scanned by Manni Hesse
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scanned by Manni Hesse
JANUAR Nun liegt die Welt umfangen von starrer Wintersnacht. Scheffel ach einer kalten Nacht, in der ein dicker brodelnder Nebel alle Gegenstände unsichtbar eingehüllt hatte wie die schwärzeste Finsternis, hat die Sonne in strahlender Reinheit ihre kurze Tagesbahn angetreten und leuchtet in unser Fenster, W i r wissend was wir nun draußen zu erwarten haben. Vor den Toren unseres Wohnortes breitet sich in Reif und Schnee der W a l d bald über ebenes, bald über hügeliges Land aus. W i r wandern hinaus und haben einen langen Hügeldamm zu überschreiten, der sich quer über unseren W e g legt. Welche Zauberpracht liegt vor unserem Blickl D a s Land ist in ein sanftes Weiß gekleidet. Der Nebel der verflossenen Nacht verdichtete sich als Rauchfrost in den Kronen der Bäume und hat den W a l d bis in die Wipfel aüfs schönste verwandelt. Ein Rabe läßt sich über uns auf den Zweigen eines einsam stehenden Baumes nieder und überschüttet uns mit einem Regen glitzernder Kristalle, die von dem gebogenen Aste absprangen. Ganz nahe breitet sich, mit unbetretenem Schnee bedeckt, eine kleine Waldwiese aus, rundum vom Waldrande eingefaßt, dessen Stämme sich tiefdunkel aus der weißen Fläche erheben. Die nach oben hin feiner werdende Verzweigung des Geästes geht in ein immer reineres Weiß über, bis es endlich an das klare Himmelsblau trifft. Die Waldwiese ist unser Morgenziel; auf ihrer weißen Decke und in dem-angrenzenden Revier wollen wir Fäbrten und Spuren ablesen. Metermaß, Block und Bleistift haben wir zu uns gesteckt. Über die Spuren unserer Haustiere sind wir uns im klaren. Sollst könnte es peinliche Verwechslungen geben. Erst wenn wir die Spuren der Haustiere von den Wildspuren trennen können, werden wir draußen manches leichter „ansprechen" können. Da sind zunächst' einmal die Abdrücke von Ziege, Schaf oder Kuh. Deutlich erkennen wir, daß diese Tiere nur mit den zwei Vorderzehen auftreten, die beiden Hinterzehen sind kleiner und sitzen so hoch, daß sie den Boden nichfinehr berühren. Anders ist es beim Schwein: Bei ihm sind alle vier Zehen im Abdruck zu erkennen, die der beiden Hinterzehen allerdings kleiner. Hund und ' Katze zeigen in ihren Abdrücken die fünf Fußballen. Beim Hund erkennen wir an den nach vorn zeigenden Ballen die Abdrücke der Krallen,
die,bei der Katze fehlen, denn sie trägt ihre Krallen beim Gehen eingezogen. Diese Beobachtungen reichen zunächst aus für die erste „Fährtensuche". Schnell noch ein paar Fachausdrücke, die jeder rechte Waldläufer beherrschen muß: Mit ,.Tritt" und ,,Trittsiegel" bezeichnet man den einzelnen Fußabdruck, das ,,Trittbild" ist das Gesamtbild der vier zusammengehörenden Fußabdrücke. Bei Hirsch, Reh und Wildschwein, die wegen der „Schalen", der hornigen Teile ihrer Füße zum „Schalenwild" gerechnet werden, nennt man die fortlaufende Reihe der Tritte die ,.Fährte", beim anderen Wild, bei Hase also und Kaninchen, Fuchs und Marder heißt sie „Spur". Vögel haben weder Spur noch Fährte, sondern ein „Gelaufe" (siehe Abbildung Seite 5). Da haben war schon die erste Spur: zwei hintereinanderliegende etwa kreisförmige Eindrücke, davor zwei längliche, die nebeneinander stehen. Es ist Meister Lampes, des H a s e n Spur. Er überspringt mit seinen Hinterläufen die Tritte der Vorderläufe, im Trittbild liegen also die Tritte der Hinterläufe vor denen der Vorderläufe. Das muß man wissen, will man die Richtung, in der Lampe sich fortbewegt hat, richtig angeben können. Hier ist sein friedliches „Rutschen" in ein schnelleres „Hoppeln" übergegangen, die Eindrücke der Hinterläufe werden stärker, die Abstände weiter, und jetzt ist er „flüchtig" geworden, in weiten Sätzen (wir messen sie nach) ist er auf und davon gegangen. Merkwürdig, daß am Waldrand ein Hund entlariggelaufen sein soll, die Spur sieht jedenfalls zunächst ganz so aus. Und doch war es kein Hund, sondern ein F u c h s. Aufgemerkt: Beim Fuchs stehen die beiden mittleren Ballen viel weiter nach vorn als beim Hund. Wenn man die Eindrücke der Hinterkrallen durch eine Linie verbindet, so liegen die Vorderballen beim Fuchs fast ganz vor dieser Linie, beim Hund aber läuft sie mitten durch die Vorderballen hindurch. W^ie auf eine "Schnur gezogen lie^gt Trittsiegel hinter Trittsiegel; Reinecke setzt beim Traben seine Läufe in eine Reihe, er „schnürt". Das Trittbild des flüchtigen Fuchses zeigt vier längliche Eindrücke im Schnee, und zwar liegen drei hintereinander, der vierte vorderste etwas nach auswärts. Hier sind R e h e zu Holze gezogen. Die Fährte erinnert mit den in der Mitte gespaltenen Abdrücken an die von Schaf und Ziege. Der Tritt ist knapp drei Zentimeter breit und vier Zentimeter lang. Wenn das Reh ungestört („vertraut") zieht, setzt es seine Hinterfüße genau in die Tritte der Vorderfüße, beim „Trollen" wird die Fährte unregelmäßig und die des flüchtigen Rehes zeigt jeden Fuß besonders abgedrückt. Welch ein Unterschied in der Schrittlänge, -wenn das Reh vertraut zieht, und in der Sprungweite, wenn es flüchtig ist. Beim Hirsch, dessen Fährte nur wenige Glückliche finden werden, mißt ein Schritt zwischen J
dreißig und sechzig Zentimeter, die Sprungweite beträgt bis zu sieben Meter. Seine Fährte ähnelt sehr der dem Rehes, jedoch sind alle Maße entsprechend größer; der Tritt ist sechs bis zehn Zentimeter lang und dreieinhalb bis sechseinhalb Zentimeter breit. Da steht eine Fährte, deren Tritte ausschauen wie die des Hausschweins. S a u e n sind's, Wildschweine. Deutlich sind die Abdrücke der beiden kleineren Hinterzehen, des „Geäfters", hinter den beiden vorderen großen Eindrücken zu erkennen. Überall im nahen W a l d finden wir die Spur des E i c h h ö r n c h e n s , die der des Hasen ähnelt. Da es hüpft, stehen seine Tritte paarweise nebeneinander, und zwar die großen Tritte der Hinterfüße vor den kleineren der Vorderfüße. Und dort die Spur seines Feindes, des B a u m m a r d e r s . Sein Trittsiegel hat große Ähnlichkeit mit dem der Hauskatze, Ballen und Zehen sind meist nur undeutlich abgedrückt. W e r ein rechter Waldläufer ist, wird noch viele andere Zeichen im Schnee finden. Am schönsten ist es natürlich, man kann sie selbst durch geduldiges Beobachten aufklären. Gelingt das nicht, so macht man eine genaue Skizze, trägt alle Maße ein, vergißt auch nicht den Ort der Beobachtung (Feld, Ackerrain, Flußufer, Waldrand) aufzuschreiben und fragt den Förster oder einen erfahrenen W a l d - und Wildkenner. Sie werden uns gern Auskunft geben, wenn sie an unseren Skizzen sehen, daß es uns Ernst ist um die Naturbeobachtung. Beobachtungen im Januar (Abbildungen Seite 5) (Härtung,* Eismonat, Hartmond, Schneemond, Wintermond, österr. Jänner) D e r M o n a t : Der Januar ist nach dem römischen Gott Janus benannt, dem doppelgesichtigen-Schutzgott der Haustüren, der in der Rechten 300, in der Linken 65 Steinchen hielt, gleich den 365 Tagen des Jahres. Gott des Ursprungs und des Anfangs. Als Monat im 7. Jhrh. v. Chr. eingeführt, seit 1582 allgemein Tag des Jahresanfangs. Bis dahin begann das Jahr meist am 25. Dez., im Trierischen-a"m 25. März, im Obermaingebiet am Ostersonntag. T a g e s l ä n g e : Anfang des Monats 7 Stunden 45 Min., Mitte des Monats 8 Stunden il Min. Kljm a : Kältester Monat des Winters. Der Winter dauert astronomisch vom 21. Dez. bis 23. März, meteorologisch umfaßt er die Zeit vom 1. Dezember bis 28./29* Februar. Frosttage sind Tage, an denen das Thermometer, wenn auch nur kurz, unter 0° sinkt; Eistage, an denen mindestens 24 Stunden lang Frost herrscht. Tiefste Kälte Bi Deutschland bisher — 37,2°, höchste bisher erreichte Winterwärme 24,5°. A l l g e m e i n e N a t u r b e o b a c h t u n g e n : Rauhreif: Die Luftfeuchtigkeit friert, wenn die Temperatur der Gegenstände, an denen sie sich festsetzt, unter 0° sinkt. Eisblumen bilden sich am Fenster,- wenn die Temperatur der Scheiben unter 0° liegt. Schnee als schlechter Wärmeleiter schützt den Samen der einjährigen Pflanzen und die Wurzeln und Knollen 4 .
Fährten und Spuren
Sau Hirsch Reh V — Vorder-, H = Hinterlauf rutschend
Hasenspur hoppelnd flüchtig
«i
Fuchs
Hund
Spur des Eichhörnchens
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der zweijährigen. / Als Wintersaaten sind Im Boden: Winterroggen, Winter- | weizen, Wintergerste, Winterhafer, Winterraps, Winterrübsen. / In schneearmen Wintern Schnee von der Straße auf die Beete bringen! T i e r w e l t : Winterschlaf halten wegen der Kälte und des Nahrungsmangels im Boden oder in Verstecken: Schnecken, viele Insekten, manche Fische, Fledermäuse, Iget, Hamster. Murmeltiere, Siebenschläfer. Sie zehren bei herabgesetzter Atmung, mäßiger Herztätigkeit und geringer Körpertemperatur vom aufgespeicherten Fett. Sie wachen bei 2,3—4"-Wärme auf, machen sich Bewegung und suchen wärmere Schlafstätten auf. / Nutzwild jetzt mit Heu, Garben, ungSdroschenem Hafer, Laubheu von Pappel, Erle, Esche, Hasel, Salweide füttern, das von Juni bis August geschnitten und getrocknet ist. Am Futterplatz Auslegen von Kastanien, Eicheln, Gerste Buchweizen, Mais, Druschrückständen. / Bis zur Monatsmitte Jagd auf Hasen. Füchse, Kaninchen, Schwarzwild haben keine Schonzeit. Füchse paaren sich (Ranzzeit)*). / Vögel jetzt leicht zu unterscheiden, da sie uns nahekommen. Es sind bei uns •geblieben: Baumläufer, Bussard, Sperling, Meise, Goldammer, Stieglitz, Gimpel, Krähe, Zaunkönig, Haubenlerche, oft auch Buchfink, Specht, Amsel, Rotkehlchen, Star, Reiher, Falke,Grünfink. — Vögel die zum W7inter zu uns gekommen sind: Schneeammer, Schneefink, Berghänfling, nord. Drossel. Wildente, Eisente, Wildgans, Nebelkrähe, Bergfink, Eisvogel, Tannenhäher, Seidenschwanz, Erlenzeisig. An milden Tagen zwitschern: Zaunkönige, Bäumläufer, Meisen, Goldammern. Am P'enster vor allem die Meisen: Kohlmeisen, Blaumeisen, Sumpfmeisen, Tannenmeisen, Schwanzmeisen. Meisen sind Tier- und Pflanzenfresser; fressen täglich an Futter etwa ihr eigenes Gewicht. Fütterung (keine feuchten Brotkrumen), bei Frost Fettzutaten. Täglich frisches Wasser, das nicht einfrieren darf. / An schönen Tagen Scharen von Wintermücken, Winterschnaken, langbeinig und schmal. Sie stechen nicht. P f l a n z e n w e l t : Es blühen'draußen-: weiß: Vogelmiere; grünlich ; einjähr. Rispengras; gelb: Vogelkreuzkraut; weiß: Schneerose; weiß und' gelb: Gänseblümchen. / Im Zimmer blähen: Begonien, Fleißiges Lieschen, Klivie, Alpenveilchen, Weihnachtsstern, Amaryllis, Hyazinthe, Tulpe, Primel. / Merkmale, die beim Erkennen der Bäume wichtig sind: Knospen, Stellung der Zweige. Stamm und Rinde, trockene Früchte. / Jahresringe beim Holzfällen beobachten! Sie entstehen (nur in Gebieten mit Sommer und Winter) dadurch, daß sich im Frühjahr weite Zellen im Holz ansetzen, im Verlaufe des Sommers enge Zellen. So legen sich deutlich abgehobene Schichten umeinander, jedes Jahr ein Ring. Das Baumalter läßt sich also an den Ringen abzählen. Die Dicke der Ringe läßt wachstumsgünstige und dürre Sommer erkennen. / In schneefreien Lagen wird Mist auf die Acker ausgefahren, Tomasmehl, Kali gestreut und gekalkt. *) Mit einem Sternchen bezeichnete Stichwörter sind im Test ausführlicher behandelt.
FEBRUAR
„Mit Eis bedeckt ist noch der See noch herrscht im Walde Winter Schweigen — Sieh da fallt Goldstaub auf den Schnee von der blühenden Hasel Zweigen."
I \% n den ersten milderen Vorfrünlingstagen erwachen die Blüten' des r i a s e l n u ß s t r a u c h e s . Während des Winters standen die langgestreckten Haselkätzchen starr und steif von den Zweigen ab, jetzt aber strecken sie sich in die Länge, werden weich und biegsam und hängen wie Troddeln herab, 'während gleichzeitig die Schuppen auseinanderrücken. Sehen wir uns einmal so ein Kätzchen genauer an: An dem senkrecht herabhängenden Stengel sitzen zahlreiche „Kätzchenschuppen'', deren Unterseiten zwei zarte Blätter und darunter acht Staubgefäße tragen. An sonnigen windigen Tagen „stäuben" die Kätzchen, kleine Wolken goldgelben Blütenstaubs, werden vom W^ind verweht und zu den Stempelblüten getragen. Sie sind etwas schwieriger zu finden als die Staubblüten, sitzen aber ebenfalls am gleichen Strauch, dick geschwollene Knospen, aus deren Spitze purpurrote Fädchen herausragen. In der Mitte dieser Knospen sehen wir einige Schuppenblätter, die an ihrem Grunde je zwei Stempel tragen. Mit der Lupe kann man deutlich den runden, von einer zerschlissenen Hülle umgebenen Fruchtknoten erkennen, der sich in zwei der roten, dichtbehaarten Fäden,den Narben, fortsetzt. Auf diese Narben, die mit ihren Härchen rechte „Stäubfänger" sind, trägt der Wind den Blütenstaub, und im Laufe des Sommers wächst aus dem Fruchtknoten die süße Haselnuß. Der Botaniker nennt Pflanzen, die wie die Haselnuß nicht von Insekten bestäubt werden, „Windblütler". Solche Pflanzen können natürlich auf alle die Anlockungsmittel der Insektenblütler, auf leuchtende Farben, lieblichen Duft und süßen Hohig verzichten. Auch die Nadelbäume und viele Laubbäume sind Windblütler. Weiter merken wir uns, daß der Haselstrauch „getrenntgeschlechtlich" ist, weil Staubgefäße und Stempel nicht wie bei den meisten Blumen in -«iner Blüte zusammengefaßt sind, sondern jede in eigenen Blüten vorkommen. Diese beiden Arten von Blüten stehen aber auf einem und. demselben Strauch, man sagt deshalb, dfe Hasel sei ein „einhäusiges" Gewächs. Die Weide beispielsweise ist zweihäusig, bei ihr sitzen die Staubkätzchen auf dem einen, die Stempelblüten auf einem anderen Baum. Im nassen Bruch, am Flußufer und auf feuchtem Grund wachsen die düsteren E r l e n . Im Winter erkennt man sie leicht an den gestielten Knospen. Zur selben Zeit wie die 7
Hasel stäubt auch die Erle, deren Staubkätzchen denen des Haselnuß- 1 Strauches ähneln, während die kleinen Stempelblüten auf kurzen I Stielen sitzen. Im Garten, seltener in seiner ursprünglichen Umgebung', in feuchten,« Hainen und auf Wiesen, wächst das S e h n e e g l ö c k c h e n aus d e r S „Vorratskammer" seiner unterirdischen Zwiebel empor und öffnet seine I zierliche Blüte. Die Insekten, die an frühen linden Tagen schon fliegen, • holen sich hier den ersten Honig und werden dabei mit dem Blütenstaub 1 beladen, den sie dann zur nächsten Blüte tragen und dort am Stempel 1 abstreifen. Im Vorfrühling verbietet aber die Witterung den Insekten ™ oft tagelang das Fliegen, dafür bleibt die Blüte des Schneeglöckchens bei schlechtem Wetter wochenlang frisch, jederzeit bereit, ein besuchendes Insekt mit Blütenstaub zu überschütten. Aber selbst, wenn das nicht geschieht, ist das Schneeglöckchen nicht wegen seines Fortbestehens in Verlegenheit: Mit Hilfe seiner Zwiebel vermag es sich in das nächste Jahr hinüberzuretten, es hat aber außerdem die Möglichkeit, / sich durch Brutzwiebeln zu vermehren (siehe Abbildung Seite 9). Auf feuchten Äckern, an Straßen- und Grabenrändern entfaltet als S erster Frühlingsgruß der H u f l a t t i c h seine gelben Blüten. Er gehört zu den Korbblütlern, bei denen zahlreiche kleine Blüten zu einem bluten- I köpfchenartigen Blütenstand gehäuft und von einer gemeinsamen Hülle umgeben sind. Sonnenblume und Gänseblümchen, Arnika und Kamille, Aster und Kornblume, Löwenzahn und Wegewarte sind solche Korb- • blütler. Erst viel später als die Blüten erscheinen die sehr großen, an 'S der Unterseite mit weißen Filzhaaren besetzten Blätter. (Seite 9.) Die ersten Z u g v ö g e l kehren jetzt schon zurück. Die Stare schwatzen, quietschen und zwitschern auf den noch kahlen Bäumen, die Lerchen kommen auf ihre Äcker zurück, auf den nassen AViesen erfreuen wir uns am taumelnden Flug des schwarzweißen Kiebitz, der uns mit lautem ,,Ki-uit" umgaukelt. Auch die Bachstelzen sind wieder da; überall wo es eine Pfütze gibt oder ein noch so kleines Wasserrinnsal, huschen sie elegant umher, hübsch schwarz-weißgrau gezeichnet und keck mit dem „Wippsteert" winkend. Aus dem Nadelwald schallt der feierliche, amselähnliche Gesang der Misteldrossel. „Hornung" heißt im Altdeutschen der Februar, weil jetzt die H i r - j s e h e ihr Geweih abzuwerfen beginnen, und zwar die starken, alten Hirsche zuerst. Die W^interschläfer, der D a c h s und die F l e d e r m ä u s e erwachen, auch einige Insekten rappeln sich aus der Winterstarre auf. An sonnigen Tagen zu Ende des Februar beginnt gar der braune G r a s f r o s c h mit dem Laichgeschäft, viel früher als sein grüner Vetter, der Teichfrosch. Die dicken gallertartigen Klumpen seines Laichs, in die i
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Das Schneeglöckchen und sein J U ü t e n d i a g r a m m " , ein vereinfachtes Bild des Blütenaufbaus Der Huflattich
Der seltene Käfer Cerenota, der zur Schneeschmelze erscheint
Laich des Grasfrosches
Der Wintgrhaft mit den schnabelartigen Mundwerkzeugen
die schwarzen Eikugeln eingebettet sind, liegen zunächst am Grunde des Wassers, steigen aber bald an die Oberfläche. Überall regt sich das Leben, und wer Schlackerschnee und aufgeweichte Wege nicht scheut, kann eine Fülle schöner Beobachtungen aus Pflanzen- und Tierwelt sammeln, Beobachtungen im Februar (Abbildungen Seite 9)
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(Horiiung, österr.: Feber) D e r M o n a t : Februar (lat. Februarius von februa, Reinlgungs-, Sühneopfer) war für die Römer bis zur Einführung des Julian. Kalenders (45 v. Chr.) der Sühne- oder Reinigungsmonat vor Beginn des neuen Jahres. Da er der letzte Monat der Römer war, erhielt er den Schalttag. / T a g e s I ä n g-e: Anfang des Monats 9 Stunden 2 Min., Mitte des Monats 9 Stunden 55 Min. K l i m a : ähnlich wie im Januar. Mitte Februar häufig starker Kälterückfall. A l l g e m e i n e N a t u r b e o b a c h t u n g e n : Bei Einbruch von • Kä-ltemassen in erwärmte Landstriche entstehen durch Reibung der kalten mit den warmen Massen manchmal Wintergewitter, die meist einer dunklen tiefen Wollcenwalze vorangehen. Wintergewitter sind blitzarm,, „werfen I die Wetterlage um", bringen vielfach den letzten Schnee des Winters. M Schneefall ausgiebig besonders in der Nähe des Gefrierpunktes, dann auch die großen Schneellocken. Schneefall in Deutschland auch bei Temperaturen bis —20° C möglich. / Glatteis entsteht, wenn es nach hartem Frost regnet. / Nebel sind bis auf die Erde reichende Wolken. T i e r w e l t : Starke Hirsche werfen Geweihe ab (Hornung)*, Rehe haben Bastgeweih. Abschuß des Edel-, Dam-, Garns,- und Rehwildes und der Hasen ruht. Ende der Jagd auf Wildgänse,. Wildenten. Sie beginnen sich zu paaren (reihen). Ranzzeit der Füchse geht Mitte des. Monats zu Ende. Maulwürfe werfen Haufen auf, Eichhörnchen werden munter. „KatzeHBfngen." / Anstand auf Fischotter. Für Fische Eisdecke offenschlagen. / Igel, Dachs, Fledermäuse erwachen aus dem Winterschlaf bzw. aus der Winterruhe. Der Dachs bringt Junge. / Erste Zugvögel kehren zurück: Lerchen, Bachstelzen*, Rotkehlchen, Stare, Kibitz*. — -Wintergäste verlassen uns: Schneeammer, Seidenschwanz, nordische Finken, Tannenhäher. Es beginnen zu singen: Amsel, Fink, Hausrotschwanz, Lerche, Goldammer, Baumläufer, Misteldrossel*, Star. Es ist höchste Zeit, Nistkästen aufzuhängen. / Auf dem Schnee im Gebirge der Gletscherfloh (Springschwanz) oft in Massen. Im Schnee auch der Wintergast, (auch Gletschergast', Schnabelgrille genannt, mit schnabelähnlichem Kopf) und der Schneefloh. / Infi Waldlaub Wolfspinnen und Haingrillen. Draußen erste Zitronenfalter und der Kleine Fuchs (Schmetterling). P f l a n z e n w e l t : Es blühen: grünlich: Haselnuß*, Erlen, Lambertsnuß; weiß: Vogelmiere, Schneerose, Frühlingssafran, Kleines und Großes Schneeglöckchen; gelb: Vogelkreuzkraut, Gelber Safran, Huflattich*; blau: Frühlingssaffan; weiß und gelb: Gänseblümchen. / Auf den Feldern wirdStickstoffdünger auf die abgetrockneten Wintersaaten gebracht. Der Ausdrusch ist beendet. 10
MARZ „Vom Eise befreit sind Strom undJSäche Durch des Frühlings holden belebenden Blick, Im Tale grünet Hoffnungs-Glück." Goe.tke. as an linden Februartagen leis sich ankündigte, ist Wahrheit geworden: der Fühling ist da. Hasel und Erle harten im Februar den Vorfrühling eingeläutet, jetzt leuchtet^allenthalben das Gold der W e i d e n k ä t z c h e n . Ein silberweißes, seidenweiches Haarkleid war Ende Februar, Anfangs März aus den aufgesprengtenKnospenschuppenhervorgequolIen und hatte die zarten Blüten gegen Frost und Trockenheit geschützt. Rasch streckten sich die Kätzchen in die Länge, und jetzt, bevor sich noch die Blätter entwickeln, steht die Weide in voller Blüte. Während der eine Weidenbaüm die prachtig goldgelben, eiförmigen Staubkätzchen trägt, finden wir an einem anderen nur langgestreckte hellgrüne Stempelkä£zchen. Die Weide hat also getrenntgeschlechtliche Blüten wie der Haselstrauch; weil wir aber auf dem einen Baum nur Stempelblüten, auf dem anderen nur Staubkätzchen antreffen, bezeichnen wir die_ AJ^eide im Gegensatz zum einhäusigen Haselstrauch als zweihäusiges Gewächs. Unter jeder der braun-grünen, dicht mit seidigem Haar besetzten Kätzchenschuppen sitzt eine winzige Blüte; die Staubblüte besteht aus zwei Staubblättern mit sehr langen Staubfäden und einer kurzen Honigdrüse, die süß schmeckt, wenn man mit der Zungenspitze kostet. Viele solcher einzelnen Blüten setzen ein ganzes Kätzchen zusammen. Auch die Stempelkätzchen haben unter jeder der vielen Schuppen eine Honigdrüse, dazu den Stempel mit dem grünen, flaschenförmigen Fruchtknoten und der gelben Narbe. Wenn die Haselnuß blüht, dann gibt es kaum Insekten". Der Haselfitrauch ist deshalb ein „Windblütler", dessen Blütenstaub vom Wind zur Narbe des Stempelkätzchens getragen wird. In den ersten sonnigen >VLärztagen aber werden Bienen und Hummeln munter und schwirren nahrungsuchend aus. Die leuchtend gelbe Farbe der Kätzchen und der weithin wahrnehmbare süße Duft des Honigs locken die Insekten an. Die Weidenkätzchen schaukeln nicht lustig im Wind hin und her, jedem Lufthauch folgend, der den Blütenstaub davon tragen soll, sondern stehen steif aufrecht und bieten den besuchenden Insekten einen sicheren Ruheplatz. Der klebrige Blütenstaub haftet leicht an dem dichtbehaarten Körper der Bienen und Hummeln und wird an den Narben der Stempel-
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kätzchen abgestreift, weiyi die Insekten auch hier nach dem süßen Honig suchen. Weil so die Bestäubung der Weide viel sicherer vor sie» geht als die der Haselnuß, bei der stets eine große Menge Blütenstaubs unnütz vom W^inde verweht wird, kommt sie mit sehr viel weniger Blütenstaub aus als der Haselstrauch. ' Erst nach Beendigung der Blütezeit entfalten sich die Blätter. Es gibt eine ganze Reihe von W^eidenarten bei uns, die schwer zu unterscheiden sind. Die S a i w e i d e , die auch Palmweide genannt wird, weil ihre Kätzchenzweige als Erinnerungszeichen gelten an die Palmzweige, die man Christus am Sonntag Palmarum auf den Wreg streute, und die der Botaniker Salix caprea nennt, hat eiförmige, liedernervige und gekerbte Blätter, während die K o r b w e i d e (Salix viminalis), deren biegsame Z,weige man zu Faßreifen und allerlei Flechtwerk verwendet, lanzettliche, fast ganzrandige und unterseits glänzend weißhaarige Blätter hat. Im Laubwald entfalten jetzt die F r ü h l i n g s b l ü h e r ihre Blüten, ehe das dichte Laubdach der Bäume den W^aldboden ganz beschattet. An feuchten Stellen duftet der Märzbecher, auch Frühlingsknotenblume genannt (Leucoium vernum). W i e ein großes Schneeglöckchen sieht er aus, die weißen Blütenblätter unter der Spitze mit, einem grünerYFleck geziert. Die Blüten des zarten Lungenkrauts (Pulmonaria officinalis), das große, herzförmige, weißlich gefleckte Blätter hat, sind erst rot und werden später blau. Hier spielt der wundersame Blüten färbst off Anthozyan seine Rolle. W e i ß leuchten die Blütensterne des Buschwindröschens (Anemone nemorosa), himmelblau die des Leberblümchens (Anemone Hepatica), das jetzt erst seine wintergrünen, unten meist >otgefärb~ ten (wieder das Anthozyanl) und lederharten Blätter verliert. Ende März schließlich entfalten die Himmelsschlüsselchen (Primula elatior mit schwefelgelber Blüte und Primula officinalis mit hochgelber Blüte und fünf orangeroten Flecken im Schlünde; s." April!) ihre Blüten. Am Rande der Wälder des Berg- und Hügellandes schließlich finden wir die rosaroten, ungestielten Blüten des giftigen Seidelbastes (Daphne Mezereum), der seine dem Lorbeer ähnlichen Blätter erst später bekommt. Die Winterschlaf er sind nun alle wieder da, Igel und Fledermaus, Haselmaus und Hamster, und auch die Kriechtiere — Eidechsen unc Schlangen —* und die Lurche .— Molche, Kröten und Frösche •—• erwachen aus der W^interstarre. Am Wasser findet man häufiger noch als zu Ende Februar die dicken gallertigen, schwarzgepunkteten Laichklumpen des Braunen Grasfrosches. W e r Glück hat und die Augen aufzumachen versteht, findet wohl auch am Ackerrain unter der Dornenhecke die ersten winzigen wollenen M ä r z h ä s c h e n, allerliebste Kerlchen 12
die man wohl gern mitnehmen möchte. W i r lassen aber die Finger davon: Niemals darf man Jungwild, seien es kleine Hasen oder junge Rehe, Rebhuhnküken oder sonstiges Junggetier berühren oder gar aufnehmen! Während die schwachen Hirsche noch ihr Geweih abwerfen, trägt der R e h b o c k bereits ein neues Gehörn. Br hatte es im Spätherbst abgeworfen, und während des W i n t e r s ist unter einer schützenden Hautschicht, dem „Bast", das neue gewachsen. Zunächst ist das neue Gehörn knorpelig weich, allmählich verhärtet und v.erknöchert es aber, und jetzt, wo es fertig „vereckt" ist, wird der Bast „gefegt", das heißt durch Reiben an Stämmen und Sträuchern abgestreift. Auchin der V o g e l w e l t gibt es jetzt viel zu beobachten. Im W a l d e trommeln die Spechte, die Singdrossel ist wieder da und ruft ihr volltönendes „Judith, Judith •— David, David, David" über die Baumwipfel, und die Schwarzdrossel singt ihr feierlich flötendes Lied. Aus dem Gebüsch tönt das leiernde Dilm-Delm des Weidenlaubsängers, am Wegrand läßt der Goldammer sein „ W i e wie wie hab ich dich lieb!" ertönen. Aus den Fichten klingen Rotkehlchens perlende Strophen, vom Sti ohdach klappert der Storch, und auf dem Schieferdach sitzt der kleine rußschwarze Hauskobold, der Hausrötel, wippt mit dem roten Schwanz, knixt und stottert sein einfaches Liedchen, das von einem sonderbaren zischenden Kreischen unterbrochen wird. Im Rohr tönt das dumpfe „Ü-prumb" des ,,Moorochsen", der heimlichen Rohrdommel, die Bekassine meckert in den Lüften, Rotschenkel und Brachvogel flöten. Wenn um Oculi die Abenddämmerung hereinbricht und der „Schnepfenstern", die Venus, am Himmel leuchtet, streicht im feuchten, dichten W a l d der „Vogel mit dem langen Gesicht", die Wäldschnepfe mit weichem, taumelndem Flug, mit Puitzen, Quorren und Murksen in Baumhöhe dahin. W a n n man die Schnepfen erwarten kann, lehrt ein alter Jägerspruch, der die Sonntagsnamen mit dem Schnepfenstrich in Verbindung bringt: „Reminiscere -—• auf Schnepfen geh / Oculi •— da kommen sie / Lätare •—• das ist das W^ahre / Judica — da sind sie auch noch da / Palmarum •— Vorbeil Trallirum, trallarum / Quasimodogeniti —- Halt, Jäger, Halt, jetzt brüten sie!" Beobachtungen im März (Abbildungen Seite 15) (Lenz- oder Frühlingsmonat, Lenzing) D e r M o n a t : Der März (lat. Martius) ist nach dem-römischen Frühlings- und Kriegsgott Mars benannt, war im altrömischen Kalender bis 45 v. Chr. der .erste, seitdem der 3. Monat des Jahres. / Am 21. März, dem Tag der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche, beginnt der astronomische Früh13
llng (auf der südlichen Halbkugel beginnt der Frühling am tt. Septem hrr) und dauert bis zum 21. Juni, dem Tag der Sommersonnenwende. — Meteorologisch gilt als Frühling die Zeit vom 1. März bis 31. Mai. Der Frühlingseinzug dauert in Deutschland fünf Wochen. Der Frühling zieht mit einer Tagesgeschwindigkeit von 26 km von Südwest quer durch Deutschland nach Nordost. Botanisch beginnt der Lenz mit dBm Blühen der Johannisbeeren, SÜBT und Sauerkirschen, Schlehen, Birnen, Äpfel, Roßkastanien, Quitten. / T a g e s l ä n g e : Anfang des Monats 10 Stunden 50 Min., Mitte des Monats 11 Stunden 47 Min. K l i m a : 3—4° wärmer als der Februar, 5—6° kälter als der April. A l l g e m e i n e N a t u r b e o b a c h t u n g e n : "Der Ackerboden lag. über Winter in „roher Scholle", damit Frost, Regen und Schnee in ihn eindringen. Jetzt wird der Boden nicht mehr umgeworfen, sondern nur oberflächlich gelockert, geeggt, um die im Winter gesammelte Feuchtigkeit zu erhalten. Die Zeit der Aussaat ist örtlich sehr verschieden je nach Höhenlage, Wetterbedingungen und dem Termin des Frühlingseinzugs. T i e r w e l t : Ihre Winterquartiere haben endgültig verlassen: Igel, Hamster; Hasel- und Feldmaus. Schwache Hirsche werfen ihre Geweihe ab, der Rehbock beginnt sein Bastgehörn zu fegen*. Wildschweine, Hasen, Marder, Kaninchen haben 'Junge; Schonung des nützlichen Haarwildes. Auer- und Birkhahn, Haselhühner und Fasanen beginnen mit der Balz, noch Paarzeit der Enten und Wildgänse. / An Zugvögeln treffen weiter'ein: Wiesenpieper, Hausrotschwanz, Zilpzalp, Singdrossel*, Rotkehlchen, Schnepfe*, Heckenbraunelle, Sumpfohreule, Weihe, Storch, Kranich, Taube und Gans. Weidenlaubsänger, Schwarzkehlchen, Bussard, Turmfalke. Alle „HeinVkehrer" singen. Die Spechte trommeln. Nester bauen: Saatkrähe, Kiebitz, Reiher, Ente, Singdrossel, Amsel. Jetzt ist es Zeit, Schutzhecken, Vogelschutzgehölze anzupflanzen. Bei Frost die Fütterung fortsetzen. / Brauner Grasfrosch* (schwarze Kugeln in Gallerthülle) und Erdkröte (zweireihige Schnüre mit schwarzen Eiern) laichen; erste Froschkonzerte; aus der Winterstarre erwachen Eidechsen, Schlangen; Mäuse und Maulwürfe paaren sich. / Bienen an den Weiden. Wespen, Hummeln und Hornissen beginnen Nester zu bauen; Zitronenfalter, Tagpfauenauge, die beiden Fuchsarten fliegen. / An den Obstbaumknospen der Apfelblütenstecher. / Im Wald Engerlinge, Drahtwürmer, Rüsselkäferlarven als Schädlinge. / Wasserkäfer, Mistkäfer, Leuchtkäfer, Marienkäfer unterwegs. / P f l a n z e n w e J t ' B ä u m e und Sträucher beginnen zu blühen: Elbe, Weide*, Pappel,. Ulnie, Mistel, Buchsbaum; die Aprikose, der Sanddorn, die Kornelkirsche. Auf dem Acker blühen Hungerblümchen und Ehrenpreis. Auf Wiesen und Wegrainen: Maßliebchen, Gänseblümchen, Frühlingsfingerkraut, Kleine Taubnessel, Rote Taubnessel, Hirtentäschel, Schlüsselblume*. Im Wald: Buschwindröschen*, Seidelbast*, Veilchen, Lüngenkraut*, Haselwurz, Nieswurz, Märzbecher*. / Jetzt ist die Zeit Buchen, Eschen, Weißbuchen, Lärchen auszusäen, Eicheln zu stecken,' Birken, Lärchen, Ahorn, Ulmen zu pflanzen. Der Wintereinschlag im Wald "ist zu-Ende. / Auf den Äckern werden die letzten Pflugarbeiten erledigt, Wiesen und Weiden gedüngt, Kartoffelfelder vorbereitet. Beginn der Aussaat von Sommergetreide, Futtergemenge, Faserpflanzen, Frühkartoffeln. / In der Zeit vom 15. März bis 30. September ist es verboten, Hecken und Gebüsche zu roden, abzuschneiden, abzubrennen (Vogelschutz!); die Bodendecke auf Wiesen, Feldrändern abzubrennen (Feuergefahr!); Rohr- und Schilfbestände zu beseitigen (Nistschutz!),
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Link»: weibliche, rechts: männliche Blüte der Salweide
Kehgehörn: oben im Bast unten gefegt Süßlich ist der Duft der rosa Seidelbastblüten
Wasserläufer
Der Apfelblütenstecher
Die Waldschnepfe
IS
APRIL
„Überm Gartee durch die Lüfte Hört' ich Wandervögel zieh*». Das bedeutet Frühlingsdüfte — Unten fängt's schon an zu bluh'nl" Eichendorff.
it Riesenschritten^ geht der - Frühling über das Land. W a s macht es, wenn der Winter uns noch einmal mit einem letzten Schneefall schrecken will, wenn Regenschauer und kalte Winde dem Aprilwetter alle Ehre machen. W i r ziehen hinaus bei jedem W e t t e r ; denn mit jedem Tag gibt es etwas Neues zu erleben. Im Garten leuchten die Blütentrauben des giftigen Goldregens, die Stachelbeere öffnet ihre unscheinbaren grünlichgelben Blüten, und bald beginnt a u A die Obstblüte: Hellrosenrot grüßen uns Mandel und Pfirsich, grünlichweiß Pflaume und Zwetschge, gelbe Staubbeutel in der außen rötlichweißen Blüte zeigt uns der Apfelbaum, rote in weißer Blüte der Birnbaum. Alle Obstbäume sind Rosengewächse, zu denen. auch die Schlehe am Waldrand und am Ackerrain gehört, deren dornige Äste jetzt von weißem Blütenschnee überdeckt sind. Immer noch blühen an feuchten Stellen im W a l d und am Flußufer die Erlen, als letzte die Haselerle, deren Staubkätzchen durch ihre Länge auffallen, und deren verkehrt-eiförmige, feingesägte Blätter rostfarbig-filzige Adern haben. Auf den Wiesen leuchten die zartrosa Blüten des Wiesenschaumkrauts und die gelben der Hahnenfußaiten. Die schönsten Frühlingswiesenblumen aber sind die Himmelschlüsselchen, die Primeln. Primula officinalis ist wohlriechend, ihre Kelchzähne sind kurz zugespitzt, die Blütenkrone ist dottergelb mit orangefarbenen Flecken am Schlünde. Primula elatior ist geruchlos, ihr Kelch hat lang zugespitzte Zähne, die Krone ist hellgelb mit einem dottergelben Ring am Schlünde. Sie hat eiförmige, allmählich in den geflügelten Blattstiel sich verschmälernde Blätter, während die Blätter von officinalis plötzlich in den geflügelten Blattstiel verlaufen. Auch die Blattunterseite zeigt Unterschiede: Bei der Wohlriechenden Schlüsselblume ist sie filzig dünn behaart, bei der geruchlosen Hohen Schlüsselblume kurzhaarig. Einen Strauß Primeln dürfen wir schon pflücken, wollen aber dabei beachten, daß man nach einerj^estimmung des Naturschutzgesetzes den Wurzelstock nie ausgraben oder beschädigen darf, denn er ist die unterirdische Vorratskammer an Nährstoffen, die der Primel das frühe Blühen ermöglicht. Beobachten wir einmal, wie die dicken Hummeln von einer zur anderen 16
fliegen und ihren langen Rüssel in die Blütenkrone versenken, hinab zu den Honigdrüsen, die.unten in der Kronenröhre sitzen. Offnen wir einmal eine Blüte: Ganz oben, am Ausgang der engen Blütenröhre, sitzen fünf kurzstielige Staubgefäße, die mit dem Innenrand der Kronenröhre verwachsen sind und sich nach innen öffnen. Zwischen den Staubbeuteln hindurch muß die Hummel den Rüssel hinabsenken, will sie zu dem süßen Saft gelangen. Aber dabei stößt sie mit ihrem Kopf an die Staubbeutel, und dicht gepudert wird ihr Kopf dabei mit Pollenstaub. Nun fliegt sie weiter zum nächsten Himmelschlüsselchen. Aber wie merkwürdig —• hier schaut ja bei jeder Blüte die Narbe des Griffels aus der Öffnung der Blume hervor, während der Griffel der Blüte, die wir eben geöffnet haben, in halber Höhe der Kronenröhre stand. D a s müssen wir untersuchen! 'Wir stellen fest, daß die Blüte« dieses zweiten Himmelsschlüsselchens ganz anders eingerichtet sind. Die Staubbeutel stehen hier nicht oben, am Eingang zur Blüte, sonderji in halber Höhe, dort also, wo bei der ersten Blüte, der Griffel zu Ende war. W i r erkennen: Es gibt kurzgriffelige und langgriffelige Primelblüten. Denken wir einmal nach! W e n n die Hummel sich an der kurzgriffeligen Blüte, deren Staubbeutel hochstehen, den Kopf eingepudert hat, und dann zu einer langgriffeligen Blüte kommt, so streift sie den Blütenstaub auf den langen, zur Blüte herausschauenden Griffel ab. Befliegt sie jedoch zuerst eine langgriffelige Blüte mit den versenkten Staubbeuteln, so pudert sie ihren Rüssel mit dem Pollenstaub ein, wenn sie ihn zur Honigdrüse hinabsenkt. Kommt sie dann zu einer kurzgriffeligen Primel, so muß sie auf dem W e g zum Honig den Pollen vom Rüssel an dem Griffel abstreifen, der in halber Höhe der Blütenröhre steht. Untersuchen wir unsere Primeln einmal auf Lang- und Kurzgriffeligkeit, so finden wir, daß auf einer Pflanze entweder nur kurz- oder nur langgriffelige Blüten stehen, und nun wird uns der Sinn dieser Verschiedengriffeligkeit (der Botaniker spricht von Heterostylie) klar. Auf diese W^eise wird die Selbstbestäubung, bei der Blütenstaub auf die Narbe der gleichen Pflanze gelangen würde, vermieden und die Fremdbestäubung gesichert. Versuche mit künstlicher Selbstbestäubung haben die Richtigkeit dieser Annahme bestätigt: Selbstbestäubte Primeln bilden nur wenig Samen, und die daraus gezogenen Pflanzen werden schwächlich und anfällig. Bei Fremdbestäubung aber liefern die Primeln reichlich Samen und erzielen eine kräftige Nachkommenschaft. Beim Lungenkraut, das jetzt im Laubwald blüht, können wir dieselbe Erscheinung beobachten. Hier kommt bei Selbstbestäubung sogar überhaupt keine Befruchtung zustande. N%ch weiter geht der Blutrote Weiderich, der von Juli bis September in feuchten 17
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Gebüschen und au Gräben seine z&iüreichcn purpurrotem- ßlütenquirW^ 4 entfaltet, mit der Verschiedengriffeligkeit. Bei ihm gibt es nämlich Stempel und Staubblätter gar in dreifach verschiedener Länge, und volle Fruchtbarkeit tritt nur ein, wenn Blütenstaub auf eine Narbe a kommt, dessen Griffel die gleiche Höhe hat wie die Staubbeutel, von denen der Pollen stammt. Immer mehr Singvögel kommen nun zurück, und schon muß man sehr gut Obacht geben, will man aus den allenthalben tönenden Liedern die einzelnen Sänger heraushören. Metallisch klar schmettert der Edelfink sein „Tititi Würzgebier", und melodisch antwortet ihm mit fast der gleichen Strophe, aber in melancholischem Moll der Fitislaubsänger ,,Dididi düe dea dea deia da". Im Laubwald schwirrt der Waldlaubsänger sein „Ipp sipp sipp sipp sirrr", und der Baumpieper, der fast wie eine Lerche aussieht und wie ein Kanarienvogel singt, wirft sich jauchzend in die Luft und krönt sein schönes Lied im Niederschweben mit jubelndem ,,Zia zia zia". Auf den Viehweiden rennt'hurtig die schwefelgelbe Schafstelze herum, und die Schwalben sind wieder da und erfreuen uns mit ihrem traulichen Gezwitscher. „Füid tektek" lockt der Gartenrotschwanz, der zierliche, zutrauliche Vogel mit dem schwarzen Gesicht, dem kreideweißen-Stirnband und der-^ziegelroten Brust. Seinen Gesang kann man nicht verkennen, die hübsche Strophe beginnt regelmäßig mit einem Anschlag, der den Rhythmus „Fingerling" hat (der v Lateiner sagt Daktylus 1). Auch die Grasmücken sind heimgekehrt. Der Plattmönch, dessen Männchen ein schwarzes Käppchen trägt, während das Weibchen eine rotbraune Mütze hat, beginnt leise zwitschernd sein Lied mit einem Vorgesang, der dann plötzlich übergeht in den lauten, jubelnden prächtigen „Überschlag". Kraftvoll flötend tönt das Lied der unscheinbar grauen Gartengrasmücke, der beste« Sängerin unter den „Grauschlüpfern" — das bedeutet nämlich eigentlich der Name Grasmiegen, GrauSchmiegen —• und „ 1 2 3 4 5 6 7" ist der Rhythmus des etwas einfacheren Liedes der häufigsten Grasmücke, der Dorngrasmücke. Die kleinste unter ihnen, die Zäungrasmücke, erkennt man an dem „Millillillillillill" das sie dem unermüdlichen Zwitschergesang anhängt. Müllerchen nennt man sie auch nach diesem lustigen Geplapper. Im Schilf am Seeufer" lärmen mit „Karle kiek —• Karle kiek" die Rohrsänger, und zu Ende des Monats läutet der Kuckuck den Mai ein und Frau Nachtigall läßt ihr seelenvolles Lied ertönen. Aber nicht nur das Vogelleben bietet jeden Tag Neues: In der Abenddämmerung fliegen die Fledermäuse, der Zaunigel hat Junge, der Hase hat gar schon zum zweitenmal „gesetzt". Eidechsen und Schlangen, die
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sich zuerst nur sehen ließen, wenn die Sonne einmal warm schien, sind jetzt ganz rege geworden. Die meisten Fische laichen, und abends tönt an Teichen oder von Bäumen herab das kurz abgehackte, gellende ,,Äpp äpp äpp" oder ,,Gäck gack gäck" der Laubfrösche, deren Laich in Klumpen im Wasser abgesetzt wird. An den Wasserpflanzen finden wir die etwa halbmeterlangen einreihigen Laichschnüre der Kreuzkröte, auf dem Bodenschlamm des Teiches die dicken mehrreihigen Schnüre der Knoblauchkröte. In den Tümpeln am Waldrand legt die Erdkröte ihren Laich ab, zweireihige bleistiftdicke Schnüre von oft mehreren Metern Länge, in denen die kleinen schwarzen Eier perlschnurartig aneinander gereiht sind. Vom Braunen Grasfrosch aber wimmeln bereits kleine Kaulquappen im Teich umher, verfolgt von vielerlei Feinden, vor allem vom gefräßigen Gelbrandkäfer. Beobachtungen im April (Abbildungen Seite 19) ^Ostermond, Grasmond, Wandelmond) D e r M o n a t : Der Name April entspricht dem lateinischen Aprilis. Aperire heißt eröffnen. Nach Ovid war der April der Monat, „der alles in der Natur öffnet". T a g e s l ä n g e : Anfang des Monats 13 Stunden 2 Min., Mitte des Monats 13 Stunden 53 Min. K l i m a : Temperatur-Durchschnitt 5—10». A l l g e m e i n e N a t u r b e o b a c h t u n g e n : Regen meist durch westliche, vom Atlantik her wehende Winde verursacht. / Als „Niederschlagstage".hezeichnet man Tage, an denen 0,2 bezw. 1 mm Regen (oder Schnee) fällt. Das Jahresmittel beträgt für Deutschland 7 cm. Es regnet (schneit) in Deutschland im Durchschnitt an 141 Tagen, in Süddeutschland mehr als in Norddeutschland. Regenreichste Monate in Süddeutschland Juni, Juli, in Norddeutschland Juli, August. / Entstehung der Regentropfen durch das Zusammenfließen von Wolkentröpfchen oder durch Schmelzen von Eiskristallen. / Größe der Regentropfen 0,4 (Staubregen) bis 10 mm (Wolkenbruch). Gewicht des Tropfens bis 0,2 g. Große Tropfen fallen schneller, kommen deshalb bei Regenbeginn zuerst zur Erde (Platschregen). Die Größe der Wassertröpfchen in einer Wolke beträgt 0,02 bis 0,0004 m. " T i e r w e l t : Die Hasen setzen zum zweiten Male Junghasen. Füchse werfen; Auerhahn- und Birkhahnbalz; Fasanen, Enten brüten. Das.Wild muß jetzt vor Beunruhigung geschützt bleiben; Achtung auf Hunde und Katzen. / Fische laichen. / Laichzeit der Kreuzkröte* (einreihige kurze Schnüre) und der Knoblauchkröte* (mehrreihige kurze Schnüre). / Auf stiller Teichfläche bei gutem Wetter der metallisch glänzende Taumelkäfer mit flossenartigen Hinterbeinen und geteilten Augen, von denen ein Teil nach oben, der andere nach unten schauen kann. / Es sind nun fast alle Zugvögel da: der Chor der Vögel hat sich vermehrt durch Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Edelfink*, Gartenrotschwanz*, Waldlaubsänger*, Kuckuck (Ende April), Fitislaubsänger*, Grasmücke*, Rohrsänger*, Schafstelze*, Nachtigall*, Baumpieper, Wendehals*, Wiedehopf ü. a. / Als Forstschädling tritt das Nonnenräfupchen auf. 20
P f l a n z e n w e l t : Au den Bäumen entfalten sich die Blätter, zuerst gefaltet, gerollt, gerunzelt als Schutz vor übermäßiger Verdunstung. Es blühen (noch): Lärchen, Eiben, Rotbuchen, Ahorn, Ulmen, Eschen, Erlen*, Birken, Weiden, Pappeln; Heidelbeerblüte. Bis Mitte des Monats werden noch Laubhölzer gepflanzt, bis Ende des Monats noch. Nadelhölzer. / In Wiese, Wald und Feld blühen: Schlüsselblume*, Sumpfdotterblume, Hahnenfuß, Ilasenklee, Wiesenschaumkraut*, Taubnessel, Wolfsmilch, Kuhschelle*, Fingerkraut, Vergißmeinnicht, Rittersporn; im Garten: Goldregen*, Stachelbeeren, Mandel*, Pfirsich*, Pflaume*, Zwetschge*, Apfel*, Birne*. / Sommerweizen, Sommergerste, Hafer, Rüben werden gedrillt (mit der Sämaschine in gleichmäßige Furchen gesät). Klee, Luzerne werden gesät, die Wintersaaten gehackt, Kartoffeln gelegt, Wiesen und Weiden gewal/.t. MAI Maienwonne, Maienblüte Auf den Fluren, im Gcmüte Ach so bald, so schnell vorbei! Anastasius Grün.
es Jahres schönster Monat ist da .—• allenthalben entfalten sich Blüten und Blätter. Buche, Eiche und Eberesche, Ahorn und Kastanie blühen und grünen, Waldmeister und Maiglöckchen duften im Laubwald, Fichte,. Kiefer und Tanne stäuben, und manchmal trägt der W i n d den gelben Blütenstaub in wahren Wolken durch die Wipfel. Die Knabenkräuter, deren fremdartig anmutende Blüten wir zwar betrachten, aber niemals pflücken dürfen, finden wir jetzt auf den Wiesen, deren frisches Grün überstrahlt Wird vom Goldgelb tausender und abertausender Löwenzahnblüten. W i r kennen alle den Löwenzahn, die „Kuhblume", die das W'eidevieh so gern als Futter nimmt, oder, wie viele sie nennen, die „Butterblume" mit dem buttergelben Blütenstand, auch als „Ringel"- oder „Kettenblume" bekannt, weil sich aus ihren hohlen Stielen so hübsche Ketten und Kränze machen lassen. So vertraut uns diese Pflanze ist, wir können vieles Neue an ihr lernen. Überall auf den Wiesen und an W^egen, an feuchten ebenso wie an ganz trockenen Stellen, treibt der Löwenzahn aus dem kurzen Wurzelstock, der sich in eine lange Pfahlwurzel fortsetzt, Seine gezähnten Blätter. An trockenen Plätzen liegen die Blätter, zu einer Rosette geordnet, dicht dem Erdboden auf und verhindern so den'Wasserverlust durch Verdunstung; sie rauben aber anderen Pflanzen den „Platz an der Sonne". So kommt es, daß der Löwenzahn an vielen Stellen zum Alleinherrscher wird und auf wohlgepflegtem Rasen als lästiges Unkravit gilt. Auf der W^iese aber, deren üppiger Pflanzenwuchs 21
seine Blattrosetten in "Gefahr bringen könnte, daß er selbst überwuchert werde, richtet er seine Blätter schräg oder fast senkrecht empor. Nicht nur der Blattstand ist je nach dem Ständort verschieden, auch die Blatt form -wechselt. An schattigen, lichtarmen Stellen sind die Blätter zart, sehr groß,-nur schwach gezähnt und bieten den lebenswichtigen Lichtstrahlen eine große Angriffsfläche; an sonnigen Plätzen und trockenen Stellen wird einem übermäßigen Wasserverlust durch kleinere und derbe tief eingeschnittene Blätter entgegengewirkt. Junge Löwenzahnblätfer geben übrigens einen trefflichen Salat. Die gelben Blumen des Löwenzahns sind nicht Einzelblüten, wie wir sie sonst von unseren Pflanzen kennen, sondern Blütenstände. W a s uns zunächst als eines der vielen Blütenblätter erscheinen will, ist in Wahrheit eine vollständige Blüte, deren Aufbau man erkennt, zupft man einmal eine heraus. An der gelben Zunge, die der Blütenkrone entspricht, sitzen fünf Staubblätter, ein Stempel und ein feiner'Haarkranz, der aus dem Kelch entstanden ist und später die Frucht krönt. Die Blätter, die den ganzen Blütenstand als „Hüllkelch" umgeben, sind dagegen umgewandelte „Hochblätter", wie man in der Pflanzenkunde die grünen Laubblätter im Gegensatz zu den Blüten-, Kelch- und Staubblättern nennt. Einen solchen Blütenstand, der aus zahlreichen kleinen Einzelblüten so zusammengesetzt ist, daß der Eindruck einer einzigen Blüte entsteht, nennt man eine Korbblüte, weil die vielen kleinen Blüten in dem gemeinsamen Blütenboden wie in einem Körbchen ruhen. Sonnenblume und Kornblume, Gänseblümchen und Kamille, Edelweiß und Distel, Habichtskraut, Wegewarte, und Schwarzwurzel, Aster und Chrysantheme sind solche Korbblütler (siehe auch Seite 8). Die Blüte" des Löwenzahns öffnet sich morgens und schließt sich abends; bei Regen und Kälte bleibt sie ganz geschlossen. Ist die Blumenkrone verblüht, so reifen die Früchte, was sonderbarerweise oft auch ohne Bestäubung und Befruchtung geschieht. Der feine Haarkranz, der sich stark in die Länge gestreckt hat, wird zum Fallschirm für die Frucht. Ist die Frucht reif und das W e t t e r warm und sonnig, so spreizen sich die Härchen •wie die Speichen eines Regenschirms, ein Windstoß löst die Frucht der „Pusteblume" und trägt den kleinen Flieger oft -weit fort, bis er herabsinkt, sich mit feinen Zähnchen im Boden verankert, und eine neue Butterblume aus der Frucht entstehen kann. Die letzten Zugvögel sind nun da oder kommen im Laufe des Monats zurück. Die Rauchschwalbe, kenntlich am tief gegabelten Schwanz und der braunroten Kehle, und die Mehlschwalbe mit weißer Unterseite und •weißem Bürzel mauern ihre Nester, die erste meist im Stall, die zweite außen am Haus unter Dach oder Giebel. Die zarte Uferschwalbe kratzt 22
mit ihren winzigen Füßchen auaiauge Brutrohren in «teile Sandwände. Die Mauersegler —• ihr Name Turmschwalbe ist irreführend, denn sie sind keine Schwalben, so ähnlich sie ihnen äußerlich auch sind — jagen meist pünktlich am ersten Mai mit „Srieh-srieh" wieder um Türme und Dächer. Aus dem Grün der Laubbäume in W a l d und Park schallt der volltönende Flötenpfiff des Pfingstvogels Pirol, der mit seinem prächtig goldgelb und samtschwarz gefärbten Kleid beweist, daß er eigentlich ein Tropenvogel ist. Und wer Glück hat, kann im feuchten Auwald, im buschreichen Park der „Frau Nachtigall" seelenvoll schluchzendem Lied lauschen. Dabei wollen wir nicht vergessen, daß nur die Dichter von „Frau" Nachtigall reden •—• das Singen besorgen bei allen Singvögeln nur die Männchenf; nur Frau Starmatz macht eine Ausnahme •— •wir achten einmal darauf, wenn Herr und Frau Star ein Duett singen..— In der Hecke am Ackerrain aber hat ein kleiner Räuber sein Quartier aufgeschlagen, der Rotrückige Würger, der mit seinem zimtbraunen Rücken, dem Raubvogelschnabel und dem aschgrauen Kopf fast wie ein Falke im Spatzenformat aussieht. W i e ein Raubritter auf seiner Bürg, so sitzt er auf der Spitze der Schwarzdornhecke, aufmerksam wendet er den Kopf mit der schwarzen Gesichtsmaske. Neuntöter und Dorndreher nennt man ihn, denn in der Nähe seiner Hochsitze findet man viele kleine Tiere auf Dornen von Schlehe oder Weißdorn aufgespießt, meist Käfer und Heuschrecken, aber auch Frösche und andere kleine Wirbeltiere, selten einmal ein aus» dem Nest gefallenes oder gar von ihm selbst geraubtes Juogvögelchen. Er legt diese seltsame Vorratskammer wahrlich nicht aus Freude am ,,Würgen" an öder um „neunmal soviel zu töten, als er fressen kann", sondern weil er so die aufgespießte Beute leichter zerreißen kann; oft auch mag er sich den Fang aufheben, weil er gerade nicht schlucken kann, denn ein Gewölle von unverdaulichen Käferflügeln und anderen Chitinresten sitzt ihm im Hals, das erst herausgewürgt werden muß. Vielleicht legt er auch Vorräte an für die Zeit schlechter Fangmöglichkeiten bei ungünstiger Witterung, und vergißt sie wieder, ebenso wie der Eichelhäher die als Vorrat in die Erde gesteckten Eicheln vergißt und damit schon manchen Baum gepflanzt hat. Das Weibchen des Neuntöters sieht ganz anders aus: Schwanz, Rücken und Flügel sind braun, der Kopf graubraun, Brust und Rücken raubvogelähnlich „gesperbert". Meist Anfang Mai kommen die Neuntöter aus ihrem Winterquartier, das sich südlich des Äquators bis ins Kapland hinein erstreckt, zu uns zurück, und überall, wo es Hecken und Buschwerk gibt, hört man jetzt ihr scharfes „Geckgeckgeck", viel seltener aber den leisen Gesang, ein schhirkelndes Gezwitscher, in das oft fremde Vogellaute eingeflochfen werden. 23
Überall werden Nester gebaut und auch schon Junge aufgezogen. Krähen, Drosseln, Spatzen und Stare sind schon bei der zweiten Brut, Hasen und Kaninchen beim dritten „Satz". W e r ein rechter Waldläufer ist, findet wohl gar ein Rehkitz. Vorsicht — faßt um Gottes willen das Tierchen nicht anl Seine Rickenmutter verläßt es unweigerlich, wenn das Junge die verhaßte Menschenwitterung trägt, und das niedliche hilflose Wesen muß elend umkommen. Jetzt findet man auch „Natternhemden", die alte Haut, aus der die Schlangen buchstäblich herausgefahren sind, und am Teich laicht der grüne Teich- oder Wasserfrosch. Am Grunde des Wassers liegen die dicken, gallertigen Laichklumpen, in die viele einzelne Eier als gelbliche Kugeln eingebettet sind. Beobachtungen im Mai (Abbildungen Seite 25) (Wonnemond, Weidemond, Ilosenmonat, Blütenmonat) D e r M o n a t : Der Mai (lat. Maius) war in römischer Zeit der Göttin Maja geweiht. Sie wurde alS Naturgöttin, als Göttin des Wachstums und Geliebte des Zeus verehrt. — T a g e s l ä n g e : Anfang des Monats 14 Stunden 55 Min., Mitte des Monats 15 Stunden 43 Min. - K l i m a : 5" wärmer als im AprifT 2—3° kälter als im Juni. A l l g e m e i n e N a t u r b e o b a c h t u n g e n : U m die Monatsmitte häufig Kälterückfall: Tage der „Eisheiligen"; in Norddeutschland 11.—13., in Süddeutschland 12.—14. Mai kritisch. Manchmal auch der 15. Mai („kalte Sophie"). Aber auch spätere Tage frostgefährdet. Grund: Die Landmassen erwärmen sich bereits, die Ozeanluft aber ist noch kalt; dadurch entstehen nördliche bis nordwestliche Winde mit Luftabkühlung. T i e r w e l t : Viele Tiere haben nun Junge. Von Hecken und Gebüschen mit Nestern Unruhe fernhalten; vor Katzen und Krähen schützen. / Nester bauen jetzt: Lerchen, Bachstelzen, Spechte, Meisen, Pirole, Rohrsänger, Schwalben*, Grasmücken, Ringeltauben. Als letzte Zugvögel treffen ein: Uferschwalbe*, Mauersegler*, Würger (Neuntöter, Dorndreher*), Spötter. Essingen: Nachtigall*, Rotkehlchen, Würger, Rotschwänzchen, Gelbspötter, Sumpfrohrsänger, Rohrdrossel, Pirol, Wachtel. Rehe setzen Ende des Monats Junge* (nie anfassen!). Mitte des Monats Beginn der Schußzeit des Rehbocks. / Rebhühner brüten. / Lurche und Kriechtiere häuten sich. Am Wege Blindschleiche und Feuersalamander. / Reiches Käfer- und Falterleben: Maikäfer, Weichkäfer, Schnellkäfer, Maiwurm, Kohlweißling, Zitronenfalter, Schwärmer, Spanier. Die Luft summt von Insekten. Grillen zirpen. Hauptschädlinge in Forst und Garten: Der braune Rüsselkäfer, der Maikäfer, der alle 3—4 Jahre in Massen auftritt, abends und nachts ausschwärmt und ein guter Flieger ist. / Laichzeit von Karpfen und Barben. / Krebsfangzeit. / P f l a n z e n w e l t : Allenthalben noch Blüten- und Blätterentfaltung. Die Eiche grünt. Es blühen: Weißtanne, Weiß- und Schwarzkiefer. Weiß1 und Hainbuche, Eberesche, Mehlbeere, Linde, Roßkastanie, Robinie, Falsche Akazie, Ahorn, Wacholder, Kreuzdorn, Berberitze, Besenginster, Weißdorn, Himbeere, Stechpalme, Schneeball, Flieder. Es reifen bereits die Samen der Ulmen, Pappeln, Weiden. Im Garten und Feld: Pfingstrose, Goldlack,
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Einzelne Blüte des Löwenzahns
Löwenzahn
Der Pirol
Der Neuntöter und sein Raubvogelschnabel
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Schwertlilie, Rosmarin, Kohl, Gartenkresse, Spargel, Krbse, Gurke, Schnittjauch — Roggen, Hopfen, Klee, Fütterwicke. Auf Wiesen, Äckern, Wegrainen, im Wald: Löwenzahn* (Kuh-, Hunds-, Ketten-, Ringel-, Mai-, Pustelblume), Labkraut, Kümmel, Weißklee, Kuckucksblume, Wiesenbockskraut, Trollblume, Glockenblume, Wiesensalbei, Kreuzblume, Wucherblume, Zittergras, Sauerampfer, Acker- und Täschelkraut, Ackersenf; Echte Kamille, Erdrauch, Maiglöckchen, Preiselbeere, Waldmeister, Walderdbeere, Frauenschuh, Akelei, Aronstab, Einbeere, Brennessel, Eberwurz, Knöterich u. a. / Erste blühende Feldfrucht: Raps; Blüte fällt mit der letzten Baumblüte zusammen. / Gründliche Saatpflege, Kampf gegen Unkraut und Verkrustung des Bodens (Hacken mit der Hand oder der Hackmaschine). In milderen Gegenden beginnt Ende Juni die Heuernte. Beendigung des Kartoffellegens. Flachs, Mais, Hanf werden gesät. Feldgemüse wird ausgepflanzt.
JUNI Geh' aus mein Herz und suche Freud' \n dieser lieben Sommerzeit! Paul G e r h a r d t . N un hat der Jahreslauf seinen Höhepunkt erreicht, alles Leben steht in höchster Entfaltung, jetzt, wo „am Waldrand die Hekkenrosen blühen". Süß duften die Blüten der Linden, herb die des Holunders. Aus den Getreidefeldern leuchten die schönen Ackerunkräuter, Kornblume und Mohn, Rittersporn und Winde, und das Korn „stäubt". Es lohnt sich, einmal eine Roggenähre genauer zu betrachten. Auf dem letzten Halmglied sitzt der Blütenstand, dessen Achse zwei Reihen von Absätzen trägt, die wie eine Treppe aussehen. An jedem solchen Absatz^steht, von einem feinen Stielchen getragen, eine kleine Gruppe von Blüten, ein Ährchen. Den aus diesen Ährchen gebildeten Blutenstand des Roggens nennt man eine „zusammengesetzte Ähre". Jedes Roggenährchen besteht aus zwei Blüten, deren jede von Spelzen, dünnen grünen Blättchen, umhüllt ist. Zwischen den beiden Blüten sitzt meist noch eine dritte, die fast stets stark verkümmert und nur ausnahmsweise fruchtbar ist. An seinen Außenseiten trägt das Ährchen links und rechts je ein kahnförmiges umgewandeltes Hochblatt, das hier eine ähnliche Rolle spielt wie bei anderen Blüten der Kelch und deshalb Kelchspelze heißt. Neben ihr erhebt sich auf beiden Seiten je ein längeres Blatt, die äußere Blütenspelze. Beide Blütenspelzen sind zu einer langen „Granne" ausgezogen und umschließen vor und nach der Blüte je ein ähnliches, aber kleineres und grannenloses Blatt, die innere Blütenspelze. Innere und/ äußere Blütenspelzen hüllen wie eine Schachtel die zarten inneren
Organe der beiden Einzelblüten, je drei Staubbeutel und rwei Narben ein, sie sind also an die Stelle der beim Getreide und allen Gräsern völlig fehlenden Blütenhülle getreten. Vom Haselstrauch haben wir gelernt (s. Seite 7), daß unansehnliche Blüten, die weder mit leuchtenden Farben noch mit süßem Honig oder auffallendem Duft Insekten zur Bestäubung anzulocken vermögen, „Windblütler" sind. Der Roggen zeigt uns eine solche Windblüte in höchster Vollendung. Ist die Blüte fertig ausgebildet, so drängen zwei kleine farblose „Schwellkörpe'rchen" die hüllenden Blütenspelzen auseinander. Sofort strecken sich die dünnen Staubfäden stark in die Länge, und schon nach wenigen Minuten werden die Staubbeutel ins Freie geschoben und hängen nun an den Staubfäden herab, jedem Windhauch willig folgend. Nur dann, wenn trockenes und sonniges Wetter die Gewähr dafür bietet, daß der Blütenstaub auch wirklich vom W i n d davongetragen werden kann, öffnen sich die Staubbeutel an ihren der Erde zugewendeten Enden. Dabei bilden die beiden Fächer jedes Beutels je ein regelrechtes Löffelchen, in dem ein Quantum Pollen auf den W i n d wartet, der es mit sich nimmt. Ist das Löffelchen leer, so sickert neuer Blütenstaub nach, bis das ganze Staubgefäß leer ist und abfällt. Der vom Winde fortgewehte Pollen wird von den Narben anderer Ähren aufgefangen, die dadurch, daß sie freistehen und mit ihrer federförmigen Gestalt eine große Oberfläche haben, zum Auffangen des Staubes besonders geeignet sind. Ist das Stäuben beendet, dann schrumpfen die Schwellkörperchen wieder zusammen, die von den Blütenspelzen gebildete Schachtel klappt wieder zu, und in ihr reift das Korn, dem wir unser täglich Brot verdanken. Im Bergwalde, der jetzt in voller Grüne prangt, und an sonnigen, bewachsenen Kalkfelsen Mittel- und Süddeutschlands blüht ein seltsamer Strauch, der „brennende Busch". Etwa einen halben Meter hoch ist diese krautige Pflanze mit den unpaarig gefiederten, durch-«, scheinend punktierten Blättern und ihren in einer verlängerten Traube stehenden, rosenfarbenen, purpurgeäderten, selten weißen Blüten, aus denen je zehn Staubgefäße mit langen, gekrümmten Fäden hervorsehen. Diptam, Spechtwurzel oder Ascherwurz heißt sie, Dictamnus albus nennt sie der Botaniker, und sie fällt durch ihren strengen, gewürzigen Geruch auf. Der Diptam sondert aus zahlreichen Drüsen so viel ätherisches öl ab, daß man es an heißen, windstillen Tagen mit einem Streichholz anzünden kanr^. Das Öl verbrennt mit heller Flamme, ohne daß die Pflanze darunter leidet. Auch das Leben der Tiere erreicht in der Jahresmitte seinen Höhepunkt. Alle Vögel brüten, viele von ihnen bereits zum zweiten Male, 27
und füttern ihre Jungen. Jeder Naturfreund wird sich hüten, sie dabei zu stören. Unzählige Insekten summen, und durch den Abend tönt das melancholische Glockengeläut der Unken, die jetzt ihren Laich ablegen, •während die Kaulquappen der Frösche und Kröten bereits in den Gewässern herumwimmeln. Aus den Feldern schallt das „Pickwerwick" der Wachtel, die offenbar in manchen Gegenden unserer Heimat erfreulich zugenommen hat, und imi W^ald hören wir das altvertraute Rufen des Kuckucks. Jeder hat schon seine Stimme gehört, aber wie wenige wissen, wie er aussieht. D e r Gauch ist so scheu, daß man Ausdauer und Glück haben muß, ihn einmal aus der Nähe beobachten zu können. Stellt man einen ausgestopften Kuckuck auf den Tisch und fragt die Umsitzenden, was das wohl für ein Vogel Sei, turmfalkengroß und langschwänzig, die Oberseite, aschgrau oder rostbraun, die Unterseite mit dunklen Querwellen, ,,gesperbert", Füße und Auge gelb, so wird die Mehrzahl der Gefragten auf einen „Raubvogel" tippen. Früher hat man auch tatsächlich geglaubt, der Kuckuck sei nur im Sommer ein Kuckuck, im Winter aber ein Sperber 1 Heute wissen wir, daß der Kuckuck die kalte Jahreszeit in Mittel- und Südafrika verbringt. Er ist ein gewaltiger Fresser, und mit dem, was er verspeist, macht er sich außerordentlich nützlich. Als einziger frißt er die langhaarigen Raupen, die von allen anderen Vögeln verabscheut werden, aber auch andere Raupen, Schmetterlinge und schädliche Insekten. Freilich, dadurch, daß das Kuckucksweibchen seine Eier in fremde Nester legt, in jedes neue eines, richtet es in jedem Somlner ein gutes halbes Dutzend Brüten nützlicher^Kleinvögel zugrunde. Man findet Kuckuckseier, die im Verhältnis zur Größe des erwachsenen Kuckucks erstaunlich klein sind, in den "verschiedensten Nestern, meist bei Piepern und Rohrsängern, Bachstelzen und Grasmücken, beim Neuntöter, Rotkehlchen und Zaunkönig. Das Kuckucksweibchen, das übrigens nicht ,,Kukuk"*ruft, sondern richtig kichert, etwa „Kwikkwikwikwikwik", findet das Nest der Vogeleltern, denen es sein Ei unterschieben will, dadurch, daß es die als Pflegeeltern auserkorenen Vögel beim Nestbau beobachtet. So kann es sein Ei rechtzeitig zu Beginn der Legezeit der Wirtsvögel ins Nest einschmuggeln, wobei es wohl jedesmal eines der rechtmäßigen Eier entfernt. Manchmal merken die Pflegeeltern den „Schwindel" und werfen das fremde Ei hinaus, aber meist fällt es nicht auf, und nach zwölfeinviertel Tagen schlüpft der junge Gauch; im allgemeinen etwas eher als die jungen Bachstelzen oder Zaunkönige, mit denen er zunächst als völlig nacktes und hilfloses, unglaublich häßliches W^esen das Nest teilt. Zehn Stunden nach d^m Schlüpfen aber beginnt dieses blinde, taube 28
Roggenähre mit zwei Blütchen
Wie der junge Kuckuck das Ei zum Nest hinauswirft
und stumme, rosafarbige, später dunkelviolett aussehende Geschöpf mit seiner fürchterlichen, ihm angeborenen Tätigkeit: Alles, was in seine Nähe kommt, also Eier und Stiefgeschwister, drängt er über den Nestrand und wirft es so hinaus. Seitlich und rückwärts'schiebt er sich mit seinem breiten, hohlen Rücken unter das Ei oder den JungVogel, klemmt sein Opfer mit den nackten Flügeln fest, drückt sich rückwärts in der Nestmulde hoch und läßt es über den Nestrand fallen. Ist er vier Tage alt, so verschwindet dieser mörderische Trieb, der dann.auch nicht mehr nötig ist, denn der Jungkuckuck ist Alleinherrscher im Nest geworden und wird nun von seinen Pflegeeltern, die sich um die hinausgeworfenen Jungen gar nicht kümmern, liebevoll an deren Stelle gepflegt und unermüdlich gefüttert. Drei Wochen lang ziehen sie den schnell heranwachsenden Eindringling, der allein die Futtermenge einer sechsköpfigcn Bachstelzenbrut verschlingt, hingebungsvoll auf, und weitere drei W o chen nach dem Ausfliegen stopfen sie noch den Rachen des Nimmersatts, der dann schon viel größer ist als seine kleinen Zieheltern. Daß er diese aber schließlich auch noch verschlingt, ist ein Aberglaube, der vielleicht daher rührt, daß man eine fütternde Gr§smüeke ihren Kopf tief in den weitaufgesperrten Rachen ihres bereits flüggen Riesen-Pflegekindes stecken sah. Ende,, Juli, Anfang August ziehen die alten Kuckucke fort, einige Wochen später, im Laufe des August, folgen ihnen die Jungen nach Afrika; Mitte April des nächsten Jahres aber — „Wenn der Kuckuck ruft zur rechten Zeit, ruft er vierzehn Tage vor s Sankt Veit" sagt der Volksmund — wird er mit seinem fröhlichen Ruf wieder den Frühling einläuten. Beobachtungen im Juni (Abbildungen Seite 29) (Brachmond, Brächet)
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D e r M o n a t : Die Herleitung des Namens Juni dat. Juaius) ist ungewiß. Der alte Name Brachmond von der Brache (Umbrechung) des Bodens nach der ersten Ernte. / Am 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres, der Sommersonnenwende, beginnt der astronomische Sommer, der bis zum 23. September dauert. Das Sommerhalbjahr ist rund 8 Tage länger als das Winterhalbjahr. Der meteorologische Sommer umfaßt die Zeit vom 1. Juni bis 31. August (auf der südlichen Halbkugel ist es dann Winter. Regenzeit). / Als „Sonuiiertage" bezeichnet man Tage mit Temperaturen über 25° C, — als „Tropentage" Tage mit Temperaturen über 30°. Höchste je in Deutschland erreichte Temperatur 39,9°. / T a g e s l ä n g e : Anfang des Monats 16 Stunden 24 Min., Monatsmiete 16 Stunden 48 Min. K l i m a : wärmer und beständiger als der Mai, oft aber Mitte Juni Kälterückfälle („Schafskälte" zur Zeit der Schafschur). SO
Allgemeine Naturbeobachtungeu: Sommergewitter (Hitzegewitter) entstehen durch Überhitzung der erdnahen Luftschichten, ihr plötzliches Emporsteigen und ihre Reibung mit den kalten Höhenluftschichten. Durchschnittliche Gewitterzahl im Jahr: 30. Donner entsteht durch das Zerreißen der Luft beim Verdampfen des Wassers. Hörweite des Donners 16—40 km. Blitze gehen mindestens ebensooft von der Erde zur Wolke wie von der Wolke zur Erde. Gefährlich ist jeder über seine Umgebung hinausragende Baum (auch Buchen!). Grade der Gefährlichkeit: Eichen, Pappeln, Weiden, Nadelhölzer, Buchen, Birken, Erten, Obstbäume. T i e r w e l t : Viele Säugetiere ziehen Sommerkleider an („rotes" Sommerreh, „rotes" Eichhörnchen, Fuchs mit Sommerhaar, braunes Wiesel). Junge haben: Hirsche, Rehe, Hasen, Gemsen. / Schutz und Ruhe für Nutzwild, Vertilgung von Raubwild und Raubzeug. / Futterlaubgewinnung für die W ildfütterung im Winter. / Vögel brüten und füttern ihre Jungen (nicht stören!). Verfolgung der Nesträuber. / Junge Kuckucke* in Singvogelnestern. / Waehtelschlag. / Um die Sommersonnenwende verstummt der Vogelgesang allmählich. / Der Juni ist der Monat der fliegenden Insekten. In der Nacht Johanniskäfer (Leuchtorgane an der Unterseite; nur das Männchen fliegt). Am Boden Hirschkäfer, Bockkäfer. Eintagsfliegen schwirren. Allenthalben Raupen und Insektenlarven. Immer mehr Schmetterlinge schlüpfen (Bläuling, Admiral, Perlmutterfalter u.a.). P f l a n z e n w e l t : Es blühen: Zirbelkiefer, Linde, Edelkastanie, Holunder. Es reifen die Früchte der Ulmen, Weiden, Pappeln, Birken. / Verhütung von Waldbränden! / Im Wald wenig blühende Pflanzen. Im Laub- und Nadelwald blüht der Siebenstern. Im Bergwald die Spechtwurzel. Liguster ist der letzte blühende Waldstrauch. Vollblüte in Garten, Wriese und Feld (Charakterblumeh: Rose, Nelke, Kornblume, Mohn, Rittersporn). Ein Drittel aller Wiesenblumen blüht gelb, ein Viertel weiß, ein Siebtel rot, ein Siebtel blau, ein__Zwanzigstel lila. / Seerosen blühen. / Noch Heuernte, Klee- und Luzernefelder werden gemäht. / Getreide blüht.»
Diesem Lesebogen liegen-die Monatsübersichten der naturwissensqhaftlkh-iechnischeh Zeitschrift ( > ORION" zugrunde. Der Naturfreund, der sein Wissen vertiefen und dem Fortschritt der Forschung folgen will, wird ständiger Betzieher der monatlich zweimal erseheinenden allgemeinverständlichen Zeitschrift O R I O N " . Preis des reich, z. T. vierfarbig . 1 i n e r t e n Heftes 7& Pfg., vierteljährlich ^,5o DxM.„
L U X - J U G E N D - L E S E B O G E N Nr. 45 -
Heftpreis 20 Pfg.
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