Indien
Das Alte Indien gehört zu den bedeutendsten frühen Hochkulturen der Menschheit und ist ein erstaunliches Beisp...
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Indien
Das Alte Indien gehört zu den bedeutendsten frühen Hochkulturen der Menschheit und ist ein erstaunliches Beispiel für die große Kontinuität alter Kulturen. Bis heute haben sich in der Religion und Lebensweise Indiens viele Elemente erhalten, die schon vor mehr als 2000 Jahren vorhanden waren. Dieses Buch beschreibt rund 7000 Jahre altindischer Geschichte von den frühen Kulturen des Industals mit ihrer bis heute nicht entzifferten Schrift über die vedische Kultur, aus der ein großer Teil der heiligen Texte des Hinduismus hervorgegangen ist, bis zum letzten antiken Großreich, das um 500n. Chr. im Hunnensturm untergegangen ist.
Michael Witzel war lange in Nepal und Leiden in Forschung und Lehre tätig und ist seit 1986 Professor für Sanskrit an der Harvard University. Er gilt weltweit als einer der herausragenden Kenner des Alten Indien.
Michael Witzel
DAS ALTE INDIEN
Verlag C.H.Beck
Mit 5 Karten
Meinen Eltern in Dankbarkeit gewidmet
Originalausgabe © Verlag C. H. Beck oHG, München 2003 Gesamtherstellung: Druckerei C. H. Beck, Nördlingen Umschlagbild: Stempelsiegel aus Mohenjo Daro (Industal) mit bis heute nicht entzifferten Schriftzeichen, um 2000 v. Chr. Heute im National Museum of Pakistan (Nr. 50.268). Vgl. Corpus of Indus Seals and Inscriptions, Bd. 2: Collections in Pakistan, hg. von S. G. M. Shah/A. Parpola, Helsinki 1991, S. 133, Siegel Nr. M-1159. Foto: Robert Harding Picture Library, London Umschlagentwurf: Uwe Göbel, München Printed in Germany ISBN 3 406 48004 7
www.beck.de
Inhalt
I. Der Subkontinent 7
1. Unser Indienbild 7 - 2. Quellen zur Geschichte 8 - 3. Die Umwelt: Regionen, Klima und Wirtschaft 9 II. Die Vorgeschichte: Knochen, Gene, Sprachen und archäologische Kulturen 10
1. Frühe Besiedlung: Sackgasse oder Schmelztiegel? 10 - 2. Anthropologie und Genetik 11 - 3. Sprachen und Sprachfamilien 12 - 4. Indogermanisch, Dravidisch Munda und die autochthonen Sprachen 13 - 5.Ural-Indoiraner und Mitanni-Indoarier 17 6. Die frühen Ackerbaukulturen 18 III. Die Induskultur 19
1. Entstehung und Blütezeit 19 - 2. Zusammenbruch 21 - 3. Das Fortleben der Induskultur 22 IV. Die vedische Periode 24
1. Die vier Veda 24 - 2. Ursprung und Wanderungen der Indoarier 25 - 3. Die rigvedischen «Arier» 27 - 4. Die Rolle des Substrats und Akkulturation 29 - 5. «Könige» oder «Großhäuptlinge»? 31 V. Die frühen Staaten der mittelvedischen Periode 33
1. Die Entstehung des Kuru-Reiches 35 - 2. Kuru-Orthopraxie: Ritual, Status und Gesellschaft 38 VI. Drang nach Osten? 43
1. Der Export des Kuru-Modells nach Osten 43 - 2. Die Dravida und die südindischen Megalithkulturen 47 - 3. Die «16 Länder» Nordindiens 48 - 4. Die ersten Königreiche im Osten Nordindiens 50 - 5. Der multikulturelle Osten als Schmelztiegel 52
VII. Reichsgründung: Der Aufstieg des Außenseiters Magadha 57
1. Die politische Lage 57 - 2.Urbanisierung 58 - 3.Der Aufstieg von Magadha 61 - 4.BimbisƗra 64 - 5. AjƗtashatru 66 - 6. Die «Stammesrepubliken» Nordostindiens 67 - 7. AjƗtashatrus Nachfolger und die Nanda 69 VIII. Die Perser, Alexander und das Maurya-Reich 72
1. Die Perser im Westen Südasiens und ihr kultureller Einfluß 72 2. Alexanders Invasion und hellenistische Einflüsse 76 - 3. Die Entstehung des Maurya-Reiches: Candragupta und BindusƗra 78 - 4. Der Kaiser Ashoka 81 - 5. Die Struktur des Maurya-Reiches 83 - 6. Das ArthashƗstra des Kautilya, des indischen Machiavelli 85 IX. Zwischen den Reichen 87
1. Der Zerfall des Maurya-Reiches 87 - 2. Die Kultur Indiens «zwischen den Reichen» 89 - 3.Brahmanische Reaktion 91 4. Die Shunga- und KƗnva-Königreiche 93 - 5. Invasionen aus Zentralasien: Baktrische Griechen, Saka, Parther 94 - 6. MahƗbhƗrata und RƗmƗyana 97 - 7. Yue-Zhi und KushƗna 99 - 8. Der Osten und Süden, KhƗravela 102 - 9. Der «Tiefe Süden» 103 10. Das ShƗtavƗhana-Reich 105 - 11. Internationaler Handel, Gesellschaft und Religion der Zeit «zwischen den Reichen» 107 X. Das Gupta-Reich 111
1. Entstehung und Blüte des Gupta-Reiches 111 - 2. Struktur und Verwaltung 114-3. Die Hunneneinfälle 116 - 4. Selbstbesinnung und Synthese: Die klassische Hochkultur 118 - 5. Die Nachbarstaaten, Beginn des indischen Mittelalters 120 - 6. Das frühe und das heutige Indien: Back to the future? 122
Literaturhinweise Zeittafel Hinweise zur Transkription und Aussprache Abkürzungen Register
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I. Der Subkontinent
1. Unser Indienbild
Seit griechischer Zeit gilt der indische Subkontinent der westlichen Welt als Wunderland, und während der britischen Kolonialherrschaft sind etliche wenig attraktive Elemente hinzugekommen, wie zum Beispiel Armut, Krankheiten, heilige Kühe, «orientalische Despotie» oder stagnierende «asiatische Produktionsmethode». Demgegenüber steht, insbesondere im deutschen Sprachraum, ein Indienbild, das von romantisch verklärten religiösen und philosophischen Zügen geprägt ist, wie bei Heinrich Heine, der beschreibt, wie am Ganges schöne Menschen mit Blumen in der Hand beten. Zuletzt ist dieses utopische Indienbild durch die Hippie-Bewegung der späten 1960er Jahre gestärkt worden. Erst in jüngerer Zeit sind mit der wachsenden indischen Wirtschaftsmacht, der Computerindustrie und nun auch der atomaren Aufrüstung andere Merkmale hinzugekommen. Unser Bild bleibt also, wie in der Vergangenheit, sehr zwiespältig, ist aber in gewisser Weise auch aufgrund der Vielfalt des Subkontinents angebracht. In diesem Büchlein sollen demgegenüber in Kürze die Fundamente Indiens dargestellt und die Voraussetzungen für die ersten großen Blütezeiten, bis etwa 500 n. Chr., aufgezeigt werden. Es ist dabei zu betonen, daß sich vieles, vielleicht das meiste von dem, was «typisch indisch» ist, schon damals herausgeprägt hat, auch wenn selbstverständlich später noch andere Züge (wie Islam, europäischer Einfluß) hinzugekommen sind. Daher wird hier der Kultur und den ursprünglichen Vorstellungen der frühen Inder ein relativ breiter Raum zugemessen. Wie sich nämlich während eines längeren Südasienaufenthalts feststellen läßt (im Falle des Verf. über Jahre hinweg im konservativen Kathmandu-Tal), ist tatsächlich vieles, was vor mehr als zweitausend
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Der Subkontinent
Jahren in Texten und Bildern belegt ist, auch heute noch lebendig in Sitte und Vorstellungswelt anzutreffen. Durch das Studium der frühen Vergangenheit erklärt sich vieles, was man in den späteren Texten der letzten tausend Jahre nicht derart augenscheinlich finden kann. 2. Quellen zur Geschichte
Dem frühen Südasien - oder «Indien», wie im folgenden der Bequemlichkeit halber meist gesagt werden wird - näherzukommen, ist allerdings ziemlich schwierig, da es bis etwa 300 v. Chr. kaum schriftliche Quellen gibt. Wir sind hier vor allem auf das Zeugnis der Archäologie und der Genetik sowie auf das Studium der frühen, zunächst nur mündlich überlieferten religiösen Texte Indiens angewiesen (Veda, buddhistischer Kanon, die großen Epen, PurƗnas), die weiter unten charakterisiert werden sollen. Dazu kommen bisweilen ausländische Berichte (Herodot, altpersische Inschriften, die Historiker des Alexanderfeldzuges, Megasthenes' Bericht über das Maurya-Reich). Erst ab der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. fließen die Quellen zahlreicher, beginnend mit Ashokas Inschriften, den ersten einheimischen schriftlichen Zeugnissen. Aber auch nach etwa 250 v. Chr. gibt es viele Lücken, die eine zusammenhängende Darstellung erschweren, wie bereits ein Blick auf die unten angehängte Zeittafel zeigt. Leider sind auch die einheimischen «historischen» Quellen allenfalls vom Wert unserer mittelalterlichen Chroniken. Sie bieten Mythologie, Legende und traditionell überlieferte Daten in bunter Mischung. So handelt es sich bei den großen Epen (MahƗbhƗrata, RƗmƗyana, Harivamsha) und den PurƗnas um relativ späte Texte (etwa vom Beginn unserer Zeitrechnung), die von Barden mündlich weitergegeben, ständig verändert und schließlich durch Brahmanen redigiert worden sind. Man darf daher ihre Informationen über Regierungszeiten und Königsfamilien nur mit großer Vorsicht übernehmen. Wie auch sonst in der einheimischen «Geschichtsschreibung» (RƗjataranginƯ, GopƗlarƗjavamsbƗvali) relativ geläufig, werden häufig gleich-
Die Umwelt
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zeitig regierende Könige und Dynastien nicht nebeneinander, sondern hintereinander aufgelistet. So treten die um 500 n. Chr. eingedrungenen Hunnen im ersten Buch der RƗjataranginƯ schon um 800 v. Chr. in Erscheinung, dann wieder im dritten Buch, einigermaßen korrekt, in der nachchristlichen Periode. All diese Texte widersprechen sich vielfach, und es lassen sich zahlreiche Umstellungen nachweisen, die oft recht durchsichtig aufgrund lokaler politischer Gründe durchgeführt wurden. 3. Die Umwelt: Regionen, Klima und Wirtschaft
Ein Blick auf die Landkarte (s. vordere Umschlagklappe) genügt um anzuzeigen, daß der Subkontinent, der etwa so groß ist wie Europa, vielfach gegliedert ist. Im Norden wird Südasien durch die 7000-8000 m hohen Pamir- und Himalayaberge vom Rest Asiens abgeschottet. Südlich davon liegen die beiden großen Ebenen des Indus- und Gangesgebietes, die vom Süden Indiens durch das dschungelbewachsene Vindhya-Gebirge getrennt sind. Das Ghat-Gebirge trennt die an der Westküste liegende schmale, regenreiche Tiefebene vom südindischen Hochland ab, welches langsam in die östlichen Tiefebenen der Stromdeltas absinkt. All diese Gebiete sind, vor allem auch wegen ihres Klimas, von unterschiedlicher Bedeutung gewesen. Dieses ist vor allem von den nicht immer regelmäßigen Monsunwinden geprägt. Im Sommer weht der niederschlagsreiche, schwüle Südwestmonsun über die regenfangenden Ghats hinweg nach Osten und schickt immer wieder seine Tiefs vom Golf von Bengalen über die nordindische Tiefebene hin nach Westen aus. Der Niederschlag nimmt dabei aber etwa an der pakistanischen Grenze stark ab, so daß das westliche Südasien fast trocken bleibt und auf das Schmelzwasser der Panjab-Ströme angewiesen ist. Die Regenwinde, die sich an den Ghats und insbesondere am Himalaya stauen (bis zu 14 m Regen pro Jahr!), sind für die Landwirtschaft von fundamentaler Bedeutung, da es unter dem trockenen Nordostmonsun des Winters kaum Niederschläge gibt, mit Ausnahme von Schauern, die, vom AtlantikJetstream herbeigeführt, bisweilen im Himalayavorland fallen.
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Die Vorgeschichte
Dementsprechend finden wir den Anbau von Winterweizen in Pakistan und der westlichen Gangesebene und den von Sommerreis in den wasserreichen Gebieten der Westküste und des Himalayaraumes sowie in den östlichen Tiefebenen Nord- und Südindiens. Im trockeneren südindischen Hochland, das im Regenschatten der Ghats liegt, baut man vor allem Hirse an. Die wasserreichen Regionen mit Doppelernten - und entsprechendem Überschuß - waren seit etwa 2000 v. Chr. stets bedeutender als die mit nur einer Ernte.
II. Die Vorgeschichte: Knochen, Gene, Sprachen und archäologische Kulturen 1. Frühe Besiedlung: Sackgasse oder Schmelztiegel?
Die Geschichte der frühen Besiedlung Indiens schwebt weitgehend noch im Dunkeln. Spätestens seit der Zeit um 3000040000 v. Chr. (nach manchen Angaben schon früher) sind Vorfahren des heutigen Menschen (Homo sapiens sapiens) in Indien belegt. Wie wir nun aufgrund von genetischen Untersuchungen wissen, stammen alle Angehörigen dieser Spezies von einer gemeinsamen «Mutter» in Afrika («African Eve») ab, deren DNA wir alle in uns tragen. Ebenso haben wir einen nicht unbedingt gleichzeitigen Stammvater, der sich aufgrund von Mutationen im Y-Chromosom nachweisen läßt. Vermutlich ist nur eine zahlenmäßig relativ kleine Gruppe über Südarabien und den damals trockenen Persischen Golf nach Indien eingewandert, deren Nachfahren später auch bis nach Ostasien und Australien gelangten. In den letzten zwei bis drei Jahren lassen die zehn Untertypen des Y-Chromosoms zunehmend weitere Schlüsse auf die verschiedenen Wellen der Besiedlung zu, die Indien im Laufe der Zeit überrollt haben. Das ist in der Tat stets ein Charakteristikum des Subkontinents geblieben: Schon durch seine geographische Lage (eingerahmt von Gebirgen und Ozean) und klima-
Anthropologie und Genetik
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bedingte Vegetation (Dschungel an der burmesischen Grenze) ist Indien in den späten Phasen der Ausbreitung des Homo sapiens wohl eine Art Sackgasse gewesen, in der die Migrationen vieler Völkerschaften endeten. Die Vielfalt der indischen Menschentypen erklärt sich daraus ebenso wie die zahllosen Sprachen. Im Süden kann man, klimatisch-genetisch bedingt, sehr dunkelhäutige Menschen finden, im bergigen Nordwesten hellere, manchmal selbst grau- oder blauäugige und blonde Menschen antreffen, im Nordosten aber «ostasiatische» Typen verschiedenster Hautfarben. Zwischen diesen drei Extremen sind fast alle Zwischenstufen und Schattierungen vorhanden. Wie wir nun wissen, sind derartige oberflächliche Unterschiede im Phänotyp (der Erscheinung) aber eben nur «hautdünn» und durch die Anpassung der Menschen an ihre Umgebung in den letzten 30000-40000 Jahren bestimmt. Was die kulturelle und religiöse Geschichte Indiens angeht, spielen sie - abgesehen von einigen absichtlich vorgenommenen einheimischen Klassifizierungen - kaum eine Rolle. Im allgemeinen ist Indien ein «Rassenwahn» erspart geblieben, auch wenn immer wieder, selbst in heutigen Zeitungsannoncen, «hellhäutige» Bräute gesucht werden. Viel wichtiger als somatische Kriterien war seit früher Zeit die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, oft der «Kaste». 2. Anthropologie und Genetik
Abgesehen von der sich stetig vertiefenden archäologischen Kenntnis des Subkontinents sind es vor allem die körperlichen Reste und Gene sowie die Sprachen, die uns einen Einblick in die Vorgeschichte werfen lassen. Wie bereits erwähnt, sind moderne Menschen in Indien seit etwa 30000-40000 Jahren archäologisch und paläontologisch bezeugt. Allerdings werden uns unter dem Meeresspiegel liegende Küsten und die Dschungel des Landesinneren noch manche Erweiterungen unseres Wissens bringen. Diese frühen Menschen haben uns etliche Rastplätze, ihre Skelette und einige Felsbild-Stationen, vor allem in Zentralindien (Bhimbhetka) und Nordpakistan, hinterlassen. Diese
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Die Vorgeschichte
Felsbilder reichen vom Neolithikum bis in das Mittelalter. Sie repräsentieren meist frühe Jäger- und Sammlerkulturen. Die körperlichen Überreste der frühen Menschen, wegen des feucht-heißen indischen Monsunklimas fast nur Gebeine, bezeugen von Anfang an einen typisch indischen Menschenschlag, der selbstverständlich gewisse regionale Unterschiede aufweist, so etwa die zwischen den Städten Mohenjo Daro und Harappa der Induskultur. Der indische Typ unterscheidet sich aber von den ostasiatischen und nahöstlichen und dürfte bereits durch die frühe Einwanderung bedingt sein, auch wenn dieser Grundstock stets durch Neuankömmlinge ergänzt wurde. Die genetischen Daten, so wichtig sie sein mögen, sind aber noch zu grob (und im Subkontinent auch zu wenig erforscht), um die Bewegungen der Stämme und Völker in den letzten Jahrtausenden näher verfolgen zu können. Von Bedeutung sind deshalb die Kulturen, die Sprachen und die materiellen Hinterlassenschaften, wie sie vor allem von der Archäologie erforscht werden. 3. Sprachen und Sprachfamilien
Wie unsere Gene, so haben auch unsere Sprachen uns wichtige Hinweise hinterlassen, weil sie sich genauso über längere Zeiträume hin verändern. Diese Veränderungen lassen sich gruppieren und ordnen und ergeben die großen Sprachfamilien, so zum Beispiel das Indogermanische, zu dessen germanischer Unterfamilie das Deutsche gehört. Zu den östlichen indogermanischen Sprachen zählen unter anderem die slawische und die indo-iranische Unterfamilie. Wie dieser Name besagt, sind die ältesten iranischen Schriftzeugnisse (Avesta-Texte des Propheten Zarathustra und altpersische Inschriften) und die ältesten indischen Texte (Veda usw.) linguistisch sehr nahe verwandt. Man kann beinahe von zwei Dialekten sprechen und oft einen Satz aus dem Veda ohne Mühe ins Altiranische und umgekehrt übersetzen. Ein ähnlicher Grad an Übereinstimmung besteht zwischen den frühen Religionen und Ritualen. Eine weitere indoiranische Gruppe sind die Kafiren im bergigen Nordosten Afghanistans, nach der zwangsweisen Islamisierung (um 1900)
Indogermanisch, Dravidisch, Munda
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NnjrƯstƗnƯ genannt. Ihre Sprache ist zum Teil so archaisch, daß sie wie das Litauische oft Laute und Wörter in einer Form bewahrt, in der sie vor 3000 Jahren gesprochen wurden. Auf der anderen Seite der Grenze, in Pakistan, in den westlichen Tälern Chitrals, haben sich die heute noch 3000 Personen zählenden indoarischen Kalasha ihre alte Religion erhalten und weder Zoroastrismus, Hinduismus noch Islam angenommen. Wie diese indogermanisch sprechenden Stämme in den Hindukusch und nach Indien gelangt sind, ist eine Frage, die in der gegenwärtigen politischen Diskussion in Indien hoch im Kurs steht. Rein sprachlich gesehen ist das nichts Besonderes, da Völker tatsächlich wandern. Die germanischen Stämme sind dafür ebenso ein Beispiel wie die Ungarn, Türken und Mongolen (Kalmyken an der unteren Wolga); sie alle sind erst im Mittelalter in ihre jetzigen Wohnsitze eingewandert. Zudem werden Sprachen durchaus ohne weiteres übernommen, wenn eine politisch und kulturell mächtige Gruppe ein bestimmtes Gebiet besetzt, wie etwa das Friesische langsam dem Nieder- und Hochdeutschen gewichen ist. In Indien ist es nicht anders zugegangen, auch wenn dies heute von national gesinnter indischer Seite heftig bestritten wird, da alle «Arier» schon stets in Indien gelebt haben «müssen». Wir haben also herauszufinden, wie die indoarischen Sprachen in den Subkontinent gekommen sind, wo sie nun in etwa zwei Dritteln des Territoriums anzutreffen sind. Leider kann die Archäologie dabei nicht recht behilflich sein, da die alten Siegelinschriften der Induskultur (2600-1900 v. Chr.) noch immer nicht gelesen werden können. Außerdem gehen, wie in vielen Ländern noch heute, Sprache und materielle Kultur nicht immer Hand in Hand. 4. Indogermanisch, Dravidisch, Munda und die autochthonen Sprachen
Es gibt im indischen Subkontinent eine Reihe von Sprachen und Sprachfamilien, so bunt gestreut wie in Europa. Derzeit werden Sprachen aus fünf großen Familien gesprochen. Im Norden -
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Die Vorgeschichte
und zwar von Kaschmir bis nach Goa und vom oberen Indus bis nach Assam sowie in einem Teil von Sri Lanka (Sinhala) und auf den Malediven - finden wir das Indoarische, das heißt den indischen Zweig des Indoiranischen. Am weitesten zurückzuverfolgen sind das Mittelindische (wie PƗli, die Sprache des buddhistischen Kanons) und das noch ältere Sanskrit, dessen früheste Form, das Vedische, zur Überlieferung der heiligen Texte der Hindus diente. Im südlichen Drittel des Subkontinents und in einem Teil von Sri Lanka wird das auch numerisch bedeutende Dravidische gesprochen, das bisher nicht recht mit anderen Sprachfamilien verbunden worden ist (es sei denn mit der eurasiatisch-nordafrikanischen Superfamilie des Nostratischen). Die älteste Form des Dravidischen, das archaische Tamil der Sangam-Literatur, stammt schon vom Beginn unser Zeitrechnung. Andere Sprachen wie Telugu oder Kannada sind erst Jahrhunderte später überliefert, und viele kleine Sprachen in den Bergen und Dschungeln Zentral- und Südindiens werden erst jetzt erforscht. Viel weniger zahlreich sind die Sprecher der Munda-Sprachen, einer Untergruppe des Austroasiatischen, welches auch das Khasi (in den Shillong-Bergen, Assam) und das Kambodschanische umfaßt. Munda wird vor allem in Jharkhand (dem früheren Süd-Bihar) sowie in den angrenzenden Gebieten von West-Bengalen (das Santali), Orissa und Andhra Pradesh, aber auch am Oberlauf der Tapti in Maharashtra gesprochen. Wahrscheinlich waren die austroasiatischen Sprachen ursprünglich viel weiter im Norden und Nordwesten verbreitet, da sie mehr als zweihundert Lehnwörter im ältesten indischen Text, dem Rigveda, hinterlassen haben. Am nördlichen und östlichen Rand des Subkontinents werden tibetobirmanische Sprachen gesprochen: Das Tibetische ist mit mehreren Dialekten in den oberen Himalayaregionen von Kaschmir über Nepal (Bhote, Sherpa) bis nach Sikkim und Bhutan vertreten; das relativ früh bezeugte Newari ist im Kathmandu-Tal verbreitet, das Naga vor allem in Assam (Nagaland) und das Meithei in Manipur.
Indogermanisch, Davidisch, Munda
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Die Vorgeschichte
Zu den nicht eindeutig zuzuordnenden Sprachen gehört das isolierte Burushaski im äußersten Norden von Pakistan (in Hunza, Yasin). Es wird von einigen Linguisten mit dem NordKaukasischen und dem Baskischen zusammengebracht. Ebenfalls unklar ist die Klassifikation des fast ausgestorbenen Kusunda in Zentralnepal (ohne direkte Verwandte) und der sehr alte Substrate beherbergenden Sprachen der Nahal in Zentralindien oder der Vedda in Sri Lanka. Dieses Bild ist aber für die frühe Zeit noch nicht komplett. In der nordindischen HindiSprache gehört ein großer Teil der landwirtschaftlichen Termini keiner der bisher genannten Sprachfamilien an. Man hat also mit weiteren untergegangenen Sprachen zu rechnen. Demnach hat es im Subkontinent vor der Dominanz der großen Sprachfamilien Bevölkerungsgruppen gegeben, deren Sprachen sich möglicherweise im Kusunda und den Substraten des Vedda und insbesondere des Nahali niedergeschlagen haben, wobei das letztere in der Tat einige Wörter (und Gene) mit dem ebenfalls isolierten nordjapanischen Ainu gemein hat. Bisher ist es noch ganz unklar, wann, von wo aus und auf welchem Wege die Sprecher des Dravidischen in den Subkontinent gelangt sind und ob sie die Mehrheit der Bevölkerung der Induskultur gestellt haben. Immerhin stammen viele der dravidischen Ackerbautermini aus dem Sumerischen, was eine frühe Nachbarschaft (im westlichen Iran?) nahelegt. Überdies ist relativ deutlich, daß Vertreter anderer Sprachgruppen (zum Beispiel Tibetobirmanisch und Munda) von Norden bzw. Osten nach Indien eingewandert sind. Die aus dem Indogermanischen stammenden indoarischen Sprachen (Sanskrit, PƗli, Hindi u. a.) sind wie erwähnt sehr eng mit dem Iranischen verwandt, das in der Antike von der unteren Donau (Skythen) bis nach Westchina (Saka) und vom Ural bis hin nach Persepolis gesprochen wurde. Ihre Verwandtschaft mit dem Rest des Indogermanischen ist daher auch geographisch nicht so weitläufig, wie es nun auf der Landkarte aussehen mag. Im übrigen zeigen die tunesischen Vandalen oder die mongolischen Reststämme der Kalmyken und der Hazara (Zentralafghanistan), wie schnell und wie weit (halb-)nomadische Bevöl-
Ural-Indoiraner und Mitanni-Indoarier
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kerungen wandern können. Woher genau die Indoarier kamen und auf welchen Wegen sie nach Indien gelangten, ist allerdings noch weitgehend unklar. Wir können aber anhand einiger sicherer Anhaltspunkte den Rahmen abstecken. 5. Ural-Indoiraner und Mitanni-Indoarier
Um 2400-1600 v. Chr. blühte im Osten des Urals die SintaschtaKultur, die in etlichen Punkten mit dem übereinstimmt, was wir aus dem ältesten indischen Text, dem Rigveda, kennen: So findet sich in Sintaschta eines der frühesten Zeugnisse des mit zwei Speichenrädern ausgerüsteten Streitwagens, der wenig später im Nahen Osten Verbreitung fand und dann im Rigveda als Sportund Kampfwagen bedeutsam wurde. Welche Sprache man in jener Region gesprochen haben mag, bleibt natürlich offen. Frühe Lehnwörter im Finnougrischen (so finnisch orja «Sklave» = ved. arya) bezeugen aber die Nachbarschaft von Sprechern des Indoiranischen in diesen Gegenden. Erstaunlicherweise hat man westlich des Urals ein Grab entdeckt, in dem ein Mann mit einem Pferdekopf bestattet wurde, was genau der rigvedischen Dadhyanc-Legende entspricht. Ein weiteres Indiz sind die berühmten Indoarier des Vorderen Orients, die sich um 1400 v. Chr. unter den Mitanni finden. Die Mitanni, ein hurritisches (kaukasisches) Volk, gründeten in der Mitte des 2.Jahrtausends v. Chr. im Norden der heutigen Staaten Irak und Syrien ein Reich. Sprecher des frühen Indoarischen hinterließen dort eine Reihe von Wörtern: zum Beispiel Bezeichnungen für den Streitwagen, Pferdefarben und das Renntraining, die Namen der bekanntesten vedischen Götter (Mitra, Varuna, Indra, Nasatya) und erstaunlicherweise sogar die (Thron-) Namen der Könige (allerdings nicht der Königinnen). Dieses frühe Indoarisch ist ein wenig älter als das des Rigveda, was für dessen Datierung von großer Bedeutung ist (s. u.). Sprecher des Indoarischen gelangten demnach um die Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. ins nördliche Mesopotamien und wenig später nach Nordindien; die Iraner folgten ihnen später in den eigentlichen Iran, und die NnjrƯstƗnƯ im Nordosten Afghanistans mö-
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Die Vorgeschichte
gen frühe Vorläufer der Indoarier gewesen sein, die in den isolierten Bergtälern des Hindukusch bis heute überlebt haben. Das läßt sich anhand von komplexen linguistischen Untersuchungen weiter untermauern, würde hier aber zu weit führen. Der sprachliche Befund deutet also auf eine Einwanderung von Stämmen nach Indien, die zu unterschiedlichen Zeiten stattfand und etliche Ausgangspunkte hatte. Leider wird aber nicht deutlich, zu welchen Sprachgruppen die frühesten Bauernkulturen des Subkontinents gehört haben mögen. 6. Die frühen Ackerbaukulturen
Hier ist es die Archäologie, die wichtige Hinweise liefern kann. In Südasien werden die Jäger- und Sammlerkulturen etwa um 7000-6000 v. Chr. von Ackerbaukulturen abgelöst. Die am frühesten bezeugte und am besten bekannte ist die von Mehrgarh im östlichen Balutschistan, südlich von Quetta am Rande der Indusebene. Hier entstanden um 6500 v. Chr. die ersten Dörfer, in denen Gerste und etwas Weizen angebaut wurden. An Haustieren hielt man vor allem Ziegen und Schafe sowie indische Buckelrinder. Der Weizen ist - sei es durch Import oder Völkerbewegungen - aus dem Nahen Osten gekommen und nicht, wie bisweilen behauptet, einheimisch domestiziert worden. Interessanterweise stimmt das mit dem sprachlichen Befund überein. Die Lehnwörter für «Weizen» (altiranisch gantuma und vedisch godhnjma, drav. godi, hethitisch khand und frühkaukasisch *ghomu) stammen aus einer nahöstlichen Sprache. Der Vormarsch des Weizenanbaus nach Indien ist etwa 2000 Jahre lang in Balutschistan aufgehalten worden, bis dort eine Sorte entwickelt war, die im subkontinentalen Klima gedeihen konnte. In Südindien nämlich baute man zuerst Hirse an, die ihrerseits schon im 3.Jahrtausend v. Chr. aus Afrika eingeführt worden war. In den Osten des Subkontinents und wohl auch in die wasserreichen HimalayaBergtäler war schon relativ früh aus Südchina der Anbau von Reis vorgedrungen; um 2000 v. Chr. hatte er Mehrgarh (in Balutschistan) erreicht. Schafe und Ziegen stammen aus dem
Die Induskultur
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Westen, das heißt aus den Bergen des Fruchtbaren Halbmonds am Rande Mesopotamiens. Dagegen sind das indische Zeburind und der Wasserbüffel südasiatische Züchtungserfolge. Auf dem frühen Zusammentreffen von einheimischen und eingeführten Nutzpflanzen und Haustieren in Mehrgarh (und sicher auch in anderen Piedmontkulturen am Rande des Industals) baute die seßhafte Landwirtschaft in der Indusebene auf. Gefördert wurde sie durch primitive Bewässerungskanäle, die das wenige verfügbare Wasser der balutschischen Berge über die Felder verteilten.
III. Die Induskultur
1. Entstehung und Blütezeit
Der berühmten Indus- oder Harappa-Kultur (2600-1900 v. Chr.) sind zwischen 6000 und 2600 v. Chr. einige Entwicklungsstufen vorausgegangen. So war Harappa in Nordost-Pakistan (wo diese Kultur 1921 zuerst entdeckt worden ist) um 3500 v. Chr. noch ein Dorf; erst gegen 2600 v. Chr. entwickelte man einen ersten rechtwinkligen Bebauungsplan. Die frühen Perioden, die bisher am besten in Harappa sichtbar werden, sind als Ravi-Phase (3300-2800) und als Kot Diji-Phase (28002600) bekannt. In anderen Gegenden der Indusebene waren gleichzeitig andere Kulturen vorherrschend, weshalb man diese Zeit auch die regionalization era nennt. Die Landwirtschaft und mit ihr die Vorstufen der Induskultur haben sich langsam von den Hügeln des östlichen iranisch-afghanischen Piedmonts aus über die Indusebene hin ausgebreitet. Die Induskultur ist also nicht, wie nun oft von indischer Seite angenommen wird («Indus-SarasvatƯ-Kultur»), in der östlichen Indusebene, entlang des nun trockenen Urstromtales der Ghagghar-Hakra-Sarsuti (SarasvatƯ), entstanden. Ihre vorausgehenden primitiven Vorstufen finden sich in den untersten Schichten von Harappa, das sich von einem kleinen Dorf zu einer großen
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Die Induskultur
Stadt entwickelte. Obwohl der eigentliche Ursprungsort der Indus-Kultur immer noch unklar ist, kann also von einem mesopotamischen Ausgangspunkt nicht mehr gesprochen werden. Andererseits darf man aber auch die diversen einheimischen Vorstufen nicht überbewerten, wie das oben angegebene Beispiel der Einführung des Weizens und des Kleinviehs gezeigt hat. Schon damals gehörte Indien zu den frühen Kulturen Eurasiens, die miteinander durch Handel verbunden waren. Was die Induskultur auszeichnet, ist ein deutlich aufgepfropfter überregionaler Stil, der sich schnell über ein sehr großes Gebiet verbreitete, das fast ganz Pakistan und die angrenzenden indischen Staaten Panjab und Haryana sowie die westlichen Teile von Uttar Pradesh, Rajasthan und Gujarat umfaßte und mit 725 000 Quadratkilometern mehr als doppelt so groß ist wie das der mesopotamischen oder ägyptischen Kultur. Auch sonst ist die Induskultur anders geartet als alle anderen frühen Hochkulturen. Es finden sich hier weder Paläste und Tempel noch monumentale repräsentative Bildwerke oder Anzeichen eines monarchischen Systems. Die Indusschrift, eine der frühesten Schriften überhaupt (mit ersten Vorläufern in der Ravi-Phase, um 3300 v. Chr.), ist bisher nicht entziffert. Sie findet sich bisher nur auf etwa 5000 Siegeln, auf Ton- und Faienceplatten {tokens), auf etlichen persönlichen Objekten mit kurzen, im Durchschnitt nur fünf Zeichen umfassenden Beschriftungen sowie in der bisher einzigen größeren, aber ebenfalls nur zehn Zeichen enthaltenden Inschrift an der Mauer von Dholavira (Gujarat). Deshalb besitzen wir keine Informationen über die staatliche und soziale Organisation, über Religion, Literatur usw., soweit sie nicht in faszinierenden Andeutungen aus den archäologischen Daten (wie etwa den Bildern der Siegel) ableitbar sind. Anders als im Nahen Osten hat sich auch keinerlei Literatur gefunden, und sie auf uns verlorengegangenem Schreibmaterial wie Palmblättern zu suchen, ist reine Spekulation. Andererseits findet sich über das ganze Gebiet hin eine ungewöhnlich starke, an die frühe Industrialisierung erinnernde Standardisierung von Maßen und Gewichten, Ziegeln und Siegeln, der Form und Dekoration von Tongefäßen sowie der
Zusammenbruch
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Stadtplanung: ummauerte «Zitadellen», gradliniges Straßennetz, große öffentliche ( ? ) Gebäude, deren Funktion uns bisher trotz anfänglicher Namengebung (das 1000m1 «Große Getreidelager» von ca. 2250 v. Chr. oder das «Große Bad») unklar bleibt. Vieles ist hier auch zum ersten Male entwickelt worden, wie zum Beispiel die komplizierte Technik des KarneolSchmucks oder das ausgeklügelte Abwassersystem, dessen technisches Niveau in Südasien vielfach bis heute nicht wieder erreicht worden ist. Zusammengehalten wurde die Induskultur mit ihren mindestens fünf großen Metropolen (Harappa, Mohenjo Daro, Dholavira, Ganweriwala, Kalibangan) und mehr als tausend Städten wohl durch den gut organisierten Überlandund Überseehandel, der auf eine starke Kaufmannsschicht oder sogar auf von ihr geführte Oligarchien schließen läßt. Selbst in Shortugai am Oxus (Nordafghanistan) wurde eine Induskolonie gegründet, und im späten 3. Jahrtausend v. Chr. stand man in ständigem Überseehandel mit Mesopotamien. Dort sind Waren aus Meluhha, dem Indusland, inschriftlich gut bezeugt, und Siegelfunde sowie die Erwähnung eines Meluhha-Dolmetschers bestätigen den Befund. Leider ist die Entzifferung der Indusschrift immer noch nicht gelungen; es fehlen bilinguische Zeugnisse (wie der Rosettastein in Ägypten). Zudem sind noch nicht alle Mittel ausgenutzt worden, obwohl in letzter Zeit eine angebliche «Entzifferung» (oft aus patriotischen Gründen als Sanskrit) die andere jagt. 2. Zusammenbruch
Um 1900 v. Chr. geriet die Induskultur aus bisher unbekannten Gründen in eine Krise, die schnell zum Erlöschen ihrer Hauptzüge und -Siedlungen führte. Sowohl die Schrift als auch der Außenhandel und das spezialisierte Handwerk verschwanden. Es sind eine ganze Reihe von Gründen für diesen Systemkollaps angeführt worden: schlechteres Klima (allerdings um 2200 v. Chr., also noch während der Indus-Blütezeit!), Überschwemmungen (aber nur in Teilen der Indusebene), Erdbeben (ebenfalls nur lokal), Überbewirtschaftung sowie Einfälle von Fremd-
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Die Induskultur
Völkern (wie in der Spätzeit etwa der starke Einfluß der Oxuskultur mit Bildwerken, deren Stil dem des berühmten sogenannten «Priesterkönigs» ähnelt). Allerdings war keiner dieser Gründe allein genommen (und sicher nicht die früher angenommene Zerstörung durch die Indoarier) bedeutend genug, einen totalen Kollaps in dem gesamten, riesigen Gebiet hervorzurufen. Zwar wurde die südliche Indusebene (Sindh) völlig aufgegeben, aber die Induskultur lebte in ihren südöstlichen Randgebieten (Gujarat) noch über Jahrhunderte hin fort, wenn auch ohne ihre charakteristischen Züge wie Schrift, Fernhandel usw. Ähnliches ist auch im Norden zu beobachten. Nach der Aufgabe von Harappa und anderen Hauptorten der Induskultur dehnte sich gegen Ende der Indusperiode eine Spätform der Kultur, wie uns erst in den letzten Jahren deutlich wurde, über den östlichen Panjab und Haryana bis in die obere Gangesebene aus. Genau wie in Gujarat waren die neuen Siedlungen zahlreicher, aber auch viel kleiner; etliche erreichten dennoch einige Hektar. Die Ausbreitung nach Gujarat und in die Delhi-Gegend wurde auch dadurch gefördert, daß man nun dazu überging, ZweifrüchteAckerbau zu betreiben, mit Weizen im Winter und Reis im Sommer. Man paßte sich also klimatisch noch weiter an, führte jedoch die gewohnte Lebensweise soweit wie möglich in kleinerem Maßstab fort. Durch den weitgehenden Abzug der Indusleute nach Osten ergab sich ein Freiraum, der es den anspruchsloseren, überwiegend als Hirten lebenden Sprechern des Indoarischen ermöglichte, sich von den Almen Afghanistans aus in den Panjab auszudehnen. 3. Das Fortleben der Induskultur
Dennoch ist die Induskultur auch hier nicht ohne Nachwirkungen verschwunden. Zum einen ist nach dem Zeugnis von Lehnwörtern im Rigveda, die das Dorfleben betreffen, deutlich, daß die Sprecher des Indoarischen in ein Gebiet kamen, in dem gewisse vorarische Sprachen gesprochen wurden. Es kann also
Das Fortleben der Induskultur
2.3
nicht von einem vollständigen Vakuum im Panjab gesprochen werden. Nach dem Ende der Induskultur traten nämlich die einheimischen Kulturen wieder deutlich in den Vordergrund, die vorher gewissermaßen überdeckt waren. Ferner haben die nun einsetzende vedische und auch die spätere Hindukultur einiges übernommen: zum Beispiel das System der Maße und Gewichte oder die Verehrung bestimmter Bäume wie des Feigenbaums (Ashvattha, Ficus religiosa). Jede Theorie über eine Beziehung zwischen den beiden Kulturen ist aber eingehend zu prüfen. Vorschnelle Schlüsse, etwa den «Herrn der Tiere» auf einigen Siegeln der Induskultur und den Shiva Pashupati des Veda ohne weiteres miteinander gleichzusetzen, sind unwissenschaftlich, auch wenn solche Theorien inzwischen in die Literatur und die gegenwärtige indische Vorstellungswelt eingegangen sind und sich dort zu all den anderen Fällen gesellen, die nun eine «9000 jährige ungebrochene indische Kulturtradition» beweisen sollen. Man kann argumentieren, daß sich - wie so oft - bestimmte Vorstellungen in den unteren Bevölkerungsschichten erhalten haben, die nicht im Veda auftauchen und sich erst viele Jahrhunderte später in der Literatur zeigen. So hat man, wie angedeutet, Shiva Pashupati auf einem Indussiegel entdeckt. Die Figur eines Herrn (bzw. einer Herrin) der Tiere ist in den neolithischen Jägerkulturen weit verbreitet. Sie findet sich in einer ganz ähnlichen Darstellung des keltischen Cernunnos (auf dem Kessel von Gundestrup, Jutland) und sogar bis hin zur Herrin der Tiere der Sibirier und der Inuit (Eskimo). Damit soll nicht geleugnet werden, daß der Gott (? ) auf einigen Indussiegeln die vedischen Vorstellungen mit beeinflußt haben könnte. Von einem direkten Vorgänger kann aber nicht die Rede sein. Der oft behauptete Ursprung anderer vedischer Götter, Sitten und Rituale hat einen ähnlichen Hintergrund. Immerhin, es lassen sich gewisse Parallelen anführen und Einflüsse abgrenzen. Man hat zum Beispiel eine Parallele zwischen einem (bisher einzigen!) Siegel aus Chanhu Daro, das einen zur Kopulation bereiten Bullen mit einer unter ihm liegenden willigen Frau zeigt, und dem vedischen Pferdeopfer (Ashvamedha) hergestellt, obwohl es beim
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Die vedische Periode
letzteren die Hauptfrau des vedischen Stammeshäuptlings ist, die sich unter einer Decke rituell mit einem schon geschlachteten Hengst verbindet. Weil sich das Pferdeopfer aber auch im indogermanischen Rom (als Oktoberpferd) und selbst noch im mittelalterlichen Irland findet, wo der König in der Brühe einer geopferten Stute badet, kann man die Indus-Parallele allenfalls dazu heranziehen, um zu zeigen wie ein vermutetes (!) Indusritual das etwas später überlieferte, aber ursprünglich schon indogermanische vedische Ritual beeinflußt haben könnte. Damit ist deutlich, wie ungesichert und kompliziert die Beziehungen zwischen Induskultur und indoarischer Kultur sind wenn sie überhaupt unterstellt werden dürfen, solange man die Indusschrift nicht lesen kann. Einiges vom vermuteten Induseinfluß zeigt sich in den frühesten Texten der Indoarier, in den vier Veden. Dazu ist eine kurze Übersicht nötig.
IV. Die vedische Periode
1. Die vier Veda
Der Veda («Wissen») ist die älteste uns erhaltene Literatur Indiens; sie umfaßt das religiöse Wissen der Brahmanen, der Dichter und Priester der vedischen Periode (etwa 1500-500 v. Chr.). Diese Texte wurden in archaischem Sanskrit ohne Kenntnis der Schrift verfaßt und sind bis heute (fast) ohne Textänderungen streng mündlich wie eine 3000 Jahre alte «Tonbandaufnahme» überliefert worden. Die vier Veden befassen sich fast ausschließlich mit dem Ritual, das sich in die gemeinsame Vorzeit der vedischen Inder und Iraner und selbst der Indogermanen zurückverfolgen läßt. Im Zuge der Reform des Rituals unter den Kuru-Fürsten (etwa 1000 v. Chr.) wurden die frühesten 1028 Hymnen, welche die Götter und bisweilen auch zeitgenössische Fürsten preisen, gesammelt und als Rigveda-SamhitƗ kanonisiert. Die anderen
Ursprung und Wanderungen der Indoarier
2.5
vedischen Sammlungen (samhitƗ) sind die SƗmaveda-SamhitƗ (Melodien), die Yajurveda-SamhitƗ (Opfersprüche, die jede einzelne Handlung des Opfers begleiten müssen) und schließlich die Atharvaveda-SamhitƗ («Sammlung des Wissens der Atharvan und Angirasa-Priester»), die weitgehend aus alten Zaubersprüchen und poetischer Spekulation besteht. Den SamhitƗs folgen nach der indischen Tradition, einigermaßen historisch korrekt, drei weitere Textschichten: BrƗhmana, Ɩranyaka und Upanishad. Die BrƗhmanas befassen sich vor allem mit der «theologischen» Erklärung des vedischen Rituals, der dabei benutzten Sprüche, Verse und Melodien und ihrer esotƝrischen Bedeutung. Die Ɩranyakas befassen sich mit besonders geheimen und gefährlichen Ritualen, die der Sphäre der Wildnis (aranya) zugeordnet sind. Die Upanishaden schreiten von der Ritualspekulation zu philosophischen Fragen fort. Die spätvedischen Snjtra («Leitfäden») schließlich stellen eine Art Handbuch dar, das neben verschiedenen Formen des Rituals die gute Sitte (dharma) und das frühe Recht behandelt. Der Rigveda ist vor Beginn der Eisenzeit etwa um 1200-1000 v. Chr. im Panjab und den daran angrenzenden Regionen verfaßt worden. Bereits der Eisenzeit zuzuordnen sind hingegen die anderen SamhitƗs aus Haryana, Uttar Pradesh und dem Norden von Madhya Pradesh. Die späteren BrƗhmanas, Ɩranyakas usw. beziehen auch schon den Osten Nordindiens (Bihar) ein, während die Landschaften südlich des Vindhya-Gebirges noch unbekannt bzw. verboten und rituell gemieden bleiben. 2. Ursprung und Wanderungen der Indoarier
In den vorhergehenden Abschnitten ist deutlich geworden, daß die Stämme, die frühes Indoarisch (d.h. vedisches Sanskrit) sprachen, ursprünglich nicht im Subkontinent beheimatet waren, obwohl dies nun immer häufiger von indischer Seite und einigen westlichen «Hindu-Sympathisanten» behauptet wird. Statt dessen sind sie, wie ihre iranischen und nuristanischen Nachbarn, aus den Steppen Zentralasiens eingewandert. Einwanderungen müssen aber nicht immer in einem ununter-
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Die vedische Periode
brochenen Marsch erfolgt sein, sondern können mit vielen Zwischenstops, mit Einheiraten in die einheimischen Bevölkerungsgruppen sowie mit der Übernahme von Elementen aus deren Kultur (Akkulturation) verbunden gewesen sein. Umgekehrt werden im allgemeinen aber auch die autochthonen Ethnien beeinflußt, welche bisweilen die Kultur der Einwanderer übernehmen, falls das nützlich oder prestigebringend erscheint. Im Fall der Indoarier muß dabei die sogenannte Oxuskultur, nun meist als BMAC (Bactria-Margiana Archaeological Complex; Kulturkomplex von Baktrien und Merw) bezeichnet, in die Überlegungen einbezogen werden. Diese bronzezeitliche Kultur in Turkmenistan, dem nördlichen Afghanistan und dem südlichen Tadschikistan (ca. 2400-1600 v. Chr.) war in den Oasen der in den Wüsten versickernden Flußdeltas angesiedelt und brachte ländliche Siedlungen ebenso wie festungsartige Anlagen der Herrscherschicht hervor. Tatsächlich werden derartige Burgen in Verbindung mit einheimischen Namen (wie dem der Parner, ved. Parti, iran. Parna) häufig im Rigveda erwähnt, und zwar durchaus im negativen Sinne, etwa mit der Klassifizierung als viehreich, aber geizig. Das Wort Pani wird zeitgenössisch aber auch benutzt, um die «fremden Teufel» der Indoarier herabzusetzen: nicht mehr die Leute der Oxuskultur, sondern die einheimische Bevölkerung des Panjab. Die Oxuskultur und -religion ist durchaus nicht indoiranisch oder gar indoarisch bestimmt, wie sich an ihren Siegeln zeigen läßt. In ihrem Gebiet sind nämlich vor-indoarische Namen belegt, und einiges aus dem einheimischen Wortschatz ist, separat voneinander, sowohl in das Vedische als auch in das frühe Iranische übernommen worden, so Wörter für Ackerbau, Hausbau, Ziegel, aber auch einige Termini der Religion, wie der Begriff (amshu) für den heiligen Trank Soma und die Namen einiger Götter. Man kann daher annehmen, daß die Sprecher des Indoarischen, Nuristani und Iranischen auf ihrem Durchzug durch das Gebiet der Oxuskultur von dieser beeinflußt wurden. Es handelt sich um eine Art Billard-Effekt: Eine Kugel stößt die andere voran, der Effekt ist am Ende der Kette sichtbar, aber die letzte hat wenig oder gar nichts mehr mit der ersten gemeinsam.
Die rigvedischen «Arier»
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Vieles aus der Oxuskultur stammende sieht demnach im vedischen Indien «echt» indoarisch aus. Interessanterweise erscheinen dieselben Eigentümlichkeiten gut datierbar um 1400 v. Chr. auch im vorderasiatischen Indoarischen der Mitannis - ein weiteres Zeugnis dafür, daß die Sprecher des Indoarischen durch das Gebiet der Oxuskultur gekommen sein müssen. 3. Die rigvedischen «Arier»
Weist schon der Name der Pani auf eine zentralasiatische «Zwischenheimat» hin, so gibt es auch eine Reihe von Ortsund Flußnamen, die auf zeitweilige Siedlungen in bzw. auf einen Zug durch Afghanistan deuten. Im Rigveda sind die Namen der ostafghanischen Flüsse (KubhƗ = Kabulfluß, Krumu = Kurram, GomatƯ = Gomal), aber wohl auch die weiter westlich gelegenen Flüsse von Arachosien (SarasvatƯ) und Herat (Sarayu) erwähnt. Auch die östlich von Afghanistan gelegene Landschaft SuvƗstu (Swat), wo noch heute ein archaischer indoarischer Dialekt gesprochen wird, und der Name des BhalƗnas-Stammes tauchen darin auf. Dieser entspricht wohl dem heutigen BolƗn-Fluß und -Paß bei Quetta in Balutschistan. Im übrigen ist im Rigveda häufig von Bergen und engen Pässen die Rede, bei deren Überquerung man, wie auch heute noch afghanische Hirten, feindlichen Angriffen ausgesetzt war. Wovon die Texte sprechen, ist stets: Wasser und «Weite» (Lebensraum) für das Vieh sowie, mythologisch zu verstehen, «Licht». Wie diese Einwanderungen im einzelnen vor sich gegangen sind, bleibt vorläufig noch undeutlich. Zum einen wird man wohl an eine regelrechte Völkerwanderung denken dürfen; häufiger aber wird es sich, wie auch später immer wieder, um schon «afghanische» Stämme gehandelt haben, die im Laufe der Zeit nicht nur die lokale baktrische, in diesem Fall indoarische Sprache, sondern auch Religion, Ritual, Gesellschaftsordnung, Sitten und Gebräuche wenigstens teilweise übernommen hatten und nun als «Arier» (Ɨrya) auftraten. Dies ist wohl der richtige Augenblick, einiges zu diesem Terminus zu sagen. Bekanntlich ist er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von verschiedenen politischen Splittergruppen
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Die vedische Periode
und dann vor allem von den Nationalsozialisten als Bezeichnung für eine nordeuropäische «Rasse» verwendet worden, und zwar doppelt zu Unrecht. Denn einerseits betonen Anthropologen und Genetiker seit Jahrzehnten, daß es keine wissenschaftlichen Kriterien gibt, die es erlauben würden, die heutigen Menschen in verschiedene «Rassen» einzuteilen. Die gebräuchlichen Kriterien sind so unscharf, daß vermeintliche Unterschiede zwischen Afrikanern und Europäern oder zwischen diesen und den Ostasiaten so minimal sind, daß eine deutliche wissenschaftlich haltbare Abgrenzung nie feststellbar ist. Man ist bei derartigen Klassifizierungen stets dem Augenschein und Gutdünken gefolgt. Zum anderen bezeichnete der indoiranische und vedische Begriff arya/Ɨrya (iran. airiia/ariya), wie schon der Indologe Max Müller und der Indogermanist Hermann Hirt vor hundert Jahren betonten, die Angehörigen einer bestimmten Sprache und Kultur, nicht aber deren äußere Erscheinung (Phänotyp). In der Tat bezeichneten sich die alten Perser, Ostiraner (im Avesta) und die Vedisch sprechenden Inder selbst als arya oder Ɨrya, was (mit P. Thieme) wohl «gastfrei» und späterhin, schon zur Zeit des Buddha, «edel» bedeutete. Alle anderen Stämme, die nicht der arischen Kulturgemeinschaft angehörten, wurden an-Ɨrya «unarisch» oder sogar Į-manushya «unmenschlich» genannt. Die «Anderen» wurden auch als dasyu «Feinde» (iran. danhu) oder dƗsa «Sklaven» (iran. danha) bezeichnet und somit, wie so oft, als «fremde Teufel» dämonisiert. Trotzdem sind rassistische Benennungen, etwa nach der Hautfarbe, im Rigveda nicht deutlich erkennbar. Mit «schwarz» ist wohl meistens die Farbe der Dämonen gemeint; und die berühmte Bezeichnung der dasyu als «flachnasig» (a-nƗs, «ohne Nase»), die nur einmal (!) vorkommt, beruht auf einem Übersetzungsfehler des rassistisch eingestellten späten 19. Jahrhunderts: Es ist von an-Ɨs-Leuten die Rede, die «ohne Mund» (Ɨs), d.h. ohne die rechte (arische) Sprache sind, wie der Kontext lehrt. Da sich nur die indoarisch sprechenden nördlichen Inder und die Iraner als Ɩrya bezeichnen, ist es mehr als ironisch, daß die Nazis gerade die einzigen wirklichen Arier in Europa, die Zigeuner (Roma, Sinti), verfolgt und zu Hunderttausenden ermordet haben.
Die Rolle des Substrats und Akkulturation
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Bekanntlich sprechen sie eine archaische neuindische Sprache, die dem modernen Dardischen, Panjabi, Hindi usw. eng verwandt ist. 4. Die Rolle des Substrats und Akkulturation
Wie bereits deutlich wurde, waren die Stämme, die Indoarisch (Vedisch) sprachen und der vedischen Kulturnorm entsprachen, nicht die erste und auch nicht die einzige Bevölkerung im Panjab und in angrenzenden Regionen. Eine genauere Untersuchung des Rigveda zeigt, daß dieser schon ein typisch indischer Text ist, der die einheimische Natur und Kultur widerspiegelt. Obwohl der hochpoetische und hieratische Rigveda Hymnen zu den wichtigsten Ritualen umfaßt, finden sich hier doch etwa vier Prozent autochthoner Wörter (F. B.J. Kuiper), die deutlich als nicht-indoarisch erkennbar sind. Linguistisch gesehen haben solche Fremdwörter meist eine andere Laut- und Wortstruktur. So sind im Rigveda die Begriffe für viele einheimische Pflanzen und Tiere, für weite Bereiche der Landwirtschaft, des Dorflebens und der Musik sowie für bestimmte Aspekte der (niederen) Religiosität deutlich als «fremd» zu identifizieren. Beide Bevölkerungsgruppen, die indoarisch und nicht-indoarisch Sprechenden, müssen schon lange Zeit - und oft zweisprachig - miteinander gelebt haben, als die Lieder des Rigveda verfaßt wurden. Man hat also mit etlichen Wellen von Akkulturation der Indoarier und der einheimischen Bevölkerung zu rechnen. Natürlich haben nicht alle einheimischen Gruppen die vedische Sprache und Kultur übernommen. Das ist im Rigveda an den Stellen deutlich feststellbar, an denen die «Ureinwohner» im Panjab als «Götzenanbeter, Phallusanbeter, Zauberer» oder sogar als solche Menschen bezeichnet werden, die wie die fremdstämmigen Kikata «nicht mit Kühen umzugehen verstehen». Wie die ostafrikanischen Massai sehen es die vedischen Stämme nämlich als gegeben an, daß ihnen alle Rinder gehören und die Eingeborenen sie ihnen nur gestohlen haben können, so wie es auch die vedischen Götter ihren Gegnern, den Asura, zuschreiben.
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Die vedische Periode
Interessanterweise sind diese Fremdwörter in den älteren Schichten des Rigveda nicht dem Dravidischen verwandt. Man hat das bisher als gegeben vorausgesetzt, weil man die Induskultur stets als dravidisch sprechend ansah. Solange man aber deren Schrift nicht lesen kann, läßt sich über die Indussprache nichts Konkretes aussagen. Auch die heute nord-dravidisch sprechenden Brahui in Balutschistan sind erst im Mittelalter aus Zentralindien zurückgewandert. Damit entfällt ein wichtiger Beweispunkt für die These einer «dravidischen» Indussprache. Statt dessen sollte man die etwa zwei Dutzend mesopotamischen Siegel und die mit dem Indienhandel nach Mesopotamien gekommenen Lehnwörter aus dem Persischen Golf und Sindh besser auswerten. Seltsamerweise aber hat man bisher die einzigen mehr oder weniger zeitgenössischen und viel zahlreicheren einheimischen Quellen aus dem Panjab, nämlich aus dem Rigveda, kaum oder gar nicht benutzt, um ein Licht auf die späte Induskultur und deren Nachfolgekulturen scheinen zu lassen. Im frühen Rigveda jedoch finden sich mehr als 200 Wörter vor allem aus dem Landleben, die nicht als dravidisch zu identifizieren sind, sondern wegen ihrer offensichtlich präfigierenden Wortstruktur den sogenannten austroasiatischen Sprachen (wie Munda, Khasi, Mon, Khmer) näher stehen. Der Verfasser hat vorgeschlagen, im Substrat des Rigveda eine archaische austroasiatische Sprache (Para-Munda) zu sehen, die eher dem recht archaischen Khasi (um Shillong, in den Bergen von Assam) ähnlich ist. Erst im späteren Rigveda tauchen in zunehmendem Maße dravidische Wörter auf. Man kann dabei an verschiedene Modelle denken, etwa an einen Marsch der dravidisch sprechenden Bevölkerung des Sindh nach Norden aufgrund der zunehmenden Austrocknung dieses Gebietes. Hier ist noch viel zu erforschen. Auf jeden Fall ist ersichtlich, daß, wie F. B. J. Kuiper stets betont hat, vom (späten) Rigveda ab mindestens drei verschiedene Sprachgruppen miteinander in engem, mehrsprachlichem Kontakt stehen, die man nun als das dominierende Indoarische, das früh akkulturierte «Para-Munda» und das neu hinzugekommene Dravidische benennen kann. Weiter östlich, im Yamuna/
«Könige» oder «Großhäuptlinge»?
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Gangesgebiet, ist noch eine weitere, ganz unbekannte Sprache aufgetaucht, die deshalb von C. Masica «Language X» genannt wurde. All das hat sich natürlich auch auf die lokale Kultur und Religion ausgewirkt. Hier ist aber noch zu wenig bekannt, da die frühen Stufen des Dravidischen und Austroasiatischen nur aufgrund linguistischer Rekonstruktionen erschließbar sind. Denn selbst die Texte der nach dem Vedischen am frühesten in Südasien belegten Sprachgruppe, des Dravidischen, erscheinen erst etwa zur Zeitenwende in archaischem Tamil, das heißt etwa zweitausend Jahre nach dem Zusammenbruch der Induskultur, und nicht im Panjab, sondern ganz am anderen, südlichen Ende des Subkontinents, in Tamil Nadu. Daß hier große Vorsicht zu walten hat, ist wohl deutlich. Viele Forscher hat das aber nicht davon abgehalten, weitgehend zu spekulieren oder, was schlimmer ist, aus allerlei ethnozentrischen und nationalistischen Motiven heraus eine goldene indische Vergangenheit zu rekonstruieren, die entweder «arisch» (d.h. nordindisch) oder «frühdravidisch» (d.h. südindisch) ist. Manche leugnen nun die linguistischen Unterschiede sogar ganz, um eine bronzezeitliche oder - aufgrund neuer Unterwasserfunde in Gujarat - gar eine jungsteinzeitliche pan-indische Phantasiekultur heraufzubeschwören. 5. «Könige» oder «Großhäuptlinge»?
Die Indoarier selbst sind im Rigveda in viele (etwa 30) Stämme und noch mehr Clans aufgespalten und treten nie als ein «Volk» auf. Sie haben allerdings ein gewisses Zusammengehörigkeitsgefühl, das sich in dem oft erwähnten Gegensatz Ɩrya: Dasyu ausdrückt; ein spätvedischer Text (Aitareya Ɩranyaka 8.9) umschreibt die vedischen Länder als solche, «wo die arische Sprache gesprochen wird» (wie es ganz ähnlich und etwa gleichzeitig auch ihr iranischer Verwandter, der Perserkönig Dareios, 519 v. Chr. ausdrückt). Die vedischen Indoarier handeln aber, anders als die Perser, nie gemeinsam mit anderen oder als Stammesbund.
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Die vedische Periode
Statt dessen findet sich nur eine Reihe von lockeren, sich stets wieder auflösenden und neu zusammenfindenden Stammesverbänden, die ständig miteinander und gegen die Vorbevölkerung kämpften. Die bekanntesten sind die wohl rituell organisierten «Fünf Völker» (panca jana usw.) des Panjab: die Anu-Druhyu, Yadu-Turvasha und die Pnjru, zu denen später auch die Bharata treten. Die ersten vier sind wohl die älteren indoarischen Bewohner des Panjab, deren Namen übrigens nicht alle aus dem Indogermanischen zu erklären sind. Sie dürften über etliche Jahrhunderte hinweg eine weitgehende Akkulturation mit den übriggebliebenen Einwohnern durchgemacht haben. Diese frühen indoarischen Stämme wurden von den Pnjru und ihrem ursprünglichen Teilstamm, den Bharata, überlagert. Die meisten Lieder des Rigveda umspannen nur etwa fünf Generationen von «Stammeskönigen» und ihren Dichtern. Beide sind eng mit den Pnjru und Bharata verbunden. Es scheint, daß diese Stämme eine etwas jüngere Form der vedischen Sprache mit sich brachten, die in vielen Zügen dem ostiranischen Avesta der nach-zoroastrischen Zeit ähnlicher ist. Mit andern Worten, es handelt sich bei ihnen um neu eingewanderte «afghanische» Stämme. So vermied typischerweise Vasishtha, ein später Zuwanderer von jenseits des Indus und Hauptpriester der Bharata, in seinen Liedern (Rigveda 7, vor der spätvedischen Redaktion) tunlichst indische grammatische Neuerungen, wie die auffallenden retroflexen Laute und die absolutiven Partizipien, die es beide in Iran und West-Afghanistan nicht gab. Der wichtigste «König» der Bharata war SudƗs. Man wird in all diesen Fällen wohl eher von einem (Groß)häuptling sprechen müssen. Gegen Ende der mittel-rigvedischen Zeit, die durch die meisten der Lieder des Rigveda repräsentiert ist, besiegte er alle Gegner der Bharata in der berühmten «Zehnkönigsschlacht» (dƗsharƗjna, Rigveda 7.18) in der Landschaft MƗnusha an der ParushnƯ (Ravi-Fluß). Dabei ließ er die natürlichen Dämme durchstechen und alle Gegner hinwegschwemmen. Die «6066» getöteten Feinde des SudƗs umfaßten die im einzelnen genannten (oder nur poetisch angedeuteten) «Fünf Völker» und wenig bekannte Stämme sowie deren Bhrigu- und Kavasha-Dichter
Die frühen Staaten der mittelvedischen Periode
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und -Priester. Mit seinem Sieg, der durch den «Hofpoeten» Vasishtha kunstreich und ironisch gefeiert wurde (H.-P. Schmidt), errangen SudƗs und seine Bharatas für etliche Jahrhunderte die Oberherrschaft im Panjab und späterhin auch im oberen Gangesgebiet. Die Geschichte von der Zehnkönigsschlacht ist im Rigveda noch ganz lebendig von einem Augenzeugen und Bundesgenossen - wenn auch politisch bedingt recht polemisch - geschildert. Sie ist im Laufe der Zeit bis hin zum Epos immer sagenhafter geworden. Der Stammesname der Bharata hat schließlich dem ganzen indischen Subkontinent (BhƗratavarsha) und nun auch dem modernen indischen Bundesstaat seinen Namen (BhƗrat) gegeben.
V. Die frühen Staaten der mittelvedischen Periode
Gegen Ende der rigvedischen Periode veränderte sich die gesellschaftliche und politische Lage plötzlich, ohne daß man in unseren nur spärlichen Quellen die genauen Gründe feststellen könnte. Die etwa 30 Stämme des Rigveda wurden von einem großen Stammesverband, den Kuru-PancƗla, abgelöst, der von etlichen kleineren Stämmen umgeben ist. Man kann das durchaus mit den etwa 50 dem Tacitus bekannten germanischen Stämmen vergleichen, die wenig später durch den großen und erfolgreichen Stammesverband der Franken abgelöst wurden. In den nachrigvedischen Texten ist jedenfalls nur noch von den Kuru oder vom Kuru-PancƗla-Verband die Rede, und die wenigen anderen kleinen Stämme (Ushinara, Matsya usw.) treten nur ganz am Rande auf. Diese Periode wird durch die poetischen Texte der anderen SamhitƗs (Atharvaveda, Yajurveda-Mantras) und die RigvedaApokryphen (Khila) beschrieben. Sie dauert aber noch in den Prosatexten der Yajurveda-SamhitƗs fort. Geographisch sind all diese Texte eng begrenzt: Nicht mehr der Panjab steht im
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Die frühen Staaten der mittelvedischen Periode
Die frühen Indus- und Gangeskulturen (ca. 2600-500 v. Chr.)
Mittelpunkt, sondern das Wohngebiet der Kuru-PancƗla. Es wird im Westen von der heiligen Landschaft Kurukshetra (zwischen den Flüssen SarasvatƯ, mod. Sarsuti-Ghagghar-Hakra, und DrishadvatƯ, mod. Chautang) und im Osten vom Zusammenfluß von Ganges und YamunƗ (Jumna) begrenzt; im Norden sind es die Vorberge des Himalaya und im Süden die Dschungelberge des Vindhya. In diesem recht begrenzten Bereich spielte sich in den folgenden Jahrhunderten die «indische Geschichte» ab, denn andere zeitgenössische Quellen haben wir nicht. Die oben genannten Texte sind nicht leicht verständlich und dürfen schon gar nicht naiv-wörtlich ausgewertet werden; zudem sind sie häufig noch gar nicht übersetzt. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert hat man die «vorwissenschaftliche Wissenschaft» der BrƗhmana-Texte (H. Oldenberg), die auf unendlichen Korrelationen beruht, mit Max Müller als «twaddling of
Die Entstehung des Kuru-Reiches
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idiots» mißverstanden. Es läßt sich aber viel Sachliches feststellen, was vorläufig in Macdonnell und Keith's Vedic Index gesammelt ist. 1. Die Entstehung des Kuru-Reiches
Was bisher übersehen wurde, ist, daß es zwischen dem Ende des Rigveda (im Panjab) und dem Auftreten des Kuru-Stammesverbandes (in den modernen Staaten Haryana, Delhi und dem westlichen Uttar Pradesh) eine Gründerperiode gab, die nicht direkt durch unsere Texte repräsentiert wird, deren Bild aber aus vielen verstreuten Angaben zusammengesetzt werden kann. Daraus wird deutlich, daß sich die Bharata nach dem Sieg von SudƗs über seine Widersacher als die dominierende Macht in Nordwestindien etablierten. Noch viele Jahrhunderte lang führten die ihnen folgenden Kuru-Könige ihre Abstammung auf die Bharata zurück. Der erste bekannte Kuru-König, Parikshit, hatte aber einen Clan-Namen, der nicht auf die Bharata, sondern auf die von SudƗs besiegten Pnjru deutet! Offenbar wurde zwischen beiden Geschlechtern auch nach der vernichtenden «Zehnkönigsschlacht» geheiratet. Eine ähnliche Situation zeigt sich im damals alles beherrschenden, feierlichen öffentlichen und auch privaten Ritual. Im späten Rigveda standen nicht die Neuerungen von SudƗs' Priester Vasishtha, sondern die von VishvƗmitra und seiner Nachkommen im Vordergrund. Weiterhin war ein direkter Nachkomme des berühmten «alten Kavasha», der in der Zehnkönigsschlacht auf der Seite der Pnjru getötet wurde, der wichtigste Priester von Parikshit. Es handelt sich um Tura KƗvasheya, der wahrscheinlich das komplizierte Agnicayana-Ritual «erfand», welches die rituelle «Wiedergeburt» und die magische Stärkung des Königs nach Ablauf eines jeden Jahres ermöglichte. Die patronymisch bestimmte Namengebung von KƗvasheya erlaubt festzustellen, daß nur vier Generationen zwischen SudƗs und Kavasha einerseits und Parikshit und KƗvasheya andererseits verstrichen (Kavasha - KƗvasha - KƗvashi - KƗvasheya).
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Die frühen Staaten der mittelvedischen Periode
Ähnliches läßt sich neuerdings auch archäologisch zeigen. Ausgrabungen in Haryana (Bhagwanpur) weisen auf eine schon nicht mehr städtisch angelegte Siedlung der Harappa-Nachfolgekultur und eine Überschneidung mit der eisenzeitlichen Painted-Grey-Ware-Kultur (PGW-Kultur; die deutsche Bezeichnung für PGW «bemalte graue Keramik» ist unüblich) hin, die hier bis weit ins 1. Jahrtausend v. Chr. reicht. Damit wird deutlich, daß die spät-rigvedische Periode, die noch kein Eisen kannte, hier direkt in die Eisenzeit übergeht, die in Nordwestindien zuerst durch die PGW repräsentiert wird. Anscheinend ist die Eisenherstellung in der Region entwickelt worden, sowohl im östlichen Vindya-Gebirge (Jharkhand) als auch in den Tälern des Himalaya. Der Übergang hat nicht überall zum selben Zeitpunkt stattgefunden, im Nordwesten erst um etwa 1000/900 v. Chr., im Süden (Hallur) schon um 1200 v. Chr. Auch hier ist die archäologische Forschung - und damit die Datierung des Rigveda - noch im Fluß. Eine wirklich genaue Erfassung von Überschneidungen der in den Yajurveda-SamhitƗs und im Atharvaveda beschriebenen Kultur mit der archäologisch belegten PGW steht noch aus. Beide sind zum gleichen Zeitpunkt in einem Gebiet zu finden, das von Cholistan (an der unteren Ghagghar-Hakra) bis etwa nach Allahabad und vom Himalaya über den YamunƗ-Fluß hinaus entlang des Chambal-Flusses bis hin zum VindhyaGebirge reicht. Die Texte sprechen deutlich von Kurukshetra und dem Land, in dem die Flüsse meistens nach Westen (Ravi, Ghagghar-Hakra usw.) bzw. nach Osten (Ganges und YamunƗ) fließen. Abgesehen vom Eisengebrauch zeigen beide Kulturen auch Übereinstimmungen in der Nahrung (Reis und Gerste, daneben Weizen und Hülsenfrüchte) sowie in der Haustierhaltung (Pferde, Kühe, Schafe, Ziegen, Büffel und Schweine). Obwohl die Indoarier in dieser Periode noch weitgehend halbnomadisch mit Ochsenwagen umherzogen und ihre «Häuser» eher schnell aufgebauten mongolischen Jurten glichen, benennen die Texte stets die oben genannten Hauptflüsse, die sicher auch die Grenzen bildeten, als für das Siedlungsgebiet bestimmend. In der Tat sind dementsprechend die archäologischen
Die Entstehung des Kuru-Reiches
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Reste dieser Zeit zunächst an den großen Flußläufen zu finden; erst langsam siedelte man auch im Landesinneren. Dennoch bleibt eine Lücke bestehen: Die vedischen Texte wissen noch nichts von Ziegelhäusern, obwohl Ziegel im Ritual gebraucht werden, um den großen Agnicayana-Altar mit fünf Ziegelschichten aufzubauen. Im Ganges-YamunƗ-Zwischenstromland hat man bisher nur ein einziges Ziegelhaus dieser Zeit gefunden. Genau wie in der späten rigvedischen Zeit nicht von den kleinen Städten des östlichen Panjabs die Rede ist, so fehlen auch in den zeitgenössischen nach-rigvedischen Texten Hinweise auf die seßhafte Bevölkerung der PGW-Siedlungen. Wenn seßhafte Stämme erwähnt werden, wie zum Beispiel die volksetymologisch benannten NishƗda («die an der eigenen Stelle sitzen»), so erscheinen sie stets als Unreine oder Banditen, in deren Siedlung man sich nicht aufhalten soll. Es ist also anzunehmen, daß sich die vedischen Inder, hauptsächlich Viehzüchter, auch weiterhin von den Ackerbau betreibenden Ureinwohnern absetzten und fernhielten, obwohl einige von diesen natürlich in den Trecks als Handwerker und auch als Haussklaven mitzogen. Die vedischen, nur zeitweilig benutzten, mehr oder weniger festgelegten Lager sind aber nur schwer zu identifizieren und deshalb auch noch nicht aufgefunden worden. Was wir bisher sehen können, sind nur die festen Siedlungen der einheimischen Bevölkerungsgruppen. Dazu paßt, daß im Neda keine Dorf- oder Stadtnamen überliefert sind. Selbst der Stammsitz der Königsfamilie in Kurukshetra, Rohitakaknjla, wird nicht als Dorf beschrieben. Die Könige ziehen stets umher. Der halbnomadische Charakter der vedischen Inder wird auch daraus ersichtlich, daß in den Texten von «Expeditionen» nach Osten und Süden (wohl entlang des Chambal-Flusses) die Rede ist, in deren Verlauf man den seßhaften Einwohnern im Herbst die Reisernte abnahm: Zwei parallele Texte schildern einen «siegreichen Vormarsch nach Osten» bzw. «nach Süden». Ein spätvedischer Text aus dem Osten Nordindiens (Shatapatha-BrƗhmana) allerdings nennt dergleichen schon «einen Brauch der Vergangenheit».
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Die frühen Staaten der mittelvediscben Periode
Aus all dem wird deutlich, daß die Kuru-Periode sich noch durch die «Landnahme» auszeichnete. Zwar war man schon in dem genannten Gebiet «ansässig», das nach dem Ende der vedischen Zeit ƖryƗvarta «(Gebiet des) Umherziehen(s) der Arier» hieß, man war aber - jahreszeitlich bedingt - stets mit dem Vieh auf der Suche nach neuem und besserem Weideland und ergänzte den Proviant durch Raubzüge. So überwogen in dieser Periode Unsicherheit und - wegen des in Nordindien häufig ausbleibenden Monsuns - stets drohender Hunger, wie vor allem Wilhelm Rau betont hat. Zudem mußte man immer befürchten, vom Nachbarn oder von «hinten» (das heißt im vedischen Indien aus dem Westen) angegriffen zu werden. Tatsächlich ist die KuruDynastie selbst späterhin durch Neuankömmlinge, die halbvedischen Salva, abgelöst worden. 2. Kuru-Orthopraxie: Ritual, Status und Gesellschaft
Das Kuru-Reich ist für das ganze spätere Indien von fundamentaler Bedeutung. In dieser Zeit wurde nämlich die bis heute bestimmende Zusammenarbeit zwischen den beiden oberen Klassen der Priester (Brahmanen) und Adligen (Kshatriya) sowie deren Vorherrschaft über die unteren zwei Klassen des gewöhnlichen Volkes (Vaishya und die außerhalb stehenden Shnjdra), einschließlich der hierarchisch-religiösen Beziehungen zwischen den Klassen, eingerichtet. Ferner wurde das Regime des komplizierten Rituals im staatlichen und privaten Bereich festgeschrieben und die erste Sammlung der dabei bis heute benutzten vedischen Texte angelegt. Schließlich wurde die Struktur eines dezentralisierten Königtums und der entsprechend funktionierenden Adligenherrschaften, Clans und Großfamilien begründet sowie das patriarchalische Familiengefüge bestärkt. All das wurde religiös in ein großes Schema des Austauschs von Gütern zwischen Menschen und Göttern eingebaut und durch die Aussicht auf einen rituell erreichbaren Platz im Himmel abgesichert. Wegen seiner fundamentalen Bedeutung ist es notwendig, diesen Vorgang ein wenig näher zu betrachten.
Kuru-Orthopraxie
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Auf geniale Weise ersetzten die Bharata- und die frühen KuruKönige den rigvedischen Kampf aller gegen alle durch einen ritualisierten Wettstreit: Jeder kleine Adlige und selbst die Mitglieder des Hochadels, der allein die Kuru-Könige stellen konnte, wurden nun angehalten, sich durch eine Reihe von zunehmend komplexeren Ritualen «hochzudienen», wobei der Lohn nicht nur das Ansehen im Stammesverband, sondern auch ein «Platz im Himmel» war. Nur wer diese Rituale ausführte, gelangte für immer in die Welt der Götter. Alle anderen mußten sich mit einem zeitweiligen Aufenthalt in der den Göttern benachbarten «Welt der Väter» begnügen. Von dort fielen sie aber, wie ein noch nicht übersetzter Text sagt, «als Sternschnuppen» wieder herunter in die Welt der Menschen, um wiedergeboren zu werden. Die Shnjdra sind selbstverständlich von all dem ausgeschlossen und fungieren allenfalls im karnevalistischen Neujahrsritual als «loyale Opposition». Wenn dabei der Brahmane sagt: «Wir haben alles ersiegt», muß der eigens herbeigebrachte Shnjdra antworten: «Ihr habt uns alles weggenommen.» Da die in dieser Periode von Brahmanen für Brahmanen verfaßten Texte ganz vom Eigeninteresse bestimmt sind, sind sie - sozial gesprochen - naiv unreflektiert und erstaunlich direkt. Es wird ohne Umschweife, in quasi marxistischer Weise verkündet: Nur wenn die Adligen und die Brahmanen (brahmakshatra) zusammenhalten, können sie die Masse des Volkes (die Vaishya und Shnjdra) in Schach halten, und es werden verschiedene Fälle angeführt, bei denen die Nichtbeachtung dieser (weitgehend bis heute geltenden) Grundregel zum Niedergang von Adligen und Königen führte. Wie so häufig wurden also Religion und Ritual dazu benutzt, die Gesellschaftsordnung zu erhalten. Um die rivalisierenden Adligen dazu zu bewegen, sich dem Ritual anzupassen und interne Raubzüge aufzugeben, unternahm man zur Ablenkung ihrer Energie nach außen «siegreiche Züge nach Osten/nach Süden»; zudem wurden sie angehalten, ihren Status im sich nun herausbildenden Kuru-Staat durch eine Stufenfolge von Ritualen zu verbessern.
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Die frühen Staaten der mittelvedischen Periode
Ein Sippenältester oder ein Angehöriger der Vaishya-Klasse wird nur die relativ einfachen «Hausrituale» (Grihya) der Lebensstadien von der Geburt bis zum Tode ausgeführt haben, die selbst heute noch von den Hauspriestern (purohita) mit Rezitationen in vedischem Sanskrit vorgenommen werden. Adlige mit mehr Ambitionen (Kshatriya) hatten die Möglichkeit, die komplizierten Shrauta-Rituale von vier bis siebzehn Priestern zelebrieren zu lassen. Ein Mitglied des Hochadels dagegen konnte sich durch eine einfache Libation (abhisheka) als lokaler Herrscher installieren lassen, mit weiteren Ritualen die Anerkennung als Stammesfürst erreichen. Mit einem RƗjasnjya vermochte ein Angehöriger des Hochadels die Würde eines Oberhäuptlings («König») und mit dem aufwendigen Pferdeopfer (ashvamedha) sogar die eines Oberkönigs zu erlangen. All diese Rituale sollen die magische Krafterneuerung des Königs bewirken und werden heute noch, wenn auch in etwas modifizierter Form, vom nepalischen oder thailändischen König ausgeführt. Beim Pferdeopfer wird der ausgewählte Hengst «freigelassen» und zieht dorthin, «wohin er will». 400 Krieger begleiten ihn und schützen ihn vor Übergriffen. Er zieht im Uhrzeigersinn durch alle Nachbarkönigreiche, um damit die Anerkennung der Oberherrschaft des Opferherrn zu veranschaulichen. Nach einem Jahr wird der Hengst zum Höhepunkt des Rituals erdrosselt. Die Königin muß sich dann, bevor das Tier zerlegt, gekocht und geopfert wird, mit diesem unter eine Decke legen, wobei sie von ihren drei Mitköniginnen und anderen Frauen rituell recht anzüglich geneckt wird: «Nun, bewegt es sich?» So wurde jeder Schicht des Volkes und Adels - die Shnjdra als «Nicht-Ɩrya» natürlich stets ausgenommen - eine entsprechende rituelle Position angeboten, wobei man je nach Mitteln und Wunsch eine höhere Stufe erklimmen konnte. Frei-' lieh gab es noch eine lange Zeit «Unterkönige», wie diejenigen aus den drei, ursprünglich sechs, großen Adelsfamilien der PancƗla sowie diejenigen aus den drei Unterstämmen der Kuru mit ihren späteren Hauptorten HastinƗpura und Indraprastha (Delhi). Beide Gruppen lassen sich auch anhand der unterschiedlichen Motive auf dem PGW-Tongeschirr abgrenzen.
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Diese Adligen mußte der König stets gegeneinander ausspielen, wobei der «vertriebene König» eine Standardfigur war, der mit Hilfe seiner Priester und Rituale sein «Reich» wiedererlangen wollte. Daneben gab es am Hofe die zehn Ratnin («die Kleinode besitzen»), die, wie am Frankenhof die Ministerialen, eine untergeordnete Stellung hatten. Wie es bei uns einen Marschall (Stallmeister), Kämmerling, Mundschenk, Herold, Hofkaplan und Kanzler gab, so fand sich auch im vedischen Indien der königliche «Metzger», «Fleischzerleger», «Speiseverteiler» (bhƗgadugha), «Würfelwerfer», Wagenbauer, Zimmermann, Wagenlenker (snjta), aber auch der Treckführer, Heerführer, Herold und Hauspriester (purohita). Man sieht, daß man klein anfing! Solche «Ministeriale» waren noch keine Beamten und wurden auch noch nicht bezahlt. Der Oberkönig war wie im Frankenreich von den ihm mehr oder weniger nahestehenden Unterkönigen und Stammesfürsten abhängig, die ihm im Kriegsfalle beistehen sollten. Abgaben, die stets in Gütern bestanden, wurden durch diese Adligen von den Vaishya, und um so mehr von den fast rechtlosen Shnjdra, oft brutal eingetrieben. Andererseits mußte der vedische König «zurückgeben». In einem ständigen Kreislauf von Gabe und Gegengabe hatte er nach außen als «großzügiger» Spender zu erscheinen. Gleiches galt auch für die noch höherstehende «Gesellschaftsschicht» der Götter, und zwar mit derselben Terminologie (dƗna, bali). Damit wurde eine totale Gleichsetzung zwischen der himmlischen, öffentlichen und privaten Sphäre hergestellt. Wie die Götter von dem, was man ihnen opfert, essen, die «Reste» (ucchishta) aber an die Opfernden zurückgeben, so verhalten sich auch der König und der «Hausvater» (grihastha, der pater familias). Zum Beispiel war es, ebenso wie heute, schon damals üblich, daß er und andere männliche Mitglieder der Familie die von den Frauen zubereiteten Mahlzeiten zuerst allein aßen, während die weiblichen Familienmitglieder die «Überreste» zu essen bekamen. In all diesen Fällen wird die sozial höhergestellte Gruppe (deva «Gott», d.h. Götter, König/Adlige, Männer) oft als «Esser» bezeichnet und damit gegenüber der niedriger stehenden
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Gruppe (Menschen, Volk, Frauen), kurz «Speise» (anna) benannt, bevorzugt. So wurde der kosmische Kreislauf der Gaben, allesamt technisch als «Speise» bezeichnet, in Gang gehalten. All das ist noch heute im Dorfleben sichtbar: So ist der Landbesitzer ein jajmƗn (vedisch yajamƗna «Opfersponsor»), und die Dörfler stehen mit ihm durch Arbeitsleistung gegen Bezahlung mit Getreide in einem Gabenaustausch. Ein anderes Beispiel dafür ist, wenn man etwa in Nepal sagt, man wolle «das Geld der (Entwicklungshilfe gebenden) Ausländer essen». Auf diese Weise werden die Gesellschaft, ja das ganze Universum, mit den vielfältigen Ritualen durch Austausch von «Speise» in Gang gehalten. Wird diese Ordnung (rita, späterhin dbarma) gestört, so drohen vielfältige Gefahren. Weil die Priester alle Details des Opfers und, was noch wichtiger ist, seine geheime Bedeutung kannten, erlangten sie in dieser Periode eine ungewöhnliche, oft eher fiktive als wirklich vorhandene Macht. Wie ihre BrƗhmana-Texte sagen, konnten sie durch absichtliche kleine Ritualfehler einen König ruinieren oder einem anderen zur Macht verhelfen. Natürlich achtete der König seinerseits darauf, daß die Priester ihm nicht zu mächtig wurden. Einerseits konnte er seinen Vertrauten, den Hauspriester, der oft auch sein Wagenlenker war, entlassen. Andererseits hatte die Kuru-Reform des Rituals und der Veda-Texte die bestehende Priesterschaft so umgemodelt, daß es statt der herkömmlichen sieben Priester nun je einen für die vier Veden mit jeweils drei Hilfspriestern gab. Ferner ging den periodisch stattfindenden größeren Opfern jedes Mal eine auf Konkurrenz beruhende «Priesterwahl» voraus. Durch geschickte Manipulation zwischen einheimischen und auswärtigen Brahmanen konnte der König - auch noch das ganze Mittelalter hindurch - die Brahmanen in Schach halten. Obwohl sie offiziell den ersten Stand bilden, wurde und wird ihre Stellung insbesondere von den Adligen (Kshatriya) nicht immer anerkannt, so etwa vom Buddha, der als Sohn eines einheimischen Fürsten seine eigene Klasse immer an die Spitze stellte oder wie auch heute noch Kshatriyas abfällig über ihre «gierigen, dummen» Brahmanen sprechen: Sie werden ja
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von ihnen als Hauspriester angestellt und bezahlt. Religiöser Anspruch und soziale Wirklichkeit stimmen also nicht immer überein. Das hier beschriebene System ist das Muster für vieles geworden, was bis heute den Hinduismus und die Hindu-Gesellschaft ausmacht.
VI. Drang nach Osten?
1. Der Export des Kuru-Modells nach Osten
Das sich in der Kuru-Zeit, d.h. in den späteren vedischen SamhitƗs, abzeichnende religiöse und soziale System war von nun ab im Nordwesten und später in ganz Indien vorherrschend. Es breitete sich relativ schnell in alle Richtungen aus, zunächst insbesondere in das östliche und südliche Nordindien, späterhin über den ganzen Subkontinent und schließlich auch nach Südostasien, wo es noch heute in Bali in voller Blüte anzutreffen ist. Kurz gesagt, das Kuru-System wurde das permanente Kulturmodell für Gesamtindien und Südostasien. Diese Ausbreitung ist wohl weitgehend friedlich vor sich gegangen, indem die Eliten der östlichen Gebiete das erfolgreiche System übernahmen. In unseren Geschichtsbüchern las und liest sich das meistens ganz anders. Dort ist stets noch von den Eroberungen der Arier die Rede, und begründet wird diese Behauptung zum Beispiel mit den Erzählungen des spätvedischen Shatapatha-BrƗhmana (1.4.i) wie dem «Marsch des Königs Videgha nach Osten». Tatsächlich handelt es sich in diesem Fall um eine Legende, die von der rituellen Inbesitznahme des Ostens spricht, wo sich «heruntergekommene Adlige» als Abenteurer, dann als Fürsten und Könige etabliert haben. Die geheimnisvollen VrƗtyas werden häufig noch als halbvedische oder nichtvedische (östliche) Stämme verstanden, sind aber, wie der Berliner Indologe Harry Falk gezeigt hat, lediglich junge Kuru-PancƗla-Männer, die während der Ferien, wenn sie nicht
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den Veda studierten, auf der Suche nach Startkapital (d. h. Kühen) waren. Sie konnten nur zu den benachbarten orthopraxen Nachbarn und «nach Norden» (GandhƗra) «ausgesiedelt» werden, nicht aber etwa in die nicht-indoarischen Stammesgebiete im Osten und Süden. Allmählich erreichte das Kuru-Modell auch Randgebiete im Norden (GandhƗra, Kaschmir, Nepal). Gegen die iranischen Reichsbildungen der Meder und Perser konnte es aber relativ wenig Boden gewinnen. Dasselbe gilt auch für jene späteren Epochen, als indische Händler entlang der Seidenstraße unter starkem buddhistischen Einfluß bis hin nach China Handelskolonien gründeten. Der Osten Nordindiens umfaßte damals Kosala und Videha, d. h. die Gebiete nördlich des Ganges. Dazu gehörten das heutige Audh im östlichen Uttar Pradesh und das nördliche Bihar, mit anderen Worten die Gegenden von Allahabad bis Bhagalpur am Gangesknie. Die Kultur dieser Landstriche unterschied sich bis weit in die vedische Zeit hinein von der des Gebietes der Kuru-PancƗla. Im Osten dominierte nicht die PGW-Kultur, sondern eine ältere neolithische mit verstreuten Weilern von Brandrodung betreibenden Reisbauern sowie von Jägern und Sammlern, die weitgehend durch die Black Slipped und Black and Red Ware-Kulturen repräsentiert werden. Die soziale Gliederung ist noch relativ einfach; Hinweise auf Stammes- oder Staatenbildung gibt es noch nicht. Dennoch wurde gerade dieses Gebiet für ganz Indien gegen Ende der vedischen Zeit (etwa um 500 v. Chr.) sehr bedeutsam. Im Atharvaveda wurden selbst noch die KƗshi, die Bewohner der späterhin «heiligen» Benares-Gegend, als Außenseiter angesehen. Man wünschte ihnen allenfalls das Fieber und den Husten (kas-kas) an den Hals. Ihre Nachbarn südlich des Ganges, die Magadha, blieben die ganze vedische Zeit hindurch unreine «Ausländer», die man nur im Neujahrskarneval als die typisch «Anderen» hinzuzog und öffentlich mit der Dorfhure kopulieren ließ. Alles Östliche galt den KuruPancƗla als bäurisch, heruntergekommen oder dämonisch (asura).
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Trotz alledem ist im Osten eine plötzliche Übernahme des Kuru-Modells erkennbar. Wie schon erwähnt, hat man das gern als eine Eroberung angesehen. In der Tat gibt es eine zuerst von A.Weber vor 150 Jahren herausgestellte Legende (ShatapathaBrƗhmana 1.4.1), die von einem «Marsch» des Feuergottes Agni von der SarasvatI in Kurukshetra bis hin zur Sadänlrä (GandakI) in Bihar spricht. Agni Vaishvänara («der zu allen Menschen gehört») «überbrannte» dabei alle kleineren Flüsse Nordindiens und machte erst an der Grenze zu Bihar halt. Die Gebiete östlich der Gandaki seien «damals zu sumpfig» und für Brahmanen unpassend gewesen, «nun aber», zur Zeit des Textverfassers, hätten sie das Land durch Agni (d. h. durch ihre Feuerrituale) ausgetrocknet, «süß gemacht» und für die auf dem vedischen Klassensystem beruhende Ackerbaugesellschaft zugänglich gemacht. Das ist natürlich eine fromme Brahmanenlegende, da gerade dies die Gegend ist, in welcher der indische Reisanbau vorherrschend ist! Die Betonung des Feuergottes und der Brahmanen zeigt aber, daß es sich hier um eine «rituelle» Inbesitznahme, mit anderen Worten um Akkulturation an das westliche vedische Modell handelt. Daher begann der Zug des Stammeskönigs Videgha Mäthava im «heiligen Land» des Veda, in Kurukshetra, und sein Priester, Gotama Rahügana, war, ganz unhistorisch, ein bekannter Dichter aus dem viel früheren Rigveda; er wurde so der mythische Vorfahre des späterhin im Osten sehr wichtigen Gautama-Clans. Von Videgha und seinen MƗthava hört man sonst nichts mehr, abgesehen von einer Legende in einem buddhistischen Text (SumangalavilƗsini 1258), die nicht Videgha, sondern den König IkshvƗku (OkkƗka) Feuer im Munde tragen läßt, den hypothetischen Vorfahren aller Könige von Kosala und auch des Buddha. Diese post factum konstruierten Legenden verbinden den ursprünglich nicht-vedischen Osten mit dem Rigveda und dem vedischen «Heiligen Land» von Kurukshetra an der SarasvatI. Die erwähnte Legende steht nicht allein. Ein weiterer Rigveda-Dichter, VishvƗmitra, mußte dazu herhalten, die Stämme des Ostens durch Adoption in die vedische Gesellschaft aufzunehmen: die Pundra, Pulinda, Shabara, Vanga, Mnjtiba, alle
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weitgehend wohl mundasprachigen Stämme. Die Erzählung (Aitareya-BrƗhmana 7.18) ist ein Teil der langen Geschichte von Shunahshepa («Hundeschwanz»), der von seinem Vater an den Ikshvaku-Stammeskönig Harishcandra verkauft worden war, um dessen Sohn Rohita von seiner Opferung auszulösen. Die IkshvƗku werden nur einmal im Rigveda genannt, waren aber eine nun im Osten siedelnde Adligengruppe, die vom JaiminlyaBrƗhmana (3.168) als «heruntergekommen» bezeichnet wird, weil sie unreines Essen zu sich genommen hat. Sie befolgten eben nicht in vollem Umfang die vorherrschende Kuru-Orthopraxie. Selbst der Kronprinz der Kosala sprach nicht gutes Vedisch, sondern «wie die Östlichen». Diese werden mit Barbaren und Dämonen verglichen und haben (wie später Ashokas Kanzleidialekt) entsprechende sprachliche Barbarismen (l für r, Shatapatha-Brahmana 3.2.1.23.). Aber gerade die IkshvƗkus sind die Stammväter von Raghu und des noch heute sehr populären Gottes Räma (dessen «Geburtsort» unter der Babri-Moschee von AyodhyƗ heute Schlagzeilen macht). Über einen legendenhaften «Umweg» ist IkshvƗku auch der Stammvater von Gautama Buddha geworden. Sein Sakya-Clan soll von AyodhyƗ wegen einer Palastintrige nach Kapilavastu (Südnepal) ausgewandert sein. Wie viele Adlige führten sie den Clan-Namen ihrer Hauspriester, den von dem oben genannten rigvedischen Dichter Gotama abgeleiteten Gautama. Selbst im Shatapatha-BrƗhmana, das teilweise in Kosala, teilweise in Videha entstand und redigiert wurde, kommen die «Östlichen» also nicht gut weg. So haben die KƗshi schon «zehn Generationen lang» das heilige Ritualfeuer verloren (mit anderen Worten, sie haben es nie besessen!). Zudem bauten die «Östlichen» ihre Grabdenkmäler nicht wie im Kuruland üblich, als kleine, maximal mannshohe viereckige Grabhügel, sondern in «ganz runder Form.» Deutlich ist damit der Stupa gemeint, der sonst zuerst bei der Beerdigung des Buddha auftritt. Die «Östlichen» wurden auch kurz und schmerzlos udantya «Ausländer» und asura «Dämonen» genannt, die erst durch Brahmanen «kultiviert» werden mußten.
Die Dravida und die südindischen Megalithkulturen
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Die sich nun herausschälende östliche Elite holte in zunehmendem Maße westliche Brahmanen ins Land, um dieses zu «versüßen» und in Religion und Ritual dem bisher dominierenden Westen (den Kuru-PancƗla) anzugleichen. Es war damals modisch und politisch vorteilhaft, die Kuru-Orthopraxie zu imitieren, von der Stellung des Königs bis zu vedischen Opfern und großen Redewettbewerben, zu denen von fern her Brahmanen eingeladen wurden. In einer frühen Upanishad (BrihadƗranyaka-Upanishad 3) haben wir ein lebendiges Bild eines solchen Wettstreits. Die dort auftretenden Brahmanen gehören weitgehend zu westlichen vedischen Schulen. Die Gewinner wurden mit Goldstücken und mit tausend Rindern belohnt. Die Frage ist natürlich, wie die Könige des Ostens, in Kosala und Videha, sich derartig teure Festlichkeiten leisten konnten. Offensichtlich erfolgte der Übergang zur Eisenzeit hier relativ rasch. Dabei haben die eisenführenden Gegenden im Himalaya ebenso Material geliefert wie diejenigen südlich der Gangesebene in den Bergen des Vindhya (Jharkhand). Der systematische Reisanbau brachte zudem einen Überschuß mit sich, der für andere Zwecke ausgenutzt werden konnte. Als vedisch werden von diesen Regionen nur Kosala (östl. Uttar Pradesh, Audh) und Videha (in Nord-Bihar) erwähnt; Magadha, südlich des unteren Ganges, bleibt abseits. 2. Die Dravida und die südindischen Megalithkulturen
In unseren frühen Texten und seit der Unabhängigkeit Indiens (1947) auch in den Ausgrabungen der Archäologen hat das «arische» Nordindien stets überwogen. Gerade deshalb darf hier aber der Rest des Subkontinents nicht vergessen werden. In den weitläufigen Gebieten südlich der von dichtem Urwald bedeckten Vindhya-Berge fand sich schon um 1000 v. Chr. eine eisenzeitliche Megalithkultur mit großen «Hünengräbern». Diese erstreckte sich von den Bergen des südlichen Bihar bis an die Südspitze Indiens, wobei die frühesten Belege (um 1200 v. Chr.) aus Hallur stammen. Über weite Gebiete
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hin hielt sich diese Kultur bis in die Zeit der frühen nordindischen Reiche des mittleren und ausgehenden 1. Jahrtausends v. Chr. Aufgrund linguistischer Kriterien wissen wir, daß der Süden, wohl ausgehend von Gujarat und Maharashtra, in der Mehrheit von Dravidisch sprechenden Menschen besiedelt wurde. Dazu kommen in Orissa und Madhya Pradesh Munda-Stämme sowie einige wenig erforschte, noch ältere Substratgruppen (Bhil, Nahal, Nilgiri-Stämme, Vedda u. a.). Das vereinfachende Bild eines indoarischen Nordens und eines dravidischen Südens ist viel zu oberflächlich und dazu nun oft politisch beeinflußt. Selbst heute noch werden die indoarisch sprechenden Gujarat- und Maharashtra-Brahmanen zu den DrƗvida gezählt, und weite Teile Maharashtras scheinen bis in das Mittelalter hinein Dravidisch gesprochen zu haben. Über die frühe Staatenbildung im Süden soll weiter unten die Rede sein (s. IX.9). 3. Die «16 Länder» Nordindiens
Die zeitgenössischen nordindischen «Länder» (die MahƗjanapada der buddhistischen Texte) gingen wie die Kuru häufig aus der Vereinigung einiger kleinerer Stämme hervor, weshalb sie zum Teil auch zwei Hauptorte behielten. Sie werden in den Listen des buddhistischen PƗlikanons - ähnliche tauchen in den frühen Jaina-Texten auf - wie folgt aufgeführt: KƗsƯ, Kosala, Anga, Magadha, Vajji, Malla, Cetiya, Vamsa, Kuru, PancƗla, Maccha, Snjrasena, Assaka, Avanti und im «Norden» (uttarƗpatha) GandhƗra und Kamboja. Sie sollen im folgenden kurz charakterisiert werden. Kosala umfaßte die Region östlich der GomatƯ (nun Gumti) und westlich der SadƗnƯrƗ (nun Gandak.) Die Vajji (Vriji) waren eine Konföderation von acht Stämmen (ashtakula), deren Gebiet zwischen der SadƗnƯrƗ und dem Kosi-Fluß lag: die Licchavi, Videha, Malla u. a. Die Sakya lebten um Kapilavastu und Lumbini herum in Südnepal. Anga lag im Gangesknie östlich von Magadha. Nördlich des Ganges, im Gebiet des heutigen Benares, befand sich KƗshi.
Die «16 Länder» Nordindiens
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Wie oben schon gesagt, wurde es von den vedischen Texten als unzivilisiert angesehen; es ist aber durch die erste Predigt des Buddha (in Sarnath) bekannt. «Heilig» ist es indes erst viel später geworden, denn selbst die PurƗnas sprechen noch von seinen dämonischen Königen. Westlich davon am Unterlauf von YamunƗ und am Ganges lag Vatsa (Vamsha) mit seinem Hauptort KaushƗmbƯ (nun Kosam). Von dort führte eine große Überlandstraße nach Süden, nach Ujjain, einer relativ frühen Stadt in Avanti. Das JaiminƯya-BrƗhmana (1.11 usw.), das in dieser Gegend verfaßt wurde, ist einer der wenigen Texte, der zum ersten Mal mehrfach einen nagarin «Stadtbesitzer (?)» erwähnt; nagara «Stadt» ist übrigens aus dem Dravidischen (nakar) entlehnt. Cedi lag weiter östlich von KaushƗmbƯ, südlich des Ganges. Im Süden des Vindhya-Gebirges hören wir von den Assaka (Ashmaka) am Oberlauf der Godavari. Westlich von KaushƗmbƯ lebten die Shnjrasena mit MathurƗ als Hauptort. Ebenso wie ihre Vorgänger (Salva, Yugandhara) waren sie ein neu eingewanderter Stamm mit einer zunächst nicht-brahmanischen Kultur ohne Klassengesellschaft (varna). Hier sind der Heros des MahƗbhƗrata, Krishna, und seine Vrishni zu Hause. Seine (eher «theoretischen») Vorfahren, die YƗdava, gehen auf den schon rigvedischen Stamm der Yadu zurück. Die bekannten Stämme der Kuru und PancƗla (mit je zwei Hauptorten, HastinƗpura und Indraprastha bzw. Ahicchattra und KƗmpila) spielten in dieser Zeit kaum mehr eine Rolle. Die Bharata- und PƗrikshita-Könige waren selbst den frühen Upanishaden schon Legende; einige buddhistische Texte stellen das schon legendäre Kuru-Reich als «gerecht» heraus. Der eigentliche Panjab wird (ebenso wie Sindh) in den Listen gar nicht erwähnt. Er war von allerlei «Außenseitern» (BƗhƯka) besiedelt, die sich nicht richtig verhielten, schlecht («fluchend») daherredeten und Alkohol tranken. Im äußersten Nordwesten lagen das orthopraxe GandhƗra (Kabul bis Islamabad) und das ostiranische Kamboja (wohl Arachosien), wo man Jung-Avestisch sprach. Der Hauptort
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von GandhƗra war TakshashilƗ (griech. Taxila) mit einer berühmten «Universität». Von Taxila führte über Delhi die große Überlandstraße nach Osten bis nach Magadha und Anga. Die buddhistischen und die vedischen Texte erwähnen jedoch häufiger auch andere Stämme, die in den genannten Listen nicht auftauchen, so die am unteren Indus lebenden Sindhu und SauvƯra, die östlichen nicht-indoarischen Stämme der Pundra, Shabara, Kalinga (in Orissa) und südlich davon die Andhra sowie die Vidarbha in der Nagpur-Gegend (Maharashtra) oder die kleineren Stämme der Trigarta (Jammu), Uttara-Madra (südl. von Kaschmir), der Uttara-Kuru (wohl im Kulu-Tal, die Ottarakorai der Griechen) und noch andere mehr. Die komplexe politische Situation der «sechzehn Länder» ist schon dem spätvedischen VƗdhnjla-BrƗhmana bekannt. So sei ein König (rƗjan) von «Gegenkönigen» (prati-rƗjan), seinen Feinden, umgeben, die wiederum von ihren eigenen Gegenkönigen umgeben seien, den prati-prati-rƗjan des ersten. Dies wurde späterhin von Kautilya, dem Verfasser des bedeutendsten Werkes der altindischen Staatstheorie, als politische «Norm» kodifiziert. 4. Die ersten Königreiche im Osten Nordindiens
Während Kosala und die IkshvƗkus selbst in den spätvedischen Texten noch häufig mit Skepsis betrachtet wurden, wurde ein Land im Osten, Videha in Nord-Bihar, als «Musterland» herausgestellt. Vor allem sein berühmter König Janaka tat sich durch vedischen Eifer hervor. Er hatte wohl auch am meisten zu «reformieren», denn sein Gebiet war ein ethnischer und religiöser Schmelztiegel. Hier finden sich westliche (Kuru-) Brahmanen und («heruntergekommene») Adlige neben den Ureinwohnern: Munda und tibetobirmamisch sprechende Stämme, die dem Land Kosala westlich von Videha sowie dem Fluß Kosi (KaushikƯ) an dessen Ostgrenze ihre Namen gaben. Dem episch belegten Munda-Namen des GandakƯ-Flusses
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(gan-da'k «Wasser») steht im Vedischen mit SadƗnƯrƗ («die stets Wasser führt») ein halb-dravidischer gegenüber: nƯr «Wasser» ist hier zum ersten Mal in der dravidischen Sprachgeschichte belegt. Dies ist ein weiterer Beleg für den recht gemischten Sanskrit-Wortschatz der nach-rigvedischen Zeit, nicht aber für eine autochthone Dravida-Besiedlung des Ostens. Denn die ein nördliches Dravidisch sprechenden Stämme (Kurukh/Oraon, Malto) sind erst im Mittelalter aus dem Westen Zentralindiens eingewandert. Ferner kann der Stammesname des Buddha, Sakya (Skt. ShƗkya), der erst nachvedisch im PƗlikanon (ca. 250 v. Chr.) belegt ist, nicht von der Eigenbenennung der nördlichen Iraner (Saka) getrennt werden, die aber erst nach 140 v. Chr. über SƯstƗn nach Indien gekommen sind. Die Sakya stehen jedoch nicht allein da. Wie schon erwähnt, muß man auch während der vedischen Periode ständig mit Neuankömmlingen aus Iran und Afghanistan, wie den mittelvedisch belegten Salva, rechnen. Westliche Einwanderer in den Osten sind die Malla, die nach dem JaiminƯya-BrƗhmana noch in der Wüste von Rajasthan wohnten, und die Vriji (PƗli Vajji), die der Grammatiker PƗnini (ca. 400 v. Chr.) noch als einen Stamm in der Indusebene kannte. Beide erscheinen in den PƗli-Texten als Nachbarn der Sakya, sind also wohl erst gegen Ende der vedischen Zeit in den Osten, in die Gegend der Königreiche Kosala und Videha eingewandert. Im PƗlikanon erscheinen dort eine ganze Reihe von oligarchisch regierten Stämmen, die teilweise in der Vajji-Konföderation zusammengefaßt sind. Im Vajji-Bund waren die Videha aber nur einer von vielen Stämmen. Wahrscheinlich haben wir es hier in den späten vedischen Texten mit einem durch die Lupe der Brahmanen leicht verzerrten Bild zu tun. Sie preisen nämlich von allen Stämmen des Ostens allein die Videha und zum Teil auch die Kosala, weil deren Könige westliche Brahmanen in ihre Länder einluden. Andererseits werden Details über die anderen «östlichen» Stämme weitgehend verschwiegen, solange sie nicht dazu dienen, diese als «Barbaren» der vedischen Orthopraxie gegenüberzustellen und ahistorisch von dem rigvedischen Dichter VishvƗmitra adoptieren zu lassen
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und sie damit dem Kosala-Reich des IkshvƗku-Königs Harishcandra einzuverleiben. Gegen Ende der vedischen und zu Beginn der «buddhistischen» Periode, die durch die PƗli-Texte umschrieben wird (die erst um 250 v. Chr. gesammelt wurden), muß also mit einer Reihe von sich stets verändernden politischen Organisationen und zudem mit einer beginnenden Urbanisierung gerechnet werden. Die Königreiche von Kosala und Videha waren stark von der «Sanskritierung» (M. N. Srinivas) durch das Kuru-Modell beeinflußt. 5. Der multikulturelle Osten als Schmelztiegel
Der Osten war somit ein großer Schmelztiegel verschiedenster Sprachgruppen und unterschiedlichster Stammesreligionen, -mythologien und -rituale. Es ist dies aber genau das Land, aus dem der Buddha und sein Zeitgenosse, MahƗvira, der Begründer des Jainismus, stammen. Hier standen etliche alternative Lebensweisen und Weltanschauungen kraß nebeneinander, die in den unterschiedlichen politischen Systemen auch frei miteinander konkurrieren konnten. Darunter zeichnet sich vor allem eine asketische Tradition ab, die gewisse Vorläufer in der vorangehenden vedische Periode hat, obwohl viele Gelehrte das Asketentum oder die Lehre von der Wiedergeburt - wie alles Neue entweder als von außen kommend betrachten oder von nebulösen (uns gar nicht bekannten) Traditionen der Ureinwohner ableiten wollen. Der Buddha verläßt sich nämlich nicht auf die nun auch im Osten bekannte vedische Kosmogonie und Orthopraxie, die durch reichliches Opfern zum Himmel führen soll. Neben der recht gewalttätigen Opferpraxis stand aber auch eine andere vedische Tradition, die das Töten und stückweise Opfern von Tieren (ganz selten wohl auch von Menschen) für die manchmal als blutrünstig beschriebenen Götter beschönigen sollte. Seit der nach-rigvedischen Zeit vermied man offensichtliche Gewalt aus Furcht, die Getöteten könnten sich rächen. Sie wurden deshalb um Zustimmung zu ihrer Tötung gebeten. Das rigvedische Köp-
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fen der Opfertiere wurde durch das «humanere» Ersticken abgelöst, eine Tötung, die die Brahmanen besonderen Schlächtern (shamitar «Befrieder») überließen. Solche Gewaltanwendung ist durch allerlei Euphemismen («hernehmen, befrieden») oder durch andere Tricks verschleiert. Das Verdienst, das aus allen rituellen Handlungen resultiert, auch der gewalttätigen, sicherte dem Opferherrn automatisch einen Platz in der glückseligen Welt der Vorfahren, ja selbst in der Götterwelt. Gegen Ende der vedischen Periode überlegte man immer mehr, ob dieses wirklich ausreichte, einen «ewigen» Verbleib im Himmel zu ermöglichen oder ob es nicht «aufgebraucht» würde und man einen zweiten Tod («Wiedertod», punarmrityu) sterben mußte. Sowohl die Angst vor der «verkehrten Welt» (wie in Bhrigus Vision) als auch die Furcht vor dem Aufbrauchen des religiösen Verdienstes bewirkten gegen Ende der vedischen Zeit eine Besinnung auf die Art und die unausweichlichen Auswirkungen auch des alltäglichen Handelns, karma. Diese neue Vorstellung vom Handeln wurde von nun an - und bis heute - von fast allen indischen religiösen Strömungen als bestimmend für unser Schicksal nach dem Tode und vor allem in einem nächsten Leben angesehen. Die Karma-Lehre, die zum ersten Mal in einer alten Upanishad als etwas Neues und Geheimes erwähnt wird, beruht also durchaus auf der vorangehenden brahmanischen Tradition und Spekulation. Sie ist nicht, wie oft noch zu lesen ist, von den Kshatriyas «erfunden» worden und stammt auch nicht aus dem Jainismus oder der uns unbekannten Vorstellungswelt der Urbevölkerung. Wie weit dabei die Vorläufer der zum Beispiel im PƗlikanon (DighanikƗya 2) beschriebenen Philosophen- und Asketenschulen aufeinander eingewirkt haben, entzieht sich zumeist unserer direkten Kenntnis. Jedenfalls lag die Lehre vom Karma allen zeitgenössischen Strömungen zugrunde (auch wenn einige, wie die in Indien wenig erfolgreichen Materialisten, sie ablehnten). Der Jainismus wurde von MahƗvƯra (angeblich 477 v. Chr. gestorben) begründet. In ihm ist die neue Lehre von der unauflöslichen Verbindung von Wiedergeburt und Karma auf die Spitze
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getrieben worden. Jegliche Gewalt gegen Lebewesen, selbst wenig sichtbare Insekten, muß vermieden werden. Dagegen fand sein Zeitgenosse, der Buddha (um 400 v. Chr.), wie er selbst sagt, einen «mittleren» Weg, der für seine Zeit als rationalistisch bezeichnet werden kann. Er versuchte einen Ausweg aus dem endlosen Kreislauf (samsƗra) der von Karma bestimmten Wiedergeburten zu finden. Sein Ausgangspunkt sind dabei die «vier edlen Wahrheiten» vom Leiden, von der Entstehung des Leidens, von der Aufhebung des Leidens und von dem zur Aufhebung des Leidens führenden «achtteiligen Pfad», der schließlich zum Verschwinden der eigenen Wiedergeburt führt. Es ist also stets die eigene, persönliche Handlung, die Karma mit sich bringt; üble Auswirkungen sind demnach tunlichst zu vermeiden. Wenn aber andere Personen, auch solche, mit denen man in Beziehung gerät, für uns selbst Übles ausführen, berührt einen das kaum. So konnte der Buddha zum Beispiel der täglichen Einladung zum oft nichtvegetarischen Mittagessen ohne Skrupel folgen. Er sicherte sich in solchen Fällen aber stets zusätzlich dadurch ab - was bisher wohl nicht gesehen wurde - , daß er derartige Einladungen durch Schweigen akzeptierte, also selbst indirekt nicht für eine Tötung verantwortlich war. Sogleich nach dem Tode des Buddha (angeblich 483 V. Chr.) mußte dessen Orden sich auf die «offizielle» Lehre einigen, die bisher nur mündlich überliefert worden war. Anders als im Brahmanismus üblich, benutzte der Buddha nicht das Sanskrit für seine Predigten, sondern die einheimische Volkssprache. Das Original seiner Reden ist uns nicht erhalten, da die Fassung im östlichen Dialekt von Kosala und Magadha verloren ist; sprachlich steht ihr aber die erhaltene Version in PƗli sehr nahe, einer Kunstsprache auf der Basis eines westlichen Volksdialektes, wie O. v. Hinüber gezeigt hat. Die vorangehende Darstellung war notwendig, da stets eine ganze Reihe von - manchmal auch abwegigen - «Gründen» für das gleichzeitige Auftreten des Buddha und des MahƗvƯra sowie der anderen zeitgenössischen Philosophen, Sophisten und Heilsverkünder angegeben werden. Eine dieser Meinungen vermutet
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in der Entwicklung eine Reaktion der Kshatriya gegen den Brahmanismus mit seinem überwuchernden Ritualismus. In NordBihar waren die Sakya zu jener Zeit jedoch noch nicht lange im Land, es war noch gar nicht brahmanisch-orthoprax bestimmt. Allenfalls könnte man von einer Reaktion gegen andere konkurrierende religiöse Systeme der Zeit sprechen. Selbst das sich ganz vedisch gebende Königreich Videha war nur ein kleiner Teil der Vajji-Konföderation. Diese Stammesoligarchien (die fälschlich «Republiken» genannt werden) des Nordostens hatten sich - wohl als Neuankömmlinge - ihre Gesellschaftsstruktur bewahrt. Die demokratischen Grundsätze galten jedoch nur auf der Stufe der Sippen- und Clanältesten die Licchavi von VesƗli hatten selbst über 7000 «Könige» (rƗja) -, nicht jedoch für den Rest der Bevölkerung. Die Versammlungen der Stammesältesten (samiti) sind in dieser Hinsicht etwa dem frühen republikanischen Senat von Rom zu vergleichen. Von der einheimischen Geschichtsschreibung ist diese Struktur aufgrund modischer Tendenzen als demokratisch beschrieben worden (genauso wie man in den vedischen Texten eine Gleichberechtigung der Frauen sehen wollte, von der bei genauerem Hinsehen ebenfalls nichts zu spüren ist). Man hat eher mit Stämmen zu rechnen, die erst spät in die monarchisch bestimmte mittel- und spätvedische Welt eingedrungen sind und sich ihre egalitäre Stammesverfassung bewahrt haben. Typisch für diese «Republiken» waren unter anderem die Versammlungen der Ältesten («Senatoren», rƗja) der verschiedenen Clans (rƗjakula) in einer speziell zu diesem Zweck errichteten Halle im Hauptort des Stammes. Von den Licchavi ist bekannt, daß sie niedrigere Klassen nicht in den Versammlungen duldeten. Diese wurden von einem «Präsidenten» oder «Konsul» geleitet, der aber den traditionellen Titel «König» (rƗja) führte, was wohl auch hier noch am besten mit «(Ober-)Häuptling» zu übersetzen ist. Er wurde nämlich auch senƗpati «Heerführer», also etwa «Imperator» oder «Herzog» genannt. Das Amt war zwar oft in einer Familie zu finden, aber genau wie das des vedischen «Königs» (d.h. Häuptlings) nicht erblich. Wir wissen allerdings
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nicht, ob diese Titel tatsächlich autochthon waren oder einfach aus der «monarchischen» Sicht der Texte den Oligarchien übergestülpt wurden. Weiterhin entstanden um 450 v. Chr. zum ersten Mal seit dem Zerfall der Induskultur neue Städte, die ganz unterschiedliche Menschen auf engstem Raum zusammenführten. Die ebenfalls neue, aufstrebende «Kaste» der Überland-Kaufleute brachte es schnell zu großem Reichtum. Nun wurden selbst die Luxus-Tongefäße der sogenannten Northern Black Polished Ware (NBPW; die deutsche Bezeichnung «nördliche schwarzpolierte Keramik» ist unüblich) über weite Strecken, bis hin in den Panjab, transportiert. Diese Ausweitung des geographischen Horizonts, der von GandhƗra bis nach Anga am Gangesknie und vom Himalaya bis nach Vidarbha im Süden des Vindhyagebirges reichte, spiegelt sich auch in den frühen Upanishaden wider. Der wachsende Einfluß der weltoffenen Städte und weitgereisten Kaufleute wird den Charakter des oben beschriebenen Schmelztiegels im nordindischen Osten nur noch verstärkt haben. Dazu kommen noch einige, durch das plötzliche Auftreten der Sakya in Bihar fast zu erwartende iranische Anklänge. Sie sind aber von der Forschung bisher ebenfalls fast ganz vernachlässigt worden und sollen hier nur stichwortartig genannt werden: zum Beispiel der Name der Sakya selbst sowie der einiger spätvedischer Könige und Adligen (Balhika Pratipiya, Cäkra Sthapati, welche an die ostiranischen Landschaften Baktrien und Caxra erinnern); die legendäre Sakya-Sitte, ursprünglich wie im frühen Iran nur Schwestern zu heiraten; die im Shatapatha-BrƗhmana erstmals auftretende Idee vom Abwiegen der Schuld (anfänglich ägyptisch, dann zoroastrisch, iranisch); die runden Grabhügel der östlichen Völker, die an die zentralasiatischen Kurgane erinnern. Jede Tatsache für sich allein besagt nicht viel, aber zusammengenommen sind sie doch auffällig. Wahrscheinlich haben wir es hier mit einem spätvedischen iranischen Einfluß zu tun, so wie er sich etwa tausend Jahre später mit den zoroastrisch geprägten Bhoja-Brahmanen in Bihar wiederholt hat.
VII. Reichsgründung: Der Aufstieg des Außenseiters Magadha
1. Die politische Lage
Während der Westen des Subkontinents seit wenigstens 530 v. Chr. unter persischer Herrschaft und damit unter «westlichem» Einfluß stand, zeichnete sich im Osten Nordindiens eine ganz andere Entwicklung ab. Wie weit diese als Reaktion gegen den persischen Westen zu betrachten ist, genauso wie etwas später, um 300 v. Chr., das Maurya-Reich deutliche Bezüge zum Alexander-Reich aufweist, aber auch in absichtlichem Gegensatz dazu entwickelt wurde, kann derzeit nicht beantwortet werden. Neben den bisher erwähnten östlichen Königreichen Kosala und Videha gab es zur Zeit Buddhas aber eine ganze Reihe von anderen frühen Staaten, die uns vor allem aus der oben genannten Liste der «16 Länder» des buddhistischen und Jaina-Kanons bekannt sind. Gebiete wie GandhƗra, Kamboja und Sindh standen zu jener Zeit unter persischer Oberhoheit. Das Kuru-Reich war schon in spätvedischer Zeit unter dem Andrang der Salva zugrunde gegangen. Aus den eher östlich inspirierten spätvedischen und buddhistischen Quellen erhält man jedenfalls nicht den Eindruck, daß der Westen, das Gebiet zwischen Delhi und Allahabad, von großer politischer Bedeutung gewesen wäre. Wenigstens das Vatsa-Land muß aufgrund seiner strategischen Lage am Zusammenfluß der beiden Hauptströme der Gangesebene wichtig gewesen sein. Der politische Schwerpunkt hatte sich nun deutlich in das mittlere Gangesgebiet und weiter nach Osten, in das Gebiet der Kosala, Videha bzw. Vajji und späterhin auch nach Magadha verlagert. Archäologisch ist diese Zeit mit der Northern Black Polished Ware (NBPW) faßbar, die ab etwa 450 v. Chr. datiert wird. Diese Keramik war nicht für den täglichen Gebrauch bestimmt, son-
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dem diente als «Festtagsgeschirr» der besser Situierten und wurde darum über weite Strecken gehandelt. Das wiederum macht es möglich, die frühen Handelswege und den relativen Einfluß bestimmter Gebiete festzustellen. Die Wirkung der NBPW-Kultur ist bis in den Panjab und im Süden bis nach Kjjain und Orissa zu spüren. All das entspricht durchaus dem geographischen Horizont der frühen Upanisbaden, in denen sich zum Beispiel ein ins «Ausland» verschlagener Mann von GandhƗra nach Hause in den Osten zurückfragt. 2. Urbanisierung
In eben denselben Zeitraum fällt auch die sogenannte «zweite Urbanisierung», das heißt das Neuaufkommen von Städten nach einer Pause von mehr als tausend Jahren seit dem Zerfall der Induskultur. Selbst die spätere vedische Zeit war noch von den mit ihrem Vieh umherziehenden, indoarisch sprechenden Stämmen bestimmt. Diese kannten nur vorübergehend benutzte Lager, die sie im Laufe der Jahre immer wieder aufsuchten. Aber auch in jener Periode gab es offensichtlich Ansiedlungen, die in unseren Texten kaum auftauchen, da sie für die vedischen Stämme unbedeutend oder auch als unrein angesehen waren. So spricht ein spätvedischer BrƗhmana-Text davon, daß man allenfalls eine Nacht in einer Ansiedlung der Eingeborenen (NishƗda) verbringen solle. Tatsächlich sind durch die PGWKultur durchaus einige Siedlungen nachgewiesen, die von den noch nicht ganz indoarisch akkulturierten «Ureinwohnern» stammen müssen. Vorher gab es nur einfache Dörfer und einige zentral gelegene Marktflecken. Nun aber kamen zentral gelegene, handwerklich spezialisiertere Orte hinzu, in denen auch die aufkommenden Machtstrukturen repräsentiert wurden. Es mag sein, daß die vedischen Stammesoberhäupter und Könige sich bisweilen gewissermaßen «berufshalber» in solchen Siedlungen aufhielten, auch wenn unsere Texte gar nichts dazu sagen. Kein Nomade oder Halbnomade mag die Enge, den Lärm und die verunreinigende Nähe von so vielen «Anderen», die obendrein kaum zur eigenen Gesellschaft gehören. All das sind Fragen,
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die von der Geschichtsschreibung noch gar nicht angegangen worden sind. Diese ursprünglich relativ kleinen festen Ansiedlungen wuchsen nun rasch und gewannen an Bedeutung. Obwohl bisweilen Daten um 700 v. Chr. für die frühesten Städte (wie Ujjain) genannt wurden, muß man den Beginn der Urbanisierung eher um 450 v. Chr. datieren, wobei einige Städte etwas früher, die meisten aber später anzusetzen sind. Viele dieser nordindischen Städte sind in den letzten 50 Jahren seit der Unabhängigkeit ausgegraben worden. Dabei spielte wissenschaftliche Neugier ebenso eine Rolle wie der Wunsch, die frühen Stufen der (nichtpakistanischen!) gangetischen Kulturen und der «Arier» aufzuzeigen. Hier soll, gewissermaßen in Nachfolge von Schliemann, anhand der großen Epen MahƗbhƗrata und RƗmƗyana die glorreiche Vergangenheit ausgegraben werden, so wie sie nun in populären Comics und Fernsehserien geschichtsverfälschend dargestellt wird. Leider sind aber nur etwa eine Handvoll Ausgrabungen ausführlich publiziert, so daß unser Bild damit lükkenhaft bleibt. Die frühen Siedlungen waren noch nicht befestigt, während die neueren Städte mit Wällen und Wassergräben umgeben wurden. Seit etwa dem 5. Jahrhundert v. Chr. deckte man diese Wälle mit gebrannten Ziegeln ab und ersetzte sie schließlich ganz durch Ziegel. Die neuen Siedlungen hatten auch öffentliche Gebäude wie die Versammlungshallen der östlichen Stämme. Mit Wällen von etwa 7 km Länge und 10 m Höhe war KaushƗmbƯ vielleicht die eindrucksvollste Stadt. Der mit dieser Entwicklung einhergehende erweiterte Güteraustausch brachte die Notwendigkeit mit sich, über den bisher üblichen Tauschhandel hinaus Waren auch anders als mit Naturalien (etwa Rindern, Getreide) zu bezahlen. Schon in der frühen vedischen Zeit war bisweilen von Goldstücken oder Goldanhängern als Geschenk die Rede gewesen. Nun stellte man nach Gewicht bestimmte Münzen her, die noch nicht geprägt, sondern mit einem bestimmten Symbol versehen wurden, wie es schon in der mittelvedischen Periode verschiedene Stämme auf ihren Luxus-Tonwaren (PGW) benutzt hatten. Die neuen Mün-
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zen waren standardisiert und lehnten sich eng an das Gewichtssystem der vedischen Periode an, das auf ein gleichartiges der Induskultur zurückgeht. Obwohl diese Geldstücke noch nicht beschriftet waren, ging mit der Entwicklung des Handels, wie fast überall, die Entwicklung der Schrift einher. Schon bald nach dem Verfall der Induskultur (1900 v. Chr.) verschwand auch ihre Schrift, und die BrahmƯ-Inschriften von Ashoka (um 250 v. Chr.) sind damit die ersten Zeugnisse der Schriftlichkeit nach über 1500 Jahren. Unter persischem Einfluß bildete sich im Panjab und den angrenzenden Regionen die KharoshthƯ-Schrift aus. Wahrscheinlich Kaufleute oder Beamte hatten nämlich in GandhƗra die im persischen Reich sehr gebräuchliche aramäische Buchstabenschrift, die mit der phönikischen, hebräischen, griechischen und lateinischen Schrift verwandt ist, übernommen. Im indischen Nordwesten wandelte man sie dann dem indischen Lautstand entsprechend ab. Hier und in Afghanistan wurde sie, wie es die Handschriften des neuen «buddhistischen Qumran-Fundes» aus dem frühen 1. Jahrhundert v. Chr. belegen, weit über ein halbes Jahrtausend hin verwendet. Typischerweise gebraucht selbst der konservative brahmanische Grammatiker PƗnini das persische Wort lipi (aus altpersisch dipi) und auch libi zur Bezeichnung der Schrift und nicht, wie später im Sanskrit üblich, eine Ableitung von likh «ritzen» für «schreiben». Im Nordwesten übernahm man dann auch das iranische Wort divira «Schreiber», das allgemein übliche pustaka «Handschrift, Buch», das Wort für «Siegel» (mudrƗ, mittelpersisch mubr) und den Ausdruck karsha (altpersisch karsha) für ein bestimmtes Gewicht und eine Münze. Weiter im Osten, wohl in Magadha selbst, hatte die Erfindung dieser ersten indischen Buchstabenschrift noch bedeutendere Auswirkungen. In Anlehnung an sie wurde die sogenannte BrahmƯ-Schrift entwickelt, die das Schriftsystem noch besser, ja ideal für den damaligen indischen Lautstand ausbaute. Von der BrahmƯ-Schrift stammen alle weiteren bis heute benutzten indischen Alphabete (ebenso wie die in Tibet und Südostasien) ab. Sie befolgen die im Veda und bei PƗnini vorbereitete phone-
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tische Anordnung der Buchstaben (a, Ɨ, i, Ɨ, u ... k, kh, g, gh usw.), was im Westen unter semitischem Einfluß eben nie geschehen ist. Die buddhistischen und vedischen Texte enthalten - ebenso wie noch um 300 v. Chr. die griechischen Berichte von Megasthenes - keinerlei Hinweise auf einen tatsächlichen Gebrauch der Schrift in Indien. Neuerdings wird behauptet, daß einige in Sri Lanka gefundene Tonscherben einen Gebrauch der BrahmƯSchrift schon um 500 v. Chr. beweisen. Wegen der unsicheren archäologischen Fundlage sind aber weitere Ausgrabungen abzuwarten. Zudem ist der Zusammenhang mit den nun edierten ersten, aus dem 2.Jahrhundert v. Chr. stammenden südindischen Tamil-Inschriften in einer Variante der BrahmƯ-Schrift zu berücksichtigen, die dem besonderen Lautstand des archaischen Tamil angepaßt ist. Die frühesten gut belegten Zeugnisse der BrahmƯ-Schrift, die berühmten Inschriften des Kaisers Ashoka, stammen erst aus der Mitte des 3.Jahrhunderts v. Chr. Mit all diesen Entwicklungen (Urbanisierung, Fernhandel usw.) war im östlichen Gangesgebiet die Basis für die nun rasch folgende frühe Staatlichkeit gelegt. Von Bedeutung sind dabei insbesondere die Länder Kosala und Magadha. 3. Der Aufstieg von Magadha Magadha und seine Bewohner waren seit der frühen nach-rigvedischen Zeit verachtet, ohne daß die Gründe dafür erkennbar sind, vielleicht abgesehen davon, daß dieses Land jenseits des Ganges nicht von Brahmanen erreicht und erst in spätvedischer oder gar nachvedischer Zeit brahmanisiert worden ist, was zuerst im PƗlikanon deutlich wird. Magadha war relativ klein und umfaßte etwa das heutige Süd-Bihar zwischen Ganges und Vindhya-Gebirge. Im Westen wurde es bezeichnenderweise vom Fluß KarmanƗshƗ («der das Karma-Verdienst vernichtet») begrenzt, im Osten von dem kleinen Land Anga im Gangesknie (Bhagalpur). Was aber waren die Vorzüge dieses Landes gegenüber all den anderen weit größeren im östlichen Nordindien?
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Seine zunehmende Bedeutung um 500 v. Chr. ist zunächst geopolitisch zu erklären. Die Flüsse Magadhas, die nach Norden in den Ganges fließen, sind verhältnismäßig kurz und können nicht so leicht wie die nördlich des Ganges zu den dort bis heute üblichen großen Überschwemmungen während der Regenzeit führen. Der vom Monsun begünstigte Reisanbau war aber auch in Magadha sehr ertragreich. Zum anderen war das Vindya-Gebirge an der Südgrenze des Gebietes reich an Eisen und anderen Erzen wie zum Beispiel Kupfer. Dazu gab es hier eine alte einheimische Schmiedetradition («AsuraSchmiede»), die nun vor allem Waffen produzierte. Eisen war stets das Metall des kleinen Mannes, und erst mit seiner Verbreitung wurden etliche Ackerbaugeräte billig, so daß der Ertrag gesteigert werden konnte. Ferner waren die Dschungel des Vindhya auch eine Quelle für verschiedene Arten von Bauholz sowie die wichtigen Kampfelephanten. Schließlich lag Magadha am Kreuzungspunkt verschiedener Handelswege, die vom Westen entlang des Ganges zum Ozean (CampƗ, Bengalen) und vom Himalaya nach Orissa und dem Süden führten. Ein starkes Magadha konnte somit das gesamte untere Gangesgebiet kontrollieren. Die nun aufstrebenden Eliten, sicherlich Nachfahren der seit atharvavedischen Zeiten verhöhnten Ureinwohner, machten sich all dies zunutze und gründeten am Nordrand der südlichen Hügelketten eine Stadt. RƗjagriha (Rajgir, Girivraja) wurde bald über fünf Hügel hinweg mit einem 40 km langen, noch heute sichtbaren Steinwall umgeben. Zudem war die Ansiedlung gut mit heißen (!) und kalten Wasserläufen versorgt, was sie unbesiegbar machte. Die Armee Magadhas ging wie die der anderen östlichen Staaten auf gewisse Vorläufer der vedischen Zeit zurück. Sie bestand aus Fußsoldaten, Reiterei sowie einem Streitwagenund einem Elephantenkorps (alles im caturanga, dem aus Indien stammenden Schachspiel, nachgebildet). Die NandaKönige von Magadha sollen um ca. 3 50 v. Chr. über eine Armee von 200000 Soldaten, 20000 Reitern, 3000-6000 Elefanten und 2000 Streitwagen verfügt haben. Eine solch große Streit-
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macht war selbstverständlich nur aus Steuerabgaben zu unterhalten. Leider ist uns aus der frühen Zeit wegen fehlender wenig über die Verwaltung dieses Königreichs bekannt. In den spätvedischen Texten, wie dem im benachbarten Kosala und Nord-Bihar verfaßten Shatapatha-BrƗhmana, wird das «Steuersystem» der ersten östlichen Staaten (Kosala, Videha) noch als bali-System beschrieben. Es handelte sich dabei, wie oben dargestellt, um Abgaben in «Geschenkform», wie sie auch an die Götter gespendet wurden. Die Eintreibung dieser Naturalien jedoch erfolgte durch bestimmte niedere Abhängige des Adels und Henkersknechte auf häufig brutale Weise. Nach dem Auftreten der ersten bürokratisch organisierten Staaten, wie sie insbesondere in Kautilyas ArthashƗstra beschrieben worden sind, erscheinen neue Formen der Steuerabgaben, die zum Beispiel als kara «Macher» und bhƗga «Anteil» bezeichnet werden. Ebenso wie die Landbevölkerung wurden traditionell auch die Kaufleute bei einigen Gelegenheiten, etwa beim großen Pferdeopfer (ashvamedha), «rituell» ausgeraubt (VƗdhnjla-BrƗhmana) - wenn sie nämlich eine bestimmte schwierige Ritualfrage nicht beantworten konnten. Von nun an wurde regelmäßig mit dem shulka oder shaulika genannten Zoll durch den entsprechenden shaulkƗdhyaksha-Beamten besteuert, was auch die frühen Rechtsbücher bestätigen. All dies wurde streng organisiert und von Kautilya im ArthashƗstra festgehalten. Unter dem König, der die Verwaltungsspitze bildete, fungierten verschiedene Beamten, die wie in allen frühen bürokratisch organisierten Staaten direkt durch diesen mit Geld bezahlt wurden: die Minister (mantrin, im Gegensatz zu den bisherigen vedischen ratnin) oder die Dorfbürgermeister, die aus der vedischen Zeit (grƗmani) übernommen, nun aber als grƗmyƗdhyaksha oder grƗmika bezeichnet wurden. Die Informationen über dieses System lassen sich durch die brahmanischen Rechtstexte (Dharmasnjtras) ergänzen. Diese sind jedoch mit Vorsicht zu benutzen, da sie stets schematisch die «ideale Situation» aus der Sicht der Brahmanen (mit ihnen
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selbst an der Spitze der Gesellschaft!) darstellen. Um auch eine andere Sicht mit mehr Lebensnähe kennenzulernen, müssen die der Wirklichkeit näher stehenden buddhistischen Quellen und für andere Bereiche, vor allem die Adelsgesellschaft, zudem die großen Epen (MahƗbhƗrata, RƗmƗyana, s. u.) herangezogen werden. Die vier Gesellschaftsschichten (varna, d. h. «Klassen», nicht wie noch häufig zu lesen ist, «Kasten») unterschieden sich stark in Status und Rechtsstellung. Schon die vedischen Texte sagen, daß man einen Vaishya nach Belieben ausrauben und einen Shnjdra fesseln, schlagen, ja selbst töten darf. Die spätvedischen Schriften belegen eine ständig zunehmende Unterdrückung und Ausbeutung der unteren Schichten, nicht nur der Shnjdra, sondern sogar der Vaishya. Das wurde sowohl durch die brahmanischen Rechtstexte als auch sehr detailliert von Kautilya beschrieben. Trotz der nun beginnenden Bürokratisierung des frühen Staates blieb eine dörfliche Selbstverwaltung erhalten, wie sie sich ansatzweise auch heute noch findet. Ein Dorf wurde allerdings stets von der dort ansässigen Oligarchie regiert, dem Pancayat. Die Handwerker aber bewahrten sich, jedenfalls in den Städten, in ihren Gilden eine gewisse Selbstverwaltung. Diese sind über lange Zeit hin, selbst noch im 1. Jahrtausend, in Inschriften bezeugt, wie etwa die Gilde der Seidenweber des 4. Jahrhunderts n. Chr. an der Westküste Indiens. All die genannten Entwicklungen waren typisch für die Königreiche des Ostens, während die Stammesoligarchien («Republiken») des Nordostens und des Panjabs sich eine «demokratische», eher oligarchisch-egalitäre Verfassung bewahrten. Im letzteren Fall handelte es sich eben um neu angekommene, noch ganz im Stammesdenken verhaftete Leute, die z. B. von PƗnini als «vom Krieg lebend» charakterisiert werden. 4. Bimbisara
Wie das benachbarte Königreich Kosala, so verfolgte auch Magadha im 5.Jahrhundert v. Chr. eine geschickte Expansionspolitik. Der erste etwas bekanntere König von Magadha, Bimbi-
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sƗra, regierte nach der traditionellen Chronologie im späten 6.Jahrhundert v. Chr. (540-490 v. Chr.), ist aber den vedischen Texten ganz unbekannt. In den PƗli-Texten wird er stets Seniya BimbisƗra genannt, eine Bezeichnung, die auf seinen ursprünglichen Titel, der vedisch senƗnƯ «Armeeführer» entspricht, zurückgehen dürfte. Vielleicht verhält es sich mit dem seniya hier so wie mit dem sthapati der vedischen Texte. Sie sind ungewöhnliche Bezeichnungen für ungewöhnliche (d.h. nichtvedische) Stammesfürsten, wie die sthapati der eingeborenen NishƗda. BimbisƗra, nach den buddhistischen Quellen der Sohn des BhƗti oder MahƗpadma, war fünf Jahre älter als der Buddha, wurde 15 Jahre nach seiner Thronbesteigung von diesem für den Buddhismus gewonnen und unterstützte ihn in den folgenden 37 Jahren seiner Herrschaft. Allerdings hängen diese Nachrichten aufgrund der unklaren Datierung seiner Regierungszeit ebenso in der Luft wie die Daten des Buddha selbst, die gewöhnlich mit 563-483 v. Chr. angegeben werden, aber eher um 400 v. Chr. gelegen haben dürften. BimbisƗra heiratete eine Reihe von Frauen, die aus den Nachbarländern Licchavi und Ujjain und sogar aus dem fernen Madra im nördlichen Panjab stammten. Seine Hauptgemahlin KosaladevƯ war die Tochter von MahƗkosala («Groß-Kosala»), König des Nachbarstaates Kosala. Ihr Bruder war der spätere König Kosala-Pasenadi (Skt. Prasenajit), und ihr Sohn AjƗtasattu (Skt. AjƗtashatru) wurde König von Magadha. KosaladevƯ soll einen Teil von KƗshi, das von Kosala erobert worden war, als Mitgift erhalten haben, woran sich später ein Streit entzünden sollte. Als erste Maßnahme für die offensichtlich geplante Expansion Magadhas annektierte BimbisƗra das Land Anga am Gangesknie. Damit sicherte er sich den Zugang zum unteren Gangesgebiet und zum Meer. Sicherlich muß man auch an eine wie auch immer geartete Einbeziehung der einheimischen Munda und anderer Stämme denken (vgl. Shunahshepa-Legende). Die Berggebiete dieser Stämme lieferten, wie erwähnt, Eisen, Holz und die wichtigen Kriegselefanten. Wahrscheinlich um dieses
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Gebiet noch besser kontrollieren zu können, baute BimbisƗra eine neue, gut befestigte Hauptstadt direkt neben dem alten RƗjagriha («Königshaus»). 5.AjƗtashatru
Im Gegensatz zu Magadha, dem Neuankömmling auf der politischen Bühne des Ostens, beanspruchte der König von Kosala eine Abstammung aus der nun mythisch verklärten IkshvƗkuDynastie. Aber die Sakya, selbst relativ späte Zuwanderer, nahmen ihm das nicht immer ab. MahƗkosalas Sohn war Pasenadi (Skt. Prasenajit «der die Vorhut besiegt»). Das mittel- bis spätvedische Jaiminiya-Brähtnana kennt vielleicht seinen Sohn, Kausalya Brahmadatta PrƗsenajita. Nach buddhistischen Quellen soll Pasenadi von den Sakya eine ihrer «Prinzessinnen» als Braut erbeten haben, worauf diese ihm jedoch ein Mädchen schickten, dessen nicht standesgemäße Abstammung sie ihm verheimlichten. Ihr gemeinsamer Sohn Vidnjdabha wurde Thronfolger von Kosala. Die Geschichte hatte aber bedeutende Nachwirkungen. Als Vidnjdabha nämlich später von diesem Betrug erfuhr, nutzte er die durch Verschwägerung mit Magadha gesicherte Rückendeckung, um gegen die betrügerischen Sakya zu kämpfen und dieses Gebiet seinem Reich einzuverleiben. BimbisƗra soll nach buddhistischen Legenden gegen Ende seines Lebens durch seinen eigenen Sohn AjƗtashatru eingekerkert worden und bald danach gestorben sein. Diese Tat leitete die unter den Königsfamilien weitverbreitete «Sitte» der Absetzung - oft sogar der Ermordung - des Vaters ein, die sich bis in die Moghulzeit findet und, wie jüngst in Nepal, bis in unsere Tage reichen kann. Sie war so sehr gefürchtet, daß Kautilya lehrt, der König solle als erste Amtshandlung Spione auf seinen Sohn ansetzen lassen. BimbisƗras Frau KosaladevƯ folgte ihm aus Wehmut bald in den Tod. All das hatte aber auch außenpolitische Auswirkungen. Prasenajit von Kosala, der Bruder KosaladevƯs, machte nun die Mitgift von KƗshi rückgängig, was zum Krieg zwischen den beiden großen Staaten des Ostens führte.
Die «Stammesrepubliken» Nordostindiens
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KƗshi war ein kleines Land in der Umgebung des heutigen Benares (späterhin KƗshi) und offenbar lange Zeit von nichtvedischer Kultur geprägt. Als Mitgift war es über BimbisƗra und KosaladevƯ an AjƗtashatru übergegangen. Hier mag eine weitere der wenigen Überschneidungen der spätvedischen Texte mit den buddhistischen Quellen vorliegen. Die frühen Upanishaden erwähnen nämlich AjƗtashatru als König von KƗshi. Nun ist ein solcher König aber sonst ganz unbekannt (obwohl der Name nicht ungewöhnlich ist und es auch einen spätvedischen König AjƗtashatru der Kuru gab). Dadurch daß sie AjƗtashatru als König von KƗshi bezeichneten, konnten die vedischen Autoren aber vermeiden, das seit langem als barbarisches Land verpönte Magadha und dessen Vorherrschaft überhaupt zu erwähnen! Sicherheit ist in dieser Frage indes nicht zu erreichen, da die Quellenlage zu schlecht ist. Magadhas Sieg über Kosala in diesem Erbschaftsstreit wurde durch Verrat erreicht. Pasenadis Minister DighakƗrƗyana setzte dessen Sohn (und damit AjƗtashatrus Vetter) Vidnjdabha als König ein, worauf Pasenadi nach Magadha floh und dort starb. Vidnjdabha und seine Armee ertranken in einer Überschwemmung der Rapti-Flusses, und AjƗtashatru konnte daraufhin das große Kosala-Reich seines Vetters kampflos einnehmen. Wenn man den buddhistischen Quellen glauben darf, so hatte sich Magadha mit einem Schlag zum mächtigsten Staat in Ostindien entwickelt. Es umfaßte die östliche Hälfte des heutigen Uttar Pradesh, ganz Süd-Bihar und wohl auch Teile des im VindhyaGebirge gelegenen neuen Staates Jharkhand. 6. Die «Stammesrepubliken» Nordostindiens
Die nächsten Gegner Magadhas waren die hartnäckigen Oligarchien («Republiken») der Stämme, die in Bihar nördlich des Ganges siedelten. Ihr Vajji-Stammesverband war dem zentralisierten Magadha überlegen, vielleicht aufgrund eines sehr starken Unabhängigkeitsstrebens und einer kriegerischen Tradition. Der Krieg soll 15 Jahre lang gedauert haben. Offensichtlich wußte König AjƗtashatru nicht, wie er den Kampf angehen
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sollte. Der buddhistische Kanon hat uns lebendig überliefert, wie er seinen Minister, den Brahmanen VassakƗra, zum Buddha schickte, der als Abkömmling eines Sakya-Stammesfürsten sehr gut über die oligarchisch organisierten Stammesverbände unterrichtet war. Der Buddha riet, indirekt formuliert, Unruhe unter den Stämmen zu stiften und sie gegeneinander aufzubringen. AjƗtashatru entließ daher VassakƗra zum Schein, worauf dieser zu den benachbarten Licchavis «floh» und dort als agent provocateur agierte. Zur Förderung des Handels und auch um den Krieg gegen die Stämme besser vorzubereiten, verlegte Magadha seine Hauptstadt an den Ganges, an die Stelle des heutigen Patna, wo sich auch die Überreste des gut befestigten PƗtaligrama (später: PƗtaliputra) gefunden haben. Die durch den Fernhandel schnell wachsende Stadt ist wenig später, um etwa 300 v. Chr. relativ genau durch den griechischen Botschafter der Seleukiden, Megasthenes, beschrieben worden, dessen Schilderung uns in Arrians IndikƗ erhalten ist. PƗtaligrama lag genau gegenüber von Vesäli, der Hauptstadt der Licchavi-Oligarchie, die zu den wichtigsten Vajji-Staaten gehörte. Hier säten nun die Spione von AjƗtashatru Unruhe, ganz so, wie es Kautilya wenig später für ähnliche Fälle beschrieb. VesƗli mit seinen vielen mehrstöckigen Häusern wurde erobert, wobei - vermutlich aufgrund des im Panjab und angrenzenden Regionen vorherrschenden persischen Einflusses - zum ersten Male auch schwere, gepanzerte Wagen und Katapulte benutzt wurden. Obwohl nicht im einzelnen beschrieben, wurde auch der Stamm der Malla bald danach dem Magadha-Reich einverleibt. Allerdings soll nach den PƗli-Quellen AjƗtashatru seine nun deutlich drohende Vormacht in Nordindien durch (Candra-)Pradyota (Candappajjota), den König von Avanti (Ujjain), streitig gemacht worden sein. Dieser Plan war zu Buddhas Lebzeiten allgemein bekannt, woraufhin AjƗtashatru vorsichtshalber seine Hauptstadt Räjagriha neu befestigen ließ. Pradyota suchte jedenfalls Kosambi (Skt. KaushƗmbƯ), über das König Udena herrschte, zu erobern, war aber nicht erfolgreich. Ob er Magadha selbst angriff, bleibt unklar. Auch Avanti wurde schon
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etwa 5ojahre später ebenso wie KaushƗmbƯ durch den Magadha-König Shishunaga dem Reich einverleibt. Die anderen, weiter westlich gelegenen Staaten - von Vatsa (Vamsha) bei Allahabad bis hin zu den Kuru - erlitten wenig später das gleiche Schicksal wie ihre östlichen Nachbarn. Jedenfalls waren sie zu Alexanders Zeit bereits ein Teil von Magadha. Vielleicht ist darauf die oben genannte Nachricht von einem König AjƗtashatru der Kuru zurückzuführen. Während der Lebenszeit eines einzigen Königs, AjƗtashatru, war damit das ganze östliche Nordindien in einem einzigen Staat, Magadha, zusammengeführt worden. Der schnelle, innerhalb von zwei Generationen erfolgte Aufstieg eines kleinen außervedischen Randgebietes, nicht etwa des zentral gelegenen schon «vedisierten» Kosala, hat immer wieder Erstaunen verursacht. Eine Rolle gespielt haben mag dabei eine gewisse Kenntnis des persischen Reiches, seiner Technik und seiner Verwaltungsmethoden. Unsere Quellenlage ist jedoch wiederum zu schlecht für ein ausgewogenes Urteil. Vermutlich waren es letzten Endes, wie erwähnt, der direkte Zugang zu Eisenlagerstätten, -waffen und Elefanten sowie die Kontrolle des Überlandhandels, welche Magadha die Vormachtstellung im Osten sicherten. AjƗtashatru starb der traditionellen Chronologie nach im Jahre 464 v. Chr.; auf ihn folgten, so die buddhistischen Quellen, vier oder fünf Söhne, genau wie er allesamt Vatermörder. 7. AjƗtashatrus Nachfolger und die Nanda
Abgesehen von den frühen buddhistischen Texten, die recht lebendig und lebensnah wirken, sind uns kaum zeitgenössische Texte erhalten. Man hat darum immer wieder die Epen und PurƗnas herangezogen, die bekanntlich in ihren Daten und Namen unzuverlässig sind. Dennoch wird die Magadha-Zeit bis zu den Mauryas stets auf der Basis der PurƗnas rekonstruiert und berechnet. Aber erst mit Alexanders Einfall in Indien im Jahre 327 v. Chr. und mit der zeitgleichen Erwähnung des Diadochenkönigs Seleukos und des Magadha-Königs Candragupta Mau-
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rya (griech. Sandrokottos) um 300 v. Chr. betreten wir den Boden gesicherter Daten. Man kann daher die Berichte über die fünf Vatermörder-Könige, die AjatƗshatru nach der späteren buddhistischen Chronik (MahƗvƗmsa) von Sri Lanka gefolgt sein sollen, nicht allzu ernst nehmen. Der letzte von ihnen wurde durch den Vizekönig von KƗshi, ShishunƗga, ersetzt, der ab 413 v. Chr. ein halbes Jahrhundert (!) lang regiert haben soll. Sein Sohn KƗkavarna wurde im Jahre 364 v. Chr. von einem anderen Aufständischen, dem Usurpator MahƗpadma Nanda, abgesetzt. Dessen Nachkommen regierten bis in die Alexanderzeit (321 v. Chr.). Wahrscheinlich wird es sich bei etlichen dieser «Könige» um miteinander streitende Prinzen oder Heeresführer gehandelt haben, die häufig von der einheimischen «Geschichtsschreibung» der Barden nicht nebeneinander, sondern hintereinander aufgelistet wurden. Einige von ihnen dürften nur Teile des MagadhaStaates kontrolliert haben. Damit kann die sehr kurze Zeitspanne überbrückt werden, die entsteht, wenn man dem neuerdings revidierten Datum des Buddha folgt. Anscheinend hat dieser wie oben angegeben nicht, wie bisher mehr als ein Jahrhundert lang von der westlichen (nicht aber von der ostasiatischen) Forschung behauptet, 563-483 v. Chr., sondern etwa hundert Jahre später, um 400 v. Chr., gelebt. Dazu paßt nämlich auch, daß die Städte, die im PƗlikanon oft ganz selbstverständlich als Aufenthaltsorte des Buddha erwähnt werden, erst um 450 v. Chr. entstanden und demnach zu früh für die «offizielle» Lebenszeit des Buddha sind. Wenn man also MahƗpadma um etwa 350 v. Chr. ansetzt, kommt man damit ganz in die Nähe von Alexander, der im Jahre 3 27 v. Chr. in den Panjab einfiel und dort die Nachbarn von MahƗpadmas direkten Nachfolgern angriff. Anscheinend stammte MahƗpadma Nanda aus einer niedrigen sozialen Schicht. Nach einigen Quellen war er der Sohn einer Shnjdrafrau oder der eines Barbiers und einer Kurtisane. Die PurƗnas beschreiben ihn als den Zerstörer der Adligenfamilien (Kshatriya) und der bisherigen Königshäuser. Er setzte die aggressive Expansionspolitik seiner Vorgänger fort. Nach griechischen, später auch römischen Quellen sollen die Nandas eine
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große Armee mit einem Elefantenkorps besessen haben. Während Elefanten als Haustiere sogar schon in mittelvedischen Texten erwähnt werden, erscheinen sie hier zum ersten Mal in einem militärischen Kontext. Mit dieser Streitmacht dehnten die Nandas den Herrschaftsbereich des Magadha-Staates weiter aus, sowohl nach Westen (nach Zentralindien) als auch nach Orissa, wo KhƗravelas spätere, schwer zu verstehende Hathigumpha-Inschrift von einer wenigstens teilweisen Besetzung des Tieflandes von Orissa berichtet. Die PurƗnas sprechen darum von MahƗpadma als einem ekachattra, jemandem, der alle «unter einen Sonnenschirm» gebracht hat, was an den vedischen Titel ekarƗja «Oberkönig» erinnert. Anscheinend bauten die Nandas die bekannte traditionelle Politik der rigorosen Steuereintreibung weiter aus und füllten ihren legendären Staatsschatz durch gezielte Plünderungen der Nachbarländer, was auch nötig war, um ihre riesige Armee zu unterhalten. Durch die straffe Organisation der Verwaltung und ihre stehende Armee bereiteten die Nandas den ihnen folgenden Maurya den Weg. Kurz gesagt, man sieht eine kontinuierliche Entwicklung von den frühen Territorialstaaten (wie Kosala und Magadha) zur imperialen Macht Magadhas unter den Maurya. Es mag sein, daß die spätvedischen Texte einen Teil dieser Entwicklung in der Beschreibung des königlichen Rituals widerspiegeln. Interessanterweise finden sich diese Passagen nur in dem späten, im östlichen Nordindien entstandenen Teil des Aitareya-BrƗhmana. Dort ist von etlichen weiteren komplizierten Ritualen die Rede, mit denen man zum Oberkönig werden konnte. Da sich diese Texte aber nicht gut datieren lassen, ist es schwierig festzustellen, zu genau welcher Stufe der staatlichen Entwicklung sie gehören. Man wird wohl an diejenige der Ausdehnung der Territorialstaaten wie zum Beispiel Kosala denken dürfen. Magadha ist wohl auszuschließen, da es noch längere Zeit hin als unrein galt. Erst die spätvedischen Ɩranyaka-Texte und der PƗlikanon erwähnen auch Brahmanen in Magadha und Anga. MahƗpadma Nanda soll von acht Söhnen mit jeweils sehr kurzer Regierungszeit abgelöst worden sein, ein Umstand, der
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sicher ähnlich zu interpretieren ist wie der Fall der Söhne und Enkel des AjƗtashatru etwa ein Jahrhundert früher. Sie wurden ihrerseits schon einige Jahre später durch den ersten Maurya-Herrscher, Candragupta, verdrängt. Man wird auch hier eher an gleichzeitige, miteinander streitende Kronprätendenten denken müssen als an regelmäßig aufeinander folgende Könige. Mit dieser Annahme ließe sich die kurze Zeitspanne zwischen MahƗpadma und Candragupta ohne Schwierigkeiten füllen.
VIII. Die Perser, Alexander und das Maurya-Reich
1. Die Perser im Westen Südasiens und ihr kultureller Einfluß
Auch im Westen Nordindiens hatte sich inzwischen vieles geändert. In der mittel- und spätvedischen Periode (und selbst bis in die Neuzeit hinein) wurden diese Randgebiete des Subkontinents immer wieder von neu ankommenden «iranischen» und «afghanischen» Stämmen überrannt. Ganz richtig warnt daher ein mittelvedischer Text, daß man sich den Rücken freihalten solle, womit wegen der geographisch-mythischen Ausrichtung der Indoarier nach Osten stets der Westen gemeint war. In den Bergen NnjrƯstƗns und im Norden von GandhƗra haben sich dennoch allerlei alte Sprachen und Religionen erhalten. Die auf der Einmarschstraße gelegene Landschaft GandhƗra scheint sich stets schnell von den Wellen der Eindringlinge erholt zu haben. Sie ist die Heimat des großen Grammatikers PƗnini, der dort gegen Ende der vedischen Zeit, aber schon unter persischer Oberhoheit, gelebt haben muß. Sein Sanskrit ist sehr archaisch; er kannte noch ganz lebendig den vedischen Tonakzent und viele altertümliche Formen. Schon die Autoren der mittelvedischen Texte waren sich der archaischen Sprache des «Nordens»,
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wie sie diese Gegend nannten, durchaus bewußt und bezeichneten sie als das Land, in das man seine Söhne zur Ausbildung schickte, eben wegen der guten Sprache. Ganz anders sieht es im Nachbarland, dem eigentlichen Panjab, aus. Die vedischen Texte lassen sich ebenso wie das MahƗbhƗrata nur negativ über dessen Bewohner aus. Genau wie der Osten vom Standpunkt des Kuru-Modells aus nicht-orthoprax und «unorthodox» war, so auch der Westen, d. h. der eigentliche Panjab, von Kamboja in Ostiran ganz zu schweigen. In den beiden äußersten Randgebieten der vedischen Kultur, in GandhƗra und Videha, entstanden daher auch Bewegungen gegen die «Barbaren», die auf der Kuru-Orthopraxie der Brahmanen beruhten: die vedische Kanonbildung im Osten und die Grammatikschule in GandhƗra. Zunächst ist dazu aber ein neues Element, das Eindringen der Perser, zu betrachten. Wie aus den altpersischen Inschriften (ab 519 v. Chr.) hervorgeht, war der Nordwesten Indiens von den Persern schon unter Kyros (558-530 v. Chr.) erobert worden. Unter dessen Nachfolger Dareios (522-486 v. Chr.) waren GandhƗra und die Gebiete südlich von Baktrien «jenseits [des Gebirges], das höher als der Falkenflug ist» (parƗ upari-saina, griech. Paropanisos, d.h. des Hindukusch) bereits ein fester Bestandteil des Perserreiches. Etwas später kam auch Sindh (altpersisch Hindush, Skt. Sindhu) hinzu, von dem der griechische und damit auch die europäischen Namen für «Indien» abgeleitet sind. Wir sind über die persische Zeit am besten - wenn auch aus zweiter oder dritter Hand - durch Herodot (ca. 484-420 v. Chr.) unterrichtet, der zur sechsten Satrapie (3.91) die Gandarer, Dadiker, Aparyter und Sattagyder rechnet. In den folgenden Kapiteln berichtet er unter anderem über die «streitbaren» Inder von Gandara, deren Lebensweise der baktrischen ähnlich sei. Er kolportiert auch allerlei Sagenhaftes über die Bewohner des Panjab, die er als barbarische, Rohfleisch essende Nomaden schildert, aber er erwähnt auch schon asketisch lebende Gruppen von Vegetariern. Berühmt ist der verballhornte Bericht von hundegroßen, Gold grabenden «Ameisen», d.h. Murmeltieren. Auch läßt er uns, nun aus lokaler griechischer Anschau-
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ung (7.66), Näheres über die indischen Truppen des persischen Großkönigs wissen, der 490/480 v. Chr. in Griechenland einfiel. Wichtig für Indien wurde der kulturelle Einfluß, der von den Persern und den anderen Völkern dieses großen Reiches ausging, das sich von den Toren Griechenlands bis zum Indus und von Zentralasien (Saka-Länder am Aral-See) bis nach Südägypten und Kusch erstreckte. Am wichtigsten war wohl die Übermittlung einiger neuer Ideen. Sie reichen von der Praxis der Staatsverwaltung, von der an Dareios' Hof erfundenen Anwendung der Schrift für das Altpersische über die Kanonformung einheimischer religiöser Texte bis hin zu gewissen Formen der Stadtplanung und Kunst, die sich noch in Ashokas Säulenkapitellen zeigen. Derartige Einflüsse müssen nicht immer direkt gewirkt haben, denn oft genügte, wie bei Herodot, auch das Hörensagen. Gewöhnlich unterschätzt man die Wirkung der Kaufleute, die sich frei in beiden Gebieten bewegen konnten. Sie mögen manches «am Lagerfeuer» berichtet haben, was in unseren gewöhnlichen Quellen fehlt. Auf diese oder ähnliche Weise könnten Ideen über eine zeitgenössische «moderne» Staatsform und Verwaltung den Osten Nordindiens erreicht haben. Wir finden hier den direkten Übergang von einem vorstaatlichen Stammeskönigtum zu einem aggressiven Verwaltungsstaat. Wirklicher, direkter Einfluß des Perserreiches ist vor allem im Nordwesten des Subkontinents sichtbar. Von den bisher ausgegrabenen Städten sind einige wie Taxila (Bhir Mound) den Persern zugeschrieben worden. Der Einfluß der Perser zeigt sich zum Beispiel an von PƗnini überlieferten Wörtern wie den oben genannten für «Schrift» (dipt, lipi), Yavana «Grieche» in yavanikƗ «griech. Schrift, Theatervorhang», dem ostiranischen kanthika «Bürger» usw. Im allgemeinen freilich liegt der «ausländische» persische Westen nicht in seinem Blickfeld, sondern eher der Panjab und darüber hinaus die Gegenden etwa bis Delhi, kaum aber der Osten Nordindiens, von dem er nur seine Konkurrenten, die uns verlorenen östlichen Grammatiker erwähnt. Letzten Endes bleibt er, trotz seiner internationalen Umgebung im Perserreich, doch ein der späten vedischen Kultur eng ver-
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bundener, genialer Gelehrter, der neben der gehobenen, altertümlichen Umgangssprache (bhƗshƗ) seiner Heimat speziell auch das vedische Sanskrit (chandas) in ca. 4000 Regeln von fast mathematischer Kürze lehrte. Seine analytisch-synthetische Methode hat bei uns um 1800 n. Chr. bei der Geburt der indogermanischen Sprachwissenschaft Pate gestanden. Der Einfluß der westlichen Kulturen ist zumeist sehr gut in die indische Kultur integriert worden (genauso wie etwa tausend Jahre später die babylonisch-griechische Astronomie) und damit nicht immer sogleich deutlich sichtbar. Dennoch bezeugen ihn typische Lehnwörter: Aus dem Persischen stammen die Wörter für Buch, Manuskript, Schreiber, Siegel, Münze, das karsba-Gewicht, Rüstung, Brustpanzer, Helm, Pfeil, Sattel, Schuhmacher, Elefant, Staatsschatz, Sklavin, Sonne (mihira), Ball usw. Die Stärkung des iranisch-zentralasiatischen Einflusses zeigt sich, wie auch Herodot berichtet, in Kleidung, Sitten und Gebräuchen GandhƗras und des Panjabs. Neuerdings wird eine Theorie (S. Farmer) diskutiert, nach der auch PƗninis erste erhaltene Formulierung der Sanskrit-Grammatik und die darauf einsetzende Welle der offiziellen Kanons (von Israel über die Zoroastrier bis hin zum Veda) von persischem Einfluß ausgegangen sein soll. In Indien ist dabei eher an zwei Zentren, eines in GandhƗra (PƗnini, Shakala im frühen Aitareya-BrƗhmana) und eines im Osten («östliche Grammatiker» wie ShƗkalyas Rigveda-Text mit Wortanalyse, PadapƗtha) zu denken. Eine deutliche Betonung des westlichen Kuru-Vorbildes kann man im spätvedisch sanskritisierten Osten feststellen: Kanonisierung mit redigierten Texten und einheitlichem Ritual. Der Abschluß und die Redaktion der vedischen Texte wird damit auf etwa 500 v. Chr. heruntergedrückt, und es bleibt, wie erwartet, damit nicht viel Zeit für die volle Sanskritisierung des Ostens vor dem Beginn der zweiten Urbanisierung um 450 v. Chr. Umgekehrt ist natürlich auch früher indischer Kultureinfluß im Westen zu betrachten. Das ist nicht auf den Handel beschränkt (z.B. griech. oryza «Reis» aus dem Drav. arici, «Beryll» und «Brille» aus Skt. vaidurya, «Kampfer» aus Skt. kar-
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pnjra, griech. karpasos aus Skt. karpƗsa «Baumwolle»). Es gab im 5. Jahrhundert in Griechenland eine regelrechte persische Mode, wozu auch Indisches gehörte. Von den zunehmenden Berichten über das «Wunderland» Indien wurde auch Alexanders Neugier geweckt, der - wie Napoleon in Ägypten - auf seinen Indienfeldzug eine ganze Reihe von Wissenschaftlern mitnahm, die uns wichtiges Material über den Nordwesten Indiens hinterlassen haben. 2. Alexanders Invasion und hellenistische Einflüsse
Alexanders Einfall in Nordwestindien wird von der westlichen Geschichtsschreibung aufgrund seiner Heerestagebücher stets als eine sehr bedeutende Militäraktion geschildert. Vom indischen Standpunkt aus war es aber nur ein weiterer, sehr kurz andauernder (327-323 v. Chr.) Einfall von «Barbaren» aus den Bergen Afghanistans. Von einer Ausnahme (dem wenig bekannten kurzen YugapurƗna) abgesehen ist er überhaupt nicht in die einheimische Literatur eingegangen. Alexander überschritt nach langen Kämpfen im Nahen Osten, in Iran, Baktrien und Sogdien im Frühling des Jahres 3 27 v. Chr. den Hindukusch und fiel über Kabul und die Berge von Nordpakistan in den Subkontinent ein. Die damals wie heute kriegerischen Bewohner der östlichen Hindukusch- und Kohistan-Berge bereiteten ihm ein ganzes Jahr lang viele Schwierigkeiten. Obwohl GandhƗra, Panjab und Sindh 2.00 Jahre lang unter persischer Oberhoheit gestanden hatten, waren sie - abgesehen von den eher urbanen GandhƗri und den aus dem Rigveda bekannten Pnjru - noch weitgehend von verschiedenen Stämmen und Stammesverbänden bewohnt, wie den Malloi (Malla), Kathaioi (Katha), Sudroi (Shnjdra?), ganz wie es uns auch PƗnini mit seinem Hinweis auf Panjab-Stämme, die vom Krieg leben, schildert. Im Februar 326 v. Chr. überquerte Alexander den Indus und wurde von Omphis, dem Herrscher (Satrapen?) von Taxila, ohne Schwierigkeiten als Oberherr anerkannt. Dieser versorgte die Griechen ausgiebig mit Proviant und mit 5000 Mann an
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Hilfstruppen, die Alexander auch nötig hatte. Die benachbarten Pnjru nämlich mit ihrem König Porös (Skt. Paurava), der zwischen den Strömen Jhelum und Ravi herrschte, stellten sich Alexander an der Spitze von 2000 Elefanten entgegen, konnten jedoch durch einen Überraschungsangriff besiegt werden. Der Sieger zeigte sich taktisch klug, setzte Poros wieder als König ein und stützte ihn gegen die kriegerischen Stämme in den Nachbargegenden, so vor allem gegen die Kathaioi (Katha, auch der Name einer nach ihnen benannten nordwestlichen Vedarezension). Weiterhin gab es hier wie im Osten Nordindiens eine Stammeskonföderation, welche die Oxydrakai (Kshudraka, «die Kleinen») und die Malloi (der Wüstenstamm der vedischen Malla oder «Ringer» in Rajasthan) umfaßte. Alexander drang weiter nach Osten zur Beas (griech. Hyphasis) etwa bis nach Lahore vor, wurde dann aber durch seine kriegsmüden Soldaten zur Umkehr gezwungen. Als Statthalter im Panjab hinterließ er den nun befreundeten Porös. Er selber zog unter schweren Kämpfen mit den Malloi den Indus entlang. Von der Indusmündung sandte er seinen Admiral Nearchos auf dem Seeweg nach Mesopotamien, kehrte selber aber unter großen Strapazen und Verlusten über die Wüsten von Balutschistan (Gedrosien) nach Persepolis und Susa zurück (Mai 324 v. Chr.) und starb im folgenden Jahr am Fieber. Auf seinen Kriegszügen «gründete» Alexander überall neue, oft nach ihm benannte Städte (Alexandropolis, Alexandria), d.h. er gab vielen schon bestehenden Siedlungen ein griechisches Gepräge und siedelte dort ausgediente Soldaten an. Diese griechischen Städte, die späterhin durch die baktrischen Griechen noch verstärkt wurden, übten einen dauernden Einfluß auf die Kultur der Region aus, der in vielen Einzelheiten zu sehen ist: zum Beispiel in der GandhƗra-Kunst, die fast griechisch anmutet, in der hellenistisch-römischen Architektur, die insbesondere in Kaschmir intensiv wirkte, in der in den ersten Jahrhunderten n. Chr. übernommenen griechischen Astronomie, die selbst die heutige indische Astrologie noch stark beeinflußt, und in vielen Details der materiellen Kultur. Dazu gehören die aus dem Griechischen stammenden indischen Lehnwörter für «Tunnel
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(bei Belagerung), Pferdegebiß, Militärdecke, Zelt, Zinn, Tinte, Schreibgerät (Schilfhalm), Drachme, Emerald, Zimbel», später auch die astronomischen Termini für «Sonne, Stunde (horä), Mittelpunkt eines Kreises (kendra), Durchmesser», Lehnwörter oder Lehnübersetzungen für die zwölf Tierkreiszeichen oder der typisch hellenistische Königstitel sotƝr «Erretter, Heiland». Der hellenistische Einfluß, der auch das benachbarte arsakidische Iran (247 v. Chr. - 224 n. Chr.) in vielem überformt hat, war in Indien so stark, daß noch in der Mitte des ersten Jahrtausends n. Chr. häufig von den Griechen die Rede ist und Yavana (wie bei uns «welsch») zur Bezeichnung aller westlichen Ausländer geworden ist, d. h. auch der späteren Muslime, Türken, Mongolen u. a. 3. Die Entstehung des Maurya-Reiches: Candragupta und BindusƗra
Der letzte König der Nanda-Dynastie von Magadha wurde - sowohl nach griechischen als auch einheimischen Quellen - kurz nach Alexanders Einfall im Jahr 321/320 v. Chr. durch Candragupta Maurya (griech. Sandrokottos) entthront. Candragupta soll damals 25 Jahre alt gewesen sein. Wie seine Vorgänger stammte auch er aus niederen Verhältnissen - was sicher durch die Klage der FurƗnas reflektiert wird, die (wie immer im Futur) erzählen, daß «in der Zukunft» die Könige aus Shnjdra-Schichten stammen würden. Candragupta kam wohl aus dem einheimischen Maurya-Stamm (mittelindisch moriya «Pfau»). Sein Berater soll aber ein Brahmane gewesen sein, der berühmte Kautilya, auch CƗnakya oder Vishnugupta genannt; doch wissen wir über seine Person, abgesehen von seinem politischen Werk, dem ArthashƗstra («Lehrbuch der [öffentlichen] Sachen» oder «des [Staats]-Ziels»), praktisch nichts. Über die Maurya-Dynastie sind wir zum ersten Mal in der indischen Geschichte recht gut informiert: durch die ersten indischen Inschriften von Ashoka, eines frühen Maurya-Herrschers, durch zeitgenössische griechische Quellen, beginnend mit den Tagebüchern der Alexander-Armee, den Bericht des
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Seleukiden-Botschafters in Patna, Megasthenes, und dessen spätere Zusammenfassungen in Arrians IndikƗ. Zusätzliche Informationen haben wir aus den frühen buddhistischen Quellen im PƗlikanon (ca. 250 v. Chr.) und auch aus den älteren Teilen des ArthashƗstra. Wichtig ist, daß viele der Daten des ArthashƗstra mit denen von Megasthenes übereinstimmen, was die beiderseitige Verläßlichkeit bestätigt. Etwas später, um 150 v. Chr., ist die ausführliche Diskussion von PƗninis Grammatik durch Patanjali in dessen MahƗbhƗshya anzusetzen. Schließlich kann man allerlei weniger sicher zu datierende Texte wie die großen Epen (MahƗbhƗrata, Harivamsha, RƗmƗyana), die Jaina-Texte und die frühen Rechtsbücher (Dharmasnjtra, Manu-Smriti u.a.) zum Vergleich heranziehen. Ashokas Edikte sind an fast 50 Orten im gesamten Subkontinent, mit Ausnahme des äußersten Südens (Kerala und Tamil Nadu) und des Ostens (Bengalen), aufgefunden worden. Sie finden sich auf großen Säulen, oft durch Löwen, Bullen und ähnlichem gekrönt, oder an auffallenden Felswänden in der Nähe der großen Handelswege und bedeutender Städte. Sie sind nicht in Sanskrit abgefaßt, sondern in der östlichen mittelindischen Kanzleisprache des Hofes in Patna, die der vom Buddha benutzten Volkssprache ähnlich ist, und in BrahmƯ-Schrift eingemeißelt. Nur im schon länger an Schriftlichkeit gewöhnten Nordwesten sind die Edikte im einheimischen Dialekt (ProtoGƗndhƗrƯ, in Nordpakistan) in Kharoshthi-Schrift sowie in Aramäisch und sogar in Griechisch (Kandahar, in Südost-Afghanistan) abgefaßt. Nach diesen Quellen soll Candragupta PƗtaliputra besetzt und das Nanda-Reich übernommen haben, aber dann seine Macht auch auf den Nordwesten des Subkontinents ausgedehnt haben, der schon im Jahre 317 v. Chr., also nur etwa 7 Jahre nach Alexanders Abzug, von den Griechen aufgegeben worden war. Seleukos Nikator, Alexanders Nachfolger in Syrien, Persien und im iranischen Osten, nahm das nicht ohne weiteres hin. Im Jahre 305 v. Chr. überquerte er den Hindukusch und lieferte Candragupta im Panjab eine Schlacht, worauf beide einen Friedensvertrag schlössen und auch in ihre jeweiligen Familien ein-
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heirateten. Seleukos gab die Gebiete westlich des Indus, d. h. GandhƗra und Balutschistan sowie Arachosien, an Candragupta ab. Der schenkte Seleukos 500 Kriegselefanten, die ihm entscheidend halfen, seinen westlichen Rivalen, den Diadochen Antigonos, zu besiegen. Durch diese Beziehung wurde der bereits in der Perserzeit begonnene internationale Austausch zwischen dem Mittelmeerraum und Indien noch verstärkt. Über Candraguptas Regierungszeit und die internen Verhältnisse im Maurya-Reich sind wir durch Megasthenes relativ gut unterrichtet. Gegen Ende seines Lebens soll sich Candragupta zum Jainismus bekehrt haben, mit dem Jaina-Mönch Bhadrabähu in den Süden Indiens, nach Karnataka gezogen sein und sich dort nach strenger Jainasitte zu Tode gehungert haben. Der frühe Einfluß des Jainismus in Südindien ist nun durch die Edition der frühesten Tamil-Inschriften in BrahmƯ-Schrift (I. Mahadevan) bestätigt worden. Im Jahre 297 oder 293 v. Chr. folgte auf Candragupta sein Sohn BindusƗra, den die Griechen als Amitrochates (amitraghƗta «Zerstörer der Feinde») kannten. Er soll bis etwa 268 v. Chr. regiert haben. Auch er stand mit den seleukidischen Nachfolgern Alexanders in engem Kontakt, so mit Antiochos I., den er nicht nur um westliche Genüsse, sondern auch um einen Sophisten bat, der aber nicht nach Indien reisen wollte. Diese Nachricht ist von Bedeutung, da sie das kontinuierliche gegenseitige Interesse an der fremden Geistigkeit bestätigt. Offensichtlich hat BindusƗra sein Reich weiter nach Süden ausgedehnt, denn frühe Tamil-Quellen (Sangam) sprechen von einer Maurya-Invasion in den Süden. Auch die frühesten TamilInschriften sind bereits voll von mittelindischen und JainaWörtern, die auf einen engen Kontakt, etwa mit dem oben genannten Jaina-Zentrum in Karnataka, schließen lassen. Diese Eroberungen erfolgten entlang den Haupthandelswegen, vor allem dem DakshinƗpatha («Südstraße»), die von MathurƗ über Ujjain in das gold- und diamantenreiche südliche Karnataka führte. Der Ausbau der Verkehrsverbindungen war vielleicht durch die persische «Königstraße» angeregt. Die Über-
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landstraße (Great Trunk Road) führte von Taxila bis nach Patna und gangesabwärts bis nach Bengalen. Eine weitere Straße verband Ujjain mit der Küste und dem Süden (dakshinƗpatha). 4. Der Kaiser Ashoka
Ashoka bestieg den Thron etwa im Jahre 268 v. Chr.; das genaue Datum ist noch immer umstritten. Er dehnte das Mauryareich noch weiter aus, aber auch ihm gelang es nicht, den äußersten Süden zu erobern. Die dort wohnenden Cola, PƗndya, Satyaputra und Keralaputra und damit der ganze tamilische Süden bewahrten ihre Unabhängigkeit. Sri Lanka blieb ebenfalls außerhalb des direkten Einflußbereichs, auch wenn der Legende nach Ashoka seinen Sohn Mahinda als buddhistischen Missionar nach Ceylon geschickt haben soll, wie die einheimischen Chroniken erzählen. Ebenso scheint es sich im Norden verhalten zu haben. Die buddhistischen und die einheimischen Legenden berichten zwar, daß Ashokas Tochter CƗrumati nach Nepal entsandt wurde. Sie soll in Chabhel (Ost-Kathmandu) einen Stupa gebaut haben, und auch die vier großen, altertümlich wirkenden Stupas von Patan, südlich von Kathmandu, sollen alle von Ashoka selbst errichtet worden sein. Es mag unter Ashoka kulturelle und vielleicht auch politische Beziehungen mit Nepal gegeben haben. Sie bleiben aber, ebenso wie die mit Kaschmir, ganz und gar unsicher, obwohl die einheimische Geschichte Kaschmirs, die RƗjataranginƯ (1150 n. Chr.), vor dem Hintergrund der späteren Bedeutung Kaschmirs als Zentrum des Buddhismus dergleichen behauptet. Das leicht zugängliche Tiefland im Süden des heutigen Nepal dagegen war ein Teil von Ashokas Reich. Dort, in Lumbini, ist der Buddha geboren, und dort hat Ashoka eine große Säule aufstellen lassen, die in der Kanzleisprache von Patna noch heute verkündet: «Hier ist der Buddha geboren» (hida buddhe jƗte). Ashokas Feldzug nach Orissa ist sehr berühmt, vor allem weil er selber darüber mit viel Emotion in seinen Inschriften spricht, einer der wenigen Fälle, in denen die wirkliche Stimme eines
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Herrschers vernehmbar ist. Danach unternahm Ashoka etwa im Jahre 260 v. Chr. einen Feldzug in die Küstengegenden des unabhängigen Landes Kalinga. Dieses war als Verbindungsglied zwischen seinen südindischen Besitzungen und dem Kernland Magadha und Westbengalen von Wichtigkeit. Offenbar war Orissa, dessen große und gut befestigte Hauptstadt Sisupalgarh nun ausgegraben worden ist, eine regionale Macht, die auch gegenüber dem mächtigen Maurya-Reich nicht einfach aufgab und sich schon wenig später unter KhƗravela wieder neu etablierte. Ashokas Feldzug dauerte daher lang, und nach seinen eigenen Worten wurden dabei «100 000 Menschen getötet, 150 000 umgesiedelt». Wenn das auch - zum Zwecke einer politisch motivierten Abschreckung - übertrieben sein mag, so stimmen diese Zahlen in ihrer Größenordnung doch in etwa mit den Angaben der griechischen und römischen Schriftsteller wie Plutarch und Justinus überein, die von einer 600 000 Mann starken Magadha-Armee berichten. Diesem Erlebnis, der Verwüstung von Orissa, wird auch die allerdings erst später erfolgte «Bekehrung» Ashokas zum Buddhismus zugeschrieben. Ob sie wirklich stattfand, bleibt freilich offen. Das von Ashoka häufig gebrauchte Wort dhamma (Skt. dharma), das im buddhistischen Sinne als Religion verstanden werden konnte, ist auch aus anderen Dokumenten der Zeit wie den frühen Rechtsbüchern bekannt und dürfte wohl kaum mehr als «Recht, rechte Sitte» bedeutet haben (P. Olivelle.) Ganz im Gegenteil: Ashoka benutzte den Buddhismus vor allem als bequemes Mittel für seine Innen- und Außenpolitik. Nach seinen eigenen Worten sandte er Missionare in alle Himmelsrichtungen, nach Sri Lanka im Süden ebenso wie zu den Griechen im Westen. Ashoka nennt dabei - und die Historiker sind ihm für diese genauen Daten sehr dankbar - im einzelnen die folgenden Diadochenkönige: den Seleukiden Antiochos Theos (260246 v. Chr.), Ptolemaios III. von Ägypten (285-247 v. Chr.), Antigonos Gonatos von Makedonien (279-239 v. Chr.), Magas von Kyrene in Lybien (306-258 v. Chr.) und Alexander von Epirus (in Albanien, 272-262/58 v. Chr.). Von Nepal oder gar von Kaschmir hören wir jedoch nichts.
Die Struktur des Maurya-Reiches
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Um den Buddhismus für seine diplomatischen und kulturellen Vorhaben einsetzen zu können, mußte Ashoka zunächst einmal Ordnung in der Religion seines eigenen Landes schaffen. Seine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Buddhismus (wie von Kautilya für alle Religionen vorgeschlagen!) wurde ganz deutlich, als er um 250 v. Chr. das «dritte» buddhistische Konzil von PƗtaliputra einberief. Der gesamte Kanon des frühen Buddhismus wurde dabei auswendig von verschiedenen Spezialisten rezitiert und damit offiziell festgelegt. Umgekehrt hatte die Lehre Buddhas, von seinen eigenen, oben angedeuteten politischen Aktivitäten abgesehen, schon zu seinen Lebzeiten viel, vielleicht sogar zu viel Einfluß auf die oberen Gesellschaftsschichten (Brahmanen und Kshatriya) gewonnen und sie damit dem aktiv tätigen Leben entzogen. Kautilya schreibt deshalb auch vor, daß ein König derartige Bewegungen (wie Jainismus oder Buddhismus) durch geschickten Einsatz von Spionen und innere Spaltungen in Schach halten müsse. Ashoka versuchte darüber hinaus, den gesamten Orden durch Einschwören auf eine offizielle «Parteilinie» unter seine Kontrolle zu bringen und diese dann durch seine Missionare verbreiten zu lassen. All das war freilich ein Unterfangen, das im religiös sehr individualistisch, ja anarchisch ausgerichteten Indien von Anfang an wenig aussichtsreich war, wie es noch fast zooo Jahre später die Moghuln erfahren mußten. 5. Die Struktur des Maurya-Reiches
Ashokas Reich war einer straffen und ausgeklügelten Verwaltung unterworfen, deren Aussehen man in etwa abstecken kann, insbesondere dann, wenn das ArthashƗstra durch unabhängige griechische Zeugen und Ashokas Inschriften bestätigt wird. Megasthenes berichtet unter anderem, daß die soziale Struktur des Maurya-Reiches, anders als man nach den frühen brahmanischen Quellen erwarten würde, nicht aus vier sondern aus sieben Klassen bestand. Vermutlich war er aber von Herodots Beschreibung Ägyptens (2.164) beeinflußt, der dort ebenfalls sieben Klassen nennt. In Indien entsprechen dabei die Philoso-
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phen den Brahmanen, die Soldaten und einige hohe Beamte den Adligen (Kshatriya), die Hirten und Kaufleute in etwa den Vaishya und die Bauern, Handwerker und Spione den Shnjdra der vedischen Texte und Rechtsbücher, aber eine genaue Übereinstimmung ist nicht zu erreichen. Megasthenes weiß auch zu berichten, daß die Bauern vom Kriegsdienst befreit waren. Sie mußten aber dem König für ihr Land eine Steuer zahlen, denn «in Indien gehört alles Land dem König» - was schon die vedischen Texte voraussetzen. Weiter hatten sie ein Viertel ihrer Produkte als Steuer an den Staat abzugeben, was angesichts der heute üblichen 50%, die Bauern immer noch an die Landbesitzer liefern müssen, eher als «fortschrittlich» zu bezeichnen ist. Die Soldaten, die (königlichen?) Handwerker und natürlich die Beamten, Minister und Spione (cƗra) wurden aus dem Staatsschatz bezahlt. In den buddhistischen Quellen werden die Spione in Beamtenlisten immer ganz vorn genannt, direkt nach dem König und vor den Ministern. Die schon in den frühesten vedischen Texten als ein Instrument der Stammeshäuptlinge erscheinenden Spione waren eine sehr wichtige Kontrolleinrichtung des Beamtenstaates. Diese Aspekte, wie auch das, was wir von Megasthenes und in viel größerem Ausmaß von Kautilya hören, erwecken den Eindruck eines zentralistisch organisierten Beamtenstaates, der sich grundsätzlich von den vorangehenden monarchisch ausgerichteten Territorialstaaten wie Kosala und mehr noch von den Stammesverbänden wie dem «frühen Staat» der Kuru(-PancƗla) um 1000 v. Chr. unterschied. Das alte System der Umverteilung von Gütern (stets in Naturalien wie Getreide) wurde nun durch eine Geldwirtschaft mit zentral bezahlten Beamtenpositionen ersetzt. Das neue System blieb in den folgenden Jahrhunderten teilweise erhalten oder konnte sich bisweilen aufs neue durchsetzen. Es ist aber bis zur Übernahme weiter Teile Indiens durch die Briten wegen der kontinentgroßen, Europa gleichkommenden Ausdehnung des Landes oft durch mehr oder weniger indirekte, feudalistisch anmutende Methoden ersetzt worden. Wie selbst die Moghuln noch zu beklagen wußten: «Delhi ist fern» (Dilli dnjr ast). Das gilt auch noch heute. Es herrschen weiterhin der
Das ArthashƗstra des Kautilya
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Dorf-Pancayat, die einheimische Polizei, sogar Privatarmeen, die Kastenversammlung und dazu die mit all diesen verquickten Interessen. 6. Das ArthashƗstra des Kautilya, des indischen Machiavelli
Das ArthashƗstra stellt die Forschung vor schwierige Probleme, die hier kurz exemplarisch vorgestellt werden sollen. Denn es ist, wie viele andere indische Texte, aus mehreren von verschiedenen Autoren stammenden Schichten zusammengesetzt. Diese sind nicht ohne weiteres erkennbar und können nur indirekt aus Unstimmigkeiten in den Texten, linguistisch oder stilistisch markierten Eigentümlichkeiten oder anhand von Zitaten der Vorgänger bestimmt werden. Das ist Gegenstand der philologisch arbeitenden Indologie, die trotz ihrer fast zwei Jahrhunderte alten und sehr erfolgreichen Tradition (vor allem in Mitteleuropa) immer noch vor vielen Aufgaben steht, die Vergangenheit und deren Einwirkungen auf die Gegenwart zu erklären. Zu Unrecht wird dies nun bisweilen als «altmodisch» abgetan. Im ArthashƗstra werden einige Vorgänger und Konkurrenten erwähnt, und der «Verfasser» gibt einige Dutzend Male - unter Nennung seines Namens - seine eigene Meinung zu schwierigen Fragen kund. Das geht vermutlich, wie schon in dem spätvedischen BaudhƗyana-Shrautasnjtra, auf seine Schule, nicht aber auf Kautilya selbst zurück. Durch eine länger zurückliegende computergestützte Untersuchung von Th. Trautmann konnten die Kapitel 2-4 als alt nachgewiesen werden, während andere bis zum 1. Jahrhundert n. Chr. hinzugefügt worden sind. Man muß also bei jeglicher Verwendung des Textes sehr vorsichtig vorgehen. Der Stand der Forschung ist neuerdings von dem deutschen Indologen H. Scharfe (Los Angeles) zusammengefaßt worden. Dennoch ist die zentrale Idee des ArthashƗstra deutlich zu erkennen: Dem König eines kleineren Territorialstaates der Gangesebene sollen die Mittel an die Hand gegeben werden, um seine Macht verteidigen und auszubauen zu können. Diese Vor-
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Die Perser, Alexander und das Maurya-Reich
Stellung paßt jedoch eher in die Periode der miteinander streitenden östlichen Königreiche, aber kaum mehr in diejenige des Maurya-Reiches unter Candragupta. Kautilyas Theorie der Beziehungen von Staaten untereinander sieht folgendermaßen aus: Ein bestimmtes Königreich (rƗjya) ist von einem Kreis von Staaten (mandala) umgeben, welche als Feinde (art) betrachtet werden. Die an diese grenzenden Nachbarn sind aber wiederum deren Feinde und damit natürliche Verbündete (mitra «Freund») des zentralen Königreichs. Diese Situation war, wie erwähnt, schon dem spätvedischen VƗdhnjla-BrƗhmana bekannt. Andere Modelle umfassen die bewaffnete Neutralität des sogenannten «mittleren» Königs (madhyama) und den Außenseiter (udƗsina), der sich (wie es England oft gegenüber Europa getan hat) in den Kreis der streitenden Staaten einmischen konnte. Kautilya geht von sieben grundlegenden «Säulen» des Staates aus, d. h. den Eigenschaften des Königs, der Minister, der Provinzen, der Hauptstadt, des Staatsschatzes, der Armee, und seiner (schon charakterisierten) Verbündeten. Durch geschickte Anwendung dieser «Säulen» soll die Existenz eines Königreiches sichergestellt und sein Reichtum gefördert werden. Im einzelnen besteht das ArthashƗstra aus zum Teil sehr detaillierten Vorschriften. Dazu gehören der Festungsbau, die Neubesiedlung von Dschungelgebieten, die Förderung der Wirtschaft, genaue Steuervorschriften sowie Skalen für Beamtengehälter. Die Meinung und das Wohlergehen des Volkes spielen nur eine nachgeordnete Rolle. Allerdings mußten die Grundbedürfnisse befriedigt werden, da die Bauern bei zu großer Unterdrückung einfach in ein Nachbarland übersiedeln konnten. Weiter sollten andere Könige daran gehindert werden, ihr Reich erfolgreich auszubauen, wozu ein ausgetüfteltes Spionagesystem verwendet wurde. Es diente sowohl der Ausrottung von «Dornen» (Staatsfeinden) im Inneren als auch der subversiven Tätigkeit in den Nachbarländern. Diese und andere ganz moralfreie und nur den Zweck heiligende Vorschriften haben Kautilya den Ruf eines über Machiavelli hinausgehenden, skrupellosen Theoretikers eingebracht.
IX. Zwischen den Reichen
1. Der Zerfall des Maurya-Reiches
Nach Ashokas Tod im Jahre 232 v. Chr. zerfiel das Reich - wie schon zu seinen Lebzeiten abzusehen war - bald in eine westliche und östliche Hälfte. Der Westen wurde von KunƗla oder Samprati regiert. Die für diese frühe Zeit noch wenig zuverlässige Geschichte von Kaschmir (Rajatarangini) nennt in diesem Zusammenhang den sonst allerdings unbekannten AshokaSohn Jalauka(s). Das Westreich wurde bald ein Opfer von aus dem Nordwesten einfallenden zentralasiatischen Völkerschaften. Den Osten beherrschten zunächst die Shunga, dann die KƗnva, und aus dem Süden bedrohten die neuerdings unabhängigen Ɩndhra ihre nördlichen Nachbarn. Für diese Periode, wie schon für die Maurya-Zeit, gibt es eine ganze Reihe von Quellen, in erster Linie eine stets zunehmende Anzahl von Inschriften in verschiedenen mittelindischen Dialekten. Häufig sind sie jedoch noch gar nicht ediert, geschweige denn benutzt worden. Die wichtigen Inschriften von Mathurä, die schon vor Jahrzehnten durch Heinrich Lüders herausgegeben wurden, lassen ein deutliches Kulturgefälle zwischen Brahmanen erkennen, die ein fast korrektes klassisches Sanskrit (des PƗnini) benutzten, und solchen, die sich verschiedener mittelindischer Dialekte bedienten. An Bedeutung gewinnen nun die gerade von I. Mahadevan kritisch edierten und untersuchten Inschriften des äußersten Südens in frühem Tamil. Sie bieten die ersten verläßlichen einheimischen Quellen für die Geschichte Südindiens, lassen sich aber durch die in ähnlich altertümlicher Sprache verfaßten klassischen Sangam-Texte (Cankam) bedeutend ergänzen. Das MahƗbhƗsbya von Patanjali (ca. 150 v. Chr.) und ein PaliText der Nach-Mauryazeit, «die Fragen des Menander» (Milindapanho), berichten unter anderem auch von diesem um 150
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Zwischen den Reichen
v. Chr. im Nordwesten herrschenden griechischen König. Weiter gibt es die wegen ihrer unsicheren Abfassungszeit noch wenig als Zeitzeugen ausgewerteten normativen Rechtsbücher wie die berühmte Manu-Smriti und die großen Epen. Zum ersten Mal erscheinen nun unter griechischem Einfluß auch datierbare Münzen mit den Namen der Herrscher. Natürlich liefern auch weiterhin die westlichen (griechischen, dann römischen) Schriftsteller viel wichtiges Material, so eine fast journalistisch anmutende Beschreibung einer Witwenverbrennung von Diodorus Siculus, der um die Zeitenwende lebte. Dieser Brauch faszinierte den Westen schon damals. Eine bedeutende Quelle ist zudem der «Periplus des Erythräischen Meeres», der um 50 n. Chr. von einem unbekannten Autor verfaßt wurde. Er beschreibt die Fahrten auf dem Arabischen Meer zwischen Ägypten und Indien, welche durch den angeblich von dem Griechen Hippalos (ca. 46 n. Chr.) «entdeckten» Monsunwind möglich wurden, was dem ständig wachsenden Handel zwischen Indien und dem römischen Mittelmeerraum zugute kam. Unlängst ist im südägyptischen Berenike am Roten Meer ein für den Indienhandel bedeutender Hafen ausgegraben worden. Selbst chinesische Quellen beginnen nun, wenn auch spärlich, zu fließen. Der kaiserliche Gesandte Chang Ch'ien (Zhang Qian), den es nach vielen gefahrvollen Erlebnissen nach Baktrien verschlagen hatte, berichtete über die dortigen Zustände. Es muß aber vor seiner Zeit schon eine andere Verbindung zwischen China und Indien gegeben haben, da er in Baktrien zu seinem Erstaunen importierten viereckigen (!) Szechuan-Bambus antraf, der damals nur über die Gangesebene und Afghanistan dorthin gelangt sein konnte. Eine andere, östliche und wenig erforschte «Seidenstraße» verband nämlich Südwestchina mit Ostindien. Im ArthashƗstra und in anderen zeitgenössischen Werken findet sich nun zum ersten Mal neben der einheimischen Seide (kausheya) auch die chinesische Seide (cmapatta). Darüber hinaus ist unlängst ein Hemd aus indischer Seide (zusammen mit Bronzespiegeln als frühesten Zeugnissen indischer bildender Kunst aus dem 4.Jahrhundert v. Chr.) in Sibirien aus-
Die Kultur Indiens «zwischen den Reichen»
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gegraben worden (Y. Vasilkov). Und schließlich sind viele archäologische Funde anzuführen, die im 20. Jahrhundert in Südasien geborgen werden konnten. Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die Epen und PurƗnas besser auswerten, die von bestimmten indischen Historikern jetzt zunehmend als wirkliche, zum Teil sogar als einzige frühe Geschichtsquellen dargestellt werden. Die PurƗnas beschreiben - auf der Grundlage lokaler Traditionen der umherziehenden Barden - in Form von «Prophezeiungen» mehr oder weniger ausführlich die verschiedenen nordindischen Dynastien seit der Nanda-Zeit und können so diese turbulente Periode erhellen, sind aber, wie gesagt, mit Vorsicht zu benutzen. Sie enden meist in der beginnenden Gupta-Zeit. Ein Gesamtbild der unterschiedlichen kulturellen und religiösen Strömungen, der Handelsbeziehungen, der zahlreichen Invasionen und einheimischen Gegenreaktionen dieser Zeit ist schwer zu zeichnen, soll aber dennoch hier versucht werden. 2. Die Kultur Indiens «zwischen den Reichen»
Man hat die Periode von etwa 200 v. Chr. bis 300 n. Chr. als eine Zeit «zwischen den Reichen» bezeichnet, d.h. zwischen dem ersten pan-indischen Reich der Maurya und dem berühmten, wenn auch weniger ausgedehnten Reich der Gupta. Das ist aber irreführend. Diese 5 00 Jahre bildeten zwar vielleicht die turbulenteste, aber neben der Moghul-Epoche und der britischen Zeit wohl auch die fruchtbarste Phase der indischen Geschichte. Auf vedischer Basis und Maurya-Konsolidierung aufbauend, wurden damals nämlich zahlreiche neue Einflüsse übernommen, verarbeitet und so umgeformt, daß sie in der Guptazeit ein ganz neues Indien, das sogenannte «Klassische Indien» unserer Historiker erkennen lassen. Was gewöhnlich nicht beachtet oder vernachlässigt wird, ist die ungeheure Neugier und Weltoffenheit. Dergleichen hat man späterhin, selbst unter den Moghuln, kaum mehr gekannt, bis Indien sich unter der britischen Herrschaft ganz dem Westen und danach dem Rest der Welt öffnete. Anders als so häufig
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Zwischen den Reichen
dargestellt, war diese Zeit eben nicht nur von ständigen Invasionen ausländischer Barbaren geprägt. Es stellt sich nämlich die Frage, ob die Invasionen aus dem Westen immer so destruktiv waren, wie oft betont worden ist. Die in mittelvedischer Zeit eingefallenen Salva wurden schon innerhalb etwa eines Jahrhunderts «vedisiert», und ebenso erscheinen die spät eingewanderten Sakya, Malla usw. zu Buddhas Zeiten nicht mehr als Außenseiter sondern schon als typische «Inder». Für die NachMauryazeit läßt sich anhand von vielfältigem Material erkennen, wie man schon damals in Indien auf Einflüsse von außen reagiert hat, ein Vorgang, der sich bis in die britische Zeit vielfach wiederholt hat. Bisher führte man diese Art von Reaktion stets auf den indischen additiven, inklusivierenden «Nationalcharakter» und auf den «alles verschlingenden» Hinduismus zurück. Das indische Ethos der Zeit war aber vielmehr so sehr von außen beeinflußt und bestimmt, daß aus der Begegnung etwas ganz Neues entstand, ein weltoffener «Hinduismus», der Beziehungen zu allen Nachbarn pflegte. Obwohl sich zumindest die Brahmanen ihrer ständig betonten Reinheitsgebote bewußt waren, welche Reisen selbst in die Nachbargebiete Nordindiens verboten, reisten auch sie nun in benachbarte Länder und sogar über den verpönten Ozean, so zum Beispiel wenig später nach Südostasien, und siedelten sich überall dort an. Man sollte solche Beobachtungen verallgemeinern und für die Betrachtung der indischen Geschichte insgesamt anwenden. Wir erkennen von nun ab ein ständiges Auf und Ab: Auf eine Periode der Einflußnahme von außen folgte eine Zeit der oft virulenten Reaktion, in der das Neue verarbeitet wurde. An sie schloß sich stets eine dritte, mehr oder weniger «klassische» Periode an, die einige dieser Elemente aufnahm, sie aber mit einem Großteil der älteren kulturellen Gegebenheiten zu etwas ganz anderem verarbeitete. Das erschien den Zeitgenossen und den Nachfahren dann als «klassisch schön», ja es mußte ihnen wohl auch so erscheinen, weil diese «klassischen» Perioden (Mittelvedisch, Maurya-, Gupta-, PƗla-Sena-, Vijayanagara- und Moghul-Reich) einen allgemein anerkannten Kanon von Formen in
Brahmanische Reaktion
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allen kulturellen Bereichen besaßen, der viel Improvisation innerhalb eines ansonst streng regulierten Rahmens erlaubte. Derzeit sind wir, nebenbei bemerkt, immer noch in einer Phase begriffen, die als Reaktion auf den «Westen» um 1820-1850 eingesetzt hat. Man kann demnach sagen, daß die ganze Periode «zwischen den Reichen» von verschiedenen Wellen starker ausländischer Einflüsse, von zunächst nur versuchter brahmanischer Reaktion, von Betonung des «Indischen» und von Rückbesinnung auf die einheimischen Sitten und die vedische Religion geprägt war. 3. Brahmanische Reaktion
In der Nach-Mauryazeit sind solche Reaktionen jedenfalls deutlich erkennbar. Die Könige des Ostens stammten nicht mehr wie seit Jahrhunderten aus niedrigen Schichten (Shnjdra), sondern waren Brahmanen (ganz gegen die «offizielle» vedische Theorie nicht Kshatriyas). Zunächst war es die Shunga-, dann die KƗnva-Dynastie, und die traditionelle «Geschichtsschreibung» in den PurƗnas bemängelt das nicht, während sie sonst über Shnjdra- und Barbaren-Könige klagt. Die Shunga verfolgten eine Restaurationspolitik, die auch der vermutlich aus MathurƗ stammende Brahmane Patanjali (ca. 150 v. Chr.) in seinem Grammatikkommentar (MabƗbhƗsbya) befürwortete. Zum Beispiel benutzte er - genauso wie heute unsere Grammatiker - absichtlich grammatikalische Beispiele aus der Politik seiner Zeit, um Kritik zu üben. So schreibt er: «Der Grieche belagerte SƗketa (AyodhyƗ) und MadhyamikƗ (Ujjain)», oder er berichtet mit Genugtuung, daß «wir jetzt hier für Pushyamitra opfern», d. h. für den wichtigsten Shunga-König. In der Tat ließ Pushyamitra gleich zweimal ein vedisches Pferdeopfer (ashvamedha) ausführen, wobei man sich fragen kann, wieviele Jahrhunderte vor ihm es zum letzten Mal durchgeführt worden war. Bekanntlich müssen alle Könige in den angrenzenden Regionen damit die Oberhoheit des Opfernden anerkennen. Die Griechen im Panjab werden sich aber kaum darum gekümmert haben.
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Zwischen den Reichen
Am deutlichsten ist Patanjalis Einstellung in seiner langen Einleitung zum MahƗbhƗshya dargelegt. Hier ist ein (letzten Endes erfolgreicher) Rettungsversuch für das Sanskrit zu erkennen, das auch nach etlichen Jahrhunderten der Verwendung der Volkssprachen durch den Buddhismus, Jainismus und durch die Maurya-Verwaltung noch als Standessprache der Brahmanen benutzt wurde. Er beklagt sich über die Barbarismen seiner Zeit, zum Beispiel die falsche Aussprache der drei s-Laute des Sanskrit, die fast überall in Indien zusammengefallen waren, wie sich übrigens selbst in Inschriften von Brahmanen aus Mathura zeigt. Weiterhin mahnt er, keinen Alkohol zu trinken und nicht wie die Dämonen (Asura) zu sprechen. Ob er dabei die Ausländer, die Griechen, meinte? Ähnlich restaurative Tendenzen lassen sich auch in Religion und Sitte erkennen. Es ist schwierig, Manus Rechtsbuch (Manu-Smriti) oder die Dharma-Kapitel des MahƗbhƗrata (Buch 12-13) zu datieren. Deren Gedanken passen aber genau in diese Zeit und sind - etwa mit ihren Regeln über Mischkasten und Halbhindus in den Grenzgebieten - Versuche, die Gesellschaft nach brahmanischen Normen zu restaurieren. Die berühmte BhagavadgƯtƗ, deren spätere Schichten die gläubige und vertrauende Liebe zu Gott Krishna lehren, ist ebenfalls teilweise als Reaktion auf die vorangegangenen Jahrhunderte des Lobes der ahimsƗ, des gewaltlosen Opfers, zu verstehen (genauso wie auch heute in Indien wieder Rufe gegen Gandhis ahimsƗ als Mittel der Politik und für die Anwendung von Atomwaffen zu hören sind). So sind die ersten Kapitel der GƯltƗ ein unverblümter Appell des nun populären Gottes Krishna an Arjuna, seine Pflicht als Krieger zu tun und sogar gegen Verwandte zu kämpfen. Später im Text werden die buddhistischen und Jaina-Einflüsse, welche die üblen Auswirkungen solcher Taten für die nächste Wiedergeburt betonen, damit abgetan, daß man solche Kriegshandlungen mit Distanz, ohne ein persönliches «sich daranhaften» ausführen kann, um deren Karma-Folgen zu entgehen. Dies ist letzten Endes eine für Adlige und Soldaten bestimmte Sophistik, wie man sie seit der Zeit des Buddha (DighanikƗya 2) nicht mehr gehört hatte.
Die Shunga- und KƗnva-Königreiche
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4. Die Shunga- und KƗnva-Königreiche
In Nordindien etablierten sich zunächst die Shunga als Nachfolger der Maurya. Wie so oft in der indischen Geschichte ist ihre Abkunft unklar. Es handelte sich aber um eine einheimische Brahmanenfamilie, die seltsamerweise nach einem Feigenbaum benannt war. Pushyamitra, ein General des letzten Maurya-Königs Brihadratha, brachte diesen um und übernahm die Macht: Man sieht Anklänge an die Theorien der GƯtƗ. Brahmanen als Kriegsminister oder Soldaten hat es auch späterhin noch über lange Zeit gegeben. Unter Brahmanen darf man sich eben nicht allein Priester vorstellen. Pushyamitra regierte von der zentral gelegenen Landschaft Vidisha aus. Sein Reich umfaßte die gesamte Gangesebene und reichte im Süden bis zur NarmadƗ, im Westen vielleicht sogar bis in den östlichen Panjab. Im allgemeinen wird er als ein fanatischer Gegner des Buddhismus dargestellt, er soll 84 000 angeblich von Ashoka erbaute Stupas zerstört haben. Patanjali beschreibt ihn als typischen Hindukönig, der ein Pferdeopfer ausführen ließ. Andererseits blühte auch in dieser Zeit der Buddhismus weiter, und es wurden, selbst im Machtzentrum der Shungas, große Monumente wie der Stupa von Bharhut errichtet. Seine Reliefs gehören zu den ersten detaillierten bildlichen Darstellungen. Sie stellen nicht nur die buddhistische Mythologie, sondern auch viele Einzelheiten des täglichen Lebens lebendig dar und sind damit eine Art Enzyklopädie, die eigentlich noch mehr ausgewertet werden müßte als bisher geschehen. Die Shunga mußten gegen einige Nachbarn kämpfen, wie gegen das südlicher gelegene Königreich von Vidarbha (Berar, Nagpur) und vielleicht auch gegen die Kalinga in Orissa. Schon nach hundert Jahren hatte sich ihre Kraft erschöpft, und ihr Gebiet war auf den Ausgangspunkt des Maurya-Reiches, auf Magadha, geschrumpft. Ihr Zusammenbruch erlaubte das Entstehen selbständiger Königreiche in der Gangesebene (MathurƗ, KaushƗmbƯ, AyodhyƗ) und das Wiederaufleben von Stammesstaaten im Nordosten und im Nordwesten (die Arjuneya, Kuninda, Audumbara, die schon aus dem späten Veda bekannten
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Trigarta, die PƗnini bekannten Kriegerstämme der Yaudheya und die Agastya). All das erleichterte erneute Einfälle verschiedener Völkerschaften aus dem afghanischen Raum. 5. Invasionen aus Zentralasien: Baktrische Griechen, Saka, Parther
Die baktrischen Griechen hatten sich etwa im Jahre 250 v. Chr. von den nahöstlichen Nachfolgern Alexanders, den Seleukiden, losgesagt und unter Diodotos in Baktrien ein unabhängiges Königreich gegründet, das sie bald über Afghanistan hinaus in den Panjab ausdehnten. Im Jahre 206 v. Chr. jedoch war es den Seleukiden noch einmal gelungen, den Hindukusch zu überschreiten und den Maurya-König Shubhasena zu besiegen. Danach gaben sie ihr Interesse im Osten indes an die baktrischen Griechen ab, mit deren Königen sie sich um etwa 200 v. Chr. auch verschwägerten. Von da an war die Geschichte der afghanischindischen Griechen geprägt von ständigen Auseinandersetzungen mit ihren verschiedenen Nachbarn, woran man sieht, daß die Geschichte des geographisch zersplitterten Afghanistans bis heute nicht viel Neues zu bieten hat. Zunächst übernahmen die baktrischen Griechen die Herrschaft in weiten Gebieten Afghanistans und des indischen Nordwestens. In Baktrien, ihrer Machtbasis, hatten die Nachfolger Alexanders eine blühende hellenistische Kultur aufgebaut, die griechische, iranische und einheimische Elemente vereinigte und die uns in den Ausgrabungen von Ai Khanum am Oxus (Taluqan, an der Grenze zu Tadschikistan) deutlich entgegentritt. In der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. fiel Demetrios, einer der baktrischen Griechenkönige, nach Indien ein, und sein Nachfolger Menandros (155-130 v. Chr.) wird, wenn auch ohne Namensnennung, von Patanjali als Belagerer von AyodhyƗ und Ujjain genannt; er soll sogar Pataliputra erreicht haben. Menander ist uns vor allem aus dem buddhistischen Text Milindapanho bekannt, in dem er an buddhistischer Philosophie interessiert erscheint. Zu seinem nun von Baktrien unabhängigen indischen Reich dürften auch die Gebiete von Kabul und Swat sowie der
Invasionen aus Zentralasien
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Panjab bis zum Ravi-Fluß gehört haben. Seine technisch perfekten Goldmünzen - eine Neuigkeit in Indien - sind von Kabul bis nach MathurƗ gefunden worden. Auf ihnen ist er mit alexandrischem Flachhelm dargestellt und wird nach griechisch-orientalischer Tradition als sotƝr megas «großer Erlöser» bezeichnet. Die relativ kurze griechische Periode im Panjab hatte bedeutende, lange Zeit anhaltende Auswirkungen. Die «Ionier» (Yavana) waren von da an mit ihren Sitten und Gebräuchen wohl bekannt. So weiß das MahƗbhƗrata Positives (ihre Technik), aber noch viel mehr Negatives (wie fehlendes Kastensystem oder Alkoholgebrauch) über sie zu berichten. Relativ bald schon wurden die Griechen von anderen aus Zentralasien eindringenden Völkerschaften verdrängt. Ausgelöst wurde diese neue Welle von den zentralasiatischen Hunnen, die in der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. von den Chinesen besiegt worden waren und sich nach Westen wandten. Nach den chinesischen Quellen drängten sie zunächst ihre Nachbarn, die Wu-Sun und die Yue-Zhi (Yüe Chi), nach Westen ab. Dieses relativ wenig bekannte Volk wiederum bedrängte die weiter westlich wohnenden Saka, die in Chinesisch Turkestan (Xinjiang) und jenseits der Tien Shan-Berge im westlichen Zentralasien nomadisierten und schon in den altpersischen Inschriften (ab 519 v. Chr.) Erwähnung fanden; ihre noch weiter westlich lebenden, ebenfalls nordiranisch sprechenden Verwandten sind die Skythen der Ukraine, die sich bis heute als Osseten im Kaukasus erhalten haben. Unter diesem Druck ließen sich die Saka zunächst in Baktrien und dann auch weiter im Süden nieder. Um 140 v. Chr. fielen sie in das südliche Afghanistan (SakastƗn, heute Sistan) und dann in die griechischen Königreiche Nordwestindiens ein. Um 50 v. Chr. waren griechische Könige nur in einigen Rückzugsgebieten wie zum Beispiel der Gegend von Kabul übriggeblieben, während verschiedene Saka-Häuptlinge weite Gebiete des Nordwestens kontrollierten. Ihr erster bekannter «König» in Indien war Moga (Maues), der um 80 v. Chr. regierte. Nach der indischen Tradition soll ein König VikramƗditya von Ujjain die Saka zeitweilig zurückgedrängt und als Zeichen seines Sieges
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im Jahre 57 v. Chr. die Vikrama-Zeitrechnung begründet haben. Hierbei handelt es sich mit Sicherheit um eine Verwechslung mit dem späteren VikramƗditya der Guptas, inzwischen geht man davon aus, daß die erste rein indische Zeitrechnung von den Saka selber geschaffen wurde. Eine andere Gruppe der Saka, die nach späterer Jaina-Tradition aus dem südlichen Afghanistan in den Sindh eingefallen sein soll, errichtete im Westen Indiens, vor allem in Gujarat, die sogenannte Kshatrapa-Dynastie. Ihr bekanntester König ist schon mit indischem Namen - RudradƗman. Er beherrschte Sindh, Gujarat, Rajasthan und die angrenzenden Gebiete im Süden wie das Narmada-Tal, den westlichen Dekkhan und Konkan. Seine um 150 n. Chr. datierte Inschrift in Saurashtra ist als die erste lange Sanskrit-Inschrift bekannt. Sie führte den Stil der hochpoetisch gefärbten, den König und seine Vorfahren rühmenden prashasti-Einleitung der Inschriften ein. In ihr berichtet RudradƗman, er habe einen berühmten Staudamm in Kathiawar repariert, den vorher schon die Maurya instandgesetzt hätten. Die Inschrift ist nicht nur für die Geschichte der Sanskrit-Dokumente selbst von Bedeutung. Es fällt nämlich auf, daß es sich hier um einen «ausländischen» Herrscher handelte, einen iranischen Kshatrapa, dessen Verwandte noch iranische Namen hatten. Wie es später noch häufiger vorkam, waren es Außenseiter, die sich auf diese Weise der einheimischen Tradition und Religion anschlössen und sich damit legitimieren wollten. Dennoch war RudradƗman nicht der allererste, der Inschriften in Sanskrit hinterließ. Wie erwähnt, gab es - im ebenfalls von den Saka beherrschten Mathura - einige Brahmanen, die schon früher, um die Zeitenwende, in Sanskrit schrieben, während die Saka sich dort des einheimischen Dialekts bedienten. Im Nordwesten wurden die Saka zeitweise von den sogenannten Indo-Parthern (Pahlava) verdrängt. Die Parther, ein seit dem alten Perserreich bekannter nordost-iranischer Stamm, hatten um 247 v. Chr. die griechischen Seleukiden aus dem Iran verdrängt und die einheimische, aber ebenfalls hellenistisch geprägte Arsakiden-Dynastie gegründet. Eine ihrer Teilgruppen
MahƗbhƗrata und Ramayana
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fiel im späten 1. Jahrhundert v. Chr. in Nordwestindien ein. Ihr bekanntester König war Gondopharnes, der nach den «Akten des hl. Thomas» von diesem im Panjab besucht wurde. In der frühen christlichen Tradition war Gondopharnes als Kaspar bekannt. Erst die spätere christliche Tradition Indiens läßt Thomas weiter in den Süden des Subkontinents ziehen, wo er in Mylapur bei Madras getötet worden sein soll. 6. MahƗbhƗrata und RƗmƗyana
In die Zeit «zwischen den Reichen» wird gewöhnlich auch die Entstehung der beiden großen Epen, MahƗbhƗrata und RƗmƗyana, datiert. Vielen Indern gilt das etwa 100 000 Verse umfassende MahƗbhƗrata als «historisch» und sogar als eine religiöse oder gar heilige Schrift, als der fünfte Veda. Seine Quellen gehen allerdings bis in die Bronzezeit zurück. Genau wie Homers Ilias (oder das Nibelungenlied) sind die Epen von Barden Jahrhunderte nach den auslösenden geschichtlichen Ereignissen verfaßt worden. Das MahƗbhƗrata geht auf die sogenannte Zehnkönigsschlacht (Rigveda 7.18 und eine nur einmal kurz erwähnte «Zwanzigkönigsschlacht») zurück. Die Protagonisten dieser Schlacht waren SudƗs, der Anführer der Bharata, die später im Kuru-Stamm aufgingen, auf der einen Seite und Trasadasyu, der Fürst über die noch zu Alexanders Zeiten auftretenden Pnjru auf der anderen Seite. Im Epos wird dies aber als ein Vetternstreit zwischen den Kaurava und den Pändava dargestellt, die beide dem Kuru-Stamm angehören. Über die mittelvedische Zeit hin läßt sich diese allmähliche Umwandlung recht gut verfolgen, von den vedischen Protagonisten weg zu Yudhishthira Pändava und Duryodhana Kaurava und vom mittleren Panjab (RaviFluß) nach Kurukshetra, an die SarasvatƯ. In beiden Fällen sind alle bekannten Stämme und Völker des Nordwestens bzw. dann ganz Indiens beteiligt. Die Texte bieten uns eine gute Quelle für die zeitgenössische Ethnographie. Neben den bekannten Stämmen wie den Kuru, PancƗla, KƗshi und Videha tauchen auch neue Völker auf: die Griechen (Yavana, ab 327 v. Chr.), die Parther (Pahlava, ab
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Zwischen den Reichen
247 v. Chr.), die zentralasiatischen Saka (ab 140 v. Chr.), aber auch schon die ganz fernen Chinesen (CƯna) und Hunnen (Hnjna, HƗrahnjna), die von Indien durch Baktrien und Xinjiang getrennt waren und erst im 5.Jahrhundert n. Chr. als hephtalitische Hunnen in den Nordwesten des Subkontinents einfielen. Wahrscheinlich sind die Hunnen, genau wie die Chinesen, als nur dem Hörensagen nach bekannte Randvölker des Nordwestens hinzugefügt worden (und nicht, was wegen der südlichen Seidenstraße von Yunnan nach Assam eher nahegelegen hätte, als solche des Nordostens). Für ein Datum post quem der Texte sind die Obermacht des Qin (Ch'in)-Staates über den Rest Chinas im Jahre 221 v. Chr. und die Kämpfe der Hunnen gegen die Chinesen in Zentralasien unter dem mächtigen HunnenHerrscher Mao-Dun (209-174 v. Chr.) anzuführen. Spätestes Datum ad quem ist wohl die Erwähnung von Antiochia und Rom als «griechische» Städte um 100-64 v. Chr. Tatsächlich ist die Beschreibung des Nordwestens im MahƗbhƗrata, wenn auch schwer datierbar, doch sehr interessant. Hier werden die «kahlköpfigen» Griechen des baktrischen und des Menander-Königreichs mit anderen Barbaren (mleccha) zusammengeworfen: Sie haben keine «ordentliche» Gesellschaftsordnung mit vier Klassen, sondern nur mit zwei: Freie und Sklaven! Sie trinken Alkohol, essen, kleiden sich und heiraten in ungebührlicher Weise. Überhaupt ist der Panjab wie erwähnt schon im späteren Veda (Shatapatha-Brahmana) eine Gegend von Grobianen und Barbaren, die man mit Patanjali - wie auch noch heute in unzähligen «Friesenwitzen» - als «Ochsen» verhöhnen kann. In den beiden Epen wird eine jeweils andere Abstammung der führenden Königshäuser berichtet. Die «heruntergekommenen» IkshvƗkus von AyodhyƗ verfolgten ihr Geschlecht - auch im RƗmƗyana - bis in rigvedische Zeit und weiter bis zum Sonnengott (SƗrya oder Vivasvant und seinem Sohn Manu, dem Stammvater der Menschen). Daher gehört die IkshvƗku-Dynastie zu den «Sonnengeschlechtern» (snjryĮ-vamsha). Die in den Epen und PurƗnas erhaltene traditionelle Genealogie sollte nun Ansprüche auf ein bestimmtes Königreich untermauern.
Yue-Zhi und Kushana
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In Kurukshetra und im MahƗbhƗrata blieb man bei der älteren Version, welche die Kurus auf die Bharata, auf Manus Sohn und seine Tochter IlƗ zurückverfolgt. Man stellte Manu und IlƗ aber nun den Mond (Soma) als Stammvater voran und sprach daher vom Mondgeschlecht (soma-vamsha), offensichtlich im Gegensatz zu der im RƗmƗyana, in Kosala und der Maurya-Zeit vorherrschenden IkshvƗku-Sonnen-Mythologie. Es handelt sich hier also letzten Endes um Legitimierungsmaßnahmen lokaler Dynastien. Der Gegensatz zwischen der Sonnen- und der Mondgenealogie hat sich in den indischen Königshäusern bis heute erhalten. Die nepalische Flagge vereinigt beide mit ihrem Doppelwimpel. In Rajasthan kam später - vermutlich durch den Einfluß der Hunnen, von denen einige sich dort um 500 n. Chr. niederließen - noch eine «Feuer-Linie» (agnivamsha) hinzu. Das MahƗbhƗrata konzentriert sich eher auf die Geschehnisse in Kurukshetra und Umgebung, während das RƗmƗyana angeblich die erste von VƗlmƯki in Shloka-Versen verfaßte Dichtung über die Schicksale des Gottes RƗma - aus dem Osten, aus Kosala und Umgebung, stammt und schon einen späteren, städtisch anmutenden Kulturzustand beschreibt. Das erste Epos ist also eher im halbnomadischen früh- bis mittelvedischen Westen, das zweite schon im spät- bis nachvedischen Königreich Kosala des Ostens angesiedelt. Die detaillierten Beschreibungen beider Epen lassen sich wegen ihrer im einzelnen unsicheren Abfassungszeiten vorläufig nur mit großer Vorsicht benutzen. Klar ist lediglich, daß einzelne Teile, wie die Bücher 12-13 des MahƗbhƗrata sowie die Bücher 1 und 7 des RƗmƗyana, offensichtlich deutlich später anzusetzen sind als der Rest. 7. Yue-Zhi und KushƗna
Die bereits erwähnten Yue-Zhi (Yüe-Chi), die unter dem Druck der Hunnen nach Westen ausgewichen waren, ließen sich wiederum zunächst in Baktrien nieder. Sie sind dort in indischen Quellen als TukhƗra erwähnt, was wohl ihr eigentlicher Name war. (Dies hat nichts mit ihren ursprünglichen Nachbarn, den indo-
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Zwischen den Reichen
germanisch sprechenden Bewohnern von Xinjiang, zu tun, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts irrtümlich als Tocharer identifiziert wurden.) In Baktrien wurden die Yue-Zhi schnell iranisiert, so daß ihre in einem kursiven griechischen Alphabet geschriebene baktrische Sprache schon ganz und gar ostiranisch ist. Neuerdings sind viele neue auf sie zurückgehende Urkunden aus dem gesamten 1. Jahrtausend n. Chr. zutage gekommen. Die chinesischen Chroniken berichten, daß die fünf Yue-ZhiStämme unter ihrem Anführer Kujula Kadphises aus dem Stamm der KushƗna von Baktrien aus den Hindukusch überschritten und sich in Kabul und GandhƗra etablierten. Erst jetzt wurde der letzte dort noch regierende griechische König beseitigt. Die Griechen hatten sich in dieser relativ geschützten Region halten können, obwohl um sie herum, in Baktrien, Iran, Panjab und Sindh, bereits mehrere andere Reiche geblüht und wieder zugrunde gegangen waren. Auch den KushƗna sollte es später nicht anders ergehen. Leider sind die Regierungsdaten von Kujula Kadphises immer noch nicht genau bekannt (ca. 30-80 n. Chr.), obwohl man ihn stets mit dem Beginn einer weiteren indischen Zeitrechnung, der Saka-Ära (77 n. Chr.), zusammengebracht hat. Über lange Zeit hin wurde sie in ganz Indien von den Astronomen und Astrologen bevorzugt, und auch heute wird sie vom indischen Staat offiziell verwendet. Kujula Kadphises starb mit 80 Jahren; ihm folgten sein Sohn VƯma I. und sein Enkel VƯma II. Kadphises. Wie die griechischen Könige brachte auch VƯma Kadphises schwere Goldmünzen heraus, die sich an römische Vorbilder anlehnten. Der Nachfolger, der berühmte Kaiser Kanishka, herrschte nicht nur über GandhƗra und den Panjab, sondern auch über weite Teile Nord- und Westindiens (d. h. Sindh, Haryana, Uttar Pradesh bis nach Benares) und den Süden bis nach Sanchi in Vidisha (Zentralindien). Weiterhin übten die KushƗna eine mehr oder weniger starke Kontrolle über ausgedehnte Gebiete Zentralasiens aus. Dort lieferten sie den nach Westen vordringenden Chinesen der Han-Dynastie gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. eine Schlacht. Die neuerdings aufgefundene
Yue-Zhi und Kushana
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Inschrift von Rabatak erlaubt nun wohl, seine Regierungszeit um 100-126 oder 120-146 n. Chr. zu datieren, was einem jahrzehntelangen Streit der Historiker ein Ende bereitet. Kanishka war damit ein Zeitgenosse der frühen römischen Kaiser. Beide Reiche standen in engem Handelskontakt, und die KushƗna nahmen eine bedeutende Mittlerrolle zwischen Indien, China und dem Westen ein. Kanishka richtete sich neben Peshawar (Purushapura) auch MathurƗ südlich von Delhi als zweite Hauptstadt ein. Unter den Nachfolgern Kanishkas verfiel die Macht der KushƗna recht schnell. Im 3.Jahrhundert wurde ihr letzter großer Kaiser VƗsudeva (der bereits einen indischen Namen trägt) von der in Iran neu aufkommenden Dynastie der zoroastrisch geprägten Sasaniden (224-651 n. Chr.) besiegt und damit dem Reich ein Ende bereitet, auch wenn die KushƗna noch lange in der Gegend von Kabul, als ShƗhƗnushƗha (ShƗhƗn ShƗh, «König der Könige») regierten. In Indien selbst machten sich Teilgebiete des KushƗna-Reiches schnell selbständig oder gelangten ihrerseits zur Vorherrschaft. Das KushƗna-Reich war nicht nach denselben strikt-bürokratischen Methoden organisiert wie das Maurya-Reich. Man hatte keine zentral bezahlten Beamten, sondern verließ sich auf Teilfürsten und deren lokale Möglichkeiten, Steuern einzutreiben. Die KushƗna mußten sich gegenüber ihren Teilfürsten und Vasallen profilieren und legten sich daher als erste Herrscher in Indien Titel aus unterschiedlichen Traditionen zu, die über das bisher gewohnte hinausgingen. So ist mahƯshvara «Herr der Erde» oder devaputra «Sohn der Götter» deutlich schwergewichtiger als noch Ashokas devƗnƗm p(r)iya «der von den Göttern Geliebte» (was sich unbeachteterweise schon im Atharvaveda findet). Die neue Bezeichnung «Göttersohn» ist wohl über zentralasiatische Kontakte von den Chinesen übernommen worden. Zudem stellten die KushƗna in ihren Tempeln Statuen der verstorbenen Könige auf, vielleicht nach römischem Vorbild, das sich ja auch in ihren Münzen zeigt.
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Zwischen den Reichen 8. Der Osten und Süden, KhƗravela
Gegen Ende der KushƗna-Zeit treten zum ersten Mal in der indischen Geschichte auch andere Gebiete als Nordindien in den Vordergrund. Nach Ashoka machte sich zunächst Orissa (Kalinga) selbständig. Überhaupt hat dieses Gebiet im Mittelalter bis etwa 1500 n. Chr. immer wieder eine bedeutende, wenn auch meist zu wenig beachtete Rolle gespielt. Das vor etlichen Jahrzehnten ausgegrabene Sisupalgarh ist nach Ausweis der Keramik in die NBPW-Periode zu datieren. Das im späten Veda noch als nicht-indoarisches Stammesgebiet bekannte Kalinga (wie schon sein Munda-Name bezeugt) wurde unter den Maurya und den folgenden Dynastien rasch der nordindischen Kulturentwicklung angepaßt. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. entwickelte sich Orissa unter der MahƗmeghavƗhana-Dynastie zu einem bedeutenden Staat. KhƗravela, der dritte König dieser Dynastie, hinterließ uns eine bedeutende, leider nur schwer lesbare und daher nur teilweise zu verstehende Inschrift, die in der «Elefantenhöhle» (Hathigutnpha) bei Bhubaneswar angebracht ist, an einer prominenten Stelle, an der sich auch Ashokas Inschriften befinden. Man sieht also deutlich den Anschluß an die imperiale Tradition, der sich auch bei der Benutzung anderer Inschriften Ashokas durch die Guptas verfolgen läßt. KhƗravela war wohl absichtlich im Gegensatz zu Ashoka und zu dem brahmanischen Shunga-König Pushyamitra ein Anhänger des Jainismus. In seiner Inschrift behauptet er, gegen die Könige des westlichen Dekkhan, gegen Magadha (das er erobert haben will), gegen die Griechen und gegen die PƗndya im äußersten Süden Indiens gekämpft zu haben. Wie viel davon übertrieben ist, bleibt bei der Lückenhaftigkeit der anderen Quellen zur Zeitgeschichte undeutlich, vor allem auch wegen der sich nun herausbildenden Angewohnheit, in den Inschriften zu behaupten, «die ganze Welt» (d.h. Indien) erobert zu haben. Wichtiger noch wurde von dem Zeitpunkt an das Zentrum und der Süden Indiens. Im nordwestlichen Dekkhan bildete sich das Reich der ShƗtavƗhana- oder Ändhra-Dynastie heraus. Ihre
Der «Tiefe Süden»
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Hauptstadt lag in Paithan (PratishtƗna) in Nordwest-Maharashtra, wo auch späterhin immer wieder die Hauptorte der nachfolgenden Dynastien angelegt wurden (Devagiri, Pune). Die Ɩndhra sind wie die Kalinga seit spätvedischer Zeit als ein nichtvedischer Stamm bekannt. Ihr Gebiet, insbesondere der an Gold und Diamanten reiche Süden, war unter den Maurya in schneller Entwicklung begriffen, und es wurden nun die Grundlagen für die späteren Staatenbildungen gelegt. Unter den ShƗtavƗhanas erlebte nicht nur diese Region einen weiteren Aufschwung, sondern auch viele der Stammesgebiete, über deren Vorgeschichte wir bisher kaum etwas wissen. Etliche alte Ortsnamen in Maharashtra (und selbst in Gujarat) sind aber dravidischen Ursprungs. 9. Der «Tiefe Süden»
Der eigentliche Vorgang der Staatenbildung im dravidischen Süden ist noch offen. Das liegt auch daran, daß hier einerseits nach der Unabhängigkeit Indiens die Archäologie viel weniger Resultate geliefert hat als im Norden und es andererseits leider zu wenige Spezialisten gibt, die sich mit den frühen südindischen Sangam-Texten (Cankam) in archaischem Tamil beschäftigen. Inzwischen kommen die frühen Tamil-Inschriften in einer Variante der BrahmƯ-Schrift hinzu, die seit dem z. Jahrhundert v. Chr. bedeutende Einblicke in die frühe Geschichte des Südens bieten und es außerdem erlauben, die gewonnenen Daten mit denen der Sangam-Literatur zu vergleichen. Diese Jahrtausende alten poetischen Texte beschäftigen sich vorwiegend mit säkularen Themen. Der Tamil-Tradition zufolge soll es drei aufeinanderfolgende Perioden der Sangam-Dichtung gegeben haben: die sogenannten Akademien, die etliche tausend Jahre angedauert haben sollen. Man kann hier also dieselbe Sucht wie in den PurƗnas feststellen, die Dichter und Könige der Vergangenheit bis in die graue Vorzeit zurückzudatieren. Tatsächlich sind diese Gedichte aber - wie etwa in den «Acht Anthologien» (Ettugotai) - erst in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten zusammengestellt worden.
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Zwischen den Reichen
Die Gedichte der Sangam-Texte sind wie die rigvedischen Lieder und die nordindischen Epen von wandernden Barden verfaßt, die im Lande umherzogen und sich an den Höfen der Stammesfürsten und Könige aufhielten. Zu einem frühen Zeitpunkt ist auch die erste Tamil-Grammatik (TolkƗppiyam) entstanden. Die Sangam-Gedichte bieten uns ein lebendiges Bild der frühen südindischen Kultur in der Periode der beginnenden Staatlichkeit. Sie erwähnen verschiedene «Könige» und «Königreiche» und erlauben, wie erwähnt, durch Übereinstimmungen mit der frühen Chronik von Sri Lanka eine Datierung einiger Herrscher. Die kürzlich von I. Mahadevan herausgegebene komplette Sammlung der frühen BrahmƯ-Inschriften bestätigt diese Daten weiter, liefert aber auch andere Hinweise, die in der Sangam-Literatur zu kurz kommen. In den Inschriften wird nämlich vor allem der Einfluß der aus dem Norden kommenden Jaina-Mönche deutlich. Diese ließen überall im Süden Inschriften in Höhlen, die ihnen als Mönchszellen dienten, anbringen. Das paßt in etwa zu der Jaina-Tradition einer frühen Auswanderung in den Süden. (Es gibt allerdings auch frühe buddhistische Texte in Tamil wie die Manitnekalai.) Neben den Jaina sind auch Brahmanen, trotz des ausdrücklichen vedischen Verbotes, relativ früh zugewandert. Sie erscheinen deshalb in den Gedichten der Sangam-Literatur nicht ganz unerwartet als recht unorthodox. Solche frühen Abenteurer suchten sich im nicht-hinduisierten Süden wie auch in Südostasien einen Lebensunterhalt. Sie erscheinen zwar schon an den «Königshöfen» der Sangam-Zeit, sind aber noch ein unwesentlicher Faktor in der traditionellen Tamil-Religion. In den alten Sangam-Texten fällt vor allem die Frische der Schilderungen auf und, wie in der frühen Tamil-Kultur überhaupt, die Abwesenheit alles echt «Hinduistischen», von den Göttern bis zum Kastensystem. Auch die Poesie hat ganz andere Kriterien und Strukturen als die nordindischen vedischen und epischen Texte. Die frühe Staatenbildung im Süden, die in römischer Zeit durch den internationalen Handel gefördert wurde, wird uns zum ersten Mal durch den griechischen Botschafter in PƗtaliputra, Megasthenes (ca. 300 v. Chr.), deutlich gemacht, der den
Das Shatavahana-Reich
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Staat der PƗndya erwähnte. Ashokas Inschriften benennen die nicht zu seinem Reich gehörenden Randvölker im Süden: Die Cola bewohnten die südlich von Madras gelegenen Landstriche, die PƗndya den äußersten Süden von Tamil Nadu und die Keralaputta (oder Cera) das heutige Kerala. Die Satiyaputta lebten, wie auch ihr sanskritischer Name «Söhne des Wahren» zeigt, in der Nachbarschaft zu bereits indoarisch geprägten Gebieten weiter nördlich. Der Orissa-König KhƗravela will eine Konföderation von drei Südstaaten besiegt haben, vermutlich die der Cola, PƗndya und Keralaputta. Die Sangam-Texte dagegen berichten, daß diese drei Königreiche in ständigem Konflikt miteinander standen. Der berühmteste Fürst unter ihnen war der Cola-König KarikƗl, der wahrscheinlich im 2. Jahrhundert n. Chr. lebte und seine Hauptstadt KaverƯpattana (Puhär) am Unterlauf des KaverƯ-Flusses anlegte. Solche Häfen, die voll von Ausländern (Yavana) aus dem römischen Reich waren, sind lebendig in den Sangam-Texten beschrieben. 10. Das Shatavahana-Reich
In den ersten Jahrhunderten n. Chr. waren im Süden Indiens demnach die frühen Tamil-Staaten vorherrschend, mit Ausnahme des ShƗtavƗhana-Reiches im nördlichen Dekkhan in den heutigen Staaten Maharashtra und Andhra. Unter den ShƗtavƗhana entwickelte sich hier die erste einheimische Hochkultur. Man sprach wenigstens teilweise schon nicht mehr Dravidisch sondern einen südlichen Dialekt des Indoarischen, MƗhƗrƗshtrƯ. Eine alte Form dieser mittel-indoarischen Sprache ist uns aus einigen königlichen und vielen privaten Inschriften in buddhistischen Heiligtümern bekannt. Sie ist der Sprache der AshokaInschriften verwandt, aber schon deutlich jünger. Aus derselben Gegend, wenn auch sprachlich noch weiter vom PƗli-Typ entfernt, stammen die enigmatischen Gedichte HƗlas, die in der Satasai gesammelt sind. Der erste König der ShƗtavƗhana, Simuka, soll seine nördlichen Nachbarn, die Shunga, besiegt haben. Allerdings wurden die Sieger schon bald, gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.,
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durch die von Gujarat aus eindringenden Saka (Kshatrapa) aus dem westlichen Dekkhan vertrieben, konnten dieses Gebiet aber unter ihrem König GautamƯputra ShƗtakarni und seinem Sohn VƗsishthƯputra in der ersten Hälfte des 2.Jahrhunderts n. Chr. wiedererobern. Sie hinterließen dort einige bedeutende Inschriften, die von Hunderten und Tausenden von Rindern als Geschenken an die Brahmanen berichten und nicht nur, wie später in der Gupta-Zeit, von Landschenkungen. Bezeichnenderweise rühmt sich GautamƯputra, spätere Hindukönige vorwegnehmend, die Brahmanen gefördert und die «Vermischung der Klassen» (varna) beendet zu haben. Solche staatlich vorangetriebenen Änderungen in der Sozialstruktur lesen sich wie Zitate aus Manu und sind stets ein typisches Kennzeichen neuer Dynastien geblieben. Ein neuer König stellte sich - als Inkarnation des welterhaltenden Vishnu - immer die Aufgabe, die korrupte Situation des Dharma in seinem Land zu korrigieren, was von der Kastenordnung über den Tempelbau bis zur Förderung des Vedastudiums reichte. Alle derartigen Vorhaben sind inschriftlich oder in Chroniken das ganze Mittelalter hindurch gut dokumentiert. Wie üblich wurde aus dynastischen Gründen in die benachbarten Königshäuser eingeheiratet. So ehelichte GautamƯputra eine Tochter seines Erzrivalen, des Kshatrapa-Königs RudradƗman. Das bewahrte ihn später vermutlich vor dem Tode, als er nämlich gleich zweimal von RudradƗman besiegt wurde. Nach dessen Tod eroberten die ShƗtavƗhana ganz Gujarat und weiter im Süden das GodƗvarl-Delta sowie den Norden von Tamil Nadu. Aber schon im 3.Jahrhundert n. Chr. verfiel das Reich, und einheimische Kräfte erreichten die Selbständigkeit: die enigmatischen und sehr mobilen Abhira im nordwestlichen Dekkhan, die VƗkƗtaka im Zentralindien (Vidarbha, Berar), ferner die dem Namen nach aus der frühen Gangesebene bekannten IkshvƗku im Gebiet des heutigen Staates Andhra und in Tamil Nadu die Pallava. Die ShƗtavƗhana führten ihre Gebiete zu einer kulturellen Hochblüte, die sich in dem bekannten buddhistischen Stupa von AmarƗvatƯ zeigt. Ihr Reich unterschied sich von seinen nörd-
Internationaler Handel, Gesellschaft und Religion
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liehen Nachbarn in vieler Hinsicht. Es ist ein beginnender Feudalismus zu spüren, denn über ihr eigenes Territorium hinaus herrschten die ShƗtavƗhana durch ihre Vasallen, etwa die IkshvƗku, indirekt auch über andere Gebiete. Sie begannen wohl auch als erste mit schriftlich dokumentierten Landschenkungen an die Brahmanen. Eine ShƗtavƗhanaInschrift des 1. Jahrhunderts n. Chr. etwa besagt, daß sie Dörfer an Brahmanen verschenkt hätten, um die Durchführung vedischer Rituale sicherzustellen. GautamƯputra verbot seinen Beamten, sich in die Verwaltung derartiger Landschenkungen einzumischen; deren Besitzer waren dafür allein verantwortlich und wurden zunehmend autonom. Eine wichtige dabei zugrundeliegende Idee war, wie sich im ganzen Mittelalter zeigt, unterentwickelte Gebiete dem organisierten Ackerbau und dem Steueraufkommen zugänglich zu machen, also von der wenig intensiven Brandrodungswirtschaft der Urbevölkerung abzukommen. Den ShƗtavƗhana gelang es auf diese Weise, viele neue Gebiete zu erschließen, so um Nasik herum und im oberen Krishna-Tal. Von derartigen staatlichen Projekten abgesehen war es Privat- oder Dorfinitiative, sich durch Rodung oder Beseitigung von Dornbüschen neues Land zu verschaffen. Wer sich ein Stück Land zuerst urbar machte, dem gehörte es auch. 11. Internationaler Handel, Gesellschaft und Religion der Zeit «zwischen den Reichen»
In der Zeit «zwischen den Reichen» kam es, wie schon erwähnt, zum Aufbau eines regelrechten internationalen Handels, sowohl zur See als auch insbesondere von den KushƗna mit ihren zentralasiatischen und mittelöstlichen Verbindungen gefördert, zu Lande. Der Seehandel, der uns schon seit der Indusperiode begegnet ist, gelangte nun zu großer Blüte. Darstellungen von Ausländern finden sich nun auch in der Kunst, so um die Zeitenwende in Mathura oder später in den Felsmalereien von Ajanta. Der römische Handel ist vor allem durch archäologische Funde (darunter viele Münzen) in Arikamedu in Tamil Nadu
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Zwischen den Reichen
und an der indischen Westküste sowie nun auf der Gegenseite in Berenike gut belegt. Daß im Norden nicht so viele Goldmünzen gefunden wurden wie im Süden, dürfte an der Politik der KushƗna gelegen haben, sie einzuschmelzen und als eigene Prägung herauszubringen. Römische Quellen berichten vom Ausmaß des Handels und beklagen sich, das Reich habe wegen der Prunksucht seiner Frauen Unmengen von Gold an Indien verloren, was aber sicher durch die hohen Importzölle auf Waren aus Indien ausgeglichen wurde. Neben der chinesischen Seide (cƯnapatta) kam auch indische Seide (kausbeya), die von einer anderen Raupensorte stammte, auf den Markt. Die einheimische Seidenindustrie stammte ursprünglich vielleicht aus Assam, fand sich dann aber (vermutlich wegen des Exports) vor allem an der Westküste. Darüber hinaus wurden indische Stoffe wie Musselin, Perlen, Elfenbein, Diamanten und Pfeffer gehandelt. Ein vielleicht unerwarteter Artikel ist der indische Stahl, der später im Westen als der damaszenische bekannt wurde, aber selbst heute noch von Dorfschmieden in Karnataka hergestellt wird. In dieselbe Zeit fällt auch die Entwicklung eines nichtrostenden Stahls; die metallurgische Zusammensetzung einer aus diesem Material gefertigten Säule, welche in Delhi aufgestellt ist und Inschriften aus der Gupta-Zeit trägt, konnte jüngst geklärt werden. Ähnliches gilt natürlich auch für den Überlandweg, der schon durch den persischen und mauryazeitlichen Straßenbau bedeutend gefördert worden war. So gelangten viele Güter, Früchte und Pflanzen nach Europa, deren Namen noch heute auf ihre Herkunft deuten: zum Beispiel Pfirsich von lateinisch malum persicum «persischer Apfel» oder Reis. Einige dieser Waren stammten nicht aus Indien selbst, sondern wurden laut Strabo (63 v. Chr. - 21 n. Chr.) von Südostasien über Sri Lanka nach Rom eingeführt. Der Handel wirkte sich in Südostasien rasch in Form eines starken indischen Kultureinflusses und der dort beginnenden Staatenbildung aus. Indien wiederum importierte aus dem Westen bestimmte Ton-, Bronze- und Glaswaren, Edelsteine wie Topas, Wein und Weizen, aber auch Sklavinnen (oft als Leibwächterinnen!) für die indischen Fürstenhöfe.
Internationaler Handel, Gesellschaft und Religion
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Organisiert wurde der Handel von den zunehmend wichtigen Überland- und Überseekaufleuten, die uns zuerst in der Zeit des Buddha entgegentraten. Neben dem direkten Warenaustausch erfolgte die Bezahlung nun häufig auch mit Münzen. Nach den Griechen waren die KushƗna die ersten, die große Goldmünzen prägen ließen. Regelmäßig wurden nun Geldstücke in Gold, Silber, Kupfer und in verschiedenen Legierungen herausgegeben. Nicht nur vom Handel berichten die zeitgenössischen Texte, sondern auch von einer schon weitgehenden Spezialisierung der Handwerker; so zählt der Milindapanho zum Beispiel Dutzende von Berufen auf. Damit geht eine «offizielle» und orthodoxe Klassifizierung der Gewerbetreibenden durch Rechtsbücher wie das Manu-Smriti einher. Man organisierte sich zunehmend in vom Staat gestützten Gilden, von denen etwa 25 in der Gegend von MathurƗ und wiederum im westlichen Dekkhan bekannt sind. Die Gilden wurden so mächtig, daß sie in einigen Städten als Banken fungierten und eigene Geldstücke prägen konnten. Sie taten sich genau wie die Könige durch große Geschenke an religiöse Organisationen hervor. Selbst die später ganz unten in der Kastenordnung rangierenden Lederverarbeiter und Schmiede waren Stifter buddhistischer Einrichtungen oder Jaina-Heiligtümer und Klöster. Die Gildenmitglieder waren, wie auch später, vermutlich weitgehend Shnjdras, die aber zur damaligen Zeit durch ihre wirtschaftlichen Erfolge den Vaishyas einigermaßen gleichgestellt waren. Wie es auf dem Lande ausgesehen haben mag, steht auf einem ganz anderen Blatt. Der stets konservative Manu und seine Nachfolger sowie Teile des MahƗbhƗrata schrieben eine strenge Trennung der Vaishya- und Shnjdra-Klassen vor. Wie auch in Kautilyas Handbuch sind die Strafen streng nach den vier varna geschieden. Ein Brahmane durfte nicht getötet werden, aber die Hand eines Shnjdra, der einen Brahmanen angegriffen hatte, mußte abgeschnitten werden, ebenso seine Zunge, wenn er eine Beleidigung ausgesprochen hatte. Wieweit das jemals ausgeführt wurde, bleibt unklar. Die brahmanischen Schriften waren stets präskriptiv, aber oft wohl nur Wunschdenken.
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Derartig strenge Vorschriften mögen eine Reaktion gegen die schon erwähnte Weltoffenheit der Zeit «zwischen den Reichen» gewesen sein. In vielen Gebieten Indiens, vor allem im Nordwesten bis MathurƗ, im Westen bis nach Nasik und in den Handelsstädten an den westlichen und südöstlichen Küsten, hatten sich allerlei Ausländer angesiedelt, die häufig durch ihre Namen erkennbar sind. Diese wurden zwar von den epischen und Smriti-Texten als Barbaren dargestellt, im wirklichen Leben aber waren sie wichtige Handelspartner und nahmen aktiv am öffentlichen Leben teil. Bisweilen «bekehrten» sie sich zur einheimischen Religion, das heißt, sie gaben sich indisch und als Verehrer von Vishnu, Shiva oder Buddha, genauso wie es die ausländischen Könige in Indien taten. Die Epen und Manu sprechen deshalb von ihnen als «gefallene Kshatriyas» oder VrƗtya. Das war ein seit vedischer Zeit beliebter Trick der Einordnung und Inkorporation der «Anderen». Förderlich für diese Entwicklung war der weitgehend vorherrschende Buddhismus, in dem Klassen- und Kastenunterschiede - zumindestens theoretisch - keine Rolle spielten. In der Tat wurden viele Ausländer wenigstens nominell Buddhisten; am bekanntesten ist wohl der griechische König Menandros (Milinda), der wie die KushƗna den Buddha auf seinen Münzen abbildete und dessen Asche wie die des Buddha unter seinen Städten verteilt wurde. In der KushƗna-Zeit wandte sich der Buddhismus, nun nicht mehr staatlich verordnet wie unter Ashoka, mit eigener Mission aktiv nach außen, unter anderem nach China, wodurch er mit vielen neuen Ideen in Kontakt kam. Es stellt sich hier die Frage, ob die Entwicklung der «Heilandfigur» des Buddhismus, des Bodhisattva, nicht überhaupt auf iranische (zoroastrische) Ideen, die sich auch in dem griechischen Königstitel (sotƝr) widerspiegeln, zurückgeht. Unter den Hindus ist man kaum so weit gegangen. Sie haben sich, wie stets und selbst noch heute, viel mehr nach außen hin abgeschottet. Das hat aber eine gewisse Anziehungskraft auf Ausländer in Indien nicht verhindert. So nannte sich Heliodoros, der griechische Gesandte des baktrischen Königs Antialkidas auf einer Säuleninschrift in Vidlsha einen Anhänger des
Das Gupta-Reich
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Vishnu. In der nun folgenden Guptazeit sollte sich vieles an dieser Weltoffenheit ändern.
X. Das Gupta-Reich 1. Entstehung und Blüte des Gupta-Reiches
Um 300 n. Chr. begann sich im alten Magadha eine neue Herrscherfamilie zu etablieren. Ihre Ursprünge sind, wie häufig, unbekannt, und ihre ersten Herrscher, ShrƯgupta und Ghatotkaca, kennen wir nur aus den Inschriften ihrer berühmteren Nachfahren. Der erste bedeutende Herrscher war Candragupta I. (ca. 320-335 n. Chr.), der sich freilich noch dadurch zu legitimieren suchte, daß er eine «Licchavi-Prinzessin» heiratete und dies stolz in einer Inschrift vermeldete. Die Licchavis waren seit Buddhas Zeiten aus dem Blickfeld der Geschichte verschwunden, müssen sich aber im nördlichen Bihar als einheimische Fürsten erhalten haben. Vielleicht hat man sich auch lediglich des alten Familiennamens bedient, wie zum Beispiel im benachbarten Nepal, wo sich um etwa 300 n. Chr. die einheimische Dynastie offiziell als Licchavi bezeichnete und gegen die weiter westlich herrschende Fürstenfamilie der Malla kämpfte. Candragupta jedenfalls knüpfte auf diese Weise an eine Tradition an, auch wenn das alte Territorium der Licchavi von Bihar in VaishƗli nicht zu seinem eigenen Gebiet gehörte. Dieses umfaßte vermutlich nur Magadha und einige Teile des östlichen Uttar Pradesh wie Allahabad und SƗketa (AyodhyƗ). Es ist auch nicht auszuschließen, daß er seinen Thronnamen Candragupta in Anlehnung an den des berühmten MauryaHerrschers Candragupta Maurya übernahm. Seine Legitimierungspraxis wird nämlich zudem an seiner Titelwahl deutlich. Während selbst die kaiserlichen KushƗna sich noch kurz «Sohn der Götter» oder «Herr der Erde» nannten, ist Candragupta ein mahƗrƗjƗdhirƗja, ein «Oberkönig von Großkönigen». Seine Nachfolger waren nicht weniger einfallsreich: Sie bezeichneten sich als parameshvara, paramabhattaraka oder cakravartin.
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Das Gupta-Reich
Das Reich der Guptas (320-500 n. Chr.)
Durch alle diese Titel wird ausgedrückt, daß sie die Oberherrschaft über allerlei untergeordnete Herrscher erst erwerben mußten. Um 355 folgte auf Candragupta für etwa vierzig Jahre sein Sohn Samudragupta, der sich erst gegen seine Verwandten durchsetzten mußte. Samudragupta ist uns gut durch seine Inschrift in Allahabad bekannt, die er wiederum bezeichnenderweise ganz traditionsbewußt auf einer Säule, die schon eine Ashoka-Inschrift besaß, einmeißeln ließ. Sie wurde von seinem Poeten Harishena in hochpoetischem Sanskrit verfaßt und umfaßt in ihrer Einleitung (prashasti) eine Genealogie und eine typisch übertreibende Preisung des Königs. Samudragupta soll danach unter anderem das Land der Kleinkönige von Ahicchattra und MathurƗ dem Reich einverleibt haben. Insgesamt acht Könige Nordindiens (ƖryƗvarta) will er beseitigt haben. Dazu
Entstehung und Blüte
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nennt er noch «zwölf Könige» des Dekkhan (DakshinƗpatha), die er gefangengenommen und dann wieder neu eingesetzt haben will. Offensichtlich fand er es vorteilhafter, diese Gebiete indirekt als Vasallenstaaten zu regieren, ein Vorgehen, das sich schon unter den ShƗtavƗhana abgezeichnet hatte und von da an, so zum Beispiel unter deren Nachfolgern, den VƗkƗtaka, typisch wurde. Ferner will er von den Dschungel-«Königreichen» Zentralindiens sowie von fünf Grenz- und neun Stammesgebieten in Rajasthan Tribute und Steuern empfangen haben. Sicherlich ist vieles davon übertrieben. Weite Regionen Nordindiens jedoch blieben noch außerhalb seines Einflußbereiches. Die Reste des Kushana-Reiches im Nordwesten (Afghanistan, GandhƗra) existierten ebenso selbständig weiter wie die Stammesgebiete des Panjab und Rajasthans, die bestenfalls seine Oberhoheit anerkannten. Das Kshatrapa-Reich der Saka im Südwesten (Sindh und Gujarat) behielt weiterhin seine Unabhängigkeit, und die Staaten Südindiens zollten ihm allenfalls Hochachtung. Überhaupt sollte die Herrschaft der Guptas im wesentlichen auf Nordindien beschränkt bleiben. Es entstand also nicht, wie vorher unter den Maurya und dann erst wieder unter den Moghuln des 16. und 17. Jahrhunderts, ein Reich, das fast ganz Südasien umfaßte. Dennoch wird diese Periode oft als die des «klassischen» Indien angesehen und gerühmt. Samudraguptas Nachfolger wurde zunächst RƗmagupta, der nach einem erfolglosen Feldzug gegen die Saka von seinem jüngeren Bruder Candragupta IL (375-415 n. Chr.) abgelöst wurde. Diese verwickelte Geschichte stellte der Dichter VishƗkhadatta in einem Sanskrit-Drama dar. Anders als sein Bruder hatte Candragupta II. mit seinem Krieg gegen die Kshatrapa Erfolg. Er konnte das Reich der Saka dem seinen einverleiben und damit auch die wichtigen Häfen an der Westküste in seine Gewalt bringen. Candragupta nahm den Titel vikramƗditya «Sonne des siegreichen Vormarsches» an, und in seiner langen Regierungszeit gelangte die Gupta-Kultur zur Hochblüte. Um seine Macht weiter nach Süden auszudehnen, heiratete Candragupta südliche Prinzessinnen und verheiratete seine
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Das Gupta-Reich
Tochter PrabhƗvati an Rudrasena II., den Herrscher der zentralindischen VƗkƗtaka-Dynastie. Als Rudrasena im Jahre 390 n. Chr. starb, regierte seine Frau, offenbar eine starke Persönlichkeit, wie es noch häufiger in der mittelalterlichen indischen Geschichte zu beobachten ist, Rudrasenas Reich zwanzig Jahre lang als Regentin, so daß beide Reiche praktisch in Personalunion verwaltet wurden. Auf Candragupta II. folgte schließlich im Jahre 415 n. Chr. sein ebenfalls lang regierender Sohn KumƗragupta. Insbesondere unter dessen Nachfolgern (ab 454 n. Chr.) wurden die zentralasiatischen Hunnen (HƗna) zu einem drängenden Problem. Nachdem Teile dieser Gruppe schon etwas früher Europa heimgesucht hatten, fielen andere Zweige nun in Indien ein: die «Weißen Hunnen» oder Hephtaliten sowie die HƗrabƗna oder «Rotschwarzen Hunnen». Sie nahmen zunächst Baktrien in Besitz und standen damit wie schon so viele andere Eroberer vor ihnen an der Pforte Indiens. Nach dem Tod von Skandagupta (467 n. Chr.) folgte eine Reihe wenig erfolgreicher Könige, die gegen Ende des 5. Jahrhunderts den Hunneneinfall nicht mehr abwehren konnten. 2. Struktur und Verwaltung
Ein Hauptgrund dafür war die feudale Struktur des Gupta-Reiches. Wie schon geschildert, unterstanden wohl nur Bihar, Bengalen, und Uttar Pradesh der direkten Verwaltung des GuptaKönigs; alle anderen Gebiete waren lediglich mehr oder weniger von ihm abhängig. Im Kriegsfall mußten sie, ähnlich wie im mittelalterlichen Europa, Truppen stellen, taten dies aber stets nur nach Gutdünken. Im Ernstfall, beim Einfall der Hunnen zum Beispiel, war der König weitgehend auf seine eigene Hausmacht angewiesen. Die Verwaltung des Reiches war stark dezentralisiert. Zwar wurden die zentralen Beamten - der Minister für «Krieg und Frieden», der Heerführer und der Justizminister - durch den König bestimmt, doch waren die Ämter oft in einer Hand zusammengefaßt; damit wuchs die Tendenz zu einer erblichen Weitergabe. Andererseits erfuhr die Dezentralisierung dadurch
Struktur und Verwaltung
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eine Förderung, daß bedeutende Gebiete an wichtige Personen, vor allem an Brahmanen und an deren gemeinsame Siedlungen (agrahƗra) geschenkt wurden, meist ohne Steuerpflicht. Die Urkunden für Landschenkungen wurden auf Kupferplatten eingraviert, und es entwickelte sich schnell eine Standardform. Nach einer ausführlichen Einleitung (prashasti) zur Preisung der regierenden Dynastie sowie der (angeblichen) Kriegstaten des Königs folgte der operative Teil der Inschrift, die eigentliche Landschenkung, in der Name, Clan, Vedastudium, früherer Wohnort usw. der beschenkten Brahmanen genannt wurden. Die Grenzen des Gebietes waren dabei genau angegeben, und oft erhielt dieses auch einen neuen Namen. Diese «Übertragungsurkunden» sind im 19. Jahrhundert neben Steininschriften zum Grundstock der Geschichtsschreibung vieler Gebiete geworden. Königliche Beamte und Soldaten durften solche Ländereien nicht betreten. Damit wurde immer mehr Land der direkten Einflußname und dem Steueraufkommen des Königs entzogen. Seine Teilkönige und Verbündeten handelten in gleicher Weise und schädigten sich daher ebenso, gewannen aber wie der König religiöses Verdienst. Überdies dienten solche Schenkungen der Legitimierung. Daneben profitierten auch buddhistische Einrichtungen oder Jaina-Institutionen von diesem Brauch. Viele Könige siedelten neue, oft von sehr weit herbeigebrachte Brahmanen gezielt in solchen Gebieten an, die von Dschungelstämmen, d. h. den noch nicht hinduisierten Ureinwohnern, besiedelt waren, um diese langsam in das Klassen- und Kastensystem einzugliedern. In einigen Regionen hält dieser Vorgang bis heute an (und wird von den gegenwärtigen Regierungsparteien gezielt durch Gründung von «Ein-Lehrer-Schulen» in Stammesgebieten gefördert). Solche Brahmanen wurden damit gewissermaßen zu indirekten Agenten der Regierung. Damit entstand eine mehrstufig variierte Einflußnahme des Königs. Man mag das am Hofe als die einzig mögliche Methode angesehen haben, da es unmöglich erschien, weit entlegene Gebiete durch direkt vom König entsandte und bezahlte Beamte zu verwalten. Späterhin, etwa vom 7. Jahrhundert an, wurden derartige Ländereien auch direkt an verdiente Beamte und Militärs (und ins-
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Das Gupta-Reich
besondere seit dem i1. Jahrhundert auch an Tempel) vergeben, wodurch - wie etwa gleichzeitig in Europa - eine feudale Schicht zwischen dem König und den Bauern entstand. Selbst die niedere Gerichtsbarkeit wurde nun den neuen Landbesitzern übertragen. Neben der damit einhergehenden Schwächung der Zentralgewalt führte all das wie in Europa auch zu einer zunehmenden Unterdrückung der Bauern. Insoweit hat die Bezeichnung der nun beginnenden Periode als «feudalistisch» eine gewisse Berechtigung, auch wenn die indischen «Lehensträger» nicht, wie in Europa, durch strikte Pflichten an ihren Herrn gebunden waren. Die so Beschenkten durften ihr Land überdies weitervererben. Die Bauern waren zwar an ihr Land gebunden und wurden bei Schenkungen mit übergeben, konnten aber, wie oben erwähnt, bis ins 18. Jahrhundert bei zu großer Bedrückung einfach wegziehen und sich anderswo neu ansiedeln. Bis in das letzte Jahrhundert hinein stand nämlich noch überall genug freies, d.h. unbebautes Land, auch in Dschungelgebieten, zur Verfügung. So berichtete der chinesische Pilger Hsüan Tsang von seiner Reise durch Buddhas Heimatland in Südnepal etwas verwundert, daß er dort hauptsächlich Urwald angetroffen habe. Die Bedrückung der Bauern wurde insbesondere durch die neueingeführte Zwangsarbeit (vishti) verstärkt, wenn sie auch nicht in allen Gebieten Indiens und zu allen Zeiten gleichmäßig vertreten war. Sie bestand u. a. aus erzwungenem Lastentragen oder Kanalgraben. All diese Maßnahmen hatten die effizientere Ausnutzung des Landes zum Ziel, was wiederum den einheimischen Dynastien, Landbesitzern, Brahmanen und Tempeln zugute kam. 3. Die Hunneneinfälle
Das Ende der Gupta-Zeit wurde durch die Hunneneinfälle des 5. und 6. Jahrhunderts ausgelöst. Wie die Hunnen in Europa benutzten auch die hephtalitischen Hunnen in der Reiterschlacht die Taktik des vorgetäuschten Rückzugs und waren damit und durch ihre starken Kompositbögen den Truppen der Guptas überlegen. Zudem wandten sie, wie später die Mongolen, eine
Die Hunneneinfälle
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Taktik der planvollen Zerstörung und «verbrannten Erde» an. Ihr erster König in Indien, ToramƗna, regierte über ein Reich, das den gesamten Nordwesten umfaßte und bis nach Zentralindien (Eran, im nördlichen Dekkhan) reichte. Im Jahre 515 folgte ihm sein Sohn Mihirakula, dessen Hauptstadt Sialkot im Panjab war. Der zeitgenössische Bericht eines chinesischen Pilgers in Nordwestindien und die Chronik des Dichters Kalhana (RƗjataranginƯ) aus Kaschmir stimmen in ihrer Schilderung Mihirakulas als eines blutrünstigen Tyrannen überein. Er soll den Buddhismus von GandhƗra, der lange durch die KushƗna gefördert worden und ihm ein Dorn im Auge war, ausgerottet haben. Kalhana charakterisiert ihn als einen Barbaren, der den einheimischen Hinduismus geschickt für seine politischen Zwecke benutzte. So soll er Brahmanen aus GandhƗra in dem gerade von ihm eroberten Kaschmir angesiedelt haben. Nach schweren Niederlagen gegen Yashodharman von Malwa und Gupta-König Narasimhagupta BƗlƗditya wurden die Hunnen schließlich im Jahre 560 auch von den Sasaniden Irans mit Hilfe der neuen Macht in Zentralasien, der Türken, besiegt. Damit war ihre Vorherrschaft im Nordwesten gebrochen. Viele von ihnen wurden aber in Rajasthan in die Adligenschicht aufgenommen, so daß einige der sehr standesbewußten Rajputen - ebenso wie ihre brahmanischen Hauspriester - den ClanNamen Hnjna führen und ihre Herkunft vom Feuergott Agni ableiten. Selbst der späte Sieg der Gupta über die Hunnen konnte den Niedergang ihres Reiches nicht mehr aufhalten. Wie im europäischen Westen bedeutete der Einfall der Hunnen zugleich das Ende der «klassischen» Periode und den Beginn des indischen «Mittelalters». Statt des Gupta-Reiches dominierten nun ihre vormaligen Vasallen die Szene: im Westen die Maitraka von Valabhi (Nord-Gujarat), im Panjab die Vardhana von Thaneswar, die um 600 n. Chr. unter Harsha ein kurzlebiges neues Reich in ganz Nordindien aufbauten, die Maukhari von Kanauj (Kanyakubja in Zentral-Uttar Pradesh), die Candra von Bengalen und schließlich die späten Gupta selbst in Magadha. Diese Königreiche bestimmten von nun an, in verschiedenen Kombinationen
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und mit unterschiedlicher Machtfülle, für Jahrhunderte das Schicksal Nordindiens. 4. Selbstbesinnung und Synthese: Die klassische Hochkultur
Nach den Jahrhunderten von Fremdherrschaft und großer internationaler Offenheit unter den Griechen, Saka und KushƗna fand unter den Gupta offensichtlich eine «nationale» Selbstbesinnung auf das «typisch Indische» statt, genau wie im benachbarten Iran, wo etwa zur gleichen Zeit (224 n. Chr.) die hellenistisch geprägte Arsakiden-Dynastie von den nationalistischzoroastrisch bestimmten Sasaniden abgelöst wurde. Parallelen zur Gegenwart, in der echte und vermeintliche Traditionen nach vielen Jahrhunderten islamischer und britischer Fremdherrschaft oft recht laut in den Vordergrund gerückt werden, drängen sich auf. In der Kunst, Religion, Literatur, vor allem aber in der Gesellschaftsordnung wurden nun überkommene Werte betont. Die indische Kultur hatte sich allerdings im Laufe der Jahrhunderte stark verändert, so daß die neue «klassische» Kultur ihrer Natur nach nicht mehr der zum Vorbild genommenen Epoche entsprach, eine Tatsache, die dem zeitgenössischen Beobachter zumeist entging. Die Gupta-Kultur ist demnach nicht einfach eine genaue «Kopie» der vedischen, Nanda- oder Maurya-Zeit. So sehr man auch an die Vergangenheit anknüpfen wollte, etwa mit dem großen Pferdeopfer Samudraguptas (was nun ebenfalls im Jahre 2002 mit der Opferung von zehn Pferden wiederholt worden ist!), konnte man dennoch Jahrhunderte religiöser und gesellschaftlicher Entwicklung nicht einfach beiseite schieben. Daher wurden in der Gupta-Zeit auch nicht die bekannten vedischen Götter gefördert, sondern vielmehr die großen «neuen» Götter wie Vishnu oder Shiva. Ebenso griff man nicht auf das bild- und tempellose Ritual der vedischen Zeit zurück, sondern unterstützte ganz bewußt den Tempelbau und die Plastik, die beide zur Repräsentation benutzt werden konnten.
Die klassische Hochkultur
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Die Könige sahen sich von nun an als eine (partielle, avatƗraartige) Inkarnation des welterhaltenden Gottes Vishnu an. Die Kraft dazu wurde seit dem Veda durch eine rituelle Begießung mit Wasser und (genau wie später im byzantinischen und mittelalterlichen Westen) durch eine Stirnsalbung vermittelt. In den mit den Gupta einsetzenden purƗnischen und anderen Texten, wie der BrihatsamhitƗ des Astronomen VarƗhamihira (550 n. Chr.), wird der König deutlich mit Vishnu identifiziert. Das purƗnische «Krönungsritual», bei dem man nun in Anlehnung an griechische und iranische Vorbilder tatsächlich eine Goldplatte oder regelrechte Krone benutzte, läßt in seinen zentralen Handlungen Glied für Glied eine Gleichsetzung mit Vishnu erkennen. Der König ist von nun an ein «wandelnder Vishnu», so wie es noch heute die Könige von Nepal oder die von Puri in Orissa sind. Diese Tradition dürfte auch Auswirkungen auf Südostasien gehabt haben, wo sich eine noch herausragendere Stellung des Herrschers abzeichnet. In gewisser Weise waren solche Vorstellungen durch die Kushana und Griechen mit vorbereitet worden. Bekanntlich bezeichneten sich die griechischen Könige des Panjab als sotƝr «Retter, Heiland» und die Kushana selbst als devaputra «Göttersohn». Auch die römischen Kaiser, mit denen die Kushana in engem Handelskontakt standen, wurden nach ihrem Tode als Götter verehrt. Diese Vorstellungen lagen also gewissermaßen «in der Luft» und wurden auch von den Guptas aufgegriffen und in der oben genannten Weise indisiert. Es ist eine deutliche Abgrenzung von «Ausländischem» (und in gewissem Sinne auch von Buddhistischem) zu verzeichnen. Man kleidete sich nicht mehr wie unter den Saka und Kushana als zentralasiatische Reiter mit Hosen und schweren Stiefeln, sondern kehrte zu den fließenden Gewändern zurück, die dem feuchtheißen indischen Klima viel besser angepaßt sind. Die Münzen folgten nicht mehr griechischen oder römischen Vorbildern, und Inschriften wurden in korrektem klassischen Sanskrit in der typischen Gupta-Schrift, die sich aus der BrahmƯ-Schrift entwickelt hatte, angebracht und nicht in den lokalen Volkssprachen. Die «idealen» Zustände der Zeit sind uns detailliert,
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wenn auch von seiner religösen Liebe für die Heimat des Buddha verklärt, durch den chinesischen Pilger Fa-Hsien (Fa Xian) beschrieben worden. Die Guptas vereinnahmten auch den berühmtesten Dichter der Sanskrit-Literatur. So bietet KƗlidƗsas Drama «Das RaghuGeschlecht» (Raghuvamsha) die mythische Vorgeschichte der IkshvƗku- und damit auch der Gupta-Familie, und sein Drama KumƗrasambhava «Die Entstehung des (Gottes) KumƗra» (d. h. des Sohnes von Shiva) ist eine nur ganz oberflächlich getarnte Anspielung auf die Geburt des Thronfolgers KumƗragupta (415), des Sohnes von Candragupta IL, der sich selbst VikramƗditya nannte. Vikrama zielt auf Vishnu ab, der - wie es auch Candragupta hoffte - mit seinen drei großen Schritten siegreich alle Welten, von der Erde bis in den Himmel, durchmessen hatte. Darüber hinaus ist die Bezeichnung -Ɨditya wichtig, denn die Königsfamilie führte sich über Raghu letzten Endes auf Manu, den Sohn des Sonnengottes Ɩditya (MƗrtƗnda, Visvasvant), zurück. Damit ist KƗlidƗsas dramatische Erzählung zugleich eine überdimensional lange Legitimierung der Gupta-Dynastie, die sich, wie oben erwähnt, als einheimische «Räuberhäuptlinge» aus Magadha zunächst durch Heirat mit einer Licchavi-Prinzessin profilieren und legitimieren mußten. Man sieht, wie sich «alles so schön zusammenfügt»: Der König ist eine Inkarnation Vishnus, stammt letzten Endes von den Göttern ab und läßt sich als Gott feiern. 5. Die Nachbarstaaten, Beginn des indischen Mittelalters
Unter den Nachbarstaaten des Gupta-Reiches war Kaschmir in dieser Zeit bereits ein Vollmitglied der indischen Völker- und Staatenfamilie. Obwohl die Kaschmiris sich wie die anderen dardisch sprechenden Völker viel Altertümliches - die pakistanischen Kalasha sogar bis heute - bewahrt hatten, waren sie doch seit langer Zeit den Religionen der südlich von ihnen gelegenen Ebenen ausgesetzt. Dennoch betonten sie stets ihre Eigenständigkeit. Sie wollen nicht am legendären «Mahäbhä-
Die Nachbarstaaten, Beginn des indischen Mittelalters
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rata-Krieg» teilgenommen haben und erkannten kaum je die Oberhoheit indischer Könige wie der Maurya, KushƗna oder Gupta an. Das frühe kaschmirische Nilamata-PurƗna beachtet neben dem vorherrschenden einheimischen Hinduismus auch buddhistische Feste wie den Geburtstag Buddhas. Beide Religionen lebten bis zur allmählichen Islamisierung (ab 1323) nebenund miteinander. Im 8. Jahrhundert spielte Kaschmir eine bedeutende Rolle und dehnte seine Macht über den gesamten Norden Indiens aus. Im Kathmandu-Tal etablierte sich um 200 n. Chr. eine Licchavi-Familie, die uns 464 n. Chr. ihre erste größere Inschrift hinterließ. Das relativ große Bergtal lieferte wie Kaschmir bedeutende Getreideüberschüsse und wurde darüber hinaus vor allem durch den Handel zwischen Indien und Tibet reich. Es bildete sich eine bedeutende einheimisch geprägte Hindu- und buddhistische Kultur heraus, die auf dem tibetobirmanischen Volkstum der Newars beruhte. Beide Religionen und die von ihnen bestimmte Lebensweise haben sich dort bis heute ungebrochen erhalten. Die Gupta erwähnen Nepal in ihren Inschriften als einen ihrer Vasallenstaaten im Norden. Wieviel davon Wunschdenken war, muß offen bleiben. Man hat es bis heute in Nepal stets vorgezogen, als «Yamswurzel zwischen zwei Steinen» den starken Nachbarn im Norden und besonders im nahen Süden lediglich nominell Hochachtung zu zollen, um ungestört weiterleben zu können. Der südlichste Teil der Halbinsel war mit den ein Früh-Tamil sprechenden Stämmen von Kerala und Tamil Nadu in das Licht der Geschichte getreten, drängte nun aber mit den Pallava als bestimmende Macht in den Vordergrund, während auf dem nördlichen Dekkhan lange Zeit die ShƗtavƗhana und dann die mit den Gupta verbündeten VƗkƗtaka vorherrschend gewesen waren. Die Pallava konnten es im 6. Jahrhundert zu einer bedeutenden Machtausdehnung bringen, die sich kulturell bis hin nach Südostasien zeigt. Dieser Prozeß hatte bereits in den ersten Jahrhunderten n. Chr. begonnen; er führte zunächst zur Indisierung der Länder in Malaysia und im westlichen Indonesien (Shrivijaya), in Kambodscha (Kamboja) und Südvietnam (Cam-
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Das Gupta-Reich
pƗ), dann in ganz Südostasien (Burma, Thailand, Java, Bali). Unter den südindischen Cola erfolgte um 1000 n. Chr. sogar für kurze Zeit eine militärische Flankierung. Ein Sonderfall ist Sri Lanka. Die Insel war ursprünglich von verschiedenen Völkerschaften, unter anderem den Vedda, bewohnt. Schon vor der Zeit des Buddha waren ein westliches Indoarisch sprechende Stämme (Sinhala) unter ihrem Prinzen Vijaya eingewandert und hatten sich mit der einheimischen Bevölkerung vermischt. Später kamen Tamilen aus dem Süden Indiens hinzu. Die PƗli-Chroniken von Sri Lanka, Mahävamsa und Dipavamsa, liefern dazu viele teils legendenhafte, teils verläßliche Daten sowie eine Synchronic mit Königen, die in der alten Tamil-Literatur Südindiens (Cankam) erwähnt werden. Diese Chroniken bilden neben der von Kaschmir (RƗjataranginƯ, 1150 n. Chr.) und Nepal (GopƗlarƗjavamshƗvali, spätes 14. Jahrhundert) fast die einzige zusammenhängende einheimische «Geschichtsschreibung» des Subkontinents. Ashoka soll seinen Sohn Mahinda zur Mission nach Sri Lanka entsandt haben. Die Sinhala sind in der Tat bis heute Anhänger der alten TheravƗda-Schule des Buddhismus geblieben, während die Tamilen Hindu sind, eine Tatsache, die den Hintergrund für den rezenten erbitterten Guerillakrieg darstellt. Hier wie in vielem anderen zeigt sich, wie sehr die frühe Geschichte des gesamten Subkontinents bis heute nachwirkt. Sie muß deshalb, insbesondere jetzt, da sich Indien an der Schwelle zu einer Großmachtstellung befindet, ausführlich untersucht und auch allgemein beachtet werden. 6. Das frühe und das heutige Indien: Back to the future?
Seit etwa 10-15 Jahren hat sich in Indien, sicherlich gefördert durch die monatelange RƗmƗyana-Fernsehserie, die schon vor 150 Jahren zögernd einsetzende Suche nach der «Seele» und der ersehnten zukünftigen Weltgeltung des eigenen Landes verstärkt. Eine derartige Rückbesinnung ist stets mit einem gehörigen Maß an Phantasie und mit dem «Neuerfinden der Vergan-
Das frühe und das heutige Indien
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genheit» gepaart, geht nun leider aber wieder einmal mit einer ausgesprochenen Feindsuche einher. Den Hindus, über 80% der Bevölkerung Indiens, wird suggeriert, sie seien durch Muslime (12%) und Christen (2-3%) bedroht. Man sieht sie wie alles «Ausländische» als fremd an und will zum «Alten» zurückkehren. Vieles ist dabei bewußt oder unbewußt dem Sprachgebrauch des Dritten Reiches oder des faschistischen Italien entlehnt worden: «Ein Volk, eine Nation, eine Kultur!» Der neue Indo-Zentrismus mag - neben der deutlichen Abkehr von der Nehru-«Dynastie» und ihrer mild-sozialistischen, internationalistischen Ideologie - letzten Endes eine Abwehrhaltung gegenüber dem ständig voranschreitenden Okzidentalismus (Europäisierung, Amerikanisierung, Globalisierung) sein. Andererseits muß man sich mit der zunehmenden Technisierung und dem internationalen Handel und Denken ebenso abfinden wie seinerzeit die Inder des KushƗna- oder Gupta-Reiches. Statt eines internationalen Standards der Geschichtsschreibung gilt nur noch «nation building». Demnach soll die alte südasiatische («indische», bhƗratiya) Kultur seit der Steinzeit ohne Unterbrechung und ohne größere Einflüsse aus dem nichtindischen «Ausland» fortgelebt haben - insbesondere in der fundamentalen vedischen Zeit. Das haben einige Ausländer (K. Elst, K. Klostermaier, D. Frawley) unkritisch übernommen. Die nun eskalierende Selbstbesinnung auf typisch Indisches kann aber auch Positives haben, denn es gibt durchaus auch wohlüberlegte Reaktionen, welche die übergreifenden Eigenschaften der gesamt-südasiatischen Kultur herausstellen. Wie oben häufig erwähnt, hat es derartige fruchtbare Perioden der Selbstbesinnung schon früher gegeben. Man muß daher hoffen, daß Indien nach langer islamischer und britischer Vorherrschaft nun wieder zu sich selbst findet, daß es dabei - gefördert durch die ihm eigene, fast anarchisch anmutende, äußerst individualistisch ausgerichtete intellektuelle Tradition - seine Offenheit gegenüber anderen Weltanschauungen, Religionen und unterschiedlichsten Lebensformen bewahrt. Die alte Geschichte Indiens im Sinn, dürfen wir dem 21. Jahrhundert mit Spannung entgegensehen.
Literaturhinweise
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Zeittafel
Traditionelle Daten in stehen in eckigen Klammern. Indus-Kulturen ab 6500 v. Chr. frühe Ackerbauern in Mehrgarh (Balutschistan) 3300-2800 Ravi- und Kot Diji-Phase (Panjab) 2600-1900 Induskultur (Balutschistan, Sindh, W. Gujarat, Panjab, Haryana) Vedische Kultur um 1500-500 vedische Periode um 1400 Mitanni-Indoarier in Syrien/Irak um 1300-1000 rigvedische Periode (Panjab und angrenzende Regionen), Zehnkönigsschlacht (Bharata) an der Parushnl um 1000 mittelvedische Periode; Kuru-Reich; Painted Grey Ware (Ostpanjab bis Benares) um 800 ? Ausbreitung des Kuru-Modells nach Osten; neue Einwanderungen aus dem Westen um 600-450 spätvedische Periode (gesamtes Nordindien); Northern Black Polished-Ware; erste östliche Staaten (Kosala, Videha); Upanishaden, Kanonisierung des Veda im Osten 530/519 Perser (Kyros, Dareios) erobern GandhƗra, Sindh um 450 Urbanisierung im Gangesgebiet um 400 Auftreten des Buddha [563-483] und des Mahävlra [gest. 477] Reichsbildung im Osten um 500 Aufstieg Magadhas; Stammesoligarchien in Nord-Bihar um 450 BimbisƗra, König von Magadha [540-490], Prasenadi (Prasenajit, von Kosala); AjƗtashatru (Magadha) [bis 464], Eroberung Kosalas 413-ca. 365 Shishunäga ab 364 MahƗpadma Nanda bis 321 Nanda-Könige Griechen in Indien 327 Einfall Alexanders ab 323 Diadochenreiche (Seleukos in Iran und Syrien) Maurya-Reich ab 321
Candragupta Maurya
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305 297/3-268? 268-232 260 um 300 seit ca. 200
Zeittafel
Schlacht von Seleukos und Candragupta BindusƗra (Amitrochates) Ashoka, erster Kaiser von Indien Ashokas Feldzug nach Orissa; Mahinda als Missionar in Sri Lanka; Konzil von Pätaliputra, PƗlikanon Cola, PƗndya, Keralaputra (Cera), Satyaputra in Südindien frühe Tamil-Inschriften in Brahmi, Jaina-Einfluß
Zwischen den Reichen um 250 baktrische Griechen selbständig um 230 Spaltung des Maurya-Reiches; Shunga-Königreich um 150 Pushyamitra Shunga, brahmanische Restauration um 150 Patanjali (Kommentar zu PƗninis Grammatik) um 150 Einfall der baktrischen Griechen (Demetrios) um 155-130 Menandros (GandhƗra und Panjab) um 140 Einfall der Saka nach Afghanistan; diverse kleinere Staaten vom Panjab bis nach Bihar (KƗnva) um 100 MahƗmeghavƗhana-Dynastie (KhƗravela) von Kalinga um 80 Saka-Fürstentümer in Nordwestindien: Moga (Maues) und Kshatrapa in Sindh/Gujarat Zeitenwende um 1 um 50 n. Chr.
um 100-126/ 120-146
Indo-Parther (Pahlava) im Panjab König Gondopharnes (Kaspar) im Panjab; ShƗtavƗhanaReich in Maharashtra und Andhra (Simuka); Yue-Zhi (Tocharoi) in Baktrien; KushƗna unter Kujula Kadphises besiegen die letzten Griechen von Kabul; Vima Kadphises
um 150 um 225 um 250
Kaiser Kanishka (KushƗna); Sangam-Literatur in Tamil Nadu; Staatenbildung in Südindien; Karikala gründet Kaverlpattana RudradƗman, (Kshatrapa) König in Sindh, Gujarat und Malwa GautamƯputra (ShƗtavƗhana) Väsishthiputra (ShƗtavƗhana) Väsudeva (KushƗna)
Gupta-Reich um 3 20-3 3 5 335-375 375-415 ab 415 bis 467 bis 515 ab 515 560
Candragupta I. Samudragupta Candragupta II. Kumäragupta Skandagupta Hunneneinfall unter Toramäna Mihirakula herrscht in Nordwestindien und Kaschmir Hunnen von den Sasaniden besiegt
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Hinweise zur Transkription und Aussprache
Komplizierte diakritische Zeichen wurden vermieden. Die wichtigen Langvokale sind mit Ɨ, Ư, nj, der Laut r in nordindischer Weise mit ri wiedergegeben, z. B. Kr̚s̚n̚a als Krishna. Während die kurzen Vokale wie im Italienischen oder Spanischen ausgesprochen werden, entsprechen viele Konsonanten eher der englischen Orthographie, daher: a wie in «kann», Ɨ wie in «aber», i wie in «immer»; e und o sind stets lang; c ist immer als deutsches tsch (wie in tschüss) zu sprechen, j als dsch (Dschungel; jn heutzutage als gya oder dnja), y als j (jagen), v als w (wandern); schließlich sh als sch (schon), wobei sh die Laute Ğ und s̚ wiedergibt: also ĝiva, Vis̚nu als Shiva, Vishnu; s ist stets stimmlos (Reis, wissen), nie stimmhaft (Rose, so). Die typisch indischen retroflexen Konsonanten (t́, t́h, d́, d́h , n̚ ) sind durch die entsprechenden deutschen Dentale t, th usw. wiedergegeben.
Abkürzungen
BMAC drav. iran. griech. NBPW PGW Skt. ved.
Bactria-Margiana Archaeological Complex (oxus-Kultur) dravidisch iranisch griechisch Northern Black Polished Ware (nördliche schwarz-polierte Keramik) Painted Grey Ware (bemalte graue Keramik) Sanskrit vedisch
Register
Kursive Seitenzahlen verweisen auf die wichtigsten Stellen zu den Stichwörtern. Ackerbau TO, T8, 22, T07, 116 Akkulturation 26, 29, 45 Arier 13, 2,7 f., 59 -Sprache 31 Asketen 52, 73 Ausländer, Außenseiter 46, 49, 107, 110,119 Beamte 63, 84, 115 Brahmanen 38, 39, 42, 47, 50, 63, 71, 83, 90, 93,104, 106, 109,115 Buddha 42,45, 46, 51, 52, 54, 55, 6$y 68, 70, 90, no Buddhismus 82f., 92, 104,109, 110, 121 - Mission 81,110, 121 f. Chinesen 88, 95, 98, TOO, 108 Chroniken 8 f., 69 f., 81, 117, 122 dravidisch 14, 16, 30, 47f-, 51, 103 Einflüssenach außen 108 Einflüsse von außen 90, 107 f., 119 Einwanderungen 10, 13, 18,27, 72 Eisen 47, 61, 69 Eisenzeit 25, 36 Elefanten, Kampfelefanten 61, 65, 69, 71, 76, 80 Feudalismus 107, 113 f., 116 Gegengabe 38, 41 f., 84 Geschichtsquellen 8, 88 f. Geschichtsschreibung 8, 55, 59, 70,91. "5 Grammatik(er), PƗnini 60, 72, 74f., 94 Griechen 69, 79L, 82, 91, 94t., 97 f., 102 -, Einfluß 77, 79 f., 94, 96, 110 Handel 21, 62, 80, TOO, 107 -, internationaler 22, 107 ff. Hinduismus 42, 90, 104, T T o, 121 Indien, Name 73 Indienbild 7, 76 Individualismus 83, 123 Indogermanisch 14 Indogermanische Sprachwissenschaft 75
Inschriften 9, 13, 61, 79 f., 87, 95 f., 102-105, 110f., 119 Invasionen 90, 94 Iranisch 12, 16, 56, 60 iranischer Einfluß 60, 75, 110 Jain(ismus) 52ff., 79 f., 92, T02, 104,109 Kanonbildung 72, 74 f. Karma 5 f., 92 Kautilya (ArthashƗstra) 50, 63, 66,78^83,85/: Kaufleute 55, 63, 74, 109 Klassen (varnƗ) 38, 64, 83, 98, TOO, 115 klassische Periode 89 f., 113, 118ff König(tum) 38,42, 50, 58,71,109 Krönungsritual 119 Kshatriya 38, 42, 50, 55, 64, 83, 110 Kuru 24, 34, 40, 49, 66, 69 Kuru-Modell 42 f., 45, 52 Kuru-Orthopraxie 38, 46 f., 52, 73 Kuru-Reich 32, 34, 49, 84 Kurukshetra 33, 36 f., 45, 97, 99 Landschenkungen 106 f., 109, 115 Legitimierung 96, 98 f., TIT,115, 120 Lehnwörter 29, 60, 75, 77, 108 -Substrat 26, 29 MahƗbhƗrata 8 f. 49, 59, 69, 73, 88, 89, 92, 95, 97ff., 120 Megasthenes 9, 61, 68, 79, 83 f., 104 Monsun, -winde 9, 88 Munda 14, 30, 46, 50, 65 Münzen 59, 84, 88, 95, 108f., 110 Nationalismus 21 f., 30, 118, 122 ff. Nepal 81, 98, 111, TT9, 121 Oligarchien (»Republiken») 55, 64,67f.. PƗli 14, 16, 54, 105 PƗlikanon 9, 48, 51, 53, 70, 79 Patanjali 79, 87, 91, 93 f., 98 persischer Einfluß 72f.., 75 Pferdeopfer 22,40, 63, 91, 93, 118
PurƗnas 8, 69-71, 78, 89, 91, 98, 103 RƗma 46, 99 RƗmƗyana 8, 59, 97 ff., 12.2 "Rasse», Phaenotyp 11 f., 28 Reaktion gegen Einflüsse 75, 9of., HO, 119, 123 Rechtstexte 63, 79, 88 - Manu-Smriti 88, 92, 106, 109 Ritual (-reform) 24, 38 f., 75 -Hausrituale 40 - Shrauta-Ritual 40 - königliches Ritual 71 Rom, Römisches Reich 98,101, 108 Sangam- (Cankam-) Literatur 14, 80, 87,103, i04f, 122 Sanskrit 72, 74, 87, 92, 96, 112, 119 Schrift 13, 20, 22, 60f., 74, 79, 119 Shnjdra 38 f., 64, 76, 78, 109 Spione 66, 83 f., 86 Sprachen, Sprachfamilien 12 Sri Lanka 6T, 8T f., 104, 108, 122 Staat 63, 84, 8jf. Staatenbildung 38 ff., 48, 61, 74, 104 Städte 21, 49, 56, 58, 75 Stämme, Gebiete 103, 1T5 - Konföderation 77, 93 Steuern 41, 63, 71, 84, 107,112 Straßen 79-81, 108 Stüpa 46, 65, 93 Tamil(en) 30, 87, 96, izi f. Tamil-Inschriften 61, 80, 103 f. Titel 101,110, TT9 Ureinwohner 29, 58, 107 - NishƗda 37, 58 Vaishya 38, 64, T09 Vajji(Vriji) 51,55,57,61,67 Veda 9, 24 f. - Lokalisierung 25 vedisch 14, 75 Verwaltung 63, 83, IOT, 107 Wcltoffenheit89f., HO, 118 Wiedergeburt 52 Wiedertod 53
Indien zwischen den Reichen (bis 320 n. Chr.)