au = 0
bzw.
Au = const,
Die Gleichung Au = 0 trat erstmals in der Hydrodynamik von Euler auf, die Gleichung A u = const. in der Gravitationstheorie kontinuierlich verteilter Massen von Laplace. Die Losungen der homogenen Gleichung Au = 0 heiBen harmonische Funktionen. In der Dimension 2 bilden diese Funktionen den Ausgangspunkt der Riemannschen Funktionentheorie. 2. Die Wellen- oder Schwingungsgleichung
fur eine Funktion @ einer Orts- und der Zeitvariablen t . Diese Gleichung beherrscht die Dynamik elektrischer und magnetischer Felder. 3. Die Waneleitungsgleichung
Diese tritt bei Ausgleichsvorgangen wie der Wirmeleitung in homogenen Medien, der Diffusion oder dem Elektrizitatstransport auf.
Af fur eine rotationssymmetrische Funktion. Es sei F eine (e2-Funktion auf einem Interval1 I C (0;co)und f ( x ) := F(llxllz) fiir x E K ( I ) c Rn.
2.3 Hohere Ableitungen. Der Satz von Schwarz
63
Die Funktion f hat die partiellen Ableitungen 13, f (x) = F1(r).
und
Beispiel: Eine rotationssymmetrische L8sung der Wthmeleitungsgleichung. Sei $:IRnxIR++IR, (x E R n , t E IR+). Bei Anwendung auf die Raumvariable x ergibt (15)
andererseits ist
1
$ lost also die Warmeleitungsgleichung A$ = -$t und ist zu jedem Zeitk punkt t rotationssymmetrisch. $ hat bemerkenswerte weit,ere Eigenschaft,en: An jedem Ort x # 0 gilt $(x, t ) + 0 fiir t J. 0, am Ort x = 0 aber $(0, t ) + m fiir t J, 0. Weiter hat das Integral iiber R im Fall n = 1fiir alle t > 0 den gleichen Wert:
Analog fiir n > 1. Aufgrund der angefiihrten Eigenschaften stellt $ eine sogenannte Dirac-Schar dar; vgl. 10.1.11.
In (idealisierender) physikalischer Hinsicht beschreibt $ die Wirmeaushreitung im IRn, die eine zum Zeitpunkt t = 0 im Punkt x = 0 gelegene unendlich heifle Wirmequelle auslost. Die gesamte, uber den Raum verteilte Warmemenge ist zeitlich konstant.
64
2
Differenzierbare Funktionen
Zum AbschluB ermitteln wir alle rotationssymmetrischen harmonischen Funktionen in einer Kugelschale. Nach (15) gilt A f = 0 genau dann, wenn F die Bedingung F" + nF- 1 ' = O erfiillt. Diese ist eine lineare Differenti7' algleichung 1. Ordnung fur F'. Deren Losungen sind ( a E C ) ;damit folgt F ( r ) = a ln r + b im Fall n = 2 und F ( r ) = ar2-n + b im Fall n > 2 (a,b E C). Insbesondere ist die dnrch
(16)
N ( x ) :=
In l l ~ l l z
(-1,
l[xll~-2
im Fall n = 2, im Fall n > 2
auf IRn \ { 0 ) erklarte Funktion eine Losung der Potentialgleichung A f = 0. (Das Minuszeichen bewirkt, dag in beiden Fallen N ( x ) + -m geht fiir llxllz + 0.) N ist his auf einen konstant,en Faktor das sogenannte NewtonPotential in IRn \ {O). Wir fassen zusammen:
Satz: Die Gesamtheit der rotationssymmetrisehen harmonischen Funktion,en in einer Kugelsehale besteh,t aus den Funktionen aN b, a, b E C. Insbesondere ist jede rotationssymmetrisehe hannonisehe Funktion in einer Kvgel KR(O) konstant.
+
2.4 Die Taylorapproximation Wir dehnen die Taylorformel fur Funktionen in Intervallen I C IR auf Funktionen in Gebieten U C IRn aus. Anhand der Einschrankungen auf die Geraden durch den Entwicklungspunkt fiihren wir das Problem auf den eindimensionalen Fall znruck. Sei f : U + IR eine Pfl-Funktion auf einer offenen Menge U C IRn. Weiter seien a , x E U Punkte, deren Verbindungsstrecke in U liegt. Wir betrachten dann die Funktion F : [O; 11 + IR,
F ( t ) := f(a
+th),
h := x - a.
Es gilt f ( a ) = F ( 0 ) und f ( x ) = F(1). F ist eine '&P+'-Funktion auf [O;11, wie sich mit der unten ausgefiihrten Berechnung der Ableitungen zeigt. Nach der Taylorformel fur Funktionen einer Veranderlichen gilt also
wobei das Restglied nach Lagrange mit einem
T
E [O; 11 in der Form
) wir durch wiederdargestellt werden kann. Die Ableitnngen F ( ~herechnen
holte Anwendung der Kettenre,d 71
P ( t )=
Laif ( n + th) . hi, i-1 II
F"(t) =
n
CCdjdif("+ th) . h&, +=I
,,=I
d''] f (a)x" ist ein homogenes Polpom vom Grad k. Damit gilt:
TIf ( x ;a) ist die bereits in (5) eingefiihrte lineare Approximation. Satz (Taylorformel mit Rest): Es sei f : LT -+ m, eine Wp+'-Funktion. Sind a.x t L' Pun&eFte: deren Verbindungsstrrcke in U lic,qt:so gilt
66
Differenzierbare Funktionen
2
Folgerung (Qualitative Taylorformel): Ist f : U Funktion, so gilt an jeder Stelle a E U fir x + a
d. h., es gilt lim
f ($1
5-a
+
IR eine WP-
- T p f( 2 ;a) = 0. - allp
112
T pf ( x ;a) stellt also ein Polynom eines Grades I p dar, welches f in der Nihe von a derart gut approximiert, daf2 der Fehler f ( x ) - T, f ( x ;a) fur x i a schneller als llx - allp gegen Null geht. Beweis: Zu E
> 0 wahle man eine Kugel K,(a)
C U so, dafi fur y E K,(a)
gilt. Fiir jeden Vektor h E IRn erhalt man dann wegen ihi,
Zu beliebigem x E K,(a) wahle man weiter einen Punkt dem die Taylorformel mit Rest gilt:
f ( x ) = Tp-1 f ( x ;a ) +
. . .hipI I 11
E
E [ a ; x ] mit ,
1 d(,)f (E)(x- a), P! -
Hieraus folgt aufgrund der Abschatzung (*) die Behauptung.
0
Wir geben noch explizit das Taylorpolynom der Ordnung 2 an. Wegen df ( a ) h= f'(a)h und d(') f ( a )h2 = hTf " ( a ) h lautet dieses
T~f ( x ;a) = f ( a )
+ f l ( a ) ( x- a) + -21( x - a ) T f " ( a ) ( x- a);
explizit: n
-
7
,
Beispiel: Sei f ( x ,y) = xu. Wir bestimmen das Taylorpolynom 2. Ordnung im Punkt ( 1 , l ) . Die partiellen Ableitungen erster und zweiter Ordnung
2.4 Die Taylorapproximation
67
haben wir bereits zu Beginn des Abschnitts 2.3 berechnet: Es ist
Damit ergibt sich:
Taylorreihen. Es sei f E Vm(U). Dann heiBt die Reihe
xp
1
k
d'k'f(a)(a:- a)
k=O Tayloweihe uon f im Punkt a E U. Die Reihe konvergiert genau d a m gegen f ( x ) , wenn limk,, R k ( x ;a) = 0. Ferner heifit f reell-analytiseh in U , wenn jeder Punkt a E U eine Umgebung hat, in der f durch die Taylorreihe in a dargestellt wird. Lemma: Wird f E Vm(U) in einer Kugel K,(a) C U dureh eine Reihe homogener Polynome Pk mit Grad Pk = k dargestellt,
f(x)=x~k(x-a), k=O so ist diese die Tayloweihe won f in a.
xEK,(a),
Beweis: Wir betrachten wieder F: [O;11 + IR, F ( t ) := f (a Aufgrund der Homogenitat der Pk gilt
+ t (x- a)).
Differentiation dieser Potenzreihe in t ergibt F(" (0) = k!Pk(x - a). Nach (18) gilt also d ( k )f ( a )(a: - a) = k!Pk ( x - a). 0 Beispiel: Die Taylorentwicklung der Funktion l-x-y man mit Hilfe der geometrischen Reihe:
l-x-y
in (0,O) erhilt
=~+(X+~)+(X+Y)~+
I +
Die Reihe konvergiert genau in dem Streifen S = { ( x ,y) lx yl < 1). Man beachte, daB das Konvergenzgebiet weder ein Kreis noch ein Recht,eck ist, wie man vom Eindimensionalen her vielleicht vermuten kannte.
68
2.5
2
Differenzierbare Funktionen
Zur Bedeutung der zweiten Ableitung
Mit der Dimension n wiichst auch der Formenreichtum der Graphen von Funktionen auf Gebieten im IRn. Wesentliche Elemente der lokalen Geometrie der Graphen reeller F2-Funktionen werden mdgeblich yon der zweiten Ableitung bestimmt, falls diese nicht ausgeartet ist. I. Schmiegquadriken Es sei f eine reelle F2-Funktion in einer Umgebung von a E IRn. 1st f"(a) nicht die Nullmatrix, so beschreiht die quadratische Gleichung
eine Quadrik im Rn+l.Diese heiBt wegen f (x) - Tz f (x; a) = o(llx - all2) Schmiegquadrik an den Graphen von f in (a, f (a)). Die Schmiegquadrik hat im Punkt (a, f (a)) dieselbe Tangentialhyperehene wie der Graph und auch dieselbe Kriimmung, wie in der Differentialgeometrie gezeigt wird. Im Fall n = 2 kann man durch eine affine Koordinatentransformation jede Schmiegquadrik in eine der folgenden Normalformen bringen: (E)
z =i(x2
(H)
z =
(P)
z = i x2
+ y2)
x2 - y2
Elliptisches Paraboloid
(elliptisches Paraboloid), (hyperholisches Paraboloid), (parabolischer Zylinder).
Hyperbolisches Paraboloid
Parabolischer Zylinder
Eine Transformation in die Form (E) bzw. (H) bzw. (P) ist genau dann moglich, wenn die Hessematrix ff'(a) definit hzw. indefinit bzw. singular aber # 0 ist. Bekannt,lich heigen eine quadratische Form Q: Rn + R,
Q(x) = xTAx,
2.5 Zur Bedeutung der zweiten Ahleitung
und auch die sie repriisentierende Matrix A positiu definit, wenn Q(x) > 0 ist fiir alle x 2 0, negativ definit, wenn Q(x) < 0 ist fur alle x # 0, positiu semidefinit, wenn Q(x) 2 0 ist fiir alle x, negativ semidefinit, wenn Q(x) 5 0 ist fiir alle x, indefinit, wenn Q sowohl positive als auch negative Werte annimmt. Wir kennzeichnen diese funf F a l e der Reihe nach mit
Diese fiinf Fdle lassen sich durch die Eigenwerte (EW) "on Q wie folgt charakterisieren: Q > 0 d alle EW sind > 0, Q < 0 u alle EW sind < 0, Q 2 0 d alle EW sind 2 0, Q 5 0 d alle EW sind 5 0, Q 2 0 u Q hat. EW > 0 und < 0.
Im Fall n = 2 hat man folgendes einfache Kriterium: A = positiv defmit negativ definit semidehit indefinit
detA > 0 und a > 0, det A > 0 und a < 0, u det A 2 0, d detA
(a\b
b, ist
c,
d d
Sei f wieder eine reelle q2-Funktion in einer Umgebung von a E IRn. Ihr Graph heist im Punkt (a, f (a)) elliptisch hyperbolisch parabolisch
Path
e f"(a) ist definit (positiv oder negativ), e f"(a) ist nicht singular und indefinit, e f"(a) ist singuliir und 2 0, e f"(a) = 0.
Ein hyperbolischer Punkt heist auch Sattelpunkt. Graphen mit verschiedenartigen Flachpunkten liefern zum Beispiel die Real- und Imaginarteile der Potenzfunktionen (x + iy)k, k 2 3, a m Nullpunkt. Wir betrachten den Fall k = 3 noch n&er: Sei
f (x, y) := Im(x + i ~ =)3x2y ~ - y3. Die 2. Ableitung lautet
70
2
Differenzierbare Funktionen
Hiernach is1 der Graph im Nullpunkt flach nnd in jedem weiteren Punkt hyperbolisch. Mit reiq := x iy gilt ferner f ( x ,y) = r 3 sin 3 9 . Danach is1 f ( x ,y) aufierhalh des Nullpunktes positiv fur 0 < 9 < 7113 und negativ fur -7113 < ip < 0. Ferner hleiht der Graph hei einer Drehung um den Winkel 2 ~ 1 3invariant. In (0,O) laufen also drei ,J3ergruckenL'und drei ,,Senkenc' zusammen. Eine solche Flache nennt man Affensattel.
+
11. Lokale Maxima und Minima Sei f eine reelle Funktion auf X C IRn. Man sagt,, f habe in a E X ein lokales Maximu.m bzw. Minimum, wenn es in X eine Umgebung V van a gibt, so daf2 f ( x ) 5 f ( a ) bzw. f ( x ) 2 f ( a ) fiir alle x E V gilt. Kann V so gewahlt werden, daJi sogar f ( x ) < f ( a ) bzw. f ( x ) > f ( a ) fur alle x E V \ { a ) gilt, so heist a Stelle eines isolierten lokalen Maximums bzw. Minimums.
Notwendiges Kriterium: Sei U C IRn offen. Hat f : U + IR in a ein lokales Extremum und ist f in a partiell differenzierbar, so gilt
(19)
al f ( a ) = .. . = d n f ( a ) = 0.
Ist f i n a differenzierbar, so besagt (19): d f ( a ) = 0. Beweis: Die durch F ( t ) := f (a+tek) in einem hinreichend kleinen Interval1 um 0 E IR erklarte Fnnktion hat in t = 0 ein lokales Extremum. Also is1 F'(0) = 0. Damit folgt dk f ( a ) = F'(0) = 0. 0 Eine im Punkt a differenzierbare Funktion f heifit stationiir in a , wenn d f ( a ) = 0. Nach dem soehen Bewiesenen bat eine differenzierbare Funktion auf einer offenen Menge hochstens an stationiiren Stellen lokale Extrema. 1st f in a stationar und zusatzlich elliptisch, so hat f in a tatsachlich ein lokales Extremum; ist f zusatzlich hyperbolisch, so hat f einen Sat,telpunkt und kein Extremum. Genauer:
2.5 Zur Bedeutung der zweiten Ableitung
71
Hinreichendes Kriterium: Es sei U C IRn eine offene Menge und f : U + IR eine Ce2-Funktion mit f'(a) = 0. Dann gilt:
+ f"(a) < 0 + ff'(a)3 0 +
ff'(a)> 0
f hat in a ein isoliertes lokales Minimum, f hat in a ein isoliertes lokales Maximum, f hat in a kein lokales Extremum.
Im indefiniten Fall gibt es Geraden G I und Gz durch den Punkt a derart, daj3 f I U n G I in a ein isoliertes lokales Maximum hat und f I U n G Z ein isoliertes lokales Minimum. Beweis: Sei zunachst f"(a) > 0. Wegen f'(a) = 0 gilt nach der qualitativen Taylorformel fiir hinreichend kurze Vektoren h 1 f(a+h) = f(a)+ ZhTf"(a)h+R(h), wobei R ( h ) / llh112 + 0 fiir h + 0. Die Funktion h e h T f " ( a ) hhat auf der Einheitssphire { x I llxll = 1) wegen f " ( a ) > 0 ein positives Minimum m. Da jeder Vektor h das llh,ll-fache eines Einheitsvektors ist, folgt fiir alle h
h T f " ( a ) h2 mllh1/2. Wir wahlen nun eine Kugel K,(a) C U so klein, daJ2 IR(h)l I am llh112 fiir llhll < E gilt. Fur a h E K,(a) erhalten wir dann
+
f
( a + h ) 2 f ( a )+
llh1I2.
Danach nimmt f innerhalb K,(a) genau im Punkt a ein Minimum an. Im Fall f " ( a ) > 0 ist damit die Behauptung bewiesen. Der Fall f " ( a ) < 0 wird durch Ubergang zu -f auf den soeben behmdelten zuriickgefiihrt. Es sei schlieglich f"(a) indefinit. Wir wahlen dann Vektoren v und w mit vTf"(a)u > 0 bzw. w T f " ( a ) w< 0 und betrachten die Funktionen
F,(t) := f ( a + t v ) , F,(t):= f ( a + t w ) , die in geeigneten Intervallen um 0 E IR definiert sind. Ihre ersten und zweiten Ableit,ungen in 0 sind
F:(0)=fl(a)v=O, Fh(O)=f'(a)w=O,
F~(0)=uTf"(a)v>O, F~(0)=wTf"(a)w
Somit hat F, in 0 ein isoliertes lokales Minimum, F, ein isoliertes lokales Maximum, und f daher in a kein lokales Extremum. 0
72
2
Differenzierbare Funktionen
Beispiel: Die Funktion f ( x , y ) = y2 ( x - 1) + x2 ( x + 1 ) auf lR2 sol1 auf Extrema untersucht werden. Die erste Ableitung von f ist
fl(x,y) = (y2
+ 3x2 + 2 x , 2 ( x - 1 ) y ) .
Die Bedingung f'(x, y ) = (0,O) ergibt als stationire Pnnkte PI = (0,O) und P2 = (-$, 0 ) . Wir betrachten weiter die zweite Ableitung von f :
es ergibt sich:
PI) =
(i)
f"(P2) = ( - 2
0
ist indefinit, PI ist also e n Sa'ctelpnnkt;
(1), -
ist negativ definit, P2 ist also eine Maximalstelle.
Die Abbildung zeigt verschiedene Hohenlinien von f . Auf der stark ausgezogenen ist f = 0 ; auf den schwach ausgezogenen ist f > 0 und auf den gestrichelten f < 0. Die Hohenlinien in der Nahe der Maximalstelle P2 sind Ovale, die Hohenlinien in der Nibe des Sattelpnnktes zerfallen in getrennte Aste.
,,.
;,--~
,, ,,.
, ,
-
~
~
-
~
. ...- . ~ ~ - - - - ~ ~
Bei Semidefinitheit der zweiten Ableitung kann ein lokales Extremum vorliegen oder auch nicht. Zum Beispiel haben die Fnnktionen auf IR2
f ( x , y ) = x2
+ y3
und
g ( x , y ) = x2
+ y4
an der stationaren Stelle (0,O) gleiche semidefinite zweite Ableitnngen:
f hat in (0,O) kein lokales Extremum, g dagegen hat dort sein absolutes Minimum.
2.5 Zur Bedeutung der zweiten Ableitung
73
Nach dem folgenden Satz ist die Semidefinitheit der zweiten Ableitung immerhin eine notwendige Bedingung fur ein lokales Extremum.
Satz: Hat die V2-&&ion f : U + IR, U eine offene Menge, in a E U ein lokales Maximum, so ist f"(a) 5 0; ein lokales Minimum, so ist f"(a) 2 0.
Beweis: Wir zeigen die Behauptung iiber das Maximum und nehmen im Gegenteil an, es gabe einen Vektor v mit vTf"(a)v > 0. Dann folgt wie hei der Behandlung des indefiniten Falls im vorangehenden Kriterium, daB die Beschrankung von f auf die Gerade a IRv in a ein isoliertes lokales Minimum besitzt, was einem lokalen Maximum von f in a widerspricht.
+
Als Anwendung beweisen wir eine wichtige Eigenschaft der harmonischen Funktionen. Siehe auch 12.6.
Schwaches Maximumprinzip fiir harmonische Funktionen: Es sei U C IRn eine besehrankte offene Menge und f eine stetige reelle Funktion auf U , die in U h a n o n i s e h ist. Dann nimmt f ihr Maximum und ihr Minimum auf dem Rand uon U an.
Beweis: Da mit f auch -f in U harmonisch ist, geniigt es, die Aussage uber das Maximum zu zeigen. Es sei dazu M das Maximum von f auf der kompakten Menge U und fi das Maximum auf der kompakten Teilmenge a U . Wir nehmen an, es sei p < M . Dann gibt es eine so kleine Zahl E > 0, daB das Maximum von f, := f E (x: . . . I:) auf aU ebenfalls < M ist. Das Maximum von f, in U ist 2 M ; es mug also in einem Punkt a E U angenommen werden. Dort ist dann f;(a) 5 0 , und das bedeutet, d d alle Eigenwerte dieser Matrix 5 0 sind. Damit folgt weiter
+
+ +
da die Spur die Summe der Eigenwerte ist. Tatsachlich aher gilt
da f in U harmonisch ist. Die Aunahme fi Widerspruch.
<
M fuhrt also zu einem
Bemerkung: Das Maximumprinzip verwendet man unter anderem fur Eindeutigkeitsbeweise, zum Beispiel beim Dirichletschen Randluertproblem. Bei diesem ist auf dem Rand eines beschrankten Gebietes U C IRn eine stetige Funktion f : aU + IR gegeben, und gesucht wird eine stetige Funktion h : U + IR derart, daB (i) h 1 U harmonisch ist und (ii) h 1 aU = f gilt. Diese Randwertaufgabe besitzt hijchstens eine Lijsung, da die Differenz zweier Lijsungen auf Null ist und damit auch auf U .
111. Konvexitst von Funktionen
Drr Repiff ddr Konwxirit einrr Fnnkrion ilnf einrr Menpe IJ .ERn wird d r t l i e h wic im Fall n = 1 cingcfiihrt. .Us Ucfinitionsbcrcichc sind dbbci nur konvcsc klcngcn angcbracht. \Yir zcigcn, dafi fur '6'"Funl~tioncn dic in Band 1,9.7ac~lgestelllenKonvexil~lskrileriensinngemiili weilergellen. Ucfinition: Sci U C N" konvcx. f : L' + 1% hciBt konvex: wcnn f i r jc zwri vrrschirdmr Pi~nkt,ra: h E T i 11nd jrdr Zahl t E (0: I ) gilt:
CilL T i alle 1 E (0; 1) sogar < , so heilsl J ~Lrcmyko~wc:~. J heilAL konkcro (stmng bonko.~~)~ wrnn -f ktnivra- (pt,rmg kmvrx) ist,. 0ffmxichtlir:h isr f grnm d a m konvew (st,rmglionvex), wrnn fiir jr zwri wrschiednne T'unkw n, b E 17 die dwch F,,,*(t) := f (o t(h - a)) ai~f10; I] gegebene Funktion konvex (streng konvex) ist.
+
Konvcxit~tskritcrium:Es sei f : I: kunwct:rr U ~ ~ E I L EMenye YL C. Dann yill:
+R
(i) f ist genau dann knnoex, wenn fl'(z) (ii) f ist s k n g konccx: Venn f"(x)
cine V2-Funktion auf einer
2 0 gilt fiir alle x t LT
> O gilt f i r alle x t U .
Beweis: (i) Es sei f konvex Zu x E L' wiihle man eine ICugel IC,(x) C IT. Uann ist auch fC2,z+h konvcx fur jcdcn Vckt,or h mit IlhI < r. Yiir jcdcn solche~~ Veklor 11 gill &her nach dem Kol~vexiliilskril,eriumin B a d 1.9.7 hTj"(+ = l?:r+l,(0) 2 0. AIIS Hornc~prnit~tsp~iind~n fo1@ da,rms h,Tj"(z)h 2 O fiir allr \;rkt,(~rmh; d.h., ns ist j"(x) 2 0. E3 yei umgekehrl f "(I) 0 liir alle ;c F Cr. Fur b F 'L gill d a n ~ l
(I.
>
F,,h ist also lconrcx fiir nllc a. 6; folgIich ist, mch f konvcs. (ii) Es sei nun f"(x) > 0 fiir alle x E IT. \Vie soehen gilt dann F$,[t) > 0 fiir alle t E (0;1) und alle a: b E C i mit. a # b. ist also streng konvex, und l'dglich is1 / es auch. 0 Beisispiel: Die Funklion
+
ir;:
zl(r,y) := z2 $> r2(1, y) := 9: xs(x,?i):= x2 - 112.
B2 + R , is1 slreng konver, ist konvex, aber nicht srreng konvex, kt, weder konvex noch konkav.
Der Graph von 21 is1 iiberall elliplisch. der vou
23
iiberall hyperboliscli.
2.6 Differentiation parameterabh5ngiger Integrale
2.6
75
Differentiation parameterabhhgiger Integrale
Wir setzen die in 1.4.111 begonnene Diskussion parameterabhangiger Integrale fort und untersucben sie auf Differenzierbarkeit. Wir beschr%nken uns wieder auf Integrale mit kompakten Integrationsintervallen und behandeln die Integrale mit nicbt kompakten Integrationsintervallen erst im Rahmen der Konvergenzsatze fur das Lebesgue-Integral. Es sei f : U x [a; b] + Q: eine Funktion auf dem Produkt einer offenen Menge U C IRn und eines kompakten Intervalls [a;b] C IR. Fur jedes x E U sei die Funktion t H f (x, t) stetig. Wir definieren dann eine Funktion F auf U durch b
(20)
1
F ( x ) := f (x, t) dt,
x E U.
a
Differentiationssatz: f habe zusatzlich folgende Eigenschaften: (i) Fur jedes t E [a;b] ist x H f (x, t) nach X U partiell differenzzirh (ii) Die Funktion (x, t) H a," f (x, t) ist stetig auf U x [a;b]. Dann ist F nach X U stetig partiell differenzierbar, und es gilt
1
aF af ( x ) = F(x, ax, a xu
t) dt.
Beweis: Es geniigt, den Satz fur U C IR1 und reelles f zu zeigen. Seien xo E U und E > 0 gegeben. Wir setzen $(x, t) := 13, f (x, t) - a, f (xo, t). $ ist stetig auf U x [a; b] und verschwindet auf der Faser {xo} x [a;b]. Somit ist W := {(x, t) E U x [a; b] I$(%, t)l < E} eine Umgebung dieser Faser und enthalt nach dem Tubenlemma eine Produktmenge I x [a; b], wobei I ein offenes Interval1 in U mit xo E I ist. In x E I \ {xo} gilt
I
Nacb dem Mittelwertsatz gibt es zwiscben x und soein c(t) so, dafi
Damit folgt wegen I x [a; b] C W und nach Definition von W
76
2
Differenzierbare Funktionen
Also ist F in xo differenzierbar und F'(x0) hat den behaupteten Wert. Die Stetigkeit von F' schiefilich ergibt sich mit dem Stetigkeitssatz in 1.4.111. 0 Als Anwendnng des Differentiationssatzes beweisen wir einen Vertauschbarkeitssatz fiir iterierte Integrale.
Satz: Ist f : [c; 4 x [a; b] + C stetig, so gilt
Beweis: Wir betrachten die auf [c; 4 wie folgt erklarten Funktionen
Der Integrand zu $1 ist stetig auf [c;4 ; die Funktion @I selbst nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung also differenzierbar mit mi(<) = J: f (E, t) dt. Die Funktion @Z ist nach dem Differentiationssatz differenzierbar mit @;(<) = J: f (E,t) dt. Also gilt @; = @.; Damit folgt 0 @I = @Z wegen @I (c) = @z(c) = 0. Man kann den Differentiationssatz durch wiederholte Anwendung auf den Fall einer iterierten Integration iiber einen Quader ausdehnen. Es sei Q := [al; bl] x .. . x [ah;bk] C IRk. Das iterierte Integral einer stetigen Funktion 9 :Q + C definiert man durch ic sukzessive Integrationen iiber die Intervalle [al; bl], . . . ,[ah; bk]; man setzt
Beispiel: Harmonizitzt des Newton-Potentials. Auf einem Quader Q := [al;bl] x [az; bz] x [as; bs] in IR3 sei eine stetige Funktion (Massendichte) p : Q + IR gegeben. Das Potential der von diesem Kijrper herriihrenden Anziehungskraft in x E IR3 \ Q ist bis auf Konstanten gegeben durch
2.7 Die Eulersche Differentialgleichung der Variationsrechnung
77
hierbei bezeichnet N die in 2.3 (16) eingefuhrte harmonische Funktion auf -1 R3 \ {O} mit N(x) = -.
llxllz
Behauptung: u ist eine harmonische Funktion auf R3 \ Q.
Beweis: Der Integrand
ist st,etig auf (IR3 \ Q) x Q und bat dort stetige partielle Ableitungen a,; f und a,,a,, f , i, j = 1,2,3. Mehrmalige Anwendung des Satzes ergibt, daB u zweimal stetig partiell differenzierbar ist, und Au durch Differentiation unter dem Integralzeichen berechnet werden kann:
Da x H N ( x - y) harmonisch auf IR3 \ {y} ist, verschwindet der Integrand, und es folgt Au = 0. Bemerkung: In der Integrationstheorie werden wir dieses Beispiel wesentlich verallgemeinern; wir zeigen in 8.4, daB die Aussage giiltig bleibt, wenn man den Quader Q durch ein beliebiges Kompaktum ersetzt.
2.7
Die Eulersche Differentialgleichung der Variationsrechnung
Die Variationsrechnung handelt von Kurven, Flachen und Ahnlichem im Hinblick auf bestimmte Optimalitatseigenschaften. Sie hat grundlegende Beldeutung fiir Naturwissenschaft und Technik, da in deren Sicht viele Gleichgewichtszustande und Bewegungsvorgange durch Minimalprinzipien wie das vom Minimum der potentiellen Energie oder das der kleinsten Wirkung ausgezeichnet sind. Ausgehend von solchen Prinzipien fuhrt die Variationsrechnung in naturgemafler Weise zu den typischen Differentialgleichungen der Mathematischen Physik. Hier kann nur ein allererster Eindruck von dieser zentralen Disziplin der Analysis vermittelt werden.
78
2
Differenzierbare Funktionen
Den ersten AnstoB znr Entwicklung der Variationsrerhnung gab 1696 Johann Bernoulli mit seinem Problem der Kurve kurzester Laufzeit; siehe Band 1,12.1. IVir erlautern hier die Fragestellung noch an dem von Enler behandelten Problem der Itotationsfl2che kleinsten Inhalts, einem Spezialfall cles Plateauschen Problems der I~Iinimalflachen. Beispiel: Die Rotationsminimaiflsehe. Zwischen zwei koaxiale Kreislinien im b u m sol1 eine Itotat,ionsflZche kleinsten Flacheninhalts eingespannt werden. Bei geeigneten Abmessungen kann eine solche Flache als Seifenhaut realisiert werden. Die Oberflachens~~mnung bewirkt, dali ihr Flacheninhalt moglichst klpin wird.
Seifenhsute zwischen zvei koaxialen Kreislinien Mathematische Formulierung: Zu gegebenen Punkten A = ( a , a ) und B = (b, ,O)mit a < b wird eine %'-Funktion y: [a;b] -iIR+ mit den Randwerten y(a) = a und y(b) = [j gesucht so, daf die durch Ratation ihres Graphen nm die x-Achse entstehende F l k h e einen mijglichst kleinen Flkheninhalt (21)
),(,
:= 2, jy(x)l/1+1/'20dx 0
hat. (Die Formel fir J(y) werden wir in 11.7 herleiten.) Gegeben seien fur dm Folgende eine F2-Funktion
sowie Rnndwerte a,fl E IR. Die Funktion L heiRt Lagrange-Funktion des Problems. Im Beispiel der RotationsminimalHache etwa ist L(x,y,p) = Es brzeichne .X die hfenge der r e d e n '6'-Fnnkt,ionen auf [a;b], die in den Randpunkten a unrl b die gegebenen Werte a bzw. /3 annehmen:
?/m.
2.7 Die Eulersche Differentialgleichung der Variationsrechnung
79
X heist zulassige Konkurrenzschar. Auf dieser induziert L eine Funktion b
J: X I
R
J(y) := /L(x, y(z), yl(x)) dz. a
Gesucht wird ein Element
ip
E X, in dem J ein Extremum annimmt.
Das hiermit formnlierte Extremalproblem ist von anderer Art als die hisher betrachteten, insofern der Definitionsbereich der Funktion J eine Teilmenge des unendlich-dimensionalen IR-Vektorraumes %;[a; b] ist. Wir begnugen uns damit, eine notwendige Bedingung analog der in 2.5.11 herzuleiten, und zeigen, dafi diese zu einer Differentialgleichung aquivalent ist. Brauchhare hinreichende Kriterien sind schwer zu gewinnen Um die gesuchte Bedingung herzuleiten, betrachten wir Deformationen der Funktionen aus X. Wir bilden diese Deformationen mit Hilfe der Funktionen aus
I
XO := {h E %;[a; b] h(a) = h(b) = 0). Sei ip E X . Fur jedes h E XO gehijren dann auch alle Funktionen ip + th,, t E IR, zu X. Die durch
p und einige Deformationen
b
Fh(t) := J(ip
+ th) = /L(x, ip + th., ip' +th1) dx a
(im Integranden haben wir das Argument x bei ip und h weggelassen) erklkte Funktion Fh:IR + IR ist nach dem Differentiationssatz in 2.6 differenzierbar: Durch Differentiation unter dem Integral erhalt man
((. . .) := (x, ip + th, ip' + th')); offensichtlich ist der Integrand stetig in (t,x), wie es der Differenzierbarkeitssatz voraussetzt. Die Ableitung ShJ(ip) := FL(0) bezeichnet man als die erste Variation won J in Rich,tung h; ferner heist J stationar in ip, falls 6hJ(ip) = 0 gilt Hat J in ip E X ein Extremum, so hat jede Funktion fur jedes h E XO. Fh, h E XO, in 0 E IR ein Extremum, und dann gilt FA(0) = 0. Fur unser Extremalproblem erhalten wir also die notwendige Bedingung: Die Funktion J nimmt in ip E X hochstens dann ein Extremum an, wenn sie in ip stationar ist. Die Eigenschaft von J , in p stationar zu sein, uherset,zen wir nun in eine Differentialgleichung fur ip.
80
2
Differenzierbare Funktionen
Satz (Eulersche Differentialgleichuug d e r Variationsrechnung): J wird in ip E X genau dann stationar, wenn ip auf [a;b] die Gleiehung
(22)
d L dxP ( x ,ip(x),~
'(= 4 L)Y ( X ,
~ ( 2ipf(x)) ) ~
Diese Differentialgleichung wird oft auch nach Lagrange benannt, da die heute iibliche Herleitung im Wesentlichen auf ihn zuriickgeht.
Beweis: Nach Definition ist J in h E Xo
ip
genau dann station&, wenn fur jedes
gilt. Den zweiten Summanden dieses Integrals formen wir dnrch partielle Integration um; heachtet man dabei h(a) = h(b) = 0, so erhalt man
Somit ist J in ip genau dann stationar, wenn fur jedes h E XO
gilt. Hieraus folgt mit dem anschliegenden Lemma die Gleichung (22). L e m m a (Nulltest): Ist f : [a;b] + IR stetig und gilt fur jede 2-ma1 stetig differenzierbare (Test-)Funktion h : [a;b] + IR mit h,(a)= h(b) = 0
jfhdX=0,
" so ist f = 0.
Beweis: Angenommen, in xo E (a;b) sei f (xo) # 0,etwa f (xo) > 0. Wir wahlen dann in (a;b) ein Interval1 [a';b'], auf dem f ( x ) 2 $ f ( l o ) ist, und d a m eine Ce2-Funktion h : [a;b] + IR, die anf (a';b') positiv ist nnd anRerhalb (a';b') Null; zum Beispiel sei h i s ) := ( x - b')4 fur x E (a';b'). Mit einem solchen h ergibt sich der Widerspruch
2.7 Die Eulersche Differentialgleichung der Variationsrechnung
81
Die Bedingung (22) fiir eine Minimallosung ip ist eine Differentialgleichung 2. Ordnung. Ausgeschrieben lautet sie (22')
+
+
Lppipl' Lpyipl Lpx - Ly = 0
mit (x, ip, ip') als Argument in den L-Termen. In wichtigen Fallen hat man zur Losung sogleich eine erste Information:
Lemma: Hangt L nicht won x ab, so ist fur jede Losung
ip
won ( 2 2 )
Bernerkung: In physikalischen Problemen stellt Eq die Energie des Systems dar.
Beweis: Mit (22') und wegen L, = 0 ergibt sich
Behandlung des Problems der Rotationsminimaltl5che. Zu minimieren ist das Integral b
J ( U )=
J V ( X ) j1+11'2(2)dz. a
Nach (22)hat man fiir eine Minimallosung ip die Differentialgleichung
Da die Funktion L nicht von x abhangt, ist Lp(x,ip, ip')ipf - L ( x , ip, 9') nach dem letzten Lemma konstant. Damit folgt
Aufgrund der geometrischen Herkunft des Problems setzen wir die Randwerte a, p als positiv voraus, was c > 0 bedingt. Mit der letzten Identitat 1 vereinfacht sich (23) zu ip" - c2ip = 0. Aus den Losungen dieser linearen Differentialgleichung erhalt man schlie8lich als Losungen von (23) 1
ip(x) = c cosh - (x - 2 0 ) C
Diese Funktionen stellen sogenannte Kettenlinien dar; die von ihnen erzeugten Rotationsflachen heigen Katenoide (lateinisch catena Kette). Schlieglich sind noch die Konstanten c und xo so zu bestimmen, da8 die Randbedingungen erfiillt werden. Dabei beschriinken wir uns auf den Spezialfall a = 0 > 0; oBdA nehmen wir dann a = -b, b > 0 an.
Syn>mer,~iegriinde ergehen svfort zo = 0. ZUI. Itestimniung vvn c hallen wir ~ X K I Incxh I riic G ~ I ~ I c: I:IISII ~ I I?I/C ~ = (2: ci. 11.
1 Die liier auIlreLendeFunktion J ( 1 ) = - .coslil. hat lolgende Eigetisclldlenl: t
(i) Es gil-JI eine Slelle 1.0 > I1 so?dak J in (0;lo] streng monolon Mil und in [lo; mj slreng nlonotoli wadls~.. (ii) lim~,f ( t ) = oo imd l i ~ nf ( t ) = s . t-0
t !I.
KRlrr~rur~~sn~~isr: is?, to = 1.1999 nncl := f ( t l l )= 1.5089. D a n i i ~Iblgt: Die Gleichung (*) hat Iiir a/b < p keine Liisung, f i r n / b = p genau rine und fib- a/b > p gmau nwei T.&sungen. Iteaclite[. man. dai3 die I3edingung (22) nur notwendig ist, kommt man schlielilich xu dem
L : [a;b] x lR? x IR,"'
+R,
Wie in1 Fa11 n. = I wigL mini: Uimmt J in y = (91:.. .:y,,) E 2 ein Extremum an, so eiliillt y die l a Eulerschen Differeiitialgleichungen
2.7 Die Eulersche Differentialgleichung der Variationsrechnung
83
Anwendung: Hamiltonsches Prinzip und Lagrangesche Bewegungsgleichungen. Wir betrachten ein physikalisches System, dessen Lage zum Zeitpunkt t durch n Ortskoordinaten ql(t), . . . ,q,(t) beschrieben werde. Die Bewegung des Systems sei festgelegt durch seine kinetische Energie T(q, q) = Ci,k aik(q)qiqk und seine potentielle Energie U(q). Das Hamiltonsche Prinzip besagt dafur: Zwischen zwei Zeitpunkten to, tl verliiufi die Bewegung so, dajl das n-Tupel q = (ql, . . . ,q,) das Integral
stationar macht. Nach (24) ergeben sich als notwendige Bedingung sofort die sogenannten Lagrangeschen Bewegungsgleichungen
Diese Gleichungen nehmen eine besonders einfache Gestalt an, wenn T nicbt von q abhingt, d. h., wenn die aik Konstant,en sind: T = Xi,, aikqiqk mit aik = ski. Die Bewegungsgleichungen gehen dann uber in
SchMbemerkung. Perronsches Paradoxon. Wahrend jede stetige reelle Funktion auf einem kompakten Raum ein Maximum und ein Minimum annimmt, besteht in der Variationsrechnung die Schwierigkeit, d d sinnvoll formulierte Prohleme unt,er Umstinden keine Losung besitzen, eben weil die zur Konkurrenz zugelassene Schar von Funktionen oder Kurven im allgemeinen nicht sachgemaB mit der Topologie eines kompakten Raumes versehen werden kann. Die Existenz einer Losung eines gegebenen Extremalproblems bedarf stets eines eigenen Beweises, was oft eine wesentliche Schwierigkeit bedeutet. Die Eulerschen Gleicbungen stellen nur eine notwendige Bedingung dar; unter ihren Losungen mu8 keine Losung des Extremalproblems vorhanden sein. Ein Beispiel bringt die Aufgabe 22. Den vorliegenden logischen Sachverhalt heleuchtet besonders scharf das Perronsche Paradoxon: Gesucht werde die gr&e naturliche Zahl. Diese mug 1 sein, denn fur n # 1 ist n2 eine grogere naturliche Zahl als n. Perron, Oskar (1880-1975). Vielseitiger Mathematiker mit wichtigen Arbeiten zur Analysis, Arithmetik und nichteuklidischen Geometrie.
84
2
Differenzierbare Funktionen
2.8 Aufgaben
I
1. Es sei A E IRnXn nnd N := {x E IRn xTAx = 0). Man zeige, daB die Funktion f : IRn \ N + IR, f (x) := l/xTAx, uberall differenzierbar ist, und berechne ihr Differential. 2. Die Funktion f : IR2 + IR mil f (0,O) = 0 und f (x, y) = (x, y) # (0,O) ist uberall differenzierbar.
3. Es sei f(0,O) := 0 und f(x, y) := zeige: a) f ist eine W1-Funktion auf IR2. b)
a,,f
und
a,,
z3y-zy 3 z2
+ y2
fiir (5, y)
3
2
fur
# (0,O). Man
f existieren auf IR2 und sind stetig auf IR2 \ {(O, 0)).
c) d,,f(O,O) = 1 und dy,f(O,O) = -1. 4. Es sei f : R n + C differenzierbar und homogen vom Grad k. Letzteres besagt: Es gilt f(tx) = tkf(x) fur alle t E IR+ und x E IRn. Man differenziere die Funktion t e f (tx) nnd beweise die sogenannte Eulersche Identitat f'(x) x = kf (x).
5. Sind g: U + IR, U c IRn, und f : V + C, V c R, k-ma1 stetig differenzierbar mit g(U) c V , so ist auch f o g k-ma1 stetig differenzierbar; ferner gilt (f o g)' = (f' o g) . g'. 6. Man zeige, daB
eine Wm-Funktion ist.
7. Es sei c E IR+. Man zeige: Fiir jedes f E V2(IR) und v E IRn ist
1 c2
eine Losung der Wellengleichung A$ - -$tt
= 0.
8. Sei f : IR2 + C eine V2-Funktion und F ( r , ip) := f (r cos ip, rsinip). Dann gilt in jedem Punkt (x, y) := (rcosip, r sinip) mit r # 0
Weiter zeige man damit, d d die Potenzfunktionen C + C, z e zk (k E IN), aufgefdt als Funktionen auf IR2, harmonisch sind.
2.8 Aufgaben
85
9. Fiir Y2-Funktionen f und g auf einer offenen Menge im IRn gilt
10. Man berechne das Taylorpolynom 3. Grades der Funktion xY in (1,l). 11. Man ermittle die Taylorreihe der Funktion
in (0,O).
12. Es sei f eine %p-Funktion in einer Umgebung von a E IR" und P ein Polynom eines Grades 5 p mit f (x) = P(x) o(llx - allp) fiir x + a. Dann gilt P ( s ) = Tpf (x; a).
+
13. Man untersuche folgende Funktionen auf Extrema:
+ + +
a) f (x, y) = x3 y3 3xy in IR2; b) f(x, y, z ) = x2 y2 + z 2 - 2xyz in IR3, 14. Es sei f eine V1-Funktion in einer Umgebung der abgeschlossenen Halbebene H := IR x [O; w ) und p := (a, 0) ein Randpunkt. Man zeige: Hat f lH in p ein Extremum, so gilt a, f (p) = 0. 15. Man untersuche f (x, y) = y (x - l)edx2+") in [O;w)' anf Extrema. 16. Ein Beispiel won Peano. Man zeige, daB die Funktion
f : IR2 + IR,
f(x, y) = (y - x ~ )-(2x2), ~
in (0,O) kein lokales Minimum hat, d d aber jede Beschrankung f lG auf eine Gerade G durch (0,O) dort ein isoliertes lokales Minimum hat. 17. Sei 9: IR + IR eine Vm-Funktion mit ip(x) > 0 fiir 1x1 < 1 und ip(x) = 0 fur 1x1 2 1. Man definiere 1
f : 1R2 + IR,
f (x, y) :=
i p
(
- 2)
,
fallsx # 0, falls x = 0,
und zeige: a) f E Wm(lR2\ {(0,0)}). b) f ist in keiner Umgebung von (0,O) beschrbkt. c) Fur jedes h E IR2 gibt es ein E > 0 so, d& f ((0,O) th) = 0 fur alle t E (-E;E). (Inshesondere sind alle Richtungsableitungen im Ursprung Null.)
+
18. 1st p eine stetige Funktion anf Q := [a;h] x [c;d] C IR2, so definiert,
eine harmonische Funktion anf IR2 \ Q
86
Differenzierbare Funktionen
2
19. Sei f : IR2 + IR die Funktion mit f (0,O) = 0 und f (x, t ) = (z2+ t 2 ) 2 fiir (x, t) # (0,O). Man zeige: Durch z3t
F(z)
:=So
1
f(x,t)dt
wird eine differenzierbare Funkt,ion F: IR + IR definiert, wobei
20. Man zeige: Zu jeder Vk-Funktion f in K,(a) c IRn gibt es q k - l Funktionen ql, . . . ,qn in K,(a) mit q,(a) = 13, f (a) derart, d d n
f (5) - f (a) = C q d z ) . (x, u=1
- a,,)
21. Charakterisierung des Laplace-Operators durch die Drehinuarianz. Der Differentialoperator P(D): V2(IRn) + Vo(IRn),
habe die Eigenschaft: Fur jede V2-Funktion f auf IRn und jede orthogonale Matrix A E IRnXn gilt mit der durch x ct f (Ax) erklarten Funktion fa (P(D)fa)(x) = (P(D)f)(Ax). Dann gilt P(D) = c A , c E IR. 1
22. Man zeige: Das Infimum der Integrale J (y'2 - 1)' dx unter den V20 Funktionen y: [O; 11 + IR mit y(0) = y(1) = 0 ist 0; aber keine dieser Funktionen ergibt das Infimum. 23. Die hyperbolische Lange einer Kurve y: [a; b] + (x, ~ ( x ) in ) der sogenannten PoincarbHalhebene IR x IK+ ist gegeben durch
Man zeige: Fur eine Kurve kiirzester hyperbolischer Lange zwischen zwei Punkten gilt (x - c)' + y2(x) = R2 fiir geeignete c, R E IR. Hinweis: Man vereinfache die Eulersche Differentialgleichungzu d (2121') = 0
3 Dzerenzierbare Abbildungen
Die Differentialredmnng wird in diesem Kapitel mit dem Studium differenzierbarer Abbildungen fortgefiihrt. Differenzierbare Abbildungen treten in vielfaltiger Weise auf: als Koordinatentransformationen, als Vektorfelder, bei der Darstellung von Flachen und Mannigfaltigkeiten. Ein neues, wesentliches Moment bringt der Satz uber die lokale Umkehrbarkeit. Wir betrachten sogleich Abbildungen aus einem endlich-dimensionalen normierten Vektorraum in einen weiteren solchen Raum.
3.1
Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
Im Folgenden seien X und Y endlich-dimensionale normierte Vektorraume uber lK = IR oder C. Ferner sei f : U + Y eine Abbildung auf einer offenen Menge U C X. Besonders wichtig ist natiirlich der Fall, da&X ein normierter lKn nnd Y ein normierter lKm ist, nnd dann f eine Abbildung
wir bezeichnen diesen Fall als Standardfall. Weiter spielt der Vektorraum L(X, Y ) der I[(-linearen Abbildungen von X in Y eine Rolle. Auf ihm verwenden wir st,ets die von den Normen auf X und Y induzierte Operatornorm; siehe dazu 1.3.V. Die Endlichkeit der Dimensionen von X und Y hat zur Folge, dai2 jede lineare Abbildung X + Y stetig ist, ferner, dal3 X, Y und L(X, Y ) vollstandige normierte Riume sind. I. Differenzierbarkeit Wie fiir eine Funktion definiert man den Begriff der Differenzierbarkeit einer Abbildnng in einem Punkt als eine qualifizierte Approximierbarkeit durch eine lineare Abbildung.
88
3 Differenzierbare Abbildungen
Definition: f : U + Y heigt differenzierbar im Punkt a E U , genauer lKdifferenzierbar, wenn es eine K-lineare Abhildnng L: X + Y gibt derart, daB der durch f (a h) = f (a) Lh R(h,)
+
+ +
erklarte Rest R die Bedingung
erfiillt Wie fur Funktionen zeigt man, daf3 es hijchstens eine solche Abbildung L gibt. Diese heiBt das Differential oder auch die Linearisierung von f in a und wird mit df (a) bezeichnet. df (a) ist ein Element des Raums L(X, Y). Bezuglich Basen in X und Y kann df ( a ) durch eine Matrix dargestellt werden; diese heist dann die Funktionalmatrix oder auch Ableitung von f in a (beziiglich der Basen) und wird mit f'(a) bezeichnet; zur Berechnung von f'(a) im Standardfall siehe (4). Im Fall dimX = dimY heiBt die Determinante von f'(a) Funktionaldetenninante von f in a.
+ IKm,
Beispiel 1: Eine affine Abbildung f : IKn
f (x) := Ax + b,
A E Mmxn, b E lKm,
ist an jedem Pnnkt a E lKn differenzierbar. Ihre Ableitung beziiglich der Standardbasen von lKn bzw. IKm ist erwartungsgemif2 die Matrix A und ihr Differential die durch h e Ah gegebene lineare Abbildung lKn + lKm:
Denn mit der genannten linearen Abbildung und mit R = 0 wird die Definition erfiillt. Beispiel 2: Sei .d eine endlich-dimensionale normierte Algebra iiber lK, zum Beispiel die Matrizenalgebra IKnXn,und sei q die Quadratabbildung: q
:
,
q(x):=x2.
Fur jedes Element h E .d gilt q(a
+ h) = q(a) + a h + ha + h2.
h H ah + ha stellt eine lineare Abbildung .d + sf dar und R(h) := h2 erfiillt wegen llh211 5 llh112 die Bedingung (2). q ist also in jedem Punkt a differenzierbar, und das Differential dq(a): .d + .d ist gegeben dnrch dq(a)h = ah
+ ha.
1st sf' kommutativ, so gilt dq(a)h = 2ah.
3.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
89
Reduktionslemma: Eine Abbildung f = (fl, f i ) : U + YI x YZ in eine direkte Summe ist genau dann differenzierbar im Punkt a E U , wenn dort f i : U + YI und f 2 : U + Yz differenzierbar sind. Gegebenenfalls ist
Beweis:
fi
und
fi
seien differenzierbar in a. Dann gilt fiir i = 1,2
wobei Ri die Bedingung (2) erfiillt. Wir setzen Lh := (dfl(a)h, dfi(a)h). L ist eine lineare Abbildung X + Yl x Y2, und mit ihr gilt
R(h) := (Rl(h), Rz(h)) erfullt die Bedingung (2). f ist also differenzierbar in a und hat dort das Differential df (a) = L. Analog zeigt man die Umkehrung. 0 Im Standardfall liefert eine mehrmalige Anwendung des Lemmas das folgende Korollar; dabei schreiben wir Vektoren des lKn spaltenweise und demgemafi auch die rechte Seite der Formel (3). Korollar: Die Abbildung (1) ist genau dann in a E U differenzierbar, wenn dort jede der Komponentenfunktionen f i , . . . , f, differenzierbar ist. Gegebenenfalls gilt fur h E lKn df(a)h = fl(a)h, wobei die Funktionalmatrix f'(a) folgende Gestalt hat:
Eine Abbildung y = (yl,. . . ,ym)T: I + lKn eines Intervalls ist hiernach genau dann differenzierbar in t E I, wenn dort jede ihrer Komponenten T yl, . . . ,y, differenzierbar ist, und dann gilt ;i(t) = ( 1 ) . . . ; i t . Die in Band 1,12.1 gegebene Definition der Differenzierbarkeit und Ableitung einer Kurve stimmt also mit der neuen iiberein. Aufgrund des Korollars liann man das in 2.1 aufgestellte binreicbende Hauptkriterium fur die IR-Differenzierbarkeit von Funktionen unmittelbar auf Abbildungen ausdehnen:
90
3 Differenzierbare Abbildungen
Differenzierbarkeitskriterium: Eine Abbildung
f = ( f i,..., f,):
U + Rm,
U C IRn,
ist in a E U IR-differenzierbar, wenn alle n m partiellen Ableitungen d,f,, v = 1,.. . , n , fi = 1,. . . ,m, in einer Umgebung von a existieren und im Punkt a stetig sind. Das Differential einer in a differenzierbaren Abbildung kann wie fur Funktionen mit Hilfe von Richtungsableitu,ngenberechnet werden. In Verallgemeinerung von 2.1 (7) gilt
( a ) heifit Ableitung von f in Richtung h im Punkt a. Die Ableitungen in den Richtungen einer fest gewahlten Basis e l , . . . ,e, fur X heifien die partiellen Ableitungen bezuglich der Basis und werden auch wieder mit a l f ( a ) ,. .. f ( a ) bezeichnet. Mit der Funktionalmatrix f f ( a ) beziiglich der Basen in X und in Y hat man fur die Richtungsableitung die Darstellung a h f ( a ) = f'(a)h. Insbesondere ist im Standardfall 3, f ( a ) = f'(a)e, gleich der v-ten Spalte in der Funktionalmatrix: ah f
,a,
f'(4= ( a l f ( a ) ., .. ,a,f(a)) Definition: Eine differenzierbare Abbildung f : U + Y auf einer offenen Menge U C X heifit stetig differenzierbar in U , wenn ihr Differential d f : U + L ( X , Y ) , x H d f ( x ) ,stetig ist. Stetigkeitstest: Zum Nachweis der Stetigkeit von df verwendet man oft den in 1.3.V aufgestellten Test; dieser besagt hier: d f : U + L ( X , Y ) ist genau dann stetig, wenn fur jeden Vektor h E X die Abbildung U + Y , x H d f ( x ) h , stetig ist. Dieser Test zeigt unmittelbar, daB die Abbildungen der Beispiele 1 und 2 stetig differenzierbar sind. Das Reduktionslemma laBt sich offensichtlich wie folgt ergbzen: Eine Abbildung f : U + Yi x Yz in eine direkte Summe ist genau dann stetig differenzierbar, wenn ihre beiden Komponenten f i : U + K , i = 1,2, stetig differenzierbar .sind. Fur den Standardfall impliziert diese Erganzung: Die Abbildung (1) ist genau dann stetig differenzierbar, wenn alle Komponentenfunktionen f i , . . . , f m stetig differenzierbar sind.
3.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
91
Beispiel 3: Die Polarkoordinatenabbildungen als differenzierbare Abbildungen. Mit dem Redukionslemma und seiner Erganzung sieht man sofort, daB die durch
und die Rekursionsformel
definierten Abbildungen P,: IRn Funktionalmatrix von P 2 lautet
+
IRn stetig differenzierbar sind. Die
cosip
-r sin y
Ihre erste Spalte d,Pz und ihre zweite d,P2 stehen bezuglich des Standardskalarproduktes aufeinander senkrecht und haben die Lange 1 bzw. Irl. Analog gilt fur jedes PA: 1. Die Spallen d,P,, a,, P,, . . . , d P, der Matrix P A bilden ein Orlhogonalsystem bezuglich des Standardskalarpmduktes. 2. Ihre Langen bezuglich der euklidischen Norm sind: % , ,
lprPnll= 1,
I~~,.,P,I
= Irl .l~~~ip,+~l...lc~sip,-~I
IlLrPnIl
f i i r ~ =i ,...,n - 2 ,
= lrl.
Beweis durch Induktion nach a: Dazu ist nur noch der Schlufl von n auf n 1 ausznfuhren. Aus (6,) erhalten wir zunachst Rekursionformeln fiir die Spalten von Pk+, (wir notieren dabei nur die wesentlichen Argumente):
+
Zu 1. Anhand der Rekursionsformeln ( 6 3 sieht man sofort, daJi aufgrund der Induktionsannahme die Spalten d,P,+l, d,,P,+1,. . . ,d,"-, P,+I orthogonal zueinander sind.
3 Differenzierbare Abbildungen
92
Ferner gilt:
wegen (d,P,, P,) = &(P,,
P,) = $,r2
= r. SchlieBlich ist fiir u
1 2
= - d V U ( P , , P,) cosip, sinip, = 0.
Zu 2. Mit der Induktionsannahme ergeben die Rekursionsformeln (6;) sofort IldJ,+lll = 1 und ll&~,+lll = Irl . Icosipy+ll ...lcosip,I fiir u = 1,.. . ,n - 1; fiir u = n schlieBlich ergeben sie
Folgerung: Die Funktionaldeterminante von P, hat den Wert n-1
(6")
A (r, 91, . . . ,v,-~) = P-' det P
. 11cask-' ipk .
Beweis: (6") ergibt sich aus det Pi(r, ip) = r mit der Rekursionsformel
Diese folgt im Fall cos ip, = 0 offensicbtlicb aus ( 6 3 . Im Fall cos ip, # 0 addiert man zunachst das r sin ip, cos-' 9,-fache der (ersten) Spalte d,P,+l von PA+, zur (letzten) Spalte a,,, P,+1. Dabei geht wegen r&P, = P, die letzte Spalte in (0, . . . ,0, r cos-' v , ) ~iiber. Entwickeln nach dieser neuen letzten Spalte ergibt die angegebene Rekursionsformel. 0 Definition: Eine Abbildung
heist k-mal stetig differenzierbar in U, wenn alle Komponentenfunktionen f i , . . . , fm k-ma1 stetig differenzierbar sind. Den Raum der k-ma1 stetig differenzierbaren Abbildungen U + IKm bezeichnet man mit Vk(U,lKm). m
Ferner setzt man Vm(U, lKm) =
n Vk(U,lKm).
k=l
Ein Beispiel einer Vm-Abbildung stellen die oben diskutierten Polarkoordinatenabbildungen dar.
3.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
11. Rechenregeln
X, Y und Z seien normierte I[(-Vekrorraume,
f Z (V offen in X , U offen in Y ) sei g Kettenregel: In V 4 U + differenzierbar in a und f differenzierbar in b := g(a). Dann is1 f o g differenzierbar in a, und es gilt Fur Ableitungen besagt das
(f
~ g ) ' ( a=) f'(b) .gl(a).
Sind g und f stetig differenzierbar, dann is1 es auch f o g . Beweis: Nach Voraussetzung gilt g(a+ h ) = g(a) +dg(a)h
+ llhll r ~ ( h )
f ( b + k ) = f ( b ) + d f ( b ) k + Ilk11 rz(k)
mit lim r l ( h ) = 0, hi0
mit l i m r z ( k ) = 0. kiO
Da dg(a) Lipschitz-stetig ist, gilt fur k mit einer geeigneten Konstanten c eine Abschatzung llkll 5 llhll ( C Ilrl(h)ll).Damit folgt R ( h ) / llhll + 0 fur h + 0. Das beweist die Differenzierbarkeit von f o g in a sowie die Formel fur das Differential. Die Aussage zur stetigen Differenzierbarkeit 0 ergibt sich leicht mit dem in I. genannten Stetigkeitstest.
+
Beispiel 1: Sei f : U + IRm, U eine offene Menge im IRn, differenzierbar. Weiter sei g : IRP + IRn eine affine Abbildung, g(x) = Ax+b. Dann definiert F ( x ) := f ( A x + b) eine differenzierbare Abbildung in g-'(U), und es gilt
Beispiel 2: Abbildung von Tangentialvektoren diierenzierbarer Kurven. Eine differenzierbare Abbildung f : U + lKm, U eine offene Menge in lKn, ordnet einer differenzierbaren Kurve y: I + U die sogenannte Bildkurve f o y : I + IKm zu. Diese ist nach der Kettenregel ebenfalls differenzierbar und hat fur to E I den Tangentialvektor
3 Differenzierbare Abbildungen
94
Tangentialvektoren werden also durch das Differential bzw. mittels Funktionalmatn'zen abgebildet. Wir wenden diese Fest,stellung anf das Netz der zn den Basisvektoren e l , . . .,en E IRn parallelen Geraden an. Fiir a E U sei ~ ( t:=) a+ tei, t aus einem Interval1 um 0 E R derart, dai2 &i(t)E U . Die Bildkurve f o&ihat fiir t = 0 im Punkt f ( a ) den Tangentialvektor f'(a)ei. Dieser ist gerade der i-te Spaltenvektor der Funktionalmatrix f f ( a ) . Die Kurven f 0 ~ 1 , .. . , f O E , heiflen die uon f erzeugten Koordinatenlinien durch f ( a ) . Wir betrachten als Beispiel die Polarkoordinatenabbildung fi : R2 +R2, siehe (6). Diese bildet die Geraden g,, : r H ( r ,90)auf die Geraden durch den Nullpunkt ab und die Geraden : ip H (ro,9 ) auf die Kreise um den Nullpunkt. Die Spalten ihrer Funktionalmatrix cos ipo
-rosin 90
ro cos 90 sind im Bildpunkt PZ(ro,i p o ) Tangentialvektoren an P2o g,, bzw. P2o&, .
t
Abbildung der Tangentialvektoren e l und ez durch die Ableitung p4(r0, ipo)
Als weitere Regel bringen wir eine allgemeine Produktregel. An die Stelle der Mnltiplikation lK x IK + lK von Zahlen tritt dabei eine bilineare Abbildung P : Yl x Yz + Z, wobei Yl, Yz und Z endlich-dimensionale normierte Vektorraume sind. Beispiele bilinearer Abbildungen: a) die Multiplikation IK x Y
+ Y einer Zahl mit einem Vektor;
b) die Skalarprodukte Y x Y + IR im Fall eines IR-Vektorraums Y ; c) das Vektorprodukt IR3 x IR3 + R3 des euklidischen IR3; d) die Multiplikation a' x a' + a' in einer normierten Algebra; zum Beispiel im Matrizenraum lKnxn.
3.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
95
Lemma: Jede bilineare Abbildung P: Yl xYz + Z ist stetig differenzierbar und ihr Differential dP(a1, az) hat fiir (hl, hz) E Yl x Y2 den Wert
Beweis: Die Differenzierbarkeit und die Formel (7) folgen aus der Identitat
in Verbindung mit einer Abschatzung
c eine geeignete Konstante; aufgrund einer solchen Abschatzung erfiillt namlicb P(h1, hz) die Restbedingung (2). Wegen der Aquivalenz der Normen auf Yl x Yz genugt es, (*) fiir eine zweckma%iggewahlte Norm zu verifizieren. Wir konstruieren eine solche mittels Basen ul, . . . ,u, fiir Yl und ul, . . . ,urn fur Y2; und zwar setzen wir
Die Abschitzung (*) gilt dann mit c := C,,IIP(ui,uk)ll. Die Stetigkeit der Abbildung dB: Yl x YZ + L(Y1 x Yz, Z) mit (al, a2) H d p ( a l , a ~ ergibt ) sich daraus, da% dB nacb (7) linear ist. Damit ist die 0 Bebauptung bewiesen. Wir wenden uns nun der Produktregel zu. Gegeben seien zwei Abbildungen f;: U + Y,, i = 1,2, auf einer offenen Menge U C X sowie eine bilineare Abbildung P: Yl x Yz + Z. Damit definieren wir ein ,,ProduktU
fl xa f z :
u + z,
(fl
xp fz)(u) := P(f1(u), f2(u))
Produktregel: Sind fi und f z in a E U differenzierbar, dann ist auch f i xp f2 in a differenzierbar, und fiir h E X gilt
Mit Funktionalmatrizen bedeutet das
Sind
fi
und
fi
stetig differenzierbar in U , dann ist es auch f l xp f 2
96
3 Differenzierbare Abbildungen
In diesen Formeln ist auf die Reihenfolge der ,J?aktorenLL zu achten, wenn die Bilinearform nicht symmetrisch ist. Ferner: h ist im Fall X = IK ein Skalar und kann gekurzt werden; die Produktregel nimmt dann die van der Analysis im IR1 her gewohnte Gestalt an. Beweis: Das Produkt f i x p fi ist die Komposition von f : U + Yl x Y2, f(u) := (fi(u), f2(u)), und P. Nacb der Kettenregel ist es in a differenzierhar, und sein Differential erhalt man, wenn man in (7) (fl(a), f2(a)) fur (al,az) und (dfi(a)h, d f ~ ( a ) h )fiir (hl, h2) einsetzt.
Beispiele: 1. Das Vektorprodukt f x g : I + IR3 differenzierbarer Abbildungen f , g: I + R3, I ein Intervall, ist ebenfalls differenzierbar, und es gilt
c lKn offen. Das Produkt fF: U + lKm, x H f(x)F(x), einer differenzierharen Funktion f : U + lK und einer differenzierbaren Ahbildung F : U + lKm ist differenzierbar, und in a E U gilt fur h E lKn
2. Sei U
Man beachte die Reihenfolge in dieser Formel! 3. Die Inversion
i : IRn
\ {0} + IRn \ {0),
Z
i(x) = -
'1;.
+
ist differenzierbar. Die Funktion f ( z ) := 1/ 11x11; ist in a 0 differenzierbar und hat die Ableitung f f ( a ) = -2aT/ llall;. Mit dem vorangehenden Beispiel ergibt sich, daB auch i = f . id differenzierbar ist und folgende Ableitung bat:
111. Differentiation von Potenzreihen
Es sei d eine endlich-dimensionale normierte Algebra uber IK mit Einselement. Wir zeigen, daB eine Potenzreihe mit Konvergenzradius R in der Kugel K$(O) = {x E d llxll < R ) eine Y1-Ahbildung definiert.
I
3.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
97
Satz: Sei P ( z ) = CEOcxkzk, z E C, eine Potenzreihe mit Koefizienten in IK und Konuergenzmdius R . Dann ist die Abbildung m
P :(
0d
, P d ( x ) := x a k x k , (0° = I), k=O stetig differenzierbnr, und fur h E d gilt m
d&(x) h = x a k ( ~ x u h x k - u - l ) k=l Fur kommutatives d , zum Beispiel d = C, ergibt sich (9)
m
Beweis: Wir betrachten zunachst die Differenzen ( x + h ) k - x k . Dazu denken wir uns (x+ h ) k unter Beachtung der Reihenfolge der Faktoren ausmultipliziert und alle Glieder, die mindestens zweimal den Faktor h enthalten, zur Summe Rk ( h ) zusammengefaflt: k-1
( x + h ) k - xk = L k ( h )+ R k ( h ) ,
L k ( h ) := ~ z " h ~ ~ - ' - ~ . u=o Durch h w Lh(h) wird eine lineare Abbildung L k : d + d definiert. Fur diese gilt nach der additiven und der multiplikativen Dreiecksungleichnng:
Analog schatzen wir den Rest Rk(h) ab; da die Zahlen llxll und llhll vertauschbar sind, erhalten wir wie bei der Binomialentwicklung im kommutativen Fall
Mit
(i)k ( k
k-2
- 1)( v - 2) fur Y
2 2 folgt weiter
Wir definieren nun m
m
CCY~R~(~).
L ( h ) := x a k ~ k ( h ) , R ( h ) := k=l k=2 An jeder Stelle x E Kj$(O) konvergiert die Reihe L ( h ) nach ( * L )fiir alle h E d ,da die Potenzreihe C kakzk-I denselben Konvergenzradius hat wie C akzk. Analog konvergiert R ( h ) nach (*R)an jeder Stelle x E K$(O) fur
98
3 Differenzierbare Abbildungen
alle h ~ d m i llxll+llh,ll t
< R;undzwargilt dann k=2
Iusgesamt erhalten wir dabei ist L eine lineare Abbildung d + d,und R erfiillt wegen (*) die Restbedingung lim .~~ R(h)/ llhll = 0. n-w Die stetige Differenzierbarkeit sieht man wieder mit dem Stetigkeitstest: Fiir jedes h E d ist x H dPd(x)h in K g ( 0 ) stetig, da die Reihe in (9) nach ( * L ) fiir jedes r < R die Majorante C k I a k l rk-' besitzt und somit in Kf(0) gleichmagig konvergiert. 0
.~
Beispiel: Die Exponentialabbildvng exp: d + d ist stetig differenzierbar und ihr Differential im Punkt 0 ist gegeben durch
d.h., es ist dexp(0) = id. Als Anwendung des obigen Satzes diskutieren wir die Inversenbildung in einer normierten Algebra. Es sei d eine endlich-dimensionale normierte Algebra mit Eins uber lK und d*ihre Einheitengruppe. Zum Beispiel sei d die Matrizenalgebra l K n x n und dann d*die Gruppe GL(n, lK). In 1.6 haben wir gezeigt, dag die Inversenbildung Inv: d*+ &, x e x-', stetig ist. Wir beweisen nun, daJi sie sogar stetig differenzierhar ist.
Satz: Die Inversenbildung Inv: & + & ist stetig differenzierbar und ihr Differential in a E & ist gegeben durch (11)
dInv(a) h = -a-'ha-',
h E d.
Beweis: Es hezeichne G die geometrische Reihe. Wie in 1.6 ausgefuhrt, hesitzt Inv in einer geeigneten Umgehung eines Elementes a E d' die Darst,ellung Inv = $ o Gd o ip, wobei ip und $ die linearen Abhildungen x H 1-a-'x bzw. x H xa-' sind. ip, $ und Gd sind stetig differenzierhar; nach der Kettenregel ist es also auch Inv. Zur Berechnung von d Inv verwenden wir, dag das Produkt Inv .id die konstante Abbildung x H 1 ist. Mit der Produktregel folgt daraus Das ist gerade (11).
0
3.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
99
IV. I&-Differenzierbarkeit u n d C-Differenzierbarkeit. Konformitiit einer Abbildung In der Definition der Differenzierbarkeit einer Abbildung f : U + Y in a E U C X wurden X und Y als K-Vektorraume vorausgesetzt und die Exist,enz einer K-linearen Abbildung X + Y verlangt so, dafi (2) gilt. Man mu8 daher genauer von K-Differenzierbarkeit sprechen. Da jeder C-Vektorranm auch als IR-Vektorraum angesehen werden kann, und jede C-lineare Abbildung X + Y als Wineare Abbildung, ist jede C-differenzierbare Abbildung auch IR-differenzierbar. Die Umkehrung gilt jedoch nicht. Ein Beispiel liefert die Konjugation f : C + C, f(z) := Z. Diese ist R-linear und folglich IR-differenzierbar mit dem IR-Differential df (a) = f fur alle a. Sie ist aber nicht C-differenzierbar; sonst ware ihr C-Differential wegen der Einzigkeit der Differentiale identisch mit dem IRDifferential, welches aher nicht C-linear ist.
Wir gehen noch etwas naher auf den Fall X = Y = C ein. Eine Funktion f : U + C anf einer offenen Menge U C 6: ist in a komplex-differenzierbar (= C-differenzierbar)genau dann, wenn sie eine Darstellung
f (a + h) = f (a) + Ah, + R(h) besitzt, wobei A eine Konstante ist und R die Bedingung R(h)/ lhl fur h + 0 erfullt. Gleichwertig dazu ist, daJi der Grenzwert lim
h i 0
+0
h
existiert (in X = C kann durch h dividiert werden). Gegebenenfalls ist der Grenzwert die Zahl A. Zum Beispiel stellt jede Potenzreihe C z oahz k nach dem vorangehenden Abschnitt im offenen Konvergenzkreis eine komplex-differenzierbareFunktion dar; deren Ableitung ist CEO=, kakzk-'. Wir fassen jetzt den Definitionsbereich einer in a komplex-differenzierbaren Fnnktion f : U + C als Teilmenge des IR2 auf. Als Abbildung auf U C IRqst f IR-differenzierbar, nnd ihr Differential df (a) : IR2 + C ist gegeben durch df (a)(hl,ha) = f'(a)(hl ihz). Bei dieser Auffassung hat f die partiellen Ableitungen
+
Diese erfullen hiernach die sog. Cauehy-Riemannsche Differentialgleichung
3 Differenzierbare Abbildungen
100
Fur u := Ref und v := Im f besagt die Beziehung (12)
Dieses Gleichungspaar bezeichnet man als Cauch,y-Riemannsche Differentialgleichungen des Funktionenpaares (u,v) oder auch des Funktionenpaares (-u, u). 1st umgekehrt f : U + Q: in a R-differenzierbar und erfullen die partiellen Ahleitungen die Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung (12), so kann die fur die reelle Differenzierharkeit charakteristische Darstellung
mit limr(h) = 0 auch in die komplexe Version hi0
gebracht werden. f ist dann also komplex-differenzierbar. Wir erhalten damit: Lemma: Eine Fvnktion f : U + Q: auf einer offenen Menge U C Q: = IR2 ist in a E U genau dann komplex-differenzierbar, wenn sie dort reelb differenzierbar ist und die partiellen Ableitungen die Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung (12) erfiillen. Gegebenenfalls gilt
Die nachfolgenden Uberlegungen zeigen, daB die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen (12') auf das engste mit der Frage der Konformitat der Abbildung f zusammenhangen
Bei vielen Abbildungsaufgahen spielen die Abbildungen, die ,jm KleinenL', d. h. in linearer NSherung ahnliche Bilder vermitteln, eine hevorzugte Rolle. Nach den grundlegenden Untersuchungen von Gaul? zur Flachentheorie nennt man solche Abhildungen konform. Die unten gegehene Definition prazisiert die Konformitat einer Abbildung als eine bestimmte Eigenschaft des Differentials. Fiir den Rest dieses Abschnitts sei auf IRk und dndie euklidische Metrik eingefiihrt. Ferner sei k n. Zunachst erinnern wir an die Definition der Ahnlichkeit,sabbildung in der Analytischen Geometrie; siehe etwa M. Koecher [9], Kapitel 5.
<
3.1 Begriff der Differenzierbarkeit. Elementare Feststellungen
101
Definition: Eine lineare Abbildung L: IRk + IRn heifit Ahnlichkeitsabbildung oder auch konfon, wenn sie eine der beiden folgenden gleichwertigen Bedingungen erfullt: L ist winkeltreu; dieses bedeutet: Fur je zwei von 0 verschiedene Vektoren v, w E IRk sind Lv und Lw von Null verschieden, und der Cosinus eines Winkels zwischen Lv und Lw ist gleich dem Cosinus eines Winkels zwischen v und w:
Fur die L beschreibende Matrix A gibt es eine Zahl p # 0 so, daB gilt. Im Fall k = n besagt diese Bedingung, da& p-'A ATA = p"' orthogonal ist; A nennen wir in diesem Fall eine Ahnlichkeitsmatriz Definition: Eine differenzierbare Abbildung f : U + IRn auf einer offenen Menge U C IRk heist konform im Punkt x E U , wenn ihr Differential df(x) : IRk + IRn in x konform ist, d. h., wenn es eine Zahl p(x) # 0 gibt so, das
Nach Beispiel 2 zur Kettenregel werden die Tangentialvektoren der differenzierbaren Kurven durch den Punkt x durch das Differential df (2) abgebildet. 1st f in x konform, so bleibt dabei der Cosinus eines Winkels zwischen zwei Kurven erhalten. Beispiel: Konfodttit von Inversion und stereographischer Projektion Wir zeigen zunachst: Die Inversion i : IRn \ {p} + IRn p und der Potenz a bildet iiberall konform ab.
\ {p}
mit dem Pol
Die Ableitung i'(x) berechnet man wie in Beispiel 3 zur Produktregel; man erhalt
Damit ergibt sich
i erfiillt also iiberall die Bedingung der Definition.
3 Differenzierbare Abbildungen
102
Wir zeigen ferner: Die stereographische Projektion u : IRn + Sn \ {N) mit dem Pol N = (0,. . . ,0,1) E IRn+l bildet uberall konform ab. Beweis: u ist mit Hilfe der Inversion i mit dem Pol N nnd der Potenz 2 definiert durch u(x) = i(z,O). Danach besteht die Matrix ( ~ ' ( z ) )ul(x) ~. aus den ersten n Zeilen und Spalten der Matrix ( i ' ( ~ ).)if(x). ~ Wegen (*) ist sie also ein skalares Vielfaches der n-reihigen Einheitsmatrix. 0 Fiir k = n = 2 stellen wir nun den angekiindigten Bezug der CauchyRiemannschen Differentialgleichungen zur Konformitat her.
Satz: Eine differenzierbare Abbildung f = (u, v) : U + IR2 auf einer offenen Menge U c IR2 ist genau dann konform in z E U, wenn sie folgende zwei Bedingungen erfiillt: (i) das Paar (u, v) oder das Paar (v, u) genugt im Punkt z den CauchyRiemannschen Differentialgleichungen; (ii) u:(z)
+ $(z)
# 0.
Beweis: Eine reelle 2 x 2-Matrix ist genau dann orthogonal, wenn sie eine der heiden Gestalten oder hat, wobei a2 P2 = 1 gilt.
(-z
E)
Folglich ist die Funktionalmatrix
(z -E)
("" "Y) vx vy
+
(z) genau dann eine Ahnlich-
keitsmatrix, wenn sie (i) und (ii) erfiillt.
0
+
Korollar: Eine komplex-differenzierbare Funktion f = u iv: U + 6: auf einer offenen Menge U C 6: ist genav dann konform im Punkt z E U , wenn f1(z) = ux(z) iv,(z) # 0.
+
3.2
Der Schrankensatz
Wir erweitern den in 2.2 aufgestellten Schrankensatz anf den Fall differenzierbarer Abbildungen. Zunachst verallgemeinern wir den Begriff der Snpremumsnorm einer Funktion auf Abbildungen. Sei K ein kompakter Raum, V ein normierter Vektorraum und 9: K + V eine stetige Abhildung. Man definiert dann
Hierdurch wird eine Norm auf dem Raum Y(K, V) der stetigen Abbildungen von K in V erklart, die sogenannte Supremumsnorm auf %(K, V). X und Y seien wieder endlich-dimensionale normierte IK-Vektorraume und differenzierbar meint stets Hi-differenzierbar.
3.2 Der Schrankensatz
103
Schrankensatz: Eine Cel-Abbildung f : U + Y auf einer offenen Menge U C X ist auf jeder kompakten konuexen Teilmenge K C U Lipsehitzstetig. Fur je zwei Pvnkte x , y E K gilt
Dabei ist lldf [IK die Supremumsnon von d f : K + L ( X , Y ) bezuglieh K , und L ( X , Y ) sei wie ublieh mit der Operatornon verseh,en. Wir geben noch explizit die Supremumsnorm von df fur eine Abbildung f = (fl,. .. ,f,) : U + lKm, U c lKn, an, wobei auf IKn und lKm jeweils die Maximumsnorm eingefiihrt sei. Ildf (<) ist dann nach 1.3.V Beispiel 2 die Zeilensummennorm; damit erhalt man
11
+
Beweis des Sehrankensatzes: Es sei y ( t ) := y t (x - y) und L := lldf llK. Wir hetrachten dann fiir E E IR die Funktion F,: [O; 11 + IR,
Wir zeigen: Fiir jedes E > 0 ist F,(1) 5 0. Mit E 1 0 folgt daraus dann Fo(1) 1 0, was gerade die Behauptung darstellt. Wir nehmen an, es sei F,(l) > 0 fur ein E > 0. Zu einer beliebig gewahlten Zahl c zwischen F,(O) = 0 und F,(l) gibt es eine Stelle t~ E (0;l ] mit F,(to) = e und F,(t) > c fiir alle t E (to; 11. Dann ist
Aus der Definition von F,(t) folgt ferner fiir alle t E (to;1]
Nun ist
Somit gibt es ein tl E (to; 1] mit ~ ( t l2)0, im Widerspruch zu (*).
104
3 Differenzierbare Abbildungen
3.3 Der Satz von der lokalen Umkehrbarkeit Wir befassen uns in diesem Abschnitt mit der Frage, wann eine stetig differenzierbare Abbildung eine ebensolche Umkehrung besitzt. Abbildungen mit dieser Eieenschaft verwendet man oft. um Probleme durch s a c h ~ e m a e
gewissen Umgebung dieses Punktes auch eine Cel-Umkehrung besitzt.
X und Y seien weiterhin endlich-dimensionale normierte K-Vektorraume und differenzierhar meint K-differenzierbar. Definition: Eine bijektive Cel-Abbildung @: U + V einer offenen Menge U C X auf eine offene Menge V C Y heiBt Diffeomorphismus, wenn die Umkehrung @-' : V + U ebenfalls eine F1-Abbildnng ist. Beispiel: Die Inversion i : IRn \ {O} + IRn \ {0}, i(z) := x/ 11x11:, ist nach 3.1.11 Beispiel 3 stetig differenzierbar; wegen i-' = i ist auch ihre Umkehrung stetig differenzierbar. i ist also ein Diffeomorphismus. Wir notieren zunachst elementare Eigenschaften von Diffeomorphismen. Lemma: Es sei @: U + V ein Diffeomorphismus und P:V + U seine Umkehrung. Dann gilt: 1. X und Y haben die gleiche Dimension. 2. Fiir jedes x E U sind die Differentiale d@(x) und d!P(y), y = @(x), zueinander inverse Isomorphismen:
Fur Funktionalmatn'zen besagt das
Beweis: Aus P o @ = idu und @ o !P = id" folgen mit der Kettenregel die Beziehungen d!P(y) a d@(z)= idx und d@(z)o d!P(y) = idy . Mittels 0 Linearer Algebra ergeben sich damit die Behauptungen. Bemerkungen: In 1.5 haben wir gezeigt, daB IR1 und IRn fur n > 1 nicht homoomorph sind. Die erste Feststellung des Lemmas ergibt nun, d d IRm und IRn fur m # n nicht diffeomorph sind. Die zweite Feststellnng impliziert, daR gewisse Eigenschaften der Differentiale eines Diffeomorphismus auch den Differentialen der Umkehrung zukommen. 1st etwa d@(z) konform, so ist auch d!P(y), y = @(x),konform.
3.3 Der
Satr vou
&I
lukalen UukelrrLurkciL
105
Cine %I-Ahbildung 0 : 'L -r V ist nach dem Lemma hoehstens dann ein L)iffeomorphismus, u m n alle Uieerentiale d@(x!, x t L', Isomorphislncn sind im Fall .Y = Y = Lt" bcdcutct dm, dak allc hblcitungcn rP '(z); r E 1,': iuverlierbw yind. Dieye nalurcndi,qe Buldvngwng r'eicltl uueh bin, rrmn ?i: T + J cine swjektine W1-Ahbilhmg cines offenen Intennlln I C R1 ouf ein offenes Interval1 J C IX1 ist. In diesem Fall hat namlich st' ein einheitliches Vorzeichen; st ist dann also streng monoton und dic Umlcchrfunktion rl, : J + 1 nnch dcn Kcgcln fur dic Uiffcrcntiation von Kmkehrfnnktionen ~ t e t i gdifferenzierbm. lin Hiiherdimensionden nteht dm Monoronirilrgiimrnt n i h t m r Vnrfii~mg,11nd die Sitnxt,ion ixr tafGchlii!h veruickelter. Zurn Beispiel ist die -4bleitung (6') der I'olarkoordinatenabbildung Pg an jeder Stelle (r: v ) E R.' x n invertierbar; Pz In' x R. 1 s t abcr uugcn scincr Ycriodizit.3tl &(r. 9 27r) = P2(r: 9): nicht cinmal cinc slelige li~nkehrungzu.
+
Wir sctzcn nun voraus, dak @: L' -t I-' cinc stctigc Umkchrung bcsitzt, [uid ~eigen,dali danu die IwerLierbarkeiL aller DilCerenliale d@(r),x E 1:: sogsr dir st,rtign lXffrrendrrhdrkrit rlrr Urnkrhrnng nub sirh 7irht.
+ V uin ntetig diffemnzierhnrer Horniiomoryhinmtts einer offenen Menge Lr C auf eine oflene Menge 1; C Y . Jedes Differential d@(x), x E U , sei ein h 0 m O ~ p h i ~ m Uann u ~ . ist ouch die Lr7nktl~rubbildu.r~y !P: 1' + 1.i alelig diJcr'enziedu1; rrnd JCr 4k.9~yeller$ die iibleilungsregelra (14) bzw. (14'). Satz: F 3 sea r l j : 1;
Rev!&: Als P ~ X T R Shrwrisnn wir din ~iffermzirrha~knit. der Umkehrahhildung. Fiir den Nachweis in einem Punkt O(xO),xo E t i , diirfen wir s o = 0 und @(xo)= U annchmcn; mdcmfalls bctrachtct man @(x 20) - @(zo). Soilann gcuiigt csl dic Diffcrcnzicrba.rkcit von I o @ in 0 zu zcigcn, wobci I der Isou~orphismuscl@(O)-' : Y + K isl; uach der KeLleure~elIial, I o @ in so = (1 das l3ifferential idx-. ,411fgn1nddieset Rednktinnen nehmen uir von vornherein an:
+
und zeigen die Differenzierbarkeit von !P irn Punkt 0. Sei k E 1' und h := P(k). Wegen (+I besteht aufgrund der Dserenzierbarkcit von @ in U cinc Uorstcllung
Uaraus folgt wcgcn @ ( h ) = k fiir rl, dic Uarstcllung
3 Differenzierbare Abbildungen
106
Wir zeigen, daf2 R' die Restbedingung fur die Differenzierbarkeit von P erfullt. Da R die Restbedingung fiir @ erfiillt und P stetig ist, gibt es Zahlen r,6 > 0 so, daB IIR(h)ll I $ Ilhll, falls llhll 5 r , und [lP(k)ll 5 T , falls llkll I 6. Nacb Definition von R' folgt,
Wir erhalten also fiir k
# 0 mit
llkll
I6
Wegen h = P(k) + 0 fur k + 0 folgt, da13 aucb R' die Restbedingung (2) erfullt. Das beweist die Differenzierbarkeit von P. Schlieglich haben wir zu zeigen, daJi d P : U + L(Y,X) stetig ist. Dazu nehmen wir o. B. d. A. an,es sei Y = X ; aufgrund der Kettenregel geniigt es namlich, die Stetigkeit des Differentials der Umkehrung im Fall i o @, i irgendein Isomorphismus X + Y zu zeigen. Des Weiteren folgt aus P o @ = idu mittels Kett,enregel dP(y) = (dm(%))-', a: = P(y). Es ist also d P = Inv o dm o P; dabei bezeicbnet Inv die Inversion im Raum L*(X,X ) der Isomorphismen X + X . P und d@ sind nach Voraussetzung stetig, Inv ist es nach 1.6 Satz 3. Somit ist auch d P : U + L ( X , X ) stetig. Beispiel: Die Polarkoordinatenabbildung P2 : IR2 + IRQildet den Halbstreifen IR+ x (-71; n) homoomorph ab auf die geschlitzte Ebene IR2 \ S, S := {(x, 0) x I 0); siehe 1.3. I1 Beispiel 4. Ihre Funktionaldeterminante det Pi(r, ip) = r hat in IR+ x (-T;T) keine Nullstelle. P z bildet also den Halbstreifen IR+ x (-n; n) diffeomorph ab auf IR2 \ S . Wir berecbnen noch die Ableitung der Umkehrabbildung P;' : IR2\S + IR+ x (-T;T) in einem Punkt (x, y) = Pz(r,ip) E IR2 \ S. Aufgrund von (14') erhalt man wegen cosip = x/r und sinip = y/r, r =
I
m,
3.3 Der Satz von der lokalen Umkehrbarkeit
107
Wir wenden uns nun der Herleitung des eingangs angekundigten Satzes iiber die lokale Umkehrbarkeit einer stetig differenzierbaren Abbildung zu. Dazu zeigen wir mit Hilfe des Banachschen Fixpunktsatzes, d d lokal eine stetige Umkehrung existiert; nach dem soehen bewiesenen Satz ist diese sogar stetig differenzierbar. Der Banachsche Fixpunktsatz erweitert den in Band 1,14.4 aufgestellten Kontraktionssatz. Er wird oft herangezogen, um die Existenz von Losungen zu beweisen, indem man diese als Losungen geeigneter Fixpunktgleichungen interpretiert.
Definition: Sei (M, d) ein metrischer Raum. Eine Abbildung y : M + M heiBt Kontraktion, wenn es eine Zahl X < 1 gibt so, daB fur alle x, y E M
Beispiel: Es sei X ein endlich-dimensionaler normierter Vektorraum und ip: K + X eine V1-Abbildung auf einer kompakten, konvexen Menge K C X mit ip(K) C K . Ferner sei lldyllK < 1. Dann ist ip: K + K eine Kontraktion; nach dem Schrankensatz gilt namlich fiir alle x, y E K
Banachscher Fixpunktsatz: Eine Kontraktion y : M + M eines uollstandigen metvisehen Raumes M besitzt genau einen Fixpunkt; darunter versteht man einen Punkt E M mit y(E) = E. Fur jeden Startwert xo E M konvergiert die Folge (x,) mit $,+I := y(x,) gegen E.
<
Beweis: Induktiv zeigt man zunachst, d ( ~ n i x n + l )5 X n d ( ~ ~ i ~ l ) .
1
Damit folgt
(2,) ist also eine Cauchyfolge und besitzt wegen der Vollsthdigkeit von M einen Grenzwert ( := limx,. Dieser ist ein Fixpunkt: Da eine Kontraktion stetig ist (sogar Lipscbitz-stetig), gilt niimlich
ip(C)
= y ( lim x,) = lim ip(xn) = lim %+I = 1. ntm
ntm
nim
1st nun 1) irgendein Fixpunkt von ip, so folgt d(E,d = d(ip(E),4 1 7 ) ) also d(<,q) = 0 wegen X
l Xd(l,q),
< 1; d. h., es ist 5 = 7.
0
108
3 Differenzierbare Abbildungen
Satz von d e r lokalen Umkehrbarkeit: Es sei @: U + Y eine V1-Abbildung auf einer offenen Menge U c X . Im Punkt a E U sei das Differential d@(a):X + Y ein Isomorphismus. Dann gibt es eine offene Umgebung Uo c U uon a derart, da$ V := @(Uo)eine offene Umgebung von b = @(a)ist und die auf UO eingeschrankte Abbildung @: Uo + V ein Diffeomorphismus. Bemerkung: Die Isomorphie des Differentials d@(a)erkennt man im Fall X = Y = IKn leicht an der Funktionalmatrix: d@(a)ist genau dann ein Isomorphismus, wenn @'(a) invertierbar ist
Die Restriktion @ I Uo bildet Uo diffeomorpbauf V ab
Beweis: Wir konstruieren zunachst in einer geeigneten Umgebung von b = @(a) eine stetige Umkehrabbildung. Die wesentlichen Hilfsmittel hierzu sind der Schrankensatz und der Fixpunktsatz. Wir durfen a = 0 und @(a)= 0 annehmen; andernfalls betrachte man @(x+a)-@(a). Auch genugt es, den Satz fiir die Abbildung l o @ : U + X zu beweisen, wobei I der Isomorphismus (d@(~))-': Y + X sei; I o @ hat nach der Kettenregel in a = 0 das Differential idx. Wir nehmen also von vornherein an:
a) Die fiir y ,,in der Nahe von OLLzu lijsende Gleichung y = @(x)schreiben wir als Fixpunktgleichung. Dazu setzen wir fiir y E X und x E U
Die Fixpunkte von py sind genau die @-Urbildervon y Wir legen zuniichst fest, auf welche ip, und mit welchem Definitionsbereich der Fixpunktsatz angewendet werden soll. Dazu wahlen wir ein r > 0 so, d d die Kugel Kz,(0) in U liegt und dafl fur x E Kz,(0) gilt:
3.3 Der Satz von der lokalen Umkehrbarkeit
109
Wegen d@(O)= idx und der Stetigkeit von d@ gibt es ein solches r. Nun ist dip, = idx -dm. Der Schrankensatz liefert also fur XI,x2 E K2,(0)
Hieraus folgt fur llyll
und llxll
5 2r
Die Abbildungen ip, mit llyll < r bilden nach (az) die Kugel Kz,(0) in sich ab und sind nach (al) Kont,raktionen mit X = $. c , ( O ) ist als ahge schlossene Teilmenge von X vollstiindig. Nach dem Fixpunktsatz hat also jede dieser Abbildungen ip, genau einen Fixpunkt x E K2,(0), und dieser liegt nach (a2) sogar in K2,(O). Zn jedem y E K,(O) gibt es daher genau ein x E Kzr(0) mit ipy(x) = x, d. h. mit @(x)= y. Wir setzen nun
Hiermit ist d a m eine Umkehrahbildung !P: V + Uo zu @ 1 Uo definiert. b) Wir zeigen, daB !P stetig ist. Seien yl, y2 E V . Fur die Bildpunkte XI := !P(yl) und 2 2 := !P(yz) gilt dann
Daraus folgt mittels (al)
Wegen @(xi)= yi bedeutet das ll!P(y~)- !P(y1)II 5 2 llyz - ylll. Insbesondere ist P stetig. c) Wir zeigen weiter, daB das Differential d@(x) in jedem Punkt x E Uo ein Isomorphismus ist. Wegen llxll < 2r und aufgrund der Wahl von r gilt (idx - d@(x))ull 5 $ llull fiir jeden Vektor u E X. Aus d@(x)u= 0 folgt somit llull 5 $ IIuII, also u = 0, d. h., d@(x)ist invertierbar. Nach den Feststellungen b) und c) erfullt die Einschrankung von @ anf UOdie Voraussetzungen des vorhergehenden Satzes. @ bildet danach Uo diffeomorph auf V ab.
1
Beispiel 1: Das Differential der Polarkoordinatenabbildung P, : IRn + IRn in einem Punkt a = (r, 91,. . . ,v,-~) ist nach (6") genau dann ein Is* morphismus, wenn r .cos ip,-1 . . . cos ipz # O ist. Zu jedem solchen Punkt a gibt es also eine offene Umgebung UOund eine offene Umgebung V urn b := Pn(a) derart, daB P, Uo diffeomorph auf V ahbildet.
Beispiel 2: Es sei d eine endlich-dimensionale normierte Algebra mit Hinselement. Uas Uifferential der Exponentialabbildung exp: .d+ .dim .Nullpunkt ist nnch dcm Ueispicl in 3.1.111 die identitfit. Uic Exponcntialal)bildung bildet also eine geeigne1.e Uln~eLxuig\,on 0 E .d dilreomorpli anf rirrr geuisse t?rngrhnng von I E .rs' ah.
hlm wgt, eine 55"-Abbildung @: C' + 1' sei im Punkt a r G ein lokaler Diffeornorylhi~m,~~.~, m n r x Umgrhrlngw Vll von O. 11nd 17 von h = @(a) gibt so, dak dic Einschrtnkung @ 1 Go cin Uicon~orphismusvon tio auf V ist. Uamit lunn dcr Satz yon dcr lokalcn Umkchrbarkcit auch so aususgcsprothen werdeu: Eine V1-Abbild,/my @: L' + I' is/.in E~YLEIILP u d d a F G eirs lokuler. DiJeurnurplri~nirw, jullu dos Di&renliul cl@(u)iwer.lder.bur is/,. l k r Sat,n von dnr lokalen Umkehrharkeit hat nahlreiche wicht,ige Anwendungcn. ills unmittclbarc Konscqucnzcn noticrcn vir dcn Offcnhcitssatz und den Dil~eo~iiorplriesal.~.
05euheituuatz: Sei @: 1,' + Y edne %'I-Abbdlduny our c h w ojSener8 ~Vengel i C X,deren ~amtlicheD i f l e ~ ~ n t i dd@(x), e z E Ti, incertierbar nind. n n n n ist die Rildmmge 6(U)offen,. Ueweis: Jeder Punkt x t Li besitzt nach dem Umkehrsatz eine Umgebung ti,, dcrcn Llild *(Liz) offcn ist. .Use ist auch *(ti) = U *(L1,) offcn. rELr
Diifcomorphicsatz: Sei *: L' + l" eine injcktizw V - Abbildang auf eintr. olrcncn .k'enye LT c .Ti, de~en~&nllicheDifle~e~~lY'ale d@(z), I E V , ivmerlicrbu~sir~d.Donn wl @ ells Di~~uo~noryhisrr~w van U uuJ@(Lr). Bemeis: Die Cmkehrabbildung P : @(Cr) + Ir ist. stetig, denn £iir jede offcnc Mcnusgc ti' C ti ist. d s Urbild @-'(tif) = $(Lit) offcn nach dcm voraugeheuclen SaLz; @: 11 + @(Lr)is1 also ein Ho~nB~morpbismus. Nach dern eingangs bewieseuen S a k isL @ sogar eiu DilTeou~oq~l~is~~~us.0 L)ic SStzc dicscs Abschnitts gcltcn insbcsondcrc fiir stctig komplcsdiffcrcnzicrbarc -4bbildungcn. Wir formulicrcn nochmds dcn Satz von dcr Irrknlm Umlirhrhwkrir irn f i l l 3' = 7' = C:
1. J bddd Lr0 Lzjekliv UUJ ei.fle u&ne Umgeb.urrg V con J ( u ) ah. 2. Die Ilmkehw~ngg = f-': V + [.'I, ixt kon~pl~r-differenzierhnrrrnd hnt zn up= j ( z ) dre Ableztung
3.4 Auflosen von Gleichungen. Implizit definierte Abbildungen
111
I
Beispiel: Die Exponentialfunktion auf C bildet den Streifen S := { z E C lImzl < T} bijektiv auf die geschlitzte Ebene C- = C \ (-m;O] ab; siehe Band 1,8.10. Ihre Ableitung (ez)' = ez ist stetig und uberall f 0. Somit ist die Umkehrung ln: C- + S , d. h. der Hauptzweig des Logarithmus, komplex-differenzierbar, und in w = eZ E C- gilt
3.4 AuflGsen von Gleichungen. Implizit definierte Abbildungen Am Beispiel f (x, y) = x2 (1- x2) - y2 = 0 erlautern wir zunachst typische Situationen, die auftreten konnen, wenn man eine Gleichung f (x, y) = 0 durch eine Funktion y = g(x) oder x = g*(y) aufzulosen versucht. A
2
2
Die Nullstellenmenge von f(x,y) = x (1- x ) - y
2
In der Nahe von (0,O) hat diese Kurve zwei Zweige; zu jedem x # 0 mit 1x1 < 1 gibt es zwei verschiedene yl, y2 mit f (x, yl) = 0 = f (x, yj) und zu jedem y # 0 mit lyl < $ vier verschiedene Punkte XI,. . . ,x4 mit f (x,, y) = 0. In keiner Umgebung von (0,O) gibt es also eine Auflosung y = g(x) oder x = ga(y). Wir stellen fest, daJ3 f,(O,O) = f,(O,O) = 0. Ferner hat die Gleichung f (x, y) = 0 in keiner Umgebung der Punkte (1,O) und (-1,O) eine Auflosung der Gestalt y = g(x). Jede Umgebung von xo = 1 oder xo = -1 enthdt nejnlich Punkte x, zu denen zwei yWerte gehoren. In der Nahe von (1,O) und (-1,O) gibt es andererseits Auflosungen der Gestalt x = g*(y); diejenige mit g'(0) = 1 etwa lautet
x = g ( y ) = ? J22 + 2 ~ 1 - 4 ~ 2
1 1 fur y e [ - - . 2' - ] .2
Wir stellen f a t : In den Punkten (i1,O) ist f, = 0 aber f, f 0 In diesem Abschnitt zeigen wir, dafi eine Gleichung f (x, y) = 0 in der Nihe einer Nullstelle (a, b) von f eine differenzierbare Auflosung y = g(x) besitzt, sofern f,(a, b) f 0 ist.
3 Differenzierbare Abbildungen
112
Wir betrachten folgendes allgemeine Problem: Seien X, Y und Z endlich-dimensionale normierte IK-Vektorranme mit dim Y = dim Z. Ferner sei f : U + Z eine W1-Abbildung auf einer offenen Menge U C X x Y. Wir fragen nach der Losbarkeit der Gleichung f(x, y) = 0 in der Nihe einer gegebenen Nullstelle ( a ,b) von f , wobei a E X und b E Y sei. Zur Formulierung einer geeigneten Voraussetzung fiihren wir die soge nannten partiellen Differentiale
ein; diese sind definiert durch dx f (x, y)h := df (x, y)(h,O) fiir h E X , dyf(x,y)k := df(x,y)(O,k) fiir k E Y. Das Differential df (x, y) : X x Y
+Z
erhiilt damit die Darstellung
Dieser entnimmt man sofort: Falls das partielle Dzfferential dy f (x, y) invertierbar ist, so ist das totale Differential df (x, y) surjektiv. Im Fall X = IRk und Y = Z = IRm handelt es sich um das Gleichungssystem f i ( x ~ , . . . , Q , Y l , . . . , ~ r n )= 0,
Das Differential df (x, y) : IRk x IRm
+ IRm
wird dann durch die Matrix
dargestellt, ferner die partiellen Differentiale d x f (x, y) : IRk dy f (x, y) : IRm + IRm durch die Teilmatrizen
+ IRm
und
3.4 Auflosen von Gleichungen. Implizit definierte Abbildungen
113
Satz iiber implizite Funktionen: Sei f : U + Z eine %?-Abbildung in einer Umgebung U C X x Y einer Nullstelle ( a ,b) uon f . In (a,b) sei das partielle Differential dy f ( a ,b) inuertierbar. Dann gibt es Umgebungen U' c X uon a und U" c Y uon b sowie eine Cel-Abhildung g: U' + U" mit der Eigenschaft, daj3 die Nullstellenmenge uon f innerhalb U' x U" genau der Graph uon g ist: f ( x ,y) = 0, ( x ,y) E U' x U"
o y
= g ( x ) , x E U'.
Man sagt, die Abbildung g sei durch die Gleichung f ( x ,y) = 0 in der Nihe der Nnllstelle (a,b) implizit definiert.
Die Nullstellenmenge von f innerhalb U' x U" ist genau der Graph von g
Bemerkungen: 1. Im Fall X = IRk nnd Y = Z = IRm ist d y f (a,b) genau dann invertierbar, wenn die Matrix f&(a,b) invertierbar ist. 2. Gelegentlich wird der Satz verkiirzt so formuliert,: Die Losungsmannigfaltigkeit der Gleichnng f (x, y) = 0 kann in der Nahe einer Losung durch k Parameter beschrieben werden; oder auch: Sie besitzt k Freiheitsgrade. 3. Der Satz ist wie der von der lokalen Umkehrbarkeit ein Jokalei' Satz: Er stellt nur in hinreichender Nahe einer gegebenen Losung die Existenz einer Auflosung fest. Zudem liefert er ein weiteres Beispiel dafiir, daB sich differenzierbare Abbildungen unter geeigneten Regularitatsvoraussetzungen lokal wie ihre Linearisierungen verhalten.
Bezueis: Wir betrachten die durch @(x,y ) := ( 2 ,f (x,y ) ) definierte Abbildung @: U + X x 2.Ihr Differential im Punkt (a,b) ist gegeben durch
Da d y f (a,b) ein Isomorphismus ist, ist auch d@(a,b) ein Isomorphismus. Auf @ kann also in ( a ,b) der Umkehrsatz angewendet werden. Danach gibt es Umgebungen UO von (a,b) und V von @(a,b) = (a,0) so, daB die anf Uo eingeschriinkte Abbildung @: Uo + V ein Diffeomorphismus ist.
114
3 Differenzierbare Abbildungen
Deren Umkehrabbildung @-I: V + UO hat dieselbe Bauaxt wie @: Mit einer geeigneten V1-Ahbildung h: V + Y gilt @-'([,q) = (c, h (c,q)) fiir (c, q) E V. Fur (x, y) E Uo bestehen damit die Aquivalenzen
Insbesondere ist h(a, 0) = b. Wegen der Stetigkeit van h gibt es Umgebungen U' van a und U" von b mit U' x U" c Uo und so, daB fur x E U' h (x,O) in U" liegt. Wir definieren nun g : U' + U" dnrch g(x) := h(x,O). g ist eine %'-Abbildung, die in U' x U" nach (*) die verlangte Auflosung der Gleichung f (x, y) = 0 liefert. Zusatz. Das Differential van g in a kann man im nachhinein mit Hilfe der Kettenregel aus der Identitat f (x, g(x)) = 0, x E U', berechnen. Zunachst ergibt sich df (x,g(x)) o (idx, dg(x)) = 0, und daraus folgt nach (15)
Im Fall X = IRk und Y = Z = IRm besagt das fiir die Funktianalmatrix
Spezialfall von (16'): Hat man nur eine Gleich,ung f (xl,. . . ,x,) = 0 und ist c = ( s ,. . . ,c,) eine Nullstelle mit a, f (c) # 0, so gibt es in einer Umgebung von c* := (el,. . . ,c,-1) eine Auflosung x, = g(x1,. . . ,x,-1); diese hat in c* die Ableitung
Beispiel 1: Gegeben seien das Gleichungssystem f i ( x , y l , y z ) = x 3 + ~ ? +- ~7 ~ =0,
und die Nullstelle (2, -1,O). In der Nihe dieser Nullstelle sol1 das Gleichungssystem hinsichtlich Auflosbarkeit nach yl, y2 untersucht werden.
3.5 DifTerenzierbare Untermannigfaltigkeiten
115
Wir berechnen zuniichst die Funktionalmatrix nach diesen Variablen:
Diese Matrix ist invertierbar. Es gibt also in einem hinreichend kleinen offenen Interval1 I um a = 2 zwei fX1-Funktionen g l , g ~ I: + IR mit (91(2),92(2)) = ( - L O ) und fi(xig1(x),g2(z)) = 0, i = 1,2. Deren Ableitnngen im Punkt a = 2 erhalt man mittels (16'):
Beispiel 2: Wurzeln matrixwertiger Funktionen. Es sei U eine Umgebung von 0 E X und A: U + l K n x n eine V1-Abbildung mit A(0) = E. Wir zeigen: Es gibt in einer geeigneten Umgebung U' C U uon 0 eine fX1Abbildung B : U' + IKnXn mit B(0) = E und
Zum Beweis setzen wir Y = lKnxn und betrachten die durch f (x, y) := A(%)- Y2 definierte Abbildung f : U x Y + U x Y. Diese erfiillt in (0, E) die Vorausset,zung des Satzes: f (0, E) = 0; ferner gilt dy f (0, E)H = 2H fur H E lKnxn; insbesondere ist dy f (0, E) invertierbar. Somit gibt es in einer hinreichend kleinen Umgebung U' C U von 0 eine fX1-Abbildung B : U' + Y rnit B(0) = E und f (x, B(x)) = 0.
3.5
DifFerenzierbare Untermannigfaltigkeiten
Der Satz iiber implizite Funktionen fiihrt in geometrischer Sicht zum Begriff der differenzierbaren Untermannigfaltigkeit eines normierten Raumes. Das sind diejenigen Teilmengen, die lokal und in ,,flachmachenden6' Koordinaten wie offene Teilmengen eines Rd aussehen. Untermannigfaltigkeiten sind Spezialfalle der in vielen Gebieten der modernen Mathematik bedeutsamen abstrakten Mannigfaltigkeiten; letztere skizzierte bereits Remann 1854 unter dem Einflufi der Physik in seinem Habilitationsvortrag ,,Uber die Hypothesen, welche der Geometrie zugrunde liegen". Die abstrakten Maunigfaltigkeiten sehen lokal ebenfalls wie offene Mengen in einem Ed aus, miissen aber nicht in einen Vektorraum eingebettet sein. Im Folgenden seien X und Y endlich-dimensionale normierte Raume c Cn den d-dimensionalen Unterraum iiber IR. Ferner bezeichne
116
3 Differenzierbare Abbildungen
I. Elementare Feststellungen Definition: Eine nicht leere Menge M C X heigt d-dimensionale differenzierbare Untenannigfaltigkeit von X , wenn es zu jedem Punkt a E M eine offene Umgebnng U C X und einen Diffeomorphismus ip: U + V auf eine offene Teilmenge V eines IRn gibt so, dag gilt: Ein solcher Diffeomorphismus ip heigt eine Karte fur M und M n U deren Kartengebiet. Ferner heigt eine Menge {ipi}iEr von Karten mit Kartengebieten M n U, ein Atlas fur M , wenn {U,)iE1 eine Uberdeckung von M ist. Nach dem Lemma in 3.3 ist die Dimensionszahl d eindeutig bestimmt. Die Kurzbezeichnung ,,UntermannigfaltigkeitC'oder auch nur ,,Mannigfaltigkeit" bedeutet im Folgenden stets ,,differenzierbare Untermannigfaltigkeit". 1st ip von der Klasse P , so sagt man, M sei eine W-Untermannigfaltigkeit.
Beispiel 1: Die Sphare Sn-I im euklidischen IRn ist eine (n - 1)-dimensionale Un.temanmigfaltigkeit. Besonders einfach zeigt man das mit dem unten folgenden Satz vom reguliiren Wert; siehe dort Beispiel 1. Wir geben hier fur die Sphiire einen Atlas aus zwei Karten an. Sei N = (0,0,.. . ,1) der Nordpol und S = (0,0,. . . , 0 , -1) der Sudpol : \ N + IRn \ N mit dem Pol N und der Sphare. Die Inversion i ~ IRn der Potenz 2 ist ein Diffeomorphismus, der die gelochte Sphare Sn-I \ N bijektiv auf die Hyperebene IR;-l C IRn abbildet (siehe 1.3.11 Beispiel 3); i~ ist also eine Karte fiir Sn-'. Eine zweit,e Karte wird geliefert durch die Inversion i s mit dem Pol S . Sn-I \N und Sn-I \S sind zwei Kartengebiete auf der Sphare und uberdecken diese. Beispiel 2: Der Graph M einer W1-Abbildung f : 0 + Y aufeiner offenen Menge (2 C X ist eine Untenannigfaltigkeit von X x Y ; ihre Dimension ist gleich der des Rnumes X : dimM = dimX.
3.5 DifTerenzierbare Untermannigfaltigkeiten
117
Beweis: Man wahle Isomorphismen i: X + R n und j : Y + Em,und setze d a m U := IZ x Y, V := i(Q) x IRm, und definiere 9: U + V durch ~ ( xy), := (i(x), j(f (x) - y))). ip ist ein Diffeomorphismus und bildet den Graphen von f auf die Menge i(Q) x {0} in c lRn+m ab; der Graph ist also eine Untermannigfaltigkeit; deren Dimension ist n = dimX. Eine Karte 9: U + V einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M C X induziert einen Homi5omorphismus der in M offenen Menge M n U anf die in @ offene Menge V n IR$ Nach einer eventuellen Verkleinerung von U erhalt man auch einen Homoomorphismus von M n U auf eine offene Kugel in R t . Somit besitzt jeder Punkt in einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit Umgebungen, die dieselben topologisehen Eigensehaften wie offene Kugeln in Rd haben. Zum Beispiel hat jeder Punkt a einer 1dimensionalen Untermannigfaltigkeit M eine M-Umgebnng IZ derart, daB 0 \ {a) die Vereinigung von zwei disjnnkten zusammenhangenden Mengen ist, und jeder Punkt a einer Untermannigfaltigkeit M einer Dimension > 1 eine M-Umgebung IZ derart, daJ2 IZ \ {a}zusammenhangt; siehe Beispiel 2 in 1.5. Danach konnen die Kegel K = {x E En+' I x: . .. + x i = xi+1} keine Untermannigfaltigkeiten von IRn+' sein. Denn jede K-Umgebung der Spitze 0 zerfallt durch Entfernen dieses Punktes im Fall n = 1 in mindestens vier disjunkte zusammenhangende Mengen und im Fall n > 1 in mindestens zwei. Eine notwendige analytische Bedingung dafiir, daB M eine Mannigfaltigkeit ist, liefert der Satz im unten folgenden Abschnitt 11, wonach alle Tangentialkegel T,M, a E M , Vektorraume sein miissen, und zwar der gleichen Dimension; vgl. Aufgabe 18.
+
Der folgende Satz charakterisiert Untermannigfaltigkeiten lokal als L 6 sungsmengen gewisser Gleichungssyst,eme.
Satz: Eine nieht leere Teilmenge M eines n-dimensionalen normierten Raumes X ist genau dann eine Untennannigfaltigkeit der Dimension d, wenn es zu jedem Punkt a E M eine Umgebung U c X von a gibt sowie n - d F1-Funktionen f i , . . . ,fn-,j: U + IR folgender Art: (i) M n U = {x E U fl(x) = ... = fn-d(x) = 01,
I
(ii) die Differedale dfl(a), . . . ,dfn-d(a) sind linear unabh~n,gig. Im Fall X = IRn bedeutet (ii), daB die Ableitungen f;(a), . . . ,fA-d(a) linear unabhejlgig sind.
Beweis: a) Sei M eine d-dimensionale Untermannigfaltigkeit. Zu a E M wahle man eine Karte 9 = (91, . . . , p n ) : U + V mit (17). Dann leisten die Funktionen f, := ip,j+,, v = 1 , . . . ,n - d, das Gewiinschte: (i) folgt aus (17) und (ii) daraus, d d dip(a) = (dpl (a), . . . ,dip,(a)) : X + lRn ein Isomorphismus ist.
3 Differenzierbare Abbildungen
118
b) Die angegebene Bedingung sei erfiillt. Wegen (ii) konnen wir d Linearformen 11,. . . ,ld: X + IR wahlen derart, daf2 die n Linearformen 11,... ,ld,dfl(a),.. . ,dfn-d(a) eine Basis des Vektorraums der Linearformen auf X darstellen. Wir betrachten nun die Abbildung
m: u + I R ~ ,
m(z) := (l,(z), . . . ,ld(z),f1(z), . . . ,f n - d ( ~ ) ) .
Aufgrund der Wahl der 11,. . . ,l d ist d@(a)ein Isomorphismus. Somit gibt es nach dem Satz von der lokalen Umkehrbarkeit eine Umgebung Uo c U von a, die durch die Einschrejlkung 9 := mlUo diffeomorphauf V := ~ ( U O ) abgebildet wird. Ferner gilt ~ ( U nO M ) = JRi ,d V wegen (i). Also ist 9: UO + V eine Karte fur M bei a. 0 Im Fall eines global definierten Gleichungssystems folgt aus dem soehen bewiesenen Satz ein oft verwendetes binreichendes Mannigfahigkeitskriterium. Liegt ein lineares Gleichungssystem vor, handelt es sich dabei um den Satz: 1st f : X + Y eine regulare, d. h. surjektive, lineare Abbildung, so ist fur jedes c E Y der Losungsraum der Gleichung f (x) = c ein affiner Unterraum von X der Dimension dimX - dimY. Der folgende Satz verallgemeinert dieses Ergebnis auf den Fall einer Gleichung f (x) = c, wobei f eine Cel-Abbildung ist und c eiu sogenannter regularer Wert.
Definition: Ein Punkt x E U C X hei%t ein regularer Punkt der differenzierbaren Abbildung f : U + Y, wenn das Differential df (x): X + Y surjektiv abbildet,. Ferner heifit, ein Punkt y E Y ein regularer Wert von f , wenn alle x E f-'(y) reguliire Punkte sind. (y heist auch reguliirer Wert, wenn f-'(y) leer ist.) Bildet df(x) nicht surjektiv ab, so heiBt x ein singularer Punkt und f (x) ein singulhrer Wert von f . Im Fall X = IRn, Y = IRm ist ein y E IRm genau dann ein regularer Wert von f , wenn die Funktionalmatrix f'(x) in allen Punkten x E f-'(y) den Rang m hat. Fur m = 1bedeutet das, d d f'(x) # 0 ist in allen derartigen Punkten x. Bernerkung: Nacb einem Satz "on Sard sind die singuken Werte einer qlAbbildung ,,seltenn:Sie stellen nur eine Teilmenge vom Lebesgue-Ma8 0 dar.
Wir kommen nun zu dem angekundigten Mannigfaltigkeitskriterium.
Satz vom reguliiren Wert: Es sei f : U + Y eine Cel-Abbildung auf einer offenen Teilmenge U C X und M := f-'(c) die Niveaumenge zu einem regularen Wert c E Y. Ist M nicht leer, so ist M eine Untermannigfaltigkeit von X der Dimension
3.5 DifTerenzierbare Untermannigfaltigkeiten
119
Beweis: Wegen der Surjektivitat der Differentiale df (a): X + Y, a E M, ist dim X 2 dim Y. Sei n := dim X und d := dim X - dim Y. Wir wahlen dann einen Isomorphismus i: Y + IRn-d und betrachten die Abhildung F: x + ~
n - d ,
F(X) := i o f (x) - C, C := i(c)
Damit gilt: M = F-'(0). Ferner ist jedes Differential dF(a) = i o df(a), a E M, surjektiv; d. h., die Differentiale d F ~ ( a ).,. . ,dFn-d(a) der Komponentenfunktionen Fl, . . . ,Fn-dsind linear unabhhgig. Nach obigem Satz ist M also eine Untermannigfaltigkeit von X der Dimension d. 0
I
Beispiel 1: Eine nicht leere Quadrik Q = {x xTAx = 1) im E n , A eine reelle, symmetrische n x n-Matrix, ist eine (n - 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeit. Beweis: Q ist die Niveaumenge zum Wert 1 der stetig differenzierharen Funktion f : IRn + IR, f(x) := xTAx. In jedem Punkt x E Q ist deren Ableitung f'(x) = 2xTA von 0 verschieden. Also ist 1 ein regularer Wert 0 von f . Damit folgt die Behauptung.
I
Beispiel 2: Die orthogonale Gruppe O(n) = {X E IRnxn X T X = E} ist eine Untennannigfaltigkeit von IRnXn der Dimension $ n (n - 1). Beweis: O(n) ist das Urbild der Einheit,smatrix E unt,er der Abbildung f:
anxn +q x n ,
f (X) := XTX;
dabei sei IRrxnder Vektorraum der symmetrischen, reellen n xn-Matrizen. f ist stetig differenzierbar, und das Differential df(A): IRnXn + w x n in A E IRnXn ist gegehen durch
E ist ein regularer Wert von f , d. h., df (A) ist fiir jede orthogonale Matrix A surjektiv; denn die Gleichung df(A)H = S, S E IRrxn,besitzt eine Losung, namlich H = ;AS. Somit ist O(n) eine Untermannigfaltigkeit von IRnXn und hat die Dimension
Beispiel 3: Kofigurationsrtiume. Die Lage eines Systems von n Punkten im IR3 ist durch deren 3n Koordinat,en, zwischen denen bestimmte Relatie nen hestehen, charakterisiert. Zum Beispiel ist die Lage eines orientierten Stabes der Lange 1 gegeben durch den Anfangspunkt x = (XI, xz, x3) und 3 den Endpunkt y = (yl,yz,y3), wobei f ( x , y ) = C i = l ( x i - yi)2 = l2 gilt. Die Menge M aller solchen BTupel (x, y) ist eine Quadrik, und zwar nach Beispiel 1 eine 6dimensionale Untermannigfaltigkeit des IR6.
120
3 Differenzierbare Abbildungen
11. Tangentialkegel und Tangentialraum
Definition: Sei M eine nicht leere Teilmenge von X. Ein Vektor v E X heist Tangentialuektor an M i m Punkt a E M oder auch Geschwindigkeitswektor, wenn es in M eine stetig differenzierhare Kurve a : (-E; E ) + M , E > 0, gibt mit a(0) = a und &(O) = v. Die Gesamtheit der Tangent,ialvektoren an M in a heifit Tangentialkegel von M in a und wird mit T,M hezeichnet. 1st T,M ein Vektorraum, so wird er auch Tangentialraum g e nannt. Ferner heifit T f M := a+T,M afiner Tangentialkegel bzw. afiner Tan~entialraum.
Tangentialvektor und Tangentialraum an M im Punkt a
Satz: Es sei M eine d-dimensionale differenzierbare Untennannigfaltigkeit won X . Dawn gilt in jedem Pumkt a E M: (i) T,M ist ein IR- Vektorraum der Dimension d. (ii) Ist M die Niweaumenge einer fX1-Abbildung f : U + Y auf einer offenen Menge U C X zu einem regularen Wert c E Y , M = f-'(c), so ist T,M der Kern des Differentials d f (a):
I m Fall X = IRn und Y = IRm gilt also
Beweis: (i) gilt offensichtlich fur den Prototypen einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit, fiir M = @ fl V , V offen im IRn: Hier ist Der allgemeine Fall ergibt sich nun mit Hilfe einer Karte ip: U + V (Bezeichnung wie bei (17)). ip ordnet jeder Kurve a: (-E; E) + M fl U die Bildkurve a* := ip o a in IR: fl V zu, und jede Kurve in IR: fl V ist eine solche Bildkurve. Fur die Tangentialvektoren in t = 0 gilt
3.5 DifTerenzierbare Untermannigfaltigkeiten
Aus (*) folgt daher T,(M n U ) = (dip(a))-'@. da T,M = T,(M n U ) .
121
Damit folgt bereits (i),
(ii) Fur a: (-E; E) + M gilt f o a = c, also df (a)h(O) = 0; somit ist
(**I
T,M C Kern d f (a).
Die beiden Vektorraume T,M und Kern df (a) haben die gleiche Dimension; da d f (a) : X + Y surjektiv abbildet, gilt n k l i c h dim Kern d f (a) = dim X - dim Y = dim M. Wegen (**) sind sie sogar identisch. 0 Wir berechnen Tangentialraume in den oben angefiihrten Beispielen 1 und 2 und verwenden dabei die dort beniitzten Bezeichnungen. Beispiel 1: Tangentialraum und afiner Tangentialraum der Quadrik Q = {X E I R ~ xTAx = 1) zm Punkt a E Q. Wegen f l ( a ) = 2aTA ergibt (19')
I
Der affine Tangentialraum in a besteht aus den Punkten x E IRn derart, daB (x - a) E T,Q. Wegen aTAa = 1 und aTA(x - a) = 0 ergibt sich die in der Analytischen Geometrie gebrauchliche Formel
Beispiel 2: Der Tangentialraum der orthogonalen Grmppe O(n) im Einselement E. Wegen df ( E ) H = H HT ergibt (19)
+
T ~ o ( n ist ) also der Raum der schiefsymmetrischen n x n-Matrizen. In diesem Beispiel induziert die Exponentialfunktion fur Matrizen eine Abbildung des Tangentialranmes in die Gruppe: exp: TEO(n) + O(n). Denn fur eine schiefsymmetrische Matrix H ist eH eine orthogonale Matrix; da H und H T vertauschbar sind, gilt nBrnlich eH .(eH)T= eHfHT= E. D'ie Exponentialabbildung liefert ferner eine Kurve a: IR + O(n) mit a(0) = E und &(O) = H E TEO(n): Man setze dazu a ( t ) := etH. Nach 1.6 (15) ist dann h(0) = H. Bemerkung: Die Abhildung TEO(n) + O(n) bat ein Analogon bei beliebigen Liegruppen. Unter einer Liegruppe versteht man eine Gruppe, die zugleich eine Mannigfaltigkeit ist und deren Multiplikation und Inversenbildung dserenzierbare Abbildungen sind. Beispiele sind IKnXn, GL(n, R) und O(n), ferner die in Aufgabe 14 angefiihrte Lorentzgruppe.
Lie, Soph,us (1842-1899), norwegischer Mathematiker. Arbeitete iiber Differentialgleichungen und begriindete die Tbeorie der kontinuierlichen Transformationsgruppen, insbesondere solcber, die Differentialgleichungen invariant lassen.
3 Differenzierbare Abbildungen
122
111. Normalenraum an Mannigfaltigkeiten im euklidischen IEn
Es sei jetzt im IRn das Standardskalarprodukt eingefiihrt. Unter einem Nonnalenuektor einer Menge M C IRn im Punkt a E M verstehen wir jeden Vektor aus IRn, der auf dem Tangentialkegel T,M senkrecht steht, und unter dem Nomalenraum N,M das orthogonale Komplement zu T,M:
Die Normalenraume sind fur jedes M C IR" Vektorraume; ihre Dimension im Fall einer d-dimensionalen Mannigfaltigkeit ist n - d. Der Satz uber den Tangentialranm ergibt folgendes Korollar: Ist M = f-'(c) die Niveaumenge einer stetig differenzierbaren Abbildung f = (fi, . . . ,fn-d) : U + zum regularen Wert c E so bilden die Gradienten grad fi(a), . . . ,gradf,-d(a) in einem Punkt a E M eine Basis des Nonnalenraumes N,M:
Beweis: Die Transponierten der angeschriebenen Gradienten sind gerade die Zeilen der Matrix f'(a). Die Bedingung (19') dafur, dafi ein Vektor u E IRn zu T a M gehort, lautet deshalb auch: (gradf,(a),u) = f,'(a) u = 0 fiir i = 1, . . . ,n - d. Die n - d Gradienten grad f l (a), . . . ,grad fn-d(a) stehen danach senkrecht auf T , M . Sie sind aufierdem wegen der Regularitat des Wertes c linear unabhangig. (Die Matrix f'(a) hat den Rang n - d.) Sie 0 bilden somit eine Basis fur N,M. Es seien nun Mi und Mz zwei sich in a schneidende Untermannigfaltigkeiten des IR". Man sagt, diese beiden stehen in a aufeinander senkrecht, wenn ihre Normalenraume aufeinander senkrecht stehen: N,Ml IN,M2. Sind MI und Mz die Nullstellenmengen yon W1-Funktionen fi bzw. f2 mit 0 als regularem Wert, so stehen MI und M2 in a aufeinander senkrecht genau dann, wenn die Gradienten aufeinander senkrecht stehen:
Beispiel: Orthogonalitiit konfokaler Fliichen zweiter Ordnung Es seien 0 < a < b < c; es sei ferner fur jede reelle Zahl t # a, b, c x2 y2 qt(z,y,z) := a-t b-t
+-+-
z2 c-t'
Die durch
I
Q(t) := {(z,y,z) qt(x,y,z) = 1)
detinierte Quadrik ist fiir t < n ein IYipsoid, fiir a < t < (, ein einschaliges Hy1xrl1oloicllmrl fiir 11 < t < c 1:irr zw:isc.h;rligcs Hypc,rl~oloid. Es s ~ niv i t u 1)= (xll:?/O:,ql)(!in Pimlf. mit, xll~jilr)ro # 0. X:iit, Hilfc &IS Zm~isdii!111vcrt.si1t.zrs r r ~ cirrcs d ~~li~rri~to~~ic.~grr~~rcrrt~:s zcigt m;ui laiclrt, dak clir C~lcirtmugq,,(p)= 1 gcrrau rim: 'iisr~r~gf l < a ha+, gcrrau cino L ~ I I I I K t? E (it; b) rmd gwao cirrc Liihnrrg t3 E (1); c:).
3.6 Extrema umter Nebenbedingungen Dei vielen Optiniieri~ngsaufgabe~i isr nicllr, einfach das lkn~emuineiner Funktiun gesuclilt; ';midern das Extren1unl unter ~nsiitzlichenDedingungen; in der Velechimili etwii. dus M~ininlurnder I%'irl I3mkt~iorrcwp1; . . . , F , ~ : 11 + IR. anf rin1:r EIurp~: 1,: C R.". S c i A1 dic Nullst~cllcn~r~c~igc wirr q = (yl: . . . yr:) : I/ + R:!
(.kwr.lrt warhm hnktc: ;c(, E M nit f ( x ) 5 f(:c~)f i i ~dl(: . s E M ocLa f (x) 2 f (xu)fiir :c E iZT. SOICJIC ~ C ~ % CM I I u x i m d bzu!. Mtnirnalysnkte rwn f emf M oclcr a~icliu n t e r rler NeLeoherlili,~rngq = 0. Urr folgcrrd: sat^ b r i n ~cina , ~ r o t u ~ a ~ dBalirrgrmg igc dafiir, falls iZI i i ~ M ~ ci w i r r i ~ t l iit.. t
3 Differenzierhare Abhildungen
124
Satz (Multiplikatorregel von Lagrange): f und ip = (91,. . . ,ipk) seien stetig differenzierbar auf einer offenen Menge U C IRn; die Matrix ipl(x) habe in jedem Punkt x E M den Rang k. Dann gilt: Ist x0 E M ein Eztremalpunkt von f auf M , so ist f'(xo) eine Linearkombination von ip;(xo), . . . , ip;(xo): E s gibt Zahlen XI,. . . , Xk E IR, sogenannte LagrangeMultiplikatoren, mit k
(21)
~'(xo= ) C&ipl(xo). i=l
Im euklidischen IRn bedeutet (21):
aufgrund won (20) bedeutet das weiter:
Beweis: Wir zeigen (21') und dazu, dafi jeder Tangentialvektor u E T,,M auf grad f(x0) senkrecht steht. Das geniigt. Zu v E T,,M gibt es eine stetig differenzierhare Kurve a : (-E; E) + M mit a(0) = xo und &(0) = v. Die durch F(t) := f (a(t)) definierte Funktion F: ( - E ; E ) + R hat in t = 0 ein lokales Extremum. Folglich ist k(0) = 0, also (grad f (xo), u) = 0. Die Multiplikatorregel hat im Fall f'(xo) # 0 und k = 1 eine einfache geometrische Bedeutung. Die Niveauflache N von f durch zo und M sind dann in einer Umgebung von xo (n- 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeiten, und (21') hesagt, daB sich diese beiden in xo heriihren: T,,N = T,,M. Die Notwendigkeit dieser Bedingung ist leicht einzusehen. In der nebenstehenden Ahbildung sind Niveaulinien einer Funktion f zu den Niveaus -2, -1,0,1,2 skizziert. Ein Punkt z, in dem sich M und eine Niveaulinie von f transversal schneiden, kann kein Extremalpunkt sein. Denn durch Verschieben von x langs M erreicht man dann sowohl grogere als auch kleinere Niveaus von f ; dagegen erzielt man durch Verschiehen des Beriihrungspunktes xo auf M nur gro%ereNiveaus.
Beispiel 1: Es sol1 das Maximum von f (x) = X I . . . x, auf
bestimmt werden. f nimmt auf M ein Maximum an; f besitzt namlich auf der kompakten Menge M ein Maximum, und dieses wird wegen f (x) > 0 fiir x E M und f(x) = 0 fur x E M \ M bereits in M angenommen.
3.6 Extrema unter Nehenhedingungen
125
Es sei nun x0 E M eine Maximalstelle. Wegen y f ( x ) = ( 1 , . . . ,1) # 0 ist die Multiplikatorregel anwendbar; es giht also eine Zahl X mit f ' ( x O ) = X . y ' ( x O ) ,d. h. mit
Daraus folgt x: = . .. = x:. Wegen y ( x O )= 1 ist also x: = l / n . Somit nimmt f sein Maximum auf M genau im Punkt ( l l n , . . . , l l n ) an, und das Maximum ist l/nn; fiir x E M gilt also
Wir leiten hieraus noch die Ungleichung zwischen dem arithmetischen und dem geometrischen Mittel her. Es seien al, . . . ,a, beliebige positive Zahlen. Der Punkt ( a l / a , . . . ,a,/a) mit a := al + . . . + a, liegt in M . Wendet man auf ihn die vorangehende Ungleichung an, erhalt man
Beispiel 2: Es sei M eine Untennannigfaltigkeit des euklidischen IRn und a ein Punkt auflerhalb M . Weiter sei xo E M ein Punkt minimalen Abstandes uon a . Dann steht die Gerade durch a und xo senkrecht auf M . Beweis: xo ist eine Minimalstelle der Funktion f ( x ) = Ilx - all2 auf M . Nach (21') gilt also grad f (xo) = 2(xo - a ) E N,,M. 0 Anwendnng: Eigenwerte quadratisher Formen als Extrema nnter Nebenbediigungen. Sei A eine symmetrische, reelle n x n-Matrix und sei
Wir fragen nach dem Maximum der Funktion f auf der euklidischen Einheitssphare Sn-', d. h. unter der Nehenhedingung
Wegen der Kompaktheit von Sn-I nimmt f an einer Stelle v E Sn-' ein Maximum m an. Ferner ist ~ ' ( x=) 2xT # 0 fiir alle x E Sn-l. Nach der Multiplikatorregel giht es also eine Zahl X mit f ' ( u ) = Xyl(u), d. h. mit 2uTA = 2XuT, also Au = Xu. Ferner gilt X = XuTu = uTAu = f ( u ) = m. Ergebnis: Jede Maximalstelle u won f auf Sn-' ist ein Eigenvektor von A , und das Maximum m = f (u) ist der Eigenwert zu u. Insbesondere besitzt A einen reellen Eigenwert. Der folgende Satz verallgemeinert dieses Ergehnis
3 Differenzierbare Abbildungen
126
Satz von der Hauptachsentransformation: Jede symmetrische Matrix A € IRnXn hat Eigenvektoren u l , . . . ,u, folgender Art: (i) ,ul, . .. ,u, stehen paarweise aufeinander senkrecht. (ii) Der Eigenwert X k zu vk ist das Maximum von f auf Sn-I n Hk-1; dabei seien Ho := IF" und Hk := [ul,.. . ,ukIL fiir k 2 1.
Beuieis: Wir konstruieren v l , .. . ,u, induktiv. Als ul wahlen wir eine Maximalstelle von f auf s"-'. Es seien nun u l , . . . ,uk paarweise orthogonale Eigenvektoren von A zu Eigenwerten X I , . .. ,Xk. Wir fragen nach dem Maximum von f auf s"-' n H k , d. h. unter den Nebenbedingungen
Wegen der Kompaktheit von Sn-' n Hk nimmt f an einer Stelle uk+l € Sn-I nHk ein Maximum m an. Ferner sind auf Sn-I nHk die Ableitungen 'pb(x)= 2xT, 9;= u:, . . . , p(, = v: linear unahhangig. Es gibt also Zahlen k pi'pI(uk+l), d.h. mit pa,. . . ,pk mit fl(uk+l) =
Wegen u;+,Av, = Xiul+lui = 0 fiir i = 1 , . . . , k und der Orthogonalitat der ul, . . . ,vk folgt daraus p1 = . . . = pk = 0 und damit Auk+l = poVk+l. uk+l ist also ein Eigenvektor von A zum Eigenwert po und po ist das Maximum von f auf Sn-I n Hk, da pa = p~u;~uk+l = ~ ; + ~ A u k +=l m . 0
3.7 Aufgaben 1. Man zeige: Die Abbildung f : R2 + IR2, f (x,y) := (x( 1 - y), xu), bildet den Streifen IF+ x (0;1) diffeomorphauf den offenenersten Quadranten IR$ ab. Man berecbne f l ( x ,y ) .
2. Es sei X ein endlich-dimensionaler IF-Vektorraum mit Skalarprodukt. a) Man zeige, da8 die Abbiidung der Einheitskugel in X
eiu Diffeomorphismusist, und berechne ihr Differential. b ) Im Fall X = Rn konstruiere man einen Diffeomorphismus der Kugel K l ( 0 ) auf den Wiirfel (-1; l ) , C IRn.
3.7 Aufgahen
127
3. 1st die in 1.7 Aufgabe 6 angegebene Abbildung f : C* + Z konform? 4. Die Joloukouski-Abbildloung f : C \ {O} + C, z e i ( z
+ A).
Man zeige:
a) f ist auf C \ {-I, 0 , l ) stetig komplex-differenzierbar und konform. b) Das Bild einer Kreislinie {z E C I 121 = r), r > 0, unter f ist
f 1eine Ellipse mit den Brennpunkten i 1 und den Halbbzw. $ lr - ;I, achsen $(r - fur r = 1 das abgeschlossene Interval1 [-I; 11. - fur r
+ i)
Das Bild einer Halbgeraden {rei9 I r E IR+}, einer Hyperbel mit den Brennpunkten i 1 .
ip
6 Z . T, ist ein Ast 2
c) f bildet sowohl D l := {z E C I lzl > 1) als auch D2 := { Z E C I 0 < lzl < 1) bijektiv auf C \ [-I; 11 ab, und die jeweiligen Umkehrahbildungen sind stet,ig komplex-differenzierbar und konform. Die Joukowski-Abbildung spielt eine wichtige Rolle in der Aerodynamik, da sie geeignete Kreise durcb 1 in Tragflachenprofile abhildet; siehe MeybergVachenauer: Hobere Matbematik 2 fiir Ingenieure. 5 . Es seien Yl, . . . ,Y, und Z endlich-dimensionale normierte K-Vektorraume und f : Yl x . . . x Y, + Z eine m-fach lineare Abbildung. Man zeige, dafi f stetig differenzierbar ist, und berechne df. Was ergibt sich fur die Determinantenfunktion det : (Kn)n + K?
+ +
6. Die Gleichung z3 z xy = 1 hat fiir jedes (2,y) E IR2 genau eine reelle Losung g(x, y). Man zeige, d d g: IR2 + IR differenzierbar ist, und berechne g l ( l , l ) . Man untersuche g auf Extrema.
7. Man zeige, daB das Gleichungssystem x2
+ uy + eU= 0,
2x+u2-uw=5, in einer Umgebung des Punktes ( 2 , 5 ) durch eine Y1-Abbildung ) , Y)) mit u(2,5) = -1 und v(2,5) = 0 auf(x, y) ~t ( ~ ( x , ~w(x. gelost werden kann, und berechne deren Ableitung in diesem Punkt.
8. Diagonalisierung matrixwertiger Funktionen. Es sei U C X eine Umgebung von 0 und A: U + IRrXneine W1-Abbildung, wohei A(0) eine invertierbare Diagonalmatrix ist. IRynbezeichne den Raum der oberen Dreieckmatrizen in IRnXn. Man zeige: Es gibt eine Umgebung U' c U von 0 und eine Y1-Abbildung B : U' + IRynmit B(0) = E so, d d fur alle x E U gilt: A(X) = B(x)~A(o)B(x).
3 Differenzierbare Abbildungen
128
Es sei f : U + IRm, U eine offene Menge in IRn, eine stetig differenzierbare Abbildung, deren Differential d f (xo) in xo E U den Rang m hat. Dann enthalt f (U) eine offene Umgebung von f (xo). Es sei f : X + X ein Diffeomorphismus eines endlich-dimensionalen normierten Vektorraumes X auf sich und g: X + X eine Y1-Abbildung, die aufierhalb einer kompakten Teilmenge von X verschwindet. Man zeige: Es gibt ein E > 0 derart, dai2 fiir jedes X E IK mit IXI < E die ,,gestorteUAbbildung f + Xg: X + X ein Diffeomorphismus ist. Hinweis: Man orientiere sich am Beweis des lokalen Umkehrsatzes.
Seih>Oundy:U=(O;m)xIR+IR3, y(r, 29) := (T cos29, T sin$, hz9). Man zeige auf zwei Weisen, daB die Wendelflache W := ip(U) eine Untermannigfaltigkeit des IR3 ist. 12. Rotationsflachen im.IR3. Es sei M = f-l(O) eine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit des IR2, wobei f : IR+ x IR + IR eine stetig differenzierbare Funktion sei mit 0 als regulkem Wert. Man zeige:
ist eine 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit des IR3. Durch Rotation einer Kreislinie etwa erhalt man einen sogenannten Torus. Man stelle einen solchen als Nullstellenmenge einer V1-Funktion dar.
Torus als Rotationsmannigfaltigkeit 13. Sei f : IR4
+ IR3 definiert durch
wobei t = x
+ iy und w = u + iv. Man zeige:
a) Das Urbild f -l(p) jedes vom Nullpunkt verschiedenen Punktes p E IR3 ist eine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit des IR4. b) Die Einschrankung h = f I S3 bildet S3 surjektiv auf SZ ah.
3.7 Aufgaben
129
Bemerkung: Die Abbildung h : s3 + s2 wurde von Heinz Hopf bei Untersucbungen zur Homotopietbeorie gefunden und heifit Hopf-Abbildung. Die Existenz analoger Abbildungen sZn-'+ Sn h h g t rnit der Existenz von Divisionsdgebren der Dimension n zusammen.
Literatur: Der Band ,,Zablena in Grundwissen Matbematik. Springer 1992.
14. Die Lorentzgruppe der speziellen Relativitatstheorie. Es sei D die 4reihige Diagonalmatrix Diag(1, 1,1, -1). Unter der Lorentzgruppe versteht man die Grnppe 0(3,1) der reellen 4 x 4-Matrizen X rnit X T D X = D. Man zeige: 0(3,1) ist eine 6-dimensionale Untermannigfaltigkeit des
I
15. Die spezielle lineare Gruppe SL(n) := {A E lRnXn det A = 1). Man zeige: a) SL(n) ist eine (n2 - 1)-dimensionale Mannigfalt,igkeitin IRnXn. b) T d L ( n ) ist der Vektorraum der ( n x n)-Matrizen rnit der Spur 0. 1st A eine Matrix rnit der Spur 0, so definiert y(t) := etA,t E IR, eine Kurve in SL(n) rnit y(0) = E und "10) = A. Hinweis: deteA = eSpUrA,siehe 1.7 Aufgabe 17.
16. Es seien M und N Untermannigfaltigkeiten des IRm bzw. IRn. Man zeige: M x N ist eine Untermannigfaltigkeit des IRmxn der Dimension dim M dim N . Man interpretiere den Konfigurationsraum eines orientierten Stabes im lR3 als direktes Produkt IR3 x S2.
+
17. a) Es seien MI und Mz (n - 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeiten des IRn. Ferner sei MI n MZ nicht leer und in jedem Punkt a E Ml nM2 gelte dim (T,Ml nT,M2) = n - 2. Dann ist Ml nM2 eine Untermannigfaltigkeit der Dimension n - 2. b) 1st M eine 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit des IR3 und E eine Ehene in R3, welche M in nur einem Punkt a schneidet, so ist E die f i n e Tangentialebene an M in a.
1
18. Es sei N := {(x, y) E IR2 x3 = y2}. Manzeige: Fiir a E N , a # (0,0), hat T,N die Dimension 1, dagegen hat T(o,olNdie Dimension 0. Man folgere, daB N keine Untermannigfaltigkeit des IR2 ist. 19. Eine Einbettung der reellen projektiwen Ebene JP2 in den IR6. Die Punkte yon IP2 sind per definitionem die Geraden des IR3 durch den Nullpunkt; B2 kann aucb rnit der Menge der ungeordneten Paare von Antipoden p, -p der Sphire S2 identifiziert werden. Eine bijektive Abbildung des IP2 auf eine Zdimensionale Untermannigfaltigkeit des IR6 erhalt man rnit Hilfe von
f : IR3
+ R6,
f (x, y,2)
:= (x2,Y 2 , i Zy, ~tx,xY). ,
3 Differenzierbare Abbildungen
130
Dazu zeige man: a) Fiir p, q E S2 gilt f (p) = f ( q ) genau dann, wenn q = -p. IP2 kann also rnit M := f (S2) identifiziert werden. b) M ist eine 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit des R6. 20. Man bestimme den achsenparallelen Quader grofiten Volumens, der dem Ellipsoid x2/a2 y2/b2 z2/c2 = 1 einbeschrieben ist.
+
+
21. Es seien a l , . . . ,a, beliebige positive Zahlen und p l , . . . ,p, positive Zahlen rnit pl + . . . + p, = 1. Man zeige:
22. In 2.6 haben wir gesehen, daB eine W2-Funktion f : Rn + R in der Nibe einer stationaren Stelle a rnit nicht ausgearteter Hessematrix f"(a) durch die quadratische Form (x - a)Tf " ( a ) ( x - a ) approximiert wird. Das Lemma von Morse besagt, daB f lokal und in geeigneten Koordinaten diese quadratische Form ist. Lemma von Morse: Sei f eine reelle %m-Funktion in einer Umgebung U von 0 E IRn mit f ( 0 ) = 0, f'(0) = 0 und nicht ausgearteter Hessematrix f"(0). Dawn existiert ein Diffeomorphismus 9:Uo + V einer Umgebung Uo C U won 0 auf eine Umgebvng V won 0 so, daJ3
Beweisskizze: Durch 2-malige Anwendung von 2.8 Aufgabe 20 konstruiere man eine Xm-Abbildung A: U + ELFXn rnit 1
f(x) = - x T ~ ( x ) x und 2
A(0) = f"(0).
Mit Aufgabe 8 konstruiere man weiter eine %?l-Abbildung G : U' + ELnXn mit A(x) = G ( x ) ~ E ~ , , - ~ G ( x wobei ), Ek,n-k die Diagonalmatrix mit k Elementen 1 und n - k Elementen -1 sei; k := Anzahl der positiven Eigenwerte von A(0). Man setze ip(x) := G(x)x. Dadurcb ist ein Diffeomorphismus ip: Uo + V einer Umgebung von 0 e r k k t ; rnit diesem gilt die Bebauptung.
4 Vektorfelder
Vektorfelder treten in der Mathematik und Physik in mannigfacher Weise anf. Wir diskutieren sie bier im Zusammenhang mit krummlinigen Koordinatensystemen und als Systeme gewohnlicher Differentialgleichungen.
4.1 Vektorfelder. Koordinatensysteme Definition (Vektorfeld): Unter einem Vektorfeld u auf einer Menge f2 C Rn versteht man eine Abbildung, die jedem Punkt x E f2 einen Vektor v ( x ) E IRn zuordnet, u: f2 + Rn.1st v eine Vk-Abbildung, so spricht man von einem Vk-Vektorfeld. Geometrisch deutet man ein Vektorfeld v dadnrch, daJ2 man sich an jeden Punkt x E f2 den Vektor v ( x ) angeheftet denkt; formal: Man bildet die Paare ( 2 ,v ( x ) ), x E 0. Physikalisch deutet man ein Vektorfeld oft als Geschwindigkeitsfeld einer stationaren, d. h. zeitunabhangigen Stromung, wobei u ( x ) der Geschwindigkeitsvektor am Punkt x ist.
Beispiele: 1. Konstante Felder. Diese sind definiert durch u ( x ) = u E IRn fiir alle x E 0. Im folgenden fassen wir jeden Vektor u E Rn bei Bedarf als konstantes Vektorfeld auf und bezeichnen dieses ehenfalls mit v: v ( x ) = u. 2. Zentralfelder. Auf einer Kugelschale K ( I ) mit Zentrum 0 des euklidischen IRn, I ein Intervall, sind diese definiert durch
u ( x ) = a(llxll) . x ,
a:I
+ IR eine Funktion.
In IR3 \ {0} etwa ist ein solches das Gravitationsfeld u ( x ) = --
x
11~11~
3. Rotationsfelder. Auf einem Kreisring K ( I ) mit Zentrum 0 des enklidischen IR2 sind diese definiert durch
u ( x ) = a(llxll) . ( - x z , x ~ ) ,
a:I
+ IR eine Funktion.
4 Vektorfelder
132 r
Konstantes Feld
t
r
Zentralfeld v(x) = x
Rotationsfeld v(x) = (-"2)
"1
4. Gradientenfelder. 1st f : Q + IR eine differenzierbare Funktion auf einer offenen Menge f2 des euklidischen IRn, so wird das Gradientenfeld grad f : Q + IRn von f definiert durch die Zuordnung x + grad f (x).
+
Vektorfelder 111,. . . ,q, : Q IRn heiBen eine Basis der Vektorfelder auf Q, falls in jedem Punkt x E Q die Vektoren q ~ ( x ).,. . ,qn(x) eine Basis
des IRn bilden. In diesem Fall kann jedes weitere Vektorfeld u: f2 + IRn mit eindeutig best,immten Funktionen a l , . . . ,a,: Q + IR aus den Feldern
C a i ( x ) ~ i ( x )x, Eine :-. nennt man au&'ein Feld von n-Beinen.
71, . . . ,qn linear kombiniert werden: u(x) =
E Q.
Basis von Vektorfeldern auf Q Vektorfelder QI, . . . ,qn auf einer Teilmenge f2 des euklidischen IRn heiRen orthogonal (orthonormal), falls fur jeden Punkt x E Q die Vektoren ql (x), . . . ,qn(x) orthogonal (orthonormal) sind. Zum Beispiel bilden das Zentralfeld v,(x, y) = (x, y) und das Rotationsfeld vl(x, y) = (-y,x) auf 1R2 \ {(O, 0)) ein Feld ort,hogonaler 2-Beine. Wir verallgemeinern nun den Begriff der Ableitung in Richtung eines Vektors zur Ableitung in Richtung eines Vektorfeldes.
Definition (Ableitung ltings eines Vektorfeldes): Es sei f : Q + IRm eine differenzierbare Abbildung auf einer offenen Menge Q C IRn und v: f2 + IRn ein Vektorfeld. Dann heifit die Ableitung von f in x in Richtung des Vektors u(x) Ableitung von f irn Punkt x lings des Vektorfeldes u uud wird mit a, f (x) bezeichnet; d. h., es ist
Die Darstellung dh f (x) = df (x)h = f'(x)h der Ableitung in Richtung des Vektors h E IRn ergibt dafur
4.1 Vektorfelder. Koordinatensysteme
Mit v(x) = (ul(x), . . . ,v,(x)) lautet (1)
C
Diese Formel verkiirzt man oft zu d, = viai nnd sogar zu u = C viai. In diesem Sinn bedeutet speziell di das konstante Standardfeld ei. Beispiel: Es seien ql,. . . ,qn orthonormale Vektorfelder auf der offenen Teilmenge 0 des euklidischen IRn. Der Gradient einer differenzierbaren Funktion f : 0 + JR besitzt dann die Darstellung grad f (x) = x ( g r a d i=l
f (XI,vi(x)) qi(x).
Die Koeffizienten (grad f (x), qi(x)) sind nach 2.1 (10) gerade die Ableitungen von f im Punkt x langs der Vektorfelder qi; es gilt also
n
C
Diese Darstellung verallgemeinert die Darstellung grad f (x) = di f (x)ei i=l durch das Standard-n-Bein el,. . .,en. Koordinatensysteme und Felder von n-Beinen Bisher haben wir stets mit konstanten Feldern von n-Beinen gearbeitet, im IRn in der Regel mit dem Standard-n-Bein e l , . . .,en. Um hesondere Strnkturen, zum Beispiel Symmetrien, zu heriicksichtigen und dadurch Probleme zu vereinfachen, ist es jedoch oft zweckmaflig, Koordinaten einzufiihren, welche Felder ortsabhangiger n-Beine erzeugen, die der Sachlage angepaflt sind. In zahlreichen Anwendungen hat man es mit Koordinatentransformationen zu tun, die zu Feldern orthogonaler n-Beine fiihren. Es sei 0 eine offene Teilmenge des IR". Unter einer Y1-Koordinatentransformation auf 0 versteht man einen Y1-Diffeomorphismus@: 0 + fi anf eine offene Menge fi C IRn. Anstelle des Terminus Koordinatentransformation verwenden wir im Hinblick auf allgemeinere Situationen auch die Bezeichnung Koordinatensgstem. 1st namlich Q keine offene Teilmenge des En, sondern irgendeines topologischen Raumes, so fiihrt ein Homiiomorphismus @: 0 + f? reelle Koordinaten in 0 ein. Eine V1-Ahbildung @: 0 + IRn definiert nach dem Diffeomorphiesatz in 3.3 genau dann ein fX1-Koordinaten~~stem @: Q + f?, fi := @ ( 0 ) , wenn sie injekt,iv abbildet und die Funktionalmatrix @'(x) fiir alle Punkte x E 0 invertierbar ist.
4 Vektorfelder
134
In manchen Fallen gibt man eine Koordinatentransformation auf Q auch mit Hilfe des Umkehrdiffeomorphismus P = @-' : f? + Q an; man spricht dann von einer Parametrisiemng von Q. Die Bilder P o &ider achsenparallelen Geradenstucke E~ in f? (ei(t) = + tei, $, E 0, it[ hinreichend klein) hezeichnet man als Koordinatenlinien des Koordinatensystems @. Die Tangentialvektoren der Koordinatenlinien durch x = @(<) E Q sind nach der Kettenregel die Bilder dP(<)el,. . . ,dP([)e, der Basisvektoren e l , . . . , e n unter dP((). Diese Tangentialvektoren treten zugleich als die auf. Spalten P1(F)el,.. . ,@'(€)en der Funktionalmatrix @I(€) Eine Parametrisierung P: fi + Q gibt AnlaB zu Vektorfeldern 71, . . . ,7, auf f2. Wir definieren diese im Punkt x E Q durch
c
Die hiermit erklkten n Felder ql, . . . ,q, bilden wegen der Invertierbarkeit fiir alle 5 E fi ein Feld von n-Beinen auf (2. der Funktionalmatrizen @I(€)
+
@g4
Koordinatenlinien
Koordinatensystem @ und Parametrisierung !P Beispiel: 2-Beine mittels ebener Polarkoordinaten. Die Polarkoordinatenahbildung P 2 hildet den Halbstreifen f? = IR+ x (-7; T )diffeomorph anf die Iangs der negativen x-Achse geschlitzte Ebene f2 = IR2 \ S , S = {(x, 0) x 5 0), ab: P := P z I fi pammetrisiert Q, und @ = ist ein Koordin,atensystem auf Q. @ ordnet jedem Punkt (x, y) E Q seine in J? gelegenen Polarkoordinaten (r, 9 ) zu. Aus den Spalten von
I
ergibt sich fur die Felder ql, 7 2 : Q + IR2 die Darstellung
Die Felder 71, qz stehen an jeder Stelle (x,y) aufeinander senkrecht; ferner ist l l q l ( x , ~ ) l = l ~1 und II~z(x,Y)II~ =r =
w.
4.1 Vektorfelder. Koordinatensysteme
2-Beine mittels ebener Polarkoordinaten in lR2 \ S Es sei weit,er eine finktion F : f2 + IRm gegeben. Dieser ordnen wir mit Hilfe des Koordinatensystems @ und dessen Umkehrung P die Funktion F := F o P : f i + IRm zu. F heigt die nach f i zuriickgeholte Funktion; mit ihr gilt F = F o @. P
0 - 0
.,@A IRm
Wir machen einige Anmerkungen zur Untersuchung einer Funktion F mit Hilfe ihrer zuriickgeholten Funktion F . Die Kettenregel ergibt sofort, dag F genau dann differenzierbar ist, wenn F differenzierbar ist, und d d sich die Ableitungen in korrespondierenden Punkten E E f i und x = P ( < ) E f2 wechselseitig darstellen lassen: (4)
F'(E)=F'(x).P'(E),
~'(x)=F'(<).@'(x);
dabei ist @'(x) = ( P ' ( < ) ) - ~Insbesondere . gilt (4,)
&F(o
i = 1,.. .,n.
= F 1 ( x ). d i P ( [ ) ,
Die Untersuchung von F mittels F vereinfacht sich unter Umstanden, wenn man mit einem orthogonalen Koordinatensystem arbeitet. Zur Definition eines solchen setzen wir auf IRn die euklidische Metrik voraus.
Definition: Ein F1-Koordinatensystem @: LJ + f i heigt orthogonal, wenn das Differential dP(E) des Umkehrdiffeornorphismns P : f i + LJ in jedem Punkt ( E fi die Standardbasis e l , . . . , e n des lRn in eine Orthogonalbasis iiberfiihrt, d. h., wenn die Spalten ~ ( x =) diP(E) = Pf(E)ei, i = 1 , . . . ,n, der Matrix P'(5) fiir alle ( E J? orthogonal zueinander sind. Geometrisch: Wenn in jedem Punkt x E f2 die Koordinatenlinien durch x aufeinander senkrecht stehen.
-
-1
-
Beispiel: Die Abbildung @ = (P21LJ) , LJ = lR+ x (-.rr; n), stellt nach (3) ein orthogonales Koordinatensystem auf IR2 \ S dar.
136
4
Vektorfelder
Es sei nun @: f2 + 6 C IRn ein orthogonales Koordinatensystem und @-I. Fur diesen Fall werden die oben eingefiihrten Vektorfelder 111,. . .,qn zusatzlich normiert. Wir setzen Li(E) := Ilqi(x)ll, = Ildi!P([)ll, und definieren ohne Anderung der Bezeichnung !P =
Die hiermit erklarten Felder ql, . . . ,qn bilden eine Orthonormalbasis der Vektorfelder auf f2.Mit (5) geht nun die Formel (4i) uber in
Der Gradient in orthogonalen Koordinaten. Durch Kombination von (2) und (49 erhalt man fur den Gradienten einer differenzierbaren Funktion f : f2 + IR die folgende Darstellung mittels f
grad f ( x ) hat also in der durch das Koordinatensystem @ induzierten Orthonormalbasis q l ( x ) ,. . . ,qn(x) die mit der zuruckgeholten Funktion f^ errechneten Komponenten Ll'O
a,f'o.Insbesondere ergibt sich
' . ' " Ln'E)
Beispiel: Fur die Abbildung !P = P2 16 ist LI = 1 und Lz(r, i p ) = Irl. Damit folgt fur den Gradienten der Funktion f im Punkt ( x ,y) = P2(r,ip) anhand der durch f ( r , i p ) := f ( r cos ip, r sin i p ) erklarten Funktion
4.2
Integralkurven in Vektorfeldern. GewiiMiche Differentialgleichungen
Unter einer Integralkurve in einem Vektorfeld v : f2 + IRn versteht man = u(ip(t))fur jedes t E I. eine differenzierbare Kurve i p : I + f2 mit @(t) Deutet man v als Geschwindigkeitsfeldeiner strijmenden Flussigkeit, so ist eine Integralkurve die mit Zeitplan versehene Bahnkurve einer mitgefuhrten Partikel.
4.2 Integralkurven in Vektorfeldern. Gewohnliche Differentialgleichungen 137
Beispiel: Die Bedingung fiir eine Integralkurve ip = ( i p 1 , i p z ) im Rotationsfeld u ( x ,y ) = (-y, x ) lautet $1
= -92,
$2
= 91,
+
oder aquivalent $ = iip fiir ip := ipl iipz. Die Losungen hierzu sind die Kurven ip(t) = ceit, t E IR, wobei c eine komplexe Konstante k t .
Drei Integralkurven in einem Rotationsfeld
Die Frage nach der Existenz von Integralkurven behandeln wir allge meiner fur zeitabhangige Vektorfelder, sogenannte dynamische System,e. Unter einem solchen versteht man eine stetige Abbildung F : U + IKn auf einer offenen Menge U C IR x IK". Die Punkte in U bezeichnen wir in der Regel mit ( t , x ) , wobei t E IR und x E lKn sei. In der Physik bedeutet t oft die Zeit. Unter einer Losung oder auch Integralkurve des dynamischen Systems F versteht man eine differenzierbare Kurve $7: I + l K n , I ein Intervall, mit der Eigenschaft, dag (t,ip(t)) E U und
$(t)= F ( t ,ip(t))
fiir alle t E I
Die letzte Forderung notiert man als die Gleichung
oder ausfuhrlich als das Gleichungssystem
...................... xn = Fn ( t , XI,.. . , x n ) . Die Gleichung x = F ( t ,x ) wird als eine gewohnliche Differentialgleichung 1. Ordnung bezeichnet. Oft ist noch ein sogenannter Anfangswert (t0,xo) E U vorgegeben und dann eine Lasung ip mit ip(t0) = $0 gesucht. Man spricht in diesem Fall von einem Anfangswertproblem (AWP) und notiert dieses mit
In Band 1, Kapitel 10 und 13 haben wir bereits einige elementar losbare Differentialgleichungen behandelt. Jetzt untersuchen wir die Frage der Existenz und Eindeutigkeit von Losungen einer sehr allgemeinen Klasse von Differentialgleichungen sowie qualitative Eigenschaften der Losungen wie etwa das Langzeitverfahren.
138
4
Vektorfelder
I. Vorbereitungen
Vereinbarung: Im gesamten Abschnitt 4.2 verwenden wir auf lKn die Maximumsnorm. Die dazugehorige Operatornorm auf dem Matrizenraum lKnXn ist die Zeilensummennorm; diese hat fiir A = ( a i k )nach 1.3 (12) den Wert llAll CE=l laikl.
=my
Wir treffen zunBchst Vorbereitungen. 1. Lokale Lipschitz-Stetigkeit. Es sei U C IR x lKn eine offene Menge. Die Abbildung
F: U
+ Mm, (t,x ) e F ( t , x )
mit t E IR, x E Hin,
heist Lipschitz-stetig bezuglich x , wenn sie stetig ist und es eine Konstante L 2 0 gibt derart, dafi fiir alle Punkte ( t ,x ) und (t,x') aus U gilt:
F heifit lokal Lipschitz-stetig bezuglich x, wenn es zu jedem Punkt (to,$ 0 ) in U eine Umgebung Uo C U giht derart, da8 die Einschrinkung F I Uo Lipschitz-stetig bezuglich x ist. Das folgende Lemma beschreibt eine umfangreiche Klasse lokal Lipschitzstetiger Ahbildungen.
Lemma: Die Abbildung F sei an jeder Stelle (t,x ) E U nach X I , . . . , x , partiell differenzierbar, und die partiellen Ableitungen F, . . . ,a,,, F seien auf U stetig. Dann ist F lokal Lipschitz-stetig bezuglich x. Sch,irfer: F ist Lipschitz-stetig bezuglich x auf jeder kompakten Teilmenge Q = I x K won U , uiobei I ein Interval1 und K eine konvexe Menge i n lKn ist.
a,,
Beweis: Sind F l , . . . ,F, die Komponenten von F und ist M das Maximum der Normen ilaziFkllQ, i , k = 1,. . . ,n, so ist L := n M eine obere Schranke fur die Norm von F f ( x ) , x E Q , nacb dem Schrankensatz in 3.2 also eine 0 Lipschitz-Konstante. 2. Integrale mit Werten in Cn. Wir benijtigen im Folgenden das Integral einer stetigen Abbildung f : [a;b] + Cn. Sind f l , . . . ,f, deren Komponenten, so definieren wir
4.2 Integralkurven in Vektorfeldern. Gewohnliche Differentialgleichungen 139
Zum Beweis sei f , eine Komponente von f mit Fur diese gilt
11s:f ( t )dtll = ISa f i ( t ) dtl.
Damit folgt die behauptete Regel.
b
0
3. Die Integralversion einer Diierentialgleichnng. Zur Konstruktion yon Losungen der Differentialgleichung x = F ( t , x ) geht man oft zn einer aquivalenten Integralgleichung uber. Man erhat diese aufgrund des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung:
Lemma: Es sei F : U + K n stetig auf der offenen Menge U C IR x Kn. Eine stetige Funktion 9 : I + IKn auf einem Intervall I mit (t,ip(t))E U fiir alle t E I lost genau dann das AWP (7), wenn fur alle t E I gilt:
Diese Umformnlierung macht es moglich, rnit stetigen Funktionen zu arbeiten statt rnit differenzierbaren, was fur Grenzprozesse vorteilhaft k t . 4. Eiie Waehstumsabschiitzung. Wir werdeu wiederholt Anlag haben, rnit
Hilfe einer yon Gronwall 1918 in anderem Zusammenhang aufgestellten Ungleichung das Wachstum von Losungen abzuschatzen. L e m m a von Gronwall: Es sei g : I + R eine stetige Funktion auf einem Interval1 I mit g 2 0. Fur ein t o und alle t E I erfiille g eine Ungleichumg
rnit Konstanten A , B 2 0. Dann gilt fur alle t E 1
Beweis: Wir zeigen die Behauptung fiir t > to. Diese bedarf nur in der Umgebung eines Punktes t rnit g(t) > 0 eines Beweises. In einer solchen impliziert die gegebene Ungleichung mittels G ( t ) := A J; g(s)d s + B
G = Ag 5 AG. Daraus folgt G ( t ) I G ( t o )e A ( t - t ~= ) ~ e ~ ( ~ Wegen - ~ - ) g. die Behauptung bewiesen.
I G ist damit 0
4 Vektorfelder
140
11. Eindeutigkeitssatz und lokaler Existenzsatz
Eindeutigkeitssatz: Das dgnamische System F : U + Kn,U c IR x K n , sei lokal Lipschitz-stetig beziiglich x. Stimmen zwei Integralkuruen pl, 92: I + IKn uon F in einem Punkt to E I iiberein, so gilt pl = pz auf ganz I .
Beuieis: Es sei I' C I die Menge der Punkte t E I mit p l ( t ) = pz(t). Aus Stetigkeitsgriinden ist I' abgeschlossen in I . Wir zeigen, daB I' auch offen in I ist. Sei to E I' und J x V C U eine Umgebung von (to,p l ( t o ) ) ,in der F Lipschitz-stetig beziiglich x ist etwa mit der Konstanten L. Es sei $ := pz - 91. Wegen $(to) = 0 folgt aufgrnnd der Integralversion einer Differentialgleichungfiir alle t E J n I
Nach dem Lemma von Gronwall ist li, = 0 in J n I , d. h., I' umfai2t J Da I' nicht leer ist und I zusammenh%ngt, folgt I' = I .
nI . 0
Bemerkung: Der Eindeutigkeitssatz gilt ohne die Lipschitz-Bedingung im allgemeinen nicht. Wir erinnnern an das in Band 1,13.2 diskutierte AWP x= x(0) = 0. Dieses besitzt unendlich viele Losungen auf IR, darunter x ( t ) = 0 und x ( t ) = sign t . t'.
m,
Lokaler Existenzsatz (Picard-LindelSf): Das dgnamische System F : U + Kn auf der offenen Menge U C IR x K n sei lokal Lipschitzstetig beziiglieh x. Dann gibt es zu jedem Punkt (t0,xo) E U ein Interval1 Ia(to)= (to- fi; to+a), auf dem das Anfangswertpmblem
eine (und nur eine) Losung besitzt. Genauer: Es sei Q := I,(to)x K ( x o ) irgendein kompakter Quader in U , auf dem F Lipschitz-stetig beziiglich x ist mit der Konstanten L. Ferner sei 6 5 a eine positive Zahl mit 6 llFllg 5 b und 6L < 1. Dann besitzt das AWP ( 7 ) auf Ia(t0) genau eine Losung p. Diese uerlaufi in Kb(xO),d. h., es gilt
und ist die Grenzfunktion der durch die Picard-Lindelof-Iteration (9)
:= zo,
i ~ ~ + := ~ (x0t )+
L: qS,
pk(S))
ds
definierten und auf I ~ ( t 0gleichmriflig ) konwergenten Folge ( p k )
Beweis: Es geniigt, eine stetige Iiunktion $7: Ia(t4) -t K"' konstruiereq die fiir alle t t la(t0) die Ungleichung (8) uncl die lntegralgleichung I
(101
!+$) = %o + j
~ ( 8 &)) ,
d8
to
erIulll. Wir n-ollcn (10) ak cinc Fispunkfglcichung auffasscn. Uazu sci "4dm Raum aller sleligen F d l i o n e n 3: Is(lo) + Fin mi( IIq!:(l) - zoll 5 b liir alle 1 6 I ~ ( l o j~luclP die .4lhildung, die h e r Fimklion ,(L. E -4die durch t
+ 1 F(n,+(s))(in
(P?ij)(t) := ril
1.2
crklartc k'unldion P+: ls(to)
+ K"
zuordnct. P+ ist stctig und crfiillt
Fiir u* t tist d s o nuch P$ t dl. hliltels P: -4 -t laulel die Inlegralgleicllul~(10) nun: P v = 9. IYln mif dirsr Glrichnng den Rmil~!hsvhrnFixpnnkrwt,~MIS 3.3 muwldrn nil kiinnen, fiihrnn wir in ..& pine hktrik nin: Piir ?I:! :,I)?E .A? semen wir
Rri d i r s ~ iVrt,rik r konvrrgirrt r i n r Folge (?!:+) in ..K g m m dann, wmn sir g1:leichmiiClig m f TA(ti,) konvrrgirrt, nnd (la Fl,(xil)ahgrsr!hlw.irn ist, folgt? da%(.&> d ) ein vollstandiger metrischer Raum ist. Ferner ist P : ..# + nun cinc Iiontraktion, da
Kach dcm Fixpunktsatz aus 3.3 gibt cs gcnau cin 9 t tmit Pq = 9. 9 uerlaull iu f i a ( ~ o ) uncl IGsl clas .41irm1gswerLproble1il (7). 0
142
4
Vektorfelder
111. Maximale Integralkurven Definition: Eine Integralkurve i p : I + lKn des dynamischen Syst,ems F : U + lKn durcb den Punkt (to,ip(to)) heiBt mazimal, wenn fur jede weitere Integralkurve $: J + lKn durch diesen Punkt gilt: J c I und $=ipIJ. Lemma: Ist das dynamische System F lokal Lipschitz-stetig beztiglich x, so besitzt das AWP ( 7 ) eine (und nur eine) mazimale Losung.
Beweis: Sei I die Vereinigung aller Intervalle I,, in denen d m AWP eine Losung ip, hat ( a Element einer geeigneten Indexmenge). Zu t E I wahle man ein I, mit t E I, und setze ip(t) := ip,(t). 1st Ip ein weiteres Interval1 mit t E Ip, so gilt [to;t ] C I , n Ip, und mit dem Eindeutigkeitssatz folgt ip,(t) = i p p ( t ) . Also ist ip(t) unabhhgig von I, definiert. i p : I + IKn ist 0 offensichtlicheine maximale Losung. Der folgende Satz macht eine wichtige Aussage uher die Definitionsintervalle der maximalen Integralkurven. Satz: Es sei i p : ( a ;p ) + lKn eine maximale Integralkurve des bezuglich x lokal Lipschitz-stetigen dynamischen Systems F : U + lKn. Im Fall P < m gibt es zu jeder kompakten Menge K C U in jedem Internall ( y ; P ) ein T E ( y ;p ) mit (7,~ ( 7 )4)K . Eine annloge Aussage gilt im. Fall a > -w. Kurz: Eine maximale Integralkurve, die nur eine endliche Lebensdauer hat, werlajt jedes Kompaktum.
Beweis: Angenommen, fiir alle t E ( y ; P )gelte (t,ip(t))E K . Wir behaupten dann zunachst, da8 ip auf ( a ;p] stetig fortgesetzt werden kann. Dazu genugt es zu zeigen, daf2 ip auf ( y ;P ) gleichmaig stetig ist. Das aher folgt aus der fiir alle t l , t z E ( y ;P ) giiltigen Ahschatzung
Die stetige Fortsetzung von ip auf ( a ;P] werde mit ii, bezeichnet. Wir zeigen nun, da8 auch diese eine Integralkurve von F ist. Da K abgeschlossen ist, liegt (P, ii,(P))in K , also in U . Ferner gilt fur beliebige t , to E ( a ; P )
Wegen der Stetigkeit von ii, auf ( a ;P] gilt (*) auch noch fiir t = P. Damit folgt, da8 @: ( a ; P ] + lKn die Differentialgleichung x = F ( t , x ) lost im Widerspruch zur Maximalitat der Losung i p : ( a ;P ) + lKn. 0
4.2 Integralkurven in Vektorfeldern. Gewohnliche Differentialgleichungen 143
Fiir ein dynamisches System, dessen Definitionsbereich die spezielle Gestalt I x 0 hat, enthat der Satz die folgende wichtige Aussage:
Korollar: Es sei i p : ( a ;P ) + lKn eine maximale Integralkurve des bezuglieh x lokal Lipsehitz-stetigen dynamisehen Systems F : I x 0 + Kn.Ist P nieht der rechte Ranxlpunkt des Intervalls I , so gibt es zu jeder kompakten Teilmenge K C f2 und jedem Intervall (y; P ) ein t E ( y ;P ) mit ip(t)4 K . Analog mit a . Verlauft ip in einer kompakten Teilmenge won 0 , so ist ip auf ganz I erklirt.
Beweis: [y;P] x K ist eine kompakte Teilmenge von I x 0,und auf diese kann der Satz angewendet werden. Es gibt Vektorfelder, die auf ganz IR x lKn definiert sind, beste Differenzierbarkeitseigenschaften haben und trotzdem keine auf ganz IR definierte Losung besitzen. Ein Beispiel ist x = 1 + x h u f IR x IR. Die Losungen ip,(t) = tan(t - c) auf den Intervallen I+(c) sind bereits die Losungen mit den gr6Btmoglichen Definitionsintervallen: Eine auf einem Intervall einer Lange > .rr definierte Losung miifite nach dem Eindeutigkeitssatz auf einem gewissen Intervall Irr12(c)mit ipc iibereinstimmen, was wegen lipc(t)l + M fiir t + c ~ / nicht 2 moglich ist. 1st i = 1 x2 das Bewegungsgesetz eines sich auf einer Geraden (= IR) bewegenden Punktes, so wachst dessen Geschwindigkeit mit der Entfernung 1x1 starker als p r e portional zu 1x1, und er entweicht bereits in endlicher Zeit ins Unendliche. Wachst dagegen x hochstens proportional zu 1x1, so erfordert ein solches Entweichen unendlich lange Zeit. Ein analoger Sachverhalt liegt allgemein bei linear beschrankten Feldern vor.
+
+
Definition: Eine Abbildung F : I x IKn + lKn heiBt linear besehrankt, wenn es stetige Funktionen a, b: I + IR gibt so, daB fiir alle (t,x) E I x lKn
IIFK
4 5 4)llxll + b(t).
Satz: Jede maximale Integralkurue ip eines linear besehrankten und bezuglieh x lokal Lipsehitz-stetigen dynamischen Systems F : I x lKn + K n ist auf ganz I erklart.
Beueis: Es sei ( a ;0) c I das Definitionsintervall von ip. Ware etwa p nicht der rechte Randpunkt von I , so ware ip auf [to;P ) , t o ein beliebiger Punkt in ( a ; p ) ,unbeschriinkt. Nun folgt aus ip(t) = ip(to) $o F ( s , ip(s))d s
+
Aufgrund dieser Abschatzung miiBte ip aber nach dem Lemma von Gronwall in [to;P ) beschrankt sein. Widerspruch!
144
4
Vektorfelder
Maximale Integralkurven in V e k t o r f e l d e r n Es sei v : (2 + IKn ein Vektorfeld auf einer offenen Menge (2 C Hn. Das zugeordnete dynamische System F : IR x (2 + lKn, F ( t ,x ) := u ( x ) ,wird als autonom bezeichnet, und (2 heist dessen Phasenraum. 1st u lokal Lipschitzstetig, dann hat F diese Eigenschaft beziiglich x. Wir zeigen, daJi jede naximale Integralkurve in einem lokal Lipschitz-stetigen Vektorfeld konstant oder periodisch oder doppelpunktfrei ist. Zum Nachweis stiitzen wir uns auf zwei einfache aber wichtige Bemerkungen zu Zeitverschiebungen bei Integralkurven. Notiz zur Zeitverschiebung: Es sei i p : I + (2 eine maximale Integralkurve in dem lokal Lipschitz-stetigen Vektorfeld v : (2 + lKn. Dann gilt: (i) Fur jedes c E IR ist auch 9,: I c + (2, ip,(t) := ip(t - c), eine maximale IntegraRurve von u.
+
(ii) Ist $: J + (2 eine maximale Integralkurve mit $(s) = ip(r) fiir einen Zeitpunkt s E J hzw. r E I , so gilt J = I s - r und $ = ips-,.
+
Beweis: ( i ) +,(t)= $(t - c) = v(ip(t - c ) ) = u(ip,(t)). (ii) Aus 9,-,(s) = ip(r) = $ ( s ) folgt aufgrund der Maximalitat von ips-, und von $, daB J C I s - r C J gilt und 9,-, = $. 0
+
ip und ip, sind i m allgemeinen verschiedene Kurven, ihre Spuren in Q aber sind identisch. Lost ip das AWP j: = v ( x ) mit der Anfangsbedingung x(t0) = s o , so lost ipt, das mit der Anfangsbedingung x(0) = xo. Man verwendet dies o f t , u m den Anfangszeitpunkt einer Integralkurve auf 0 zu normieren. Als Konsequenz aus (ii) ergibt sich, daB die Spuren der maximalen Integralkurven den Phasenraum (2 disjunkt zerlegen. Die Gesamtheit dieser Spuren heiBt Phasenportrait des Vektorfeldes.
Satz v o n d e n drei T y p e n maximaler Integralkurven: Es see u ein lokal Lipschitz-stetiges Vektorfeld auf Q. Dann geht durch jeden Punkt von (2 bis auf Zeitverschiebungen genau eine maximale Integrakurve, und fur jede solche t r i f i genau einer der drei folgenden Falle zu: ( i ) Fur wenigstens ein to E I ist +(to)= 0. Dann gilt I = E, und ip ist konstant, wobei ip(t) eine Nullstelle von v ist. (ii) Fur alle t E I ist $(t)# 0, und ip besitzt einen Doppelpunkt, d. h., es ist ip(r) = ip(s) fir geeignete r, s E I , r # s. Dann gilt I = IR, und ip ist periodisch; mit p := s - r gilt ip(t + p ) = ip(t) fiir alle t E IR. (iii) Fur alle t E I ist $(t)# 0 , und
ip
besitzt keinen Doppelpunkt.
Die Nullstellen von v sind nach ( i ) die Spuren der konstanten Integralkurven und heiBen kn'tische Punkte oder Gleichgewichtspunkte des Feldes.
4.2 Integralkurven in Vektorfeldern. Gewohnliche Differentialgleichungen 145
Beweis: Es seien ip und $!J maximale Integralkurven, die durch 3.0 E f2 gehen; es sei also ip(r) = $(s) fur geeignetes r bzw. s. Dann ist nach Teil (ii) der Notiz $!J = 9,-, . Zur Typeneinteilung: a) Gilt @(to) = 0, so ist xo = to) eine Nullstelle von u wegen v(p(to)) = @(to).Daher lost auch die konstante Funktion $I: IR + Q, $(t) = xo das AWP x = u(x), z(t0) = xo. Wegen der Maximalitat von ip folgt (i). b) Es sei nun ip(s) = ip(r) mit p := s - r # 0. Nach Aussage (ii) der Notiz 0 gilt dann I = I + p und ip = 9,. Hiermit folgt die Behauptung. Die konstanten und die periodischen Integralkurven in einem Vektorfeld sind als die interessanten Sonderfalle anzusehen; die doppelpunktfreien als der Regelfall. Alle drei Typen konnen in ein und demselben Vektorfeld auftreten, wie das folgende Beispiel zeigt. Beispiel: Gegeben sei das autonome System in IR2
Durch jeden Punkt von IR2 geht bis auf Zeitverschiebungen genau eine maximale Integralkurve. Der Punkt (0,O) ist die einzige Nullstelle von u, die Kurve t H (0,0), t E IR, somit die einzige konstante maximale Integralkurve. Jede nicht konstante Losungskurve verlauft ganz in IR2 \ (0,O). Solche konstruieren wir nun mit Hilfe des Ansatzes x(t) = r(t) cos ip(t), ~ ( t=) r(t) sinip(t), wohei r und 9 stetig differenzierbare Funktionen sein sollen, r > 0. Eine einfache Rechnung ergiht, daB (11) in IR2 \ (0,O) fur Kurven (x(t), y(t)) der Bauart (12) gleichwertig ist zu dem System
f = r (1- r2)ist eine Differentialgleichung mit getrennten Veranderlichen.
Typische Losungen sind: a) die konstanten Losungen r = 0 und r = 1; b) die streng monoton wachsende Losung r : IR + (0; I), r(t) = dabei gilt lim r(t) = 0 und lim r(t) = 1; ti-m
t i m
c) die streng monoton fallende Losung r : IR+ + (1;co), r(t) = dabei gilt limr(t) = co und lim r(t) = 1. tLO
t i m
d ' -
1
+ ecZt' 1
.
146
4 Vektorfelder
Dnrch Zeitverschiebung erhalt man aus diesen Losungen samtliche maximalen LGsungen von i= r (1 - r2). Setzt man diese Losungen nnd die Losung ip(t) = t von = 1 in (12) ein, erhalt man LGsungen von (11). Im Fall (a) ist diese periodisch (unendlich oft durchlaufene Kreislinie), in den Fdlen (b) und (c) sind diese doppelpunktfrei (Spiralen, die mit t + m asymptotisch gegen die Spur der periodischen Losungen gehen). Alle weiteren Losungen von (11)erhalt man schliefllich durch Zeitverschiebung.
+
Eine konstante, eine periodische und zehn doppelpunktfreie Losungen fiir (11)
IV. Die UniversalitSt der Systeme 1. Ordnung Neben den Gleichungen der Gestalt x = F ( t , x) hat man auch Gleichungen zu betrachten, in denen hohere Ableitungen auftreten. Eine solche ist zum Beispiel die Schwingungsgleichnng 2 = -x. Man fiihrt diese auf ein System 1. Ordnung zuriick, indem man xl := x und xz := xl setzt; man erhalt dadurch das zum Rotationsfeld v(xl,xz) = (xz, -21) gehorige System
Allgemein ordnet man einer Differentialgleichung n-ter Ordnung (13)
x(n) = f (t, x , x , . . . ,x+l)),
wobei f : U + IK eine skalarwertige Funktion sei, U eine offene Menge in IR x IKn, das System 1. Ordnung
147
4.3 Lineare Differentialgleichungen
zu. Offensichtlich ist i p : I + IKn, ip = ( 9 1 , .. . , i p n ) , genau dann eine Integralkurve dieses Systems, wenn sie die Bauart ip = ( 9 1 , $ 1 , . . . ,ipp-l') hat, wobei ipl : I + IK die Gleichung (13) lost. Man sieht auch sofort, da% F genau dann lokal Lipschitz-stetig beziiglich x ist, falls f es ist. Daher ergeben die Existenz- und Eindeutigkeitssatze fur Systeme erster Ordnung auch Existenz- und Eindeutigkeitssatze Kir Gleichungen n-ter Ordnung. Als Anfangswert zu to fur eine Gleichung n-ter Ordnung kann man dabei den Wert x(t0) und die n - 1Ableitungen x(to),. . . , ~ ( ~ - ' ) ( t ~ ) der gesuchten Losung vorgeben.
4.3
Lineare Differentialgleichungen
Lineare Differentialgleichungen spielen aus mehreren Griinden eine gro%e Rolle. In Naturwissenschaft und Technik treten sie immer dann auf, wenn Superponierbarkeit ins Spiel kommt, und bei vielen nicht-linearen Prohlemen dienen sie als Approximationen, an denen unter Umstanden bereits Wesentliches abgelesen werden kann; ein Beispiel liefert der Satz van PoincareLjapunow in 4.5. Lineare Differentialgleichungen sind solche der Gestalt wobei A : I + lKnxn und b: I + IKn gegebene Abbildungen auf einem Intervall I C IR sind. Im Fall b = 0 heifit die Differentialgleichung homogen, andernfalls inhomogen.
Existenz- und Eindeutigkeitssatz: Sind A u,nd b stetig, so besitzt das Anfangswertproblem
x = A(t)x
+ b(t),
x(to) = so,
genau eine auf ganz I definierte LGsung, Beweis: F ( t , x ) := A ( t ) x + b(t) ist linear beschriinkt und fur jedes kompakte Intervall J c I auf J x lKn Lipschitz-stetig beziiglich x mit der Konstanten L := max IIA(t)ll. 0 tEJ
Folgerung 1: Es seien ao, . . . , an-l, b: I + lK stetige finktionen und X O , . . . ,xn-1 E lK gegebene Zahlen. Dann besitzt jedes AWP
genau eine auf ganz I definierte LGsung,
148
4
Vektorfelder
Folgerung 2 (Der Liisungsraum der homogenen Gleichung): (i) Die Menge 2 der auf I dejinierten Losungen der homogenen Gleiehung x = A(t)x ist ein n-dimensionaler lK-Vektovaum. (ii) n Losungen 91,. . . ,ipn: I + lKn bilden genau dann eine Basis von 2, wenn die Vektoren ipl(t), . . . ,ipn(t) fur wenigstens ein t E I (und dann fur jedes t E I) eine Basis von lKn bilden.
+
+
Beweis: (i) Trivialerweise ist jede Linearkomhination clip1 . . . ekipk von Losungen ipl,. . . ,i p k der homogenen Gleichnng ebenfalls eine Losung: 2 ist also ein Vektorraum. Zur Bestimmung seiner Dimension hetrachten wir fur irgendein to E I den Anfangswerthomomorphismus cut, : 2 + lKn, cut,(ip) := ip(t0). Aufgrund des Existenzsatzes ist cut, surjektiv und aufgrund des Eindeutigkeitssatzes injektiv. Folglich hat 2 die Dimension n. (ii) Der Anfangswerthomomorphismus cut ist fur jedes t ein Isomorphis0 mus. Er fuhrt also Basen in Basen uher. Eine Basis 91,. . . ,ip, des Losungsraumes 2 der homogenen Gleichung x = Ax heist ein Fundamentalsystem. Durch spaltenweises Zusammenfassen erhalt man eine matrixwertige Ahbildung
@ heifit eine Fundamentalmatrix zu x = Ax. Fur sie gilt offensichtlich
Nach Teil (ii) der Folgerung ist @(t)fur alle t E I invertierbar. Jede weitere Losung ip E 2 ist eine Linearkomhination ip = clip1 . .+cnipn mit cc E lK, kann also mit Hilfe der Fundamentalmatrix @ und eines Vektors c E lKn in folgender Weise dargestellt werden:
+.
Satz (Liouville): Ist @ eine Fundamentalmatrix fur x = A(t)x, so genugt det @ auf I der Differentialgleiehung 9 = Spur A . y : (15)
(det @)' = Spur A . det @.
Deutung: @(t): lKn + lKn stellt eine lineare Ahhildnng dm, und ldet @(t)I ist der Faktor der von dieser hewirkten Volumenverzerrung; siehe 7.7. Die zeitliche Entwicklung dieser Verzerrung wird durch (15) heschrieben. Gilt etwa SpurA(t) = 0 fur alle t E I , so ist der Verzerrungsfaktor konstant und sogar = 1, falls @(to)= E an einer Stelle to. In einem solchen Fall bilden alle Transformationen @(t)volumentreu ah.
4.3 Lineare Differentialgleichungen
149
Beweis: Wir zeigen zunachst, daf2 (15) an jeder Stelle t E I mit @ ( t )= E gilt. Es seien 9 1 , . . . ,ip, die Spalten von @. Nach der unten gezeigten Differentiationsregel erhalt man wegen ip,(t) = e, und +,(t) = A(t)e, n
det (el,. . . ,e,-1, A(t)e,, e,+l,. ..,en) = Spur A ( t )
(det @)'(t) = u=1
Das beweist die Behauptung fur t , @ mit @ ( t )= E. Den allgemeinen Fall fiihren wir nun darauf zuriick. Fiir heliehiges, fixiertes t E I hetrachten wir dazu die Fundamentalmatrix P := @. C , C := F 1 ( t ) Auf . t , P ist das bereits Bewiesene anwendbar und ergiht (det P ) ' ( t )= Spur A ( t ) . det P ( t ) Daraus folgt nach Definition von P die Behauptung auch fiir @.
0
Differentiationsregel: Sei @: I + KnXn eine differenzierbare matrixwertige Ahbildung mit den Spalten 9 1 , . . . ,ip,. Dann gilt
Beweis: Wegen der Linearit% der Determinante in den Spalten kann der als die Summe Differenzenquotient (@(t h ) - @(t))
+
geschrieben werden. Da die Determinante als Polynom ihrer Komponenten 0 stetig ist, folgt mit h + 0 die Behauptung
Ein Fundamentalsystem i m Fall einer konstanten Matrix A Sei A E IKnXn. Das Anfangswertproblem i = Ax, x(0) = 2 0 , hat im Fall n = 1 die Losung x ( t ) = eAtxo.Mit der Exponentialfunktion fiir Matrizen gilt dasselbe bei beliebigem n 2 1; zur Definition dieser Funktion siehe 1.6.
Satz: Die Losung des Anfangswertproblems x = Ax, x(0) = xo, lavtet
Ist vl, . .. ,u, eine Basis des Kn, so stellt eAtul,.. . ,eAtu, ein Fundamentalsystem fiir 2 dar. Insbesondere bilden die Spalten von eAt ein Fundamentalsystem; d. h., eA' ist eine Fundamentalmatrix.
150
4
Vektorfelder
Beweis: x ( t ) ist eine Losung der Differentialgleichung aufgrund der Ableitungsregel (eAt)' = AeAt; dazu siehe 1.6 (15).AuBerdem gilt z ( 0 ) = zo. Die weiteren Aussagen ergeben sich aus der Folgerung 2. 0 Da die Berechnung von eAt im allgemeinen schwierig ist, ermit,teln wir anf andere Weise, und zwar basierend auf der Jordanschen Normalform, ein Fundamentalsystem. Die einfachste und zugleich wichtigste Situation liegt vor, wenn A n linear unabhangige Eigenvektoren besitzt, was zum Beispiel der Fall ist, wenn A eine reelle symmetrische Matrix ist, siehe 3.6, oder wenn A n verschiedene Eigenwerte hat.
Lemma: Ist v ein Eigenuektor won A und X sein Eigenwert, so lost
das AWP x = Ax, k ( 0 ) = u . Sind u l , . . . ,vn linear unabhangige Eigenuektoren und XI,. .. ,An jeweils ihre Eigenwerte, so bilden ip,, , .. . ,ip,, ein Fundamentalsystem.
+,
= XeXtv = Beweis: ip, ist eine Losung der homogenen Gleichung, da eMAu = Aip. Ferner: Die Losungen ip,,, . . . ,ip,,, bilden eine Basis fiir 2, da ihre Werte ip,, (0), . . . ,ip,,, ( 0 ) eine Basis fiir IKn bilden. 0
Besitzt A keine n linear unabhangigen Eigenvektoren, was hijchstens im Fall mehrfacher Eigenwerte eintritt, so kann man ein Fundamentalsystem mit Hilfe von Hauptvektoren konstruieren.
Definition: Ein Vektor u E Cn, u # 0, heist Hauptvektor der Matrix A zum Eigenwert A, wenn es eine natiirliche Zahl s gibt so, d d
Die kleinste derartige Zahl s heist die Stufe von u , Die Hauptvektoren der Stufe 1 sind genau die Eigenvektoren. Ferner gilt: 1st v ein Hauptvektor der Stufe s , so sind die Vektoren
Hauptvektoren der Stufen s , s - 1 , . . . , l . vl ist ein Eigenvektor und vi, i = 2 , . .. , s , eine Losung der Gleichung ( A- XE)u, - vi-1.
(: ::)
Beispiel: A = 0 1 2
Die Zahl 1 ist ein 3-facher Eigenwert, und el ist ein Eigenvektor dazu.
151
4.3 Lineare Differentialgleichungen
Ferner gilt:
e, ist also ein Hauptvektor der Stufe s, s = 1,2,3. Mit Hilfe des Satzes von der Jordanschen Normalform gewinnt man leicht folgenden Basissatz. Satz v o n der Hauptvektorbasis: Zu jeder Matrix A E C n x n gibt es eine Basis des C", die aus Hauptuektoren besteht und zu jedem k-fachen Eigenwert X k Hauptuektoren ul, . .. ,uk enthalt, wobei Stufe(v,) 5 s gilt. Mit einer Hauptvektorbasis h l , . . . , h, hat man in eAthl,.. . ,eAth, ein Fundamentalsystem fiir die Gleichung x = Ax. Wir analysieren die Bauart einer LGsung q,(t) := eAtv, wobei u ein Hauptvektor zum Eigenwert X und der Stufe s sei: eAt u = e XEt e (A-XE)t v = e X t . C l 1e ! ( ~ - ~ ~ ) k t k ~ . k=O Wegen ( A- XE)% = 0 fur k 2 s reduziert sich die Reihe auf eine Summe: (17)
%(t)= eUp,(t) mit p,(t)
:=
1
p, ist ein Polynom eines Grades 5 s - 1, dessen Koeffizienten ( A - A E ) k u k! Vektoren in Cn sind. Im Fall s = 1 ist p,(t) = v. Wir fassen zusammen: Anleitung zur Konstruktion eines Fundamentalsystems fiir k i:Ax: ( i ) Man emittle zu einem Eigenwert A, dessen Vielfachh,eit k ist, Hauptuektoren u1,. .. ,vk mit Stufe(us)5 s, und bilde gemajl (17)
qu,(t)= eXtp,,( t ) ,
s = I , . . ., k.
(ii) Sind X I , . .. ,A, die uerschiedenen Eigenwerte uon A wnd k l , . . . ,k7 deren Vielfachheiten, wobei kl . . . k, = n gilt, so konstruiere man nach Ted (i) 2% jedem Eigenwert A, k, LCsungen, p = 1 , . .. ,r. Auf diese Weise erhalt man insgesamt n LCsungen, und diese bilden ein Fundamentalsystem.
+ +
(: :3
Beispiel: x = A x mit A = 0 1
2
152
4
Vektorfelder
Wir haben oben bereits festgestellt: A hat den 3-fachen Eigenwert 1 und e, ist ein Hauptvektor der Stufe s. Wir erhalten damit das Fundamentalsvstem:
Der FaU n = 2. Wir wollen uns einen Uberblick uber die moglichen Integralknrven der homogenen reellen Gleichnng
verschaffen. D a m nnterscheiden wir drei Falle: Das (reelle) Polynom det(A - XE) hat zwei verschiedene reelle Nullstellen oder genau eine reelle, oder zwei verschiedene, konjugiert komplexe. Die Disknssion wird etwas verkurzt durch die Regel: Ist 9 eine Integralkurve zu x = Ax, so ist die umorientierte Kurve 9-, 9-(t) := p(-t), eine Integralkurve zu x = -Ax.
I. Zwei reelle Eigenwerte X < fi. In diesem Fall hat A zwei linear unabhangige reelle Eigenvektoren u und zu. Die allgemeine Losung der Differentialgleichnng lautet dann
In Bezug anf die Basis {u, w} des IR2 sind cleht und czeGt die Komponenten von ~ ( t )Abhangig . von der Lage von X und fi zu 0 hat man die fiinf Falle: O<X
O=X
X
X
X
Die graphischen Darstellungen fiir die beiden letzten Falle gehen nach der oben formulierten Regel durch Umorientierung aller Kurven aus den Darstellungen fiir 0 = fi < -A bzw. 0 < -/I < -A hervor.
4.3 Lineare Differentialgleichungen
11. Em zweifacher Eigenwert X E IR.
Wir unterscheiden zwei Falle. a) Der Losungsraum der Gleichung (A - XE)x = 0 habe die Dimension 2. Das ist genau fiir A = XE der Fall. Die Differentialgleichnng hat dann die Losungen ip(t) = eAtu, u E IR2 beliebig. b) Der Losungsraum von (A - XE)x = 0 habe die Dimension 1. In diesem Fall besitzt A nehen einem Eigenvektor u zu X auch einen Hauptvektor h der Stufe 2, d.h. eine Losnng von (A - XE)h = u. Die allgemeine Losnng der Differentialgleichung lautet damit
111. Zwei nieht reeUe Eigenwerte A,% E C.
A hat dann - Eigenvektoren w und Tij E C2 und das Fundamentalsystem ,At - A t , w e . Da A reell ist, bilden ipl(t) := Re w eAtund ip,(t) := Im w eAt ebenfalls ein Fundamentalsystem. Mit w = u iu nnd X = y iw gilt
+
+
vl(t) = ~ e w e ~ ~ = e ~ ~ ( c o s w t . u - s i n w t . ~ ) , pz(t) = lmweAt=eTt(sinwt. u + coswt . v). Die Gesamtheit der Losungen ist dann gegehen durch ip(t) = eTt((ci coswt
+ cz s i n w t ) ~+ (-CI
sinwt
+ cz C O S W ~ ) ~ ) .
Wir schreihen ip im Spezialfall u = (1,O) nnd u = (0,l)komplex an; der allgemeine Fall ergibt sich aus diesem durch eine affine Transformation. Bei der Identfikation u = 1 und u = i erhalten wir
154
Vektorfelder
4
Eine partikullire Liisung der inhomogenen Gleichung
+
Jede Losung der inhomogenen Gleichung x = A ( t ) x b(t) gewinnt man aus einer speziellen Losung durch Addition einer Losung der homogenen Gleichung. Kennt man eine Fundamentalmatrix der homogenen Gleichung, so kann man in Analogie zum Fall n = 1 eine partikulare Losung der inhomogenen Gleichung mittels Variation der Konstanten herechnen.
Satz (Variation der Konstanten): Es sei @ eine Fundamentalmatrix der h,omogenen Gleichung x = A(t)x. Dann ist
x,(t) := @(t) . c ( t ) mit c := /@(s)-'b(s) d s eine Losung der inhomogenen Gleichung i = A ( t ) x + b(t). Beweis: i, = 6 c + @k = A@c+ @ F 1 b = Ax, + b.
4.4
0
Erste Integrale
Erste Informationen iiber die Spuren von Integralkurven eines Vektorfeldes kann man gelegentlich aus einem sogenannten Ersten Integral gewinnen.
Definition: Unter einem Ersten Integral zu einem %'-Vektorfeld u auf f2 c IRn versteht man eine V1-Funktion E : f2 + IR, die auf der Spur jeder Integralkurve einen konstanten Wert hat; anders formuliert: eine Funktion E derart, dafi jede Integralkurve von v in einer Niveaumenge von E verlauft.
+
Zum Beispiel ist die Funktion E : IR2 + R, E ( x , y ) = x2 y2, ein Erstes Integral des Rotationsfeldes u: IR2 + IR2, v ( x , y ) = ( - y , x ) , da jede Losung auf einem Kreis um 0 verlauft.
Lemma: Eine V1-FunktionE : f2 + R ist genau dann ein Erstes Integral zu u, wenn die Ableitung d,E langs v werschwindet, d. h., wenn gilt:
Beweis: Sei d,E = 0 und
ip:
I
+ f2 eine Integralkurve. Dann gilt
E ist also konstant auf der Spur von ip. Sei umgekehrt E konstant auf jeder Integralkurve. Man wahle dann zu x E f2 eine Integralkurve mit ip(0) = x. Da E auf der Spur von p konstant ist, folgt
4.4 Erste Integrale
155
Eine allgemeine Methode, um zn einem Vektorfeld ein Erstes Integral zu finden, giht es nicht. Immerhin ist eine Reihe von Ansatzen bekannt, die in einem konkreten Fall unter Umsthden eine Berechnung ermoglichen; siehe Beispiel 2. In physikalischen Anwendungen liefern Erste Integrale oft wichtige Erhaltnngssatze wie etwa den Energieerhaltungssatz, siehe Beispiel 1.Sie werden daher auch als Konstanten der Bewegung hezeichnet.
Beispiel 1: Nichtlineare Sehwingungen. Siehe Band 1,13.3. Sei f : I + IR eine Y1-Funktion (ein Potential) auf einem Interval1 I. Die Gleichnng x = -fl(x), d. h. das System 1. Ordnung
hat die Funktion E : I x IR + IR (Energie),
als ein Erstes Integral, da d,E(x,y) = f'(x)y - f'(x)y = 0. Jede Losung ip = (x, y) = (2, x) verlauft daher in einer Niveaumenge von E , d. h. so, daB E(x, x) konstant ist (Energieerhaltungssatz).
+
1 2 Niveaumengen der Energiefunktion E(x, y) = - cos x ~y zur Gleichung 2 = - s i n s des Mathematischen Pendels
Beispiel 2: Das Volterra-Lotka-System
Dieses System laRt sich als einfarhes Modell fiir die zeitliche Anderung zweier in Wechselwirkung stehender hiologischer oder okonomischer Populationen x(t), y(t) deuten, deren Wachstumsraten x / x und G/y zum Zeitpunkt t jeweils durch das momentme Potential des Partners bestimmt sind. In dem erstmals von dem italienischen Mathematiker Volterra (1860-1940) und dem amerikanischen Biologen Lotka (1880-1949) untersuchten Fall waren x(t) und y(t) die BestXnde an Haien hzw. Sardinen im Mittelmeer, und die Wachstumsraten a(y) bzw. -b(x) wurden linear angenommen.
156
4
Vektorfelder
Wir machen hier die Voraussetzung: a, b: IR + IR sind streng monoton fallende V1-Funktionen rnit je einer positiven Nullstelle,
und zeigen, daB dann alle in IR$ verlaufenden Losungen des Systems periodisch sind. Zunachst einige vorbereitende Feststellungen. a) Die kritischen Punkte des Systems sind (0,O) und (E,q) E IR: b) Das Gleichungssystem hesitzt die Losungen (cen(OIt,0) und (0, ce-b(0)t) rnit c E IR,welche auf der x- hzw. y-Achse verlaufen. Aufgrund des Eindentigkeitssatzes hat das die Konsequenz, daf2 jede Losung ip rnit ip(0) E IR: fir alle Zeit in diesem Quadranten bleibt. c) Auf lR:
giht es ein Erstes Integral der Bauart
Die Bedingung (18) dafiir lautet a(y)xF1(x)- b(x)yG1(y)= 0. Diese wird erfiillt, falls F'(x) = - b ( x ) und Gr(y) = 4 ~ ) x Y Daher definieren wir:
Man sieht leicht, daB F in (0; [I streng monoton fallt und in [E; co) streng monoton wachst; G hat die analoge Eigenschaft rnit q anstelle von E. Ferner gilt F(u), G(u) + co sowohl fiir u + 0 als auch u + co. Konsequenz: E hat in (5, q) ein isoliertes Minimum rnit E(<,q) = 0. Jede Niweaumenge E-'(a), a > 0, ist eine kompakte Teilmenge des Quadranten lR: und enthalt aufjeder der beiden Geraden x = E und y = q genau zwei Punkte (Bezeichnung siehe Abbildung). d) Es sei nun ip = (x, y) die maximale Integralkurve rnit ip(0) = Ao, A. E E-'(a), a > 0. ip verlauft dann in E-'(a), also in einem Kompaktum, und ist daher fiir alle t E lR definiert. Wir zeigen: Es gibt ein tl E (0; co) so, daB gilt: (i) x fallt streng monoton in [O; tl] und y wachst dort streng monoton; (ii) ip(t1) = AI.
I
Beweis: Sei tl := sup{t x > [ in ganz [O; t]). Nach der zweiten Differentialgleichung ist dann y > 0 in [O; t ~ ) y, also streng monoton wachsend. Es folgt y > y(0) = q in (0; tl). Nach der ersten Differentialgleichung ist somit x < 0 in (0; tl), x also streng monoton fallend. Wir zeigen nun, daB
4.4 Erste Integrale
157
tl < co.Dazu wiihle man irgendein E E (0;t l ) . Fur t E ( E ; t l ) gilt dann y ( t ) 2 Y ( E ) > 7 und damit a ( y ( t ) )5 a ( y ( & ) )=: cu < 0. Nach der ersten ). Differentialgleichungergiht sich fur diese t weiter x ( t ) 5 ea ( t - z ) x ( ~Hiernach und wegen x ( t ) > > 0 fur alle t E [O; t l ) mu%tl < m sein. Aus der Definition von tl folgt nun sofort x(t1) = und damit y(t1) = A I . e) Wie in d) zeigt man die Existenz vonParameterstellen tl < tz < t3 < tq mit ~ ( t k=) Ah, k = 2,3,4. Inshesondere gilt mit T = t 4
<
<
Ergebnis: Jede mazimale Integralkurve y rnit y(0) E IR? verlauftftr alle Zeit in diesem Quadranten und ist periodisch,.
Losungen des VolterraLotka-Systems
x = (3 - 2y)x, y = ( z - 2)y.
AbschlieBend weisen wir noch auf einen Punkt hin, der fiir die Diskussion der Niveaumengen eines Ersten Integrals Bedeutung hat. Es sei E eine @Funktion und x0 ein kritischer Punkt mit nicht ausge arteter Hessematrix Ef'(xo).Die Gestalt der Niveaumengen in der Nihe von xo ist dann nach dem Lemma von Morse, siehe 3.7 Anfgabe 22, bis anf Diffeomorphie durch E1'(xo)hestimmt. Wir zitieren den Spezialfall des Lemmas, dem hier besondere Bedeutung zukommt: Sind alle Eigenwerte von E"(x0) positiv, so gibt es einen Diffeomorphismus h : K + 00einer Kugel K C IRn um 0 auf eine Umgebnng COc C von xo derart, daB
Damit folgt: Ist E'(x0) = 0 und Ef'(xo) > 0, so gibt es eine Umgebung 00C C des Punktes xo derart, daJ3 gilt: Jede Integralkurve y uon u durch einen Punkt x E 00verlauft auf einer Mannigfaltigkeit C C 00,welche zu einer (n - 1)-Sphare diffeomorph ist, und hat unendliche Lebensdauer. Beispielsweise hat das zum Volterra-Lotka-System konstruierte Erste Integral im Punkt (<, 17) die genannte Eigenschaft; ehenso das Erste Integral (19') zur Schwingungsgleichung (19) in einem Punkt (xo,0 ) , falls das Potential f in xo ein Minimum hat mit f"(xo) > 0.
158
4.5
4
Vektorfelder
Attraktoren und stabile Punkte
Eine zentrale Anfgabe der Theorie der Vektorfelder besteht darin, das Langzeitverhalten der Integralkurven zu untersuchen. Wenn es gelingt, die Integralkurven explizit anzugeben, kann man diese selbst stndieren; jedoch ist eine solche Angabe nur in den seltensten Fallen miiglich. Man mu8 daher versuchen, allein anhand des Feldes Aussagen iiber das asymptotische Verhalten der Integralkurven zu gewinnen. Diese Aufgabe ist seit langem Gegenstand intensiver Forschung; eine ihrer jiingsten Facetten stellt die sogenannte Chaos-Forschung dar. Wir fiihren hier exemplarisch zwei Methoden an: die Linearisierung, bei der ein Feld in der Nahe eines kritischen Punktes durch ein lineares Feld approximiert wird, und die Methode der Ljapunow-Funktion, die an den Ideenkreis eines Ersten Integrals und einer Energiefunktion anschlieflt. Wir beginnen mit einer einfachen Beobachtung. Eine maximale Integralkurve i p : (a;p) + R eines stetigen Vektorfeldes v : f2 + IRn mug natiirlich fiir t + p nicht konvergieren; sie mu%ja nicht einmal beschrankt sein. Falls nber Konvergenz gegen einen Punkt in R stattfindet, ip(t) + 3.0 E f2 fiir t + p, so ist dieser notwendig ein kr-itiseher Punkt des Feldes, v(x0) = 0 , und die Konvergenz erfordert unendlieh lange Zeit, d. h. ,8 = m.
Beweis: Ware p < m, so gabe es zu jeder kompakten Kreisscheibe K,(xo) c R und jedem E > 0 ein t E ( p - E;p) mit ip(t) @ T ( x O im ) Widerspruch zur Konvergenz i p ( t ) + so. Zum Nachweis von u(x0) = 0 verwenden wir den Mittelwertsatz der Differentialrechnung. Mit geeigneten i-i E [t;t 11, i = 1,. ..,n , gilt komponentenweise pi(t 1) - ipi(t) = +i(.ri)= ui ( ~ ( 7 , ) ) . Wegen ip(t)+ xo und der Stetigkeit von v folgt daraus ~ ( $ 0 )= 0.
+
+
Definition (Attraktor): Ein kritischer Punkt x0 des Vektorfeldes v : R + IRn heifit Attraktor, wenn jede Umgebung K c f2 von xo eine Umgebung V mit folgender Eigenschaft enthalt: Jede maximale Integralkurve ip mit ip(0) E V ist fiir alle t 2 0 definiert und konvergiert gegen xo: ip(t)
+ xo
fiir t
+ m.
Yk5'
Beispiel 1: Es sei v: IR + IR, u ( x ) := -xp, p E IN. Der Nullpunkt ist ein kritischer Punkt dieses Feldes. Die Integralkurve mit ip(0) = x0 lautet
4.5 Attraktoren und stabile Punkte
159
Dieser Darstellung entnimmt man sofort, daB der Nullpunkt fur ungerades p ein Attraktor ist, fur gerades p aber nicht; vielmehr gilt im letzten Fall fiir jeden Anfangswert xo < 0: ip(t) + -co fiir t + &x;-~.
Losungen von i = -zp fur p = 1 und p = 2
lie1 2: Der Nullpunkt ist ein Attraktor des linearen Feldes v(x) = Ax, fallsjeder ~ i ~ e n w evon r t A einen negativen Realteil hat. Das folgt direkt daraus, dafi jede Losung eine Linearkombination der Losungen (17)ist und jede dieser Losungen wegen des Faktors ext fiir t + co gegen Null geht. Die Feststellung des letzten Beispiels gilt analog fiir jedes Cel-Vektorfeld
u mit dem kritischen Punkt xo, wenn man es in der Nahe von so mittels seiner Linearisierung approximiert; dabei verstebt man unter der Lineansiemng von u das Feld 5 : IRn + IRn mit 5(x) = Ax, wobei A := v1(xo). Satz (PoincarB-Ljapunow): Es sei xo ein kritiseher Punkt des CelVektorfeldes u: f2 + IRn. Jeder Eigenwert der Ableitung vl(xo)=: A habe einen negativen Realteil. Dann ist xo ein Attraktor. Beweis: Es sei po > 0 eine Zahl mit ReX von A und dann C eine Konstante so, dafi
< -fro fiir jeden
Eigenwert X
Eine solche Abschatzbarkeit ergibt sich zum Beispiel daraus, d d die Spalten von eAt Linearkombinationen der in (17) angegebenen Fundamentallosungen sind und diese solchen Abschatzungen genugen. Wir nehmen xo = 0 an und baben dann fiir v eine Darstellung
v(x) = Ax
+ R(x)x,
wobei R(x) + 0 fiir x
+ 0.
Die Existenz einer solchen Darstellung ergibt sich durch Anwendung der letzten Aussage in 2.2 auf die einzelnen Komponenten von v. Eine Losung ip des AWP x = v(x), x(0) = scbreiben wir in der Gestalt ip = eAtz. Wegen (eAtz)' = AeAtz e A t ilost ip dieses AWP genau dann, wenn
+
c,
160
4
Vektorfelder
Dnrch Integration und Multiplikation mit eAt folgt daraus die Identitat
P) von ip. Aufgrund Diese gilt fiir alle t 2 O des Definitionsintervalles (a; der oben gezeigten Abschatzung lieAt 5 Ce-Uot erhat man weiter
1
t
+ c JeU~(s-t)II R (ip(8)) I . llip(~)IIds.
Ilip(t)ll 5 ce-Uot I I ~ I I
0
Es sei nun K C LJ eine kompakte Kugel mit Mitt,elpunkt 0 und einem Radius r K , den wir noch festlegen werden, und M das Maximum von IlRll auf K . Falls ip(s) E K fur s E [O; t ] ,folgt die weitere Abschatzung t
eUotilip(t)ll5
c IICII + CM JeUoSilip(s)llds, 0
und diese impliziert nach dem Lemma von Gronwall
Wir legen nun den Radius von K fest: r~ sei so klein, daB C M < fro. Es sei . behaupten nun, dag eine maximale Integralkurve dann p := T K I ~ CWir 9: (a; 0) -t LJ mit ip(O) E K,(O) fur alle t E [O; P) in KO verlauft,. Ware das nicht der Fall, gabe es ein t* E (O;P) derart, daB ip(t*) E a K und ip(s) E KO fiir s E [O; t*); auf dieses t* durfte (*) angewendet werden, und . Tatsache, man erhielte den Widerspruch ilip(t*)ll < Cllip(0)ll < r ~ Die daB ip zu allen Zeiten t E [O; P) in der kompakten Kugel K bleibt, impliziert nun p = co.Die Ahschatzung (*) ergibt sodann ip(t) -t 0 fur t -t m. Fur Stabilitatsnntersuchungen spielt neben der Linearisiernng des Feldes die Methode der Ljapunow-Fnnktion eine wichtige Rolle. Diese ist auch in manchen Fallen anwendbar, in denen die Linearisierung versagt, und liefert uberdies Abschatzungen des Einzugshereichs eines Attraktors. Definition (Ljapunow-Funktion): Unter einer Ljapunow-Funktion zu einem kritischen Punkt xo eines Vektorfeldes v : LJ -t IRn versteht man eine W1-Rinktion L: LJ + IR mit den beiden Eigenschaften: (i) L hat in xo ein isoliertes Minimum mit L(xo) = 0; (ii) die Ableitung d,L von L langs des Feldes u nimmt nur Werte 5 O an oder nur Werte 2 0. Ljapunow, Alexander (1857-1918): Professor in Petersburg. Von ihm stammen richtungweisende Arbeiten zur ~heorieder gewahnlichen ~ffferential~leichun~en und zur Hydrodynamik sowie wichtige Beitrage zur Potentialtheorie.
4.5 Attraktoren und stabile Punkte
161
Im euklidischen IRn gilt d,L(x) = ( v ( x ) ,gradL(x)). Die Bedingung dvL(x) 5 0 hzw. d,L(x) 2 0 besagt dann, daJ2 der Feldvektor v ( x ) eine Komponente in Richtung des Abstiegs bzw. des Anstiegs der Funktion L hat. 41 .
1st i p : I
+ Q eine Integralkurve von v, so gilt
Die Bedingung d,L 5 0 bzw. d,L 2 0 auj Q impliziert also, da$ die Funktion L auj jeder (orientierten) Integralkurue monoton fallt bzw. wachst. Beispiel 1: Das Feld v : IR + IR, v ( x ) = -xP, p uugerade, hat in 0 einen kritischen Punkt und L : & + IR, L ( x ) = x2, ist eine Ljapunow-Funktion dazu. (i) ist trivialerweise erfullt, und fiir x # 0 gilt d,L(x) = -xp.Zx < 0. Beispiel 2: Sei E ein Erstes Integral des Vektorfeldes v. Hat E in so ein isoliertes Minimum, so ist E - E ( x o )eine Ljapunow-Funktion zu v in xo. (i) ist nach Voraussetzung erfiillt und nach (18) gilt d,E = 0. Wir fiihren noch den Begriff des stabilen Punktes ein, der den des Attraktors erweitert.
Definition (Stabiler Punkt): Ein kritischer Punkt so des Vektorfeldes u: LJ+ IRn heigt stabil, wenn jede Umgebung K C Q von so eine Umgehung V mit folgender Eigenschaft enthglt: Jede maximale Integralkurve ip mit ip(0) E V ist fiir alle t 2 0 definiert und bleibt fur alle diese t in K. Beispiel: Der Nullpunkt ist ein stabiler Punkt des Rotationsfeldes u in IR2, u ( x , y )= ( - y , x ) ; er ist aber kein Attraktor. Satz (Ljapunow): Zu dem kritischen Punkt xo des lokal Lipschitz-stetigen Vektorfeldes v : Q + IRn gebe es eine Ljapunow-Funktion L . Dann gelten die Implikationen: a) d,L 5 0 auj Q xo ist ein stabiler Punkt; b) d,L < 0 auf Q \ {so} xo ist ein Attraktor;
*
c ) d,L
>0
auf Q \
{XO}
* * xo ist kein stabiler Punkt.
162
Vektorfelder
4
Bezueis: Es sei K C (2 eine kompakte Umgebung von xo, ferner fi das Minimum von L auf aK und V := {x E K L(x) < /I). V ist eine nicht leere, in K enthaltene Umgebung von xo. Wir zeigen, daB sie die Bedingung in der Definition eines stahilen Pnnktes bzw. Attraktors erfiillt. a) Sei y : [O; p) + fl eine Integralkurve mit y(0) E V. Wir zeigen zunachst, daB y(t) E V fur alle t E [O; P). Angenommen, das wire nicht so. Dann gibt es ein t* E [O;/3) derart, daB y(t) E V fiir alle t E [O; t*), aber ip(t*) 4 V. Wegen der Abgeschlossenheit von K liegt y(t*) in K. L o p ist nach obiger Bemerkung monoton fallend; insbesondere gilt L(ip(te)) 5 L(ip(0)) < j ~ . Dies steht aber im Widerspruch zu y(t*) V. Die damit gezeigte Tatsache, daB y in dem Kompaktum K verlauft, impliziert weiter P = oo. Somit ist xo ein stabiler Pnnkt. h) Es sei y wieder eine Integralkurve mit y(0) E V. Diese ist nach dem hereits Bewiesenen anf [O; co) definiert nnd verlauft in V. Wir zeigen zunichst weiter, daf2 limt,, L(ip(t)) = 0. Da L o ip monoton fdlt und nur Werte 2 0 annimmt, besitzt L o y jedenfalls einen Grenzwert a 2 0. Wegen L(y(t)) 2 a verlauft y in der Menge Va := {x E K L(x) 2 a ) . Bezeichnet M das Maximum von d,L in der kompakten Menge K , so ist ( L o = d,L o ip 5 M ; damit folgt
I
4
I
L ( Y ( ~ )-) L(Y(O)) 5 Mt. Ware a > 0, so wire xo 4 V, und damit M < 0. Dann aber wire L auf der kompakten Menge V, nicht nach unten beschrankt. Widerspruch! L(y(t)) = 0 ergibt sich nun sofort, daB lim,,, y(t) = xo, Aus limt,, da xo die einzige Nullstelle von L in der kompakten Menge Vo ist. c) Sei K c (2 eine kompakte Umgebung von xo. Angenommen, es gabe dam eine Umgebung V C K von $0 wie in der Definition eines stabilen Punktes gefordert. Wir nehmen V als kompakt an. Weiter sei y : [O; oo) + K eine Integralkurve mit ip(0) E V \ {xo}. Die Funktion L o ip wachst monoton wegen ( L o ip)'(t) = d,L(y(t)) 2 0. Insbesondere gilt L(y(t)) 2 L(y(0)) =: c. Somit verlauft y in der Menge V, := {x E K L(x) 2 c). Bezeichnet m das Minimum von d,L in Vc , so folgt analog zu Teil b) L(y(t)) - L(y1(0)) 2 mt. Wegen y(0) # xo ist c # 0 und folglich m > 0. 0 Damit aber wire L auf K unbeschrankt. Widerspruch!
I
Der Beweis fiir die Aussagen a) und b) ergibt als zusatzliche Information eine untere Abschatzung des Einzugsbereiches eines Attraktors.
Definition: Unter dem Einzugsbereich eines Attraktors xo des Feldes v: f2 + IRn versteht man die Menge der Punkte E E (2 mit der Eigenschaft: Die maximale Integralkurve y mit y(0) = [ ist auf ganz [O; m ) definiert nnd konvergiert gegen x0 fur t + co.
4.5 Attraktoren und stabile Punkte
163
Zusatz: Es gelte d,L < 0 in Q \ { x o } ;ferner habe L die Eigenschaft, daJ f i r einen Funktionswert fi die Menge K, := { x E f2 L ( x ) 5 p } kompakt ist. Dann gehort V = { x E Q L ( x ) < /I} zum Einzugsbereich uon xo.
I
I
Beispiel: Die Li6nardsche Gleichung
x
+ f ( X ) X + x = 0.
Diese Gleichung spielt in der Theorie der elektrischen Schaltkreise eine gewisse Rolle. Ihr assoziiertes System 1. Ordnung lautet
Wir setzen voraus, daf3 f auf einem Interval1 I mit 0 E I lokal Lipschitzstetig ist und nur Werte 5 0 annimmt oder nur Werte 2 0. Der Nullpunkt ist ein kritischer Punkt des Feldes v und zwar der einzige. Eine Ljapunow-Funktion zu v ist L : I x IR + IR, L ( x , y) := x2 y 2 , da d V L ( x y, ) = -2f ( x ) y 2nur Werte 2 0 bzw. 5 0 annimmt. Also ist (0,O)
+
ein stabiler Punkt, falls f 2 0 in I, ein Attraktor, falls f > 0 in I \ {O), ein instabiler Punkt, falls f < 0 in I \ {O}. Historisches. Fragen des Langzeitverhaltens und der Stabilitat spielen in Naturwissenschaft und Technik von jeher eine besondere Rolle. Die Frage nach der Stabilitat des Sonnensystems etwa hat Astronomen und Mathematiker bald nach Newtons Philosophiae naturalis principia mathernatica (1687) bewegt. Lagrange und Laplace gaben Scheinbeweise fiir die Stabilitat; tatsachlich behandelten sie nur angenaherte Probleme. Im Jahre 1885 wurde das Problem vom schwedischen Konig Oskar 11. als Preisaufgabe ausgeschrieben. Den Preis gewann H. Poincar&,obwohl seine Arbeit keine Entscheidung brachte. Die Preisarbeit erregte aber wegen ihrer Ideen und Methoden die hochste Bewunderung von Weierstrd. Poincarb begriindete in ihr und zahlreichen weiteren Abhandlungen die glohale Theorie der Differentialgleichungen und Vektorfelder auf Mannigfaltigkeiten. Ein neues und wesentliches Element stellt dabei die wechselseitige Beziehung von analytischen Strukturen der Felder und topologischen Strukturen der Mannigfaltigkeiten dar. Neue Einsichten in das Problem der Stabilitat des Sonnensystems brachte die ab 1954 von Kolmoeorow. seinem Schiiler W. 1.Amold und J. Moser ent" wickelte sogenannte ~ A ~ - ~ h ; o r die i e , wesentlich auf Ergebnissen von Poincare aufbaut. Ihr Hauptresultat besagt, dali die Hamiltonschen Gleichungen, die das n-Korperproblem einschlieflen, quasiperiodische Losungen besitzen, wobei die Mnglichkeit besteht, daR eine beliebig kleine Storung eine quasiperiodische Losung in eine instabile umkippen 1%. Hiernach muR das Stabilitatsproblem des Sonnensystems als offen gelten.
164
4 Vektorfelder
Poincad, Henri (1854-1912): Professor in Paris und Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Sein umfangreiches Werk enthalt hahnhrechende Arheiten zu den verschiedensten Gebieten der Mathematik und Mathematischen Physik: Zur Analysis (Automorphe Funktionen, Differentialformen), zur Topologie (Homologietheorie, Fundamentalgruppen),zur hyperholischen Geometrie (PoincarBsches Modell) und zur Theorie der partiellen Differentialgleichungen. Poincark ist der Begriinder der qualitativen Theorie der gewohnlichen Differentialgleichungen. Von ihm stammen ferner grundlegende Beitrage zur Himmelsmechanik, Hydrodynamik und Optik. Poincare gilt als ein Vorlaufer Einsteins in der speziellen Relativitatstheorie. In seinem Spatwerk behandelte er Grundlagenfragen der Mathematik und Naturwissenschaft (La Science et 1'HypothLe).
4.6
Fliisse in Vektorfeldern und Divergenz
Nachdem wir bisher einzelne Integralkurven eines Vektorfeldes untersucht baben, befasen wir uns im Folgenden mit Scharen yon Integralkurven, sogenannten Fliissen. In einem stetig differenzierbaren Vektorfeld erzeugen Fliisse lokal zeitabhejlgige Diffeomorphismen, deren Volumenverzerrung zum Begriff der Divergenz eines Vektorfeldes fiihrt.
v: LJ + IRn sei im gesamten Ahschnitt 4.6 ein %?-Vektorfeld auf einer offenen Menge des IRn. Wir studieren zunachst die Deformierbarkeit einer Integralkurve langs eines kompakten Zeitintervalls. Die folgende Aussage bedeutet eine Art Stabilitat, wobei allerdings Integralkurven mit der Zeit exponentiell auseinanderdriften konnen.
Lemma: Es sei 9 : [O; b] + LJ eine Integralkurue des Vektorjeldes v. Dann, gibt es Zahlen r , L > 0 derart, daJ gilt: a) Zu jedem Punkt x E K,(xo), xo := p(O), gibt es eine Integralkurue $ mit $(0) = x, die ebenfalls fiir alle t E [O; b] erklart ist. b) Je zwei 1n.tegralkuruen $1,
$2 von v mit $i(0) E weichen uoneinander hochstens wie folgt ah:
Kr(xO),i
= 1,2,
Analoge Aussagen gelten im Fall eines Definitionsinterualls [a;0] Beweis: a) Wir wahlen eine Zahl p > 0 derart, daB die kompakte Menge K := UtE,O;bl q ( p ( t ) )in f2enthalten ist, und setzen dann L := max IIvl(x)II, zEK
T
:= p e -Lb
4.6 Fliisse in Vektorfeldern und Divergenz
165
Es sei nun x E %(so) und $: (a; p) + f2die maximale Integralkurve mit $(0) = x; dabei ist 0 < /3. Wir zeigen zuniichst, da%
(*)
d(t) := Il$(t) - v(t)II < p fur alle positiven t < min(p, b)
gilt. Angenommen, dem sei nicht so. Dann gibt es ein t* < min(P, b) so, da%d(t) < p fiir t < t*, aber d(t*) = p. Mit y(t) = ~ ( 0 ) ~ ~ ~ v ( i p ds (s)) und der analogen Identitat fur $ ergibt sich
+
ll?(t) -
Y@II
5
Il$(o) - v(0)Il + ~ l l v ( ? ( ~-) )U ( Y ( ~ ) )1 ds. 0
Fur s E [O; t*] ist $(s) E K. Aufgrund des Schrankensatzes und nach der Wahl von L gilt also ilu($(s)) - v(v(s)) 5 L ll$(s) - v(s)II. Damit folgt
11
t
d(t) 5 d(0)
+ L J d(s) ds
fiir t E [O; t*]
0
Das Lemma von Gronwall liefert weiter die Abschatzung d(t*) 5 d(0) .eLt*. Damit folgt d(t*) 5 pe-L(b-t*) < p, was der Wahl von t* widerspricht. Es ergibt sich jetzt sofort, daJ2 0 > b ist. Zum Beweis wenden wir das Korollar des Satzes uber die Lebensdauer maximaler Integralkurven auf $ und das Kompaktum K an. Im Fall P < m gibt es danach ein t E (0; P) mit $(t) 4 K. Wegen ( x ) mug t 2 b sein. Damit folgt P > b. b) Wie in a) erhilt man aus den Identitaten $i(t) = $<(a) u($i(s)) ds
+sot
Daraus folgt nach dem Lemma von Gronwall die Abschatzung (21). Definition (FluB eines Vektorfeldes v): Sei U eine Teilmenge von 0 und I ein Interval1 mit 0 E I. Unter dem won u erzeugten Flu$ @ auf I x U versteht man die im Fall der Existenz eindeutig bestimmte Abbildung @: I x U + LJmit folgenden Eigenschaften: (i) @ ist partiell differenzierbar nach t, und es gilt &(t,x) = v(@(t,x)); (ii) @(O, x) = x. Diese Forderungen besagen, da%fiir jedes x E U die Kurve
m,: I + n,
m,(t)
:= q t , x),
eine Integralkurve von u mit @, (0) = x ist. Dabei mu%I nicht das maximale Definitionsintervall der Losung des AWP x = u(x), x(0) = x, sein; jede dieser Kurven @, ist aber mindestens auf I definiert. Ein Flufl, der auf IR x 0 definiert ist, heigt auch globaler Flu%.
4 Vektorfelder
166
Beispiel: Das lineare Feld v, u(x) := Ax, A E IRnXn, erzeugt nach (16) den globalen Flug
Das vorangehende Lemma bildet den Ausgangspunkt fiir das Studium von Flussen. Zunachst notieren wir zur Rage der Existenz: Lemma: Zu jeder kompakten Teilmenge K C (2 gibt es ein Interval1 [O; el derart, da$ v auf [O; c] x K einen Flu$ erzeugt. Beweis: Gegeben sei ein Punkt y E f2 und ein im Definitionsintervall der ) y enthaltenes kompaktes maximalen Integralkurve 9 von v mit ~ ( 0 = lntervall [O; b]. Dann gibt es eine Kugel K,(y) so, daB durch jeden der Punkte x E K&) eine auf [O; b] erklirte Integralkurve @, mit @,(O) = x geht. Durch @it,x) := @,(t) ist dann ein Flug auf [O; b] x KJV)definiert. In dieser Weise bilde man zu jedem y E K Fliisse auf geeigneten ,,Zylindernl' [O; b,] x Krr(y). Endlich viele der Kugeln KTv(y) iiberdecken K , etwa die mit den Mittelpunkten yl, . . . ,y,, und es sei c := min(b,,, . . . ,bys). Die Fliisse auf den entsprechenden Zylindern bilden dann aufgrund des Eindeutigkeitssatzes zusammen einen FluB auf [O; c] x K . 0 Wir untersuchen im Folgenden die von einem Flug @: I x U jedes t E I bewirkte sogenannte Zustandsabbildung
+ Q fiir
Im Fall eines Striimungsfeldes v gibt @t an, wohin die Partikeln, die sich zum Zeitpunkt 0 in U befinden, in der Zeit t transportiert werden. Wir zeigen im nachsten Satz, daB mt die Menge U diffeomorph auf Ut := &(U) abbildet.
Wirkung einer Zustandsabbildung
Beispiel: Der Flu8 @ im vorangehenden Beispiel erzeugt fur jedes t E IR die Zustandsabbildung
167
4.6 Fliisse in Vektorfeldern und Divergenz
Satz von der Diffeomorphie der Zustandsabbildungen: Es sei @: I x U + f2 ein Flu$ auf einer offenen Menge U . Dann gilt: Jede Zustandsabbildung @t bildet U diffeomorph auf @t(U)ab, und ihre Ableitung @ ; ( I ) in x E U ist der Wert X ( t ) der Liisung des linearen Matriz-AWP:
(22)
d d7
-X = A ( r ) X
mit A ( T ) := ul(@,(x)), X ( 0 ) = E .
Die Beziehung
wird als Variationsgleichung des Feldes u znm Punkt x bezeichnet.
Beweis: Wir zeigen zunachst, da13 mt in x differenzierbar ist und die behauptete Ableitung hat; d. h., daB
Wir betrachten den Fall t > 0. Sei p: [O; t] + f2 die Integralkurve mit p(0) = x , also p ( t ) = @,(x).Zu p wahlen wir r und L wie im einleitenden Lemma. Fur h E En mit llhll 5 reCLt betrachten wir dann zunachst
~ , ( h ):= @,(a:
+ h ) - @,(x)
fur
T
E [O; t ] .
Wegen eo = id ist Ao(h,)= h, und nach (21) gilt ilA.(h)ll Da T H a,(<) eine Integralkurve ist, gilt ferner
5 Ilhll eLr 5 r .
Zur weiteren Umformung ziehen wir die qualitative Taylorformel heran. Nach dieser gibt es eine stetige Funktion R : [O; t ] x K,(O) + En mit R ( T ,0 ) = 0 und derart, da13
gilt fur alle T E [O; t ] und u E K,(O). Damit und mit A ( T ) = v J ( p ( r ) geht ) obige Darstellung von &(h) uber in
Es sei nun X : [O; t ] + RnXndie LGsung des AWP (22). Wir betrachten dann y ( ~ := ) A,(h) - X ( T ) ~ .
4
Vektorfelder
Nach dem Vorangehenden gilt Y(T)
+
= A ( T ) Y ( T ) IlAr(h)II R(T,Ar(h,)).
Durch Integration ergibt sich daraus wegen y(0) = h - X ( 0 ) h = 0
1
Wir schatzen ab. Es sei a das Maximum von IIA(s) fur s E [O; t] und b(r) das von fur ( s , ~E) [ O ; t ] x r v ( 0 ) .Damit erhalten wir
I R(s,u)I
und mit dem Lemma von Gronwall
Es sei nun E > 0 gegeben. Wegen R(s,O) = 0 und der Stetigkeit von R auf [O; t] x K ( 0 ) gibt es nach dem Tubenlemma in 1.4 ein 6 > 0 derart, daB fiir r 5 6 die Abschatzung t e ( ~ +b(r) ~ )5~E zutrifft. Wahlt man h schlieBlich so klein, daB IlA,(h)ll I IlhlleLt I 6, so folgt ily(t)ll5 E Ilhll; das aher besagt, daB fiir solche h
gilt.
mt ist also in x differenzierbar und hat dort die Ableitung X ( t ) ,
Nachweis der Stetigkeit der Ableitung el: U + Rnxn.In den Punkten x =: X I und x h =: xz sind die Ahleitungen @((xi), i = 1,2, die Werte der Losungen der AWP
+
zum Zeitpunkt t. Aufgrund der Abschatzung (21)und der Stetigkeit von v' gibt es zu jedem E > 0 ein 6 > 0 so, da8 fur alle T E [O; t]die Abschatzung l l A 1 ( ~-) Az(T)II 5 E besteht, sofern llhll 5 6. Fur solche h gilt d a m nach ~~] dem unten folgenden Vergleichslemma mit a := m a x , ~ [ llA1(~)11
Diese Abschatzung beweist die Stetigkeit von
im Punkt x
4.6 Fliisse in Vektorfeldern und Divergenz
169
Nachweis der Diffeomorphie der Abbildung @ t : U + U t . Die Injektivitat folgt unmittelbar aus dem Eindeutigkeitssatz in 4.2; ist also bijektiv. Die Stetigkeit der Ableitung @'(t)haben wir soeben gezeigt. Ferner ist die Ableitung @ i ( x )an jeder Stelle x invertierbar. Das folgt daraus, dafl ( I )ein Wert der Losung des AWP (22)ist, also eine Fundamentalmatrix; siehe 4.3. Nach dem Diffeomorphiesatz in 3.3 ist daher et : U + e t ( U ) ein Diffeomorphismus. 0
@i
Vergleichslemma: Es seien A1, A 2 : I + IRnXn stetige Funktionen mit llAl - Azllro;tlI E , [O;t] C I. Dann weichen die Losungen der zwei A W P
woneinander hochsten,~wie folgt ab: A~Il~o;t~ IIXl(t) - X z ( t ) l l I ~ ~ I I X 1 I I [ o ; t ~ ~ x ~ ( ( l l+&It)
Dabei hezeichnet il*llro,tldas Maximum von II*II auf 10; t].
Beweis: Die Integralversion der beiden AWP ergibt
Damit folgt
Das Lemma von Gronwall ergibt nun sofort die Behauptung.
0
@i
Wir wenden nun den Satz von Liouville in 4.3 auf die Losung t e ( x ) der Differentialgleichung (22) an ( x ist fixiert). Nach diesem Satz geniigt die Funktion t w det @ l ( x )der Gleichung (det
(x))' = Spur v' (@t ( x ) ) . det @1(x)
Diese Beziehung legt die Einfiihrung eines fiir die Theorie der Vektorfelder fundamentalen Begriffes nahe.
Definition (Divergenz eines Vektorfeldes): Unter der Divergenz eines ql-Vektorfeldes v = (01,. . . ,w , ) ~ : f2 + IRn versteht man die Funktion
4 Vektorfelder
Damit lautet die vorangehende Gleichung (det @i(z))' = divv(@,(x)) . det @l(x).
(23) Fiir
t = 0 ergibt diese wegen @o(x)= x und @b(x) = E
1
(24)
div u ( i ) = (det
@: ( i ) ) ' 1 t=o
Deutung: Die Matrix mi(%) stellt am Punkt x die lineare Approximation der Abbildung @t: U II dar und der Betrag ihrer Determinante Idet @i(x)I die Volumenverzerrung dieser Approximation; siehe 7.7. Fiir hinreichend kleine It1 ist det @l(x) positiv, d a det @b(x) = 1; daher gilt ldet (x) = det @i(x). Fafit man die lineare Approximation als ,,Approximation im Kleinen" auf, erhalt (24) folgende Deutung: Die Divergenz eines Vektorfeldes in einem Punkt gibt die Geschwindigkeit der dort von der Zustandsabbildung bewirkten Verzerrung des infinitesimalen Volumens an.
+
@: I
Wir leiten fiir die letzte Aussage auch noch eine Version im GroBen her. Dazu greifen wir auf die Integralrechnung vor und verwenden insbesondere den Transformationssatz aus Kapitel 9. Es sei A eine kompakte Teilmenge von R. Ferner sei [O;c] ein Interval1 so, dafs das Feld u: R 7- IRn einen Flu% [O; c] x A 7- R erzeugt. Fiir jedes t E [O;c] hat dann @t(A)nach dem Transformationssatz das Volumen
*:
"01 (mt(A)) = /ldet A
I dz = / det mi(z) dz A
Mit (23) folgt daraus die Formel von Liouville: d dt
- vol (&(A)) =
/ div u (@,(z)) . det
(I) dz
A
Speziell im Zeitpunkt 0 gilt also
Wir wenden die Formel von Liouville an auf die Rage der Volumentreue eines Vektorfeldes. Ein ~ l - ~ e vl:dC2 7- IRn heat uolurnentreu, wenn fiir jede kompakte Menge A C C2 und jeden F l d @: [O;c] x A gilt: vol (Gt(A)) = vol (A) fiir jedes t E [O;c] Aufgrund der Formel von Liouville ergibt sich sofort, dafs $ vol (mt(A)) fiir alle kompakten A Null ist genau dann, wenn divu = 0. Damit folgt: Satz (Liouville): Ein X I - Vektorfeld u: R 7- En ist genau dann uolurnentreu, wenn es divergenzfrei ist, d. h., wenn divu = 0 gilt.
4.7 Divergenz und Laplace-Operator in orthogonalen Koordinaten
4.7
171
Divergenz und Laplace-Operator in orthogonalen Koordinaten
Wegen des Auftretens der Divergenz in mannigfachen Zusammenhbgen leiten wir fiir sie, ankniipfend an 4.1, die Darstellung in einem beliebigen orthogonalen Koordinatensystem her. Als Folgerung gewinnen wir damit auch eine Darstellung des Laplace-Operators in einem solchen Koordinatensystem.
In diesem Abschnitt verwenden wir auf IRn die euklidische Metrik. Zunachst stellen wir die Divergenz mit Hilfe einer beliebigen Orthonormalbasis von Vektorfeldern dar.
Lemma: L9t u : R + IRn ein differenzierbar Vektorfeld, so gilt mit jeder Orthonormalbasis- 71, . . . ,vn von Vektorfeldern auf R
Beweis: Es bezeichne H ( x ) die Matrix mit den Spalten q l ( x ) ,. . . ,q n ( x ) . Da diese orthogonal ist, ergibt sich unter Beachtung von ( 1 ) :
Es sei nun P : f? + f2 ein Diffeomorphismus mit der Eigenschaft, daB an jeder Stelle ( E f? die Spalten der Funktionalrnatrix P ' ( ( ) aufeinander senkrecbt stehen. In der Terminologie von 4.1 stellt also P-l ein orthogonales Koordinatensystem auf R dar. Durch
sind dann Vektorfelder 111,. . . , q n auf R erkliirt, die eine Orthonormalbasis hilden; siehe (5). In dieser Basis hat ein beliebiges Vektorfeld u auf R die Darst,ellung u = C;='=, viqi mit v , ( x ) := (v(z),q i ( x ) ) und das nach f? zuriickgeholte Vektorfeld ir die Darstellung
dabei ist iri = v , o P = (ti, Gi)
172
4
Vektorfelder
Satz: Es sei @ 2-ma1 stetig differenzierbar. Mzt L := L1 .. . Ln hat die Divergent eines F1-Vektorfeldes u auf f2 in x = @(€) die Darstellung
Beweis: Wir nehmen zunachst zwei Reduktionen vor. 1. Aus Linearitatsgrunden genugt es, die Behauptung fur die einzelnen Summanden uiqi zu zeigen. 2. Zum Nachweis der Behauptung fiir einen einzelnen Summanden uiqi genugt es, diese im Fall ui = 1zu verifizieren. Begriindung fiir 2: Die linke Seite in (26) hat fiir uiqi nach der Produktregel den Wert div(uiqi)( x ) = a,; u i ( x ) v i ( x ) . div q i ( x ) . Mit (41) ergibt sich dafiir weiter
+
(0 + 6i ( E ) . div qi ( x ) .
1
(*)
Die rechte Seite in (26) hat fur 6iGi den Wert
Durch Vergleich mit (*) sieht man, daJ2 (26) gilt, falls 1
L ai (-) (€1 Li
div q,(x) = L(E)
Nachweis won (26'): Nach dem Lemma gilt zunachst
Wegen (d,,qi, q i ) = $dVi(qi,q i ) und ( q i , q i ) = 1 liefert der i-te Summand keinen Beitrag. Mit (5) und (41) sowie (&@,?Ik@)= hikL: geht die Summe uber in
und wegen
(&ai@, &@)
= $3i(dk@ra h @ ) = $diL; = Lk . aiLk uber in
Damit ist auch (26') gezeigt.
0
4.8 Aufgaben
173
Darstellung des Laplace-Operators Es sei f : Q + IR eine W2-Funktion auf der offenen Teilmenge Q des euklidischen IRn. Wir berechnen A f anhand der nach f? zuriickgeholten Funktion f : fi + IK; dabei sei weiterhin @ : fi + f2 ein V2-Diffeomorphismus ein orthogonales Koordinatensystem auf Q definiert. derart, daX F1 Aufgrund der Darstellung A f = divgrad f erhalten wir nach (6) und (26) im Punkt x = @(():
Der hier rechts auftretende Differentialoperator
heist der mittels @ zuriickgeholte Laplace-Operator. (27) lautet damit:
Beispiel: Die Transformation mittels der Polarkoordinatenabbildungen Pz und?'l ergibt in den Punkten mit r > 0 bzw. r > 0, cosip2 > 0
4.8
Aufgaben
1. Man skizziere das Geschwindigkeitsfeld v : lR3 + lR3, v(x) := w x
x,
einer starren Drehung im euklidischen IK3 mit der vektoriellen Drehgeschwindigkeit w E lR3 und berechne seine Divergenz.
2. Mittels Picard-Lindelof-Iteration ermittle man die Losung des AWP
3. Jedes Anfangswertproblem der Differentialgleichung j: = It sin txl hat genau eine auf ganz IR definierte Losung.
4 Vektorfelder
174
4. Sei v : IRn + Rn ein %?-Vektorfeld. Man zeige: Jede maximale Integralkurve des Feldes 6:IRn + IRn, ii(x) := sin(llxII) .v(x), ist auf ganz At definiert. Wo verlauft eine solche? 5 . Man bestimme alle konstanten und alle periodischen Integralkurven des Feldes v: IR2 + R2 rnit v(O,0) = (0,O) und
Ferner skizziere man qualitativ alle weiteren Integralkurven.
6. Es sei v: f2 + IRn ein stetiges Vektorfeld auf f2 C IRn und a: f2 + R* eine stetige Funktion. Man zeige: Die Spuren der Integralkurven der heiden Vekt,orfelder v und a u stimmen iiberein. Genauer: 1st $ eine Integralkurve des Feldes a u rnit $(TO) = xo und T = ~ ( t die ) durch
definierte Zeittransformation, so ist p := $ o T eine Integralkurve des Feldes v rnit p(t0) = s o . eine Matrix mit Eigenwerten 7. Sei A E X i ijt und y, wobei X und y negativ seien. Man skizziere die Integralkurven des Feldes u: IR3 + IR3, v(x) := Ax, und untersuche ihr Verhalten fiir t + oo. Die Abbildung zeigt einige Kurven fiir X < y.
8. 1st A E IRnXn schiefsymmetrisch, AT = -A, SO verlauft jede Losung der Gleichung x = Ax auf einer Sphare um 0. 9. Spezielle inhomogene Systeme. Es sei A E C n x n und w E C eine Zahl, die kein Eigenwert von A ist. Man zeige: Fur jedes Polynom p(t) rnit Koeffizienten in Cn besitzt die Differentialgleichung
x = Ax + ewtp(t) eine Losung der Gestalt ewtq(t),wobei q ein Polynom rnit Koeffizienten in Cn und Gradq = Gradp ist. 10. Man zeige: Fiir vertauschbare Matrizen A, B E C n x n gilt eA+B = e A . eB. Hinweis: Sowohl U(t) := e(A+B)t als auch V(t) fangswertproblem x = ( A+ B ) X , X ( 0 ) = E.
:=
eAteBt lasen das An-
11. Man zeige rnit Hilfe der Formel (15) in 4.3 fur A E C n x n
4.8 Aufgaben
175
12. Das in Band 1,10.2 eingefiihrte charakteristische Polynom einer linearen Differentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten ist bis auf einen konstanten Faktor das charakteristische Polynom der Matrix des assoziierten linearen Systems 1. Ordnung. 13. Fiir die Losungen einer homogenen linearen Differentialgleichung 2. Ordnung mit stetigen Koeffizienten auf einem Interval1 I zeige man: a) Jede von Null verschiedene Losung hat nur einfache Nullstellen, und die Menge ihrer Nullstellen hat keinen Haufungspunkt in I. b) 1st ( i p , $) ein Fundamentalsystem, so liegt zwischen je zwei Nullstellen von ip eine Nullstelle von $ (Trennungssatz). Hinweis: ip4- $$ hat keine Nullstelle. 1
14. Gegeben ist die Differentialgleichung x = - (2: - ,x2) a) Man ermittle zu dem assoziierten System LOrdnung ein Erstes Integral E und diskutiere qualitativ mit Hilfe des Lemmas von Morse dessen Niveaulinien in der Nahe der kritischen Stellen. b) Man herechne die Niveaulinien explizit. 15. Man zeige, daB (0,O) ein instabiler Punkt des der Gleichung
x + i2 sign(5) + x = 0 zugeordneten Systems 1. Ordnung ist. (Terme x2 sign(x) werden zur Beschreibung des Luftwiderstandes bei schneller Bewegung benutzt.) 16. Es sei f : 0 + lR eine V1-Funktion mit isoliertem Minimum in xo. Man zeige, daB xo ein stahiler Punkt des Feldes u := -grad f ist, und gebe eine hinreichende Bedingung dafiir an, daB xo ein Attraktor ist. 17. Eiu Feld v: 0 + IRZn auf einer offenen Menge 0 C IRn x IRn heiBt Hamiltonsches Feld, wenn es eine V2-Funktion H: 0 + IR gibt so, daB
Das zugeordnete Gleichungssystem lautet also
Man zeige: a) Das der Schwingungsgleichung x = -17'~(x) zugeordnete Vektorfeld ist ein Hamiltonsches Feld. b) H ist ein Erstes Integral des Feldes v.
176
4 Vektorfelder
c) Jede isolierte Minimalstelle von H ist ein stabiler Punkt von v. d) Ein Hamiltonsches Feld hat die Divergenz Null: divv = 0. 18. Gegeben sei das Vektorfeld v : IR2 + IR2,
a) Man ermittle die Zustandsabhildungen @t und skizziere die Bilder @I(&)undmz(Q) des QuadratesQ := {(x,y) 11s - 21 I 1, IyI 5 1). b) Man verifiziere, daB die Divergenz des Feldes konstant ist. Was folgt daraus fiir die Flacheninhalte von Bildern &(A), t E IR, von Mengen A C IR2? Man bestatige das Ergebnis am Beispiel des Quadrates Q. 19. Anstelle der Polarkoordinatenabbildung P3 verwendet man in der Physik oft die sogenannte Kugelkoordinaten-Transformation
a) Man zeige: T-I definiert auf IR3 \ {(zl,O,x3) ein orthogonales Koordinatensystem.
I
XI
5 0,
$3
E
IR}
b) Man stelle die Operatoren grad und A in Kugelkoordinaten dar. 20. Vektorfelder und Derivationen. Unter einer Derivation auf Ceg(f2) (dem Raum der reellen Vm-Funktionen auf 0 ) versteht man eine IRlineare Abbildung 93: V g ( 0 ) + Cep(f2) mit der zusatzlichen Eigenschaft 9 ( f s ) = 9 f . s + f ,939. Man zeige: Die Ableitung a, liings eines Vm-Vektorfeldes u: 0 + IRn ist eine Derivation und jede Derivation ist die Ableitung langs eines geeigneten Cem-Vektorfeldesauf 0 . Hinweis: Zum Nachweis der Umkehrung verwende man 2.8 Aufgabe 20.
5
Felder von Linearformen, Pfafsche Formen. Kurvenintegrale
Jede differenzierbare Funktion f : U + C auf U C R n definiert durch x ct df(x) eine Abbildung U + L(Rn, C). Abbildungen U + L(IRn,C) heiBen PfafFsche Formen oder auch l-Formen auf U. Mit Hilfe eines Skalarproduktes konnen die reellen l-Formen eineindeutig den Vektorfeldern auf U zugeordnet werden. Wir fiihren das Integral von l-Formen langs Kurven in U ein und untersuchen, unter welchen Bedingungen das Integral nur van Anfangs- und Endpunkt der Kurve abhangt. Fur Vektorfelder ergeben sich damit Aussagen uber die Existenz von Potentialen.
5.1 BegrifF der Pfaffschen Form Definition: Unter einer Pfaffschen Form oder auch Differentialform ersten Grades, kurz l - F o n , auf einer offenen Menge U C IRn versteht man eine Abbildung w: U + L(IRn,C). Fiir jedes x E U ist also w(x) eine IR-lineare Abbildung w(x): IRn + C. Die l-Form w heifit reell, wenn der Wert w(x)h fur alle x E U und alle h E R n reel1 ist. Beispiele von l-Formen sind die hereits erwahnten Differentiale df differenzierbarer Funktionen f : U + C. An jeder Stelle x E U ist d f (I) : IRn + C die komplexwertige Linearform mit
Mit Hilfe eines Skalarproduktes ( , ) auf IRn kann man eine eineindeutige Korrespondenz von Vektorfeldern und reellen l-Formen herstellen. Dazu assoziiert man einem Vektorfeld v: U + IRn die l-Form w, mit
178
5
Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
Umgekehrt: 1st w eine reelle 1-Form auf U , so gibt es zu jeder Linearform ~ ( x )x, E U, einen eindeutig bestimmten Vektor u,(x) E IRn derart, daB
Dmch x H u,(x) ist dann ein Vektorfeld v, erklirt. Die Zuordnungen u H w, und w H uw sind offensichtlich zueinander invers. Speziell einem Differential df wird aufgrund der den Gradienten definierenden Gleichung df (x)h = (grad f (x), h) das Gradientenfeld yon f zugeordnet: u = g r a d f o w,=df. Darstellung durch die Differentiale d x l , .
..,dx,
Es sei xi die durch (6,. . . ,&) + .$ definierte Koordinatenfunktion auf Rn. Ihr Differential dxi ist an jeder Stelle F durch dxi(()h = hi gegeben. Weiter sei w irgendeine 1-Form auf U. Durch Auswertung auf der Standardbasis e l , . . . ,en des Rn erhalt man Funktionen al, . . . ,a, : U + C: ai(5) := w(c)ei. Mit diesen ergiht sich aufgrund der Linearitat von w(c)
Dafiir schreibt man kurz (3')
w = a1 dxl
+ . .. +a,
dx,.
Die Funktionen al, . . . ,a, heiBen Koeffizienten der 1-Form w beziiglich dxl, . . . ,dx,. Zwei wichtige Fme: 1. 1st w das Differential einer Funktion, so gilt ai([) = df (<)ei = di f (0. Die Darstellung (3') lautet dann
2. 1st w = w, die einem Vektorfeld u = (ul, . . . ,u,) auf einer Teilmenge des euldidischen ELn zugeordnete Form, so gilt a i ( 0 = (u(c), ei) = ui((). Die Darstellung (3') lautet dann
w, = 01 d x l + .
.. + u,
dx,.
5.2 Integration von 1-Formen h g s Kurven
179
Im Folgenden illustrieren wir wiederholt Definitionen und Satze am Windungsfeld W auf IK2 \ {O) und am Gravitationsfeld G auf IR3 \ {O) bzw. an den zugeordneten 1-Formen. Diese beiden Felder sind wie folgt definiert: 1
W(GY) := 7 ( - ~ > 4 > 7. = ll(x,Y)Il2>
Ihnen sind via Standardskalarprodukt die 1-Formen (4)
(5)
1 dx x dy) (Windungsfom), r2 1 w c = - ( a : dx y dy + z dz) (Gravitationsform)
ww = -(-y 73
+
+
zugeordnet. Eine 1-Form w auf U heist stetig bzw. von der Klasse W k , wenn die Abbildung w : U + L(Rn, C) stetig bzw. von der Klasse W k ist. Fur w = Cy='=,ai dxi ist das genau dann der Fall, wenn die Koeffizienten a l , . . . , a n stetig bzw. von der Klasse V k sind.
5.2
Integration von 1-Formen l h g s Kurven
Um die Arbeit, die ein Prohekijrper in einem Kraftfeld u bei Verschiehung Iangs eiues Weges von A nach B leistet, naherungsweise zu berechnen, approximiert man in der Physik den Weg durch einen Streckenzug. Die + Summe C(v(Pk), P ~ - ~ P in ~ der ) , jeder Summand das Skalarprodukt des + Kraftvektors u(Pk)mit dem Wegvektor Pk-lPk ist, dient als Naherung der Arbeit. Der Grenzwert wird als die langs des Weges geleistete Arbeit bezeichnet.
Zur Definition des Integrals einer 1-Form lejlgs einer Kurve verwenden wir ebenfalls Approximationen des Integrationsweges durch Streckenzuge. An die Stelle der Skalarprodukte (v(Pk), treten entsprechende Werte der Differentialform.
m)
180
5
Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
Sei y : [a;b] + U eine Kurve im Definitionsbereich der 1-Form w. Zu einer Zerlegung Z : a = t o < tl < . .. < t, = b und einer Menge Z' van Stutzstellen ti E [ t k - 1 ; t k ] , k = 1 , . . . ,r , bilden wir die Summe
Definition: w heiMt langs y integn'erbar, wenn eine Zahl I existiert mit der Eigenschaft: Zu jedem E > 0 gibt es ein 6 > 0 so, dafi fiir jede Zerlegung Z von [a;b] der Feinheit < 6 und jede Wahl von Stutzstellen Z' gilt:
I heifit dann das Integral von w liings y; in Zeichen: I = J w. 7
Bemerkung: Fur eine Form w = f dx auf einem Interval1 I C IR und die Kurve y : [a;b] + I , y(t) = t, sind die Summen S(Z, 2')identisch mit den Riemannschen Summen der Funktion f . 1st f eine Regelfunktion, so existiert das Kurvenintegral Jy f dz, und es gilt J7 f dz = Jab f dx. Eine stetige 1-Form ist keineswegs langs beliebiger Kurven integrierbar, nach dem folgenden Satz jedoch lings sogenannter Integrationswege. Wir nennen y = (71,. . . ,7,) : [a;b] + IRn einen Integrationsweg, wenn es Regelfunktionen + I , . . . ,jn auf [a;b] gibt so, dafi yi eine Stammfunktion zu +i ist, i = 1,.. . ,n. Zum Beispiel ist jede stuckweise stetig differenzierbare Kurve ein Integrationsweg. y: [a;b] + IRn heifit stuckweise stetig differenzierbar, wenn es eine Zerlegung a = t o < tl < . . . < t, = b gibt so, d d alle Einschrankungen y I [tk-l;tk]stetig differenzierbar sind. Jeder Integrationsweg ist Lipschitz-stetig und folglich rektifizierbar.
Satz 1: Ist w = C:=, ai dxi stetig und y = (71,. . . ,yn): [a;b] + U ein Integrationsweg, so ist w langs y integn'erbar, und es gilt
Beweis: Sei L die Bogenlejlge von y. Zu E daB fur alle t ,t' E [a;b] mit it - t'l < 6 gilt:
> 0 w a l e man
ein 6 > 0 so,
Es sei nun Z eine Zerlegung von [a;b] der Feinheit < 6 und Z' eine Menge van Stutzstellen. Wir bezeichnen das in (6) rechts stehende Integral mit I ;
5.2 Integration von l-Formen h g s Kurven
damit folgt dann wegen yi(tk) - yi(tk-1) =
?,dt
Beispiele: 1. Sei w =
u2 dx + dy und yn(t) = (t,ta), t E [O; 11, cu 2 1 1
/ w = J(tZa + cutn-')
1 dt = 2cu + 1
+
7a
0
Man beachte, daB alle Wege y, denselben Anfangspunkt und denselben Endpunkt haben; die Integrale aber haben verschiedene Werte.
k
1
- - -- -- - -
7a ;
o
1
+ IR2 ein Integrationsweg, der nicht durch den Nullpunkt fiihrt. Mit y(t) = (x(t), u(t)) lautet (6)
2. Sei w w die Windungsform (4) und y : [a;b]
1st y zusatzlich geschlossen, so ist der Wert dieses Integrals nach Band 1,12.7 (22) das 2n-fache der Windungszabl von y um den Nullpunkt:
Rechenregeln I. Sind wl wnd w2 langs y integrierbar, so auch clwl
+ czwz, und es ist
11. Sei a < b < c und sei y : [a; c] + U stetig. Ist w langs der Teilkuruen y1 := y I [a; b] und y2 := y 1 [b;c] integrierbar, so auch langs y, und es gilt
J , w = ~ ~ w + J y ~ w ~
In solchen Situationen schreiben wir manchmal kurz y = yl
+ 72.
Beide Regeln lassen sich leicht anhand der Definition beweisen.
182
5 Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
+
111. Sei t : [a;P] [a;b] eine bijektive, stetige Transformation. Ist w langs y: [a;b] + U integrierbar, so aueh langs yo t, und es gilt
dabei gilt +, falls die Funktion t monoton waehst, und -, falls sie fallt. Insbesondere gilt fiir die umorientierte Kurue y-:
Beweis: Wegen der Bijektivitat von t entspricht jeder Riemannschen Summe zur Kurve y eine Riemannsche Summe zur Kurve y o t und umgekehrt. Ferner gibt es zu jedem 6 > 0 ein S' > 0 so, daB fur T,T' E [a; P] lt(7)- t ( r f ) l < S gilt, falls 17 - 7'1 < S'. Jede Zerlegung von [a;P] der Feinheit < S' wird also durch die Transformation t in eine Zerlegung van [a;b] der Feinheit < 6 ubergefuhrt. 1st 6 eine im Sinn der Definition der Integrierbarkeit hinreichende Feinheit fur y, so ist S* eine fur y o t. Bernerkung: Wegen der Invarianz des Kurvenintegrals gegen stetige, monoton wachsende Parametertransformationen geniigt es, bei einem einmal zu durchlaufenden Integrationsweg lediglich dessen Spur und Orientierung anzugeben. Invarianz nur gegen 5f1- rans sf or mat ion en reichte dam nicht.
5.3
Exakte 1-Formen. Wegunabhbgigkeit der Integration
Jede stetige Differentialform f dx auf einem Interval1 I C IR besitzt nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung eine Stammfunktion; darunter versteht man eine stetige, fast uberall differenzierbare Funktion F mit d F = F' dx = f dx. Im Gegensatz zum eindimensionalen Fall besitzt nicht jede stetige 1-Form auf einer offenen Menge U C IRn, n > 1, eine Stammfunktion. Wir zeigen, daf2 die Existenz einer Stammfunktion zur Wegunabhingigkeit der Integration gleichwertig ist.
Definition (Stammfunktion): Unter einer Stammfunktion oder einem Potential zu einer 1-Form w = Cy=lfidxi auf einer offenen Teilmenge U C IRn versteht man eine differenzierbare Funktion f : U + Q: mit
Eine 1-Form, die auf U eine Stammfunktion besitzt, heigt exakt auf U . 1st U zusammenhingend, so unterscheiden sich zwei Stammfunktionen nach der Folgerung in 2.2 nur um eine Konstante.
5.3 Exakte 1-Formen. Wegunabhbgigkeit der Integration
183
Bei der Frage der Exaktheit einer 1-Form kommt es wesentlich auf den Definitionshereich an. Zum Beispiel hat die Windungsform auf IR2 \ {O) keine Stammfunktion (siehe die Bemerkung im AnschluJi an die Folgerung zu Satz 2), wohl aher auf jeder konvexen Teilmenge davon (siehe 5.4). Die Knrvenintegrale exakter 1-Formen lassen sich wie im Eindimensionalen mit Hilfe von Stammfunktionen herechnen.
Satz 2: Ist f auf U eine Stammfunktion der stetigen 1 - F o n w , so gilt f i r jeden Integrationsweg y in U n i t Anfangspunkt A und Endpunkt B
Beweis: Sei y: [a;b] + U die Parameterdarstellung mit y(a) = A und y(b) = B. Nach der Kettenregel in 2.1 hat die stetige Funktion f o y bis anf hijchstens abzihlhar viele Parameterstellen die Ahleitung d f (y (t))?(t); sie ist also eine Stammfunktion znr Regelfunktion t H df (y(t));i(t). Mit Satz 1und dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung folgt also
Beispiel: Die Gravitationsform (5) besitzt anf IR3 \ {O) das Potential f (x, y, Z) = l l r . Fur einen beliebigen Integrationsweg y in IR3 \ {O) von A 1 1 nach B gilt also w c = - - -, r p = IIPl12.
1 7
TB
?A
Folgerung: Besitzt die 1-Form w eine Stammfunktion auf U , so gilt: (i) Fur einen geschlossenen Integrationsweg y in U ist J, w = 0. (ii) Fur zwei Integrationswege 71 und yz in U mit gleichen Anfangspunkten und gleichen Endpunkten ist J7,w = W. Mit Teil (i) ergiht sich sofort, daJi die Windungsform (4) auf IR2 \ {O) keine Stammfunktion hesitzt; ihr Integral l h g s des positiv orienterten Einheitskreises hat nejnlich nach (7) den Wert 2 ~ # i 0. Gilt fur eine 1-Form w auf U und beliebige Integrationswege yl, y2 in U mit gleichen Anfangspunkten und gleichen Endpunkten JY1 w = JT2 W , so sagt man, w konne in U weganabhangig integriert werden. Fur das Integral langs eines beliebig gewahlten Integrationsweges in U von A nach B B schreiben wir in einem solchen Fall w.
1 A
5
184
Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
Wegunahhangigkeit lie@ zum Beispiel vor hei der Gravitationsform auf R3 \ {0}, nicht jedoch hei der Windungsform auf IR2 \ {O}. Die Wegunabhangigkeit des Kurvenintegrals ist notwendig fur die Existenz einer Stammfunktion. Der folgende Satz zeigt, daf2 sie dafur auch hinreicht, und giht eine Stammfunktion an ebenso wie im Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung in Gestalt eines Kurvenintegrals mit fest gewSh1tem Anfangspunkt und wiablem Endpunkt.
Satz 3: Eine stetige 1-Form w auf einer zusammenhangenden offenen Menge U C IRn, die in U wegunabhhngig integriert werden kann, besitzt in U eine StammfiLn,ktion,. Eine solche ist nach Wahl e k e s Punktes a E U gegeben durch
Beweis: Zu x E U sei K,(x) eine in U gelegene euklidische Kugel. Fur jeden Vektor h E IRn mit llhl12 < r liegt dann die Strecke [ x ; x h] in U . Mit y ( t ) := x t h , t E [O; 11, +(t)= h , erhalt man
+
+
f(x+h)-f(x)=l also f (x
s+h
w=hlw(x+th)hdt,
+ h ) - f ( x ) - w ( x )h = i
1
+
(w(x t h ) - w ( x ) )h dt.
Mit w ( [ )h = C a<([)hi folgt
f ( x + h ) - f ( x ) - w ( x )h 5
(
+6
a
)-
sib) )
M2
Wegen der Stetigkeit der Funktionen ai ergibt sich daraus
f
(a: + h) - f ( x ) - ~ llhllz
( 2h )
+O
fur h+O
f ist also differenzierhar und hat in x das Differential w ( x ) .
0
Beispiel: B e r e h u n g einer Stammfunktion. Sei w := (2x - y) dx - x dy. Falls w in IR2 eine Stammfunktion f hat, erhalt man diese zum Beispiel durch Integration langs radialer Wege von 0 aus. Wir definieren daher versuchsweise f ( x ,y) mittels y ( t ) := t ( x ,y), t E [O;11 durch
Nachtraglich verifiziert man, dai3 tatsachlich df = w.
5.4 Lokal exakte 1-Formen. Das Lemma von Poincarb
5.4
185
Lokal exakte 1-Formen. Das Lemma von Poincarb
Die Windungsform besitzt auf IR2 \ {0) keine Stammfunktion, da sie dort nicht wegunabhangig integriert werden kann. Andererseits besitzt sie auf gewissen Teilmengen von IR2 \ {0} sehr wohl Stammfunktionen; auf der rechten Halbebene IR+ x IR etwa die Funktion arctan g. Im Hinblick auf Z derartige Situationen trifft man die folgende
Definition: Eine stetige 1-Form w auf einer offenen Menge U C IR" heiflt lokal exakt oder auch geschlossen, wenn es zu jedem Punkt x E U eine Umgebnng Uo c U von x und in dieser eine Stammfunktion f zu w gibt:
1st die Form w = C:=,fi dxi stetig differenzierbar, so gewinnt man anfgrund des Satzes von Schwarz sofort eine notwendige Differentialbedingung fiir ihre Geschlossenheit. Eine Stammfunktion f zu w auf Uo ist dann wegen dif = fi fur i = 1 , . . . ,n 2-mal stetig differenzierbar, und fiir ihre f = f . Damit erhalten wir partiellen Ableitungen 2. Ordnung gilt fur die Geschlossenheit die folgende notwendige Bedingung:
a&
(8)
d i fk -
akfi
=0
fiir alle i, k = 1,. . . ,n.
Dieses System von Gleichungen bezeichnet man als Integrabili2 tatshedingung. Im Fall n = 2 lautet es fiir w = f dx g dy
+
und im Fall n = 3 a2f3
(g3)
- a 3 f 2 = 0,
a3fl - a 1 f 3 = o,
a l f 2 - a 2 f l = o. Wir kommen zu der Frage, ob die Integrabilitatsbedingung (8) fur die Exaktheit einer 1-Form hinreicht. Das Poincarksche Lemma beantwortet diese Frage positiv, falls das Gebiet ein Sterngebiet ist. p'i
Definition: Eine Menge X C IRn heiBt Sterngebzet oder auch stemformzg, wenn es in X einen Punkt a, ein ,,Zentruml', gibt derart, daB fiir jeden weiteren Pnnkt x E X die Verbindungsstrecke [a;x] in X liegt.
5
186
Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
Beispiele: 1. Konvexe Mengen sind sternfb'nnig. 2. Die langs der negativen x-Achse geschlitzte Ebene IR2\S ist sternfonnig; S = {(x,O) x 5 0 ) . Jeder Punkt (a,0 ) mit a > 0 eignet sich als Zentrum. 3. Kugelschalen K ( I ) C IRn mit 0 I sind nicht sternfijrmig, da sie fur keinen Punkt a E K ( I ) die ganze Strecke [a;-a] enthalten.
I
6
Satz 4 (PoincarBsches Lemma): Erfiillt eine stetig differenzierbare 1Form w auf einem Sterngebiet U die Integrabilitatsbedingvng ( 8 ) ,so besitzt sie auf diesem Gebiet eine Stammfunktion. Korollar: Eine V1-Form auf irgendeiner offenen Menge U ist genau dann lokal exald, wenn sie die Integrabilitatsbedengung ( 8 ) erfiillt. Denn jeder Punkt in U hat eine Kugelumgebung Uo C U , und auf dieser besitzt die 1-Form eine Stammfunktion.
Beweis des Satzes: Wir nehmen an, U habe das Zentrum 0. Eine eventuelle Stammfunktion f erhalt man dann durch Integration lings der Strecken [O;X I , x E U . Mit w = C fi dxi und u ( t ) = t x , t E [O; I ] ,setzen wir also
Wir zeigen, dafi f partiell differenzierhar ist mit dkf = f k fur k = 1,.. . ,n. Wegen der Stetigkeit der f k ist dann f differenzierbar mit d f = w. Da die f i stetig differenzierbar sind, ergibt die Differentiation unter dem Integral
Aufgrnnd von (8) folgt weiter
Im Beweis des Poincareschen Lemmas haben wir zur Konstruktion einer Stammfunktion radiale Integrationswege herangezogen. Nachdem die Existenz einer Stammfunktion erkannt ist, diirfen auch andere, der jeweiligen Situation angepafite Integrationswege zur Berechnung verwendet werden.
5.4 Lokal exakte 1-Formen. Das Lemma von Poincarb
Beispiel: Die Windungsform w w =
ydz+zdy 72
+ .2
187
erfiillt die Integrahilitats-
hedingung (8'); ferner ist die lings der negaGven x-Achse geschlitzte Ebene IR2 \ S sternfiirmig. Die Windungsform hesitzt dort also eine Stammfunktion f . Zu deren Berechnung an der Stelle (x, y) integrieren wir zunachst Iangs der Strecke u von (1,O) nach (r, 0) und dann langs des Kreishogens K ,
(*)
n(t) = (rcost, r s i n t ) ,
0
5 t 5 O(x,y);
dabei sei r = und O(x, y) das Argument des Punktes (x, y) zwischen -.rr und .rr. Mit u(t) := (1 t (r - I), 0), t E [O;11, ergiht sich sofort Jc w w = 0 und mit (*) Jx w w = O(x, y). Insgesamt erhalt man also
+
Berechnung einer Stammfunktion in lR2 \ S zur Windungsform ww
Die R o t a t i o n eines Vektorfeldes. Es sei n = 3. Unter der Rotation, eines differenzierharen Vektorfeldes v = (vl ,v2,u s ) auf einer offenen Teilmenge des euklidischen IR3 versteht man das Vektorfeld
,
symbolisch V x v.
Die Rotation eines Vektorfeldes ist hiermit formal in Anlehnung an (a3) definiert. Einen ersten Hinweis auf ihre Bedeutung als Mag der Verwirhelung des Feldes liefert die Aufgabe 8. Eine wesentliche Rolle spielt die Rotation in der 3-dimensionalen Version des Integralsatzes von Stokes; siehe Kapitel 13. Aufgrund der Aquivalenz ,,v = grad f w, = d f' ergiht die Integrahilitatsbedingung (a3) auch eine notwendige Bedingung dafur, d d ein V1-Vektorfeld v ein Gradientenfeld ist: u mu$ rotationsfrei sein: rot v = 0. Die Rotationsfreiheit ist dafur im allgemeinen jedoch nicht hinreichend, wie manchmal hehauptet w i d ; sie ist es aber nach dem Lemma von Poincark fur ein Vektorfeld auf einem Sterngebiet.
*
188
5
Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
5.5 Homotopieinvarianz des Kurvenintegrals lokal exakter 1-Formen Die Integration einer lokal exakten 1-Form lings zweier Knrven mit demselben Anfangspunkt und demselben Endpunkt fuhrt nicht immer zum gleichen Wert. Das ist jedoch dann der Fall, wenn die beiden Kurven bei festgehaltenem Anfangs- und Endpunkt innerhalb des Definitionsbereichs der 1-Form stetig ineinander deformiert werden kijnnen. Definition (Homotopie): Sei X C IRn. Zwei Kurven yo, yl: [a;b] + X mit gemeinsamem Anfangspunkt A und gemeinsamem Endpunkt B heigen homotop in X, wenn es eine stetige Abbildung H : [a;b] x [O;11 + X mit den folgenden Eigenschaften gibt:
H(t'O) = 70") H ( t , 1) = 71( t )
]
fur alle t E [a;b], H(a' ' ) = A H(b,s)= B
1
fur alle s E
[o;11
Fur jedes s E [O; 11 definiert y,(t) := H ( t , s ) eine stetige Kurve in X von A nach B. Man sagt deshalb anch, die Homotopie H stelle eine stetige Schar von Kurven dar, die alle bei A beginnen, bei B enden und ganz in X verlaufen.
7 0 und 71 sind homotop in X
Beispiel: Sind yo, y, : [a;b] + X Kurven mit gleichem Anfangspunkt und gleichem Endpunkt, und lie@ fur jedes t E [a;b] die Strecke [yo(t);71( t ) ] in X , so sind sie homotop in X mittels H ( t , s ) := s y ~ ( t ) (1 - s)yo(t).
+
S a t z 5 (Homotopieinvarianz): Es seien yo und yl Integrationswege in einer offenen Menge U C IRn mit gemeinsamem Anfangspunkt A und gemeinsamem Endpunkt B. Sind yo und yl homotop in U , so gilt fiir jede lokal exakte 1-Form w auf U
5.5 Homotopieinvarianz des Kurvenintegrals lokal exakter 1-Formen
189
Bezueis: Es sei X = {Kh}hEn eine Uberdeckung von U durch offene Kugeln mit der Eigenschaft, da%w in jeder dieser Kugeln eine Stammfunktion hesitzt. Ferner sei H : R + U , R := [a;b] x [O;11, eine Homotopie. Wir zeigen dann zunachst, da13 es Zerlegungen Z: Z':
a=to
gibt derart, d& das Bild jedes Rechtecks [ti;&+I] x [sj; sj+l] unter H ganz in einer Kugel aus X liegt. Angenommen, es gahe solche Zerlegungen nicht. Fur jede Zahl m E IN unterteilen wir dann [a; b] und [O; 11 in je m gleichlange Intervalle und damit R in m2 Teilrechtecke. R, sei eines der m2 Rechtecke, dessen Bild H(R,) in keiner Kugel aus X enthalten ist. Es sei weiter x0 ein Haufungspunkt der Folge der Mittelpunkte der Rechtecke R,, m E IN,und KOE X eine Kugel mit H(z0) E KO.Dann ist H-'(Ko) eine Umgebung von xo in R. Diese enthalt unendlich viele der Rechtecke R,; also liegen unendlich viele der Bilder H(R,) in KO.Widerspruch! Es seien nun Z, Z' Zerlegungen von [a; b] bzw. [O; 11 so, da13 jedes Rechteck [ti; t,+l] x [sj; sj+l] durch H ganz in eine Kugel aus X hinein ahgebildet wird (Bezeichnungen wie oben). Wir setzen damit: Pij := H(ti,sj), Tij := Strecke von Pi?nach P,+I,~ ,
uij := Strecke von Pij nach
Pi,j+1 .
Aufgrund der gewahlten Feinheit der Zerlegungen liegen die vier Punkte Pu , Pi+l,j, Pi,j+l und Pi+l,j+lin einer Kugel aus 2,und damit auch die vier Strecken rij,ri,j+,l u, und ui+l,j. Da w in dieser Kugel eine ui+l,j und Stammfunktion besitzt, sind die Integrale von w lings r, u, ri,j+l gleich. Mit der Abkurzung I ( a ) := Saw gilt also
+
+
Mit I, :=
(*)
I ( r i j ) ergibt sich weiter
4-
= I(UO~) -I(U~~),
5
190
Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
Da uoj und ukj Strecken von A nach A bzw. B nach B sind, haben die heiden Integrale I(u0j) und I(ukj) den Wert 0. Somit ist I, = Ij+l fur j=O, . . . , q - 1,undesfolgt
Wir hahen noch den Bezug zu den Integralen JyOw und
Jyrw
herzustellen.
Die Strecke ria und die Teilkurve yio := yo 1 [ti;ti+l] haben denselben Anfangspunkt Pi0 und denselben Endpunkt Pi+l,o ; ferner liegen beide in einer der Kugeln aus X . Folglich ist Jyio w = I ( ~ z oalso ),
Ebenso zeigt man
k-1
Jw=CW~,). Yi
i=O
Damit ist der Satz bewiesen. Das Kurvenintegral einer lokal exakten Form hangt nach dem Satz nur von der Homotopieklasse des Integrationsweges ab. Zu dieser grundsatzlichen Bedeutung der Homotopieinvarianz kommt noch eine sehr praktische: Sie erleichtert manchmal erheblich die Berechnung eines Kurvenintegrals einer geschlossenen Form. Es sol1 etwa die Windungsform langs der Ellipse E , ~ ( t:= ) ( a cos t , bsint), t E [O; 2x1, a, b > 0, integriert werden. Zunachst gilt ab dt. 0
Die Homotopie in IR2 \ {O} der Ellipse zum Kreis K , ~ ( t:=) a(cost, sin t ) , t E [O; 2x1, fuhrt andererseits zu
J w ~ = J ww = 2 ~ in(n, . O ) = ZT. E
n
Damit folgt als Nehenresultat
Fiir geschlossene Kurven hat man weiter den Begriff der £reien Homotopie; Anfangs- und Endpunkte miissen dabei nicht festgehalten werden.
5.5 Homotopieinvarianz des Kurvenintegrals lokal exakter 1-Formen
191
Definition (Freie Homotopie): Sei X C IKn. Zwei geschlossene Kurven yo, % : [a,b] + X heisen frei homotop in X , wenn es eine stetige Abbildung H : [a;b] x [O;11 + X gibt mit
H ( t ,0) = yo(t) H ( t , 1) = 71(t) H ( a , s ) = H(b, s )
}
fiir alle t t [a;b], fiir alle s E [O; 11.
Alle Kurven y,, y,(t) := H ( t , s ) , verlaufen in X und sind geschlossen
Satz 5*: Es seien yo und 71 geschlossene Integrationswege in einer offenen Menge U C IRn, die frei homotop sind. Dann gilt fur jede lokal exakte 1-Form w auf U
Den Beweis von Satz 5 kann man bis zur Stelle (x) wortlicb ubernehmen. Jetzt gilt uoj = ukj wegen H ( a , s ) = H(b, .s) fur alle s. Wieder folgt I, = Ij+l und damit die Behauptung. 0
Folgerung (Homotopieinvarianz der Windungszahl): Sei P E IR2. Sind yo und yl frei homotope Integrationswege in IR2 \ { P ) , so haben sie die gleiche Windungszahl um P : n(y0;P ) = n(y1;P ) . ~ durch ww,p(x) := w w ( x - P ) definierte WindungsBeweis: Sei W W , die fonn bezuglich P . Dann gilt mit (7)
Die Invarianz der Windungszahl gegeniiber Homotopien kann verwendet werden, um die Nicht-Existenz gewisser Abbildungen zu zeigen. Als Beispiel bringen wir einen Beweis des Brouwerscben Fixpunktsatzes in der Dimension 2.
Brouwerscher Fixpunktsatz: Jede stetige Abbildung f : IE + der abgeschlossenen Einh,eitskreisscheibe IE C IR2 in sich besitzt einen Fixpunkt. Eine analoge Aussage gilt fiir jede stetige Abbildung einer n-dimensionalen abgeschlossenen Kugel in sich; siehe 13.9.
Beweis: Wir zeigen zunachst folgende auch fur sich interessante Aussage: Es gibt keine stetige Abbildung h : IE + aIE mit h ( z ) = z fur z E aE.
192
5 Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
Angenommen, es gabe eine solche Ahbildung h. Wir bilden dann
H ( t , s ) := h(seit),
( t ,s ) E [O; 271 x [O; 11.
Da h nur Werte auf dem Rand von E annnimmt, definiert H in aE und damit erst recht in IR2 \ {0) eine freie Homotopie der konstanten Kurve yo, ) eit. yo(t) = h(O),auf die l-mal positiv durchlaufene Kreislinie 71, y ~ ( t= Wir erhalten damit den Widerspruch 0 = n(y0;O)= n(y1;0 ) = 1. Der Fixpunktsatz ergiht sich nun so: Wir nehmen an, f hesitze keinen sei dann h,(z) derjenige Fixpunkt. Zu jedem z E Schnittpunkt der Geraden durch z und f ( z )rnit dem Rand von E,fur den h ( z )- f ( 2 ) ein positives Vielfaches von z - f ( z ) ist. z H h ( z ) definiert eine stetige Abbildung h : IE + alE rnit h ( z ) = z fur z E aE.mne solche kann es aber nach der Vorhemerkung nicht geben. Damit ist der Satz hewiesen. 0 Wir kommen zur ahschlieBenden Behandlung der Frage nach der Existenz von Stammfunktionen zu geschlossenen l-Formen. Es zeigt sich, daB die Antwort stets positiv ausfdlt, wenn der Definitionsbereich der Differentialform die Eigenschaft hat, dai2 jede geschlossene Kurve in ihm frei homotop zu einer Punktkurve ist. Unter einer Punktkurue rnit Spur P , P ein Punkt im IRn, verstehen wir eine konstante Abbildung I 3 t H P eines Intervalls I c IR. Wir bezeichnen jede Punktkurve rnit Spur P unabhangig vom Parameterintervall rnit P. Fur jede l-Form w und jede Punktkurve P gilt nach Definition des Kurvenintegrals J p w = 0. Eine geschlossene Kurve in X C IRn, die in X zu einer Punktkurve frei homotop ist, nennt man nullhom,otop in X. Die vorangehende Feststellung komhiniert rnit Satz 5* ergiht, daB das Integral einer lokal exakten l-Form w langs eines nullhomotopen Integrationswegs y Null ist: J7 w = 0. Definition (Einfacher Zusammenhang): Eine wegzusammenhiingende Menge X C IRn heiBt einfach zusammenhangend, wenn jede geschlossene Kurve in X nullhomotop ist.
einfach zusammenhingend
nicht einfach zusammenhangend
5.5 Homotopieinvarianz des Kurvenintegrals lokal exakter 1-Formen
193
Beispiele: 1. Jedes Sterngehiet X ist einfach zusammenhangend, da jede geschlossene Kurve in X frei homotop zur Punktkurve eines Zentrums z ist. 2. Die Kreisringe {x E R2 r < 1 1 ~ 1 < 1 ~ R} sind nicht einfach zusammenhangend; sonst hatten nach dem folgenden Satz alle geschlossenen Kurven in diesen Ringen beziiglich des Mittelpunktes 0 die Windungszahl 0. 3. Das Bild einer einfach zusammenhangenden Menge unter einem Homijomorphismus ist einfach zusammenhingend. Beweis als Aufgabe.
I
Beispiel zu 3: ,,Geschlitzte Kreisringe" wie in der Skizze sind die Bilder offener Rechtecke unter der Polarkoordinatenabbildung und hiingen deshalb einfach zusammen Satz 6: Jede gesehlossene 1-Form w auf einem einfaeh zusammenhiingenden Gebiet U C IRn kann auf U wegunabhangig integriert werden und besitzt dort eine Stammfunktion.
Beweis: Nach Satz 3 geniigt es, die erste Behauptung zn zeigen. Es seien 70 und 71 Integrationswege in U mit demselhen Anfangspunkt A und demselben Endpunkt B . Dann ist der aus yo und y; zusammengesetzte Integrationsweg von A nach B und zuriick nach A geschlossen und wegen des einfachen Znsammenhangs von U nullhomotop. Damit folgt JTo+71 w = 0, also JTO w = JT1
W.
Korollar: Auf einem einfach zusammenhangenden Gebiet des R3 ist jedes stetig differenzierbare Vektorfeld u mit rotu = 0 ein Gradientenfeld. In diesem Korollar kann auf den einfachen Znsammenhang nicht verzichtet werden. Zum Beispiel ist auf R3 \ z-Achse das Vektorfeld v mit , 0) kein Gradientenfeld Bernerkung: Nach Poincare kann man jedem wegzusammenhangenden topologischen Raum X eine sogenannte findamentalgmppe a1 ( X )beziiglich eines Punktes x0 E X zuordnen. Ihre Elemente sind die Homotopieklassen der geschlossenen Kurven mit Anfangs- und Endpunkt x0; die Verkniipfung wird durch Zusammensetzen repribentierender Kurven erklkt; das neutrale Element besteht aus den geschlossenen Kurven, die zur Punktkurve x0 homotop sind. X heiBt einfachzusammenhiingend, wenn q ( X ) nur aus dem neutralen Element besteht. Die Fundamentalgruppe spielt eine mdgebliche Rolle bei Fragen der globalen Analysis.
194
5.6
5
Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
Aufgaben
1. Man zeige: Sind wl und wz geschlossene (exakte) 1-Formen auf U C Rn, dann ist auch wl w2 eine solche. Gilt analoges fur das Produkt fwl, f eine differenzierbare Fnnktion auf U ?
+
2. Man berechne
J,, y3 dx + x3 dy fur y,(t)
:= (te,
t ) , t E [O;11, cu 2 1.
3. Man zeige: Fiir einen Integrationsweg y in IR2 stellt das Integral 1
F(y) := -
J
2n 7
-y dx
+ xdy
03
den vom Fahrstrahl iiberstrichenen orientierten Flacheninhalt dar; zu diesem Begriff siehe Band 1,12.5. 4. Man zeige: Das Differential einer V1-Funktion f : U + C, U eine offene Menge in En, ist lings jedes rektifizierbaren Weges y : [a;b] + U integrierbar, und es gilt
5 . Berechnung uon Stwmmfunktionen a) Durch Integration langs radialer Wege ermittle man eine Stammfunktion zu
/
+
b) Es sei w = f l dxl f 2 dx2 eine V1-Form auf einem Rechteck R = I x J , die die Integrabilitatsbedingung erfiillt. Man berechne eine Stammfunktion dam. Man berechne auf diese Weise eine Stammfunktion zur Windungsform ww auf der rechten Halbebene.
6. Es sei u ein stetiges Zentralfeld auf IRn \ {0), d. h., mit einer stetigen Funktion q :IR+ + IR gelte v(x) = v(llxl12)x. Man zeige, dai3 die mit u assoziierte 1-Form w, exakt ist. Wie lautet eine Stammfunktion im Fall u(z) := Ilxll,n xi LY E IR?
7. Es sei F ein V1- bzw. V2-Vektorfeld auf einer offenen Menge U C IR3. Man zeige: a) Fur jeden Vektor u E IR3 gilt rot(F x u) = d,F - div F . v b) div rot F = 0.
5.6 Aufgaben
195
8. Eine Interpretation der Rotation eines Vektorfeldes irn euklidischen IR3. Es sei F ein fX1-Feld in einer Umgebung von 0 E IR3 und W F seine assoziierte 1-Form. Weiter seien el, e2 orthonormierte Vektoren und y, die Kreislinie y,(t) = r cos t . el + r sin t . e2, t E [O; 2 ~ 1 Man . zeige:
% 2 L" 1
WF
N :=el x e2.
= (rotF(O), N ) ,
Hinweis: Man fiihre das Problem auf den Fall eines linearen Feldes zuriick.
9. Es sei S die Teilmenge des IR3 bestehend aus (a) der z-Achse, (b) dem Kreis {x2
+ y2 = 1, z = O),
(c) der Halbgeraden {(0, y,O), y 2 1). Gegeben seien ferner geschlossene Integrationswege nl, n2, yl,y2,y3 in U := IR3 \ S wie skizziert, sowie eine auf U geschlossene 1-Form a mit
L2
S,, a = 3,
a = 7.
Was la& sich iiber die Integrale
JYi a, i = 1,2,3, aussagen?
10. Man zeige: Die Kreise yo uud yl, yo(t) = (3 cost, 3sint, 0), yl(t) = (0,3 cost, sin t),
+
t E [O; 271, sind in U := IR3 \ {x = y = 0) nicht frei homotop zueinander. Man sagt, yo und 71 seien in U ,yerschlungend'.
I
Hinweis: Fiir eine geeignete geschlossene 1-Form w ist
1 w f Inw. 70
11. Jede stetige Kurve in einem Gebiet G C IRn mit Anfangspunkt A und Endpunkt B ist in G homotop zu einem Streckenzug von A nach B.
12. Man zeige, dai2 IR" \ {0) fiir n 2 3 einfach zusammenhangend ist, und folgere den einfachen Zusammenhang von Sn fiir n 2 2. Hinweis: Man reduziere das Problem mittels Aufgabe 11 und zeige, d& jeder Streckenzug in IRn\{O) in einem sternfdrmigen Gebiet der speziellen Gestalt En\ lR+ . a mit einem geeigneten Vektor a # 0 liegt.
13. IR2 ist nicht homoomorph zu IRn, n 2 3. Hinweis: In 1.5 wurde gezeigt, daR lR1 zu En,n
>
2, nicht homkiomorph ist. Man orientiere sich an jenem Beweis und verwende Aufgabe 12.
196
5
Felder von Linearformen, Pfaffsche Formen. Kurvenintegrale
14. Sind yl, m,73 : [a; b] + X stetige Kurven derart, daB zu y3 homotop ist, so ist auch yl zu y3 homotop.
zu yz und
72
15. Riicktmnsport von l-Fomen. Es seien V C IRm und U C IRn offen und ip = ( 9 1 ,... , i p n ) : V + U eine V1-Abbildung. Einer l-Form w auf U la8t sich dann eine l-Form ip*w anf V zuordnen durch
Man zeige: n
a) 1st w =
C ai dyi, so gilt ip'w
n
=
C (ai 0 i p ) dipi.
i=l i=l Man gebe ferner die hnonische Koordinatendarstellung von ip'w an. Was ergibt sich speziell im Fall m = 1?
b) Man berechne P;ww, PZ die Polarkoordinatenabbildung IR+ x IR + IR2 \ 10) und w w die Windungsform. c) 1st w exakt mit Potential f , so ist ip'w exakt mit Potential f 1st w geschlossen, so ist auch ip'w geschlossen. d) 1st y: [a; b] + V ein Integrationsweg, so gilt
Man interpretiere dies speziell fiir m = 1
o ip.
6 Die F'undarnentalsiitze der F'unktionentheorie
In diesem Kapitel wenden wir die Theorie der Kurvenintegrale anf das Studinm der Funktionen an, die in offenen Teilmengen von @ erklirt und komplex differenzierhar sind. Derartige Funktionen nennt man holomorph. Den Ausgangspunkt zu ihrer Untersuchung hildet die Tatsache, daf2 jede Differentialform f d t , deren Koeffizient f holomorph ist, lokal eine Stammfunktion besitzt (Satz von Goursat). Fur die Kurvenintegrale solcher Differentialformen gilt daher der Satz von der Homotopieinvarianz; in der Funktionentheorie bezeichnet man ihn als Cauchyschen Integralsatz. Wir hesprechen in diesem Kapitel fundamentale Konsequenzen dieses Satzes.
6.1
Der Cauchysche Integralsatz
Definition: Eine Funktion f : U + C auf einer offenen Menge U C C heiBt holomorph in U , wenn sie in jedem Punkt a E U komplex differenzierbar ist, und dieses meint, daf2 der Grenzwert
existiert Beispiel: Nach dem Satz uber die Differentiation von Potenzreihen in 3.1 stellt jede Potenzreihe P ( z ) = Crzoa n t n in ihrem offenen Konvergenzkreis eine holomorphe Funktion dar, und es gilt P 1 ( t )= Crzln anzn-l. Wir fassen den Definitionsbereich einer holomorphen Funktion f auch als Teilmenge des IR2 auf; dabei erfullen ihre partiellen Ableitungen nach 3.1. IV (12) die Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung
Das Differential einer holomorphen Funktion f hat somit die Gestalt
hierhei hezeichnet z die durch t(x, y) := x
+ iy auf IR2 erklirte Funktion.
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
198
Jede stetige 1-Form f dz anf einer offenen Menge U C 6: kann langs eines heliebigen Integrationsweges in U integriert werden. Mit y (t)= x(t)+iy (t), t E [a;b], ist das Integral gegeben durch
Beispiel: Es sei y ein geschlossener Integrationsweg und za ein Punkt, der nicht auf der Spur von y liegt. Dann gilt nach Band 1,12.7
Das Integral stellt also die Windungszahl der Kurve um den Punkt zo dm. Mit Hilfe von (1) kann man Aussagen zur Integration uber Intervalle sofort auf die Integration der Formen f dz lings Kurven iibertragen. Wir notieren die Standardahschatzung und eine Vertanschungsregel: (i) Standardabsch%tzung:
<
max
- zESpur7
1 f (t)l Linge von y. ,
(ii) Vertauschungsregel: Konuergiert eine Folge stetiger Funktionen f, auf der Spur uon y gleiehmaflig gegen f , so gilt
J f (z) dz = n+m lim J f,(z) 7
dz.
Y
Jede stetige 1-Form f dz auf U , die auf U eine Stammfunktion hat, kann nach 5.3 in U wegunabhangig integriert werden. Insbesondere ist das Integral jeder solchen 1-Form lings jedes geschlossenen Integrationsweges in U Null. Da jedes Polynom P die Ableitung eines Polynoms Q ist, gilt fur jeden geschlossenen Integrationsweg y in C
Eine Differentialform der Gestalt f dz auf einer offenen Menge U C 6: heist holomorph, wenn die Funktion f holomorph ist. Mit Hilfe der Kurvenintegrale solcher Formen leiten wir fundamentale Eigenschaften der holomorphen Fnnktionen her. Wesentlich hierbei wird sein, da8 jede holomorphe 1-Form f dz lokal eine Stammfunktion besitzt. Dies ergabe sich sofort mit dem Lemma von Poincarb, wenn wir wiigten, daJ3 die Ableitung
6.1 Der Cauchysche Integralsatz
199
f' stetig ist; aufgrnnd der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichung erfullt f dz = f ( dx i dy) n b l i c h die Integrabilitatsbedingung f, = if,. Die lokale Exaktheit einer holomorphen 1-Form f dz kann aber auch ohne Kenntnis der Stetigkeit der Ableitung f' gezeigt werden, und zwar mit Hilfe des Lemmas von Goursat (1858-1936).
+
Lemma von Goursat: Sei K eine konuexe offene Menge und f eine holom.orphe Funktion in K . Dann gilt fur jedes Dreieck A C K
Sind a, b, c die Ecken von A, so meint Integration iiber aA die Integration Iangs der Strecken [a;b],[b;c] und [c;a ] .Bei einer Andernng der Reihenfolge der Ecken andert sich das Integral JaA f dz hocbstens um den Faktor -1.
Beweis: Wir zerlegen das Dreieck durch Verbinden der Seitenmittelpunkte zunachst in vier kongruente Dreiecke. Sei Al eines dieser vier Dreiecke, fur welches das Integral uber den Rand den grogten Betrag hat. Da die Summe der Integrale iiber die Rinder der vier Teildreiecke gerade JaA f (z) dz ist, folgt
Die Summe der Integrale iiber die R k der der vier Teildreiecke ist JaA f (z) dz
Durch Wiederholung dieses Verfahrens finden wir eine Folge von Dreiecken A, 3 A, 3 . . . mit
Es sei nun zo ein Punkt, der in allen Dreiecken A, liegt. f ist in zo komplexdifferenzierbar; es gibt also eine Darstellung
r(z) = 0. Da die lineare Funktion f (20) +?(to) wobei lim,,,, Stammfunktion besitzt, folgt damit
( z -20) eine
1st L der Umfang des Dreiecks A, so hat das Dreieck A, den Umfang 2TnL.Ferner gilt Iz - zol 2 2TnL fiir z E aA,, da zo in A, enthalten ist.
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
200
Mit der Standardabschatzung folgt also
Insgesamt ergibt sich fiir alle n
Wegen r ( z ) + 0 fiir z
+ zo beweist diese Abschatzung das Lemma.
Integrabilitiitskriterium: Es sei K C Q: eine konvexe offene Menge und f : K + C eine stetige Funktion derart, daj?fur jedes Dreieck A C K
gilt. Dann besitzt f i n K eine holomorphe Stammfunktion, d. i. eine Funktion F mit F' = f . Mit beliebigem a E K erhat man eine solche durch Integration langs der Strecken [a;z ] , z E K :
+
Beweis: Es seien z , z h E K . Wegen (*), a n g e wendet auf das Dreieck mit den Eckpunkten a, z und z h, gilt
+
F(z +h)-F(z)=
J
f (0 dC.
[*,z+hl
Mit f ( z ) =
Fiir h
1
. JIi,l+hl f
( 2 )dC
+ 0 folgt daraus F'
erhalt man weiter
=f.
0
Zusammen mit dem Lemma von Goursat ergibt sich nun:
Satz von Goursat: Jede holomorphe 1-Fonn ist lokal exakt Aufgrund des Satzes von Goursat gilt der Satz iiber die Homotopie invarianz von Kurvenintegralen mit seinen verschiedenen Versionen und Konsequenzen fiir alle holomorphen 1-Formen. Man bezeichnet ihn in diesem Zusammenhang als Cauchyschen Integralsatz.
6.1 Der Cauchysche Integralsatz
201
Cauchyscher Integralsatz: Fiir jede holomorphe Differentialform f dz auf einer offenen Menge U C C gelten die Aussagen: ( i ) Sind yo und yl homotope Integrationswege in U mit gemeinsamem Anfangspunkt und gemeinsamem Endpunkt oder frei homotope geschlossene Integrationswege, so gilt
Ist y ein nullhomotoper Integrationsweg in U , so gilt
J7 f
dz = 0 .
(ii) Ist U zusatzlich einfach zusammenhangend, so kann f dz in U wegunabhangig integriert werden. Mit einem beliebigen Punkt a E U wird durch
eine holomorphe Stammfunktion definiert: F' = f . Eine typische Anwendung der Aussage (i) bringt das folgende Beispiel. m
00
Beispiel: Das Fresnel-Integral J eCit2dt und das Gad-Integral J e&' dt. 0
0
Sei f ( 2 ) := e d . f ist holomorph auf C und C ist konvex. Nach dem Integralsatz gilt also mit den in der Skizze angegebenen Wegen
Fiir yz(t) = r folgt
1
+ ti,
Hiernach gilt lim ?+a?
I
t E [O;r ] , ist f ( y z ( t ) ) =
/
5 e-"evt. Damit
f dz = 0. Wegen (*) ergiht sich nun
72
Der Wert ;J;; des GauBschen Integrals wurde bereits in Band 1,17.2 ermittelt; siehe auch 6.6 in diesem Band.
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
202
+
Weiter erhalt man mit ~ ( t =) (1 i)t, t E [O; r], +(t) = (1 m
lim T t W
/ f dz = (1+ i) / e-('+')
m
2 2
dt = (1 +i)
0
7%
/
e-2't2
+ i),
/
l+i dt = -
fi
0
Damit ist die Konvergenz des Fresnelschen Integrals und zusammen mit (+*) auch sein Wert berechnet:
e-'"
e-ir2
d7.
0
d7 gezeigt
Durch Zerlegen in Real- nnd Imaginirteil ergeben sich schliefllich die Konvergenz und der Wert der reellen Fresnelschen Integrale:
Die im Integralsatz angegebene Konstruktion einer Stammfunktion in einem einfach zusammenhangenden Gebiet ist dieselbe wie im Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. Sie stellt ein sehr leistungsfahiges Verfahren zni- Gewinnung holomorpher Funktionen dar. Als Beispiel hetrachten wir die Konstruktion des Logarithmus auf C-. Beispiel: Hauptzweig des Logarithmus auf C-. In Erweiterung der Darstellung in x =
/
1
dt
..
- fur
t
x E IR+ definieren wir L : C-
+ C durch
Da C- einfach zusammenhangt, ist L wohldefiniert. L ist holomorph pnd hat die Ableitung L1(z) = l / z ; ferner ist L ( l ) = 0. Wegen (zeCL) = e c L ( l - z . = 0 ist z . e-L konstant = 1. ecL@)= 1; es gilt also
i)
eL(') = z fiir alle z E C-. L heiflt Hauptzweig des Logarithmus auf Cund wird ebenfalls mit In bezeichnet. Die Integration langs des skizzierten Weges ergibt in z = rei9 mit lp E (-71; 71) die Darstellnng
(3')
lnz = L(z) = l n r + ilp.
Vgl. Band 1,8.10.
n 1
r
Konstruktion des Hauptzweiges des Logarithmus durch Integration
6.2 Die Integralformel fiir Kreisscheihen. Potenzreihenentwicklung
6.2
203
Die Cauchysche Integralformel fiir Kreisscheiben. Der Satz von der Potenzreihenentwicklung
Aus dem Cauchyschen Integralsatz leiten wir nun eine Integraldarstellung holomorpher finktionen her. Als wicht,igste Folgerung gewinnen wir sofort Potenzreihenentwicklungen um jeden Punkt im Definitionsbereich.
Cauchysche Integralformel: Es sei f holomorph in einer offenen Menge, die die abgeschlossene Kreisscheibe % ( a ) enthalt. Mit n,(t) = a+reit, t E [O; 2n], gilt d a m fur jeden Punkt z E K,(a)
Beweis: Fur beliebiges positives E < r - lz - a1 vergleichen wir das angeschriebene Integral mit dem uber die Kreislinie y,(t) := z + E eit, t E [O; 271. Da n, und y, in K,(a) \ { z } frei homotop sind, gilt
f (C)
/ C -d z 6"
f (C)
~ J7dc. =5 -
.
7= ,
Dieses Integral hiingt insbesondere nicht von 27i n(y,; z ) = 2ni folgt also
E
ab. Wegen
/Y, 6 - 2 1
dC =
-
Der Grenzwert auf der rechten Seite ist Null: Da der Integrand wegen der Differenzierbarkeit der finktion f im Punkt z in K,(a) heschrankt ist, majorisiert. Mit etwa durch M , wird der Betrag des Integrals durch 2 n ~ M E + 0 ergibt sich schlieglich die Integralformel. 0 Im Integralsatz und in der Integralformel liegt die ganze Funktionentheorie konzentriert vor. Der Integralformel entnimmt man sofort, daB jeder Wert f ( z ) , z E K,(a), allein aus den Werten von f auf dem Rand der Kreisscheibe berechnet werden kann. Ferner ist von Bedeutung, daB z im Integranden nur als Parameter und nicht an f gehunden vorkommt. Wegen dieser Tatsache gewinnt man wichtige Informationen aus den Ei1 genschaften des Faktors , dem sogenannten Cauchy-Kern. Zum Bei-
5-.
spiel ergibt die Entwicklung dieses Kerns in eine geometrische Reihe eine Potenzreihenentwicklung fiir f .
204
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
Satz von d e r Potenzreihenentwicklung: Eine holomorphe Funktion f in der offenen Menge U C 6: kann in jeder Kreisseheibe K,(a) C U in eine Potenzreihe f ( z ) = Cz=P=o an ( z - a)n entwickelt werden. Der Konvergenzradius ist mindesten,~so gro$ wie der Abstand des Punktes a vom Rand XI.Die Koefizienten sind gegeben durch die Integrale
wobei r eine beliebige positive Zahl < p sei. (Die Integration uber aK,(a) meint Integration langs der Kreislinie n,(t) := a + reit, t E [O; 2x1.) Ist M eine Konstante derart, da$ 1 f(C)I I M fur alle C E L3Kv(a), so besteht fur die Koefizienten die Abschatzung
Beweis: Wir zeigen, dag f in jeder Kreisscheibe K,(a) mit r < p eine Potenzreihenentwicklung mit den angegebenen Koeffizientenbesitzt. Nach dem Identitatssatz fur Potenzreihen geniigt dm. Wir gehen aus von der Cauchyschen Integralformel fiir f ( t ) z, E K,(a), nnd formen den Integranden wie folgt um:
m
Die Reihe wird auf aK,(a) von
C qn mit
n=O konvergiert dort also gleichmagig. Es folgt
I 1
*-a q := a < 1 majorisiert,
Die Abschatzung der Koeffizienten: Der Integrand in (5) ist beschrankt durch MI?+', und der Integrationsweg hat die Lange 2nr. Die Standardabschatznng des Integrals ergibt daher (5'). 0 Der Satz von der Potenzreihenentwicklung spielt eine fundamentale Rolle in der Funktionentheorie. Wir besprechen im Folgenden einige seiner Konsequenzen. Dahei werden sich wesentliche Unterschiede und auch erhebliche Vereinfachungen gegenuber der Theorie der reell-differenzierbaren Funktionen zeigen. Ein erster Komplex von Folgerungen resultiert aus der Holomorphie der Ableitung.
6.2 Die Integralformel fiir Kreisscheihen. Potenzreihenentwicklung
205
I. Holomorphie der Ableitung Nach dem Entwicklungssatz hahen holomorphe Funktionen lokal dieselben Eigenschaften wie Potenzreihen. Da die Ableitungen von Potenzreihen wieder Potenzreihen sind, folgt unmittelbar der
Satz von der Holomorphie der Ableitungen: Jede holomorphe Funktion f ist beliebig oft komplex-differenzierhar und alle Ableitungen f ( k ) sind holomorph. Fiir die Ableitungen f ( k ) hat man auch Integralformeln anhand yon f analog zur eingangs aufgestellten Integralformel. Integralformel fiir Ableitungen: Es sei f holomorph in einer Umgebung U von % ( a ) . Dann gilt in jedem Punkt z E K,(a)
Beweis: f besitzt in einer Umgebung von z eine Potenzreihenentwicklung f ( C ) = C= :o a,(< - 2)". Mit dieser hat man
~:zh
wobei ip in U holomorph ist. Die Funktion C H a,([ - z)n-k-l hesitzt offensichtlich in C \ { z ) eine Stammfunktion; ihr Integral langs der Kreislinie n, verschwindet also. Das Integral iiber ip langs n, verschwindet ebenfalls, da n, in U nullhomotop ist. Somit ergibt sich
Wegen f("(z) = k!am beweist das die Behauptung.
0
Aufgrund der Holomorphie der Ahleitung sind wir nun in der Lage, zu jeder nullstellenfreien holomorphen Funktion f in einem einfach zusammenhangenden Gehiet U einen holomorphen Logarithmus zu konstruieren. Unter einem holomorphen (stetigen) Logarithmus zu f versteht man eine holomorphe (stetige) Funktion F: U + C mit eF = f . Manchmal bezeichnet man eine solche Funktion auch als holomorphen (stetigen) Zweig des Logarithmus won f . Zwei stetige Zweige FI und Fz unterscheiden sich nur um ein ganzes Vielfaches yon 2vi; denn Fl -F2 nimmt nur Werte aus 27i Z an, ist in dem Gebiet U also konstant.
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
206
Satz (Existenz eines holomorphen Logarithmus): Es sei U ein einfach zusammenhangendes Gebiet. Dann besitzt jede nullstellenfreie holomorphe finktion f in U dort einen holomorphen Logarithmus. Insbesondere ist jeder stetige Logan'th,mus einer holomorphen Funktion sogar holomorph. Nach den vorangehenden Feststellungen ist ein holomorpher Logarithmus von f durch seinen Wert wo an irgendeiner Stelle zo E U festgelegt. Fur einen so festgelegt,en Logarithmus schreibt man: In f , in f ( z o )= wo.
,
Beueis: Die Differentialform f' dz ist holomorph, besitzt also nach dem Cauchyschen Integralsatz in U eine Stammfunktion @. Wegen @' = j'/ f gilt mit dieser ( f ecm)' = e-'(f' - f@') = 0, folglich f = cem = em+7, y eine Konstante; @ y ist also ein holomorpher Logarithmus. 0
+
Anwendung: Holomorphe Potenzeu. Es sei f weiterhin eine nullstellenfreie holomorphe Funktion auf einem einfach zusammenhiingenden Gehiet U . Fiir einen heliebigen Exponenten a E C definiert man nach Wahl eines holomorphen Logarithmus F zu f als holomorphe Potenz
f a ist erst dnrch seinen Wert an einer Stelle zo E U festgelegt. Fur cu = l / n , n E Z,gilt stets ( f = f . Wahlt man im Fall f = z und U = C- als F den Hauptzweig des Logarithmus von z , so nennt man auch die Funktion z" Hauptzweig; fiir diesen gilt ln = 1. Nach (3') hat er fiir reelles a in z = Izl ei9, ip E (-n;~),die Darstellung za = 1 ~ 1 ~ e ' ~ V .
Der entscheidende Pnnkt im Beweis des Cauchyschen Integralsatzes war neben dem Satz von der Homotopieinvarianz das Lemma von Goursat. Von grundsatzlicher Bedeutung im Hinblick auf den Holomorphiehegriff ist nun die Tatsache, daB dieses Lemma auch eine Umkehrung besitzt. Der Beweis heruht wesentlich auf der Holomorphie der Ableitung. Satz von Morera: Eine stetige finktion f : K + C auf einer offenen Kreisscheibe K C C ist genau dann holomorph, wenn fir jedes Dreieck A C K gilt: J f ( 2 ) dz = 0.
aa Beweis: Die Bedingung ist nach dem Lemma von Goursat notwendig. DaB sie hinreicht, folgt daraus, da8 f dz nach dem Integralkriterium in 6.1 eine Stammfunktion F besitzt, F' = f , und somit auch f holomorph ist.
6.2 Die Integralformel fiir Kreisscheihen. Potenzreihenentwicklung
207
Als Anwendung des Satzes von Morera und der Integralformel fiir die Ableitung (6) bringen wir den Satz von Weierstral3 iiber Folgen holomorpher Funktionen. Wir zeigen, dag man bei einer lokal gleichmaBig konvergenten Folge holomorpher Funktionen - im Gegensatz zur Analysis in IR Differentiation und Limesbildung vertauschen darf. Eine Folge komplexer Funktionen in U C Q: heigt lokal gleichmajlig konwergent, wenn jeder Punkt in U eine Umgebung besitzt, in der sie gleichmagig konvergiert.
Satz (Weierstrd): Ist (f,) eine Folge h,olomorpher Funktionen auf einer offenen Menge U , die lokal gleichmqig gegen f konuergiert, so gilt: (i) f ist holomorph; (ii) auch die Folge ( f ; ) konuergiert lokal gleichmajlig gegen f'
Beweis: (i) Es sei %(a) eine Kreisscheibe, in der (f,) gleichmagig gegen f konvergiert. Dort ist f stetig, und fiir jedes Dreieck A C K,(a) gilt
f ist also holomorph nach dem Satz von Morera. (ii) Es sei Kp(a) c U vorgegeben. Wir wahlen dazu eine Kreisscheibe K,(a) c U mit r > p. Dann ergibt (6) fur f; - f' die Abschatzung
Damit folgt, daB (f;) auf Kp(a) gleichmagig gegen f ' konvergiert.
11. Nullstellen holomorpher Funktionen Satz von der Isoliertheit der Nullstellen: Ist U C Q: eine zusammenhangende offene Menge und f eine won der Nullfunktion verschiedene holomorphe Funktion auf U , so hat die Menge der Nullstellen won f keinen Haufungspunkt in U .
Beueis: Es sei H := { z E U I z ist Haufungspunkt von Nullstellen von f}. H hat folgende Eigenschaften: 1. H ist abgeschlossen in U wegen der Stetigkeit von f . 2. H ist offen in U . Beweis: Zu a E H wahle man eine Kreisscheibe K,(a) C U . In dieser besitzt f eine Potenzreihenentwicklung. Da a Haufungspunkt von Nullstellen von f ist, gilt f = 0 in K,(a) nach dem Identitatssatz fur Potenzreihen. Insbesondere lie@ ganz K,(a) in H . Somit ist H wegen des Zusammenhangs von U entweder leer oder ganz U . Der zweite Fall tritt nicht ein wegen f # 0. 0
208
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
Wendet man den Satz auf die Differenz zweier holomorpher Funktionen an, erhiilt man den Identitatssatz. Identittitssatz: Es seien f und g holomorphe Funktionen auf einer zusammenhangenden offenen Menge U C C. Besitzt die Menge {z E U f (2) = g(z)) einen Hiufungspunkt in U , so gilt f = g.
I
Nach diesem Satz ist eine in einem Gebiet holomorphe Funktion vollstandig bestimmt durch ihre Werte auf Teilmengen, die mindestens einen Haufungspunkt haben, etwa durch ihre Werte auf einer Strecke. Man kann dies manchmal benutzen, um bekannte Identitaten vom Reellen ins Komplexe auszudehnen.
+
Beispiel 1: Die Potenzreihenentwicklung von ln(1 z) in lE := K 1 ( 0 ) , wobei ln der Hauptzweig des Logarithmus in C- sei. Fur die reellen z E E gilt nach Band 1,8.5
Die angeschriebene Potenzreihe stellt in IE eine holomorphe Funktion dar. Aufgrund des Identitatssatzes gilt (7) also fiir alle z E IE. Beispiel 2: Der Hauptzweig des Arcussinus. Die Funktion 1 - z2 besitzt anf dem Sterngebiet U := C \ {x E IR 1x1 2 1) eine holomorphe Quadratwnrzel q mit q(0) = 1; kurz: q(z) = -, 4 = 1. Weiterhin besitzt l / q in U eine Stammfunktion A,
I
Fur x E (-1; 1) ist > 0 wegen 4 = 1. Fur diese x gilt also A(x) = arcsin x und sin(arcsin x) = x. Mit dem Identitiitssatz folgt daher sin(A(z)) = z fiir alle z E U . Dementsprechend heifit auch die holomorphe Funktion A in U Arcussinus, genauer Hauptzweig des Arcussinus, und man bezeichnet diesen ebenfalls mit arcsin. Ein Pnnkt a im Definitionsbereich einer holomorphen Funktion f heifit einfache Stelle von f , wenn f f ( a ) # 0 gilt. Allgemeiner heifit der Punkt a k-fache Stelle, wenn f l ( a ) = . . . = f("-')(a) = 0 aber f ( k ) ( a )# 0 gilt. 1st f eine nicht konstante holomorphe Funktion in einer zusammenhejlgenden offenen Menge U , so ergiht der Satz von der Isoliertheit der Nullstellen bei Anwendung auf f': Die Menge der nicht einfachen Stellen hat keinen Hiiufungspunkt in U .
6.2 Die Integralformel fiir Kreisscheihen. Potenzreihenentwicklung
209
Wir untersuchen im Folgenden das lokale Abbildungsverhalten einer nicht konstanten holomorphen Funktion. Zunachst betrachten wir eine Funktion in der Nahe einer einfachen Stelle.
Satz vom Verhalten an einer einfachen Stelle, Satz von der lokalen Umkehrbarkeit: Die holomorphe Funktion f habe in a eine Ableitung f'(a) # 0. Dann gibt es eine offene Umgebung U von a , die f bijektiu auf eine offene Umgebwg V won f ( a ) abbildet; dabei ist die Umkehrung f - ' : V + U ebenfalls holomorph. f bildet ferner konform in a ab.
Beweis: Da die Ableitung f ' stetig ist, kann der Satz von der lokalen Umkehrbarkeit in 3.3 angewendet werden. Nach diesem gibt es Umgebungen U und V wie behauptet, wobei die Umkehrung f - ' : V + U iiberall komplex-differenzierbar, also holomorph ist. Die Konformitat von f in a ist mit dem Korollar in 3.1.IV bewiesen. 0 In diesem Zusammenhang fiihren wir den Begriff der biholomorphen Abbildung ein. Eine holomorphe Funktion f : U + V , U und V offene Mengen in C, heigt biholomorph, wenn sie bijektiv abbiidet und die Umkehrung f-' : V + U ebenfalls holomorph ist. Damit kann der Satz kurz so formuliert werden: Eine holomorphe Funktion f mit f'(a) # 0 bildet bei a lokal biholomorph ab. Wir kommen zum Fall k 2 1. Der Prototyp einer holomorphen Funktion mit k-facher Stelle in a ist z e b ( z - a ) k . Wir zeigen, da%dies lokal bis anf eine biholomorphe Transformation auch bereits der allgemeine Fall ist.
+
Satz vom Verhalten an einer k-fachen Stelle: Die holomorphe Funktion f habe in a eine k-faehe Stelle. Dann gibt es eine Umgebung U uon a und eine biholomorphe Abbildung h von U auf eine Kreisscheibe u m 0, h,: U + K,(O), derart, dap fur alle z E U gilt:
f(z) =b
+ ( h ( ~ ) ) ~b := , f(a).
Beweis: Die Potenzreihenentwicklung von f - b in a hat die Gest,alt
. (ah +
m
a,(z - a ) " ) = ( z - a ) k . g ( z ) , n=k+l wobei g in einer Kreisscheibe Uo um a holomorph ist nnd g(a) = ak # 0 gilt. Wir nehmen an, f sei in ganz Uo nnllstellenfrei; andernfalls verkleinere man Uo. g besitzt dann in Uo eine holomorphe k-te Wurzel q, g = qk. Damit setzen wir h := (2-a)q. h ist holomorph in Uo, und es gilt h ( a ) = 0 und h l ( a ) = q(a) # 0 wegen q k ( a ) = g ( a ) # 0. Nach dem Satz von der lokalen Umkehrbarkeit gibt es eine offene Umgebung U c UO von a und eine Kreisscheibe K,(O) so, daB h : U + K,(O) biholomorph ist, und dort 0 gilt nach Konstruktion f ( z ) - b = ( h ( z ) )k .
f
( 2 )- b
= ( z - a)'
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
210
Korollar: Zu jedem ut # f ( a ) mit lw - f(a)l < rk gibt es genau k verschiedene 21,. . . , z k E U mit f (zi) = w.
Beweis: Es giht genau k verschiedene q l , . . . ,qk E K,(O) \ 10) rnit il,k = w - b. Deren Urbilder ti := h-l(qi), i = 1,. . . ,k , leisten das Verlangte: k f (zi) = b ( h ( z i ) ) = w. 0
+
Nach dem Offenheitssatz in 3.3 ist das Bild f ( U ) einer stetig differenzierbaren Ahhildung f : U + Y , deren Ableitung f' iiherall invertierhar ist, eine offene Teilmenge von Y. Fur reellkiifferenzierhare Ahhildungen ist diese Aussage ohne die Voraussetzung uber f' im allgemeinen falsch, wie die Funktion sin: IR + IR zeigt,. Dagegen gilt sie bei nicht konstanten holomorphen Funktionen auf einem Gebiet auch ohne die Voraussetzung uber die Ahleitung.
Offenheitssatz: 1st f eine nicht konstante h,olomorphe finktion in einem Gebiet G C @, so ist das Bild f ( G ) eine offene Menge in C.
Beweis: Wir mussen zeigen, daJ3 f ( G ) rnit jedem Punkt f ( a ) ,a E G , auch eine Kreisscheibe rnit Mittelpunkt f ( a )enthalt. Sei dazu k die Vielfachheit der Stelle a. Nach dem Korollar ist dann die Kreisscheibe rnit Radius rk eine solche. 0 111. Ganze Funktionen. Der Satz von Liouville
Funktionen, die uherall in 6: definiert und holomorph sind, heiJ3en ganze Funktionen. Ganze Funktionen, die kein Polynom sind, heiBen transzendent. Nach dem Entwicklungssatz hesitzt jede ganze Funktion f eine Darstellung f ( z ) = C:=o a,zn rnit Konvergenzradius m. Die Ahschatzungen (5') der Koeffizienten a, implizieren unmittelbar den beruhmten Satz yon Liouville (1801t1882).
Satz von Liouville: Jede beschrankte ganze Funktion ist konstant.
Beweis: 1st M eine Schranke fur f auf @, so erfiillen die Koeffizienten a, die Ahschatzung la,l 5 M / r n fur jedes r > 0. Daher verschwinden alle a,, abgesehen yon ao; also ist f = ao = const. Folgerung (Fundamentalsatz der Algebra): Jedes Polynom P eines Grades 2 1 mit komplezen Koefizienten besitzt in 6: eine Nullstelle.
Beweis: BesaBe ein solches Polynom P keine Nullstelle, dann ware 1 / P holomorph auf ganz @ und beschrankt wegen l / P ( z ) + 0 fiir lzl + co. Folglich ware 1 / P konstant und somit auch P. Widerspruch. 0
6.3 Die Integralformel fiir Kreisringe. Laurententwicklung
211
IV. Konvergenzradien Den Konvergenzradius R der Darstellung f ( t ) = C2=P=, a,(z - a ) , einer in U holomorphen Funktion f kann man in zahlreichen Fallen ohne Rechnung ermitteln. Nach dem Entwicklungssatz ist jedenfalls R 2 dist(a, 8U). Liegt auf dem Rand von K R ( ~ eine ) Singularitat von f , ist f in K R ( ~ etwa ) unbeschriinkt, so gilt R = dist(a,aU). Beispiel: In Band 1,14.3 hahen wir mit Hilfe der Entwicklung
die Bernoullizahlen Bk eingefuhrt. Der Konvergenzradius R der Reihe konnte aber nicht bestimmt werden. Da f im Kreis K2,(0) holomorph ist, andererseits aber f (z) gegen cc geht fur z + 2vi, ergibt die vorangehende Uberlegung R = 271.
6.3
Die Cauchysche Integralformel f"ur Kreisringe. Der Satz von der Laurententwicklung
Wir stellen fur holomorphe Funktionen in Kreisringen eine Integralformel auf, die der Integralformel fiir eine Kreisscheibe entspricht. Als Analogon zur Potenzreihenentwicklung in einer Kreisscheibe leiten wir daraus die Laurententwicklung in Kreisringen her. Vorweg beweisen wir einen Hebbarkeitssatz iiber isolierte Singularitaten beschrankter holomorpher Funktionen. Dieser hat im Reellen kein Analogon, wie die Funktion sin auf IR \ {O) zeigt. Riemannscher Hebbarkeitssatz: Eine auf einer Menge U \ {a) holomorphe Funktion f , die in einer punktierten Umgebung won a E U beschrankt ist, kann holomorph nach a fortgesetzt werden.
Beweis: Wir hetrachten die Funktion ip: U + C mit ip(z) := (z - a)'f (2) fiir z # a und ip(a) := 0. Diese ist auf U\{a) holomorpb und in a komplexdifferenzierbar mit
ip
,". -
ist also holomorph und hesitzt in einer Umgebung von a eine mit der
Potenz 2 beginnende Potenzreihenentwicklung p(z) = 00
Reihe
C a,
n=2
(t -
C a,
(z - a),. Die n=2 definiert nun die gesuchte Fortsetzung. 0
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
212
Bezeiehnung: Unter dem Kreisring mil innerem Radius r 2 0, augerem Radius R 5 m, T < R, und Mittelpunkt a verstehen wir die Punktmenge K , , R ( ~ := ) { z E C T < 1: - a1 < R}. Fur KO,Rschreiben wir auch K;(a) nnd nennen K&(a)punktierte Kreisseheibe u,m a.
I
Integralformel f G r einen Kreisring: Es sei f holornorph in einer offenen Menge U , die den abgeschlossenen Kreisring %,R(a) enthalt. K~ bezeiehne die Kreislinie a ,?eif, t E [O;2n]. Dann gilt in z E K , R ( a )
+
Beweis: Wir betrachten die Funktion 4: U
+ C mit
Diese ist holomorph in U \ { z ) und stetig in z , nach dem Hebbarkeitssatz also holomorph in U . Da K , und K R in z , ~ ( afrei ) homotop sind, gilt
Ferner gilt fiir p = r oder R
Nun is1 n ( n , ; r ) = 0 und n ( n R ; z ) = 1. Somit ergeben die letzten beiden Beziehungen die Integralformel. 0 Bevor wir aus der Integralformel die angekundigte Entwicklung holomorpher Funktionen in Laurentreihen herleiten, stellen wir Grundtatsachen iiber solche Reihen zusammen. (Laurent (1813-1854); frz. Ingenieur.) Laurentreihen. Unter einer Laurentreihe m
a. (: - a)" n=-w um a versteht man die Summe der Reihen C:=l a_, ( z - a)-n und C z = o a, ( Z - a),, welche man Haupt- bzw. Nebenteil der Laurentreihe nennt. Die Laurentreihe heist konvergent (normal konvergent auf A C C), wenn das sowohl fiir den Hauptteil als auch fiir den Nebenteil zutrifft. Da der Hauptteil eine ,potenzreihe in ( z - a)-'" ist, folgen aus den Konvergenzeigenschaften der Potenzreihen sofort analoge Konvergenzeigenschaften der Laurentreihen. Wir stellen diese kurz zusammen:
6.3 Die Integralformel fiir Kreisringe. Laurententwicklung
213
Es sei p der Konvergenzradius der Potenzreihe CTzl a-,Cn und R der Konvergenzradius des Nebenteils C2==oa d n . Dann ist die Laurentreihe Crman ( 2 - a ) , 1
konvergent fiir alle z mit r := P
< lz - a1 < R und
divergent fir alle z mit it - a1 < r oder it - a1 > R . Ferner konvergiert die Laurentreihe auf jeder kompakten Teilmenge des Kreisrings K , , R ( ~ sogar ) normal. Konvergiert die Laurentreihe Gym a, ( z - a), im Kreisring K,,R(a), so stellt sie dort eine holomorphe Funktion dar. Deren Ableitung erhdt man durch gliedweises Differenzieren der Laurentreihe: Fiir den Hauptteil folgt das mittels der Substitution z - a H C := ( z - a)-' aus der gliedweisen Differenzierbarkeit konvergenter Potenzreihen. Eine Folge ist, daB jede durch eine Laurentreihe mit Koeffizient a_, = 0 darstellbare Funktion in m
K,,R(a) dort eine St,ammfunktion hesitzt, nimlich
1 Q'L ( z -a),+'. ,=-, n + 1
Integralformel fiir die Laurentkoeffizienten: Konvergiert die Laurentm
reihe
C a,
( z - a), i m Kreisring K , , R ( ~ )gegen die Funktion f , so gilt
-m
+
fir jeden Kreis n,(t) = a peit, t E [O;271, mit einem Radius p E ( r ;R). Eine holomorphe Funktion besitzt also in einem Kreisring hochstens eine Laurententwicklung. Beweis: Da die finktion
(')
-a,nach den vorangehenden Fest-
z -a stellungen auf K,,R(a) eine Stammfunktion besitzt, gilt ( z - a)n+l
Satz von der Lanrententwicklung: Jede in einem Kreisring K,,R(a) holomorphe Funktion f besitzt in diesem genau eine Entwicklung m
f(z) =
a, ( z - a)".
Die Koefizienten sind mit beliebigem p E ( r ;R ) gegeben durch (9)
214
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
Bezueis: Wir zeigen, daB f in jedem kleineren Kreisring K,n,~,(a)mit r < r' < p < R' < R eine solche Entwicklung besitzt. Das genugt wegen der Eindeutigkeit der Laurententwicklungen. Zur Konstruktion der Entwicklung verfahren wir wie beim Beweis des Potenzreihenentwicklungssatzes. Wir gehen aus von der Darstellung (8) und entwickeln den Cauchy-Kern fiir beide Integrale jeweils in eine geometrische Reihe:
Bei Vertauschung yon Integration und Summation liefert die erste Entwicklung den Nebenteil der gesuchten Laurententwicklung, die zweite de0 ren Haupt,teil.
Beispiel: Es sei f ( z ) =
1 (2-I)(=-2)
-
1 2-2
I . In der Kreisscheibe z-1
Kl(0) bzw. in den beiden Kreisringen Kl,z(O) und K2,,(0) erhalt man mit Hilfe der geometrischen Reihe:
Isolierte Singularitiiten. 1st eine Funktion f holomorph in einer punktierten Umgebung U \ { a } eines Punktes a € U , so hei%t a eine isolierte Singularitat uon f ; genauer: 1. eine hehhare Singularitat, wenn f holomorph in den Punkt a fortgesetzt werden kann; 2. ein Pol, wenn a nicht hebbar ist, aber eine naturliche Zahl k existiert so, daB a eine hebbare Singularitat yon ( z - a)kf ist; die kleinste derartige
Zahl k heifit die vielfachh~it des Pols. a ist genau d a m ein k-facher gibl, wobei y iu m Pol \.on J . wenn es eine Darsl.ellung j ( 2 ) = ( 2 - a)k holommph ist nnd ~ ( n #) 0 gilt; 3. rinr iccnmtlirhe Singnlnritiit, wrnn sir w d r r hrhhar noch rin Po1 ist.
Die Funktion f besitzt in einer punktierten Kreisscheibe K ; ( a ) eine Laurcntcntwicldung
wobei p der Nebenteil ist. Den genannten drei Ellen entsprechen we,m dcr Eindcutigkcit dcr Laurc~ltclltu~icklung dic folgcndcn: 1 . f~ = 0:
2 . f~ ist eine von Null verschiedene endliche Surnme; und zwar ist a ein k-facher Pol genau d a m , wenn gilt: n-, = O fiir n > k, aber a-r # 0.
3. UnendJiche viele der KoeI!kieulen a_,, sind vou Null vel~chieden. Zum Hcispicl hat. dic Funktion cri', in 0 cinc wcscntlichc Singularit&.
z t C* , wcgcn c1Ii
=
I
n=o
I
. n! zn
Irr beliebiger N?d~eeiner wesenllicllen Siugu1uil.Bl w&L eine FunkLion ein hri&sl ex~esuiuesAbbildw~gvverhalleuad. Ek gill dw Satz von Casorati-Wcicrstrd: 1st f holomorph in einer yunkticrtcn LTnrgebp~~yI! \ { u } und I I ~ E S E I ~ L ~ I ~i Cn Iy~u l l rirn Plank! u , so 1iey:yl. jiit. j c de Lrmyebung V C I; rron a das Bild f (V \ { a ) ) dicht i n @ ! d. h.. fede Kreisnch~iheenthiilt e i n m P m k t f ( z ) : z E ir \ {a}. Beweis: Angenommen, es gibt eine Kreisscbeibe f<,(w), die keinen der Punlctc fizj, z t V \ { a ] , cnthzlt. Uann ist (z)- w 2 E fiir z t V \ { a } . Die Funktion 1 g ( z ) := zt V\{a};
If
f(z) - w '
ist also holornorph und hat., da sie beschrhkt ist durch I/€,eine hebbare 1 SiugulasiLal in a . So~nil.ha( j = - + a im punk^ a in1 Fall l i ~ ng(;) # 0 B z-+o rinr hrhhwr Singrrlnrit5t 11nd im Fall lim g ( 2 ) = 0 rinnn Pol, jdrnfitlls z-n k ~ i n euwentlirhe Singularitat im Widerspn~chm r Vorar~ssetmng. n
Bcmcrkung: Man hnn zcigcn, dab f in jcdcr Umgcbung +-on a sogar jcdcn Wcrt mit hiichstcns cincr Ausnahrnc annimmt (Satz von Picard); zuut Beivpiel ninun( el:' in j d e r IJ~r~gebung vou 0 jedeu Werl # 0 an.
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
216
6.4
Der Residuensatz
Wir kommen zu einer gemeinsamen Verallgemeinerung des Cauchyschen Integralsatzes und der Canchyschen Integralformel fiir eine Kreisscheibe. Definition: 1st f holomorph in K;(a), so heiRt der mittels irgendeiner konzentrischen, positiv orientierten Kreislinie K in K,"(a) definierte Wert 1
Res, f := 27ii
J f ( z ) dz )C
das Residuum von f in a (eigentlich das der Differentialform f dz) Die Definition hangt nicht von der speziell gew&hlten Kreislinie K ahl da zwei konzentrische, positiv orientierte Kreislinien in K,'(a) frei homotop sind. Ans (9) und den Bemerkungen davor folgt: Lemma: Das Residuum von f in a ist der Koefizien,t bei ( z -a)-' der . Es ist zugleich die Laurententwicklung won f in K,*(a): Res, f = eindeutig bestimmte komplexe Zahl R so, daj3 f ( z ) - R / ( z - a ) in K,'(a) eine Stammfunktion hat. Residuensatz: Es sei U c 6: eine offene Menge, S C U eine Teilmenge ohne Haufungspunkt in U und f eine holomorphe finktion in U \ S. Weiter sei y ein nullhomotoper geschlossener In.tegmtionsweg in U , der keinen Punkt aus S trifi. Dann gibt es nur endlich viele Punkte a E S mil n ( y ; a ) 0 , und es gilt
+
J f ( z )dz = 27i
Res, f . n ( y ;a). aES
Fiir leeres S handelt es sich offenbar um den Canchyschen Integralsatz.
Singularitaten, die O-fach, l-fach, 2-fach zu zahlen sind
6.4 Der Residuensatz
217
Beweis: Sei H : [a;b] x [O; 11 + U eine Homotopie der Kurve y : [a;b] + U zu einer Punktkurve P. Dann ist K := H ( [ a ;b] x [O; 11) eine kompakte Menge in U und enthalt somit nur endlich viele Punkte aus S . Wegen der Homotopieinvarianz der Windungszahl hat y um jeden Punkt a E 6: \ K dieselhe Windungszahl wie die Punktkurve P, und deren Windungszahl ist Null. Inshesondere ist n ( y ;a ) = O fiir a E S \ K . Den Nachweis der Formel fiihren wir nun auf den Nachweis im Fall einer endlichen Singularitatenmenge zuriick. Dazu sei U' := (U \ (S\ K ) ) und S := S n K . S*ist eine endliche Menge, f ist holomorph auf U* \ S* = U \ S , und y ist wegen K c U* auch in U* nullhomotop. Sei S*= { a l , . . . ,a k ) . Der Hauptteil der Laurententwicklung von f in ai hat mit Ri := Res,, f die Bauart Ri ( z - a<)-' +hi , wobei hi in C \ {ail holomorph ist und eine Stammfunktion besitzt,. Wir betrachten nun
F ist holomorph in U* (streng genommen in U*\ { a l , . .. ,ah} mit hebbaren Singularitaten in a l , . . . ,ak). Nach dem Cauchyschen Integralsatz ist also JY F ( z )dz = 0. Ferner gilt Jy h i ( z )dz = 0, da hi eine Stammfunktion in C \ {ail besitzt. Insgesamt folgt damit
In vielen Anwendungen ist der Integrationsweg eine berandende Kurve. Wir sagen, ein Integrationsweg y in einer offenen Menge U berande dze Teilmenge A C U , wenn gilt: (i) y ist geschlossen und nullhomotop in U ;
y berandet A
cU
Residuensatz i m Fall eines berandenden Integrationsweges: Es seien U , S , f wie im Residuensatz und y ein Integrationsweg, der die Teilmenge A C U berandet und S nicht tr@. Dann gilt
f ( z )d z = 2ai
x aEAnS
Res, f .
218
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
Der Residuensatz eignet sich vorzuglich zur Berechnung gewisser bestimmter Integrale iiber Intervalle in IR, falls der Integrand zu einer hole morphen Funktion mit isolierten Singularitaten in ein Gebiet in C fortge setzt werden kann. Wir behandeln drei Typen solcher Integrale. Vorweg eine Bemerkung zur Berechnung von Residuen. Es habe f in a einen hochstens k-fachen Pol. Dann besitzt (z - a ) kf (z) dort eine Potenzreihenent,wicklung: (z - a) k f (2) = Cr=o A, (z - a),; dahei gilt Ak-l = Resa f . Dnrch Differentiation ergibt sich also
1st f der Quotient g/h zweier bei a holomorpher Funktionen mit hf(a) # 0, so erhilt man wegen lim = h', (a ) z
1-0
a
Res,
s
-
h
s(a) =h!(a)
Typ 1: Es sei R(x, y) eine rationale Funktion zweier Veranderlicher und R(cos t,sin t) sei fiir alle t E [O; 2n] erklart. Mit
gilt dann 277
1R(cos t ,sint) dt = 2?r
Res, R'. aEE
0
Beweis: Fur y(t) = eit = cost
+ i sin t, t E [O; 2711, ist
R ' ( z ) dz = i C c R(cost, sint) dt. Hieraus folgt mit dem Residuensatz die Behauptung
-
2"
2n 1 a + cdto s t m' ---
Beispiel: Fiir a > 1 gilt
0
Hier ist R(x, y) = - also R*(z) = a+z'
+
1 -
z
1
2 - z2+2az+l
Der Nenner h(z) := z2 2az + 1 hat in IE genau eine Nnllstelle, namlich a := - a. Diese ist wegen hl(cu) = 2 # 0 einfach. Nach (10') gilt also Res, R* = I/-. Damit ergibt sich der behauptete Wert.
6.4 Der Residuensatz
219
Fur das Weitere vereinbaren wir zuniichst die folgende Sprechweise: Die rationale Funktion einer Veranderlichen R = P / Q ( P und Q Polynome) hat in m eine Nullstelle der Vielfachheit k , wenn GradQ = G r a d P k. Es gibt dann Zahlen M und ro so, daJ2
+
Typ 2: Es sei R eine rationale Funktion, die auf der reellen Achse keinen Pol hat und in m eine mindestens 2-fache Nullstelle. Dann gilt
(H: obere Halbebene)
Beweis: Fur r > 0 sei P,(t) := r d t , t E [0;7]. 1st r so grog, daJ2 alle Pole yon R betragsmagig kleiner als r sind, so gilt nach dem Residuensatz r
0
T
Mit der Standardahschatzung erhalt man fur alle hinreichend grogen r ISp R(z) dzl 5 Tr . ( M / r 2 ) , M eine geeignete Konstante. Fur r + m fol; daher aus (*) die Behauptung. 0 m
/
Beispiel: Es gilt
-m
In H hat R(z) :=
dz - ?!&. l+x4 - 2
1 l+z
genau die zwei Pole a := einl4und ia. Beide sind 1
einfach und nach (10) gilt Res, R = - und Resi, R = I Damit ergibt 4a3 4a3 ' sich die Behauptung. Typ 3: Es sei R eine rationale Funktion, die auf der reellen Ach,se keinen Pol hat und in m eine Nullstelle. Dann existiert fir jedes cu > 0 das
folgende Integral, und es gilt
/ ~ ( x ) e ' dx~ "= 27i xRes, (R(z) eiaz). m
-m
aEM
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
220
Beweis: Wir zeigen zunachst, daB das Integral existiert. Dazu betrachten wir das Integral uber [O; w ) :
Der ausintegrierte Anteil hat fur r + w wegen R(r) + 0 einen Grenzwert und lim,,, J: R'(x)eiox dx existiert, da R' in w eine mindestens 2-fache Nullstelle hat. Das beweist die Existenz des Intezrals.
-
Wir kommen zur Herleitung der Formel. Dazu integrieren wir iiber den Rand eines Rechtecks wie in der Skizze. Fur alle hinreichend groBen positiven r gilt mit f (2) := R(z)ei""
y3 T
Wir zeigen, daf2 die drei Integrale Jyi f (2) dz fur r + w gegen Null gehen; das genugt. Dabei benutzen wir die Abschatzung IR(z) 5 M / lzl fiir alle z mit hinreichend groBem Betrag. Zu y l , ~ : Wegen z = fr + iy ergibt sich
1
Zu % : Die Standardabschatzung ergibt wegen z = x
+ ir
Beispiel: Die Laplace-Integrale. Fur a, b > 0 erhalt man unmittelbar
Fur die Imaginarteile der Integranden folgt daraus
9
-m
b cos ax + x sin ax dx = 2?reCab bzw. x2+P
9
-m
bcosax - xsinax dx = 0. x2+b2
Durch Addition und Subtraktion ergibt sich schlieBlich
b cos ax -m
m -m
x sin ax
dx = TI e P b .
6.4 Der Residuensatz
221
Der Residuensatz ist nicht nur ein starkes Werkzeug zur Berechnung von Integralen sondern auch zur Ermittlung bestimmter Reihen.
x 00
Beispiel: Die Eulerschen Formeln fiir C(2k) = Wir integrieren dazu die Funktion 1 Z f ( r ) := -. *2k+l -1
-,1 k E IN.
n=1 n2k
I
uber den Rand des Quadrates Q, mit den Eckpunkten (2m+ l ) x ( i l i i ) , m E N.Nach Band 1,14.3 gilt,
'
00
?zu -- e x - 1 v=o V .
(By: U-te Bernoulli-Zahl).
Damit erhilt man B2k Reso f = (Zk)! . . ' f hat ferner l-fache Pole in den Punkten 2nxi, n E Z, n
# 0; dort ist
Der Residuensatz ergiht also
Wir schatzen das Integral ab. Fur z E aQ, muhelos verifiziert. Damit folgt
Insbesondere geht
/
8Q-
gilt lei - 11 2 21, wie man
f (z) dz gegen Null fiir rn + m. Aus (*) folgt daher
Das Null- und Polstellen zzhlende Integral
Die fiir die Theorie wohl wichtigste Anwendung des Residuensatzes ist eine Anzahlformel fiir Null- und Polstellen meromorpher Funktionen. Unter einer meromorphen Funkt,ion auf einer offenen Menge U C C versteht man eine his auf Pole holomorphe Funktion.
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
222
Die logarithmische Ableitung f'l f einer meromorphen Funktion f ist auBerhalb der Null- und Polstellen von f holomorph und hat in diesen Punkten Pole 1. Ordnnng: In einer hinreichend kleinen punktierten Umgebung V \ {a} einer Ni~llstelleoder einer Polstelle a besitzt f namlich eine Darstellung f(z) = ( z - a)*"(z), k E IN, wobei g in V holomorph und nullstellenfrei ist, und damit folgt
und hierbei ist g'/g holomorph in V . Die logarithmische Ableitnng hat also in a einen einfachen Pol, und das Residuum hat den Wert Res, - =
f'lf
falls a eine k-fache Nullstelle von f ist, falls a ein k-facher Pol von f ist.
Der Residuensatz fiir berandende Integrationswege ergibt damit:
Satz: Es sei f eine nicht konstante meromorphe Funktion auf einem Gebiet U ; S bezeichne die Menge ihrer Null- und Polstellen. Welter sei y ein Integrationsweg in U , der eine Teilmenge A C U berandet und S nicht trifi. Dann gilt die Anzahlformel
wobei Na die Anzahl der in A gelegenen und jeweils mit ihrer Vielfachheit geziihlten Nullstellen von f ist und PA die Anzahl der jeweils mit ihrer Vielfachheit gezahlten Pole in A. Eine d o n e Anwendung ist der
Satz von Rouch6: Es sei y ein Integrationsweg em Gebiet U , der die Teilmenge A C U berandet. Ferner seien f und g holomorphe Funktionen in U rnit Ig(z)I < If(z)I fur alle z E Spury. Dann hahen f und f + g gleich viele Nullstellen in A. (,,Kleine StGrungen" andern nicht die Anzahl der Nullstellen.)
ig/ 1
Beweis: Sei Uo C U eine offene Menge mit Spur y C Uo, in der f <1 gilt. Durch Komposition mit der Logarithmusfunktion in K1(1)erhalt man in Uo zu h := 1+g/ f die holomorphe Rinktion in h. Diese ist eine Stammfunktion zu h'lh, insbesondere gilt J7h1/hdz= 0. Weiter ist
Mit der Anzahlformel folgt daraus die Behauptung
6.5 Das Maximumprinzip. Die holomorphen Automorphismen von IE
6.5
223
Das Maximumprinzip. Die holomorphen Automorphismen der Einheitskreisscheibe
In 6.2.11 haben wir gezeigt, daJi das Bild f ( G ) eines Gebietes G C 6: unter einer nicht konstanten holomorphen Funktion eine offene Menge ist (Offenheitssatz). Eine Konsequenz ist das wichtige Maximumprinzip. Maximumprinzip: Ist die holomorphe Funktion f im Gebiet G nicht konstant, so nimmt ihr Betrag 1 f 1 in G kein Maximum an.
Beweis: Gabe es ein zo E G mit
If(z)l 5 I f
(20)
l
fiir alle z E G ,
so lage das Bild f ( G ) in der abgeschlossenen Kreisscheibe K mit Radius 1 f (20)1 um den Nullpunkt; f(G) enthielte dann keine Kreisscheibe um den Punkt f (zo), im Widerspruch zur Offenheit von f ( G ) . 0
f ( G ) enthilt keine Kreisscheibe um f (q)
Das Maximumprinzip wird oft in folgender Variante angewendet: Maximumprinzip bei beschr5nktem Gebiet: Es sei G ein besehranktes Gehiet und f eine in G = G U aG stetige und in G holomorphe Funktion. Dann nimmt 1 f 1 sein Maximum auf dem Rand aG an.
Beweis: If 1 nimmt auf der kompakten Menge G ein Maximum an. 1st f nicht konstant, so kann eine Maximalstelle nicht in G liegen. 0 Wir beweisen nun ein auf H. A. Schwarz zuruckgehendes Lemma iiber mittelpunktstreue Abbildungen des Einheitskreises in sich. Der folgende Beweis mil Hilfe des Maximumprinzips stammt yon C. Carathkodory, der auch die weitreichende Bedeutung dieses Lemmas herausgestellt hat. Schwarzsches Lemma: Fur jede holomorphe Abhildung f : IE f (0) = 0 gilt: (i) I f ( z ) l < I z l f u r a l l e z ~ E u n d ~ f ' ( O ) l < l .
+ IE mit
(ii) Gibt es wenigstens einen Punkt a E IE \ { 0 } mit i f (a)l = lal, oder ist 1 f'(0)l = 1, so ist f eine Drehung urn 0, d. h., es gibt ein X E 6: mit IXI = 1 derart, dajl f ( z ) = A . z fur alle z E E.
Beweis: Wegen f (0) = 0 ist durch g ( z ) := - fur z E Z
IE \ { 0 } und g(0) := lim f (z) = f'(0) -
210
Z
eine holomorphe Funktion g: E -t C erkl;irt. Sei nun r < 1eine beliebige positive Zahl. \.\legen 1 f (z)l < 1 gilt d a m /g(.zjl < l / r , falls lzl = r . slit dcr zwcitcn Vcrsion dcs 4lasimumprinzips folgt ig(til < l / r fiir dlc z E %(O) und mit + 1 weiler iy(z)l 5 1 rir alle r IE. Das is1 germle die Rrhauptnng (i). 1st zusatzlich die Vorausset,zungin (ii) erfiillt, so ergibr eine nochmalige .Inwendung des Maximumprinzips Ig(z) = 1f~ alle z E L. g ist in diesem Fall cinc Konstantc. Uss ist. gcraxlc die Uchauptung (ii). 0 Als Anwrndnng drs Schwxrzxchm Ternmils rrrnit,t,nln wir din holomorphen Automorphismen von E. Lnter einem holomorphen Automorphismus cincr offcncn hflcngcvcrstcht man cinc biholomorphc Abbildung dcr .llcngc a d 3icl1. Lemma: Jeder holomorphe Avtomorphismus f : E -+ E mat f (0) = 0 ist cine Urehun,q um 0 : Es ,qiht cine Zahl X mit IXI = 1 so: dafl f (z) = X . t fir alle z t E. Rerrwi.s: Nac:h drm Schwarzsrhm Tlrmma mgrwandt s.uf f ilnd ar~fdie Lmkehrabbildung f - l : E -t IE: die ebenfalls O als Fixpunkt hat,, gilt:
Satz (Die holomorphen Automorphismen von IG): 1. Purjedes a E
IL definiert einen holomorphen Automorphismvs uon IE; sei.ne Umkehrung rst f-,. 2. .leder holomorphc Automorphismu.s f : E -t lK ist die Komposition cines Automorphibmub fa und einer Urchung: Es giht cin a t E,und cin X t C mit IXI = I so, dog
f (z) = A . fo(z) fir dlc z t K. Ueweis: 1. f, ist holomorph in UI;; da der Nenner in E keine Kullstellen hat. Fcrncr gilt f, jlE) C 1E. Uicsc Uchauptung ist glcichbcdcutcnd mit dcr a Cngleichung lz a1 < 11 iiz" und diese mil; der offensichtlicb richtigen > 0. U1eiter nnigt nine einfache Rechnrmg, Cngleichung (1 - la17 (1- [,I2) daR f-,(fa(-)) = z. Riera~lsfnlgt,,daR f, hij~ktivist,,m d , cia,$f;' = f-,. 2. Man sctzc a := f-'(0). D a m ist q := f o f;' cin holomorpbcr Automorplrismus van E mit p(0) = 0. Nadr d e ~ uLemma is1 p eiue Dre1:hung. Wngm f = f o f;' o f , , = p o f , ist dilmir alirh die zwrit,e Rehfiupr~ing bewiesen. 0
-
-
6.6 Die Gammafunktion
225
IF. und die nichteuklidische Geometric Die nichteuklidische Geometrie ist aus dem Bemiihen hervorgegangen, die Unabhhgigkeit des euklidischen Parallelenaxioms von den anderen Axiomen zu beweisen. Diese Unabhangigkeit sieht man miibelos an einem nichteuklidischen Modell, zum Beispiel dem von Poinc a b . Bei diesem Model1 sind die Punkte die Punkte von E und die Geraden die in E liegenden Segmente von Kreisen, die auf dem Rand von E senkrecht stehen. Die orientierungstreuen Bewegungen werden in diesem Modell gerade durch die holomorphen Automorphismen von IE dargestellt. In dieser Geometrie gelten alle Axiome der euklidischen Geometrie, ausgenommen das Parallelenaxiom. Eine Variante dieses Modells erhalt man in der oberen Halbebene mit Hilfe der z-1 sogenannten Cayley-Abbildung T: H -+ E,T z = -. diese bildet H biholoz+i' morph auf E ab. Die nichteuklidischen Geraden in H sind die auf R senkrecht stehenden Halbkreise und Halbgeraden.
Nichteuklidische Geraden in IE bzw. E. In IE smd drel nichteuklidische Parallelen zu g durch den Punkt 0 gezeichnet.
6.6
Die Gammafunktion
Wir vertiefen jetzt die in Band 1,17.1 begonnene Diskussion der Gammafunktion unter funktionentheoretischen Gesichtspunkten. 1
In Band 1 wurde die Gammafunktion definiert durch r ( z ) := , und W) G wiederum durch z(t+l)...(t+n) G ( z )= lim G,(z) mit G,(z) :=
n!nz
n+m
Im Konvergenzbeweis wurde gezeigt, da8 die Folge (G,) auf C lokal gleichmafiig konvergiert; ferner, dafi die Grenzfunktion G genau in den Punkten aus -NO Nullstellen hat ( N O:= NU {O}). Nach dem Satz von Weierstrafi uber lokal gleichmafiig konvergente Folgen holomorpher Funktionen ist also die Funktion G in ganz LC und die Gammafunktion in C \ -No holomorph. Die Gammafunktion erfiillt laut Band 1die Funktionalgleichnng und hat die Interpolationseigenschaft
r ( k ) = ( k - l ) ! fur k € IN.
226
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
Mehrmaliges Anwenden der Funktionalgleichung ergibt die Identitiit
Aus dieser und der Nullstellenfreiheit von r folgt, daB einen einfachen Pol hat mit dem Residuum Res-,
r = z+-n lim
(z
r in
-n, n E ]No,
+ n ) r ( z )= (-1Y' n!
-
Der weiteren Untersuchung der Gammafunktion legen wir den erst 1939 von H. Wielandt gefundenen Eindeutigkeitssatz zugrunde. In dem in Band 1 aufgestellten Eindeutigkeitssatz von Bohr-Mollerup spielte die logaritbmische Konvexitat eine entscheidende Rolle. An deren Stelle tritt nun in Verbindung mit der Holomorphie eine einfache Beschrhktheitshedingung. Eindeutigkeitssatz d e r Gammafunktion von H. Wielandt: Es sei F holomorph i n der rechten Halbebene M,, und es gelte: (i) F ( z 1 ) = z F ( z ) fiir alle z E H,,
+
(ii) F ( 1 ) = 1,
I
(iii) F ist beschrankt i m Vertikalstreifen S := { z E C 1 5 Rez 5 2 ) . Dann gilt F = r in H,.
Beweis: f := F - r erfullt f ( z
+ 1 ) = z f ( z ) und allgemeiner
Damit folgt, daf2 f meromorph auf C fortgesetzt werden kann mit Polen hochstens in 0, -1, -2,. . . ; die Pole sind hochstens einfach und haben das Residuum f ( l ) . ( - l ) n / n , ! .Wegen f ( 1 ) = 0 ist f also holomorph auf ganz C . Aus der Definition von r folgt unmittelbar: Ir(z)l 5 r ( R e z ) 5 r ( 2 ) ; r ist also beschrankt in S . Somit ist es auch f . Weiter ist dann f auch im Streifen So := S - 1 beschrankt: Fur z mit [ I m z l 5 1 folgt das aus der Stetigkeit von f und fur z mit lImzl > 1 wegen f ( z ) = f ( z l ) / z aus der Beschranktheit von f in S. Da f ( 1 - z ) und f ( z ) in So dieselben Werte annehmen, ist auch die Funktion g ( z ) := f ( z )f ( 1 - 2 ) in Sobeschrhkt. Die Funktionalgleichung von f impliziert ferner g(z 1 ) = - g ( z ) , und damit folgt, daE g in ganz C beschrankt ist. Mit dem Satz von Liouville folgt weiter, daB g konstant ist: g ( z ) = g(1) = f ( 1 ) f (0) = 0 fiir alle z E C. f hat also uberabziblbar viele Nullstellen; folglich ist f = 0, d. h. F = I?. 0
+
+
6.6 Die Gammafunktion
227
Unter Verwendung von Argumenten im Beweis von Wielandt leiten wir nun den Erganzungssatz her.
Ergiinzungssatz der Gammafunktion: Fur z E C \ Z gilt
71
Beweis: Sei f ( z ) := r ( z ) r ( l - z ) - ?. sm ?rz Die Funktion f ist in 6: \ Z holomorph und hat an den Punkten n E Z hochstens Pole erster Ordnung. An den Stellen -n, n E No, gilt
f hat also in den Punkten -n, n E INo, hebbare Singularitaten. Da f ungerade ist, hat f auch in den Punkten n E IN hebbare Singularitaten. f ist also holomorph in C. Wie im Beweis des Satzes von Wielandt sieht man ferner, daJi f im Streifen { z E C I 0 5 R e z 5 2) heschrankt ist und die Periode 2 hat. f ist also heschrankt in C und nach dem Satz von Liouville sogar konstant. Diese Konstante ist 0, da f ungerade ist. 0
Folgerung:
r ( L2 )
= J;;.
Integraldarstellnng der Gammafunktion: Fiir z E H, gilt
Beweis: Wir zeigen, dafi die durch das Integral F ( z ) := Somtz-le-tdt definierte Funktion die Bedingungen des Eindeutigkeitssatzes von Wielandt erfullt. Das genugt. Die Funktionalgleichung F ( z + 1) = z F ( z ) ergibt sich leicht durch partielle Integration und wurde bereits in Band 1 , l l . g gezeigt. Ebenso die Normierung F ( l ) = 1. Die Beschranktheit im Streifen S folgt wegen IF(z)I 5 F ( R e z ) aus der Abschiitzung 1
F(z)5
m
J e 8 dt + / t e 8 dt, 0
a: E [ I ;21
1
Es bleiht also nur noch die Holomorphie von F zu zeigen. Dazu fassen wir F als Grenzfunktion einer Folge holomorpher Fnnktionen a n t n
F ( z ) = n+m lim f,(z),
wohei f n ( z ) :=
1tZ-le& dt.
l/n
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
228
Nach dem unten folgenden Holomorphiesatz fur parameterabhangige Integrale ist f, holomorph in H,. Zum Nachweis der Holomorphie von F in H, genugt es also zu zeigen, daB die Folge (f,) in jedem Streifen {z E C I a 5 Re z 5 h ) mit 0 < a < b gleichmaBig konvergiert. Das nun folgt wegen IF(z) - f, (z)1 5 IF(Re z) - f,(Re z) 1 aus der fur alle x E [a;b] giiltigen Abschatzung 11,
x
- &(x)
5 J t * - ~ e -dt ~ + 0
dt, n
da lim T t a - l e - t dt = 0 und
n+m
lim 7tb-leCt d t = 0.
ntm
0
m
Folgerung (Gang-Integral):
1e-"'
1
dx = -fi.
0
Beweis: Die Substit,ution x =
0
0
2
ergibt
Holomorphiesatz f i r parameterabhiingige Integrale: Es sei U C C eine offene Menge, [a; b] C IR ein kompaktes Interval1 und f : U x [a; b] + C eine stetige Funktion mit der Eigenschaft, dap die Funktion z H f (z, t) fiir jedes t E [a;b] holomorph ist. Dann ist die durch b
F(z) := J f (2, t) dt a
definierte Funktion F: U
+ C holomorph.
Beweis: Es genugt zu zeigen, d d F in jeder Kreisscheibe K C U hole morph ist, und dazu nach dem Satz von Morera, daJi fiir jedes Dreieck AcK J F(z) dz = 0 BA
gilt. Dieses aher ergibt sich unmittelbar durch Vertauschen der Integrationsreihenfolge,
da
ha
f (2, t) dz = 0 gilt nach dem Lemma von Goursat.
6.7 Holomorphe Funktionen und harmonische Funktionen
229
6.7 Holomorphe Funktionen und harmonische Funktionen Es sei f eine holomorphe Funktion in einer offenen Menge U C C. Dann sind der Realteil u und der Imaginirteil u von f harmonische Funktionen. Denn mit f sind u und u Fm-Funktionen und die Cauchy-Riemannschen Differentialgleicbungen u, = vy und u y = -v, implizieren
Au = U Z Z + U,, = vyZ- U z y = 0 und ebenso Av = 0. Der folgende Satz bringt eine gewisse Umkehrung. Satz: Es sei u : G + IR eine h,annonisehe Funktion in einem einfach zusammenhangenden Gebiet G . Dann gibt es eine hannonische Funktion u: G + IR so, da$ f = u + iv holomorph ist. Fur jede weitere solch,e harmonische Funktion v* gilt u* = u c mit c E E.
+
Beweis: Falls es eine solche Fuuktion v gibt, ist ihr Differential du aufgrund der Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen die l-Form Es sei nun w := -u, dx + u, dy. Die l-Form w ist stetig differenzierbar und erfiillt wegen Au = 0 die Integrabilitatsbedingung in 5.4 (8'): -uy, - u,, = 0. w besitzt daher in dem l-fach zusammenhhgenden Gebiet G eine Stammfunktion u. Diese ist stetig differenzierbar und hat die partiellen Ableitungen u, = -uy und uy = u,. Das Paar ( u , u ) besteht also aus F1-Funktionen und erfiillt die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen; d. h. u + iv ist holomorph. Fiir eine weitere solche Funktion u* gilt u; = u, und u; = u,. Nach der Folgerung zum Mittelwertsatz in 2.2 ist u* - u also konstant. 0 Aufgrund dieses Satzes haben zahlreiche Sachverhalte bei holomorphen Funktionen Konsequenzen fiir harmonische Funktionen. Aus der Cauchyschen Integralformel etwa ergibt sich die Mittelwerteigenschaft. Mit deren Hilfe leiten wir schlieBlich das wichtige Maximumprinzip her. Mittelwerteigenschaft: Es sei u : U + IR eine harmonische finktion. Dann gilt mit jeder Kreisscheibe % ( a ) C U
Bemerkung: In 12.6 (16) wird diese Formel auf beliebige Dimensionen ausgedehnt im Wesentlichen mit Hilfe des GauBschen Integralsatzes.
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
230
Beweis: Es sei f eine holomorphe Funktion in einer Umgebung von K,(a) mit Ref = u. Nach der Cauchyschen Integralformel gilt
Der Ubergang zum Realteil ergibt bereits die behauptete Formel. Maximumprinzip: Eine nicht konstante harmonische Funktion u : G IR in einem Gebiet G C (C hat kein Maximum.
0
+
Beweis: Angenommen, u habe in G ein Maximum, etwa M, und es gelte u(to) = M fur to E G. Wir betrachten dann GM := {t E G I u ( t ) = M}. GM ist eine nicht leere, abgeschlossene Teilmenge von G. Wir zeigen, daB GM auch eine offene Teilmenge ist. Das genugt; wegen des Zusammenhangs von G ist dann namlich GM = G und u konstant. Nachweis der Offenheit von GM: Es sei a E GM. Wir zeigen, d d jede Kreisscheibe KR(a) mit K R ( a ) c G zu GM gehort. Fur jedes r < R gilt nach der Mittelwerteigenschaft
Daraus folgt wegen u(a) = M
Da der Integrand keine negativen Werte annimmt und stetig ist, folgt weiter u(a reit) = M fiir alle r < R und t E [O; 271; d. h., alle Pnnkte a reit mit r < R und t E [O;2711 liegen in GM. 0
+
6.8
+
Aufgaben
1. Man zeige: Eine reellwertige holomorphe Funktion auf einer zusam-
menhiingenden offenen Menge ist konstant. Die Funktion 1t1?st in keiner Kreisscheibe K,(O) C (C holomorph, jedoch im Punkt 0 komplexdifferenzierbar. 2. Es seien m , n E N mit m < n. Durch Integration langs des skizzierten Weges und den Grenzubergang r + m zeige man
m dx = n (sin -?r) n 71
0
I
a
.
0
T
o = 2nln
6.8 Aufgaben
231
3. Man beweise:
7
sin x x
-dx = n.
-m
""
Dazu betrachte man das Integral der Funktion eiz/z fiber den skizzierten lntegrationsweg und fuhre den Grenziibergang r + oo durch. Hinweise: 1. lim
R+oo
dt = 0. I ecRsin 0n
-7
2. Es gibt in QI eine holomorphe Funktion f so, daB
-117 117
elz
-
1 =-
+ f(z).
4. Man ermittle die Potenzreihenentwicklung des Hauptzweiges des Logarithmus in einem beliebigen Pnnkt a E C- und bestimme die Punkte a, fur welche die Konvergenzkreisscheibe nicht in C- enthalten ist.
I
5. Der Hauptzweig des Arcustangens. Sei U := C \ {iy y E IR, lyl 2 1). Man zeige: a) Es gibt auf U eine holomorphe Funktion A mit A(x) = arctanx fur alle x E IR,diese ist eindeutig bestimmt, heifit Hauptzweig des Arcustangens und wird ebenfalls mit arctan bezeichnet.
I
b) Fur alle z E S := {t E C lRezl < 7/21 gilt arctan(tanz) = z 00
c) Fur alle z E K1(0) gilt arctanz =
(Elln Cn=O 2n + 1
6. Es seien f und g holomorphe Funktionen in C mit 1 f (z)l 5 Ig(z)l fur alle z E C. Dann gilt f = c . g mit einer Konstanten c.
7. Man zeige: 1st f eine injektive holomorphe Funktion auf der offenen Menge U C C, dann ist f : U + f (U) biholomorph. 8. Die Abbildung f : U + C sei holomorph und habe in a E U eine k-fache Stelle. Man zeige: Sind ~ 1 , ~(-E; z : E) + U regulare Kurven mit yl(0) = yz(0) = a und bezeichnet cu einen Winkel zwischen den Tangentialvektoren +I (0) und +2(0),so ist kcu ein Winkel zwischen den Tangentialvektoren (fyl)'(0) nnd (f y2)'(0) der Bildkurven. 9. Man zeige:
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
232
10. Berechnung gewisser Reihen. Es sei f =
, P . w
eine rationale Funktion mit
gradQ 2 grad P + 2 ; die Nullstellen a l , . . . , a m von Q seien einfach und keine ganzen Zahlen. Dann gilt:
xf m
n=-m
x m
(n) = -
Res,, f @=l
.TI
cot 7ia,
Dazu untersuche man das Integral JaQk f . ? r cot ?rzdz, wobei Qk das Quadrat mit den Ecken (k .$) (&I & i) sei; man beachte dabei:
+
a)
?r cot ?rz hat Pole genau in den Punkten n E Z ! und das Residuum in jedem Pol ist 1.
b) Es gibt eine Zahl M so, dal3 fur alle k und alle z E i3Qk die Abschatzung Incot ?rzl 5 M gilt. 00
Als Beispiel berechne man
C
,=I
. Man
n2
+1
zeige ferner fur w E C \ Z
11. Es sei U C C eine einfach zusammenhangende offene Menge und S C U ein zusammenhangendes Kompaktum. Man beweise: Eine meromorphe Funktion f auf U mit Polen hijchstens in S und CoESRes, f = 0 besitzt eine Stammfunktion auf U \ S. 1 Beispiel: -besitzt eine Stammfunktion auf C \ [-I; 11. 22-1
12. Hat f in a einen Pol oder eine wesentliche Singularitat, so hat ef dort eine wesentliche Singularitat. 13. Es sei f holomorph in einer Umgebung von mit 1 f (z)l < 1 fur lzl = 1. Dann besitzt die Gleichung f (2) = zn, n E IN, genau n mit Vielfachheit gezahlte Lijsungen in IE. 14. Besselfunktionen via Laurentreihen. Fur jedes r E C besitzt die Funktion w H exp(; (w- $)) auf C \ {0) eine Laurententwicklung
J,: C + C heil3t Besselfunktion der Ordnung n. Man zeige: a) Es gilt J-, = (-l),J,
fiir jedes n.
6.8 Aufgaben
b) J, mit n 2 0 besitzt die Potenzreihenentwicklung
sowie die Integraldarstellung Jn(z) = 2n
IzT cos(z sin t nt) dt. -
0
Hinweis: Man verwende (9) mit p = 1.
15. Die Riemannsehe Zetafunktion. Fur z E C mit Re z > 1 definiert man
wobei nZmit Hilfe des reellen Logarithmus durch eClnn erklart sei. a) Man zeige, dag
C in der Halbebene H, + 1 holomorph ist.
b) Man zeige fiir beliebige z E C und n E N die Identitat
und folgere fiir z E H,
+ 1:
c) Fortsetzung der Zet,afunktion in die rechte Halbehene H,. Man zeige, daJ2 die in b) erklarte Funktion f in H, holomorph ist, und folgere, dag die Zetafunktion meromorph nach M, fortgesetzt werden kann mit einem einfachen Pol in 1 und Residuum 1. 16. Man definiert fur T E H die Thetafunktion 29 dnrch
Man zeige: 29 ist holomorph auf C, und es gilt:
+
a) O(Z 1)= 29(z),
8(z + T ) = -e-"i(r+2z)8(z).
b) 8 hat genau die Nullstellen $
+ m + n.r,
m., n E
Z.
6 Die Fundamentalsatze der Funktionentheorie
234
ist meromorph auf C und hat die Perioden 2 und 7:
17. Man zeige, da%jeder holomorphe Automorphismus f : H oheren Halbebene gegeben ist durch az+b
f (2)= a,wobei
a (c
+H
der
b d ) E GL;(IR)
18. Aus dem Erganzungssatz der Gammafunktion folgere man sin T
L ~
71
19. Es sei f holomorph in a und a sei eine einfache Stelle von f . Man zeige: Es gibt eine Umgebung U von a, in der die Niveaumengen M := { z E U
I U(Z)
= u(a)}
und
N := { z E U 1 v(z) = u(a)},
u := Ref und u := Im f , l-dimensionale Unt,ermannigfaltigkeiten sind; ferner, daB M und N in a aufeinander senkrecht stehen.
20. Es sei A := Kg(0). Man zeige: a) Die Funktion u(z) := In lzl ist harmonisch auf A b) 1st h: A + IR harmonisch, so gibt es eine Zahl a E IR so, daB h - a . In lzl der Realteil einer auf A holomorphen Funktion ist. c) 1st h : A + IR harmonisch und beschrankt, so kann h in den Nullpunkt harmonisch fortgesetzt werden.
7 Das Lebesgue-Integral
Im vorigen Jabrhundert wurden verschiedene Definitionen eines Integrals aufgestellt. Aber erst 1902 fuhrte H. Lebesgue (1875-1941) einen Integralbegriff ein, der fur viele Probleme der Integralrechnung wesentlich neue Gesichtspunkte brachte, insbesondere eine leistungsfahige Theorie zur Vertauschung von Limesbildung und Integration ermoglichte. Wir gehen hier nicht wie Lehesgue vor, sondern in gewisser Hinsicht analog zur Einfiihrung des Integrals einer Regelfunktion in Band 1. Ein fur Treppenfunktionen in nabeliegender Weise definiertes Integral wird auf Funktionen ausgedehnt, die beliebig genau durch Treppenfunktionen approximiert werden konnen, wobei jedoch ein anderes Approximationsmaii verwendet wird: Anstelle der bei der Einfuhrung des Regelintegrals benutzten Supremumsnorm venvenden wir jetzt die L1-Halbnorm. Diese definieren wir in Anlehnung an Stone ohne Integral und fiir beliebige Funktionen. Die Verwendung der L1-Halbnorm als Approximationsmd fiihrt unter anderem dazu, dag das Lebesgue-Integral mit einer Definition sowohl fur Funktionen mit kompaktem Trager als auch fur Funktionen mit nicht kompaktem Trager eingefuhrt werden kann. Schlieglich merken wir an, dag man die vorliegende Definition des Lebesgue-Integrals ohne Anderung auf Banachraum-wertige Funktionen ausdehnen kann.
7.1 Integration von Treppenfunktionen Unter einem Quader Q c IRn verstehen wir hier das direkte Produkt Il x . . . x I, von n beschrankten, nicht leeren Intervallen aus IR. Diese diirfen offen, einseitig offen, abgeschlossen oder zu einem Punkt entartet sein. Ferner definieren wir als Volumen des Quaders Q = Il x . . . x In das Produkt der Langen seiner Kanten:
Falls notig wird u(Q) mit v,(Q) bezeichnet. Ausgeartete, d. h. in einer Hyperebene liegende Quader haben das (n-dimensionale) Volumen 0.
7 Das Lebesgue-Integral
236
Definition: Eine Funktion ip: IRn + C heiUt Treppenfunktion auf IRn, wenn es endlich viele paarweise disjunkte Quader & I , . . . , Q , gibt so, daU (i) ip auf jedem Qk, k = 1,.. . ,s, konstant ist, und
(ii) ip(x) = 0 fiir alle x E IRn
\ Ui=l Qk
gilt.
Die Gesamtheit der Treppenfunktionen bildet einen C-Vektorraum, der die Eigenschaft hat, daB mit ip auch 1 91 zn ihm geh6rt; ferner mit ip und $ auch max(ip, $) und min (ip, $). Fiir die Beweise hierzu, die wir dem Leser iiberlassen, beachte man, da13 eine Vereinigung endlich vieler Quader auch als eine Vereinigung endlich vieler disjunkter Quader dargestellt werden kann, da wir ausgeartete Quader zulassen. Unter der charakteristischen finktion einer Teilmenge A C IRn versteht man die auf ganz IRn definierte Funktion l a mit lab)=
1 0
fiir x E A, fiirx€IRn\A
Damit kann jede Treppenfunktion auf IRn als Linearkombination
charakteristischer Funktionen von Quadern dargestellt werden. Umgekehrt ist jede solche Linearkombination eine Treppenfunktion, und zwar auch dann, wenn die Quader Q1,. . . ,Q, nicht disjunkt sind. Definition: Unter dem Integral einer Twppenfunktion versteht man die Zahl
ip
=
C ck lq, k=l
7.1 Integration von Treppenfunktionen
237
Satz 1: Der Wert der Summe in (1) hangt nicht von der Darstellung der Treppenfunktion ab; das Integral ist also durch (1) sinnvoll definiert. Ferner gelten folgende Rechenregeln:
Beweis durch Induktion nach n: Fur n = 1 argumentiert man analog wie in Band 1 , l l . l . Den Fall n > 1 fuhren wir durch sukzessive Integration auf den Fall niedrigerer Dimension zuruck. Sei IRn = X x Y mit X = I R P , Y = IRn-P und 0 < p < n . Entsprechend ist jeder Quader Q C X x Y das direkte Produkt Q = Q' x Q" van Quadern Q' C X und Q C Y, und fiir ( x ,y ) E X x Y gilt: l Q ( zy,) = l Q r ( x ). lQr,(V). Es sei nun ip = ck 1 ~ ~eine Treppenfunktion auf X x Y. Fur jedes y E Y definiert x H ip(x,y) eine Treppenfunktion ip, auf X,
Ck
Nach Induktionsannahme wird ihr Integral sinnvoll definiert durch
@ ist laut Darstellung eine Treppenfunktion auf Y. Nach Induktionsmnahme wird auch deren Integral sinnvoll definiert durch
/ @ ( Y ) dy = Y
x
ck vp(Q6). U,-~(Q!).
k
Der Wert der linken Seite hangt nicht von der Darstellung fiir ip ab. Das rechtfertigt die Definition des Integrals JR, ip(z)dz dmch die rechts stehende Summe, und es gilt
Anhand dieser Darstellung des Integrals iiber IRn gewinnt man schlieBlich auch die Rechenregeln in der Dimension n aus den Rechenregeln im Fall 0 kleinerer Dimensionen.
7 Das Lebesgue-Integral
238
Korollar (Satz von Fubini f i r Treppenfunktionen): Mit den Bezeiehnungen des vorangehenden Beweises gilt
7.2 Die L1-Halbnorm Vorbemerkung: Wir lassen im Folgenden Funktionen und Reihen mit Werten in C U {M) zu. In Abschnitt 7.6 iiber die Nullmengen wird gezeigt, daB es im Hinblick auf die Integration gleichgiiltig ist,, wie an den Unendlichkeitsstellen gerechnet wird. Speziell fur die Integrationstheorie regeln wir das Rechnen mit M ohne Grenzwertbetrachtung wie folgt: Iml=Z5=Rem=Imm=w
w.e=e.m=w
und
fiircEC*U{oo)
r < c o furrER,
und
m.O=O.m=O.
ScblieBlich setzen wir fur CI,ez, . . . E RU {m) mit el, ez, . . . 2 0 wie iiblicb CEO=, ek = M, falls die Reihe nicht in IR konvergiert. In diesem Abschnitt fuhren wir fur beliebige Funktionen auf IRn mit Werten in C U {m) die sogenannte L1-Halbnorm ein. Wir verwenden d a m ein Konzept, das Ideen von Stone (1948) aufgreift und in jeder Version der Lebesgueschen Integrationstheorie zumindest bei einer wichtigen Cbarakterisierung der Nullmengen auftritt; siehe Satz 12. Zur Motivation stellen wir eine geometrische Betrachtung an. Es sei f eine nicht negative finktion auf IR und M ihre Ordinatenmenge. Um einen eventuellen Flacbeninbalt von M nach oben abzuschatzen, uberdecken wir M durch Rechtecke und bilden deren Gesamtinhalt; das Infimum solcher Gesamtinhalt,e sehen wir dann als ein (aufieres) MaB fiir M und f an. Da wir Funktionen betrachten, die auf ganz IR definiert sind und unbeschrankt sein durfen, erfordert dieses Verfahren die Verwendung abzahlbar vieler Rechtecke.
239
7.2 Die ~ ~ - ~ a l b n o r m
Definition: Unter einer Hullreihe zu einer Funktion f : Rn verstehen wir eine Reihe
+ C U {co)
m
@
=x c k l ~ ,
k=l mit den Eigenschaften: (i) Die Qk sind offene Quader im IRn und die ck reelle Zahlen 2 0; (ii) fiir jedes x E IRn gilt
Ferner definieren wir als Inh,alt der Hiillreihe m
Definition: Unter der L1-Halbnom einer Funktion f : IRn verstehen wir das Infimum der Inhalte der Hullreihen zu f :
11 f 11,
+ C U {co)
I
:= inf {I(@) @ ist Hiillreihe zu f ) .
Jede Funktion f : IRn + C U {m) hat die Hiillreihe @ = 1 . lQ,, wobei Qk der offene Wurfel mit dem Mittelpunkt 0 und der Kantenlange k sei. Das Infimum l l f l l l ist also fiir jedes f definiert und ist eine nicht negative Zahl oder m. Die L1-Halhnorm erfullt nicht alle Rechenregeln einer Norm. Es kann namlich 11 f Ill = 0 sein, ohne daf3 f = 0 ist. Zum Beispiel hat die charakteristische Funktion l a eines in einer Hyperebene enthaltenen Quaders A die L1-Halhnorm 0; wegen v(A) = 0 gibt es namlich zu jedem E > 0 einen offenen Quader Q mit A c Q und u(Q) < E , weshalh @ := 1 . lQ eine Hullreihe zu l a mit I(@) < E ist. Die Bedeutung von 11 f Ill = 0 fur die Funktion f werden wir im Abschnitt uber die Nnllmengen klaren. Die L1-Halbnorm erfiillt immerhin folgende Rechenregeln: Fur f , g : IRn
+ C U {m)
und c E C gilt:
6) Ilcf Ill = Icl . Ilf Ill. Die Regeln (i) und (iii) sind unmittelhar einzusehen. Die Regel (ii) ist wegen 1 f gl 5 1 f 1 lgl und (iii) ein Spezialfall der folgenden Dreiecksungleichung fiir Reihen.
+
+
7 Das Lebesgue-Integral
240
Verallgemeinerte Dreiecksungleichung: Fur nicht negative hnktionen f l , f i , ... : IRn+IRU{m) gilt:
Beweis: Sei E > 0 gegeben. Wir wahlen zu jeder Funktion fr, eine Hullreihe @k = Xi ciklQik mit einem Inhalt
@ :=
Ck,,cik lQik ist dann eine Hullreihe der Funktion Ckf k
Hieraus folgt wegen
mit
IIC f k I I l 5 I(@)mit E J 0 die Behauptung.
0
Der Aufbau der Integrationstheorie beruht wesentlich auf der Tatsache, daB die L1-Halbnorm lliplll einer Treppenfunktion ip gleich dem Integral von lip1 ist. Wir beweisen dies zunachst fur die charakteristische Funktion eines abgeschlossenen Quaders. Dabei geht wesentlich die Vollstandigkeit des IRn ein. L e m m a 1: Fur die charaktenstische Funktion l a eines abgeschlossenen Quaders A gilt
1
~ A I ~ ~ = W ( A ) = / ~ A ~ X . Beweis: Sei Q ein offener Quader mit A C Q. Dann ist 1.lQeine Hullreihe fiir l a . Somit ist IIIAIIl5 I ( l Q ) = v(Q). Da zu jedem E > 0 ein derartiges Q so gewahlt werden kann, daB auch u(Q) 5 u(A) E , ergiht sicb zunachst
+
IIIAII1
5~ ( ~ 1 .
der Funktion l a Umgekehrt gilt fiir jede Hullreihe @ = CkCI, lQk
(*)
I(@)2
~(4,
uud folglich lllalll 2 u(A). Zum Beweis von (*) sei E > 0 vorgegehen. Zu jedem Punkt x E A giht es wegen @(x) 2 1 einen Index N(x) derart, d d
7.2 Die ~ ~ - ~ a l b n o r m
241
Diese Ungleichung gilt wegen der Offenheit der Quader Qk fur alle Punkte einer Umgebung U ( x ) von x. Da A kompakt ist, iiherdecken endlich viele U ( x l ) ,. . . ,U(x,) ganz A. Mit N := m a x { N ( x l ) ,. . . , N ( x p ) }folgt dann N die Ungleichung Ckzlclc lQI. 2 (1 - E ) . 1 ~Aus . dieser ergibt sich mittels Satz 1 (iii) ck u(Qk) 2
I ( @ )=
x N
00
1
~k
u(Qk) 2 (1 - E ) v ( A ) ,
1
und daraus folgt (*). Lemma 2: Fur jede Treppenfunktion ip auf IRn gilt
Beweis: Da lip1 und ip dieselbe L1-Halhnorm hahen, nehmen wir fiir den Beweis ip 2 0 an. Wir benutzen eine Darstellung P
i p = x ~ k l qf ~x
d i 1 ~ ~ k=l i=l mittels disjunkter Quader, in welcher die Qk offen sind und die Ri das n-dimensionale Volumen 0 haben. Eine solche erhalt man, wenn man van einer Darstellung mit disjunkten Quadern ausgeht und jeden darin vorkommenden, nicht offenen Quader zerlegt in seinen offenen Kern und Quader, die auf seinem Rand liegen. Wegen der Disjunktheit der Qk und Ri folgt aus ip 2 0, daB alle ck und alle di nicht negativ sind. Sei E > 0 heliehig gegeben. Zu jedem Quader Ri sei Rf ein offener Quader mit Ri C R: und u(R:) I E. Dann ist @ := C; ck l q , Cy di 1 ~ : eine Hiillreihe zu ip. Mit ihr ergiht sich
+
?
1 1 ~ 1 51 ~ x c k u ( ~ k+) E . x d i . Daraus folgt
1
1
Sei andererseits A ein abgeschlossener Quader so, daB ip(x) = 0 ist fur x 4 A; sei ferner m das Maximum von ip. Dann ist die Treppenfunktion $ := m . 1 -~ 9 nicht negativ, und auch fiir sie gilt 11$111 I J $ dx. Hieraus und mit Lemma 1 folgt
Zusammen mit (*) ergibt das die Behauptung.
0
7 Das Lebesgue-Integral
242
7.3 Definition des Lebesgue-Integrals. Elementare Feststellungen Nach den Vorbereitungen der beiden vorausgehenden Abschnitte kommen wir zur Definition des Lebesgue-Integrals. Wir betrachten dahei Funktionen, welche, gemessen in der L1-Halbnorm, beliebig genau durch Treppenfunktionen approximiert werden konnen. Das Lebesgue-Integral wird zunachst fur Funktionen auf IRn eingefuhrt und daran anschlieJiend fur Funktionen auf Teilmengen von IRn. I. Integration iiber d e n I&" Definition: Eine Funktion f : IRn + C U {co) heifit Lebesgue-integn'erbar Cber IRn, kurz integrierbar, wenn es eine Folge von Treppenfunktionen pk gibt mit 11 f - yklll + 0 fiir k + m. Die Folge der Integrale S pk dx hat dann einen Grenzwert in C, und dieser heist das Lebesgue-Integral won f:
1 f (z) dx
:=
lim
k+m
Wir verwenden auch die Schreibweisen
1 pk (x) dx. R"
1f (x) dnx und 1f dx
Die Definition ist sinnvoll, denn 1. die Folge der Zahlen
S pa dx ist eine Cauchyfolge, also konvergent;
2. der Grenzwert ist unahhangig von der Approximationsfolge (ipk).
Beides entnimmt man der fur beliebige Treppenfunktionen Grund von Lemma 2 giiltigen Abschatzung
ip
und $ auf
Bemerkungen: 1. Jede Treppenfunktion y ist Lebesgue-integrierbar, und ihr Lebesgue-Integral ist gleich dem in (1) definierten Integral. Fur die Approximationsfolge wahle man ipl = yz = ips = . . . = y . 2. Aus f - ykIIl + 0 kann im Augenblick nichts uber die punktweise Konvergenz der Folge (yk)geschlossen werden. In 8.1 zeigen wir, daB eine geeignete Teilfolge fast uberall auch punktweise gegen f konvergiert.
1
Wir notieren einige elementare Eigenschaften des Lebesgue-Integrals. Besondere Bedeutung kommt der folgenden zu.
7.3 Definition des Lebesgue-Integrals. Elementare Feststellungen
243
Satz 2: Mit f ist auch 1 f 1 uber IRn integrierbar, und es gilt
Beweis: Sei
(ipk)
eine Folge von Treppenfunktionen mit
if
11,
1
Aus l l f l - lipkll I - ipkl folgt I f 1 - lipkl Monotonie der L1-Halbnorm. Insbesondere gilt ist 1 f 1 integrierbar, und es folgt
11 f
- ipkII1
+ 0.
I 1l.f - i p k l l , wegen der 11 1 f 1 - 11, + 0. Somit lipkl
Zum Beweis des zweiten Teils in (3) verwenden wir die Einschliefiung
Rechenregeln: Sind f und g integrierbar, so gilt:
+ pg, a,p E C,
und
7 sind integrierbar nit
J(cuf+pg)dx=cu/fdx+pJgdx,
J~dx=Jfdx.
a) Die Funktionen cuf
-
b) Fiir reelle f und g folgt aus f
I g: J f
dx
c) 1st g zusatzlich beschran,kt, so ist auch f
.g
5 J g dx. integrierbar.
Beweis: a) Sind ( i p k ) und (N) approximierende Folgen von Treppenfunktionen fur f bzw. g, so ist (wpk pyk) eine approximierende Folge fur cu f pg und (qk)eine fiir f. h) Nach Satz 2 ist J ( g - f ) dx = llg - f 1 1 , 2 0. c ) Sei M eine positive obere Schranke fiir lgl. Zu gegebenem E > 0 wahlen wir eine Treppenfunktion ip mit f - ipIIl 5 & / 2 M und dann eine Trep, p eine positive obere Schranke penfunktion y mit llg - ylll 5 ~ / 2 pwobei fiir lip1 sei. Wegen 1 f g - ipyl I f - ipl . lgl lip1 . lg - yl folgt dann
+
+
1
<
+
Damit ist die Integrierbarkeit von fg gezeigt.
0
7 Das Lebesgue-Integral
244
Folgerung 1: f : Rn + C U {co} ist genau dann integrierbar, wenn Ref und Im f integrierbar sind, und dann gilt
Folgerung 2: Sind f und g : IRn
+ IR U {co} integrierbar, dann auch
insbesondere sind die finktionen f + := max(f, 0 ) und f - := max(- f , 0) integrierbar. f + und f - heigen positlver bzw. negativer Anted der Funktion f . Es gilt f + 2 0 und auch f - 2 0, sowie f = f + - f - . Wegen der beiden Folgerungen kann man sich bei vielen Beweisen auf nicht negative reelle Funktionen bescbranken. 11. Integration iiber Teilmengen des I&" Es sei A C IRn und f eine Funktion, deren Definitionsbereich die Menge A umfaBt. Unter der trivialen Fortsetzung von f versteht man dann die Funktion fa: IRn + C U {cu} mit
f ( x ) fur x E A, fa(.)
:=
0
fur x E IRn \ A.
Definition: f heigt uber A C IRn integrierbar, falls die triviale Fortsetzung fa uher IRn integrierhar ist. In diesem Fall heigt
das Lebesgue-Integral von f uber A. Ferner setzen wir 11 f
1
:= falll.
Satz 2 und die Rechenregeln gelten sinngemgg auch bei der Integration iiber eine Menge A C IRn. Inshesondere bildet die Menge der uber A integrierbaren komplexwertigen Funktionen einen C-Vektorraum. Diesen bezeichnet man mit L f l ( A ) .Fur jede uber A integrierbare Funktion f gilt
7.4 Der Kleine Satz von Beppo Levi und der Kleine Satz "on Fubini
245
Satz 3 (Regelintegral u n d Lebesgue-Integral): Eine Regelfunktion f auf einem kompakten Interval1 [a;b] ist uber [a;b] Lebesgue-integrierbar, und das Regelintegral ist zugleieh das Lebesgue-Integral:
Beweis: Fur jede Funktion h auf A := [a;b] gilt l h ~ 5 l llhllA . l a , wobei llhllA die Supremumsnorm bezuglich A bezeichnet. Daraus folgt mit den Rechenregeln der L1-Halbnorm und Lemma 1
(*I
Ilhall, 5 llhlla. Illall, = (b - 4 . llhlla.
Sei nun f eine Regelfunktion auf A und (ipk) eine Folge yon Treppenfunktionen mit f - ipall + 0. Aus (*) folgt dann fa - i p k , ~ l l , + 0. 4 fa ist also auch Lebesgue-mntegrierbar und hat das Lebesgue-Integral
1
11
Im nachsten Abschnitt klaren wir auch die Beziehung von uneigentlichem Regelintegral und Lebesgue-Integral.
7.4 Der Kleine Satz von Beppo Levi und der Kleine Satz von Fubini Wir bringen ein einfaches hinreichendes Kriterium, das bereits eine umfangreiche Klasse integrierbarer Funktionen liefert. Es wird spater im Satz von Beppo Levi wesentlich erweit,ert. Durch Kombination mit dem Satz von Fubini fur Treppenfnnktionen gewinnen wir aus ihm auch ein erstes wichtiges Verfahren zur Berechnung von Integralen. Satz 4 (Kleiner Satz von Beppo Levi): Zu f : IRn + IRU{oo) gebe es eine monoton vaehsende oder fallende Folge (ipk) won Treppenfinktionen derart, dafi (i) f die punktweise gebildete Grenzfinktion der ipk ist; (ii) die Folge der Integrale
J ipk dx besehrankt ist.
Dann ist f integn'erbar, und es gilt
7 Das Lebesgue-Integral
246
Beweis: Wir betrachten den Fall einer wachsenden Folge ( p k ) . In diesem Fall folgt aus f - pk = C z k ( p i + l - pi) mit der verallgemeinerten Dreiecksungleichung und Lemma 2
Die Folge der Integrale S p k dx wachst monoton und ist nach Voraussetzung beschrankt, konvergiert also. Bezeichnet I ihren Grenzwert, so folgt 11 f - pk 1 , 5 I - S pk dx; insbesondere gilt 11 f - pk Ill + 0 fiir k + oo. Laut Definition des Integrals ergibt sich damit die Behauptung. 0 Als erste Anwendung klaren wir endgiiltig das Verhiiltnis von Regelintegral und Lebesgue-Integral. Wir stutzen uns dabei auf das folgende Lemma. Lemma 3: Es sei f : I + IR eine nicht negative Regelfunktion auf einem Interuall I C IR. Dann gibt es eine monoton wach,sende Folge ( p k ) uon Treppenfunktionen, die punktweise gegen fr konvergiert.
Beweis: Es seien I l , I z , . . . kompakte Teilintervalle von I mit Ik C Ik+l fur alle k E IN und Uz, Ik = I . Nach dem Approximationssat,z fur Regelfunktionen in Band 1,11.2 gibt es auf Ik eine Treppenfunktion ljtk mit f - 2-" ljtk 5 f . Deren triviale Fortsetzung auf IR bezeichnen wir ebenfalls mit ljtk. Die Funktionen pk := . . ,ljtk} leisten dann das Verlangte. 0 Satz 3* (Uneigentliches Regelintegral und Lebesgue-Integral): Eine Regelfunktion f auf einem offenen Interuall (a; b) C IR, wobei a = -m und b = m zugelassen sind, ist genau dann uber ( a ;b) Lebesgueintegn'erbar, wenn das uneigentliehe Regelintegral uon f uber ( a ;b) absolut konuergiert. I n diesem Fall stimmen beede Integrale uberein: b
J (a;b)
f ( z )dx = J f (x) dz. a
Beweis: Wir zeigen den Satz fur reelle Funktionen; das geniigt. Zum Beweis wihlen wir kompakte Teilintervalle Ih = [ak;bk],k E IN, mit Ik C Ik+l und Ik = (a; b). Es sei f Lebesgue-integrierbar uber (a;b). Nach Satz 2 ist dann auch 1 f 1 Lebesgue-integrierbar iiber (a;b). Mit Satz 3 und wegen f 5 If
UFl
1 l , a b; b kl
7.4 Der Kleine Satz von Beppo Levi und der Kleine Satz "on Fubini
247
folgt weiter bk
Jim dx = / lm dx 5 (.;a)/ I ~ ( Xdx.) I [at;btl
ak
Aufgrund dieser fiir alle k gultigen Abschatzung existiert auch das Regelintegral J: If (x)I dx und hat einen Wert 5 J(a;b) If 1 dx. Umgekehrt existiere das Regelintegral J: If (x)l dx. Dann existieren auch die Regelintegrale Jab f + dx und J: f - dx. Somit genugt es, die Umkehrung fur Regelfunktionen f 2 0 zu zeigen. Dazu nun wihlen wir nach Lemma 3 eine Folge ( i p k ) von Treppenfunktionen, die monoton wachsend gegen f(,ihl konvergiert. Die Folge der Integrale J i p k dx ist heschrankt durch das Regelintegral Jab f(x) dx; nach dem Kleinen Satz yon Beppo Levi ist also die Grenzfunktion f(,;b) = lim i p k Lebesgue-integrierhar mit k+m
/ (a;b)
f (x) dx = lim k+m
/
h
ipk
dx 5
/ f ( x ) dx. a b
Mit der bereits im ersten Teil bewiesenen Ungleichung Ja f dx 5 folgt schlielSlich die Gleichheit der Integrale.
J(a;b)
f dx 0
Bemerkung: Aus der Existenz des uneigentlichen Integrals einer Regelfunktion f folgt nicht in jedem Fall die Lehesgue-Integrierharkeit von f . Beispielsweise existiert das uneigentliche Regelintegral
ist aher nicht Lebesgue-integrierbar iiber lR, da ihr undie Funktion eigentliches Regelintegral nicht absolut konvergiert; siehe Band 1 , l l . g . Mit Hilfe des kleinen Satzes von B. Levi behandeln wir nun die Fkage der Integrierbarkeit stetiger Funktionen anf offenen oder kompakt,en Teilmengen des IRn. Die Grundlage dazu bildet folgendes Lemma. Lemma 4: Es sei f : A + IR eine nicht negative stetige Funktion auf der Menge A C lRn. Dann gilt: (i) Ist A offen, so gibt es eine Folge (ipk) uon Deppenfunktionen, die monoton wnchsend gegen fa konvergiert. (ii) Ist A kompakt, so gibt es eine Folge (ipk) won Peppenfunktionen 2 0 , die monoton fallend gegen fa konuergiert. Zum Beweis verwenden wir folgenden Hilfssatz
7 Das Lebesgue-Integral
248
Hilfssatz: Es sei K eine kompokte und U eine offene Teilmenge des IRn mit K C U ;ferner sei f : K + IR eine stetige Funktion mit f 2 0. Zu jedem E > 0 gibt es dann Treppenfunktionen $, $' 2 0 mit
Beweis: Wegen der gleichmaBigen Stetigkeit von f gibt es ein 6 > 0 so, die MadaB f ( x l ) - f(xl')I 5 E fur alle x',xf' E K mil 11~'-x"ll 5 6 ( ximumsnorm auf E n ) . Man wahle dann abgeschlossene Wiirfel w ~ , . .,. W, in U rnit Kantenlangen 5 6, die K uberdecken: K c (Wl U . . . U W,). Mil mi := max f ~ l W n i I< und mj := min f ~ 1 W in K bilden wir nun
11 1
1
Man sieht leicht, dafi $ und $' das Verlangte leisten.
0
Wir kommen zum Beweis von Lemma 4. m
Beweis: (i) Wir wahlen kompakte Mengen Ak rnit gemafi Hilfssatz Treppenfunktionen $; 2 0 rnit
U Ak = U und d a m
Damit bilden wir die Funktionen pk := max ($;, . . . ,$i); diese leisten offensichtlich das Verlanae. m
(ii) Wir wihlen offene Mengen Uk mil Hilfssatz Treppenfunktionen Gk rnit
n Uk = A und d a m gems dem k=l
Damit bilden wir die Funktionen pk := min ( $ J ~.,. . ,$k) ; diese leisten 0 offensichtlich das Verlangte.
Satz 5: Jede beschrankte stetige Wnktion f : U + C auf e i n e ~beschrankten offenen Menge U C IRn ist uber diese integrierbar.
7.4 Der Kleine Satz von Beppo Levi und der Kleine Satz "on Fubini
249
>
Beweis: Wir zeigen die Behauptung fiir reelle Funktionen f 0. Das genugt aufgrund von Zerlegungen in Real- und Imaginarteil und dann positiven und negativen Anteil. Nach Lemma 4 ist dann fu die Grenzfunkti0. Um on einer monoton wachsenden Folge von Treppenfunktionen ipk die Beschranktheit der Folge der Integrale J p k dx zu sehen, wahlen wir einen Quader Q mit U C Q und eine obere Schranke M fur f ; dann gilt ipk 5 f" 5 M . lg, also J i p k dx 5 M . v(Q). Folglich ist fu nach dem kleinen Satz von Beppo Levi integrierbar. 0
>
Satz 6: Jede stetige Funktion f : K K c IR" ist uber diese integrierbar.
+C
auf einer kompakten Menge
>
Beweis: Es genugt wieder, den Fall f 0 zn behandeln. Nach Lemma 4 gibt es eine Folge ( p k ) nicht negativer Treppenfunktionen, die monoton fallend gegen f~ konvergiert. Wegen p k 0 ist die Folge der Integrale J ipk dx nach unten durch 0 beschranlct. Also ist f~ nach dem Satz von 0 Beppo Levi integrierbar.
>
Beim Beweis der Satze 5 und 6 hahen wir vom Satz von Beppo Levi nnr die Feststellung der Integrierbarkeit der Grenzfunktion ausgenutzt. Durch Kombination der in diesem Satz angegebenen Formel mit dem Satz von Fuhini fur Treppenfunktionen erhalten wir auch ein Reduktionsverfahren zur Berechnung des Integrals. Bezeiehnung: Sei X = IRp und Y = IRq. Fur eine Teilmenge A C X x Y und einen Punkt y E Y heigt die Teilmenge Ay := {x E X (x, y) E A} von X (sprachlich ungenau) Schnittmenge von A zu y E Y.
I
Satz 7 (Kleiner Satz von Fubini): Es sei A C X x Y eine kompakte oder eine beschrankte offene Menge und f : A + C eine beschrankte stetige Fu,nktion,. Dann ist fur jedes y E Y mit A, # 0 die Funktion x H f (x, y) uber Ay integrierbar. Ferner is1 die durch
auf Y erklarte Funktion F Cber Y integrierbar, und es gilt
Fiir diesen Sachverhalt schreibt man kurz
7 Das Lebesgue-Integral
250
Beweis: a) Fur offenes und beschriinktes A. Es genugt wieder, den Satz fur den Fall f 2 0 zu zeigen. Sei dazu ( i p k ) eine gegen f a konvergente, monoton wachsende Folge von Treppenfunktionen auf X x Y. Fiir jedes y E Y bilden dann die Fnnktionen x H ipk(x, y) eine gegen die Funktion x H fa(z, y) konvergente, monoton wachsende Folge von Treppenfunktionen auf X. Ferner zeigt man wie im Beweis von Satz 5 , dal3 die Folge der Integrale (Jx ipk(z, y) dx) bescbrankt ist. Nach Satz 4 gilt also
Die Integrierbarkeit von F ergibt sich ebenfalls mit Satz 4: Die Funktionen
Y H @,(Y) :=
J ipk(5, V) d~
(k E IN)
X
sinH Treppenfunktionen auf Y, und die Folge (@k) konvergiert monoton wachsend gegen F. Ferner ist die Folge der Integrale (Jy @k(y)dy) beschrankt; mit dem Satz von Fubini fiir Treppenfunktionen und wegen ipk I fa erhilt man nimlich
F ist also nach dem Satz von Beppo Levi integrierbar, und es gilt
b) Der Fall eines kompakten A wird analog behandelt. Wir betrachten einen Spezialfall. Es sei X = IR und Y = IRn-I. Die Scbnittmenge A, sei fiir jedes y E Y leer oder ein Intervall:
0
y
A, = [xl(Y);xz(~)l.
I
Weiter sei B := { y E Y A, # 0). Fur eine stetige Funktion f : A + Q: folgt dann mit Satz 3 aus Satz 7
--
XI(Y)
A,
W(Y)
X
7.4 Der Kleine Satz von Beppo Levi und der Kleine Satz "on Fubini
251
Beispiel 1: Integration iiber das Rechteck R = [a;b] x [c;d] C IR2. Hier ist B = [c; d] und A, = [a;b] fiir y E B. Fiir stetiges f : R + cC gilt also
---
Beispiel 2: Integration iiber den Kreis E ( 0 ) c IR2. Hier ist B = [-r;r] und A, = [ - d m Fiir stetiges f auf K(0)gilt also
(5)
J
f
K(0)
d
= -
Beispielsweise ergibt sich fiir f = I
(
J
f(,.
dx) d ~ .
Der Kleine Satz von Fubini ergab sich durch einen GrenzprozeB aus dem Satz von Fubini fiir Treppenfunktionen. Man sieht leicht, daB im Beweis des letzteren die Rollen von X und Y vertauscht werden diirfen. Das fuhrt dann auch beim Kleinen Satz von Fubini zu einer zweiten Version. In Kurzfassung ist das der
2
Satz 7': Sei A c X x Y kornpakt oder offen und beschrankt und f : A stetig und besehrankt. Dann gilt
X
+ cC
I
dabei ist fur x E X A, die Schnittrnenge { y E Y ( x ,y) E A ) . Im Fall einer stetigen Funktion auf einem Rechteck in IR2 konnen die heiden Formeln (4) und (6) angewendet werden. Man erhalt dann die Vertauschungsregel: Fur eine stetige Funktion f : [a;b] x [c;d] + 6: gilt
252
7 Das Lebesgue-Integral
7.5 MelSbarkeit von Teilmengen des IRn Die Elementargeometrie ordnet Punktmengen in der Ebene und im Raum, die man in endlich viele Dreiecke bzw. Tetraeder zerlegen kann, einen F1& cheninhalt bzw. ein Volumen zu. Bereits zur Definition des Flacheninhalts einer Kreisscheibe aber benotigt man einen Grenzprozefi. Das Lebesgue Integral setzt uns jetzt in den Stand, einen sehr allgemeinen Inhaltsbegriff einzufiihren. Definition: Eine Menge A C IRn heist Lebesgue-meflbar, knrz me$bar, wenn die Funkt,ion 1 iiber A integrierhar ist. Die Zahl
heist dann das n-dimensionale Volumen oder Lebesgue-Ma$ von A; im Fall n = 2 nennt man sie auch den Flacheninhalt von A. Oft schreiben wir nur u ( A ) statt u,(A). Der leeren Menge schreiben wir das Ma8 0 zu. Beispiel 1: Die Kreisscheibe K = R,(O)C IR2 hat nach (5') den Flacheninhalt r2n. Beispiel 2: Sei g : [a;b] stetig nnd 2 0. Die Menge A = { ( z , y ) € I R 2I z € [ a ; b ] O ,
Aus den Satzen 5 und 6 folgt
Satz 8: Jede beschrankte offene Menge und jede kompnkte Menge im IRn ist me$bar. Zur geometrischen Deutung der Mefiharkeit und des Volumens einer offenen oder kompakten Menge verwenden wir Ausschopfungen durch Figuren. Unter einer Figur im IRn verstehen wir dabei eine Vereinigung A = Q1 U . . . U Q, endlich vieler Quader. L e m m a 5: Jede offene Menge U C IRn besitzt eine Ausschopfung durch Figuren. Dns bedeutet: Es gibt eine Folge (Aa) won Figuren mit An. C Ak+l fiir k = 1 , 2 , . . . und UFO=, Ak = U . U ist genaa dnnn me$bar, wenn die
7.5 MeRharkeit von Teilmengen des IRn
253
Folge der Volumina u(Ak) beschrankt ist, und dann gilt: u(U) = lim v(Am) = sup v(Ak).
(7)
Beweis: Man wahle ahzahlbar viele Quader QI, Q 2 , . . . , deren Vereinigung U ist, Ausschopfung durch Figuren zum Beispiel die in U enthaltenen Wiirfel mit rationalen Mittelpunkten und rationalen Kantenlangen. Dann bilden die Figuren Ak := QI U . . . U Qk eine Ausschopfung von U. Es sei nun (Ah)eine Ausschopfung von U durch Figuren. Analytisch hedeutet dm, d& die Folge der charakteristischen Funktionen lAkmonoton wachst und gegen l u konvergiert. Die Funktionen lAksind Treppenfunktionen, und ihre Integrale sind die Volumina der Ak . k t U meBbar, so impliziert Ak C U die Ungleichung l a , 5 1u und diese weiter w(Ak) 5 u(U); die Folge (u(Ak))ist dann also beschrinkt. Umgekehrt: 1st ( v ( A k ) )heschrankt, so bedeutet das, d& die Folge der Integrale J lAkdx beschrankt ist; nach dem Satz von B. Levi ist dann lU= lim lAkintegrierbar, und k i m es gilt u(U) = J lU= lim
k i m
J l a , = iiir "(A").
L e m m a 5': Zu jedem Kompaktum K C IRn gibt es eine Folge (Am) won Figuren mit Ak 3 A ~ +fur I k = 1 , 2 , . . . und Ak = K . Mit jeder solchen Folge gilt
nzl
(8)
1
1
u ( K ) = limw(Ak)=infu(Ak). k i m
Beweis: Man wahle einen offenen Wiirfel W mit W > K und eine Folge von Figuren Bk , die W \ K ausschopft. Die Komplemente Ak := W \ Bk hilden dann Figuren wie behauptet. 0 Beispiel: Das Lebesgue-Ma%des Cantorschen Diskontinuums C; zu dessen Definition siehe Band 1,7.5.C ist der Durchschnitt von Mengen Ck, wobei Ck die Vereinigung von 2' disjunkten Intervallen der Linge ist. Ck hat nach der anschlie8end gezeigten Additivitat des Ma8es das M d Mit (8) folgt, daB C das Ma8 Null hat: vl(C) = 0.
(i)k
7 Das Lebesgue-Integral
254
Rechenregeln: Sind A und B mejlbare Mengen, so gilt: (i) A n B und A U B sind mejlbar, und es ist
+
u ( A u B ) = v ( A ) u ( B )- u ( An B ) . Im Fall u ( A n B ) = 0 gilt insbesondere u(AU B ) = u ( A )+ v ( B ) (ii) Aus A C B folgt
4 4 ) l @I
(Additiuitat). (Monotonie).
Beweis: (i) ergibt sich aufgrund der Rechenregeln fur das Integral aus l a n s = l a . 1 s und l a u s = l a 1 s - l a m ; die Regel (ii) folgt aus l a l 1s. 0
+
Induktiv zeigt man weiter: Die Vereinigung A = A1 U . . . U Ah endlich uieler mejlbarer Mengen ist ebenfalls mejlbar; ist zusatzlich u(A, n A,) = 0 fiir alle i # j , so hat A das Majl
Wir notieren noch eine oft verwendete Verallgemeinerung der in der Rechenregel (i) festgestellten Meflbarkeit von A n B . N o t u Es sei f eine integrierbare Funktion aufA C IRn und es sei B C IRn eine mejlbare Menge. Dann ist f uber A n B integrierbar, und es gilt
Beweis: Da fa und 1 s integrierbar sind, und 1 s aufierdem beschrankt, ist es auch f a n s = f a . 1 s . Ferner gilt 1 fans1 5 I fal. Satz von Fubini und Cavalierisches Prinzip. Der Satz von Fubini ergibt ein nutzliches Reduktionsverfahren zur Berechnung von Volumina. Es sei A C IRP x IRq eine kompakte oder eine beschrankte offene Menge. Fur y E IRq bezeichne A, die Schnittmenge. Dann gilt
Inshesondere gilt das nach B. Cavalieri (1598-1647) benannte Prinzip:
Zwei kompakte Mengen A und B in IRp x IRq haben das gleiche Volumen, uienn die Schnittmengen Ay und B y fiir alle y E IRq das gleiche p-dimensionale Volumen haben.
7.5 MeRbarkeit von Teilmengen des IRn
255
Beispiel 1: Volnmen der Kugel K,(O) im euklidischen R3 = IR2 x IR. Die Schnittmenge in der Hijhe y E [-r; r] ist eine Kreisscheibe mit der Flache r ( r 2 - y2). Mittels ( 9 ) ergibt sich also:
Beispiel 2: Volnmen eines Zylinders. Es sei B C IRn-I eine kompakte oder eine beschriinkte offene Menge; ferner h eine positive Zahl. Unter dem Zylinder mit der Basis B und der Hohe h versteht man die Menge
Z := B x [O; h] C IRn. Fiir jedes y E [O; h] ist Z, = B . Als Volumen ergibt sich daher mitt,els (9)
Beispiel 3: Volnmen eines Kegels. Es sei B C En-' eine kompakte oder eine beschriinkte offene Menge; ferner h eine positive Zahl. Unter dem Kegel n i t der Basis B und der Hohe h versteht man die Menge
Die Schnittmenge zu y E [O; h] ist (1- y / h )B . Sie hat nach Aufgabe 5 das (n - 1)-dimensionale Volumen (1 - y/h)"-' . un-l(B). Mittels (9) ergibt sich daher __C--.
-.
Es sei etwa K das Standardsimplex An im IRn,
A .-
".-{
xEIRn
I
X I ,..., x n z O
und
1.
x~+.~.+z,
( n - 1)-malige Anwendung voriger Formel ergibt wegen v l ( A 1 )= I
7 Das Lebesgue-Integral
256
Historisches. Das Volumen einer Kugel nach Archimedes. Sei A der Korper, der entsteht, wenn man aus dem Kreiszylinder Z mit dem Radius r und der Hohe r einen Kegel K ausbohrt, der seine Spitze im Mittelpunkt der Basis von Z hat und dessen Basis die Deckscheibe "on Z ist. Sei ferner B die Halbkugel mit dem Radius r .
t
Die Kreisscheihe By hat denselben Flikheinhalt wie der Kreisring Ay Der Schnitt Ay in der Hohe Y ist ein Kreisring mit der Flikhe n . (r2 -,)'Y Schnitt By ein Kreis mit der gleichen Flache. Somit gilt
der
4
Die Kugel vom Radius r hat also das Volumen n r 3 3
7.6
Nullmengen
Eine hesondere Bedeutung fiir den weiteren Ausbau der Integrationstheorie haben die Mengen im IRn, deren Mag Null ist. Definition: Eine Menge N C IRn heifit Lebesgue-Nullmenge im IRn, kurz Nullmenge, wenn sie eine der beiden gleichwertigen Eigenschaften hat: (i) N ist meghar und hat das MaB Null: v ( N ) = 0; (ii) 1~ hat die L1-Halbnorm Null: lN = 0.
11 1
Beweis der Gleichwertigkeit: (i) + (ii) folgt unmittelbar aus Satz 2. Zum Nachweis von (ii) (i) bemerken wir zunachst, daB 1~ integrierhar ist; denn mit den Treppenfunktionen ipk = 0, k E N,gilt l l l ~ - ipkII, = 0. N ist also meBhar, und es gilt v ( N ) = J IN dx = lim J ipk dx = 0. k+m
Die Charakterisierung (ii) ist hesonders zweckmaig fiir Beweise. In Verbindung mit der Monotonie und der verallgemeinerten Dreiecksungleichung der L1-Halbnorm impliziert sie beispielsweise die Rechenregeln: (i) Jede Teilmenge einer Nullmenge ist eine Nullmenge. (ii) Die Vereinigung abzahlbar vieler Nullmengen ist eine Nullmenge.
7.6 Nullmengen
257
Beweis: (i) Aus M C N folgt 1~1 I Nund damit Ill~ll, 1 lll~ll~ = 0. m
(ii) Ans N =
U Nk k=l
m
Ill
folgt lll~ll~ I k=l C 111~~= 0.
Nach (ii) ist jede Vereinigung abzihlbar vieler ausgearteter Quader eine Nullmenge; insbesondere ist jede abzahlbare Menge im IRn, n 2 1, eine solche. Eine Nullmenge in IR mit uberabzahlbar vielen Punkten ist das Cantorsche Diskontinuum, da es das Ma8 0 hat, wie in 7.5 gezeigt wurde. Lemma 6: Es sei A C Rn-' eine abgeschlossene oder eine offene Menge und g : A + IR eine stetige Funktion. Dann ist der Graph uon g eine Nullmenge im En. Beweis: In jedem der beiden Fdle ist A eine Vereinigung von ahzihlhar vielen kompakten Mengen: im ersten Fall der Mengen Ak := A n Kk(0), k E IN,im zweiten der Mengen Ak := {x E A dist(z, aA) 2 l/k}flFk(O), k E IN. Aufgrund der Rechenregel (ii) genugt es also, das Lemma im Fall einer kompakten Menge A zu heweisen. In diesem Fall ist auch der Graph r C IRn kompakt und hat nach (6) das Volumen
I
Beispiele: 1. Jede Hgperebene ist eine Nullmenge. 2. Jeder kompakte Teil einer k-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M C
Rn,k < n, ist eine Nullmenge. Denn jeder Pnnkt von M besitzt eine Umgehnng in M, die im Graphen einer Cel-Funktion enthalten ist,. Die Bedeutung der Nullmengen fiir die Integrationstheorie liegt in ihrer Rolle als zuliissige Ansnahmemengen. Zur Formulierung damit gemeinter Sachverhalte fiihren wir zunachst eine Sprechweise ein. Definition: Es sei E eine Eigenschaft derart, dag fiir jeden Punkt x E IRn erklkt ist, oh er diese Eigenschaft hat oder nicht. Man sagt dann, fast alle Punkte x E IRn haben die Eigenschaft E oder fast uberall gilt E , wenn die Menge aller Punkte, fur die E nicht gilt, eine Nullmenge ist. Fur die Integrationstheorie wichtige derartige Eigenschaften sind die Endlichkeit der Werte einer Funktion f : IRn + (CU{m) oder die Gleichheit der Werte zweier Funktionen. Die folgenden drei Satze konkretisieren die Rolle der Nullmengen als zuIiissige Ausnahmemengen. Der erste zeigt, da8 eine integrierbare Funktion nur in hegrenztem Umfang den Wert cc annehmen kann.
7 Das Lebesgue-Integral
258
Satz 9: Die Werte einer Funktion f auf lRn mit 11 f Ill < m, insbesondere die Werte einer integrierbaren Funktion, sind fast iiberall endlich, d. h., N := { x E IRn f ( x ) = m } ist eine Nullmenge.
I
5 E . Ilflll. Da llflll Beweis: Fur jedes E > 0 gilt I N 5 E . I f [ , also lll~ll~ endlich ist, folgt daraus l l l ~ l = l ~0. Der nachste Satz bringt die wichtige Erkenntnis, da%eine integrierbare Funktion anf einer Nullmenge beliebig abgeandert werden darf, ohne die Integrierbarkeit und das Integral zu andern.
Satz 10 (Modifikationssatz): Seien f und g Funktionen auf Rn,die fast iiberall gleich sind. Ferner sei f integrierbar. Dann ist auch g integrierbar, und es gilt I
I
Beweis: Es sei N die Menge { x E lRn f ( x ) # g ( x ) }und U N die Funktion oo . 1 ~ U N. hat mit f k := 1~ die Darstellung U N = CFo=, f k . Da N eine Nullmenge ist, gilt l l l ~ l = l ~0 und damit l l u ~ l = l ~0. Zn f gibt es eine Folge yon Treppenfunktionen ipa mit f - ipk + 0. W w n lg - ipkI 5 - ipkI + U N gilt ilg - i p k l l , I - ipkII,. Mit der letzten Ahschatzung folgt, daf3 auch g integrierhar ist, und daf3
if
ilf
1
11,
Beispiel: Die Funktion l g auf IR ist integrierbar und hat das Integral 0, da sie sich von der Nullfunktion nur auf einer Nullmenge unterscheidet. Folgerung 1: Es sei f uber A und uber B integrierbar, und A f l B sei eine Nullmenge. Dann ist f auch iiber A U B integrierhar, u,nd es gilt
/ AUB
fdx=/fdx+/fdx. A
B
Beweis: Nach Satz 10 diirfen wir f ( x ) = 0 fiir x E A f l B annehmen. Dann . folgt die Behauptung. gilt fa,^ = fa f ~ Daraus 0
+
In Verbindung mit Satz 9 erhalten wir weiter:
Folgerung 2: Zu jeder integrierbaren Funktion f auf lRn gibt es eine integrierbare Funktion f auf Rn,die fast uherall mit f ubereinstimmt und nur Werte f m annimmt.
7.6 Nullmengen
259
Beweis: An jeder Unendlichkeitsstelle x von f setze man f(x) := 0 und sonst f(x) := f(x). Wir notieren eine weitere wichtige Konsequenz von Satz 10: Es sei f eine Funktion, die fast uberall auf IRn definiert ist, d. h. auf IRn \ N , wobei N eine Nullmenge ist; man sagt dann, f sei Cber IRn integrierbar, wenn irgendeine Fortsetzung von f auf den IRn integrierbar ist. Nach Satz 10 ist jede Fortsetzung von f auf den IRn integrierbar oder keine. Im ersten Fall schreibt man auch JRn f dx fiir das Integral einer Fortsetzung; entsprechend bei Funktionen auf A \ N mit A C Rn und einer Nullmenge N.
Satz 11: Fur eine Funktion f auf IRn gilt sie fast uberall 0 ist.
11 fill = 0 genau dann, wenn
Beweis: Sei f = 0 auBerhalb der Nullmenge N . Nach Satz 10 ist f integrierbar, und es gilt 11 f Ill = J 1 f 1 dx = J Odx = 0. Sei umgekehrt 11 f Ill = 0. Die Menge N = {x E IRn f(x) # 0) ist die Vereinigung der abziihlbar vielen Mengen Nk = {x E IRn 1 f (x)l I l k ) , k = 1,2,. . . Jede Menge Nk ist eine Nullmenge: Aus IN, 5 k . If 1 folgt namlich 11 IN,11, 5 k . 11 f 11, = 0. Nach Rechenregel (ii) ist also auch N eine Nullmenge. 0
I
Folgerung: Eine integrierbare Funktion f : IRn J f dx = 0 ist fast uberall 0.
+ IR
I
mit f
>
>
0 und
Beweis: I l f I I , = ~ ~ f l d x = ~ f d x = O .
0
Wir beschliegen die Diskussion der Nullmengen mit einer Charakterisierung dieser Mengen, die weder den Begriff des Integrals noch den der Megbarkeit voraussetzt.
Satz 12: Eine Menge N C Rn ist genau dann eine Nullmenge, wenn es zu jedem E > 0 abzahlbar viele Quader QI, Q2, Q3,. . . gibt mit
Beweis: a) Zu jedem E > 0 gebe es solche Quader. Dann ist lll~ll~ = 0. Aus N c UFO=, Qk folgt namlich IN5 CFl lQk und hieraus weiter
b) Es sei N eine Nullmenge. Die Konstruktion einer Uherdeckung durch Quader wie behauptet erfolgt in zwei Schritten:
7 Das Lebesgue-Integral
260
1. der Konstruktion einer offenen Menge U mit N C U und v ( U ) < E ; 2. der Konstruktion einer geeigneten Quaderuberdeckung der Menge U .
Zu 1: Wegen 112.1~ll~ = 0 gibt es zu E > 0 eine Hullreihe C Y Cl ~~ , fur 2 . I N , deren Inhalt < & ist. Die Folge der i p , := Cy ck l R ,wachst monoton und die Folge der Integrale J ip, dx = Cy ck t ~ ( R k ist ) durch E nach oben beschrankt. Nach Satz 4 definiert also
eine integrierbare Funktion F mit
I
Wir betrachten nun die Menge U := { x E IRn F ( x ) > 1). Nach Wahl der Hiillreihe umfafit U die Nullmenge N . Weiter ist U offen. Zu xo E U gibt es namlich ein ip, mit ip,(xo) > 1, und fur die Punkte x des Durchschnitts V derjenigen Quader unter R I ,. . . ,R,, welche xo enthalten, gilt ipm(x) 2 ip,(xo). Erst recht gilt F ( x ) > 1 auf V. Also ist V C U , und V ist offen, da alle Rk offen sind. Weiter zeigen wir, da% U meBbar ist und ein Ma% < E hat: l u ist nach Lemma 4 die Grenzfunktion einer monoton wachsenden Folge von Treppenfunktionen $k, wobei deren Integrale wegen $ J ~5 l u 5 F durch E beschrankt sind. Nach Satz 4 ist l u integrierbar, und es folgt
Damit ist der erste Konstruktionsschritt ausgefiihrt.
Zu 2: Die gesuchte Uberdeckung von U ergibt sich aus dem folgenden Lemma 7: Jede ofene Menge U C IRn ist eine Vereinigung abzihlbar vieler kompakter Wurfel W l , w ~ ,. ., die hiichstens Randpudte gemeksam haben. Ist U meJbar, so gilt auJerdem m
(10)
v(U)= C W ( W , ) . i=l
U ist die Vereinigung abzihlbar vieler Wiirfel, die hochstens Randpunkte gemeinsam haben.
Beweis: Fur k E IN bezeichne Wk die Menge der Wurfel W=Ilx
... X I ,
mit
I v = [mv x ; km]u,+ 1
~ = l..., , n;
7.7 Translationsinvarianz des Lebesgue-Integrals
261
dabei seien die mu ganze Zahlen. Zwei Wiirfel W E Wk und W' E Wi mit k > i schneiden sich entweder nur in Randpunkten oder es ist W C W ' . Wir wahlen nun induktiv Wiirfel aus: Sei W; die Menge aller Wurfel W E W l , die in U enthalten sind; fur k > 1 sei weiter W; die Menge aller Wiirfel W E 7&, die in U enthalten sind, aber in keinem der Wiirfel aus mit i < k. Eine gesuchte Menge von Wurfeln ist dann die Vereinigung
w := UE1w;.
Sei jetzt U megbar. Mit einer Abzalung W l ,W z ,. . . von W bilden wir die Figuren A, := W I U . . . U W j . Diese stellen eine Ausschopfung von U dar, und nach (7) gilt v(U)= limj+, v ( A j ) .Wegen v ( A j )= C:=,v(W,) folgt damit auch die Volumenformel. 0 Der Beweis von Satz 12 ergibt noch dm
Korollar: Ist N C lRn eine Nullmenge, so gibt es zu jedem me$bare offene Menge U n i t N C U und v(U) < E .
E
>0
eine
Es folgt eine Anwendung.
Satz 13: Sei f eine beschrankte Funktion auf einer kompakten Menge K C IRn. In K gebe es eine Nullmenge N derart, da$ die Einschriinkung won f auf K \ N stetig ist. D a m ist f uber K integrierbar. Beweis: Sei E > 0 gegehen und M eine obere Schranke fur 1 fl. Nach dem Korollar giht es eine offene Menge U mit N C U und Mu(U) < E. Die Einschrankung von f auf die kompakte Menge K \ U ist stetig, also integrierbar uher diese. Es gibt daher eine Treppenfunktion ip mit f ~ \ u- ipll, < E. Ferner ist 11 fulll 5 Mv(U) < E . Somit folgt
1
f~ ist also integrierbar. Im Fall n = 1 sind zum Beispiel alle Regelfunktionen auf kompakten Intervallen Funktionen wie in Satz 13.
7.7 Translationsinvarianz des Lebesgue-Integrals. Das Volumen von Parallelotopen Wir zeigen, dai3 das Lehesgue-Integral die prinzipiell hedeutsame Eigenschaft der Translationsinvarianz besitzt. Diese wird sich als Ausgangspunkt fur die Herleitung weitergehender Transformationseigenschaften erweisen. Zunachst dient sie uns zur Berechnung des Volumens eines Parallelotops.
7 Das Lebesgue-Integral
262
Satz 14 (Translationsinvarianz des Lebesgue-Integrals): Es sei f eine integrierbare Funktion auf IRn und a E IRn ein Vektor. Dann ist auch die durch f,(x) := f (x - a ) definierte Funktion integrierbar, und es gilt
+
Beweis: Fur jeden Quader Q C IRn ist v(a Q) = v(Q). Die Behauptung gilt daher fur die Funktionen l q und aus Linearitatsgrunden fiir alle Treppenfunktionen. Aus demselben Grund ist der Inhalt von Hullreihen translationsinvariant. Damit folgt llgolll = llglll fur jede Funktion g. Sei jetzt (vk)eine Folge von Treppenfunktionen mit f - v k I I l + 0. Dann gilt auch fa + 0. fa ist also integrierbar mit
11
11
i p k, , l l
Folgerung (Translationsinvarianzdes Volumens): Ist A C IRn meflbar, so ist auch a A meflbal; und es gilt v(a A) = v ( A ) . Beuieis: l,+a = (la),.
+
+
Wir verwenden nun die hisher bewiesenen Eigenschaften des Volumens, inshesondere die Additivitat, die Translationsinvarianz und die Monotonie, zur Berechnung des Volumens eines Parallelotops. Es seien a l , . . . ,a, Vektoren im IRn; dann heifit die kompakte Menge
{
n
P(a1,. ..,a,) := x = C t , a , I t l ,..., t , ~ [ 0 ; 1 ] ) u=1 das von a ~. .,. ,an aufgespannte Parallelotop.
Satz 15: Es gilt:
a1
Beweis: Die Funktion ldetl =: D ist in Analogie zur Determinante durch folgende Eigenschaften eindeutig bestimmt: (Dl) D ( a l , . . . ,Xui,. . . ,a,)= IXI . D(a1,. . . ,a,) fur X E IR, (D2) D ( a l , . . . ,ai + a j , . . . , a j , . . . ,a,) = D(a1,. . . ,an) fur j (D3) D ( e l , . . . ,en) = 1.
# i,
7.7 Translationsinvarianz des Lebesgue-Integrals
Denn durch die elementaren Umformungen
Multiplikation einer Spalte mit einer Zahl, Addition einer Spalte zu einer anderen, kann bekanntlich jede invertierbare Matrix ( a l , . . . ,a,) in die Einheitsmatrix ( e l , . . . ,en) ubergefiihrt werden. Die Anderung des Wertes der Funktion D ist hei jeder einzelnen Umformung durch ( D l ) bzw. (D2) geregelt. Somit kann man D(a1,. .. ,a,) fur linear unabhangige a l , . ..,a, allein anfgrund der drei angegebenen Gesetze berechnen. Fur linear abhhgige a l , .. . ,a, ergibt sich wie fur die Determinante D(a1,. . .,a,) = 0. Aufgrund dieser Charakterisierung der Funktion ldetl genugt es zu zeigen, daB die Volumenfunktion ( a l , . . . ,a,) H v(P(a1,.. . ,a,)) den drei genannten Gesetzen genugt. (D3)ist offensichtlich erfiillt. Fur den Nachweis von ( D l ) und (D2) durfen wir uns auf den Fall linear unabhangiger Vektoren a l , . . . ,a, beschranken, da fur linear abhangige die in Betracht kommenden Parallelotope in einer Hyperebene liegen und deshalb das Volumen 0 haben.
Nachweis uon ( D l ) : Fur PA := P ( a l , . . . ,,',ai,. .. ,a,) ist zu zeigen, dafi
Zum Beweis gehen wir in mehreren Schrit,ten vor a) Fur X E IN wenden wir vollsthdige Induktion an. Der Schlug X + X+1 ergibt sich in diesem Fall aus der Zerlegung Ph+l = PA U (Xai + P I ) . Der Durchschnitt von PA und Xai + P I liegt in einer Hyperebene, hat also das Volumen 0. Mit Additivitat und Translationsinvarianz folgt daher
b) 1st X = plq mit p,q E IN, so gelten nach a) u(P,x) = p . v(P1) und v ( P q ~=) q . PA). Daraus folgt (*). c) Sei X E IR+. Zu E > 0 w a l e man positive rationale Zahlen r l , r2 mit ri I I T2 und rz - rl I &/u(Pl).Dann gilt P,, C PA C P,, und damit
Hieraus folgt mit b) gilt (*) fiir X E a+.
Iw(P~)
-XU(P~)I
I E.
Das gilt fur jedes
d) Sei X = 0. Da Po in einer Hyperebene liegt, ist v(P0) = 0 e) Sei X < 0. Aus PA = Xai
+ P-A folgt mit c) abschliegend
E
> 0; also
7 Das Lebesgue-Integral
264
Nachweis Don (02): Mit n
t,a,
tl, . . . ,t , E [O;11 und ti 5 t j
gelten (wir schreiben nur die maJgeblichen Argnmente an)
P ( a i , a?) = Aij u Aji, P ( a i , aj
+ ai) = Aji U (ai + AiJ).
m,, ,*ji
a3 ',Ll
----- - --
1
A
_'
ai
Die Durchschnitte Aij n Aji und Aji n (ai + Aij) liegen in Hyperebenen, haben also dm Volumen 0. Damit ergibt sich
u ( P ( a i , aj
+ a i ) ) = u ( A j i ) + u ( A v ) = v ( P ( a i , a,)).
Folgerung: Sei T : IRn + IRn eine lineare Transformation und Q ein Qunder i m IRn. Dann hat das Bildparallelotop T ( Q ) das Volumen,
Beweis: Seien k l , . .. , k, die Langen der Kanten von Q in den Richtungen der Standardbasis e l , . . . ,en des IRn. Das Parallelotop T ( Q )wird dann von k l T e l , . . . , k,Te, aufgespannt, hat also das Volumen
Bemerkung: In Kapitel 9 erweitern wir die Formel (11) zur Transformationsformel fiir Integrale. An die Stelle von det T tritt dann die Funktionaldeterminante eines Diffeomorphismus.
7.8 Riemannsche Summen Das Integral einer stetigen Fnnktion auf einem kompakten Interval1 wird durch eine Riemannsche Summe beliebig genau approximiert, wenn nur die Zerlegung des Intervalls hinreichend fein ist; siehe Band 1,ll.S. Wir zeigen, daB fur das Lehesgue-Integral einer stetigen Funktion auf einer kompakten Menge eine analoge Approximierbarkeit besteht. Das eingefuhrte Integral wird also auch den Erwartungen der Anschauung gerecht. Unter einer Zerlegwng einer Menge A C Rn der Feinheit 5 6 verstehen wir Teilmengen A1,. . . ,A, mit folgenden Eigenschaften:
7.8 Riemannsche Summen
(i) A1 U . . . u A, = A; (ii) alle Durchschnitte A, n Ah, i
# k , sind Nullmengen;
(iii) alle Ak sind me%barund haben euklidische Durchmesser 5 6. Der euklidische Durchmesser einer nicht leeren Menge M C Rn ist das Supremum der Zahlen llx - y I[,, x, y E M, und Null fur M = 0.
Satz 16: Sei A C IRn kompakt und f : A + C stetig. Dann gibt es zu jedern E > 0 ein 6 > 0 derart, dap fir jede Zerlegung A1,. . . , A , von A der Feinheit 5 6 und jede Wahl von Stiitzstellen .$ E Ak gilt:
Die Summe x i = , f (&) . u(Ak) heiBt Riemannsche Samme zur Zerlegung {Al, .. . ,A,) und zu den Stutzstellen 6,. . . ,&.
Beweis: Wir nehmen ohne Einschrankung an, daf2 A keine Nnllmenge ist. Es werde dann 6 > 0 so gewahlt, daB fur alle Paare x, x' E A mit E 112 - x'll, 5 6 die Abschatzung If (x) - f (x') < -gilt. Haben alle Ah 4.4) Dmchmesser 5 6, so gilt also
I
Damit folgt fiir jedes k
Durch Summation uher alle k erhalten wir mit Folgerung 1 in 7.6
1. Man integriere die finktion x"'-'~"-~, n , m E 10; 11' und iiber das Standarddreieck A'.
iiber das Quadrat
2. riir p: q,r E N gilt
3. Als Schwerpunkt einer meEbaren Uenge I< C R'&mir positivem Volemen I.' deliuierl I I I ~ I Ii ~ uExideuSall dell Puukl S = (sl.. . . ,st,) u i l
s, :=
1
.
jxxu dl'x,
v = 1,
_ _ _ ,n.
Man bcrcchnc dcn Schwcrpunkt dcs Simplcx d" C g' und dcr Halbh g r l { ( z , ~z,) E (0) z 2 0) c R3.
rl 1
4. Hotationsk5rper. Sci T : [a; 61 -+ kt cinc stctigc kunlction mit r 2 O und
/
A := { ( x : v, s) z2+ y" 5 dcr Mcridimkurvc
7.
I.'(z), z E [a:
4) dcr RnL~lionsl6rpcrmil
Man zcigc:
r) M a n h~rechneda,s Vnlnmen des Vnlltnrns, der dmch Rnrat,inn rler Krrisxchrihr { ( x , ~ ) (x- R)' + r2 5 r2}, 0 < r < R: I I die ~ z-Achse entsteht, und verifiziere damn die Guldinsche Regel.
I
.
5 . Vwltullen des Inkylnl,~hi Slr~ekunyen.Z u 81.. . ,s, E 1R.L delhiere man S: IR," + BP durch Six) := (zl/sl,. .x,,/s,). hlan zeige:
..
a) Lsl j iiber IRn iulegrierbar, b n n aw11 / o S , IIIKIes gilt
7.9 Aufgaben
267
6. Es sei A C IRn meBbar nnd f : A + IR integrierbar. Ferner gebe es Zahlen m, M rnit m f M. Man zeige:
< <
1st v(A) # 0 und AM := {x E A I f (x) = M} eine Nullmenge, so gilt in der rechten Ungleichung sogar ,, < ". Analog rnit m.
7. Man zeige den Mittelwertsatz: 1st A C IRn zusammenhangend und kompakt und f : A + R stetig, so gibt es einen Punkt 5 E A rnit
8. a) Aus der Kugel K := K,(O) des euklidischen IR3 werde der Zylinder Z := { ( ~ , ~ ,Ez R3 ) x2 y2 5 P2}, 0 < p < T, ausgebohrt. Man berechne das Volumen des Restes Rz := K \ Z.
1 +
b) Statt Z werde jetzt der St,ab S rnit quadratischem Querschnitt S := {(x, y,z) E IR3 1x1 5 a, lyl 5 a} ausgebohrt; die Querschnittsflache von S sei gleich der von Z: 4a2 = 7ip2. Man setze Rs := K \ S und entscheide, welche der folgenden Beziehungen gilt:
1
9. a) Eine Nullmenge hat keine inneren Punkte. b) Eine stet,ige Funktion f rnit 11 f Ill = 0 ist die Nullfunktion. 10. Man zeige, daB das in 1.1 skizzierte ebene Cantorsehe Diskontinuum eine Nullmenge im IRqst.
<
11. Man zeige, daJi es zu jedem a rnit 0 a < 1 eine kompakte Menge A C [O; 11 rnit folgenden Eigenschaften gibt: (i) u(A) = a; (ii) A enthilt kein Interval1 positiver Linge. Man konstruiere A als verallgemeinertes Cantorsehes Diskontinuum: Gegeben sei ein q rnit 0 < q 5 Ausgehend von A. := [O; 11bilde man eine absteigende Folge A0 3 AI 3 A2 > . . . ; A, entstehe aus A,-1 so: Sind a l , . . . ,a, die Mittelpunkte der Intervalle, deren Vereinigung
i.
ist, so sei A, := A,-1 m
Mittels
n A,
n=i
\
i] (ak - qn/2 ; + qn/2) ah
k=l
lose man die Aufgabe
7 Das LeGt%#uoInla~rd
268
12. 1st f:a'', -+
C integrierbar, so ist die durch
dcfinicrtc h n k t i o n rl, nuf KT" stctig. lm Fall n = I folgcrc man: Uic Fu'unklion F ( t ) := f (2)d r , t E I%,
.
--Z,?I]
is1 sLelig a d R.. (111cler JV&sclieinlicUeiLsL11eorie h e i 6 ~F 17erleilung~I'wikl.icrn xu 1.)
13. Halbstetige Funktionen. f: Rn + RU{co) heiBt halb~tetig!!on unten. fi~llsfiir j ~ h ns E I% div h h g f : {n: E Rn f (x) > o) 116:nist,. hlau zeige:
I
8.)
Tst 1.7 c R" trffm, M I ist 1,: halhstet,ig wm nntm; ist A ahgeschlnswn, so ist -1 halhsret,ig Iron nnt,en.
c Rn
h) Jrdr Hiillrrihr ch l g , drfinirrt dnr1.h 3: H CF=lc b l o i ( x ) e i n ~vnn nnten halhsrntige i"l1nkrion a,nf R'".Dinse ist integrierhar, falls dcr hlhalt dcr Hiillrcihc cndlich ist, und d a m ist ihr Lntcgrd gleich diesel11 hdialt.
c) Jcdc von untcn halbstctigc Funktion f 2 O ist dic Grcnzfunl;tion eiuer mmiol.on wachsendeu Folge von Treppenhnklionen. d) Jcdc von untcn hnlbstctigc, bcschr8nlctc F d c t i o n f : K" -f R: dic ai&rrhalh rinrs Koinpahmnns vers~:hwindrr,ist int,rg~irrhrrr.
14. Eiue l?unkLion 1:A + IR.. A C R.",IieiBL fiienburm-ialcy~de~'Irur, werul es zu jedem E > O Treppenhmktionm v und ui gibt mit,
5 f ~ 5 tb und 113- p1I1 < t. Man zcigc: a,) Jrdr Rrgdfimktion f : [a; h]
+ R ist Rirmann-int,rrirrl>rrr.
b) Die clraraklerislische Fuulilion le des Caulorsclieu Diskonlinuullls C C [0: 11 is^ keine RegelfunMion, sie ist aber Riemam-integrierbar. r) Jrdr Rirmmn-inregrirrha,rr R~nkt,ionf : 4 -+ R, A Lebesgue-integrierbar, und es gilt
c R", irir
8 VollstSndigkeit des Lebesgue-Integrals.
Konvergenzsiitze und der Satz von Fubini
Einr drr folgenrrirhxtrn Eigigmsc!haften drs T,rhrsgiitr-Tnt,rgralsist, daR drr 'rn~rir~rriingsprrnefi, drr vom Rarim drr Trepprnf~inMionrnmm Raim drr intcgricrbnrcn Funldioncn fiihrt, bci Anwcndung auf lctztcrcn nicht mchr iiber i h h i u a u ~ ~(Sak ~ l ~ YOU l ~ Ries#kclier). Als Konsequen~ergebeu sicli S a h e iiber die Verlausclibarkeil von Iulegralion und Liliiesbildur~g sowir Tnt,rgrabilitiitskritrrirn.
8.1 Der VullstHndigkeitssatz von Riesz-Fischer
Dehiition: Eiue Folge (,I&) ton Fluihlionen aul IRn IieiRt L1-kowwyenl gegen die Funktion f. und f heist dann ein L1-Grenmert won ( f ~ ~wrnn ),
Uci dicscm Konwrgcnzbcgriff ist im Untcrschicd eu dcn bislang cingcfiihrtcn Konvcrgcnzbcgriff cin L1-Grcnzwcrt nicht cindcutig hcstimmt. Mil d e Dreiecksungleichntig ~ zeigL I I I ~ Isnlo~l., ~ ddd eiue weil.ere Funktion f genau dann ebenfdls rin L1-Grenzwert ist. wenn llf - f 11, = 0 gilt. Dm ahrr hrdnit,rt nmh 7.6 Sn.tz I I nnr, (Mif nnd f f w t iihrrall glrirh sind. Tm iibrigen gdr die gew0hnt.e Regel: Sind [fk) und ( g k ) L1-konr~ergentgegen f baw. g, so ist (afk ,Ogk) L1-lonvcrgcnt gcgcn af $g fiir a , 9 t C.
+
+
Dnflnition: Einp Folgn (f+) von Fiinkt,ionen anf R* heiPIt T,'-Cn71,ch~foLge, wcnn cs zu jcdcm 5 > U cincn Lndcx S gibt so, dals
\Vic fiir Zahlcnfolgcn zcigt man, daB jcdc L1-konvcrgcntc Folgc cinc L1-Caucl~srolgeisl.
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
270
Satz 1 (Riesz-Fischer): Jede L1-Cauehgfolge ( f k ) integrierbarer Funktionen auf IRn besitzt einen L1-Grenzwert f € Z1(IRn); fir diesen gilt:
(ii) eine geeignete Teilfolge von m e n f.
konvergiert fast uberall punktweise
(fk)
1
11,
Beweis: Wir wahlen Indizes kl < kz < . . . , so daB f k - f k 5 2-" gilt fiir alle k 2 k,. Die Teilfolge ( f k " ) hat dann insbesondere die Eigenschaft Czlllfk.+l- fk,II1 I 1. Wir SetZen
Mit der verallgemeinerten Dreiecksungleichung folgt llglll 5 1. Nach 7.6 Satz 9 gibt es eine Nullmenge N so, dafi g(x) # w fur x 6 N; es ist dann auch fk, (x) # w fiir x 6 N . Die Reihe C g , konvergiert also fast iiberall absolut. Wir definieren nun die gesnchte Funktion f : m
lim
+ C gv(x)
fk, (5) = f k l (2)
"=I
fur x E En \ N, fur x E N.
Es ist f (x) # w fur alle x E IRn. Ferner konvergiert die Teilfolge (fk,,) fast iiberall gegen f . Wir zeigen, daB f die behaupteten Eigenschaften hat. Sei dazu & > 0 gegeben und sei p ein Index derart, dafi die beiden Ungleichungen
gelten. Sei weiter
ip
eine Treppenfunktion mit
1 fkp - ipIIl 5
E.
Damit folgt
f ist also ein L1-Grenzwert von ( f k ) . Hiermit erhalt man nun auch die angegebene Formel, da
8.1 Der Vollst%ndigkeitssatz "on FLiesz-Fischer
271
Historisches. Der hier nach Riesz-Fischer henannte Satz ist ein Analogon des historischen Satzes von Riesz und Fischer. Dieser besagt, da&es zu jeder I!'-Folge komplexer Zahlen (ck) eine quadratintegrierbare Funktion gibt, deren Fourierkoeffizienten gerade die Zahlen ck sind; siehe 10.3. I1 und IV.
Im Satz von Riesz-Fischer kann man nicht auf den Ubergang zu einer Teilfolge verzichten, wenn man Konvergenz fast iiberall erhalten will. Ein Beispiel hierfiir liefert die in Band 1,17.7 als ,,Wandernder Buckel" hezeichnete Folge (fk): Zu k € IN seien v und q die eindeutig hestimmten ganzen Zahlen 0 mit k = 2" + q nnd q < 2"; ferner sei Ikdas Interval1 [q2-"; (q 1)2-"1 und f k := 11,. Dann gilt: Ilfklll = J f k dx=2-"+ 0 fur k + w . (fk) ist also eine L1-Nnllfolge, konvergiert aber fiir kein x E [O;11.
+
>
Die Integrierbarkeit einer Funktion hesagt, daf2 sie ein L1-Grenzwert einer Folge von Treppenfunktionen ist. Nach dem vorangehenden Beispiel konvergiert eine solche Folge nicht notwendig punktweise. Bei geeigneter Wahl der Treppenfunktionen erreicht man jedoch zngleich L1-Konvergenz und punktweise Konvergenz fast uherall. Es gilt: Korollar: Jede integrierbare Funktion f auf IRn ist ein L1-Grenzwert einer Folge (pk) won Treppenfunktionen mit den beiden Eigenschaften:
(ii) (pk) konuergiert fast uberall gegen f
11
11,
Beweis: Es sei (&) eine Folge von Treppenfunktionen mit f - & + 0. Diese enthalt nach dem Beweis des Satzes von Riesz-Fischer eine Teilfolge (pk), die die Eigenschaft (i) hat und fast uberall punktweise gegen einen L1-Grenzwert f konvergiert. Die L1-Grenzwerte f nnd f sind fast iiherall gleich; also gilt auch (ii). Der Banachraum L1(JEn). 11 Ill ist keine Norm anf 9'(IRn), da aus 11 f 11, = 0 nicht f = 0 folgt. Die Gesamtheit der f E 2Z1(IRn) mit 11 f [I1 = 0 bildet einen Untervektorraum J'.Wir identifizieren nun zwei Funktionen f , g E 2Z1(IRn), wenn fast uberall f = g gilt. Anf L1(IRn) := 2Z1(Rn)/J' wird ferner dnrch f + J'II, := l l f l l l eine Norm erklirt. Mit dieser ist L1(IRn) nach dem Satz von Resz-Fischer vollstandig.
1
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
272
8.2
GLiedweise Integration bei monotoner Konvergenz. Der Satz von Beppo Levi
Bereits in 7.4 haben wir den Satz uber die gliedweise Integration einer monoton wachsenden Folge von Treppenfunktionen, den sogenannten Kleinen Satz von Beppo Levi, als ein kraftiges Werkzeug kennengelernt. Wir dehnen ihn jetzt auf Folgen integrierbarer finktionen aus. (Beppo Levi, 1875-1961)
Satz 2 (Beppo Levi, Satz von der monotonen Konvergenz): Es sei ( f k ) eine monoton wachsende Folge integrierbarer Funktionen auf IRn. Die punktweise gebildete Grenzfunktion f = lim f k ist genau dann integrierbar, wenn die Folge der Integrale J f k dx beschrankt ist. Gegebenenfalls gilt /id.=
klim im
~fkdx.
~
Beweis: Die Bedingung ist notwendig wegen J fr, dx 5 J f dx. Es sei umgekehrt die Folge (Jf k dx) beschrankt. Da sie auch monoton ist, konvergiert sie sogar. Zu E > 0 gibt es also einen Index N so, d d fiir m k N
> >
( f k ) ist also eine L1-Cauchyfolge. Es sei f ein L1-Grenzwert dam. .f ist integrierbar, und eine geeignete Teilfolge (fr,") konvergiert fast uberall gegen f. Fast iiberall gilt f = lim fkw = f. Nach 7.6 Satz 10 ist also auch f integrierbar, und mit dem Satz von R'iesz-Fischer folgt
Jfdx=Jfdx=
k lim u+m
Jfk,dx=
lim J j k d x
k i m
Eine wichtige Konsequenz ist das oft gebrauchte Prinzip der Integration durch Ausschopfung.
Definition: Unter einer Ausschopfung einer Menge A versteht man eine aufsteigende Folge A1 c A2 c As c . . . von Teilmengen Ak c A mit
1st (Ah) eine Ausschopfung von A C IRn, so konvergiert fur jede Funktion f 0 auf A die Folge (fa,) monoton wachsend gegen fa.
>
8.2 Gliedweise Integration bei monotoner Konvergenz. Satz von B. Levi
273
Satz 3 (Integration durch AusschSpfung): Sei f eine Funktion auf A c IRn und (Ah) eine Ausschopfung von A derart, daj3 f uber jedes Ak integrierbar ist. Dann gilt: f ist genau dann uber A integrierbar, wenn die Folge der Integrale JAI.If 1 dx beschran,kt ist. In diesem Fall gilt
Beweis: 1st f integrierbar, so aucb 1 f 1 , und es gilt JAk If 1 dx 5 JA 1 f 1 dx. Die Bescbriinktbeitsbedingung ist also notwendig. Es sei umgekehrt die Folge (JAkIf 1 dx) beschrankt. Nach einer eventuellen Abanderung von f auf einer Nullmenge darf f als komplexwertig vorausgeset,zt werden und dann sogar als reel1 und 2 0. Im Fall f 2 0 ist fa die Grenzfunktion der monoton wachsenden Folge ( f a , ) . Die Folge ( J fa, dx) ist beschrankt; nach dem Satz von Beppo Levi ist also fa integrierbar, und es gilt
Wir kommen zu Anwendungen
I. a-Additivitzt des Lebesgue-MaBes Wir beweisen eine Eigenschaft des Lebesgue-MaBes, die fiir dieses eine grundlegende Bedeutung hat.
Lemma: a) Sei A1 C A2 C A3 C ... eine aufsteigende Folge mej3barer Mengen Ak C IRn. Ihre Vereinigung ist genau dann mejlbar, wenn die Folge der Volumina u(Ak) beschran,kt ist. Gegebenenfalls gilt
b) Sei B1, Bz, B 3 , . . . eine Folge mej3barer Mengen B k C IRn derart, daj3 alle Durchschnitte Bi n B j fir i # j Nullmengen sind. Ihre Vereinigung u(Bk) < M ist. Gegebenenfalb gilt ist genau dann mejlbar, wenn Cy=i=,
Beweis: Die Aussage a) ist Satz 3 fiir f = 1. Zum Beweis von b) setze man Am := B1 U . .. U Bk. ( A k )ist eine aufsteigende Folge meBbarer Mengen mit UE1Ak = U& Bk , und es gilt u(Ak) = v ( B 1 ) .. . v ( B k ) .Die Folge ( ~ ( A r n )ist ) also genau dann bescbrankt, wenn Czl u ( B i ) < m ist. 0 Aus a) folgt damit die Bebauptung.
+ +
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
274
Bemerkung: Das in 7.5 eingefuhrte Lehesgue-Mafi ordnet gewissen Teilmengen des IRn, zu denen alle kompakten und alle heschrankten offenen Mengen gehoren, eine n-dimensionales Volumen genannte Makahl zu, wohei folgende Gesetze gelten: (MI)
40)= 0.
(M2) Fur jede Translation a und jede meBbare Menge A ist auch a meBbar, und es gilt u(a
+ A) = u(A)
+A
(Translationsinvarianz).
(M3) Die Vereinigung abzalhar vieler, paarweise disjunkter meBbarer Mengen A1, A2,. . . mit CEO=, u(Ak) < M ist mefihar, und es gilt
(M4) Der Einheitswurfel [O; 11"' C IRn hat das Volumen 1 Man kann zeigen, da8 diese vier Eigenschaften das Lehesgue-Mag auf dem IRn eindeutig festlegen; siehe H. Bauer, Mag- und Integrationstheorie, de Gruyter 1992. In diesem Zusammenhang erheht sich die Frage, oh etwa jede heschrankte Menge im IRn Lehesgue-meBbar ist. Das folgende, auf Vitali (1875-1932) zuruckgehende Beispiel verneint diese Rage.
+
Beispiel (Vitali): Wir betrachten in IR die Mengen r $, r E IR, und wahlen in jeder einen Reprasentanten x E [O; 11. Sei X C [O; 11 die Menge dieser Repriisentanten. Mit einer Abzahlung ql, q2,. . . von $n[-1; 11bilden wir weiter A := U E l ( q k + X). Wir nehmen nun an, X sei mefihar. Dann gilt aufgrund der u-Additivitat und der Beschrinktheit von A
+
Wegen v(qk X ) = u(X) fiir alle k folgen daraus v(X) = 0 und v(A) = 0. Andererseit,~u m f d t A das Einheitsintervall [O; 11, so dafi v(A) 2 1 ist. Widerspruch! Das Beispiel von Vitali hat eine bemerkenswerte Konsequenz: Die Funktion f := 1,y ist wegen der Nicht-Mefiharkeit der Menge X nicht uber [O; 11 Lebesgue-integrierbar. Wir lernen hiermit erstmals eine beschrankte Funktion auf einem kompakten Interval1 kennen, welche nicht uber dieses Intervall Lehesgue-integrierbar ist. Zur Konstruktion von X und damit von f wurde das Auswahlaxiom benutzt. Dahinter steht ein Sachverhalt von prinzipieller Bedeutung: 1964 hewies nimlich Solovay, daB man derart,ige Funktionen ohne Zuhilfenahme des Auswahlaxioms nicht konstruieren kann.
8.2 Gliedweise Integration hei monotoner Konvergenz. Satz von B. Levi
275
Historisches. Zur Messung von Flachen und Volumina verwandten bereits die griechischen Mathematiker Eudoxos und Archimedes AusschSpfungen. Die Frage nach einem allgemeinen Inhaltsbegriff fiir Teilmengen eines IRn wurde systematisch aber erstmals von Peano (1858-1932) und Jordan (1838-1922) in Angriff genommen. Ihr Inhaltshegriffordnet gewissen beschrkkten Mengen A, den sogenannten Jordan-mefiharenMengen, eine Mazahl p(A) derart zu, d& wie heim Lebesgue-M& (MI), (M2) und (M4) gelten, statt der u-Additivitat aber nur das schwachere Axiom: Die Vereinigung endlich vieler, disjunkter Jordan-meBbarer Mengen A1,. . . ,Ar ist Jordan-meRhar und hat den Inhalt p(A1) + . . . + p(Ar). Der Lehesguesche Mabegriff ist wegen seiner a-Additivitat der mit Grenzprozessen arbeitenden Analysis gemaBer als der Peano-Jordansche und fiihrt zu hefriedigenderen Ergehnissen. Zum Beispiel ist hei ihm jede heschrankte offene und jede kompakte Menge meBbar, nicht jedoch heim Peano-Jordanschen.
11. Integration rotationssymmetrischer Funktionen Mit Hilfe der Satze dieses Abschnitts kann die Integration rotationssymmetrischer Funktionen in einem wichtigen Fall auf 1-dimensionale Integrationen zuriickgefiihrt werden. Sei f eine Funktion auf einem Intervall I C [O; oo). Es seien a, b die Randpunkte von I , und Ka,b die Kugelschale (3: E IRn a < 1 1 ~ 1 < 1 ~ b } . Dann definiert
I
eine rotationssymmetrische Funktion
f auf Ka,b.
Satz 4: Es sei f eine Regelfunktion auf (a;b). Dann gilt: f ist genau dann uber die Kuoelsehale K,.a intesrierbar, uienn die Funktion 1 f (r)I rn-' uber das interuail (a;b) integrierba; ist; in diesem Fall gilt
Dabei bezeiehnet n, das Volumen der n-dimensionalen Einheitskugel. Zur Berechnung von K , siehe 8.4 (9) Bemerkungen: 1. In 9.3 wird dieser Satz mittels Transformation auf Polarkoordinaten verallgemeinert und vertieft. 2. Ob iiber die offene Kugelschale K,,b oder die abgeschlossene K,,b integriert wird, ist gleichgultig, da Spharen Nullmengen sind (Vereinigung von Graphen!). Insbesondere ist die Integration uber eine Kugel Kb(0) aquivalent mit der uber die punktierte Kugel Kh(0) \ {O}.
Beweis: 1. Sei I = [a;b] und f eine Treppenfunktion. Aus Linearitatsgriinden genugt es, den Fall der Funktion 1 auf einem Intervall [cu; P] zu
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
276
behandeln. Nach 7.9 Aufgabe 5 ist
/
v(KR(o)) = Rnnn. Damit
fokt
P
i dx = V ( K , , ~ = ) rc, (pn - an)= nn,
/ F-' d r a
Ka,P
2. Sei I = [a;b] nnd f eine Regelfunktion anf [a; b]. Es geniigt, den Fall einer reellen Regelfunktion f 2 0 zu behandeln. f ist dann der Limes einer monotonen Folge von Treppenfunktionen ipk; siehe 7.4 Lemma 3. Dann konvergiert auch (&) monoton gegen f . Mit Beweisteil 1 und dem Satz von B. Levi folgt daher, daf2 f iiber K,,b integrierbar ist, und
/
f (x) dx =
lim
k-tm
Ka,b
/
@m (x) dz
Ka,b b
b
/ ipm(r)m-l dr = nn, / f (r)m-l dr.
= lim nn, k+m
n
a
3. Sei I ein beliebiges Interval1 in [O; oo). Wir schopfen I durch kompakte Teilintervalle [am;bk], k E IN, aus. Die Kugelschalen An. := bilden eine Ausschijpfung von Ka,b.Nach Teil 2 ist f iiber Ak integrierbar, und bk es gilt J f(x)I dnx = nn, JIf(r)Irn-l dr =: ~ k .
zk,bk
I
At
a*
-
Der Ausschopfungssatz ergibt nun die Aqnivalenz
/ f(x) dx existiert
)
Die Folge (Im) konvergiert,
Ka,b
b
/If
(r)lrwl dv existiert,
a
nnd im Fall der Existenz die Formel
/ Ka,b
b
f (x) dx = lim k
/ f (x) dnx = nn, / f ( r ) F 1 dr.
0
a
Ah
Beispiel 1: Das Triigheitsmoment beziiglich der z-Achse
Q := /(x2
+ Y')
d ( x , ~Z,)
A
des in 7.9 Aufgabe 4 beschriebenen Rotationskorpers. In Verbindung mit dem Kleinen Satz von Fubini ergibt sich
8.2 Gliedweise Integration bei majorisierter Konvergenz
277
1
Beispiel 2: Integration der Funktion x H 11211"'
(i) Die Funktion x H I l ~ l l - ~ist genau dann uber die Kugel KR(0) C IRn integrierbar, wenn die Funktion r H r"-l-" uber .' (0; R) integrierbar ist, also genau fur cu < n; gegebenenfalls ist
ist genau d a m uber den Augenraum Rn\ KR(O) (ii) Die Funktion Ilxll-'' mit R > 0 integrierbar, wenn die Funktion r H P-l-" uber " [R;m ) integrierbar ist, also genau fur cu > n; gegebenenfalls ist
Die Bedingung cu < n in (i) verwendet man zum Beispiel bei der Untersuchung der Integrierbarkeit von Funkt,ionen mit isolierten oo-Stellen. Wegen der Translationsinvarianz der Integrierbarkeit gilt zunachst: Fiir jeden Punkt a E IRn und jeden Exponenten cu < n ist die Funktion x H llx - all-" uber jede Kugel KR(a) und damit uber jede kompakte Menge im IRn integrierbar. Da ferner das Produkt einer integrierbaren und einer beschrankten integrierbaren Funktion integrierbar ist, erhalt man die
Folgerung: Ist K C IRn eine kompakte Menge und p : K schrankte integrierbare Funktion, so existiert das Integral
fir jeden Punkt a E Rn und jeden Exponenten cu
+ C eine be-
111. Integrierbarkeit abgeschnittener Funktionen
Lemma: Es sei f : A + IR U {m) integrierbar und 2 0. Dann ist fir jedes a E IR+ auch f , := min ( f , a ) integrierbar iiber A.
IA
I
ri/
Beweis: Fur k E IN sei Ak := A fl Kk(0). Nach der Notiz in 7.5 ist fa, integrierbar und damit auch fa,k := min ( f a , , a . lKt(,,)). Die Folge der Funktionen fa,& konvergiert monoton wachsend gegen f a und die Folge der lntegrale J fa,& dx ist beschrankt wegen J fa,,, dx 5 J f a , dx 5 JA f dx. 0 Somit ist f a integrierbar.
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
278
8.3 GLiedweise Integration bei majorisierter Konvergenz. Der Satz von Lebesgue Wir kommen zu einem zweiten wichtigen Kriterium fur die gliedweise Integration einer Folge integrierbarer Funktionen. Die wesentliche Voraussetzung dahei ist die Existenz einer integrierbaren Majorante.
Satz 5 (Lebesgue, Satz von der majorisierten Konvergenz): Es sei ( f k ) eine Folge integrierbarer Funktionen auf IRn, die fast iiberall punktweise gegen eine Funktion f konuergiert. Es gebe eine integrierbare Funktion F mit ifk F fCr alle k. Dann ist f integrierbar, und es gilt
1<
f (x) dx = lim F heifit eine Majorante der Folge
J fk(x) dr.
(fk).
Beweis: Nach 7.6 Satz 9 gibt es eine Nullmenge N' so, daB F(x) < m fur x 6) N'. Sei weiter N" eine Nullmenge, so dag (fk(x)) gegen f(x) konvergiert, falls x N". Auf N' U N" setzen wir fur die Funktionen f k , f und F Null als neue Funktionswerte fest. Dadurch andern sich weder die Integrierharkeit, noch die Integrale, noch die Abschatzung lfkl F. Nach der Neufestsetzung sind alle Funktionswerte fk(x), f (x) und F(x) von m verschieden. Weiter genugt es, den Fall reellwertiger Funktionen zu behandeln. Wir bilden dann gk := sup{fi i 2 k}. gk ist der Limes der monoton wachsenden Folge gk,, mit gk,, := max{ fk, . . . ,fn:+"} fiir u = 0 , 1 , 2 , .. . Die Funktionen gk,, sind integrierbar, und die Folge ihrer htegrale ist durch das Integral uber F heschrankt. Nach dem Satz von B. Levi ist also auch gn: integrierbar, und es gilt
4
<
I
I J g k d x I = I ~ ~ ~ J g k , ~ d Jx FI < ~x. Die Folge (gk) konvergiert monoton fallend gegen f . Aufierdem ist die Folge der Integrale der gk, wie soeben festgestellt, beschrankt. Nach dem Satz von B. Levi ist also auch f integrierhar mit
(*I
Jfdx=
klim t
J g ~k d x ,
I
Analog erhalt man mit g; := inf { f, i 2 k}
(**) Wegen gi
Jfdx=
klim +
J~g i d x .
< f k < gk folgt aus (*) und (**) schlieglich ohige Formel.
8.3 Gliedweise Integration bei majorisierter Konvergenz
279
Bemerkung: Der Satz gilt sinngemag auch fiir die Integration uber eine Teilmenge A C IRn. Dieser Fall wird durch triviales Fortsetzen aller Funktionen auflerhalh A auf den Fall A = IRn zuruckgefiihrt. 1st A eine beschrankte meJXbare Menge und giht es eine Konstante c E IR mit lfkl 5 c fiir alle k, so hat man in c . l a eine integrierbare Majorante. Beispiel: Wir zeigen, daB zwischen der Gammafunktion und der Zetafunktion fur s € C mit Res > 1die folgende Beziehung besteht:
Der Integrand ist punktweise der Limes der Funktionen
Die Funktionen
fh
sind uher (0; m) integrierbar und werden dort yon F,
majorisiert. F ist eine uber (0; m) absolut integrierhare Regelfunktion, also auch eine Lehesgue-integrierbare Funktion. Mit dem Satz von der majorisierten Konvergenz folgt schliefllich m
$8-1
J dex - 1 0
x = lim k+m
J fk(x)dx = 0
m
+ 7 t 8 - l e d dt = T(s) . c ( s ) . n=1 ns 0
Das Bediirfnis nach einem Integral, das leistungsfahiger ist als das Regelintegral (und auch als das Riemann-Integral) erwuchs unter anderem aus dem Problem der Rekonstruktion einer differenzierharen Funktion aus ihrer Ableitung. Fur eine differenzierbare Funktion f : [a; x] + C, deren Ableitung eine Regelfunktion ist, gilt mit dem Regelintegral
1st die Ahleitung keine Regelfunktion, hat diese Formel keinen Sinn, s e lange nur das Regelintegral zur Verfiigung steht. Nach dem folgenden Satz hat sie jedoch hei Verwendung des Lebesgue-Integrals Gultigkeit fiir jede differenzierhare Funktion, deren Ableitung beschrankt ist.
280
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
Satz: Es sei f eine differenzierbare finktion auf dem kompakten Interval1 [ a ; x ] ,deren Ableitung beschrankt ist. Dann ist die Ableitung f' Lebesgueintegrierbar uber [a;I ] , und es gilt
Beweis: Wir betracbten die Folge der Funktionen f k : [a;x] -t Q: mit
Jede ist eine Regelfunktion, und die Folge ( f k ) konvergiert auf [a;x) nach Definition der Ableitung punktweise gegen f'. Mit einer oberen Schranke c E IR+ fiir 1f'l gilt nach dem Schrankensatz der Differentialrechnung l f k l 5 c. Folglich ist f' Lebesgue-integrierbar mit
J
3:
fl(t)d t = lim
k+m
J f k ( t ) dt
['Ti4
Wir formen die Integrale der rechten Seite um:
Daraus folgt mit dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung lim ] f r ( t ) d t = f ( x ) - f ( a )
k i m
a
Wegen (*) beweist das die angegebene Formel.
0
Die Aussage im Satz von Lebesgue, da8 die Grenzfunktion integrierbar ist, stellt allein bereits eine bemerkenswerte Erkenntnis dar. Mit ihrer Hilfe leiten wir ein niitzliches Majorantenkriterium her. Zuvor zwei Begriffe. Definition: Eine Menge A C IRn heiflt u-kompakt, wenn sie eine Vereinigung abzablbar vieler kompakter Mengen ist. Beispiele a-kompakter Mengen: 1. Alle offenen und alle abgeschlossenen Mengen i m
IRn.
2. Die Durchschnitte und die Vereinigungen abzahlbar uieler u-kompakter
Mengen.
DeRnition: Es sei A a-kompakt. Eine Funktion f : A i C U {m) heiBt lokal-inteyrierbar, wenn sie iiber jede lcompakte 'Teilmnenge 1i C A integricrba ist. Bcispiclc: 1. Jrdrstrrigr Fmkt,ion anf rinrr dwmpakten Mmge 4 ist lokal-intrgrirrbar. Zurn Rrixpinl ist die R ~ n k t i mI Iokd-int,egrierhr iihrr A ; sir ist irhrr nur dann integrierbar iiber A, wenn A mefibar ist.
+ C eine beschraninkte integrierhare f i d t i o n auf der akon~paklenMeuge A c Rn. D a m is1 rk ,jetleu a E 1R.n und u < n die Funktion x H ( ) nach der Folgenmg in 8.2 lokal-integrierbar. 2. Es sei p: A
IIz. - n!lN
3. Uic charnlctcristischc bhnlction lx dcr Vitslischcn Mcngc S C [& 11 ist nichl. lokd-i~~l.egrierLm.r;siebe 8.2. Anderlhlls wiire sie iiLer [O;11iutegrierbar, ilnd 3- damir m~Khw. Satz G (Majorantcnkritcrium): L"s sei f eine lokal-intcgrierbare Funktion auf dde r-kornpakten Mcngc A C K": die cine Cbcr -4 integricrbare
l$fajo~u71teF be~ilzf.. Dann i3L J a e h l .ir'bW .4 ifalepierbar.. Bemeis: Sci !&) cinc Alusschtip;pfung Ton A durch kompaktc klcngcn. Uic Folge der F~ulklic~nen 1.4, kouvergier~d m 1 punklweise gegen fa. Ferner sind allr fn, int,rgrirrhnr, i m l rs gilr 1 f.1~1 5 FA.Ku:h drm sat,^ von Lebesgue ist also auch f~integrierbar. 0
Bewci3: j g is1 lohl-iulegrierbru.: uud liir eine ohere Scliranke I![ von 1y1 is1 F := IJI . ,W eine iul.egrierLare Majorute I i r J y .
Beispiel: Es sei f integrierbar iiber R. Uann ist fiir jedes z t LY auch die Funlaion t ct f ( t ) ~ - ' ~ intcgricrbar ' iibcr R.Uic durch
F.
LY. + 6', hcifst Fourier-'lransformtcrte won f . h i r dcfinicrtc khuktion bnprcel~cudicsc wichkigc Billlung 1i3hc1 in 10.2. Abschlickcnd bcwciscn mir cin lntcgricrbarkcitslcrit~crium:wclchcs dcn Sate. daB jcdc bcschrBnktc stctigc Fuuktion auf cincr bcschr3,nktcn offcucn
Menge iulegrierlrar isl, wesenllicli erweiLerL.
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
282
S a t z 7: f : A + C sei fast uberall stetig auf der u-kompakten Menge A C IRn und besitze eine uber A integrierbare Majorante F . Dann ist f uber A integrierbar. Beweis: Nach dem Majorantenkriterium genugt es zu zeigen, d& f lokalintegrierbar ist. Hierzu diirfen wir uns auf den Fall f 2 0 beschranken. Sei K eine kompakte Teilmenge von A. Zum Nachweis der Integrier, barkeit von f~ betrachten wir die Folge der Funktionen f k := m i n ( f ~k). Jede ist nach 7.6 Satz 13 integrierbar und durch Fa beschrbkt. Nach dem Satz von Lebesgue ist also auch f~ = lim f k integrierbar. k i m
8.4 Parameterabhbgige Integrale Als Anwendnng des Satzes von der majorisierten Konvergenz beweisen wir ein Stetigkeits-, ein Differenzierbarkeits- und ein Holomorphiekriterinm fur Funktionen, die durch Integrale dargestellt werden. Damit werden die analogen Kriterien in 1.4, 2.6 und 6.6 wesentlich erweitert. In den folgenden drei Satzen sei f : X x T + C eine Funktion anf dem Produkt eines metrischen Raumes X nnd einer Menge T C IRP. Fur jeden fixierten Parameter x E X sei die Funktion t H f (x, t ) iiber T integrierbar. Dmch Integration entsteht dann eine Funktion F auf X :
Stetigkeitssatz: f habe zusatzlich folgende Eigensehaften: (i) Fur jedes fixierte t E T ist x H f (x, t) btetig. (ii) Es gibt auf T eine integrierbare Funktion @ mit
If
(5,t)
I 5 @(t)
fir alle (x, t) E X x T.
Dann ist die durch (3) definierte Funktion F stetig. Beweis: Die Stetigkeit von F in x ist gezeigt, wenn fur jede Folge (xk) in X mit xk + x die Folge der F(xk) gegen F(x) geht. Dazu betrachten wir die Folge der Fnnktionen fk: T
+ (C,
fk(t) := f(xk,t).
Diese Folge konvergiert nach (i) punktweise gegen die Funktion t e f (x, t), und es gilt f k 5 @ fur alle k. Der Satz von der majorisierten Konvergenz
1 1
8.4 Paraureturilbliingi~Iutcgrale
ergibt somit lim
li-xr
j fk(t)dt = j f ( s , t ) d t ; r
T
d. h., F ( x k )+ F ( s ) .
0
Reispiek Stet,igkeit der Fnnrier-Ransfnrmierten. Js sri f int,egrirrhilr iiber R.Dann ist die durch (2) definierte Funktion f : R + C stetig. Denn dic hnlction x H f ( t ) ~ - ist ~ ~fiir ' jcdcs t L, B stctig, und 1 f 1 ist cinc Ton x unabhtingigc intcgricrbsrc 4hjormtc dm Intcgrandcn. Uiifcrcntintionssatz: X sei jetzt eine qfenc Menge im B" und f habe tusdtzlich fo1,qendc Ei,qenschaftcn:
(i) Fiir jedes fxierte t E T ist x H f (r!t ) stetig differenzierbar. (ii) EY yi61 all/ T t h e inlqrierbare Fzarzkliorr @ rnil
( )
ffir nlle
(T:t
) E Y x T an,d u = I , .
. .,n..
Davrrr is1 die d'urch (3) dt;Jinicrle Funklion F duliq dijJwt:nziwbal: Perner. i a t ffir j ~ I J t . 5 z die fimktinn, t H a,:, f (+, t ) intqrierhnr, wad tn gilt
Beweis: Sei xo € X.Wir wiihlen d a m eine Zahl r > 0 so, da%idle x E Wt mit 112 - xoll,,; < T in X liegen. Es sei femer ( h k ) eine Nullfolge reeller Zaldeu 111it[ h n1 < r uud ilk # 0 I'iiiir d l e k. Wiir seb~eudann z n := zo+hkey nnd h ~ t r a c h r ~ n
Die i
p ~sind
integrierbare Funktionen a d T ; und fiir jedes t E T gilt
Iiprner folgt am (ii') laut Schranken3atz der Diffwentialmchnung lipk 1 5 @. Kach deui S a b ~vou der ma,jorisierleu I
284
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
Daraus folgen wegen
die partielle Differenzierbarkeit von F nnd die Formel (4). Schlieglich ergibt sich aus der Darstellung (4) mit dem Stetigkeitssatz auch die Stetigkeit der partiellen Ableitungen a,, F und damit die stetige 0 Differenzierbarkeit von F. Beispiel 1: Berechnungder Fourier-Transformiertenzuf , f ( t ) = eCt2l2, d. h. des Integrals
Wir betrachten dazu die Funktion F: IR + C:
Behauptung: F ist stetig differenzierbar und hat die Ableitung F1(x) = i/e-;(t+i5)2(t
+ ix) dt.
R
Es geniigt, die Behauptung in jedem beschrankten Interval1 (-a; a) zu zeigen. Die Bedingung (i) des Differentiationssatzes ist offensichtlich erfiillt und hinsichtlich (ii) besteht fiir alle ( z , t ) E (-a; a) x IR die Abschatzung
Da @ uber IR integrierbar ist, folgt mit dem Differentiationssatz die Behauptung. Das Integral fur F' kann leicht berechnet werden. Eine Stammfunktion fur den Integranden ist e-:(t+'")2; damit ergibt sich F1(x) = 0 fiir alle x E IR. Folglich ist F konstant. Also gilt F ( x ) = F(0) = fi (siehe 6.6 oder auch 8.5 (12)). Damit folgt aus (*)
Die Funktion f ist also invariant unter der Fourier-Transformation. Diese hemerkenswerte Eigenschaft spielt eine entscheidende Rolle beim Umkehrproblem der Fourier-Transformation, siehe 10.2.
8.4 Parameterabh5ngige Integrale
285
Beispiel 2: Harmonizit2it des Newton-Potentials. Es sei p: K + IR eine integrierbare Funktion (Dichteverteilung) auf einem Kompaktum K C IR3. Der Korper (K, p) erzeugt in x E IR3 \ K his auf einen Normierungsfaktor das Potential dy. u(x) 1. p(y) - yl12
=/
Behauptung: a) u ist eine hamnonisehe finktion auf IR3 \ K: Au = 0. b) Fur jeden Einheitsvektor a E R3 gilt mit der ,,Massen M := JK p(y) dy
(6)
lim r . u(ra) = M,
rim
1 u(ra) 2. M . . r
Die Aussage b) bedeutet, dafl sich das Potential mit wachsender Entfernung von K dem eines Punktes mit gleicher Masse M asymptotisch nahert. Beweis: a) Wir setzen
Fur jedes x E IR3 \ K ist y H f (x, y) integrierbar auf K , da p integrierbar ist und y H 115- yllil stetig und beschrznkt auf K . Weiter ist x H f (x, y) fur jedes y E K zweimal stetig differenzierbar auf IR3 \ K . Die V2-Differenzierbarkeit von u beweisen wir auf offenen Teilmengen V c R3 \ K , welche einen positiven Abstand d von K haben; das geniigt. Mit der Abkiirzung r = llx gilt fiir v,fi = 1,2,3:
yl12
Daraus folgen in (x, y) E V x K die Abschatzungen
Rechts stehen jeweils Funktionen, die iiber K integrierbar sind und nicht von x abhangen. Nach dem Differentiationssatz ist u 2-ma1 stetig differenzierbar, und durch Differentiation unter dem Integralzeichen folgt
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
286
Mit (*) ergibt sich sofort, d d x H [lx - yll,l eine harmonische Funktion auf IR3 \ {y} ist. Daher verschwindet der Integrand, und es folgt Au = 0.
b) Sei R
> 0 so, daB K C K R ( ~ )Fur . r > R ist dann r a r.u(ra) =
1 ra~ P ( Y ) dg = J lla P(Y)tyl12 dy, -~112
K
-
4 K , und es gilt 1 t := r
Wir setzen
Fiir jedes y E K ist t e g(t, y) stetig auf I ; ferner gilt ig(t, y)I 5 2p(y) fur (t, y) E I x K . Mit dem Stetigkeitssatz folgt also lim r . u(ra) = lim J
P(')
w, lla - tyl12
r'+m
dy =
J p(y) dy.
K
Holomorphiesatz: Es sei jetzt X = U eine offene Menge in Q: und f habe zusatzlich folgende Eigenschaften: (i) Fur jedes fixierte t E T ist z H f (2, t) holomorph in U . (ii) Es gibt eine uber T integrierbare Funktion @ derart, dag
If
(2, t)I 5 @(t) fiir alle (2, t) E U x T.
Dann ist die durch (3) definierte Funktion F: U gilt
+ Q: holornorph, und es
Man beaehte: In (ii) wird - einfacher als im Differentiationssatz Majorante fur die Funktion selbst gefordert.
-
eine
Bezueis: Wir zeigen, daB F auf U C IR2 stetig differenzierbar ist und die Cauchy-Riemann-Bedingung F, = iF, erfullt. Es sei K,(a) c U . Aus der Integralformel 6.2 (6) fiir die Ahleitung einer holomorphen Funktion folgt fiir alle (z, t) E K,p(a) x T
f erfiillt also in KTlz(a) die Voraussetzung (ii) des Differentiationssatzes. Somit ist die Funktion F in KVl2(a)stetig differenzierbar, und dort gilt
8.4 Parameterabh5ngige Integrale
287
Beispiel: Die Eulersehe Betafunktion. Darunter versteht man die fur (z,w) ~ C ~ m i t R e z > O u n d R e>Odurch w
definierte Funktion. Das Integral konvergiert, da der Integrand fur t J. 0 asymptotisch gleich tz-' ist und fur t t 1 asymptotisch gleich (1 - t)w-l. Wir zeigen: Fiir jedes w ist die Funktion z H B(z, w) in der rechten Halhebene E, holomorph. Das Analoge gilt natiirlich fiir w c, B(z,w). Es genugt, die Holomorphie in jeder Halbehene U := {z E C I Rez > a ) mit a > 0 nachzuweisen. In U ergibt sich diese sofort mit dem Holomorphiesatz: Fur jedes t E (0; 1) ist die Funktion t H tz-l(l-t)w-l holomorph nnd fiir alle (2, t) E U x (0; 1) besteht die Ahschatzung
wobei die Funktion @ uber (0; 1) integrierbar ist.
0
Mit Hilfe der soeben bewiesenen Holomorphie leiten wir nun die wohl wichtigste Eigenschaft der Betafunktion her; ihre Darstellung durch die Gammafunktion:
Zum Beweis betrachten wir hei fixiertem w die Funktion 1 F E c F(Z) := -- . r ( z W). B(Z,W ) r(w) und zeigen mit Hilfe des Eindeutigkeitssatzes von Wielandt (siehe 6.6), daB sie die Gammafunktion ist. Das genugt.
+
F ist offensichtlich holomorph. Wir zeigen, d d F auch die weiteren Voraussetzungen des Satzes von Wielandt erfiillt: (i) Die Funktionalgleichung F ( z + 1) = z F(z). Zunachst gilt z (*I B ( z + l , w ) = - . z w B(z,w); denn 1
+
(z + w)B(z + 1, w) - zB(z, w) = J(wtz(l - t)"-'
- ztZ-'(1 - t)"')
dt
0 1
= - t Z ( l - t)WI0 = 0.
Zusammen mit der Funktionalgleichung der Gammafunktion ergiht die Identitat (*) sofort die fiir F behauptete Funktionalgleichung.
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
288
1
(ii) F ( l ) = 1, denn r ( w + 1) = wr(w) und B(1, w) = -.
w (iii) F ist beschr%nkt im Vertikalstreifen S = {z E C I 1 5 Re z
5 2); die Integraldarstellungen der Gammafunktion und der Betafunktion ergehen namlich fiir alle z E S die Ahschatzungen lr(z
+ w)l 5 r(Re(z + w)) 5 r ( 2 + R ~ u J ) ,
IB(z,w)I 5 B(Rez,Rew) 5 B(2,Rew). Nach dem Satz von Wielandt ist F also die Gammafunlction. Quod erat demonstrandum. Als Anwendung der Darstellung (8) herechnen wir nun das Volumen der Einheitskugel im euklidischen En.Wir zeigen:
Beweis: Der Schnitt der Kugel F l ( 0 ) C Rn mit der Hyperehene x, = E ist eine (n - 1)-dimensionale Kugel mit dem Radius Diese hat Das Cavalierische Prinzip ergibt daher das Volumen & , - I . (-),-I.
e.
Nach (8) und wegen r ( $ ) = A , siehe 6.6, gilt also n+l 1
K,=n,-l.~(T,2)=K,-1.~
r ( +T1)) r(;
Mit K:, := n,r(; + 1) lautet diese Rekursionsformel K:, = fin;-,. Aus ihr folgt n:, = ( ~ ; ; ) ~ - ' n ; und mit l?($ + 1) = +I?(+) = +fischliefilich K:, = ( A ) , . Das heweist die Behauptung. 0 Wir notieren (9) noch getrennt nach geradem und ungeradem n. Fur n = 29 ist r(5+ 1) = q! und fur n = 29 1 kann man I?(: 1) mit Hilfe zuriickfiihren. der Funktionalgleichung r ( x + 1) = xr(x) auf I?($) = Auf diese Weise erh%lt man schlieglich Trq 2Y+lX4 &zq = 7 und Kaq+l = 4. 1.3...(2q+l)' Es ist interessant, das Volumen der Kugel mit dem eines umschreibenden Wiirfels zu vergleichen: Letzteres ist 2", dagegen geht K, gegen 0 fiir n + co.
+
+
8.5 Integration iiber einen Produktraum
8.5 Integration iiber einen Produktraum. Die SStze von Fubi und Tonelli Der Satz von Fubini (1879-1943) fiihrt die Integration uber ein Produkt RP x IR* auf sukzessive Integrationen iiber die Faktoren IRP und IR9 zuruck; die Integration im IRn damit auf n Integrationen im IR1. Mit diesem Satz steben Rechentechniken der Integralrechnung einer Verkderlichen auch fur Integrationen uber Teilmengen des En zur Verfiigung. Einen wichtigen Spezialfall haben wir bereits in 7.4 behandelt. Wir verwenden im Folgenden die Bezeichnungen X := IRP und Y := IRq.
-
Satz (Fubini): Sei f eine integrierbare Funldion auf X x Y . Dann gilt: a) Fur jedes fixierte y E Y , ausgenommen euentuell die Punkte einer Nullmenge N C Y , ist die Funktion x f ( x , y) uber X integrierbar. b) Setzt man fur y E Y \ N
und F ( y ) := 0 f u r y E N , so ist F uber Y integrierbar, und es gilt
Fur diesen Sachverhalt schreibt man kurz
Das rechts stehende Integral heigt ein iteriertes oder mehrfaches Integral. Zum Beweis benatigen wir eine Aussage iiber Nullmengen in X x Y, die bereits als ein Spezialfall des Satzes von Fubini angesehen werden kann.
Lemma: Zu jeder Nullmenge A C X x Y gibt es eine Nullmenge N C Y derart, daj3 die Schnittmenge A, = {x E X ( x ,y) E A} fur y E Y \ N eine Nullmenge in X ist.
I
Beweis: Zu beliebig gegebenem E Quader QI, Q 2 , . . . derart, daJ2
> 0 wahlen wir
abzahlbar viele offene
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
290
Sodann schreiben wir jeden Quader als direktes Produkt Qk = QI, x Q; von Quadern Qk C X und Q; C Y. Mit der Bezeichnung 11 1: fiir die L1-Halbnorm beziiglich X betrachten wir die Funktion a: Y Wegen l a r
5
+ R U {m),
X
a(y) := IllAY.
m
1lqk. lo; (y) ergibt die Dreiecksungleichung
k=l
m
5
C u , ( Q ~ ) .lo; (v)
k=l
Daraus folgt nach Definition der L1-Halbnorm
k=l
k=l
Y
Also ist llalll = 0. Nach 7.6 Satz 11 gibt es daher eine Nullmenge N C Y derart, dafi a(y) = IllAy :1 = 0 fiir jedes y E Y \ N. Das aber besagt, d d A, fur diese y eine Nullmenge ist. 0 Bemerkung: In diesem Lemma kann man auf Ausnahmemengen vom MaB Null nicht verzichten. Ein Beispiel liefert A = IK x $ in IR x IR: Die Schnittmenge A, ist fiir y E $ keine Nnllmenge in IR. Beweis des Satzes von Fubini: Nach dem Korollar zum Satz von RieszFischer gibt es eine Folge (vk) von Treppenfunktionen auf X x Y mit 11 f - pklll + 0 und den weiteren Eigenschaften: (i) (pk) konvergiert auBerhalb einer Nullmenge A C X x Y punktweise gegen f ; m
(ii)
C llipk+l - i p k l l l < m. k=l
Wir zeigen zunachst, daJi fur fast jedes y E Y die Folge der Treppenfunktionen pk ( . ,y) in einer zu (i) und (ii) analogen Weise gegen f ( . ,y) konvergiert. (Fur eine Funktion g auf X x Y und y E Y bezeichnet g( . ,y) die auf X definierte Funktion x H g(x, y).) Wegen (i) gibt es nach dem Lemma eine Nullmenge N' C Y derart, daB gilt: (ix) Fur y E Y \N' konvergiert (pk(. ,y)) fast uberall auf X punktweise w e n f(.,y). Ferner setzen wir H ~ Y:=) / I v k + l ( x , ~ )- v k ( x , ~ ) I d x . X
8.5 Integration iiber einen Produktraum
291
Nach dem Satz von Fubini fiir Treppenfunktionen in 7.1 gilt
und mit (ii)
OC
m
Die Folge der Partialsummen der Reihe
CHk
wachst monoton, nnd die k=l Integrale aller Partialsummen sind laut (*) beschrankt. Nach dem Satz von m
B. Levi stellt m
gilt
C Hk eine integrierbare Funktion auf Y dar. Insbesondere
k=l
C Hk(y) < m fur alle y augerhalb einer Nullmenge N" C Y:
k=l
Wir setzen N := N'U N". Sei jetzt y E Y \ N. Aus (iix) folgt dann, daB ( v k ( . ,y)) eine L1-Cauchyfolge auf X ist. Nach dem Satz von RieszFischer konvergiert eine Teilfolge punktweise fast iiberall auf X gegen eine integrierbare Funktion auf X. Wegen (ix) stimmt diese fast iiberall mit f ( . ,y) iiberein. Folglich ist auch f ( . ,y) integrierbar. Damit ist a) gezeigt. Der Satz von Riesz-Fischer ergibt augerdem
Zum Nachweis von b) setzen wir @ k ( ~ ):= Jipk(z:,y)
dx.
X
Die (iy)
@k
sind Treppenfunktionen auf Y mit folgenden Eigenschaften: (@k)
konvergiert auf Y \ N punktweise gegen F.
Die erste Behauptung ergibt sich aus (**), die zweite aus (*) wegen Imk+l(Y)- @ k ( Y ) I 5 H k ( ~ ) . Wegen (iiy ) ist (@k)eine L1-Cauchyfolgevon Treppenfunktionen auf Y. Nach dem Satz von Riesz-Fischer konvergiert eine Teilfolge punktweise fast iiberall gegen eine integrierbare Funkt,ion auf Y. Wegen (iy) stimmt diese fast iiberall mit F iiberein. Folglich ist auch F integrierbar. Der Satz von
292
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
Riesz-Fischer liefert schlieBlich
Beispiel: Das Gad-Integral und das Volumen der Einheitskugel im I&" nach Poisson. Wir haben am Ende des Abschnitts 8.4 das Volumen der Einheitskugel im euklidischen IRn aufgrund des Cavalierischen Prinzips unter Zuhilfenahme des Betaintegrals berechnet. Wir berechnen dieses Volumen jetzt erneut zusammen mit dem n-dimensionalen Gad-Integral unter Anwendung des Satzes von Fubini. Wir zeigen:
Beweis: Nach dem Satz iiber die Integration rotationssymmetrischer Funktionen ist die Funktion x H e l x l 2 iiher IRn integrierhar, und es gilt
Das links stehende Integral formen wir augerdem mit Hilfe des Satzes van Fubini um: Wegen e-1"Il2 = e-": . . .e d erhalten wir
Komhiniert man die erhaltenen Identitaten speziell im Fall n = 2, erhalt man wegen KZ = 71 und r(2)= 1 erneut das Gad-Integral
Einset,zendieses Wertes in (**) ergibt die erste der Formeln (11). Mit dieser 0 folgt schlieBlich aus (*) die Formel fiir K,.
8.5 Integration iiber einen Produktraum
293
Der Satz von Fubini kann analog bewiesen werden, wenn man znerst uber Y und dann uber X integriert: Fur eine uber X x Y integrierbare Funktion f gilt also in der zu (10) analogen Kurzfassung
Korollar (Vertauschungsregel): Ist f uberX x Y integrierbar, so gilt
Bemerkung: Die Vertauschung der Integrationsreihenfolge kann unzulassig sein, wenn der Integrand nicht iiber den Produktraum integrierbar ist. Ein Beispiel:
Die Anwendbarkeit des Satzes von Fubini setzt voraus, d d die betrachtete Funktion uber den Produktraum integrierbar ist. Ein sehr brauchbares Kriterium hierfur liefert der Satz von Tonelli (1885-1946). Dieser Satz involviert ein iteriertes Integral des Betrages der Funktion. Wieder sei X = IRp und Y = Rq.
Satz (Tonelli): Eine lokal-integrierbare oderfast uberall stetige Funldion f : X x Y + 6: ist genau dann uber X x Y integrierbar, wenn wenigstens eines der iterierten Integrale uber den Betrag won f
existiert. Gegebenenfalls gelten die Formel (10) des Satzes von fibini und die Vertauschungsregel (13). Unter der Existenz etwa des linken Integrals in (14) ist ausfuhrlicher das Folgende zu verstehen: Fur jedes y E Y augerhalb einer geeigneten Nullmenge N C Y existiert Jx 1 f ( x , y)l dx, und die durch
und durch F ( y ) := 0 fur y E N definierte Funktion ist uber Y integrierbar.
294
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
Beweis: Nach dem Satz von Fubini ist die Bedingung notwendig, da mit f auch 1 f 1 uber X x Y integrierbar ist. Zum Beweis der Umkehrung zeigen wir, d d If 1 uber X x Y integrierbar ist; nach den Satzen 6 und 7 ist dann auch f integrierbar. Es sei dazu Wh der Wurfel [-k; kIn c IRn und fk := min (1 f 1 ,k. lw,). fk ist integrierbar: Fur ein lokal-integrierbares f folgt das aus der Definition und fur ein fast uberall stetiges f aus 7.6 Satz 13. Die Folge (fk) konvergiert monoton wachsend gegen 1 f 1, und die Folge der Integrale der fk ist beschrankt:
hierbei haben wir den Satz von Fubini angewendet und die Existenz des linken Integrals in (14)angenommen. Nach dem Satz von B. Levi ist also If 1 = limk,, fk integrierbar. 0
Man beachte: Fur die Integrierbarkeit einer Funktion uber einen Produktraum ist die Existenz der iterierten Integrale des Betrages von f notwendig. Die Aufgabe 17 zeigt an einem Beispiel, daB die Existenz der iterierten Integrale der Funktion selbst nicht hinreicht.
Beispiel (Dirichlet): Integration won f (x,y) = xP-'yq-' mit p, q > 0 uber das Standardsimplex A = A2 C IR2. Die durch 0 trivial auf IR2 fortgesetzte Funktion fA a~ ist stetig auflerhalb des Randes von A; ferner existiert das iterierte Integral
da das zuletzt angeschriebene Integral absolut konvergiert. Bei diesem hmdelt es sich um das in (7) eingefiihrte Betaintegral. Die Funktion faisn ist somit integrierbar, und ihr Integral hat den Wert
Die Integration uber A ist aquivalent zur Integration uber A \ aA, da a A eine Nullmenge ist. Insgesamt erhalt man schliefllich
Diese Formel wird in 9.3.11 Beispiel 2 wesentlich enveitert.
8.5 Integration iiber einen Produktraum
295
AbschlieBend betrachten wir Funktionen auf X x Y , die durch Multiplikation aus Funktionen auf X und Y entstehen. Fur f : X + C U {w} und g: Y + C U {co)definiert man f 8 g: X x Y + C U {w} durch
f 8 g heiBt Tensorprodukt von f und g. Satz: (i) Mit f und g ist auch f 8 g integrierbar, und es gilt
(ii) Ist f 8 g integrierbar und verschwindet g nicht fast iiberall auf Y , so ist auch f integrierbar. Beweisskizze: (i) Vorweg zeigt man die Ahschatzung
xi
Sie beruht im wesentlichen darauf, daB mit den Hullreihen cilq, und bzw. g x i , k cidklQixpI eine Hiillreihe fur f 8 g ist. Der Beweis des Satzes wird sodann gemaB der Definition des Lebesgue Integrals in zwei Schritten erbracht. Zunachst verifiziert man den Satz fur Treppenfunktionen direkt durch Nachrechnen. (Mit Treppenfunktionen y auf X und y auf Y ist y 8 y eine Treppenfunktion auf X x Y . ) Zum Nachweis im allgemeinen Fall wahlt man Folgen (yk) und (yk) van Treppenfunktionen mit 11 f - ipkll, + 0 hzw. Ilg - ykll, + 0. Mittels (*) zeigt man leicht, daB dann f 8 g - yk 8 ykll, + 0 gilt. Somit ist f 8 g integrierbar, und das Integral hat den Wert
CkdklpI fur f
11
(ii) Nach dem Satz von Fubini gibt es eine Nullmenge N C Y derart, daB die Funktion x H f (x)g(y) fiir alle y E Y \ N integrierbar ist. Nach Voraussetzung gibt es ferner ein yo E Y\N mit g(yo) # 0. Mit der Funktion x H f (x)g(y~)ist also auch die Funktion f integrierbar. 0 Beispiel: Seien p,q E IR. Die Funktion (x, y) H xP-'ye-' ist genau dann C IR2 integrierbar, wenn die heiden Faktoren x e xP-l und iiber (0; y H yq-I uber (0; 1) integrierbar sind. Das ist genau fur p, q > 0 der Fall.
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
296
8.6
Aufgaben
1. Man zeige, daJi der Raum W[-1; 1]mit der L1-Norm unvollstiindig ist. Dazu zeige man, daJ2 die Funktionen f n : [-I; 11 + IR, -1 fiir x E [-I; -;I, nx f i i r x e [-A;;], 1 fiirxE[;;l], eine L1-Cauchyfolge bilden, welche in W[-1; 1]keinen L1-Grenzwert hat. Man gebe einen L1-Grenzwert in Y1([-1; 11) an. 2. Der Durchschnitt D abzihlbar vieler megbarer Mengen A1, Az, . . . im Rn ist meghar. Im Fall A1 > A2 > . . . gilt v(D) = lim u(Am). k+m
3. Es sei Kl(0) die euklidische Einheitskugel im IRn. Man zeige, daJi das dx Integral
Jmm
K1(0)
existiert, und berechne es fiir n = 2 und 3. 4. Es sei 11 11 irgendeine Norm auf IRn. Fur welche a E IR ist die Funktion (1 11x11')-' fiber IRn integrierbar?
+
5. Es seien P I , . . . , p k verschiedene Punkte im IRn und al, . . . ,ak positive Zahlen. Man beweise: Fur eine beliebige Norm auf IRn existiert
genau dann, wenn folgende zwei Bedingungen erfiillt sind: (i) ai fiir alle i = 1,. . . , k sowie (ii) a1 . . . ak > n.
+ +
6. Newton-Potentiale in R2. Sei p : K + Reine beschrankte integrierbare Funktion auf einer kompakten Menge K C IR2. Man zeige: a) Fur jedes x E R 2 existiert das Integral
b) u ist harmonisch anf R2 \ K .
7. Man zeige: Durch das vollstandige elliptische Integral 1. Gattung
ist eine holomorphe finktion in E definiert
8.6 Aufgaben
297
8. Die Besselfunktion der Ordnung a, a
> -;,
kann fiir z E C durch
definiert werden. Man zeige:
Hinweis: Betaintegral
9. Es sei E die Einheitskugel im enklidischen IRn und t E IR. Man zeige:
wobei Jnlz die Besselfunktion der Ordnung n/2 ist; siehe Aufgabe 8. 10. Man zeige: Das Integral der in 2.3 angegebenen Liisung der W k m e leitungsgleichung hat fiir alle t > 0 den gleichen Wert; und zwar gilt
11. Man zeige: 1st A C IRn meBbar und f : A heschrankt, so ist f iiher A integrierbar.
+ C fast uberall stetig und
12. Es seien f k : A + C, k E IN, integrierbare Funktionen auf einer meBbaren Menge A C IRn. Die Folge (fk) konvergiere auf A gleichmaflig gegen die Funktion f . Man zeige, daB auch f uber A integrierbar ist, und
Auf die MeBbarkeit von A kann hierbei nicht verzichtet werden; man 1 betrachte auf IR etwa die Folge der Funktionen - . l[-k,kl, k E IN. k
13. Es sei f E Y1(IRn)reel1 und nicht negativ. Dann ist fur jedes c die Menge A, := {z E IRn f (x) 2 c ) meBbar und hat ein Ma%
I
1
vn(Ac)
5 ;. Hf 111
>0
(Tschebysehewsehe Ungleichung).
Hinweis: Man konstruiere eine integrierbare Funktion y : En + [O;11so, da# A, := {z E En p(z) = 1) gilt, und betrachte die Folge (&.
I
8 Vollsthdigkeit. Konvergenzsatze. Satz von Fubini
298
CEl
Es seien Ak, k E IN, megbare Mengen im Rn mit u(Ak) < co. Dann liegen fast alle x E IRn in hocbstens endlich vielen der Ak. CO
Hinweis: Man betrachte die Funktion f =
C
1~~
k=l
Fur welcbe a integrierbar?
>
0 ist
1 -
uber A = {(x, y) E (0; 1)'
1
y 5 x"}
X+Y
+. + x % ) - ~ ,1 5 m 5 n, uber den Wurfel
Fur welche a > 0 ist (x: .. [-I; 11" c IRn integrierbar?
Es sei f (x,y) := Sign(xy) auf IR2 \ (0,O) und f (0,O) = 0. Man zeix 2 + Y2 ge, etwa mit dem Satz uber die Integration rotationssymmetrischer Funktionen, dag f nicht uber R integrierbar ist, daJi aber die beiden iterierten Integrale JR(JF, f dx) dy und JR(& f dy) dx existieren und denselben Wert baben, namlich 0. Sei f : IRn + R eine stetige Funktion, deren positiver Anteil f+ und negativer Anteil f - jeweils nicht uber IRn integrierbar ist. Man zeige: Zu jedem a E IR gibt es eine Ausschopfung (Ak) des IRn mit lim
k+m
J f (x) dx = a At
CEO=,
Man zeige: Eine Reihe ga integrierbarer Funktionen auf IRn mit J lgkI dx < co konvergiert fast iiberall gegen eine integrierbare Funktion, und es gilt
CEl
m
I(?k=l gk) dx k=l zJ gk dx. =
Fur welches n ist nn am grogten ?
9 Der Transformationssatz
Wir untersuchen in diesem Kapitel das Verhalten eines Integrals unter einer Koordinatentransformation. Eine solche tritt zum Beispiel auf, wenn man zur Beriicksichtigung von Symmetrien des Integrationsbereiches passende Koordinaten wahlt, zur Integration iiber eine Kugel etwa Polarkoordinaten. Im Fall der Dimension Eins und bei stetigen Integranden hat man die mit Hilfe des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung leicht heweishare Substitutionsregel. Der Transformationssatz verallgemeinert diese Regel auf heliehige Dimensionen und beliebige integrierhare Funktionen; sein Beweis erfordert jedoch wesentlich mehr Miihe.
9.1
Formulierung des Transformationssatzes. Erste Beispiele
Zunachst formulieren wir die Suhstitutionsregel der Integralrechnnng einer Veranderlichen in einer Weise, in der auf die Zuordnung der Integrationsgrenzen nicht Bezug genommen wird. Sei t : [a;b] + [a;P] eine bijektive stetig differenzierbare Ahbildung. Im Fall t' 2 0 ist t ( a ) = a und t(b) = P, im orientierungsumkehrenden Fall t' 5 0 ist t ( a ) = P und t ( b ) = a. In heiden Fdlen gilt
Der Transformationssatz schliegt an diese Formulierung an Transformationssatz: Seien U u n d V offene Teilmengen des IRn und sei T : U + V ein Diffeomorphismus. Dann ist eine Funktion f auf V genau dann uber V integrierbar, wenn ( f o T ) . ldet T'I uber U integrierbar ist. I n diesem Fall gilt
300
9 Der Transformationssatz
Die Transformationsformel erscheint plausibel, wenn man die beiden Integrale dnrch Riemannsche Summen approximiert. Wir stellen uns U als Vereinigung kleiner Quader Qk vor; V ist dann die Vereinigung der ,,krummlinigen Parallelotope" Pk = T ( Q k ) .1st f in Pk nahezu konstant und T dort nahezu affin, so stellt die Summe C f (yk)v(Pk)mit yk E Pk eine Niherung fiir J, f ( y )dy dar. Pk hat nach 7.7 (11) nahernngsweise das Volumen ldet T1(xk)l.u(Qk),wobei xk = T-l(yk). Damit erhalt man
Diese beiden Summen sind jeweils Niherungssummen zu den in der Transformationsformel auftretenden Integralen.
Die beiden Integrale in der Transformationsformelwerden durch Riemannsche Summen approximiert, wobei v(Pk) =: ldet T ' ( Z ~ ). ~ u(Qk) Wir beweisen den Transformationssatz im nachsten Abschnitt. Zuvor formulieren wir ihn noch im Fall einer affinen Transformation sowie der Potenzabbildungen. Die besonders wichtige Integration dnrch Transformation auf Polarkoordinaten behandeln wir eingehend im iibernachsten Abschnkt.
+
Folgerung 1: Sei T : IRn + IRn, T x = Ax b, eine nieht ausgeartete afine ilansfomation. Ist f uber eine Menge K C IRn integrierbar, dann ist f a T uber die Urbildmenge T - ' ( K ) integrierbar, und es gilt
Beweis: Man wende den Transformationssatz auf U = V = IRn und f K an; dabei ist zu beachten, daf2 f K o T = ( f o T ) T - l ( K ) . Wendet man die Folgerung anf f = 1 und die Umkehrabbildung T-I anstelle von T an, so e r h a t man eine wichtige Transformationseigenschaft des Lebesgue-Mailes:
9.1 Formulierung des Transformationssatzes. Erste Beispiele
Korollar: Mit K ist auch T ( K ) meJbar, und es gilt u(T(K)) = ldet A1 . v(K). Insbesondere gilt bei einer Bewegung T
u(T(K)) = u(K). Diese Eigenschaft nennt man die Bewegungsinuarianz des Lebesgue-MaBes.
Beispiel 1: Das Volumen des Ellipsoids
I + +
E ist das Bild der Einheitskugel K = {E . . . c2 5 1) unter der affinen Ahbildung (h,.. . ,en) ct ( a l h , . . . ,a&) =: (XI,.. . ,x,). Diese hat die Funktionaldeterminante a1 ...a,. Mit dem bereits in 8.5 herechneten Volumen n, der n-dimensionalen euklidischen Einheitskugel ergibt sich als Volumen des Ellipsoids
Beispiel 2: Rotationssymmetrie des Newton-Potentials einer Kugelschale bei rotationssymmetrischer Dichte. Es sei K C IR3 eine kompakte Kugelschale mit Mittelpunkt 0 und p eine beschriinkte integrierbare Funktion auf K. Fur jeden Punkt x E IR3 existiert das Integral
nach der Folgerung in 8.2 und stellt bis auf einen Normierungsfaktor das Newton-Potential auf IR3 zu (K, p) dar. Wir zeigen: Ist p zusatzlich rotationssymmetrisch, so ist auch u rotationssgmetn'sch. Beweis: Es sei T eine Drehung um 0, dargestellt durch die orthogonale Matrix A. Zu zeigen ist %(Ax) = u(x). Wegen p(Ay) = p(y), T ( K ) = K und ldet A1 = 1 ergibt sich mit Folgerung 1
Bemerkung: u ist nach einem Beispiel in 8.4 auch harmonisch in IR3 \ K. Nun sind die rotationssymmetrischen harmonischen Funktionen in Kugeln und Kugelschalen nach 2.3 (16) vollstandig bekannt: Danach ist u im Hohlraum von K konstant und hat im Auflenraum die Bauart a u(x) = -+ b mit a, b E C. 11x112
302
9 Der Transformationssatz
Potenzabbildungen. Unter einer solchen versteht man eine fiir positive a l , . . .,an und positive a l , . . .,a, durch
T ( & ,. . ., & ) := (al[;I0.',... ,an&!,lm~)= (zI,. . .,x,) definierte Abbildung des IR;. T bildet IR; diffeomorph auf sich ab und hat die Funktionaldeterminante
T bildet ferner den offenen Kern des Standardsimplex A = An C IRn diffeomorph ab auf den offenen Kern des verallgemeinerten Simplex
Verallgemeinerte Simplizes im R '
Folgerung 2: Eine Funktion f auf dem verallgemeinerten Simplex ,...,0." 4;,...,an ist genau dann dariiber integrierbar, wenn die durch
erklarte Funktion uber das Standardsimplex integrierbar ist, und dann gilt
Die Integration uber das Standardsimplex A kann durch die JacobiTransformation weiter auf die Integration uber einen Wurfel zuruckgefiihrt werden; siehe 9.3.11. Fiir Letztere hat man dann den Satz von Fubini. al...an
Beweis der Folgerung 2: Wegen ( f o T ).det T' = .F folgt aus dem al"'an Transformationssatz zunachst diejenige analoge Aussage, in der A;: ,....an ,...,en und A jeweils durch ihren offenen Kern erset,zt sind. Da die Rinder dieser Mengen Nullmengen sind, gilt die Behauptung auch wie angegeben.
9.2 Beweis des Transformationssatzes
303
Beispiel: Fur f(x, y) = xP-'yq-l ist F(<,q)= ap-lbq-l
Diese Formel enthalt eine Reihe von Integralen, die fiir die Mechanik des ehenen Kikpers A$ bei konstanter Dichte Bedeutung haben; zum Beispiel liefert sie fur (p,q) = ( 1 , l ) die Masse (die Flache), fiir (p,q) = (1,2) das statische Moment hezuglich der x-Achse und fur (p,q) = (1,3) das Tragheitsmoment hezuglich der x-Achse.
9.2
Beweis des Transformationssatzes
Der Transformationssatz wird in zwei Schritten bewiesen: zunachst fur Treppenfunktionen, sodann mit Hilfe des Satzes von Riesz-Fischer fur heliebige integrierbare Funktionen. In beiden Schritten verwenden wir mehrmals, da8 ein Diffeomorphismus Nullmengen in Nullmengen abbildet. Der Beweis dafur heruht auf folgendem Lemma. Lemma: Ist N C IRn eine Nullmenge und T : N + IRn eine Lipschitzstetige Abbildung, dann ist auch T ( N ) eine Nullmenge.
yllm
Beweis: Sei L eine Konstante derart, da8 IIT(x) -T(y)llm 5 L . Ilx fur alle x, y E N gilt. Sei nun E > 0 gegeben. Man w&le dann eine Uberdeckung von N durch achsenparallele Wurfel W k , k E IN, mit C Z 1v(Wk) < E. Eine solche Uherdeckung gibt es nach 7.6 Satz 12. Das Bild T ( N n W k ) liegt in einem Wurfel mit dem Volumen (2L)%(Wk).Folglich wird T ( N ) von ahzahlbar vielen Wurfeln mit dem Gesamtvolumen CE1(2L)%(Wk) 5 (2L)% uberdeckt. T ( N )ist also eine Nullmenge. 0 Korollar: Ist N eine Nullmenge und T : U + IRn eine V1-Abbildung auf einer offenen Menge U C IRn mit N C U , dann ist auch T ( N ) eine Nullmenge.
Beweis: Nach 7.6 Lemma 7 gibt es abzihlhar viele kompakte Quader Qk, k E N,die U und damit auch N uberdecken. Die Einschrejlkungen T I Qk sind nach dem Schrankensatz in 3.2 Lipschitz-stetig. Nach dem Lemma sind also alle Bilder T ( N n Qk) Nullmengen; folglich ist auch deren Vereinigung T ( N ) eine. 0
9 Der Transformationssatz
304
Fur den Rest dieses Abschnittes sei T : U + V ein Diffeomorphismus der offenen Menge U C IRn auf die offene Menge V C IRn und S: V + U seine Umkehrung. In den Hilfssatzen 1 und 2 stellen wir zunachst Schranken fur die Verzerrung des Volumens kompakter Mengen auf. Hilfssatz 1: Fur jeden kornpakten Wurfel W C U gilt
v ( T ( W ) )5 max ldet~'(x)I. u(W) xEW
Beweis: T ( W )ist kompakt, also meghar. 1st u(W) = 0, so folgt die Bebauptung aus dem Korollar. Es sei nun v ( W )# 0 und cu die Zahl mit
Wir zerlegen W durch n kantenhalbierende Hyperebenen x, = c,, in Zn kompakte Teilwiirfel. Unter diesen gibt es einen Wiirfel WI derart, da% u(T(Wl))2 au(Wl).Durch Wiederholung dieser Prozedur findet man eine absteigende Folge WI > W2 > W3 > . . . kompakter Wiirfel mit
Es sei a der Punkt, der allen Wk angehort, und b := T(a)sein Bildpunkt. Ohne Einschrankung diirfen wir a = b = 0 annehmen. 1st mk der Mittelpunkt von Wn, und d die halhe Kantenlange von W , so kann Wk mit der Maximumsnorm 1 1 11 = 11 [ I m durch Wk = { x llx - mkll 5 2 - k d } beschriehen werden. Wegen a = 0 E W k gilt dabei llmkll 5 2-kd. Da die Ableitung A := T f ( 0 )invertierhar ist, gibt es eine Darstellung
I
mit r(x) + 0 fiir x + 0. Wir behaupten nun: Zu jedem E > 0 gibt es einen Index k = k ( & ) derart, d d die Menge
liegt. Zum Beweis wihle man k so, d d llr(x)11 5 €12 gilt fiir x E Wk. Unter Beachtung von llxll 5 2.2-'d fur x E Wk folgt dann
x Aus Vk
c
+ 11x11 r(x) E w;.
W i fiir k = k ( ~ folgt ) weiter T(Wk) = AVk
c
AWL, und
9.2 Beweis des Transformationssatzes
mit 7.7 (9) schliefilich: v(T(Wk)) 5 (1+ E ) " . ldet A1 .u(Wk).
('4
Wir nehmen nun an, fiir a gelte entgegen der Behauptung
cu > max ldet T1(x)I2 ldet Al. 2EW
+
Wir wahlen dann ein E > 0 so klein, dafi auch (1 &)"ldetA1 < cu gilt. Fur Wk, k = k ( ~ )erhalten , wir damit nach (2) u(T(Wk)) < cuu(Wk) im Widerspruch zu (1). Hilfssatz 2: Sei K C U eine kompakte Menge, deren Rand eine Nullmenge ist, und Q = T(K). Dann gilt die Einschachtelvng
I
min ldet ~ ' ( x ). v(K) 5 u(Q) 5 max ldet T'(X)~. v(K)
sEK
xEK
Beweis: Wir fiihren diesen Hilfssatz auf den vorangehenden zuruck. Dazu wahlen wir nach 7.6 Lemma 7 abzihlbar viele kompakte Wurfel Wk, k E IN, mit folgenden Eigenschaften: (i) Die Vereinigung aller Wk ist der offene Kern von K. (ii) Die Durchschnitte W, n W, fur i # j enthalten hochstens Randpunkte von Wi und Wj. Da der Rand von K eine Nullmenge ist, folgt
Entsprechend gilt: Die Vereinigung aller Bilder T(Wk) ist der offene Kern von Q und die Durchschnitte T(W6) nT(Wj) = T(W, n Wj) fiir i # j sind Nullmengen. Da aufierdem der Rand von Q als Bild des Randes von K unter T eine Nullmenge ist, folgt,
Nach Hilfssatz 1 gilt fur Wk u(T(Wk)) 5 maxldet~'(x)I. u(Wk) a: EK
Mit den vorangehenden Darstellungen von v(K) und v(Q) ergibt sich daraus die rechte Abschatzung der Behauptung. Die linke Abschatzung erhalt man aus der rechten, wenn man die Rollen von Q und K vertauscht, ferner T durch T-' ersetzt nnd schliefilich 0 beachtet, daB T1(z) = ((T-')'(y))-' fiir y = T(z) gilt.
9 Der Transformationssatz
306
Hilfssatz 3: Der Trnnsfonnationssatz gilt fiir jede Treppenfunktion, deren Triiger in V liegt. Unter dem Trager Tr(h) einer Funktion h auf einem topologischen Raum X versteht man die abgeschlossene Hulle der Menge derjenigen Punkte, in denen h nicht verschwindet:
I
Tr(h) := {a: E X h(x)
# O},
Beweis: Aus Linearitatsgrunden genugt es, den Hilfssatz fur die charakteristischen Funktionen von Quadern zu zeigen; aufgrund des Korollars genugt es sogar, ihn fiir die charakteristischen Funktionen kompakter Quader in V zu beweisen, da der Rand jedes Quaders eine Nullmenge ist. Sei nun Q ein kompakter Quader in V. Die Integrierharkeit der Funktion ( I q o T ) . Idet,TfI iiber U folgt dann daraus, d d l Qo T auflerhalh der kompakten Menge T-'(Q) verschwindet und det T' stetig ist. Zu zeigen bleibt also nur noch die Formel
1
T-
(Q)
I
ldet T1(x) dx =
SQ1dy
Sei E > 0 gegeben. Wegen der gleichmifligen Stetigkeit von ldet s'I-I ( S = T-I) auf Q gibt es eine Zerlegung Q = QIU.. .UQ, in kompakte Quader QI, . . . , Q,, die hochstens Randpunkte gemeinsam hahen und so klein sind, daJi in jedem Qi gilt: maxq, ldet Sf(y)l-l - minq, ldet s'(y)l-l 5 E . In K, := S(Qi) gilt dann
I
I
max ldet Tf(x) - min Idet T1(x) 5 E . K,
Ki
Damit folgt aus Hilfssatz 2
Da die Durchschnitte Ki n Kj = S(Qi n Qj) fur i erhalt man durch Summation
1 /wa
# j Nullmengen sind,
ldet T'(X)~dx - v(Q) 5 E . u(S(Q)).
Das heweist die Behauptung.
0
Hilfssatz 4: Sei f integn'erbar uber die offene Menge V C IRn. Dann gibt es zu jedem E > 0 eine Treppenfunktion ip mit Triiger in V und n i t
9.2 Beweis des Transformationssatzes
307
1 -$Ill
Beweis: Sei $ irgendeine Treppenfunktion auf IRn mit f v Wegen f v - lv$l 5 f v gilt dann auch
I
1
$1
< €12.
Wir approximieren l v $ durch eine Treppenfunktion mit Trager in V. Sei dazu B eine beschriinkte offene Menge, die den Trager von $ umfaBt; ferner A eine Vereinigung endlich vieler kompakter Quader in V n B mit u(V n B ) - u(A) < & / 2 M ,M eine positive ohere Schranke fur 1$1. Dann ist ip := l a $ eine Treppenfunktion mit Trager in A C V und mit
ip
besitzt also die gewiinschten Eigenschaften.
0
Beweis des Transformationssatzes: Sei f integrierbar uber V. Nach Hilfssatz 4 gibt es eine Folge (ipk) von Treppenfunktionen mit den Eigenschaften: (i) Der Trager von i p k lie@ in V; (ii) Ilfv - ipkII1
0.
Indem man notigenfalls zu einer Teilfolge ubergeht, erreicht man weit,er: (ipk) konvergiert auflerhalb einer Nullmenge N C V punktweise gegen die Funktion fv. Wir setzen $k := (ipk o T ) . ldet
(iii)
T'I,
f : = (f a T ) . IdetT'I. Aus Hilfssatz 3 folgt, dai2 die Funktionen gkuber U integrierbar sind und eine L1-Cauchyfolge bilden; es gilt niimlich
Ferner konvergiert (&) auBerhalb der Nullmenge T-l(N) punktweise gegen f. Nach dem Satz von Riesz-Fischer ist f also integrierbar. Fiir das Integral schlieBlich erhalt man
J f(z) dz = klim J &(z) dz = k+oo lim J ipk(y) dy = J f (g) dy. +m
U
U
v
v
f
Es sei umgekehrt iiber U integrierbar. Wir wenden das bereits Bewiesene auf die Umkehrabbildung S = T-' : V + U an nnd erhalten, daB ( Y o S) . ldet S'I = f uber V integrierbar ist. Der Transformationssatz ist damit vollstandig bewiesen.
0
308
9 Der Transformationssatz
9.3 Integration mittels Polarkoordinaten und Jacobi-Abbildung I. Integration mittels Polarkoordinaten Zur Integration uber eine Kugel oder Kugelschale ist es oft vorteilbaft, Polarkoordinaten zu verwenden. Die Integration wird dadurch auf die Integration uber einen Produhtraum zuruchgefiihrt. Fiir letztere steht dann der Satz von Fubini zur Verfugung. Mit 11 11 bezeicbnen wir in diesem Teilabschnitt I stets die euklidische Norm. Weiter sei I C [O; co)ein Intervall. Die Kugelschale K ( I ) C IRn ist dann die Menge K ( I ) = {x E IRn llxll E I ) .
I
Die Polarhoordinatenabbildung Pn bildet im Fall eines offenen Intervalls I das Produht I x I7 diffeomorph auf die ,,geschlitzte Kugelschale" K * ( I ) := K ( I ) \ ( S x IRn-7 ab; bierbei ist im Fall n = 2,
(-T 7 )
I7 := ( und S =
7 )x
( -2 ' 2-) 71 71
n-2
im Fall n > 2,
X XI,^) 1 z1 5 0) c IR2.
Die Funhtionaldeterminante von Pn wnrde bereits in 3.1 (6") berechnet. Danach gilt fur (r,p) = (r, 91,. . . ,pn-1) E I x II ldet PA(r,p)I = P - ' C ( p ) mit
C ( p 1 , .. . , p,-1) := cos0 ipl . cod pz
. ..
pn-l;
insbesondere ist
I
ldet Pi (r,i p ) = r , ldet ~ j ( rp,, $)I = r2 COS$, Satz: Eine Funktion f azlf der Kugelschale K ( I ) C IRn ist genau dann uber diese integn'erbar, wenn die Funktion f (Pn(r,i p ) ) . C ( p )P - I uber I x II integrierbar ist. Es gilt dann
9.3 Integration mittels Polarkoordinaten und Jacobi-Abbildung
309
Beweis: Es genugt, den Fall eines offenen Intervalls I zu betrachten, da sich K ( I )und K ( I o )nur um eine Nullmenge unterscheiden. P, bildet dann I x I7 diffeomorph auf K * ( I ) ah. Nach dem Transformationssatz und dem Satz von Fubini gilt daher der Satz, wenn man iiherall K ( I ) durch K * ( I ) ersetzt. K ( I ) und K * ( I ) unterscheiden sich aher nur um eine Nullmenge. Der Satz gilt daher wie angegeben. 0 Fur n = 2 lautet (3) explizit
und fiir n = 3
hierhei ist r cos y cos $ fi(r.y,$) = (?.in. -$) r sin$
=
(m)
Beispiel 1: Nochmals das Volumen der Kugel K E ( 0 ) C E3. Fiir dieses ergibt sich mit f = 1 nach (33):
Beispiel 2: Das Newton-Potential einer homogen belegten Kugelschale. Eine mit Masse der konstanten Dichte /I belegte kompakte Kugelschale K ( I ) C R3 erzeugt in p E IR3 his auf Normierung dm Potential
9 Der Transformationssatz
310
Das Integral existiert narh der Folgerung in 8.2 fiir alle p E R3. Da u nach 9.1 Beispiel 2 rotationssymmetrisch ist, geniigt es, das Integral fur p = (O,O,a) mit a 2 0 zu berechnen. Dann ist
.
\--)
mit I = [Rl;Rz] ergibt (33) also Rz rr
..(PI = fi
~12
I I -,,112
RI-n
r2 cos $
d$ d p dr.
u
r2 -2rasin$+a2
Das innere Integral hat fur r > 0 den Wert
r a
- - Jr2 - 2ra sin $ + a2
2r2/a, falls a 2 r, 2r, falls a 5 r.
Damit ergibt sich weit,er
(
1
?(R; - R:)
1
. -a ' 1
U(P) = 47111. -(a3 - R f ) . a
+ (12 R $ -a2),
falls a 2 R2, falls R1 5 a 5 Rz, falls a 5 RI.
Z(R2- R?),
$r(R; - R:)b = M ist die Masse der Kugelschale. Das Ergehnis im ersten Fall hesagt damit M u(p) = -. llpll
Eine homogene Kugelschale erzeugt also in den Punkten p mit llpll 2 Rz dasselbe Potential wie ein im Mittelpunkt gelegener Punkt gleicher Masse. Das Ergebnis im dritten Fall enthalt insbesondere: Das Potential im Hohlraum einer homogenen Kugelschale ist konstant. Bemerkung: Das Ergehnis im ersten und im dritten Fall kann man auch durch allgemeine Prinzipien erhalten: u ist rotationssymmetrisch nach 9.1 Beispiel 2 und harmonisch nach einem Beispiel in 8.4. Somit hat u nach 2.3 P mit Konstanten a , P. Im ersteu Fall (16) die Gestalt ,u(p) = cu llpll-l impliziert die Asymptotik u(p) r M / llpll fiir llpll + M, siehe 8.4 (6),
+
U(P)=
M -
llpll
fur p E R3 \ KR2(0).
9.3 Integration mittels Polarkoordinaten und Jacobi-Abbildung
311
Im dritten Fall impliziert die Harmonizitat in ganz KR1(0),d d cu = 0, u also konstant ist mit
.(p) = u(0) = p
dx 1 llxll = 271p (R: -
- R?)
nach 8.2 ( 1 ) .
K(I)
Das Integral uber I x I7 in (3) kann fiir eine rotationssymmetrische Funktion auf ein Integral uber I allein zuruckgefiihrt werden. Wir erhalten dadurch eine Verallgemeinerung des diesbezuglichen Satzes in 8.2.
Satz (Integration rotationssymmetrischer Funktionen): Es sei f eine Fmktion auf dem Interval1 I . Die Funktion x H f(llxII) auf der Kugelschale K ( I ) C Rn ist genau dann uber diese integrierbar, wenn die Fvnktion r H f (r)m-I uber das Interval1 I integrierhar ist, und dann gilt
Hierbei bezeichnet K , das Volumen der n-dimensionalen euklidischen Einheitskugel; zu dessen Berechnung siehe 8.4 (9) und 8.5.
Beweis: Sei F ( x ) := f(llxll). Wegen F(Pn(r,ip))= f ( r ) ist F nach dem vorausgehenden Satz genau dann uber K ( I ) integrierbar, wenn die Funktion (r,9 ) H f (?)+-' .C(ip) uber I x I7 integrierbar ist. Das ist nach dem Satz uber die Integration von Tensorprodukten genau dann der Fall, wenn die Funktion r H f (r)P-' uber I integrierbar ist, und dann gilt
(*)
1 f (llxll)d l = 1f (r)rn-' d r . 1 ~ ( 9d9.) K(I)
I
I 7
Es bleibt also nur noch zu zeigen, daB Jn C ( 9 )d 9 = nn,. Das aber ergibt sich sofort aus ( c ) fiir f = 1 und I = [O;11.
11. Integration mittels der Jacobi-Transformation Fur Integrationen uber IR;, An und einige weitere Gebiete erweist sich eine Transformation, mit der Jacobi die Integraldarstellung der Betafunktion zeigte (siehe Beispiel I ) , als besonders hilfreich. Wir fiihren diese Transformation hier fur n = 2 ein und im Aufgabenteil fiir n > 2. Es sei J = J2 : IR2
+ IR2 die Abbildung mit
9 Der Transformationssatz
312
J hat folgende Eigenschaften: (i) x y = u, und in R: gilt J-'
+
(i)=
(yl(z
+
y)
(ii) J bildet
S := IR+
x (0; 1) diffeomorph auf IR:
ab und
Q := (0; 1)' diffeomorph auf (A2)'. (iii) det J1(u,v)= u.
t
J bildet S diffeomorph auf IR; ab und Q auf (A')'
Mit dem Transformationssatz folgt daber:
Satz: Eine finktion f auf IR:
(auf (A2)O) ist genau dann iiber R: (iiber A') integrierbar, wenn ( f o J ) . u iiber S (uber Q) integrierbar ist, und dann gilt mit naheliegender Bezeichnung
Beispiel 1: Eulersches Betaintegral und Gammafunktion nach Jacobi. Es seien p,q E C mit Rep > 0, Reg > 0. Dann gilt:
In Band 1,17.4 Aufgabe 3 war diese Identitat mit Hilfe des Satzes von BohrMollerup zu zeigen. In 8.4 haben wir sie dann mit Hilfe des Eindeutigkeitssatzes von Wielandt fiir die Gammafunktion bewiesen. Wir bringen nun den von Jacobi stammenden Beweis mittels 2-dimensionaler Integration.
Beweis: Die Funktionen x ct xP-le-" und y ct yq-'e-"ind iiber R+ integrierbar und ihre Integrale sind r(p) bzw. r(q). Somit ist die Funktion
(x, y) H ~ P - l ~ q - ~ e - ~ ubex -" Y R: integrierbar, und es gilt
Beispiel 2: Veraugemeinerung der Dirichletschen Formel 8.5 (15). Es seien p,q rccllc Zahlcn und p cinc Funktion auf (0; 1). dic nicht fast iibcrdl vcrschnh~lcL.Daau gill:
+
g ) ist genai dann uber A2 inDie Funktion f ( s , y) := x"-'yq-'p(x tegrierbor, zuenn p.q > 0 sind und die hnktion u'+V-'p(u) Cber (0;1) intc,qrierbar ist: gegebenenfalls gilt
Bemeis: Mit dex .lac.obi-Abbilrlong ergiht sich, dak f genaii dann iibex An" integriehar kL, wenu die Funklion
f (u (1- u). ut:) .21 = L , P + ~ - ~ ~ (1 ( u-) U . )P-~Z'~-~ iiber Q = (0: 1)' integrierhar ist. Das ist nach dem Satz uber die Integration von 'I'ensorprodukten genau dann der l"all, wenn die lkdaoren ulb+ll-1 ~ ( u und ) (1 - z~)"-'v~-'j m i l s fiber (0; 1) intcgricrbar sind. Uic Inl.egrierbarkeilsbedi~~gun~ Iiir J is1 (lamil gezeigt. Die Forrriel (7) ergibl sich dann ails ( 5 ) m d (6). 0 Kombinicrt man dic "wssagc dicscs Bcispicls noch mit dcr Folgcrung 2 in 9.1 erball n1a11 weiler: Ek seien yl. q reelle Zahlen urld eine Funklion auf rimem Interval1 I c [(I; m). die nicht fast iibemll Null ist. Dann gilt: Die Fudtion f (s,g) := sP-'yq-'~(x"+y" idst genau dann CberK(I)nR$ integrierbar, wenn p.q ; .0 sind und auflerdem die E'inktion r1'+"'p(r) Gkr I irtleyrier%lariul,; es yill dann in A~mdogit.zu. (4)
9 Der Transformationssatz
314
9.4
Aufgaben
1. Das Simplex im lRn mit den Eckpunkten ao,al, . . . , a n ist die Menge n
{x =
C t,
v=1
I (tl, .. . , t n ) E An}. Man zeige: Sein Volumen ist
(a, -ao) -
n!
I
det(a1 - ao, az - ao, . . . , an - ao)
2. Man zeige: Fur p, q, r
1.
> 0 gilt die verallgemeinerte Dirichlet-Formel
::: Mit Hilfe dieser Formel berechne man fiir den KGrper K := :A
:
a) das Volumen nnd den Schwerpunkt; b) das geometrische Tragheitsmoment 0, beziiglich der Geraden g durch 0 in Richtung v, IIvI12 = 1; dabei ist 0, definiert durch
wobei d,(z, y, z) der Abstand des Punktes (x, y, z ) von g ist.
3. Es sei T : lRn + lRn eine nicht ansgeartete f i n e Transformation. Man zeige: 1st S der Schwerpunkt einer kompakten Menge K C lRn mit v(K) # 0, so ist T(S) der Schwerpunkt der Bildmenge T(K). 4. Das folgende Integral existiert genau fiir a
< 2 und hat dann den Wert
1 ~ ( G Y -) 2 -a
Jaz (a: + y)a
5 . Es seien p,q E IR und 9 eine Funktion auf (1;a). Man diskutiere y) uber den die Integration der Funktion (x,y) e xP-lyq-llp(x ,,Au%enraumL'lR: \ A? Insbesondere zeige man, daJi die Funktion (a: y)-a genau fiir a > 2 dariiber integrierbar ist, und d d dann
+
+
JR:
d(a:>Y) - 1 a -2 . \ a2(x + y)a
6. Die Jacobi-Abbildung Jn:lRn + lRn fir n 2 3. Man definiert
Man zeige:
9.4 Aufgaben
315
a) X I + . . . + X , = U I . b) J, bildet IR+ x (0;l)n-l diffeomorph auf IR; ab und (0;l ) ndiffeomorph auf (An)O. C) det JA(ul,. . . ,u,) = u;l-'(1 - U Q ) ( ~ uq)' ... (1 - u,),-'.
7. Die Dirichlet-Formel in der Dimension n. Man zeige: Sind pl,. . . ,pn reelle Zahlen und ist f eine Funktion auf (0;I ) , die nicht fast uberall verschwindet, so ist die Funktion
genau dann uber An C IRn integrierbar, wenn die Zahlen pl, . . . ,p, positiv sind und augerdem die Funktion u e up'+--+p"-'f(u) iiber (0;1) integrierbar ist. In diesem Fall gilt
8. Seien pl,. . . ,pn E IR und f eine Funktion auf einem Interval1 I [O; co),die nicht fast iiberall Null ist. Man zeige: Die Funktion
c
ist genau dann uber K ( I ) nIR; integrierbar, wenn pl, . . . ,p, > 0 und die Funktion r H f (r)rP-', p := pl + . . . +p,, uber I integrierbar ist, und dann gilt
1
9. Integration uber den Halbraum H;f := {x E IRn x, > 0). Es sei K;l-l(0) die offene Einheitskugel im euklidischen En-'. Man setze
und zeige: Fur eine Funktion f : H;1
+ C gilt
wobei das links stehende Integral genau dann existiert, wenn das rechts stehende existiert.
9 Der Transformationssatz
316
10. Es sei f : lE
+ C holomorph und injektiv,
lE = Kl(0)
C C. Man zeige:
a) f : lE + f (lE) ist ein Diffeomorphismus. b) f (IE) ist genau dann meBbar (als Teilmenge des IK2), wenn die Kceffizienten in der Potenzreihenentwicklung f ( z ) = C r = o cnzn der 2 Bedingung C;==, n [c,[ < m genugen, und dann gilt
11. Flachenmessung im. Poincnrt?sch,en Modell der hyperbolisch,en Geome-
t e e . Es sei H die obere Halbehene in C. Eine Teilmenge A C H hei%t hyperboliseh mejlbar, wenn das Lebesgue-Integral
existiert. Sein Wert uh(A) heist dann der hyperbolische Flacheninholt von A. Man zeige: Der hyperbolische Flacheninhalt ist invariant gegenuber den hyperbolischen Bewegungen T : H + H,
Fur zl,zz E H ist die hyperbolische Gerade durch zl und z2 definiert als die euklidische Halbgerade hzw. der euklidische Halhkreis in H durch tl und 22, welche bzw. welcher senkrecht auf die reelle Achse triB. Man zeige weiter: Ein hyperbolisches Dreieck A mit Innenwinkeln a, P, y ist hyperbolisch meghar und hat den Flacheninhalt
Anleitung: Man reduziere das Problem auf den Fall eines entarteten hyperbolischen Dreiecks mit einer Ecke in m.
Ein entartetes und ein nichtentartetes hyperbolisches Dreieck
10 Anwendungen der Integralrechnung
Von den vielfdtigen Anwendungen der Integralrechnnng sprechen wir hier drei Themen an: die Approximation von Funktionen, die Fourier-Transformation und quadratintegrierbare Funktionen. In diesem Kapitel verwenden wir auf IRn stets die euklidische Metrik
10.1 Faltung und Approximation von Funktionen Wir stellen ein Verfahren vor, das in sehr allgemeinen Fallen znr Approximation integrierbarer Funktionen durch glattere verwendet werden kann. Es besteht in einer ortsahhangigen Mittelung durch Faltung mit geeigneten Gewichtsfunktionen. Als ein wichtiges Ergebnis erhalten wir, da8 fur jede offene Menge U C IRn der Raum v ( U ) in Z1(U) dicht liegt. Die hier aufgezeigte Technik wurde von K. 0.Fkiedrichs (1901-1982) in einer grundlegenden Arbeit iiber Differentialoperatoren eingefiihrt und wird als Regularisiemng bezeichnet. I. Die Faltung Definition: Es seien f und g integrierbare Funktionen auf IRn. Dann ist ( x ,y) ct f ( x ) g ( y )eine integrierhare Funktion auf IRZn. Die Transformation ( x ,y) ct ( x - y, y) fuhrt diese in eine integrierbare Funktion uber. Nach dem ersten Teil des Satzes von Fubini existiert daher fur fast alle x E IRn das Integral
(f * g ) b ) :=
/ f (a:
-
Y M Y dy. )
Setzt man in den Punkten x, in denen das Integral nicht existiert, ( f * g ) ( x ) = 0, so erhdt man eine auf ganz IRn definierte Funktion. Diese heilSt die Faltung uon f und g. 1st eine der beiden Funktionen f und g beschrankt, so existiert das Faltungsintegral fur jedes x E Rn.
318
10 Anwendungen der Integalrechnung
In wichtigen Fallen kann man die Faltung als eine Mittelung deuten. Sei hierzu g eine nicht negative Funktion mit den Eigenschaften: (i) Der Trager von g lie@ in
(4 /K,(0)
%(a);
g(x) dx = 1.
Wegen Tr(g) C F ( 0 ) und der unten bewiesenen Kommutativitat ist dann
(f *g)(x) =
J
f(y)g(x - Y ) ~ Y .
K&)
Hiernach ist (f *g)(x) als der mit g gewichtete Mittelwert uon f in K,(x) anzusehen. Wir betrachten ein einfaches, charakteristisches Beispiel auf IR. Es sei 1 r > 0 und g, := - . 11-,;,].Fiir jede Regelfunktion f auf R ist dann 2r
c-r
f *g, ist ,,glatter als f': Fur jede Regelfunktion f ist f *g, stetig, und eine Vk+l-Funktion, wenn f eine Vk--Funktion ist. Fur stetiges f gilt ferner h r o (f * sr)(x) = f (XI.
Oben sind Funktionen f und unten ihre Faltungen f
Lemma: a) f
*g
* gr dargestellt
ist integrierbar, und es gilt
Bemerkung: Aufgrund von b) wird L1(Rn) mit der Faltung plikation zu einer Banachalgebra.
* als Multi-
10.1 Faltung und Approximation von Funktionen
319
Beweis: a) Die Funktion (x, y) H f (x - y)g(y) ist uber IR2" integrierbar. Nach dem zweiten Teil des Satzes von Fubini ist also f * g iiber IRn integrierbar. Durch Vertauschen der Integrationsreihenfolge ergibt sich weiter
b) folgt aus a) wegen 1 f * gl 5 If 1 * lgl. c) Mit der Substitution y H x - y ergibt sich fur fast alle x
d) Falls (f * g)(x) # 0 ist, gibt es ein y E Tr(g) mit x - y E Tr(f). Ein solches x liegt also in Tr(f) Tr(g). 0
+
Fiir die Faltung gilt ein wichtiger Differentiationssatz. Bevor wir ihn formulieren, fiihren wir eine Bezeichnung ein: Man setzt fur ein n-Tupel cu = (cul, . . . , a n ) ganzer Zahlen a, 0, einen sogenannten Multiindex,
>
x a : = x p ' . ..x:"
f r x = ( x , . . , x n ) und
ca:=cle
fiirc~C,
aef:=apl ... df:. Differentiationssatz der Faltung: Es sei g E Vk(IRn), k = 0, 1,.. . , eine beschrankte Funktion, deren partielle Ableitungen dag fiir alle a mit la1 5 k ebenfalls beschrankt sind; zum Beispiel sei g E V!(IRn). Dann gilt: Fur jede Funktion f E 2'(IRn) ist f * g E Vk(IRn), und fir la1 k gilt
<
Beweis: Im Fall k = 0 ergibt sich die Behauptung mit dem Stetigkeitssatz in 8.4: 1st M eine obere Schranke fiir lgl, so ist M . I f 1 eine fiir die Funktion x H f (y)g(x - y). Im Fall k > 0 folgt die Behauptung aus dem Differentiationssatz in 8.4: Fur jedes y gehart die Funktion x H f (y)g(x - y) zu Vk((Rn).1st M eine obere Schranke der ldegl fiir alle Multiindizes cu mit 1 . 1 5 k, so gilt Id: f (y)g(x - y)l 5 M . (y)l fiir alle y E IRn und la1 5 k. Die Funktion M . If 1 ist also eine Majorante im Sinn des Differentiationssatzes, und es folgt
If
320
10 Anwendungen der Integalrechnung
11. Faltnng mit Dirac-Folgen und Approximation von Funktionen
Wichtige Approximationen von Funktionen erzielt man durch Faltung mit Dirac-Folgen. Diese Folgen stellen eine mathematische Begriffsbildung fur die erstmals in der Physik von Dirac henutzten ,,S-FunktionL'dar und liefern sogenannte approximative Einsen in der Banachalgebra (L1(IRn),*). Wir verwenden Dirac-Folgen nur als Hilfsmittel; ihre eigentliche Bedeutung liegt in der Theorie der verallgemeinerten Funktionen (Distributionen) von L. Schwartz. Definition: Eine Folge von Funktionen Sk E P1(IRn) heist Dirac-Folge, wenn sie die folgenden drei Bedingungen erfullt: (Dl) Fur alle k ist 6k 2 0.
SR,
(D2) Fur alle k ist Sk dx = 1. (D3) Fur jede Kugel K,(O) ist lim "m
S
Sk dx = 0.
IR"\K"(O)
Deutet man die 6k als Dichten von Massenverteilungen, so besagt (D2), daB fur jedes k die Gesamtmasse 1ist, und (D3), daJi sich die Gesamtmassen mit wachsendem k gegen den Nullpunkt hin konzentrieren. Beispiel 1: Sei Wk der Wiirfel
[-l. i]n. Dann bilden die Funktionen k ,k
eine Dirac-Folge. Beispiel 2: Sei g: R
+ IR die Wm-Funktion
g(r) :=
{:(A)
Damit definiere man 6k : IRn
fur r E (-1; I), fur r 6 (-1; 1).
+ IR durch
Wegen des Transformationsverhaltens eines Integrals unter Streckungen ergibt sich sofort, daB die Funktionen 6k eine Dirac-Folge hilden. Die Glieder dieser Folge haben zwei wichtige spezielle Eigenschaften: (1') (1")
Alle fik sind Wm-Funktionen; der Trager von 6k ist die Kugel K l l k ( 0 ) .
10.1 Faltung und Approximation von Funktionen
+
Die Funktionen J1, J2 und 6,j der Dirac-Folge (1) Wir stellen nun einen Approximationssatz auf, dessen Beweisstruktur auch Beweisen anderer Approximationssatze als Vorbild dient. Approximationssatz: Es sei (6k) eine Dirac-Folge. Dann gilt: 1. Fiir jede Funktion f E 2Z1(IRn) ist die Folge (f * S h ) L1-konnergent men f. 2. Fiir jede gleichmaJig stetige, beschriinkte finktion f auf IRn konvergiert die Folge (f * 6k) gleichrngig auf IRn gegen f . Beweis: Zu 1: a) Wir beweisen die Behauptung zuniichst fur Treppenfunktionen. Aus Linearitatsgriinden genugt es hierzu, sie fur f = l Q , Q ein Quader, nachzuweisen. * ab. Dazu verwenden wir die wegen (D2) Wir schatzen illQ- lQ fur alle x und k gultige Darstellung
&Ill
322
10 Anwendungen der Integalrechnung
Damit erhalten wir
Dabei wurde Sk 2 0 verwendet. Vertauschen der Integrationsreihenfolge ergibt mit q , ( x ) := IIQ(x) - l Q ( x - y)I
t;.~
q, ist die charakteristische Funktion der Menge
Es sei nun E > 0 gegeben. Wir wiihlen dazu ein r > 0 so, daB u(Q,) < E ist fiir alle y E K := K,(O);dann gilt
3/
Das auBere Integral in (*) zerlegen wir nun in eines iiber K und eines uber IRn \ K . Mit (**) und v ( Q , ) 6 2u(Q) erhalten wir
1
11,
Wegen JK Sk dy 6 1 und ( D 3 ) folgt l Q - l Q* fin. 5 2~ fur alle hinreichend grogen k. b) Sei jetzt f E L?l(IRn) beliebig. Wieder sei ein E > 0 gegeben. Wir < E , sodann ein N wahlen dazu eine Treppenfunktion i p mit f derart, d d 119 - fp * & I l l < E fur alle k 2 N. Fur diese k gilt dann
1
Iplll
Zuletzt wurde verwendet, daB l16klll = J 6 k dx = 1 Zu 2: Zu E > 0 gibt es wegen der gleichmagigen Stetigkeit yon f ein r > 0 so, daB f ( x - y ) - f (x)l < E fiir alle x E IRn und alle y E K = K,(O) gilt.
1
10.1 Faltung und Approximation von Funktionen
Mit (Dl) und (D2) folgt fur alle x und k:
Hieraus folgt wie in a) groflen k.
If
I
(2)- f * 6 k ( ~ )5 ZE fiir alle x und alle hinreichend 0
Zusatz: Ist (Sk) die durch (1) definierte Dirae-Folge, so giltfur jede finktion f E Y1(Rn) weiter: (i) Alle f
* 6k
sind Wm-finktionen;
(ii) der Triiger uon f
* Sk
liegt in Tr(f)
+ Kllk(0).
Beweis: Beide Behauptungen ergeben sich unmittelbar aus den allgemeinen Eigenschaften der Faltung sowie den Eigenschaften (1') und (1") der Dirac-Folge (1). 0 Der folgende Satz bringt eine erste bemerkenswerte Konsequenz des Approximationssatzes und des Zusatzes. Laut Definition sind die uber IRn integrierbaren Funktionen jene Funktionen, die sich in der L1-Halbnorm beliebig genau durch Treppenfunktionen approximieren lassen. Wir zeigen nun, dal( man jede integrierbare Funktion auf IRn oder einer offenen Teilmenge U in der L1-Halbnorm aucb beliebig genau durch Wm-Funktionen mit kompakten Tragern in Rn bzw. U approximieren kann.
Bezeichnung: W!(U) bezeichnet den Vektorraum der Wk-Funktionen auf U, deren Trager eine kompakte Teilmenge von U ist. Definition: Sei L ein Vektorraum, auf dem eine Halbnorm 11 11 gegeben ist. Eine Teilmenge A C L heiflt dicht in L, wenn es zu jedem x E L und jedem E > 0 ein a E A gibt derart, dag Ilx - all < E gilt; in Zeichen: 2 = L. Satz: Fur jede offene Menge U C IRn liegt Wcm(U) dieht in Y1(U). Beweis: Nach 9.2 Hilfssatz 4 lie@ der Raum der Treppenfunktionen mit Tragern in U dicht in Sfl(U). Es genugt daher, zu jeder derartigen Treppenfunktion ip und jedem E > 0 ein h E Ycm(U) mit llip - hulll < E zu finden. Sei dazu (Sk) die Dirac-Folge (1). Nach dem Approximationssatz und dem Zusatz hat dann jede Funktion ip x 6k mit l / k < d(Tr ip,aU) die gewiinschten Eigenschaften. 0
324
10 Anwendungen der Integalrechnung
Als weitere Anwendung zeigen wir den
ApproximationssatzvonWeierstraB:Zu jeder stetigen Funktion f auf einer kompakten Menge K C Rn gibt es eine Folge (Pk) von Polynomen, die auf K gleichmgig gegen f konvergiert.
Beweis: Wir konstruieren diese Polynome durch Faltung mit den soge nannten Landau-Kernen Lk : IRn + IR, k E N :
Man sieht leicht, dafl ( L k )eine Dirac-Folge ist Fur den Beweis des Satzes nehmen wir an, das Kompaktum K liege in der offenen Kugel B := KlI2(O). Als erstes wahlen wir eine stetige Funktion F : Rn + C mit F I K = f , die auflerhalb von B verschwindet. Eine solche erhalt man wie folgt: Man wahle zu f gemaB dem Fortsetzungslemma von Tietze in 1.3.IV eine stetige Fortsetzung ip sowie eine stetige Funktion g : R + [O; 11 mit g ( c ) = 1 fur I max{llxll x E K } und g ( c ) = O fur 2 1. Eine gesuchte Fortsetzung ist dann gegeben durch F ( x ) := g(llxll)ip(x). Wir kommen zur Konstruktion der Polynome Pk. Da F als Funktion mit kompaktem Triger g1eichmaBig stetig ist, konvergiert die Folge ( F * Lk) nach dem Approximationssatz auf ganz R gleichmaflig gegen F , inshesondere auf K gleichmaig gegen f . Es geniigt also zu zeigen, dal3 jede Funktion F * Lk auf B mit einem Polynom Pk ubereinstimmt. Da Lk gerade ist und Lk(y - x ) fiir y $ x [-I; 11" verschwindet, gilt
c
c
I
+
Nun gilt T r F C 3 C x + [-1; lIn, falls x E B. Damit kann F .r L k ( x ) fur x E B auch durch Integration uber den von x unabhangigen Integrationsbereich Tr F dargestellt werden:
F
* Lk (x)=
1 F(y)Lk( y
- X ) dy;
x E B.
Tr F
L k ( y - x ) ist fur x , y E B eine Linearkombination men (a,p sind dabei Multiindizes). Damit folgt
C c , ~x e y
Die rechte Seite stellt das gewunschte Polynom Pk dar.
"on Mono-
10.2 Die Fourier-Transformation
10.2
325
Die Fourier-Transformation
In Band 1,16 sahen wir, d& periodische Funktionen relativ allgemeiner Art als Uberlagerungen harmonischer Schwingungen dargestellt werden konnen. Wichtige Klassen nicht periodischer Funktionen hesitzen anale ge Darstellungen, wobei an die Stelle der Fourierreihe das Fonrierintegral tritt. Die durch das Fourierintegral definierte Fourier-Transformation spielt in der Theorie der Informationsiibertragung eine bedeutsame Rolle.
I. Der Umkehrsatz Definition: Es sei f eine integrierbare F&ktion auf JRn. Dann ist die Fourier-Transfomierte zu f die Funktion f : IRn + Q: mit
/
f(x) := - f (t)eCi("' t, dt,
z E IRn.
f^ ist nach-dem Stetigkeitssatz fiir parameterabhingige Integrale stetig; ferner ist f beschrankt durch 1 / ( 2 7 ~ )11~f /Ill~ . Die Funktion f^kann als kontinuierliches Analogon der Folge g: Z + C der Fourierkoeffizienten einer loka-integrierbaren, 271-pen'odischen Funktion g anf IR angesehen werden; dabei ist TI
1
g(k) = - /g(t)eCi" dt, 271
k E i~
-77
Die Funktion f^hei%tkontinuierliches Spektrurn uon f , die Folge .?j diskretes Spektrwn uon g. Beispiel 1: Sei g := l~-l;ll. Dann ist
/
1
1 2 .sinx $($) = e-'"tdt = -
G-,
Jz?l
Man beachte, da%ji nicht zu T1(IR) gehort,
z
326
10 Anwendungen der Integalrechnung
Beispiel 2: f (t) = e&,
a > 0.
Die Fourier-Transformierte dieser Funktion haben wir im Wesentlichen bereits in 8.4 Beispiel 1 ermittelt (genauer fiir a = Wir berechnen sie jetzt nochmals mit Hilfe des Cauchyschen Integralsatzes. Zunachst ist
i).
Zur weiteren Umformung integrieren wir die holomorphe Funktion e-az2 iiber den Rand des Rechecks nebenan. Mit dem Cauchyschen Integralsatz erhalten wir
J e - ~ " 'dz = J e-a'2 73
m e-a
(t+i5/2al2dt = lim
-m
Rtm
iz,2a\
72
74
-
R
0
72
J
$liJ,,,
e-az2
R
71
74
eCaz2d t = 0. Folglich gilt
dz = lim Rtm
73
,
z3
d t + J e P z 2dz + J e P z 2dz.
71
Die Standardahschatzung ergibt
J
,
J
m
e-ai2
71
dt =
J
e-at2
dt,
-m
Mit 8.5 (12) erhalten wir also
Insbesondere gilt im Fall a =
$:
Im Folgenden benotigen wir auch das n-dimensionale Analogon zu (2): Sei
Aufgrund der Produktdarstellung e-lt12/2 e-i(55t) = ergibt sich mit dem Satz von Fuhini wegen (2)
es ist also
nu=, " ect?I2e-i5"tu
10.2 Die Fourier-Transformation
327
Wir leiten nun die eingangs behauptete Integraldarstellung fiir gewisse Funktionen mittels ihrer Fourier-Transformierten her. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Invarianzeigenschaft (Zn).
Umkehrsatz: Es sei f E 2Z1(IRn) eine finktion, deren Fourier-Pansfomierte ebenfalls zu 2Z1(IRn) gehort. Dann gilt fir fast alle t E IRn
A
Kurz: f^(t)= f (-t). Gleiehheit besteht in jedem Punkt t, in dem f stetig ist. Die Integraldarstellung (3) heist Spektraldarstellung von f. Sie ist ein Analogon der fiir 27i-periodische Funktionen unter geeigneten Voraussetzungen giiltigen Reihendarstellung f (t) = CEO=_,f (k)eikt. A
Beweis: Wir falten f mit der Dirac-Folge (&), die durch dl(t) := e - 1 llt112/2 (27i)nlz
und Jk(t) := knSl(kt)
definiert ist. DaB (Jk) eine Dirac-Folge ist, sieht man sofort mit 8.5 (11). Da 61 nach (Zn) die Invarianz-Eigenschaft $1 = 61 hat und gerade ist, folgt
Damit erhidt man
Der Integrand dieses iterierten Integrals hat als Funktion von (s,x) E IRZn die integrierbare Majorante If (s)l e-llxlIZ. Vertauschen der Integrationsreihenfolge und dann Auswerten des inneren Integrals ergibt weiter
Die Integranden konvergierenfiir k + w gegen f^(x)ei(", und werden von der integrierbaren Funktion If I majorisiert. Nach dem Konvergenzsatz von Lebesgue konvergiert also die Folge (f * 6k(t)) fiir jedes t gegen
328
10 Anwendungen der Integalrechnung
Andererseits ist die Folge (f * Sk) nach dem Approximationssatz in 10.1 L1-konvergent gegen f . Nach dem Satz von Riesz-Fischer konvergiert also eine geeignete Teilfolge auch punktweise fast uberall gegen f . Damit ergibt sich die erste Behauptung. Sei nun f stetig in to. Da (3) fast uberall gilt, gibt es eine Folge (t,) mit t, + to derart, daR an den Punkten t, in (3) Gleichheit besteht. Ferner stellt das Integral in (3) nach dem Stetigkeitssatz in 8.4 eine in to stetige Funktion dar. Damit folgt die Giiltigkeit von (3) auch in to. 0
Anwendung: Das Abtasttheorem von Shannon. Eine Funktion f E Y1(IR) heist handhegrenzt, wenn ihre Fourier-Transformierte f^ (technisch: die Frequenzdichte des Signals f ) auserhalb eines beschriinkten Intervalls verschwindet. Ein fiir die Signaltheorie grundlegendes Theorem besagt, da% eine stetige bandbegrenzte Funktion aus ihren Werten auf einem hinreichend feinen Raster {kT k E Z), T > 0, rekonstruiert werden kann.
I
Abtasttheorem: Eine stetige Funktion f EYSY'(IR), deren Fourier-Transfonnierte f^ auflerhalb des Intervalls (-b; b) verschwindet, kann fiir jedes T mit T < n/b aus ihren Werten f(kT), k E Z, rekonstruiert werden: Mit der Bezeichnung sinc(x) := (sinx)/x gilt fiir alle x E IR:
Beweis: f^ ist als stetige Funktion mit Triiger in [-TIT; TITI iiber IR integrierbar, und f ist stetig. Nach dem Umkehrsatz gilt also
7T(O
eixi d(
fiir alle x E I.
-n/T
Es seien F und G, die g-periodischen Funktionen auf I mit F(E) := f^(E) hzw. G,(E) :=
1
e-'"E fur
-
d%
E
E
[- T;T).Ihre Fourierkoeffizienten be71
71
ziiglich des ONS der Funktionen ek([) := a e - i k T c , k E Z, sind
bzw
329
10.2 Die Fourier-Transformation
Mit diesen gilt nach der allgemeinen Parsevalschen Formel (Band 1,16.7)
11. Glattheits- und Abklingeigenschaften von Fourier-Transformierten
Lemma: Sei f E 2'(IRn) derart, daj3fiir ein k E IN und jeden Multiindex a mit la1 5 k sogar tof(t) uber IRn integrierbar est. Dann existieren die partiellen Ableitungen def^ mit la1 5 k , und es gilt
Insbesondere sind die partiellen Ableitungen dof^ beschriinkt. Beweis: Es genugt, die Behauptung fur d, zu zeigen. Dafiir erhalt man durch Differentiation unter dem Integral
Diese Differentiation war zulassig, da der entstandene Iutegrand die von x unabhejlgige und nach Voraussetzung integrierbare Majorante it, f 1 besitzt. 0
Lemma: Sei f E W k(En) derart, daj3 f und do f fiir jeden Multiindex a mit la1 5 k uber IRn integrierbar ist. Dann gilt fir diese a aef
= (ix)"?
Insbesondere sind die Funktionen ze f^ beschriinkt. Beweis: Es genugt, die Behauptung fur eine Differentiation 3, zu zeigen. Dazu beschranken wir uns auf die Dimension n = 1. Aus der Darstellung
und der Iutegrierbarkeit von f' uber IR folgt, daJi f fur t + cc und t + -m Grenzwerte hat. Beide sind Null, sonst ware f nicht iiber IR integrierbar. Mittels partieller Integration ergiht sich daher
330
10 Anwendungen der Integalrechnung
Die Fourier-Transformation ubersetzt nach dem letzten Lemma die Differentiation 3" einer Funktion in die Multiplikation ihrer FourierTransformierten mit (ix)". Diese Algebraisierung macht die Fourier-Transformation zu einem starken Werkzeug in der Theorie der Differentialgleichungen. Wir demonstrieren das Verfahren an der Schwingungsgleichung. Beispiel: yU- y = f ; dabei sei f eine Funktion aus Z1(IR) mit f^ E Z1(R). Wir suchen eine fX2-Funktion y auf R, die zumindest an allen Stetigkeitsstellen von f die Differentialgleichung lost. Falls y, y' und y" zu Z1(IR) gehoren, impliziert die Differentialgleichung = -- I f? Nach Voraussetzung 1+x2 1 gehijrt -f zu Y1(IR). Der Umkehrsatz ergibt dann die Darstellung 1+x2 A
die Beziehung -x2F -
-
= f , also
Wir zeigen nun: Die durch (*) definierte Funktion y ist tatsachlich 2-ma1 stetig differenzierbar, erfiillt fast Cberall die gegebene Differentialgleichung und erfiillt sie sicher an allen Stetigkeitsstellen won f . Beweis: D& y 2-mal stetig differenzierbar ist und y" die folgende Darstellung hat, ergibt der Differentiationssatz in 8.4, da der Integrand in
und in der analogen Darstellung fur y' die von t unabhangige integrierbare Majorante f besitzt. Damit und mittels Umkehrsatz folgt schlieglich
wobei Gleichheit fast uberall besteht und sicher in den Stetigkeitsstelleu 0 von f . 111. Die Fourier-Transformation i m R a n m d e r schnell fallenden Funktionen
Im einleitenden Beispiel 1 haben wir gesehen, dafi die Fourier-Transformierte einer integrierbaren Funktion nicht ebenfalls integrierby sein mug, was uns dazu zwingt, im Umkehrsatz die Integrierbarkeit von f zu verlangen. Ein Raum, in dem diesbezuglich vollkommene Symmetrie herrscht, ist der Raum der sogenannten schnell fallenden Funktionen.
331
10.2 Die Fourier-Transformation
Definition: Eine Funktion f : IRn + C heiBt schnell fallend, wenn sie beliebig oft stetig differenzierbar ist, und wenn zweitens fur jedes Paar a,p von Multiindizes die Funktion ta@ f (t) auf IRn heschrankt ist. Der Vekt,orraumaller schnell fallenden Rinktionen heiBt Schwartz-Raum und wird mit Y = Y (En) bezeichnet. Beispiele sipd die Ww-Funktionen mit kompaktem Trager und die Funktionen e-"llxl , a > 0. Ferner: Sind f , g E Y , dann auch die Funktionen
f g,
ta f ,
dPf ,
t ct f (t)ei<x2t) fur jedes x E IRn
Jede Funktion f E Y ist uber IRn integrierhar, da sie fur ..lltll.. 2 1 einer Abschatzung I f(t)l 5 M lltll-(n+l' geniigt, M eine geeignete Konstante. Insbesondere hesitzt jedes f E Y eine Fourier-Transformierte, und diese gehijrt ehenfalls zu 9.~ a c den h beiden Lemmata in 11. ist njmlich ?beliebig oft stetig differenzierbar, und fiir beliebige a, P ist t*@ f beschrankt. Mit dem Umkehrsatz erhalt man schliefilich:
Satz: Die Fourier-Transformation induziert einen Isomorphismus des Schwartz-Raumes Y auf sich. Die Tatsache, daB mit f und g E 9 auch f g zu Y gehort, ermijglicht es, auf Y ein Slcalarprodukt einzufuhren; man definiert:
Jw.
Die dazugehijrige Norm ist gegeben durch l l f l l z = Zwei Funktionen f , g E Y heisen orthogonal zueinander, falls (f, g) = 0.
Beispiel: Die Hermiteschen Funktionen. Diese stellen eine wichtige Serie orthogonaler Funktionen in SV(IR) dar. Sie sind zugleich Eigenfunktionen der Fourier-Transformation und spielen als solche eine bedeutende Rolle in der Quantenphysik. Wir fiihren zunachst die Hermiteschen Polynome ein. Das Hermitesche Polynom H,, n = 0,1,2,. . . , ist definiert durch
Man rechnet muhelos nach, dafi Hk = 2n H n - ~ ,n = 1 , 2 , . . . Damit und mittels partieller Integration erhalt man fur n 2 m weiter
332
10 Anwendungen der Integalrechnung
Hieraus folgt mit 8.5 (12)
-m
-m
Die Henniteschen Funktionen h,: IR + IR definiert man nun wie folgt: (4)
h,(x) := ~ , ( x ) e C " ~ / ~n, = 0,1,2,. . .
Sie gehijren zu 9 ( E ) und erfullen nach (*) die Orthogonalitatsrelationen m
(4l)
(h,,
h,)
=
J
h , h, dx = 2,n!fi.
&,.
-m
In 10.3.V zeigen wir, daB sie sogar eine Orthogonalhasis fur Y(IR) hilden.
Satz: h, ist eine Eigenfunktion der Fourier-Transformation zum Eigenwert (-i)"; d. h., es gilt: A
h, = (-i),h,,
n = 0,1,. . .
Beweis durch Induktion nach n. Im Fall n = 0 wird gerade die Fixpunkteigenschaft (2) behauptet. Fur den SchluB von n auf n 1 erhalt man zunachst mittels partieller Integration, der Induktionsannahme und dem ersten Lemma in 11:
+
Ferner verifiziert man muhelos die beiden Beziehungen ~ hn+l = ( - ~ ) " + ~ e " ' /[(e-xZ)t](n'
= 2xhn - 2nh,-1
und hk = 2nh,-1 - xh,. Diese implizieren die Rekursionsformel h,+l = xh, - h',. A
Die Rekursionsformel und (**) ergeben schlieBlich h,+l = (-i)"+'h,+l. AbschlieBend beweisen wir, daB die Fourier-Transformation im Raum ( 9 , ( , )) als Isometrie operiert,. Die folgende Formel stellt ein Analogon der allgemeinen Parsevalschen Gleichung fur Fourierreihen dar; siehe Band 1,16.7.
10.2 Die Fourier-Transformation
Formel von Plancherel: Fur f , g E
Y gilt
Beweis: Da die Funktion ( x , t ) H f ^ ( ~ ) ~ ( t ) e ' (iiber " , ~ )lRzn integrierbar ist, ergibt sich mit dem Satz von Fubini und dem Umkehrsatz
Anwendung: Die Heisenbergsehe Ungleichung. Fiir f E Y(IR) gilt
Ein Analogon dieser Ungleichung spielt in der Quantentheorie eine wichtige Rolle. Dort wird die Bewegung eines Teilchens durch eine Funktion 11. E 5' mit 1111.112 = 1beschriehen, wohei 111.1' die Wahrscheinlicbkeitsdichte fiir den Ort und 1$12 die Wahrscheinlichkeitsdichte fiir den Impuls darstellt. Die Gr6Psen Ilt$l12 und 11x$112 dienen als Ma# der ,,Ausdehnung" von 11. bzw. $.
Betoeis: Zunachst erhilt T a n mit &em zweiten Lemma in Abschnitt I1 und der Formel von Plancherel llxf Ungleichung folgt weiter
[Iz
= Ilflllz =
I l f I llz.
Mit der Cauchy-Schwarzschen
lltfllz . llxfllz 2 I(tf>fl>l.
(*I
Das Skalarprodukt formen wir unter Beachtung von f E S ( R ) um:
Hieraus folgt ~ e ( f ' t, f ) = Behauptung.
Mit der Norm
11 1 1 ,
-$
~ l f l l ? . Zusammen mit (*) ergibt sich nun die 0
ist wie mit jeder Norm ein Konvergenzbegriff auf
Y gegeben. Beziiglich dieses Konvergenzbegriffesist Y nicht v o l l s t ~ d i g ; d.h., nicht jede Cauchyfolge in ( Y ,11 11,) besitzt dort einen Grenzwert.
* 6k, wobei (6k) Ein Beispiel liefert die Folge der Funktionen f k := l[-l;l~ die Dirac-Folge ( 1 ) sei. ( f k ) besitzt l[-l;ll als L2-Grenzwert, aber keinen Im nachsten Abschnitt fuhren wir den umfassenden Raum der quain Y. dratintegrierbaren Funktionen ein und zeigen, daf3 dieser vollstandig ist.
334
10 Anwendungen der Integalrechnung
10.3 Quadratintegrierbare Funktionen Die loka-integrierbaren Funktionen, deren Quadrat global integrierbar ist, spielen in der Analysis und in der Mathematischen Physik eine wichtige Rolle. Der Raum dieser Funktionen hat ein Skalarprodukt, ist vollstandig beziiglich der L2-Norm und besit,zt eine abzalbare Basis, was verallgemeinerte Fourierentwicklungen der Funktionen dieses Raumes ermoglicht. I. Die L2-Norm. Quadratintegrierbare Fnnktionen Definition: Fur eine beliebige Funktion f : A + CU{co} auf einer Menge A C IRn heiflt
(fi := m ) die L2-Norm, genauer L2-Halbnonn, won
f (bezuglich A).
Beweis: Die ersten drei Regeln folgen unmittelbar aus den analogen Regeln der L1-Halbnorm; die vierte ergibt sich wegen 1 f + gl 1 f 1 + lgl mit (iii) und der nachfolgenden Cauchy-Schwarzschen Ungleichung.
<
Cauchy-Schwarzsche Ungleichung: Fur beliebige f ,g gilt (5) Beweis: Zunachst in den Fallen 11 f [I2. llgl12 E 10, m}: Im ersten ist mindestens ein Faktor 0; ist etwa 11 f 112 = 0,SO gilt fast uberall f = 0 und folglich auch fast uberall f g = 0. Analog im zweiten Fall. Sei jetzt 0 < 11 f 112 < oo und 0 < llgl12 < m . AUSHomogenitatsgrunden genugt es dann, den Fall 11 f 112 = IlgllZ2=1 zu behandeln. In diesem aber fol@ llfslll 5 1 US lfsl $(lfI2+ lsl ).
<
Wir ziehen aus (5) sogleich eine wichtige Folgerung fur den Fall, daB die Menge A meBbar ist. Die Funktion g = 1 ist dann uber A integrierbar = JV(A).Somit gilt: und hat die L2-Norm llgl12 =
a
10.3 Quadratintegrierbare Funktionen
1
Es sei U im Folgenden stets eine 0-kompakte Menge im IRn.
335
1
Definition: f : U + C U {m) heist quadratintegrierbar uber U oder auch eine L2-Funktion auf U, wenn gilt: (i) f ist lokal-integrierbar und (ii) 1 f l2 ist integrierbar iiber U Den Raum der uber U quadratintegrierbaren Funktionen mit Werten in C bezeichnet man mit 5f2(U). Fur jede quadratintegrierbare Funktion f gilt nach Definition der L2-Norm
Beispiele: 1. Jede beschrankte integrierbare Funktion ist quadratintegrierbar; insbesondere ist jede schnell fallende Funktion auf IRn quadratintegrierbar. 2. Auf (1;m ) ist die Funktion x e x-' eine L2- aber keine L1-Fnnktion; auf (0; 1) ist x H x - ~ / ' eine L1- aber keine L2-Funktion. 3. Sei X C [O; 1 1 die Vitalische Menge, siehe 8.2.1. Dann ist f := 1,y -
$
nicht lokal-iutegrierbar, 1 f 1' aber ist integrierbar iiber [O;11. Lemma: Eine lokabintegrierhare Funktion f auf U ist genau d a m quadratintegrierbar, wenn il f 112 < m gilt. Beweis: 1st f quadratintegrierbar, so folgt 11 f 112 < m aus (7). Zum Nach~ U durch weis der Umkehrung w;ihlen wir eine Ausschopfung ( A k ) k Evon kompakte Teilmengen Ak, und setzen f h := min(1f 1 , k) . la,. f k ist integrierbar und beschrankt, also ist f l integrierbar. Ferner konvergiert die Folge (fz) monoton wachsend gegen 1 f 12, wobei die Folge der Integrale dx = ~lfkll;durch 11 f 11; heschrankt ist. Nach dem Satz von Beppo Levi ist also 1 f l%ntegrierbar.
fz
Folgerung: Sind f und g quadratintegrierbar uber U, so gilt:
+
a) f g ist quadratintegrierbar. b) Ref, Im f und f + , f - fur reelles f sind quadratintegrierbar c) f g ist integrierbar uber U ; insbesondere sind f 2 und g2 integrierbar . Beueis: a) f
+ g ist loka-integrierbar und mit 1 f + g12 < 2(lf 1' + lg12)
I
11,
fokt llf +gilt = If +912 5 2(11f2111 + lls2111)< 00. b) Die angegebenen Funktionen sind loka-integrierbar und ihre LXHalbnormen sind durch 11 f 112 beschrankt.
336
10 Anwendungen der Integalrechnung
c) Wegen b) genugt es, reelle f und g zu betrachten. Fur solche folgt die I Integrierbarkeit von f g mit a) aus f g = 2(1 f g12 - if l2 - lg12).
+
Korollar 1: 2Z2(U) ist ein Vektovaum. Korollar 2: 1st U meflbar, so gilt P 2 ( U ) C P 1 ( U ) . Korollar 2 folgt mit g = 1 aus c). 11. Der Vollstslndigkeitssatz von Riesz-Fischer
Definition: Eine Folge (fk) in 2Z2(U) heigt L2-konvergent oder auch em quadratischen Mittel konvergent gegen f : U + C, wenn gilt:
Ein L2-Grenzwert ist nicht eindeutig bestimmt. Fur jeden weiteren L2Grenzwert f gilt jedoch 11 f - fll, = 0, also 11 f - f i l l = 0; d. h., fast iiberall ist f = f. Ferner: Aus der L2-Konvergenz folgt nicht die punktweise Konvergenz; ein Beispiel stellt wieder der ,,Wandernde Buckel" dar; siehe 8.1.
Definition: Eine Folge (fk) in P 2 ( U ) heiBt L2-Cauchyfolge, wenn es zn jedem E > 0 einen Index N gibt so, da8 f k - fi < E fiir k, 1 > N.
11
1,
Grundlegende Bedeutung kommt der Tatsache zu, daB auch in der L2Theorie ein Vollstandigkeitssatz wie in der L1-Theorie gilt.
Satz (Riesz-Fischer): Jede L2-Cauchyfolge (fk) in P 2 ( U ) hat in P 2 ( U ) einen LKGrenzwert f . Insbesondere liegt jeder LKGrenzwert in P 2 ( U ) . Eine geeignete Teilfolge konvergiert punktweise fast uberall gegen f . Beweis: Wir fiihren den Satz auf den Vollstiindigkeitssatz von ReszFischer fur die L1-Theorie zuriick. Hierzu geniigt es nach der Folgerung in Abschnitt I, den Fall reeller Funktionen f k 2 0 zu betrachten. Wir notieren zunachst zwei einfache Sachverhalte: (i) (fk) ist L2-beschrankt; d. h., es gibt eine Zahl M > 0 mit 11 fkl12 < M fiir alle k. Man beweist dies wortlich wie die Beschranktheit einer Cauchyfolge komplexer Zahlen. (ii) ist eine L1-Cauchyfolge.Aus 5 f k - f112+21frI.Ifk-fiI folgt nimlich mit der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung
(fz)
I fz-f?I
I
Wegen (ii) ist die Folge (fz) L1-konvergent gegen eine Funktion F E P 1 ( U ) . Eine geeignete Teilfolge von (f;) konvergiert auch fast uberall punktweise
10.3 Quadratintegrierbare Funktionen
337
>
gegen F. Somit darf angenommen werden, daB F 0. Wir setzen f := f ist ein L2-Grenzwert von (fk); wegen f , f k 0 gilt n h l i c h
>
a.
Ferner ist f loka-integrierbar. Fur jede kompakte Menge K C U folgt namlich mittels (6) und einer analogen Rechnung wie soeben
. alle f k , ~integrierbar Danach ist f~ ein L1-Grenzwert von ( f k , ~ ) Da sind, ist nach dem Satz von Riesz-Fischer fur die L1-Theorie auch f~ integrierbar. Augerdem gilt 11 f llz = < m. Nach dem Lemma in Abschnitt I ist der L2-Grenzwert f also quadratintegrierbar. 0 111. Skalarprodukt und Existenz abztihlbarer Orthonormalbasen
Definition: Unter dem Skalarprodukt (f, g)der Funktionen f , g E Y 2 ( U ) versteht man den nach der Folgerung in I. existierenden Integralwert
( , ) ist kein Skalarprodukt im strengen Sinn, da aus (f, f ) = 0 nur fast iiberall f = 0 folgt. Trotzdem ist die Bezeichnung Skalarprodukt gebrauchlich. In Abschnitt VI fiihren wir einen Quotientenraum von Y 2 ( U ) ein, auf dem ( , ) ein Skalarprodukt auch im strengen Sinn induziert. Eine Menge E C Z 2 ( U ) heist Orthonomalsystem (ONS) auf U, wenn fiir jedes Paar e, e' E E d - t: 1, falls e = e', (e, e') = 0, falls e # e'.
Definition: (i) Eine Teilmenge E C Z 2 ( U ) heigt vollstandig, wenn der Vektorraum V(E) der (endlichen) Linearkomhinationen von Elementen aus E in Y 2 ( U ) dicht liegt; d. h., wenn es zu jedem f E Y 2 ( U ) und jedem E > 0 ein Element s = C;=, ck ek E V(E), ck E C, mit 11 f - sll, < E gibt. (ii) Ein ONS E C Z 2 ( U ) heiBt Orthonomalbasis (ONB) fur T 2 ( U ) , wenn es vollstandig ist. Es ist eine Tatsache von groBer Tragweite, daB fiir jede offene Teilmenge U C IRn der Raum Z 2 ( U )eine abzihlhare Orthonormalbasis besitzt. Man sagt dafiir auch, Z 2 ( U ) sei separabel. Zum Beweis zeigen wir zunachst ein Dichte-Lemma.
338
10 Anwendungen der Integalrechnung
Lemma: Es sei U C IKn eine offene Menge. Dnnn liegt die Menge TQ(U) der rationalen Treppenfunktionen mit Pager in U dicht in 2'yU). Dahei heige eine Treppenfunktion rational, wenn sie eine Darstellung in der alle Koeffizienten ck rationale komplexe Zahlen sind, d. h., Zahlen in $ i$, und die Quader Q k rationale Eckpunkte haben. Die Menge TQ(U) ist abziiblbar.
C ck lQbbesitzt,
+
Beweis: Es genugt, folgende zwei Behauptungen zu zeigen: (i) Zu jedem f E A?'(U) und jedem E > 0 gibt es eine Treppenfunktion $ rnit Trager in U und f < E. (ii) Zu jeder Treppenfunktion $ rnit Trager in U und jedem E < 0 gibt es eine rationale Treppenfunktion ip rnit Trager in U und < E. Zu (i): Es geniigt, den Fall f 2 0 zu behandeln. Nach Hilfssatz 4 in 9.2 gibt es eine Treppenfunktion d rnit Trager in U und f 2 - 411, < z2, wobei wir 4 2 0 annehmen diirfen. D a m ist $ := f i eine Treppenfunktion rnit der gewunschten Approximationsgute:
11
$11,
il$ pll,
1
Zu (ii): Es geniigt, zu jeder Treppenfunktion der speziellen Gestalt c . lQ eine rationale Treppenfunktion c* . lp zu finden so, da8
Nun gilt fiir jeden Quader Q* C Q
Hiernach kann (*) bei gegebenen c, Q und E rnit einer rationalen komplexen Zahl c* und einem rationalen Quader Q* c Q erfullt werden. Als erste wichtige Konsequenz erhalten wir: Satz: Fiirjede offene Menge UCIRn besitzt A?'(U) eine abzahlbare ONB.
Beweis: Ausgehend von einer Basis des yon TQ(U) aufgespannten C-Vektorraums erhdt man rnit Hilfe des Gram-Schmidtschen Orthogonalisierungsverfahrens ein abziiblbares ONS, das diesen Vektorraum aufspannt. Dieses ONS stellt eine ONB dar. 0 Eine weitere Konsequenz des Lemmas ist der Vollsthdigkeitstest: Ein ONS E auf einer offenen Menge U C IRn ist eine ONB fiir Z Y U ) , wenn es zu jeder Treppen,funktion ip mit %ger in U und jedem E > 0 eine Funktion s E V ( E )gibt mit llip - sll, < E .
10.3 Quadratintegrierbare Funktionen
Beispiel: Das O N S der Funktionen
339 2: ct
1
eikx, k E Z, ist eine O N B
-
./%
fur P 2 ( 0 ; 2n). Denn nach dem Satz in aid 1,16.7 gibt es zu jeder Treppenfunktion ip mit Trager in (0; 2n) ein trigonometrisches Polynom S mit Ilip -
sllz < E.
IV. Entwicklung beziiglich eines ONS. Der Satz von Riesz Es sei U wieder eine a-kompakte Menge im IRn und E = {el, ez,. . .) sei ein abzahlbares O N S in Y2(U). Vm bezeichne den von e l , . . . ,em aufge spannten Unterraum. Zu gegebenem f E P 2 ( U ) sol1 ein 5 E V, ermittelt werden derart, dag [If - sll, 5 11 f - wll, fiir alle v E Vm gilt. Eine solche Minimierungsaufgahe wurde bereits in Band 1,16.5 diskutiert. Da jene Uberlegungen auch hier gelten, formulieren wir nur noch das Ergebnis. Vorweg fuhren wir Bezeichnungen ein; man setzt ?(k) := (f, ek)
und
Smf :=
z
k=l
f (k) . ek
und bezeichnet die Zabl f^(k) als k-ten Fourierkoefizienten von f bezcglich des ONS E.
Lemma (Minimaleigenschaftund Approximationsgiite von S, f ) : Fur jedes f E P 2 ( U ) gilt beziiglich eines beliebagen ONS E:
Satz: Wenn das ONS E vollstandig ist, geltenfirjede Funktion f E Y 2 ( U ) die nach (9) gleichwertigen Aussagen: (i) Die Folge (S, f ) ist L2-konvergent gegen f :
(ii) Es gilt die sogenannte Parsevalsche Gleichung
Beweis: Wegen der Vollstandigkeit des O N S gibt es zu jedem E > 0 eine Linearkombination v von Elementen e l , . . . , eN mit 11 f - ull, < E. Wegen der Minimaleigenschaft von SNf in VN folgt 11 f - SNf [Iz < E. AUSdem gleichen Grund gilt 11 f - Smf 112 < E fur m 2 N. Das heweist (i) und mit (9) auch (ii).
340
10 Anwendungen der Integalrechnung
Fouriersynthese nach Riesz. Die Fourierkoeffizienten jeder Funktion f E Z 2 ( U ) beziiglich eines ONS haben nach (9) die Eigenschaft
Die Folgen (ck) in Q: mit C& 1ckl2 < m heiBen e2-Folgen. Die Gesamtheit dieser Folgen bildet den Hilbertschen Folgenraum e2; siehe 1.6. Es ist nun von groBer Tragweite, d d umgekehrt jede e2-Folge eine Funktion in z Z ( U ) reprasentiert. S a t z (Riesz): Es sei E = {el,e2,. . .) ein ONS in Y 2 ( U ) . Dann gibt es zu jeder Folge (ck) E e2 eine finktion f E Z 2 ( U ) mit
Beweis: Wir zeigen, daX die Folge der Funktionen S, := CT=l ck ek in Z 2 ( U ) konvergiert und eine Funktion mit den gewiinschten Eigenschaften 2 2 darstellt. Wegen IIS,+, - Spllz= Ic,+ll + . . . + l ~ , + , 1 ~ und wegen (ck) E E2 ist (S,) eine L2-Cauchyfolge. Nach dem Vollstandigkeitssatz von RieszFischer hat (S,) also einen Grenzwert f E 5f2(U). Wir zeigen: f^((k) = ck. Da E ein ONS ist, gilt f^((k) - ck = (f - S,, ek) fur alle rn 2 k. Daraus folgt mit der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung
1 s,I ,
Wegen f -
+ 0 ist also f^(k) = ck. Nach (9) gilt nun weiter m
llfll; - C lck12 = llf k=l
Daraus folgt wegen 11 f - S,112
- snll:.
+ 0 auch die Formel fur 11 f l12.
0
Historisches. Wir hahen hier den Synthesesatz von Riesz mit Hilfe des Vollst2ndigkeitssatzes fiir die ~ ' - ~ h e o r ihergeleitet. e Tatskhlich sind diese beiden Sitze gleichwertig. Der Vollstandigkeitssatz wurde 1907 von E. Fischer (1875-1954) aufgestellt, der Synthesesatz im gleichen Jahr von F. Riesz (1880-1956).
Mit dem Satz von Riesz beweisen wir noch ein wichtiges Kriterium fur die Vollstandigkeit einer Menge in Z 2 ( U ) .
VollstSndigkeitskriterium: Eine Menge E = {el, ez, . . .} in 2Z2(U) ist genau dann vollstiindig, wenn jede finktion g E Z 2 ( U ) , die auf allen ek E E senkrecht steht, fast Cberall Null ist.
10.3 Quadratintegrierbare Funktionen
341
Beweis: Es genugt, den Fall eines ONS E zu hehandeln. Der allgemeine Fall folgt daraus durch Gram-Schmidt-Orthonormalisierung. a) Sei E ein vollstindiges ONS. Dann hat ein g E T 2 ( U ) , das auf allen ek senkrecht steht, nach der Parsevalschen Gleichung die LLNorm 0. Ein solches g ist fast uherall Null. b) Sei E unvollstandig. Dann giht es ein h E 2Z2(U), das nicht in V(E) liegt. Insbesondere ist (Ilh - S,hll,) keine Nullfolge; nach (9) gilt also
Sei andererseits f E 2Z2(U) eine nach dem Satz von Riesz existierende Funktion mit f^(k) = %(k) fiir alle k und
, . Die Funktion g := h - f steht dann wegen (g, ek) = h(k) - f(k) = 0 auf allen ek senkrecht, und ist wegen llgl12 2 llhll, - 11 f 112 > 0 fast uherall von Null verschieden. A
V. K o n s t r u k t i o n vollstSndiger ONS. E i n e ONB f ~ Tr2 ( I E ) Wir geben ein Verfahren zur Konstruktion vollstandiger Erzeugendensysteme fur 2Z2(a; b), (a; b) ein Intervall, an. Durch Orthogonalisierunggewinnt man dann auch Orthonormalhasen. Mit diesem Verfahren erhalt man als Orthonormalbasis fiir T 2 ( R ) die Folge der Hermiteschen Funktionen. Im Beweis des folgendeu Satzes henotigen wir, daB die Fourier-Transformierte einer exponentiell abklingenden Funktion die Beschrinkung einer holomorphen Funktion auf IR ist. Lemma: f E 2Z1(IR) habe die Eigenschaft, dajl fir eine geeignete Konstante S > 0 sogar die finktion t H e6Itlf (t) zu 2Z1(R) geh61-t. Dann gibt es im Streifen S := { z E C IImzl < S} eine holomorphe Funktion F mit F(z) = f^((z) fCr s E R . Fiir z E S und n = 0 , 1 , 2 , . . . gilt
I
Beweis: Wir definieren F fiir z E S durch F ( z ) := -J f ( t ) e - ' ~dt. ~
45,
342
10 Anwendungen der Integalrechnung
Die Funktion z H f (t)e-iit ist fur jedes t holomorph in S. Ferner bestehen bei beliehigem positiven 6' < 6 fur alle z mit lIm zl 5 6' die Ahschatzungen t E IR, C, eine geeignete Konstante. Nach dem Holomorphiesatz in 8.4 ist F also holomorph in S mit Ablekungen wie angegeben. 0
Satz: Es sei I ein beliebiges Interval1 und f eine fast uberall won Null werschiedene, integrierbare Funktion auf I , die f i r alle x E I eine Absehhtzung 1 f (x) I 5 ec6 " 1 mit Konstanten C, 6 > 0 erfiillt. Dann ist die Folge der finktionen
c
xnf,
n = O , l , 2 ,...,
vollstandig in P 2 ( I ) . Beweis: Wir betrachten ein g E P2(I) mit
Fur 6' := ,$6 ist die Funktion e6'l"l f~ lokal-integrierbar, nnd ihr Quadrat kann aufgrund der Voraussetzung dnrch C2e-61" abgeschatzt werden; sie gehijrt also zu P2(IR). Folglich ist die Funktion es"'1f~qI integrierbar. Nach dem vorausgehenden Lemma gibt es eine holomorphe Funktion F mit ~ ( (0)~= 1 F(x) = f z I ( x ) , Wegen (*) gilt F ( ~ ) ( o )= 0 fur n = 0,1,. . . ; die Potenzreihenentwicklung von F im Nullpunkt ist also 0. Mit dem Identitatssatz fiir holomorphe Funktionen folgt daher F = 0. Der Umkehrsatz der Fourier-Transformation ergiht weiter frq1 = 0 fast uberall, also g~ = 0 fast iiberall. Mit dem Vollstandigkeitskriterinm erhalt man nun die Behauptung. 0 Beispiel: Die Hermitesehen Funktionen als ONB fiir P2(I&). Nach dem 2 Satz bilden die Funktionen znecx 12, n = 0,1,2,. . ., ein vollstindiges Erzeugendensystem fiir Y2(IR). Diese Funktionen spannen denselben @Vektorraum auf wie die in (4) eingefuhrten Hermiteschen Funktionen hn = ~ , e - " ~ /da~ die , Hermiteschen Polynome H, Polynome n-ten Grades sind. Mit ( 4 l ) ergiht sich also:
Satz: Die Hermitesehen finktionen h,, n = 0,1,2,. .., bilden ein uollstandiges Orthogonalsystem fur Y2(IR).
10.4 Aufgahen
343
VI. Der Hilbert-Raum L Z ( U ) Die Sesquilinearform ( , ) auf Y 2 ( U ) , U eine offene Menge im IRn, ist mangels Definitheit kein Skalarprodukt im Sinn der linearen Algebra. Sie induziert aber ein solches auf einem geeigneten Quotientenraum. Man konstruiert diesen in Analogie zum Banachraum L 1 ; siehe 8.1. Es sei dazu A' der Untervektorraum von Y 2 ( U ) der Funktionen f rnit 11 f 11, = 0,d. h., der Funktionen auf U , die fast iiberall verschwinden. Man identifiziert nun , f - g E A'. Auf dem Quotientenraum zwei Funktionen f , g E Y 2 ( U ) wenn Y 2 ( U ) / J Yinduziert dann die Sesquilinearform ( , ) ein positiv definites Skalarprodukt: Man erklart dam fiir zwei Aquivalenzklassen [ f ] und [g] ( [ f ] , [ g ] ) := ( f , g ) ; dieser Wert hangt, wie man leicht sieht, nicht von der Wahl der Reprasentanten ab. Den Quotientenraum Y 2 ( U ) / A 'zusammen rnit dem soeben erklarten Skalarprodukt bezeichnet man rnit L 2 ( U ) .Mit dem Vollstandigkeitssatz von Riesz-Fischer fur Y 2 ( U )zeigt man muhelos, daB L2(U) ein Hilbertraum ist, und rnit dem Synthesesatz von Riesz, daB dieser zum Folgenraum isomorph ist.
e2
10.4 Aufgaben 1. Man zeige, daB die Faltung assoziativ ist, 2. Es seien A und B kompakte Mengen im IRn rnit A C B D .Man zeige: Es gibt eine Funktion ip E CepO(IRn) rnit iplA = 1 und ip I (IRn \ B ) = 0.
3. Man berechne die Fourier-Transformierte der Funktion f : IR + IR, f ( x ) := eiW5. 1[-,;,] rnit w , a E IR, und diskutiere sie in Abhangigkeit von w und a. 4. Man zeige, da8 die Fourier-Transformiertejeder Funktion f E Y1(IRn) auf Null abklingt: f^(x) + 0 fiir 11x11 + m. Hinweis: Man zeige die Behauptung zunkhst fiir Treppenfunktionen.
5. Sei g := l [ - l ; l l .Man berechne g?
und zeige rnit Hilfe des Umkehr-
satzes
6. Sind f und g schnell fallende Funktionen, so ist auch f
7. Man beweise die Faltungsregel: Fiir f , g E Y 1(IRn) gilt f
*g =
7.z.
* g eine solche.
344
10 Anwendungen der Integalrechnung A
F*?.
8. Man zeige: Fur Funktionen f , g E Y(IRn) gilt f g = -
(2~)~l'
9. a) Die Fourier-Transformierte einer rotationssymmetrischen Funktion f E T1(IRn) ist rotationssymmetrisch. b) Es sei E C IRn die euklidische Einheitskugel. Man zeige
wobei JnI2 die Besselfunktion der Ordnuug n/2 hezeichnet Hinweis: 8.6 Aufgabe 9.
10. Warmeleitvng in einem unendlich langen Stab. Es bezeichne u ( x ,t ) die Temperaturverteilung am Ort x zur Zeit t > 0 , die aus einer Anfangsverteilung f ( x ) zur Zeit t = 0 entsteht. u ist eine Losung des Anfangswertproblems 2
ut = c us* ~ ( x0 ), = f ( x )
auf IR x R+ (c > 0 ) , fiir x E IR.
Es sei f E 9 ( I R ) . Man zeige: Die auf IR x (0;w ) dnrch
definierte Funktion ist 2-ma1 stetig differenzierbar, kann stetig fortgesetzt werden auf IR x [O; w ) und lost das Anfangswertproblem. Vgl. 8.6 Aufgabe 10.
11. Fur a E IR+ sei f,(x) := zeige man f ,
* fb
a
n (x2+ a2)
Mittels Fourier-Transformation
'
= fa+6.
12. Fur die Hermiteschen Polynome beweise man:
13. Sei f ( x ) := I l ~ l l , ~ , a E IR. Fur welche a ist f uher die Kugel K l ( 0 ) im enklidischen IRn quadratintegrierhar, fur welche uber IRn \ K 1(0)? Man berechne jeweils 11 f Ill. 14. Fur jede offene Menge U C IRn lie@ V c f f i ( Udicht ) in P 2 ( U ) . 15. Die Legendre-Polynome bilden ein vollstandiges Orthogonalsystem fiir 3 7 - 1 ; 1);vgl. Band 1,11.11 Aufgabe 20.
345
10.4 Aufgaben
16. Darstellungssatz von Riesz. Eine Linearform @: T 2 ( U )+ C, U eine offene Menge in IRn, heiBt beschrankt, wenn es eine Konstante C gibt derart, daB i @ ( f ) l 5 C llfll fiir alle f E Y 2 ( U ) ;vgl. 1.3.V. Nach der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung induziert jede Funktion g E T 2 ( U )mittels @ , ( f ) := ( f , g ) eine beschrankte Linearform auf T 2 ( U ) .Man zeige, daB es umgelcehrt zu jeder beschranlcten Linearform @ auf T 2 ( U )eine Funktion g E T 2 ( U )gibt derart, daJ2
Hinweis: Man ermittle die Fourierkoeffizienten einer gesuchten Funktion g beziiglich einer ONB von L?'(u).
17. Die Poissonsche Summenfonnel. Diese ist ein Abtasttheorem fur eine Funktion und ihre Fourier-Transformierte bei gekoppelten Rastern. Es sei f E T 1 ( I R )eine stetige Funktion. Sowohl f als auch f^ mijgen eine Abklingbedingung
erfiillen. Dann gilt fiir positive T ,
Siehe Band 1.16.10.
T^ mit TT^
=2~i
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten
des euklidischen IRn
In diesem Kapitel besprechen wir die Integration von Fnnktionen uber Untermannigfaltigkeiten im euklidischen IRn. Mittels lokaler Parameterdarstellungen wird diese Aufgabe auf Integrationen im IRd zuruckgefiihrt, wobei d die Dimension der Untermannigfaltigkeit ist.
11.1 Reguliire Parameterdarstellungen Wir fuhren in diesem vorbereitenden Abscbnitt haherdimensionale Analoga der regular parametrisierten Kurven ein. Definition: Sei LJ C JRd offen. Eine Cel-Abbildung y : LJ + IRn heifit Immersion oder auch reguliire Para.meterdarstellung, falls ihr Differential dy(u): IRd + IRn fiir alle u E LJ regulir, d. h. injektiv abbildet. Gleichwertig d a m ist, daB die Funktionalmatrix yl(u) fiir alle u E LJ den Rang d hat. Q heifit der Parameterbereich, y(Q) die Spur von y. In der Differentialgeometrie nennt man y auch eine regulare Flache im IRn. Eine Immersion y = (yl,. . . ,7,) : LJ + IRn bildet die zum Basisvektor E IRd parallele Kurve &idurch den Punkt u E Q, &i(t):= u+tei, auf eine Kurve im IRn ab, deren Tangentialvektor in t = 0 der i-te Spaltenvektor
ei
der Funktionalmatrix yl(u) ist:
Die Bedingung Rangyl(u) = d besagt nun, d d die Tangentialvektoren &y(u), . . . ,ddy(u) linear unabhangig sind. Der von ihnen aufgespannte ddimensionale Vektorraum heifit der Tangentialraum von y in u und wird mit T,y bezeichnet. 1st die Spur M := y(Q) eine Mannigfaltigkeit, so hat sie nach dem unten folgenden Lemma die Dimension d. Ferner gilt dann T,y = T,M, a := y(u); denn diese beiden Vektorraume haben die gleiche Dimension, und wegen &y(u), . . . ,ad?(%) E T a M gilt T,y C TaM:
11.1 Regulke Parameterdarstellungen
Beispiele von Immersionen: 1. Die regularen Kurven, d. h. die V1-Kurven y: I alle t E I , I ein offenes Intervall.
+ IRn
mit $(t)# 0 fiir
LJ + Rn der Graphen von C&'-Abbildungen LJ c R d ;dabei sei y definiert dm& y ( u ) := (u, f ( u ) ) .
2. Die Parametrisiemngen y:
f : LJ+
3. Die stereographische Projektion; siehe 1.3.11(6'). 4. Regulare Rotationsflhchen im IR3. Es sei
a = (r,z ) : I
+ Ra
eine regulire Kurve mit r(u) > 0 fiir alle u E I , I ein offenes Intervall. Man definiere dam
T
y:IRxI+IR3 durch
(1)
, ( u , v ) E IR x I .
y ist stetig differenzierbar und hat die Ahleitung (1')
r' ( u )cos u r'(u)sinu z'(u)
-r(u) sin u r(u)cos u 0
348
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen 'RI
Die beiden Spaltenvektoren von yl(u,v) sind wegen ( r f ( v ) zf(v)) , # (0,O) und r ( v ) > 0 linear unabhangig; y ist also eine regulare Parameterdarstellung. Ihre Spur heigt die von a erzengte Rotationsflache mit der z-Achse als Rotatimsachse. Die Koordinatenlinien u H y ( u , v ) , v fest, nennt man Breitenkreise dieser Flache, die Koordinatenlinien v ct y ( u , v ) , u fest, deren Meridiane. Zwei spezielle Beispiele: 1. Der Halbkreis a ( v ) = stellung
():,
uE
(-t;t),
ergibt die Parameterdw
der ,,gelochtenLL Einheitssphare S2\ { N , S), wobei N = (0,0,1)der Nordpol ist und S = (0,0,-1) der Siidpol. Jedes Parameterpaar (u, u ) mit y ( u ,v) = (x,y, z ) nennt man spharische Koordinaten des Punktes (x,y, 2). Offenbar entsteht y aus der Polarkoordinatenabbildung P3 dnrch Einschrankung auf {l) x R x (-T-. F ) 2' 2
Ein Punkt P E s2\ {N, S} und seine sphhrischen Koordinaten u, v
(
)
2. Der Kreis a ( v ) = R+acos'u , v ~ I R , m i t O < a < R e r g i b t d i e P a r a .nu meterdarstellung
fire Spur T wird als Toms bezeichnet
11.1 Regulke Parameterdarstellungen
349
T ist zngleich die Menge der Punkte (x, y, z ) , die der Gleichung
geniigen. Man stellt leicht fest, dag a2 ein regdirer Wert yon f ist. T ist also eine 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit des IR3.
Erzeugung eines Torus sowie Breitenkreise und Meridiane
Im folgenden Lemma leiten wir eine lokale Normalform der regulken Parameterdarstellungen her: Wir zeigen, daB diese in hinreichend kleinen Parameterbereichen im wesentlichen zu Parametrisierungen yon Graphen (siehe Beispiel 2) aquivalent sind.
Definition: Zwei Parameterdarstellungen yi: Ci + IRn, i = 1,2, nennt man apuiualent, wenn es einen Diffeomorphismus T : 01+ Q2 gibt mit 71 = yz
0
T.
Lemma (lokale Normalform einer Immersion): Es sei y: 0 + IRn eine regulare Parameterdarstellung auf einer offenen Menge 0 C IRd. Danm gibt es zu jedem uo E 0 eine offene Umgehvng c C u,nd eine Permutation P : IRn + IRn der Koordinaten derart, daj3 P o y 1 00aquiualent ist zu einer Parameterdarstellung y*: V + IRn, V C IRd offen, der speziellen Gestalt
Y*(x)= ( z , ~ ; ; + l ( x ) , . . . , ~ ; ( z ) ) ; d. h., es gibt einen Diffeomorphismus T : COno V derart, daj3 P o y I CO= y* oT.
Insbesondere ist ~ ( C Oeine ) d-dimensionale Untermannigfaltigkeit des IRn.
350
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
Beweis: Wir nehmen an, es seien die Ableitungen der ersten d Komponentenfunktionen von y im Punkt uo linear unabhangig, und wenden dann den Umkehrsatz auf die Abbildung (71,. . . ,yd): (2 + IRd an. Danach gibt es eine offene Umgebung Co von u0 derart, daB die Einschrankung T := (71,. . . ,yd) I Co ein Diffeomorphismus auf eine offene Menge V C IRd ist. Wir setzen nun y* := y o T-'. y* ist eine Immersion: Fur v E V ist namlich das Differential dy*(u) als Komposition der injektiven Differentiale dy (T-'(v)) und dT-'(u) injektiv. y* hat auch die gewiinschte Bauart und leistet die behauptete Faktorisierung. 0 Die Spur einer Immersion muB keine Mannigfaltigkeit sein, selbst dann nicht, wenn y injektiv abbildet. Ein Beispiel liefert die regdire Kurve
Ihre Spur M ist keine Mannigfaltigkeit, da jede hinreichend ldeine M-Umgebung von (0,O)durch Entfernen dieses Punktes in mindestens vier disiunkte zusammmenhiin~ende Menaen zerfdlt. ~ffensichtlichbildet y : (-n/2; x/2) M nicht homoomorph ab; M ist namlich kompakt, das Parameterintervall aber nicht.
Die Spur einer Immersion mu%keine Mannigfaltigkeit sein
Definition: Eine Immersion y : 0 + IRn heiBt Einbettung, wenn sie C homoomorph auf die Spur y(C) abbildet; dabei sei y ( 0 ) mit der von IRn induzierten Teilraumtopologie versehen. Satz: Die Spur einer Einbettung y : C + E n , f2 offen in Ed, ist eine ddimensionale Untermannigfaltiglceit. Je zwei Einbettungen yi: Ci + E n , i = 1,2, n i t derselben Spur y ~ ( C l= ) yz(C2) sind aquivalent. Beweis: Sei M := y ( 0 ) und sei a E M. Zu u := y-'(a) E C wable man eine offene Umgebung 6'0 c C wie im Lemma. Da nach Voraussetzung y : C + M homoomorph abbildet, ist y(Co) eine offene Umgebung van a in M. Laut Definition der Teilraumtopologie gibt es daher eine offene Umgebung U C IRn von a mit M fl U = ~ ( C O Nach ). obigem Lemma ist also M fl U eine Untermannigfahigkeit. Folglich ist auch M eine. Zum Nachweis der zweiten Behauptung sei M = yi(Ci), i = 1,2. Es genugt zu zeigen, d& T := y;' o yl : Cl + Cz eine V1-Abbildung ist. Sei ul E 01. Zu u2 := T(u1) gibt es nach dem Lemma eine offene Umgebung Cg c Qn,, einen Diffeomorphismus 7: + V a d eine offene Menge V C IRd und eine lineare Abbildung pr: IRn + IRd derart, da8 y;' auf = 7-I o pr besitzt. Auf T-l(Cg) gilt also yz(O$) die Darstellung y;' T = 7-' o pr oyl. Hiernach ist T eine %I-Abbildung. 0
11.2 Das Volumen d-dirnensionaler Parallelotope
11.2
351
Das Volumen d-dimensionaler Parallelotope
Die Integration uber eine d-dimensionale Untermannigfaltigkeit im euklidischen Rn werden wir lokal mit Hilfe von Parameterdarstellungen auf Integrationen iiber offene Mengen im IRd zuruclduhren. Einen Anhaltspunkt fur die dabei in Rechnung zu stellende Maherzerrung erhalten wir anhand des d-dimensionalen Volumens d-dimensionaler Parallelotope im IRn. Es seien a l , . . . ,ad Vektoren im IRn, d 5 n. Dann heist die Menge
{x 1 d
tiai tl, . . . ,td E [o;I]} i=l das von al, . . . ,ad aufgespannte Parallelotop oder der d-Spat. Zur Definition eines &dimensionalen Volumens fur d-Spate gehen wir axiomatisch vor. Wir suchen eine Funktion P(a1,. . . ,ad) :=
Ud:
-
Rn~"'xIRn~IR, d Faktoren
die folgende Forderungen erfullt: (Vl) ud(a1,. . . ,Xai, . . .,ad) = [XI . vd(a1,. . .,ad) fiir X E IR, (V2) ud ( a ~.,. . ,ai aj, . . . ,aj, . . . ,ad) = vd (al, . . . ,ad) fur i # j , (V3) ud(a1,. . . ,ad) = 1 fur jedes orthonormierte System a l , . . . ,ad ERn.
+
Im Fall d = n spielten die Eigenschaften (Vl), (V2) und (V3) bei der Berechnung des Volumens eines n-dimensionalen Parallelotops im R n eine maggebliche Rolle, siehe 7.7; in der dort gegebenen Situation war das (n-dimensionale) Volumen bereits durch die allgemeine Definition in 7.5 erklkt. In der vorliegenden Situation sind (Vl), (V2) und (V3) Axiome fiir das zu definierende d-dimensionale Volumen.
Satz und Definition: Es gibt genau eine hnktion ud mit (Vl), (V2) und (V3). Ist A die Matrix rnit a l , . ..,ad E Rn als Spalten, so erfiillt die Funktion (al, . . . ,ad) ct diese Forderungen. Man definiert also
ATA ist eine d x d-reihige, symmetrische und positiv semidefinite Matrix; Letzteres wegen xTATAx= (Ax, Ax) 2 0. Hat A den Rang d, so ist ATA sogar positiv definit. In jedem Fall gilt det ATA 2 0. Beweis: Mit den Rechenregeln fiir Determinanten kann man ohne Muhe verifizieren, daf2 die angegebene Funkt,ion die gewunschten Eigenschaften hat. Wir uberlassen die Durchfiihrung dem Leser.
352
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
Daf2 es hijchstens eine Funktion ud mit diesen Eigenschaften gibt, zeigt man wie fiir die Determinante: Sind a l , . . . ,ad linear unabhbgig, so wahlt man in dem von a l , . . . ,ad aufgespannten Vektorraum eine orthonormierte Basis bl, . . . ,bd und fuhrt die Matrix (al,. . . ,ad) durch die Umformungen 0 Multiplikation einer Spalte mit einer Zahl, 0 Addition einer Spalte zu einer anderen, in (bl,. . . ,bd) uher. Bei jeder Umformung ist die Anderung von ud durch (Vl) hzw. (V2) geregelt. Damit ergibt sich, daJ2 man vd(a1,. . . ,ad) einzig und allein aufgrund der geforderten Eigenschaften berechnen kann. Sind al, . . . ,ad aber linear abhangig, so kann man die Matrix (al, . . . ,ad) durch ebensolche Umformungen in eine Matrix iiberfiihren, in der eine Spalte Null ist. Damit ergibt sich in diesem Fall ud(al,. . . , a d ) = 0 aus (Vl). Im Fall d = n - 1 erhalt man eine weitere Darstellung der Volumenfunktion durch das a d e r e Produkt. Es hezeichne A h die quadratische, (n - 1)-reibige Matrix, die aus der Matrix A mit den Spalten a l , . . . ,an-1 durch Streichen der k-ten Zeile entsteht. Als aufleres Produkt der Vektoren al, . . . ,an-1 des euklidischen IRn definiert man dann den Vektor (6)
alA...Aa,-l
mit
:= (:I)
a h := (-I)~-'det Ak.
an
Im Fall n = 3 ist a1 A a2 das gewohnte Vektorprodukt im IR3. Das a u % e re Produkt a1 A . . . A a,-1 erfiillt mit jedem heliehigen weiteren Vektor b E IRn die charakteristische Identitat:
hier steht links das Standardskalarprodukt von b und a1 A , . .Aan-l. Beweis durch Entwicklung der Determinante nach der ersten Spalte. Lemma: Das auflere Produkt a1 A , . . Aan-1 steht senkrecht auf den Vektoren a l , .. . ,an-1 und hat die euklidische Lhnge
Beweis: Die Orthogonalitatsaussage ergiht sich, wenn man in (6') der Reihe nach b = a l , . . . ,an-1 setzt; die Determinante wird dann jedes Mal Null. Nachweis von (7): Sei N := a1 A . . . A a,-1. Wegen (N, ai) = 0 gilt
11.3 Integration iiber ein Kartengebiet
353
Danach ist (det(N, A))' = l l ~ 1 .1 det ~ ATA. Andererseits ergibt (6') die weitere Beziehung det(N, A) = l l ~ 1 1 ~Damit . folgt (7). 0 Aus (5) ziehen wir nun eine wichtige Folgerung uber die Volumenverzerrung bei einer linearen Abbildung. Lemma: Es sei a: IRd + IRn eine lineare Abbildung mit der Matrix A. Dann gilt fur jeden Quader Q C IRd
1
(8)
ud(a(Q)) = @.u(Q),
go := det ATA.
1
Die ( d x d)-Matrix A T A heifit Majtensor der Abbildung a und gm heifit deren Gramsche Deteminante.
Beweis: Es seien b l , . . . ,bd E IRd Vektoren, die Q aufspannen. a(Q) wird dann van Abl, . . . ,Abd aufgespannt. Bezeichnet B die Matrix mit den Spalten bl, . . . ,bd, SO folgt:
11.3 Integration iiber ein Kartengebiet Wir befassen uns in diesem Abschnitt mit der lokalen Version der Integration uber eine Untermannigfaltigkeit des euklidischen IRn, n h l i c h mit der Integration iiber ein Kartengebiet. Definition: Eine M-offene Teilmenge U einer Untermannigfaltigkeit M des IRn heigt Kartengebiet, wenn es eine Karte 9:U' + V, U' eine offene Teilmenge des E n , gibt derart, d d U = U' fl M .
;
M
IRn
; +; R"
Ein Kartengebiet U in einer Mannigfaltigkeit M L e m m a 1: Jedes Kartengebiet U in einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M C IRn ist die Spur einer Einbettung y : 0 + IRn, 0 eine offene Menge im IRd. Je zuiei Einbettungen yi : f2i + E n , i = 1 , 2 , mit der Spur U sind aquiwalent.
354
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
Beweis: Es sei y : U' + V eine Karte rnit U' n M = U ; ferner Q die Teilmenge im lRd rnit f2 x (0) = V n @ und y : Q + U die durch y (u) := y-'(u, 0) definierte Abbildung. y bildet LJ homijomorph auf U ab. Ferner ist y eine regulare Parameterdarstellung, da yl(u) ans den ersten d Spalten der Funktionalmatrix (9-')'(u, 0) besteht und somit uberall den Rang d hat. y ist also eine Einhettung rnit der Spur U . - Die Aquivalenz zweier 0 Einbettungen wurde bereits in 11.1gezeigt. Wir kommen zur Integration uber ein Kartengebiet U C M. Diese wird rnit Hilfe einer reguliiren Parameterdarstellung y : Q + U auf eine Integration uber den Parameterranm Q c lRd hinubergespielt. Ahnlich wie bei der Plausibilitatsbetrachtung zum Transformationssatz denken wir uns LJ in kleine Quader Qi zerlegt und y in jedem Qi durch die lineare Abbildung dy(uj): ELd + ELn, ui ein Punkt in Qi, approximiert. dy(ui) bildet Qi auf einen d-Spat Si im Tangentialraum an U im Punkt pi = y(uj) ab. Dabei wird das Volumen von Qi nach (8) rnit der Wurzel der Determinante des MaBtensors von dy(ui) multipliziert.
Abbildung eines Quaders durch y und auch durch das Differentialdy(ui)
~
Man definiert in Verallgemeinerung von (8) (9)
g7(u) := det ( y ' ( ~ .)yl(u)) ~
~
und bezeichnet die Matrix y ' ( ~ .yl(u,) ) ~ a18 Majltensor der Abbildung y in u E LJ und gY(u) als Gmmsche Detenninante von y in u. Der Mafitensor ist eine positiv definite symmetrische (d x d)-Matrix. Seine Elemente sind der Spaltenvektoren von yl(u). die Skalarprodukte gij = (?Iiy,djy) Wir fuhren nun unsere obige Betracbtung weiter. Nach (8) gilt rnit der u(Qi). ES liegt also in (9) eingefuhrten Bezeichnung ud(Sj) = nahe,
lu
m. xf (pi) .ud(Si) = xf ('Y(ui)) . m.u(Qi)
als eine Nahernngssumme ftir das zu definierende Integral zu verwenden. Die rechts stehende Summe ist zugleich eine Niherungssumme fur das iiber LJ erstreckte Integral f (y(u)) . m d u . Wir ziehen deshalb solche Integrale zur Definition des Integrals uber U heran.
In
11.3 Integration iiber ein Kartengebiet
355
Zunachst eine Sprechweise: Eine Funktion f : U + C U {co)auf einem Kartengebiet U heige integrierbar bezuglich der Einbettung y : 0 + IRn mit U = Spur y, wenn die Funktion (f o y) . uber den Parameterraum 0 integrierbar ist, nnd dann heifit
das Integral von f bezuglich der Einbettung y L e m m a 2: Es sei U ein Kartengebiet in einer Untermannigfaltigkeit des euklidischen IRn, und es seien y,: 0, + U , i = 1 , 2 , zwei Einbettungen. Dann gilt: Ist eine finktion f auf U bezuglich yl integrierbar, dann auch bezuglich yz, und die Integrale JY' f und JY2 f sind gleich.
Beweis: yl und yz sind aquivalent, und T : Ql + Q2 sei der Diffeomorphismus mit y~ = yz a T. Fur die Magtensoren von yl und yz in u E 01 bzw. v = T(u) E 0 2 erhalt man mit der Kettenregel
Fur die Gramschen Determinanten folgt daraus die Beziehung
rn= Idet T 1 ( uI). m. Der Transformationssatz ergibt schliefilich
wobei das Integral uber 01genau dann existiert, wenn das Integral uber 0 Q2 existiert. Aufgrund dieses Lemmas ist die folgende Definition sinnvoll: Definition (Integration iiber ein Kartengebiet): Eine Funktion f : U + C U {m) auf einem Kartengebiet U in einer Untermannigfaltigkeit des euklidischen IRn heifit integrierbar tiber U , wenn sie bezuglich einer und dann jeder Einbettung y: 0 + U integrierbar ist. Der von der Wahl der Einbettung y unabhangige Wert
wird als Integral uon f uber U definiert
356
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
1st die Fnnktion 1uber U integrierbar, so heist der Wert des Integrals
d-dimensionaler Flacheninhalt oder aucb d-dimensionales Volumen von U . m d u wird als Flachenelement bezuglich y bezeichnet. Beispiel 1: Integration iiber 1-dimensionale Kartengebiete. Es sei I ein offenes Intervall, y : I + IRn eine Einbettung und M die Spur von y. Die Gramsche Determinante von y ist j'T;i = 11j'112. Damit erhilt man fiir das Integral einer Funktion f auf M
sofern das rechts stehende Integral existiert. Insbesondere ist die Mannigfaltigkeit M genau dann megbar, wenn die Kurve y rektifizierbar ist; gegebenenfalls stimmen das 1-dimensionale Ma8 der Mannigfaltigkeit und die Bogenlange der Kmve uberein: ul(M) = s(y). Beispiel 2: Integration iiber die gesehlitzte Sphtire. Es sei S: := r . S2 und A der Meridian {(x,0, z ) E S: z 5 0). Die langs A geschlitzte Sphare S? \ A besitzt die Parameterdarstellung
I
y : Q + S$\A ist ein HomGomorphismus und somit eine Einbettung. Deren MaBtensor bzw. Gramsche Determinante lanten (ylT. yf)(u, 2) = r2
Po2:)
,
= r2cosu.
Damit ergibt sich fur das Integral einer Funktion f iiber S: \ A
hierbei existiert das links stehende Integral definitionsgema genau dann, wenn das rechts stehende existiert. Im Fall der Existenz, etwa wenn f eine beschrankte stetige Funktion ist, kann die Integration iiber das Parame terrechteck f2 nach dem Satz von Fubini auf iterierte Integrationen iiber die Intervalle (-n; T ) und (-7112; 712) zuriickgefuhrt werden.
11.3 Integration iiber ein Kartengebiet
Als Fliicheninhalt von S: \ A ergibt (10)
Die Diskussion in 11.6 uber Nullmengen wird zeigen, dafi eine Funktion f auf S: genau dann integrierbar ist, wenn ihre Beschrankung anf S? \A integrierbar ist, und daB die Integrale gegebenenfalls gleich sind. Im Vorgriff auf diesen Sachverhalt haben wir das Ergebnis, daB (10) auch die Integration einer Funktion f iiber die ganze Sphiire SF leistet; insbesondere ist damit 4nr2 der Flacheninhalt auch von S?. Dem nachsten Beispiel stellen wir eine Formel fiir die Gramsche Determinante einer Parameterdarstellung eines (n - 1)-dimensionalen Kartengebietes U C Rn voran. Es sei y: 0 + IRn eine Einhettung, 0 eine offene Menge im IRn-I und U = Spur y.Die Formeln (5) und (7) ergeben nun
Beispiel 3: Integration iiber Graphen. Es sei h : 0 + R eine (e1-Funktion anf einer offenen Menge 0 C IRn-', rhihr Graph und y: 0 + rhdie Parameterdarstellung
Man zeigt leicht, daB
Mit (11) folgt daher
Fur das Integral einer Funktion f uber
rherhalt man damit
sofern das rechts stehende Integral existiert.
358
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
Fur den Flacheninhalt von
rhergibt (14) im Existenzfall die Formel
m Diese verallgemeinert die Formel s = J~~ eines Graphen im IR2; siehe Band 1,12.2.
d
Beispiel: Der FEcheninhalt der HalbspWe S:-':= S-':
x fur die BogenlBnge
1
{x E Sn-' x,
> 0).
ist der Graph der Funktion
(14') ergiht in Verbindung mit dem Satz uher die Integration rotationssymmetrischer Funktionen
dabei bezeichnet K,-1 das Volumen der (n - 1)-dimensionalen Einheitskugel. Die Existenz des Flacheninhalts von S-:' ist mit der Existenz des rechts stehenden Integrals gesichert. Es sei
Wir zeigen, d d 2+12
w, = nn, = r(nl2)' Nach 8.4 (9) ist nur w, = nn, zu beweisen. Zunachst haben wir
Fur das hier und das in (x) rechts stehende Integral ergibt eine partielle Integration die folgende Beziehung, mit der dann (15) gezeigt ist:
Bemerkung: In 11.6 wird sich zeigen, dafi w, der FlBcheninhalt der ganzen Sphare Sn-' ist.
359
11.4 Zerlegungen der Eins
Eigenschaften des Integrals iiber ein Kartengebiet. Dieses Integral hat aufgrund seiner Definition analoge Eigenschaften wie das Lebesgue Integral im IRn. Wir notieren nur folgende: a) Mit f ist auch 1 f 1 integrierbar. Ist f reell und integrierbar, dann sind auch f + und f - integrierbar. b) Ist f eine integrierbare and g eine beschrankte integrierbare finktion, dann ist auch fg integrierbar. c) Satz von Beppo Levi: Es sei (fk) eine monotone Folge integrierbarer Funktionen. Ist die Folge der Integrale Ju f k d S beschrankt, so ist auch die punktweise gebildete Grenzfunktion f integrierbar, und es gilt
d) Satz von Lebesgue: Es sei ( f h ) eine Folge integrierbarer finktionen, die punktweise gegen eine finktion f konvergiert. Es gebe eine integrierbare Funktion F mit 1 f k l 5 F f i r alle k . Dann ist auch f integrierbar, und es gilt / f d ~ =klim i m /fkds.
u
U
Beweis f i r d): Sei y: (2 + U eine Einbettung. Dann ist ( ( f r , o y ) . m )eine Folge integrierbarer Funktionen auf 0 , die punktweise gegen die Funktion ( f o y) . @ konvergiert und in (Fo 7). @ , eine int,egrierbare Majorante hesitzt. Somit ist auch ( f o y ) . @ uber (2 integrierbar, und es gilt
Das aher ist gleichwertig zur Behauptung.
0
11.4 Zerlegungen der Eins Um die Integration einer Funktion f uber eine beliebige Untermannigfaltigkeit zu definieren, zerlegen wir die Funktion in eine Reihe f = C f , von Funktionen f j , deren Trager jeweils in Kartengehieten liegen, und integrieren dann summandenweise gemas 11.3. Zur Konstruktion solcher Zerlegungen verwenden wir nach Dieudonnk Zerlegungen C &i = 1 der Funktion 1, wobei die Trager der E , jeweils in Kartengebieten liegen, und setzen dann f i := f&i. Zum Nachweis der Existenz von Zerlegungen der Eins stiitzen wir uns auf kompakte AusschGpfungen der Untermannigfaltigkeiten.
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
360
Lemma: Jede Untermannigfaltigkeit M des IKn besitzt eine kompakte Ausschopfung. Damnter versteht man eine Folge ( K i ) kompakter Teilmengen von M mit den folgenden zwei Eigenschaften (i) K i C K,O+,; dabei ist der offene K e n bezuglich der Teilraumtopologie auf M zu bilden; m
(ii)
U Ki
i=l
=M.
Beweis: Sei {V,)iEm eine abzahlbare Basis der Topologie von M derart, daB fur jede Menge V , die in M gebildete abgeschlossene Hulle kompakt ist. (Eine solche Basis erhalt man zum Beispiel wie folgt: Man nehme die offenen Quader Q , C IRn mit rationalen Eckpunkten und derart, d d M kompakt ist; dann bilden die Mengen V, := Qi fl M eine Basis der Topologie von M wie verlangt.) Wir setzen dann K l := E, bestimmen induktiv eine Folge von Indizes 1 = n1 < n2 < . . . so, daf2 jeweils
an
gilt, und erhalten damit eine kompakte Ausschopfung. Korollar: Aus jeder offenen ~ b e r d e c k u neiner ~ Untermannigfaltigkeit M C IRn kann man abzMlhar viele Mengen auswahlen, die ebenfalls M uberdecken. Insbesondere besitzt jede Untennannigfaltigkeit eine ~ b e r deckung durch abzahlhar viele Kartengebiete.
Beweis: Jede Menge K i einer kompakten AusschGpfung von M wird bereits durch gewisse endlich viele Mengen der Uberdeckung uberdeckt, M also durch gewisse abzahlbar viele. Definition: Unter einer Zerlegung der Eins auf einer Untermannigfaltig: + [O;11, keit M verstehen wir eine Familie stetiger Funktionen E ~ M i E IN,mit folgenden Eigenschaften: 1. Die Familie {&i)iEmist lokal-endlich; das bedeutet: Zu jedem Punkt x E M gibt es eine Umgebung V, derart, daB E~ I V, Null ist fur alle his auf endlich viele i E IN. 2. An jeder Stelle x E M gilt
m
C z i ( x ) = 1.
i=l
1st % eine offene Uberdeckung yon M (zum Beispiel durch Kartengebiete), ) dieser ~ ~ iiherdeckung m untergeordnet, so sagt man, die Zerlegung { ~ ~ sei wenn zusatzlich das Folgende gilt:
3. Fiir jedes i ist der Trager T ~ inEeiner ~ der Mengen von '32 enthalten.
11.4 Zerlegungen der Eins
361
Satz (Existenz einer Zerlegung der Eins): Zu jeder offenen ~ b e r deckung % einer Untermannigfaltigkeit M c IRn gibt es eine dieser ~ b e r deckung untergeordnete Zerlegung der Eins.
Beweis: Bei der Konstruktion einer solchen Zerlegung verwenden wir wiederholt folgenden Sachverhalt: ( c ) Zu jeder Umgebung V c M eines Punktes x E M gibt es eine stetige Fun,ktion 9: M + [O; w) mit ip(x) > 0 und Tr(ip) C V . Zum Nachweis von (*) wahle man eine Kugel K,(x) C IRn derart, daC K,(x) n M C V. Die Einschrankung ip := f I M der Funktion f : IRn
+ IR
mit
f
(E)
:=
fiir
< E IRn \ KF(x)
hat dann die in (*) geforderten Eigenschaften. Wir kommen nun zur Konstruktion einer Zerlegung der Eins, die der Uberdeckung 9 untergeordnet ist. Es sei dazu (K,) eine kompakte Ausschopfung von M. Wir wahlen dann zunachst zu jedem i E IN endlich viele stetige Funktionen ipi,~,. . .,pi,,, : M + [O; oo) so, d d gilt: a) Der Trager jeder dieser Funktionen liegt in einer Menge der Uherdeckung 9 und in K,"+, \ Ki-2 (dabei seien K-1, KO := 8); b) in jedem Punkt x E Kt einen positiven Wert.
\ K L 1 hat
wenigstens eine dieser Funktionen
Solche Funktionen findet man mittels (*) wie folgt: Man w< zu jedem x E Ki \ K;, eine stetige Funkt,ion pi,,: M + [O;m), deren Trager in liegt, und fiir die einer Menge der Uherdeckung 9 und in K,O+, \ ipi,,(x) > 0 gilt. Die Mengen W(x) := {I E M ipi,,(<) > 0) bilden gewisse dann eine offene Uherdeckung der kompakten Menge K, \ K;,; Die endlich viele W(xl), . . . , W(xTi)iiherdecken also ebenfalls K, \ K.,: Funktionen pi,? := pi,,;, j = 1,. . . ,ri, leisten dann a) und b). Die Gesamtheit der Funktionen ipiSj, i E N,j = 1,. . . ,r i , ist offensichtlich lokd-endlich. Somit konvergiert die Reihe
I
und definiert eine positive stetige Funktion auf M. Die Funktionen E ~ := , ~ hilden eine der Uberdeckung %! untergeordnete Zer0 legung der Eins.
i p i ~ l i pschlieglich
Zusatz: Die Funktionen der soeben konstruierten Zerlegung der Eins sind stetig differenzierbar; sie entstehen aus %"Funktionen im IKn durch Einschrankung auf M . Ferner sind alle ihre Trager kompald.
362
11.5
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
Integration iiber eine Untermannigfaltigkeit
In 11.3 haben wir das Integral uber ein Kartengebiet erkliirt. Wir wenden uns jetzt der Integration iiber beliebige Untermannigfaltigkeiten zu. Mit Hilfe einer Zerlegung der Eins fiihren wir dieses Problem auf die Integration iiber Kartengehiete zuriick.
M hezeichne im Folgenden stets eine F1-Untermannigfaltigkeit des euklidischen IRn. Als erste, triviale Verallgemeinerung der Integration uber ein Kartengebiet definieren wir: Eine Funktion f : M + (C U {m), deren Trager in einem Kartengebiet U c M lie& heist integrierbar uber M, wenn die Einschrankung f I U iiber U integrierbar ist, und dann setzen wir
Diese Definition hangt nicht von der Wahl des Kartengebietes ab. 1st V ein weiteres Kartengebiet mit Tr(f) C V , so gilt namlich
Wir stellen zunachst ein Zerlegungslemma auf. Dieses wird uns bei der Definition der Integration uber eine beliebige Untermannigfaltigkeit als Richtlinie dienen. Fiir den Beweis des Lemmas erweisen sich die guteu Konvergenzeigenschaften des Lebesgue-Integrals als groge Hilfe.
Zerlegungslemma: Es sei f : M + C U { m }eine Funktion, deren II-ager in einem Kartengebiet enthalten ist, fener sei { ~ i } i ~ neine v Zerlegung der Eins auf M . Dann gilt: f ist genau dann Cber M integrierbar, wenn folgende zwei Bedingungen erfiillt sind: 1. Jede finktion f & i ist integrierbar uber M ;
Beweis: a) Wir betrachten zunachst den Fall, daJi M eine offene Menge im IRn ist; M ist dann zugleich ein Kartengebiet. Es sei f integrierbar. Dann ergibt sich die Bedingung 1 aus der Folge ~i 5 1 fiir alle k. rung zu 8.3 Satz 6 und die Bedingung 2 aus
EL,
11.5 Integration iiber eine Untermannigfaltigkeit
363
Umgekehrt: f erfulle die genannten Bedingungen. Die Folge der Partialsummen der Reihe Czl I f 1 &i konvergiert punktweise und monoton wachsend gegen 1 f 1 , uud die Folge der Integrale dieser Partialsummen ist laut Voraussetzung 2 beschrankt. Nach dem Satz von Beppo Levi ist also 1 f 1 integrierbar. Weiter gilt f ~ i l5 If 1 ; nach dem Satz von Lebesgue ist i und es gilt f dx = Czl JM f ~ dz. i also f = Czl f ~ integrierbar,
IC;=,
1
M
b) Der allgemeine Fall reduziert sich nach (16) zunachst auf den Fall, daB M ein Kartengebiet ist. Dieser wird mittels einer Einbettung y: Q + M auf a) zuruckgefuhrt. Wir setzen: qi := E~ o y und F := ( f o y ) w . {qi}iEmist eine Zerlegung der Eins auf Q, und es gilt: 0
fzi ist uber M integrierhar
Q
Fqi ist uber Q integrierbar,
und ebenso fur 1 f 1 bzw. IFI. Mit dieser Uber~etzun~stabelle fuhrt man den vorliegenden Fall auf den hereits behandelten zuruck. 0
In Anlehnung an das Zerlegungslemma definieren wir nun die Integration auch fur Funktionen, deren Trager nicht notwendig in Kartengebieten enthalten sind. Um sinnvolle Analoga der heiden Bedingungen 1 und 2 formulieren zu konnen, arbeiten wir mit Zerlegungen der Eins, die einem Atlas untergeordnet sind. Unter einem Atlas uon M versteht man eine Uberdeckung von M, die aus Kartengehieten besteht. Fur eine beliebige } Funktion f auf M und eine einem Atlas untergeordnete Zerlegung { ~ ider Eins liegen die Trager der Funktionen f~~ jeweils in Kartengebieten.
Satz n n d Definition (Integration iiber Untermannigfaltigkeiten): Eine finktion f : M + CU{m} auf einer Untermannigfaltigkeit M im IRn he@ integrierbar uber M , wenn es eine einem Atlas won M untergeordnete Zerlegung {&i}i€wder Eins gibt, so daJ gilt: 1. Jede finktion f~~ ist integrierbar uber M ;
Sind diese Bedingungen fir eine Zerlegung {&i}der Eins erfullt, dann sind sie es auch fur jede andere, einem Atlas untergeordnete Zerlegung der Eins. Der Wert der folgenden Reihe hangt nich,t uon der Wahl der Zerlegung {&i} ab und wird als Integral von f uber M definiert:
364
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
Beweis: Es sei { q k } eine weitere, einem Atlas untergeordnete Zerlegung der Eins. Zu zeigen ist dann: 17. Jede Funktion f q k ist integrierbar,
Zu 17: Wir wenden auf die Funktion fqk (ihr Trager liegt in einem Kartengebiet) das Zerlegungslemma mit { & i } i E m an: Da alle Funktionen f & i nach Voraussetzung integrierbar sind, sind es auch alle Funktionen f q k & i ; ferner ist nach Voraussetzung 2
Nach dem Zerlegungslemma ist also f q k integrierbar, und es gilt
ebenso fiir 1 f 1 anstelle von f . Zu 27: Wir wenden nun auf jede Funktion { q k } k E ~an und erhalten
(**I
5
k=l M
f&i
das Zerlegungslemma mit
=J ~ E ~ ~ s ; M
ebenso fiir 1 f 1. Hieraus folgt nach Voraussetzung 2
Mit (*), dem Doppelreihensatz und mit (xx) fiir 1 f 1 ergibt sich weiter
ebenso fiir f anstelle von 1 f 1. Die fiir 1 f 1 angeschriebene Beziehung enthalt 27. Die analoge Beziehung fiir f stellt die Behauptung 3 dar. 0 Die Integration uber eine Teilmenge einer Mannigfaltigkeit wird analog zur Integration uber eine Teilmenge des IRn mittels t,rivialer Fortsetzung der zu integrierenden Funktion erklart.
11.5 Integration iiber eine Untermannigfaltigkeit
365
Definition: Eine Funktion f auf einer Teilmenge A c M heist integrierbar uber A, wenn die durch f a ( z ) := f ( x ) fiir x E A und f a ( x ) := 0 fur x E M \ A definierte Funktion fa uher M integrierhar ist. Man setzt dann
Ferner heiBt eine Menge A C M meflbar, wenn die Funktion 1 uher A integrierhar ist; gegebenenfalls bezeichnet man den Wert des Integrals
als d-dimensionales Volumen oder auch als d-dimensionalen Flacheninhalt von A (d = Dimension von M ) .
Satz: Jede stetige Funktion f auf einer kompakten Teilmenge A einer Untermannigfaltigkeit M c IRn ist uber A integrierbar. Insbesondere ist jede kompakte Teilmenge A C M meflbar.
Beweis: a) Die Menge A sei in einem Kartengebiet U enthalten und y : 0 + IRn sei eine Einbettung mit U = Spur y. ( f o y ) . f l ist dann eine stetige Funktion auf der kompakten Menge B = ?-'(A) c 0. Somit ist ( f 0 y ) . ~ = ( f a 0 y) . @ , uher 0 integrierbar, fa also uher U . b) Der allgemeine Fall: Es sei { & i l i Eeine ~ Zerlegung der Eins derart, daB der Trager jeder Funktion ci in einem Kartengebiet enthalten ist. Wegen der lokalen Endlichkeit der Familie { E ~und } der Kompaktheit van A gibt es endlicb viele € 1 , . . . , E N SO,d d E ~ ( x=) 0 fur alle x E A und k > N ; es gilt dann ( E I . .. E N ) I A = 1 und damit f a = fact. Die Trager der Summanden f a ~ jsind ahgeschlossene Teilmengen von A, also kompakt,e Mengen; sie sind ferner in Kartengebieten enthalten. Die faci sind also nach a) integrierbar; somit ist auch fa integrierhar.
rn
+ +
c:,
Das Integral iiher eine Untermannigfaltigkeit hat analoge Eigenschaften wie das Lebesgue-Integral im IRn. Wir gehen hier nur auf den Satz von der majorisierten Konvergenz ein.
Satz von Lebesgue: Es sei ( f k ) eine Folge integrierbarer Funktionen auf einer Untermannigfaltigkeit M C Rn, die punktweise gegen eine Funktion f konvergiert. Ferner gebe es eine integrierbare Funktion F: M + IR mit l f k l 5 F fCr alle k. Dann ist f uber M integrierbar, u,nd es gilt
366
11
Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
Beweis: Es sei { c i ) eine einem Atlas nntergeordnete Zerlegung der Eins.
Die Integrierbarkeit der Funktionen fk und F impliziert dann:
l k . Alle Funktionen 2k. Die Reihen
E
f k ~ k~ , i, E IN,
JM
und F sind integrierbar;
1
lfkci d S und
i=l
E
i=l
JM
F Ed~S konvergieren.
Ferner konvergiert die Folge ( f k € i ) k E m punktweise gegen F E ~und , es gilt Ifkcil 5 Fci. Mit dem fiir Kartengebiete bereits in 11.3 formulierten Satz von Lebesgue erhalt man also:
1. Alle Funktionen fci, i E N,sind integrierbar, und es gilt
f ist also integrierbar, und mit der nachfolgenden Vertauschungsregel ergibt sich
m
= lim k-m
Z J fkci d S = klim- J~ f k dS, i=1 M
Vertauschungsregel: Es sei (aik)(i,k)EIN2 eine Zahlen wie folgt: (i) Fur jedes i E IN eaistiert a i := limk,, aik. m
(ii) Es gibt eine konueyente Reihe
C Ai
mit laik[
i=l
m
Doppelfolge kompleaer
< Ai fiir
alle i , k .
m
C
a i und hat den Wert lim C aik i=l kimi=l ai folgt wegen lail Ai aus (ii). Beweis: Die Konvergenz der Reihe Weiter sei E > 0 gegeben und ein Index i0 so gewiihlt, d& Ai E . Fiir jedes k gilt dann Dann konvergiert die Reihe
Cgl
Damit folgt: Es gibt ein ko E IN so, daSs fiir k 2 kg
< Cgio <
11.6 Nullmengen zu einer Dimension d
11.6
367
Nullmengen zu einer Dimension d
Wir fubren Teilmengen des IR" ein, die fiir die Integration uber Untermannigfaltigkeiten in derselben Weise zulassige Ausnahmemengen sind wie die Lebesgue-Nullmengen fur die Integration im IRn. Die folgende Definition entstammt der Theorie des Hausdorff-MaBes, einer Theorie, die eng rnit Dimensionsbegriffen und der Geometrie der Fraktale zusammenhiingt.
Definition: Es sei d E R+.Eine Teilmenge A C IRn heiBt HausdorffNullmenge zur Dimension d, kurz d-Nullmenge, wenn es zu jedem E > 0 abzahlbar viele achsenparallele Wiirfel Wl, Wz, . . . C IRn rnit Kantenlangen rl, r l , . . . gibt derart, daB gilt:
1
m
AC k=l
W
r i < E.
und k=l
1
Beispiele und Bemerkungen: 1. Die Hausdorff-Nullmengen zur Dimension n sind nach 7.6 Satz 12 ge-
nau die Lebesgue-Nullmengen i m IRn. Die dort konstruierte ijberdeckung rnit Quadern ist bereits eine rnit Wiirfeln. 2. Eine in @ C
Rn gelegene Menge A ist genau dann eine d-Nulhenge, wenn sie bei der Identifikation Don @ mit IRd eine Lebesgue-Nullmenge i m IRd ist. Beweis: Sei A eine d-Nullmenge. Zu jedem E > 0 gibt es dann eine Uberdeckung durch Wiirfel Wk C IRn, k E IN, mit Kantenliingen rk so, daB C& r$ < E. Wir setzen W t := Wk fl IRf. Die W l sind leer oder Wiirfel in @ = IRd rnit den Kantenliingen rk. Die Gesamtheit dieser Wiirw,j(Wl) = CEl $ < E. A ist also eine fel iiberdeckt A, und es gilt CEO=, Lebesgue-Nullmenge in @. Analog ergibt sich die Umkehrung, wenn man jeden Wiirfel Wo C @ als Durchschnitt eines Wiirfels W C IRn rnit IRf auffaBt. 0 3. Eine Nullmenge zur Dimension d ist aueh eine zu jeder grC$eren Di-
mension d' > d. Denn bei einer Uberdeckung der Menge durch Wiirfel rnit CFl r i < E < 1 sind alle rk < 1, und rnit dieser Uberdeckung gilt erst recht r f < E. 4. Die Forderung der Achsenparallelitat der Wurfel in der Definition stellt
keine Einschrankung dar. Denn jeder Wiirfel der Kantenlange r ist in einem r enthalten. achsenparallelen Wiirfel der Kantenlange Fur d-Nullmengen gelten Rechenregeln wie fur Lebesgue-Nullmengen:
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
368
Regeln: (i) Jede Teilmenge einer d-Nullmenge ist eine d-Nullmenge. (ii) Die Vereinigung abzahlbar vieler d-Nullmengen ist eine d-Nullmenge. Beweis fiir (ii): Es seien Ai, i E N, d-Nullmengen. Zu jedem E > 0 gibt es dann Wurfel Wik mit Kantenlangen r,k derart, daf2 W ~ IWiz,. , . . die Menge Ai iiberdecken und r$ < 2 - 2 ~gilt. Die Gesamtheit der Wik iiberdeckt At, und es gilt rtk < E .
Uzl
Nach der Regel (ii) ist jede abzihlbare Menge im IRn, n 2 1, fiir jedes d eine d-Nullmenge. Insbesondere gibt es d-Nullmengen, die nicht in einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit enthalten sind. Dies wird im nachsten Abschnitt hei der Definition von $lachen mit Singularitaten" zu heachten sein. Diejenigen d-Nullmengen aber, die in einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit liegen, sind nach dem nachsten Satz in ,,flachmachenden KoordinatenLLLebesgue-Nullmengen in @. Der Beweis beruht wesentlich auf folgendem Lemma und seinem Korollar. Lemma: Es sei A C IRn eine d-Nullmenge und @: A + IRm eine Lipschitz-stetige Abbildung. Dann ist auch @(A) eine d-Nullmenge. Beweis: Es sei L eine Lipschitz-Konstante fur @ bezuglich der Maximumsnormen auf lRn und lRm. Weiter sei E > 0 gegeben. Man w&le dazu eine Uberdeckung von A durch Wurfel Wk, k E IN, mit Kantenlingen rk und so, daB rf < E. Die Bildmenge @(AnWk) ist in einem Wurfel Wi C IRm mit der Kantenlange r; = 2Lrk enthalten. Die Gesamtheit dieser Wurfel Wi, k E IN, uberdeckt @(A), und es gilt rf 5 2 d L d ~Damit . folgt, daB @(A)eine d-Nullmenge ist. 0
IFl
CEO=,
Korollar: Es sei @: U + IRm eine Cel-Abbildung auf einer offenen Menge U C lRn und A C U eine d-Nullmenge. Dann ist auch @(A) eine dNullmenge. Insbesondere gilt: Ist @: U + V ein Diffeomorphismus, so ist A C U eine d-Nullmenge genau dann, wenn @(A)C V eine 1st. Beweis: Man wahle abzihlbar viele kompakte Wurfel Wk C U, k E N,die U uberdecken. Die Einschrankungen @ 1 Wk sind nach dem Schrankensatz in 3.2 Lipschitz-stetig. Daher sind alle Bilder @(An Wk) d-Nullmengen; 0 folglich ist auch ihre Vereinigung @(A) eine d-Nullmenge. Folgerung 1: Jede (d- 1)-dimensionale Untennannigfaltigkeit M des IRn ist eine d-Nullmenge. Beweis: Da jede Untermannigfaltigkeit eine Vereinigung abzahlbar vieler Kartengebiete ist, genugt es, die Behauptung fur Kartengebiete zu zeigen. Sei 9:U' + V eine Karte in M, wobei U', V offene Mengen in IRn sind mit U = U' n M und p(U) = V n lR$-'. Nach Beispiel 2 ist V n IR;-' eine 0 d-Nullmenge, nach dem Korollar also auch U.
11.6 Nullmengen zu einer Dimension d
369
Folgerung 2: Eine Teilmenge A einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit des IRn ist genau dann eine Hausdorff-Nullmenge zur Dimension d, wenn fir jedes Kartengebiet U in M und eine Einbettung y: LJ + IRn mit U = Spury die Menge y l ( A n U ) eine Lebesgue-Nullmenge in IRd ist.
Beweis: Da M eine Vereinigung abziiblbar vieler Kartengebiete ist, ist A genau dann eine d-Nullmenge, wenn fur jede Karte ip: U' + V der Durchschnitt A n U' = A n U eine d-Nullmenge ist (Bezeichnungen wie im Beweis von Folgerung 1). Nach dem Korollar ist A n U genau dann eine d-Nullmenge, wenn ip(A n U) eine ist. ip(A n U) ist eine Teilmenge van @; nach Beispiel 2 ist diese genau dann eine d-Nullmenge, wenn sie eine Lebesgue-Nullmenge in IR: ist. Fur die der Kartenabbildung ip assoziierte Einbettung y (siehe Beweis von Lemma 1 in 11.3) gilt ferner ip(A n U) = y-'(A n U). Damit ist die Folgerung bewiesen. 0 Wir zeigen nun, d d die Hausdorff-Nullmengen zur Dimension d fiir die Integration uber eine d-dimensionale Untermannigfaltigkeit dieselbe Bedeutung als zulassige Ausnahmemengen haben wie die Lebesgue-Nullmengen fiir die Integration im IRn.
7
Modifikationssatz: Es seien f und ~unktionenauf einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M C IRn, die aujlerhalb einer d-Nullmenge A C M tibereinstimmen: f(x) = f ( x ) fur x E M \ A. Ferner sei f uber M integrierbar. Dann ist auch Cber M integrierbar, und es gilt
7
Beweis: a) Wir zeigen die Behauptung zunachst fiir ein Kartengebiet U . Sei y : LJ + IRn eine Einbettung mit Spury = U. Dann ist B := y-'(A) nach der Folgerung 2 eine Lebesgue-Nullmenge in LJ. Die Funktionen ( f o y)@ und ( Y o y)@ stimmen auBerbalb B iiberein; mit der ersten ist nach 7.6 Satz 10 also auch die zweite integrierbar, und dann gilt
b) Wir betracbten nun eine beliebige Untermannigfaltigkeit. Wir wi&len irgendeine Zerlegung {&i}iEw der Eins derart, daB der Trager jeder Funktion E~ in einem Kartengebiet enthalten ist. Dann gilt: 1. Alle f
Q
sind integrierbar uber M;
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
370
7~~
Die Triger der Funktionen f&< und sind in Kartengebieten enthalten. Nach dem vorweg erledigten Fall gelten also 1. und 2. analog auch fiir Folglich ist
7.
7 integrierbar, und es gilt
Analog zeigt man den nachsten Satz. Satz: Es sei M eine d-dimensionale Untennannigfaltigkeit und A C M eine abgeschlossene d-Nullmenge. Dann gilt: Eine h n k t i o n f auf M ist genau dann uber M integrierbar, wenn sie uber M \ A integrierbar ist, und dann gilt fdS= fdS.
J
Dieser Satz vereinfacht in vielen Fallen die Berechnung von Integralen: Falls man in einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M eine d-Nullmenge A hat derart, daf2 M\A die Vereinigung disjunkter Kartengebiete U l ,.. . ,Us ist und f iiber jedes dieser Kartengebiete integrierbar ist,
Beispiel 1: Der FlScheninhalt der Sph&e Sn-? Es sei A der ,,Aquato? der Sphare, A = {x E Sn-I x, = 0). A ist eine (n - 2)-dimensionale Untermannigfaltigkeit des IRn und damit eine (n - 1)-Nullmenge; ferner ist Sn-' \ A die Vereinigung der disjunkten Halbsphiren Sy-' und -Sy-'. Mit (15) ergibt sich also
I
Beispiel 2: Integration iiber S:. In 11.3 Beispiel 2 wurde bereits die Integration iiber die l h g s eines Meridians A geschlitzte Sphare Sf \ A behandelt. A ist als Teilmenge einer I-dimensionalen Mannigfaltigkeit eine 2-Nullmenge. Damit folgt: Eine Funktion f auf Sz ist genau dann uber SF integrierbar, wenn sie uber SS \ A integrierbar ist; naeh (10) gilt in diesem Fall mit der dort verwendeten Parameterdarstellung y
f ( y ( u ,u)) cos u du
s:
11.7 Integration iiber '#'-~lkhen
371
11.7 Integration iiber V1-FlLhen Der bisher entwickelte Integralbegriff reicht nicht aus, um etwa iiber den Rand eines Wiirfels zu integrieren, da dieser keine Untermannigfaltigkeit des IR3 ist. Das veranlaBt uns, den Integralbegriff zu erweitern. Einen Hinweis dazu gibt uns der letzte Satz im vorangehenden Abschnitt, den wir jetzt dahingehend deuten, daB die Hinzunahme einer d-Nullmenge zu einer d-dimensionalen Untermannigfaltigkeit die Integration nicht andert. Definition (Y1-Flkhe): Eine Teilmenge X C IRn heist W1-Flaehe,kurz Flaehe, der Dimension d, wenn es eine nicht leere Teilmenge M C X gibt mit folgenden drei Eigenschaften: ( F l ) M ist eine W1-Untermannigfaltigkeit der Dimension d; (F2) S := X \ M ist eine Nullmenge zur Dimension d; (F3) M ist offen und dicht in X ; dieht bedeutet: Jeder Punkt x E X ist ein Haufungspunkt von M. Im Fall d = n - 1 nennt man X auch eine HyperfEaehe. Bemerkung: Wegen der Fordernng (F3) ist beispielsweise S2 U {0} keine W1-Flache im IR3. Die Vereinigung aller Teilmengen M C X mit den Eigenschaften (Fl), (F2) und (F3) ist die grogte Teilmenge mit diesen drei Eigenschaften. Man nennt sie den regularen oder glatten Teil der Flaehe X und bezeichnet sie mit M(X); ihr Komplement S ( X ) := X\ M ( X ) nennt man den singularen Teil von X . Eine Hyperflache ohne singularen Teil heigt regular. Beispiel: Rotationsflkhen. Es sei r : I + [O; m) eine stetige Funktion auf einem Interval1 I, die augerhalb einer endlichen Teilmenge A C I positiv und stetig differenzierbar ist. Dann ist die Menge
I
Beweis: Wir setzen M := {(x,y,z) E X z E I' \ A } . M ist eine 2dimensionale Untermannigfaltigkeit im IR3; M ist niimlich die Nullstellenmenge der Funktion F: IR2 x ( I o\ A) + IR, F(x, y, z) := x2 + y2 - r2(z), deren Ableitnng (22, 2y, -2r(z)rf(z)) auf M nicht verschwindet. Das Komplement S = R, \ M ist als Vereinigung endlich vieler Punkte und Kreislinien eine 2-Nullmenge. Ferner ist M offen und dicht in R,, da I"\ A offen und dicht in I ist und r stetig ist. 0
372
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
Definition (Integration iiber eine V1-FlSche): Eine Funktion f auf einer d-dimensionalen V1-Flache X heigt integrierbar uber X , wenn sie uber den regularen Teil M ( X ) integrierbar ist; gegebenenfalls setzt man
Die Flache X heigt meJbar, wenn ihr regulcer Teil M ( X ) meBbar ist, und dann heist u d ( X ) := u d ( M ( X ) )d-dimensionales Volumen von X . Zur Integration iiber eine W1-Flache X mug man nicht die maximale Untermannigfaltigkeit M ( X ) ermitteln. Ist M c X irgendeine Untermannigfaltigkeit mit den Eigenschaften (F2) und (F3), so gilt: f ist genau dann uber X integrierbar, wenn f uher M integrierbar ist; gegebenenfalls gilt
Bezueis: S := X \ M ist eine in X ahgeschlossene d-Nullmenge (d die Dimension von X ) . Folglich ist S n M ( X ) eine in M ( X ) ahgeschlossene d-Nullmenge. Aus dem letzten Satz des vorangehenden Abschnittes ange wendet auf M ( X ) und M ( X ) \ S = M ergibt sich die Behauptung. Beispiel: Integration iiber Rotationsflkhen. Wir fubren das oben angegebene Beispiel weiter. Zur Integration uber R, genugt es, die Integration uber M durchzufuhren. Dazu entfernen wir aus M den ,,Nullmeridian" N := {(x,y , z ) E M x = r ( z ) , y = 0). Der Rest M \ N hesitzt die Parameterdarstellung
I
y:(Io\A)x(O;2~)+M\N,
y(z,ip):=
('"'3 r(z)sinip .
Diese ist eine Einbettung und hat an der Parameterst,elle (z,ip) den Magtensor
und die Gramsche Determinante
Ferner: N ist eine 2-Nullmenge. Eine Funktion f auf R, ist also genau dann uher R, integrierbar, wenn sie uber M \ N integrierbar ist, und dann
11.7 Integration iiber '#'-~lkhen
373
sind die Integrale gleich. Damit ergibt sich
wobei das links stehende Integral nach Definition genau dann existiert, wenn das rechts stehende existiert; dieses ist nach dem Satz yon Tonelli zum Beispiel dann der Fall, wenn f stetig ist und das iterierte Integral
(Cn(lf 1
0
y ) . r ( z ),/-dip)
dz existiert. Im Existenzfall gilt
Insbesondere gilt, sofern das Integral in der folgenden Formel existiert,
Abschlieflend notieren wir ein hinreichendes Kriterium fur Integrierbarkeit iiber eine Y1-Flache.
Satz: Jede beschrankte, stetige finktion f auf einer mej3baren Cel -Flache X ist uber diese integrierbar.
Beueis: Die MeBbarkeit von X bedeutet, daB die Funktion 1 uber den } ~Zerle ~ m reguliiren Teil M = M ( X ) integrierbar ist. Es sei nun { ~ ~ eine gung der Eins derart, da%jeder Trager T r ~ini einem Kartengebiet von M enthalten ist. Die Integrierbarkeit der Funktion 1 uber M impliziert die i M und Czl JM 1 . c d~ S < oo. Integrierbarkeit aller Funktionen 1. ~ iiber Da f stetig ist und 1 f 1 durch eine Konstante G beschrankt ist, folgt, daB auch alle Funkt,ionen f ~ integrierbar i sind, und daB
f ist also iiher M ( X ) und damit uber X integrierhar.
0
Warnung! Die Kompaktheit einer Cel-Flache X reicht fur ihre Megbarkeit nicht hin; inshesondere mu%eine stetige Funktion auf einer kompakten Y1Flache nicht integrierbar sein. Der fiir die Integrierbarkeit uber X maggebliche Teil M ( X ) mug namlich nicht kompakt sein. Ein Beispiel liefert die Cel-,,Flachei' X := {(x,y ) E R2 y = x sin x E (0; 11} U (0,O). Ihr glatter Teil X\ ( ( 0 ,0 ) ,(1,sin 1 ) ) ist nicht kompakt und auch nicht megbar.
1
h,
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
374
11.8
Aufgaben
1. Sei y : IR2 + IR3 die in (3) angegehene Parameterdarstellung eines Torus T. Fur jede reelle Zahl X ist dann g: IR + IR3, g(t) := y(t, At), eine regulare Kurve in T. Man zeige: Ihre Spur g(IR) ist,
a) fur rationales X eine kompakte Untermannigfaltigkeit des IR3; b) fur irrationales X keine Untermannigfaltigkeit des IR3; g(IR) liegt in diesem Fall dicht im Torus. 2. Man berechne den Mafitensor der in 3.7 Aufgahe 11 angegehenen Wendelflache.
3. Man berechne den Flacheniuhalt a) des in (3') angegehenen Torus; b) eines Rotationsellipsoids.
b)
1 (x2 + g2)dS, wobei R, die in 11.7 erklarte Rotationsfliche sei R,
mit r(z) := &,
t E
[O;11.
5 . Es seien p , g , r E IR. Man zeige: Die Funktion 1x1~-'I Y ~ ~ - 1zlr-' ' ist genau fur p, q, r > 0 uber S2 integrierhar, und dann gilt
6. Das Newton-Potential einer mit Masse konstanter Diehte p belegten Sphare S? c IR3. Man zeige: Im Punkt p = (0,O, a) ist fur la1
P
s?
-
PI~
< r,
mit M = 4.irrZp fur la1 2 r.
Das Potential im Inneren der Sphare ist also konstant und im Augeren gleich dem Potential, das ein im Mittelpunkt gelegener Massenpunkt der Gesamtmasse der Sphare erzeugt; vgl. 9.3. I Beispiel 2. 7. Sei r : [a;b] + IR eine stetige Funktion, die aufierhalh einer endlichen Teilmenge von [a; b] positiv und stetig differenzierhar ist. a) Man herechne das 1-dimensionale M a und den Schwerpunkt des Graphen r = {(z, r ( t ) ) r E [a;b]}.
I
(C,5)
11.8 Aufgaben
375
b) Man zeige, daJi der Flacheninhalt der Rotationsflache R, durch die sogenannte zweite Guldinsehe Regel gegeben ist:
8. Spharisehe Koordinaten auf Sn-I. Wir verwenden die Bezeichnungen wie bei den Polarkooordinaten in 9.3.1. Man zeige: Die ,,geschlitzte SphireLLST-' .- Sn-I \ {x E Sn-I XI I 0, xz = 0) besitzt die regulare Parameterdarstellung
I
7 : n + S Y 1 , ~ ( 9 := ) Pn(l,v). Ferner: Eine Funktion f : Sn-I + 6: U {oo) ist genau dann iiher Sn-I integrierbar, wenn (f o y) . Cn uber I7 integrierbar ist, und dann gilt
9. Es seien X und Y d-dimensionale Untermannigfaltigkeiten im IRn, V und W Umgebungen von X bzw. Y, und es sei T : V + W ein konformer Diffeomorphismus mit T ( X ) = Y. Man zeige: Eine Funkt,ion f auf Y ist genau dann iiber Y integrierbar, wenn (f o T ) . ldet ~ ' uber X integrierbar ist; gegebenenfalls gilt
Sx(f
o
T ) . ldet ~
' 1 ~d S' =~ Sy f dS.
Wie lautet diese Formel fiir eine Streckung x H ax,a E I F , wie fur eine Rotation x H Ax, A eine orthogonale Matrix ? 10. Fur beliebiges y E IRn, n 2 2, gilt
wobei J, die Besselfunktion der Ordnung a ist; siehe 8.6 Aufgabe 9. Hinweis: Nach Aufgabe 9 geniigt es, spezielle y zu betracbten. 11. Es sei f eine uber IRn integrierbare Funktion. Man zeige: f ist fur fast alle r > 0 uber rSn-' integrierbar, und es gilt
Damit und mit Hilfe der Formel in Aufgabe 10 reduziere man die Berechnung der Fourier-Transformierten f einer rotationssymmetrischen Funktion f E 2"(IRn), f(x) = F(11x11), auf eine Integration uber IR+. Vgl. auch 10.4 Aufgabe 9b.
1
~
~
376
11 Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des euklidischen IRn
12. Man zeige, d d die Satze uber parameterabhiingige Integrale in 8.4 sinngemafi auch bei Integration iiber Untermannigfaltigkeiten des IRn gelten. Als Anwendung zeige man: 1st M eine kompakte 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit des lR3 und p : M + IR eine iiber M integrierbare Funktion, so definiert
eine harmonische Funktion auf R3 \ M 13. Es sei M eine d-dimensionale Mannigfaltigkeit im IRn. Man zeige: Eine Teilmenge N C M ist genau dann eine d-Nullmenge, wenn ud(N) = 0 gilt. 14. Man zeige, daB jede nicht kompakt,e, zusammenhangende, 1-dimensie nale V1-UntermannigfaltigkeitM c IRn die Spur einer Immersion y : I + IRn ist, I ein offenes Intervall. 15. Es sei y: 0 + Rn, 0 eine offene Menge im Man definiere T: 0 x R + Rn durch
IRn-I,
eine Einbettung.
und zeige: a) Zu jeder beschrankten offenen Menge 00c En-' mit 20 C 0 gibt es ein T > 0 derart, daB r 1 f20 x (-7; 7) ein Diffeomorphismus ist. b) Zu jeder Teilmenge A C M := y(Q) und jedem & > 0 setze man TE(A):= T(y-'(A) x (-&;&)). 1st A kompakt, so gilt:
16. Ein von drei Grofikreisen auf S2 berandetes spharisches Dreieck mit den Winkeln a, P nnd y hat den Flacheninhalt a P y - .rr. (Man vergleiche 9.4 Aufgabe 11.) Zum Beweis betrachte man die durch die drei anliegenden Dreiecke erganzte Figur und auch die dazu antipodische.
+ +
12 Der Integralsatz von G a d
Der Integralsatz von Gaug stellt ein hijherdimensionales Analogon der fur eine stetig differenzierbare Funktion f auf einem Interval1 [a;b] gultigen Beziehung J: f'(x) dx = f (b) - f (a) dar. Er driickt das Integral der Divergenz eines Vektorfeldes uber eine geeignete Teilmenge des IRn durch das Integral des Feldes uber den Rand dieser Teilmenge aus. Wir beweisen ihn hier fiir kompakte Teilmengen, die auBerhalb einer (n - 1)-Nullmenge im Rand lokal durch Ungleichungen mit W1-Funktionen beschrieben werden konnen. Alle metrischen Begriffe beziehen sich auf die euklidische Metrik im IRn.
12.1
Integration von Vektorfeldern fiber orientierte regul5re Hyperflkhen
Wir definieren in diesem Abschnitt die Intecration von Vektorfeldern uber orientierte regulire Hyperflachen im IRn. Die Orientierung wird in diesem Kapitel als Vorgabe eines stetigen Einheitsnormalenfeldes auf der Hyperflache erklirt; eine Vertiefung erfahrt der Orientierungsbegriff in 13.4. Eine Int,egration von Vektorfeldern uher nicht orientierbare Hyperflachen wird nicht definiert. Definition: Unter einem Einheitsnomalenfeld auf einer regularen Hyperflache M c IRn versteht man eine stetiges Vektorfeld v : M + IRn derart, daB in jedem Punkt x E M gilt: (i) v(x) steht senkrecht auf dem Tangentialraum T,M; (ii) ~ ~ v (=x 1. )~~ Konstruktion von Einheitsnormalenfeldern in zwei wichtigen FSUen: 1. Es sei M die Nullstellenmenge einer Y1-Funktion f mit grad f (x) # 0 fur alle x E M. Ein Einheitsnormalenfeld auf M ist dann gegeben durch
378
12 Dcr Iumgralszl~vou Gaui
Definition: Es sei ((nlr:u) eine vrirntierte regolike TT!.l)erH;iche im Rn. Ein Vektorfeld P: :I4 7' R" heifit.integrierlmr iiber :I; WWII ?? die Funktion :I! (F(:c):v(a))iil~crM int,rgsi~~l)i~r ist. 1111il h m wtZt I I E ~
f
(1.5' = v d S haiKt, wktooleelles F1iir:henelernmt(mf (iM,v).Staht das oricnoft 11111. ticrcrdc Xonnalcnfcld v c i m h t i g fwt? sdlrcil.)t III~UIstitst
I.
(ill ,")
:1*
12.1 Integration von Vektorfeldern iiber orientierte reguliire Hyperflkhen 379
Physikalische Deutung: Es sei F das Geschwindigkeitsfeld einer stationaren Stromung. An einem Punkt x E M ist dann (F(x), v(x)) die Kompe nente des Vektors F ( x ) in Rchtung v(x). Durch das Flachenelement d S anf M am Punkt x flieBt dann im Zeitintervall At die Fliissigkeitsmenge At (F(z), v(z)) d S und durch die gesamte Flache die Menge ~t
. J(F,
U)
ds.
M f
Das Integral JM F d S nennt man daher auch Flu$ des Vektorfeldes F durch M.
( F ( s ) , 4s))dS
Beispiel 1: Integration des Gravitationsfeldes G iiber die 2-SphSre S:; dabei sei diese durch das ,pach auJienu weisende Einheitsnormalenfeld x 1 .. v(x) := - orientiert. Wegen G(z) = ist (G(x), v(x)) = - fur T
llxll
T2
x E Sz. Man erhalt damit
Beispiel 2: Integration eines Feldes F iiber die orientierte Spur einer Einbettung y: f2 + En. Sei v das Einheitsnormalenfeld (2) auf M = Spur y. Im Punkt x = y(u) gilt nach 11.3(11) IIN(x)II = JpY(U).Damit erhalt
Beispiel 3: Integration eines Feldes F iiber einen orientierten Graphen. Es sei r der Graph einer tX1-Funktion h : Q + IR, Q eine offene Menge im Rn-l. r ist die Nullstellenmenge der Fimktion q(x,x,) := x, - h(x). Nach (1) wird ein Einheitsnormalenfeld auf r im Punkt (x, h(x)) gegehen durch
Nach 11.3 (13) gilt IIN(x)ll = man sofort
41+ llgradh(x)112 m.Damit erhalt =
1 2 Der Integralsatz "on G a d
Wir fiihren in diesem Abschnitt die Teilmengen des Rn ein, die wir dem GauBschen Integralsatz zugrundelegen. In Analogie zur Beschreibung der Polyeder der Geometrie durch Ungleichungen mittels linearer Funktionen werden zahlreiche wichtige Punktmengeu der Analysis durch Ungleichungen mittels stetig differenzierbarer Funktionen beschriehen; die kompakte Einheitskugel etwa durch x: + . . . x; 5 1. Mit dem Begriff des W1Polyeders prazisieren wir die in Frage kommende Klasse von Mengen.
+
Definition: (i) Es sei G eine Teilmenge des Rn. Ein Randpunkt a E a G heist regularer Randpunkt von G, wenn es eine Umgebung U von a und eine ql-Funktion q: U + R mit ql(x) # 0 fiir alle x E U gibt derart, d d G~u={XEU~~(X)
~~-~ol~eder
Beispiele: 1. Es sei q: 0 + IR eine W1-Funktion auf einer offenen Menge Q C IRn mit ql(x) f 0 an allen Nullstellen x von q; ferner sei
kompakt. Dann ist G ein %?-Polyeder. Jeder Randpunkt von G ist namlich eine Nullstelle von q und folglich regular; es gilt also aG = a,G. 2. Es seien GI und G2 V1-Polyeder im IRn mit der Eigenschaft, daf3 der Durchschnitt aGl fl aGz ihrer Rander eine (n - 1)-Nullmengeist ( 2 . B. in der Vereinigung abzahlbar vieler (n - 2)-dimensionaler Mannigfaltigkeiten liegt). Dann ist auch GI fl G2 ein W1-Polyeder. Beweis: Es sei a ein Randpunkt von GI fl Gz, der nicht in aGl fl aG2 liegt; sei etwa a E aG1. 1st a ein regularer Randpunkt von GI, dann auch von GI fl G2. Ebenso im Fall a E aGz. Somit ist die Menge der singularen Randpunkte von Gl fl Gz in der Vereinigung &GI U a,Gz U (aGl flaG2) enthalten, und diese ist eine (n - 1)-Nullmenge. 0
Aus der Definition folgt unmittelhar, d d der glatte Rand a,G eines V1-Polyeders offen ist in aG. Die folgenden zwei Lemmata zeigen unter anderem, dai2 er eine orientierhare W1-Hyperflache ist. Lemma 2 (lokale Normaldarstellung des Randes): Jeder regulare Randpunkt a eines W1-Polyeders G besitzt eine Quaderumgebung Q wie folgt: Nach einer eventuellen Umnumerierung der Koordinaten ist Q das direkte Produkt Q ' x I eines offenen Quaders Q' in En-' und eines offenen Intervalles I ; aujlerdem gibt es eine V1-finktion h : &'+ I derart, dajl gilt:
entweder oder und ferner
1 x, := {(x1,z,) E Q' x I 1 x,
G n Q = Z+ := {(xl,x,) E Q' x I
2 h(xl))
G n Q = Z-
5 h(zf)),
a G n Q = r, wobei
r den Graphen von h bezeichnet.
Beuieis: Zu a seien U und q g e m s Definition gewahlt. Offensichtlich ist dann a G n U in N := {x E U q(x) = 0) enthalten. Nach dem Satz iiber implizite Funktionen gibt es in U eine Quaderumgebung Q = Q' x I von a und eine V1-Funktion h : Q' + I derart, dai2 N n Q nach einer evtl. Umnumerierung der Koordinaten der Graph von h ist,: N n Q = r. q hat in Zf \ r und Z- \ r keine Nullstellen. Ferner sind Z+ \ r und Z- \ r zusammenhangend. Folglich hat q in Z+ \ r und Z- \ r jeweils ein einheitliches Vorzeichen. Diese Vorzeichen sind verschieden; sonst n&me q in den Nullstellen x E N n Q ein lokales Maximum oder Minimum an im Widerspruch zu qf(x)# 0. Die Menge {x E Q q(x) < 0) stimmt also mit Z+ \ r oder Z- \ r iiherein; die Menge G n Q = {x E Q q(x) 5 0) folglich mit Z+ oder Z-. Nachweis von a G n Q = r:Die Inklusion ,,CU folgt aus a G n U C N, die Inklusion ,,3"daraus, dai2 jede Umgehung eines Punktes x E r Punkte aus Zf und aus Z- enthat.
I
I
I
Lemma 3 und Definition (glulberes Einheitsnormalenfeld): Auf dem regularen Rand eines V1-Polyeders G gibt es genau ein stetiges Einheitsnormalenfeld v derart, dajl in jedem x E a,G fur hinreichend kleines t > 0 gilt:
(3)
v heijlt augeres Einheitsnormalenfeld an G. Wahlt man zu einem a E 8.G U u,nd q gem$ Definition, so ist v(x) fur alle x E 8,Gn U gegeben durch
1 2 Der Integralsatz "on G a d
382
I
Beweis: Nach dem Beweis zu Lemma 2 ist a,GrlU = {x E U q(x) = 0); also definiert (4) ein stetiges Einheit,snormalenfeld auf 8,G n U . Zu zeigen bleibt nur, daB es die Eigenschaft (3) hat. Wir betrachten dazu die Funktion t H q(x + tv(x)): Fur t = 0 hat diese den Wert 0 und die Ableitung (grad q(x), v(x)) = Ilgrad q(x) > 0. Fur hinreichend kleines t > 0 gilt also q(x tv(x)) > 0 und q(x - tv(x)) < 0. Daraus folgt (3). 0
+
11
Definition (Integration iiber d e n R a n d eines (el-Polyeders): Es sei G C IRn ein (el-Polyeder und v sein auseres Einheitsnormalenfeld. Ein Vektorfeld F: 8,G + IRn heist iiber aG integrierhar, wenn die Funktion (F,v) uber den glatten Rand a,G integrierbar ist. In diesem Fall setzt man
Mit dem Satz in 11.7 erhalt man sofort den folgenden: Satz: Ist der Rand eines (el-Polyeders G eine mejlbare Hyperflaehe, so kann jedes stetige Vektorfeld F auf aG uber aG integriert werden.
Beweis: Die Funktion (F, v ) ist stetig und beschrinkt.
12.3
0
Die Divergenz eines Vektorfeldes
In 4.6 haben wir die Divergenz eines stetig differenzierbaren Vektorfeldes F = (Fl,. . . ,Fn)T als Spur seiner Ableitung F' eingefiihrt, was bezuglich der Koordinaten des euklidischen IRn die Formel
ergab. Dort erhielten wir auch die Deutung als Geschwindigkeit der durch den lokalen FluE zu F bewirkten Anderung des infinitesimalen Volumens. Wir beweisen in diesem Abschnitt einen Spezialfall des GauBschen Integralsatzes, der jene Interpretation der Divergenz impliziert, welche zur sachgemaen Deutung des Integralsatzes fiihrt. L e m m a 4: Es sei Q c IRn ein Quader und F = (Fl,. . . , Fn)Tein stetig Dann gilt differenzierbares Vektorfeld in einer Umgebung von
a.
12.3 Die Divergenz eines Vektorfeldes
Beweis: Wir zeigen, daB fur jede W1-Funktion f auf
383
gilt:
dabei bezeichnet vk die k-te Komponente des augeren Einheitsnormalenfeldes an Q. Durch Anwendung von (5') auf F k und Summation iiber k = 1,.. . ,n erhalt man dann (5). Nachweis von (5')fur k = n: Es sei Q' C IRn-I der Quader und (a; b) das Interval1 so, d d Q = Q' x (a; b). Die Komponente v, hat die Werte 1 auf Q'x{b), -1 auf Q' x {a), 0 auf aQ' x (a;b). Die Funktion f v n mug also nur iiber die Randflichen Q' x {b) und Q' x {a) integriert werden. Diese haben die Parameterdarstellungen x' w (x',b) bzw. x' c, (x',a), x' E Q'. Damit erhalt man
Deutung: Es sei F das Geschwindigkeitsfeld einer strijmenden inkompres4 siblen Fliissigkeit. Dann ist JaQF d S ein M d der von F in der Zeiteinheit iiber aQ transportierten Masse. Diese ist zugleich die Bilanz der Massen, die durch die Quellen und Senken in Q zu- bzw. abgefuhrt werden. Entsprechend nennt man
1 -
v(Q)
. SaQF d S
die mittlere Ergiebigkeit des Feldes F in Q. Schrumpft Q auf einen Punkt x zusammen, erhalt man die sogenannte Ergiebigkeit oder Quelldichte von F im Punkt x. Diese erweist sich nach dem folgenden Lemma gerade als die Divergenz von F in x. Zur Formulierung des Lemmas fuhren wir eine Sprechweise ein: Man sagt, eine Folge von Teilmengen Al,Az,. . . C IRn konvergiere gegen den Punkt x E IRn,in Zeichen: Ah + x,wenn es zu jedem E > 0 einen Index ko gibt so, dag Ak c KE(x),falls k 2 ko.
12 Der Intepluata vuu C a d
384
L e m m a 5 : Es sei F ein stetig di&wnzierbares Ve'ektorfeldauf der offenen Menge Li C R". Fiir jede gegen z Li konuergente flolge oon Quodern ( 1 k C L' existicrt der fo1,qende Glenzwert. und cs ,gilt lirn k+=
'
+
- j F dS
= div F!a)
gh
Beveis: Im Fall C 'L seien rn* und Afk das Minimum bzw. Maximum von div& auf Qk.Nwh Lcmma 4 gilt d m n
12.4 Der Gadsche Integralsatz GauBscher Iutegralsatz: E.Ysei C eirl K"-Pulllcdw irrt R.",duuami Rmtd eine mejbae Ifyperflriche ist. Ferner sei F ein stetlges I'ektorjeld auf G . Uieses sei in Go stetig diffeenzierbar, und d i v F sei uber Go integrierbar. Uann gilt:
Bcmcrkungcn: 1. Uic Vornussctzung iibcr dm Vcktorfcld crfullt jcdcs in c h c r Umgcbung von G c r k K r ~ cV1-T'ck~urkl'clcl. 2. G und Go unterscheidea sich nur um eine Lebesgue-1\Julln~enge;die lntcgricrbarkcit von divk' iibcr Go l m n damit auch nls lntcgricrbarkcit iibcr G gclcscn wcrdcn. Hirturisebs. Gnu6 bewicy duu %aka (in ciufaclwrvr Vcrsion] 1840 in eiuer fiir dic I'ot,entialthenrie m~rndlecendan Ahhandlunc. I)er Satx hat qirh reit,her als iment"
-
-
hehrliches \Trerkzeng fiir die Theorie der partiellen Differentialgleichungenera+ sen. Er hildete his in diejiing~mZait ein 'Ihema der marhamat,ischen l#'nrsrhnng. H.TVhitney hat ihn 193: in seiner geometrischen Integrarionstheorie ausfiihrlich eine gewisw Vervandthehandnlt. Eina Version, din 711 der hier a,~~fgcsrelltan schaft aufweist, hat H.Konig 1963 in [lo] angegehen. rinrr striinirnden Physikali~cheD e d m g : Tst F dns Grs~:hu~indigkrit.xfrId inkompressiblen Fliissigkeit, so swllt das Integral J,: div T'dz die gesamte Ergiebigkeit der in G enthalt.enen Quellen und Senken dar. Diese tritr im f Cesan~llluli,fat F d S durch die Berandung von C iu Erscbeinung.
385
12.4 Der GauBsche Integralsatz
Wir beweisen den Integralsatz im niichsten Abschnitt. Zuvor bringen wir zwei Beispiele und fur n = 2 eine Formulierung mittels Differentialformen. wie im GauBschen Integralsatz. Beispiel 1: Es sei G C IRn ein %'-Polyeder Mit F ( x ) = 2: ergibt sich wegen div F ( x ) = n
J ( x , v ) d S = n v,(G)
(*)
BG
Fur G = K1(0) etwa ist v ( x ) = x auf aG = Sn-'. In diesem Fall besagt (*) die auch hereits in 11.3 (15) zwischen Oberflache und Volumen der n-dimensionalen Einheitskugel aufgestellte Beziehung wn = n . K,.
.
Beispiel 2: Es sei G C IRn ein F1-Polyeder wie im GauBschen Integralsatz. x-a . Dann gilt: Mit einem beliebigen Punkt a E IRn \ aG sei F ( x ) := IIx -all 4
JF~s= aG
4
falls a G , falls a E G.
Beweis: Man recbnet zunachst nach, daB div F = 0 ist auf IRn \ a. Im Fall a 4 G kann der Integralsatz mit G angewendet werden und ergibt die Behanptung. Im Fall a E G wihlen wir eine Kugel K,(a) C Go und bilden G, := G \ K,(a). v, bezeichne das auBere Einheitsnormalenfeld an G,. Der Integralsatz angewendet mit G, ergibt nun
Auf a,G stimmt v , mit dem anBeren Einheitsnormalenfeld an G uberein und auf 1
aK,(a) ist v,(x) = -; . (2: - a ) . Damit folgt 1
J ( W d s =
J
Tn--l
aG
I~S=U,.
aKda)
Anwendung: Das Gadsche Gesetz der Elektrostatik. Fur das von Ladungen ql, . . . ,q, in Punkten a l , . . . ,a, E IR3 \ aG erzeugte Feld
/ E dS =4 f
aG
~ . akEG
qk = 4 ~Gesamtladung . in
G.
1 2 Der Integralsatz "on G a d
386
Wir kommen zur Formulierung des Integralsatzes in der Ebene mittels 1-Formen. Dabei legen wir W1-Polyeder zugrunde, wie sie oft in Anwendungen auftreten. Korollar: Es sei G C IR2 ein W1-Polyeder wie folgt: Es gibt eine endliche Punktmenge P C a G sowie paarweise disjunkte mejlbare 1-dimensionale Untenannigfaltigkeiten M I , . . . ,M, so, dajl gilt: (i) ( ~ G ) \ P C M I U . . . U M , C & G ; (ii) Mk ist die Spur einer Einbettung yk : (ah, bk) + IR2, die so orientiert sei, dajl fur die aujlere Einheitsnonale im Punkt yk(t) gilt:
(D bezeichnet den Drehoperator (x,y)
H (-y,x).)
Es sei weiter u d x + u dy eine stetige 1-Form auf G. Diese sei in Go stetig differenzierbar, und u, - u, sei uber Go integrierbar. Dann gilt
Fiir die rechte Seite dieser Formel schreibt man kurz LGudz: Formel e r h a t damit die Gestalt
+ u dy. Die
Beweis: Das Feld F := (u, -u) ist stetig auf G und daher beschrankt. F ist also iiber Mk integrierbar. Mit (*) und der Gramschen Determinante j'i . j'k = llj'k112 erhillt man fiir das Integral
f
F d S . Da auf der linken Folglich ist die rechte Seite in (8) gleich Seite in (8) das Integral der Divergenz von F steht, ergibt der GauBsche Integralsatz die Behauptung. 0 Bemerkung: Die Forderung (*) an die Orientierung der Kurven 71,. . . ,y, wird manchmal so ausgesprochen: G hat links von yl, . . . ,y, zu liegen. 1st Mk die Nullstellenmenge einer W1Funktion qn. mit qk(x, y) 5 0 fiir (x,y) E G, so
grad do)
;i(t)
12.5 Beweis des GauBschen Integralsatzes
387
besagt (*), daB der Normalenvektor gradqh(a) im Punkt a = yk(t) und der Tangentialvektor 'ik(t) ein positiv orientiertes 2-Bein hilden. Dazu gleichwertig ist, daB det (gradqk(a), . t k ( t ) ) > 0.
Folgerung 1 (Fliichenformel von Leibniz): Der Flacheninhalt eines (el-Polyeders G wie im Korollar ist durch folgendes Randintegral gegeben:
Vgl. Band 1 , 1 2 5
Folgerung 2 (ein Cauchyscher Integralsatz): Es sei G C C ein (e1Polyeder wie im Korollar und f eine stetige Funktion auf G , die in Go holomorph ist. Dann gilt: f (2) dz = 0.
/
8G
Beuieis: Aus (8') folgt in Verbindung mit den Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen
12.5
Beweis des Gadschen Integralsatzes
Wir beweisen den Integralsatz zunachst fur Vektorfelder, deren Trager in einem Quader wie in Lemma 2 liegt; sodann fiir Vektorfelder, deren Trager eine kompakte Teilmenge von G \ &G ist; dieser Fall wird mittels einer Zerlegung der Eins auf den ersten zuruckgefiihrt. Der allgemeine Fall schlieBlich wird durch eine kompakte Ausschopfung von G \ a,G erledigt. Vorweg ein einfaches Lemma,
Lemma 6: Es sei U C IRn eine offene Menge und f eine stetig differenzierbare Funktion in U mit kompaktem Triiger. Dann gilt
Beweis: Da f auBerhalh einer kompakten Teilmenge von U verschwindet, genugt es, die Behauptung fiir U = IRn zu zeigen. Im Fall n = 1 ergibt sich diese sofort aus dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. Aus diesem Fall folgt dann die Behauptung fiir n > 1 miihelos mit dem Satz von Fuhini. 0
388
12 Der Integralsatz "on G a d
Hilfssatz 1: Es sei Q' C En-' ein offener Quader, h: Q' + IR eine V1-Funktion, r der Graph uon h und Z eine der beiden Mengen
Ferner sei F = (Fl, . . . ,Fa) ein stetiges Vektorfeld auf Z wie folgt: 1. F ist stetig differenzierbar in Z\r und div F ist uber Z\r integrierbar; 2 . F(x) = 0 auflerhalb einer kompakten Menge K C Z . Dann gilt: J d i v ~ d z=
JF
z.
8Z
Z
Beweis: Wir beweisen die Behauptung fiir die erste der beiden Mengen. Fiir E > 0 setzen wir
Nacb dem Satz von Fubini gilt
1 dkFk(xl,zn)dxn
(9)
z,
+.
=: Ik
Auswertung der
Ih:
Im Fall k = n gilt offensichtlich I, = J F, (x', h(xl) - E ) dz'. Q'
Der Fall k
< n:
Es sei
f ist eine V1-Funktion auf Q' und hat die partielle Ableitung
h(r')-E
=
/
-m
dkFk(x1,z,) dz,
+ F k (z', h(xl) -
E)
.dkh(zf)
12.5 Beweis des GauBschen Integralsatzes
389
Ferner ist f (x') = 0 fur x' E K' := pr(K); dabei bezeichne pr die Projektion Z + Q'. Wegen Voraussetzung 2 ist K ' kompakt. Nach Lemma 6 gilt also a h f ( z ' )dz' = 0.
/
Q'
Damit erhalten wir
Einsetzen der fiir die
Ih
errechneten Werte in (9) ergibt
dabei ist
T
N ( x l ):= (-&h(xl), . . . , -an-1h(zr), 1) . Wir lassen in (10) E gegen Null gehen. Da aufgrund der Voraussetzung 1 ldiv Fl iiber Z \ r integrierbar ist, kann der Ausschijpfungssatz in 8.2 angewendet werden; mit diesem ergibt sich auf der linken Seite
Zuletzt wurde davon Gebrauch gemacht, da13 r eine Nullmenge ist. Fur den Grenzubergang auf der rechten Seite beachte man, d d durch (XI,&) e ( F ( x l ,h(x1)- E ) , N ( z 1 ) )eine stetige Funktion auf Q' x [O; m) mit kompaktem Trager definiert wird. Mit den Vertauschungssatzen fur parameterabhingige Integrale folgt also
Nach Beispiel 3 in 12.1 stellt das Integral rechts das Integral J,(F, Y ) d S dar. Da F in a Z \ r verschwindet, ist dieses Integral gleich dem uber ganz a Z erstreckten. Insgesamt ergibt sich
Aus (10) folgt also mit
E
J, 0 die Behauptung.
0
Bemerkung: Hilfssatz 1 gilt selbstverstandlich analog, wenn an Stelle der Variablen x, eine andere Variable xk ausgezeichnet wird.
1 2 Der Integralsatz "on G a d
390
Hilfssatz 2: Der Gaujlsche Integralsatz gilt unter der zusatzlichen Voraussetzung, dajl F ( x ) = 0 aujlerhalb einer kompakten Menge K C G, die den singularen Rand &G nicht trifft.
Beweis: Wir ordnen jedem a E K eine offene Umgebung U, wie folgt zu: 1. Fur a E Go sei U, = Go. 2. Fur a E 8,G sei U, eine Quaderumgebung wie in Lemma 2. Gewisse endlich viele dieser Umgebungen uberdecken K ; U l , . . . , Usseien solche. Weiter seien dann $1,. . . ,$, V1-Funktionen auf IRn so, dafi gilt: (i) $1 (x) . . . $,(x) = 1auf K . (ii) Der Trager von $i ist eine kompakte Menge Kj C U,. Damit setzen wir Fj := $,F. Die F, sind stetige Vektorfelder auf G mit den Eigenschaften: (i) Fl(x) . . . F,(x) = F(x) auf G. (ii) F,(x) = 0 augerhalb der kompakten Menge K n Kj, Fur jedes Vektorfeld F,, i = 1,. . . ,s, gilt nun:
+ + + +
Begrundung: Fur U, = Go sind beide Integrale Null; das links stehende nach Lemma 6; das rechts stehende, weil dann F, auf i?G verschwindet. Fur ein U, der zweiten Art wurde (11)in Hilfssatz 1 bewiesen. Durch Summation der Formeln (11) uber i = 1,. . . ,s ergibt sich die Behauptung. Dem Beweis des Gaugschen Integralsatzes im allgemeinen Fall schicken wir noch ein sehr einfaches aber wichtiges Lemma voraus. Lemma 7: Zu konzentrischen Wurfeln W C W * C IRn mit Kantenlangen r bzw. 27 gibt es eine V 1 - h n k t i o np auf IRn mit den Eigensch,aften: 1. 0 5 p 5 1 auf IRn;
2. p = 1 auf W ; 3. p = 0 aujlerhalb W * ; 4. llgradpll
5
E. l w * , wobei
c eine von W unabhiingige Konstante ist,
Beweis: Es sei 9: IR + [O; 11 eine W1-Funktion mit ip = 1 auf [-I; 11 und ip = 0 augerhalb [-2; 21.M (al, . . . ,a,) der Mittelpunkt von W, so setze man
12.5 Beweis des GauBschen Integralsatzes
391
p hat offensichtlichdie Eigenschaften 1, 2, 3 und wegen der Abschiitzung 2 2 ldkp(x)I ;. (xk -ah)) auch die Eigenschaft 4, und zwar mit der
< lip'(;
I
Beweis des Integralsatzes: Sei E > 0 gegeben. Der regulare Rand von G ist offen in aG, der singulare also abgeschlossen. Somit ist a,G wegen der Kompaktheit von G kompakt. Es giht daher endlich viele offene Wiirfel Wl, . . . ,Wm mit Kantenlangen r l , . . . ,rm derart, daB
Weiter sei W; der zu Wk konzentrische offene Wiirfel mit der Kantenlange 2rk. GemaB Lemma 7 wihlen wir sodann Y1-Funktionen PI,. . . ,pm auf IRn mit folgenden Eigenschaften: 1. 0 pk 1 auf IRn.
< <
2. pk = 1 auf Wk. 4. llgradpkll
< 5 lw;
mit einer nur von n abhangigen Konstanten c.
Zu jedem E > 0 seien solche WI, . . . ,Wm und pl, . . . ,pm, m = m ( ~ ) , gewahlt. Wir setzen damit
& ist
stetig differenzierbar auf IRn, und es gilt: I*. O+h,< l a u f IRn. 2*. & = O a u f WlU...UW, . 3*. & = 1 auBerhalb W; U . . . U WL. Insbesondere ist &(x) = 1, falls
5*. limELo&(x) = 1 in jedem Punkt x E G \ 8,G = Go U a,G Die Eigenschaften I*, 2*, 3* folgen aus den Eigenschaften 1, 2, 3 der pk; heim Zusatz in 3"eachte man noch (12). Eigenschaft 4* folgt aus 4, da
Eigenschaft 5* schlieBlich folgt aus der zweiten Feststellnng in 3"
1 2 Der Integralsatz "on G a d
392
Nach diesen Vorbereitnngen betrachten wir jetzt das Vektorfeld F, := . F . AnBerhalb des Kompaktnms G \ (Wl U .. . U W,) verschwindet dieses Feld. Nach Hilfssatz 2 gilt also
Wir untersuchen die beiden Integrale in (13) beim Grenzubergang E J 0. Der Integrand links besitzt die Zerlegung divF, = & d i ~ F + ( ~ r a d & ,F). E > 0 die nach Voraussetzung uber Go integrierbare Majorante ldiv FI. Ferner konvergiert $, div F mit E J 0 auf Go punktweise gegen div F. Nach dem Satz von der majorisierten Konvergenz gilt also
Ill, div F hat fur jedes
lim
/ $, div F dx = / div F dx.
~ $ 0
G
Weiter erhalten wir mit einer oberen Schranke C fur IIFII:
(nach 4*) rn
5 C C C~ ~ 5 2 V c . E
(nach (12)).
k=l
Das abgeschatzte Integral geht also mit E J 0 gegen Null. Fur das in (13) links stehende Integral erhalten wir somit lim
/ div F, dx = / div F dx.
~ $ 0
G
Wir betrachten jetzt das in (13) rechts stehende Integral. Auf die Schar der Funktionen (F,, v ) = $, .(F, v ) ( v das aufiere Einheitsnormalenfeld an G) kann der Satz von der majorisierten Konvergenz fur die Integration iiber Untermannigfaltigkeiten angewendet werden ($, . (F, v ) hat die beschrankte Majorante (F, v ) und diese ist wegen der vorausgesetzten MeBbarkeit der Randhyperflache integrierbar), und er liefert
I
1,
Mit (14) und (15) folgt aus (13) der Integralsatz.
0
12.6 Die Greenschen Formeln
12.6
393
Die Greenschen Formeln
Zu den besonders wichtigen Anwendungen des Gauflschen Integralsatzes gehijren die Greenschen Formeln. In der Potentialtheorie (darunter verstebt man die Theorie der Differentialgleichung A u = f ) sind sie unentbehrlich. Die Greenschen Formeln: Sei G C IRn ein V1-Polveder, dessen Rand eine meflbare HyperfEhehe ist. Fiir f,g E V 2( G ) gilt dinn
Dabei ist d,h := (v,gradh) die Ableitumg uon h in Richtung des aujleren Einheitsnormalenfeldes v an G . Beweis: Die erste Formel ergibt sich durch Anwendung des Gauflschen Integralsatzes auf das Vektorfeld F := f gradg; fiir dieses gilt namlich d i v F = (grad f , gradg) f Ag und ( F , v) = f dug. Die zweite Formel folgt durch Subtraktion der ersten Formeln fiir die Paare f , g und g, f .
+
Historisehes. George Green (1793-1841; Autodidakt) hat seine Formeln 1828, also vor der GauRschen Publikation des Integralsatzes, als Privatdrurk verijffentlicht. Diese Arbeit nahm viele Ergebnisse der Untersuchung von GauR vorweg, blieb aber fast vollig unbekannt. Von Green stammen auch wichtige Beitrage zur Theorie der Wellenausbreitung.
Mit Hilfe der Greenschen Formeln leiten wir nun eine Grundeigenschaft der harmonischen Funktionen her. Satz (Mittelwerteigenschaft d e r harmonischen Funktionen): Es sei h : U + IR eine harmonisehe finktion auf der offenen Menge U C IRn. Danm gilt fur jede in U enthaltene Kugel K,(a)
dabei bezeiehnet w, den Flhcheninhalt der (n-1)-dimensionalen EinheitsSphare. Bemerkung: Im Fall n = 2 haben wir (16) bereits in 6.7 mit Hilfe der Cauchyschen Integralformel hergeleitet.
1 2 Der Integralsatz "on G a d
394
Bezueis: Im Fall n = 1 ist h eine lineare Funktion und (16)besagt fiir diese lediglich h(a) = $ (h(a- r ) h(a r ) ) . Im Folgenden sei n > 1. Wir nehmen a = 0 an und wenden die zweite Greensche Formel auf die Kugelschale G := F(0)\ K,(O), p < r , und das Funktionenpaar ( h , N ) an, wobei N die in 2.3 (16) eingefiihrte harmonische Funktion in IRn \ 0 sei: im Fall n = 2, N ( x ) := im Fall n > 2.
+
+
N ist bis auf einen konstanten Faktor das sog. Newton-Potential in IRn \ 0. Da h und N in einer Umgebung von G harmonisch sind, erhalt man
Die erste Greensche Formel angewendet mit G = K,(a) und dem Funktionenpaar (1,h ) ergibt J d,hdS = 0; ebenso erhalt man S"
Da N auf S, und S, konstant ist, folgt weiter
1
Nun ist d,N(x) = -wegen gradN(x) = . Man erhilt also llxlln-l
11~11n-2
Bezeichnet m, das Minimum von h auf S, und M, das Maximum, so gilt
Hieraus und aus (*) ergibt sich mit p
+ 0 die Behauptung.
0
Bemerkung: Die Mittelwerteigenschaft charakterisiert die harmonischen Funktionen. Man kann nejnlich zeigen: Eine stetige Funktion h : U + IR auf einer offenen Menge U ist genau dann harmonisch, wenn fir jede Kugel %(a) C U die Fonnel (16) gilt. Folgerung (Maximumprinzip f i r harmonische Funktionen): Es sei U C IRn eine zusammenhangende offene Menge und h eine reelle harmonische Funktion auf U . Wenn h ein Maximum annimmt, dann ist h konstant.
12.6 Die Greenschen Formeln
395
Beweis: Sei M das Maximum von h auf U . Wir stellen zuniichst fest: a) h ist auf jeder Kugel K,(b) C U konstant, falls h,(b) = M. Fur jedes p E (0; r) gilt nach der Mittelwerteigenschaft
was aus Stetigkeitsgrunden nur gilt, wenn h(x) = M fur jedes x E aK,(b). h) Sei jetzt UM := {x E U h(x) = M). UM ist nicht leer und abge schlossen in U . UM ist auch offen in U; denn zu b E UM gibt es eine Kugel K,(b) c U und auf dieser ist h nach dem Vorangehenden konstant; also gilt K,(b) c U M .Wegen des Zusammenhangs von U ist also UM = U .
I
Als Beispiel fur Anwendungen der Greenschen Formeln in der Mathematischen Physik bringen wir einen Energieerhaltungssatz. Beispiel: Ein Energieerhaltungssatz fik L8sungen der Wellengleiehung Es sei G C IRn ein 9'-Polyeder mit meflbarem Rand und die Funktion u E V2(G x IR) erfiille folgende Bedingungen: (I) A,u - utt = 0 auf G x IR; (11) u = 0 auf a G x lR. Dann ist
+
~ dx, E(t) := J ( ~ ~ ( x , t )1lgrad~u(x,t)11~) konstant.
t E IR;
G
(A, und grad, beziehen sich auf die Ortsvariable x E G.) dE
=0 dt Durch Vertauschen von Differentiation und Integration und Anwendung der ersten Greenschen Formel erhalt man
Beweis: Wir zeigen:
-
=2/ut.dvud~-2/ur.~,udx. 8G
G
Die Randbedingung (11) impliziert ut(x, t) = 0 fur x E aG. Das Randintegral ist also Null. Die Wellengleichung (I) und eine nochmalige Vertauschung von Differentiation und Integration liefern scbliefilich
1 2 Der Integralsatz "on G a d
396
12.7 Aufgaben Sofern nichts anderes festgelegt wird, bezeichnet G ein Y1-Polyeder im IRn, dessen Rand meJbar ist. Vektoren schreiben wir als Zeilen. 1. Es sei T C R3 der in 11.1 (3) eingefuhrte Torus. Man berechne a) nach zwei verschiedenen Methoden das Einheitsnormalenfeld v auf T mit v(R a, 0,O) = (1,0,0);
+
b) fur das Vektorfeld F(x, y, z) := (x, y, z) das Integral
1
F
(T?)
z.
2. Es sei r : [a; b] + IR eine stuckweise stetig differenzierbare Funktion, die hochstens endlich viele Ni~llstellenhat. Man zeige, daB der Rotationskorper A= {(x,y, z ) E IR3 x2+y2
1
3. Es sei G C IR3 und F := (0, 0, - p z ) , p E IR. Man zeige
hGF d S f
-
= pus (G).
(Interpretation als Archimedisches Prinzip: Die Auftriehskraft in einer Flussigkeit der Dichte p ist gleich dem Gewicht der verdrangten Flussigkeitsmenge.) 4. Man zeige: Fur jedes konstante Vektorfeld c gilt
+ IR eine Y2-Funktion, die homogen vom Grad k > 0 ist; Letzteres bedeut,et: f (tx) = tkf (2) fur alle t E R+ und x E IRn. Man zeige:
5. Es sei f : IRn
!i~ (01 a f d x = k J Sn-l f d s .
Hinweis: f erfiillt die Identitit f l ( z ) z = le f ( z ) ; siehe 2.8 Aufgabe 4 Es seien kl, . . . ,kn ganze Zahlen 2 0; man berechne "-1
xP...x$dS .
6. Es sei F : G + IRn ein Y1-Vektorfeld und f : G + IR eine Y1-Funktion. Dann gilt als partielle Integration:
12.7 Aufgaben
7. Es sei F ein Ce2-Vektorfeld auf G. Man zeige:
JBG rot F d~
f
= 0.
8. Es seien (M1,vl) und (Mz,Yz),zwei orientierte, meflbare (n,- 1)dimensionale Untermannigfaltigkeiten des Rn, zu denen es ein Y1Polyeder G mit folgender Eigenschaft gibt: (i) a r G = MI U Mz, (ii) das Bugere Einheitsnormalenfeld v von G stimmt auf Mi mit vi uberein: v Mi = vi, i = 1,2.
I
Dann gilt fur jedes F2-Vektorfeld F anf G
9. Es sei v eine harmonische Funktion in einer Umgebung von G. Man zeige: a)
/
BG
a,v d S = O;
b) L G v d , v d S =
SG1l~radv11~ dx.
Man folgere: 1st G zusammenhangend und gilt d,v = 0 auf aG, so ist v konstant. 10. Die inhomogene Cauchysche Integralformel. Es sei G C C = IR2 ein Y1-Polyeder wie im Korollar zum Gaugschen Integralsatz und f eine stetige Funktion auf G, die in Go stetig differenzierbar ist. Mit
gilt dann an jeder Stelle a E G
/
/
1 f(Z) 1 3f(z) f (a) = -dz - - -d(x, y) 2?riaG z - a ?rG Z - a 11. Es sei G ein W1-Polyeder und ip eine diffeomorphe Abbildung einer Umgebung von G. Dann ist auch ip(G) ein Y1-Polyeder. 12. Man konstruiere ein Y1-Polyeder, dessen Rand keine megbare Hyperflache ist. 13. LaBt sich eine reguliire Hyperflache des IRn mit zwei Kartengebieten uberdecken, deren Durchschnitt zusammenhangt, so ist sie orientierbar.
1 2 Der Integralsatz "on G a d
398
14. Die Voraussetzung im GauBschen Integralsatz ,,F ist stetig auf G" kann nicht durch die schwachere ,,F ist stetig auf G \ &GLLersetzt werden. Man verifiziere dies an dem Gegenbeispiel mit
Man zeige: /divFd(x,y)=o,
aber
G
15. Die Spur der Parameterdarstellung y: [O; 2111 x
y(u,u) :=
+
(-$; $)
(1+vcos$)sinu (1 ucos ?j) cosu usin?
(
+
71
/F~s=-. 2 ac
)
+ IR3,
,
ist ein Mobiusband M. Man zeige, daB M nicht orientierbar ist, und herechne seinen Flacheninhalt.
13 Der Integralsatz von Stokes
Zur Integration einer Funktion uber eine Untermannigfaltigkeit des IRn in Kapitel 11 bedienten wir uns lokaler Parameterdarstellungen, wobei die lnvarianz gegen Parameterwechsel durch den MaBtensor bewirkt wurde. Dieser involvierte die euklidische Metrik des umgebenden IKn und stellt in seiner linearen Version die Volumina von d-Spaten dar. Nun ist es einer Analysis auf Mannigfaltigkeiten angemessener, mit Objekten zu arbeiten, deren Natur bereits die nijtigen Invarianzeigenschaften mithringt. Fur die Theorie der Kurvenintegrale in Kapitel5 hatten wir in den 1-Formen Integranden, deren Integration keine Metrik im IRn erfordert. Die hoherdimensionalen Analoga, namlich die Differentialformen vom Grad d, erweisen sich auch als die ,richtigenLL Integranden fur die Integration uber d-dimensionale (orientierte) Mannigfaltigkeiten. Man definiert Differentialformen als Felder alternierender d-linearformen. (Alternierende d-linearformen messen Flusse durch orientiert,e &Spate.) Die Differentialformen und nicht etwa kontravariante Vektorfelder stellen auch den mathematischen Begriff dar, der zahlreiche physikalische Grogen, zum Beispiel der Elektrodynamik, sachgerecht beschreibt; siehe [I]und [14]. Wir bringen in diesem Kapitel eine Einfiihrung in den Kalkiil der Differentialformen und beweisen in gewisser Weiterentwicklung des Integralsatzes von Gaul3 den Integralsatz von Stokes.
13.1 Alternierende Multilinearformen Definition: Unter einer alternierenden &Form, kurz auch &Form, auf einem IR-Vektorraum V verstehen wir eine Abbildung w : Vk + C, die in jeder der k Variablen IR-linear ist und bei Vertauschen zweier Variablen das Vorzeichen andert,
Die alternierenden k-Formen auf V bilden einen C-Vektorraum, den wir mit ~ l t ~ ( bezeichnen; V) zus~tzlichsetzen wir noch Alto(V) := C.
400
13 Der Integralsatz von Stokes
Beispiel: Die Determinante auf En.Darunter versteht man bekanntlich die durch die Normierung det(e1,. . . ,en) := 1 eindeutig bestimmte alternierende n-Form auf IRn. Jede weitere alternierende n-Form w auf IRn ist ein skalares Vielfaches von ihr: w = cu . det, cu := w(e1,. ..,en). Eine fundamentale Operation im Raum der alternierenden Multilinearformen ist das Dachprodukt. Fiir Formen w E Altr(V) und q E Alts(V) definiert man dieses Produkt dnrch
dabei bezeichnet S P die Gruppe der Permutationen der Zahlen 1,. . . , p . Wir notieren zunachst einige Spezialfalle: 1. Fur w = c E Alto(V) = C ist w A q = cq.
2. Fiir w,q E Altl(V) ist w A q gegeben durch
x(-l)'+l-' r+ 1
(U A
q ) ( ~ i ,.. ,U p + i ) =
~ ( u i. ., . ,Vi, . . . ,U V + i ) A
.q ( ~ i ) ;
i=l
dabei bezeichnet (vl, . . . ,G, . . . ,u,+l) das r-Tupel, das durch Streichen des i-ten Elements vi aus dem (r 1)-Tupel (ul, . . . ,v,+l) entsteht.
+
Man sieht leicht, daB das Dachprodukt einer Form aus Altr(V) und einer aus Alts(V) eine Form in AltP+*(V)ergibt. Das Dachprodukt ist ferner distributiv, assoziativ sowie antikommutativ im folgenden Sinn: qAw =( - 1 )A,
w E AltT(V), 1) E AltS(V).
Die Distributivitat ist nnmittelbar klar, die Antikommutativitat leicht einzusehen und fiir die Assoziativitat verweisen wir etwa auf Kowalsky, H.-J., und Michler, G.: Lineare Algebra, W. de Gruyter 1995, Kapitel 10. Wegen der Assoziativitat sind Produkte von mehr als zwei Faktoren unabhangig von der Klammerung. Insbesondere ist das Produkt 91 A . . . A v k von k Linearformen wohldefiniert. Wegen der Antikommutativitat ist ein solches Produkt Null, falls zwei der Linearformen gleich sind; ferner gilt bei jeder Permutation T von 1,. . . ,k
13.1 Alternierende Multilinearformen
Lemma: Fur
,
91, . . . 9 k
E Altl (v) gilt
Man beweist diese Formel miihelos durch Indnktion nach k, wobei der Induktionsschlul3 aufgrund des dritten Spezialfalls des Dachproduktes durch 0 den Entwicklnngssatz fur Determinanten erbracht wird. Es sei n die Dimension yon V, 1 5 n < co,und e l , . . . ,en eine Basis. Man hat dam die sogenannte dvale Basis S1, . . . ,J n E Altl(V); diese besteht gerade aus den durch Si(ej) = Sij eindeutig bestimmten Linearformen anf V. Wir betrachten deren Produkte Sit A . . . A di*. Sind zwei der Faktoren gleich, so ist 6" A . . . A 6% = 0; sind die Faktoren jedoch paarweise verschieden, so folgt mit dem Lemma Sil A
. . . A 6"
(ej, , . . . ,ej, ) =
sign T , falls (jl, . . . ,jk) durch die Permntation T aus (il,. . . ,ik) entsteht, sonst.
Satz: Die k-Formen Sil A . . . A Sik mit 1 5 il < . . . < ik 5 n bilden eine Basis fur Altk(V); jede alternierende k-Form w auf V besitzt genau eine Darstellung
Insbesondere hat Altk(V) die C-Dimension Dimension 1; ferner ist Altk(v) = 0 fur k
G) >
und speziell Altn(V) die
n.
Bezueis: Die angegebenen k-Formen sind linear unabhangig: Aus
folgt namlich fur alle k-Tupel (jl,. . . ,jk) mit jl < . . . < jk
Ferner hat jede k-Form w die Darstellung (2); die durch die rechte Seite in (2) definierte k-Form hat niimlich fur alle k-Tupel (ej,, . . . ,ej,) mit jl < . . . < j k dieselben Werte wie w und ist daher gleich w. 0
402
13 Der Integralsatz von Stokes
Eine Operation auf k-Formen, die wir laufend ausfiihren werden, ist das Zuriickholen von einem Vektorraum W anf einen Vektorraum V mittels einer linearen Transformation T : V + W. Eine solche induziert in der Gegenrichtung eine lineare Transformation T * : ~ l t ~ ( W +)~ l t ~ ( Vfiir ); wE~ l t ~ ( W definiert ) man T'w durch
Man verifiziert leicht die folgenden Rechenregeln: (i) T*(w A 11) = T'w A T*q (ii) (T o S)* = S*o T*. Besondere Bedeutung hat fur uns die Transformation der n-Formen eines n-dimensionalen Vektorraums unter einem Endomorphismus.
Satz (Transformation einer n-Form): Es sei V ein n-dimensionaler IR-Vektonaum und T : V + V eine lineare Abbildung won V in sich. Dann gibt es eine Konstante c E C derart, daJ T*w = cw fiir jede alternierende n-Form w E Altn(V). Wird T bezuglich einer Basis durch die Matrix A beschrieben, so ist c = det A:
Beweis: Es sei wo eine alternierende n-Form, die den 1-dimensionalen Vektorraum Altn(V) aufspannt, und c die Konst,ante mit T*wo = cwo. Da jede weitere Form w E Altn(V) ein Vielfaches von wo ist, w = Xwo mit X E C, folgt auch fur diese T*w = cw. Es sei nun {el,. . . ,en) irgendeine Basis von V und Tej = avei. Wir berechnen c fiir die n-Form wo = 6' A . . . A Sn, wobei {a1,. . . ,6") die zu {el,. . . ,en) duale Basis ist. Wegen Si(Tej) = CkakjSik = aij ergibt sich mit (1)
xi
=det(aij) = d e t A ( S 1 ~ . . . ~ S n ) ( e..., 1 , en), d. h.,
Bemerkung: Da die Konstante c im Beweis des Satzes fiir jede den Endomorphismus T reprasentierende Matrix deren Determinante ist, nennt man c auch die Deteninante von T , d e t T := c. Damit lautet (3)
(3')
13.2 Differentialformen auf offenen Teilmengen des En
13.2
403
Differentialformen auf offenen Teilmengen des IRn
Wir erweitern in diesem Abschnitt den in Kapitel5 eingefiihrten Begriff der 1-Form zu dem der Differentialform hoheren Grades, indem wir neben Feldern von Linearformen auch Felder alternierender Multilinearformen zulassen. Die Definitionen und Feststellungen des vorangehenden Abschnitts betreffen die Situation in einem einzelnen Punkt und sind sinngemas zu iibertragen. Ein neues Element jedoch bringt die Differentiation.
I. Begriff und Algebra der Differentialformen Definition: Unter einer Differentialfom vom Grad k oder auj3eren kFonn, kurz k-Form, auf einer offenen Teilmenge U C IRn versteht man eine Abbildung w: U + Altk(IRn),d. h. eine Vorschrift, die jedem Punkt x E U eine alternierende, k-fach lineare Abbildung w(x): (IRn)k + C zuordnet. Statt w(x) schreiben wir auch w,. Die 0-Formen sind gerade die Funktionen U + C, die 1-Formen die Pfaffschen Formen. Bei punktweiser Addition und Multiplikation mit Konstanten bilden die k-Formen einen C-Vektorraum d k ( U ) .Ebenfalls punkt~ wz A 7,. Dieses ist geweise erklart man das Dachprodukt: (w A v ) := m% 13.1 distributiv, assoziativ und antikommutativ. Eine wichtige Darstellung der Differentialformen gewinnt man mit Hilfe der Differentiale dxl, . . . ,dx, der Koordinatenfunktionen xi : IRn + IR. Diese Differentiale bilden in jedem Punkt u E IRn die duale Basis zur Standardbasis el,. . . ,en des Vektorraums IRn: dxi(u)ej = 6ij, siehe 5.1. Nach dem Darstellungssatz des vorangehenden Abschnitts besitzt also jede a d e r e !--Form w auf U in u E U eine und nur eine Darstellung durch die speziellen augeren k-Formen dxi, A . . . A dxi, mit 1 5 il < . . . < ik 5 n: w(u)=
ai, . .i,(u)dxi,A...Adxi,; il<.
dabei ist
Mit den hierdurch definierten Koefizientenfunktionen ai, ..i, : U schreibt man ai,.i, dxi, A . . . A dxj,. w= il<.-
+
C
Z.B. haben die n-Formen Darstellungen mit einer Funktion a : U
+ C:
C
Beispiel: Es sei n = xdx + eVy und 8 = 2dy A dz + yZdxA Ads. Unter Anwendung des Uistributiv- und Assoziativgesetzes sowie der I'rodoktregeh dz, A dxi = U und dxi A dz, = -&, A ddri w h a t man
Die Diffrrrntialfrrrrn w hri6t ntetig odrr difJerenzierhnr adrr sron der P,wenn die Abbildong u: Li -+ Altk(JR?) diese Cigenschaft hat. Man zeigt leicht, d& dies gleichwerkig damit ist, dafi alle Koeffizientenfunktioncn a*,...i" dic bctr&cndc Eigcnschaft habcn. Iflnsse
Es sei @: R -t L: eine stetig differenzierbare Abbildung in einer offenen Meqqe .(?C W"'. @ induierl iu,iedem P u ~ l kz~E II eirie liueare Abbildung d@(r):Rrn + R"'. Weiler sei u, eine k-Fonn a d T i . lvla~irlehierl d m 1 dax Zwiickhnlen von w mitte1.v @ rpnach f2 d;ldurt:h, dak man fiir jrdnn Pnnht x E 0 iiir aiif Rn rrkl2rtr k-Form w(@(:x))mitt,& d@(x)n w h lRm zuriickholt: (5)
(@w)(x) := (d@(xj)'w(#(x))
Audiilulidi bedeutel dies: Fiir rr,.
. . . ,.uk F R." gill
Einc 0-Forul: d. 11. cinc Fuuktion w = f , wird also zuriickgcholt uric fiu Fu~ik(.ione~r iihlich: Pf= J o @. Ferner is1 dm Zuriickl~oleuei~ierit-Forui irn Fa11 m = n wr.grn (3) grgrhen rlwvh
.4ufgrund dieses TraisformaLio~isverhalte~is werderi sich die Dil~erentialhme11 vo~nGrad 71. & die ualiil.lidmi Lilegranden liir die In~egralioniihx rrrirntirrtr n-dimmsimnlr Mmnigfaltigkeit,enrrwrism. Ua @* punlrtvcisc dcfinicrt ist, hat nlan fiir das Zuriiclcholcn dic Kcgcln:
+
(i) @'(ul +a?)= @'w~ @'*, jii) @*(3A 7) = @*w A VT).
13.2 Differentialformen auf offenen Teilmengen des En
405
Nach diesen Regeln holt man eine &Form w = C ai, ...i, dyi, A . . . A yi, und die Difauf U nach Q zuriick, indem man die Koeffizienten ai,.i, ferentiale dyi fiir sich zuriickholt. Zur Berechnung der @*dyisei @ durch seine Komponenten gegeben:
(@*dyi)(x)ist nach (5') die lineare Abbildung, die einem Vektor w E IRm die Zahl dyi(d@(x)w)zuordnet; diese ist gerade die i-te Komponente d@i(x)(u) von d@(x)(w);es gilt also
Fiir w = C ai,... i, dyi, A
.. . A yi,
ergibt sich damit
Beispiel: Die 2-Form im IR3 sol1 mittels y: IR2 + IR3,
nach IR2 zuriickgeholt werden. (Das Paar (u, w) stellt spharische Koordinaten des Punktes $21, w) E S2 dar; siehe 11.1Beispiel 4.1.) Die Differentiale der Komponenten von y in (u, w) E Q sind dx(,,,) = - sinu cos w du - cosu sinu du, dy(,,,) = dz(,,,) =
cos u cos v du - sin u sin w dv, cos w du.
Setzt man diese und die Komponent,enfunktionen von y in (s) ein, erhalt man nach kurzer Umformung unter Beachtung der Formeln du A du = 0, dwAdw=OunddwAdu= -duAdw
(9)
y'w(,,,)
= cos w du A du
Man beachte, daf2 die Koeffizientenfunktionvon y*w auch als Magtensor von y auftrat; siehe 11.3 Beispiel 2 sowie 13.8.
13 Der Integralsatz von Stokes
406
111. Die SuiuBere Ableitung von Differentialformen
Wir dehnen die in Kapitel 2 eingefuhrte Operation d, die jeder differenzierbaren Funktion ihr Differential zuordnet, auf k-Formen aus.
Satz und Definition der SuBeren Ableitung: Es gibt genau eine Moglichkeit, jeder differenzierbaren k-Form w in einer offenen Menge U C IRn eine ( k + 1)-Form dw zuzuordn,en, k = 0 , 1 , 2 , . . ., derart, dapfolgende vier Forderungen erfiillt werden: (i) d ist linear: d(wl + wz) = dwl + dwz. (ii) Fur jede differenzierbare Funktion f : U + Q: ist d f das in Kapitel 2 eingefiihrte Differential. (iii) Es gilt die Produktregel: Fur jede differenzierbare k-Form w und jede weitere differenzierbare Form q ist
(iv) d hat die Komplexeigenschaft: Fur jede 2-ma1 stetig differenzierbare Differentialfor w gilt d2w = d(dw) = 0. dw heiBt Differential oder auch aupere Ableitung von w. Bemerkung: Die Komplexeigenschaft wird sich als komprimierte Formulierung und Weiterentwicklung des Satzes von Schwarz uber die Vertauschharkeit der partiellen Ableitungen einer W2-Funktion erweisen. Sie spielt in der Kohomologietheorie der Mannigfaltigkeiten eine fundamentale Rolle.
Beweis: Unter der Voraussetzung, daB es eine Operation d mit den genannten vier Eigenschaften gibt, leiten wir dafur eine explizite Darstellung her. Zunachst gewinnt man durch Induktion aus (iii) und (iv) die weitere Regel d(dxi, A . . .Adz,) = 0, k 2 1. Zusammen mit (i), (ii) und (iii) ergibt sich dann fur eine beliebige differenzierbare Form ,<.,.< i, ai ,... i, dxi, A . .. A dxi, mit den Abkurzungen ~ dxi, A .. . A dxik a1 := ai ,.. j , und d x :=
xi
Hiernach ist dw fur jede differenzierbare k-Form w eindeutig bestimmt. Wir zeigen nun umgekehrt, daB die durch (10) definierte Operation die Fordemngen des Satzes erfiillt. Die ersten beiden erfullt sie offensichtlich.
13.2 Differentialformen auf offenen Teilmengen des En
407
Zum Nachweis der Produktregel geniigt es aus Linearitatsgriinden, sie fur w = adz1 und q = b d x ~zu zeigen, und dabei diirfen wir uns weiter auf den Fall I n J = 8 beschranken, da andernfalls beide Seiten in der Produktformel Null sind. Im Fall I n J = 0gilt nun: d(w A q ) = d(ab) A dzr A d x ~ = (da)b A dxr A d x ~ a (db) A d x A ~ dxJ
+
+
= (da) A dxr A b d x ~ (-l)kadxr A db A dxJ = dw A q
+ (-1)"
A dq.
Die Komplexeigenschaft d2 = 0 weisen wir zunachst fiir 0-Formen nach: d(da) = d
(2
dia dxi) =
2=1
2
d(dia) A dxi
,=1
Fiir eine k-Form w = a dxr folgt mit (10) und der Produktregel weit,er ddw = d(da A dxr) = d2a A dxr - da A d(dzI) = 0. Damit erhdt man aus Linearitatsgrunden allgemein d2 = 0.
0
Beispiele: 1. d ( x d y - y d x ) = d x A d y - d y A d x = 2 d x A d y . 2. d(e"Yzdx A dz) = -xze5Yzdx A dy A dz. n
3. Es sei w =
dw =
i=l dai A d ~ =i
z n
i=l
C ai dxi eine stetig differenzierbare 1-Form. Dann ist
z(z n
n
i=l k=l
dkai dxk) A dxi =
z
z
(&ak - dkai)dxiA dxk.
Die in 5.4 (8) angegebene Bedingung disk - dkai = 0, i, k = 1,. . . ,n, fur die Geschlossenheit einer 1-Form w lautet damit kurz: dw = 0. Eine weitere wichtige Eigenschaft der augeren Ableitung ist ihre Vertauschbarkeit mit dem Zuriickholen von Differentialformen.
Lemma: Es sei @: 0 + U 2-ma1 stetig differenzierbar. Dann ist fiir jede differenzierbare Form w auf U auch @*w differenzierbar, und es gilt (11)
I
@* (dw) = d(@*w).
1
Beweis: Wir zeigen die Behauptung zunachst fur eine 0-Form, d. h. fiir eine Funktion a : U + C. Nach der Kettenregel ist mit a auch die zuruckgeholte
13 Der Integralsatz von Stokes
408
Funktion @*a= a o @ differenzierbar und hat das Differential m n d(ao @) d ( @ * aj =) ~= axj ~ d a : j = j=l ~ ~,=I ( * oa @ ~ i) - dam, axa : j .
Andererseits ergibt die Transformationsforme1 (7)
Damit ist (11) fiir 0-Formen gezeigt. Fur eine Differentialform hoheren Grades w = Cai,.,,i, dy,, A . . . A dyi, erhalt man aus (7) aufgrund der Produktregel und der Komplexeigenschaft d2 = 0
Andererseits ergibt sich mit (10) und @* dyi = d@i @* (dw) =
z
@* (dai, ..i, ) A d@i, A
. . . A d@i,.
;I, ..., i k
In Verhindung mit der bereits bewiesenen Formel d(@*a)= @*(da)fur Funktionen folgt die Formel (11) damit allgemein. 0
13.3 Differentialformen auf Untermannigfaltigkeiten des IRN Wir fiihren nun den Begriff der Differentialform auf Untermannigfaltigkeiten des IRN ein. Das wesentliche Hilfsmittel bilden lokale Parameterdarstellungen der Untermannigfaltigkeiten. Es sei M eine n-dimensionale tX1-Untermannigfaltigkeitdes IRN. Nach Lemma 1 in 11.3 hesitzt M eine offene Uberdeckung {U,},c~, wobei U, die Spur einer Einbettung y,: Q, + M ist, Q, eine offene Menge im IRn. Im Weiteren verwenden wir die Bezeichnungen U,p := U,
n Up
und
Q,p := y;'(U,p).
Im Fall U,p # 0gibt es nach dem Satz in 11.1 einen Diffeomorphismus Top: Qep + Qon,,derart, daJ2 fur u E Q,p gilt:
Eine Kollektion {y,},c~ von Einbettungen mit UacA Spur 7,= M nennen wir einen Atlas aus Einbettungen fiir M und die T,p die dazugehorigen ~ergangsdiffeeomorphismen.Gelegentlich bezeichnen wir das 7,-Urbild in 0, eines Punktes a: E U, mit a:,; (12) lautet damit xp = T,p(z,).
13.3 Differentialformen auf Untermannigfaltigkeiten des
Zwei Einbettungen und der dazugeborige ~bergangsdiffeomorphismus Der Tangentialraum T,M in einem Punkt x E M ist nach den einleitenden Feststellungen in 11.1im Fall x E U, das Bild der linearen Einbettung dy,(x,): IRn + IRN,
(13)
T,M = dy,(x,)
IRn.
Definition (Differentialform a u f einer Untermannigfaltigkeit): Unter einer Differentialfomn vom Grad k, kurz k-Fonn, auf M versteht man eine Vorschrift w, die jedem Punkt x E M eine alternierende k-Form w(x) = w, auf dem Tangentialraum T,M zuordnet:
Beispiel: Jede k-Form w auf einer RN-Umgebung von M induziert eine k-Form auf M dadurch, daB man an jedem Punkt x E M die alternierende + C auf ( T , M ) ~einschrankt. Die so gewonnene kk-Form w,: Form auf M bezeichnen wir mit w I M . Die Addition und die Dachmultiplikation von Differentialformen auf M erklart man punktweise. Folglich gelten dafiir die friiher notierten Rechenregeln weiter. Jede &Form w auf M induziert durch Zuriickholen mittels y, : f2, + U, eine k-Form w, := y; w auf Q;, diese wird wie in (5') fiir Vektoren u l , . . . , E IRn erklart durch
Im Fall U,p # 0st,ehen die zuriickgeholten Formen w, = y; w und wp = y; w wegen (12) in der Vertr~glichkeitsbeziehung
410
13 Der Integralsatz von Stokes
speziell fur eine n-Form w besagt diese nach (6)
Die Form w heifit stetig, differenzierbar oder uon der Klasse f X p , wenn alle zuruckgeholten Formen w,, a E A, die betreffende Eigenschaft haben, und das ist genau dann der Fall, wenn deren Koeffizientenfunktionen diese Eigenschaft haben. Das Verfahren, einer Differentialform w auf M eine Familie {w,),~A von Differentialformen zuzuordnen, kann umgekehrt werden. Man gewinnt dadurch ein Mittel zur Konstruktion von Differentialformen auf M . Heftungslemma: Gegeben seien &Formen w, auf den Parameterraumen f2, eines Atlas {y,},E~ aus Einbettungen, die die Vertraglichkeitsbedingung (15) erfiillen. D a m gibt es eine (und nur eine) k-Form w auf M mit y;w=w,fiiralle LYEA. Beweis: Zur Definition von w in einem Punkt x wahle man eine Einbettung y, mit x E Spur y, und setze dann fur ein k-Tupel ( h l , . . . ,hk) von Vektoren aus T,M w(x) (hl,. . . ,hk) := w,(x,)(ul,. . . ,uk), wobei ui das Urbild zu hi unter dem Isomorphismus dy,(x,): IRn +T,M sei. Wegen (15) hangt diese Konstruktion nicht von der gewihlten Einbettung ab. 0 Mit Hilfe der Heftungstechnik definieren wir nun die Ableitung einer differenzierbaren k-Form. Mit Riicksicht auf das Lemma im letzten Abschnitt hetrachten wir dabei nur Mannigfaltigkeiten M der Klasse fX2. Wir diirfen dann annehmen, dai2 auch alle Einbettungen und Ubergangsdiffeomorphismen von der Klasse fX2 sind. Definition (Ableitung einer Differentialform): Unter der Ableitung einer differenzierbaren &Form w auf M verstehen wir die eindeutig bestimmte (k+l)-Form dw derart, daB fiir alle Einbettungen eines Atlas {ye)
Rechtfertigung: Die in den Parameterbereichen Q, erklarten (k+l)-Formen dw,, cu E A, weisen die im Heftungslemma geforderte Vertraglichkeit auf, wie man mit (11) sofort sieht: dw, = d(T,'pwp) = T&(dwp). Die Forderung (16) bestimmt also in eindeutiger Weise eine Differentialform dw. Beispiel: Die Einschrankung wlM einer differenzierbaren k-Form w auf einer IRN-Umgebung von M ist differenzierbar, und es gilt d(w1M) = (dw)lM.
13.4 Orientierung "on Untermannigfaltigkeiten
411
Die fur die lokalen Reprikentanten giiltigen Ableitungsregeln implizieren sofort die analogen Regeln fur Differentialformen auf M: (i) d(w1 w2) = dw1 ~ W Z ; (ii) d(w A 17) = dw A Q ( - l ) k ~A dl), w eine k-Form; (iii) d2w = 0, w eine W2-Form.
+
+ +
13.4 Orientierung von Untermannigfaltigkeiten Bei der Definition des Integrals einer n-Form iiber eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit M c R N mussen wir an entscheidender Stelle den Transformationssatz anwenden, und dieser involviert den Betrag einer Funktionaldeterminante. Andererseits bringt ein Koordinatenwechsel fur eine n-Form nach (15,) die Funktionaldeterminante selbst ins Spiel und nicht deren Betrag. Zur Vermeidung dieser Diskrepanz legen wir der Integration von Differentialformen orientierte Mannigfaltigkeiten zugrunde. Fur Hyperflachen im euklidischen IRn haben wir den Orientierungsbegriff in 12.1 mittels stetiger Einheitsnormalenfelder erkliirt. Eine Orientierung einer beliebigen Mannigfaltigkeit definieren wir als stetige Verteilung von Orientierungen in den einzelnen Tangentialriiumen. Zuvor besprechen wir den Orientierungsbegriff fur Vektorraume. I. Der Orientiernngsbegriff fiir endlich-dimensionale I&-Vektorriiume Der Orientierungsbegriffberuht auf der Tatsache, da%die Menge B ( V ) der geordneten Basen in jedem endlich-dimensionalen R-Vektorraum V # 0 aufgrund des folgenden Lemmas in zwei disjunkte Klassen ze&llt. Es sei dimV = n,. Unter einer geordneten Basis in V versteht man ein Element B = (bl, . . . , b,) des n-fachen direkten Produktes Vn, wobei die Vektoren bl, . . . , b, eine Basis bilden. %(V) ist als Teilmenge von Vn mit einer Topologie versehen. Die geordneten Basen in V nennt man auch n-Beine. Im Fall V = IRn identifizieren wir ein n-Bein B = (bl,. . . ,b,) mit der (n x a)-Matrix, deren Spalten bl, . . . , b, sind, und B ( R n ) mit GL(n, IR). Lemma: Folgende drei Aussagen iiher zwei n-Beine A = (al,. . . ,a,) und B = (bl, . . . , b,) in V sind aquivalent: (i) A und B konnen in B ( V ) stetig ineinander defonniert werden; das meint: Es gibt eine stetige Abbildung P: [O;11 + B ( V ) mit P(0) = A wnd P(1) = B. (ii) Die Detenninante des Automorphismus T: V + V mit Tai = bi ist positiu.
13 Der Integralsatz von Stokes
412
(iii) Fur eine (und dann jede) reelle alternierende n-Form w haben w(A) und w(B) dasselbe Vorzeichen.
# 0 auf V
Gegebenenfalls heisen A und B gleichorientiert. Ferner heist ein Automorphismus T : V + V orientierungstreu, wenn fur ein (und dann jedes) n-Bein A das Bild TA die gleiche Orientierung hat wie A, was genau dann der Fall ist, wenn det T > 0. Beweis: Die Implikation (i) + (ii) ergibt sich mit dem Zwischenwertsatz: Bezeichnet T(t) : V + V den Automorphismus, der das n-Bein A = P(0) in das n-Bein P(t) transformiert, so stellt t ct detT(t) eine nullstellenfreie stetige Funktion auf dem Deformationsintervall [O; 11 dar. Nun ist det T(0) = 1 wegen T(0) = id; damit folgt det T ( l ) > 0. Die Aquivalenz (ii) (iii) folgt aus w(B) = det T . w(A), siehe (3'). Zu zeigen bleibt die Implikation (ii) + (i). Wir fuhren diesen Nacbweis mittels einer Basis von V auf den Nacbweis im Fall V = Rn zuruck. Beziiglich einer solchen Basis werden die n-Beine A und B durch Matrizen A' bzw. B' aus GL(n, R) dargestellt. Wegen det B' = det T . det A' besagt dann (ii), daJ2 det A' und det B' dasselbe Vorzeichen haben. Die Aussage (i) ergibt sich daher aus dem Satz: Die Untergmppe GL+(n,R) won GL(n, R) der Matrizen mit positiver Deteninante ist wegzusammenhangend. Zum Beweis dafiir siehe 1.5. 0 Nach dem Lemma zerfallt die Menge 9 ( V ) aller n-Beine in zwei disjunkte Teilmengen jeweils gleichorientierter n-Beine; mittels einer reellen alternierenden n-Form w # 0 kann man diese beiden beschreiben als
I
I
bzw. { B E 9 ( V ) w(B) < 0). {B E 9 ( V ) w(B) > 0) Jede dieser beiden Teilmengen heist eine Orientiemng von V; und zwar heist die erste positiu bezuglich w, die zweite negativ. Diejenige Orientierung des IRn, die bezuglich der Determinante positiv ist, bezeichnet man als dessen positive Orientierung; sie besteht gerade aus den n-Beinen A = (al, . ..,a,) mit det A > 0 und enthalt das n-Bein (el,. . .,en). Im Folgenden werden wir des ijfteren eine Orientierung von einem Vektorraum auf einen anderen ubertragen. Die Moglichkeit dazu beruht darauf, das jeder Isomorphismus ip: V + W gleichorientierte n-Beine BI und B2 in V in gleichorientierte n-Beine in W abbildet; dies ergibt sich s e fort mit dem Kriterium (iii) des Lemmas, da fiir jede n-Form w auf W w(ipB,) = ip*w(Bi) gilt, i = 1,2. Ein Isomorphismus induziert also eine bijektive Abbildung des Paares der zwei Orientierungen von V anf das Paar der zwei Orientierungen von W. Insbesondere ist es sinnvoll zu sagen, ein Isomorphismus ip: IRn + V ubertrage die positive Orientiemng des IRn auf T/; und zwar ist die durch ip ubertragene positive Orientierung auf V gerade jene, welche das n-Bein (pel,. . . ,ipe,) enthalt. Ferner gilt:
13.4 Orientierung "on Untermannigfaltigkeiten
413
(Or): Zwei Isomorphismen i p l , i p 2 : IRn + V definieren genau dann dieselbe On'entierung auf V , wenn der Automorphismus T : = ~ ; ~ O ~ ~ : I R ~ + I R ~
on'entierungstreu, ist, d. h., wenn er eine positive Determinante hat. 11. Orientierung von Untermannigfaltigkeiten
Definition: Eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit M C IRN heifit on'entierbar, wenn es eine Vorschrift gibt, die in stetiger Weise jedem Punkt x E M eine der beiden Orientierungen des Tangentialraums T , M zuordnet; dabei beige eine Zuordnung von Orientierungen stetig, wenn es zu jedem Punkt p E M eine Einhettung y : R + M mit p E y(R) gibt so, daB man fiir jedes u E f2bei der Ubertragung der positiven Orientierung des IRn durch den Isomorphismus dy(u): IRn + T,(,]M die vorgeschriebene Orientierung von T,(,]M erhalt; anders formuliert: Wenn fiir jedes u E R das n-Bein d y ( u ) ( e ~ ,. ..,en) zur vorgeschriebenen Orientierung van T,(,)M gehort. M heifit orientiert, wenn eine Vorschrift gewahlt ist, die jedem x E M in stetiger Weise eine Orientierung von T,M zuordnet. Eine Einhettung wie vorhin nennt man dann orientierungstreu. Wendet man die Feststellung (Or) auf die Situation
an, erhiilt man fiir die Orientierung einer Mannigfaltigkeit die folgende Charakterisierung mittels eines Atlas. Lemma: Fur eine n-dimensionale Untermannlgfaltigkeit M c IRN gilt: (i) Ist M orientiert, so sind fur jeden Atlas {y,JaEa on'entierungstreuer Einbettungen auch die iibergangsdiffeomorphismen Tap orientierungstreu; d. h., es ist det TAp(x,) > 0 fur alle a , P E A mit UOp# 0 und alle x, E Rep.
ein Atlas uon Einbettungen mit orientierungstreuen ~ b e r (ii) Ist so ist M orientierbar dergangsdiffeomorphismen Tap fiir Uep # 0, art, dajl die Einbettungen orientierungstreu werden. Wir nennen diese Orientiemng die vom Atlas {ye) induzierte Orientierung auf M .
414
13 Der Integralsatz von Stokes
Besonders zweckmagig ist es, zur Formulierung der Orientierbarkeit und zur Festlegung von Orientierungen Differentialformen zu verwenden. Dazu eine Vorbemerkung. Jede n-Form w auf einem n-dimensionalen Vektorraum V hat die Eigenschaft: Entweder gilt w(A) # 0 fur jedes n,-Bein A in V oder fur keines. Entsprechend sagen wir: Eine n-Form w auf einer ndimensionalen Mannigfaltigkeit M habe in x E M keine Nullstelle, wenn w, ( A ) # 0 gilt fur ein (und dann jedes) n-Bein A in T,M. Orientierbarkeitskriterium: Eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit M C IRN ist genau dann orientierbar, wenn es auf ihr eine nullstellenfreie stetige reelle Differentialform w vom Grad n gibt. Gegebenenfalls erhalt man eine Orientierung won M dadurch, dafi man jedem Punkt x E M als Orientierung von T,M die Gesamtheit der n-Beine (vl, . . . ,u,) mit
zuordnet. Man nennt sie die bezuglich w positive oder auch von w induzierte Orientierung auf M . Eine Einbettung y ist beziiglich der won w induzierten Orientierung on'entierungstreu, wenn fiir alle u E LJ gilt:
Beweis: a) Es sei w eine Differentialform wie im Satz. Zu zeigen ist die Stetigkeit der durch (17) festgelegten Zuordnung von Orientierungen in den Tangentialraumen von M . Es sei p E M und y: f2 + M irgendeine Einbettung mit p E y(Q) und zusammenhangendem Q. Die zuruckgeholte n-Form y'w hat die Darst,ellung y'w = a d u l A . . . A dun, wohei die Koeffizientenfunktion a in u = y-'(x) nach (4n) gegeben ist durch
Die Voraussetzung iiber w besagt, d d a stetig, reel1 und nullstellenfrei ist; da ferner LJ zusammenhangt, hat a in LJ ein einheitliches Vorzeichen. Im Fall a > 0 gehijrt daher fur jeden Punkt w, E Q das n-Bein dy,(el,. . . ,en) zu der durch (17) ausgezeichneten Orientierung von T,(,)M, d. h., die angegebene Zuordnung ist stetig. Im Fall a < 0 schalten wir vor die Einbettung y die Spiegelung u an der Hyperebene ul = 0 des IR" und setzen f? := uLJ und j. := y o u-'. Dann ist auch j.: f? + M eine Einbettung, und fur jeden Punkt iL = u(u) E fi gilt
Fur jeden Punkt iL E f? gehijrt also das n-Bein d j . ~ ( e l , . . , e n ) zu der durch (17) erklarten Orientierung von T?,M = T,M.
13.4 Orientierung "on Untermannigfaltigkeiten
415
h) Es sei M orientiert. Wir wahlen einen Atlas {y,),E~ aus Einbettungen derart, dag jeder Isomorphismus dy, (u) : IRn + T,M, x = y, (u), die positive Orientierung des IRn auf T,M ubertragt. Weiter sei w, die n-Form in U, := Spury,, fur die w,(x)(dy,(u)el,. . . ,dy,(u)e,) := 1 gilt,; durch diese Forderung ist w, erklat, da eine alternierende n-Form auf einem ndimensionalen Vektorraum durch ihren Wert auf einem n-Bein festgelegt ist. w, nimmt auf jedem n-Bein in T,M, das die gleiche Orientierung hat wie dy,(u) (el,. . .,en), einen positiven Wert an. Ferner ist w, stetig, da die Koeffizientenfunktion a der zuruckgeholten Form y: w wie in (17') aufgrund der Definition von w, die Konst,ante 1 ist. Ausgehend von den n-Formen w, auf U,, cu E A, konstruieren wir mit Hilfe einer Zerlegung der Eins eine n-Form w auf M . Es sei {E,} eine der Uberdeckung {U,} untergeordnete lokal-endliche Zerlegung der Eins mit kompakten Tragern Tr E, C U,. Jede n-Form &,we setzen wir durch Null fort zu einer stetigen n-Form oi, auf M und bilden w := COEAoi,. w ist eine stetige n-Form auf M , und fur jedes x E M nimmt w, auf dem n-Bein dya(u) (el,. . . ,en), x = y,(u), einen positiven Wert an, da mindestens ein oi, einen positiven Wert annimmt und die iibrigen Werte 2 0. Folgerung 1: Eine zusammenhangende onentierbare n-dimensionale Untermann,igfaltigkeit M des IRN besitzt genau zwei Orientiemgen. Ist w eine nullstellenfreie stetige reelle n-Form auf M , so sind diese beiden die won w und die uon -w induzierten Orientierungen. Jede der beiden Orientierungen ist bereits festgelegt dvreh ein n-Bein im Tangentialraum eines einzigen Punktes non M . Beweis: Es seien wl und w2 nullstellenfreie stetige reelle n-Formen auf M . Dann gibt es zu jedem x E M eine reelle Zahl f ( x ) # 0 mit wl(x) = f(x)wz(x), da Altn(T,M) die C-Dimension 1 hat und wl(x) und UZ(X) reel1 sind. Ferner gibt es zu einer Einbettung y : l2 + M stetige Funktionen a, mit y*wi = ai dul A ... A dun; damit gilt f o y = allaz, und es folgt, daB f : M + IR stetig ist. Wegen des Zusammenhangs von M gilt also f > 0 auf ganz M oder f < 0. Im ersten Fall definieren wl und wz dieselbe 0 Orientierung auf M , im zweiten Fall verschiedene Orientierungen. Folgerung 2: Auf der n,-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M gebe es N - n stetige Vektorfelder v l , . . . ,U N - ~ M : + IRN derart, daJ an jeder Stelle x E M die Vektoren vl(x), . . . ,Y N - , ( x ) zusammen mit T,M den Vektorraum IRN aufspannen. Dann ist M orientierhar; eine Orientierung ist gegeben dureh die n-Beine (ul,. . . , u,) in T,M, x E M , met det (v1(x), . . . ,Y N - ~ ( x ) ,VI, . . . ,u,)
>0
416
13 Der Integralsatz von Stokes
Beweis: Es sei w die n-Form auf M, die fiir v l , .. . ,v, E T,M durch ws ( 0 1 , . . . ,v,) := det (vl( x ) ,. . . ,UN-,(x),
,
U I , . . . 21,)
erklart ist. w ist nullstellenfrei; ferner stetig; denn die mit einer Einhettung y zuriickgeholt,e n-Form y'w hat gem% (17') die Koeffizient,enfunktion
und diese ist stetig. Das Orientierbarkeitskriterium ergibt schlie%licbdie 0 Behauptung.
Korollar: Die Nullstellenmenge M einer Y1-Abbildung f : U + IRN-n, U eine offene Menge i n RN und 0 E EN-% ein regularer Wert uon f , ist orientierbar.
Beweis: Wir versehen den RN znsatzlich mit der euklidischen Metrik. Dann spannen die Gradientenfelder grad f i , . . . ,grad f ~ - , der Komponentenfunktionen von f nach dem Korollar in 3.5.111 in jedem Pnnkt z E M zusammen mit T,M den Vektorraum RN auf. 0 Zum SchluiZ betrachten wir noch Hyperflachen im euklidischen En+'. Wir zeigen unter anderem, daiZ die dafiir in 12.1 gegebene Definition der Orientierbarkeit mittels eines Einheitsnormalenfeldes zu der in diesem Abschnitt aufgestellten Definition gleichwertig ist.
Satz: Eine regulare Hyperflache M im euklidischen En+' ist genau dann orientierbar, wenn es auf ihr ein stetiges Einheitsnonalenfeld v gibt. Gegebenenfalls erhalt man eine Orientierung dadurch, dajl man in jedem Tangentialraum T,M, x € M , als Orientierung die Gesamtheit der n-Beine (01,. .. ,vn) auszeichnet, fCr welche
das sind gerade die n-Beine, fur welche die (n+l)-Beine ( v ( x ) ,ul, . . . ,v,) im Rn+' positiv orientiert sind. Diese Orientierung nennt man die van v induzierte Orientierung. Eine Einbettung y : Q+ U ist genau dann beziiglieh der uon einem Einheitsnonalenfeld v induzierten Orientierung orientierungstreu, wenn fur alle x E U , u = y-'(x), gilt:
gleichwertig damit ist, dajl das aujlere Produkt d l y ( u ) A positives Vielfaches des Nomnalenvektors v ( z ) ist.
.. . A & y ( u )
ein
Beweis: Auf M existiere ein stetiges Einheitsnormalenfeld. Die Orientierbarkeit von M und die Aussagen zur Orientierung sind bereits mit der Folgerung 2 und dem Orientierharkeitskriterium bewiesen.
13.4 Orientierung "on Untermannigfaltigkeiten
417
Es sei umgekehrt M orientierbar und {y,) ein orientierungstreuer Atlas. Damit definieren wir zunachst fur x E U, := Spur y,
Der Vektor N,(x) ist von Null verschieden und steht auf T,M senkrecht, da die Faktoren linear unabhangig sind und den Tangentialraum aufspmnen. Fiir x E U, n Up gilt ferner wegen yh(x,) = yb(xp) . T&(x,) nach Definition des augeren Produktes von Vektoren N,(x) = Np(x) . det T&(x,) = Na(x) . ldet T;~(X,)~, wobei man den Betrag wegen der Orientierungstreue des Atlas setzen darf. Damit ergibt sich
Die Vektoren v,(x) sind also unabhangig von der Einbettung erklart, definieren somit ein stetiges Einheitsnormalenfeld auf M . Die von diesem Einheitsnormalenfeld anf M induzierte Orientierung stimmt auch mit der hereits vorhandenen iiberein, da
Beispiel: Wir betrachten die 2-Sphare S2 C IR3. Das Einheitsnorrnalenfeld v : S2 + IR3, v(x) := x, induziert auf ihr eine Orientierung. Ein 2-Bein (u1,u~)von Tangentialvektoren in x E S2 gehort genau dann zu der von v induzierten Orientierung, wenn das 3-Bein (v(x), U I , u2) im IR3 positiv orientiert ist, d. h., wenn det (v(x), ul, u2) > 0; beispielsweise gehort das 2-Bein (el, ez) im Nordpol von S2 zu dieser Orientierung. Es sei weiter A := {(x, 0 , t ) E S2 x 5 0). Die langs des Meridians A geschlitzte Sphke S2 \ A ist die Spur der Einbettung y:Q + S2 \ A,
I
Wir zeigen, da8 diese bezuglich v orientierungstreu ist. Dazu genugt es wegen des Znsammenhangs von S2 \ A zu zeigen, da8 in dem einen Punkt x = y(0,O) = (1,0,0) das 3-Bein B := (v(x), &y(O, 0), dzy(O,0)) des R3 positiv orientiert ist. Eine kurze Rechnung ergibt B = (el, e2, ez), also det B > 0. Somit ist y orientierungstreu.
13 Der Integralsatz von Stokes
418
13.5
Integration von Differentialformen
Wir fiihren nun das Integral einer n-Form uber eine n-dimensionale orientierte Untermannigfaltigkeit M C JRN ein. Dabei verfolgen wir weitgehend dieselhe Strategie wie bei der Definition des Integrals einer Funktion uber eine Untermannigfaltigkeit des euklidischen JRN in Kapitel 11: ZunBchst wird das Integral beziiglich Einhettungen erklirt; sodann wird die Integration uher ganz M mit Hilfe einer Zerlegung der Eins auf Integrationen bezuglich Einhettungen zuruckgefuhrt. Das Transformationsverhalten der n-Formen eriibrigt dabei den Mafitensor, erfordert aher statt dessen eine Orientierung der Mannigfaltigkeit. Den Ausgangspunkt hildet die Definition (Integration einer n-Form iiber eine Menge im En): Eine n-Form w = a d z l A .. . A dx, in einer Teilmenge LJ C IRn heifit integrierbar uher LJ, wenn ibre Koeffizientenfunktion a iiber LJ (Lebesguejintegrierbar ist, und dann definiert man als Integral von w das Integral von a:
J w := /a($) I n
dx.
0
Zum Beispiel ist die Form dxl A . . . A dx, genau dann uber LJ integrierbar, wenn LJ meghar ist, und dann ist ihr Integral das Volumen von LJ. Aus diesem Grund bezeichnet man dxl A . . . A dx, als Volumenform des IRn. I. Integration beziiglich einer Einbettung Im Folgenden sei M eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit eines IRN.
Definition (Integration beziiglich einer Einbettnng): Eine n-Form w auf der Spur einer Einbettung y : LJ + M heiBt integrierbar bezuglich der Einbettung, wenn die in den Parameterraum f2 C En zuriickgebolte n-Form y*w = a d u l A . . . A dun iiber diesen integrierbar ist, und dann heifit deren Integral das Integral von w bezuglich y:
In Kapitel 5 hatten wir Kir das Kurvenintegral einer stetigen l-Form w = Ci=l ai dxi l%ngseiner W1-Kurve y: [a;b] + IRN die Formel
13.5 Integration yon Differentialformen
419
(EL,
Die dabei auftretende Differentialform (ai a y ) $ ) d t ist gerade die auf das Parameterintervall zuriickgeholte 1-Form y*w. Die Formeln fiir das Integral langs einer Kurve und beziiglich einer Einbettung im Hoherdimensionalen sind also identisch.
Beispiel: Es sei w die Einschrankung der im R3 durch
1
gegebenen 2-Form auf die 2-Sphiire S2.ES sei A := {(x,O, Z) E S2 x 5 0). S" A ist die Spur der in (19) angegebenen Einbettung y : Q + S2 \ A. Um w l b g s y zu integrieren, ermittelt man zunacbst y*w. Diese Rechnung haben wir bereits im Beispiel in 13.2.11 durchgefiihrt; sie ergab y*w(,,,) = cosv du A dv. Damit erhalten wir als Integral von w beziiglich y
1w = J cos v d(u, v) =
(20)
n
7
4 2
J
-n/Z
Wir wenden uus nun der Frage zu, inwieweit die Integrierbarkeit und das Integral einer Differentialform bereits durch die Spur der Einbettung y: f2 + U bestimmt sind.
Lemma: Es seien yi: Qi + U , i = 1,2, zwei Einbettungen mit derselben Spur U . Dann gilt fir jede n-Fonn w auf U : Ist w bezuglich yl integn'erbar, so auch beziiglich 7 2 , und i m Fall der Integn'erbarkeit gilt
J w = J w, 71
falls y1 und yz gleichorientiert sind,
72
und
J w = -J w , 71
falls 71 und
72
entgegengesetzt orientiert sind.
72
Die Integrierbarkeit einer Differentialform auf U h b g t also nicht von der verwendeten Einbettung ab. Somit ist es legitim, gegebenenfalls von Integrierbarkeit uber die Spur einer Einbettung zu sprechen.
Beweis: Es sei T : Ql + Q2 der Diffeomorphismus mit yl = yz o T . Zwischen den Koeffizientenfunktionen der in die Parameterbereiche Qi zuriickgeholten n-Formen yf w = ai dul A . . . A dun, i = 1,2, besteht dann nach (15n) die Beziehung
13 Der Integralsatz von Stokes
420
Die Funktionaldeterminante hat aus Stetigkeitsgriinden in jeder Zusammenhangskomponente von Ql ein einheitliches Vorzeichen; in jeder solchen gilt also a1 = (a2 o T ) . Idet T'I oder a1 = -(a2 o T) . Idet T'I. Nach dem Transformationssatz sind daher al und az zugleich integrierbar oder zugleich nicht. Mit diesem Satz ergeben sich auch die Beziehungen zwischen den Integralwerten: Bei gleicher Orientierung von und yz ist det T' > 0 in ganz Q1, und es folgt
bei entgegengesetzter Orientierung ist det T' < 0 in Ql, und dann folgt
Jw=/aldx=-J(a~o~).ldet~'1dx=-Ja2dy=-/w. n, n, n1 72
71
Wenngleich sich der Wert des Integrals w einer integrierharen Differentialform auf U bei einem Parameterwechsel unter Umstejlden andert, kann man doch fiir eine solche Differentialform eine L1-Halhnorm unabhangig von einer speziellen Einbettung definieren. Es sei w eine iiber die Spur U einer Einbettung y : Q + U integrierbare n-Form. Die Koeffizientenfunktion von y*w = adul A . . . A dun ist dann iiber Q int,egrierbar und nach den Eigenschaften des Lebesgue-Integrals auch ihr Betrag lal. Ferner gilt fiir die von zwei heliehigen Einbettungen yi : Qi + U , i = 1,2, induzierten Koeffizientenfunktionen a l , a2 nach (21) la11 = ldet T'I . la2 o TI, was die Gleichheit der Integrale Jnl [all dx und Jn2 la21 dy zur Folge hat. Diesen von der Einbettung unabhangigen Integralwert nennen wir die L1-Halbnorm von w auf U und hezeichnen ihn mit llwllu oder auch mit Ju Iwl:
11. Integration fiber eine orientierte Untermannigfaltigkeit
In Analogie zur Integration von Funktionen fiihren wir die Integration von Differentialformen auf einer Untermannigfaltigkeit mit Hilfe einer Zerlegung der Eins anf die Integration beziiglich Einbettungen zuriick. Nun ist nach obigem Lemma das Integral einer Differentialform nur im Rahmen gleichorientierter Einbettungen von einer speziellen Einbettung unabhibgig. Dieser Tatsache tragen wir dadnrch Rechnung, daB wir der Integration von Differentialformen orientierte Mannigfaltigkeiten zugrundelegen.
13.5 Integration von Differentialformen
421
Im Folgenden sei M eine orientierbare n-dimensionale Untermannigfaltigkeit des IRN mit einer fest gewahlten Orientierung. Unter einem on'entierten Atlas fur M verstehen wir einen Atlas {y,},,~, der aus lauter orientierungstreuen Einbettungen besteht. Wir definieren zunachst das Integral fur n-Formen w anf M , deren TrB ger in der Spur U einer orientierungstreuen Einbet,tnng y : f? + M liegt. (Der Triiger von w ist die M-abgeschlossene Hulle der Menge der Punkte x E M mit w(x) # 0.) Die Form w heiBe integrierbar uber M, wenn w I U beziiglich y integrierbar ist, und dann definiert man als Integral uber M
Nach ob'igem Lemma hangt diese Definition nicht von der Wahl der Einbettung ab, sofern diese orientierungstreu ist. Schliefllich definieren wir fur eine uber M integrierbare n-Form w, deren Trager in der Spur U einer Einbettung liegt, in leichter Erweiterung von (22) IIwllM = IwI := JIw I UI.
J
M
u
Man beweist und definiert nun im wesentlichen wijrtlich wie in Abschnitt 11.5 fiir Funktionen: S a t z u n d Definition (Integration einer n-Form iiber eine orient i e r t e n-dimensionale Untermannigfaltigkeit M C EN):Eine nForm w auf M heij3t integrierbar iiber M , wein es eine einem orientierten Atlas antergeordnete Zerlegung {&i}i€nv der Eins gibt derart, daj3 gilt: 1. Jede der n-Formen ~ i w i, E IN, ist uber M integrierbar;
Sind diese Bedingungen fir eine Zerlegung der Eins erfullt, dann auch fur jede andere, die einem orientierten Atlas fir M untergeordnet ist. Der Wert der folgenden Reihe hangt nicht von der Wahl der Zerlegung {&i}ab u,nd heij3t das Integral von w uber die orientierte Mannigfaltigkeit M:
Man beaehte: In dem Symbol JM w wird M als Untermannigfaltigkeit mit fest gewihlter Orientierung unterstellt. Streng genommen miiflte man auch einen Hinweis auf die gewihlte Orientierung aufnehmen.
13 Der Integralsatz von Stokes
422
Mit Hilfe der Integration uber M erklirt man auch die Integration uber Teilmengen von M. Man sagt, die n-Form w auf einer Teilmenge A C M sei integrierbar Gber A, wenn ihre triviale Fortsetzung w~ auf M uber M integrierbar ist. ( w ist ~ wie fur Funktionen erklirt durch w ~ ( s := ) w(x) fiir x E A und w ~ ( x:= ) 0 fiir x E M \ A.) Gegebenenfalls setzt man
Analog wie fur Funktionen in 11.5 bzw. 11.7 beweist man muhelos die folgenden Aussagen; in diesen sei M stets eine n-dimensionale orientierte Untermannigfalt,igkeit eines IRN.
Satz: Jede stetige n-Form aufeiner kompakten Teilmenge A C M ist uber A integrierbar. Insbesondere ist jede stetige n-Form auf einer kompakten Mannigfaltigkeit uber diese integrierbar. Satz: w und G seien n-Formen auf M , die auJerhalb einerNullmenge zur Dimension n uhereinstimmen. Ist w uber M integrierbar, so ist es auch G, und dann oilt J G = Jw. M
M
Satz: Es sei A C M eine abgeschlossene Nullmenge zur Dimension n. Dann gilt: Eine n-Form w auf M ist genau dann uber M integrierhar, wenn sie uber M \ A integrierbar ist; gegebenenfalls gilt
Beispiel: Wir fiihren das Beispiel aus Teilabschnitt I weiter. Auf S2 wiblen wir als Orientierung die vom Normalenfeld v : S2 + IR3, v ( x ) := x , induzierte Orientierung. Die in (19) angegebene Einbettung y: f2 + S2 \ A is1 bezuglich v orientierungstreu; siehe das Beispiel in 13.4. Ferner ist der Meridian A C S2 als Teilmenge einer 1-dimensionalen Mannigfaltigkeit eine 2-Nullmenge. Bezuglich der von v induzierten Orientierung auf S2 ergibt sich also mit (20)
Man beachte, daB der Wert des Integrals gleich dem Flacheninhalt von S2 ist. Die Differentialform, uber die hier integriert wurde, is1 die sogenannte Volumenform der Sphire; siehe 13.8 (27).
13.6 Glatt berandete Teilmengen einer Untermannigfaltigkeit
423
13.6 Glatt berandete Teilmengen einer Untermannigfaltigkeit In diesem Abschnitt beschreiben wir die Integrationsbereiche, die wir im Satz von Stokes zugrundelegen. M sei dabei stets eine orientierte n-dimensionale Untermannigfaltigkeit eines RN. Da in diesem und den weiteren Abschnitten die Ableitung von Funktionen und Formen auftritt, setzen wir ab jetzt voraus, daB M von der Klasse W2 sei. Die topologischen Begriffe in der folgenden Definition beziehen sich auf M als Grundraum.
Definition (Glatt berandete Teilmenge von M): Eine Teilmenge G C M heifit glatt berandet, wenn es zu jedem Randpunkt a E aG eine Umgebung U C M von a und in dieser eine Y1-Funktion q: U + IR mit dq(x) # 0 fiir alle x E U gibt so, da%
G n u = {X E
u I p ( ~ 5) 0).
Die Zugehorigkeit einer Funktion q auf einer offenen Menge U C M zur Klasse W1 bedeutet: Es gibt zu jedem x E U eine Einbettung y : Q + M mit x E y(Q) C U derart, daB die nach Q C IRn zuruckgeholte Funktion q o y zur Klasse W1 gehort. Die Forderung dq, # 0 besagt, da%die Linearform dq,: T,M + R nicht die Form Null ist. Eine Funktion q wie in der Definition uennen wir eine die Teilmenge G in U beschreibende Funktion. Bei Verkleinerung von U geht eine beschreibende Funktion in eine ebensolche uber.
Beispiele: 1. Die abgeschlossene untere Halbsphare = {x E Sn xn+l 5 0 ) ist eine glatt berandete Teilmenge der Sn. Slk wird beschrieben durch die Funktion q: Sn + IR mit q(x) = x,+~. Deren Differential dq,: T,Sn 7' IR, a E Sn, ist gegeben durch dq,v = vn+l. Da die Tangentialraume T,Sn der von Nord- und Siidpol N, S verschiedenen Punkte a Vektoren v mit vn+1 # 0 enthalten, ist dq, # 0 fur a # N , S .
I
2. Jedes W1-Polyeder im IRn, das nur regulbe Randpunkte hat, ist eine glatt berandete Teilmenge des IRn.
Die Grundlage fiir das Weitere liefert ein Lemma, nach dem M in der Nahe eines Randpunktes einer glatt berandeten Teilmenge G Parameterdarstellungen besitzt, durch die G n U im Halbraum Hn := {x E IRn modelliert wird.
I X I 5 0)
13 Der Integralsatz von Stokes
424
Lemma (G-angepdte Einbettung): Zu jedem Randpunkt a einer glatt berandeten Teilmenge G C M gibt es eine on'entierungstreue Einbettung y : f2+ U mit a € U wie folgt: (i) G wird in U durch eine Y1-Funktion beschn'eben; (ii) G fl U = $0-), a G f l U =$no),
-
wobei 0- := f2 fl Hn; wobei 00:= f2 fl aHn.
j Zur G-angepdten Einbettung
Beweis: Wir gehen aus von irgendeiner orientierungstreuen Einhettung 71: 01+ UI mit a E Ul, 0 E QI nnd yl(0) = a. Nach einer geeigneten Verkleinerung von UI und f2l diirfen wir annehmen, daB es in Ul eine Funktion q gibt, die G in UI beschreibt. Die zuriickgeholte Funktion q1 := q o yl hat in 0 eine Nullstelle, und ihr Differential dql = y; dq ist # 0 in ganz f21. Wir w a l e n sodann lineare Funktionen lz, . . . ,1, : IRn + IR mit lk(0) = 0 derart, d d die Abbildung
in 0 eine positive Funktionaldeterminante hat. Nach dem Umkehrsatz gibt es daher eine offene Umgebung R; c f2l von 0, die durch @ diffeomorph auf eine offene Umgebung R von @(0)= 0 ahgebildet wird. Notfalls nach einer Verkleinerung von R; und f2 gilt det @' > 0 in ganz f2;. Die Umkehrung P: f2 + f2; ist ein Diffeomorphismus, mit dem fiir u = (211,. . . ,u,) E f2
gilt. Hiernach hat die Einbettung y := yl o P : f2 + U mil U := yl(R;) die Eigenschaft (ii). Ferner wird G in U durch die Einschrankung q 1 U heschrieben. Schliefllich ist y orientierungstreu wegen det P' > 0. Als nachstes untersuchen wir den mit zwei G-angepaBten Einbettungen ya : f2, + U, und yp : Rp + Up gegebenen Ubergangsdiffeomorphismus T : f2ap + no,. TI,. . . ,T, seien dessen Komponenten. Nach Teil (ii) des Lemmas ist TI (0, uz, . . . ,un) = 0 und TI (ul, UZ,. . . ,u,) 5 0, falls u1 5 0.
13.6 Glatt berandete Teilmengen einer Untermannigfaltigkeit
Damit folgt &TI (0,u2,.... un)
(23)
2 0 fiirk=l, = O fiirk>l.
T' hat biernach in den Punkten u = (0, uz, .... u,) die Bauart
Da y, und yp orientierungstreu sind, ist det T1(u) > 0. Mit (23) folgt also
Der Rand aG als orientierte Untermannigfaltigkeit Im Weiteren sei G eine glatt berandete Teilmenge von M. Wir zeigen, daB ihr Rand eine orientierbare (n - 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeit ist, und legen in bestimmter Weise eine Orientierung fest.
Es sei a E a G und y : f2 + U eine G-angepaEte Einbettnng mit a E U . Wir verwenden dann folgende Bezeichnungen:
f? := {G
E JRn-I
I (0, G) E f2 n a H n ) ,
u:=una~, ?(G) := y(0,G) fur G E
f?.
j.: fi + fi ist offenbar eine Einbettung mit a E fi. Damit folgt bereits, daB a G eine (n - 1)-dinensionale Untermannigfaltigkeit des IRN ist.
Es sei nun eine Familie G-angepdter Einbettungen derart, daB jeder Randpunkt von G in der Spur einer dieser Einbettungen liegt. { j b . } , E ~stellt dann einen Atlas fur a G dar. Den Ubergangsdiffeomorphismus zu zwei Einbettungen 'y,: &, + fi, und Tp: fip + fip bezeichnen wir mit Tag. Seine Funktionalmatrix ist mit der Funktionalmatrix des UbergangsdiffeomorphismusT,p zu y, und yp durch (23') verknupft: Fur i ~ ~ f i ,=iy,-l(ii,nfiO) p ist
1..* .1..: 0. .......0.\
426
13 Der Integralsatz von Stokes
und nach (23+) gilt detfLD(ii) > 0 fiir ii E &. folgt daber:
Mit dem Lemma in 13.4
Der Rand uon G ist eine orientierbare Untermannigfaltigkeit des RNeN Wir legen nun eine Orientierung fest durch die folgende Konvention: Orientiernngskonvention: Als Orientierung auf dem Rand einer glatt berandeten Teilmenge G einer orientierten Untermannigfaltigkeit M C R N wahlt man diejenige, in der alle j.,, cu E A, orientierungstreu sind. Die so festgelegte Orientierung auf a G heigt die uon M induzierte Orientierung, und den so orientierten Rand won G bezeichnet man ebenfalls mit aG.
Beispiel: Hn als glatt berandete Teilmenge des En Offensichtlich ist L := id: En + En eine Hn-angepaJXt,eEinbettung; dabei sind mit den oben verwendeten Bezeichnungen: 0 = Rn und U = Rn, 0- = Hn und Qo = a H n ; ferner sind: f? = En-' und f l = aHn, i: En-' + aHn die durch i(ii) = (0, ii) definierte Abbildung. Nach obiger Konvention ist die vom IRn auf aHn indnzierte Orientierung jene, in der i orientierungstreu ist. Bezeichnet Zl, . . . ,Z,-1 das Standard(n - 1)-Bein des IRn-', so wird die auf a H n induzierte Orientierung reprasentiert durch das (a- 1)-Bein (d i &, . . . ,d i 6,-1) = (ez, . . . ,en). Beschreibung der Orientierung von i3G durch (n - 1)-Beine Zur Beschreibung der in der Konvention festgelegten Orientierung von a G durch (n-1)-Beine in T,BG verwenden wir eine gewisse Verallgemeinerung des Begiffs des augeren (Normalen-)Vektors, den wir bei den V1-Polyedern im enklidischen IRn hatten. Zunachst eine Bezeichnung:
Es sei a ein Randpunkt von G und y: Q + U dazu eine G-angepdte Einbettung; fur u E 00sei y(u) = a. Mit Hilfe des Isomorphismus dy(u) : IRn + T,M ubertragen wir R; auf T,M; wir setzen:
Diese Festsetzung hangt nicht von der verwendeten Einbettung ab, wie man mit (23+) ohne Miihe verifiziert. Wir sagen, die Vektoren aus TZG veisen in den Aujlenraum von G, kurz nach aujlen.
13.6 Glatt berandete Teilmengen einer Untermannigfaltigkeit
427
Drei Vektoren aus IR? und ihre Bilder unter dy(v) in T$G
Wir deuten die Vektoren aus TZG noch geometrisch. Dazu sehen wir einen Vektor w E IRn als den Tangentialvektor &(O) der durch a,(t) = u tw gegebenen Kurve in LJ an (It1 so klein, dag a,(t) E LJ). Deren Bildkurve y a a, in M geht durch y o a,(O) = a und hat ftir t = 0 den Tangentialvektor (y o a,)'(0) = dy(u)w E T,M. Die Vektoren aus TZG sind danach die Tangentialvektoren (y a a,)'(0) der Bilder der Knrven a, mit w E R;, und letztere sind genau jene Kurven a,, die fur t > 0 anBerhalb von H n verlaufen: a,(t) E Rn \ Hn.
+
Die Eigenschaft des augeren Normalenvektors v(a), in einem regularen Randpunkt a eines %I-Polyeders im euklidischen IRn ,pach augen zu weisen", druckt sich in der Posit,ivitat der Ableitung einer beschreihenden Funktion q in Richtnng v(a) aus: dq,(v(a)) = (padq(a), v(a)) > 0; siehe den Beweis zu Lemma 3 in 12.2. Wir zeigen, daJi die Vektoren aus TZG durch eine analoge Eigenschaft ausgezeichnet sind. Es sei y: LJ + U eine G-angepdte Einhettung und q: U + IR eine G beschreihende Funktion. Die nach LJ zuriickgeholte Funktion q* = qay hat nach Teil (ii) des Lemmas auf 6'0den Wert Null und auf LJ- Werte 5 0; das impliziert fur alle u E LJo &qa(u) = 0, k = 2 , . . . ,n, und &q'(u) 2 0. Nun ist dq*(u) # 0 fur alle u E LJ wegen dq(x) # 0 fiir alle x E U. Damit folgt &q"(u) > 0 fur alle u E LJo. Mit diesen Informationen uher die partiellen Ableitungen von q* herechnen wir dq,v fiir v E T,M in den Punkten a = y(u), u E Ro. Hat v die Darstellung v = C:=L=, Xidyuei, erhalten wir
dq,v hat hiernach dasselbe Vorzeichen wie XI. Damit folgt: Lemma: Ist q eine Funktion, die G in einer Umgebung eines Punktes a E a G beschreibt, so gilt:
13 Der Integralsatz von Stokes
428
Satz: Ein (n - 1)-Bein (WZ,. .. ,w,) in T,BG gehb'rt genau dann zu der von M a u j a G induzierten Orientierung, uienn fur einen und dann jeden nach au$en weisenden Vektor v E TG : das n-Bein (u,WZ, . . . ,w,) zur Orientierung von T,M gehb'rt. Beweis: Es sei y: Q
+U
eine G-angepagte Einbet,tung mit a E U und E f? gilt
9: f? + u die dazu erklkte Einbettung in aG. Mit iL = ?.-'(a)
Dabei geht das Standard-(n - 1)-Bein des IRn-' uber in das (n - 1)-Bein dy (0, G)(ez,. . . ,en) des Tangentialraums T,BG. Dieses reprikentiert nach der Orientierungskonvention die von M in T,BG induzierte Orientierung, wahrend dy(0,iL)el in den Augenraum von G weist. Wir schreiben zur Abkiirzung bi := dy(O,iL)ei fur i = 1 , . . . , n . Es sei A: T,BG + T,aG der Automorphismus mit Abi = wi, i = 2 , . . . , n ; ferner sei fur v E T,M A der Automorphismus T,M + T,M mit Abl = u und Ahi = uti, i = 2 , . . . , a . Hat v die Darstellung u = Cy=,Xibi, so gilt detA=X1 .detA. Daraus folgt: det A ist genau dann positiv, wenn det A und XI das gleiche Vorzeichen haben; anders formuliert: Die (n - 1)-Beine (WZ,. . . ,w,) und (b2, . . . , bn) reprasentieren genau dann dieselbe Orientierung in T,BG, : = {Cy=,Xihi XI > 0) wenn fiir einen und dann jeden Vektor u E TG die n-Beine (v, WZ,. . . ,w,) und (bl, bz, . . . , b,) dieselbe Orientierung in 0 T,M reprasentieren.
I
Fur eine regulare Hyperflache M im euklidischen IRn+' fiihren wir die erzielte Charakterisierung noch weiter. Sei ip eine V1-Funktion in einer Umgebung V C IRn+l von a E aG, deren Einschrankung q = lplM n V die Teilmenge G in M n V beschreibt. Weiter sei v das Einheitsnormalenfeld auf M , das die Orientierung angibt. Ein (n - 1)-Bein (wz,. . . ,w,) in T,BG gehort genau dann zu der von M auf a G induzierten Orientierung, wenn fiir mindestens einen Vektor u E T i G das n-Bein (v, W Z , . . . ,w,) zur Orientierung von T,M gehort. Ein n-Bein (v, wz, . . . ,w,) gehort nach dem letzten Satz in 13.4 genau dann zur Orientierung von T,M, wenn
(*)
det ("(a), v, WZ,. . . ,w,)
> 0.
Wir formulieren diese Bedingung weiter um. Da T,M und "(a) den Vektorraum IRn+' aufspannen, besitzt gradv(a) eine Zerlegung grad v(a) = v(a) mit v(a) E T,M und X E
+ Xv(a)
IR,hierbei ist die Projektion u(a) nicht Null,
13.6 Glatt berandete Teilmengen einer Untermannigfaltigkeit
429
sonst wiire fiir jedes v E T,M dip,v = (gradip(a),v) = X(v(a),v) = 0 im Widerspruch dam, daf2 ip die Menge G in M n V beschreibt. Zusammen mit (v(a), v(a)) = 0 folgt weiter
Die Projektion von grad ip(a) weist also in den AuRenraum von G: v(a) E T:G. Wegen det(v(a), ~ ( 4wz, , . . . ,w,) = det(v(a), gradip(a), WZ,. . . ,w,) erhalten wir in Verhindung mit der Bedingung (*) schliefllich: Folgerung: Ist ip eine %'-Funktion in einer Umgebung V C IRn+' des Punktes a E aG, die G in M n V beschreibt, so gilt: Ein ( n - 1)-Bein (WZ,. . . ,w,) in T,BG gehort genau dann zu der von ( M ,v) nuf a G induzierten Orientierung, wenn det(v(a), gradip(a), W Z , . . . ,w,) > 0 Beispiel: Fiir den beim klassischen Satz von Stokes vorliegenden Fall M c IR3, siehe 13.8, besagt diese Folgerung:
Ein TangentialuektorT E T,aG reprasentiert genau dnnn die uon (M,v) auf a G induzierte Orientierung, wenn mit einer Funktion ip, die G in einer Umgebung uon a beschreibt,
gilt, d. h., wenn die Vekt,oren v(a), gradip(a) und T in dieser Reihenfolge oder auch in der Reihenfolge gradip(a), T, v(a) ein positiv orientiertes 3Bein im IR3 bilden. der S2. Als konkretes Beispiel betrachten wir die untere Halbsphare In Beispiel 1 zu Beginn dieses Abschnittes hahen wir gezeigt, daJ2 sie eine glatt berandete Teilmenge der S2 ist. Diese sei mit dem augeren Einheitsnormalenfeld v, v(x) = x, orientiert. Ein Tangentialvektor an den Rand vonS'Iim Punkt a = (al,az,O) E a F i s t der Vektor ~ ( a:= ) (az, -al,O). Dieser reprisentiert die won v auf a F induzierte Orientierung. Denn mit dem Gradienten (0,0,1) der die Halbsphare beschreibenden Funktion ip(x) = $3 gilt
9
det(v, gradip.
T)
la=
det
a1 0 az 0 a 1 0 1 0
430
13 Der Integralsatz von Stokes
13.7 Der Satz von Stokes Satz von Stokes: Es sei M eine orientierte a-dimensionale q2-Untermannigfaltigkeit eines IRN und G eeine glatt berandete kompakte Teilmenge won M , deren Rand aG mit der won M induzierten Orientierung wersehen ist. Dann gilt fir jede stetig differenzierbare (n. - 1)-Form, w auf M
Historisches. George Stokes (1819-1903), Professor der Physik auf dem heriihmten Lehrstuhl in Cambridge, den einst Newton innehatte, fand den nach ihm I l e ! ~ m ~ n fSea ~t 7~ Iwi U~IIWSIIC~IIIII~II ,1111, Hy
,e% vervemlec allerdinx% r r u k l ~ < l i s c l wR~' ~. l)ir,e \.wsim leirw " \ ~ ~ k r m f e l d ein) wir im nkhsten Abschnitt aus dem hier angegebenen Integralsatz ah. Dem urspriinglichen Satz von Stokes kam in der Elektrodynamik von Maxwell (18311879) grundlegende Bedeutung zu. Inzwischen hat sich unter dem EinfluB der Relativitatstheorie der DifFerentialformenkalkiil aucb fiir die Maxwellsche Theorie als hesonders sachgema erwiesen, siehe [I] und [14], und entsprechend der Integralsatz in der Differentialformenversion.
Der Beweis des Satzes wird in mehreren Etappen erbracht.
Hilfssatz 1: Fur jede stetig differenzierbare ( n - 1)-Fonn w auf IRn mit kompaktem Trager gilt J dw= J w. H"
aHn A
Beweis: Es sei w = Ck1aj dxl A . . . dxj .. . A dz,, wobei a l , . . . ,an F1Funktionen auf IRn mit kompaktem Trager sind. Dann ist
Wir formen die einzelnen Summanden mit Hilfe des Satzes von Fubini um. Zunachst integrieren wir im j-ten Snmmanden iiber die j-te Variable; nach dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung erhalten wir dabei
nnd fiir j = 2 , . . . ,n,
13.7 Der Satz von Stokes
Damit ergibt sich
Wir kommen zur Berechnung des Randintegrals SaHmw; dabei ist aHn mit der vom R" gemaB der Konvention in 13.6 induzierten Orientierung versehen. Eine orientierungstreue Einbettung i : IRn-I + aHn hatten wir im Beispiel im AnschluB an jene Konvention angegeben: i(u1,. . . ,u,-1) := (0, ul, . . . ,u,-~). Mit dieser Einbettung gilt
und wegen i'w = (a1 0 i ) dul A .. . A dun-l erhalten wir w=
a ~ ,
/
a ~ ( o , u..., ~ , u,-l)dul...du,-~
.
~ n - 1
Damit ist der Hilfssatz bewiesen.
0
Hilfssatz 2a: Der Satz von Stokes gilt unter der zusatzlichen Voraussetzung, dajl der Triiger uon w kompakt ist und in der Spur einer Gangepajlten Einbettung y : II + U liegt.
Beweis: Mit den Bezeichnungen des Lemmas uber G-angepdte Einbettungen und wegen Tr w C U gilt Jdw =
J
dw =
J y'dw
=
J
dy'w.
nny*w ist eine stetig differenzierbare ( n - 1)-Form in f2 mit kompaktem Trager. Wir setzen sie durch Null auf ganz IRn fort und bezeichnen auch G
Gnu
die Fortsetzung mit y*w. Fur diese gilt nach Hilfssatz 1
Andererseits haben wir wegen Tr w c U und wegen a G n U = y(%)
Damit ist die Behauptung hewiesen.
0
Hilfssatz 2b: Der Satz uon Stokes gilt unter der zusZtzlichen Voraussetzung, dajl der %ger Don w eine kompakte Teilmenge von G ist und in der Spur einer on'entierungstreuen Einbettung y: f2 + U liegt.
Beweis: Aufgrund der Voraussetzung uber den Trager von w ist w(x) = 0 fur x E aG. Das Randintegral hat daher den Wert Null.
13 Der Integralsatz von Stokes
432
Fur das Integral uber G erbiilt man zunacbst wegen Tr w C G n U
Da der Trager der zuriickgeholten Form y'w eine kompakte Teilmenge von 0 ist, durfen wir nach einer eventuellen Verschiebung von 0 annebmen, daB er sogar im Halbraum H n liegt. AuBerdem sei y'w durch Null auf IRn fortgesetzt. Wegen y*wlaHn = 0 erhalten wir dann mit Hilfssatz 1
Damit ist der Hilfssatz bewiesen.
0
Beweis des Satzes von Stokes: Wir fiibren den Satz mit Hilfe einer Zerlegung der Eins auf die Hilfssatze 2a und 2b zuriick. Als erstes wahlen wir eine Uberdeckung von G durch spezielle offene Mengen U, mit x E U, wie folgt: a) 1st x ein Randpunkt von G, dann sei U, die Spur einer G-angepafit,en Einbettung; b) ist x kein Randpunkt von G, dann sei U, die Spur einer orientierungstreuen Einbettung, wobei U, C Go. Wegen der Kompaktbeit von G iiberdecken bereits gewisse endlicb viele Ul, . . . , Up ganz G. Weiter seien dann &I,.. . ,E, stetig differenzierbare Funktionen auf M wie folgt: a) Der Trager der (n - 1)-Form E, ist eine kompakte Teilmenge von Ui; P
b)
C E ~ ( x=) 1 fur x E G.
i=l Der Trager von E,W ist dann ebenfalls eine kompakte Teilmenge von U,. Auf jede der Different,ialformen E ~ W.,. .,&,w ist also einer der Hilfssatze 2a oder 2b anwendbar; damit erhalten wir
+
Die linke Seite formen wir mittels ~ ( E ~ w=) d ~ A, w E, dw um; wegen C:=, &i = 1 auf G ist dort C f = l d&i= d(Cf='=,E ~ )= 0; damit ergibt sich
Die recbte Seite in (*) bat wegen C:== ', Damit ist der Satz von Stokes bewiesen.
~i
= 1 auf a G den Wert
hG
W.
0
13.8 Die klassische Version des Satzes von Stokes
433
Bemerkung: Man kann den Integralsatz von Stokes Kir allgemeinere Teilmengen einer orientierten n-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M eines IRN beweisen, namlich fiir Analoga der W1-Polyeder im IRn, d. h. fur kompakte Teilmengen, deren Rand bis auf eine Hausdorff-Nullmenge zur Dimension n - I glatt ist; wir nennen solche Teilmengen Y1-Polyeder in M. Fiihrt man den Beweis des Satzes von Stokes wie beim Integralsatz von Gaul3 weiter, erhalt man allgemeiner: Der Satz von Stokes gilt auch, falls G ein W1-Polyeder mit mej3barem Rand in M ist und w eine stetig differenzierbare (n - 1 ) - F o n auf M.
13.8 Die klassische Version des Satzes von Stokes Die Integralsatze der klassischen Vektoranalysis arbeiten rnit Vektorfeldern im euklidischen IR3 und nicht rnit Differentialformen. Mit Hilfe der euklidischen Metrik lassen sich aber den Vektorfeldern Differentialformen zuordnen. Der Satz von Stokes fiihrt dann zu den klassischen IntegralsatZen von GauB und Stokes.
In diesem Abschnitt hezeichne IRN stets den euklidischen Raum IRN und M eine orientierte n-dimensionale Y2-Untermannigfaltigkeit.
I. Das Flschenelement dS als Differentialform Fur eine Funktion f auf M haben wir in Kapitel 11 den Begriff des Integrals uber M erklart und das Integral rnit JM f d S bezeichnet. Das Symbol d S deuten wir nun als eine rnit dem Magtensor und der Orientierung von M verknupfte Differentialform vom Grad n und das Integral JM f d S entsprechend als Integral der n-Form f dS. Sind 7,:Qi + U,, i = 1,2, zwei orient,ierungstreue Einbettungen rnit Ul n Uz # 0, so besteht zwischen ihren Gramschen Determinanten rnit dem Ubergangsdiffeomorphismus T : Q12 + Q21 die Beziehung
siebe den Beweis des zweiten Lemmas in 11.3. Aufgrund dieser Beziehung gibt es nach dem Heftungslemma in 13.3 genau eine n-Form auf M, welche wir sogleich rnit d S bezeichnen, derart, daB fur jede orientierungstreue Einbettung y:LJ+ U die zuruckgeholte Form y* d S die Darstellung hat: (24)
( Y * ~= S \)/ 9~7 0 d u 1 A
...Adu,.
434
13 Der Integralsatz von Stokes
d S heiBt die van der euklidsch,en Metrik des RN induzierte Volurnenfomn auf M , im Fall einer 2-dimensionalen Mannigfaltigkeit auch Flachenfomn. Man beachte, daB die traditionelle Bezeichnung d S nicht impliziert, daB die Volumenform eine Ableitung sei. Die definierende Formel (24) zeigt unmittelhar, wie die Volumenform anf das die Orientiernng von T,M in x = y(u) reprasentierende n-Bein (dly(u), . . . ,dnY(u))wirkt. GemaB (4n) ergiht sich:
Die Volumenform ist also stetig wegen der Stetigkeit des MaBtensors und > 0 gem&%dem Orientierbarkeitskriterium in 13.4 induziert wegen die auf M vorhandene On'entierung. Es sei nun f eine Funktion auf M. Dann ist f d S eine Differentialform vom Grad n auf M. Diese ist genau dann bezuglich einer orientierungstreuen Einhettung y: f? + U integrierbar, wenn die zuriickgeholte n-Form y*( f dS) = ( f o y) . m d u l A . . . A dun uber f? integrierbar ist. Diese Bedingung ist nun aher auch gerade die Bedingung fiir die Integrierbarkeit der Funktion f lihgs y. Gegebenenfalls gilt mit der Bezeichnung von 11.3
Mit anderen Worten: Die n-Form f d S ist genau dann bezuglich einer orientierungstreuen Einbettung y integrierbar, vrenn die Funktion f bezuglich y integrierbar ist, und dann haben die Integrale denselben Wert. Da die Definition der Integrierharkeit nnd des Integrals uher die ganze Mannigfaltigkeit M fur eine Differentialform und fiir eine Funktion dasselbe Reduktionsverfahren auf die Integrierbarkeit und die Integrale bezuglich Einbettungen aus einem Atlas verwendet, ergiht sich allgemeiner:
Die n-Form f d S ist genau dann uber die on'entierte Mannigfaltigkeit M integn'erbar, wenn die Funktion f uber M integn'erbar ist, und dann haben die Integrale denselben Wert. Das Symbol JM f d S darf demnach als Integral sowohl der n-Form f d S als auch der finktion f gelesen werden. Insbesondere gilt mit der Volumenform im Fall der MeBbarkeit von M f M d s = v,(M). Zur Ubersetzung des Satzes von Stokes in die Version mit Vektorfeldern hrauchen wir die Darstellung der Volumenform einer Hyperflache durch das orientierende Einheitsnormalenfeld.
13.8 Die klassische Version des Satzes von Stokes
435
Satz (Volumenform und Einheitsnormalenfeld): Es sei M eine regul~reHyperfEache im ELn+' mit der Orientierung durch ein Einheitsnormalenfeld v : M + ELn+'. Dann gilt: (i) Fur Vektoren ul, . . . ,u, E T,M, x E M , ist
(ii) Bezeichnet vk die k-te Komponente von v, so ist
Bemerkung: Die nicht-orientierte Version zu (i), &,xc.
hat eine einfache geometrische Bedeutung: Das n-dimensionale Volumen des von den Tangentialvektoren UI, . . . ,u, E T,M aufgespannten Spates ist gleich dem (n 1)-dimensionalen Volumen des Spates, den die Vektoren ul, . . . ,u, und der zu ihnen senkrechte Einheitsvektor v(x) aufspannt.
+
Beweis des Satzes: (i) Es geniigt, die Behauptung fiir das n-Bein (dly(u), . . . ,&y(u)) zu zeigen, wohei y : J2 + U eine orientierungstreue Einbettung sei mit x = y(u,) E U . Da v(x) ein Einheitsnormalenvektor auf T,M ist, erhalt man mit 11.2 (6') und 11.3 (11) zunachst
Da die Determinante wegen der Orientierungstreue von y positiv ist, folgt nach dem letzten Satz in 13.4
Zusammen mit (25) heweist das die Behauptung (i). (ii) Es geniigt wieder zu zeigen, daB die n-Formen der beiden Seiten auf dem n-Bein (dly(u), . . . ,d,y(u)), y wie ohen, den gleichen Wert hahen. Der Wert der links stehenden n-Form in x = y(u) ist nach (25)
436
13 Der Integralsatz von Stokes
Den Wert der rechts stehenden n-Form berechnen wir mit der Formel (1) in 13.1. Zunachst erinnern wir daran, daJ2 dxi(v) die i-te Komponente des Vektors v ist. Bezeichnet r k die quadratische n-reihige Matrix, die aus der Matrix mit den Spalten &Y(u),. . . ,&Y(u) durch Streichen der k-ten Zeile entsteht, so gilt wegen dxi (ajy(u)) = djyi(u) nach jener Formel
Nach Definition des augeren Produktes von Vektoren ist det r k ( ~ ) die k-te Komponente des Vektors &Y(u) A . . . A &Y(u). Dieser hat die Lange und ist wegen der Orientierungstreue von y ein positives Vielfaches des Einheitsvektors v(x); damit folgt
Zusammen mit (*) heweist das die erste Formel in (ii). Die zweit,e folgt aus dieser wegen xi==, v i = 1. Beispiel 1: Die Volumenform der n-Sph;ire Sn im euklidischen En+' bezuglich der Orientierung durch das auYere Einheitsnormalenfeld v , v(x) = x; nach (26) ist diese gegeben durch
Vgl. damit das Beispiel in 13.5. Beispiel 2: Der Gadsehe Integralsatz fiir ein W1-Polyeder G C JEn mit regul5rem Rand. G ist in der Terminologie von 13.6 eine glatt berandete kompakte Teilmenge des En, wobei aG durch das auYere Einheitsnormalenfeld orientiert wird. Weiter sei F = (Fl, . . . ,F,) ein W1-Vektorfeld auf G. Wir betrachten dazu die (n - 1)-Form
Fur diese erhalt man einerseits
rind andererseits aufgrund von (26)
13.8 Die klassische Version des Satzes von Stokes
Der Satz von Stokes ergibt damit
In der angegebenen Situation ist also der Integralsatz von GauB im Satz von Stokes enthalten. Umgekehrt lassen die vorangehenden Umformungen auch erkennen, daB in dieser Situation der Satz von Stokes aus dem von GauB folgt: Fur Y1-Vektorfelder auf glatt berandeten kompakten Teilmengen des euklidisehen IRn besagen beide Integralsatze dasselbe.
11. D e r klassische Satz von Stokes
Der klassische Satz von Stokes handelt von der Integration eines Vektorfeldes, das in einer Umgebung einer orientierten 2-dimensionalen Untermannigfaltigkeit des euklidischen IR3 gegeben ist. Wir leiten ihn nun aus der Differentialformenversion her. Fiir die anvisierte Formulierung benotigen wir die Darstellung der Volumenform d S einer 1-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M durch ein orientiertes Einheitstangentialfeld. Man nennt diese Form auch Bogenelement und bezeichnet sie nun rnit ds. Unter einem orientierten Einheitstangentialfeld auf M versteht man eine stetige Abbildung T: M + IRN derart, daB T(X) in jedem Punkt x E M folgende Eigenschaften hat: (i) ~ ( x E) TsM und IIr(x)II = 1;
1/
(ii) T(X) reprasentiert die Orientierung von T, M. Wegen dim T,M = 1 gibt es hochstens ein orientiertes Einheitstangentialfeld. L e m m a (Bogenelement n n d orientiertes Einheitstangentialfeld): Auf jeder orientierten 1-dimensionalen Untennannigfaltigkeit M eines IRN gibt es genau ein orientiertes Einheitstangentialfeld T. Mit diesem gilt: (i) Fur jeden Vektor u E T,M ist ds,(v) = ( r ( x ) , v) (ii) Bezeichnet r k die k-te Komponente won r , so ist r
k
ds = dxk 1 M.
Beweis: Man definiere T(X)rnit Hilfe einer orientierungstreuen Einbettung y : I + U rnit x E U , I ein offenes Intervall, durch r ( x ) := j ( t ) / [l.t(t)ll, wobei t := y-l(x). Diese Festsetzung hangt nicht von der gewahlten Einbettung y ab: Sind yi: I, + Ui, i = 1,2, zwei orientierungstreue Einbettungen rnit yi(ti) = x, so gilt namlich nach (12) j.(tl) = jz(T(tl)) . ~ ( t ~ ) , wobei T : Ilz+ Izlein Diffeomorphismus rnit positiver Ableitung ist. Darnit ist die Existenz eines orientierten Einheitsnormalenfeldes gezeigt.
438
13 Der Integralsatz von Stokes
Zum Nachweis von (i) sei y eine Einbet,tnng wie oben. Fur w = j.(t), x = y ( t ) , ergibt sich nach (25) und Definition von T ( X )
Damit folgt (i), da j.(t) den Tangentialraum T,M aufspannt. Znm Nachweis von (ii) zeigen wir die Behauptung fur den Basisvektor T ( X ) von T,M; das genugt. Mit ( i ) erhalten wir dafur in x E M
Klassischer Integralsatz von Stokes: Es sei F ein W1-Vektorfeld in einer offenen Menge V des euklidischen IR3. Weiter sei M C V eine 2dimensionale Untenannigfaltigkeit, die dvrch ein Einheitsnonalenfeld v orientiert ist, und G eine glatt berandete kornpakte Teilmenge won M . Die von M auf 8G induzierte Orientiemng werde durch das Einheitstangentialfeld T reprasentiert. Dann gilt:
/ ( r o t F, v ) dS =
/ ( F , r ) ds. BG
Zur Erinnerung: Nach dem letzten Beispiel in 13.6 ist r ( x ) E T,aG dadurch ausgezeichnet, dai2 mit dem Gradienten einer G beschreihenden Funktion 9 das 3-Bein (gradp(x),~ ( x )v (, x ) ) positiv orientiert ist.
Beweis: Wir ordnen dem Vektorfeld F = ( F l ,F2,F3) die l-Form WF
= Fl dx1
+ F2 dx2 + F3 d ~ 3
zu. Dann erhalten wir wegen (r"tF, v ) = (azF3 - &Fz)vi
+ ( & F ~- & F 3 ) v z + (alpz- a 2 ~ l ) v 3
anfgrund von (26)
Andererseits ist nach Teil (ii) des letzten Lemmas
+
+
( F , T ) ds = ( F I T I FZTZ F 3 ~ 3d~ ) = WF I M. Die Differentialformenversiondes Satzes von Stokes ergibt damit die Behauptung.
13.9 Der Brouwersche Fixpunktsatz
439
13.9 Der Brouwersche Fixpunktsatz Als schijne Anwendung des Satzes von Stokes in der Topologie beweiseu wir den Brouwerschen Fixpunktsatz. Ein wesentliches Hilfsmittel dazu ist der folgende auch fiir sich interessante Satz. Retraktionssatz: Es sei G ein glatt berandetes Kompaktum i m IRn. Dann gibt es keine Y2-Abbildu.ng @: G + IRn n i t @(G)C a G und @ 8 G = id.
I
Beweis: Angenommen, es gibt eine solche Abhildung. Wir hetrachten dann die (n - 1)-Form auf IRn
Wir zeigen zunachst, d d die zuriickgeholte n-Form @*dwNull ist: Nach Definition ist fiir beliehige Vektoren vl, . . . ,v, E Rn an jeder Stelle x E G
Die Vektoren @;vl,. . . ,@kvn sind wegen @(G) c a G Tangentialvektoren an aG. Da T,BG die Dimension n - 1 hat, sind diese n Vektoren linear ahhangig. Folglich gilt ( @ * d ~ ) ~. (. .u,v,) ~ , = 0 fiir jedes n-Tupel van Vektoren ul, . . . ,u, E IRn; d. h., es ist @*dw= 0. Mit dem Satz von Stokes erhalten wir nun
Andererseits operiert @ auf a G als Identitat, so dai?
@*w
I,=w
I,,=Z~~X~A...A~X,
,I
gilt; damit folgt wieder mit dem Satz von Stokes
also ein Widerspruch. Mit Hilfe des Retraktionssatz beweist man nun wijrtlich wie im Fall n = 2 in 5.5 die folgende Vorstufe des Brouwerschen Fixpunktsatzes:
Jede V2-Abbildung f : E + E der abgesehlossenen Einheitskugel des euklidischen IRn in sieh besitzt m.indestens einen Fixpunkt. Den eigentlichen Fipunktsatz leiten wir daraus durch ein Approximationsargument her.
13 Der Integralsatz von Stokes
440
Brouwerscher Fixpunktsatz: Es sei E ein kompakter metrischer Raum, der zur abgeschlossenen Einheitskugel des euklidischen IKn homoomorph ist. Dann hat jede stetige Abbildung f : E + E m.indestens einen Fixpunkt.
Beweis: Ohne Einschrankung durfen wir annehmen, d d E selbst die abgeschlossene Einbeitskugel des euklidischen IRn ist. Nach dem WeierstraBschen Approximationssatz angewendet auf die Komponenten von f gibt es zu jedem E > 0 Polynome p l , . . . ,pn so, daB mit der Abbildung p = (PI, . . . , p n ) : E + IRn fiir alle x E E
1 I+€
gilt. p* := p
bildet dann E wegen f ( E )c E ebenfalls in E hinein ab;
dabei gilt fur alle x E E
11
$11
Hitte f keinen Fixpunkt, so hstte f ( z ) in E ein positives Minimum p. Man wihle nun p und p* zu E := p / 2 . p* hat nach der oben angegebenen Vorstufe einen Fixpunkt xo E E , und fur diesen gilt dann
im Widerspruch zur Definition van p.
0
Als ein Beispiel fiir die vielfaltigen Anwendungsmoglichkeiten des Brouwerschen Fipunktsatzes beweisen wir abschliegend einen Satz van Perron und Frobenius, der fur stochastische Matrizen Bedeutung hat.
Satz von Perron-Frobenius: Es sei A eine ( n x n)-Matrix n i t lauter positiuen Koefizienten. Dann hat A einen Eigenwert X > 0 und zu diesem einen Eigenuektor v = (ul,. . . ,v,) n i t vi 2 0 fir i = 1 , . .. ,n .
Beweis: Es bezeichne 11 11, die 1-Norm auf dem IRn; ferner A das ( n - 1)dimensionale Simplex { x E IRn I xi 2 0 fur i = 1,.. . ,n und 11x11, = 1). Fur x E A ist Ax # 0 und durch
wird eine stetige Ahbildung f : A + A definiert. Diese besitzt nach dem Satz von Brouwer einen Fixpunkt v E A. Wegen Av = IIAvII1 u ist v ein Eigenvektor zu A und llAvlll sein Eigenwert. 0
13.10 Aufgaben
13.10
441
Aufgaben
1. Man zeige: Die durch die Zuordnung w: IRn W(X)(211,. . . ,u,-1)
:= det (x,
+ Altn-l(Rn)
mit
fiir vl, . . . ,v,-1
UI,. . . ,u,-1)
E Rn
definierte (n - 1)-Form hat die Darstellung
2. Es sei w die Windungsform auf IRz
\ {0),
w=
-ydx+xdy x2 y2
+
die Polarkoordinatenabbildung. Man berechne P;w.
3. Man berechne die Ableitung dw der 2-Form in IR3 \
, und
PZ
10)
4. Man hetrachte im IRZn mit den Koordinatenfunktionen XI,.. . ,x,, yl, . . . ,y, die 2-Form
w = d ~ Aldyl
+ dxz A dyz + .. . + dx,
A dy,
Man zeige: a) dw = 0. b) Die n-te auflere Potenz von w hat die Darstellnng
-
w A .. . A w = (-l)n(n-')/2n!(dxl A .. . A dx,) A (dyl A ... A dy,). n Faktoren
5 . Man berechne die Volumenformen des in 11.1 (3') angegebenen Torus beziiglich seiner beiden Orientierungen.
6. Es sei w eine k-Form in einer offenen Menge V C IRn und @: U + V eine Y1-Abbildung in einer offenen Menge U C IRn, deren Bild @(U) in einer Untermannigfaltigkeit einer Dimension < k enthalten ist. Anhand der Definition von @* zeige man, daB @*w= 0.
7. Es sei f = ( f l , . . . , f k ) : U + IRk eine Y1-Abbildung in einer offenen Menge U C IRn. Man zeige, daB 0 E IRk genau dann ein regularer Wert von f ist, wenn in jedem Punkt x E f -'(a) d fi A . . . A df k # 0 gilt. 8. Eine %'-Form a auf einer Untermannigfaltigkeit M des IRN heil3t geschlossen, falls d a = 0; ferner heiBt eine Differentialform P exakt, falls es auf M eine differenzierbare Form w mit dw = P gibt. Man zeige: 1st a geschlossen und P exakt, so ist auch a A P exakt.
13 Der Integralsatz von Stokes
442
9. Es sei U ein Sterngebiet im IR3 (mit Zentrum 0) a) Man beweise, daf3 es zu jeder stetig differenzierbaren 2-Form a in U rnit da = 0 eine 1-Form P rnit dp = a gibt. Diese Aussage ist ein Spezialfall des PoincarAschen Lemmas. Sie gilt nicht, wenn U nur einfacb zusammenhingt; siehe Aufgabe 16. Beweisskizze: a habe die Darstellung
a = aldy A dz + azdz A dx + asdx A dy. Dann hat die rnit der Kontraktion H : U x [O;11 + U , (u, t ) F+tu, nach U x [O; 11 zuriickgeholte 2-Form H'a die Darstellung
H * a = (a1 a H ) . t(ydt A dz - zdt A dy) Terme ohne dt.
+
+ analoge Terme
Weiter setze man unter Vernachl&sigung der dt-freien Terme
Dann gilt dp = a Man ermittle zu a = ydx A dy alle 1-Formen 0 rnit dp = a. b) Man zeige, daB es zu jedem W1-Vektorfeld F auf einem Sterngebiet U C IR3 rnit div F = 0 ein Feld B rnit rot B = F gibt. 10. Es sei w eine W1-Form auf einer Untermannigfaltigkeit M eines lRN. Man zeige: Es gibt im lRN eine W1-Form ij rnit ij I M = w . Hinweis: Man konstruiere lokal Fortsetzungen und verklebe diese mit Hilfe einer Zerlegung der Eins.
11. Es sei h : f2 + JR eine W1-Funktion auf einer offeneu Menge IZ C IR2 und r C lR3 der Graph von h. Ferner sei eine stetige 2-Form in einer Umgebung von r. y bezeichne die iibliche Einbettung IZ + r. Man berechne y'w und fiihre das Integral w im -7 Existenzfall auf ein Integral iiber IZ zuriick.
J
1
12. Es sei M c lR3 das Paraboloid {(x, y, z) x2 + y2 = z}, so orientiert, daB dm 2-Bein (e2,el) die Orientierung in T~o,o,olM reprasentiert. Man zeige, dai3 G := {(x,y, z) E M z 5 1) eine glatt berandete Teilmenge ist, und berechne auf zwei Weisen
I
13.10 Aufgaben
0 443
Ein HeiBluftballon habe die Form einer Spharenkappe vom Radius R und Offn~n~sdurchmesser d < 2R gemag Skizze. Das beige Gas dringt durch die porijse Oberflache rnit der Geschwindigkeit u = r o t F , F(x,y,z) = ( - ~ , x , O ) ~ . 4
Man berechne den Flu%JB v d S durch die Ballonoberflache B sowohl direkt als auch rnit Hilfe des Satzes von Stokes.
, - - - ~ ~
~t d
d
Es sei M eine kompakte orientierte n-dimensionale Untermannigfaltigkeit eines RN und w eine stetige n-Form auf M rnit w,(ul,. . . ,u,) > 0 fiir jedes positiv orientierte n-Bein (ul,. . . ,v,) in T,M. Man zeige:
Es sei M eine zusammenhangende kompakte orientierte n-dimensie nale Untermannigfaltigkeit eines RN und w eine stetig differenzierbare (n - 1)-Form auf M . Man zeige, daB
gilt, und folgere, daB dw eine Nullstelle besitzt. Hinweis: M ist die Vereinigung von zwei glatt berandeten Teilmengen G I und Gz, deren Rander a G 1 und aG2 als Mengen gleich sind.
Es sei w die in Aufgabe 3 erklirte 2-Form in IR3 \ {O}. Man zeige, daB
gilt und folgere rnit Aufgabe 15, daB es in R3 \ {0} keine stetig differenzierbare 1-Form P rnit d p = w gibt. Man beacht,e, dai2 R3 \ {O} nach 5.6 Aufgabe 12 einfach zusammenhihgend ist, und vergleiche das Ergebnis rnit Satz 6 in 5.5. Es seien Ml und M2 orientierbare Untermannigfaltigkeiten von RN' bzw. RN2.Dann ist Ml x M2eine orientierbare Unt,ermannigfaltigkeit von IRN1+N2. Es sei M eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit eines RN. Unter dem Tangentialbundel von M versteht man die Menge
Man zeige, d d TM eine 2n-dimensionale orientierbare Untermannigfaltigkeit des RZNist (orientierbar auch dann, wenn M es nicht ist!).
13 Der Integralsatz von Stokes
444
-9. Der *-Operator. Dieser ordnet jeder k-Form w eine (n - ,+)-Form *w
zu. 1st I = (il < . . . < i k ) ein geordnetes Index-k-Tupel, so bezeichne * I = ( j l < . . . < jnPk) das komplementare geordnete Index-(n - k)Tupel, das aus den Zahlen (1,. . . , n) \ {il, . . . ,i k ) gebildet wird. 1st u das Signum der Permutation (il, . . . ,i k ,jl, . . . ,jnPk), SO definiert man
SchlieBlich definiert man fur eine &Form w = C a1 dxI auf U
c IRn
Man zeige: a) d x A~ * d x = ~ dxl A . . . A dx, = Volumenform des IRn. Fur eine 1-Form w = a1 dxl
+ a2 dx2 im IR2 ist +
Fur eine 2-Form w = a12 dxl A dx2 a13 dxl A x3 im IR3 ist * w = a12 dx3 - a13 dx2 a23 dx1.
+ a23 dx2 A dx3
+
b) 1st F ein V1-Vektorfeld im euklidischen IRn, so gilt mit der F assoziierten 1-Form W F (zu deren Definition siehe 5.1) d (* W F ) = (div F ) dx1 A . . . A x,. c) 1st f eine V2-Funktion im euklidischen IRn, so gilt
d) 1st f ein V1-Vektorfeld im euklidischen IR3, so gilt
Literatur
[I] ABRAHAM, R., MARSDEN, J. E., RATIU,T.: Manifolds, Tensor Analysis, and Applications. Springer, Second Edition 1988. [2] AMANN, H., ESCHER,J.: Analysis I, II. Birkhauser, Basel, 1999. [3]
DO
CARMO,M.: Differential Forms and Applications. Springer, 1994.
[4] FORSTER,0.:Analysis 1, 2, 3. Vieweg, 1976 [5] FREITAG,E., BUSAM,R.: Funktionentheorie. Springer, 1993. [6] HUBBARD, J . H., WEST,B.: Differential Equations: A Dynamical Systems Approach I, II. Springer, 1991, 1995. [7] JANICH,K.: Vektoranalysis. Springer, 1992. [8] JOST, J.: Postmodern Analysis. Springer 1998. [9] KOECHER, M.: Lineare Algebra und Analytische Geometrie. Springer, 1985. [lo] KONIO,H.: Ein einfacher Beweis des Integralsatzes von Gaufi. Jahresbericht der DMV Bd. 66, 1964. [ l l ] KOWALSKY, H.-J., MICHLER,G.: Lineare Algebra. W. de Gruyter, 1995. 1121 REMMERT, R.: Funktionentheorie I, II. Grundwissen Mathematik 5, Springer 1989. 1131 RUDIN,W.: Real and Complex Analysis. McGraw Hill, 1987. 1141 SCHOTTENLOHER, M.: Geometrie und Symmetric in der Ph,ysik. Vieweg, 1994. 1151 STORCH,U., WIEBE,H.: Lehrbuch der Mathematik I, 11, III. B.I. Wissenschaftsverlag, 1994. 1161 WALTER,W.: Gewohnliche Differentialgleichungen. Springer, 5. Auflage 1992. [17] WHITNEY, H.: Geometric Integration Theory Princeton University Press, 1947.
Bezeichnungen
Norm in einem Vektorraum; im IRn oft die euklidiscbe Norm 11 11 11 Ilp pNorm, p-Norm, Lp-Halbnorm 7, 239, 334 11 IIA Supremumsnorm beziiglicb der Menge A 7 11 IIL(V,W) Operatornorm in L(V, W) 26 11 Ilm Maximumsnorm 7 b Betrag des Multiindex cu 319
1
A
"i Streicben des Elementes vi 400 Lebesgue-Integral von f iiber IRn JR, f(x) d r , J f dnx, J f dx
1" f (x) dx i
F dS F
244
Integral der Funktion f iiber die Untermannigfaltigkeit M
JM f d S
l(M,u)
Lehesgue-Integral von f iiber A
242
363
Integral des Vektorfeldes F iiber den Rand des V1-~olyedersG 382
a
Integral des Vektorfeldes F iiber die durch v orientierte Mannigfaltigkeit M 378
Integral der l-Form w von A nacb B bei Wegunabhangigkeit Integral der Differentialform w langs y
180, 418
Integral der Form w iiber die orientierte Mannigfaltigkeit M Integral der n-Form iiber R C IRn
183
421
418
Skalaxprodukt 7 Nabla- f 52 a d e r e s Produkt, aucb Dacbprodukt 352, 400 charakteristische Funktion der Menge A 236 Einbeitengruppe der Algebra d 40 Schnittmenge von A C X x Y zu y E Y 249 Vektorraum der alternierenden k-Formen auf V
399
Vektorraum der k-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf U 59 Vektorraum der '# k -Funktionen auf U mit kompaktem Trager 323 Abstand der Punkte a und b
1, 7 Differential bzw. Differential der Ordnung p von f 46, 61, 88 paxtielles Differential von f langs des Unterraumes X 112 Ableitung der a d e r e n k-Form w 406
Bezeichnungen Ableitung von f in Richtung h 48, 90 k-te partielle Ableitung 59 Ableitung von f I&gs des Vektorfeldes v 132 partielle Ableitung zum Multiindex cu 319 Rand der Menge M 5 r e g u b e r bzw. singuker Rand des '&-~ol~edersG 380 Standardsimplex im IRn 255 verallgemeinertes Simplex 302 Laplace-Operator 61 der mittels P zuriickgeholte Laplace-Operator 173 ,An) Diagonalmatrix mit den Elementen XI,. . . , An 41 Divergenz 169 Einbeitskreisscbeibe in C 208 Exponentialabbildung 41 erste bzw. zweite Ableitung von f 47, 60, 88 partielle Ableitung von f nach dem Unterraum X 112 partielle Ableitung von f nacb zu 48 triviale Fortsetzung der Funktion f : A + C 244 positiver bzw. negative1 Anteil von f 244 Fourier-Transformierte zu f 325 k-ter Fourierkoefiient bzgl. eines ONS 339 Tensorprodukt von f und g 295 Faltung von f und g 317 . . allgemeine lineare Gruppe G L + ( ~IR) , = {A E GL(n, IR) det A > 0)
I
grad f H Z(M)
Hf H n ,h n
Inv Ja
K(I) Krb) Kda) K,* (a) IK IKnxm %n
L(V, W )
Gradient von f 52 obere Halbebene in 6: 219 Menge aller Haufungspunkte von M 6 Hesse-Matrix von f 60 Hermitesches Polynom bzw. Hermitescbe Funktion 331, 332 Inversenbildung 40 Besselfunktion der Ordnung a 297 Kugelschale zum Interval1 I 51 offene Kugel mit Mittelpunkt a und Radius r 1, 8 abgescblossene Kugel mit Mittelpunkt a und Radius r 3 punktierte Kreisscbeibe um a mit Radius r 212 gemeinsame Bezeicbnung fiir IR und C 6 Raum der (n x m)-Matrizen mit Elementen in IK 7 Volumen der Einbeitskugel im euklidischen IRn 292 Vektorraum der stetigen linearen Abbildungen V + W
26
448
Bezeichnungen
L'(E~)
Banachraum der Lebesgue-integrierbaren Funktionen auf En 271
LZ1(~)
Vektorraum der iiber A Lebesgue-integrierbaren C-wertigen Funktionen 244
~ ~ ( u ) Hilbertraum der quadratintegrierbaren Funktionen auf IRn 343 y2(A) Raum der iiber A quadratintegrierbaxen C-wertigen Funktionen 335
e2
-
M M"
Hilbertscher Folgenraum 22 abgeschlossene Hiille von M 5 offener Kern von M 5
NaM Normalenraum an M in a 122 ONS, ONB Orthonormalsystem bzw. Orthonormalbasis Wn WZI
wz
337, 338, 341 358
snpl
Flikbeninhalt der euklidischen Einheitssph&e die dem Vektorfeld u zugeordnete 1-Form 177 Wert der Differentialform w an der Stelle x 403
die der Potenzreihe P in d zugeordnete Reihe 39 pn Polarkoordinatenabbildung IRn + En 19 P(al,. . . ,an) von a l , . . . , a n aufgespanntes Parallelotop 262, 351 pd
Differentialoperator zum Polynom P 61 die mittels @ zuriickgeholte k-Form w 402, 404 Q > 0, < 0, 5 0 Q ist positiv definit bzw. negativ definit bzw. indelinit . - { x E I R ~ ~ x ~ + ~ = ~ ~115 .~ = x ~ = ~ ) P(D)
@*w
Resa f rot
Residuum von f in a Rotation 187
Smf
Fourierpolynom vom Grad m 339 euklidische Sphire im IRn+' 14 Raum der schnell fallenden Funktionen auf En 331
Sn Y(En)
T ~ f TaM
T$G
69
216
Taylorpolynom der Ordnung p von f 65 Tangentialkegel an M in a 120 Menge der in das AuRere von G weisenden Taugentialvektoren
Wf)
Trager von f 306 un(A) = u(A) Volumen (Lebesgue-MaB) von A C IRn
252
"d(A) Volumen einer Teilmenge A C Md 365 ud(al,. . . , a d ) Volumen des von a l , . . . , a d aufgespannten d-Spates uw das der 1-Form w zugeordnete Vektorfeld 178 ze = x;*l . . . xgn 319
351
426
Namen- und Sachverzeichnis
Fette Seitenzahlen v e m i s e n auf eine Definition oder die Fornulierung eines Satzes, kursive auf ein Beispiel oder eine Aufgabe baw. eine historische Bemerkung.
Abbildung von Tangentialvektoren 93 abgeschlossene Hiille 5 abgeschlossene Menge 5,8 -, Charakterisierungen 4,6 Ableitung 47,88 -, partielle 48,90 -in Richtung eines Vektors 48, 90 - lsbgs eines Vektorfeldes 132, 176 Abstand 7, 14, 31 Abstandsfunktion 14,31 Abtasttheorem von Shannon 528 abzahlbare ijberdeckung durch Kartengebiete 560 Affensattel 70 Ahnlichkeitsabbild~n~101 alternierende Multilinearform 599 Anfangswertproblem 137 Approximationssatz der Faltung 521 Aquivalenz - von Metriken 11 - von Normen 11,27 - von Parameterdarstellungen 349 ARCHIMEDES von Syrakus (um 287-um 212v.Chr.) 275 Archimedisches Prinzip 396 Arcussinus 208 ARXOLD, Wladimir Igorewitsch (*1937) 163 Atlas 116,363 -, orientierter 421 - aus Einbettungen 408 -fiir 9 - l 116 Attraktor 158, 162 -, Einzugsbereich 162 Ausschhpfung 272 -, kompakte 360 - durch Figuren 252 auflere Ableitung 406,406,410 auflere k-Form 405, 409, 442 -, Integration 418, 421
-,
Koeffizientenfunktionen 403 Zuriickholen 404 -, exakte 441 -, geschlossene 441 - von der Klasse 5fk 404,410 auReres Frodukt siehe Dachprodukt - von Vektoren 552, 552, 378,416 Automorphismus, bolomorpher 224 autonome Differentialgleichung 144
-,
BANACH, Stefan (1892-1945) 22 Banachalgebra 38, 39, 44, 318 Banacbraum 22, 271 -, L ' ( I R ~ ) 271 bandbegrenzte Funktion 528 berandender Integrationsweg 217 BERNOULLI, Johann (1667-1748) 78 beschrankte Folge 2 beschrankte Menge 28 beschrankte Linearform 345 beschreibende Funktion einer glatt berandeten Menge 423, 427 BESSEL, Friedrich (1748-1846) Besselfunktion 232, 344, 375 Betafunktion 287 Betafunktion und Gammafunktion - nach Jacobi 312 bibolomorph 209 Bildkurve 93 Bogenelement als l-Form 437 BOLZANO, Bernard (1781-1848) Bolzano-WeierstraS-Eigenschaft 28 Breitenkreis 548 BROUWER, Luitzen (1881-1966) 37 Brouwerscher Fixpunktsatz 191,459
C & ' - F I H C ~571 ~ -, Integration iiber eine 571 -, MeBbarkeit, Flacheninhalt 572,373 -, regularer (= glatter) Teil 571 -, singularer Teil $71
Namen- u n d Sachverzeichnis '&I-~olyeder 380 Integration iiber den Rand 382 lokale Normaldarstellung des Randes 381 vk-Abbildung 92 ~ k - ~ i f f e e e e t i i l f o o m179, 404, 410
-, -,
funktio ti on
59
CANTOR, Georg (1845-1918) 1, 37 Cantorsches Diskontinuum 4, 267, 268 -, Lebesgue-Mag 253, 257 Cauchy-Kern 203 Cauchy-Riernannsche Differentialgleichung 99, 100 Cauchy-Schwarzsche Ungleichung 534 Cauchyfolge 2, 21 - bzgl. der L1-~alhnorm 269, 296 - bzgl. der L 2 - ~ a l b n o n n 336 Cauchysche Integralformel -, inhomogene 397 - fiir Kreisseheiben 203 Cauchyscher Integralsatz 201 CAVALIERI, Bonaventura Francesco (1598-1647)
254
Differentiation -, Produktregel 95 - einer Deterrninante 149 - einer Potenzreihe 96 - einer bilinearen Abbildung 95 - rotationssymmetrischer Funktionen 51 Differentiationssatz der Faltung 319 differenzierbar 46, 88 -, komplex differenzierbar 100, 197 differenzierbare Unterrnannigfaltigkeit 116 Differenzierbarkeitskriterium 50, 90 DIMC, Paul (1902-1984) 320 Dirac-Folge 320, 320 Dirichletsche Formel 294.. 303.. 313., 314. 315, 374
Dirichletsches Randwertproblem 73 diskretes S ~ e k t r u m 325 Divergenz &es Vektorfeldes 169, 583, 384
- in orthogonalen Koordinaten 172 divereen~freiesVektorfeld 170. 442
Cavalierisches Prinzip 254, 375 Cayley-Abbildung 225 charakteristische Funktion 256
-,
d-dimensionales Lebesgue-Mali 356, 365 d-Spat 351,435 Dachprodukt 400,403, 441 Darstellungssatz von Riesz 345 Derivation 176 Diagonalisierung matrixwertiger Funktionen 127 dicht in einem normierten Raum 323 DIEUDONNE, Jean (1906-1992) 359 Diffeomorphiesatz 110 Diffeornorphismus 104, 299, 349 -, lokaler 110 Differential 46, 88, 178 -, partielles 112 - der Inversenhildung 98 - einer Potenareihe 96 - einer iu8eren k-Form 406 - zweiter Ordnung 60 Differentialform -, holomorphe 198 - ersten Grades siehe l-Form - vom Grad k siehe a u k r e k-Form Differentialgleichung -, autonome 144 -, gew6hnliche 137 -, lineare 147, 147, 330 - hBherer Ordnung 146
Eigenfunktionen und Eigenwerte der Fourier-nansformation 326, 332 Eigenwerte quadratischer Formen 125 Einbettung 350 -, Aquivalenz 350, 353 -, Flkhenelement bagl. einer 356 -, G-angepafite 424 -, orientierungstreue siehe orientierungstreue Einbettung Eindeutigkeitssatz der Gammafunktion 226 einfach zusammenhingend 192, 195 einfache Stelle 208 Einheitengruppe einer Algebra 40, 40 Einheitskugel - im euklidischen IRn - -, OberRkhe 370 - -, Volumen 256, 288, 292 - in e2 43 Einheitsnormalenfeld 438 -, auiuBeres 381 - und Orientierung 378, 416
~ e r a l l ~ e k e i n e r t e240 d u d e Basis 401 Durchmesser, euklidischer 265 dynamisches System 137 -, Eindeutigkeit von LBsungen 140 -, Existenz von Lbungen 140
Namen- u n d Sachverzeichnis
- und Volumenform 435 EinheitssphZre siehe euklidische Sphare Einheitstangentialfeld 437, 438 l-Form 177 -, Integral einer 180 -, Koeffizienten einer 178 -, Stammfunktion einer 182 -, exakte 182 -, geschlossene 185 -, holomorphe 198 -, korrespondierendes Vektorfeld 177 -, lokal exakte 185, 186 einseitige Flache 378 EINSTEIN, Albert (1879-1955) 164 elliptischer Punkt 69 elliptisches Paraboloid 68 Energieerhaltungssatz 155, 395 E-6-Kriterium fiir Grenzwerte 21 E-Umgebung 2, 8 erste Variation 79 Erstes Integral 154 - der Schwingungsgleichung 155, 175 Euooxos von Knidos (408-355". Chr.) 275 EUKLID von Alexandria (um 365-um 300". Chr.) euklidische Norm 1, 7, 11 euklidische Sphare 12, 14 -, Flacheninhalt 358, 370, 422 -, Integration iiber die 370, 375 -, Orientierung 417 -, Volumenform 436 euklidischer Rn 1 EULER,Leonha~d(1707-1783) 62 Eulersche Differentialgleichung der Variationsrechnung SO Eulersche Identitat 84 exakte k-Form 441 exakte l-Form 182 Existens- und Eindeutigkeitssata fiir lineare Differentialgleichungen 147 Exponentialabbildung 41 Extremum 70 - unter einer Nebenbedingung 123 Fallrichtung 55 Faltung 317, 318 -, Approximationssatz 321 -, Differentiationssatz 319 -, Glattung mittels 318 fast iiberall 257 - definierte Funktion 259 - gleich 271, 343 - konvergent 270, 271, 336
- null 259 Feinheit einer Zerlegung 264 Feld von n-Beinen 132 Figur im Rn 252 F~CHER Ernst , (1875-1954) 340 Flache, d-dimensionale 371 FlXchenelement 356 -, vektorielles 378, 433 - als Differentialform 434 FlXcheninhalt -, &dimensionaler siehe d-dimensionales Lebesgue-Ma0 -, hyperbolischer 316 -, orientierter 194 - einer Halbsphare 358 - einer Kreisscheibe 252 - einer Sph%e 370, 422 - eines Graphen 358 - eines hyperbolischen Dreiecks 316 - eines spharischen Dreiecks 376 Flachpunkt 69 FluB eines Vektorfeldes 165 folgenkompakt 28 Folgenkriterium fiir Stetigkeit 14 Formel von Liouville 170 Formel von Plancherel 333 Fortsetaungslemma von Tietze 24 FOURIER, Jean-Baptiste (1768-1830) Fourier-Transformation 325 -, Eigenfunktionen der 326, 332 -, Faltungsregel 343 -, Umkehrsatz 327 - als Isometric auf Y 333 Fourier-Transformierte 325, 343-345 -, Abklingeigenschaft 329, 343 -, Glattheit 329 -, Stetigkeit 283 -, holomorphe Fortsetzung 341 - einer rotationssymmetrischen Funktion 344, 375 - einer schnell fallenden Funktion 331 Fourierintegral 325 Fourierkoeffizient 325, 339 Fourierreihe 327, 345 -, ~ " ~ o n v e r ~ e n339 z -, Approximationsgiite 339 Fouriersynthese nach Riesz 340 FRECHET, Rene Maurice (1878-1956) 1 frei homotop 191 Fresnel-Integral 201 FRIEDRICHS, Kurt (1901-1982) 317 FUBINI, Guido (1879-1943) 289 Fundamentalgruppe 193
Namen- u n d Sachverzeichnis Grenawert - bzgl. der L 1 - ~ a l b n o r m 269, 296 - bzgl. der L 2 - ~ a l b n o r m 336 - einer Abbildung 21 - einer Folge 2, 9 GRONWALL, Thomas (1877-1932) 139 Guldinsche Regel 266, 375
Fundamentalsystem 148 Konstruktion 151., 151., 149-152 Funktionaldeterminante 88 Funktionalmatrix 88
-.
G-angepaEte Einbettung 431 Gammafunktion 292, 303 -, Eindeutigkeitssatz 226 game Funktion 210 Gauss, Carl Friedrich (1777-1855) GauCIntegral 201, 292 Gaufischer lntegralsatz 384 - in der Ebene 386 Gebiet 35 gelochte SphPe 17, 348 geographische LangeIBreite 19 geometrische Reihe 40 geschlitate - Ebene 18, 186, 186 - Kugelschale 308 - Sphire 357,417, 419 - -, Integration iiber die 356 - - Parameterdarstellune 375
384
.
gewichteter~ittelwert 318 glatt berandete Teilmenge 423 -, Atlas fiir den Rand 425 -, Orientierung des Randes 426 -, beschreibende Funktion 427 - einer orientierten Unterrnannigfaltigkeit 425-430 glatter Rand 380 Gleichgewichtspunkt 144 gleichmHBig konvergent 23, 24 gleichmagig stetig 31, $1 gleichorientiert 412, 412 gliedweise Integration 298 globale Stetigkeit 16 G o u n s a ~ Edouard , (1858-1936) 199 Gradient 52, 133 - in orthogonalen Koordinaten 136 Gradient und Niveaumenge 55 Gradientenfeld 132, 178, 193 GRAM,Jwgen Pedersen (1850-1916) Gramsche Determinante 353, 354, 433 - eines Graphen 357 - und a d e r e s Produkt 357 Gravitationsfeld 131, 179 -, Integration 379 Gravitationsform 179, 183 GREEN,George (1793-1841) 393 Greensche Formeln 393
Hiufungspunkt 6, 9, 21 halbstetige Funktion 268 HAMILTON, William Rowan (1805-1865) Hamiltonsches Feld 175 Hamiltonsches Prindp 83 harmonische Funktion 62, 284, 376 Maximurnorindo 394 ~ittelweriei~enschaft393, 394 -, schwaches Maximumprinzip 73 - in einer Kuaelschale 301 Hauptachsentransformation 126 Hauptteil einer Laurentreihe 212 Hauptvektor 150 Hauptzweig - des Arcussinus 208 - des Logarithmus 202, 231 - der Potenz 206 HAUSDORFF, Felix (1868-1942) 1 Hausdorff-Nullrnenge 367, 369, 422 Hausdorffsche Tkennungseigenschaft 3, 6, 8 hebbare SingularitHt 214 Heftungslemma 410, 433, 442 HEINE,Heinrich Eduard (1821-1881) Heine-Borelsehe Uberdeckungseigenschaft 28 HEISENBERG, Werner (1901-1976) Heisenberg-Relation 44 Heisenbergsche Ungleichung 333 HERMITE, Charles (1822-1901) Herrnitesche Funktion 332 Herrnitesche Funktionen als 342 Orthonormalbasis fiir @(R) Hetrnitesches P o l p o m 331, 344 HESSE,Ludwig Otto (1811-1874) Hesse-Matrix 60 HILBERT,David (1862-1943) 23 Hilbertraum 22, 23, 343 -, L2(Cr) 343 Hilbertscher Folgenraum 22, 340 Hilbertwiirfel 43 HBhenlinie 55 H6LDER, Otto (1859-1937) holomorph 197 holomorphe Differentialform 198
-.
-;
. l o l d c EEx~kllwiL 200 holomorphe h n k t i o n -; Fnlepn 207 IdemitBtsat? 208 - s l i l ! i l l ! ~ l l s l , l 207
-,
-,
Poten2reihenentv;icltIung 203
SlirururIurikLiun 201 holomorpher Logarithmus 205 Holnrnnrphi~uata 2116 - fiir parameterabhgngige 1 e I 228 homiiomorph 16, 37, 193, lY5, 350 homotop 188, 196 -: f'rei 191 -; n ~ d l h o m o t o ~192 Homotopieinvarianz 188; 191 HOPF, Heinrich (1894-1971) 129 Hopf-Abbildung 12Y Hiillwihr ZSD, 2619 I~ypcrbuliselciPuukL 69 h~~erhnliwl~ Dr eaaiwk 316 Hyperfljiche 371 orientierte 378, 397 - r e sirhe r e p l a r e HyperAkhe -:
-,
Idenlil&l~salr 208 lmmerrion 346, 349 ir~rpliaildefinicrl 113 indennit 69 i n d l w i o e Vetrik 9 Inhalt einer IIiiiireihe 239 innerer Punkt 9
Integral -:
R m t ~ f i 160
iteriert33. 289 - he.ii&h h e r E i n h a t n ~ n ~355 - einer n-Form 421 - pinw I-Fnnn 180 - einer 'l'reppenfunkcion 236 - iiher ein Kart~ngcihiet 355 - iiber eine X1-lilliche 371 - iiber eine IJntermanni<iokeit 363. 565, 375, 376 Inteer?Jdarstellun~eines Fuuklio~tsruwacLscr 57 T n t a p l k ~ r r veinw ~ Veksnrfelder. 148 . maximale 142 hiearation -: glicdwcioc Z!W zulassiae Ausnahmernen~en 258, -;
-, 889, 370 - bzgl. einer Einbettung
355,418
-
dcr F w ~ k l i o ~zrI
- der \iolumenform
, IlrllU
276
der 2-Sphire 422 - dcr WirdungsCurrn 190-191 - d m Gra~itat.ionSfeldesiiber S z 379 - durch Xnsschnpfung 213 - einer 1-Form 180 - einer n-Form 418-422 - eines Temorprodoktes 295 - eines Vektorfeldes 378, 382, 384 - mit,td.; .la.cohi-Ahhildnne 512. 31.1 - mittels Polarkoordinaten 308 - mit,tdq rpbSrixher Xnnrdinatm 3?,5 - rotationss>~mmetrischer F'linktinnen 275, 298, 31 1 Integration iiber - Crapllcr~ 357 - K'I - 314, 315 - RulaliuasflkicLclr 372 - Rotationsknmer 266 - Splmen 375 - das Simplex A" 302. 312. 314 - den Halbraum H z L115
- den Rand cine w'-~olvedew
382.
584, 39s
-die QSph!dre 356. 3 i 0 - ciu Kw icngcbicl 355: 419 - ein Recbteck 251 - ein verallgemeinerces Simplex 302 - eine K~isacheihe 251 - ciric Kugul 309 - eine Kugekchale 308,311! 315 - cirlc Url1crzu;uiniiglalliglrcil SES, 421 - pin@'~"F'IBcIIP 371 lntc~ationsvicg 180 -, hr.randancler 217 Invemenbildung in einer Bitnachal~ebra -, nifferentiatinn RR -, Stetigkeit 40 Iuvcrsiun 17, 116 isolierte Singularitit 211, 214. 215 isulicrlcs Exlrcmurr~ 70 iteriertes Inte@ 33, 289 J w o n r , Carl Guntav Jakoh :IdU?-lbS1) 311, 312 Jaeohi-Abbildune 302. 311. 512. 314
Namen- u n d Sachverzeichnis KAM-Theorie 163 Karte 116 Kartengebiet 116, 353, 431 -, Integration iiber ein 355, 419 - als Spur einer Einbettung 353 Katenoid 81 Kettenregel 54, 93 Klassischer Integralsatz von Stokes 438 Kleiner Satz von Beppo Levi 245 Kleiner Sat. von Fubini 249 Koeffizienten einer &Form 178, 403 KOLMOGOROW, Andrej Nikolajewitsch (1903-1987) 163 kompakt 28, 29 kompakter Trager 343, 361, 430, 431 Kompaktifizierung von C 18 komplex differenzierbar 100, 197 Komplexeigenschaft der aufieren Ableitung 406, 411 Konfigurationsraum 119 konfokale Flichen zweiter Ordnung 122 konform 101, 375 kontinuierliches Spektrum 325 Kontraktion 107 Konvergenz -, gleichmXBige 23, 24 -, komponentenweise 2, 27 -, lokal gleichmiRige 207 - bzgl. der L1-Halbnonn 269 - bzgl. der L2-Halhnorm 336 - einer Folge 2, 9 - - von Teilmengen des Rn 383 - einer Reihe in einem Banachraum 38 - irn M m x n 27, 39 - irn quadratischen Mittel 336 Konvergenzradius 203 konvexe Menee 34. 44. 186
Koordinatensystem 1'33 Koordinatentransformation 133 kritischer Punkt eines Vektorfeldes 144 Kugel 1, 3, 8 Kugelkoordinaten-Tkansfomation 176 Kugelschale 51, 508 Kugelumgebung 2, 8 Kurvenintegral 180, 183, 418 -, Homotopieinvarianz 188, 191 -, Standardabschatzung 198 -, Wegunabhangigkeit 183,193, 201 L1-Halbnom - einer Differentialform 420, 421
- einer Funktion 239, 240-242 L ' - ~ o n v e r ~ e n z 269, 296 L1-Norm 271 e 2 - ~ o ~ g 340 e L2-Funktion 335 L2-Halbnorm 334, 344 ~ " ~ o n v e r-a e n z 336 - der Fourierreihe 339 ~ 2 . ~ 0 - 7, 334 LAGRANGE, Joseph-Louis (1736-1813) 80, 163 Lagrange-Funktion 78 Lagrange-Multiplikatoren 124 Lagrangesche Bewegungsgleichungen 83 Edmund (1877-1938) LANDAU, Landau-Kern 324 LAPLACE, Pierre-Simon (1749-1827) 61, 62, 163 Ladace-Intearale 220 ~ a & a c e - ~ ~ e r a t 61 or -, Drehinvarianz 62, 86 -, zuriickgeholter 173 LAURENT, Pierre (1813-1854) 212 Laurententwicklung 213 LEBESGUE, Henri LBon (1875-1941) 235 Lebesgue-Integral 242, 244 -, Transformationssatz 299 -, llanslationsinvarianz 261 -, Verhalten bei Streckungen 266 -, gliedweise Integration 298 -, iteriertes 251, 289, 293 - und Regelintegral 245, 246 Lebesgue-Integrierharkeit 242, 244 -, Majorantenkriterium 281 Lebesgue-Mag 252 -, d-dimensionales 356, 365 -, Additivitit 254 -, Bewegungsinvarianz 301 -, Monotonie 254 -, llanslationsinvarianz 262, 274 -, c-AdditivitZt 273, 274 - des Cantorschen Diskontinuums 253 Lebesgue-MeObarkeit - beschrankter offener Mengen 252 - einer Teilmenge einer Untemannigfaltigkeit 365 - einer W1-Fliche 372, 373 - kompakter Mengen 252, 365 Lebesgue-Nullmenge 256, 259, 367 LEGENDRE, Adrien-Marie (1752-1833) Legendre-Polynom 344 Lemma - von Goursat 199
Namen- und Sachverzeichnis - von Gronwall 139 - von Morse 130, 157 - von Poincare 186 LEVI,Beppo (1875-1961) LIE, Marius Sophus (1842-1899) 121 Lienardsehe Gleichung 163 LINDELOF, Emst Leonard (1870-1946) linear beschrahkt 143 lineare Approximation 47 linearer Differentialoperator 6 1 linearer Operator 26 Linearisierung 46, 88 LIOIIVILLE, Joseph (1809-1882) 210, Liouville -, Formel von 170 Satz von 210
-.
Ljapunow-&nktion 160 Logarithmus 202, 231 Logarithmusreihe in einer Banachalgebra 44 lokal exakte l-Form 185, 186 lokal gleichmiDig konvergente Folge holomorpher Funktionen 207 lokal-endlich 360 lokal-integrierbar 281, 335 lokaler Existenzsata von Ficard-Lindelof 140 Lorentzgruppe 129 Lasung eines Anfangswertproblems - einer linearen Differentialgleichung 148, 154, 330 - eines dpamischen Systems 137, 142 - -, Eindeutigkeit 140, 142 - -, Existenz 140, 142 LOTKA,Alfred James (1880-1949) 155 Mannigfaltigkeit siehe Untermannigfaltigkeit Mag siehe Lebesgue-Ma8 Magtensor 353, 354 maximale Integralkurven -, Existenz und Eindeutigkeit 142 -, Satz von den drei Typen 144 Maximum 70 Maximumprinaip - fiir harmonische Funktionen 394 - -, schwaches 73 - fiir holomorphe Funktionen 223 Maximumsnotm 7, 11, 12, 27, 138 mehrfaches Integral 33, 289 meromorphe Funktion 221, 232
me%bar siehe Lebesgue-me%bar Metrik, metrischer Raum 7 Minimum 70 MINKOWSKI, Hermann (1864-1909) 23 Minkowski-Form 53 Mittelwert einer Funktion 318 Mittelwerteigenschaft harmonischer Funktionen 393, 394 Mittelwertsatz 56 MOBIUS,August (1790-1868) Mobiusband 378, 398 Modifikationssatz 258 MORERA,Giacinto (1856-1909) MORSE,Harold (1892-1977) 130 MOSER,Jiirgen (1928-1999) 163 Multiindex 319 Multilinearform, alternierende siehe alternierende &Form Multiplikatorregel von Lagrange 124 n-Bein 411, 414-416 n-dimensionales Volumen 252 Nehenteil einer Laurentreihe 212 negativ definit 69 negativ orientiert 412 negativer Anteil 244 NEUMANN, Carl (1832-1925) 40 NEWTON,Isaac (1643-1727) 163, 430 Newton-Potential 64 -, Harmonizitit 284 - einer Kugelschale 309 - -, Rotationssymmetrie 301 - einer Sphire 374 Norm und Konvexitit 44 Norm und Skalarprodukt 7, 42 Norm, normierter Raum 6 Normalenraum 122 normierte R-Algebra 38 nullhomotop 192 Nullmenge siehe Lebesgue-Nullmenge Nullmenge zur Dimension d siehe HausdoB-Nullmenge offene Menge 3, 8, 10, 12, 42 Wiirfeliiberdeckung 260 offene ~herdeckung 28, 360 -, untergeordnete Zerlegung der Eins 360 offene Umgebung 3 offener Kern 5 Offenheitssata 110, 210 Operatornorm 26, 2 7 orientierbare Untermannigfaltigkeit Orientierbarkeitskriterium 414
-,
413
Namen- u n d Sachverzeichnis orientierte Hyperflache 378, 397 orientierter Atlas 421 Otientierung -, von Vektorfeldern induzierte 415 -, von einem Atlas induzierte 413 - der 2-SphBre 417 - einer Niveaumenge 416 - einer regularen HyperRache 416 - eines IR-Vektorraumes 412 - und n-Formen 412, 414, 415 Orientierungskonvention 426 orientierungstreue - Einbettung 413, 416, 421,424 - lineare Abbildung 412 orientierungstreuer ~bergangsdiffeomorphismus 413 orthogonale Gruppe 119 orthogonales Koordinatensystem 135 Orthogonalitat "on Funktionen 331 Orthonormalbasis -i i @ ( I 342 - fiir @(u) 337 - fiir .!Z2(iE) 342 - f ( 1 ; 1 344 - fiir ~ ' ( 0 2n) ; 339 OSKARII., Konig von Schweden und Norwegen (1829-1907) 163 p-Norm 7 parabolischer Punkt 69 Parallelotop 262, 351 parameterabhangiges Integral 32-33 -, Differentiationssat~ 75, 283 -, Holomorphiesata 286 -, Stetigkeitssatz 33, 282 Parameterdarstellung 346 - eines Graphen 347 - eines Torus 348, 374 Parsevalsche Gleichung 339, 341 partielle Ableitung 48, 58, 90 oartielles Differential 112 partikulire L b u n g 154 PEANO,Giuseppe (1858-1932) 37, 275 Peano-Jordanscher Mallbemiff - 275 periodische Lhsung 144 PERRON, Oskar (1880-1975) 83 Perronsches Paradoxon 83 PFAFF, Johann FXedrich (1765-1825) Pfaffsche Form, kurz l-Form 177 Phasenportrait, Phasenraum 144 PICARD, Charles Emile (1856-1941) Picard-Lindelhf, lokaler Existenzsata 140 Picard-Lindelhf-Iteration 140, 149, 173
PLANCHEREL, Micbel (1885-1967) PLATEAU, Joseph Antoine (1801-1883) Pliickersches Konoid 15 P o l ~ c A R 6 Jules-Henri , (1854-1912) 163, 164, 193 Poincarbsches Modell 225, 316 POISSON, Simbon (1781-1840) 292 Poissonsche Summationsformel 345 Polarkoordinatenahbildung 18, 18-20 -, Ableitung 91, 94 Polstelle, Pol 214 Polynomfunktion 14 positiv definit 69 positiv orientiert 412 positiv semidefinit 69 positiver Anteil 244 Potential der Gravitationsform 183 Potential einer l-Form 182 Potentialgleichung 62 Potenz einer holomorphen Funktion 206 Potemabbildung 302 Potenzreihe in einer B a n d a l g e b r a 39 -, Ableitung 96 Produktregel 95, 406, 411 Produkttopologie 10 Punktkunre 192
Quader 235 quadratintegrierbar 335, 344 quadratsummierbare Folge 22 Quadrik 43, 119 qualitative Taylorformel 66 Quelldichte eines Vektorfeldes 383 Randpunkt 5 rationale Funktion 14 reell-analytische Funktion 67 r e e k l-Form 177 Regelintegral und Lebesgue-Integral 245, 246 regulirer Punkt einer Abbildung 118 regulirer Wert einer Abbildung 118 regulire Flache 346 regulire Hyperflache 371 -, Orientierbarkeit 378, 397, 416 -, Volumenform 435 regulire Parameterdarstellung 346 regulirer Rand 380 regulirer Wert einer Abbildung 416 Regularisierung 317 Reihe in einem Banachraum 38 Residuensatz 216, 217 -, Berechnung von Integralen mittels 218, 219, 231
Namen- u n d Sachverzeichnis Richtungsableitung 48, 90 RIEMANN. Bernhard 11826-18661
115
Rmsz, Frigyes (1880-1956) 340 Riesz, Synthesesatz von 340 Rotation eines Vektorfeldes 187, 195, 438 Rotationsfeld 131 Rotationsflkhe 128, 347, 348, 371, 372 Rotationskijrper 266 RotationsminimalflBche 78, 81-82 rotationssymmetrische Funktion 5 1 -, Fourier-nansformierte 344, 375 -, Integration 275, 298, 311 -, Laplace-Operator 62 Rouc~E, Eugene (1832-1910) Sattelpunkt 69 Satz - iiber die Aquivalenz von Normen 11 - iiber implizite Funktionen 113 - vom Maximum und Minimum 3 1 - vom regularen Wert 118 - von Baire 43 - von Beppo Levi 272 - von Bolzan*Weierstra% 2, 12 - von Casorati-Weiemtrai3 215 - von Fubini 238, 289 - von Gaufa 384 - von Goursat 200 - von Kewaire und Bott-Milnor 20 - von Lebesgue 278, 365 - von Liouville 148, 170 - von Ljapunow 161 - von Morera 206 - von Perron-Frobenius 440 - von PoincarB-Ljapunow 159 - von Riesz 340 - von Riesz-Fischer 270, 336 - von RouchB 222 - von Schwarz 58 - von Stokes 430, 438 -van Tonelli 293, 373 - von WeiemtraR 207 - von Wielandt 226 - von der Hauptvektorbasis 151 - van der lokalen Umkehrbarkeit 108, 209
- von der majorisierten Konvergenz 278, 365 - von der monotonen Konvergenz Schmiegquadrik 68
272
schnell fallende Funktion 331, 335, 343 Sehrankensatz 56, 103 SCHWARTZ, Laurent (*1915) 320 Schwartz-Raum 331 SCHWARZ, Hermann Amandus (1843-1921) 58, 223 Schwarzsches Lemma 223 Sehwerpunkt 266, 314 Scbwingungsgleichung 62, 155, 330 separabel 337 SHANNON, Claude Elwood (*1916) 328 a-Additkitat 273, 274 a-kompakt 280, 339 singulHrer Punkt einer Abbildung 118 singdarer Wert einer Abbildung 118 singdarer Rand 380 Singularitlt 211, 214, 215, 215 Skalarprodukt 331, 337 SOLOVAY, Robert M. 274 Spat 351 Spektraldarstellung einer Funktion 327 Spektralradius 44 Spektrum 325 spezielle lineare Gruppe 129 spezielle unitire Gruppe 20 Sphare siehe euklidische Sphire spharische Koordinaten 348, 375 Spur einer Einbettung 350, 353 -, Orientierbarkeit 378 Spurtopologie 9 stabiler Punkt 1 6 1 Stabilitit des Sonnensystems 163 Stammfunktion -, Existenzsatz 184, 186, 193 - einer l-Form 182 - einer holomorphen l-Form 201 - einer holomorphen Funktion 201 - zur Windungsform 186 StandardabschB%zung 198 Standardsimplex 255 stationirer Punkt 70 statisches Moment 303 stereographische Projektion 18, 17-18 Sterngebiet, sternformig 185, 193 stetig 13, 14, 15, 31 -, gleichmsig 31, 3 1 stetig differenzierbar 51, 90 - k-ma1 59, 92 stetige Zuordnung von Orientierungen 413 stetiger linearer Operator 26 Stetigkeit -, Cbarakterisierungen 15, 16
458
-,
Folgenkriterium 14 - der Fourier-Tkansformierten 283 - der Grenzahbildung 24 - der Inversenbildung 40 - einer Differentialform 404, 410 - einer Potenareihe 59 - einer linearen Abbildung 25 Stetigkeitstest 27 STOKES,George (1819-1903) 430 STONE,Marshall (1903-1989) 235, 238 stiickweise stetig differenzierbar 180 Supremumsnorm 7 Tangentialhyperebene 47 Tangentialkegel 120 Tangentialmum 120 -, Orientierung im 414-417 - der orthogonalen Gruppe 121 - einer Immersion 546 - einer Quadrik 121 Tangentialvektor 93, 120 -, in den AuBenraum weisender 426 TAYLOR, Brook (1685-1731) Taylorformel 65, 66 Taylorpolynom 65 Taylorreihe 67 Teilraumtopologie 9 Tensorprodukt von Funktionen 295 Thetafunktion 233 TIETZE,Heinrich (1880-1964) -, Fortsetzungslemma von 24, 324 TONELLI, Leonida (1885-1946) 293 Topologie -, von einer Metrik erzeugte 8 - auf einem endlich-dimensionalen Vektorraum 12 Torus 128, 348, 548, 374 totales Differential siehe Differential Triger 506, 421 Trigheitsmoment 303, 314 Transformation einer n-Form 402 Transformationsfomel fiir Quader 264 Transformationssatz 299, SOB, 375 Translationsinmrian 261, 262, 274 transzendente Funktion 210 Trennungssatz fiir Nullstellen 175 Treppenfunktion 256 -, L ' - ~ a l b n o r meiner 241 triviale Fortsetzung 244, $65 Tschebyschewsehe Ungleichung 297 Tubenlemma 52
Namen- u n d Sachverzeichnis ~berdeckungseigenschaft von Heine-Borel 28 i?bergangsdiffeomorphismus 408, 413, 424, 433 Umgebung 2, 8, 12, 15 Umkehlsata der Fourier-Tkansformation 527 unendlich ferner Punkt 18 Untermannigfaltigkeit 116 -, Atlas einer 363 -, (&I-~olyederin einer 433 -, Differentialform auf einer 409 -, G-angepaRte Einbettung 424 -, Integration iiber eine $63, 421 -, Uberdeckung durch Kartengebiete 360, 360, 363, 397 -, glatt berandete Teilmenge 423 -, kompakte Ausschopfung 560 -, orientierbare, orientierte 415 Variation der Konstanten 154 Variationsgleichung 167 Vektorfeld 131 -, Divergena 169, 170, 172, 385, 584 -, Ergiebigkeit 383, 384 -, FluB 165 -, FluB durch eine orientierte Hyperflache 443 -, Flu0 durch eine orientierte Hyperflache 384 -, Integration 384 -, Quelldichte 583 -, Rotation 187, 195 -, divergenzfreies 170 -, korrespondierende l - F o m 177 -, rotationsfreies 193 -, volumentreues 170 vektorielles Flachenelement 378, 433 Vektorprodukt 352 verallgemeinertes Simplex SO2 Vertausehung der Integrationsreihenfolge 251, 293 Vielfachheit 208, 215 VITALI,Giuseppe (1875-1932) 274 Vitalische Menge 274, 281, 335 vollstbdiger metrischer Raum 21 vollst%ndiger normierter Raum 22 vollstindiges Orthonormalsystem siehe Orthonormalbasis Vollstindigkeit - von L1(1lln) 271 - von L 2 ( u ) 343 - von 2?l(IRn) 270 - von . P 2 ( u ) 536
Namen- und Sachverzeichnis - von e2 23 VollstHndigkeitskriterium
340
VollstHndigkeitstest 338 VOLTERRA, Vito (1860-1940) 155 Volterra-Lotka-System 155-157 Volumen 252 -, d-dimensionales siehe d-dimensionales Lehesgue-Ma8 -, Translationsinvarianz 262 - der Einheitskugel 288, 292 - der Kugel F T ( 0 ) im R3 255 - des Standardsimplex 255 - einer ' R 1 - ~ l k h e 372 - einer Kugel nach Archimedes 256 - eines d-Spates 551, 351, 435 - eines Ellipsoids 266, 301 - eines Keg& 255 - eines Parallelotops 262 - eines Quaders 235 - eines Rotationsk6rpers 266 - eines Zylinders 255 Volumenform - des Rn 418 - einer Hyperflkhe 435 - einer SphHre 422, 436 - einer Untemannigfaltigkeit 434 wandernder Buckel 271 Wemeleitung in einem Stab
344
Wameleitungsgleichung 62 Wegunabhahgigkeit 183, 195, 201 wegzusammenh3ngend 34,35 Weierstrdscher Approximationssatz 524 Wellengleichung 62 Wendelflache 128 wesentliehe Singularitit 215 WLELANDT, Helmut (*1910) 226, 227 Windungsfeld 179 Windungsforrn 179, 181, 183, 186, 191 Windungsaahl 181, 191 Zeilensummennom 27, 138 Zentralfeld 131, 194 Zerlegung der Eins 560, 442 Zerlegung einer Menge im Rn 264 Zetafunktion 233 zuriickgeholter Laplace-Operator 173 Zuriickholen - einer alternierenden k-Form 402 - von Differentialformen 404, 441 - -, Vertraglichkeitsbedingun~ 409 - von Funktionen 135 zusammenhahgend SS, 34, 34, 35, 37 Zustandsabbildun~ 166 zweite Ableitung Liner Funktion 60 Zwischenwertsatz 34, 43
Quellen der Abbildungen: S. 18: Giinter Fritz. 5.78: Institut fiir leichte FlBchentragwerke Stuttgart. 5,128,114: Thomas Zeitlhbfler. 5.3, 49, 63, 72 unten, 135, 166, 175, 181, 190, 194, 195, 201, 214, 221, 225, 252, 253, 277: Frank Hofmaier. S.378: Kilian Kbnigsbergei. Alle iibrigen Abbildungen wurden "on Johannes Kiister erstellt. Gesetzt von Johannes Kiister in TEX ( L A W ) aus der European Computer Modern (ecFonts Version 1.0) unter Verwendung "on Zeichensitzen der American Mathematical Society, von Ralph Smith, von Olaf Kummer und von Johannes Kiister. Uberarbeitet und teilweise neu gesetzt "on Frank Hofmaier. Die Abbilduncen wurden in METRPOSTerstellt. in wenixen FBllen mit Hilfe von Maole V.
Dmck und Bindung: Strauss GmbH, Morlenbach