Biomedizinische Eingriffe am Menschen Ein Stufenmodell zur ethischen Bewertung von Gen- und Zelltherapie
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Biomedizinische Eingriffe am Menschen Ein Stufenmodell zur ethischen Bewertung von Gen- und Zelltherapie
Biomedizinische Eingriffe am Menschen Ein Stufenmodell zur ethischen Bewertung von Gen- und Zelltherapie von Jo¨rg Hacker, Trutz Rendtorff, Patrick Cramer, Michael Hallek, Konrad Hilpert, Christian Kupatt, Martin Lohse, Albrecht Mu¨ller, Ulrich Schroth, Friedemann Voigt und Michael Zichy
Walter de Gruyter Berlin . New York
Das Werk entha¨lt 10 Abbildungen. Einbandgestaltung unter Verwendung einer Abbildung von Nissim Benvenisty.
ISBN 978-3-11-021306-5 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet u¨ber http://dnb.d-nb.de abrufbar. # Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschu¨tzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzula¨ssig und strafbar. Das gilt insbesondere fu¨r Vervielfa¨ltigungen, ¢bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Mu¨ntzer“, Bad Langensalza. Einbandgestaltung: Martin Zech, Bremen.
Vorwort Ernst-Ludwig Winnacker*
Zu den angenehmsten Gespra¨chsterminen meiner Laufbahn geho¨rten Mitte der 90er Jahre diejenigen mit den Kollegen vom Institut TTN, die sich damals fu¨r eine differenzierte Darstellung von Gentechnik in der ¤ffentlichkeit interessierten und einsetzen wollten. Die Situation in Sachen Gentechnik war Mitte der 90er Jahre vergleichsweise verfahren. Entweder gab man sich fu¨r oder gegen Gentechnik. Zwischento¨ne waren nur selten zu ho¨ren. Erhard Ratz, der damalige Gescha¨ftsfu¨hrer von TTN, hatte uns zusammengebracht. Peter-Hans Hofschneider und ich selbst waren schon seit Jahren mit einer differenzierten Darstellung von Gentechnik unterwegs. Trutz Rendtorff kam damals die entscheidende Idee, diesen Ansatz in eine strukturierte Form zu gießen, das bekannte Eskalationsmodell. Es hat in der Folge viel zur Versachlichung der Diskussion um Gentechnik beigetragen. Als die erste Auflage unseres Bu¨chleins 1997 erschien, war „Dolly“ das Klonschaf, gerade publiziert worden, waren menschliche embryonale Stammzellen aber noch Zukunftsmusik. Das sollte sich aber schneller a¨ndern, als erwartet. Schon im folgenden Jahr wurden die ersten Arbeiten hierzu publiziert. Die Debatten u¨ber Gentechnik flammten wieder auf, dieses Mal etwas allgemeiner um die „Biomedizin“, womit vor allem Wert oder Unwert des Einsatzes menschlicher Embryonen fu¨r die Herstellung von menschlichen embryonalen Stammzellen gemeint waren. Diese o¨ffentliche Auseinandersetzung erreichte ihren Ho¨hepunkt im Fru¨hsommer 2001 mit der Vero¨ffentlichung einer diesbezu¨glichen Stellungnahme der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Gru¨ndung des Nationalen Ethikrates. So aufgeregt die Diskussion in den ersten Wochen des Fru¨hsommers war, sie * Der Autor ist Generalsekreta¨r des Europa¨ischen Forschungsrats in Bru¨ssel und war von 1998 bis 2006 Pra¨sident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
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Vorwort
wechselte bald in ruhigeres Fahrwasser, insbesondere als sich der Deutsche Bundestag des Themas annahm. Aus meiner Sicht wehte damals schon fast u¨berall der Geist des Eskalationsmodells, also eine Denkweise, die versucht, Nutzen und Risiken biotechnischer Entwicklungen gegeneinander abzuwa¨gen und jeweils fu¨r sich an der Meßlatte der Menschenwu¨rde zu messen, bevor entsprechende Schlussfolgerungen gezogen werden. Ich bin dankbar dafu¨r, dass ich damals bei der Geburtsstunde des Modells dabei sein konnte. Heute (2009) sind die Themen andere geworden. Selbst die embryonalen Stammzellen sind ein wenig aus der Schusslinie geraten. Man beginnt na¨mlich der Antwort auf die Frage na¨her zu kommen, wie Gene in ihrer Wirkung gesteuert werden. Warum ist es so, dass alle Zellen unseres Organismus zwar einen vollsta¨ndigen Satz von Genen enthalten, diese aber ganz unterschiedlich aktiv sind, je nach Zelltyp? In der Leber du¨rfen eben keine Haare wachsen. La¨sst sich der hoch spezialisierte Zustand einer Leberzelle auf den des Embryos zuru¨ckprogrammieren? Der Japaner Shinya Yamanaka hat 2006 zum ersten Mal im Ma¨usesystem, spa¨ter auch in menschlichen Zellen, gezeigt, dass adulte Ko¨rperzellen in der Tat durch die Aktivierung von nur wenigen Genen in embryonale Stammzellen umgewandelt werden ko¨nnen. Damit wu¨rde die Verwendung und Zersto¨rung menschlicher Embryonen fu¨r die Herstellung menschlicher embryonaler Stammzellen obsolet. Noch ist nicht klar, ob die „induzierten pluripotenten Stammzellen“ den Weg in die Therapie finden werden. Zu wenig wissen wir derzeit noch u¨ber Fragen der Steuerung des Zellwachstums, um uns sicher zu sein, dass solche Zellen in einem lebenden Organismus nicht zu Krebszellen werden. Das wird sich a¨ndern. Aus meiner Sicht bestehen mittelfristig keine Zweifel daran, dass zellula¨re Therapien in der Medizin einer großen Zukunft entgegensehen. Nichts ko¨nnte erfreulicher sein, als dass sich TTN mit dieser neuen Schrift wieder einmal als Vorreiter einer Diskussion erweist, die sich mit breitem Sachverstand und gro¨ßtmo¨glicher Umsicht einem hoch aktuellen Thema annimmt. Ich dru¨cke alle Daumen, dass Vernunft und Verantwortung fu¨r den Menschen am Ende auch den Einsatz zellula¨rer Therapien begleiten werden.
Inhalt
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Teil I: Grundlagen Wissenschaft und ¤ffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Der Hwang-Skandal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ethische Grundelemente und rechtliche Rahmenbedingungen Grundelemente der ethischen Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Naturwissenschaftliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gentechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stammzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9 14 18 18 23 31 31 36
Teil II: Ethisches Stufenmodell Zur Methode des Stufenmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Stufe 1: Substitutionstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Gentechnisch hergestellte therapeutische Eiweiße (Proteine) 50 Nicht-proliferierender (nicht-lebendiger) Gewebeersatz . . . 57 Thesen zu Stufe 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Stufe 2: Therapeutischer Eingriff in das Genom oder den Zellbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Somatische Gentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Zelltherapie mit proliferierenden Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Thesen zu Stufe 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen . . . . . 78 Grundsa¨tzliche Erwa¨gungen zum Verha¨ltnis von Forschung und Therapie. Zur Problematik der Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Keimbahneingriff in therapeutischer Absicht (Keimbahntherapie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Therapeutisches Klonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Ethische Abwa¨gungen zur Stufe 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Thesen zu Stufe 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Stufe 4: Enhancement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
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Inhalt
Keimbahneingriff in verbessernder Absicht (genomisches Enhancement) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Reproduktives Klonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Thesen zu Stufe 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . English Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung *
Im Jahre 1997 hat das Institut „Technik-Theologie-Naturwissenschaften“ an der Universita¨t Mu¨nchen (TTN) die von einem interdisziplina¨ren Arbeitskreis verfasste Studie „Gentechnik: Eingriffe am Menschen. Ein Eskalationsmodell zur ethischen Bewertung“ vero¨ffentlicht.** Darin wurde ein Stufenmodell entwickelt, das an Fallbeispielen Stufen der gentechnischen Eingriffstiefe darstellt und bewertet. Das Modell geht von medizinisch bewa¨hrten und ethisch unproblematischen Beispielen medizinischer Anwendung aus und beschreibt in einem na¨chsten Schritt medizinisch und ethisch vertretbare Eingriffe, die sich in der Entwicklung befinden oder mo¨glich erscheinen. Es geht dann weiter zu medizinisch wie ethisch umstrittenen, im Prozess der Genforschung gleichwohl vorstellbaren Eingriffen (wie z. B. Eingriffe in die Keimbahn). Es diskutiert schließlich gesteigerte Erwartungen und Befu¨rchtungen im Bezug auf die Genforschung, wie sie sich an von Biologen ins Spiel gebrachte biomedizinische Manipulationen geheftet haben, die, verbunden mit Visionen einer weitreichenden Vera¨nderung der genetischen Disposition des Menschen, die o¨ffentliche Diskussion der Genforschung zeitweise bestimmt haben. Aufgrund dieses stufenweisen Aufsteigens von ethisch unstrittigen zu ethisch unzula¨ssigen Fa¨llen wurde das Stufenmodell damals „Eskalationsmodell“ genannt. Die Zielsetzung des Stufenmodells war, auf dem Wege einer differenzierten Darstellung der Genforschung und ihrer Anwendung in der zeitweise u¨berhitzten, polarisierten Diskussion zu einer „De-Eskalation“ beizutragen. * Kupatt, Rendtorff, Voigt, Zichy. ** Der vorliegende Text greift auch in Teilen auf diese Studie zuru¨ck: Winnacker, Ernst-Ludwig/Rendtorff, Trutz/Hepp, Hermann/Hofschneider, Peter Hans/ Korff, Wilhelm, Gentechnik: Eingriffe am Menschen. Ein Eskalationsmodell zur ethischen Bewertung, unter Mitarbeit von Anja Haniel, Nikolaus Knoepffler, Christian Kupatt und Christian Schwarke, 4., vollsta¨ndig u¨berarbeitete Auflage, Mu¨nchen 2002. Vgl. ferner auch die Beitra¨ge in: Hallek, Michael/Winnacker, Ernst-Ludwig (Hg.), Ethische und juristische Aspekte der Gentherapie, Mu¨nchen 1999.
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Einleitung
In dem Jahrzehnt seit der Erstvero¨ffentlichung hat sich der Bereich der medizinischen Eingriffe gea¨ndert. Nicht vera¨ndert hat sich der grundsa¨tzliche Bedarf an o¨ffentlicher Diskussion. Denn die Wissenschaft ist auf ihrem Weg in Neuland auf einen tragfa¨higen o¨ffentlichen Konsens angewiesen. Die ¤ffentlichkeit muss die Mo¨glichkeit haben, auf informierte Weise an den problemhaltigen Entwicklungen der Forschung teilzunehmen. Zu den neueren Entwicklungen im Bereich der molekularen Medizin za¨hlen insbesondere die zunehmende Anwendungsorientierung auf den Feldern der Gentherapie und der Stammzellbiologie. Die humanmedizinische Gentechnologie ist in den letzten Jahren aus dem Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit geru¨ckt. Anfa¨ngliche Euphorie und Hysterie sind einer unaufgeregten, nu¨chternen Betrachtung gewichen. Die Entschlu¨sselung des menschlichen Genoms seit 2000 hat gezeigt, dass der Mensch statt der erwarteten 100.000 wohl weniger als 30.000 Gene hat. Spa¨testens damals wurde klar, dass auch die Genexpression und die Interdependenzen zwischen den Genen wesentlich komplexer sind als angenommen. Dadurch wurde auch dem gezielten Eingriff in das menschliche Genom, der lange Zeit lebhaft und kontrovers diskutiert wurde, die wissenschaftliche Grundlage entzogen. Daru¨ber hinaus haben in einer Atmospha¨re der „unrealistischen Erwartungshaltung“ einige durch Gentherapien verursachte tragische Todesfa¨lle (wie etwa der Tod Jesse Gelsingers 1999) weltweite Bestu¨rzung verursacht und fu¨r Ernu¨chterung gesorgt. Diese Entwicklungen haben auch zu einem dramatischen Einschnitt bei den medizinisch-wissenschaftlichen Aktivita¨ten im Bereich der Gentherapien gefu¨hrt. Inzwischen hat sich eine sta¨rkere Anwendungsorientierung in der Genmedizin durchgesetzt. Wissenschaftliche Konzepte wurden teilweise in die Studien-Medizin u¨berfu¨hrt. Diskussionen u¨ber zuku¨nftige Entwicklungen traten zuru¨ck hinter gegenwartsbezogene, praktische Fragen der Anwendung, Vertra¨glichkeit und Nebenwirkungen von Gentherapien. Die nu¨chterne Abwa¨gung von Nutzen und Risiken, die fu¨r alles a¨rztliche Handeln charakteristisch ist, hat sich so auf dem Feld der medizinischen Nutzung der Gentechnologie etabliert.
Einleitung
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Ende der 90er Jahre stellte sich immer deutlicher heraus, dass die in die Genmedizin gesetzten Erwartungen und Hoffnungen nicht so rasch realisierbar sein wu¨rden. Mit den humanen Stammzellen ero¨ffnete sich ein neues therapieorientiertes Forschungsgebiet, das neue Erwartungen hinsichtlich einer ku¨nftigen Anwendbarkeit weckte. Auslo¨ser sowohl der aktuellen Forschungsdynamik als auch der regen o¨ffentlichen Kontroverse waren die Vero¨ffentlichung von Arbeiten zur Gewinnung und Etablierung von embryonalen Stammzelllinien im Jahre 1998, der Nachweis von gewebespezifischen Stammzellen in vielen Organen und ihre Kultivierung in vitro, die Beschreibung der „Pluripotenz“ der embryonalen Stammzellen, d. h. ihrer Fa¨higkeit, sich in jeden Zelltyp eines Organismus zu differenzieren, und die ku¨rzlich gelungene Reprogrammierung von adulten Zellen (iPS-Zellen). Dies alles ließ den Gewebeersatz von krankheitsgeschwa¨chten und funktionsuntu¨chtigen Organen durch Stamm- oder Vorla¨uferzellen (Progenitorzellen) mo¨glich erscheinen. Die ethische Diskussion dieser Forschungsfelder hat sich nicht auf die tatsa¨chlichen bzw. wahrscheinlichen medizinischen Anwendungen konzentriert. Bei der Gentherapie beherrschte vielmehr der die menschliche Natur vera¨ndernde Eingriff in das menschliche Genom die Debatten. Bei den Stammzellen sind es vor allem die ethischen Fragen der Stammzellgewinnung aus menschlichen Embryonen, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Charakteristisch fu¨r diese Fragen ist, dass sie eine Polarisierung zwischen prinzipieller Ablehnung und uneingeschra¨nkter Bejahung befo¨rdern – eine Polarisierung, die Gefahr la¨uft, auf das gesamte Feld der Gen- oder Stammzellbiologie u¨bertragen zu werden. Eine solche Frontbildung wird aber weder der Komplexita¨t und Vielgestaltigkeit der wissenschaftlichen Problematik gerecht noch ist sie einer verantwortlichen ethischen Debatte zutra¨glich. Zwischen diesen Polen der prinzipiellen Ablehnung und der vorbehaltlosen Bejahung liegt das Feld konkreter Bewertungen und Entscheidungen. Hier ist Aufkla¨rung und problemorientierte Kla¨rung die Voraussetzung fu¨r jedwede Verbreiterung wissenschaftlicher Anwendungen. Die schon praktizierten oder ku¨nftig mo¨glichen Anwendungen der Gen- und Stammzelltechnologie werfen Fragen danach auf,
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Einleitung
ob derartige Eingriffe am Menschen zu legitimieren sind und nach welchen Kriterien und unter welchen Bedingungen ihre Weiterentwicklung zu fo¨rdern ist. Dazu sollen die folgenden Kriterien und Thesen der ethischen Bewertung gen- und zelltherapeutischer Eingriffe am Menschen einen exemplarischen Beitrag leisten. Exemplarisch heißt: Die Thesen und ihre fallweise Erla¨uterung und Begru¨ndung beschra¨nken sich ausdru¨cklich auf gen- und stammzellmedizinische Eingriffe am Menschen, also auf neue Behandlungsformen, die aufgrund von Erfolgen der Gen- und Stammzellbiologie bereits praktiziert werden bzw. erwartet werden ko¨nnen. Fragen der genetischen Diagnostik beim Menschen mit all ihren Problemen werden dagegen in diesem Stufenmodell nicht diskutiert. Es werden auch keine allgemeinen bioethischen Fragestellungen verhandelt wie z. B. die gentechnische Vera¨nderung mikrobieller Spezies, von Pflanzen oder Tieren. Vielmehr wird eine medizinethische Betrachtung u¨ber Gen- und Zelltherapie durchgefu¨hrt, um an ihr die methodischen und inhaltlichen Mo¨glichkeiten der Urteilsfindung bei konkreten Anwendungsproblemen in diesem Feld darzulegen. Bei einer solchen zuna¨chst rein medizinethischen Betrachtung ist die Frage nach dem Ort der ethischen Urteilsbildung dadurch pra¨zise bestimmt, dass bei gen- und stammzellmedizinischen Eingriffen am Menschen der Arzt als das handelnde und verantwortliche Subjekt den Bezugspunkt fu¨r das Verha¨ltnis von wissenschaftlicher Forschung und ihrer praktischen Anwendung darstellt. Therapeutische Eingriffe am Menschen liegen konkret allein in der Kompetenz des a¨rztlichen Berufs. Die darauf bezogene ethische Diskussion ist deshalb nicht allgemein zu fu¨hren, sondern im Bezugsfeld des Ethos des a¨rztlichen Berufs und seiner spezifischen Teleologie. Vor diesem Hintergrund bietet die vorliegende Studie eine differenzierte, an konkreten Fa¨llen a¨rztlichen Handelns exemplarisch bearbeitete ethische Beurteilung der bereits mo¨glichen und denkbaren Anwendungsmo¨glichkeiten der Gen- und Stammzellmedizin. Zuvor bietet sie eine Diskussion des die ganze Thematik betreffenden Verha¨ltnisses von ¤ffentlichkeit und Wissenschaft, beschreibt kurz die ethischen Kriterien und die rechtlichen Rah-
Einleitung
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menbedingungen, auf die die ethische Beurteilung Bezug nimmt, und fu¨hrt in die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Gentechnik und der Stammzellen ein. Redaktionsschluss der vorliegenden Studie war der 1. August 2008.
Teil I Grundlagen
Wissenschaft und ¤ffentlichkeit *
Die o¨ffentliche Wahrnehmung biomedizinischer Forschungsvorhaben und Forschungsziele hat in den zuru¨ckliegenden Jahren eine teilweise heftige und weitreichende Diskussion ausgelo¨st, in der Informationen u¨ber wissenschaftliche Neuerungen begleitet wurden von genereller Wissenschaftskritik, von Warnungen vor u¨bersteigerten Erwartungen und von einer bis zum Misstrauen sich steigernden Skepsis gegenu¨ber diesem Wissenschaftszweig. Einen wichtigen Schritt bedeutete von daher die deutsche Stammzellgesetzgebung aus dem Jahre 2002. Sie hat einen Kompromiss zwischen wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit und gesellschaftlichen Bedenken gesucht und dadurch Ton und Ausmaß der o¨ffentlichen Kontroverse begrenzt. Vor diesem Hintergrund ist auch das hier vorgelegte Stufenmodell zu verstehen. Das Verha¨ltnis von Wissenschaft und ¤ffentlichkeit bedarf permanenter Beachtung. Es ist fu¨r die Wissenschaft kein Randproblem, so wenig die Wissenschaft ein Randbereich der Gesellschaft ist. In der Entwicklung, Fo¨rderung und Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse geht es zugleich mit dem Eigenwert (und der Selbsta¨ndigkeit) der Wissenschaft im Kern um die Balance von Vertrauen und Misstrauen, wie sie fu¨r eine offene demokratische Gesellschaft lebenswichtig ist. Dabei ist das erforderliche Vertrauen in den Wissenschaftsprozess, das dem Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit korrespondiert, kein blindes Vertrauen, sondern ein durch o¨ffentliche Transparenz und Pru¨fung kontinuierlich zu besta¨tigender Vertrauensvorschuss. Dies gilt insbesondere im Falle der Medizin und ihrer Rolle als Vermittlerin zwischen molekularer Grundlagenforschung und praktischer a¨rztlicher Anwendung. Der Patient, der als Bu¨rger das Grundrecht der individuellen Autonomie mit dem Anspruch des sogenannten „informed consent“, d. h. der freiwilligen und informierten Zustimmung, verknu¨pft, erwirbt im Idealfall als umfas* Hilpert, Kupatt, Rendtorff, Voigt, Zichy.
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Wissenschaft und ¤ffentlichkeit
send aufgekla¨rtes Individuum selbsta¨ndig die fu¨r eine Pru¨fung der Vertrauenswu¨rdigkeit no¨tigen Kenntnisse. Allerdings ist der Patient faktisch oft – und insbesondere in der Situation der akuten Erkrankung – auf Vertrauen gegenu¨ber dem Arzt angewiesen, da der natu¨rliche Verlauf von Krankheiten die Spielra¨ume fu¨r die Ausu¨bung der Autonomie erheblich einschra¨nken kann. „Vertrauen ist akzeptierte Abha¨ngigkeit“ (Dietrich Ro¨ssler). Insofern ist bei der praktisch-a¨rztlichen Anwendung biomedizinischer Forschungsergebnisse die vorausgehende Kla¨rung der ethischen und rechtlichen Anwendbarkeit eine wichtige Voraussetzung, um die in wissenschaftlicher Eigensta¨ndigkeit erarbeiteten Therapieoptionen mit den Standards unserer demokratischen Kultur in Einklang zu bringen. Naiver Optimismus im Blick auf Fortschritte in den Wissenschaften wie in ihrer Anwendung verbietet sich fu¨r ein vernu¨nftiges Verha¨ltnis deswegen ebenso wie eine selbstgewisse Wissenschaftsfeindlichkeit. Vertrauen in Abha¨ngigkeit und Verantwortung als Vertrauensanwaltschaft sind insofern Grunddimensionen eines interaktiven Verha¨ltnisses von Wissenschaft und ¤ffentlichkeit. Diese Vertrauensdimension gilt es immer wieder zu besta¨tigen und zu sta¨rken. Es ist deswegen vo¨llig sachgema¨ß, bei jedem Schritt in wissenschaftliches Neuland, sobald sich relevante und weit reichende Anwendungsmo¨glichkeiten ableiten lassen, die Frage nach der spezifischen Legitimation und ethischen Beurteilung zu stellen. Die Forschung muss es sich dabei auch gefallen lassen, dass ihr – so wie allem menschlichen Handeln – von außen Grenzen gesetzt werden. Aber diese sollten doch, so weit das mo¨glich ist, in der Wissenschaft selbst diskutiert und von ihr selbst festgelegt werden, da dort die no¨tige Kompetenz vorhanden ist, um angemessen u¨ber die in Frage stehenden komplexen Sachverhalte zu urteilen. Deshalb gebu¨hrt den Formen wissenschaftlicher Selbstkontrolle und ethischer Diskussion in den Wissenschaften – auch so weit sie u¨ber die einzelne Wissenschaft hinausgehen – eine hohe Priorita¨t. Diese Auffassung hat sich im wissenschaftlichen Selbstversta¨ndnis eingepra¨gt und dort sowohl im fachwissenschaftlichen Innenverha¨ltnis wie im Prozess der o¨ffentlichen Kommunikation zu fes-
Wissenschaft und ¤ffentlichkeit
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ten Formen der Selbstpru¨fung gefu¨hrt. In der biomedizinischen Forschung ist eine Reihe solcher Pru¨fmechanismen wirksam, die der Aufgabe wissenschaftlicher Selbstkontrolle entsprechen. Sie bestehen aus einem vier- bis fu¨nfstufigen System, das wissenschaftliche Vorhaben durchlaufen mu¨ssen, um als fo¨rderungswu¨rdig und durchfu¨hrbar zu gelten. a) Einwerbung von Forschungsmittel und damit verbundene Begutachtungsverfahren Fu¨r die meisten wissenschaftlichen Studien und Experimente mu¨ssen Mittel eingeworben werden. Dies geschieht dadurch, dass bei den die jeweiligen Mittel gewa¨hrenden Stellen detaillierte Antra¨ge u¨ber die geplanten Studien eingereicht werden, die von kompetenten Fachgutachtern auf ihre Wissenschaftlichkeit sowie unter anderem auf ihre ethische Unbedenklichkeit nach Maßgabe von Richtlinien (z. B. von Ethikkommissionen) gepru¨ft werden. Im Falle von Experimenten mit tierischem oder insbesondere menschlichem „Material“ sind besonders strenge Bewilligungsverfahren vorgesehen. b) Expertenbegutachtung (Peer Reviews) Die zweite Stufe der wissenschaftlichen Selbstkontrolle besteht in der Begutachtung der Ergebnisse einer Studie durch diejenigen Experten (die peers), die in den gleichen oder nahen Forschungsfeldern arbeiten und die dementsprechende Kompetenzen aufweisen. Ohne diese Begutachtungsverfahren ko¨nnen die Ergebnisse einer Studie in keiner renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift erscheinen. c) Reproduktion des Experimentes Die wichtigste Kontrolle jedes wissenschaftlichen Experimentes ist seine Wiederholung in einem anderen Labor durch andere Wissenschaftler. Ergebnisse eines Experimentes ko¨nnen dann als gesichert gelten, wenn die Reproduktion desselben Experimentes tatsa¨chlich gelingt oder wenn es indirekt durch neue, darauf aufbauende und ihrerseits gelingende Experimente besta¨tigt wird. Dies unterscheidet die Naturwissenschaften grundlegend von den Geisteswissenschaften.
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d) Klinische Studien und Metaanalysen Die Durchfu¨hrung einer bestimmten Abfolge klinischer Studien ist vorgeschrieben, um ein Arzneimittel fu¨r die Anwendung am Patienten zuzulassen. Die Studien werden in eine Phase I (Vertra¨glichkeit, Sicherheit, geringe Probandenzahl), Phase II (Wirknachweis bei ausgewa¨hltem Kollektiv, geringe Patientenzahl) und eine Phase III (randomisierte, d. h. mit zufallsgenerierter Patientenauswahl erstellte Studie, in der die neue Therapie gegen eine Standardtherapie [Kontrollgruppe] verglichen wird, in der Regel hohe Patientenzahl) eingeteilt. Ist eine Phase III Studie erfolgreich abgeschlossen, so kann bei der zusta¨ndigen Zulassungsbeho¨rde, z. B. bei dem Bundesamt fu¨r Arzneimittel und Medizinprodukte fu¨r Deutschland, bei der Europa¨ischen Arzneimittelagentur (EMEA) fu¨r die Europa¨ische Union oder bei der Food and Drug Administration (FDA) fu¨r die USA der Antrag auf Zulassung eingereicht werden. Metaanalysen sind Zusammenfassungen von verschiedenen Einzel- oder Prima¨r-Untersuchungen zu einem wissenschaftlichen Forschungsgebiet, also z. B. die Analyse und Zusammenfassung von vielen Einzelstudien zur Wirkungsweise von Aspirin. e) Anwendungsforschung Auch nach der Einfu¨hrung in die klinische Praxis sind neue – aber auch etablierte – Therapien einer sta¨ndigen Anwendungskontrolle unterworfen. So sind Pharma-Hersteller verpflichtet, auch nach der Zulassung von Medikamenten Erkenntnisse u¨ber auftretende Nebenwirkungen zu sammeln und auszuwerten. Diese Erkenntnisse sind den Genehmigungsbeho¨rden in bestimmten Absta¨nden vorzulegen. Zeigt sich hierbei, dass bislang unvermutete Nebenwirkungen auftreten oder dass im Vergleich zu ga¨ngigen Alternativen signifikante Nachteile auftauchen, so ist auch zu diesem Zeitpunkt eine Ru¨cknahme des Medikamentes vom Markt mo¨glich. Insgesamt sind die oben genannten Pru¨fverfahren sehr aufwa¨ndig, so dass innovative Therapien am Patienten erst nach Jahren der Grundlagenforschung und der klinischen Pru¨fung eingesetzt werden ko¨nnen.
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Bei der initialen Grundlagenforschung liegt die Kontrolle in der Hand von Fachkollegen, die mit dem zur Pru¨fung anstehenden Forschungsgegenstand vertraut sein mu¨ssen. Freilich ist auch diese Form der Selbstpru¨fung nicht ohne Probleme. So bedeutet sie die Beurteilung durch konkurrierende Forscher und Institutionen und fu¨hrt daher einerseits in mo¨gliche Interessenskonflikte, die fu¨r Außenstehende kaum durchschaubar sind. Andererseits ist die Gefahr der gegenseitigen Befu¨rwortung gegeben, durch die eine Gruppe gut vernetzter Wissenschaftler sich Vorteile verschaffen ko¨nnte. Die Fachjournale und Gutachtergremien schu¨tzen sich vor diesen Problemen durch eine mo¨glichst große Streuung der Gutachterauftra¨ge und durch Mehrfachbegutachtung. Allerdings zeigt sich gerade in den Ausnahmefa¨llen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (wie etwa dem Hwang-Skandal, siehe unten), dass bei genauer Kenntnis des ausgeklu¨gelten Begutachtungssystems und der Gutachter-Erwartungen Wissenschaftsbetrug bis in die hochrangigsten Publikationsorgane hinein mo¨glich ist. Um das subjektive Element der Begutachtung in der Grundlagenwissenschaft bei dem Weg in die klinische Pru¨fung mo¨glichst auszuschließen, werden strenge Kriterien der Objektivierbarkeit angelegt, wie z. B. die Patientenauswahl nach dem Zufallsverfahren sowie die Verblindung der Studiendaten, so dass die interpretierenden Wissenschaftler bei der Auswertung nicht wissen, ob ein Patient sich in der Behandlungs- oder Kontrollgruppe befindet. Eine breit gefa¨cherte Aufzeichnung der Studie sorgt dafu¨r, dass auch unabsehbare Folgen einer Therapie rasch bemerkt und in ihrer Bedeutung erfasst werden ko¨nnen. Eine solche klinische Pru¨fung ist allerdings kostenintensiv und kann in der Regel nur von großen pharmazeutischen Unternehmen durchgefu¨hrt werden. Hinzu kommt die eigentu¨mliche Beschaffenheit biomedizinischer Wissenschaft auf ihrem gegenwa¨rtigen Niveau. Sie bedeutet ha¨ufig das experimentelle Betreten von Neuland, das von der Allgemeinheit, aber selbst von Experten anfa¨nglich nur schwer beurteilt werden kann, auch wenn die ¢berpru¨fung in KontrollExperimenten vor allem bei hochrangigen Forschungsgegensta¨nden die Regel ist. Insofern ist die individuelle Verantwortung eines Wissenschaftlers fu¨r die Richtigkeit der von ihm publizierten
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Daten von zentraler Bedeutung. Gestu¨tzt wird diese Norm durch institutionelle Vorkehrungen, die zu Transparenz und Publizita¨t verpflichten und damit o¨ffentliche Kritik im Falle perso¨nlicher Uneinsichtigkeit gewa¨hrleisten. Der Fa¨lschungsfall Hwang darf nicht den Blick fu¨r die Tatsache verstellen, dass die wissenschaftliche Selbstkontrolle in der Regel funktioniert und sich den Alternativen eines vo¨lligen Kontrollverzichts oder einer Kontrolle durch externe Instanzen als u¨berlegen erwiesen hat. Die meisten La¨nder weisen inzwischen sehr hohe Standards fu¨r gute wissenschaftliche Praxis auf, auch wenn dadurch nicht ausgeschlossen werden kann, dass Missbrauch betrieben und ethisch unzula¨ssige Experimente durchgefu¨hrt werden. Allerdings bringt die Internationalita¨t biomedizinischer Forschung mit sich, dass la¨nderu¨bergreifend Missbrauch geahndet und die Einhaltung von Standards bei der Publikation in internationalen Journalen durchgesetzt wird. Empirische Belege fu¨r die These, dass die Zahl der Fa¨lschungen innerhalb der Wissenschaften in ju¨ngster Zeit zugenommen hat, gibt es nicht. Im Ru¨ckblick auf die deutsche Stammzellforschung seit dem Jahr 2002 kann jedenfalls gesagt werden, dass die beteiligten Forscher verantwortungsvoll und sensibel mit den ethischen Fragen umgegangen sind. Viele der Forscher haben sich u¨ber ihre Arbeit im Labor hinaus o¨ffentlichen Diskussionen gestellt und sich um die Diskussion ethischer Fragen bemu¨ht. Anlass zu einem Generalverdacht in Richtung „verantwortungslose Wissenschaft“ hat es nicht gegeben.
Exkurs: Der Hwang-Skandal* Wissenschaftliche Erkenntnis wird nicht kontinuierlich angeha¨uft, sondern schreitet – gerade in Schlu¨sselgebieten – ha¨ufig sprunghaft voran. Die Stammzellforschung ist in den letzten Jahren zu einem solchen Schlu¨sselgebiet biomedizinischen Forschens avanciert, verbunden mit vielen ho¨chstrangigen Publikationen, in denen der Peer-Review-Prozess eine zentrale Rolle spielt. Leider weist dieses an sich gut funktionierende System * Hacker, Hallek, Mu¨ller.
Exkurs: Der Hwang-Skandal
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der wissenschaftlichen Selbstkontrolle dort Schwa¨chen auf, wo Forscher Experimente vorta¨uschen, Ergebnisse verfa¨lschen oder Dritten wesentliche Informationen u¨ber den tatsa¨chlichen Verlauf ihrer Versuche vorenthalten. Selbst robuste Kontrollmechanismen guter wissenschaftlicher Praxis ko¨nnen nicht immer verhindern, dass schlechte Wissenschaft betrieben wird und wissenschaftliches Fehlverhalten oder gar Betrug eine Zeit lang unbemerkt bleiben. Besonderes Aufsehen in all diesen Hinsichten erregte 2006 der Fa¨lschungsskandal um den su¨dkoreanischen Wissenschaftler Hwang Woo Suk von der Seoul National University (SNU), der eine Zeit lang als einer der bekanntesten Stammzellforscher der Welt galt. Zuna¨chst hatten die Forscher und die Welto¨ffentlichkeit Hwang gefeiert, weil er behauptet hatte, als erster menschliche Embryonen nicht nur geklont, sondern aus Blastozysten, d.h. 4 bis 5 Tage alten Embryonen, erstmals embryonale Stammzellen nach der sogenannten Dolly-Methode abgeleitet zu haben. Ein Jahr spa¨ter, im Juni 2005, vero¨ffentlichte Hwang mit 24 Koautoren, darunter dem US-Amerikaner Gerald Schatten, eine zweite bahnbrechende Arbeit in der renommierten US-Zeitschrift „Science“. Sie sollte zeigen, wie mit angeblich nur 185 gespendeten Eizellen elf maßgeschneiderte, patientenspezifische Stammzelllinien gezu¨chtet wurden. Die Arbeit erschien vielen Experten als ein zentraler Fortschritt auf dem Weg zum sogenannten therapeutischen Klonen. In der Folge wurde Hwang in Korea zum Nationalheld und als „Vater des therapeutischen Klonens“ gefeiert; weltweit wurde er von vielen Forschern fu¨r einen Nobelpreiskandidaten gehalten. Schon im November 2005 wurden erstmals Vorwu¨rfe laut, wonach Frauen entgegen den Angaben in der „Science“-Vero¨ffentlichung Eizellen gegen Bezahlung gespendet hatten oder von Hwang perso¨nlich durch Karriereversprechen als EizellSpenderinnen „rekrutiert“ worden waren. Einen Monat spa¨ter wurde dann durch einen anonymen Hinweis eines Wissenschaftlers offenbar, dass womo¨glich alle der in „Science“ ver-
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Wissenschaft und ¤ffentlichkeit
o¨ffentlichten, angeblich geklonten elf Stammzelllinien Fa¨lschungen waren. Wenig spa¨ter besta¨tigten eilends eingerichtete universita¨re Untersuchungskommissionen diesen Verdacht und verku¨ndeten zudem, dass auch die 2004 angeblich von Hwang geklonte, erste menschliche embryonale Stammzelllinie nicht durch Zellkerntransfer des angeblichen Spenders entstanden sein konnte. Beide Arbeiten wurden Anfang 2006 zuru¨ckgezogen und gelten seither als wertlos. Im Verlauf der weiteren Ermittlungen erwiesen sich die zuerst von su¨dkoreanischen Wissenschaftsjournalisten und anonymen Forschern erhobenen Vorwu¨rfe im Kern als zutreffend. Hwang verlor seinen Posten an der Universita¨t, ihm wurde wissenschaftlicher Betrug, Veruntreuung von Forschungsgeldern sowie der Bruch ethischer Richtlinien fu¨r die Eizellspende vorgeworfen. Es stellte sich heraus, dass die su¨dkoreanischen Forscher insgesamt 2236 Eizellen von 122 Frauen verwendet hatten und dabei 71 der Eizellspenderinnen bezahlt hatten. Der Fall Hwang zwang die nationale und internationale Wissenschaftlergemeinde, u¨ber Schwachstellen im Kontrollsystem der Wissenschaft nachzudenken. Nach umfangreichen internen und externen Untersuchungen des Gutachterprozesses der Zeitschrift „Science“ la¨sst sich inzwischen sagen, dass der derzeitige Peer-Review-Prozess nicht darauf geeicht war, den Forschungsbetrug aus Su¨dkorea zu enttarnen. Gutachter gingen und gehen davon aus, dass die Datenbasis eines Artikels ehrlich erhoben wird. Sie wollen nachvollziehen, ob die Daten die Schlussfolgerungen rechtfertigen und die Experimente die gestellten Fragen beantworten ko¨nnen und ob sie zudem neu und wichtig sind. Kontrollexperimente zu den Klonversuchen in Korea wurden verlangt, um die Substanz der Forschung zu u¨berpru¨fen. Als diese zur Zufriedenheit der Gutachter erbracht wurden, war der Kontrollfunktion des Gutachterprozesses Genu¨ge getan. Dass auch diese Daten zum Teil frei erfunden waren, la¨sst ru¨ckblickend eine Entschlossenheit zum Wissenschaftsbetrug erkennen, auf die das Gutachtersystem nicht eingerichtet war.
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Da sich im Fall Hwang die ersten Verdachtsmomente auf die vero¨ffentlichten Bilder der angeblichen Stammzellen bezogen, setzen seither immer mehr Zeitschriften Software in Form von Mustererkennungsprogrammen ein, um Bilder und Grafiken in Artikeln auf verra¨terische Wiederholungen oder Spuren von Bildmanipulationen hin zu u¨berpru¨fen. Auch verlangen einige Zeitschriften inzwischen bei potenziell Aufsehen erregenden Resultaten vor einer Vero¨ffentlichung eine unabha¨ngige ¢berpru¨fung zentraler Befunde durch Dritte oder zumindest Einsicht in Laborbu¨cher und Rohdaten. Gestritten wird derzeit allerdings daru¨ber, wer solche zum Teil aufwendigen externen Kontrollen ku¨nftig finanzieren soll. Weil nur sehr wenige der 24 Koautoren von Hwangs zweiter „Science“-Publikation den Text vor der Vero¨ffentlichung kannten, wurde auch vorgeschlagen, ku¨nftig nur noch Autoren auf einer wissenschaftlichen Vero¨ffentlichung zu akzeptieren, wenn diese sich schriftlich dazu verpflichten, fu¨r die gesamten publizierten Daten perso¨nliche Verantwortung zu u¨bernehmen oder alternativ zumindest anzugeben, fu¨r die Validita¨t welcher Ergebnisse sie geradestehen wollen.
Ethische Grundelemente und rechtliche Rahmenbedingungen
Eine konkrete ethische Urteilsbildung muss alle Faktoren beru¨cksichtigen, durch die dem Handeln normativ Grenzen gesetzt sind: dies sind aus guten Gru¨nden etablierte ethische Grundsa¨tze einerseits und die im Recht definierten Rahmenbedingungen andererseits. Daher werden in diesem Kapitel die ethischen Grundelemente, auf die sich die Beurteilung im Stufenmodell (Teil II) bezieht, ebenso besprochen wie die fu¨r Deutschland gu¨ltigen rechtlichen Rahmenbedingungen, durch die definiert ist, wo fu¨r den Bereich der Gen- und Stammzellmedizin der Raum des legalen Handelns beginnt und wo er endet.
Grundelemente der ethischen Beurteilung* Ethische Urteilsbildung im konkreten Feld biomedizinischer Anwendungen muss sich an ¢berzeugungen und ¢berlegungen orientieren, die Grundelemente eines allgemeinen, o¨ffentlichen, kulturellen und normativen Konsenses sind. Anders wird eine ethische Beurteilung nicht die erforderliche ¢berzeugungskraft entwickeln. Selbstversta¨ndlich kann und muss mit Argumenten daru¨ber gestritten werden, welche ¢berzeugungen diesen normativen Status haben und welche ihn zu Recht verdienen. Dies ist Aufgabe der wissenschaftlichen Ethik mit ihrer Vielzahl an Ansa¨tzen, Methoden, Theorien und Konzepten, u¨ber die hier aber nicht weiter Auskunft zu geben ist. Die im Folgenden besprochenen Elemente sind in der ethischen Diskussion etabliert und werden von jeder ethischen Theorie auf die eine oder andere Weise beru¨cksichtigt. „Biomedizinische Eingriffe am Menschen“ wird in vorliegender Studie verstanden als Sammelbegriff fu¨r die neueren, sich aus dem rasch zunehmenden molekularbiologischen und genetischen * Kupatt, Rendtorff, Voigt, Zichy.
Grundelemente der ethischen Beurteilung
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Grundlagenversta¨ndnis ergebenden therapeutischen Alternativen zu etablierten medizinischen Behandlungsroutinen. Diese Perspektive impliziert zwei wesentliche Elemente biomedizinischer Eingriffe: Erstens mu¨ssen sie sich im Vergleich mit bisherigen Therapie-Optionen in kontrollierten Studien bewa¨hren. Zweitens ergibt sich regelhaft eine Bewegung vom molekular- oder zellbiologischen Grundlagenversta¨ndnis hin zur therapeutischen Anwendung. Dieser Charakter biomedizinischer Eingriffe ist neu und unterscheidet sie z. B. von chirurgischen Eingriffen, die aus dem anatomischen Grundlagenversta¨ndnis resultieren, oder von pharmakologischen Anwendungen, die sich in der Regel aus den Testserien von einzelnen Substanzen in Testsystemen ergeben. Obwohl sich aus der theoretischen Perspektive des Grundlagenversta¨ndnisses Anwendungsfa¨lle ergeben, stellt die Grundlagenwissenschaft keine Instrumente zur Erkennung von Nebenwirkungen und Anwendungsbeschra¨nkungen zur Verfu¨gung. Diese ergeben sich in der Regel erst durch die pra¨klinische Anwendung an Versuchstieren und bei der klinischen Anwendung in Studien. Diese Problemlage fu¨hrt zu der ethisch folgenreichen Einsicht, dass die fachgerechte Anwendung biomedizinischer Eingriffe am Menschen, auch wenn sie aus der molekularbiologischen und genetischen Grundlagenwissenschaft stammen, ausschließlich von ¥rzten durchgefu¨hrt werden kann. Denn nur die ¥rzteschaft kann die Indikation einer behandlungsbedu¨rftigen Krankheit stellen, die Risikoabwa¨gung bei bestehenden Behandlungsalternativen durchfu¨hren sowie das Auftreten von Nebenwirkungen mo¨glichst fru¨hzeitig erkennen und gegebenenfalls behandeln. Deshalb dient in der vorliegenden Studie das Berufsethos des Arztes als Ausgangspunkt der ethischen Beurteilungen. Es ist dieses a¨rztliche Berufsethos, das fu¨r die biomedizinischen Eingriffe am Menschen den Handlungsrahmen vorgibt. Innerhalb des so definierten Rahmens gilt es, die dort wirksamen Orientierungspunkte der Menschenwu¨rde und Autonomie sowie der Angemessenheit (Krankheitsbezug) und der gesellschaftlichen Einbettung (¤ffentlichkeit der Wissenschaft) zur Geltung zu bringen.
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Ethische Grundelemente
Das a¨rztliche Berufsethos Das Berufsethos des Mediziners als Arzt besagt, dass a¨rztliches Handeln der Krankheit und Heilung von individuellen Personen gilt. Auch der Mediziner als Forscher bleibt in der Fo¨rderung und Anwendung von Forschung den Standards des a¨rztlichen Berufes verpflichtet, die durch Forschungsinteressen nicht außer Kraft gesetzt werden du¨rfen. Das a¨rztliche Berufsethos darf nicht als eine Art „Privatmoral“ des a¨rztlichen Standes missverstanden werden. Wie jedes Berufsethos basiert auch das a¨rztliche Ethos auf allgemein geteilten und o¨ffentlich begru¨ndungsfa¨higen ethischen Kriterien, vor deren Hintergrund es sta¨ndig neu gepru¨ft und u¨berdacht werden muss. Die Spezifita¨t des a¨rztlichen Ethos ergibt sich aus der besonderen Rolle des Arztes mit den von ihr geforderten Fa¨higkeiten, ihren gesellschaftlich u¨bertragenen Aufgaben und ihrer Verantwortung. Das a¨rztliche Berufsethos ist eine auf den Bereich des a¨rztlichen Handelns zugeschnittene Konkretion bzw. Spezifizierung von ethischen Prinzipien, die fu¨r den gesamtgesellschaftlichen Regelungsbereich insgesamt konstitutiv sind. In der bioethischen Debatte werden in der Regel vier Prinzipien genannt: a) das Autonomieprinzip als Teil des Menschenwu¨rdeprinzips b) das Prinzip des Heilens oder Verminderns von Leiden (Wohlwollensprinzip) c) das Nichtschadensprinzip und d) das Gerechtigkeitsprinzip. Das a¨rztliche Berufsethos ist bestimmt durch das Zusammenspiel und den immer wieder neu zu suchenden Ausgleich von diesen vier in Spannung zueinander stehenden ethischen Prinzipien, die unbestreitbar Elemente des u¨bergreifenden gesellschaftlichen Konsenses sind. So wird deutlich, dass das a¨rztliche Ethos keine statische Gro¨ße ist. Es muss vielmehr in der Sensibilita¨t fu¨r Wandlungen der a¨rztlichen Ta¨tigkeit wach gehalten werden und sich immer neu bewa¨hren. Solche Wandlungen werden durch vera¨nderte technische Mo¨glichkeiten, aber auch durch Verschiebungen der gesellschaftlichen Erwartungen hervorgerufen. Im Umgang mit neuer Technik
Grundelemente der ethischen Beurteilung
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und gesteigerten Erwartungen muss die Eigensta¨ndigkeit des a¨rztlichen Handelns bewusst gehalten werden und gesichert bleiben. Außerhalb von Notfa¨llen kann auch der Arzt seine Selbstbestimmung dadurch ausu¨ben, dass er von Behandlungen zuru¨cktritt, von deren Indikation oder Wirksamkeit er nicht u¨berzeugt ist, und andere befo¨rdert und beforscht, von deren Wirksamkeit er u¨berzeugt ist. Entsprechendes gilt fu¨r die medizinischen Studien, die u¨ber den individuellen therapeutischen Zweck hinausgreifen. Sie haben sich ihrer Zielrichtung nach am therapeutischen Auftrag des a¨rztlichen Berufs zu orientieren. Auch in dieser Hinsicht muss die Verantwortbarkeit in Relation zum a¨rztlichen Auftrag klar bestimmt bleiben. Menschenwu¨rde und Autonomie Das ethische Richtmaß jeglicher biowissenschaftlicher Eingriffe am Menschen liegt in der Unbedingtheit und Universalita¨t des Anspruchs menschlicher Wu¨rde. Ein Kerngehalt der Menschenwu¨rde ist die Achtung der Selbstbestimmung von Personen. Die Hinwendung zu der Selbstbestimmung des Patienten, die durch die Bioethik-Debatten deutlich gesta¨rkt worden ist, hat die Patientenorientierung des Krankheitsumgangs erheblich gesteigert. In diesem Sinn stellt das therapeutische Angebot der ¥rzte kein automatisiertes Handeln dar, sondern wa¨gt die individuelle Konstellation ab, in welche die subjektive Motivation des Patienten in besonderer Weise einzubeziehen ist. Schließlich ha¨ngt die Legalita¨t des a¨rztlichen Eingriffs von der Zustimmung des Patienten in seiner subjektiven Situation ab. Insofern wird das a¨rztliche Handeln nicht ausschließlich durch medizinische Imperative bestimmt, sondern ebenso durch die Patientenauffassung der Nutzen-Risiko-Kalkulation entscheidend mitgepra¨gt. Allerdings gilt die Menschenwu¨rde auch in jenen Fa¨llen, in denen Menschen zur Selbstbestimmung noch nicht, nicht mehr oder nur in eingeschra¨nktem Maß fa¨hig sind. Insofern beinhaltet die Menschenwu¨rde neben dem Autonomieprinzip auch den Lebensschutz (Nichtschadensprinzip), der dem Autonomieprinzip zuwiderlaufen kann. Selbstbestimmung und Lebensschutz sind
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Ethische Grundelemente
hochrangige Implikationen der Menschenwu¨rde. Fu¨r die biomedizinischen Eingriffe am Menschen bedeutet dies, dass die Zustimmung der Patienten bzw. ihrer gesetzlichen Vertreter unabdingbar ist. Im Rahmen biomedizinischer Forschung gilt ebenso: Eingriffe, die das Prinzip des Lebensschutzes in der Risikoabwa¨gung grob verletzen, sind mit dem Prinzip der Menschenwu¨rde unvereinbar. Angemessenheit des Nutzen-Risiken-Verha¨ltnisses Dem Wohlwollensprinzip und dem Nichtschadensprinzip entspricht die in der Medizin etablierte umfassende, sorgfa¨ltige und ausgewogene Analyse der Nutzen und Risiken. Nur wenn der Nutzen in einem angemessenen Verha¨ltnis zu den Risiken steht, ist ein medizinischer Eingriff verantwortbar. Dabei sind der Nutzen und das Risiko des Eingriffs selbst abzuwa¨gen. Von wesentlicher Bedeutung ist dabei die individuelle Konstellation des Patienten, die durch die krankheitsbedingte Prognose, die vorhandenen Begleiterkrankungen sowie die Existenz von Behandlungsalternativen bestimmt ist. Es ist beispielsweise ein etabliertes, wiewohl umstrittenes Prinzip, dass innovative Therapien, bei denen ein hohes Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen nicht auszuschließen ist, nur an Patienten mit krankheitsbedingt limitierter Lebenserwartung angewandt werden du¨rfen. Werden umgekehrt keine schwerwiegenden Nebenwirkungen erwartet, so ko¨nnen die Einschlusskriterien fu¨r Studienpatienten weiter gestellt werden. Krankheit ¥rztliches Handeln ist auf Krankheit bezogen und außerhalb der Behandlung von Krankheiten nicht indiziert. Der Behandlungsbereich ist vielfa¨ltig und schließt die medizinische Vorsorge sowie neu definierte Krankheiten ein. In dieser Hinsicht wirft der Fortschritt wissenschaftlicher Forschung und Diagnostik Probleme auf, die aus einer Vera¨nderung des Krankheitsversta¨ndnisses resultieren. Aber auch unter solchen sich vera¨ndernden Bedingungen des Krankheitsbildes bleibt Krankheit als Kriterium a¨rztlichen
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Handelns in Geltung. ¥rztliches Handeln bezieht sich auf die Konstellationen, die als Krankheit bekannt und anerkannt sind. ¤ffentlichkeit der Wissenschaft Wissenschaft, die aus ihr resultierende Forschung und ihre Anwendungsmo¨glichkeiten mu¨ssen o¨ffentlich vertreten und gerechtfertigt werden. Die Kontrollierbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse (z. B. durch die Wiederholbarkeit der Experimente durch andere oder die zu fordernde o¨ffentliche Zuga¨nglichkeit der Forschung) ist gegen alle Nutzungsinteressen ein grundlegendes ethisches Kriterium des Fortschritts. Darin ist die Offenheit fu¨r Kritik und Dialog als Bestandteil des Ethos der Wissenschaft generell und so auch je konkret begru¨ndet. Das gilt insbesondere hinsichtlich solcher Neuerungen, wie sie mit der Gentechnik und der Stammzellforschung zweifelsohne verbunden sind. Eine von der ¤ffentlichkeit abgeschnittene Wissenschaft wu¨rde sich zwangsla¨ufig der Ru¨ckkopplung des ihr innewohnenden Ethos mit den fu¨r einen allgemeinen Konsens notwendigen Elementen berauben (siehe dazu ausfu¨hrlich das Kapitel „Wissenschaft und ¤ffentlichkeit“).
Rechtliche Rahmenbedingungen* Das Recht legt den Handlungsspielraum von Medizinern und biomedizinischen Wissenschaftlern bei Diagnosen, Therapien, Heilversuchen und Humanexperimenten fest. Zentral bei biomedizinischen Eingriffen am Menschen ist, dass die Menschenwu¨rdegarantie des Grundgesetzes beachtet werden muss. Es gilt jedoch auch dafu¨r Sorge zu tragen, dass der Menschenwu¨rdeschutz nicht zu weit gezogen wird. Gerade die Unantastbarkeit der Garantie der Menschenwu¨rde, d. h. die sich jeder Abwa¨gung entziehende Garantie, erfordert, dass das, was als unantastbar gilt, eng begrenzt ist. Dies gilt es insbesondere gegenu¨ber von einer bestimmten Weltanschauung gepra¨gten Inhalten zu vertreten, die kontrovers diskutiert werden und im Ausland eine vo¨llig andere * Schroth.
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Ethische Grundelemente
Bewertung erfahren und die nicht fu¨r unantastbar erkla¨rt werden du¨rfen. Pluralistischen Standpunkten muss Raum gegeben werden. Das ebenfalls garantierte Grundrecht der Forschungsfreiheit, Art. 5 III Grundgesetz (GG), darf in diesem Bereich keinesfalls ausgeho¨hlt werden. Nur die Wahrung der Forschungsfreiheit garantiert den biomedizinischen Erkenntnisfortschritt, ero¨ffnet neue Heilungschancen und hilft damit potentiell auch Schwerkranken in ihrem – auch durch das Grundgesetz geschu¨tzten – Recht auf ko¨rperliche Integrita¨t. Rechtliche Eckpunkte Die vom Gesetzgeber vorgegebenen Eckpunkte stellen sich wie folgt dar: Gesetzlich ist nahezu jede ku¨nstliche Vera¨nderung der Erbinformation einer menschlichen Keimbahnzelle untersagt, § 5 I, IV Embryonenschutzgesetz (ESchG). Das umfassende Verbot des § 5 I ESchG ist in Abs. 4 fu¨r wenige Bereiche eingeschra¨nkt. Dabei reicht fu¨r eine Verletzung des Verbots, in menschliche Keimbahnzellen einzugreifen, bereits ein Handeln, das damit einverstanden ist, dass Erbinformationen ku¨nstlich vera¨ndert werden (dolus eventualis). Eine Ausnahme wird durch § 5 IV Nr. 3 ESchG begru¨ndet, der bei Impfungen, strahlen-, chemotherapeutischen oder anderen Behandlungen ausdru¨cklich nicht absichtliches (d. h. nicht zielgerichtetes) Handeln aus der Strafbarkeit ausnimmt. Bei Impfungen, strahlen-, chemotherapeutischen oder anderen Behandlungen, bei denen eine ku¨nstliche Vera¨nderung der Erbinformation eintreten kann, ist eine Strafbarkeit nicht gegeben, wenn der Arzt diese Vera¨nderung nicht beabsichtigt. § 6 ESchG schließt das Klonen, also die ku¨nstliche Herstellung genetisch identischer Lebewesen, aus. Die Reichweite dieses Verbots ist allerdings umstritten. Ein Heilversuch, d. h. die Behandlung eines Patienten mit dem u¨berwiegenden Interesse der individuellen Heilung mit Methoden, die nicht dem medizinischen Standard entsprechen, ist in den strafrechtlichen Grenzen (§§ 211 ff., 223 ff. Strafgesetzbuch [StGB]) zula¨ssig. Humanexperimente, die sich durch ein vorrangiges Forschungsstreben des Handelnden auszeichnen, mu¨ssen den einschla¨gigen
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Spezialvorschriften (z. B. §§ 40 ff. Arzneimittelgesetz [AMG], 20 f. Medizinproduktegesetz [MPG]) genu¨gen. Gewinnung von Stammzellen Die verschiedenen Mo¨glichkeiten, Stammzellen* zu gewinnen, sind in Bezug auf ihre rechtliche Zula¨ssigkeit getrennt zu betrachten. Die Gewinnung von Stammzellen aus spezifischen adulten Geweben und aus Nabelschnurblut ist juristisch unproblematisch mo¨glich, wenn die Betroffenen (bei der Gewinnung aus Nabelschnurblut die einwilligungsberechtigte Mutter) in die (ansonsten tatbestandliche) Ko¨rperverletzung nach Aufkla¨rung eingewilligt haben. Die Gewinnung von Stammzellen aus Keimzellen abgetriebener, toter Feten ist rechtlich zula¨ssig, sofern die Mutter nach Aufkla¨rung eingewilligt hat und die standesrechtlich erforderliche Genehmigung der Ethikkommission vorliegt. Dabei muss das u¨ber das Gewebegesetz erweiterte Organhandelsverbot beachtet werden. Die Gewinnung von Stammzellen aus fru¨hen Embryonen ist nach deutschem Recht unzula¨ssig. Der fru¨he Embryo wird durch § 2 I ESchG direkt geschu¨tzt, der das strafbewehrte Verbot der missbra¨uchlichen Verwendung von Embryonen entha¨lt. Eine missbra¨uchliche Verwendung ist jede Verwendung des Embryos zu einem Zweck, der nicht seiner Erhaltung dient. Da die Gewinnung von embryonalen Stammzellen durch deren Entnahme aus Blastozysten die Vernichtung des Embryos zur Folge hat, ist die Gewinnung von embryonalen Stammzellen durch § 2 I ESchG verboten. Die Herstellung von Embryonen zu anderen Zwecken als zur ku¨nstlichen Befruchtung ist nach deutschen Recht ebenfalls verboten, § 1 I Nr. 2 ESchG. Die Mo¨glichkeit, Stammzellen aus geklonten Embryonen zu gewinnen, die mittels der Kerntransfertechnik gewonnen wurden, das sogenannte therapeutisches Klonen, ist in doppelter Hinsicht rechtlich umstritten:
* Der Begriff „embryonale Stammzellen“ umfasst auch embryonale Stammzelllinien (gema¨ß § 3 Nr. 3 Stammzellgesetz).
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Ethische Grundelemente
Zum einen kann die Zellkerntransfertechnik gegen das Klonverbot gema¨ß § 6 ESchG verstoßen. Danach macht sich strafbar, wer ku¨nstlich bewirkt, dass ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer Embryo, ein Fetus, ein Mensch oder ein Verstorbener entsteht. Nach den u¨berwiegenden juristischen Stellungnahmen soll auch das Klonen mittels Zellkerntransfer unter das Verbot des § 6 ESchG fallen. In Hinblick auf das strafrechtliche Analogieverbot ist diese Meinung jedoch bedenklich. So ist schon nicht sicher, dass die durch Zellkerntransfer reprogrammierte Zelle tatsa¨chlich die gleiche Erbinformation (im Sinne des § 6 ESchG) wie die Spenderzelle entha¨lt. Ausgegangen werden kann lediglich von einer ¢bereinstimmung von u¨ber 99,9 %. Ungefa¨hr gleich ist aber noch nicht genau gleich. Des Weiteren ist zweifelhaft, ob durch den Zellkerntransfer ein Embryo im Sinne des ESchG entsteht, da bei der Zellkerntransfertechnik keine Kernverschmelzung stattfindet und keine befruchtete Eizelle vorliegt. Dies wird in der Definition des Embryos, wenn man den Wortlaut genau nimmt, in § 8 I ESchG aber vorausgesetzt. Zum anderen ist das therapeutische Klonen kritisch zu betrachten, weil es zu einer Instrumentalisierung von Embryonen fu¨hrt. Die Entnahme von Stammzellen ist mit der Vernichtung einer totipotenten Zelle verbunden, die eigens zu diesem Zweck hergestellt wurde. Ob dies rechtlich als verbotene verbrauchende Embryonenforschung und missbra¨uchliche Verwendung von Embryonen im Sinne des § 2 I ESchG zu werten ist, ha¨ngt davon ab, ob die durch Zelltransfer entstandenen totipotenten Zellen als Embryonen im Sinne von § 8 I ESchG qualifiziert werden ko¨nnen (vgl. oben). Einfuhr und Verwendung embryonaler Stammzellen Der Embryo wird ferner durch das nunmehr in Kraft getretene Stammzellgesetz (StZG) indirekt vor Vernichtung geschu¨tzt. Gema¨ß § 13 I StZG ist die Einfuhr embryonaler Stammzellen ohne Genehmigung nach Deutschland strafbar. Gema¨ß § 3 Nr. 2 StZG sind embryonale Stammzellen alle aus Embryonen, die extrakorporal erzeugt und nicht zur Herbeifu¨hrung einer Schwangerschaft
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verwendet worden sind oder einer Frau vor Abschluss ihrer Einnistung in der Geba¨rmutter entnommen wurden, gewonnenen pluripotenten Stammzellen. Neben der Einfuhr war nach bisheriger Rechtslage auch die Verwendung embryonaler Stammzellen ohne Genehmigung strafbar. Da § 9 II 2 StGB – auf Grund ausdru¨cklicher Entscheidung des Gesetzgebers (man hat die Gefahr gesehen, aber nicht § 9 II 2 StGB fu¨r unanwendbar erkla¨rt) – auch fu¨r das StZG anwendbar ist, machte sich der in Deutschland befindliche Wissenschaftler strafbar, wenn er ohne Genehmigung an der Auslandforschung mit embryonalen Stammzellen (auch z. B. u¨ber Internetkommunikation, auch nur durch Ratschla¨ge) teilnahm. Dies wurde zwar bestritten, war aber in Hinblick auf den Gesetzeswortlaut naheliegend. Dadurch wurden in Deutschland arbeitende Wissenschaftler von der internationalen wissenschaftlichen Kommunikation abgekoppelt, zumindest wenn diese sich keinem Strafbarkeitsrisiko aussetzen wollten. Die Versuche, § 9 II 2 StGB teleologisch einzuschra¨nken, waren zwar von ihrer Zielsetzung her angemessen, schlossen aber das Strafbarkeitsrisiko, das letztlich nur durch eine obergerichtliche Rechtsprechung behoben werden ko¨nnte, nicht aus. Auch soweit verbeamtete Wissenschaftler und sonstige Amtstra¨ger im Ausland (etwa wa¨hrend eines Forschungsfreisemesters) ta¨tig waren, galten fu¨r sie die deutschen strafbewehrten Vorschriften des StZG u¨ber § 5 Nr. 12 StGB. Es war hinreichend, dass die konkrete Auslandsforschung nach deutschem Recht strafbewehrt verboten war (weil die nach § 6 StZG erforderliche Genehmigung nicht erteilt war), selbst wenn nach den Regelungen am Forschungsort die konkrete Forschung zula¨ssig war. Das Gesetz zur ¥nderung des Stammzellgesetzes (StZG¥ndG) vom 14. 08. 2008 mit Geltung ab 21. 08. 2008 sieht die einmalige Verschiebung des Stichtages (siehe unten) vor und konkretisiert die Vorgaben fu¨r Einfuhr und Verwendung embryonaler Stammzelllinien in Deutschland. Gema¨ß § 2 StZG neue Fassung* wird klargestellt, dass die Geltung des StZG auf das * „Dieses Gesetz gilt fu¨r die Einfuhr von embryonalen Stammzellen und fu¨r die Verwendung von embryonalen Stammzellen, die sich im Inland befinden.“
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Inland beschra¨nkt ist. Diese Klarstellung wird ausdru¨cklich in § 13 I 1 StZG aufgenommen, wonach nur die Verwendung embryonaler Stammzellen, die sich im Inland befinden, strafbewehrt ist. Diese tatbestandliche Begrenzung bewirkt sowohl den Ausschluss der Strafbarkeit wegen Teilnahme als auch wegen mitta¨terschaftlicher Mitwirkung an der Forschung von im Ausland befindlichen Stammzellen. Insbesondere scheidet auch aus, dass dem im Inland Handelnden eine ausla¨ndische Handlung als eigene zugerechnet wird. Zudem kommt eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des im Ausland handelnden Amtstra¨gers oder fu¨r den o¨ffentlichen Dienst besonders Verpflichteten nach § 13 StZG in Verbindung mit § 5 Nr. 12 und Nr. 13 StGB nicht mehr in Betracht. Neben weiteren Voraussetzungen wurde die erforderliche Genehmigung fu¨r die Einfuhr und Verwendung von embryonalen Stammzellen nach alter Rechtslage nur erteilt, wenn die embryonalen Stammzellen in ¢bereinstimmung mit der Rechtslage im Herkunftsland dort vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden (Stichtagsregelung). In der Abstimmung am 11. April 2008 hat der Bundestag nach einer intensiv gefu¨hrten Debatte in namentlicher Abstimmung entschieden, den Stichtag fu¨r die Forschung an embryonalen Stammzellen einmalig auf den 1. Mai 2007 zu verschieben. Insgesamt lagen vier Gesetzentwu¨rfe zur ¥nderung des Stammzellgesetzes vor. Die Antra¨ge zur Streichung des Stichtages, zu seiner Beibehaltung und zum Verbot der Forschung mit embryonalen Stammzellen wurden vom Bundestag abgelehnt. Mit der einmaligen Verschiebung des Stichtages soll die Grundintention des Gesetzes beibehalten werden, eine von Deutschland ausgehende Veranlassung zur Herstellung von menschlichen embryonalen Stammzellen durch Zersto¨rung von Embryonen zu vermeiden. Mit dieser sehr umstrittenen Regelung sollte das To¨ten von Embryonen zur Stammzellgewinnung zum Zwecke des Imports nach Deutschland vermieden werden. Daru¨ber hinaus werden die Mo¨glichkeiten zur Grundlagenforschung mit embryonalen Stammzellen in Deutschland verbessert. Seit Geltung des StG¥ndG ab 21.08.2008 erhalten auch deutsche Forscherinnen und Forscher Zugang zu Stammzelllinien, die international seit Verabschiedung des StZG alter Fassung etabliert und inzwischen
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unter den inzwischen standardisierten Bedingungen isoliert und kultiviert wurden. Pra¨implantationsdiagnostik Bei der Pra¨implantationsdiagnostik (PID), bei der die durch ku¨nstliche Befruchtung erzeugten Embryonen vor der Implantation auf bestimmte genetische Merkmale hin untersucht werden, liegt strafbares Handeln in doppelter Hinsicht vor, wenn diese unter Entnahme einer totipotenten Zelle durchgefu¨hrt wird. Die Biopsie an einer totipotenten Zelle zersto¨rt diese und dient damit nicht ihrer Erhaltung (Verstoß gegen § 2 I ESchG). Mit der Abscheidung einer totipotenten Zelle wird zudem ein Embryo mit gleicher Erbinformation geschaffen (Verstoß gegen § 6 ESchG). Wird die PID vor ¢bertragung des Embryos durch Entnahme einer pluripotenten Zelle durchgefu¨hrt, ist die Strafbarkeit umstritten. Hier besteht eine noch nicht endgu¨ltig gekla¨rte Rechtslage, da es auch hier an obergerichtlicher Rechtsprechung mangelt. Die Strafbarkeit wird zum einen gema¨ß § 1 I Nr. 2 StGB bejaht. Danach macht sich strafbar, wer es unternimmt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck ku¨nstlich zu befruchten als um die Schwangerschaft der Frau herbeizufu¨hren, von der die Eizelle stammt. Diese Ansicht geht davon aus, dass der Arzt, der die PID durchfu¨hrt, zu einem anderen Zweck als zur Herbeifu¨hrung der Schwangerschaft handelt. Dagegen ist anzufu¨hren, dass der Zweck der Herbeifu¨hrung der Schwangerschaft lediglich von einer objektiven Bedingung (negativer Befund bzgl. eines Gendefekts des Embryos) abha¨ngig gemacht wird, die nicht als eigensta¨ndige Zweckverfolgung zu werten ist. Auch soll § 1 I Nr. 2 ESchG nur die geteilte Mutterschaft sowie die Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken verhindern. Bei Annahme der Strafbarkeit der PID durch Entnahme pluripotenter Zellen wu¨rde zudem ein Wertungswiderspruch entstehen, da die sogenannte Schwangerschaft auf Probe (abha¨ngig vom Befund der Pra¨nataldiagnostik) unstreitig nicht strafbar ist. Auch § 2 I StGB ist bei der Durchfu¨hrung der PID nicht erfu¨llt. Eine „Verwendung zu einem nicht der Erhaltung des Embryos dienenden Zweck“ liegt nicht im Unterlassen durch Stehenlassen
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Ethische Grundelemente
oder sonstige Verwerfung des Embryos im Falle eines positiven Befundes. Die Verwendung erfordert eine aktive Ta¨tigkeit. Auch gema¨ß § 13 StGB, wonach jedes Handlungsdelikt auch durch Unterlassen begangen werden kann, ergibt sich keine Strafbarkeit. Die erforderliche Gleichwertigkeit des Unterlassens mit dem Tun kann nicht angenommen werden. Zudem la¨sst sich keine Garantenstellung des Arztes begru¨nden. Zumindest ko¨nnte der Arzt eine solche Garantenpflicht nicht erfu¨llen, wenn die Mutter die ¢bertragung des Embryos ablehnt. Die Erfu¨llung der Garantenpflicht wa¨re in diesem Fall eine strafbewehrte Ko¨rperverletzung an der Mutter, die dem Arzt nicht zumutbar ist. Auch durch die Untersuchung des Embryos, die u¨ber eine pluripotente Zelle erfolgt, kann eine Strafbarkeit nach § 2 I ESchG nicht begru¨ndet werden. Dabei findet nicht die „Verwendung“ des Embryos statt, sondern nur die Verwendung der pluripotenten Zelle. Dies ist insoweit aber weder nach dem ESchG noch nach dem StZG strafbar.
Naturwissenschaftliche Grundlagen
Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde klar, dass die Erbsubstanz aller Organismen aus Desoxyribonukleinsa¨ure (DNA) besteht. Es zeigte sich dann weiter, dass die in der Erbsubstanz festgelegte Information mit Hilfe des „genetischen Codes“ auf Eiweiße u¨bertragbar ist. Die Gesamtheit aller Gene nennt man auch Genom. Innerhalb des Genoms sind die „Baupla¨ne“ der Organismen zu finden. Mit Hilfe verschiedener Verfahren ist es seit u¨ber 30 Jahren mo¨glich, die einzelnen Gene der Erbsubstanz zu isolieren und im Labor wieder neu anzuordnen. Diese Methode wird als Gentechnik bezeichnet. Dieses Verfahren kann dazu verwandt werden, fertige Proteine, aber auch Gene mithilfe von Vektoren („Genfa¨hren“) in einen Organismus einzuschleusen und dadurch biologische Vera¨nderungen hervorzurufen. Die Gentechnik ist bezu¨glich ihrer Korrekturmo¨glichkeiten fu¨r angeborene, aber auch erworbene Krankheiten fu¨r die medizinische Praxis außerordentlich interessant. Seit rund einer Dekade steht der Gentechnik eine neue, rasch wachsende biologische Technik zur Seite: die Stammzelltechnologie. Hierunter ist die Gesamtheit der Entwicklungen zu verstehen, die versuchen, das Differenzierungspotenzial von Stammzellen fu¨r die medizinische Behandlung zu nutzen. Dieses Potenzial verhilft Stammzellen dazu, sich in Zellen unterschiedlichen Gewebetyps weiterzuentwickeln. ¢ber diesen Mechanismus ko¨nnte, so die Vorstellung, gescha¨digtes oder abgestorbenes Gewebe ersetzt werden. Dies ist fu¨r das Knochenmark seit Jahrzehnten etabliert, soll nun aber auch z. B. fu¨r die Leber, Knorpelgewebe oder den Herzmuskel genutzt werden.
Gentechnik* Unter Gentechnik sind Methoden zu verstehen, durch die sich das Erbmaterial eines jeden Organismus isolieren, analysieren, * Hacker.
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Naturwissenschaftliche Grundlagen
zerlegen und wieder zusammenfu¨gen la¨sst. Aus diesen Methoden ergeben sich eine Vielzahl von Anwendungsmo¨glichkeiten, denn das Erbmaterial praktisch aller Lebewesen ist aus der gleichen Substanz, der Desoxyribonukleinsa¨ure (DNA), aufgebaut. Interessanterweise besteht die fadenfo¨rmige DNA nur aus vier verschiedenen Bausteinen (den Nukleotiden A, G, C und T), deren unterschiedliche kombinatorische Reihenfolge auf dem Faden die Erbinformation verschlu¨sselt. Der DNA-Faden ist in einzelne Abschnitte eingeteilt, die man Gene nennt. Die Nukleotid-Bausteine dieser Gene liefern die Information fu¨r sogenannte Proteine (jeweils eine Kombination von drei DNA-Bausteinen liefert die Information fu¨r einen Proteinbaustein; Abbildung 1). Man kann sich diesen Sachverhalt anhand der Metapher eines Videotapes vorstellen, das die Informationen fu¨r einen aus einzelnen Bildern bestehenden Film speichert. Das biologische Analogon fu¨r den zur Wiedergabe der Bildabfolge notwendigen Videorecorder ist bei diesem Vergleich die im Zellinneren vorhandene biochemische Maschinerie, die die Sprache der Gene in Proteine u¨bersetzt. Zwischen den Genen liegende
Abb. 1: Die genetische Information.
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DNA-Abschnitte stellen Steuerungssignale dar, die bestimmen, zu welchem Zeitpunkt welche Menge eines Proteins in welchen Zellen gebildet wird. Die Proteine wiederum sind fu¨r sa¨mtliche Lebensfunktionen verantwortlich: Sie sind Strukturbestandteil von Haaren, Haut, Muskeln und Knochen, regulieren als Enzyme und Hormone den Stoffwechsel, bestimmen die Blu¨tenfarbe von Pflanzen, machen Bakterien resistent gegen Antibiotika und vieles mehr. Die Gentechnik liefert durch die oben genannten Methoden den Schlu¨ssel zur Identifizierung einzelner Gene, zur Bestimmung der Reihenfolge der DNA-Bausteine (Sequenzierung) und erlaubt auch Ru¨ckschlu¨sse auf die Funktion der nach dem Genbauplan produzierten Proteine. Beim Menschen besteht das Erbgut aus etwa drei Milliarden DNA-Bausteinen. Diese sind auf 46 sogenannte Chromosomen (bzw. 23 Chromosomenpaare), die sich im Zellkern jeder Ko¨rperzelle befinden, verteilt. Scha¨tzungen zufolge liegt die Anzahl der menschlichen Gene bei weniger als 30.000. Das Genom der Hefe mit etwa 12 Millionen Bausteinen entha¨lt zum Vergleich ungefa¨hr 6.000 Gene. Das Darmbakterium Escherichia coli hat ein Genom von 5 Millionen Bausteinen mit circa 4.500 Genen. Mittlerweile sind die Genome von u¨ber 400 Organismen entschlu¨sselt. Dies betrifft den Menschen, verschiedene Affenarten, Nutztiere wie das Schwein, unterschiedliche Pflanzenarten und u¨ber 300 Bakterien. Mit Hilfe der modernen Genomanalytik und der auf den Genomsequenzen basierenden Methoden ist es mo¨glich, die Aktivita¨ten der Gene zu bestimmen (Transkriptom) sowie die entsprechenden Genprodukte zu identifizieren. Die Gesamtheit der Genprodukte eines Genoms wird auch als „Proteom“ bezeichnet. Abbildung 2 verdeutlicht den Zusammenhang dieser unterschiedlichen Bereiche. Die 46 menschlichen Chromosomen liegen in homologen Chromosomenpaaren vor, d. h. jeweils zwei Chromosomen tragen die gleichen Gene. Damit liegt jedes Gen in zwei Kopien vor, die aber nicht notwendigerweise exakt dieselbe Reihenfolge der DNA-Bausteine aufweisen mu¨ssen. Die auf dem DNA-Faden gespeicherte Information dient als Anleitung zur Synthese von Proteinen. Jeweils Dreierkombinationen der vier DNA-Bausteine A, G, T und C liefern die Information fu¨r einen Proteinbaustein
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Abb. 2: Vom Genom zum Proteom.
(¼ Aminosa¨ure, z. B. Prolin oder Serin). Hierzu muss die DNA allerdings erst in eine sogenannte Boten-RNA umgeschrieben werden, die die Information vom Zellkern zur Synthesemaschinerie im Zytoplasma (Zellmedium) liefert. Teilt sich eine Zelle, so muss sie zuvor das gesamte Erbgut durch komplizierte biochemische Reaktionen verdoppeln, damit jede Tochterzelle wieder einen vollsta¨ndigen Chromosomensatz erha¨lt. Bei dieser Verdoppelungsreaktion ko¨nnen Fehler in der Reihenfolge der DNA-Bausteine auftreten, die nur zum Teil korrigiert werden ko¨nnen. Solche nicht-korrigierten Fehler nennt man Mutationen. Sie sind dafu¨r verantwortlich, dass die Information eines Gens nicht korrekt ist und es zur Synthese eines nicht funktionsfa¨higen oder auch gar keines Proteins kommen kann, wenn etwa beide Genkopien fehlerhaft sind. Treten solche Mutationen in Ko¨rperzellen auf, so kann dies zum Beispiel die Entstehung einer Krebszelle zur Folge haben, sie sind aber nicht vererbbar. Finden sich solche Gendefekte dagegen in Keimzellen, so ko¨nnen die Nachkommen das fehlerhafte Gen erben. Ist von der Mutation ein wichtiges Protein betroffen, so kann es zu den Symptomen einer Krankheit kommen. Derzeit sind ca. 7.000 solcher Erbkrankheiten beschrieben, die eigentliche genetische Ursache ist jedoch erst bei ca. 1.000 dieser Erkrankungen bekannt. Durch die Mo¨glichkeiten zur Analyse der Sequenz der DNABausteine sowie der Funktion der einzelnen Gene ist eine Vielzahl diagnostischer und therapeutischer Anwendungen denkbar und mo¨glich geworden. So ist es heutzutage mo¨glich, eine Reihe
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menschlicher Proteine gentechnisch in Bakterien, anderen Mikroorganismen oder auch Tieren herzustellen. Ist das menschliche Gen, welches den Bauplan fu¨r ein bestimmtes Protein liefert, erst einmal identifiziert, so ist es mo¨glich, dieses beispielsweise in Escherichia coli-Bakterien einzuschleusen. Da die Synthese von Proteinen anhand des Erbmaterials bei Mikroorganismen sehr a¨hnlich funktioniert wie beim Menschen, ist es mo¨glich, das gewu¨nschte Protein in diesen Bakterien zu produzieren. So ko¨nnen beispielsweise Hormone oder andere Proteine, die bei bestimmten Erkrankungen wegen eines kranken Organs oder eines mutierten Gens nicht funktionsfa¨hig oder gar nicht vorhanden sind, produziert und den Patienten im Rahmen einer Substitutionstherapie verabreicht werden. Eine neue Entwicklung stellt gegenwa¨rtig die sogenannte „Synthetische Biologie“ dar. Dabei handelt es sich um ein neu entwickeltes Konzept, welches molekularbiologische Ansa¨tze mit ingenieurwissenschaftlichen Prinzipien zusammenbringt. Ziel ist es dabei, ku¨nstliche biologische Moleku¨le oder ganze Systeme auf synthetischem Wege aufzubauen. Besondere Potenz hat dabei die Synthese von Teilgenomen oder von kompletten genomischen Einheiten, insbesondere von Viren oder Bakterien. Es ist damit zu rechnen, dass auf der Basis der Technologien, die die Synthetische Biologie zur Verfu¨gung stellt, die Entwicklung neuer Genprodukte, die auch therapeutisch nutzbar wa¨ren, beschleunigt wird. Im Fru¨hsommer 2000 wurde von verschiedenen Forscherteams bekannt gegeben, dass eine sogenannte Rohversion des menschlichen Erbguts nun vorliege. Das gesamte menschliche Erbgut war in Bruchstu¨cke zerlegt worden, welche nun allesamt entschlu¨sselt waren. Nur die genaue Reihenfolge, in der die einzelnen Bruchstu¨cke natu¨rlicherweise vorliegen, musste noch ermittelt werden. Mittlerweile ist das Genom des Menschen zu u¨ber 99 % entschlu¨sselt. Viele Daten liegen auch im Hinblick auf die Produkte der menschlichen Gene sowie ihrer Aktivita¨t vor. Es zeigte sich, dass zwar weniger als 30.000 Gene das Genom des Menschen ausmachen, die entsprechenden Genprodukte jedoch unterschiedlich prozessiert, d. h. innerhalb der Zelle vera¨ndert werden, so dass die Zahl der wirklichen Produkte weitaus gro¨ßer ist. Auch weiß man mittlerweile, dass zwischen den Genen liegende Re-
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gionen fu¨r die Steuerung der Aktivita¨t von Bedeutung sind. Hierbei spielen kleine, sogenannte Ribonukleinsa¨uren (RNAs) eine wichtige Rolle. Bislang lassen sich u¨ber 1.000 Gene, die in mutierter Form zu Krankheiten fu¨hren, diagnostizieren. Aus diesem Grund kann man das Erbmaterial beispielsweise aus Blutzellen oder embryonalen Zellen, die sich im Fruchtwasser befinden, genetischen Untersuchungen unterziehen, um mo¨gliche Mutationen zu entdecken. Familien, in denen immer wieder bestimmte Erbkrankheiten auftreten, ko¨nnen durch eine Pra¨nataldiagnostik kla¨ren lassen, ob das erwartete Kind von der Erbkrankheit betroffen sein wird oder nicht. Selbst Erbkrankheiten, die sich erst beim Erwachsenen manifestieren oder Genmutationen, die das Risiko fu¨r eine Krankheit erho¨hen, lassen sich so diagnostizieren. Eine noch junge Anwendungsform der Gentechnik ist die – weiter unten besprochene – somatische Gentherapie. Bei ihr wird versucht, in Ko¨rperzellen ein von einer Mutation betroffenes und damit nicht funktionsfa¨higes Gen durch eine intakte Kopie zu ersetzen oder beispielsweise die Information fu¨r ein immunstimulierendes Protein in Krebszellen einzubringen.
Stammzellen* Eine Definition von Stammzellen Erwachsene Menschen bilden pro Sekunde etwa 2-3 Millionen rote Blutko¨rperchen, zum Ersatz gealterter und verbrauchter roter Blutko¨rperchen. Diese sowie andere reife Blut- und Immunzellen gehen alle aus Blutstammzellen hervor, die beim Erwachsenen im Knochenmark angesiedelt sind. Stammzellen sind ein seltener und immens wichtiger Zelltyp fu¨r die Entwicklung und den Erhalt vieler Gewebe und Organe des Ko¨rpers. Stammzellen sind in fru¨hen embryonalen und fetalen Entwicklungsstadien und in erwachsenen Geweben mit hohem Zellumsatz wie dem Du¨nndarm, der Haut, dem Knochenmark aber auch in teilungsinaktiven Geweben wie Gehirn und Herz * Mu¨ller.
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gefunden worden. Blutstammzellen werden mit einer Frequenz von etwa 1/10.000 Zellen im Knochenmark nachgewiesen. Da die reifen Zellen in den Geweben meist nur eine begrenzte Lebensdauer besitzen und letzten Endes absterben, mu¨ssen sie aus Nachkommen spezieller Zellen, den Stammzellen, ersetzt werden. Gemeinsames funktionelles Merkmal aller Stammzellen ist ihre Fa¨higkeit, durch Zellteilung neue Stammzellen bilden zu ko¨nnen sowie in einzelne oder mehrere reife Zelltypen zu differenzieren, d. h. sich endgu¨ltig spezialisieren zu ko¨nnen (Selbsterneuerungs- und Multilinien-Differenzierungspotenzial). Durch diese beiden besonderen Eigenschaften verleihen Stammzellen den Geweben die lebenslange Fa¨higkeit, verbrauchte Zellen innerhalb bestimmter Grenzen zu ersetzen und Scha¨den zu reparieren. Stammzellsysteme sind hierarchisch aufgebaute Zellsysteme mit den Stammzellen als zellula¨rem Ursprung. Wa¨hrend sich Stammzellen einerseits durch Teilung uneingeschra¨nkt vermehren und damit sich selbst erhalten und alle reifen Zellen eines Stammzellsystems (z. B. Blutstammzellsystem) bilden ko¨nnen, ko¨nnen andererseits von Stammzellen abstammende Vorla¨uferzellen sich nur begrenzt teilen und nur eine begrenzte Zahl differenzierter Zelltypen erzeugen. Ein weiterer Zelltyp in einem Stammzellsystem sind die reifen Effektorzellen mit stark eingeschra¨nktem Teilungsund Differenzierungspotenzial. Stammzelltypen Wa¨hrend der Entwicklung von der befruchteten Eizelle, der Zygote, u¨ber das Morula- und Blastozystenstadium zum Embryo, Fo¨tus und neugeborenen Organismus entstehen wa¨hrend bestimmter Entwicklungsphasen und in speziellen Strukturen des sich entwickelnden Organismus verschiedene Stammzelltypen, die sich in ihrem Entwicklungspotenzial deutlich unterscheiden. Da es fu¨r die biomedizinische Grundlagenforschung, fu¨r die regenerative Medizin, aber auch fu¨r die Gesellschaft von großer Bedeutung ist, welches Potenzial eine Zelle besitzt, soll hier kurz auf das Entwicklungspotenzial verschiedener Stammzelltypen ein-
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gegangen werden. Im Einzelnen wird zwischen den folgenden Stammzelleigenschaften unterschieden: Totipotenz Totipotenz ist die Entwicklungseigenschaft der Zygote und von Zellen der fru¨hen Morula. Totipotente Zellen besitzen die Fa¨higkeit, einen kompletten Embryo erzeugen zu ko¨nnen. Totipotente Zellen stehen in Deutschland unter dem Schutz des Embryonenschutzgesetzes. Pluripotenz Pluripotenz ist die Entwicklungseigenschaft embryonaler Stammzellen (ES-Zellen). ES-Zellen ko¨nnen alle Zelltypen eines Ko¨rpers bilden. Der Unterschied zwischen toti- und pluripotenten Zellen besteht darin, dass die Zygote und die aus den ersten Teilungen entstandenen Tochterzellen sich als totipotente Einzelzellen zu einem intakten Organismus entwickeln ko¨nnen, wa¨hrend die pluripotenten ES-Zellen dies nur im Kontext eines sich entwickelnden Embryos tun ko¨nnen. Die Etablierung humaner ES-Zellen ist in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten, der Import humaner ES-Zellen wird durch das Stammzellgesetz geregelt. Multipotenz Multipotenz ist die Entwicklungseigenschaft von adulten Stammzellen. Adulte Stammzellen bilden nur Zellen ihres Gewebes (z. B. erzeugen Blutstammzellen die verschiedenen Blutzelltypen wie rote Blutko¨rperchen, Makrophagen, Lymphozyten usw.). Nach der Befruchtung entwickelt sich die Zygote u¨ber das Morula- und Blastozystenstadium zu den differenzierten Zelltypen der drei Keimbla¨ttern. Exemplarisch sind Stammzellsysteme in den verschiedenen Keimbla¨ttern gezeigt. Das Selbsterneuerungspotenzial adulter Stammzellen ist durch den gekru¨mmten Pfeil angedeutet. Der gesamte Entwicklungsprozess ist dadurch gekennzeichnet, dass mit zunehmender Zelldifferenzierung von der Zygote zu den reifen Zellen kontinuierlich Entwicklungsfa¨higkeit verloren geht.
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Abb. 3: Entwicklung der befruchteten Eizelle (Zygote) zu den ausdifferenzierten Geweben.
Embryonale Stammzellen, Stammzellen aus fru¨hen Entwicklungsstadien ES-Zellen werden u¨blicherweise aus Blastozysten isoliert. Die Blastozyste, eine Zellkugel aus etwa 100-200 Zellen, besteht aus der inneren Zellmasse, dem sie umgebenden Trophektoderm und einer flu¨ssigkeitsgefu¨llten Blastozystenho¨hle. Aus der inneren Zellmasse entwickelt sich der Embryo, wa¨hrend das Trophektoderm an der Bildung der Plazenta und dem Dottersack teilnimmt. Die innere Zellmasse kann entnommen und aus ihr ko¨nnen durch Zellkultur bei Zugabe spezieller Wachstumsfakoren kontinuierlich wachsende ES-Zelllinien etabliert werden. ES-Zellen besitzen zwei herausragende Fa¨higkeiten mit großer Bedeutung fu¨r die biomedizinische Grundlagen- und fu¨r die Gewebeersatzforschung:
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1. ES-Zellen ko¨nnen in der Gewebekultur vermehrt und manipuliert werden. Im Mausmodell gliedern sich ES-Zellen nach Injektion in Blastozysten wieder in den Zellverband des Embryos ein und nehmen an der Embryonalentwicklung teil. Martin Evans, Mario Capecchi und Oliver Smithies erhielten fu¨r ihre Entdeckungen im Bereich von ES-Zellen und der DNA-Rekombination den Nobelpreis fu¨r Medizin im Jahr 2007. Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse sind Grundlage des sogenannten Gene-Targeting bei Ma¨usen. Mit dieser Technik ko¨nnen Ma¨use mit Mutationen in jedem beliebigen Gen gezu¨chtet werden. Dies erlaubt Wissenschaftlern Ru¨ckschlu¨sse auf die Genfunktion und auf die Beteiligung gewisser Gene an der Krankheitsentwicklung beim Menschen. 2. Unter speziellen Kulturbedingungen differenzieren ES-Zellen innerhalb weniger Tage spontan zu einer Vielzahl klinisch relevanter Zelltypen wie Blutzellen, Zellen des Gehirns oder Herzmuskelzellen. Durch Zugabe gewebespezifischer Wachstumsfaktoren ko¨nnen zudem bestimmte Zelltypen angereichert werden. Ku¨rzlich wurde sogar die Bildung von aus ES-Zellkulturen der Maus abgeleiteten Spermien- und Eizellvorla¨ufern berichtet. Neben Maus ES-Zellen wurden mittlerweile auch ES-Zellen menschlichen Ursprungs erzeugt. So wurden menschliche ES-Zellen aus u¨berza¨hligen Blastozysten (am 5.–7. Tages der Entwicklung), die aus in vitro Fertilisationen stammten, abgeleitet. Durch die Zellentnahme wird die Integrita¨t des Embryos zersto¨rt, so dass er fu¨r die Einleitung einer Schwangerschaft nicht mehr verwendet werden kann. Die so gewonnenen ES-Zellen ko¨nnen u¨ber viele Generationen hinweg in Zellkultur u¨berleben, sich vermehren und dabei ihre Eigenschaften erhalten, in eine Vielzahl verschiedener Zelltypen differenzieren zu ko¨nnen. ES-Zellen stellen somit ein potentes Ausgangsmaterial fu¨r vielfa¨ltige Gewebeersatzstrategien dar. Neben humanen ES-Zellen aus gesunden Embryonen sind mittlerweile auch humane ES-Zellen etabliert worden, die aus Pra¨implantationsdiagnostik- (PID-) Analysen stammen. Diese erscheinen besonders interessant, da sie basierend auf dem PID-Screen bekannte Mutationen tragen und als Krankheitsmodelle, z. B. fu¨r
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Muskeldystrophie, dienen ko¨nnen. Diese neuen humanen krankheitsspezifischen ES-Zelllinien du¨rfen allerdings nicht nach Deutschland eingefu¨hrt werden, da sie nach dem in Deutschland nicht erlaubten Verfahren der PID hergestellt wurden. Im Gegensatz zu ES-Zellen, die aus Blastozysten gewonnen werden, stammen EG-Zellen (embryonic germ cells, primordiale Keimzellen von Embryonen oder fru¨hen Feten) aus den Vorla¨uferzellen von Keimzellen eines abgetriebenen Embryos oder fru¨hen Feten (5.–9. Woche). Aus ihnen entstehen im Normalfall die Keimzellen des Organismus, also letztendlich Ei- bzw. Samenzellen. Wie die ES-Zellen haben EG-Zellen pluripotente Eigenschaften. Humane ES-Zellen und humane EG-Zellen sind in vitro in der Lage, sich u¨ber einen langen Zeitraum selbst zu erneuern und beiden ko¨nnen in eine Vielzahl reifer Zelltypen differenzieren. Die Etablierung von EG-Zellen gilt wie die Gewinnung von adulten Stammzellen als ethisch weniger problematisch. Im Unterschied dazu ist die Gewinnung von ES-Zellen ethisch umstritten. Ein Vergleich der Entwicklungseigenschaften von ES und EG Zellen zeigte jedoch, dass ESZellen den EG-Zellen u¨berlegen sind. Daher werden heute EG-Zellen nicht mehr als Alternative zu ES-Zellen betrachtet. Reprogrammierung adulter Zellen Durch rasante Entwicklungen in der Stammzellforschung haben sich weitere u¨berraschende Mo¨glichkeiten ero¨ffnet, pluripotente Stammzellen zu erzeugen. Von mehreren Arbeitsgruppen wurde u¨bereinstimmend berichtet, dass aus somatischen Zellen, wie zum Beispiel Hautzellen, durch Expression von 4 (Klf4, Sox2, Oct4, cMyc), 3 oder nur 2 Proteinen pluripotente Zellen, sogenannte iPS-Zellen (induced pluripotent stem cells) hergestellt werden ko¨nnen. Hierbei werden adulte Zellen zu pluripotenten embryonalen Zellen mit gro¨ßten ¥hnlichkeiten zu ES-Zellen umprogrammiert. In einem therapierelevanten Tiermodell wurde gezeigt, dass Ma¨use mit Sichelzellana¨mie erfolgreich mit iPS-Zellen behandelt werden ko¨nnen. Obwohl bisher die molekularen Mechanismen, die adulte zu embryonalen Zellen umprogrammieren, wenig verstanden sind, stellt die Entwicklung von iPS-Zellen einen Wendepunkt in der regenerativen Medizin dar. Denn es er-
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Abb. 4: Reprogrammierung von menschlichen Fibroblasten-Zellen zu iPS-Zellen (induced pluripotent cells).
scheint nun vorstellbar, dass patientenspezifische ES-Zellen herstellbar sind, ohne die Verwendung von Oozyten und ohne dass Embryonen zersto¨rt werden mu¨ssen. Adulte, gewebespezifische Stammzellen Adulte Stammzellen sind gewebespezifische Zellen, die im adulten Organismus die Fa¨higkeit zur Selbsterneuerung sowie zur Differenzierung in verschiedene ausgereifte Zelltypen besitzen. Die Bildung spezialisierter Zelltypen ist nicht nur wa¨hrend der Entwicklung, sondern auch im ausgewachsenen Organismus erforderlich, denn durch natu¨rlichen Zelltod, Degeneration und Trauma untergegangene Zellen mu¨ssen permanent ersetzt werden. Regenerative Zellen finden sich im adulten Sa¨ugetierorganismus in vielen Geweben mit hohem Zellumsatz wie z. B. in der Haut, in der Darmwand und im Knochenmark. Aber auch in Geweben mit geringeren Umsatzraten wie dem Nervensystem wurden adulte Stammzellen gefunden. Bisher wurden etwa 20 verschiedene Typen von adulten Stammzellen beschrieben. Im Gegensatz zu den pluripotenten ES-Zellen sind Stammzellen aus adulten Geweben in ihren Entwicklungsfa¨higkeiten weiter eingeschra¨nkt, da sie nur noch Zellen ihres Stammzellsystems bilden ko¨nnen. D. h. Blutstammzellen aus dem Knochenmark ko¨nnen die verschiedenen Blutzelltypen bilden, wa¨hrend neurale Stammzellen Neurone, Astrozyten, Oligodendrozyten und andere Zellen des zentralen Nervensystems bilden ko¨nnen. Ein daru¨ber hinaus gehen-
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des Entwicklungspotenzial scheinen adulte Stammzellen nicht zu besitzen. Gut kontrollierte ju¨ngere Untersuchungen konnten erste Befunde nicht besta¨tigen, dass auch adulte Stammzellen in eine Vielzahl gewebefremder Zelltypen differenzieren ko¨nnen. Adulte Stammzellen werden als multipotente Stammzellen bezeichnet. Das blutbildende System ist das bisher am besten charakterisierte adulte Stammzellsystem. Es wurde als erstes Stammzell-getriebenes Zellsystem vom St. Petersburger Pathologen Alexander Alexandrowitsch Maxinow (1874–1928) postuliert. Er entwickelte das bis heute gu¨ltige Modell, in dem Blutstammzellen als gemeinsamer Ursprung aller Blutzelltypen fungieren. Vielfa¨ltige Analysen der letzten Jahre in Tiermodellen, aber auch beim Menschen, ergaben ein detailliertes Bild wichtiger molekularer und zellbiologischer Prozesse bei der Blutstammzellentwicklung und deren Differenzierung. Obwohl die Mo¨glichkeiten der funktionellen Analyse humaner Blutstammzellen gegenu¨ber Stammzellen aus Tiermodellen eingeschra¨nkter sind, stehen heute auch Mo¨glichkeiten fu¨r die Isolation und Testung humaner Blutstammzellen zur Verfu¨gung. Die Isolation humaner Blutstammzellen ermo¨glicht die zell- und molekularbiologische Charakterisierung dieses wichtigen Zelltyps, sie hat klinische Relevanz im Rahmen der Entfernung von Tumorzellen aus Zelltransplantaten wie auch bei der Gentherapie mit Blutstammzellen. Dies hat zusammen mit Weiterentwicklungen der Transplantationsmedizin zur Folge, dass heute Blutstammzelltransplantationen bei einer Vielzahl von Erkrankungen des Blutsystems routinema¨ßig eingesetzt werden. Blutstammzellen ko¨nnen aus dem Nabelschnurblut, aus dem Blut (nach Ausschwemmung aus dem Knochenmark) sowie aus dem Knochenmark isoliert werden. Neben den Stammzellen des Blutes entha¨lt das Knochenmark einen weiteren klinisch bedeutsamen Stammzelltyp, der auf das embryonale Bindegewebe (Mesenchym) zuru¨ckgeht. Bereits in den 1970er Jahren wurden mesenchymale Stammzellen aus dem Knochenmark isoliert. Diese bildeten in der Kulturschale innerhalb weniger Tage Kolonien, die u. a. zu Fettzellen, Knorpelzellen, Knochen bildende Zellen, sowie Bindegewebszellen des Knochenmarks (Stromazellen) differenzieren ko¨nnen. Mesenchymale Stammzellen ko¨nnen effizient aus Nabelschnurblut, aus Knochenmark, aber auch aus Fettgewebe isoliert werden. Ins-
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besondere fu¨r die Therapie von Gelenkknorpel- und Knochendefekten haben ko¨rpereigene mesenchymale Stammzellen ein großes klinisches Potenzial. Obwohl bis vor kurzem die Lehrmeinung galt, dass die Bildung von Nervenzellen (Neurogenese), die eine Proliferation neuraler Vorla¨uferzellen voraussetzt, nach der Geburt beendet sei, wurden neurale Stammzellen in der subventrikula¨ren Zone und im Hippocampus des adulten Gehirns nachgewiesen. Diese neuralen Stammzellen ko¨nnen auf klonaler Ebene zum einen neue Stammzellen bilden und zum anderen zu den drei Hauptzelltypen des Nervensystems, den Astrozyten, Oligodendrozyten und Neuronen, differenzieren. Die Pra¨senz von Stammzellen im adulten Gehirn ist bisher nicht ada¨quat in unsere Vorstellung von der Funktionsweise des Gehirns integriert worden, dessen Nervenzellen lange Zeit als teilungsinaktiv angesehen wurden. Als mo¨gliche Funktion wird diskutiert, dass das adulte Gehirn eine begrenzte Kapazita¨t der Selbsterhaltung beno¨tigt, um Lern- und Geda¨chtnisfunktionen ausu¨ben zu ko¨nnen. Die Stimulation der Neurogenese durch Umweltreize unterstreicht diese Vermutung. Neurale Stammzellen ko¨nnen im Unterschied zu Blutstammzellen, deren effektive Vermehrung sich in in vitro Kultursystemen als schwierig herausgestellt hat, in Zellkultur vermehrt werden. Neurale Stammzellen des fetalen und adulten Gehirns konnten in Gegenwart von Wachstumsfaktoren zur Proliferation angeregt werden. Diese Zellen durchlaufen Selbsterneuerungsteilungen und besitzen Differenzierungspotenzial zur Bildung neuronaler, astrozyta¨rer und oligodendrozyta¨rer Zelltypen. In Summe betrachtet sind Zellersatzstrategien, die auf Blutstammzellen basieren, heute klinischer Alltag, wa¨hrend mesenchymale Stammzellen zuku¨nftig breite Anwendung als Zellquelle fu¨r Knorpel- und Knochenersatz finden du¨rften. Demgegenu¨ber befindet sich die ES-Zell-basierte Gewebeersatztherapie in der Grundlagenforschung. Daneben haben die Arbeiten u¨ber iPS-Zellen fu¨r weltweites Aufsehen gesorgt. Dieses Verfahren ermo¨glicht die Herstellung patientenspezifischer Zellen, ohne auf die ethisch umstrittenen fru¨hembryonalen Entwicklungsstufen zuru¨ckgreifen zu mu¨ssen. Es ist daher anzunehmen, dass die iPS-Strategie die Herstellung patientenspezifischer Zellen fu¨r die regenerative Medizin revolutionieren wird.
Teil II Ethisches Stufenmodell
Zur Methode des Stufenmodells *
Die ethischen Grundelemente des Stufenmodells, a¨rztliches Ethos, Angemessenheit des Nutzen-Risiken-Verha¨ltnisses, Menschenwu¨rde und Autonomie, Krankheit sowie ¤ffentlichkeit der Wissenschaft sind bei der Abwa¨gung biomedizinischer Eingriffe am Menschen allesamt zentral beru¨hrt. Da diese Kriterien allgemeiner Natur sind, muss ihre jeweilige Bedeutung in Bezug auf den konkreten Anwendungsfall herausgearbeitet werden. Daraus ergeben sich die im Stufenmodell angefu¨hrten spezifischeren Kriterien des Risikos des Eingriffs, der Reversibilita¨t des Eingriffs, der Proliferation der vera¨nderten Zellen und des Auftretens von rechtlichen und ethischen Konflikten, das als Gradmesser fu¨r die o¨ffentliche gesellschaftliche Billigung dieser Eingriffe angesehen werden kann. In den bioethischen Debatten ist ha¨ufig eine Betrachtungsweise zu finden, welche gerade auf Extrempositionen bzw. zuku¨nftige oder gegenwa¨rtig risikoreich erscheinende Mo¨glichkeiten fokussiert und die gegenwa¨rtig etablierten, zur Routine gewordenen Therapieformen ausblendet. In dieser Studie wird gerade der umgekehrte Weg eingeschlagen und damit ein anderer methodischer Zugriff gewa¨hlt: In der Reflexion der ethischen Kriterien hat sich bereits in der Vorstudie „Gentechnik: Eingriffe am Menschen“ das Verfahren bewa¨hrt, den unproblematischen Fall zu definieren und abzugrenzen von den zunehmend problematischeren Fa¨llen. Bei neuartigen Problemstellungen, wie sie die biomedizinische Entwicklung mit sich bringt, kann der Ru¨ckbezug auf den ethischen Konsens schwierig sein, da gegenla¨ufige Motive, z. B. Lebensschutz versus Achtung der Selbstbestimmung, zu unterschiedlichen Bewertungen fu¨hren ko¨nnen. Daher ist es die Aufgabe wissenschaftlicher Analysen bioethischer Problemfa¨lle, den konsensfa¨higen Rahmen nachzuzeichnen (den sogenannten unproblematischen Fall) sowie therapeutische Innovationen auf * Kupatt, Rendtorff, Voigt, Zichy.
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Zur Methode des Stufenmodells
ihre mo¨gliche ¢bereinstimmung oder Nicht-¢bereinstimmung mit einzelnen Motiven, aus denen sich konsensfa¨hige ethische Reflexion speist, zu u¨berpru¨fen. Die ethische Reflexion, die vom unproblematischen Fall ihren Ausgang nimmt und sich von dieser Stufe weiter hinaus auf das biomedizinische Neuland begibt, wird methodisch in dem vorliegenden Stufenmodell vollzogen. Auch heute bereits eingeu¨bte Therapieformen weisen durchaus unterschiedliche Eingriffstiefen auf. So erst ergibt sich ein umfassendes Bild tatsa¨chlicher gegenwa¨rtiger biomedizinischer Anwendungen. Ihre Pru¨fung im Licht der einzelnen Kriterien und in einer Gesamtabwa¨gung fu¨hrt zu einem Stufenmodell von biomedizinischen Anwendungen (einschließlich der damit verbundenen Grundlagenforschung), das von gegenwa¨rtig bereits routinema¨ßig erfolgenden und nach breitem Konsens als relativ problemlos geltenden Therapien bis hin zu preka¨ren Optionen reicht. Mit zunehmendem Abstand zum unproblematischen Kern sind die ethischen Kriterien in stetig steigender Weise betroffen. So ergibt sich ein nuanciertes Bild, welches den Differenzierungsaufgaben der ethischen Abwa¨gungen fo¨rderlich ist. Aufgrund dieser methodischen Anlage ergibt sich die Notwendigkeit der Grenzziehung zwischen noch akzeptabler und nicht mehr akzeptabler Stufe nur einmalig. Die jenseits der Grenze akzeptabler Anwendungen liegenden Stufen sind in dem Zeithorizont der gegenwa¨rtigen wissenschaftlichen Kenntnis mitdefiniert. Daru¨ber hinaus gibt dieses Vorgehen die Dynamik wieder, die der wissenschaftlichen und therapeutischen Entwicklung eigen ist. Es reflektiert die Tatsache, dass die gegenwa¨rtigen Therapieformen bei ihrer Einfu¨hrung selbst ethisch strittige Konstellationen hervorgerufen haben. In Erweiterung der auf die Gentechnik fokussierten Vorstudie ist aufgrund der raschen Entwicklung der Stammzellforschung in der aktuellen Einteilung jeder Stufe gentechnischer Eingriffstiefe eine parallele Stufe der Zelltherapie zur Seite gestellt worden. In Anbetracht der ethischen Kriterien ergeben sich aus der Fu¨lle der bereits etablierten oder mo¨glichen Therapieformen vier Stufen, die sich durch eine zunehmende Eingriffstiefe in die Integrita¨t des menschlichen Organismus auszeichnen. Kennzeichnend fu¨r diese sind: Reversibilita¨t des therapeutischen Eingriffs (Stufe 1), dauer-
Zur Methode des Stufenmodells
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hafte Vera¨nderung des Genoms bzw. des funktional aktiven Zellbestands (Stufe 2), Vera¨nderung der Keimbahn bzw. des Embryos (Stufe 3) sowie genomisches Enhancement und reproduktives Klonens (Stufe 4). Im Folgenden werden diese vier Stufen biomedizinischer Eingriffe am Menschen in ihrer methodischen Vorgehensweise und der Beru¨hrung der ethisch relevanten Kriterien beschrieben sowie eine Beurteilung der ethischen Vertretbarkeit jeder Stufe durchgefu¨hrt. Zu beachten ist, dass das Stufenmodell nur eine zeitlich befristete Momentaufnahme bietet, da es nicht außerhalb der Dynamik steht, welche die Wissenschaft durch neue Erkenntnisse und Entwicklungen besitzt. Daher sind auch die im Folgenden definierten ¢berga¨nge zwischen den einzelnen Stufen in Wirklichkeit fließend.
Stufe 1: Substitutionstherapie*
Stufe 1 – Ethisch und medizinisch verantwortbar Substitutionstherapie durch gentechnisch hergestellte Proteine oder nicht-lebendiges Gewebe
Grundsa¨tzlich vertretbares und beherrschbares Risiko, Routine Reversibilita¨t des Eingriffs Keine Proliferation der vera¨nderten Zellen Keine schweren rechtlichen und ethischen Konflikte
Auf Stufe 1 werden Therapien angesiedelt, die eine geringe Eingriffstiefe haben; sie weisen ein grundsa¨tzlich vertretbares und beherrschbares Risiko auf. Bei den Therapien der Stufe 1 handelt es sich zumeist um den Ersatz von ko¨rpereigenen Proteinen oder Zellverba¨nden. Das ko¨rpereigene Genom als Steuerungsinstrument wird dabei gar nicht oder der ko¨rpereigene Bestand proliferierender Zellen (auch Stammzellen) nicht wesentlich vera¨ndert. Die Eingriffe sind im Prinzip reversibel und die in den Ko¨rper eingebrachten Zellen proliferieren nicht. Die Substitutionstherapie auf der Stufe 1 umfasst die Gabe von Eiweißstoffen, die den ko¨rpereigenen Mangel ersetzen oder in ko¨rpereigene Regelkreise als biologische Substanzen eingreifen (Biologics), dabei jedoch dem biologischen Abbau unterliegen. Ein vergleichbarer Ansatz hat sich fu¨r die Anwendung von Zellen oder Zellverba¨nden (auch ganzen Organen) etabliert. Charakteristisch fu¨r den Einsatz von Zellen und Zellverba¨nden auf dieser Stufe ist die Applikation von terminal differenzierten Zellen, die nicht proliferieren.
Gentechnisch hergestellte therapeutische Eiweiße (Proteine) Die Mo¨glichkeit, Proteine als Arzneimittel fu¨r viele bislang schwer therapierbare Krankheiten einzusetzen, stellt einen der * Cramer, Kupatt, Lohse, Zichy.
Gentechnisch hergestellte therapeutische Eiweiße (Proteine)
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gro¨ßten Erfolge der Gentechnik im Dienste der Medizin dar. Da alle essentiellen Ko¨rperfunktionen durch ko¨rpereigene Proteine gesteuert werden, liegt die Substitutionstherapie mit humanen oder humanisierten Eiweißen („therapeutischen Proteinen“) fu¨r all die Krankheitsfa¨lle auf der Hand, in denen ein Protein nicht, in zu geringem Umfang oder mit eingeschra¨nkter Funktionsfa¨higkeit vom Ko¨rper gebildet wird. Allerdings werden zunehmend auch therapeutische Proteine eingesetzt, die nicht natu¨rlich oder naturidentisch sind, aber doch Ko¨rperfunktionen und Therapie unterstu¨tzen. Da therapeutische Proteine auf Grundlage der DNA-Rekombinationstechnologie gewonnen werden, spricht man auch von „rekombinanten Proteinen“. Entwicklung der therapeutischen Proteine Noch vor zehn Jahren auf Einzelfa¨lle beschra¨nkt, waren Anfang 2007 in Deutschland etwa 120 Arzneimittel mit knapp einhundert verschiedenen Proteinwirkstoffen zugelassen, die mit gentechnischen Methoden produziert werden. Im Jahr 2005 machten therapeutische Proteine bereits etwa zehn Prozent des Arzneimittelumsatzes in deutschen Apotheken aus. Dies entspricht etwa zwei Milliarden Euro Umsatz, mit steigender Tendenz. Weltweit erzielten gentechnisch produzierte Arzneimittel 2005 etwa 32 Milliarden US-Dollar Umsatz, was etwa 7 % des Arzneimittelumsatzes darstellt. In den letzten Jahren wurden stets etwa fu¨nf neue Proteinwirkstoffe pro Jahr gefunden; dies fu¨hrte dazu, dass etwa 20 % aller neu zugelassenen Arzneimittel in Deutschland Proteine waren.* Herstellung therapeutischer Proteine Die Herstellung therapeutischer Proteine erfolgt in mehreren Schritten. Zuna¨chst muss das Gen, welches die Bauanleitung fu¨r das herzustellende Protein entha¨lt, in einen sogenannten Vektor gebracht werden (Klonierung, DNA-Rekombination), der dann in Fremdzellen eingebracht wird (Transformation). Als Fremdzellen dienen etwa Escherichia coli-Darmbakterien (fu¨r die Herstellung * Vgl. VFA – Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V., Gentechnische Arzneimittel, Berlin 2006.
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Stufe 1: Substitutionstherapie
Abb. 5: Schematische Darstellung einer Genu¨bertragung.
von Insulin oder von dem Wachstumshormon Somatotropin), die Ba¨cker- oder Bierhefe (fu¨r die Herstellung von Hepatitisimpfstoffen) sowie Sa¨ugertierzellen, die urspru¨nglich Hamstern entnommen wurden und seit Jahren als Zellkultur vermehrt werden (etwa zur Herstellung von Gerinnungsfaktoren). Dann werden die genetisch transformierten Zellen kultiviert, also stark vermehrt (Fermentation). Die Fermentation kann in vielen Fa¨llen im mehrfachen 10.000 Liter-Maßstab durchgefu¨hrt werden. Dabei nutzen die wachsenden Zellen das Fremdgen als Bauanleitung, um mit Hilfe des zellula¨ren Apparats das entsprechende Protein herzustellen (Genexpression). Die Zellen werden dann geerntet und aufgeschlossen. Schließlich wird das Zielprotein aus der Vielzahl der anderen Zellbestandteile isoliert (Proteinreinigung). Da verschiedene Proteine in ihrer Zusammensetzung, Gro¨ße und dreidimensionalen Struktur stark voneinander abweichen, ist die Aufreinigung individuell sehr verschieden. Das isolierte Protein wird
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dann mit verschiedenen Methoden auf seine Reinheit und Funktionsfa¨higkeit u¨berpru¨ft. Aus der DNA einer menschlichen Zelle wird mit Restriktionsenzymen („Scheren“) ein Abschnitt, der ein Gen entha¨lt, herausgeschnitten. Er wird in den aufgeschnittenen DNA-Ring aus einem Escherichia coli-Bakterium u¨berfu¨hrt. Dort wird er mit Ligasen („Klebstoff“) eingefu¨gt. Der Ring wird zuru¨ck in ein Bakterium gebracht. Alle seine Nachkommen werden einen solchen Ring besitzen und mit Hilfe des menschlichen Gens ein menschliches Protein bilden.* Anwendungen Die wichtigsten Anwendungsgebiete fu¨r therapeutische Proteine sind heutzutage neben der Behandlung von Diabetes (Zuckerkrankheit) mit Insulin die Behandlung rheumatoider Arthritis durch Modulatoren des Immunsystems, verschiedener Krebserkrankungen durch sogenannte therapeutische Antiko¨rper, der Blutarmut mit sogenannten EPO-Pra¨paraten, sowie die Behandlung angeborener Stoffwechselsto¨rungen und Wachstumsdefekte und der Bluterkrankheit. Des Weiteren werden rekombinante Proteine auch als Impfstoffe eingesetzt, etwa zum Schutz vor Hepatitis, Tetanus und anderen Infektionen. Im Folgenden werden einige Beispiele besprochen. Momentan sind in Deutschland 135 gentechnisch hergestellte Artneimittel zugelassen, die 97 Wirkstoffe repra¨sentieren. Eine Liste der in Deutschland zugelassenen gentechnisch hergestellten Arzneimittel ist erha¨ltlich unter: http://www.vfa.de/de/forschung/ am_entwicklung/amzulassungen_gentec.html (20. 12. 2008). Natu¨rliche Proteine Das klassische Beispiel: Zuckerkrankheit und Insulin Als klassisches Beispiel sei die Behandlung von Diabetes mit dem kleinen Protein Insulin genannt. Insulin ist ein Hormon, das den Blutzuckerspiegel senkt. Es wird bei Patienten mit Zuckerkrankheit nicht in ausreichendem Maße vom Ko¨rper gebildet und muss daher zugefu¨hrt werden. Insulin musste vor dem Aufkommen gentech* Vgl. VFA – Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V., Gentechnische Arzneimittel, Berlin 2006.
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Abb. 6: Eine Auswahl von gentechnisch produzierten Proteinpharmaka.
nischer Produktionsmo¨glichkeiten im Jahr 1982 aus den Bauchspeicheldru¨sen von Schweinen und Rindern gewonnen werden. Mit der Mo¨glichkeit, praktisch unbegrenzte Mengen reinen und hochaktiven menschlichen Insulins durch gentechnische Verfahren zu produzieren („rekombinantes Human-Insulin“), gelang es, Millionen von Diabetes-Patienten zuverla¨ssig zu behandeln. Rekombinantes Insulin konnte aufgrund anfa¨nglich zu restriktiver gesetzlicher Bestimmungen zuna¨chst nicht in Deutschland produziert werden. Bluterkrankheit (Ha¨mophilie) und Faktor VIII Bei Patienten mit angeborener Bluterkrankheit fehlt aufgrund eines genetischen Defekts eines der essentiellen Proteine in der sogenannten Blutgerinnungskaskade, die 12 Proteine beno¨tigt und im Falle einer Verwundung die Gerinnung des Blutes auslo¨st. Patienten mit Bluterkrankheit ko¨nnen daher selbst nach kleinen Ver-
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letzungen verbluten. Das fehlende Protein in der Gerinnungskaskade wird als Faktor VIII bezeichnet und wurde in den Anfa¨ngen der Ha¨mophilie-Therapie aus menschlichem Spenderblut gewonnen. Faktor VIII kann seit etwa zehn Jahren gentechnisch produziert werden, allerdings mit einem enormen technischen Aufwand, unter anderem da das Protein bestimmte Oberfla¨chen-Modifikationen tra¨gt. Rekombinanter Faktor VIII ist seit 2000 als Arzneimittel zugelassen. In Patienten, die unter der Bluterkrankheit leiden, ersetzt der rekombinante Faktor VIII das fehlende Protein in der Blutgerinnungskaskade, wodurch eine normale Blutgerinnung wiederhergestellt wird. Antiko¨rper und synthetische Proteine Rheumatische Arthritis und Etanercept Die Gentechnik ero¨ffnete auch die Mo¨glichkeit, Proteine mit neuer Struktur und Wirkungsweise zu schaffen und nicht nur natu¨rliche Proteine nachzubilden. Etanercept ist ein Beispiel fu¨r ein solches nicht-natu¨rliches therapeutisches Protein. Es ist seit 2000 in Deutschland zugelassen und wird in Hamsterzellen produziert. Dieses therapeutische Protein wird zur Behandlung der rheumatischen Arthritis eingesetzt, bei der ko¨rpereigene Immunzellen fa¨lschlicherweise die Gelenke und andere Organe angreifen. Immunzellen kommunizieren u¨ber Botenstoffe, darunter das Protein TNF-alpha, welches an andere Immunzellen bindet und so die Immunantwort stark stimuliert, was zu Entzu¨ndungen fu¨hren kann. Etanercept ist ein TNF-alpha-Blocker, der TNF-alpha im Blut bindet und abfa¨ngt, bevor es Immunzellen stimulieren kann. Therapeutische Antiko¨rper Im Jahr 1972 fanden die spa¨teren Nobelpreistra¨ger Ce´sar Milstein und Georges J. F. Ko¨hler eine Mo¨glichkeit, Antiko¨rper, die zentralen Erkennungs-Proteine des Immunsystems, in großer Menge zu produzieren. Diese Herstellung sogenannter monoklonaler Antiko¨rper lo¨ste eine Revolution in der Molekularbiologie aus, da man nun Biomoleku¨le mit spezifischen monoklonalen Antiko¨rpern nachweisen konnte. Allerdings gelang es erst in den spa¨ten 1990er Jahren, monoklonale Antiko¨rper in der Therapie einzusetzen. Anti-
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Stufe 1: Substitutionstherapie
ko¨rper ko¨nnen etwa spezifische Erkennungsmerkmale auf Zellen binden und so krankhafte Zellen fu¨r eine Beseitigung durch das Immunsystem markieren. Monoklonale therapeutische Antiko¨rper haben gegenu¨ber herko¨mmlichen Medikamenten den Vorteil, dass sie hoch spezifisch an den gewu¨nschten Zielstrukturen angreifen. Brustkrebs und Herceptin Brustkrebs ist die ha¨ufigste bo¨sartige Tumorerkrankung der westlichen Welt und tritt versta¨rkt bei Frauen ab dem 35. Lebensjahr auf. Herceptin ist ein therapeutischer monoklonaler Antiko¨rper gegen den Wachstumsrezeptor HER2 (Humaner Epidermaler Wachstumsfaktor Rezeptor) auf der Zelloberfla¨che von Krebszellen. Herceptin ist zur Behandlung von Patientinnen mit Brustkrebs zugelassen, wenn die Tumorzellen vermehrt HER2/neu auf ihrer Zelloberfla¨che ausbilden, was bei etwa jeder vierten Brustkrebspatientin der Fall ist. Herceptin wurde 1998 in den USA und 2000 in der Europa¨ischen Union fu¨r Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs zugelassen. Herceptin bindet von der Zellaußenseite her an den Wachstumsfaktor-Rezeptor HER2. Dadurch wird die Vermehrung der Tumorzellen gehemmt, da die Zellen so kaum noch Wachstumssignale empfangen ko¨nnen. Das Signal an die Krebszelle, sich weiter zu teilen, wird abgefangen und das Tumorwachstum wird gebremst. Ein Vorteil dieser Antiko¨rpertherapie gegenu¨ber herko¨mmlichen Krebsbehandlungen besteht in der Spezifita¨t, also darin, dass sich das Medikament vorwiegend gegen Krebszellen richtet und praktisch nicht auf andere Ko¨rperzellen wirkt. Dies a¨ußert sich in geringer ausgepra¨gten Nebenwirkungen im Vergleich zu klassischen Krebstherapien wie der Chemotherapie. Zuku¨nftige Entwicklungen Die Geschichte gentechnisch produzierter therapeutischer Proteine in der Behandlung von Krankheiten, fu¨r die es keine anderen wirksamen Therapieformen gibt, belegt, welches Potenzial die Gentechnik im Dienste des Patienten u¨ber die letzten Jahre entfaltet hat. Bereits jetzt sind etwa 20 % aller neu eingefu¨hrten Wirkstoffe gentechnisch hergestellte therapeutische Proteine. Therapeutische Proteine sind aus der medizinischen Praxis nicht mehr wegzuden-
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ken. Viele Experten gehen davon aus, dass die Zahl neuer therapeutischer Proteine in der Zukunft weiter steigt und gro¨ßere Entwicklungschancen hat, als dies bei den klassischen, chemischen Wirkstoffen der Fall ist. Viele große Pharmaunternehmen haben ihre Anstrengungen bei der Entwicklung neuer Proteintherapeutika massiv versta¨rkt und sehen hier ein großes Wachstumspotenzial. In der Zukunft ist davon auszugehen, dass zunehmend Proteintherapeutika auf den Markt kommen, die nicht fehlende oder nicht-funktionale Ko¨rperproteine ersetzen, sondern in pathogene molekularbiologische Prozesse mit neuen Wirkmechanismen eingreifen. Die neuen Methoden der Synthetischen Biologie werden dabei sicherlich eine große Rolle spielen. Hierbei handelt es sich um eine neue Richtung der Gentechnik, die auf der Basis von ku¨nstlich hergestellten Genen und Genomen zu neuen Genprodukten, darunter auch Wirkstoffen, gelangen sollte. Im Hinblick auf die ethische Bewertung ist die Synthetische Biologie a¨hnlich zu bewerten wie die Herstellung rekombinanter Medikamente mittels herko¨mmlicher gentechnischer Methoden. Trotz aller positiven Eigenschaften haben auch Proteintherapeutika, wie alle Medikamente, Nebenwirkungen, die ha¨ufig dosisabha¨ngig sind. So kann es beispielsweise in Einzelfa¨llen zu einer ¢beraktivierung des Immunsystems kommen, die eine ernsthafte Bedrohung darstellen kann.
Nicht-proliferierender (nicht-lebendiger) Gewebeersatz Zur Zelltherapie sind auf Stufe 1 unterschiedliche Ausformungen zu za¨hlen, die teilweise schon seit mehreren Jahrzehnten im Gebrauch sind und zumeist nicht direkt als Zelltherapie angesehen werden, z. B. die Therapie durch biologische Herzklappen. Allerdings handelt es sich dabei um den Einsatz von hochspezialisiertem Ko¨rpergewebe, das nach der Bildung nicht von der Aufrechterhaltung durch ko¨rpereigene Zellen abha¨ngt. Als Beispiele ko¨nnen die Transplantation von Hornhaut oder der Einsatz von biologischen Herzklappen dienen, die weit verbreitet sind, da sie die bei mechanischen Kunstklappen notwendige Blutgerinnungshemmung u¨berflu¨ssig macht.
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Stufe 1: Substitutionstherapie
Beispiel Herzklappen Im menschlichen Herzen gibt es vier Herzklappen. Sie funktionieren wie Ventile, die bei Druckerho¨hung o¨ffnen und den Auswurf von Blut aus den Hauptkammern des Herzens ermo¨glichen (Aorten- und Pulmonalklappe) oder den Ru¨ckstrom in die Vorkammern verhindern (Mitral- und Trikuspidalklappe). Eine mangelhafte ¤ffnungsmechanik fu¨hrt zu erho¨hter Druckbelastung des Herzens, ein Verlust der Schließmechanik zu Pendelfluss und erho¨hter Volumenbelastung des Herzens. Der Austausch einer dysfunktionalen Herzklappe, der 1955 erstmals in Großbritannien durchgefu¨hrt wurde, ist heute ein Standardeingriff mit weltweit ca. 275.000 Operationen ja¨hrlich. Der Anteil der biologischen Klappen bela¨uft sich derzeit auf 45 %, mit steigender Tendenz. Dabei werden meist Klappen aus Schweinen oder aus Rindern verwendet. Die Klappen werden vor dem Einsatz im Menschen sterilisiert, lebende Zellen werden dabei abgeto¨tet. Insofern ist keine Abstoßungsreaktion der Klappen zu erwarten. Neuere Entwicklungen gehen dahin, biologische Klappen durch Besiedelung einer vorgefertigten Form mit Stammzellen zu zu¨chten. Zuku¨nftige Entwicklung: Tissue Engineering Die Gewinnung von spezialisiertem Gewebe durch Zellproduktion in Bioreaktoren wird als Tissue Engineering bezeichnet. Dieses Verfahren hat in verschiedenen Krankheitsbildern z. B. des Bewegungsapparates oder des Herz-Kreislauf-Systems große Erwartungen geweckt. Knorpel Knorpel ist ein Gewebe, das in du¨nnen Schichten Gelenkfla¨chen u¨berzieht, um die reibungslose Funktionstu¨chtigkeit des Gelenks zu gewa¨hrleisten. Fu¨r diese Aufgabe ist Knorpel hochspezialisiert und entha¨lt keine Blutgefa¨ße, die der mechanischen Belastung nicht gewachsen wa¨ren. Allerdings bringt diese Differenzierung des Knorpelgewebes eine stark eingeschra¨nkte Heilungsfa¨higkeit mit sich. Um die Regenerationsfa¨higkeit von gescha¨digtem Knorpel zu steigern, ru¨ckt die Therapie mit von außen zugefu¨hrten Knorpel-
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zellen und Wachstumsfaktoren in den Vordergrund. Aktuell werden bereits ko¨rpereigene knorpela¨hnlichen Zellen – Chondrozyten – transplantiert, auch wenn die Effektivita¨t der Methode in Langzeitbeobachtungen noch nicht besta¨tigt ist. Eine alternative Quelle, um Knorpelzellen zur Behandlung von Knorpeldefekten zu erhalten, wird dringend beno¨tigt. Daher wird das Konzept, Knorpelzellen in der Petrischale aus regenerationsfa¨higen Stammzellen zu zu¨chten, intensiv beforscht. Interessanterweise finden sich im Knochenmark mesenchymale Stammzellen, die nach derzeitigem Wissensstand das Potenzial fu¨r die Differenzierung in Knorpelzellen haben. Diese ko¨nnten zuku¨nftig auch autolog – d. h. vom Patienten selbst gewonnen – verwendet werden, um die immunologische Abwehrreaktion zu umgehen. Kardiovaskula¨res System Auch wenn der Ko¨rper sowohl Arterien als auch Venen zur Verfu¨gung stellt, die im Bedarfsfall als Bypass-Gefa¨ße fu¨r die Umgehung von Engstellen in Herzkranzarterien dienen, so sind biologisch herstellbare Gefa¨ße mit ko¨rpereigenem Immunprofil von großem Nutzen, da sie an die Patientenbedu¨rfnisse bzgl. der Gro¨ßenverha¨ltnisse und der Gefa¨ßstruktur angepasst werden ko¨nnten. Daru¨ber hinaus ko¨nnten biologische Implantate, die u¨ber autologe lebende Zellen verfu¨gen, auch modifiziert werden, indem beispielsweise Proteine gegen eine etwaige Thromboseentstehung exprimiert werden. Die Herstellung von Gefa¨ßprothesen aus Bioreaktoren, die aus Fibroblasten-Kulturen von Bypass-Patienten gewonnen wurden, ist bereits gelungen und in Langzeit-Tierversuchen erfolgreich angewandt worden. Zuku¨nftig ko¨nnte die Zu¨chtung von spezifischem Ersatzgewebe aus Stammzellen eine Rolle fu¨r den Einsatz am Patienten spielen. Als Beispiel hierfu¨r darf die Zu¨chtung von biologischen Herzklappen aus Patienten-Stammzellen dienen, die in einem Bioreaktor in eine vorgefertigte Form eingesetzt werden und darin autologe Bioklappen produzieren. Ein weiteres Beispiel des Tissue Engineerings ist die Konstruktion von Herzmuskelgewebe aus neonatalen Herzzellen einer Tierspezies. Die Funktionalita¨t dieser Gewebestreifen, die der von Herzgewebe sehr a¨hnlich ist, und ihr ¢berleben u¨ber 4 Wochen
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Stufe 1: Substitutionstherapie
nach Transplantation machen dieses Verfahren außerordentlich interessant als Gewebeersatz fu¨r den Verlust z. B. nach einem großen Herzinfarkt. Dies ist umso bedeutsamer, als sich auch Vorla¨uferzellen aus Patientenherzen in diese Herzgewebestreifen differenzieren lassen. Xenotransplantation Eine weitere zuku¨nftige Entwicklung betrifft die Zu¨chtung von tierischem Ersatzgewebe, um die latente Knappheit bei Organersatz mit menschlichen Zellen zu u¨berwinden. Hier ist die Xenotransplantation von z. B. Pankreas-Inselzellen bereits in der Lage, die Insulinproduktion von Ratten u¨ber 3 Monate zu gewa¨hrleisten. Dieser Ansatz ist bereits am Menschen versucht worden, allerdings mit beschra¨nkter Wirkdauer der transplantierten Zellpopulation, die durch Abstoßung eliminiert wird. Eine verbesserte Immunsuppression, die mit einer Anpassung der transplantierten Zellpopulation an den Empfa¨ngerorganismus kombiniert wird, ko¨nnte zu einer sichereren Zelltherapie fu¨hren.
Thesen zu Stufe 1 Die der Stufe 1 zugeordneten biomedizinischen Eingriffe sind, wie in den Beispielen beschrieben, Substitutionstherapien, durch die ko¨rpereigene Eiweiß- bzw. Zellma¨ngel ersetzt werden ko¨nnen. Es handelt sich dabei um Eingriffe, die als Therapien heute gro¨ßtenteils erprobt und zugelassen sind und bei denen keine prinzipiellen rechtlichen und ethischen Konflikte auftreten. Der Krankheitsbezug sowie die therapeutische Wirksamkeit sind in den medizinischen Zulassungsstudien nachgewiesen worden, die der medizinischen Fachwelt und ¤ffentlichkeit zur Verfu¨gung stehen. Wa¨hrend ihrer Erprobung mussten diese Therapien noch als medizinisch experimentell angesehen werden. Der zuna¨chst experimentelle Charakter solcher innovativer Therapien ist inzwischen zur u¨berpru¨ften medizinischen Anwendungsroutine geworden. Bei den Eingriffen werden weder das Genom von Zellen des Empfa¨ngerorganismus vera¨ndert noch proliferierende Zellen in diesen eingebracht. Insofern handelt es sich um im Prinzip rever-
Thesen zu Stufe 1
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sible Eingriffe, da die in den Organismus eingefu¨hrten Wirkstoffe von diesem selbst abgebaut und ausgeschieden werden bzw. die eingebrachten Zellen dem Organismus durch einen weiteren Eingriff im Prinzip wieder entnommen werden ko¨nnten. Aufgrund ihrer Reversibilita¨t ist das Anwendungsrisiko dieser Eingriffe beschra¨nkt und kontrollierbar. Diese Beschra¨nkung der Eingriffstiefe darf nicht daru¨ber hinwegta¨uschen, dass die von außen zugefu¨hrte Substitutionstherapie biologisch a¨ußerst wirksam sein kann. So hat z. B. Insulin, das bei Diabetikern von außen zugefu¨hrt werden muss, bei fehlerhafter Dosierung eine ernst zu nehmende Nebenwirkung bis hin zum Tod zur Folge. Die allgemein akzeptierte Risikowahrnehmung besagt jedoch, dass ada¨quat dosiertes Insulin zu einer Normalisierung des Blutzuckers und einer Vermeidung der Spa¨tfolgen von Diabetes mellitus fu¨hrt und dass Insulin bei sorgfa¨ltiger Dosierung und engmaschiger Blutzuckerkontrolle im Regelfall kein ernstes Problem fu¨r den Empfa¨nger darstellt. Diese Einordnung, die zur Risikoeinstufung auf Stufe 1 fu¨hrt, ist auf die große Zahl der zuckerkranken Personen bezogen korrekt. Insgesamt entsprechen Substitutionstherapien mit gentechnisch hergestellten Medikamenten oder mit nicht-proliferierenden Zellen der Einnahme von Medikamenten. Daher ergeben sich auch von der a¨rztlichen Risikoabwa¨gung keine prinzipiell anderen Erwa¨gungen als bei der Medikamententherapie. Wie bei dieser sind die Standards einzuhalten: ¢ dass die Therapie nach den akzeptierten Kriterien a¨rztlichen Handelns erfolgt, ¢ dass sie mit Einwilligung des Patienten erfolgt, ¢ dass sie der Behandlung diagnostizierter Krankheiten dient, ¢ und dass die Medikamente und Eingriffe nach den von Ethikkommissionen vorgeschriebenen und gebilligten Verfahren erprobt und zugelassen sind. Die aufgefu¨hrten Beispiele sind jedoch kein Anlass, auf dem Status Quo zu beharren: Fu¨r viele, insbesondere chronische Erkrankungen sind die konkreten Substitutionstherapien nicht ausreichend, in der Anwendung mu¨hsam (z. B. ta¨gliche Insulin-Injektionen) oder mit sonstigen Nachteilen behaftet. Auf diesem Hintergrund werden
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Stufe 1: Substitutionstherapie
die derzeitigen wissenschaftlichen Bemu¨hungen versta¨ndlich, durch eine Ausdehnung der Substitutionstherapie auf lebende Gewebeverba¨nde eine la¨nger anhaltende Wirksamkeit zu erzielen. Dazu za¨hlen die Inselzell-Transplantationen fu¨r Diabetiker, das Tissue-Engineering fu¨r Bio-Herzklappen, autologe Blutgefa¨sse sowie Knorpel- oder Herzmuskelersatz. Welche dieser in die Zukunft weisenden Verfahren den Weg zu einem Routineverfahren entsprechend der Stufe 1 finden, la¨sst sich jedoch wiederum erst nach eingehender klinischer Pru¨fung sagen, so wie das bei der Anwendung des vor 25 Jahren erstmals gentechnisch hergestellten Insulins der Fall war.
Stufe 2: Therapeutischer Eingriff in das Genom oder den Zellbestand * Stufe 2 – Ethisch und medizinisch in Grenzen verantwortbar Therapie durch Eingriff in das Genom oder den Zellbestand Vertretbares und in der Regel beherrschbares Risiko Proliferation der vera¨nderten Zellen Zum Teil Irreversibilita¨t des Eingriffs (z. B. integrierende Vektoren, Knochenmarkstransplantation) Anwendung nur bei mangelnden Behandlungsalternativen Kaum schwere rechtliche und ethische Konflikte
Der Stufe 2 werden Therapieformen zugeordnet, die den Empfa¨ngerorganismus durch Eingriff in das Genom oder den Zellbestand voru¨bergehend oder dauerhaft vera¨ndern. Fu¨r den gentechnologischen Bereich ist auf dieser Stufe die somatische Gentherapie im Blick. Diese versucht, „heilende Gene“ in Zellen des Empfa¨ngerorganismus einzubringen, um durch diesen Gentransfer von DNA mit Hilfe von Transportvehikeln fehlerhafte genetische Programme in Ko¨rperzellen zu korrigieren. Die eingeschleusten Gene werden dabei in der Zelle abgelesen und dabei fu¨r die Produktion eines gewu¨nschten oder in den Zellen fehlenden Proteins verwendet. Bei der Gentherapie in Ko¨rperzellen lassen sich zuna¨chst die sogenannte ex vivo von der in vivo Gentherapie unterscheiden. Bei ersterer werden Zellen außerhalb des Ko¨rpers (ex vivo) zuna¨chst durch einen Gentransfer in gewu¨nschter Weise vera¨ndert und erst danach in den Patienten zuru¨ckgefu¨hrt. Bei der in vivo Gentherapie dagegen werden die Transportvehikel fu¨r Gene, also zum Beispiel virale Vektoren, direkt in die Blutbahn oder einzelne Organe eingebracht, um dort die richtigen Zielzellen genetisch zu vera¨ndern (transduzieren). Die ex vivo Gentherapie ist in der Regel das besser kontrollierbare Verfahren, weil keine großen Mengen an Vektoren direkt in die Blutbahn der Patienten eingebracht werden mu¨ssen. Bei den Transportvehikeln, die bei einer Gentherapie eingesetzt werden, unterscheidet man zwischen integrierenden und nicht* Kupatt, Hallek, Zichy.
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Stufe 2: Therapeutischer Eingriff in das Genom
integrierenden Vektoren, je nachdem, ob das in die Zellen eingebrachte Gen in das Genom im Zellkern eingebaut wird oder als sogenanntes Episom weitergereicht wird. Episomen sind sich unabha¨ngig von den Chromosomen teilende genetische Elemente einer Zelle. Fu¨r zelltherapeutische Eingriffe der Stufe 2 beispielhaft ist die Behandlung mit Knochenmarkzellen, die das erkrankte oder bei Leuka¨mien durch Chemotherapie und Bestrahlung entfernte eigene Knochenmark ersetzen. Auch die Transplantation von soliden Organen wie Lunge, Leber oder Niere wird zu dieser Stufe geza¨hlt.
Somatische Gentherapie Die Vision, mit „heilenden Genen“ Krankheiten direkt an ihrer molekularen Wurzel zu packen, klingt verlockend einfach. Das Konzept sieht vor, die Erbinformation eines Gens zu nehmen und sie in Ko¨rperzellen einzuschleusen. Dort sorgt die u¨bertragene genetische Bauanleitung dafu¨r, dass ein fehlendes Protein erga¨nzt oder die Auspra¨gung von Eigenschaften eines fehlerhaften Proteins verhindert wird. Diese molekulare Korrektur im Erbgut kann dann im besten Fall die behandelte Krankheit bessern oder lindert ihren Verlauf. Leidet zum Beispiel ein Mensch an der Bluterkrankheit, findet sich in seinem genetischen Text im Erbgut oft ein charakteristischer Tippfehler. Diese sogenannte Mutation fu¨hrt dazu, dass in seinem Blut ein lebenswichtiger Gerinnungsfaktor – also zum Beispiel Faktor IX – fehlt oder fehlerhaft arbeitet, der normalerweise blutende Wunden nach Verletzungen rasch verschließen hilft. Das Ziel einer Gentherapie ist, diesen genetischen Defekt zu beheben, indem das Gen mit einem korrekt lesbaren genetischen Text in kranke Zellen u¨bertragen wird. Das eingeschleuste Gen soll dann den fehlenden oder fehlerhaften Gerinnungsfaktor im Blut ersetzen. Die Bluterkrankheit wa¨re an ihrer molekularen Wurzel, eben im Erbgut, therapiert. Schon die ersten Visiona¨re der Gentherapie erkannten rasch die wohl gro¨ßte Hu¨rde aller Versuche, mit Genen zu heilen. Es ist a¨ußerst schwer, Erbanlagen ku¨nstlich in Zellen zu schleusen,
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vor allem dann, wenn dies im Ko¨rper (in vivo) geschehen soll. In der Evolution hat sich offenbar eine ganze Reihe von Barrieren gegen die Aufnahme nackter DNA entwickelt, die dem Einschleusen fremder Gene in Ko¨rperzellen Widerstand entgegensetzen. Fu¨r einen erfolgreichen Gentransfer gilt es daher, sichere und zuverla¨ssige Technologien zu entwickeln, die Gene in eine Vielzahl von Zellen, Gewebe oder gar ganze Organe transportieren ko¨nnen. Vektoren auf der Basis von Viren boten sich hier als ein evolutiona¨r erprobtes Transportvehikel fu¨r Gene an, weil diese Erreger darauf spezialisiert sind, ihr fremdes Erbgut in Ko¨rperzellen einzubringen, um sich zu vermehren. Die Entwicklung sicherer und effizienter viraler „Postboten“ fu¨r Gene - im Fachjargon Vektoren genannt – ist bis heute die entscheidende Herausforderung fu¨r die Gentherapieforschung geblieben. Neben viralen Vektoren sind auch eine Vielzahl nicht viraler Vektoren entwickelt worden, die alle ein Ziel eint: DNA sicher verpackt in den Zellkern von Zellen zu schleusen. ¢ber die erste erfolgreiche Gentherapie auf der Basis retroviraler Vektoren wurde im Jahre 2001 von einer franzo¨sischen Arbeitsgruppe berichtet. Die Versuchsleiter am Pariser Hoˆpital Necker hatten insgesamt 11 Kinder mit einem seltenen und unbehandelt rasch zum Tode fu¨hrenden schweren Immundefekt (X-Scid) mit Hilfe einer ex vivo Gentherapie von Blutstammzellen therapiert. Die Kinder bauten dank der Gentherapie ein neues, weitgehend funktionstu¨chtiges Immunsystem auf und konnten fortan ein nahezu beschwerdefreies Leben fu¨hren. 2002 wurde bekannt, dass vier der behandelten Kinder an einer offenbar durch die Gentherapie bedingten Entartung ihrer Blutstammzellen erkrankt sind. Drei der vier Kinder konnten mit einer Knochenmarkstransplantation oder Chemotherapie gerettet werden, ein Junge aber starb. Nach dem Auftreten dieser Nebenwirkung wurde der Pariser Gentherapieversuch zwischenzeitlich gestoppt. Weil die X-Scid Gentherapie aber erstmals eine eindeutige therapeutische Wirksamkeit zeigte und fu¨r die betroffenen Patienten die einzige bisher alternativ verfu¨gbare Behandlungsmethode der Knochenmarkstransplantation mit einem Sterblichkeitsrisiko von rund 30 Prozent einhergeht, wurde die Studie mit verbesserten Vektoren erneut gestartet.
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Stufe 2: Therapeutischer Eingriff in das Genom
Abb. 7: Ex vivo und in vivo Gentherapie.
Neben unerwartet auftretenden Nebenwirkungen ringen die Forscher bei der Gentherapie mit weiteren Herausforderungen. So sollte eine Gentherapie in vivo mo¨glichst nur die richtigen Zielzellen genetisch vera¨ndern. Die gewu¨nschten Proteine sollten langfristig, in der richtigen Menge und am rechten Ort in den durch die Gentherapie vera¨nderten Ko¨rperzellen hergestellt werden. Auch darf die Immunabwehr der Patienten keine Abwehr-
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reaktion gegen die verwendeten Vektoren oder das durch den Gentransfer eingebrachte Protein auslo¨sen. Letzteres hat sich zum Beispiel als ein Problem bei gentherapeutischen Versuchen zur Behandlung der erblichen Bluterkrankheit erwiesen. Da Bluterkranken oft von Geburt an ein bestimmter Gerinnungsfaktor fehlt, reagiert ihr Immunsystem mit einer heftigen Abwehrreaktion gegenu¨ber den eigenen Ko¨rperzellen, wenn diese dank Gentherapie plo¨tzlich das zuvor fehlende Gerinnungseiweiß herstellen. An allen diesen Problemen forschen Wissenschaftler intensiv, um innovative Lo¨sungen zu finden. Nicht-integrierende Vektoren Im Bereich der Gentherapie umfasst die Stufe 2 Gentherapien mit replikationsdefekten, nicht in das Genom integrierenden Vektoren (z. B. genetisch nicht mehr vermehrungsfa¨higen Adeno- oder Adeno-assoziierte Viren), die aber nach einer definierten Zeitdauer ihre Wirksamkeit verlieren ko¨nnen. Diese Form der Gentherapie wurde lange als medizinisch relativ unproblematisch angesehen, da das Risiko der Fehlintegration in das Genom des Empfa¨ngers und einer dadurch mo¨glicherweise bedingten Tumorentstehung als gering erachtet wurde. Allerdings ko¨nnen auch die Begleitreaktionen einer voru¨bergehenden Infektion mit viralen Vektoren, die genetisch entscha¨rft wurden, erheblich sein, selbst wenn sie ihre Vermehrungsfa¨higkeit komplett eingebu¨ßt haben. Das hat 1999 der Tod des 18-ja¨hrigen Jesse Gelsinger gezeigt. Ihm wurde in einer experimentellen Gentherapie eine hohe Dosis Adenoviren in die Blutbahn der Leber gespritzt, was offenbar eine systemische, u¨berschießende Immunreaktion auslo¨ste. Dieser Patient war an einer genetisch bedingten Stoffwechselsto¨rung der Leber erkrankt und litt o¨fter, wenn er seine Medikamente nicht strikt einnahm, unter Komazusta¨nden. In einer Phase-I Sicherheitsstudie, an der der Patient freiwillig teilgenommen hatte, erhielt er als Versuchsperson Nummer 18 die bisher ho¨chste beim Menschen verabreichte Injektion genetisch entscha¨rfter adenoviraler Vektoren in die Blutbahn injiziert. Die viralen Vektoren sollten das Gen fu¨r ein in seinen Leberzellen in zu geringer Menge hergestelltes Stoffwechselenzym in seine Leber transportieren.
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Stufe 2: Therapeutischer Eingriff in das Genom
Nur vier Tage nach der Infusion der Gentherapievektoren verstarb Jesse Gelsinger an einer nicht beherrschbaren Immunreaktion, die offenbar durch die direkt in die Blutbahn infundierten, viralen Vektoren hervorgerufen worden war. Unklar ist bis heute, warum eine weitere Patientin, die zuvor mit einer a¨hnlichen hohen Dosis behandelt worden war, keinerlei abnorme Immunreaktionen zeigte. Die Gentherapie mit vermehrungsunfa¨higen, nicht in das Erbgut integrierenden, episomalen Vektoren kam nach diesem Todesfall nur zo¨gerlich wieder zum Einsatz. Vor allem wurden neben Adenoviren versta¨rkt andere virale Vektoren und auch sogenannte nicht virale „Postboten“ entwickelt, die DNA auch ohne Hilfe viraler Vektoren in Zellen einschleusen ko¨nnen. Auch wurde seither die Menge von rekombinanten Adenoviren, die man in die Blutbahn von Studienpatienten einbringt, reduziert. Insgesamt haben derzeit weltweit ca. 1100 Gentherapie-Studien mit unterschiedlichen viralen und nichtviralen Vektoren stattgefunden, ein Drittel davon in Europa. Wirkliche therapeutisch relevante Durchbru¨che sind bisher trotz erheblicher Anstrengungen nur vereinzelt erzielt worden, so bei X-Scid und einer weiteren Immunschwa¨cheerkrankung namens ADA-Scid. Zwar hat die gentherapeutische Behandlung der Bluterkrankheit (vor allem der Faktor IX Mangel) durch Adeno-assoziierte Virus-basierende Vektoren in einigen Studien am Menschen eine Langzeitexpression fehlender Gerinnungsfaktoren ermo¨glicht. Aber auch hier reichte das Niveau der Proteinproduktion bisher nicht aus, um Patienten dauerhaft von Gerinnungsfaktor-Pra¨paraten unabha¨ngig zu machen. Adeno-assoziierte Viren (AAV) gelten derzeit als viel versprechende Transportvehikel fu¨r Gentherapien. Bei AAV handelt es sich um nicht humanpathogene Viren. Von solchen nicht integrierenden Vektoren, die keine heftigen Immunreaktionen auslo¨sen, ko¨nnten geringere Gefahren ausgehen. Aber auch fu¨r die Gentherapie mit AAV sind derzeit die Ergebnisse tierexperimenteller und klinischer Studien abzuwarten, bevor man die mit ihrem Einsatz verbunden Chancen und Risiken besser abscha¨tzen lernt. Ein therapeutisches Konzept wie die Gentherapie kann trotz vielfa¨ltiger experimenteller Evidenz erst nach klinischen Pru¨fstudien in seiner Bedeutung bewertet werden. So verliefen eine gan-
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ze Reihe von Phase II/III-Studien, die die Gefa¨ßneubildung in schwach durchblutetem Gewebe zum Ziel hatten, im Ergebnis entta¨uschend. Bei vielen dieser Studien wurde selbst beim Einsatz potenter viraler Vektoren kein eindeutiger Wirknachweis festgestellt. Das kann aber auch daran liegen, dass die zu Grunde liegenden pathogenetischen Ursachen der Erkrankung zu wenig verstanden waren. Sind dagegen fu¨r Patienten medikamento¨se Alternativen vorhanden wie etwa bei der Bluterkrankheit, so sind vor allem Sicherheitsaspekte Hu¨rden fu¨r den klinischen Einsatz einer experimentellen Gentherapie. Im Folgenden finden sich einige aktuelle Beispiele fu¨r klinische Studien mit Gentherapieverfahren. Gentherapie bei Gelenkrheuma (Rheumatische Arthritis) Die Gentechnik ero¨ffnet die Mo¨glichkeit, Proteine mit neuer Struktur und Wirkungsweise zu schaffen und dabei nicht nur natu¨rliche Proteine nachzubilden. Daher ko¨nnen mit Hilfe der Gentherapie auch solche nicht natu¨rlichen therapeutischen Proteine in Zellen des Ko¨rpers erzeugt werden. Bei Patienten mit Gelenkrheuma zum Beispiel wird seit dem Jahr 2000 das in Hamsterzellen hergestellte rekombinante Protein Etanercerpt eingesetzt, ein ku¨nstlich optimiertes Fusionsprotein, das Entzu¨ndungsreaktionen in Gelenken lindern soll. Seit einiger Zeit wird versucht, in klinischen Studien den Nachweis zu erbringen, dass ein mittels AAV-Vektoren in Gelenke transportiertes, vergleichbares Fusionsgen (TNF-Rezeptor-Fc) die lokale Wirksamkeit des Proteins erho¨hen kann und damit die oft schweren rheumatischen Symptome wirksamer lindern hilft. Gentherapie der Bluterkrankheit Mehrere Forscher und Firmen versuchen, erbliche Formen der Bluterkrankheit mit Hilfe einer Gentherapie zu kurieren, bisher leider ohne durchschlagenden Erfolg. Zwar zeigte sich in einigen Studien eine auch la¨ngerfristige Produktion der jeweils fehlenden Gerinnungsfaktoren im Blut der Behandelten. Die Menge und die Dauer der Produktion an Faktor VIII oder Faktor IX reichten bisher aber nicht aus, um fu¨r die Patienten wirklich einen direkten und dauerhaften klinischen Nutzen zu dokumentieren. Bei der Gen-
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therapie der nicht to¨dlichen und mit rekombinanten Faktorpra¨paraten recht gut zu kurierenden Bluterkrankheit muss man zudem in Betracht ziehen, dass die Gentherapie hier vor allem darauf zielt, die sta¨ndig no¨tigen Infusionen u¨berflu¨ssig zu machen. Die Sicherheitshu¨rden fu¨r eine solche substitutive Gentherapie liegen naturgema¨ß ho¨her, auch wenn sie bei Erfolg fu¨r die Patienten deutlich mehr Lebensqualita¨t bedeuten wu¨rde. Gentherapie gegen Krebs Gentherapien gegen Krebs bleiben ein attraktives Forschungsziel, weil viele Krebsarten bislang unheilbar sind. Es gab eine ganze Reihe von Versuchen, natu¨rliche Immunzellen durch ¢bertragung einzelner Gene in ihrem Kampf gegen Krebszellen zu aktivieren, die aber bislang nicht von durchschlagenden Erfolgen gekro¨nt waren. Meist sind die Gentherapieversuche weniger an den dabei eingesetzten Vektoren gescheitert, sondern an dem mangelnden Wissen um tumorbiologische Pha¨nomene, etwa dem Zusammenspiel zwischen Tumor und Tumorumgebung sowie der Immunabwehr. Ein Problem aller immunologischen Tumortherapien ist bisher, dass Tumore als Zielstruktur nur schwer zu treffen sind, weil sie oft Ko¨rperzellen zum Verwechseln a¨hnlich sehen. Auch haben Tumore aktive Mechanismen entwickelt, um ihrer Erkennung auch durch eine gentherapeutisch aufgeru¨stete Immunabwehr zu entgehen. Krebs bleibt damit eine Herausforderung der gesamten Medizin, nicht nur fu¨r die Gentherapie. Einen Sonderweg der Beka¨mpfung von Krebs mittels Gentherapie haben US-Forscher eine Zeit lang mit Hilfe von vermehrungsfa¨higen Adenoviren (sogenannten onkolytischen Viren) beschritten. Diese sich vor allem in Krebszellen mit bestimmten Mutationen rasch vermehrenden Adenoviren wurden direkt in den Tumor gespritzt, etwa im Fall inoperabler Kehlkopf- oder Halstumoren. In einzelnen Fa¨llen kam es dabei zum voru¨bergehenden Schrumpfen des Tumors. Inzwischen ist von der Arzneimittelbeho¨rde in China einer nationalen Firma ein GentherapieProdukt auf der Basis solcher infektio¨ser Adenoviren gegen Halstumore zugelassen worden. Dieses Therapiekonzept wurde leider bisher nicht in unabha¨ngigen klinischen Studien u¨berpru¨ft. Skepsis ist daher angebracht.
Somatische Gentherapie
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Integrierende Vektoren Eine ho¨here Eingriffstiefe erreicht die Gentherapie dann, wenn die eingefu¨hrte rekombinante DNA in das Empfa¨ngergenom integriert. So ist es bei einer retroviralen Gentherapie in Blutstammzellen durchaus erwu¨nscht, dass sich das gentechnisch vera¨nderte Vektorgenom dauerhaft im Erbgut der Blutstammzellen niederla¨sst, um die Aktivita¨t des u¨bertragenen Gens auch in sich rasch vermehrenden Tochterzellen dauerhaft sicherzustellen. Dieser Effekt ist etwa bei der Rekonstitution der Blutbildung nach einer ex vivo Gentherapie entscheidend fu¨r den Therapieerfolg. Ein Nachteil des Einsatzes von Retroviren als Gentherapievektor ist ihre bisherige Eigenschaft, ihr Erbgut an nicht vorhersagbaren Stellen in den Chromosomen ihrer Wirtszellen einzubauen. Integriert sich das Vektorgenom ausgerechnet an Textstellen in den Chromosomen, wo in der Zelle etwa die Zellvermehrung oder die DNA-Reparatur nach genetischen Scha¨den reguliert wird, kann unter Umsta¨nden Krebs entstehen. Tatsa¨chlich konnten Forscher bei der zuna¨chst erfolgreichen Pariser Gentherapie-Studie bei Patienten mit dem erblichen Immundefekt X-Scid einen solchen Effekt inzwischen nachweisen. Die verwendeten Retroviren hatten sich bei den Kindern, die spa¨ter als Folge der Gentherapie eine Form von Blutkrebs entwickelten, in der Na¨he von Genen integriert, die ha¨ufig in entarteten Krebszellen aktiv sind, etwa das sogenannte Proto-Onkogen LMO2. Auch bei einem unabha¨ngigen X-Scid Gentherapieversuch in London erkrankte inzwischen eines der insgesamt bisher zehn behandelten Kinder an einer Form von Blutkrebs. Auch hier ko¨nnte sich das Retrovirus in der Na¨he eines Onkogens niedergelassen haben. Ku¨nftig sollen bei diesen therapeutisch nachweislich wirksamen Gentherapie-Versuchen neu entwickelte Genvektoren zum Einsatz kommen, die in ihrer Umgebung keine Fehlregulationen von Genen mehr auslo¨sen. Weitere klinische Studien mit diesen verbesserten, selbstinaktivierenden, lentiviralen Vektoren wurden daher sowohl in Paris als auch London neu gestartet. Integrieren Vektoren nicht nur in Ko¨rperzellen, sondern auch in das Genom von Keimbahnzellen, die spa¨ter die genetische Vera¨nderung an Nachkommen weitergeben ko¨nnen, so ist formal
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Stufe 2: Therapeutischer Eingriff in das Genom
von einer Keimbahntherapie zu sprechen. Allerdings ist diese auf Stufe 2 eine „Nebenwirkung“ und nicht die beabsichtigte Erzeugung von genetisch spezifisch vera¨nderten Organismen. Bei einer somatischen Gentherapie gilt es derzeit stets vorab in Tierversuchen sicherzustellen, dass eine Integration von Vektoren in die Keimbahn ho¨chst unwahrscheinlich ist. Die gezielte Erzeugung von Organismen mit vollsta¨ndiger genetischer Korrektur in Keimzellen wird als Keimbahntherapie bezeichnet und auf Stufe 3 diskutiert. Gentherapie von HIV-Infektionen – mit HIV? Wissenschaftler haben inzwischen neue Gentherapie-Vektoren auch auf der Basis genetisch vera¨nderter und vermehrungsunfa¨higer HI-Viren entwickelt, die ein Reihe interessanter Eigenschaften als Vektoren fu¨r Gene aufweisen. In ersten klinischen Versuchen wurden HIV-Patienten weiße Blutko¨rperchen entnommen und diese ex vivo mit der neuen, entscha¨rften Vektorgeneration behandelt, die sich in das Erbgut integriert. Ziel dieser Gentherapie mit sogenannten lentiviralen Vektoren ist es, bestimmte Immunzellen im Blut der Patienten vor einer Infektion mit HIV zu schu¨tzen. In einer ersten klinischen Studie mit diesem lentiviralen Gentherapievektor konnte die HI-Virusmenge im Blut einiger Patienten voru¨bergehend gedrosselt werden, auch stieg die Zahl weißer Blutko¨rperchen entsprechend an. Noch ist es allerdings zu fru¨h, den Stellenwert dieser Gentherapie gegen HIV zu beurteilen. Auch u¨ber die langfristigen Risiken einer lentiviralen Gentherapie ko¨nnen erst sorgfa¨ltig geplante weitere Studien Auskunft geben. Gentherapie gegen septische Granulomatose Patienten mit dieser Erkrankung leiden aufgrund defekter Fresszellen der Immunabwehr unter ha¨ufig nicht heilbaren Pilz- und Bakterieninfektion, die zu schweren Organscha¨den und schließlich zum Tode fu¨hren ko¨nnen. Eine in Deutschland entwickelte ex vivo Gentherapie mit integrierenden Retroviren hat versucht, bei diesen Patienten durch Einfu¨hrung eines Gens in ko¨rpereigene Blutstammzellen die korrekte Funktion der neutrophilen Granulozyten, das sind Immunabwehrzellen, wieder aufzubauen. Diese
Zelltherapie mit proliferierenden Zellen
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Therapie war bei einigen Patienten sehr erfolgreich. Gedacht ist diese Gentherapie fu¨r Patienten, die keine geeigneten Kandidaten fu¨r eine Knochenmarktransplantation darstellen. Derzeit schwierigstes Problem ist, in einer ausreichend großen Zahl von Immunzellen die eingeschleuste DNA dauerhaft aktiv zu halten. Zuku¨nftige Ansa¨tze Die Gentherapie wird sich vermutlich in den na¨chsten Jahren einen festen Platz im therapeutischen Arsenal der Medizin erobern. Verbesserte Vektorsysteme sollten eine stabile, nebenwirkungsarme und besser regulierte Genexpression in Ko¨rperzellen erlauben, zumindest bei einzelnen Erbkrankheiten, deren molekulare Ursachen gut verstanden sind. Wann in Europa eine erste Gentherapie zugelassen wird und die Patienten in der Praxis erreicht, la¨sst sich derzeit noch nicht vorhersagen. Das Interesse an neuen Ansa¨tzen ist aber nach wie vor sehr hoch. Die Gentherapie von X-Scid Kindern und anderen seltenen Erbkrankheiten der Immunabwehr ko¨nnte am Beginn einer Entwicklung stehen, bei der einzelne Leiden durch „heilende Gene“ bei akzeptablen Nebenwirkungen dauerhaft behandelbar werden. Dazu bedarf es allerdings einiger experimenteller Fortschritte und weiterer klinischer Studien am Menschen. Das ethische und juristische Regelwerk hierfu¨r gilt inzwischen als etabliert und la¨uft auf europa¨ischer Ebene nach harmonisierten Verfahren ab.
Zelltherapie mit proliferierenden Zellen Unter Zelltherapie versteht man den therapeutischen Ansatz, mit Hilfe von Zellen oder ganzen Zellverba¨nden (Organen) Krankheiten zu behandeln. Knochenmarktransplantation Im Gegensatz zur reinen Substitutionstherapie (Stufe 1) handelt es sich bei der Knochenmarktransplantation um die Behandlung z. B. von Leuka¨mie mit einem Zellgemisch, das in den Knochen des Empfa¨ngers anwa¨chst und proliferiert. Tochterzellen des u¨bertragenen Knochenmarks zirkulieren durch den Kreislauf in den
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Stufe 2: Therapeutischer Eingriff in das Genom
gesamten Organismus. Immunzellen ko¨rperfremden Ursprungs ko¨nnen sodann gegen ko¨rpereigene Eiweiße reagieren (graft versus host disease), eine mo¨glicherweise lebensbedrohliche Konstellation. Dennoch bietet die Knochenmarktransplantation aufgrund der to¨dlich verlaufenden Grunderkrankungen wie der Leuka¨mie und Lymphomen mit ungu¨nstiger Prognose ha¨ufig den einzigen kurativen Ansatz. Nach ihrer Einfu¨hrung fand sie aufgrund unbestrittener, großer Erfolge eine rasche Verbreitung an allen ha¨matologischen Zentren. Organtransplantation Die Transplantation ganzer Organe als Gewebeersatz hat seit der Verpflanzung einer Niere im Jahr 1954 zwischen eineiigen Zwillingen, die immunologisch identisch sind, zwei erhebliche Erweiterungen erfahren: Durch hochwirksame Immunsuppressiva ist die Transplantation auch von Organen von Fremdspendern mo¨glich geworden, auch wenn die Immunkompatibilita¨t weiter eine wichtige Rolle spielt. Daru¨ber hinaus ist es durch die Anwendung der Hirntod-Definition mo¨glich geworden, lebensnotwendige Organe wie Herz, Lunge und Leber von Verstorbenen zu transplantieren, auch wenn in letzterem Fall durch Teilorgan-Transplantion spa¨ter ein zusa¨tzlicher Ausweg aus der Organknappheit gefunden wurde. Der Erfolg der Organtransplantation ist abha¨ngig von der Aufnahme der Funktion des Transplantats zusammen mit einer wirksamen Hemmung der Abstoßung durch das Empfa¨nger-eigene Immunsystem. Gelingt einer dieser beiden Faktoren nicht, ist der Transplantationserfolg gefa¨hrdet. Das Transplantatversagen kann dabei fru¨h oder erst nach Jahren auftreten und ist organspezifisch unterschiedlich. Zuku¨nftige Ansa¨tze Xenotransplantation Die Xenotransplantation, d. h. die Verpflanzung von Organen anderer Spezies, z. B. des Herzens, scheitert bislang an der immunologischen Inkompatibilita¨t, auch wenn intensive Forschungsta¨tigkeit diese Barriere in Zukunft u¨berwinden ko¨nnte.
Zelltherapie mit proliferierenden Zellen
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Regenerative Zelltherapie Einen weiteren Ansatz der Zelltherapie mit proliferierenden, den Empfa¨ngerorganismus beeinflussenden Zellen stellt die autologe Stammzelltherapie zur Regeneration von soliden Organ-Zellverba¨nden durch sich differenzierende Stammzellen dar. Dieser Ansatz ist theoretisch viel versprechend bei Situationen eines raschen, massiven Zellverlusts bei z. B. einem Herzinfarkt, einem Schlaganfall oder einem akuten Leberversagen. Aber auch der Ersatz von langsam (chronisch) gescha¨digten Organen ist vorstellbar. Einen Schritt in diese Richtung bedeutet die lokale Infusion von Knochenmarkszellen (die adulte Vorla¨uferzellen enthalten sollen) oder gereinigten zirkulierenden Vorla¨uferzellen in die Infarktarterie kurze Zeit nach einem akuten Herzinfarkt. In einer aktuellen Studie zeigte sich eine Verbesserung der Herzfunktion nach Gabe aufgereinigter Vorla¨uferzellen. Hybridtherapie Eine mo¨gliche Erweiterung der oben ausgefu¨hrten Zelltherapie wa¨re es, vor der Anwendung außerhalb des Empfa¨ngers in der Petrischale eine Gentherapie der Zell-Population durchzufu¨hren. Von großem Nutzen ist hierbei die Beobachtung, dass die Stamm- oder Vorla¨uferzellen eine ausgepra¨gte Pra¨ferenz der Einwanderung in gescha¨digtes Organgewebe zeigen (homing). Dadurch wu¨rde eine regionale Behandlung des Gewebes erreicht, da die gezielte Einwanderung von gentherapierten Zellen in das gescha¨digte Gewerbe eine lokale Wirkung erzielen wu¨rde. Tierexperimentell sind hierzu gerade bezu¨glich des Gefa¨ßwachstums eine Reihe vielversprechender Ansa¨tze vorhanden. Allerdings ist die Kombination von Stammzellen mit Gentherapie mit bedeutend ho¨heren Sicherheitshu¨rden belegt (gegenu¨ber der autologen Stammzelltransplantation) und daher heute klinisch oder in Studien nicht verwirklicht. Reprogrammierung Um eine Population immunologisch identischer Zellen zu erzeugen, ist bis vor kurzem ausschließlich der Weg des therapeutischen Klonens (siehe Stufe 3) vorstellbar gewesen. Seit kurzer Zeit
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Stufe 2: Therapeutischer Eingriff in das Genom
ist allerdings von mehreren Gruppen eine Alternative erarbeitet worden, die als Reprogrammierung bezeichnet wird. Hier werden Zellen embryonalen (aber auch adulten) differenzierten Ursprungs, z. B. Fibroblasten, in pluripotente Stammzellen entdifferenziert, indem durch ¢berexpression von 2, 3 oder 4 Proteinen der ¢bergang einer Stammzelle in eine differenzierte Zelle ru¨ckga¨ngig gemacht wird. Allerdings ist hier vor allem aufgrund des hohen Risikos der Tumorbildung an eine baldige Anwendung am Patienten nicht zu denken.
Thesen zu Stufe 2 Wie bei den biomedizinischen Eingriffen der Stufe 1 treten bei den Eingriffen, die der Stufe 2 zugeordnet sind, keine schweren rechtlichen oder ethischen Konflikte auf. Im Unterschied zur Stufe 1 erfolgt bei den Eingriffen der Stufe 2 aber, wie in den Beispielen beschrieben, ein Eingriff in das Genom oder die Proliferation der eingebrachten Zellen. Bei der Gentherapie mit integrierenden Vektoren und bei manchen Transplantationen, wie z. B. Herzoder Blutstammzelltransplantation, sind die Eingriffe zudem nicht reversibel. Fu¨r den Patienten bergen die Eingriffe ho¨here Risiken als substitutionstherapeutische Eingriffe. Dieser Umstand macht eine sorgfa¨ltige Indikationsstellung solcher Therapien (auch unter Pru¨fBedingungen klinischer Studien) notwendig: Erst der Bezug auf eine indizierte Krankheit la¨sst einen Eingriff in die Integrita¨t des Ko¨rpers gerechtfertigt erscheinen. Zwei unterschiedliche Konstellationen kristallisieren sich bislang heraus: Erstens erscheinen Eingriffe der Stufe 2 indiziert und ethisch gerechtfertigt, wenn fu¨r eine to¨dlich verlaufende Krankheitskonstellation therapeutisch wirksame Behandlungsalternativen fehlen. Dies gilt insbesondere fu¨r die somatische Gentherapie mit integrierenden Vektoren, bei der auch nachfolgende Generationen betroffen sein ko¨nnten. Zweitens muss, falls fu¨r die Krankheitskonstellation doch alternative Behandlungsverfahren zur Verfu¨gung stehen, die Sicherheit der vorhandenen Verfahren den Maßstab fu¨r die Anwendung der neuen Therapie bilden. Aufgrund ihrer hohen Sicherheit erschei-
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nen hier Therapien mit nicht-integrierenden Vektoren als vertretbar. Analog dazu erscheint auch die Behandlung mit adulten Stammzellen, die sich bisher in allen Studien als sicher herausgestellt haben, besser gerechtfertigt als die Anwendung der potentiell sehr tumorigenen embryonalen Stammzellpopulation.
Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen* Stufe 3 – Ethisch und medizinisch derzeit nicht verantwortbar Therapie durch Eingriff in die Keimbahn oder durch humane embryonale Stammzellen (therapeutisches Klonen)
Derzeit unvertretbar hohes Risiko Irreversibilita¨t des Eingriffs Proliferation der vera¨nderten Zellen Schwere ethische und rechtliche Konflikte (Keimbahneingriff, Embryo, Eizellen, Klonen)
Auf der Stufe 3 werden Therapieformen zusammengefasst, die derzeit noch einen hypothetischen Charakter haben. In zweifacher Hinsicht stellen sie eine Steigerung der Anwendungen von Stufe 2 dar: Zum ersten werden auf dieser Stufe Therapieformen angesiedelt, die den Verbrauch von Embryonen zur Voraussetzung haben. Und zum zweiten wa¨re dabei eine positive Selektion der Embryonen notwendig, um die erfolgreich behandelten Eizellen oder Blastozysten auszuwa¨hlen. Gentherapeutisch fa¨llt in die Stufe 3 die Keimbahntherapie. Sie korrigiert nicht mehr Gendefekte in bestimmten Zielgeweben des Ko¨rpers oder in einzelnen Zellen, die dann in den Ko¨rper zuru¨ckgegeben werden, sondern zielt auf die Korrektur des Genoms eines ganzen Individuums und dessen Nachkommen ab. Dazu muss verfahrenstechnisch der Weg u¨ber die fru¨hen menschlichen Entwicklungsstadien, d. h. die befruchtete Eizelle oder Blastozyste eingeschlagen werden, die nach Behandlung einer positiven Selektion ausgesetzt werden mu¨ssen. Zelltherapeutisch ist auf der Stufe 3 das therapeutische Klonen anzusiedeln, das im Gegensatz zum reproduktiven Klonen nicht auf die Entstehung eines klonierten Menschen abzielt. Im Gegenteil, die Entwicklung des Embryos wird gezielt unterbunden, um embryonale Stammzellen (ES-Zellen) zu gewinnen. Aus ihnen wird im na¨chsten Schritt die beno¨tigte Zellpopulation fu¨r z. B. * Kupatt, Hacker, Zichy.
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das Herz, das Zentralnervensystem oder die Bauchspeicheldru¨se gewonnen. Dieses Verfahren erfordert die Einsetzung eines Zellkerns einer Patientenzelle in eine entkernte befruchtete Eizelle. Im Hinblick auf das Klonieren menschlicher Zellen hat eine Wissenschaftlergruppe um Andrew French das erste Mal einen Erfolg gemeldet: Die gelungene Entkernung (Enukleation) einer Eizelle und die Einsetzung eines reifen Zellkerns eines Erwachsenen in dieselbe wird als erfolgreicher Versuch im Hinblick auf das therapeutische Klonen gesehen. Allerdings ist es in dieser Arbeit noch nicht gelungen, aus dem gewonnenen Klon humane embryonale Stammzelllinien zu generieren.
Grundsa¨tzliche Erwa¨gungen zum Verha¨ltnis von Forschung und Therapie. Zur Problematik der Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen* Die auf Stufe 3 ero¨rterten Verfahren der Keimbahntherapie und des sogenannten therapeutischen Klonens sind gegenwa¨rtig noch keine praktizierten therapeutischen Eingriffe, sondern vielversprechende Hypothesen, die sich vom heutigen Stand der Forschung ableiten lassen. Sie basieren auf in den letzten Jahrzehnten gewonnenen Erkenntnissen und Techniken: auf der Einsicht in molekularbiologische Prozesse, ihre hohe Bedeutung fu¨r das Leben und ihr enormes therapeutisches Potenzial, sowie auf der Mo¨glichkeit, menschliche Eizellen in vitro ku¨nstlich zu befruchten, d. h. extrakorporale fru¨he Embryonen zu erhalten und diese direkt zu manipulieren und zu untersuchen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und therapeutischen Perspektiven, die sich dabei zeigten, fanden u¨ber die Wissenschaft hinaus ein breites Interesse. In der ¤ffentlichkeit ist dabei teilweise der Eindruck entstanden, dass die therapeutischen Anwendungen unmittelbar bevorstu¨nden. Doch bis zur zuverla¨ssigen therapeutischen Verwertung der Forschungs* Hacker, Kupatt, Rendtorff, Voigt, Zichy.
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
ergebnisse ist noch einige Forschung notwendig. Deshalb ist einerseits die Behauptung kurzfristiger Heilungschancen kritisch zu hinterfragen. Andererseits darf aber die Tatsache, dass es bislang noch nicht zu einer Verwertung der Forschungsarbeit in therapeutische Verfahren gekommen ist, auch nicht gegen die Forschung u¨berhaupt gewendet werden. Die Entwicklung und zuku¨nftige Realisierung therapeutischer Anwendungen ist auch ku¨nftig nur in enger Bindung an die Erforschung dieser komplexen Prozesse mo¨glich. Dies gilt auch auf diesem sensiblen Gebiet der wissenschaftlichen Arbeit, welches die Forschung an fru¨hen embryonalen Zellen menschlichen Ursprungs einschließt, da nur auf diesem Weg die notwendigen Einsichten in die beteiligten molekularbiologischen Prozesse gewonnen werden ko¨nnen. Vor allem im Bereich der Erforschung humaner embryonaler Stammzellen (ES-Zellen) hat sich eine lebhafte ethische Debatte um die Gewinnung dieser Zellen angeschlossen. Zum gegenwa¨rtigen Zeitpunkt ist es unvermeidlich, dass bei der Gewinnung von humanen ES-Zellen der 4 – 5 Tage alte Embryo, dem die Zellen entnommen werden, zersto¨rt wird. Die Frage, ob und unter welchen Umsta¨nden dieses Verfahren ethisch legitim sein kann, geho¨rt zu den schwierigsten ethischen Fragen der Stammzell- und Genmedizin. Diese Frage ist in der Debatte vor allem als diejenige nach dem moralischen Status des fru¨hen menschlichen Embryos ero¨rtert worden. An diesem Status wurde festgemacht, ob die Forschung mit Embryonen prinzipiell ethisch zula¨ssig sein kann und ob u¨berhaupt eine Abwa¨gung zwischen gewichtigen Patienteninteressen, deren zuku¨nftige Erfu¨llung gegebenenfalls von dem therapeutischen Einsatz von ES-Zellen abha¨ngt, einerseits und dem moralischen Schutzanspruch von Embryonen andererseits stattfinden darf. Wissenschaftliche Entwicklung, ethische Debatte und rechtliche Regelung Um diese Forschungsverfahren und die sie begleitenden ethischen Debatten richtig einordnen zu ko¨nnen, ist es wichtig,
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sie in ihrem Kontext zu betrachten. Die Forschung und die Debatten bewegen sich nicht in einem rechtsfreien Raum, sondern sind vielmehr auf rechtliche Regelungen bezogen, vor deren Hintergrund sie erst versta¨ndlich werden. Die rechtlichen Schutzbestimmungen fu¨r den Umgang mit menschlichen Embryonen definieren folglich nicht nur die Rahmenbedingungen, unter denen die wissenschaftliche Forschung stattfindet, sondern auch die Bezugspunkte jeder ethischen Diskussion dieser Themen. Aus dem Fortschreiten der Forschung und den wachsenden Einsichten in die biologischen Prozesse kann nun allerdings die Notwendigkeit entstehen, diese neuen Einsichten in den rechtlichen Regelungen und den ethischen Debatten zu beru¨cksichtigen. Die ethischen Debatten haben dabei die wichtige Funktion, eventuell erforderliche Modifikationen der rechtlichen Regulierungen zu begleiten und zu begru¨nden. Es ist dieses dynamische Gefu¨ge von wissenschaftlicher Entwicklung, ethischer Debatte und rechtlicher Regelung, welches die ethischen Fragen im Bereich der Erforschung des menschlichen Lebens so komplex macht. Insbesondere die prinzipielle Offenheit bzw. Unabgeschlossenheit der Forschung und ihrer Folgewirkungen halten die sie begleitenden ethischen ¢berlegungen stets in Bewegung. Die ethischen Urteile und Bewertungen sollten daher fu¨r Korrekturen durch wissenschaftliche Einsichten offen bleiben. Gerade im Bereich der Stammzell- und Embryonenforschung ist im Laufe der lebendigen Debatte der vergangenen Jahre deutlich geworden, dass die entstehenden ethischen Fragen zu keiner sie abschließenden Lo¨sung gebracht werden ko¨nnen, sondern einer immer wieder neuen Abwa¨gung und Vermittlung von Einsichten und Interessen bedu¨rfen. Dies gilt umso mehr, als international unterschiedliche ethische und rechtliche Standards gelten. Davon profitieren z. B. auch deutsche Forscher, die auf humane embryonale Stammzelllinien zuru¨ckgreifen, die in anderen La¨ndern angelegt wurden, und die auf ausla¨ndische Forschungserkenntnisse Bezug nehmen, die unter weniger rigiden ethischen und rechtlichen Vorschriften zustande gekommen sind.
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
Dies alles unterstreicht die Komplexita¨t der Fragestellungen und verdeutlicht, dass alle diese ¢berlegungen gerade angesichts der offenen wissenschaftlichen und ethischen Diskussionslage weiterer tiefgehender Pru¨fung bedu¨rfen und insofern keinen abschließenden Charakter haben ko¨nnen. Die Debatte um den moralischen Status des Embryos ist genau besehen ein Teil dieses umfassenderen Prozesses, ist in ihm entstanden und verdankt diesem Zusammenhang die ihr zukommende Aufmerksamkeit. Sie hat sich aber teils gegenu¨ber diesem Prozess verselbsta¨ndigt und tritt dann mit dem Anspruch auf, diesen Prozess zu normieren. Diese Debatte und ihre Positionen sollen hier in dem Kontext betrachtet und bewertet werden, der durch den skizzierten Zusammenhang von Wissenschaft, Ethik und Recht gebildet wird. Der moralische Status des fru¨hen Embryos Bei der Frage nach dem moralischen Status des fru¨hen, d. h. bis zu 14 Tage alten Embryos, geht es darum, ob er in ethischer Hinsicht einem geborenen Menschen, dem Menschenwu¨rde und die vollen Schutzanspru¨che zukommen, gleich ist, d. h. ob ihm ebenfalls Menschenwu¨rde und die vollen Schutzanspru¨che zuzusprechen sind, oder ob bei ihm – seinem Entwicklungsstand entsprechend – eher von einem abgestuften Schutz ausgegangen werden muss. Die Frage, welcher moralische Status dem Embryo zukommt, entscheidet sich folglich erstens daran, ob dem Embryo Menschenwu¨rde zuerkannt werden muss und zweitens daran, welche Schutzanspru¨che daraus im Einzelnen erfolgen. Die Debatte hat sich auf zwei Positionen konzentriert, welche im Folgenden kurz skizziert sein sollen: Die Zuerkennung der Menschenwu¨rde fu¨r Embryonen wird in der Regel mit dem ihnen innewohnenden Potenzial, sich zu einem eigensta¨ndigen Menschen zu entwickeln, begru¨ndet. Da der Prozess der menschlichen Entwicklung von der Befruchtung bis zur Geburt so kontinuierlich verla¨uft, dass es
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keine qualitativen Einschnitte gibt, die sich mit hinreichender Sicherheit als eindeutiges Zeichen fu¨r den Beginn der Tra¨gerschaft von Menschenwu¨rde deuten lassen, erscheint jede zeitliche Grenzziehung fu¨r den Beginn der Menschenwu¨rde willku¨rlich. Insofern mu¨sste menschlichen Embryonen von Beginn an Menschenwu¨rde zuerkannt werden. Geht man davon aus, dass die Menschenwu¨rde und die vollen Schutzanspru¨che auch schon dem fru¨hen Embryo zuzuschreiben sind, dann mu¨sste die Forschung mit Embryonen verboten werden. Allerdings kann demgegenu¨ber die Frage, ob dem fru¨hen menschlichen Embryo tatsa¨chlich unter allen Umsta¨nden derselbe Schutz zuerkannt werden muss, wie er geborenen Menschen zukommt, nicht einfach als unberechtigt abgewiesen werden. Die Vorstellung eines abgestuften Schutzes von Embryonen entspricht na¨mlich sowohl einer verbreiteten moralischen Intuition als auch der derzeitigen medizinisch-wissenschaftlichen Praxis in vielen Bereichen. Man denke an den Gebrauch der Spirale und der „Pille danach“ als akzeptierte und erlaubte Verhu¨tungspraktiken, auch in Deutschland. Andernfalls wa¨ren beispielsweise auch wesentlich sta¨rkere medizinische Anstrengungen zur Vermeidung von spontanen Aborten vonno¨ten. Theoretisch bestu¨nde zuku¨nftig sogar die Pflicht, eine Keimbahntherapie bei erbkranken Embryonen anzuwenden, wenn ihr Nutzen gro¨ßer als das mit ihr verbundene Risiko wa¨re. Beides erscheint aber als kontraintuitiv. Von daher legt sich eher die Vorstellung eines der Entwicklung des Embryos entsprechenden, sukzessive wachsenden Schutzes nahe. Folgt man dieser Auffassung, dann ergibt sich, dass die Forschung mit fru¨hen Embryonen unter gewissen Bedingungen ethisch legitim sein kann. Fu¨r die hier zusammenfassend dargestellten ethischen Positionen in der Frage der Forschung mit menschlichen Embryonen ist es kennzeichnend, dass sie der dynamischen Konstellation von Forschung, Ethik und Recht in unterschiedlicher Weise begegnen. In der Forderung nach einem unbedingten Schutz des menschlichen Lebens vom Moment der Verschmelzung an
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
wird die Komplexita¨t dieses Themenfeldes auf die Frage nach dem moralischen Status des Embryos reduziert. Sie hat eine Begrenzung der wissenschaftlichen Entwicklung wie ihres Einflusses auf die ethische Debatte und rechtliche Regulierung zur Folge. Konsequenterweise muss diese Position auch eine starke Kontrolle, ein teilweises Forschungsverbot sowie die Ru¨cknahme bereits etablierter medizinischer Praktiken (z. B. IVF, Empfa¨ngnisverhu¨tung durch Spirale oder Pille) fordern. Zudem impliziert sie eine gewisse Abkapselung vom internationalen Forschungsgeschehen und seinen Errungenschaften, sofern dieses nicht den eigenen ethischen Standards entspricht. Die Position des abgestuften Schutzes ist demgegenu¨ber der wissenschaftlichen Entwicklung zugewandt und befu¨rwortet den offenen Prozess der wechselwirksamen Einflussnahme von Wissenschaft, Ethik und Recht. Sie verzichtet darauf, die Komplexita¨t der Fragestellungen zu reduzieren, womit sie ihr ethisches Urteil auch offen ha¨lt fu¨r die weitere Entwicklung der wissenschaftlichen und ethischen Diskussionslage. Herkunft der Embryonen Fu¨r die Embryonen, die in der Forschung genutzt werden, gibt es drei unterschiedliche Quellen: Erstens kann es – wie z. B. auch in Deutschland – sein, dass die bei einer ku¨nstlichen Befruchtung erzeugten Embryonen, die alle zur Implantation in eine Geba¨rmutter bestimmt waren, entgegen der urspru¨nglichen Absicht – etwa aus medizinischen Gru¨nden – nicht implantiert werden ko¨nnen, eingefroren und spa¨ter zersto¨rt werden wu¨rden, sofern sie nicht fu¨r die Forschung verwendet werden wu¨rden. Zweitens werden in einigen La¨ndern fu¨r eine ku¨nstliche Befruchtung mehr Embryonen erzeugt als spa¨ter implantiert. Dies hat den Zweck, aus den Embryonen die fu¨r die Einpflanzung am geeignetsten auszuwa¨hlen, um die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Schwangerschaft zu erho¨hen. Von den erzeugten Embryonen wu¨rden in diesem Fall also nur ein oder zwei fu¨r die Implantation ausgewa¨hlt werden,
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wa¨hrend die anderen u¨brig bleiben, ebenfalls tiefgefroren und spa¨ter zersto¨rt werden wu¨rden, sofern sie nicht fu¨r die Forschung verwendet werden wu¨rden. Neben diesen beiden Quellen fu¨r sogenannte „u¨berza¨hlige“ Embryonen ist es drittens in einigen La¨ndern mo¨glich, sogenannte „Forschungsembryonen“ herzustellen, d. h. IVF-Embryonen eigens fu¨r die Forschung zu erzeugen. Unter der Annahme eines abgestuften Wu¨rdeschutzes ist die Forschung mit diesen Embryonen unter gewissen Bedingungen ethisch zula¨ssig. Zu diesen Bedingungen za¨hlt, dass die Forschung zuna¨chst mit den u¨berza¨hligen Embryonen arbeitet. Solange es solche u¨berza¨hlige Embryonen gibt, erscheint die Erzeugung von Embryonen ausschließlich zum Zwecke der Forschung als nicht gerechtfertigt. Weiterhin mu¨ssen die „Eltern“ solcher Embryonen der Verwendung zu Forschungszwecken zustimmen. Eine zentrale Bedingung ist, dass die Forschung mit fru¨hen, d. h. maximal 14 Tage alten Embryonen arbeitet, deren Weiterentwicklung ausgeschlossen ist und auf gesicherte Weise ausgeschlossen bleibt. Die Menschenwu¨rde wa¨re in jedem Fall dann verletzt, wenn man mit ungewissem Ausgang mit Embryonen experimentieren wu¨rde und sie anschließend zu voll entwickelten Menschen heranwachsen ließe. Von daher ist ein gesetzliches Verbot der freien, uneingeschra¨nkten Embryonenforschung auch in sich schlu¨ssig. Des Weiteren ist sicherzustellen, dass die Forschung ausschließlich wichtigen, ethisch und medizinisch hochstehenden, strikt therapeutischen Zielen dient und keine unabsehbaren experimentellen Wege zur Entwicklung von Embryonen zu lebensfa¨higen menschlichen Wesen beschreitet oder ero¨ffnet. Daru¨ber hinaus ist die Forschung mit Embryonen nur dann zu rechtfertigen, wenn sie ohne Alternativen ist, d. h. wenn sie im Vergleich zu anderen, ohne Embryonen auskommende Forschungsmethoden unerla¨sslich ist, um den Weg zu den besseren therapeutischen Optionen zu erkunden. So ko¨nnte sich aus der Entwicklung von induzierten pluipotenten Stammzellen aus reifen Gewebezellen (iPS-Zellen) in Zukunft eine mo¨gliche Alternative ergeben, mit der fu¨r die Gewinnung
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
von ES-Zellen die Notwendigkeit des Embryonenverbrauchs hinfa¨llig werden ko¨nnte. Aus all dem folgen die Forderung einer a¨ußerst restriktiven und kontrollierten Forschung und die Einsetzung der entsprechenden geeigneten Kontrollorgane, um Missbrauch und Fehlverhalten auszuschließen. Weitere ethische Probleme bei der Gewinnung von humanen ES-Zellen a) Klonen Menschliche Embryonen, die in der Forschung verwendet werden, ko¨nnen nicht nur durch ku¨nstliche Befruchtung einer Ei- mit einer Samenzelle, sondern auch durch die Technik des Klonens, d. h. die Fusion einer entkernten Eizelle mit einem somatischen Zellkern, erzeugt werden. Die Erzeugung eines solchen klonierten Embryos ko¨nnte nun verschiedenen Zwecken dienen, die es strickt zu unterscheiden gilt: Das reproduktive Klonen (siehe Stufe 4) zielt darauf ab, einen Menschen zu erzeugen, dessen Genom mit dem Genom eines anderen Menschen u¨bereinstimmt. Das sogenannte therapeutische Klonen hingegen dient der Erforschung und Etablierung von neuen therapeutischen Methoden, darunter vor allem der Gewinnung von patientenspezifischen ES-Zellen. Streng genommen ist der Ausdruck „therapeutisches Klonen“ nicht ganz korrekt, da das Klonen selbst nicht therapeutisch ist und die Forschung mit geklonten Embryonen derzeit auch nicht unmittelbaren therapeutischen Zielsetzungen dient; insofern wa¨re es treffender, von Forschungsklonen zu sprechen. Werden aber die therapeutischen Zielsetzungen, um derentwillen die derzeitige Forschung an klonierten Embryonen letztlich vorgenommen wird, in den Blick genommen, so scheint der Terminus „therapeutisches Klonen“ durchaus plausibel. Ha¨lt man es fu¨r ethisch zula¨ssig, dass menschliche Embryonen fu¨r die Forschung erzeugt und verwendet werden, dann mu¨sste auch das therapeutische Klonen bzw. Forschungsklo-
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nen unter den gleichen Bedingungen fu¨r zula¨ssig erkla¨rt werden wie die Forschung an und mit IVF-Embryonen. Gegen das therapeutische Klonen spricht allerdings, dass aus der Entwicklung von induzierten pluipotenten Stammzellen aus reifen Gewebezellen (iPS-Zellen) eine mo¨gliche Alternative entstehen ko¨nnte, die ohne die Erzeugung und den Verbrauch von klonierten Embryonen auskommt. Daru¨ber hinaus kann gegen das therapeutische Klonen auch eingewendet werden, dass fu¨r jeden Patienten ein neuer Klon erzeugt werden mu¨sste, um patientenspezifische ES-Zellen zu gewinnen. Dies wu¨rde einen sehr hohen Eizellen- und Embryonenbedarf bedeuten, der schwer zu decken und ethisch kaum zu rechtfertigen wa¨re. b) Eizellenspende Fu¨r die Erzeugung von Embryonen mittels IVF oder Klonen fu¨r die Forschung oder die Therapie bedarf es menschlicher Eizellen. Insofern la¨sst sich die Frage der Forschung mit Embryonen nicht unabha¨ngig vom Problem der Eizellspende behandeln. International wird diese Problematik im Hinblick auf ihre ethischen Implikationen intensiv diskutiert. Um eine Eizellspende durchzufu¨hren, mu¨ssen sich Frauen – wie bei Unfruchtbarkeitsbehandlungen – einer Hormonbehandlung unterziehen, mit der eine gleichzeitige Reifung mehrerer Eizellen (Superovulation) ausgelo¨st wird, die der Frau dann entnommen werden. Zu bedenken ist, dass es sich hierbei um einen schmerzhaften und auch risikobehafteten Eingriff handelt, der durch keinen medizinischen Nutzen bei der Frau selbst aufgewogen wird. Gegen die Eizellspende spricht auch die Befu¨rchtung, dass ihre rechtliche Zula¨ssigkeit bestimmte Formen der Ausbeutung von Frauen nach sich ziehen bzw. begu¨nstigen ko¨nnte. In diesem Zusammenhang spielt fu¨r viele Kritiker der Eizellspende eine Rolle, dass vom su¨dkoreanischen Klonforscher Hwang Mitarbeiterinnen geno¨tigt wurden, Eizellen fu¨r die Forschung zur Verfu¨gung zu stellen. Gleichwohl ko¨nnte, wie auch die Zentrale Ethikkommission der Bundesa¨rztekammer in Deutschland betont, eine freiwillige Eizell-
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spende fu¨r die Forschung durchaus im Ermessen der selbstbewussten Entscheidung einer Frau liegen. Fraglich ist daran allerdings, ob sich dadurch der wahrscheinlich hohe Bedarf an Eizellen decken ließe. In Deutschland ist derzeit aber eine freiwillige Eizellspende zur Herstellung von Embryonen fu¨r wissenschaftliche Zwecke durch das Embryonenschutzgesetz verboten. c) Chima¨ren und Hybriden Es ist vor allem die Knappheit menschlicher Eizellen, die die Verwendung tierischer Eizellen fu¨r die Produktion von Mensch-Tier-Embryonen, d. h. Hybrid-Embryonen – fa¨lschlicherweise oft auch als Chima¨ren bezeichnet –, fu¨r die Forschung attraktiv erscheinen la¨sst. Unter Chima¨ren werden Lebewesen, die aus genetisch verschiedenen Geweben zusammengesetzt sind, verstanden. Streng genommen handelt es sich bereits bei Individuen nach einer Organtransplantation um Chima¨ren. In der Forschung wird sehr erfolgreich mit sogenannten „humanisierten“ Tiermodellen, d. h. Tieren, die in geringen Teilen menschliches Gewebe enthalten, gearbeitet. Bei Hybriden handelt es sich demgegenu¨ber streng genommen um erbgleiche Zellen oder Nachkommen von genetisch unterschiedlichen Eltern. Im Kontext der Stammzellforschung werden unter Hybriden bzw. – wie sie neuerdings auch genannt werden – Cybriden Misch-Embryonen verstanden, die mit Hilfe tierischer Eizellen und menschlicher Zellkerne gewonnen werden. Beispielsweise sind Untersuchungen bekannt, bei denen Eizellen von Tieren (Kaninchen, Rind) entkernt werden und ein menschlicher Zellkern in diese Eizellen transferiert wird. Da ein solcher Embryo zu u¨ber 99 % menschlich ist, ko¨nnten sich von ihm, so die ¢berlegung, fu¨r die Forschung quasi-menschliche ES-Zellen ableiten lassen. Allerdings spricht gerade vor dem Hintergrund der neueren Entwicklungen bezu¨glich der Reprogrammierung (iPS-Zellen) wenig fu¨r den Einsatz dieser Technik.
Keimbahneingriff in therapeutischer Absicht
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Keimbahneingriff in therapeutischer Absicht (Keimbahntherapie) Unter Keimbahntherapie versteht man alle Verfahren, die einer permanenten Vera¨nderung des Erbguts von Keimzellen oder ihrer Vorla¨ufer dienen und in therapeutischer Absicht erfolgen. Damit werden die Vera¨nderungen des Erbguts auf alle nachfolgenden Generationen u¨bertragen. Die entsprechende genetische Vera¨nderung findet sich dann nicht nur in den somatischen Zellen, sondern auch in den Zellen der Keimbahn. Der Unterschied zur somatischen Gentherapie liegt darin, dass diese allein an Ko¨rperzellen ansetzt und daher auf das behandelte Individuum beschra¨nkt bleibt, wa¨hrend die genetische Vera¨nderung der Keimbahn an die Nachkommen vererbt wird. Die Technik, die hier zum Einsatz ka¨me, ist bei der Herstellung transgener Ma¨use seit Beginn der 1970er Jahre verwandt worden. Dabei wird die genetische Information, die zur Gen-Korrektur fu¨hrt, in den Zellkern der befruchteten Eizelle injiziert. Integriert die DNA an der gewu¨nschten Stelle, wird die Zelle in einen pseudotra¨chtig vorbereiteten Empfa¨ngerorganismus implantiert. Das Einu¨ben der Injektion von DNA in die Eizelle zum Zweck des gentherapeutischen Eingriffs wu¨rde in der Anfangsphase wohl mindestens einige hundert Eizellen erfordern. Es mu¨ssten sich also viele Frauen fu¨r eine Eizellspende zur Verfu¨gung stellen. Die Erfolgsquote mu¨sste schließlich so hoch sein, dass man mit vier bis sechs Eizellen auskommt, die beim Menschen durch eine einmalige Superovulation zu erhalten sind, es sei denn, man wu¨rde die Superovulation mehrere Male hintereinander vornehmen und die Embryonen zwischenzeitlich einfrieren, was schon wegen der hohen hormonellen Belastung fu¨r die Frau als nicht durchfu¨hrbar erscheint. Davon abgesehen, dass die Manipulation befruchteter Eizellen bzw. von Eizellen, die noch befruchtet und einer Frau eingepflanzt werden sollen, gegen in Deutschland geltendes Recht verstoßen wu¨rde, ist bei einem Keimbahneingriff bislang nicht steuerbar, wie viele Kopien des neuen Genes wirklich in das Erbgut gelangen und an welchen Stellen sie integriert werden. Die therapeutischen DNA-Kopien ko¨nnten sich damit an zufa¨llige Stellen
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setzen (unspezifische Integration) und so andere wichtige Gene, z. B. der Zellzykluskontrolle, zersto¨ren oder aktivieren. Dies ko¨nnte bei der Anwendung dieses Verfahrens an befruchteten menschlichen Eizellen zu unabsehbaren Folgen fu¨r die daraus heranwachsenden Menschen und gegebenenfalls ihre Nachkommen fu¨hren. Auch die Aktivita¨t der integrierten Gene ist momentan im Kontext der neuen genomischen Umgebung letztlich nicht steuerbar. Daru¨ber hinaus wa¨re es mo¨glich, menschliche ES-Zellen aus fru¨hen Embryonalstadien fu¨r die Keimbahntherapie zu verwenden. Der gentechnische Eingriff wu¨rde an diesen Stammzellen durchgefu¨hrt werden, die dann dem fru¨hen Embryonalstadium (Blastozyste) wieder zugefu¨hrt werden wu¨rden. Dort vermehren sich die gentechnisch vera¨nderten und die unbehandelten Zellen, so dass ein Chima¨rismus entstu¨nde. Erst durch Ru¨ckkreuzung derjenigen Individuen, in denen die gentechnisch vera¨nderten Stammzellen die Keimbahn bilden, lassen sich aus solchen Organismen reinerbige Individuen erzeugen. Dies wu¨rde die Zu¨chtung von Menschen implizieren. In Abha¨ngigkeit davon, ob u¨berhaupt die Keimzellen dieser ersten Generation zu den genetisch vera¨nderten Zellen geho¨ren, wu¨rde der Eingriff also fru¨hestens in der zweiten Nachkommengeneration und auch nur bei einem Teil der Nachkommen voll wirksam werden. Ein solcher Eingriff u¨berschreitet die spezifische therapeutische Verantwortung fu¨r den individuellen Patienten. Zu beachten ist zudem, dass das Etablieren menschlicher ESZellen aus fru¨hen Embryonalstadien aufgrund des Embryonenschutzgesetzes hierzulande verboten ist. Allerdings ist in anderen La¨ndern die Forschung an Embryonen erlaubt und seit 1998 sind Techniken zur Etablierung menschlicher ES-Zellen verfu¨gbar. Es wu¨rden sich aber fu¨r eine Nutzung von ES-Zellen fu¨r gentechnische Eingriffe in die Keimbahn technische Hindernisse ergeben. Die ES-Zellen mu¨ssten na¨mlich fu¨r jedes zu behandelnde Individuum neu angelegt werden. All diese Hu¨rden lassen die Verwendung von menschlichen ES-Zellen zur Etablierung einer Keimbahntherapie als wenig sinnvoll erscheinen. Sollten dennoch derartige Verfahren zur Keimbahntherapie beim Menschen zur Anwendung kommen, so wa¨re an folgende Fa¨lle zu denken:
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BRCA1 Eine pra¨ventive somatische Gentherapie mit intaktem BRCA1-Gen ko¨nnte theoretisch bei Frauen mit mutiertem Gen das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, vermindern. Schlu¨ssiger wa¨re im Prinzip aber eine Therapie, die bereits auf der Ebene der Keimbahn einsetzte: Sie wa¨re effektiver, da die Schwierigkeit, sa¨mtliche Zellen des Brustgewebes zu erreichen, wegfiele. Cystische Fibrose Die Cystische Fibrose ist mit einer Ha¨ufigkeit von einem Krankheitsfall unter 2000 Neugeborenen die ha¨ufigste Erbkrankheit. Da es sich um eine rezessive Erkrankung handelt, sind von ihr Personen betroffen, die genetische Fehler in beiden Genkopien haben. Sind beide Elternteile Tra¨ger einer defekten Genkopie, so sind sie selbst gesund, haben aber ein Risiko von 25 Prozent, ein krankes Kind zu bekommen. Um dieses Risiko zu eliminieren, ko¨nnte eine genetische Korrektur durch Einfu¨gen einer intakten Genkopie mit den beschriebenen Methoden zur Vera¨nderung der Keimbahn vorgenommen werden. Chorea Huntington Bei der Chorea Huntington (Veitstanz) handelt es sich um eine degenerative Erkrankung des Gehirns, die meist zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr ausbricht und sich zuna¨chst mit Bewegungssto¨rungen und spa¨ter mit zunehmender Demenz a¨ußert. Die Erkrankung wird dominant vererbt, d. h. bereits eine mutierte Genkopie fu¨hrt zum Ausbruch der Erkrankung. Da das Gehirn einer somatischen Gentherapie schwer zuga¨nglich ist, ansonsten aber derzeit keinerlei Therapie zur Verfu¨gung steht, ko¨nnte eine Korrektur des fehlerhaften Gens auf der Ebene der Keimbahn als therapeutische Option in Betracht gezogen werden. Allerdings erga¨be sich wiederum die Schwierigkeit, dass die defekte Genkopie eliminiert und durch eine intakte ersetzt werden mu¨sste. Nur eine zusa¨tzliche intakte Genkopie einzufu¨hren, wa¨re nicht ausreichend, um den Ausbruch der Krankheit zu vermeiden.
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
Therapeutisches Klonen ES-Zellen haben im Unterschied zu adulten Stammzellen das Entwicklungspotenzial, sich in Zellen aller drei Keimbla¨tter (Endoderm, Mesoderm, Ektoderm) zu entwickeln. Werden ES-Zellen ohne weitere Aufreinigung in Empfa¨ngerorganismen transplantiert, so bilden sie in u¨ber 90 % der Transplantationen Teratome, d. h. Tumore, die Zellen aller drei Keimbla¨tter enthalten. Daher spielt fu¨r den therapeutischen Einsatz die Aufreinigung zu praktisch vollsta¨ndiger Reinheit einer differenzierten Zellpopulation eine herausragende Rolle. Selbst fu¨r den Fall der Verfu¨gbarkeit einer hochreinen differenzierten Zellpopulation ist die Anwendung am Menschen durch die notwendige Immunsuppression erschwert. Darauf weisen die Erfahrungen mit z. B. der Transplantation von Inselzellen aus der Bauchspeicheldru¨se hin, die zwar eine voru¨bergehende Funktion zeigen, aber wesentlich fru¨her absterben als die Inselzellen bei Transplantation der gesamten Bauchspeicheldru¨se. Andererseits ist verschiedentlich die tatsa¨chliche Gewebsregeneration von differenziertem Gewebe nur nach embryonaler Stammzelltransplantation nachgewiesen worden, z. B. in Herzinfarktmodellen. Insofern stellen ES-Zellen ein wissenschaftlich sehr wichtiges Instrument zur ¢berpru¨fung der Wirksamkeit regenerativer Therapien dar. Fu¨r die Anwendung am Menschen ist neben der Sicherheit, d. h. vor allem der Ausschluss von Teratomen, auch die immunologische Kompatibilita¨t von gro¨ßter Bedeutung. Um diese zu erreichen, mu¨sste die Technik des therapeutischen Klonens angewandt werden: die Entkernung einer Eizellen und der Ersatz des Eizellkerns durch einen adulten Zellkern (SCNT – Somatic Cell Nuclear Transfer). Mit dieser Technik wurde im Februar 1997 von einer schottischen Forschergruppe um Ian Wilmut nach mehr als 200 Versuchen das Schaf „Dolly“ geklont. Dazu fusionierten die schottischen Forscher eine (in Kultur durch Entzug von Na¨hrstoffen in einen bestimmten Ruhezustand gebrachte) Euterzelle eines erwachsenen Schafs durch Elektrofusion mit einer zuvor entkernten Eizelle eines anderen Schafes. Die so behandelte Eizelle wurde
Therapeutisches Klonen
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in die Geba¨rmutter eines dritten, hormonell entsprechend vorbehandelten Schafes eingesetzt und entwickelte sich zu einem voll ausgebildeten, lebensfa¨higen Organismus. 2008 gelang es einer Forschergruppe um Andrew French zum ersten Mal, nach der Dolly-Methode menschliche embryonale
Abb. 8: Somatic Cell Nuclear Transfer (SCNT) bei einer Mauszelle. Die rechten Bilder zeigen die Entnahme des urspru¨nglichen Zellkerns aus der Eizelle, die Bilder links die Einsetzung des neuen, adulten Zellkerns in die Eizelle.* * Das Bild wurde dankenswerterweise zur Verfu¨gung gestellt von Michele Boiani vom Max-Planck-Institut fu¨r Molekulare Biomedizin in Mu¨nster.
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
Zellen zu klonen. Dazu wurde einer entkernten menschlichen Eizelle der Zellkern einer adulten Zelle des Bindegewebes (Fibroblast) eingesetzt. Die derart „befruchtete“ Eizelle entwickelte sich in vitro bis zum Blastozystenstadium. Nach neueren Untersuchungen ist diese Technik nicht nur – wie bei Dolly – dazu geeignet, den erwachsenen Organismus ausreifen zu lassen (vgl. Stufe 4, reproduktives Klonen), sondern auch dazu, ES-Zellen zu gewinnen, die neben ihrer Pluripotenz auch eine immunologische ¢bereinstimmung mit dem ZellkernSpender aufweisen. Die Forscher um French waren bei dem Versuch, aus der geklonten Blastozyste ES-Zellen abzuleiten, allerdings nicht erfolgreich. Sollte dies aber eines Tages doch
Abb. 9: Therapeutisches Klonen.
Ethische Abwa¨gungen zur Stufe 3
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gelingen, so ko¨nnte auf diese Weise Zellmaterial einer bestimmten Organ- oder Funktionsspezifita¨t gewonnen, vermehrt und transplantiert werden, das auf einen Patienten zugeschnitten ist. Gleichzeitig ko¨nnten patienten-spezifische pluripotente ES-Zellen gelagert werden, um bei akuten Bedarfssituationen rasch verfu¨gbar zu sein. Dazu werden in Kultur gehaltene ES-Zellen durch Weiterbehandlung mit dem geeigneten Wachstumsfaktor-Cocktail zu Zellen des erkrankten Organs weiterdifferenziert, wodurch sie ihre Stammzelleigenschaften (Proliferation, Pluripotenz) verlieren. Die embryonalen organspezifischen Zellen werden dann, so das Konzept, in das erkrankte Organ eingebracht und ersetzen an Ort und Stelle die erkrankten oder abgestorbenen Zellen. Dieses Konzept der regenerativen Medizin ist experimentell bereits erfolgreich angewandt worden. Allerdings sind fu¨r den Menschen die Probleme der Zellreinheit (mit der Gefahr der Entstehung von Teratomen aus ES-Zellen) sowie der Immunkompatibilita¨t (z. B. durch erfolgreiches therapeutisches Klonen) nicht gelo¨st. Im Zusammenhang mit der SCNT-Technik ist zu erwa¨hnen, dass durch die neuen Arbeiten zur Reprogrammierung von Ko¨rperzellen zu induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) die Notwendigkeit entfallen ko¨nnte, fu¨r therapeutische Zwecke einen Kerntransfer vorzunehmen. Zur Anwendung ko¨nnte das therapeutische Klonen im Prinzip u¨berall dort kommen, wo Zelltherapie zur Krankheitsbehandlung herangezogen wird.
Ethische Abwa¨gungen zur Stufe 3 Keimbahntherapie: Medizinische und ethische Abwa¨gung Die Keimbahntherapie stellt vor zwei unterschiedliche, wenn auch zusammenha¨ngende Problemkomplexe: Zum einen no¨tigt der experimentelle Weg der Forschung zu der Frage, ob die ¢bertragung des bei Tieren etablierten Keimbahn-Eingriffs auf den Menschen u¨berhaupt wissenschaftlich verantwortet, ethisch legitimiert und rechtlich zula¨ssig sein kann. Zum anderen wa¨re die Anwendung einer am Menschen einsetzbaren Keimbahntherapie
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
darauf zu befragen, welchen spezifischen therapeutischen Zielen sie zu dienen vermo¨chte. Erforschung der Keimbahntherapie In Deutschland ist die Erforschung und Entwicklung der Keimbahntherapie nicht mo¨glich, weil durch das Embryonenschutzgesetz sowohl die dazu notwendige Forschung mit Embryonen als auch die genetische Vera¨nderung von menschlichen Keimbahnzellen untersagt ist. Doch selbst wenn die Forschung mit Embryonen ethisch zu rechtfertigen und rechtlich zula¨ssig wa¨re, tra¨te ein weiteres gravierendes Problem auf: Um die Keimbahntherapie beim Menschen zu etablieren, wa¨ren nach den entsprechenden Versuchsreihen bei Tieren und fru¨hen Embryonen auch Studien mit Menschen notwendig. D.h. genetisch vera¨nderte Embryonen mu¨ssten – zu Studienzwecken – einer Geba¨rmutter eingepflanzt und ausgetragen werden. Nun ist es aber selbst bei etablierten Verfahren an Tieren nicht mo¨glich, die genetische Vera¨nderung mit 100 % Sicherheit an der richtigen Stelle vorzunehmen. Werden die neuen Gene an einer „falschen“ Stelle wirksam, so kann dies systemische Auswirkungen haben; der Gesamtorganismus kann zugrunde gehen oder schwere Scha¨digungen erleiden. Medizinische Studien durchzufu¨hren, die mit einem derartigen Risiko behaftet sind, verbieten sowohl das a¨rztliche Berufsethos als auch das Prinzip der Menschenwu¨rde. Anwendung der Keimbahntherapie Unter der hypothetischen Annahme einer erfolgreichen Entwicklung der Keimbahntherapie fu¨r den Menschen wu¨rde die Keimbahntherapie die gentherapeutische Methode mit der gro¨ßten Eingriffstiefe darstellen, die noch Krankheitsbezug aufweist. Sie geht potentiell u¨ber ein konkretes Individuum hinaus, da sie sich auf sa¨mtliche Nachkommen eines Menschen erstrecken kann. Die Heilung des Gendefekts im Sinn einer Therapie der Erbkrankheit fu¨r alle Nachkommen eines erkrankten Individuums wa¨re die Folge. Die a¨rztliche Risikoabscha¨tzung wu¨rde die Keimbahnmanipulation dennoch nicht empfehlen, da die Insertion des Korrekturstu¨cks-DNA in den Zellkern nicht exakt dirigiert werden kann. Eine
Ethische Abwa¨gungen zur Stufe 3
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unkontrollierte Insertion in das Genom ko¨nnte den Informationsgehalt des DNA-Stu¨cks mo¨glicherweise so vera¨ndern, dass sich kein therapeutischer Effekt zeigt oder im schlechtesten Fall eine genetische Fehlinsertion sogar zum Ausbruch anderer Krankheiten Anlass geben kann. Diese Konsequenzen wu¨rden dem Nichtschadensprinzip entgegenstehen. Daru¨ber hinaus ist die Keimbahntherapie – ausgehend von heutigen Erfahrungen an Tiermodellen – nicht 100 % effektiv. Nur ein gewisser Prozentsatz der Embryonen wird im geplanten Sinn vera¨ndert, wa¨hrend die anderen behandelten Embryonen nicht oder nur unzureichend vera¨ndert werden. Um eine effektive Genkorrektur durchzufu¨hren und nicht zufa¨llig unvera¨nderte bzw. unvollsta¨ndig vera¨nderte Embryonen einzusetzen, mu¨ssten unter einer Reihe von genetisch vera¨nderten Embryonen die genetisch korrigierten herausgesucht werden. Dazu wa¨re der Einsatz der Pra¨implantationsdiagnostik notwendig, mit der es mo¨glich ist, gesunde von genetisch gescha¨digten Embryonen zu unterscheiden. Pra¨implantationsdiagnostik als Notwendigkeit und Alternative zur Keimbahntherapie Derzeit ist unter Juristen umstritten, ob die Pra¨implantationsdiagnostik in Deutschland mit dem Embryonenschutzgesetz rechtlich vereinbar ist, da sie zum Nicht-Implantieren von Embryonen fu¨hren kann, die zur Implantation bestimmt waren. In dem spekulativen Fall der Mo¨glichkeit einer gesetzeskonformen Keimbahntherapie mu¨sste sich zugleich der rechtliche Status der Pra¨implantationsdiagnostik a¨ndern, denn sie wa¨re zur ¢berpru¨fung des Erfolges des Keimbahneingriffs notwendig. Andererseits wa¨re aber die Pra¨implantationsdiagnostik allein in der Mehrzahl der Fa¨lle, fu¨r die eine Keimbahntherapie gefordert wu¨rde, bereits fu¨r sich genommen eine Alternative. Denn sie versetzt – zumindest dann, wenn fu¨r ein Paar u¨berhaupt die Mo¨glichkeit besteht, gesunde Nachkommen zu haben – in die Lage, zwischen von dem genetischen Defekt betroffenen und gesunden Embryonen zu unterscheiden. Die Pra¨implantationsdiagnostik unterscheidet sich von der Keimbahntherapie allerdings in zwei Punkten. Die Pra¨implantationsdiagnostik greift nicht in das Genom ein, sondern dient le-
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
diglich zur Analyse des genetischen Status des Embryos und ist daher der schonendere Eingriff. Sie ist deshalb keine Therapie, denn die Therapie zielt darauf, einen Gendefekt zu heilen, wa¨hrend die Diagnostik dazu fu¨hren kann, dass der erbkranke Embryo nicht implantiert wird. Die Beschra¨nkung auf die Pra¨implantationsdiagnostik wa¨re aus heutiger Sicht der risikoa¨rmere Eingriff und damit der Keimbahntherapie vorzuziehen, zumal eine Keimbahntherapie derzeit zwingend ebenfalls eine Pra¨implantationsdiagnostik erfordern wu¨rde. Allerdings ist die Pra¨implantationsdiagnostik ohne Keimbahntherapie nur sinnvoll, sofern grundsa¨tzlich Aussicht auf gesunde Nachkommen besteht. Diese Beschra¨nkung gilt nicht fu¨r die Keimbahntherapie. Wa¨re die Keimbahntherapie eines Tages in Bezug auf die Erfolgsquote anderer herko¨mmlicher Therapien eine a¨hnlich effiziente und sichere Behandlungsmethode, so ko¨nnte sie deshalb theoretisch vorzuziehen sein. Beim heutigen Stand der Wissenschaft birgt sie jedoch das Risiko einer unspezifischen Integration des therapeutischen Genmaterials in das Erbgut und damit neuer genetischer Scha¨digungen. Fazit Auf Grund der geschilderten Sachlage sind die therapeutischen Rechtfertigungen fu¨r eine Keimbahntherapie nach gegenwa¨rtigem Wissensstand so spezieller und angesichts von Handlungsalternativen (z. B. Pra¨implantationsdiagnostik) so begrenzter Natur, dass sie nicht als Argument fu¨r eine Legitimation von Eingriffen in die Keimbahn dienen ko¨nnen. Vielmehr legt das gegenwa¨rtig verfu¨gbare Wissen um die Komplexita¨t des menschlichen Genoms nahe, von einer Freigabe von Eingriffen in die Keimbahn bewusst Abstand zu nehmen. In dem Konflikt zwischen wu¨nschenswerten therapeutischen Eingriffen und unbekannten, unabsehbaren Risiken solcher Eingriffe liegen die gro¨ßeren Gewichte auf der Seite der nicht zureichend zu verantwortenden Risiken. Ob das fu¨r alle Zukunft gelten muss, la¨sst sich gegenwa¨rtig jedoch nicht feststellen. Darum geho¨rt es zur Verantwortung der Wissenschaft, gegenu¨ber dem Druck von Therapieerwartungen Raum und Zeit fu¨r ethisch verantwortbare wissenschaftliche Forschung offenzuhalten.
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Therapeutisches Klonen: Medizinische und ethische Abwa¨gung Das Verfahren des sogenannten therapeutischen Klonens verspricht die Erweiterung des medizinischen Instrumentariums an Stellen, an denen die derzeitigen Therapien durch Medikamente, interventionelle oder operative Maßnahmen an ihre Grenzen stoßen. Beispiele wie Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus und Morbus Parkinson zeigen, dass die Zahl der Patienten, denen mit herko¨mmlichen Optionen nicht dauerhaft befriedigend geholfen werden kann, groß ist und in manchen Feldern sogar ansteigt. Insofern ist eine Population mit einer a¨rztlichen Indikation vorhanden und im Wachsen begriffen. Die Quellen fu¨r eine derartige therapeutische Verfahrensweise, die eine nennenswerte Gro¨ßenordnung erreichen soll, sind allerdings derzeit nicht ausreichend gesichert. Eine Embryonenproduktion ausschließlich zum Zweck des therapeutischen Klonens sowie der Import von Vorkern-Embryonen scheitern daru¨ber hinaus am gu¨ltigen Embryonenschutzgesetz. Unter den oben erwa¨hnten, derzeit hypothetischen Bedingungen der Zula¨ssigkeit der Manipulation von befruchteten Eizellen und der erfolgreichen Differenzierung von hochreinen, funktionstu¨chtigen Zellen fu¨r behandlungsbedu¨rftige Ko¨rperorgane (z. B. Pankreas, Herz, Leber, Nieren, Zentralnervensystem) mu¨ssten folgende Implikationen bejaht werden und folgende Bedingungen gegeben sein, um das Verfahren des therapeutischen Klonens zu legitimieren: Erstens setzte das Verfahren Forschung mit Embryonen voraus. Dies bedeutete, dass zweitens vor dem Einsatz des therapeutischen Klonens alle Alternativen zur Forschung mit Embryonen (adulte Stammzellen, iPS-Zellen) ausgescho¨pft werden mu¨ssten. Drittens setzte das Verfahren die Spende und den Verbrauch von Eizellen voraus. Viertens mu¨sste die Funktionalita¨t dergestalt gewonnener differenzierter Organzellen im Langzeitmodell nachweisbar sein. Viele heutige Nachweise u¨ber biochemische oder immunhistochemische Nachweise sind nicht ausreichend. Fu¨nftens mu¨sste die Integration der aus ES-Zellen differenzierten Organzellen in den Zellverband der gescha¨digten, behandlungsbedu¨rftigen Zellen nachweisbar sein. Dieser Beweis fehlt heute bei vielen Formen der Regenerativen Medizin, wodurch das formale Kriterium der Regeneration nicht erfu¨llt ist. Und sechstens wa¨re durch Kontrollinstan-
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Stufe 3: Keimbahntherapie und therapeutisches Klonen
zen sicherzustellen, dass das zum Zweck des therapeutischen Klonens hergestellte Zellmaterial ausschließlich seiner Bestimmung zugefu¨hrt wird und nicht fu¨r reproduktives Klonen verwendet wird. Fazit Aus diesen Gru¨nden erscheint in na¨herer Zukunft das Verfahren des therapeutischen Klonens auf dem Hintergrund der eingangs genannten Kriterien als nicht rechtfertigbar, wobei erneut die Gegenargumente prozeduraler Art bei der Herstellung und Applikation des Zellmaterials u¨berwiegen. Wa¨ren diese Argumente durch methodische Neuerungen u¨berwindbar, so wu¨rde ein medizinisches Interesse an der Behandlung von no-option-Patienten bestehen und den Gebrauch derart gewonnenen Zellmaterials rechtfertigen. Allerdings zeigt eine Fu¨lle experimenteller Evidenzen, dass ein Nutzen der Zelltherapie bereits weit unterhalb der hier geforderten Schwelle (der nachweislichen Integration funktionstu¨chtiger embryonaler Zellen in das gescha¨digte Organ) stattfindet. Insofern besteht aktuell Grund zur Annahme eines Nutzens der Zelltherapie ohne die Inanspruchnahme des Verfahrens des therapeutischen Klonens.
Thesen zu Stufe 3 Bei den unter Stufe 3 vorgestellten biomedizinischen Verfahren handelt es sich um hypothetische Lo¨sungsvorschla¨ge, die sich aus dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Verfahren nur spekulativ ableiten lassen. Es ist jedoch notwendig, diese mo¨glichen Verfahren schon jetzt zu antizipieren und ethisch zu bewerten. Kennzeichen sowohl der Keimbahntherapie als auch des therapeutischen Klonens ist, dass beide Verfahren mit massiven rechtlichen und ethischen Konflikten im Zusammenhang stehen, da sie a) die Spende von Eizellen voraussetzen, b) die Forschung mit Embryonen zur Etablierung der Verfahren voraussetzen, und c) fu¨r den Eingriff selbst Embryonen zersto¨rt (bei der Gewinnung von autologen ES-Zellen) oder aber selektiert werden mu¨ssen (bei der Keimbahntherapie; zudem ist anzunehmen, dass die nicht eingepflanzten Embryonen auch zersto¨rt werden).
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Daru¨ber hinaus sind beide Verfahren mit derzeit unverantwortbaren Risiken behaftet. Bei der Keimbahntherapie wird nicht nur das Genom eines sich entwickelnden Menschen, sondern auch das Genom der Nachkommen vera¨ndert. Auswirkungen, die eine mo¨gliche Keimbahntherapie auf die Struktur des Genoms sowie die Aktivita¨t von Genen hat, lassen sich nicht vorhersagen. ¥hnliches gilt auch fu¨r das therapeutische Klonen: Das Verhalten der klonierten menschlichen Zellen im Kontext eines Patientenorganismus ist nicht vorherzusagen. Insgesamt betrachtet sind sowohl die Keimbahntherapie als auch das therapeutische Klonen aus den angefu¨hrten Gru¨nden gegenwa¨rtig weder medizinisch sinnvoll noch ethisch zu rechtfertigen.
Stufe 4: Enhancement * Stufe 2 – Ethisch und medizinisch nicht verantwortbar Nicht-therapeutischer Eingriff in die Keimbahn oder reproduktives Klonen
Unvertretbar hohes Risiko Irreversibilita¨t des Eingriffs Proliferation der vera¨nderten Zellen Schwere ethische und rechtliche Konflikte (Keimbahneingriff, Embryo, Eizellen, Klonen) Kein Krankheitsbezug und keine medizinische Indikation gegeben
Wa¨hrend bei den Eingriffen der Stufe 3 die Manipulation von Embryonen aus Gru¨nden der Krankheitskorrektur erfolgt, wird sie bei den Eingriffen der Stufe 4 zur Erzeugung von Menschen mit bestimmten erwu¨nschten – „verbesserten“ – ko¨rperlichen, kognitiven oder emotiven Eigenschaften (Enhancement) vorgenommen. Damit ist die Grenze der medizinischen Indikation u¨berschritten. Wiederum lassen sich die methodischen Vorgehensweisen in gen- oder zelltechnologische Ansa¨tze trennen. Erstere umfassen die Techniken der embryonalen Gentherapie (siehe Stufe 3), letztere das reproduktive Klonen. Die – zeitweise u¨berhitzten – Diskussionen der ersten Jahre um die Gen- und Stammzellmedizin waren in der ¤ffentlichkeit vor allem durch diese weitreichenden, den Genpool der Menschheit vera¨ndernden Eingriffe bestimmt, die damals fu¨r die na¨here Zukunft erwartet wurden und daher mit großem Ernst und Leidenschaft debattiert wurden. Mit diesen Eingriffen schien der Mensch zum „Designer“ seinesgleichen, zum Herrn u¨ber die ku¨nftige Evolution der Menschheit werden zu ko¨nnen. Mit zunehmendem Wissen um die involvierten Prozesse und die erforderlichen Techniken auch im Zuge einer sta¨rkeren Anwendungsorientierung stellten sich diese Vorstellungen als unrealistisch und u¨berzogen heraus; in der gegenwa¨rtigen Einscha¨tzung dieser Technologien spielen sie daher kaum mehr eine Rolle. Gleichwohl sind diese * Hacker, Kupatt, Zichy.
Keimbahneingriff in verbessernder Absicht
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Themen weiterhin virulent. Sie haben sich von der Genmedizin zuna¨chst auf die Stammzellmedizin verlagert und scheinen sich nun zumindest teilweise wieder versta¨rkt auf die Pharmakologie zu konzentrieren. Sie ko¨nnen aber mit dem weiteren medizinischen Fortschritt in der Gen- oder Stammzellmedizin jederzeit wieder aktuell werden. Auch wenn die im Folgenden vorgestellten – und stets im Konjunktiv gehaltenen – Extrapolationen in Bezug auf die Gen- und Stammzelltechnologie gegenwa¨rtig als u¨bertrieben erscheinen mo¨gen, ist es durchaus sinnvoll, sie zu beschreiben und zu bewerten. Im Gegensatz zur Vorstudie „Gentechnik: Eingriffe am Menschen“, die diesen Extrapolationen viel Raum geben musste und deren ethische Bewertung nach wie vor gu¨ltig ist, werden sie hier nur aber knapp behandelt.
Keimbahneingriff in verbessernder Absicht (genomisches Enhancement) Unter genomischem Enhancement versteht man Eingriffe in die Keimbahn, die einer permanenten Vera¨nderung der Keimzelle dienen, die aber nicht in therapeutischer, sondern in verbessernder Absicht erfolgen. Die Verbesserungen ko¨nnten dabei unterschiedliche Zielsetzungen haben. Die folgenden denkbaren und in der Vergangenheit diskutierten Mo¨glichkeiten sind in einer Stufenfolge aufgefu¨hrt, die hinsichtlich der Zielsetzung u¨ber zuna¨chst relativ plausible Ziele zu problematischen bis grotesken Zielen hin eskaliert. Keimbahneingriff zur Erzeugung von Krankheitsresistenzen Nach heutigem Erkenntnisstand gibt es genetische Resistenzmechanismen, die bestimmte Menschen oder Tierarten weniger anfa¨llig beispielsweise fu¨r eine Viruserkrankung machen. Ein gentechnischer Eingriff in die Keimbahn ko¨nnte daher zum Ziel haben, ein solches Resistenzgen zur Krankheitspra¨vention in das Erbgut zuku¨nftiger Menschen einzufu¨hren. Ein Beispiel hierfu¨r wa¨ren Resistenzen gegen das Grippevirus. Allja¨hrlich entstehen neue Varianten von Grippe- (Influenza-) Viren. Diese ko¨nnen z. B. bei immungeschwa¨chten Patienten zum Tode fu¨hren. Ma¨use
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Stufe 4: Enhancement
haben das Mx1-Gen, das ihnen eine Resistenz gegen diese Viren verleiht. Zwar existiert ein a¨hnliches Gen (MxA-Gen) auch beim Menschen, doch konnte dessen Wirkung gegen Influenzaviren bislang nur in Zellkulturen oder transgenen Ma¨usen, denen das Gen eingefu¨gt wurde, nachgewiesen werden. Dass es beim Menschen selbst auch diese Wirkung hat, ist nach neueren Erkenntnissen eher unwahrscheinlich. Da die verfu¨gbaren herko¨mmlichen Impfmethoden gegen Grippeviren nicht sehr effektiv sind und jedes Jahr neue Impfstoffe hergestellt werden mu¨ssen, ko¨nnte man in Erwa¨gung ziehen, das Gen der Maus durch Keimbahneingriff auf den Menschen zu u¨bertragen, um einen umfassenden Grippeschutz zu erreichen. Eine a¨hnliche Maßnahme wa¨re auch gegen Aids denkbar: Es wird immer wieder u¨ber Fa¨lle berichtet, bei denen Personen selbst nach u¨ber zehnja¨hriger HIV-Infektion noch nicht an Aids erkrankt sind. Experten streiten noch daru¨ber, ob diese Personen mit einer weniger pathogenen Variante des HI-Virus infiziert sind oder ob sie u¨ber eine genetische Resistenz gegenu¨ber dem Virus verfu¨gen. Es ist bekannt, dass fu¨r einen Teil der beobachteten Resistenzen Vera¨nderungen des sogenannten Korezeptors CCR 5 verantwortlich sind. CCR 5 ist ein Protein, das an der Zelle a¨hnlich wie ein Schloss zum Eindringen in die Zelle fungiert, zu dem der HI-Virus den Schlu¨ssel besitzt. Wird das Protein-Schloss aufgrund von Mutationen der zugrunde liegenden Gene vera¨ndert, passt der Schlu¨ssel nicht mehr. Daru¨ber hinaus wird berichtet, dass das CCR 5-Moleku¨l auch eine Rolle im Hinblick auf Empfa¨nglichkeit bzw. Resistenz gegenu¨ber Pockenviren spielt. Theoretisch wa¨re es denkbar, nach ¢bertragung von CCR 5-spezifischen Genen eine Resistenz gegenu¨ber viralen Erkrankungen zu erzeugen. Durch die Irreversibilita¨t einer solchen gentechnischen Impfung auf der Ebene der Keimbahn stellt sich die Frage, ob mo¨gliche Folgen absehbar sind. Es handelte sich bei einem solchen Eingriff na¨mlich nicht um die Korrektur eines fehlerhaften Gens wie bei der Keimbahntherapie, sondern um das Einfu¨gen eines fu¨r den Organismus unter Umsta¨nden vo¨llig neuen, weil von einer anderen Art stammenden Gens. Wie sich dies auf die Gesamtheit des Genoms auswirken ko¨nnte, ist nach dem heutigen Stand der
Keimbahneingriff in verbessernder Absicht
105
Technik vo¨llig unklar, so dass solche Eingriffe abzulehnen sind. Selbst wenn die Impfung an sich ohne Risiko sein sollte, bleibt die Frage nach zuku¨nftigen Folgen fu¨r die Gesamtpopulation offen. Die mo¨gliche breite Anwendung entsprechender pra¨ventiver Maßnahmen mit gentechnologischen Mitteln liegt deshalb nicht in der Kompetenz des einzelnen Arztes oder der Entscheidung des Patienten, sondern muss analog pra¨ventiven Schutzmaßnahmen (herko¨mmliche staatlich verordnete Impfungen) eine Angelegenheit der Gesellschaft werden. Sogar wenn eine solche gentechnische Impfung auf Keimbahnebene medizinischen Sicherheitsanforderungen entspra¨che und keine gesundheitlich negativen Folgen fu¨r die Gesamtpopulation zu erwarten wa¨ren, wa¨re sie aus ethischer Sicht auf Grund der genannten Schwierigkeiten bei der Entwicklung des Verfahrens hochgradig problematisch und abzulehnen. Pra¨ventivmaßnahmen gegen Risikofaktoren oder Normabweichungen In Abha¨ngigkeit von dem zugrunde liegenden Krankheitsbegriff ko¨nnen auch Normabweichungen als Krankheit angesehen werden, ohne dass ihnen per se ein eindeutiges pathologisches Korrelat (z. B. Symptome) zugeordnet werden kann. Hier kommen beispielsweise Normabweichungen der ko¨rperlichen Statur in Frage oder auch Risikofaktoren, die durch eine einfache Vera¨nderung der Lebensfu¨hrung (beispielsweise der Essgewohnheiten) beeinflusst werden ko¨nnten. Ein Beispiel fu¨r diese Kategorie wa¨re die Fettleibigkeit. Sie kann als Verhaltenssto¨rung aufgefasst und entsprechend therapiert werden. Ebenso kann sie aber als genetisch pra¨disponierter Pha¨notyp mit erho¨htem Risiko fu¨r Gefa¨ßerkrankungen angesehen werden. Die variable Zuschreibung zu verhaltensbedingter Normabweichung oder genetischer Krankheitsveranlagung resultiert in der Frage nach der Indikation eines gentechnischen Eingriffs. Handelt es sich hier um eine Korrektur eines mutierten Gens oder um eine Neueinfu¨gung zur Beeinflussung einer individuelles Handeln bedingenden Normabweichung? Jedenfalls wurde 1994 ein Gen entdeckt, das fu¨r eine versta¨rkte Neigung zur Fettsucht verantwortlich gemacht
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Stufe 4: Enhancement
wird (Obesitas-Gen). Die gentechnische Behandlung einer Veranlagung zur Fettleibigkeit ko¨nnte damit mo¨glich werden. Auch bei sehr extremen Formen von Aggressivita¨t, zu der manche Menschen neigen und die nicht mehr als normal gewertet werden, wa¨re ein solcher Eingriff denkbar. 1995 beschrieben amerikanische Forscher, dass das Ausschalten des sogenannten nNOS-Gens bei ma¨nnlichen Ma¨usen zu starker Aggressivita¨t fu¨hrt: Ma¨nnchen beka¨mpfen sich untereinander bis zum Tod, gegenu¨ber Weibchen zeigen sie einen außergewo¨hnlich starken Sexualtrieb, auch wenn die Weibchen kein Gegeninteresse zeigen. Weibchen mit demselben Gendefekt wirken dagegen normal. Es ist mo¨glich, dass es bei Menschen eine a¨hnliche genetische Veranlagung zu extremer Aggressivita¨t gibt, wobei aber vermutlich mehrere Gene beteiligt sind. Es erscheint denkbar, dass ein Keimbahneingriff zur Elimination dieser Verhaltenseigenschaft bei den Nachkommen gewu¨nscht werden ko¨nnte. Die Ko¨rpergro¨ße ist in hohem Maße variabel und von genetischen wie von umweltbedingten Parametern (Erna¨hrungsgewohnheiten, medizinische Versorgung) abha¨ngig. Abweichungen von der Norm sind hier eher die Regel als die Ausnahme, die Definition dessen, was als normal angesehen wird, erscheint willku¨rlich. So gelten hierzulande Personen, die kleiner als 150 cm sind, als kleinwu¨chsig, wa¨hrend dies in anderen La¨ndern als vo¨llig normal gilt. Sollten die verantwortlichen Erbanlagen charakterisiert werden, so ko¨nnte auch der Wunsch nach Beeinflussung der zu erwartenden Ko¨rpergro¨ße der Nachkommen laut werden. Die Definition von Normabweichungen ist ho¨chst willku¨rlich, da es keinen real existierenden Menschen gibt, der in einem statistisch auszumittelnden Sinne „normal“ bzw. vo¨llig „gesund“ wa¨re. Jedenfalls liegen Maßnahmen, die die Korrektur von Normabweichungen auf ein Normalmaß bezwecken, nicht im Toleranzrahmen eines dem a¨rztlichen Beruf gema¨ßen Krankheitsbildes. Bei wem die Kompetenz zur Verantwortung solcher Eingriffe liegen ko¨nnte, ist darum vo¨llig unklar. Diese theoretischen Mo¨glichkeiten der Gentechnik zu pra¨ventiven Korrekturen mu¨ssten als Eingriffe am Menschen auf einer Basis erfolgen, die a¨ußerst schwankend wa¨re, die dem Wandel kultureller Sichtweisen unterworfen und die zu einer biologischen Auffassung des Men-
Keimbahneingriff in verbessernder Absicht
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schen tendiert, die mit dem Kriterium der Menschenwu¨rde nicht kompatibel wa¨re. Die Ziele eines solchen Keimbahneingriffs sind folglich ethisch nicht zu rechtfertigen. Keimbahneingriff zur gezielten Verbesserung menschlicher Eigenschaften Eine a¨ußerste Stufe gentechnischer Eingriffe in die Keimbahn du¨rfte in der Vera¨nderung von komplexen und multifaktoriell angelegten menschlichen Eigenschaften liegen, die mit eindeutig verbessernder Absicht erfolgt. Viele Untersuchungsergebnisse legen die Vermutung nahe, dass Intelligenz zumindest teilweise genetisch determiniert wird. Mit Sicherheit sind hierfu¨r aber sehr viele Gene verantwortlich. Daru¨ber hinaus sind Fo¨rderung und Impulse durch die Umwelt eines heranwachsenden Kindes mindestens ebenso wichtig fu¨r die Intelligenzbildung. Dennoch: Sollten die verantwortlichen Gene eines Tages bekannt sein, so erscheint es denkbar, dass Eltern den Wunsch nach einer Keimbahnbehandlung a¨ußern, um ihrem Kind zumindest die besten Entwicklungschancen bezu¨glich der Intelligenz zu ermo¨glichen. Bei der menschlichen Aggression handelt es sich um ein emotional verursachtes, gerichtetes oder ungerichtetes ka¨mpferisches Verhalten. Man geht mit der modernen Verhaltensforschung bei der Aggression von einer prima¨ren, biologisch bedingten Antriebsgrundlage mit innerer Erregungsproduktion und einem entsprechenden Begehrverhalten aus. Als naturale Antriebskraft geho¨rt Aggression zur Grundausstattung des Menschen. Sie bedarf zwar der Steuerung, ist aber zugleich fu¨r eine humane Gestaltung des menschlichen Lebens unentbehrlich. Die Annahme eines genetisch fixierten Aggressionspotenzials ko¨nnte aber den Wunsch nach gentechnischen Eingriffen in die Keimbahn als denkbar erscheinen lassen, mittels derer dieses gelenkt oder gar eliminiert werden soll. Es gilt als wahrscheinlich, dass genetische Faktoren an Alterungsprozessen beteiligt sind. So wurde beispielsweise ein mutiertes Gen beschrieben, das zu dem sogenannten Werner-Syndrom fu¨hrt. Diese Erkrankung a¨ußert sich durch vorzeitiges Altern. For-
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Stufe 4: Enhancement
scher spekulieren, dass das Gen auch an normalen Alterungsprozessen mitbeteiligt sein ko¨nnte. Auch deuten Ergebnisse beim Fadenwurm Caenorhabditis elegans darauf hin, dass die Lebensspanne dieses Tieres extrem schwanken kann und von bestimmten Genvarianten abha¨ngig ist. Es erscheint denkbar, dass der Wunsch nach gentechnischen Eingriffen in die Keimbahn zur Verlangsamung von Alterungsprozessen gea¨ußert wird, wenn im Zuge der Analyse des menschlichen Genoms (funktionale Genomik) alle dabei involvierten genetischen Faktoren aufgekla¨rt werden sollten. Komplexe Eigenschaften des Menschen sind nicht ausschließlich genetisch bestimmt. Da Umweltfaktoren mitbestimmend sind, ist die Beeinflussung z. B. kognitiver Merkmale auch nicht allein durch gentechnische Mittel kontrollierbar. Zudem ko¨nnen Verhaltensvorteile, die kulturell vermittelt werden, nicht bruchlos auf die biologische Ebene der Anthropologie zuru¨ckverlagert werden. Die Perspektive einer gentechnischen Vera¨nderung der menschlichen Gattung geho¨rt vor allem aber grundsa¨tzlich nicht in den Bereich des ethisch zu rechtfertigenden medizinischen Handelns, da sie nicht in therapeutischer oder pra¨ventiver Absicht erfolgte. Wer aktuelle Defizite oder Wu¨nschenswertes fu¨r zuku¨nftige Generationen bestimmen sollte, ist vo¨llig unklar. Eine solche gentechnische Verfeinerung und Herstellung des Menschen wa¨re ein maßloses Unterfangen, da es keine Maßsta¨be dafu¨r gibt, wann ein derartiger Eingriff zula¨ssig sein ko¨nnte und wann nicht. Außerdem la¨sst sich bei solchen Eingriffen nicht sicherstellen, dass sie auch von den kommenden Generationen gewollt wa¨ren, d. h. die informierte Zustimmung der von dem Eingriff Betroffenen kann nicht eingeholt werden. Es steht in keiner Weise fest, welche Form von Intelligenz oder sozialen Verhaltensmustern in Zukunft vorteilhaft wa¨re. Es ga¨be fu¨r solche Eingriffe deshalb keine allgemein und wissenschaftlich ausweisbaren Gru¨nde und Kriterien. Bei nu¨chterner Betrachtung muss auch festgestellt werden, dass fu¨r solche spekulativen Zielsetzungen keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse vorliegen, die der Komplexita¨t des Menschen und seiner Kultur gerecht zu werden vermo¨gen. Das in dieser These formulierte „Verbot“ ist darum bei genauerer Betrachtung
Reproduktives Klonen
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nichts anderes als die Kehrseite des Gebots wissenschaftlicher Einsicht in die Grenzen dessen, was die Wissenschaft von der Natur fu¨r die Kultur des Menschen leisten kann und was gerade nicht.
Reproduktives Klonen Reproduktives Klonen ist dadurch gekennzeichnet, dass es auf die Erzeugung eines lebensfa¨higen Menschen abzielt, dessen Genom mit dem Genom eines anderen Menschen identisch ist. Allerdings ist beim Klonen die Ablesung von Genen massiv gesto¨rt, so dass erhebliche Fehlfunktionen auftreten. Zu diesem Ergebnis kam eine Arbeitsgruppe am Massachusetts Institute of Technology in Boston, welche die Genaktivita¨t von mehr als 10000 Genen bei Ma¨useklonen untersucht hat. Dabei zeigte sich bei mehreren hundert Genen ein gesto¨rtes Aktivita¨tsmuster. Biologen und Mediziner wissen seither, dass das Klonen von Menschen aufgrund dieser hohen Fehlerrate unverantwortlich wa¨re. Es sei vorangestellt, dass die hier verfolgte Ero¨rterung des reproduktiven Klonens zur Voraussetzung hat, dass Klonen niemals als genereller Ersatz fu¨r die normale geschlechtliche Fortpflanzung angesehen werden ko¨nnte, sondern immer nur fu¨r sehr spezielle Anwendungen in Frage kommen kann. Die folgenden denkbaren und diskutierten Mo¨glichkeiten sind in einer Stufenfolge aufgefu¨hrt, die hinsichtlich der Zielsetzung u¨ber zuna¨chst relativ plausible Ziele zu problematischen bis grotesken Zielen hin eskaliert. Klonen zur Vermeidung einer Erbkrankheit der Nachkommen Ein Ziel des Klonens eines Menschen durch Kerntransfer ko¨nnte die Verhinderung der Weitergabe einer genetischen Erkrankung sein. Wa¨re beispielsweise der potentielle Vater von dem genetischen Defekt betroffen, der zu Chorea Huntington fu¨hrt, bestu¨nde bei natu¨rlicher Zeugung eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass seine Nachkommen den Defekt erben. Setzte man dagegen eine Ko¨rperzelle der Mutter zum Klonen ein, so wa¨re das daraus resultierende Kind nicht von dem Defekt betroffen.
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Stufe 4: Enhancement
Als Alternative zum Klonen ka¨men aber theoretisch auch pra¨natale Methoden zur genetischen Diagnostik (etwa die hierzulande verbotene Pra¨implantationsdiagnostik) oder aber eine Keimbahntherapie in Frage. Klonen durch Kerntransfer zur Vermeidung einer Erbkrankheit der Nachkommen ist keine sinnvolle Zielsetzung, da das Risiko, gerade durch das Klonen ein gescha¨digtes Kind zu bekommen, das Risiko u¨bersteigt, dass ein Kind mit der entsprechenden Erbkrankheit geboren wird. Wu¨rde man na¨mlich die Methode der Pra¨implantationsdiagnostik fu¨r zula¨ssig halten, ko¨nnte man erbkranken Nachwuchs (im Rahmen der diagnostischen Mo¨glichkeiten) mit einer zuverla¨ssigen und nach derzeitigem Erkenntnisstand weitgehend risikolosen Methode ausschließen. Klonen zur Abhilfe bei Unfruchtbarkeit Unfruchtbarkeit kann beispielsweise auf den totalen Ausfall der Keimzellentwicklung zuru¨ckzufu¨hren sein. Kinderwunsch kann in solchen Fa¨llen nur durch Adoption oder heterologe Insemination erfu¨llt werden. Der Wunsch eines Paares nach einem Kind, das biologisch keine „familienfremde“ Herkunft hat, ko¨nnte durch die neue Methode des Klonens erfu¨llt werden, wenn beispielsweise der Mann von der Unfruchtbarkeit betroffen ist und eine seiner Ko¨rperzellen mit einer entkernten Eizelle seiner Frau kombiniert wu¨rde. Ob das Klonen in Zukunft im Rahmen einer medizinisch indizierten Unfruchtbarkeitsbehandlung praktiziert werden ko¨nnte, mag als wissenschaftliches Denkmodell diskutierbar sein. Generell und im Blick auf die medizinische Praxis und die Aufgaben des Gesundheitswesens erweist sich reproduktives Klonen von Menschen durch Kerntransfer jedoch aufgrund der Risiken als kein in sich schlu¨ssiges und vertretbares Konzept. Klonen wu¨rde deshalb dem a¨rztlichen Berufsethos widersprechen. Klonen zur Erzeugung von „Ersatz“ fu¨r ein totes Kind oder eine wichtige Perso¨nlichkeit Eine weitere Zielsetzung des Klonens aus Ko¨rperzellen ko¨nnte sein, ein (etwa bei einem Autounfall ums Leben gekommenes)
Thesen zu Stufe 4
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Kind sozusagen wieder aufleben zu lassen oder aber eine wichtige Perso¨nlichkeit zu vervielfa¨ltigen. Bei dieser Zielsetzung ist allerdings anzumerken, dass bis heute unklar ist, inwieweit charakterliche Merkmale genetisch bzw. durch die Umwelt bedingt sind. So wu¨rde ein geklontes Kind vermutlich optisch dem verstorbenen sehr a¨hnlich sein, ob auch sein Charakter dem des verstorbenen Kindes gleichen wu¨rde, ist jedoch vo¨llig offen. Die Auffassung, mit dem Klonen ließen sich Menschen nach Wunsch, z. B. als „Ersatz“ fu¨r ein verstorbenes Kind im Sinne einer genetischen Identita¨t, erzeugen, ist einem deterministischen Versta¨ndnis verpflichtet, das weder dem Wissen um menschliche Personalita¨t entspricht noch vor den ethischen Standards unserer Kultur gerechtfertigt werden ko¨nnte. Insofern handelt es sich um falsche Erwartungen. Abgesehen von den unvertretbar hohen Risiken ist reproduktives Klonen zu diesem Zweck daher nicht zielfu¨hrend.
Thesen zu Stufe 4 Wie bei den Verfahren der Stufe 3 handelt es sich bei den unter Stufe 4 vorgestellten biomedizinischen Eingriffen um hypothetische Vorschla¨ge, die sich aus dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Verfahren nur spekulativ ableiten lassen. Kennzeichen sowohl des genomischen Enhancements als auch des reproduktiven Klonens ist, dass beide Verfahren jenseits einer medizinischen Indikation liegen, d. h. nicht zur Behandlung von Krankheiten dienen. Beide Verfahren sind daru¨ber hinaus mit vo¨llig unverantwortbaren Risiken behaftet. Beide Eingriffe haben nicht nur unvorhersehbare und irreversible Auswirkungen auf das Genom eines sich entwickelnden Menschen, sondern auch auf das Genom der nachfolgenden Generationen. Daru¨ber hinaus stehen die Eingriffe der Stufe 4 mit massiven rechtlichen und ethischen Konflikten im Zusammenhang, da sie a¨hnlich wie die Eingriffe der Stufe 3 die Forschung mit Embryonen zur Etablierung der Verfahren voraussetzen und fu¨r den Eingriff selbst Embryonen selektiert werden mu¨ssen. Insgesamt betrachtet sind daher sowohl das genomische Enhancement als auch das reproduktive Klonen ethisch nicht zu rechtfertigen.
Zusammenfassung In den letzten Jahren haben die biomedizinische Forschung und die Behandlung schwerer Erkrankungen atemberaubende Fortschritte gemacht. Illustriert wird dies durch die Vorlage der kompletten Genomsequenzen vieler Organismen, einschließlich des Menschen, durch neue Einblicke in die Prozesse der Differenzierung von menschlichen Zellen, unter anderem durch die Verwendung von humanen embryonalen Stammzelllinien, sowie durch innovative Ansa¨tze bei der Herstellung von neuen Medikamenten und bei der Diagnostik. Ergebnisse der Grundlagenforschung haben dabei einen direkten Bezug zur Krankenversorgung, werden doch schon heute viele Erfolge der Medizin durch die Anwendung von gen- und zellbiologischen Forschungsergebnissen erzielt. Deshalb ist es notwendig, in einem Dialogprozess die entsprechenden Ansa¨tze transparent zu machen und sie auf ihre ethischen Implikationen hin zu untersuchen. Mit dem vom Institut „Technik-Theologie-Naturwissenschaften (TTN)“ in den neunziger Jahren entwickelten „Stufen-“ oder „Eskalationsmodell“ liegt ein Instrumentarium vor, mit dessen Hilfe man sich dieser Herausforderung stellen kann. Grundlage der ethischen Bewertung bilden dabei Kriterien, die in unserer Kultur und Lebenswelt verwurzelt und etabliert sind, die sich bewa¨hrt haben und Teil eines gesellschaftsu¨bergreifenden Konsens sind: das Berufsethos des Arztes (als desjenigen, der letztlich u¨ber die Anwendung neuer biomedizinischer Technologien am Menschen zu entscheiden hat), die Angemessenheit des Nutzen-Risiken-Verha¨ltnisses, Menschenwu¨rde und Autonomie, Krankheit sowie ¤ffentlichkeit der Forschung. Auf dieser Basis entstand in einem interdisziplina¨r besetzten Arbeitskreis das hier vorliegende Stufenmodell der ethischen Bewertung. Die verschiedenen medizinischen Anwendungen der Genund Zellbiologie werden darin in vier Stufen eingeordnet, die von „ethisch unbedenklich“ (Stufe 1) zu „ethisch nicht vertretbar“ (Stufe 4) hin eskalieren. Bei der Stufe 1 handelt es sich um die Substitutionstherapie sowie den nicht proliferierenden Gewebeersatz beispielsweise in
Zusammenfassung
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Form einer Zelltherapie. Auch wenn hier noch manche wissenschaftlichen und klinischen Fragen ungelo¨st sind, halten wir die Anwendung dieser Methoden in der a¨rztlichen Praxis doch fu¨r weitestgehend unproblematisch. Bei der Stufe 2 handelt es sich um die somatische Gentherapie sowie die Zelltherapie beispielsweise durch Ersatz von Knochenmarkszellen oder Organtransplantationen. Hier sind im Einzelfall Risiken und Nutzen abzuwa¨gen, auch hat sich die Gentherapie als eine universelle Therapieform nicht etablieren ko¨nnen. Dennoch erscheint uns die Stufe 2 jeweils als eine abwa¨genswerte Alternative, insbesondere bei der Therapie von schweren Erkrankungen. Bei der Stufe 3 handelt es sich um mo¨gliche Therapieformen, die bisher als hypothetisch angesehen werden mu¨ssen, die aber gleichwohl bei vielen Ergebnissen der Grundlagenforschung antizipiert werden. Unter anderem werden unter Stufe 3 mo¨gliche Therapieformen im Hinblick auf den Transfer von neuem genetischen Material in Keimzellen sowie das therapeutische Klonen subsumiert. Beim Gentransfer in Keimzellen ist zu bedenken, dass nicht nur das eigentliche Individuum, sondern auch die Nachkommen betroffen werden. Aufgrund der Unsicherheiten, die hier bestehen, ist dieses Verfahren abzulehnen. Bei dem therapeutischen Klonen sind ebenfalls noch viele Fragen ungekla¨rt, daru¨ber hinaus sind große Mengen von Eizellen no¨tig, deren Gewinnung ethisch umstritten ist. Insofern wird auch das therapeutische Klonen skeptisch betrachtet. In Stufe 4 handelt es sich um hypothetische Verfahren des genomischen „Enhancements“ und des reproduktiven Klonens zur Herstellung von Menschen mit verbesserter bzw. gewu¨nschter genetischer Ausstattung. Diese Eingriffe in das Genom erfolgen nicht aus medizinischen Gru¨nden und betreffen letztlich nicht mehr nur einzelne Individuen, sondern die menschliche Gattung. Derartige Verfahren halten wir fu¨r ethisch nicht vertretbar. Die folgende Abbildung fasst das Stufenmodell konzentriert zusammen:
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Zusammenfassung
Abb. 10: Das ethische Stufenmodell.
English Summary
Biomedical Interventions in Humans A Model for the Gradual Ethical Assessment of Gene and Cell Therapy Biomedical research and its application have rapidly been evolving in the last years. Elucidation of the complete genome sequences of several different organisms - including humans - has given substantial new insights into the differentiation of human cells. New therapeutic methods as well as innovative approaches for drug design demonstrate successful bench to bedside translation of basic research into new medical therapies. Accordingly, many effective therapies in medicine have been achieved by the application of the scientific advances of gene and cell biology. One prerequisite for this successful development has been the discovery of DNA as the mediator of hereditary in the midst of the last century. Following discovery, new methods of restriction and synthesis of DNA have founded gene technology as a new discipline. For some years now, gene technology has been complemented with a new area of research – stem cell biology. The recent dynamics in scientific research have been mainly triggered by the successful preparation of embryonal stem cells. Embryonal stem cell research led to the detection of tissue-specific stem cells in many different organs, to in vitro cultivation of stem cells, and to the establishment of stem cell lines. Moreover, it also revealed pluripotency of embryonal stem cells, i.e. the capacity of embryonal stem cells to differentiate into every single cell type of the organism. The first successful experiments to reprogram adult cells might set off another revolution in stem cell biology. Since the discovery of DNA, gene technology has raised hopes and high-flying expectations in biological research but was at the same time confronted by fundamental opposition and major scepticism. Modern genetic research has caused and still causes committed debates not only within the scientific community but most of all in the public. The main issue of these debates lies
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English Summary
repeatedly in the ethical assessment of gene technology and its medical applications to humans. This question affects the relationship between science and public. On the one hand, general public needs to be properly informed about scientific research results; on the other hand, science is dependent on a sustainable public consensus for its discoveries of new frontiers. In 1997, the institute Technik-Theologie-Naturwissenschaft (TTN) of the Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen contributed to the aforementioned debate with a study that develops a model for the ethical assessment of gene technology.* The current study is a complete revision that takes into account the advances in biomedical research, its medical applications, and its public debate. In the course of the increasing medical application of gene technology and stem cell biology it has become apparent that the early expectations and aims were overshooting and the fears too general. Advanced research resulted in a differentiation of aims and projects, thereby contributing to a sobered public debate. Scientific concepts have been translated into the practice of clinical trials. The debate about science-fiction-like scientific developments has been displaced by concrete results in the field of cell biology and by a serious discussion of their therapeutic application and tolerance. Our new study takes into account this more substantiated debate on biomedical research and its therapeutic application. However, the ethical discussion of the scientific advances in gene technology and stem cell biology has not been focussed towards the actual or the most probable medical applications. For gene therapy, the debate was dominated by those interventions into the human genome that would alter human nature. For stem cell research, much attention has been paid to the ethical issues of stem cell derivation from human embryos. These issues are * Winnacker, Ernst-Ludwig/Rendtorff, Trutz/Hepp, Hermann/Hofschneider, Peter Hans/Korff, Wilhelm, Gentechnik: Eingriffe am Menschen. Ein Eskalationsmodell zur ethischen Bewertung/Gene Technology: Interventions in Humans. An Escalation Model for the Ethical Evaluation, 4th, completely revised edition, Munich 2002.
English Summary
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prone to polarize between general rejection and unreserved approval. Such polarisation harbours the danger to affect the whole field of gene technology and stem cell biology. It not only fails to detect the complexity and diversity of the scientific problems but also counteracts a liable ethical debate. Between the poles of general rejection and unreserved approval lies the field of concrete assessment and solid decisions. Here, public education and problem-oriented clarification are a prerequisite for any broader application of the new scientific technologies. The already realized and the prospective applications of gene and stem cell technology raise the issues whether such applications can be legitimized in humans and by which criteria further advancement of these technologies can be encouraged. Our model of gradual ethical assessment is supposed to overcome the aforementioned polarisation of the ethical debate. Differentiated analysis and assessment of the already realized and the prospective applications of gene and stem cell research will help to reflect on the ethically relevant differences within gene and stem cell medicine. Our model and the governing criteria which have been prepared as several theses, will contribute exemplarily to the discussion of these bioethical issues. In this context, exemplarily means that the theses and their case by case explanation will be explicitly restricted to gene and stem cell interventions in humans which have already been successfully applied or which can be regarded as well feasible. Ethical judgement formation on therapeutic applications of biomedical research results must carefully consider those convictions which are fundamental to a broad public, cultural, and normative consensus. Elsewise, the ethical assessment will not have the necessary power to convince. Gene and stem cell medical interventions – as discussed here – can only be carried out by physicians. This means that ethical considerations have a clearly defined starting point: the physician who is the executing and fully responsible subject. As such, the medical profession is the reference point for the relationship of scientific research and its therapeutic application. For that reason, the here presented ethical assessment will be based upon the professional ethics of the physician. The physicians’ ethos forms
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English Summary
the framework for biomedical interventions in humans. The professional ethics of the medical scientist as a physician implies that all actions of the physician are aimed at the healing of the disease of individuals. This comprises the following fundamental elements: autonomy (as part of human dignity), adequate risk-benefit ratio, therapeutic indication, and research that is open to the public. When these general fundamental ethical elements are related to the medical application of gene and cell technology, the following more specific criteria are obtained: risk of interventions, reversibility of interventions, proliferation of altered cells, and emerging legal and ethical conflicts, which will serve as an indicator for public approval of such interventions. On basis of these criteria, we grade the medical applications of gene and stem cell technology into four levels. Briefly, they escalate from „ethically unproblematic“ (level 1) to „ethically not justifiable“ (level 4). Our model of gradual assessment starts with the „unproblematic“ cases and successively moves on to the more complicated cases. Level 1 comprises biomedical interventions in humans that are substitution therapies, in which the body’s own protein or cell defects can be substituted: ¢ therapies using gene technology-derived proteins, e.g. insulin for diabetis, factor VIII for haemophilia, Etanercept for rheumatoid arthritis, and Herceptin for mammary carcinoma ¢ therapies using non-proliferating tissue substitutions, such as cardiac valves and cartilage These are interventions, which are nowadays clinically tested and approved and that do not raise any legal and ethical concerns. There is a clear reference to an indicated disease and the therapeutic potency of these interventions has been clinically tested and approved in studies that are open for physicians and the public. In the phase of clinical trials, these therapies were still experimental, but have now entered a validated medical routine. Such interventions neither interfere with the genome of the recipient organism nor have any proliferating cells been introduced. Thus, they can be principally regarded as reversible interventions, as the implemented drugs can be degraded by the patient or the
English Summary
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cells can be removed again by an other intervention. Due to this reversibility, the risk of such interventions can be regarded as marginal and manageable. In general, substitution therapies using gene technology-derived drugs or non-proliferating cells correspond to conventional therapies with pharmaceutical drugs and therefore the medical risk assessment is similar. Level 2 comprises biomedical interventions in humans that transiently or permanently alter the genome or the cellular composition of the recipient: ¢ somatic gene therapy as applied or devised for the treatment of the immune deficiencies X-Scid and ADA-Scid, arthritis of the joints, haemophilia, cancer, HIV, and somatic granulomatosis. ¢ cell-based therapies with proliferating cells such as transplantation of bone marrow or blood stem cells and organtransplantation. Similar to the biomedical interventions of level 1 there are no severe legal and ethical concerns. In contrast to level 1, the genome of the recipient will be altered or proliferating cells are introduced. These interventions are not always reversible as in case of gene therapy using genome-integrating delivery vectors and in case of heart and blood stem cell transplantations. For the patient, these interventions harbour a higher risk than substitution therapies. For that reason, the indication of such therapies has to be considered very carefully. Only a clear indication of the disease will justify such an intervention into the integrity of the body. Two different constellations can be distinguished: First, level 2 biomedical interventions are indicated and ethically justifiable, if there are no therapeutic alternatives available for a lethal disease. In particular, this applies for somatic gene therapy using integrating delivery vectors, which might also unintentionally affect the following generations. Second, in case there are alternative therapies available for the indicated disease, the safety of the established therapies is the benchmark for level 2 biomedical interventions. Therapies using non-integrating vectors are justifiable in light of the high safety of the delivery vectors. Similarly, treatment with adult stem cells,
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English Summary
which have been shown to be safe in clinical trials, are better justifiable than application of the highly tumorigenic embryonal stem cells. Level 3 biomedical interventions in humans comprise hypothetical therapeutic approaches, which are speculative on the basis of our current scientific knowledge. However, it appears necessary to discuss these hypothetical therapeutic approaches and evaluate them ethically: ¢ germ cell therapies that might apply to hereditary diseases e.g. the mammary carcinoma inducing gene BRCA-1, cystic fibrosis, and Huntington’s disease. ¢ therapies using substitutions of tissues, which have been specifically generated from patient-derived embryonal stem cells either by therapeutic cloning or by reprogramming of somatic cells and generation of induced pluripotent stem cells (iPScells). Germ cell therapy as well as therapeutic cloning is regulated by law. (However, as for the field of human embryonal stem cells, there is no legal practise currently at hand). These therapies are accompanied by fundamental ethical concerns as they require: ¢ donation of human egg cells ¢ research on human embryos ¢ human embryos, which are sacrificed for the sake of embryonal stem cell retrieval or which have been selected. Moreover, both – germ cell therapy as well as therapeutic cloning – contain unaccountable risks. In case of germ cell therapy, not only the genome of the patient but also the genome of its progeny is altered. The effects of germ cell therapy on the structure of the genome and on the activity of the genes is not predictable. The same is true for therapeutic cloning as the effects of cloned human cells in the context of the patient cannot be predicted. In summary, the application of germ cell therapy and therapeutic cloning are neither justified from the medical nor from the ethical point of view. It is currently not conceivable whether it will be possible to use induced pluripotent stem cells (iPS-cells) for level 3 interventions.
English Summary
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Similar to the interventions of level 3, the biomedical interventions of level 4 cover hypothetical suggestions that are entirely speculative on the basis of our current scientific knowledge. While interventions of level 3 aim at the manipulation of embryos for the sake of healing fatal diseases, interventions of level 4 tend to the generation of humans with desired „improved“ physical, cognitive, and emotional qualities in the sense of enhancement. At this point the rubicon of medical indication is crossed. The technical methods of level 4 interventions can be divided into either gene or cell technology approaches: ¢ genomic enhancement using germline interventions e.g. for the generation of genetically-based resistances against diseases (e.g. influenza, HIV), to correct risk factors that predispose for disease, malfunction or aberrances of the norm (e.g obesity, extreme aggressiveness, reduced growth), to improve human qualities (e.g. intelligence, age, aggression). ¢ reproductive cloning to diminish the risk of hereditary diseases, to overcome infertility, and for the substitution of children. Characteristic for both, genomic enhancement and reproductive cloning, is that they do not aim at the treatment of diseases and can thus not be justified by any medical indication. In addition, both technologies harbour irresponsible risks due to their unpredictable and irreversible impact on the genome of the evolving human and its progeny. Moreover, interventions of level 4 are against legal requirements and ethical reservations, as they imply - similar to interventions of level 3 – scientific research on human embryos and selection of embryos in the course of intervention. For that reason, genomic enhancement and reproductive cloning are by no means ethically justifiable. The following figure summarizes our model of gradual ethical assessment of gene and cell therapy:
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English Summary
Glossar Adulte Stammzelle
Adulte Zelle Aminosa¨ure Antiko¨rper
Autolog Befruchtung
Blastozyste
Boten-RNA
Chima¨re
Gewebespezifische ! Zelle, die im entwickelten, adulten Organismus die Fa¨higkeit zur Selbsterneuerung sowie zur Differenzierung in verschiedene ausgereifte Zelltypen besitzt. ! somatische Zelle. Baustein der ! Proteine. Als Reaktion auf den Kontakt mit ko¨rperfremden Stoffen bildet das Immunsystem spezifische Abwehrproteine (sogenannte Antiko¨rper), die im Blut zirkulieren und die Fremdstoffe unscha¨dlich machen. Vom eigenen Ko¨rper; zum selben Individuum geho¨rend. Prozess der Vereinigung einer ! Eizelle mit einer Samenzelle zu einer befruchteten Eizelle (! Zygote). Produkt der Befruchtung ist ein Embryo. Fru¨hes Embryonalstadium, bei dem die sich teilende ! Zygote eine blasenfo¨rmige Gestalt angenommen hat, beim Menschen etwa am vierten bis sechsten Tag nach der ! Befruchtung erreicht. Die Boten- ! RNA (auch: mRNA von Messenger-RNA) ist die Abschrift („Transkription“) eines Gens, durch die die genetische Information aus dem ! Zellkern in die ! Proteinfabriken (Ribosomen) in der ! Zelle gebracht wird. Lebewesen, das ! Zellen unterschiedlicher Herkunft und damit unterschiedlicher genetischer Information besitzt.
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Glossar
Chromosom
Codieren Desoxyribonukleinsa¨ure DNA
DNA-Rekombination Dolly Dolly-Methode Dominant
Das Erbmaterial ! DNA ist zu ho¨heren Strukturen, sogenannten Chromosomen, aufgewickelt, die sich in der ! Zelle im ! Zellkern befinden. Jede menschliche Zelle tra¨gt 46 (2 mal 23) Chromosomen, wovon jeweils zwei (mit Ausnahme der beiden Geschlechtschromosomen) mit ! Genen fu¨r die gleichen Merkmale ausgestattet sind (sie sind homolog). Jeder Mensch hat also beispielsweise zwei Gene, die die Information fu¨r das ! Hormon ! Insulin liefern. Eine Ausnahme bilden hiervon nur die sogenannten Geschlechtschromosomen X und Y (XX ¼ weiblich, XY ¼ ma¨nnlich), die unterschiedliche Gene aufweisen. Die Information fu¨r die ! Synthese eines ! Proteins liefern. ! DNA DNA (Desoxyribonucleic Acid, deutsch: DNS, Desoxyribonukleinsa¨ure) ist die chemische Substanz, aus der das Erbmaterial besteht. Die DNA ist ein langer Faden aus vier verschiedenen Bausteinen (Nukleotiden), deren Reihenfolge den Informationsgehalt der DNA ausmacht. Verteilung und Neuanordnung von ! DNA. Das Schaf Dolly war das erste Sa¨ugetier, das durch das ! SCNT-Klonverfahren erzeugt wurde. ! SCNT-Klonverfahren. Ein ! Gen auf einem ! Chromosom wird dann als dominant bezeichnet, wenn die von ihm gelieferte Informa tion dominierend u¨ber die zweite Genkopie ist, deren Wirkung also u¨ber-
Glossar
Eizelle Embryonale Stammzellen
Enzym Escherichia coli
ES-Zellen Expression ex vivo Fibroblast Gen
Genexpression Genmedizin
Genom
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deckt. Beispielsweise kann ein mutiertes Gen (etwa fu¨r die Chorea Huntington) sta¨rker als das intakte Gen sein. Weibliche ! Keimzelle. ! Zellen, die aus der inneren Zellmasse von ! Blastozysten gewonnen werden. Sie ko¨nnen in Kultur unbegrenzt gehalten werden und differenzieren sich zu anderen Zelltypen, wenn sie geeignete Bedingungen vorfinden, beispielsweise nach Injektion in einen Embryo und unter besonderen ! in vitro Bedingungen. ! Protein, das eine chemische Reaktion vera¨ndern kann. Bakterium, das im menschlichen und tierischen Darm vorkommt. Es ist eines der am besten untersuchten Organismen der Welt. ! embryonale Stammzellen. Die Auspra¨gung der genetischen Information durch einen Organismus Außerhalb des lebendigen Organismus, im Unterschied zu ! in vivo. Im Bindegewebe vorkommende ! Zelle. Ein Gen ist ein Abschnitt der Erbsubstanz, der der ! Zelle die Information fu¨r die Herstellung eines ! Proteins liefert. ! Expression Feld medizinischen Handelns, das bei Diagnostik (Genetik) oder Therapie (Gentherapie) die direkte Einbeziehung von ! Genen vorsieht. Die Gesamtheit des Erbguts eines Lebewesens.
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Glossar
Genomanalytik
Genomsequenz Gentransfer Genvektor
Heterologe Insemination Hormon
Humane embryonale Stammzellen Immunologisch Immunsuppressivum Immunsystem
Informierte Zustimmung
Inselzelle
Bestimmung der Abfolge der Nukleotide in einem ! DNA-Moleku¨l sowie Studium der Funktionen entsprechender ! Gene. Abfolge der Nukleotide in einem ! DNA-Moleku¨l. ¢bertragung von ! Genen von einem Organismus auf einen anderen Organismus. Transportvehikel (z. B. Adenovirus oder ! Retrovirus)zur ¢bertragung einer Fremd- ! DNA in eine lebende Empfa¨ngerzelle. ! Befruchtung durch fremden, d. h. nicht vom Partner stammenden Spendersamen. Hormone sind biochemische Botenstoffe, die innerhalb eines Organismus Informationen von einem Gewebe zu einem anderen transportieren. Menschliche ! embryonale Stammzellen. Das Immunsystem betreffend. Medikament, mit dem die Funktion des ! Immunsystems unterdru¨ckt wird. Das biologische Abwehrsystem ho¨herer Lebewesen, das Gewebescha¨digungen durch Krankheitserreger verhindert. Unter informierter Zustimmung versteht man, dass der Patient nach ausreichender Aufkla¨rung u¨ber Chancen und Risiken einer bestimmten Behandlung bzw. mo¨glicher Alternativen freiwillig in die Durchfu¨hrung einwilligt. Hormonproduzierende ! Zellen in der Bauchspeicheldru¨se, die auch ! Insulin herstellen.
Glossar
Insulin
in vitro in vitro Fertilisation in vivo iPS-Zelle
IVF Keimbahn Keimbahntherapie
Keimbla¨tter
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! Hormon, das in der Bauchspeicheldru¨se gebildet wird und fu¨r die Regulierung bzw. Absenkung der Blutzuckerkonzentration notwendig ist. „Im Glas“ (Reagenzglas); gemeint ist ein Vorgang außerhalb des Organismus, um Unterschied zu ! in vivo. Ku¨nstliche Befruchtung im Reagenzglas. Im lebendigen Organismus, im Unterschied zu ! ex vivo. Bei iPS (induced pluripotent stem) ! Zellen handelt es sich um adulte, ausdifferenzierte Zellen, die durch eine Behandlung mit genetischen Faktoren zu ! pluripotenten Zellen umgewandelt wurden. ! in vitro Fertilisation. Als Keimbahn eines Lebewesens wird die Gesamtheit der ! Keimzellen und unreifer ! Vorla¨uferzellen bezeichnet. Unter Keimbahntherapie versteht man eine Gentherapie, die auf die Gesamtheit der ! Keimzellen und ihrer unreifen ! Vorla¨uferzellen abzielt. Praktisch wu¨rde man bei einem solchen Eingriff so vorgehen, dass das genetische Material in eine einzelne ! Eizelle oder eine befruchtete Eizelle (also einen fru¨hen Embryo) injiziert wu¨rde. Der aus einer so behandelten ! Zelle entstandene Organismus besa¨ße in jeder Zelle seines Ko¨rpers die jeweilige genetische Vera¨nderung, d. h. in allen ! somatischen Zellen und in der ! Keimbahn. Unter Keimbla¨ttern versteht man die erste Differenzierung eines Embryos in verschiedene Zellschichten, aus denen
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Glossar
Keimzellen
Kerntransfer Klonal Klonen Klonieren Ligase Mesenchym Mesenchymal Metastase
Molekulare Medizin
Monoklonal Morula Multipotenz Mutation
sich anschließend die unterschiedlichen Gewebe und Organe bilden. ! Eizellen und Samenzellen. Im Gegensatz zu Ko¨rperzellen haben sie jeweils nur 23 ! Chromosomen. Nach ihrer Verschmelzung entsteht eine ! Zygote, die wieder 46 Chromosomen besitzt. ! SCNT. ! monoklonal. Die Erzeugung genetisch identischer Organismen oder ! Zellen. ! Klonen. Enzym, das ! DNA-Fragmente miteinander verknu¨pft. Embryonales Bindegewebe. Zum ! Mesenchym geho¨rend, das Mesenchym betreffend. Krebszellen, die ihren Entstehungsort – den so genannten Prima¨rtumor – verlassen, ko¨nnen sich in anderen Organen des Ko¨rpers niederlassen, sich dort vermehren und Tumorabsiedlungen (Metastasen) bilden. Medizinisches Handeln, das sich neuerer, durch die Molekularbiologie ero¨ffneter Diagnostik- und Therapieformen bedient. Auf eine einzige gemeinsame Mutterzelle zuru¨ckgehend. Embryonales Entwicklungsstadium, beim Menschen etwa drei Tage nach der ! Befruchtung erreicht. Entwicklungseigenschaft ! adulter Stammzellen. Adulte Stammzellen bilden nur Zellen ihres Gewebes. Eine Mutation ist eine Vera¨nderung in der Reihenfolge der ! DNA-Bausteine
Glossar
Onkogen
Oozyte Pathogen PID Pluripotenz
PND Pra¨implantationsdiagnostik
Pra¨nataldiagnostik
Progenitorzelle
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eines ! Gens, die den Informationsgehalt derart beeinflusst, dass ein vera¨ndertes, nicht funktionelles oder gar kein Genprodukt (! Protein) hergestellt wird. Abschnitt der Erbsubstanz (! Gen) des normalen Erbgutes, der nach ! Mutation die Entstehung von Krebs verursachen oder befo¨rdern kann. ! Eizelle Krankheitsauslo¨send. ! Pra¨implantationsdiagnostik Entwicklungseigenschaft ! embryonaler Stammzellen. Embryonale Stammzellen ko¨nnen alle Zelltypen eines Ko¨rpers bilden. ! Pra¨nataldiagnostik Nach einer ku¨nstlichen Befruchtung an dem entstandenen Embryo meist im 8bis 16-Zellstadium durchgefu¨hrte genetische Untersuchung zur Erkennung einer Erbkrankheit vor der Implantation in die weibliche Geba¨rmutter. Genetische Untersuchung meist an embryonalen Zellen, die sich im Fruchtwasser befinden. Sie wird in Deutschland allen Schwangeren, die a¨lter als 35 Jahre sind, angeboten. Ist die Familie der Schwangeren oder des Vaters mit einer bestimmten diagnostizierbaren Erbkrankheit vorbelastet, wird die Untersuchung in jedem Alter angeboten. Abko¨mmling einer ! Stammzelle nach Differenzierungsteilung. Im Vergleich zur Stammzelle weist im sie eine verringerte Regenerations- und Differenzierungsfa¨higkeit auf. Sie ist auf ihre Differenzierungslinie festgelegt.
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Glossar
Proliferation Protein
Regenerative Medizin
Rekombination Reprogrammierung Retrovirus
Rezessiv
Ribonukleinsa¨ure RNA
Vermehrung. Proteine sind einerseits Strukturgeber der Lebewesen (z. B. Haare, Fingerna¨gel bestehen aus Proteinen), andererseits aber ermo¨glichen sie auch sa¨mtliche Reaktionen, die fu¨r das Leben an sich notwendig sind. Man nennt sie dann auch ! Hormone oder ! Enzyme. Beispielsweise ist das Hormon ! Insulin dafu¨r verantwortlich, dass nach Nahrungszufuhr Zucker aus dem Blut in die Zellen transportiert wird. Feld medizinischen Handelns, in dem funktionsgesto¨rte ! Zellen, Gewebe oder Organe durch Ersatzzellen therapiert werden. ! DNA-Rekombination Umwandlung einer ! adulten Zelle in eine ! pluripotente Zelle (!iPS-Zelle). Retroviren sind eine Virenfamilie, die ihre Erbinformation in die DNA von Wirtszellen einbauen ko¨nnen. Sie eignen sich daher als ! Genvektoren. Ein ! Gen wird dann als rezessiv bezeichnet, wenn das von ihm kodierte Merkmal nur dann ausgepra¨gt wird, wenn es auf beiden Chromosomen vorkommt. So ist beispielsweise das mutierte Gen, welches zu der Krankheit Cystische Fibrose fu¨hrt, rezessiv. Wenn also auf einem Chromosom eine intakte Kopie des Gens vorliegt, ist der Tra¨ger gesund. ! RNA RNA (Ribonucleic Acid, deutsch: RNS, Ribonukleinsa¨ure) ist eine genetische Substanz, die die genetische Information der ! DNA in ! Proteine u¨bersetzt.
Glossar
SCNT
Sequenz
Sequenzierung Somatische Zelle Stammzelle Stammzelllinie
Stammzellmedizin
Substitutionstherapie
Superovulation
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Somatic Cell Nuclear Transfer. Klonverfahren, bei dem einer befruchteten ! Eizelle der ! Zellkern entnommen wird und durch den Zellkern einer differenzierten ! somatischen Zelle ersetzt wird. Die Sequenz eines ! Gens ist die Reihenfolge der einzelnen DNA-Bausteine. Sie bestimmt den Informationsgehalt des Gens. Bestimmung der ! Sequenz der ! DNA. Somatische Zellen sind alle Zellen, die nicht ! Keimzellen sind. ! Zelle, die die Fa¨higkeit hat, durch Zellteilung sowohl neue Stammzellen als auch spezialisiertere Zellen zu bilden. ! Stammzellen, die aus einem Embryo entstanden sind. Sie sind ! in vitro praktisch unbegrenzt vermehrbar. Der Begriff „Stammzelllinie“ wird zur Unterscheidung des Ursprungs (d. h. des Embryos) verwendet. Feld medizinischen Handelns, das den Einsatz von ! Stammzellen zur Behandlung von Organdysfunktionen und Zellverlust vorsieht. Es besteht eine ¢berlappung zur ! Regenerativen Medizin. Therapie, bei der einem Patienten eine Substanz zugefu¨hrt wird, die ein Gesunder selbst produziert, die aber beispielsweise durch den Ausfall eines Organs bei dem Kranken fehlt. Bei vielen Diabetespatienten etwa muss ! Insulin ersetzt werden. Auch: Hyperovulation; hormonelle Behandlung, die zur gleichzeitigen Reifung mehrerer ! Eizellen fu¨hrt.
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Glossar
Synthese Teratom Totipotenz
Transplantation
Vektor Vorkern-Embryo
Vorla¨uferzelle Xeno-Transplantation Zelle
Zellkern Zellkerntransfer Zelllinie Zelltherapie
Hier: Herstellung. Tumor der ! Keimzellen, der aus Anteilen ein, zwei oder typischerweise aller drei ! Keimbla¨tter besteht. Entwicklungseigenschaft der ! Zygote und von ! Zellen der fru¨hen ! Morula. Totipotente Zellen besitzen die Fa¨higkeit, einen vollsta¨ndigen Embryo zu erzeugen. Verpflanzung eines Transplantates. Ein Transplantat kann aus ! Zellen, Gewebe, Organen und ganzen Gliedmaßen bestehen. ! Genvektor ! Eizelle, bei der nach Eindringen der Samenzelle der Prozess der ! Befruchtung begonnen hat, aber noch keine Verschmelzung der Kerne von Ei- und Samenzelle erfolgt ist. ! Progenitorzelle. ! Transplantation, bei der das Transplantat von einer anderen Art stammt. Kleinste strukturelle Einheit eines Lebewesens. Der menschliche Ko¨rper besteht aus ca. 200 verschiedenen Zelltypen. Im Kern jeder Zelle befindet sich das Erbmaterial. Der Kern ist von einer Zellflu¨ssigkeit (! Zytoplasma) umgeben, in der beispielsweise die ! Proteine synthetisiert werden und andere lebensnotwendige Reaktionen ablaufen. Bestandteil der ! Zelle, der die ! Chromosomen entha¨lt. ! SCNT ! Stammzelllinie. Bei der Zelltherapie werden ! Zellen außerhalb des menschlichen Ko¨rpers pra¨pariert und in gescha¨digte Organe
Glossar
Zygote Zytoplasma
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von Patienten zuru¨ckverpflanzt, um dort krankhafte Zellverba¨nde zu ersetzen. Befruchtete ! Eizelle. Zellmedium. Flu¨ssiger Bestandteil der ! Zelle.
Verzeichnis der Mitarbeiter
Prof. Dr. Patrick Cramer, Biochemie, Direktor des Genzentrums der Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen. Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Jo¨rg Hacker, Biologie, Pra¨sident des RobertKoch-Instituts in Berlin, Vizepra¨sident der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Prof. Dr. Michael Hallek, Medizin, Direktor der Klinik fu¨r Innere Medizin I der Universita¨t zu Ko¨ln, Vorstandsvorsitzender des Centrums fu¨r Integrierte Onkologie der Universita¨t zu Ko¨ln. Prof. Dr. Konrad Hilpert, Katholische Theologie, Lehrstuhl fu¨r Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakulta¨t der Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen, Mitglied der Bioethikkommission der Bayerischen Staatsregierung. PD Dr. Christian Kupatt, Medizin, Medizinische Klinik und Poliklinik I der Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen. Prof. Dr. Martin Lohse, Medizin, Leiter des Rudolf-Virchow-Zentrums (DFG-Forschungszentrum fu¨r Experimentelle Biomedizin), Institut fu¨r Pharmakologie und Toxikologie, Julius-Maximilians-Universita¨t Wu¨rzburg, Mitglied des Nationalen Ethikrates 2001–2007. Prof. Dr. Albrecht Mu¨ller, Biologie, Institut fu¨r Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung der Julius-Maximilians-Universita¨t Wu¨rzburg, Mitglied der Bioethikkommission der Bayerischen Staatsregierung. Prof. em. Dr. Dr. h. c. mult. Trutz Rendtorff, Evangelische Theologie, Mitglied der Bioethikkommission der Bayerischen Staatsregierung. Prof. Dr. Ulrich Schroth, Rechtswissenschaft, Professur fu¨r Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie der Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen. PD Dr. Friedemann Voigt, Evangelische Theologie, Institut TTN und Lehrstuhl fu¨r Systematische Theologie und Ethik an der Evangelisch-Theologischen Fakulta¨t der Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen. Dr. Michael Zichy, Philosophie, Institut TTN und Lehrstuhl fu¨r Systematische Theologie und Ethik an der Evangelisch-Theologischen Fakulta¨t der Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen.