Enid Blyton
Fünf Freunde
auf Expedition
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Enid Blyton
Fünf Freunde
auf Expedition
Der OMNIBUS Verlag gehört zu den Kinder- & Jugendbuch-Verlagen in der Verlagsgruppe Random House München Berlin Frankfurt Wien Zürich www.omnibus-verlag.de
Dieses Buch wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform
1.Auflage 2001 © 1977 by
Librairie Hachette
Ein neues Abenteuer der von Enid Blyton erfundenen Figuren »Fünf Freunde«.
Diese Geschichte erschien erstmals bei Librairie Hachette, Paris, unter dem Titel »Les Cinq vendent la Peau de l'Ours«. Enid Blytons Unterschrift und »Fünf Freunde« sind eingetragene Warenzeichen von Enid Blyton Limited. Die englische Ausgabe erschien unter dem Titel »Five and the Blue Bear Mystery«. © 2001 für die deutschsprachige Ausgabe OMNIBUS/C. Berteismann Jugendbuch Verlag, München
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Übersetzung: Christiane Jung, Heidelberg Lektorat: Nicola Bardola, München Umschlagbild und Innenillustrationen: Silvia Christoph Umschlagkonzeption: Klaus Renner Umbruch: Veit-Rost • Kommunikation und Medien, Ingolstadt
st • Projektbetreuung: interConcept Medienagentur, München
Druck: GGP Media, Pößneck
ISBN 3-570-12548-3
Printed in Germany
Inhalt
Georg Weihnachtsvorbereitungen Der verschwundene Weihnachtsbaum Der Reporter Das Geheimnis des Blaubären Noch ein Diebstahl Der Motorradfahrer Ein Ausflug nach Grasau Eine interessante Unterhaltung Das »Rosa Haus« Im Keller Tim, der Retter in der Not! Auf dem Polizeirevier Wieder in Felsenburg Verfolgungsjagd auf See!
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Georg Weihnachtsvorbereitungen
Georg Kirrin fuhr auf ihrem Fahrrad vom Felsenhaus auf dem Birkenweg hinab ins Dorf. Neben ihr radelten ihre Vettern Julius und Richard und ihre Kusine Anne. Die Luft war schneidend kalt, was für den 23. Dezem ber nichts Ungewöhnliches war - doch Georgs blaue Augen strahlten. Sie liebte das frostklare Wetter, genau wie die anderen Kinder. Alle vier sangen, so laut sie konnten: »Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben!« Georgs Hund Tim, der neben ihnen herrannte und versuchte, seine Pfoten warmzulaufen, war als einziger der Fünf Freunde nicht so glücklich. Seine Ohren flatterten im Wind, und im Gegensatz zu den Kindern trug er keine Wollmütze, die seinen Kopf warm hielt. Doch er würde niemals ohne seine kleine Herrin sein wollen, darum fiel auch er in das Weihnachtslied ein, nur um guten Willen zu zeigen, und bellte so laut, wie die Kinder sangen. -7
»Leise rieselt der Schnee ...«
»Wau! Wau!« »Still und starr liegt der See!« Allerdings lag noch kein bisschen Schnee. »Doch man kann nie wissen!«, sagte Julius, der dreizehn Jahre alt und damit der älteste der Fünf Freunde war. »Wäre es nicht herrlich, wenn wir weiße Weihnachten bekä men?« Sie fuhren um die letzte Kurve der Straße und sahen schon den Kirchturm. »Da sind wir!«, rief Georg fröhlich. »Station Felsenburg - alle aussteigen! Der Zug endet hier!« Doch die Kinder stiegen erst von ihren Fahrrädern ab, als sie vor dem Warenhaus, dem größten Laden des Dorfes, standen. Hier wurden alle möglichen Dinge verkauft und das Schaufenster war voller Spielzeug und Weihnachtsgeschenke - schließlich war heute der Tag vor Heiligabend! Julius, Richard und Anne waren gekommen, um die Weihnachtsferien bei Georg und ihren Eltern zu ver bringen. Onkel Quentin und Tante Fanny wohnten im Felsenhaus, ein Stück vom Dorf entfernt. Es war ein großes Haus und ungefähr dreihundert Jahre alt. An -8
diesem Morgen hatte Tante Fanny die Kinder gebeten, im Dorf ein paar Besorgungen für sie zu erledigen, weil sie festgestellt hatte, dass ihr einige Dinge ausgegangen waren und sie noch Schmuck für den Weihnachtsbaum brauchte. »Oh, seht doch!«, rief Anne, die Jüngste der Ge schwister, und schüttelte das blonde Haar zurück, be vor sie ihre Nase ans Schaufenster drückte. »Ist das nicht herrlich? Seht euch doch diese großen Puppen an - und dieses süße kleine Puppengeschirr und diese elektrische Eisenbahn mit der Lok, die richtig pfeifen kann, und -« Auch Georg und Richard pressten sich an die Schei be, um die Schaufensterdekoration zu bewundern. Sie waren beide dunkelhaarig - und da Georg, deren richti ger Name Georgina war, ihr lockiges Haar kurz trug, damit sie mehr wie ein Junge wirkte, sahen sie fast aus wie Zwillinge. »Ja, die haben wirklich tolle Sachen hier«, stimmte Ri chard zu. »Seht ihr das glänzende Fahrrad da - fast so gut wie diese schönen, neuen Bikes, die Onkel Quentin uns geschenkt hat!« »Also, wir können nicht den ganzen Tag hier herum -9
stehen, sonst frieren wir fest!«, drängte Georg. »Kommt - meine Mutter wartet dringend auf die Sachen.« Sie drückte die Ladentür auf und die Vettern traten ein. Es war hell und warm drinnen und alles sah sehr weihnachtlich aus. Die Kinder gingen zu einem großen Tisch voller Weihnachtsschmuck. Sie suchten etwas Lametta
und
hübsch
bemalte
Glaskugeln,
eine
Weihnachtsmann-Figur für die Baumspitze und ein paar goldene und silberne Sterne aus. Julius ging zur Kasse und bezahlte. Doch bevor die Kinder den Laden verließen, schlenderten Georg und ihre Freunde noch ein wenig herum - es gab ja so viel zu sehen! Georg erblickte einen der Verkäufer, der gerade in ei ner Ecke des Ladens einen Karton öffnete. Es war ein junger Mann namens Bob. Sie kannte ihn flüchtig. »Hallo, Bob!«, sagte sie. »Fröhliche Weihnachten!«
Der junge Mann blickte auf und lächelte die Kinder an. »Hallo! Macht ihr Weihnachtseinkäufe?« »Ja - wir haben Weihnachtsschmuck für Tante Fanny gekauft«, erklärte Richard. Bob hatte den Karton schließlich aufbekommen. »Wir -10
haben diese Woche ein Bombengeschäft mit Weih nachtsschmuck gemacht«, sagte er. »Ihr wärt über rascht, wie viele Leute bis zur letzten Minute warten, um ihren Baumschmuck zu kaufen - genau wie ihr! Und die Hersteller kommen manchmal erst sehr spät mit der Lieferung unserer Bestellungen nach - das ist wirklich ärgerlich. Zum Beispiel haben wir zwei Wo chen lang auf diese kleinen Bären gewartet und jetzt sind sie erst angekommen!« Während er sprach, hob er eine Kiste aus dem großen Karton. Zwei weitere Kisten lagen noch darin. Bob nahm den Deckel ab und zeigte den Kindern, dass sie mit winzigen Teddybären in unterschiedlichen Farben gefüllt war: rosa, blau, grün, rot, gelb, weiß, lila und orange. »Oh, sind die nicht niedlich?«, rief Anne begeistert. »Ich habe noch nie gehört, dass man Teddybären als Weihnachtsschmuck verkauft!«, meinte Julius kopf schüttelnd. »Na ja, um die Wahrheit zu sagen«, erklärte Bob, »sie sind gar nicht für Weihnachtsbäume gedacht. Eigent lich sind es Maskottchen - so was, was man sich ins Auto hängen kann. Vor kurzem waren alle verrückt da -11
nach. Jetzt nicht mehr so, aber Teddybären sind immer beliebt, also verkaufen wir sie weiter - und Herr Milz, mein Boss, hat ein paar für Weihnachten bestellt, um sie als Baumschmuck zu verkaufen.« »Und jetzt sind sie zu spät geliefert worden! Wie är gerlich!«, seufzte Georg mitfühlend. »Die werden Sie bis Heiligabend niemals los! Es müssen furchtbar viele da in diesen Kisten sein.« »Drei Dutzend - also sechsunddreißig Teddybären insgesamt. Aber macht euch keine Sorgen. Es sind nette,
kleine
Bären,
also
werden
wir
sie
bald
verkaufen, auch wenn sie nicht alle vor Weihnachten weggehen. Und ich sag euch was«, fügte Bob lächelnd hinzu. »Dr. Thompson und seine Frau haben ein Dutzend bestellt, also habe ich schon zwölf verkauft! Ihre Tochter Julia feiert heute Nachmittag mit ihren Freunden ein Fest. Es ist eine Weihnachtsparty und sie wollen die Bären in den Weihnachtsbaum hängen. Ich rufe Dr. Thompson am besten gleich einmal an und informiere ihn, dass seine Bären angekommen sind, damit er sie abholen kann.« Richard lächelte. »Ja - wir wissen, dass Julia heute ihre Freunde zu einer Party eingeladen hat«, sagte er. -12
»Wir sind auch eingeladen! Also, dann werden wir diese Bären am Baum ja selbst bewundern können. Ich glaube, sie werden ziemlich gut zusammen mit den bunten Lichtern und dem anderen Schmuck aussehen.«
Anne,
die
mit
ihren
zehn
Jahren
manchmal noch etwas kindlich war, konnte ihre Augen einfach nicht von den kleinen Teddybären wenden. Sie nahm einen hoch, um ihn sich genauer anzusehen. Es war ein blauer Bär mit braunen Glasaugen, die schelmisch zu glitzern schienen, und er hatte ein herrliches, weiches Fell. Anne streichelte darüber.
»Oh, er ist so süß!«, wiederholte sie. Julius lächelte seine kleine Schwester an. Er liebte Anne sehr - sie war so sanft und freundlich, so vernünftig und immer hilfsbereit. Er beschloss, ihr den Bären zu schenken. »Du kannst ihn behalten, wenn du ihn magst«, sagte er. »Ich kaufe ihn dir.« Anne schlang die Arme um Julius und drückte ihn. Während er den Bären bezahlte, rief jemand vom an deren Ende des Ladens nach Bob. »Oh je«, sagte der Verkäufer und stellte die Kiste mit Bären, die er für Dr. Thompson brauchte, ab. »Jetzt habe ich keine Zeit mehr, die anderen dreiundzwanzig Bären auszupacken.« »Sollen wir das für Sie tun?«, bot Georg an. »Nein, das ist nicht nötig, aber trotzdem danke. Ich werde sie erst mal im Karton lassen - nein, wartet. Ich lege einfach einen ins Schaufenster, um Kunden anzulo cken. Schließlich haben wir morgen auch noch bis fünf Uhr nachmittags geöffnet. Auf Wiedersehen, macht's gut, ihr vier, und viel Spaß bei der Party!«
- 14
Um vier Uhr nachmittags war die Party im Haus der Thompsons in vollem Gange. Julia, die Tochter der Thompsons, die etwa so alt war wie Georg und Richard, hatte sich viel Mühe gegeben, und alle saßen vergnügt um den Weihnachtsbaum. Er war übersät mit geheimnisvollen Päckchen in hübschem Papier und mit glänzenden Schleifen. Der Baum trug auch bunte Lichter, Lametta und Baumschmuck - darunter auch die zwölf kleinen, farbigen Teddybären aus dem Warenhaus. Auf einem Tisch in einer Ecke des großen Raumes standen
leckere
Sachen.
Julia
war
eine
gute
Gastgeberin, die dafür sorgte, dass alle etwas bekamen. »Noch etwas Wackelpudding, Paul? Irmi, die kleinen Kuchen mit Guss sind hier drüben! Suchst du die Limonade, Richard? Hier ist sie.« Als der Nachmittagstee vorbei war, organisierte Julia ein paar Spiele. Die Reise nach Jerusalem war ein großer Erfolg und alle schrieen und lachten durchei nander. »Du hast geschummelt, Lukas!« »Du
musst
gerade
reden!
Ich
gesehen, wie du Anne geschubst hast!« -15
habe
genau
»Nein, habe ich nicht! Sie hatte sich noch gar nicht hingesetzt!« Draußen brach die Dämmerung an und schon bald war es richtig dunkel. Der Weihnachtsbaum glitzerte mit seinen bunten Lichtern. »Und jetzt werden wir die Geschenke verteilen!«, sagte Julia. Das kleine Mädchen holte sie vom Baum herunter oder unter dem Baum hervor und rief die Na men ihrer Freunde einzeln auf. »Mary, das sieht nach einem KrankenschwesterKittel aus!«, sagte sie. »Oh, wie schön! Genau das habe ich mir gewünscht!« Richard und Georg bekamen beide Schlittschuhe. »Gut!«, sagte Georg fröhlich. »Jetzt können wir beide zusammen auf die Nase fallen!« Julius bekam ein Taschenmesser mit vielen verschie denen Klingen und Annes Päckchen enthielt ein kleines Lederetui mit lauter Nähsachen. Es gab sogar ein Ge schenk für Tim: einen Gummiknochen! Und dann gingen plötzlich mitten in all dem Trubel die Lichter aus! Einige der Mädchen schrieen auf. »Beruhigt euch«, mahnte Julius mit abgeklärter Stim me. »Das ist bestimmt nur eine durchgebrannte Siche -16
rung. Bleibt am besten stehen, sonst stolpert ihr noch und tut euch weh.« Trotz des guten Rats von Julius herrschte großes Durcheinander, doch schon bald erhob sich Dr. Thompsons beruhigende Stimme über dem Lärm. »Wartet einen Augenblick, Kinder! Ich werde in den Keller gehen und die Sicherung austauschen.« Doch als Julias Vater weg war, irrten die Kinder wieder im Dunkeln herum. Richard, der in der Nähe der Tür stand, spürte plötzlich einen kalten Luftzug - und dann kratzte etwas über sein Gesicht. Er machte einen Schritt vor und stieß mit jemandem zusammen. Wer auch immer es war, er schob ihn ziemlich grob zur Seite. »He, was soll das!«, rief Richard verärgert. »Was machst du da?« Zur gleichen Zeit bemerkte Georg, die neben Richard stand, dass Tim aus dem Zimmer lief, und kurz darauf hörte sie ihren Hund draußen im Garten bellen. »Nanu!«,
murmelte
sie.
»Jemand
muss
die
Eingangstür offen gelassen haben.« Dann verwandelte sich Tims Bellen plötzlich in Schmerzgeheul. -17
»Tim!«, schrie Georg. »Er ist verletzt!« Gerade als sie selbst aus dem Zimmer laufen wollte, ging das Licht wieder an. Dr. Thompson tauchte einen Augenblick später auf und lächelte seine jungen Gäste an. Er wollte gerade etwas sagen - als ihm das Lächeln auf den Lippen gefror! Er blickte entsetzt über die Köpfe der Kinder hinweg. Die Kinder drehten sich um -und schrieen alle überrascht auf.
»Der Weihnachtsbaum!« »Er ist weg!« »Wo kann er nur sein?« »Jemand hat ihn gestohlen!«
Der verschwundene Weihnachtsbaum
Ein Weihnachtsbaum wird auf einer Kinderparty ge stohlen - das hatte noch niemand erlebt! Doch Herr und Frau Thompson und ihre Gäste mussten einsehen, dass es tatsächlich passiert war. Irgendjemand hatte den Weihnachtsbaum gestohlen, denn es war ganz unbestreitbar, dass er spurlos verschwunden war, und schließlich hatte er nicht einfach davonfliegen können! Zudem hatte Dr. Thompson herausgefunden, dass die Sicherungen im Keller alle in Ordnung waren. Irgendwer hatte den Strom einfach mit dem Haupt schalter ausgeschaltet, sodass alle Lampen ausgegan gen waren. Aber wer konnte das gewesen sein? »Hören Sie, Herr Thompson«, sagte Georg. »Mein Hund bellt immer noch im Garten - ich wette, er ist hinter dem Dieb her!« Alle rannten nach draußen, Herr Thompson an der Spitze. Dort stand Tim, offenbar unverletzt, und bellte -19
ärgerlich das geschlossene Gartentor an. Er klang wü tend! Und draußen auf der Straße heulte der Motor ei nes Lieferwagens auf. Im Mondlicht konnten Julius und Georg gerade noch sehen, dass hinten aus dem Wagen Tannenzweige ragten. »Da fahren die Gauner weg, die den Weihnachts baum gestohlen haben!«, rief Georg. Richard erinnerte sich, dass ihm etwas durchs Ge sicht gefahren war, als es im Dunkeln an ihm vorbeige tragen wurde. Der Weihnachtsbaum, natürlich! Doch wer würde sich all diese Umstände machen? Ein Weihnachtsbaum kostete schließlich nicht allzu viel Geld - zudem war er schwer zu stehlen und wegzutra gen. Herr und Frau Thompson stellten sich genau die selbe Frage. »Warum um alles in der Welt hat jemand unseren Baum gestohlen?« Sie schickten die Kinder wieder hinein ins Warme und riefen dann die Polizei an, um den Diebstahl zu melden. Wenig später betraten zwei Beamte das Haus und verließen es genauso verwirrt und ratlos wie die Gäste der Thompsons. Niemand konnte sich erklären, warum sich Diebe all diese Umstände gemacht hatten, um etwas von so geringem Wert zu stehlen. -20
Als sie wieder im Felsenhaus waren, verbrachten Georg und ihre Freunde den Großteil des Abends da mit, über die Geschehnisse auf der Party zu sprechen. Je
mehr
sie
darüber
nachdachten,
desto
merkwürdiger schien es ihnen. Sie konnten sich einfach keinen Reim darauf machen! »Vielleicht wollten die Diebe eigentlich die Geschenke und gar nicht den Baum selber?«, meinte Anne ziemlich aufgeregt. »Vielleicht wussten sie nicht, dass die Päckchen
schon
abgenommen
und
verschenkt
worden waren.« »Das halte ich nicht für sehr wahrscheinlich«, entgegnete Georg. »Natürlich waren die Geschenke sehr schön, aber sie waren nicht besonders wertvoll. Nein, es sieht so aus, als ob die Diebe all das sehr sorgfältig geplant hätten - sie waren hinter dem Baum her, nicht den Geschenken, und sie haben bekommen, was sie wollten.« »Aber ein Weihnachtsbaum ist doch nur ein normaler Tannenbaum«, wandte Richard ein. »Nach Weihnach ten kann man nicht mehr viel damit anfangen.« »Ich frage mich, ob dieser bestimmte Baum aus irgendeinem Grund eben doch wertvoll war«, gab -21
Julius zu bedenken. »Auch wenn ich zugeben muss, dass mir kein Grund dafür einfällt.« Als sich die vier Kinder an diesem Abend ins Bett leg ten, gingen ihnen immer noch viele unbeantwortete Fragen im Kopf herum. Und sie hatten das Gefühl, dass der gestohlene Weihnachtsbaum, auch wenn es ein lä cherlicher Vorfall war, doch der Beginn eines dieser Abenteuer sein könnte, die ihnen immer wieder begeg neten. Aber auch wenn, sie diese Fälle normalerweise lösen konnten, schien dieser doch sehr verwirrend zu sein.
Am nächsten Morgen gab es noch ein weiteres Rätsel. Georg und ihre Freunde setzten sich gerade an ein spä tes, aber leckeres Frühstück mit Schinken, Eiern und Toast, als Tante Fanny, die im Dorf beim Bäcker einge kauft hatte, nicht nur mit herrlichen frischen Brötchen, sondern auch mit ein paar interessanten Neuigkeiten zurückkam. Ungefähr um zwei Uhr morgens waren Diebe in das Warenhaus eingebrochen. »Und das wirklich Merkwürdige war, dass nichts gestohlen wurde - außer einem Karton mit kleinen Ted -22
dybären!«, sagte Tante Fanny. »Ach ja, und ein kleiner Bär aus dem Schaufenster. Herr Milz sagt, dass die Poli zei nicht genau weiß, was sie davon halten soll, aber sie glaubt, es wäre entweder ein Verrückter oder ein Spaß vogel gewesen, der in den Laden eingebrochen ist!« »Wie seltsam!«, sagte Georg. »Ja, nicht wahr?«, stimmte Richard zu. »Jemand
hat
diese
Teddybären
aus
dem
Warenhaus gestohlen - und sonst nichts?«, wiederholte Julius. »Das hört sich ziemlich sinnlos an!« »Wie kann man nur so etwas Dummes tun?«, fragte Richard. »Es ist nicht viel dümmer, als Julias Weihnachtsbaum zu stehlen«, gab Georg zu bedenken. Anne fiel plötzlich etwas ein. Sie sagte mit ihrer leisen Stimme: »Oh, wisst ihr nicht mehr? Die kleinen Bären, die die Thompsons als Baumschmuck gekauft hatten, waren immer noch am Baum, als er gestohlen wurde!« Richard, Julius und Georg hatten gerade das Gleiche gedacht. »Du hast Recht, Anne«, sagte Georg. »Nun - der durchgeknallte Dieb von Felsenburg ist vielleicht ver rückt nach Teddybären!« -23
Es hörte sich alles so albern an, dass die Kinder gar nicht daran dachten, es jemandem zu erzählen. Tante Fanny war in der Küche beschäftigt und kochte für Weihnachten vor - herrlich würzige Düfte zogen zu den Kindern herüber. Und Onkel Quentin hatte sich wie immer
in
seinem
Arbeitszimmer
eingeschlossen.
Weihnachten hin oder her, er steckte wieder tief in sei nen wissenschaftlichen Berechnungen. Tim schien jedoch nach weiteren Erklärungen zu ver langen, also gab er ein fragendes »Wurf?« von sich. »Na, was hältst du denn von der Geschichte, Tim?«, fragte Julius. »Weißt du«, fügte er nachdenklich hinzu, »was Georg gesagt hat, hört sich wirklich albern an, aber man muss trotzdem darüber nachdenken. Sie könnte Recht haben! Wenn der Dieb nun in beiden Fäl len ein Teddybärensammler ist -« Richard unterbrach seinen Bruder. »Nicht ein Teddybärensanimier, alter Knabe! Es wa ren mindestens zwei. Man braucht mehr als nur eine Person, um diesen Weihnachtsbaum mitzunehmen und damit so schnell im Lieferwagen zu verschwinden.« »Wenn ihr mich fragt«, sagte Georg, »dann haben sie uns nicht einen Weihnachtsbaum vor der Nase wegge -24
stohlen
und
sind
dann
in
das
Warenhaus
eingebrochen, nur um ein paar ganz gewöhnliche Teddybären zu stehlen!« »Glaubst du denn, dass irgendetwas Ungewöhnli ches an den Bären ist, Georg?«, wollte Julius wissen. »Und dass wir nur nicht wissen, was es ist?« »Na ja, genau - das denke ich allerdings.« »Hm - wer auch immer die Diebe sind, sie haben also die Bären vom Baum und alle Bären aus dem Laden
gestohlen,
inklusive
des
Bären
im
Schaufenster. Sie wussten ziemlich genau, wo sie zu finden waren«, sagte Richard. »Sie haben aber auch wirklich gründlich abgeräumt jeden einzelnen Bären haben sie gestohlen«, ergänzte Georg. »Jetzt haben sie also alle«, stimmte Richard zu. »Nein,
haben
sie
nicht«,
widersprach
Anne
plötzlich. »Einen gibt es noch - den, den du mir gestern geschenkt hast, Julius!« »Du meine Güte - du hast Recht!« »Anne, geh und hol deinen kleinen, blauen Bären, schnell«, drängte Georg. Das blonde Mädchen lief sofort nach oben und kam -25
schon bald mit ihrem kleinen, blauen TeddybärenMaskottchen zurück. Neugierig betrachteten die vier Kinder das Stofftier. Annes Bär schien überhaupt nicht ungewöhnlich zu sein. Es war ein ganz normaler, kleiner Stoffbär, ohne Besonderheiten - zumindest sah es so aus. »Komisch!«, sagte Richard und schüttelte verwirrt den Kopf. »Und all die anderen Bären waren genauso wie dieser. Nette kleine Bären, aber nichts Spezielles.« »Trotzdem ist es interessant«, meinte Georg. »Ich bin sicher, dass die beiden Diebstähle miteinander zu tun haben. Warum versuchen wir nicht herauszufinden, was dahinter steckt?« Natürlich stimmten die anderen begeistert zu! »Also, warum fahren wir nicht ins Warenhaus?«, schlug Richard vor. »Irgendwo müssen wir ja mit unse ren Nachforschungen beginnen und wir können genau so gut dort anfangen.« »Okay«, erwiderte Julius und stand auf. »Kommt, Leute. Der Laden hat bereits geöffnet.« Und kurz darauf waren vier Fahrradfahrer und ein Hund auf dem Weg ins Dorf - und in ein neues Aben teuer!
Der Reporter
Als die Fünf Freunde das Warenhaus betraten, standen schon viele andere Menschen im Laden, gingen herum und sahen sich die Auslagen an. Manche wollten wirklich etwas kaufen, aber manche waren auch einfach nur neugierig, und die drei Verkäufer mussten viele Fragen beantworten, während sie die Pakete einpackten. Natürlich sprachen alle von den Diebstählen der letz ten Nacht. Georg sah Bob mit einem dunklen, stämmigen Mann von etwa vierzig Jahren sprechen. Die Augen des Mannes waren hinter dunklen Brillengläsern versteckt und er sah aus wie ein Reporter. Er stand mit Bob an einem Tisch und notierte das, was der Verkäufer sagte, in einem Notizheft. Die Kinder gingen zu Bob hinüber und er lächelte sie freundlich an. »Hallo - schon wieder da? Wollt ihr noch mehr Baumschmuck kaufen?« -27
»Nein, wir sind nur aus Neugier gekommen!«, ge stand Georg. Der Fremde mit den dunklen Brillengläsern schien sich über die Unterbrechung eher zu ärgern. »Kümmern Sie sich jetzt nicht um diese Kinder«, sagte er zu Bob und drehte den Kindern den Rücken zu. »Also - wo waren wir?« »Ich habe Ihnen bereits alles über den Diebstahl gesagt, was ich weiß. Die Diebe haben nichts anderes mitgenommen als -« »Ja, ich weiß, außer den farbigen Teddybären!«, unterbrach ihn der Mann ungeduldig. »Aber Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet. Was ich wissen will, ist, ob sie alle Bären mitgenommen haben. Wie viele Bären genau hatten Sie denn im Laden?« »Vierundzwanzig«, antwortete Bob. Georg, die eine gute Beobachterin war, glaubte zu sehen, wie der Fremde leicht zusammenfuhr, auch wenn er es geschickt ver heimlichte. Dann schrieb er die Zahl in sein Notizbuch. In diesem Moment blickte Bob Anne an und er lächelte. »Oh nein, das ist falsch«, sagte er. »Es waren nur dreiundzwanzig, weil ich gestern einen Bären an dieses kleine Mädchen hier verkauft habe!« -28
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Mann mit der dunklen Brille den Kindern keine Beachtung geschenkt er hatte so ausgesehen, als wünschte er sie alle zum Teufel! Aber jetzt wurde er auf einmal ganz besonders freundlich. »So«, sagte er zu Anne, »du hast also einen von diesen Teddybären gekauft, meine Liebe? Ich habe gehört, dass die Diebe mit der ganzen Lieferung ge türmt sind.« »Ja, außer dem Dutzend, das Dr. Thompson bereits bestellt hatte, und einem blauen Bär, den diese junge Dame kaufte«, erklärte Bob wieder. »Deshalb wurden also nur dreiundzwanzig gestohlen!« Der Fremde sah Anne prüfend an. »Und du hast wirklich einen dieser Teddybären, meine Liebe?«, wollte er wissen. »Ich schreibe in meiner Zeitung darüber, weißt du.« »Wirklich?«, fragte Anne schüchtern. Aber sie nahm das Stofftier aus ihrer Tasche und sagte: »Hier ist mein Bär, wenn Sie ihn sehen wollen. Ist er nicht süß?« Der Reporter nahm den Teddybären und schien ihn ganz genau zu betrachten. »Ja, sehr süß!«, antwortete er und gab ihn Anne zu -29
rück. »Hör mal, kleines Mädchen- wie würde es dir ge fallen, in der Zeitung zu stehen? Vielleicht könnte ich in meinem Artikel auch über dich schreiben! Wie könnte denn die Schlagzeile lauten? Vielleicht: >Blauer Bär überlebt Weihnachtsverbrechen!< - oder so etwas Ähn liches! Sag, was hältst du davon?« Julius, dem das Verhalten des Reporters nicht gefiel, nahm seine Schwester bei der Hand. »Komm, Anne. Es ist Zeit zu gehen!«, sagte er be stimmt. -30
»Noch einen Augenblick, junger Mann!«, protestierte der Mann mit der dunklen Brille. »Ich will nur noch ein oder zwei Fragen stellen - für meine Zeitung, versteht ihr! Ich muss schließlich meine Spalte füllen ...« Und er fragte Anne nach ihrem Namen und ihrer Adresse. »Oh, ich wohne im Felsenhaus bei meiner Tante Fan ny und Onkel Quentin«, gab Anne bereitwillig Aus kunft. Georg hoffte ungeduldig, dass der Reporter endlich verschwinden und Anne in Ruhe lassen würde. Sie hat te ihn vom ersten Augenblick an nicht gemocht - und außerdem hatte sie allmählich das Gefühl, dass seine Fragen etwas seltsam waren. Er schien sich mehr für die Zahl der gestohlenen Bären zu interessieren als für irgendetwas anderes an diesem Diebstahl! Warum war das so wichtig? Es war wirklich merkwürdig. »Für welche Zeitung schreiben Sie denn?«, fragte Georg plötzlich. Der Mann klappte sein Notizbuch zu. »Für das Tag blatt«, antwortete er. »Nun, ich muss jetzt los, um mei nen Artikel zu schreiben - auf Wiedersehen!« Und er marschierte hinaus. -31
»Das Tagblatt?«, murmelte Richard mit gerunzelter Stirn. »Welches Tagblatt? Das Regional-Tagblatt? Das Große Neue Tagblatt? Das Felsenburger Tagblatt? Er hat uns gar keinen vollständigen Zeitungsnamen ge nannt! Dieser komische Kerl hat mir überhaupt nicht gefallen.« »Mir auch nicht!«, sagte Julius - und er war wahrhaftig kein Junge, der andere Menschen vorschnell verur teilte. Mittlerweile stellte Georg dem freundlichen Verkäufer Bob selbst einige Fragen, um mit ihren Untersu chungen voranzukommen. Aber die Kinder fanden nur wenig mehr heraus, als sie bereits wussten. Die Diebe, die in der gestrigen Nacht in das Warenhaus eingebro chen hatten, wussten offenbar genau, wo die Alarman lage war, und hatten die Drähte durchgeschnitten. Dann waren sie einfach mit dem Karton voller Teddy bären und dem aus dem Schaufenster davonspaziert. »Das ist das Komische daran!«, schloss Bob. »Es ist schon seltsam genug, dass sie nichts als ein paar Stoff tiere stehlen, die echt nichts Besonderes sind - wir ha ben hier Sachen, die viel wertvoller sind! Aber es ist noch merkwürdiger, dass sie sich die Mühe machten -32
und auch den Teddybären aus dem Schaufenster stah len. Das beweist eindeutig, dass die Diebe sich nur für die Bären interessierten - und dass sie genaue Informa tionen hatten! Das glaubt zumindest die Polizei!« »Seltsam? Ja - es ist wirklich außergewöhnlich«, sagte Georg langsam. Sie schüttelte den Kopf und fügte hinzu: »Das Verschwinden des Weihnachtsbaums von Julias Party war auch sehr seltsam. Ich frage mich wirk lich, was hinter alldem steckt!« Doch in diesem Moment kamen noch ein paar ver spätete Weihnachtseinkäufer herein und verlangten nach Bob, sodass die Kinder ihm noch einmal frohe Weihnachten wünschten und ratlos das Warenhaus ver ließen. Offenbar kamen sie im Moment nicht weiter also beschlossen sie, dass sie das Geheimnis gut und gern ein paar Tage aus ihren Köpfen verbannen und Weihnachten ordentlich genießen würden. Und das taten sie. Alle im Felsenhaus feierten ein herrliches Weihnachtsfest! Schon vormittags war die Aufregung so groß, dass die Kinder den Diebstahl im Warenhaus völlig vergessen hatten. Um ein Uhr setzte sich die ganze
Familie
zum
Fanny
hatte
den
Weihnachtsessen. Tisch -33
sehr
Tante hübsch
geschmückt und ein köstliches Festmahl aus gebrate nem Truthahn mit Kastanienfüllung, gerösteten Kartoffeln, Rosenkohl
und
Bratensoße
gekocht,
gefolgt
von
Weihnachtspudding und Minzekuchen. Richard nahm sich dreimal vom Truthahn! »Wenn du noch mehr isst, wirst du schreckliche Bauchschmerzen bekommen!«, warnte Georg ihn streng - und lehnte sich rüber, um die Hälfte seines Weihnachtspuddings von seinem Teller auf den ihren zu befördern. Nach dem Essen durften sie endlich ihre Geschenke auspacken und alle waren glücklich, lachten und redeten durcheinander. Onkel Quentin bekam ein neues Jackett und Tante Fanny einen sehr hübschen Morgenmantel. Die Kinder waren begeistert: Georg bekam ein schönes Paar Ruder für ihr Boot, Julius ein dickes Buch, das er schon lange lesen wollte, Richard einen Fußball und Anne ein paar hübsche Kleider für ihre Puppe. Sie bewunderten gegenseitig ihre Geschenke, und dann machten die Kinder einen Spaziergang am Meer, um etwas frische Luft zu schnappen. Niemand hatte nach dem reichhaltigen Festmahl am Abend noch großen Hunger. Deshalb aßen sie nur wenig und dann -34
spielten sie den ganzen Abend Scrabble. Sie gingen müde, aber sehr glücklich ins Bett. »Ich glaube nicht, dass ich morgen irgendwas essen will«, war das Letzte, was Richard zu seinem Bruder sagte, bevor er einschlief. Doch seltsamerweise wollte er es doch! Das Wetter am ersten Weihnachtstag war herrlich kalt, aber klar -und die Kinder verbrachten den ganzen Morgen draußen. Sie spielten im Garten und liefen am Strand um die Wette. Zur Mittagszeit hatten sie also großen Appetit auf kalten Truthahn und Schinken mit knusprigen Bratkartoffeln und viel Salat. Als Tante Fanny am nächsten Morgen die Überreste des Truthahns betrachtete, war kaum noch etwas davon da - und die Speisekammer war auch schon ziemlich leer. Wie gut war es daher, dass die Läden am 27. Dezember wieder öffneten! Tante Fanny schrieb eine Einkaufsliste und bat die Kinder, für sie im Dorf die Besorgungen zu machen. »Dies sind die Dinge, die wir brauchen«, sagte sie und gab ihnen die Liste. »Eier, Obst, Gemüse ... ich habe alles aufgeschrieben. Ich denke, ihr nehmt lieber zusätzlich noch zwei Körbe mit. In eure Satteltaschen wird nicht alles hineinpassen.« -35
Also machten sich die Fünf Freunde auf, um ins Dorf zu fahren - oder zu laufen, wie in Tims Fall. Die Kinder genossen immer eine Fahrradtour, solange es nicht reg nete und auf dem Weg kein Schneematsch lag. Als sie ins Dorf kamen, erledigte Georg die Einkäufe für ihre Mutter, und die Jungen trugen die Körbe. Anne hatte nicht viel zu tun, also spazierte sie herum und nahm da bei hin und wieder ihren kleinen Teddybären aus der Tasche. Sie sprach mit ihm oder zeigte ihn Tim. »Sieh mal, Tim - wie findest du meinen Bären? Wie soll ich ihn nennen? Ich glaube, ich nenne ihn einfach Blaubär!« Plötzlich sagte eine leise Stimme hinter Anne: »Was für ein hübscher Bär! Darf ich ihn mal sehen?« Anne drehte sich um und sah eine junge Frau, die sie anlächelte. Die Augen der Frau waren traurig und sie streckte die Hand nach dem Bären aus. Anne gab ihn ihr und bemerkte, dass die Augen der Frau jetzt vor Aufregung aufblitzten. Sie schien den Bauch des Baren mit den Fingern abzutasten. »Mein liebes Kind - ich frage mich, ob du mir wohl diesen Bären geben könntest?«, fragte die Frau atemlos. »Ich würde ihn dir bezahlen - gut bezahlen! Weißt du, -36
ich hätte ihn gern für meinen kleinen Sohn. Er liegt krank im Bett, und ich bin sicher, dass der Bär ihn auf muntern würde!« In ihren Zügen lag jetzt ein bittender Ausdruck. Diese unerwartete Frage hatte Anne überrascht, aber sie war ein gutmütiges Kind und wollte gerade einwilligen, als plötzlich eine Hand über ihre Schulter griff und der Frau den Bären wegnahm.
Das Geheimnis des Blaubären
»Es tut mir schrecklich Leid«, sagte Georg höflich, aber bestimmt, »aber meine Kusine hat nur diesen Bären zu Weihnachten bekommen! Wenn Sie einen solchen Bären haben möchten, sollten Sie zum Warenhaus von Herrn Milz gehen. Ich bin sicher, dass man Ihnen einen bestel len wird, und ich glaube nicht, dass es lange dauern wird, wo die Weihnachtshektik nun vorbei ist. Bitte ver suchen Sie es so!« Die Frau wollte gerade protestieren, aber Georg hörte ihr nicht zu. Sie zog Anne mit sich, hinein in die Menge der Spaziergänger. »Oh Georg!«, sagte Anne. »Warum hast du mir nicht erlaubt, den Bären an diese Dame zu verkaufen? Sie wollte ihn doch bloß für ihren kleinen, kranken Jungen haben!« »Ha!«, schnaubte Georg. »Ich wette, dass sie sich das nur ausgedacht hat! Sie ist uns vom Felsenhaus an ge folgt - habt ihr anderen das nicht bemerkt? Es ist doch -38
wirklich erstaunlich, wie viele Leute sich für diesen kleinen, blauen Teddybären interessieren!« »Was meinst du damit?«, fragte Julius überrascht. »Die Frau ist uns gefolgt?« »Ja - als wir von zu Hause losfuhren, sah ich ein Auto an der Straße stehen. Es fuhr los und folgte uns in einiger Entfernung, ganz langsam, um nicht an uns vorbeizufahren. Es muss den ganzen Weg nach Felsenburg im zweiten Gang gefahren sein! Wegen seines Schneckentempos ist es mir überhaupt erst aufgefallen! Und dann fuhr es schließlich an uns vorbei, als wir ins Dorf reinkamen. Die Frau saß am Steuer. Und dann taucht sie plötzlich wieder auf!« »Aber warum?«, fragte Richard. »Glaubst du, sie ist auch eine von den >Bären-Jägern« »Es sieht auf jeden Fall so aus. Und ich glaube, dass der dunkelhaarige Mann, der Bob Heiligabend Fragen gestellt hat, auch hinter den Baren her ist. Wisst ihr noch, wie er unbedingt wissen wollte, wie viele Bären es waren? Und wie neugierig er war, als er erfahren hatte, dass Anne einen hatte - den einzigen Bären, der nicht gestohlen worden war?« Anne machte ein verblüfftes Gesicht. »Du meine -39
Güte!«, sagte sie. »Ja, jetzt verstehe ich! Blaubär ist der Einzige, der noch übrig ist - und darum wollte die Frau ihn unbedingt haben!« »Nun, das ist deine eigene Schuld«, blaffte Richard. »Du hast ja diesem Reporter nur zu willig deine Adresse gegeben - wenn er überhaupt ein Reporter war! Ich wette, er ist ebenso wenig Reporter, wie ich einer bin. Vermutlich hat er der Frau gesagt, sie solle vor dem Fel senhaus warten und uns beschatten, um dann Anne zu bearbeiten, bis sie den Bären rausrückt!« Anne schaute beschämt drein. »Und wenn Georg nicht gewesen wäre, hätte sie es auch geschafft«, sagte Julius. Georg sah nachdenklich aus. »Also, diesmal ist es den Dieben nicht gelungen, Annes Blaubären zu be kommen. Aber ich bin sicher, dass sie es wieder versu chen werden«, sagte sie. »Sind wir nicht ein wenig vorschnell?«, fragte Ri chard. »Wir können uns diese Dinge ja auch alle einbil den. Ja, es gab einen Einbruch im Laden, das stimmt. Und jemand hat Julias Weihnachtsbaum gestohlen, auch das stimmt. Aber vielleicht liegen wir falsch, wenn wir glauben, dass die Diebe vor allem hinter den -40
Teddybären her sind. Und diese Frau könnte ja auch die Wahrheit gesagt haben!« Georg sah ihn ungeduldig an. »Du willst also Be weise, Richard?«, fragte sie. »Na gut, du wirst sie be kommen! Lasst uns nach Hause fahren und nachsehen, was in dem Blaubär drin steckt!« »Was in ihm steckt?«, fragte Anne überrascht. »Ja! Ich sage euch, was ich glaube: Ich bin sicher, dass einer dieser Teddybären ein Geheimnis birgt. Aber die Diebe haben fünfunddreißig der drei Dutzend Bären, die das Warenhaus bestellt hat - alle Bären, bis auf ei nen! Und wenn sie immer noch versuchen, den sechs unddreißigsten Bären in die Finger zu bekommen nämlich Annes Bären -, dann bedeutet das, dass er der richtige ist! Wir werden den blauen Bären überreden, uns sein Geheimnis preiszugeben.« Schnell erledigten die Kinder ihre restlichen Einkäufe und machten sich dann auf den Weg zurück zum Fel senhaus. Sie waren leicht beunruhigt und drehten sich immer wieder um, während sie dahinradelten, um zu sehen, ob ihnen jemand folgte. Doch kein verdächtiges Auto war zu sehen. Trotzdem schlossen sie das Gartentor vom Felsen -41
haus mit einem Seufzer der Erleichterung hinter sich. Puh! Endlich in Sicherheit! Zunächst einmal trugen die Kinder ihre Einkäufe in die Küche. Dann gingen sie, gefolgt von Tim, in eine ehemalige Speisekammer, die Onkel Quentin für sie zu einem Spielzimmer umfunktioniert hatte. Sie lag genau am anderen Ende des Hauses und weit von seinem Ar beitszimmer entfernt! Onkel Quentin konnte keinen Lärm ertragen, wenn er arbeitete. Als er gehört hatte, dass Julius, Richard und Anne über Weihnachten kommen wollten, hatte er sofort kombiniert, dass die vier Kinder nicht so viel würden draußen spielen können wie im Sommer. Also war er der Meinung, dass er ihnen am besten ein Zimmer her richtete, wo sie so viel schreien und lachen konnten, wie sie wollten, und ihn trotzdem nicht störten! Das war eine Lösung, die jeden zufrieden stellte. Als die Kinder allein waren, nahm Anne ihren Blaubär aus der Tasche. »Wau!«, machte Tim interessiert. »Es ist ein ziemlich kleines Plüschtier«, sagte Richard und nahm den Bären in die Hand. »Ich wüsste nicht, was man darin verstecken sollte.« -42
»Vielleicht einen wertvollen Diamanten?«, schlug Anne vor. »Oder einen Zettel«, sagte Georg, die nun den Bären nahm und ihn befühlte. »Wartet mal - ja, wenn ich fest drücke, kann ich wirklich etwas wie Papier fühlen, das in dem Bären knistert!« »Also, lasst uns nachsehen«, sagte Julius und zog sein schönes, neues Taschenmesser hervor, das er bei Julias Party bekommen hatte. »Jetzt geht's los. Julius Kirrin, der weltberühmte Chirurg, wird nun eine atemberaubende Operation durchführen!« Doch in der Eile ließ Julius den Bären fallen. Sowohl Richard als auch Georg streckten die Hand aus, um ihn zu fangen - und ihre Hände stießen zusammen und schlugen den Bär wieder in die Luft! Tim fand, dass dies aussah wie ein tolles Ballspiel, und er konnte der Versuchung nicht widerstehen mit zuspielen. Er sprang auf und fing den Bären mit dem Maul. »Oh,
mein
Bär!«,
schrie
Anne
auf.
»Lass ihn fallen, Tim!«, befahl Georg. Sie griff Tim am Halsband, und Richard versuchte, ihm das Plüschtier abzunehmen. Doch Tim, der glaubte, dass das alles -43
zum Spiel gehörte, öffnete sein Maul keinen Millimeter. Er hielt den Bären sogar noch fester und knurrte zum Spaß, als wollte er sagen, dass er seine Trophäe gegen alle Welt verteidigen werde. »Das reicht jetzt, Tim!«, sagte Georg streng, »Lass los! Gib ihn mir!« Doch es war zu spät! Richard und Tim zerrten beide so fest an dem Bären, dass irgendetwas nachgeben musste. Die Naht am Rücken des Bären riss plötzlich auf. Überrascht ließ Tim endlich los und Richard hob den blauen Bären hoch. Die vier Kinder beugten sich darü ber, um die offene Naht zu betrachten. Sie konnten nichts sehen, außer einer Menge Watte. Dann steckte Anne ihren kleinen Finger in den Spalt. »Oh, ich kann etwas fühlen!«, sagte sie. Julius drückte vorsichtig die Ränder der offenen Naht auseinander, drehte den Bären herum - und ein kleines Stück Papier fiel in seine offene rechte Hand. Einen Moment lang starrten die Kinder ihren Fund an. Der Bär hatte ihnen sein Geheimnis verraten! »Also, das ist ein ziemlich gutes Versteck«, sagte Georg schließlich. »Jetzt wollen wir herausfinden, was das für ein Papier ist!« -45
Julius faltete es bereits auf. Georg, Richard und Anne beobachteten ihn stumm und gespannt. Julius glättete das Papier und dann beugten sich alle darüber. Sie sahen mehrere Rechtecke, die sorgfältig mit schwarzer Tinte auf das Papier gemalt worden waren. Die Linien bildeten eine zusammenhängende Zeich nung, in die ein paar Zahlen und Buchstaben hineinge schrieben worden waren. »Das ist ein Plan!«, rief Richard aufgeregt. »Hinter diesem Papier waren sie also her«, meinte Julius nachdenklich. Niemand fragte, wer »sie« waren. Alle wussten, dass Julius die Diebe meinte, die den Weihnachtsbaum bei Julias Party gestohlen hatten und auch in das Waren haus eingebrochen hatten. »Wir hatten also Recht!«, sagte Georg zufrieden. »Glaubst du mir jetzt, Richard? Die Diebe waren wirklich hinter Annes Blaubären her!« »Armer kleiner Bär«, seufzte Anne traurig. »Er sieht so aus, als hätte ihn jemand von hinten erstochen.« »Das ist bald repariert, Anne«, sagte Georg mit einem schnellen Blick auf das Plüschtier. »Es ist ja nur die Naht. Du weißt doch, wie gut du nähen, kannst - hol -46
Nadel und Faden und dann hast du deinen kleinen Freund bald geheilt!« Während Anne ihren kleinen Bären wieder flickte, sa hen sich Georg und die Jungs den Plan genauer an. Es war eigentlich ein recht enttäuschender Fund. Richard sprach es als Erster aus. »Das ist ein Plan, ja - aber ein Plan wovon? Diese Zeichnung sagt mir überhaupt nichts! Wir haben keine Ahnung, worum es da geht, und wir haben auch keinen einzigen Hinweis, der uns weiterhelfen könnte!« »Aber wir geben noch nicht auf«, sagte Julius. »Viel leicht ist es der Plan von einem Haus -« »Oder vielleicht zeigt er das Versteck eines Schatzes auf einer einsamen Insel!«, schlug Georg vor, deren Phantasie gern einmal mit ihr durchging. In diesem Augenblick rief Tante Fanny aus der Küche nach ihnen. »Essen ist fertig, Kinder!« Anne schnitt den Faden ab. »So!«, sagte sie und be trachtete ihre Arbeit. »Das wäre erledigt - und Blaubär ist so gut wie neu!« »Wir können uns den Plan nachher noch mal genau ansehen«, sagte Richard. »In der Zwischenzeit sollten wir ihn verstecken. Aber wo? Was meint ihr?« -47
»Wuff!«, machte Tim, wie um Richards Frage zu be antworten. »Ja, mein lieber Tim, das ist eine sehr gute Idee!«, lachte Georg. »Tim sagt, wir sollten ihm den Plan geben - in seiner Hundehütte ist er vollkommen sicher.« Sie lief los, um einen Umschlag und ein paar Reiß zwecken zu holen. Dann legte sie den Plan in den Umschlag und befestigte ihn mit den Reißzwecken an der Innenseite der Hundehütte. »Und jetzt sollten wir uns beeilen«, sagte Georg. »Mein Vater mag es gar nicht, wenn wir zu spät zum Essen kommen.« Doch glücklicherweise kam Onkel Quentin heute selbst später zum Essen, sodass die Kinder nicht ausgeschimpft
wurden.
Und
mit
dem.
Gefühl,
gegenüber ihren geheimnisvollen Gegnern im Vorteil zu sein, langten sie mit gutem Appetit zu!
Noch ein Diebstahl
Das Wetter war am Nachmittag immer noch schön. Die Fünf Freunde hätten sich zwar Schnee gewünscht, doch dafür gab es keine Anzeichen. Der Tag war klar, hell und trocken, und sie wollten die Gelegenheit nutzen, viel an der frischen Luft zu sein. »Lasst uns doch das schöne Wetter nutzen und mit dem Fahrrad eine Runde drehen«, schlug Georg vor. »Wir können auch noch heute Abend über diesem Plan brüten - wir haben keine Eile!« Anne wollte sich nicht von Blaubär trennen, darum steckte sie ihn in die Satteltasche ihres Fahrrades. Julius schüttelte zweifelnd den Kopf. »Glaubst du nicht, dass es ein wenig riskant ist, ihn mitzunehmen?«, fragte er. »Sie haben schon einmal ver sucht, ihn dir abzunehmen ...« »Ja, und jetzt wird Blaubär einen sehr guten Lockvogel abgeben«, gab Georg zu bedenken. »Wir brauchen ihn nur im Auge zu behalten - und mit ein wenig Glück -49
ertappen wir unsere Freunde auf frischer Tat! Dann wissen wir, wer sie sind.« »Eine gute Idee!«, sagte Anne. »Wir brauchen ihn nur gut zu bewachen - obwohl das natürlich niemand merken darf.« »Ich hoffe, die Diebe springen auf den Lockvogel an«, schaltete sich Richard ein. »Dann folgen wir ihnen zu ihrem Versteck und sagen es der Polizei und dann werden sie gefasst und -« »So weit sind wir noch nicht, Quasselstrippe!«, unterbrach Julius seinen jüngeren Bruder und stieg auf das Fahrrad. »Los, kommt! Machen wir eine Wettfahrt bis zum Wald!« Als sie den kleinen Wald auf der anderen Seite des Dorfes erreicht hatten, hielten die Kinder an, um Luft zu holen und sich auszuruhen. Aber es war einfach zu kalt, um lange herumzustehen, also fuhren sie bald weiter. Auf dem Rückweg wollte Anne anhalten und in ei nen hübschen, kleinen Laden gehen, der gerade erst eröffnet worden war. Er wurde von einem geschäfts tüchtigen Mann geführt, der hübsche Holzschalen schnitzte und sie in seinem Laden verkaufte. -50
Die Kinder ließen ihre Fahrräder draußen vor dem Laden stehen und gingen mit Tim hinein. Sie bewunderten die vielen, schönen Sachen, die der Mann geschnitzt hatte: Salatschüsseln, Löffel und Gabeln, Spielzeug und Puppen, Halsketten und so weiter. Julius kaufte eine kleine, hölzerne Schale als Geschenk für Tante Fanny. Die Kinder verließen den Laden wieder - und sobald sie draußen standen, erkannte Anne, dass sich jemand an ihrem Fahrrad zu schaffen gemacht hatte. Die Satteltasche stand weit offen! »Oh!«, rief sie. »Blaubär!« Sie durchsuchte die Satteltasche, aber es war sinnlos: Das kleine Stofftier war verschwunden, einfach gestohlen worden. Georg biss sich verärgert auf die Unterlippe. »Das ist meine Schuld!«, sagte sie. »Ich habe als Erste gesagt, dass wir auf jeden achten sollten, der versucht, diesen Bären zu stehlen - und dann habe ich es gleich wieder vergessen! Irgendjemand muss uns nachspioniert haben. Vielleicht ist man uns vom Felsenhaus gefolgt! Oh, Mist - warum habe ich Tim nicht als Wache bei den Fahrrädern gelassen?« -51
»Wir sind alle schuld«, sagte Julius. »Aber wer hätte auch gedacht, dass sich jemand die Mühe machen wür de, uns den ganzen Weg zu folgen? Ich habe nichts Ver dächtiges gesehen!« »Ich auch nicht«, stimmte Richard zu. Auch Georg und Anne hatten nichts bemerkt. Aber als sie länger darüber nachdachte, erinnerte sich Georg an ein Motorrad, das in der Nähe angehalten hatte, als sie im Laden waren. »Das muss der Dieb gewesen sein«, sagte sie düster. »Oh, warum war ich nur so nachlässig!« Den Fünf Freunden passierte normalerweise keine solche Dummheit - darum gelang es ihnen auch so oft, die kompliziertesten Rätsel zu lösen. Doch der Dieb stahl von Annes Teddybären war ganz besonders ärger lich, weil er den Kindern jede Möglichkeit zunichte gemacht hatte, die Fährte zu ihren Feinden aufzu nehmen. »Was sollen wir jetzt tun?«, wollte Julius wissen. »Wir werden zur Polizei gehen«, schlug Anne vor. »Immerhin ist mein Teddybär gestohlen worden!« »Zur Polizei gehen?«, fragte Richard. »Und was wollen wir ihnen sagen? Dass jemand ein Stofftier gestoh -52
len hat, das etwa fünf Mark wert ist? Sie würden dich nur auslachen, Anne!« »Sie werden nicht lachen, wenn wir ihnen von unse rem Verdacht erzählen und ihnen den Plan zeigen!«, widersprach Anne. »Aber wir wollen ihnen nichts von dem Plan erzäh len!«, protestierte Georg. »Dann müssten wir ihn der Polizei nämlich aushändigen, und der Himmel weiß, wann wir ihn je wiederbekommen würden. Falls wir ihn überhaupt bekämen! Schließlich gehört er dir, Anne, da er ja in deinem Bären steckte. Und was unseren Verdacht angeht, habe ich das scheußliche Gefühl, dass die Polizei ihn nicht sehr ernst nehmen würde.« Vielleicht waren Georgs Argumente nicht sehr über zeugend, doch die Geschwister wollten auch gar nicht überzeugt werden! Sie hatten alle das Gefühl, dass das Geheimnis des Teddybären eigentlich ihr Geheimnis war, und sie wollten es ganz allein lösen. Das einzige Problem war, dass die Aussichten dafür im Moment nicht sehr gut standen! Die Kinder blieben noch eine Weile an der Straße stehen und besprachen die Situation, bevor sie wieder
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aufbrechen wollten. Und plötzlich hellte sich Georgs Miene auf. »Hört mal - es ist doch gar nicht so schlimm«, sagte sie. »Mir ist eben etwas eingefallen. Unsere Verbindung mit dem Dieb ist noch nicht abge brochen. Wer auch immer Blaubär gestohlen hat, wird vermutlich gerade in diesem Moment in seinen Bauch gucken - genau wie wir heute Morgen!« »Ja, natürlich«, sagte Richard düster. »Und er wird bald erkennen, dass die Naht am Rü cken schon einmal offen war und wieder genäht wur de«, fuhr Georg fort. »Na und?« »Oh ja - ich verstehe!«, fiel jetzt auch Julius ein. »Der Dieb wird den Bären öffnen und -« »Und wenn er in seinem Inneren sucht, wird er nichts finden!«, beendete Georg den Satz ihres älteren Vetters. »Also wird er daraus schließen, dass wir das, was in dem Bären versteckt war, gefunden haben und noch besitzen!« »Ja, daran habe ich gar nicht gedacht!«, rief Anne froh. »Der Dieb wird uns schon bald wieder verfolgen -und wenn wir die Augen diesmal besser offen halten, sollten wir ihn wirklich ertappen!« -54
Doch Georg sah schon wieder weniger froh aus. Sie runzelte die Stirn, während sie ihre Gedanken laut aus sprach. »Es gibt nur ein kleines Problem«, sagte sie. »Wenn er nicht das Felsenhaus von oben bis unten durchsuchen will - und ich wüsste nicht, wie er das bewerkstelligen sollte -, weiß ich nicht, wie er den Plan in die Finger be kommen will.« »Allerdings!« Auch Julius hörte sich plötzlich besorgt an. »Wenn er nun einen von uns entführen will, damit wir ihm - oder ihr - die Information aushändigen? Was ist dann zu tun?« Richard biss die Zähne aufeinander und sah sehr ent schlossen aus. »Wir müssen eben alle dicht zusammenbleiben und zusehen, dass wir nicht getrennt werden!«, schlug er vor. »Und mit einem Beschützer wie Tim sollten wir ei gentlich sicher sein!« »Vielleicht wird der Dieb von Blaubär uns auch anrufen oder uns schreiben«, schlug Anne vor und sah ihre Brüder an. »Ich frage mich nur, wie er uns dazu bringen will, ihm den Plan zu geben«, sagte Georg. »Aber ich stimme -55
euch zu - er wird auf jeden Fall Kontakt zu uns aufneh men. Und dann liegt es einzig und allein an uns, ihn zu überlisten!« Erleichtert fuhren die Fünf Freunde zum Felsenhaus zurück.
Doch obwohl die Kinder gespannt darauf warteten, dass etwas geschah, passierte am nächsten Tag überhaupt nichts. Und sosehr die Fünf Freunde auch versuchten, den Plan zu verstehen - er blieb ihnen doch ein Rätsel, Am Nachmittag des 29. Dezembers schien die Sonne so hell, dass die Kinder und Tim zum Strand hinunter gingen, um mit dem Ball zu spielen. Das Meer war ruhig und der Sand fühlte sich in der Sonne richtig warm an. Sie brauchten nicht mal ihre Winterjacken! Niemand war sonst noch am Strand, also konnten sie so laut schreien, wie sie wollten. Auch Tim spielte mit, lief pausenlos hinter dem Ball her und stupste ihn mit der Schnauze an, wann immer er ihn zu fassen bekam. Es sah so komisch aus, wie er so unermüdlich herumsprang, dass die Kinder viel lachen mussten. -56
Sie waren so in ihr Spiel vertieft, dass niemand das Geräusch eines Motorrades hörte, das abrupt auf der Straße über dem Strand anhielt. Tim erkannte als Erster, dass sie nicht länger allein waren. Er war normalerweise ein sehr freundlicher Hund, auch Fremden gegenüber - aber heute hörte er aus irgendeinem Grund sofort auf zu spielen und stand
mit
aufgestelltem
Schwanz
und
durchgedrückten Beinen da, zeigte die Zähne und knurrte leise vor sich hin. Überrascht drehte sich Georg um - und sah jeman den nur einige Meter entfernt vor sich stehen.
Der Motorradfahrer
Der Motorradfahrer, der sich den Kindern näherte, be wegte sich wie ein junger Mann und sah auch so aus. Man konnte allerdings nicht viel erkennen - er trug hohe Stiefel und einen Motorradhelm mit getöntem Visier. Außerdem trug er einen Schal um Hals und Kinn. Er wirkte irgendwie ziemlich unheimlich - vielleicht, weil man sein Gesicht nicht sehen konnte. Und dann war da Tims ungewöhnliches Benehmen - sein Instinkt trog ihn nie, wie die vier Kinder sehr wohl wussten. Auch das beunruhigte sie. Anne stellte sich dichter an Julius heran, als wolle sie, dass er sie beschütze. Richard, der gerade den Ball wer fen wollte, senkte den Arm. Er wusste nicht, was er tun sollte. »Hallo, Kinder!«, sagte der Neuankömmling und kam noch näher heran. »Genießt ihr die Sonne?« Er sprach mit künstlich jovialer Stimme. Das gefiel den Kindern überhaupt nicht. -58
»Ja«, sagte Richard barsch. »Es ist ein schöner Tag, also -« »Also, wo ist der Zettel?«, unterbrach ihn der Fremde grob. Richard war überrascht und deshalb antwortete Ju lius für ihn: »Zettel? Was für ein Zettel?« »Ihr braucht gar nicht so zu tun - ihr wisst sehr gut, was ich meine! Der Zettel, den ihr in dem Bären gefun den habt.« Die Stimme des Motorradfahrers klang jetzt unwirsch. Georg mischte sich tapfer ein. »Wir wissen nicht, wo von Sie reden«, sagte sie mit fester Stimme. »Und was den Bären meiner Kusine angeht, so hat ihn ein elender, gemeiner Dieb gestern gestohlen. Wenn Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie nur Anne hier! Es war ihr Bär und die Arme ist immer noch sehr traurig!« Sie deutete auf Anne, die ängstlich nickte. Der Motor radfahrer blickte Georg fest an. »Jetzt hör mir mal zu, mein Junge!«, sagte er, weil er Georg für einen Jungen hielt. »Du hast ein schnelles Mundwerk, aber diese Geschichte nehme ich dir nicht ab, also glaub nicht, dass du mich reinlegen kannst! Vielleicht wurde der Bär gestohlen, aber der Plan -59
war nicht mehr drin, also bedeutet das, dass ihr ihn habt!« Georg und Richard tauschten bedeutungsvolle Bli cke. Dieser junge Mann redete zu viel und hatte sich ge rade verraten! Wenn er wusste, dass der Bär leer war, dann konnte das nur bedeuten, dass entweder er selbst oder ein Komplize von ihm ihn gestohlen hatte. Und er hatte »Plan« gesagt, nicht nur »Zettel« - also war die seltsame Zeichnung wirklich ein Plan. Die Kinder hatten sich das schon gedacht, doch bis jetzt waren sie nicht ganz sicher gewesen. Hier standen sie also vor einem der Feinde. Sie hatten gehofft,
den
Gaunern
zu
begegnen,
die
die
Teddybären gestohlen hatten, und nun war es so weit! Das Wichtigste war jetzt, sich schlau zu verhalten und den Vorteil zu nutzen. Doch Tim war nur ein Hund, wenn auch ein sehr in telligenter Hund, und er handelte aus reinem Instinkt heraus. Alles, was er wusste, war, dass hier ein bedroh licher Fremder am Strand war - und sein Instinkt sagte ihm, dass es seine Pflicht als guter Hund war, diesen Mann zu vertreiben. -60
Also griff Tim an! Bevor der Mann wusste, wie ihm geschah, hatten sich die Zähne des Hundes in sein Bein gegraben. Er hatte Glück, denn sein dicker Lederstiefel schützte ihn vor schweren Verletzungen. Der Motor radfahrer war wütend. »Du Miststück!«, brüllte er. Und er zog eine Stahlrute, an deren Ende eine fast tennisball große Metallkugel hing, aus seiner Tasche. Damit traf er Tim am Kopf. Der Hund wurde ohnmächtig und fiel lautlos zu Boden. Reglos lag er da. »Tim!«, schrie Georg und fiel neben ihn auf die Knie. »Wie können Sie es wagen, meinen Hund zu schla gen?«, fuhr sie den Mann an. »Wenn Sie ihn getötet haben, wird es Ihnen Leid tun!« »Reg dich ab!«, sagte der Mann. »Und hör auf, so zu brüllen, sonst bekommst du auch eins über die Rübe!« Julius und Richard, die vor Wut kochten, traten beide einen Schritt vor. »Und ihr anderen seid auch still!«, be fahl der Mann ihnen. Er hielt ihnen die Stahlrute vor das Gesicht. »Ich bin hier nicht zum Spielen hergekom men - ich will euch ein paar Fragen stellen. Also noch mal: Was habt ihr mit dem Zettel gemacht, den ihr in dem Plüschbären gefunden habt?« -62
Die Jungs sagten nichts. Georg, die sich nicht mehr darum scherte, was um sie herum passierte, schöpfte etwas Wasser aus einer Pfütze im Felsen und sprenkelte es über Tims Nase. Die arme kleine Anne schnüffelte und versuchte, nicht zu weinen - und im nächsten Augenblick wandte sich der Motorradfahrer an sie. »Da deine Freunde nicht reden wollen, wirst du mir jetzt sagen, was ich wissen will, kleines Mädchen. Und sag mir die Wahrheit! Also, wo ist das Papier?« Anne sah sich verzweifelt um - doch kein Erwachsener war in der Nähe, der ihnen zu Hilfe kommen konnte. Sie zitterte. »Ich - ich habe das Papier nicht!«, stammelte sie. »Ich meine, wir haben es nicht hier, es - es ist versteckt im Haus meines Onkels!« Und sie nahm all ihren Mut zusammen, hob herausfordernd das Kinn und fügte hinzu: »Auch wenn Sie im Felsenhaus einbrechen und alles durchsuchen, werden Sie es niemals finden! Es ist viel zu gut versteckt!« Die arme Anne! Sie glaubte, jetzt würde der Mann aufgeben und es gäbe keine Gefahr mehr für das Fel senhaus oder seine Bewohner. Wie entsetzt war sie, als der Motorradfahrer nur laut los lachte. -63
»Ha, ha, ha - das war gut!«, sagte er sarkastisch. »Glaubst du wirklich, dass ich mich der Gefahr aus setze, gefasst zu werden? Köstlich!« Dann wurde er plötzlich wieder ernst - und er klang gefährlich. »Nein, nein - ihr Kinder werdet schön brav sein und mir diesen Zettel geben. Und zwar schnell! Ich gebe euch Zeit bis morgen. Bis zwölf Uhr mittags müsst ihr den Plan hier an den Strand bringen - legt ihn unter diesen Stein.« Und er schwang wieder seine Stahlrute und fügte hinzu: »Und wenn ihr nur ein Wort darüber gegenüber der Polizei oder euren Eltern erwähnt, dann wird es euch Leid tun! Aber noch schlimmer wird es für euch, wenn ihr den Plan nicht rausrückt. Oh ja, dann wird es euch sehr Leid tun!« Er klang zwar etwas melodramatisch, doch trotzdem waren sich die Kinder sicher, dass die Drohung kein Witz war. Der Motorradfahrer meinte, was er sagte - er machte keinen Spaß! »Also, habt ihr verstanden?«, fragte er. »Ja!«, sagte Richard. »Sie bekommen Ihren Plan - und ich hoffe, Sie ersticken daran!«, fügte er leise hinzu. -64
Der Motorradfahrer steckte seine Stahlrute wieder in die Tasche. »Zwölf Uhr, morgen Mittag. Vergesst das nicht!«, wiederholte er. Dann drehte er sich um und ging den Weg zum Strand zurück zur Straße. Julius, Richard und Anne sa hen ihm nach. Georg kniete immer noch neben dem ar men Tim, der ganz langsam wieder zu Bewusstsein kam. »Oh ja, er bekommt seinen Plan!«, murmelte sie grim mig. »Und er wird ihm viel nützen - weil er nichts wert sein wird.« Richard wandte sich verwirrt zu ihr um. »Was meinst du damit, Georg?« »Ich meine natürlich, dass wir ihm einen falschen Plan geben werden!«, sagte sie. »Du glaubst doch nicht, dass ich so dumm bin, ihm den richtigen zu geben, oder?« »Hört doch!«, unterbrach Anne. Oben auf der Straße vernahmen sie, wie ein Motorrad gestartet wurde. »Also war seine Motorradkluft keine Verkleidung«, sagte Richard. »Ich dachte, sie wäre es, aber er fährt offenbar wirklich Motorrad.« -65
Die vier Kinder hatten keine Lust mehr weiterzu spielen und Georg wollte Tim zurück ins Felsenhaus bringen. Ihr armer Hund brauchte ein gutes Essen und einen langen Schlaf im warmen Haus, bevor er sich wieder besser fühlen würde. »Komm, alter Junge«, sagte sie zu ihm. »Braver, tap ferer Tim! Wenn dieser Mistkerl dich nicht niederge schlagen hätte, hättest du Hackfleisch aus ihm gemacht, stimmt's?« »Und ihn dann zu Frikadellen verarbeitet«, fügte Ri chard lachend hinzu. Zu Hause im Felsenhaus machten die Kinder Tim ein sehr gemütliches Lager in seinem Korb zu Füßen von Georgs Bett und dann hielten sie Kriegsrat. Richard holte den Plan aus der Hundehütte. Er brei tete ihn auf dem Tisch im Spielzimmer aus. »Georg hat gesagt, wir sollten dem Mann einen fal schen Plan geben«, begann er. »Aber er müsste immer noch echt aussehen.« »Ja«, stimmte ihm Julius zu. »Wenn wir bloß irgend einen Plan zeichnen, werden er und seine Freunde sich nicht davon täuschen lassen. Und dann wird er wieder hinter uns her sein.« -66
»Zuerst mal sollten wir, wenn möglich, dieselbe Art von Papier benutzen«, sagte Anne. »Daran habe ich auch schon gedacht!«, lächelte Georg. »Und glücklicherweise ist das ganz leicht dieses Blatt Papier stammt offenbar aus einem Schulheft, wie die, die wir in der Elisabethenschule verwenden. Und ich habe noch ein paar leere Hefte in dieser Schublade. Was den Plan angeht -« »Er muss echt aussehen!«, wiederholte Richard. »Oh, er wird schon echt aussehen. Hört zu - ich habe eine Idee! Wir kopieren diesen Plan, aber spiegelver kehrt!« Richard sah seine Kusine bewundernd an. »Ich muss schon sagen, das ist eine großartige Idee, Georg!«, rief er aus. Julius ging zu dem Plan und nickte. »Ja, das müsste klappen«, sagte er. Er riss ein Blatt Papier aus einem von Georgs Schulheften und ging zum Fenster, wo er genügend Licht zum Kopieren des Plans hatte. Dann holte er ein Stück Pauspapier und einen Bleistift. »Es geht ganz leicht«, sagte er, während er arbeitete. »Viel schwieriger war es, sich das auszudenken. Gut kombiniert, Georg!« -67
Nach ein paar Minuten hatte Julius den ursprüng lichen Plan auf das neue Stück Papier kopiert, aller dings spiegelverkehrt. »So!«, sagte er befriedigt. »Das sieht gut aus - außer, dass es ein falscher Plan ist!« »Ja«, sagte Richard aufgeregt. »Das nenne ich einen Geniestreich! Vielleicht lassen sich die Diebe wirklich überzeugen - aber selbst, wenn sie meinen, da wäre etwas falsch, haben wir immer noch Zeit gewonnen!« »Was ist mit den Zahlen und Buchstaben?«, fragte Anne leise. »Zahlen und Buchstaben?« »Die auf dem Plan! Seht doch - hier stehen ein N und ein S und ein O und ein W! Das muss Norden, Süden, Osten und Westen heißen. Und hier sind auch ein paar Zahlen.« »Mann, die hätte ich fast vergessen!«, bemerkte Ju lius. Er kritzelte ein paar Zahlen auf den spiegelver kehrten Plan, wie sie ihm gerade in den Sinn kamen, und dann fügte er wahllos die Buchstaben hinzu. Nun würde niemand mehr aus dem Plan schlau werden! »Gut«, sagte Georg. »Jetzt müssen wir nur noch da rauf warten, dass der Motorradfahrer ihn abholt. Wir -68
werden ihm natürlich mit den Fahrrädern nicht folgen können - aber zumindest können wir sein Nummern schild aufschreiben. Wer weiß - vielleicht führt es uns zu seinen Kumpanen und hilft uns herauszufinden, was wirklich hinter dem Geheimnis dieser kleinen Ted dybären steckt!«
Ein Ausflug nach Grasau
Am nächsten Morgen gingen die Fünf Freunde gegen zehn Uhr zum Strand. Der Motorradfahrer hatte ihnen befohlen, den Plan bis zwölf Uhr mittags dort hinzu legen, also hörte es sich so an, als würde er selbst nicht vor zwölf Uhr kommen. Doch der kluge Julius sagte, er halte es für besser, wenn sie sich alle so verhielten, als würden sie die ganze Zeit beobachtet. So nahmen sie den für jedermann sichtbaren Weg zum Strand hinunter. Georg trug den falschen Plan, den sie in eine Plastiktüte eingewickelt hatte. Der Strand war verlassen, wie schon am Vortag, und sie legte den »Plan« unter den Felsen. Dann gingen die Kinder gera dewegs zum Felsenhaus zurück. Doch sobald sich das Gartentor hinter den Fünf Freunden geschlossen hatte, rief Georg: »Schnell - be eilt euch!« Und nun setzten sie den zweiten Teil ihres Plans in die Tat um! Sie rannten durch den Garten und aus der Hinterpforte hinaus, die sich zu einem Pfad öff -70
nete, der von hohen Hecken gesäumt wurde. Auch für diesen langen Weg brauchten sie nur einige Minuten, um zurück zur Straße zu gelangen, die am Ufer über dem Strand entlangführte. »Wo können wir uns verstecken?«, fragte Anne. Ein kleiner Wetterschutz befand sich bei der Bus haltestelle und Georg zeigte darauf. »Hinter dem Wetterschutz!«, rief sie. »Der Kerl muss sein Motorrad gestern hier irgendwo abgestellt haben.« Georg hatte Tim befohlen, still zu sein. Geräuschlos folgte der kluge Vierbeiner den Kindern. Es war nicht das erste Mal, dass er nur beobachten durfte. Georg hat te ihn gut erzogen. Eine Weile passierte gar nichts. Dann kam der Zwölf Uhr-Bus die Straße entlang und fuhr geradewegs wei ter ins Dorf, ohne anzuhalten. Die Bushaltestelle wurde nur angefahren, wenn jemand ein- oder aussteigen wollte. »Jetzt müssen wir besonders gut aufpassen!«, er mahnte Richard die anderen. »Es ist zwölf Uhr - unser Freund wird gleich auftauchen!« »Unser Freund?«, wiederholte Julius. »Na ja, Freund oder Feind, wir müssen gut nach ihm -71
Ausschau halten!«, lachte Richard. »Oh, seht doch - da kommt ein Motorrad!« Doch das Motorrad fuhr weiter die Straße entlang. Ein paar Minuten später folgte ein Traktor. Dann kam ein Lastwagen und dann ... »Vorsicht!«, rief Georg. »Da kommt er!« Die Fünf Freunde versteckten sich hinter der Bushal testelle und machten sich so klein wie möglich. Das Geräusch des Motorrads kam näher - und hielt dann an. Die Kinder wagten noch nicht, nachzusehen. Sie warteten einen Moment und schließlich streckte Ri chard den Kopf aus dem Versteck. »Ja, da steht das Motorrad«, flüsterte er. »Er hat es auf der anderen Straßenseite geparkt, genau neben der Klippe über dem Strand. Lasst uns nachsehen, was er macht!« Sie liefen leise über die Straße, dann legte sich Georg flach auf den Bauch. Vorsichtig kroch sie zum Rand der Klippe. Mit einem Blick erkannte sie den Motorradfahrer, der den Pfad zum Strand hinunterging. »Er holt sich den Plan«, berichtete sie den anderen. »Los - wir haben nicht viel Zeit!« -72
Dann ging alles sehr schnell. Während Richard sorgfältig notierte
das und
durchsuchten
Nummernschild Anne
mit
Georg
und
des
Tim Julius
Motorrads
Wache
hielt,
hastig
den
Gepäckträger des Motorrads. Sie hofften, irgendeinen Hinweis darauf zu finden, wer der junge Mann war. Und sie hatten Glück! Julius fand einen Brief mit ei nem Namen und einer Adresse auf dem Umschlag. »Schade, dass der Absender nicht draufsteht!«, murmelte Georg, die die Angaben abschrieb. Doch die Hauptsache war, dass der Brief an Herrn Simon Ruddock, Grasau, ein Dorf in der Nähe von Felsenburg, adressiert war. Julius steckte den Umschlag wieder zurück - gerade noch rechtzeitig! »Wuff«, bellte Tim leise, um sie zu warnen, dass jemand den Pfad entlang kam. »Wuff!« »Vorsicht«, flüsterte Anne gleichzeitig. Sie hatte den Strand beobachtet. »Der Motorradfahrer kommt wieder!« Und die Fünf Freunde zogen sich so schnell wie möglich zurück. Als sie wieder im Felsenhaus waren, steckten sie die Köpfe zusammen. -74
»Besonders viele Informationen haben wir nicht ge funden! «, sagte Julius düster. Manchmal sah er gern al les schwarz. »Das kannst du nicht sagen, Ju!«, rief Georg. »Ich fin de, wir hatten eine Menge Glück! Wenn wir nur die Nummernschild-Kombination hätten, würden wir ver mutlich etwas Zeit brauchen, um herauszufinden, wer der Besitzer ist. Aber dieser Umschlag hat uns seinen Namen und seine Adresse beschert!« Doch Julius schüttelte immer noch den Kopf. »Wir können nicht sicher sein, dass er Simon Ruddock ist. Er könnte auch auf einem gestohlenen oder geliehenen Motorrad fahren und dieser Brief würde dem eigent lichen Besitzer gehören«, erklärte er. »Oh, komm schon, Ju - sei nicht immer so pessimis tisch! Du musst zugeben, dass es viel wahrscheinlicher ist, dass in Wirklichkeit ihm das Motorrad und der Brief gehören!« »Ja, vielleicht«, gab Julius zu. »Also, dann lasst uns einmal davon ausgehen, dass sie ihm gehören«, fuhr Georg fort. »Und wenn wir damit falsch liegen, haben wir immer noch Zeit, unsere Taktik zu ändern.« -75
»Ich glaube, Georg hat Recht«, sagte Richard. Julius nickte. »Ja, lasst uns versuchen, mehr herauszufinden«, meinte Anne mit ernster Stimme. Doch da wurden sie von Tante Fanny unterbrochen, die sie zum Mittagessen rief. Sie mussten ins Esszimmer gehen. »Gut - heute Nachmittag fahren wir nach Grasau«, beschloss Georg, als sie das Spielzimmer verließen. »Das Dorf Hegt nicht weit von Felsenburg entfernt. Es sieht so aus, als würde es anfangen zu nieseln, aber ein bisschen Regen wird uns schon nicht schaden!« Ja, es bedurfte schon mehr als ein paar Regentropfen, um die Fünf Freunde mitten in einem Abenteuer auf zuhalten! Und der Regen hörte bereits früh am Nach mittag auf, kurz bevor sie Grasau erreicht hatten. Der arme Tim war froh darüber - er mochte es gar nicht, wenn sein Fell nass war und seine Pfoten schlammig wurden. Die Kinder ließen ihre Fahrräder kurz vor Grasau stehen und gingen zu Fuß ins Dorf hinein. Da sah Tim einen großen Schäferhund auf sich zukommen. Der fremde Hund beschnüffelte ihn hochnäsig. -76
»Grrr!«, knurrte der Schäferhund. Tim verstand dieses Knurren richtig als: Was macht denn dieser unbekannte Hund in meinem Dorf? Tim antwortete im selben Ton: »Wurf!« - was so viel bedeutete wie: »Wenn du mein Gesicht nicht magst, dann mag ich deins schon lange nicht!« »Grrr! Hässliche Promenadenmischung!«, bellte der andere Hund. Der wütende Tim antwortete mit einer Reihe übler Schimpfworte - natürlich in Hundesprache! Es klang, als wolle er den Schäferhund herausfordern. »Grrrr!« Und bevor Georg erkannte, was passierte, gingen die beiden Hunde aufeinander los. Bald war nur noch ein großer Fellball aus braunen und grauen Haaren zu se hen, der mitten auf der Straße herumwirbelte und ein schreckliches Jaulen von sich gab! Bei diesem Geräusch eilten sogar einige der Dorfbe wohner aus ihren Häusern. Julius ärgerte sich. Er hätte es viel lieber gesehen, wenn die Fünf Freunde auf weniger auffällige Weise im Ort angekommen wären. Georg versuchte, den Hund zu sich zu rufen, aber es war zwecklos. Die beiden kämpfenden Hunde hörten sie -77
nicht einmal! Die Leute versammelten sich und sahen lachend zu. »Ich setze auf den großen Schäferhund!« »Das ist Matts Hund Wolf. Er wird den anderen Hund umbringen, ganz sicher!« »Oh nein!«, schrie die arme Georg entsetzt. »Also, ich setze auf den kleineren Hund«, sagte je mand anderes. »Er ist zäh - und seht doch, wie ent schlossen er ist!« »He, hier kommt Matt!«, rief ein Junge. Und ein großer, kräftiger Mann eilte herbei. »Meine Güte!«, rief er. »Ich habe meinen Wolf noch nie bei einem Kampf verlieren sehen - das ist mit Sicherheit das erste Mal! Also, mir bleibt die Spucke weg!« Und jovial lachend ging der große Mann furchtlos auf die kämpfenden Hunde zu, nahm jedes der beiden Tiere beim Genick und trennte sie. »Ganz ruhig! Jetzt ist Schluss mit dem Kampf!« Georg eilte zu Tim. Matt ging, immer noch lachend, mit seinem eigenen, sich sträubenden Hund davon! Georg untersuchte Tims Verletzungen. Er war nicht so übel zugerichtet, wie sie befürchtet -78
hatte, auch wenn eines seiner Ohren blutete und hier und da ein paar Fellstücke fehlten. »Mach dir keine Sorgen, Georg - er wird es über leben!«, sagte Richard beruhigend. »Wir müssen etwas mit diesem Ohr machen«, sagte Georg besorgt. »Es muss desinfiziert werden. Vielleicht gibt es ja eine Apotheke hier im Dorf.« In diesem Moment kamen zwei Jungen, die den Hun dekampf beobachtet hatten, auf die Kinder zu. Sie lä chelten freundlich. »Können wir euch helfen?«, fragte der größere Junge Georg. »Es war wirklich sehr tapfer von deinem Hund, den großen Schäferhund anzugreifen! Ich heiße Thomas und das hier ist mein Bruder Peter. Wir wohnen ganz in der Nähe - warum kommt ihr nicht mit zu uns nach Hause. Wir holen das Jodspray und säubern die Wunden deines Hundes.« Georg hielt das für eine gute Idee. Thomas' und Peters Eltern waren nicht da, aber die zwei Jungen fanden im Badezimmerschrank, was sie suchten. Tim, der sich in der Hitze des Gefechts so tapfer gezeigt hatte, war ein rechter Feigling, als es um die Desinfizierung seines blutenden Ohres ging, also dauerte es eine Weile. -79
Georg und die drei Geschwister packten jedoch die Gelegenheit beim Schöpf, mehr über das herauszufin den, was sie wissen wollten, und sie stellten ihren neuen Freunden einige Fragen, wobei sie geschickt auf den Motorradfahrer zu sprechen kamen! »Das scheint ein nettes Dorf zu sein«, fing Richard an. »Und die Leute wirken auch sehr nett!« »Ja«, stimmte Georg zu. »Sie waren alle freundlich sogar Matt lächelte, als er sah, wie Tim seinen großen Hund anging!« »Eine Person haben wir allerdings getroffen, die wir nicht so nett fanden«, fügte Julius hinzu. »Ich frage mich, ob ihr ihn wohl kennt? Er saß auf einem Motorrad und fuhr uns beinahe um. Ein ziemlich junger Mann - wir konnten sein Gesicht nicht sehen, aber als er vorbeifuhr, fiel etwas von seinem Motorrad, und wir hoben es auf. Es war ein kleines Paket, das an Simon Ruddock adressiert war. Ich denke, wir sollten ihn besuchen und ihm das Paket zurückgeben.« »Simmy Ruddock?«, rief Peter aus. »Es überrascht mich nicht, dass ihr ihn nicht mögt - das tun wir auch nicht! Er ist grässlich.«
Eine interessante Unterhaltung
»Oh, ihr kennt ihn also?«, fragte Anne eifrig. »Simmy Ruddock, meine ich.« »Jeder in Grasau kennt ihn«, erwiderte Thomas. »Man könnte ihn das schwarze Schaf des Dorfes nen nen! Aber bei ihm zu Hause werdet ihr ihn vermutlich nicht antreffen. Er ist die meiste Zeit unterwegs und führt meist nichts Gutes im Schilde! Er wohnt mit seinem älteren Bruder zusammen - der ist ganz in Ordnung und ärgert sich ziemlich über Simmys Benehmen!« »Wo könnten wir Simmy denn finden?«, wollte Georg wissen. »Na ja«, sagte Thomas, »wenn er nicht mit dem Motorrad durchs Land fährt, findet ihr ihn vermutlich im Grand Cafe an der Hauptstraße. Da vertrödelt er ziemlich viel Zeit.« »An dem Cafe ist nichts grand, außer seinem Namen«, erklärte Peter. »Die übelsten Typen von Grasau
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treffen sich da. Simmy sagt immer, dass er nach einem Job sucht und dass er ins Grand Cafe geht, weil er da vielleicht jemanden trifft, der ihm weiterhilft - obwohl das ziemlich unwahrscheinlich ist! Er jobbt hin und wieder, aber er bleibt nie lange dabei. Mein Vater sagt, dass Simmy gar nicht arbeiten will.« »Wie erkennen wir ihn, wenn er im Grand Cafe ist?«, fragte Julius. »Wir haben ihn bloß in seiner Motorrad kluft gesehen und sein Gesicht war hinter dem getönten Visier verborgen.« »Oh, er hat ein dünnes, blasses Gesicht - und eine schrille, ziemlich hohe Stimme, wie eine quietschende Tür!« Die Kinder lächelten bei dieser Beschreibung. Georg bedankte sich bei Thomas und Peter und die Fünf Freunde machten sich wieder auf den Weg. »Dann lasst uns mal einen Blick auf dieses Grand Cafe werfen«, schlug Julius vor. »Vielleicht sitzt unser Vogel ja da!« »Ein komischer Vogel ist er auf jeden Fall!«, sagte Ri chard. »Wechselt ständig die Arbeit und verbringt den Rest seiner Zeit in einem zwielichtigen Cafe! Ich wäre kein bisschen überrascht, wenn wir herausfinden, dass -82
er mit demjenigen unter einer Decke steckt, der diese Diebstähle begangen hat.« Grasau war kein großes Dorf und besaß nur zwei Cafes. Das Grand Cafe sah schmutzig und heruntergekommen aus und laute Musik kam von drinnen aus der Jukebox. Die Kinder sahen Simmys Motorrad draußen stehen, und sie hielten an, um zu überlegen, was sie als Nächstes tun wollten. »Es hat keinen Sinn, durchs Fenster zu gucken«, sagte Georg nachdenklich. »Wenn Simmy uns sieht, können wir jede Hoffnung aufgeben, noch mehr herauszufin den.« »Warum warten wir nicht hinter einem Auto auf der anderen Straßenseite?«, schlug Richard vor. »Wir wissen, dass er hier drin ist, also wird er irgendwann raus kommen. Und wenn er mit jemand anderem zusammen ist -« »Psst!«, flüsterte Anne. »Da kommt er schon!« Sobald die Kinder den jungen Mann, der aus dem Cafe kam, erblickt hatten, wussten sie, dass er der Richtige war. Es gab keinen Zweifel - dies war der Motorradfahrer mit Helm und Stiefeln, der mit dem falschen Plan davongefahren war! Jetzt trug er seinen Helm in -83
der Hand. Sein Gesicht passte zu der Beschreibung, die Thomas und Peter ihnen gegeben hatten. Und jemand war bei ihm - ein dunkler, dicker Mann von etwa vierzig Jahren, der ihm auf die Straße folgte, Richard erkannte ihn sofort. »Das ist der Mann mit der Sonnenbrille!«, flüsterte er. »Der behauptet hat, er sei Reporter, und der Bob all die se Fragen über den Einbruch im Warenhaus gestellt hat!« Auch Julius, Georg und Anne erkannten ihn. »Das bedeutet, dass die beiden unter einer Decke stecken«, sagte Julius. »Auf jeden Fall sehen sie beide wie Verschwörer aus!« »Zu schade, dass wir nicht verstehen, was sie sa gen!«, seufzte Anne. »Ich habe eine Idee«, flüsterte Georg. »Seht doch - sie stehen neben Simmys Motorrad. Wenn sie noch ein bisschen dableiben, können wir etwas von ihrer Unter haltung mitkriegen.« »Aber wie denn?« »Folgt mir, und ihr werdet schon sehen!«, zischte Georg. Sie duckte sich, damit die parkenden Autos sie ver -84
deckten, und lief gebückt den Bürgersteig bis zum Ende der Straße hinunter. »Jetzt gehen wir vorsichtig auf die andere Seite und dann in diese Straße gegenüber.« Julius, Richard und Anne taten, was Georg befahl, auch wenn sie nicht ganz verstanden, was die Kusine wollte. Sie überquerten die Straße in einiger Entfernung von den beiden Männern, die sich angeregt unterhielten und noch nicht einmal in ihre Richtung blickten. »Und jetzt gehen wir um diese Ecke hier«, sagte Georg, »und diese Gasse führt uns zurück zum Cafe! Es liegt an der Ecke dieses Durchgangs und der Haupt straße. Als wir dort drüben standen, hab ich das gese hen!« Tatsächlich befanden sich die Kinder und Tim bald nur eine Ecke von Simmy und dessen Freund entfernt. Sie blieben stehen und lauschten. Sie konnten die bei den Männer nicht sehen, aber sie konnten eine ganze Menge von dem verstehen, was sie sagten. »Alles in Ordnung, denkst du?«, schnaubte der dicke Mann. Er klang wütend. »Wenn du nicht schon von An fang an alles vermasselt hättest -«
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»Das war nicht meine Schuld, Leo!«, sagte Simmy mit seiner schrillen Stimme. »Red doch leise! Komm hier rüber!« Die Kinder drückten sich an die Mauer, an der sie standen. Aber nun mussten sie enttäuscht zusehen, wie die beiden Männer an ihnen vorbeigingen! »Wir müssen ihnen folgen«, flüsterte Richard. »Viel leicht finden wir noch mehr heraus.« Und noch einmal hatten die Kinder Glück! Simmy und der andere Mann hielten vor einem Baugrundstück an. Auf der einen Seite stand ein Zaun, und dahinter hatte man gerade angefangen, ein Haus zu bauen. Sim my zündete sich eine Zigarette an, sein Freund eine Pfeife, und sie sprachen beide weiter. Wieder schlichen die Fünf Freunde vorsichtig um die Ecke und standen schon bald hinter dem Zaun. Diesmal konnten sie die Männer noch besser verstehen. »Ich sage dir doch, Leo, ich hatte keine Wahl!«, pro testierte Simmy. »Woher sollte ich wissen, dass die Lie ferung so spät kam? Mein Job war gerade zu Ende, als sie geliefert wurden!« »Okay - ich gebe zu, dass das Pech war. Weil du nicht mehr dort gearbeitet hast, mussten wir eine ziemlich -86
riskante Operation durchführen und dann noch einen Einbruch, nur um die Lieferung zu holen! Einfach fürchterlich!« »Na ja, es hat doch alles geklappt das ist doch das Wichtigste«, sagte Simmy. »Sie haben jetzt den Plan! Wenn wir den Instruktionen folgen, werden wir bald die Ware kriegen! Dann brauchen wir sie nur noch außer Landes zu bringen und zu verkaufen - was ein ein trägliches Geschäft sein sollte!« »Vergiss nicht, dass wir Roddys Anteil zur Seite legen
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müssen, damit er was hat, wenn er aus dem Gefängnis kommt.« »Es war eine schlaue Idee von Roddy, den Plan raus zuschmuggeln, indem er ihn in diese kleinen ...« Aber der Wind trug den Rest von Simmys Satz da von. Die Fünf Freunde spitzten die Ohren und konnten nur noch einige wenige Worte der Unterhaltung verste hen. Diesmal sprach der Mann namens Leo. »Um neun Uhr morgen Abend im Rosa Haus und dann werden wir ...« Die beiden Männer waren weitergegangen. Die Fünf Freunde konnten ihnen nicht über das leere Grund stück folgen, ohne das Risiko einzugehen, gesehen zu werden, also mussten sie sie ziehen lassen, Die Dämmerung brach herein, und sie beschlossen, zum Felsenhaus zurückzufahren, wo sie im Warmen sitzen und die Ergebnisse ihres nachmittäglichen Aus flugs besprechen konnten. Sie versammelten sich alle im Zimmer der Jungs, um über die neuen Informationen zu sprechen und einen Schlachtplan auszuarbeiten. Georg ergriff das Wort: »Also - jetzt wissen wir, dass einer der Diebe Simon Ruddock heißt, oder kurz -88
Simmy. Doch es scheint so, als wäre der andere Mann, dessen Vorname Leo ist, sein Boss.« »Außer es ist dieser Mann namens Roddy, von dem sie sprachen«, sagte Julius. »Wir wissen immerhin, dass er irgendwie an allem beteiligt ist!« »Und wir wissen, dass er im Gefängnis sitzt«, fügte Anne hinzu. »Das sind also die Fakten, die wir kennen«, sagte Richard. »Jetzt müssen wir sie mit der Unterhaltung in Übereinstimmung bringen, die wir belauscht haben. Leo war ziemlich böse auf Simmy, weil er irgendwohin gegangen war, bevor eine Lieferung kam. Wo ist er hin gegangen? Und welche Lieferung?« Georg dachte mit gerunzelter Stirn nach. »Ich glaube, ich weiß es!«, sagte sie schließlich. »Leo sprach von ei ner riskanten Operation und dann von einem Einbruch. Er meinte vermutlich, dass der Diebstahl von Julias Weihnachtsbaum eine riskante Operation war - und der Einbruch war bestimmt der im Warenhaus!« »Und natürlich meinte er die Lieferung der Teddybä ren!«, rief Anne aufgeregt aus. »Wir wissen doch, dass sie zu spät kamen - Bob hat es uns erzählt! Und nur die Teddybären wurden gestohlen!« -89
»Ja«, stimmte ihr Julius zu. »Das klingt alles logisch. Simmy muss einen vorübergehenden Job im Waren haus angenommen haben, als vor Weihnachten dort viel zu tun war. Also hatte er geglaubt, dass er den Plan in einem der Teddybären suchen könnte, wenn sie im Laden ankamen. Doch da sie zu spät geliefert wurden, nachdem er seinen Job schon beendet hatte, mussten die Diebe erst die Teddybären am Weihnachtsbaum der Thompsons stehlen und dann, als der Plan in keinem dieser Bären steckte, die Bären aus dem Laden holen!« »Und wie das Schicksal es wollte, war der richtige Bar nicht dabei!«, ergänzte Georg. »Der Plan steckte ausgerechnet in dem Bären, den Julius für Anne gekauft hatte! Also, nun wissen wir auch mit Sicherheit, dass es ein Plan ist, und er führt zu den >Waren<, wie Simmy es genannt hat. Aber was meinte er damit?« »Das können wir nicht mit Sicherheit wissen«, sagte Richard. »Aber er schien über etwas sehr Wertvolles zu reden, wenn sie die Absicht haben, es aus dem Land zu schmuggeln und es im Ausland zu verkaufen. Und er klang so sicher, dass das sehr, sehr viel Geld bringen würde!« »Und vergesst nicht, dass ein Anteil des Gewinns für -90
ihren Komplizen Roddy zurückgelegt werden soll«, er innerte Julius die anderen. »Wenn, ihr mich fragt«, sagte Georg, »ist das nicht nur ein Komplize, sondern der Anführer der Bande, auch wenn er im Moment im Gefängnis steckt! Alles deutet darauf hin, dass er der Kopf der Truppe ist. Ich bin sicher, dass er den Plan gezeichnet hat und die schlaue Idee hatte, ihn den anderen zukommen zu lassen, indem er sie -« »- mit den kleinen Teddybären verschickte!«, rief Anne. »Ja«, stimmte Georg zu. »Aber eine Sache macht mir noch Sorgen. Wenn Roddy im Gefängnis steckt, wie kam er dann an so ein Bärenmaskottchen heran und wie konnte er dieses mit einer Menge anderer Bären an einen Ort schicken, wo seine Freunde es später finden würden?« »Ich weiß!«, rief Richard und schlug sich plötzlich mit der Hand gegen die Stirn. »Ich hatte gerade einen genialen Geistesblitz!« »Bescheiden wie immer«, grinste sein Bruder. »Ich meine es ernst! Hört zu! Gefangene arbeiten, während sie im Gefängnis sind - sie nähen Postsäcke -91
und so weiter, stimmt's? Also, warum sollten sie nicht auch kleine Stofftiere für die Warenhäuser herstellen? Ich wette, dass das die Erklärung ist. Roddy musste bloß seinen Plan in die Füllung eines dieser Stofftiere stecken, das er gerade herstellte. Vermutlich fand er irgendwie heraus, welcher Laden die vielen Bären bestellt hatte, und brachte seine Freunde auf die richtige Spur, um sie zu bekommen!« »Ja, das ist wirklich genial, Richard«, rief Georg. »Ich bin sicher, dass du Recht hast. Aber eigentlich spielt es gar keine Rolle - es ist egal, wie sie es getan haben, auf jeden Fall haben sie es getan! Jetzt müssen wir die Männer daran hindern, sich die >Waren< unter den Nagel zu reißen, hinter denen sie her sind, was auch immer das ist. Also, wir wissen, dass Simmy und Leo sich morgen Abend an einem Ort namens >Rosa Haus< treffen wollen. Vielleicht ist die Ware da! Wir müssen herausfinden, wo sich dieses Rosa Haus befindet, und dann zur gleichen Zeit wie Simmy und Leo zur Stelle sein!« »Wir haben zwar keinen Hinweis darauf, dass es irgendwo in der Nähe liegt«, führte Julius an. »Aber dieser geheime Ort wird bestimmt nicht weit weg sein. Sie haben sich einen guten Tag für ihr Treffen ausge -92
sucht, stimmt's? Morgen ist Silvester und um neun Uhr abends werden nicht viele Leute unterwegs sein. Alle werden entweder zu Hause oder auf einer Party sein, um das neue Jahr zu feiern!« »Mit Ausnahme von uns!«, sagte Georg. »Ich schätze, wir werden später als sonst zu Abend essen - aber um neun Uhr können wir uns problemlos zurückziehen und sagen, dass wir in unserem Spielzimmer Scrabble oder Karten spielen wollen.« »Ja«, sagte Richard, »und dann können wir eine Gele genheit abwarten, um uns davonzustehlen. Onkel Quentin und Tante Fanny werden nicht merken, dass wir weg sind - hoffe ich!« »Erst mal müssen wir herausfinden, wo dieses Rosa Haus ist«, erinnerte Anne sie. »Na ja, dafür haben wir morgen fast den ganzen Tag Zeit«, erwiderte Georg. »Bisher hatten wir Glück - lasst uns hoffen, dass das Glück anhält. Es kann uns doch jetzt nicht im Stich lassen, oder, Tim?« »Wuff!«, versicherte Tim seiner Herrin.
Das »Rosa Haus«
Die Kinder fuhren früh am nächsten Morgen wieder nach Grasau. Es blies ein eisiger Wind und die Fahrradtour machte keinen besonderen Spaß. Als die Kinder ankamen, stellten sie fest, dass sie gar nicht wussten, wie sie ihre Nachforschungen anstellen sollten, ohne Verdacht zu erregen. Wenn Simmy nun selbst Wind von ihren Aktivitäten bekam? Das mussten sie unbedingt vermeiden. Julius hatte schon bald eine gute Idee. »Lasst uns in das andere Cafe gehen!«, sagte er und deutete auf die Konkurrenz des Grand Cafe. Es hieß Zentral. »Wir können uns eine schöne heiße Schokolade bestellen, um uns aufzuwärmen, und gleichzeitig ein paar Fragen stellen.« Also setzten sich die Kinder an einen Tisch im Zentral und blickten sich um. Um diese Uhrzeit waren noch nicht viele Leute im Cafe. Ein blonder Junge arbeitete als Ober. Er sah nett aus und sein Lächeln wirkte offen -94
und ehrlich. Die Kinder hörten, wie ihn jemand »Peter« nannte. Dem Gespräch konnten sie entnehmen, dass er der Sohn des Besitzers war. Als Peter zu ihnen kam, um die Bestellung aufzuneh men, tätschelte er Tims Kopf. »Was für einen hübschen Hund du hast«, sagte er lä chelnd. Tim sah sehr geschmeichelt aus und Georg strahlte Peter an. »Ja, das ist er!«, stimmte sie zu. »Und er ist tapfer und schlau dazu. Natürlich ist er nicht gerade ein schicker Hund!« »Nein, das sehe ich!«, sagte der Junge und lächelte wieder. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er bei irgend]emandem auf dem Schoß sitzt, sich stundenlang kraulen lässt und eine rosa Schleife um den Hals trägt!« Georg hatte plötzlich eine Idee! »Nein«, antwortete sie, »obwohl ich ihm einmal wirklich eine rosa Schleife um den Hals gebunden habe, als wir spielten, und ihm schien es ziemlich gut zu gefallen! Er sah allerdings ziemlich komisch aus. Erinnerst du dich noch daran, Anne? Es war doch eine rosa Schleife, oder? Rosa, wie das Rosa Haus!« -95
Anne nickte heftig zur Bestätigung.
Das war ein gewagter Versuch - doch zu ihrer Freude reagierte Peter. »Du meine Güte, ihr kennt das Rosa Haus?«, fragte er überrascht. »Ihr seid doch gar nicht von hier, oder? Ich glaube, ich habe euch noch nie hier gesehen, oder täusche ich mich?« Richard dachte, es wäre wohl angebracht, einen Teil der Wahrheit zu sagen. »Nein, das stimmt!«, antwortete er lachend. »Wir sind gestern zum ersten Mal hier gewesen und da haben wir jemanden vom Rosa Haus sprechen hören. Meine Kusine ist von diesem Namen richtig fasziniert, das ist alles. Schließlich gibt es nicht so viele Rosa Häuser in dieser Gegend! Aber eigentlich wissen wir kaum etwas darüber.« »Oh, es ist ein ziemlich großes, schönes Haus«, sagte Peter. »Es ist ein altes Haus, das man irgendwann einmal rosa angestrichen hat - daher hat es seinen Namen. Aber richtig bekannt wurde es erst, als man seinen Besitzer ins Gefängnis steckte: Sein Name ist Roddy Gordon!« Die Kinder blickten sich triumphierend an. Ihre Her
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zen schlugen schneller - jetzt waren sie sicher, dass sie den Verbrechern auf der Spur waren! Als
Peter
Schokolade
mit und
den
Bechern
frischen
dampfender
Rosinenbrötchen
zurückkam, nahm Georg die Unterhaltung wieder auf. »Weshalb wurde dieser Gordon eingesperrt?«, fragte sie so ganz nebenbei. »Das ist eine ziemlich interessante Geschichte - ihr habt wirklich noch nichts davon gehört? Von den ge stohlenen Bildern?« Die Kinder schüttelten den Kopf und blickten Peter gespannt an. »Also«, fuhr Peter fort, »vor einem Jahr wurde Gordon der Diebstahl einiger wertvoller Bilder aus einer Londoner Kunstgalerie nachgewiesen und man verur teilte ihn zu vier Jahren Gefängnis. Aber die Bilder selbst wurden nie entdeckt, und er hatte immer abge stritten, sie gestohlen zu haben. Seit er im Gefängnis sitzt, hat niemand mehr in seinem Haus gewohnt.« »Wo liegt denn dieses Haus?«, wollte Anne wissen -es schien ihr der richtige Moment für diese Frage zu sein. Peter erklärte es ihr. Offenbar stand das einsam gelegene Rosa Haus an ei -97
nem Feldweg zwischen Grasau und Felsenburg. Genau das hatten die Kinder gehofft! Das Glück war wirklich auf ihrer Seite! Sie tranken ihren Kakao aus, verabschiedeten sich von Peter und verließen das Cafe. »Wir haben immer noch massenhaft Zeit, um ein paar Nachforschungen anzustellen, bevor es Mittagessen gibt«, sagte Georg. »Und wenn wir das Haus jetzt fin den, brauchen wir am Nachmittag nicht zurückzukom men. Ich denke, je weniger Menschen uns in Grasau se hen, desto besser. Ich möchte Leo oder Simmy nicht auf der Hauptstraße begegnen!« Auf ihrem Weg fragte Anne die anderen: »Glaubt ihr, dass dieser Roddy Gordon die gestohlenen Gemälde irgendwo in seinem Haus versteckt hat? Bevor er einge sperrt wurde, meine ich. Und dass das die > Waren« sind, von denen Leo und Simmy sprachen?« »Ich glaube schon«, antwortete Richard. »Natürlich wird die Polizei das Haus schon durchsucht haben und damit hatte er sicher gerechnet - also muss er die Bilder gut versteckt haben. Aber es sieht so aus, als hätte er keine Zeit gehabt, seinen Komplizen zu erzählen, wo genau er sie versteckte. Jedenfalls hat er offenbar einen -98
Weg gefunden, mit ihnen in Verbindung zu treten, nachdem man ihn ins Gefängnis brachte - und dann schmuggelte er den Plan in deinem blauen Bären nach draußen, Anne.« »Und wenn er aus dem Gefängnis kommt«, meinte Julius, »will er seinen Anteil des Geldes aus dem Ver kauf der Bilder einstecken und ohne Sorgen als reicher Mann leben!« »Nur dass wir das nicht zulassen werden«, sagte Georg. Tim unterstützte sie mit einem lauten »Wuff!« und ei nem leisen Knurren. »Hört euch nur Tim an!«, schmunzelte Richard. »Er sagt, dass Gordon seinem Geld auf Wiedersehen sagen kann - er wird es nicht in die Finger bekommen!« »Wir sollten nicht übermütig werden«, warnte Julius. »Wenn ein Gefangener sich im Gefängnis gut benimmt, wird ihm oft ein Teil seiner Strafe wegen guter Führung erlassen. Vielleicht ist Gordon schon bald wieder drau ßen!« »Also, das ist jetzt ganz egal - seht doch, da ist das Rosa Haus!«, rief Georg. Die Fünf Freunde hielten an. Sogar Tim betrachtete -99
das Haus mit Interesse. Es gab keinen Zweifel: Das war ein auffallend rosafarbener Fachwerkbau aus dem vorletzten Jahrhundert. Der Putz zwischen den dunk len, alten Balken war hellrosa angestrichen worden. Die hölzernen Fensterläden waren ebenfalls rosa. Das Dach des Hauses war mit rosa Ziegeln gedeckt. Ein paar Stufen führten zur Eingangstür hinauf. Das Rosa Haus stand ganz allein, weit ab von irgendwelchen an deren Häusern, in der Mitte eines überwucherten Gar tens. »Jetzt sollten wir uns gründlich umsehen!«, schlug Richard vor. »Das kann uns heute Abend nützlich wer den. Los, es scheint niemand da zu sein.« Georg drückte das Gartentor auf. Es war rostig und quietschte furchtbar laut in den Angeln - doch es öffnete sich. »Oh, wie gut!«, sagte sie. »Es ist zum Glück nicht ver schlossen.« Die Kinder versteckten ihre Fahrräder im Graben ne ben der Straße und gingen dann hintereinander den Kiesweg zum Haus hinauf. Tim trottete mit erhobener Nase vorneweg, bereit, die Kinder zu warnen, wenn er irgendetwas Verdächtiges roch. -100
Doch im Gegensatz zum Gartentor waren die Türen des Hauses verschlossen. »Pech«, sagte Richard, nachdem er alle Türen und die verschlossenen Fensterläden ausprobiert hatte. »Es ist alles verriegelt. Oh Mist! Wir können nicht so einfach rein.« Georg sagte nichts. Sie betrachtete eingehend zwei Ventilatorgitter am Boden. Sie wirkten wie lange, schmale Fenster mit zahlreichen Querstangen, statt mit Glas, und sie sahen aus, als sollten sie etwas Luft und Licht in den Keller des Rosa Hauses lassen. »Ich habe das sichere Gefühl, dass die Bilder da unten im Keller versteckt sind!«, sagte sie zu den anderen. »Oh, wenn wir doch nur nachsehen könnten! Ich bin si cher, wir könnten sie mit Hilfe von Gordons Plan fin den!« Aber die Fünf Freunde konnten jetzt nichts unterneh men und so fuhren sie zurück ins Felsenhaus. Sie waren ja so ungeduldig! Es schien, als würde der Abend niemals kommen. Und wenn er kam, würde es ihnen dann gelingen, unbemerkt von Onkel Quentin und Tante Fanny das Haus zu verlassen? Wenn sie das
nicht
schafften,
würden -101
all
ihre
schönen
Pläne im Zusammenhang mit dem Geheimnis des Rosa Hauses umsonst gewesen sein. Onkel Quentin und Tante Fanny hatten ein befreundetes Ehepaar zu Silvester ins Felsenhaus eingeladen. Nach dem Abendessen war immer noch sehr viel Zeit bis Mitternacht, also beschlossen die vier Erwachsenen, sich ins Wohnzimmer zu setzen und Bridge zu spielen. »Und wenn sie erst mal angefangen haben, werden sie bestimmt frühestens gegen Mitternacht aus dem Wohnzimmer kommen«, erklärte Georg fröhlich. »Also können wir tun, was wir wollen. Es wird ganz leicht sein, uns zu verdrücken!« »Aber wenn nun jemand merkt, dass wir weg sind?«, fragte Anne ein wenig besorgt. »Das ist ein Risiko, das wir eingehen müssen also komm, Anne! Wir verschwinden!« Die Kinder holten ihre Fahrräder. Georg hatte den größten Fahrradkorb auf ihr Rad geschnallt, damit Tim nicht durch den Matsch laufen musste. Er setzte sich in den Korb und sah sehr zufrieden aus. Dann fuhren sie alle hinaus in die Nacht. Sie traten, so fest sie konnten, in die Pedalen - doch würden sie rechtzeitig ankom -102
men? Georg und Richard waren voller Selbstvertrauen, doch auch sie konnten nicht sicher sein, was sie am Ende ihrer Reise erwartete. Und was Julius und Anne betraf, die von Natur aus vorsichtiger und vernünftiger waren, so dachten sie beide, dass der Ausgang ihrer Expedition völlig offen war. All ihre Theorien über den heutigen Abend basierten auf ein paar Gesprächs brocken, die sie belauscht hatten. Ich frage mich, ob Simmy und sein Komplize sich wirklich im Rosa Haus treffen wollen, sagte Anne zu sich selbst. -103
Und Julius fragte sich, ob das Stück Papier wirklich den Ort zeigte, wo die Bilder versteckt waren. Es könnte auch etwas ganz anderes sein! Hin und wieder befühlte Georg ihre Tasche, um si cherzugehen, dass der Originalplan noch da war. Sie hatte ihn im letzten Moment noch eingesteckt. Wie froh war sie zu wissen, dass der Feind nur eine nutzlose Fälschung besaß! Kurz bevor sie das Rosa Haus erreichten, stellten die Fünf Freunde ihre Fahrräder an der Straße ab und gingen zu Fuß weiter. Vorsichtig näherten sie sich Roddy Gordons Haus - und sofort erkannten sie, dass sie sich nicht geirrt hatten! Das Gartentor stand offen und ein schwacher Lichtschein drang aus einem der Ventilatorgitter am Ende des Kieswegs. »Seht ihr?«, flüsterte Georg triumphierend. »Ich hatte doch Recht!«
Im Keller
Die Kinder und Tim, die im Dunkeln wie Schattenfiguren wirkten, schlichen bis zum Ventilatorgrill und bückten sich, um hineinzusehen. Zwischen den Stäben war genug Zwischenraum, um einen Blick in den Keller des Rosa Hauses zu werfen, und was sie dort sahen, war bemerkenswert. Simmy und sein Komplize waren da. Der Keller hatte einen lockeren, sandigen Boden, und Simmy grub eifrig in der westlichen Ecke, während Leo ihm Anweisungen erteilte. Leo blickte dabei auf den Plan in seiner Hand - der Plan, den Julius kopiert hatte. Noch eine dritte Person war dort, die eine große Sturm lampe trug, um ihnen genug Licht zu geben. Die Kinder vermuteten, dass der Strom im Haus abgeschaltet worden war, als Roddy Gordon ins Gefängnis gesteckt wurde. Anne reckte den Hals. »Oh!«, flüsterte sie. »Diese Frau habe ich schon mal gesehen. Sie wollte meinen Blaubären haben!« -105
Anne hatte Recht. Als sie es sagte, erkannten auch Georg, Julius und Richard die Frau wieder. Sie erinnerten sich daran, wie sie zwei Tage nach Weihnachten mit ihr gesprochen hatten. Simmy war mit dem Pickel schwer beschäftigt. Die Erdbrocken flogen nur so vom Boden hoch! »Es muss da sein - es muss!«, sagte Leo immer wieder und blickte auf den Plan. »Mach weiter, Simmy -mach einfach weiter!« Nach einer Weile hielt Simmy inne, um sich das Gesicht abzuwischen. Es war schweißüberströmt. »Warum versuchst du es nicht mal, Leo?«, grummelte er. »Die tieferen Schichten sind hart wie Beton!« »Okay - geh zur Seite und ich mache weiter. Mach mir mal mehr Licht, Irene.« Die Frau stellte die Sturmlampe auf den Boden und zündete eine weitere Lampe an. Leo hatte bereits den Pickel genommen und begann mit der Arbeit. Bald hatten die Männer, die sich immer wieder abwechselten, ein großes Loch in den Boden des Kellers gegraben. Über ihnen blickten die Kinder und
fasziniert spürten
durch
nicht
den
einmal, -106
Ventilatorgrill wie
kalt
die
Nachtluft war! Und als Simmy wütend den Pickel niederwarf, mussten sie beinahe lachen. »Keine Spur davon! Ich gebe auf!«, sagte der junge Mann. »Roddy hat die Stelle, wo die Kiste liegen soll, so sorgfältig im Plan markiert - aber wir haben nichts gefunden.« »Wir müssen einfach tiefer graben«, sagte Leo. »Es sieht so aus, als stünde hier: >30 Zentimeter tief graben<, aber Roddy hat irgendeinen Kringel neben die Drei gemalt, also könnten es vielleicht auch drei Meter sein.« »Du meinst, wir sollen drei Meter tief graben?«, frag te Simmy entsetzt. »Warum um alles in der Welt sollte er die Leinwände so tief vergraben. Das ist doch verrückt!« »Du versuchst es besser trotzdem«, sagte die Frau, die Irene hieß. »Schließlich haben wir viel Zeit!« »Du hast gut reden!«, fuhr Leo sie an. »Du gräbst ja nicht!« »Es gibt doch zwei Pickel, oder nicht? Warum grabt ihr nicht beide gleichzeitig?« »Und riskieren, dass wir uns verletzen? Geh zur Seite, Simmy, ich mache weiter.« -107
Georg setzte sich auf, machte ihren Vettern ein Zei chen, ihr zu folgen, und sie zogen sich alle lautlos vom Ventilatorgrill zurück. »Wir können hier nicht festfrieren«, flüsterte Georg. »Natürlich werden die Männer niemals die Bilder finden, die Roddy Gordon vergraben hat, da sie den spiegelverkehrten Plan benutzen! Ich glaube, wir sollten lieber darauf warten, bis sie aus dem Haus kommen. Und wenn sie aufgegeben haben und verschwunden sind, können wir selbst nach den Bildern, suchen!« Georg sah die anderen fragend an. »Gut«, sagte Richard. »Aber wo können wir warten, ohne zu erfrieren?« »Im Auto der Diebe!«, sagte Georg wagemutig. »Seht doch - das da zwischen den Bäumen neben dem Gar tentor muss es sein. Wenn sie die Türen nicht zuge schlossen haben ...« Aber sie waren offen! Die Kinder und Tim kletterten hinein, froh, dem kalten Wind entkommen zu sein, und dachten, was für ein herrliches Spiel sie mit den Dieben trieben! »Warum versucht ihr drei nicht, ein wenig zu schla
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fen?«, schlug Julius vor. »Ich halte zusammen mit Tim Wache.« Richard, Georg und Anne waren gerade dabei einzu schlafen, als Julius sie schüttelte. »Schnell - wir müssen hier raus! Sie kommen zu rück!« Blitzartig glitten die Kinder aus dem Auto und ver steckten sich zwischen den Bäumen. Sie konnten Sim my und seine beiden Freunde kommen sehen. Die drei sahen keineswegs zufrieden aus und stritten sich sehr heftig. »Gordon hat uns reingelegt!«, sagte Simmy. »Nein, das ist unmöglich - warum sollte er das tun?«, widersprach Leo. »Wir kommen morgen Abend zurück und graben den ganzen Keller um, wenn es sein muss!« »Ich erfriere!«, beschwerte sich Irene. Sie stiegen ins Auto, schalteten den Motor an und fuhren davon. »Gut!«, sagte Georg. »Habt ihr das gesehen? Sie ha ben die Pickel und die Lampen nicht mitgenommen! Das bedeutet, dass sie immer noch im Haus sind, und das macht die Dinge für uns einfacher!« »Ganz ruhig, Georg«, sagte Julius. »Wie wollen wir -109
denn überhaupt ins Haus kommen? Das ist das erste Problem!« »Oh, wir finden schon einen Weg!«, entgegnete Richard optimistisch. Doch obwohl die Kinder alle Türen und Fenster aus probierten, war es zwecklos. Sie konnten keinen Weg ins Haus finden. Was die Ventilatorgitter betraf, so lagen zahlreiche Stangen darüber, und dazwischen war nicht genug Platz, dass sie hindurchschlüpfen konnten. »Oh, Mist!«, sagte Richard verärgert. »Ich gebe auf!« In diesem Moment erblickte Anne etwas auf dem Kiesweg, das im Mondlicht glitzerte. Sie bückte sich, um es aufzuheben. Es war ein Schlüssel! »Herrje!«, rief Richard. »Ich schätze, der ist für die Haustür!« Sie liefen die Stufen zum Haus hinauf, steckten den Schlüssel ins Schloss, drehten ihn herum und - die Tür öffnete sich! Im nächsten Moment waren die Fünf Freunde im Rosa Haus! »Das wird ihnen eine Lehre sein«, sagte Anne. »Wenn sie nicht so damit beschäftigt gewesen wären, sich zu -110
streiten, hätten sie bemerkt, dass sie den Haustür schlüssel verloren haben.« »Kommt schnell!«, sagte Georg. »Lasst uns in den Keller runtergehen!« Als sie unten waren, zündete Anne die beiden Sturm lampen an. Ihre Brüder fanden die zwei Pickel und Georg entfaltete den Plan - den richtigen Plan! Ein paar Minuten später gruben die Jungs eifrig in der östlichen Ecke des Kellers, wie auf Gordons Plan vermerkt war. Der Boden dort war auch in den tieferen Schichten krü melig und leicht umzugraben. Als Richard müde wurde, übernahm Georg den Pickel und half Julius. Während sie arbeitete, murmelte sie: »Die Bilder müssten in 30 Zentimeter Tiefe sein - mach weiter, Ju!« Schließlich traf Julius' Pickel auf etwas Hartes. Es gab ein metallisches Geräusch. Die Kinder gruben schneller als zuvor und bald schon hatten sie eine Blechkiste ge funden. Triumphierend öffneten sie den Deckel! Aber alles, was sie zunächst sehen konnten, waren einige farbige
Leinwandrollen,
die
sorgfältig
nebeneinander
aufgereiht lagen. Georg nahm eine heraus und entrollte sie.
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»He!«, sagte Julius und pfiff durch die Zähne. »Das kenne ich! Es ist ein sehr berühmtes modernes Gemäl de, das >Frau mit Seerosen< heißt! Ich habe ein Bild davon in der Zeitung gesehen, nachdem es gestohlen worden war!« »Wir haben es geschafft!«, rief Richard aus. »Hier sind also die vermissten Bilder! Jetzt müssen wir sie nur noch ins Felsenhaus bringen und Onkel Quentin kann sie dann der Polizei aushändigen.« »Die Kiste ist zu schwer für uns, um sie bis zum Fel senhaus zu bringen«, gab Julius zu bedenken. »Ich schätze, das Beste wäre es, sie im Garten zu verstecken, vielleicht unter einem Haufen Blätter, und dann zur nächsten Polizeiwache zu gehen!« Georg lächelte überglücklich. »Ich frage mich, was unsere Freunde Simmy und Leo sagen würden, wenn sie uns jetzt sehen könnten!«, jubelte sie. »Wir würden sagen: >Vielen Dank, junger Mann!<«, ließ sich eine bekannte Stimme plötzlich vernehmen. »Ich sehe, dass ihr die Arbeit für uns erledigt habt! Ich muss mich wirklich selbst dazu beglückwünschen, dass ich den Haustürschlüssel verloren habe. Ich wollte ihn gerade holen, als ich Licht im Keller brennen sah - ihr -112
wart alle so sehr beschäftigt, dass ihr uns nicht gehört habt!« Es war Leo! Natürlich hielt er Georg für einen Jungen. Sie blickte ihn entsetzt an. Auch Simmy war da und lachte. Julius, Richard und Anne waren ebenso erschreckt wie Georg. Gerade als sie dachten, gewonnen zu haben, hatten die Diebe den Spieß umgedreht! Plötzlich fiel Georg etwas ein. Warum hatte Tim nicht gebellt, um sie zu warnen. Sie drehte sich panisch um. Tim war überhaupt nicht mehr im Keller! »Mein Hund!«, rief sie. »Was haben Sie mit meinem Hund gemacht?« Leo lachte. »Im Gegensatz zu dir, mein Junge, hat dein Hund uns gehört. Er hat versucht, uns anzugreifen, aber wir waren zu schnell für ihn. Ich konnte ihn nieder schlagen, als er meinem Freund an die Kehle wollte.« »Sie haben ihn bestimmt getötet!«, heulte Georg auf. Und sie sprang Leo wie eine Wildkatze an. Doch Simmy hielt sie fest. Julius und Richard wollten Georg zu Hilfe eilen, doch Leo hielt sie mit drohender Stimme fern. »Schluss damit! Wenn ihr auch nur noch einen Millimeter näher kommt, dreht Simmy eurem Freund den Hals um.«
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Dann ging alles sehr schnell. Im Keller lagen einige Meter Wäscheleine und mit Simmys Hilfe fesselte Leo die Kinder. »Na also - hübsch verschnürt, wie Weihnachts gänse!«, sagte er. »Das wird euch lehren, Detektiv zu spielen - auch wenn ich zugeben muss, dass ihr uns hübsch hereingelegt habt, indem ihr uns einen falschen Plan gegeben habt! Wisst ihr, ich hatte schon meine Zweifel an diesem Plan! Nun, jetzt brauchen wir nur noch mit der Ware zu verschwinden und euch ein frohes neues Jahr zu wünschen! Ha, ha, ha! Wenn man euch findet - und der Himmel weiß, wann das sein wird -, ist es auf jeden Fall Neujahr, und wir sind schon über alle Berge! Eigentlich tut ihr uns einen Gefallen, indem ihr uns zwingt, das Land zu verlassen. Wir werden nämlich Gordons Anteil der Beute für uns behalten müssen - wir können nicht mehr warten, bis er aus dem Gefängnis kommt! Ich glaube nicht, dass er sich darüber freuen wird - Pech gehabt! Komm, Simmy, und vergiss die Lampen nicht!« Einen Moment später schlug die Kellertür hinter den Dieben zu - und hinter den wertvollen Bildern!
Tim, der Retter in der Not!
Georg tobte vor Wut. Sie machte sich große Sorgen um den armen Tim, und sie konnte sich selbst nicht verzeihen, dass die Männer sie hatten überraschen kön nen. »Wir müssen einfach hier raus!«, rief sie und zerrte an ihren Fesseln. »Sie haben uns nicht geknebelt«, sagte Julius. »Das heißt vermutlich, dass uns niemand von der Straße aus hören kann, selbst wenn wir schreien, und das wissen sie!« »Und sie haben die Lampen mitgenommen!«, wim merte Anne. »Uns bleibt nur das Mondlicht.« »Ich werde versuchen, meine Fesseln an der Wand hier zu reiben«, entgegnete Julius. »Vielleicht kann ich sie durchscheuern.« Doch sosehr er sich auch bemühte, er schaffte es nicht. Dann spitzte Georg plötzlich die Ohren. Sie dachte, sie hätte ein Winseln auf der Kellertreppe gehört -115
»Das ist Tim!«, rief sie erleichtert. »Er ist doch nicht tot! Oh, Tim - armer, lieber alter Tim!« Und dann hörte sie noch ein Geräusch - ein herrli ches Geräusch! Es war das Geräusch der Kellertür, die in ihren Angeln quietschte, als sie geöffnet wurde. »Oh, gut!«, seufzte Richard. »Simmy und Leo haben die Tür so fest hinter sich zugeschlagen, dass sie nicht richtig schloss, und jetzt ist sie wieder offen!« »Tim! Tim!«, rief Georg. Und schon bald fühlte sie die Nase ihres Hundes an ihrer Wange und dann seine raue Zunge, die ihr das ganze Gesicht ableckte. »Tim - oh, was bist du nur für ein verschmuster Hund!«, rief sie. »Jetzt hilf mir, Tim, bitte!« Tim war ein kluger Hund, aber auch er konnte nicht herausfinden, wie er seine Herrin befreien sollte. Erst versuchte er, sie an den Kleidern aus dem Keller zu ziehen - aber das hatte keinen Sinn. Sie war zu schwer für ihn. Dann begann er, von Georg angefeuert, die Fesseln um ihre Hände zu benagen. Es war harte Arbeit! Manchmal verließ ihn der Mut und er leckte wieder Georgs Gesicht. Dann musste sie ihm streng zureden, damit er weiter
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machte.
Doch
schließlich
hatte
er
die
Fesseln
durchgenagt und sie gaben nach! Georg stieß einen Triumphschrei aus. »Meine Hände sind frei!«, rief sie. »Aber sie fühlen sich noch schrecklich taub an. Wartet einen Augenblick, damit ich sie reiben kann, und dann binde ich euch los. Oh Tim, was würden wir nur ohne dich tun!« Georg verschwendete keine Zeit damit, die Fesseln an ihren Füßen aufzuknoten. Sie rollte sich einfach über
den
steckte Vetters
die
Fußboden, Hand und
bis
in
sie
die
zog -117
Julius
erreichte,
Hosentasche sein
ihres
Taschen
messer heraus, das er immer bei sich trug. Im nächsten Moment hatte sie ihre und die Fesseln der anderen Kinder durchschnitten. Anne weinte leise vor sich hin. »Hör auf zu heulen, du Baby!«, sagte Georg grob. »Die Gefahr ist jetzt vorüber - aber wir müssen so schnell wie möglich handeln, damit die Diebe noch ge fasst und die Bilder gefunden werden! Los, kommt lasst uns gehen!« Sie hasteten alle aus dem Keller, dem Schauplatz all der Aufregungen. Die Diebe hatten die Vordertür wie der verschlossen, aber es war nicht schwierig, die Fens terläden von innen zu öffnen. Die Kinder kletterten aus einem der Fenster des Erd geschosses hinaus. »Jetzt müssen wir so schnell wie möglich zur Polizei wache«, sagte Richard. »Wartet mal«, meinte Julius. »Wir wissen gar nicht, ob es in Grasau eine Polizeiwache gibt - es ist nicht gerade ein großer Ort. Ich finde, wir sollten lieber direkt zum Polizeirevier von Felsenburg fahren. Die kennen uns und von hier aus ist es nicht weiter als nach Grasau.«
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»Ja«, stimmte Georg zu. »Das spart Zeit, falls wir in Grasau keine Wache finden würden. Wir müssen ein kurzes Stück den Feldweg zurück und dann einfach die Straße entlangfahren!« Doch das war leichter gesagt als getan. Es war eine eiskalte Nacht, und der Mond hatte sich hinter dichten Wolken versteckt, sodass es auch stockdunkel war. Die Kinder waren schon eine ganze Weile geradelt, als sie sich allmählich Sorgen machten. »Das ist merkwürdig!«, sagte Anne. »Wir müssten doch schon längst in der Felsenbucht sein.«
»Hoffentlich haben wir uns nicht verfahren«, sagte Richard besorgt. »Wartet mal - ich sehe ein Schild!«, rief Georg. Sie stiegen von ihren Fahrrädern, um nachzusehen doch was auch immer einmal auf dem Schild gestanden hatte, es war vom jahrelangen Regen abgewaschen worden, und die Kinder waren nicht schlauer als zuvor. »Ich fürchte, wir sind an einer Kreuzung vorbeige fahren, ohne es zu merken«, sagte Julius düster. »Es ist wohl das Beste, wenn wir zurückfahren! Was meint ihr?« Doch in diesem Moment durchbohrten zwei Schein -119
werfer die Dunkelheit und mit quietschenden Bremsen hielt ein Auto neben den Kindern. Es war ein Streifenwagen! Die Beamten fuhren in der Neujahrsnacht herum und hielten ein Auge auf leer stehende Häuser, auf zu schnelle Autofahrer oder auf Leute, die nach einer Feier randalierten. Sie hatten sicherlich nicht erwartet auf vier Kinder und einen Hund zu stoßen, die sich verfahren hatten! Natürlich wusste Georg, dass sie nicht lange nach dem Weg gesucht hätten. Sie hatten sich vielleicht ein wenig verfahren, aber sie war sicher, dass sie sich immer auf Tims Instinkt verlassen konnten, der sie wieder nach Hause führte. Trotzdem war sie erleichtert, das Polizeiauto zu se hen. Gut!, dachte sie. Sie können uns sicher den Weg nach Felsenburg zeigen. Doch sie hatte keine Zeit zu fragen, denn die beiden Beamten stiegen aus dem Auto, und ein baumlanger und dunkelhaariger Inspektor sprach die Kinder in strengem Ton an. »Na - was macht ihr denn hier draußen um diese Uhrzeit und mitten auf dem Land?« -120
Tim mochte den Ton des Inspektors nicht. Er begann zu knurren. »Halt deinen Hund da ruhig!«, fügte der Inspektor hinzu. »Er sieht böse aus!« Georg protestierte verärgert, doch der Inspektor hatte schlechte Laune. Er wünschte, er hätte in dieser Nacht keinen Dienst. Viel lieber wäre er zu Hause gewesen und hätte das neue Jahr mit seiner Frau und seiner Fa milie gefeiert. Wie so viele andere Leute hielt er Georg für einen Jungen und ihr Benehmen ärgerte ihn. »Ziemlich forsches Mundwerk, was, mein Junge?«, sagte er. »Aber ihr habt meine Frage nicht beantwortet. Was macht ihr hier draußen?« »Wir sind auf dem Weg nach Felsenburg«, sagte Ju lius. »Das ist ziemlich unwahrscheinlich! Ihr fahrt nämlich genau in die falsche Richtung!« »Oje - das hatte ich befürchtet«, gab Julius zu. »Wir haben uns verfahren, das ist alles.« »Ha! Und woher seid ihr gekommen?« »Aus Felsenburg«, erklärte Anne. »Jetzt erzähl mir keine Märchen, mein Fräulein! Ihr könnt nicht
von
Felsenburg
kommen -121
und
gleichzeitig
dahin zurückfahren! Man fährt in einer kalten Neu jahrsnacht nicht zum Vergnügen auf dem Fahrrad he rum!« »Tatsache ist, dass wir Grasau besucht haben und jetzt auf dem Weg zurück nach Felsenburg sind«, er klärte Richard dem Inspektor. »Das hört sich alles etwas komisch an. Ich glaube eher, ihr lauft von zu Hause weg!« »Wenn es nicht sogar Zigeuner sind, die was im Schil de führen«, warf der dicke, kleine Streifenbeamte ein. »Sehen Sie sich die Kinder an, Inspektor! Ihre Kleider sind zerrissen und schmutzig.« Der Abend in dem Keller hatte den Hosen und Ano raks der Kinder sicher nicht gut getan! Und dann hatten sie auch noch auf dem schmutzigen Boden gelegen, als sie gefesselt waren. »Hören Sie - es ist nicht so, wie Sie glauben!«, fing Ri chard an. »Diese Fahrräder sehen ziemlich neu aus«, unter brach ihn der Inspektor unfreundlich. »Die habt ihr doch irgendwo gestohlen!« »Also, Moment mal!«, erwiderte Julius verärgert. »Wir sind vollkommen unschuldig! Eigentlich waren -122
wir gerade auf dem Weg zur Polizeiwache von Felsen burg, um eine Aussage zu machen!« »Na klar!«, sagte der Polizist sarkastisch. »Und worü ber wolltet ihr etwas aussagen, wenn ich fragen darf?« Georg ging tapfer zu ihm hin und sagte mit dramati scher Stimme: »Wir wollten der Polizei erzählen, dass wir die wertvollen Bilder gefunden haben, die Roddy Gordon vor einem Jahr gestohlen hat, und wir wollten den Polizisten auch sagen, wie sie seine Komplizen ver haften können!« »Oh, und das war alles, wie?«, fragte der Polizist und schüttelte sich vor Lachen. »Du hast wirklich Phantasie, junger Freund! Und du glaubst, dass die Polizei eine solche Geschichte glauben wird?« »Aber sie ist wahr! Wir ...«, rief Anne, den Tränen nahe. »Es ist viel zu kalt hier, um herumzustehen und zu diskutieren«, unterbrach der Inspektor sie. »Ihr könnt die Fahrräder hier lassen. Wir holen sie später ab. Und jetzt steigt in unser Auto. Wir fahren nach Seesheim. Dort setzen wir euch bei der Polizeiwache ab und über prüfen eure Identität. Wir werden auch überprüfen, was ihr gesagt habt. Es dauert vielleicht ein bisschen,
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aber ich kann euch versichern, dass bei uns alles mit rechten Dingen zugeht!« Richard unterbrach den Inspektor mit einem wütenden Schrei. »Aber wenn Sie uns in der Polizeiwache festhalten, ist es zu spät!«, donnerte er. »Die Diebe werden schon über alle Berge sein - und die Bilder mit ihnen! Und Sie werden sie niemals fassen!« »Sie haben kein Recht, uns aufzuhalten, wenn wir unser Bestes versuchen, um der Polizei zu helfen!«, fügte Georg hinzu. »Jetzt hör sich einer diesen Jungen an«, sagte der In spektor lachend. »Für wen hältst du dich eigentlich? Für Sherlock Holmes?« »Ich bin kein Junge!«, sagte Georg steif. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, dies sagen zu müssen, weil der Inspektor sie so verärgerte, dass sie ihm etwas ent gegnen wollte! »Ich bin ein Mädchen und mein Name ist Georgina Kirrin und ich bin die Tochter von Quentin Kirrin, dem berühmten Wissenschaftler ~« »Jetzt setzt euch einfach ins Auto«, sagte der dicke Streifenbeamte. Die Kinder sträubten sich, als die Polizisten sie ziem -124
lich unsanft ins Auto schoben, aber es hatte keinen Zweck. »Jetzt habe ich aber genug!«, sagte der Inspektor. »Wir fahren!« Georg war während der kurzen Fahrt ungewöhnlich still - doch sie verschwendete keine Zeit. Sie hatte heimlich ein Taschentuch aus ihrem Anorak gezogen und schrieb mit einem Kugelschreiber eine kurze Nachricht für ihren Vater darauf. Dann band sie das Ta schentuch um Tims Halsband. Der Inspektor und der Streifenbeamte saßen vorn im Auto und merkten nichts. Als das Auto vor der Wache von Seesheim hielt, ließ Georg die drei Geschwister zuerst aussteigen. Bevor sie ihnen folgte, beugte sie sich zu Tim hinunter und flüs terte ihm zu: »Nach Hause, Tim! Lauf schnell nach Hause!« Dann gab sie ihm einen kleinen Klaps und wiederholte: »Nach Hause - braver Hund! Lauf!« Das war alles, was Tim brauchte. Er sah Georg an und erkannte, dass sie ihn wirklich wegschickte, wedelte mit dem Schwanz und verschwand in der Nacht. Das alles geschah so schnell, dass die beiden Polizisten erst -125
bemerkten, dass Tim verschwunden war, als sie in der Wache waren. »Hallo, der Hund ist davongerannt!«, sagte der In spektor. »Das macht nichts«, antwortete der dicke Polizist. »Hier entlang, Kinder!«
Auf dem Polizeirevier
Nur zwei Wachtmeister hatten auf dem Revier von Seesheim Dienst. Die beiden Streifenbeamten übergaben ihnen die Kinder. »Wir sind ziemlich sicher, dass diese Gören kleine Ausreißer sind«, erklärten sie den Seesheimer Wacht meistern. »Wir haben sie gefunden, als sie auf neuen Rädern die Straße entlang fuhren, und zwar in die ent gegengesetzte Richtung von ihrem uns genannten Ziel. Und sie haben uns ein paar sehr seltsame Geschichten erzählt!« Julius kochte vor Wut. »Wir sind nicht von zu Hause weggelaufen!«, protestierte er. »Das werden wir feststellen, wenn wir eure Eltern er reicht haben! Und jetzt wartet ihr schön brav, bis wir unseren Bericht geschrieben haben.« Während die vier Männer die Formalitäten erledigten, saßen Georg und ihre Freunde an einem Tisch und tauschten verzweifelte Blicke aus. -127
»Wo ist Tim?«, flüsterte Anne. »Auf dem Weg zum Felsenhaus«, antwortete Georg. »Ich hoffe nur, dass er mein Taschentuch nicht verliert ich habe eine Nachricht darauf geschrieben. Es muss jetzt schon ziemlich spät sein ...« »Ja - es ist fast Mitternacht«, erwiderte Richard, der auf seine Uhr sah. »Mein Gott, was wird Onkel Quentin dazu sagen? Aber es war richtig, dass du ihm eine Nachricht geschickt hast, Georg. Das hier ist äußerst dringend!« Die Polizisten kamen herüber und begannen, den Kindern Fragen zu stellen. Es war Julius, der vorschlug, im Felsenhaus anzurufen, doch als man es versuchte, war die Leitung tot. Vermutlich war das Telefonnetz in der Gegend, wie fast immer in der Neujahrsnacht, wieder vollkommen überlastet. Die Kinder saßen wie auf heißen Kohlen. Jede Minute, die verstrich, machte es den Dieben leichter, davon zukommen, und es wurde immer unwahrscheinlicher, dass man sie fasste. Eine Kirchenglocke irgendwo in der Ferne schlug ein Uhr, als sie draußen vor der Polizeiwache ein Auto an
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halten hörten. Dann drang eine feste und ziemlich verärgerte Stimme zu ihnen herüber. »Das ist mein Vater«, flüsterte Georg. Einen Augenblick später tauchte Onkel Quentin, gefolgt von Tim, auf. Er hatte den Polizisten gesagt, wer er ist und dass er für die Kinder verantwortlich wäre - die alle ziemlich niedergeschlagen aussahen. Georg biss sich entnervt auf die Unterlippe. Nachdem er eine Weile mit den Polizisten gespro chen hatte, drehte sich Georgs Vater zu ihr um. Er sah
erschreckend
standen
die
streng
aus.
Streifenbeamten.
Im
Hintergrund
Sie
schienen
überrascht zu sein, dass die Kinder die Wahrheit über
ihre
Identität
gesagt
hatten
-
und
die
Wachtmeister von Seesheim amüsierten sich! »Also«, sagte Onkel Quentin mit schneidender Stimme. »Was ist hier los? Ich dachte, ihr vier würdet friedlich zu Hause Karten spielen - während ihr die ganze Zeit unterwegs wart und euch von der Polizei auflesen lasst! Wenn Tim nicht an der Tür gejault hätte ... also, hättest du jetzt die Freundlichkeit, mir zu sagen, worum es hier eigentlich geht, Georg?« Georg packte die Gelegenheit zur Erklärung sofort -130
beim Schopf! Es war eben Pech, wenn ihr Vater sie spä ter dafür bestrafen würde - die Hauptsache war jetzt, dass die Diebe gefasst und die gestohlenen Bilder zu rückgeholt wurden! »Also, Vater, wir haben versucht, einen neuen Fall zu lösen, und wir haben es auch geschafft!«, sagte sie. »Ich werde dir so kurz wie möglich erzählen, was passiert ist!« Und so erzählte Georg ihrem Vater die Geschichte ih rer erstaunlichen Weihnachtsabenteuer, während die anderen von Zeit zu Zeit einfielen und Einzelheiten er gänzten. Die Polizisten staunten nicht schlecht. »Aber das ist doch ganz unglaublich!«, sagte der baumlange Inspektor. »Diese Kinder haben eine über spannte Phantasie!« »Das glaube ich nicht«, erklärte Onkel Quentin. »Sie haben ein Talent, sich in Schwierigkeiten zu bringen, aber sie sind keine Lügner. Es ist besser, ihnen zu ver trauen und so schnell wie möglich zu handeln! Und ich bin sicher, dass Sie, meine Herren, die Lorbeeren ernten werden, wenn etwas an der Geschichte dran ist!« Das wirkte wie ein Wundermittel - plötzlich hatten es die Polizisten sehr eilig! Sie liefen ans Telefon und die -131
beiden Streifenpolizisten stiegen wieder in ihr Auto und gaben Meldungen über Funk weiter. Ein paar Mi nuten später kam der Inspektor zurück. »Es kommt bald Verstärkung«, sagte er. »Während dessen setzen wir uns am besten selbst in Bewegung!« Er wandte sich an Onkel Quentin und die Fünf Freunde und sagte: »Vielleicht kann eines der Kinder mir zeigen, wo Simon Ruddock wohnt. Er ist der einzige der Verdächtigen, von dem wir den vollen Namen kennen, und wenn er zu Hause ist, können wir ihn dazu bringen, uns zu sagen, wo wir die anderen finden.« »Wenn die drei nicht schon über alle Berge sind«, sagte der dicke Streifenpolizist düster. »Aber wir müssen es trotzdem versuchen! Na, wie sieht's aus, Kinder?« »Wir kennen Simmys Adresse nicht«, erwiderte Georg, »aber ich glaube, jeder in Grasau kann es Ihnen sagen. Es ist kein großer Ort. Dürfen wir mit Ihnen fahren?« Der Inspektor wollte gerade Nein sagen, aber schließlich konnte Georg ihn überreden, dass es nützlich sein könnte, wenn sie dabei wären. Schließlich wussten ja nur die Kinder, wie die Verdächtigen aussahen. -132
Am Ende stimmte der Inspektor Georgs Vorschlag zu. »Wir folgen Ihnen in meinem Auto«, beschloss Onkel Quentin zur Freude der Kinder. Der Inspektor und der Streifenpolizist schickten noch einen Funkspruch zu ihrer Wache. Sie erklärten, dass sie nach Grasau fahren und mit der Polizeiwache in Seesheim Kontakt halten würden, wohin die Verstär kung bald kommen sollte. Endlich fuhren die Streifen beamten los, gefolgt von Onkel Quentin in seinem Auto, in dem alle Kinder und Tim saßen. Das Cafe Zentral war zu Silvester mit japanischen Laternen geschmückt worden. Die zwei Autos hielten davor und Georg und ihre Freunde eilten zu den Poli zisten. »Wir kennen Peter, den Sohn des Besitzers«, erklärte Richard. »Wenn Sie wollen, könnte ich reingehen und ihn fragen, wo Simmy wohnt. Ich falle nicht so auf.« »Gut«, sagte der Inspektor. »Ja - das ist eine gute Idee. Wir wollen schließlich nicht, dass die Leute wis sen, dass wir hinter dem jungen Ruddock her sind. Je mand könnte ihn warnen!« Richard schlüpfte in das Cafe. Es war voller Leute, die hier den Beginn des neuen Jahres gefeiert hatten. -133
Aber Richard gelang es, Peter aufzuhalten, als er ge schäftig von Tisch zu Tisch lief. »He, Peter! Erinnerst du dich an mich?«, sagte er. »Hör mal, ich muss dich was fragen. Wo genau wohnt Simmy Ruddock?« »Simmy Ruddock? Du bist doch wohl kein Freund von dem, oder? Ich warne dich, das ist ein übler Geselle!« »Nein, ich bin kein Freund von ihm, aber ich muss mit ihm sprechen.« »Also, geh die Hauptstraße runter zum Grand Cafe und dann nimm die erste Straße auf der linken Seite«, sagte Peter. »Geh bis zum Ende der Straße, da ist es das letzte Haus. Es gehört Simmy s Bruder Jo.« »Danke, Peter. Du hast mir sehr geholfen!« Richard gab die Information an die Polizei weiter und sie stiegen alle wieder in die Autos. Doch als sie zum Haus kamen, sahen sie enttäuscht, dass in keinem der Fenster Licht brannte. Der Streifenpolizist hämmerte an die Tür und nach einer Weile erschien ein Licht hinter einem der Fenster. Dann wurde die Tür geöffnet. Ein großer, kräftiger, junger Mann erschien auf der Schwelle. »Hallo - was gibt's?«, fragte er, als er so viele Men -134
schen in der Dunkelheit stehen sah. »Wer sind Sie und was wollen Sie.« »Wir sind von der Polizei. Wohnt Simon Ruddock hier?«, fragte der Inspektor und trat vor. Der junge Mann sah niedergeschlagen aus. »Das war es also«, rief er. »Ich nehme an, mein Bruder hat mal wieder etwas ausgefressen. Ja, er hat hier gewohnt, aber -« »Er hat?«, rief Georg, die sich nicht mehr zurückhalten konnte. »Meinen Sie damit, dass er verschwunden ist?« Jo Ruddock blickte die Kinder überrascht an, dann nickte er. »Ja, Simmy kam vor zwei Stunden her, um seine Sa chen zu packen«, erklärte er. »Er hat mir gesagt, er hätte einen Job im Ausland und müsse heute Nacht abreisen. Er klang so, als würde er für immer gehen. Das war je denfalls mein Eindruck.« »Heute Nacht abreisen«, wiederholte der Inspektor. »Und ich schätze, er hat Ihnen nicht gesagt, wohin er mitten in der Silvesternacht wollte?« »Nein«, gestand Jo. »Aber ich weiß, von wo er abreisen wollte. Ich bin sicher, dass er sagte, er wolle heute
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Nacht von Felsenburg abfahren. Er redete ziemlich viel und schien sehr zufrieden mit irgendwas zu sein - er war so guter Laune, dass ich den Verdacht hatte, er füh re etwas im Schilde. Was hat er denn diesmal ange stellt?« »Ich fürchte, das können wir Ihnen jetzt noch nicht sagen. Aber danke für Ihre Hilfe - und verzeihen Sie die Störung«, sagte der Inspektor freundlich. »Gute Nacht!« Dann hielten Onkel Quentin und die Polizisten eine kurze Besprechung ab. »Es ist ja nicht so, dass Felsenburg eine große Hafen stadt wäre, wo internationale Schiffe abfahren«, sagte der Inspektor. »Es ist nur ein kleiner Fischerort. Wenn unser Freund also von Felsenburg abfährt, muss er an Bord eines Fischerbootes oder eines Motorbootes sein. Ich denke, dass er in seiner Hochstimmung teilweise die Wahrheit erzählt hat: dass er und seine Komplizen tatsächlich das Land verlassen und die gestohlenen Bil der im Ausland verkaufen wollen, um von dem Erlös zu leben.« »Und sie müssen schon längst auf und davon sein«, sagte der kleine Streifenpolizist wieder düster. -136
»Da bin ich nicht so sicher«, entgegnete Julius. »Die drei haben es nicht unbedingt eilig! Sie glauben ganz bestimmt, dass wir immer noch gefesselt im Keller des Rosa Hauses liegen und deshalb keinen Alarm schlagen können!« »Außerdem«, fügte Georg hinzu, »müssen die Ge schehnisse von heute Nacht ihre Pläne geändert haben. Sie hatten nicht erwartet, dass sie heute Nacht abreisen mussten, also werden Leo, Simmy und Irene vermutlich nicht alles vorbereitet haben. Selbst wenn ihr Boot vor Felsenburg liegt, müssen sie es immer noch mit Proviant ausrüsten und den Tank füllen und so weiter!« »Nicht schlecht kombiniert, Kinder!«, gab der Inspektor zu. Die Fünf Freunde fingen allmählich an, ihn zu mögen! »Gut, je eher wir nach Felsenburg kommen, desto besser!«
Wieder in Felsenburg
Und wieder stiegen alle in die beiden Autos. Schnell fuhren sie auf der Straße nach Felsenburg. Als sie am Rosa Haus vorbeikamen, das man in der Dunkelheit ge rade noch erkennen konnte, deutete Georg darauf und erzählte ihrem Vater: »Da haben wir die gestohlenen Bilder gefunden - und wir wären immer noch dort ge fangen, wenn der liebe, tapfere Tim nicht gewesen wä re!« Als sie im Dorf ankamen, war der Mond wieder hinter den Wolken hervorgekommen und beleuchtete den kleinen Hafen. Fischerkähne und Motorboote schwank ten nebeneinander im Wasser, Jetzt wirkte alles viel ru higer und stiller! »Wo sollen wir zuerst suchen?«, fragte der Streifen polizist. Onkel Quentin, die Polizisten und die Kinder stan den auf dem Anlegesteg und blickten sich suchend um - doch es war nichts Ungewöhnliches zu sehen. -138
»Wir gehen am Ufer entlang«, entschied der Inspek tor. »Vielleicht entdecken wir etwas!« »Ich komme mit Ihnen«, erklärte Onkel Quentin. »Und ihr Kinder wartet besser im Auto.« »Oh Vater!«, protestierte Georg. »Lass uns doch mit kommen!« »Nein! Ganz im Ernst, Georg - du tust, was ich dir sage. Ich bin bald zurück.« Der Inspektor schickte einen weiteren Funkspruch an die Wache von Seesheim und sagte ihnen, wo er war, damit die Verstärkung sie am Hafen von Felsenburg treffen konnte, Dann gingen die drei Männer in die Dunkelheit hinaus. Im Auto saßen die Fünf Freunde eine Weile still da. Dann seufzte Julius: »Wie schade, dass Onkel Quentin sich von uns nicht helfen lassen will!« »Na ja, wir haben nicht wirklich versprochen, dass wir hier drin sitzen bleiben, oder?«, fragte Georg. »Lasst uns aussteigen und selbst ein bisschen suchen.« »Oh nein«, rief Anne. »Wir waren heute Abend schon einmal ungezogen!« Aber in diesem Augenblick fing Tim an, kräftig zu bellen. Er stand auf den Hinterbeinen und steckte die -139
Nase aus dem offenen Autofenster. Georg legte ihm die Hand auf den Nacken und fühlte, wie sich sein Fell sträubte. »Psst!«, flüsterte sie. »Tim hat irgendwas gesehen oder gehört!« Draußen auf dem Anlegesteg huschte im schwachen Mondlicht ein Schatten vorbei - der Schatten eines Mannes, der zwei Benzinkanister trug. »Sieht aus wie Simmy«, flüsterte Richard. »Und er geht genau in die andere Richtung wie Onkel Quentin und die Polizisten.« »Wir müssen etwas unternehmen!«, sagte Georg. »Aber Onkel Quentin hat gesagt, wir sollen im Auto bleiben!«, rief Anne aus. »Das ist nicht zu ändern«, erklärte Georg. »Außer dem werden wir nicht wirklich ungehorsam sein - ich glaube nämlich, dass Tim unbedingt rausmuss! Also muss ich ihn aus dem Auto lassen, oder? Und wenn er dann plötzlich hinter jemandem herrennt, muss ich ihm doch wohl folgen!« Während sie sprach, öffnete sie die Autotür - und Tim schoss wirklich wie eine Rakete davon, direkt auf den flüchtigen Schatten zu! Er hatte den Geruch der -140
Männer im Keller des Rosa Hauses nicht vergessen. Einer von ihnen hatte ihn geschlagen und seine kleine Herrin gefesselt und Tim wollte sich dafür rächen. Georg lief ihm hinterher. Das geschah alles so schnell, dass Julius, Richard und Anne einige Sekunden starr vor Schreck sitzen blieben. Schon konnten sie Simmy nicht mehr sehen und Georg selbst lief so schnell, dass auch sie bald verschwunden sein würde. »Hört mal, ich kann nicht zulassen, dass sie allein ein solches Risiko eingeht«, sagte Julius bestimmt. »Ich komme mit!«, rief Richard. Anne blieb im Auto - sie wusste, dass sie keine wirkliche Hilfe sein würde. Sie hatte Angst, aber sie beschloss tapfer, allein im Auto zu warten.
Simmys Benzinkanister wurden allmählich schwer. Er stellte sie auf den Boden und holte ein paarmal tief Luft. »Immer noch ein ganzes Stück, bis ich bei diesem ver dammten Boot bin!«, murmelte er und blies auf seine steif gewordenen Finger. »Und Leo hat gesagt, ich soll
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mich beeilen - ich möchte sehen, wie er sich mit diesen Kanistern hier beeilt!« Doch seine Gedanken wurden von einem heftigen Stoß unterbrochen! Etwas rammte Simmy zwischen den Schulterblättern und er fiel flach auf den schmutzi gen Landungssteg. Bevor er sich von dem Schrecken erholen konnte, gruben sich kräftige Zähne in seine rechte Schulter. Der junge Mann begann zu schreien. »Halt ihn fest, Tim!«, rief Georg. »Ich komme!« Und im nächsten Moment war sie da. Simmy und der Hund rollten kämpfend und heulend auf dem Steg he rum, und sie wollte die beiden gerade trennen, als Ju lius und Richard kamen. »Oh, Gott sei Dank!«, rief Georg. »Ich bin so froh, dass ihr euch entschlossen habt, auch zu kommen - wir vier können ihn überwältigen. Lass ihn los, Tim! Alles ist gut!« Der brave Hund ließ los und Simmy stand zitternd auf. Er hatte jetzt große Angst vor Tim und leistete kei nen Widerstand, als Julius und Richard ihn am Arm packten, »Los, wir bringen ihn ins Auto«, beschloss Georg. -143
»Mein Vater und die Polizei werden wissen, wie man ihn zum Sprechen bringt, damit er sagt, wo er die anderen treffen wollte.« Aber Julius machte sich Sorgen. »Wir haben ziemlich viel Lärm gemacht«, erklärte er. »Wenn die anderen Gauner irgendwo in der Nähe waren, haben sie uns wahrscheinlich gehört - und dann werden sie ohne ihren sauberen Freund hier davonfahren.« »Umso mehr Grund zur Eile«, sagte Georg und be schleunigte ihre Schritte. Jetzt war Richard mit seinen Bedenken an der Reihe. »Du vergisst, dass wir nicht wissen, wo Onkel Quentin und die anderen genau sind«, sagte er. »Wie wollen wir sie in der Dunkelheit finden?« Doch Georg hatte immer eine Idee. Sie hatte sich bereits eine Möglichkeit ausgedacht, wie sie ihren Vater wissen lassen konnte, was vor sich ging. Und sobald sie das Auto erreicht hatten, drückte sie auf die Hupe und gab drei kurze Signale, drei lange Signale und dann wieder drei kurze Signale. Sie wartete ein paar Sekunden und wiederholte dann ihre Nachricht. »Oh, gut gemacht, Georg!«, sagte Richard. »Drei -144
kurz, drei lang, drei kurz - das ist SOS! Das Morsezei chen für einen Hilferuf! Ich bin sicher, dass Onkel Quentin ihn hört.« Julius und Anne machten sich trotzdem Sorgen. Ja, Onkel Quentin würde den Hilferuf sicher hören - aber konnten er und die Polizei Leo und Irene noch rechtzei tig fangen? Wenn die beiden feststellten, dass Simmy geschnappt worden war, würden sie ihn dann seinem Schicksal überlassen und fliehen? Doch jetzt war es an Julius, mit einer guten Idee auf zutrumpfen!
Verfolgungsjagd auf See!
»Hören Sie, Simmy!«, sagte Julius plötzlich. »Wenn Sie uns helfen, Zeit zu gewinnen, und uns sagen, wo wir Ihre Komplizen finden, wird das sicher bei Ihrer Ge richtsverhandlung zu Ihrem Vorteil sein!« Simmy sah ihn erstaunt an. »Und wenn Sie nichts sagen«, fügte Georg mit dro hender Stimme hinzu, »hetze ich noch einmal meinen Hund auf Sie!« Simmy war nicht gerade ein tapferer Mann. Er er kannte, dass er jetzt nichts mehr zu verlieren hatte, und so gab er den Kindern die Informationen, die sie brauchten. »Leo und seine Frau Irene warten in einem Motorboot auf mich, das ganz am Ende dieses Stegs liegt«, erklärte er. »Ich bin gegangen, als sie die Bilder in eine wasserfeste Hülle steckten. Der Benzintank war fast leer, also schickten sie mich los, um Benzin zu holen.«
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»Gut«, sagte Georg. »Das bedeutet, dass sie fest sitzen!« »Ein Motorboot?«, fragte Richard. »Eins von diesen kleinen Booten, die vor Felsenburg kreuzen! Damit kommt man doch nicht weit!« »Leo wollte nur bis zum nächsten großen Hafen an der Küste fahren. Er kennt dort jemanden mit einem größeren Boot, der uns nach Frankreich oder Holland bringen wollte. Ich -«
»Oh, da kommt Onkel Quentin!«, rief Anne erleich tert. Und tatsächlich eilten Onkel Quentin und die Polizisten auf das Auto zu. »Was ist passiert?«, fragte Georgs Vater. »Oh - du hast also das Auto ohne meine Erlaub nis verlassen, nicht wahr?« Plötzlich sah er den Gefan genen und fragte: »Und wer ist das?« »Das ist Simon Ruddock, Vater. Tim hat ihn gefasst!« Der Inspektor und der Streifenpolizist fragten den jungen Mann sofort aus. Er antwortete mürrisch, willigte aber ein, sie zu Leo und Irene zu führen. Diesmal vergaß Onkel Quentin in der Hitze des Gefechts, den Kindern zu sagen, sie sollten im Auto bleiben, also machten sich alle auf den Weg. -147
Und sie waren noch nicht weit gekommen, als die Verstärkung anrückte. Ein großer Einsatzwagen fuhr vor und sechs Polizisten stiegen aus. Sie gesellten sich zu den anderen. Als sie alle wortlos ein Stück gegangen waren, hielt Simmy an. »Dort sind sie!«, sagte er und deutete auf ein Motorboot. Es war ein weißes Boot, das sich deutlich gegen das dunkle Wasser abhob. In diesem Moment wurde der Motor des Bootes ge startet. Er heulte laut auf und dann fuhr das Boot auf die offene See hinaus. Leo und Irene mussten die Poli zisten gesehen haben. Sie ließen ihren Kumpel Simmy im Stich und setzten auf das wenige Benzin, das sie noch im Tank hatten. Ihre Flucht überraschte nieman den. Trotzdem fluchten einige Polizisten. »Wir müssen die Küstenwache alarmieren!«, rief der kleine Streifenbeamte. »Das wird dauern - und dieses hübsche Paar wird auf
und
davon
sein,
bevor
die
Küstenwache
irgendetwas tun kann«, erwiderte der Inspektor düster. Georg hatte einen Geistesblitz und platzte fast vor Ungeduld: »Seht mal - dort drüben liegt noch ein gro ßes Motorboot ohne Plane. Wir können reinspringen und ihnen folgen!«, schlug sie vor. -148
Der Inspektor zögerte nicht, gefolgt vom Streifen beamten und von Onkel Quentin. Die Fünf Freunde sprangen ebenfalls hinein. »Sie
alarmieren
die
Küstenwache!«,
rief
der
Streifenbeamte den anderen Polizisten zu. »Und beeilen Sie sich!« Zur großen Belustigung der Kinder stellte sich he raus, dass der Streifenpolizist wusste, wie man den Motor
des
Bootes
ohne
Zündschlüssel
starten
konnte! Dann übernahm der Inspektor das Steuer. Der kalte Nachtwind blies den Kindern ins Gesicht und Tims Ohren flatterten in der Brise. Die Gischt hinterließ Salz auf ihren Gesichtern, doch die Kinder störte das Wetter nicht. Ihre Blicke waren fest auf den weißen Fleck gerichtet - das war alles, was sie von Leos und Irenes Boot sehen konnten - und sie alle hatten nur einen Gedanken: Sie durften den Feind nicht aus den Augen lassen! Doch die Entfernung zwischen den beiden Booten wuchs ständig. Würden Leo und Irene doch noch entkommen? Allein der Gedanke war schrecklich. »Oh Tim«, murmelte Georg. »Wenn wir all das umsonst durchgemacht haben!« -149
»Mach dir keine Sorgen, Georg«, sagte Anne mitfüh lend. »Denk dran, dass sie kaum noch Benzin im Tank haben!« »Das kann man allerdings kaum glauben!«, grunzte Richard. »Sie haben eine enorme Geschwindigkeit.« »Oh, seht doch!«, rief Julius plötzlich aus. Sie alle strengten die Augen an - und dort vor ihnen wurde der weiße Fleck immer größer. »Wir holen sie ein!«, sagte Anne. »Das überrascht mich nicht«, rief Georg beglückt. »Sie haben kein Benzin mehr und liegen fest!« Und genauso war es. Der Benzintank des Motorboo tes war leer. Jetzt waren die Diebe ihren Verfolgern aus geliefert - alles, was die Polizisten tun mussten, war, an Bord zu gehen und Leo und Irene zu überwältigen. »Ich hoffe, sie legen es nicht auf einen Kampf an«, murmelte Onkel Quentin. Er machte sich Sorgen um die Kinder. Darum befahl er ihnen, in die kleine Kajüte zu klettern, wo sie sicher wären, falls es zu einem Kampf kommen sollte. Die Fünf Freunde gehorchten zögernd. Als das Boot mit dem Polizisten am Steuer das Boot der Gauner fast erreicht hatte, legte der Inspektor die -150
Hände trichterförmig an den Mund und rief: »Geben Sie auf! Sie sind festgenommen! Nehmen sie die Hände hoch und kommen Sie zu uns an Bord.« Die Diebe konnten bewaffnet sein, sodass die Situa tion nicht ungefährlich war, doch der Inspektor und der Streifenpolizist waren starke, tapfere Männer. Sobald die zwei Motorboote nebeneinander lagen, sprangen die Polizisten an Bord von Leos Boot. Zur großen Erleichterung von Onkel Quentin gaben Leo und seine Frau kampflos auf. Der Streifenpolizist legte ihnen sofort Handschellen an - sie waren festge nommen! Die Kinder hatten von der Kajüte aus alles mit ange sehen. Jetzt eilten sie triumphierend an Deck. Doch ihre Hoffnungen wurden zerschlagen, als Leo auf die Frage des Inspektors antwortete: »Bilder? Ich weiß nicht, was Sie meinen - es sind keine Bilder an Bord! Wir wollten nur einen kleinen Ausflug machen!« »Ach ja?«, sagte der Inspektor. »Und was war das für ein Bündel, das Sie über Bord geworfen haben, kurz be vor wir Sie eingeholt haben?« »Bündel? Oh, nur ein paar alte Kleider, die wir los werden wollten!« -151
Die beiden Polizisten sahen sich sprachlos an. Hatten die Diebe wirklich ihre Beute ins Meer geworfen? Wenn das stimmte, waren die wertvollen Gemälde verloren, und zudem gäbe es keinen Beweis mehr gegen Leo, Simmy und Irene! Das wäre schrecklich! »Durchsuchen Sie doch das Boot«, fügte Leo sarkas tisch hinzu. »Sie werden nichts finden!« Der Inspektor und der Streifenpolizist durchsuchten das Boot. Doch zu ihrem Ärger mussten sie der Tatsa che ins Auge sehen, dass die Bilder nicht da waren. Sie waren spurlos verschwunden. Georg hätte vor Wut weinen können. »Oh, bitte - las sen Sie uns mitsuchen!«, bat sie. »Ihr Kinder nehmt euch wirklich sehr wichtig, stimmt's?«, murmelte der Inspektor, doch er fügte hin zu: »Also gut, wenn ihr wirklich wollt.« Die Fünf Freunde stiegen an Bord von Leos Motor boot. Doch sie konnten nichts finden. Es gab in dem kleinen Boot absolut keine Spur von den Bildern. Da sahen sich Richard und Georg plötzlich an. Zwi schen ihnen befand sich ein kleiner, plastikbezogener Sitz, den sie angehoben hatten, um zu sehen, was sich -152
in dem Stauraum darunter befand. Es war nichts dort -aber der Plastikbezug des Sitzes selbst sah ziemlich ausgestopft aus! Anne beugte sich darüber und erkannte, dass man den Sitz an einer Seite aufgeschnitten und hastig wieder zugenäht hatte. »Ja, die Bilder könnten hier drin versteckt sein«, sagte Julius. Und das waren sie auch! Als die Kinder die Bilder tri umphierend aus der Kajüte brachten, schüttelte der Inspektor ihnen allen die Hände und entschuldigte sich dafür, dass er vorher so ruppig zu ihnen gewesen war. »Gut gemacht!«, sagte er. »Das Bündel, das die Diebe
über
Bord
geworfen
hatten,
sollte
uns
täuschen und uns in dem Glauben lassen, die Bilder wären verloren! Aber ihr habt sie gefunden - Sherlock Holmes wäre stolz auf euch gewesen!« Im
Felsenhaus
feierte
man
ausgelassen
den
Neujahrstag. Onkel Quentin war nicht mehr böse auf Georg. Im stolz mittags
auf gab
Gegenteil - er sagte, er sei sehr die der
Kinder.
Um
Radiosender -153
die
zwölf
Uhr
Festnahme
der restlichen Bande Roddy Gordons bekannt und be richtete von der Rückgabe der Bilder. Die Fünf Freunde wurden namentlich erwähnt. »Schön, schön!«, lächelte Tante Fanny. »Vermutlich werdet ihr alle morgen in der Zeitung stehen.« »Das ist nicht wichtig«, sagte Julius. »Wir haben der Polizei geholfen, die Diebe zu fassen und die Bilder zu rückzuholen, das ist alles, was zählt!« »Und wir hatten viel Spaß«, fügte Richard hinzu. »Ja - so mögen wir es!«, stimmte Georg zu und lä chelte. »Spaß zu haben und helfen zu können! He, die Fünf Freunde sind wieder Spitze! Stimmt's nicht, Tim?« »Wuff!«, sagte Tim und wedelte mit dem Schwanz.
Die weltberühmten Fünf Freunde sind Anne, Georg (die eigentlich Georgina heißt, Richard, Julius und Tim, der Hund. Wenn sie gemeinsam die Ferien verbringen, sind Spaß und Spannung garantiert - denn Abenteurer erleben immer Abenteuer. Die Fünf Freunde sind nicht nur unternehmungslustig, sondern auf pfiffig und findig, und so lösen sie manch kniffligen Fall. Im Warenhaus von Felsenburg wurde eingebrochen. Haben die Diebe es auf die Teddybären abgesehen, die dem Warenhaus kurz vorher geliefert worden waren? Dieser Verdacht der Fünf Freunde be stätigt sich, als Anne einen der Bären, den sie geschenkt bekommen hatte, aufschneidet. Sie entdeckt darin einen Plan, der das Versteck von Diebesgut verrät. Jetzt sind die cleveren Kinder auf der richtigen Fährte...
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