PETE
Liebe Pete-Freunde!
Wenn Du eine PETE-Gruppe gründen willst, dann kannst Du das, wenn Du Dich mit einigen Freund...
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PETE
Liebe Pete-Freunde!
Wenn Du eine PETE-Gruppe gründen willst, dann kannst Du das, wenn Du Dich mit einigen Freunden zusammenschließt, die eben• falls gewillt sind, den Zielen des PETEHeft 176 Bundes nachzustreben. Das ist nicht schwer, wenn Du diesen Freunden mal ein PETE-Heft zu lesen gibst, aus welchem sie sehr leicht „Doc“ Watsons erkennen können, wie tatenvoll sich die PETEStrahlenkasten Gruppe „Bund der Gerechten“ einsetzt. Natürerzählt von lich ist es schön, wenn sich Deine Freunde im George Berings PETE-Bund anmelden. Die Mitgliedschaft ist beitragsfrei. Wer die Mitgliedskarte des PETEWir wandern im schönen Bundes haben möchte, muß das PETE-Heft Deutschland ……… 32 Nr. 164 bestellen, das die Mitgliedskarte enthält. Steht ein neuer Vesuv- Es kostet 40 Pfennig. Ausbruch bevor? ..…34 Durch die vielen Beispiele guter Taten, die JIU-JITSU – einzelne Gruppen laufend vollbringen, erhaltet selbst gelernt ……… 35 Ihr recht nette Anregungen darüber, wie auch Der PETE-Bund teilt Ihr Hilfsbereitschaft üben könnt. In den PETEmit ………………… 36 Heften wird gern darüber berichtet. Versucht Fahrzeuge von heute es einmal, und Ihr werdet sehen, wieviel 4. Umschlagseite Freude Ihr auslöst und wie dankbar man Euch gegenüber ist. „PETE“ erscheint alle 14 Tage. Wenn Du an der Bild-Serie Pat und Petra Verlag: Uta-Verlag, Sklenka & Pabel KG, Bad Godesberg-Meh- mitarbeiten willst, dann brauchst Du uns nur lem, Postfach 48. (Mitgl. des Reeine schöne Erzählung einzuschicken. Ist sie magener Kreises e.V). Redaktion: Dr. Isert. Druck: Druck- und Ver- geeignet für eine Bildgeschichte, dann brinlagshaus Erich Pabel, Rastatt. gen wir diese mit gereimten Bildern, und Du Auslieferung: Rhein. Buchvertrieb G. m. b. H., Bad Godesberg-Mehlem. bekommst dafür eine Buchprämie. Wenn Du Postversand: Rastatt in Baden. Die also etwas Ulkiges erlebt hast, dann schicke PETE-Zeitschrift kann auch direkt uns das ein. Wir werden prüfen, was sich vom Uta-Verlag, Bad GodesbergMehlem, Postfach 48, bezogen daraus machen läßt. Der Einsendung mußt Du werden. Scan by Brrazo 03/2010 aber eine 10-Pfennig-Briefmarke beilegen, „PETE“ darf weder in Lesezirdamit wir Dir mitteilen können, ob die Ankeln geführt noch gegen Entgelt nahme möglich ist. verliehen werden. Euer PETE Zeitschrift für die Jugend
Pete’s Abenteuer und Streiche
Heft 176
„Doc“ Watsons Strahlenkasten erzählt von George Berings
I
m Gasthaus „Zum Weidereiter“ war an diesem Abend Hochbetrieb. Fast die gesamte Bevölkerung von Somerset, dem kleinen Town in Arizona, hatte sich versammelt. Es brummte und summte wie in einer Transformatorenstation, dicke Rauchwolken hingen unter der Decke, und Mr. Kane, der Wirt, hatte alle Hände voll zu tun. Jeder wollte seine Flasche Bier oder seinen Whisky haben, bevor die Versammlung eröffnet wurde. An der Rückwand der Schankstube befand sich ein Rednerpodium. Das war die neueste Errungenschaft der Stadt. Es ging doch nicht an, daß bei solchen Anlässen die Redner immer auf einen Stuhl oder gar auf den Tisch kletterten. John Watson, der Hilfssheriff, pflegte seine Reden sogar von der Theke herunter zu halten. Es war dabei schon vorgekommen, daß er versehentlich in dem Becken gelandet war, in dem Mr. Kane seine Gläser spülte. Das Podium war neu, aus starken Brettern gefügt, sauber gehobelt und sogar lackiert. Der „Bund der Gerechten“ hatte sich 3
alle Mühe damit gegeben. Fast konnte man meinen, ein Tischler habe es angefertigt. Aber wer hätte dem Tischler die Arbeit wohl bezahlt? Nein, Pete Simmers und seine Freunde hatten sich wieder einmal in den Dienst der Allgemeinheit gestellt. Das Podium fand den Beifall aller Anwesenden. Die Uhr über der Theke zeigte fünfzehn Minuten nach acht, als Sheriff Tunker an dem Tisch, der auf dem Podium stand, Platz nahm. Hinter ihm, sozusagen „in Hilfestellung“, postierte sich Hilfssheriff John Watson. Onkel John hatte alles getan, um einen hervorragenden Eindruck zu hinterlassen. Wie immer in solchen Fällen war sein Sheriffstern blank wie ein Fixstern. Sein spärliches Haar glänzte wie durchwachsener Speck, roch aber leicht nach Veilchen. Das Hemd hatte Watson einfach gewendet. Es fiel in dem Dunst der Wirtsstube nicht weiter auf, daß er die Nähte außen trug. Im übrigen sah John Watson über solche Kleinigkeiten großzügig hinweg. Mr. Tunker schwang jetzt die Glocke, die auf dem Tisch vor ihm stand. „Meine lieben Freunde! Es wurde wieder einmal nötig, eine Versammlung abzuhalten, um in einer wichtigen unsere Stadt betreffenden Angelegenheit zu einem Ergebnis zu kommen. Es handelt sich um den Bau einer Krankenanstalt. Ich eröffne hiermit die Diskussion, bitte um Wortmeldungen.“ Mr. Tunker sah in den Saal. Einige Hände reckten sich empor. Der Sheriff bat Doc Harriet auf das Podium. „Zuerst wird uns der Doc einen Bericht geben, wie es um die Krankenpflege zur Zeit in Somerset aussieht.“ „Interessiert uns nicht!“ Dieser Ruf kam von der Theke her. Es entstand ein allgemeines Gemurmel. Der alte Doc von Somerset hatte inzwischen das Podium erreicht. Mr. Tunker begrüßte ihn und bimmelte nochmals mit der Glocke. Dann begann der Doc zu sprechen. Wer es noch nicht wußte, erfuhr nun, daß es in Somerset ja eigentlich kein richtiges Krankenhaus gab. No, es gab nur einen kleinen Holzbau im Garten des 4
Doc, in dem sich sechs Betten befanden. Wenn jemand ins „Krankenhaus“ mußte, hatte die Frau des guten Doc für ihn zu sorgen. Mrs. Harriet war aber nicht mehr die Jüngste. Außerdem mangelte es an den nötigen Apparaten und Instrumenten. Eine richtige Operation konnte der Doc kaum ausführen. Schwere Fälle mußten nach Tucson in das große Krankenhaus Überwiesen werden. Ja, das waren, so führte Doc Harriet aus, für eine Stadt wie Somerset unmögliche Zustände. „Es wird Zeit, liebe Bürger von Somerset, endlich einmal in dieser Richtung etwas zu tun. Somerset braucht ein Spital mit mindestens fünfundzwanzig Betten. Außerdem einen ordentlichen Operationsraum und die dazu gehörenden Instrumente und Apparate. Ich hoffe sehr, daß diese Versammlung dazu führt, zum Wohle unserer Stadt diesen wichtigen Schritt zu tun.“ Der Doc hatte damit seine Rede beendet. Einige Leute klatschten, andere grunzten unzufrieden, dann setzte ein vielstimmiges Gemurmel ein. „Wirklich wahr, Boß“, flüsterte Sam Dodd Pete zu, „der Doc hat es ihnen endlich einmal gesagt. Man muß sich schämen.“ „Bin gespannt, was dabei herauskommt“, wisperte Joe Jemmery, der Sohn des Schneidermeisters. „Mein Vater sagte, es bliebe bestimmt alles beim alten.“ „Würde denen ähnlich sehen“, knurrte Johnny Wilde. „Manchmal sind die Somerseter die reinsten Hinterwäldler.“ Der „Bund der Gerechten“ war natürlich nicht zu der Versammlung eingeladen. Da hatten nur Erwachsene Eintritt. So hockten die Boys vor dem Fenster der Wirtsstube, die wegen der schlechten Duft im Saal weit geöffnet waren. Pete legte den Finger auf den Mund, denn im „Weidereiter“ ging die Verhandlung bereits weiter. Jetzt sprach Reverend Thomas, der sich der Meinung des Arztes anschloß. Auch Lehrer Teatcher befürwortete den Plan. Dann trat die Gegenpartei auf. Für diese sprach natürlich zuerst Mr. Tinfad, der Schlächtermeister. 5
„Liebe Bürger von Somerset!“ rief er mit dröhnender Stimme. „Ich frage nur eines: Wer soll das bezahlen?“ Ein ohrenbetäubender Lärm brach los. Mr. Tinfad hatte sozusagen in ein Wespennest gestochen. Es war, als habe einer heißes Wasser in einen Ameisenhaufen gegossen. Mr. Tunker mußte tüchtig mit der Glocke läuten, um wieder Ruhe herzustellen. „Die Frage beantwortet sich von selbst“, fuhr Tinfad fort. „Wir, die Bürger von Somerset, müssen es bezahlen. Zahlen wir nicht genug Steuern? Ich lehne den Vorschlag des Doc ab! Es geht auch so. Wir brauchen kein Krankenhaus in Somerset. Bei uns leben die Leute sehr gesund. Alle erreichen ein hohes Alter. Wenn aber einer Bauchschmerzen hat, soll er sich getrost in sein eigenes Bett legen und Pfefferminztee trinken.“ Die Leute klatschten in die Hände und schrien „Bravo!“ Mr. Tinfad strahlte wie ein Boxweltmeister nach dem entscheidenden K.o.-Sieg. Er hatte, das mußte ihm der Neid lassen, den Plan des Doc wirklich groggy gemacht. „Die sechs Betten reichen aus“, donnerte Tinfad in die Versammlung. „Wenn sich einer das Bein bricht, kann er sich ja in die Obhut unseres verehrten Doc begeben. In den meisten Fällen ist aber auch das nicht nötig. Ich habe schon Cowboys gesehen, die sich mit einem Gipsbein auf den Gaul schwangen. Jawohl, das habe ich gesehen! Wir brauchen kein Krankenhaus, denn bei uns sind die Leute abgehärtet.“ Mr. Tinfad verließ sehr stolz das neue Podium. Er bekam viel Beifall, und da er nun mal in guter Laune war, spendierte er gleich eine Runde Bier für alle Anwesenden. Schon stand aber Mr. Baker, der Bahnhofsvorsteher, auf dem Rednerpodium. Mr. Tunker mußte wieder die Glocke in Tätigkeit setzen, um ihm Gehör zu verschaffen. „Wenn Mr. Tinfad fragt, wer das bezahlen soll“, lächelte Baker, „kann ich nur sagen, wer bezahlt das Bier, das hier getrunken wird? Mr. Tinfad hätte besser daran getan, das Geld für 6
das neue Krankenhaus zu spenden. Es wäre ein schöner Anfang gewesen.“ Jetzt brach ein unbeschreiblicher Tumult los. Schrille Pfiffe wurden laut. Dazwischen klangen Pfui-Rufe. Mir. Baker konnte nicht mehr durchdringen; er mußte abtreten. „Der gute Mr. Baker“, meinte Pete vor dem Fenster, „er sagt es immer ganz deutlich. Er kann aus seinem Herzen keine Mördergrube machen.“ „Die haben einen schönen Triller unter dem Pony“, ließ sich Sam vernehmen, „die Sache ist doch ganz klar! Ich meine …“ „Das erzähle ich meinem Onkel, Rothaar“, ließ sich ein quäkendes Organ vernehmen. „Du hast die erwachsenen Leute von Somerset beleidigt. Das sage ich meinem Onkel! Du wirst eine schöne Abreibung kriegen. Ja, ich sage es meinem Onkel!“ Jimmy Watson, das alte Stinktier, erging sich mal wieder in schönen Tiraden. Er war und blieb eine alte Transuse. Bill Osborne konnte das absolut nicht leiden. Er machte einen schnellen Satz vom Vorbau herunter und erwischte Jimmy im Genick. Der Schlaks fiel sofort winselnd auf die Knie. „Ich – ich – habe ja nur Spaß gemacht! Ich habe es ja gar nicht so gemeint. War ganz bestimmt nur Spaß!“ Der Feigling wimmerte wie ein Baby nach der Milch. „Verschwinde, Stinktier! Du beziehst Dresche, wenn du dich nicht verkrümelst!“ Gegen Bill Osborne war nichts zu machen. Er war schlechthin der Schwergewichtler des „Bundes“. Der Neffe des Hilfssheriffs kratzte schleunigst die Kurve. Im „Weidereiter“ war inzwischen die Versammlung weitergegangen. Mr. Dodge sprach in wohlgesetzter Rede. Natürlich war er auch gegen das Krankenhaus. Als Geschäftsmann fürchtete er, zuviel Steuern bezahlen zu müssen. Im Verlaufe der nächsten zwei Stunden sprachen noch eine Menge Leute, die eigentlich wenig zu sagen wußten. Sie hörten sich nur gerne reden. 7
Endlich beendete Mr. Tunker die Diskussion. Er sprach sein Bedauern darüber aus, daß so wenig Interesse dafür bestanden hatte. Auch Sheriff Tunker befürwortete den Bau eines Krankenhauses. „Wir wollen am nächsten Sonntag darüber abstimmen“, schloß Mr. Tunker seine Rede. „Die Wahl wird ergeben …“ „Tut wirklich nicht nötig“, rief Tinfad dazwischen. „Wozu eine Wahl, Mr. Tunker? Der Plan ist jetzt schon abgelehnt. Wenn alle, die gegen das Spital sind, die Hand heben, wissen Sie es.“ Mr. Tunker fand dieses Verfahren zwar nicht ganz korrekt, fügte sich jedoch der Mehrheit. Tatsächlich wurde der Plan Doc Harriets mit großer Mehrheit abgelehnt. Damit war die Versammlung geschlossen. Mr. Tunker und seine Freunde verließen sofort den „Weidereiter“ Sie hatten eine Schlacht verloren. Mr. Tinfad und mit ihm alle Geschäftsleute feierten den Sieg. „So eine Pleite“, brummte Joe Jemmery. „Mein Vater hat also doch recht behalten. Das hätte ich nicht gedacht.“ „Ich habe damit gerechnet, Joe.“ Pete nickte ernst. „Wenn es an den Geldbeutel geht, wird alles abgelehnt. Na, vielleicht geht es wirklich ohne Krankenhaus.“ „Willst du dich damit zufrieden geben, Pete?“ Johnny war aufgebracht. „Ich meine, wir müßten den Dummköpfen …“ „Wer ist hier ein Dummkopf?“ Die Stimme kam aus der Dunkelheit. Sie gehörte Sheriff Tunker. „Was treibt ihr hier überhaupt noch? Marsch, in die Betten!“ „Wir gehen schon, Mr. Tunker“, gab Pete zur Antwort. „Sind gerade auf dem Wege.“ Der Sheriff war damit zufrieden. Er konnte sich denken, wieso der „Bund der Gerechten“ in dieser späten Stunde hier noch versammelt war. Die Freunde brachen auf. Pete, Sam und Bill hatten noch einen weiten Weg vor sich. Es wurde wirklich Zeit, Sie verabschiedeten sich auf dem Platz vor der Sonntagsschule. 8
„Wir werden trotzdem die Sache im Auge behalten“, tröstete der Boß. „Aus eigener Initiative können wir aber wenig unternehmen. Dazu ist der Plan zu groß und viel zu kostspielig.“ Die „Gerechten“ mußten das einsehen. In mieser Stimmung begaben sie sich in „sämtliche“ Betten. Oder waren es doch nicht sämtliche Betten? Wer schlich da zum „Weidereiter“ zurück? Natürlich! Es konnte ja kein anderer sein! Joe Jemmery, die „Listige Schlange“ und der Beobachter des Bundes, konnte es nun mal nicht lassen. Er war der Ansicht, einer müßte schließlich erfahren, was jetzt noch im „Weidereiter“ gesprochen wurde. Joe suchte sich einen guten Platz, an dem er nicht so leicht entdeckt werden konnte. Da die Fenster des Gasthauses immer noch geöffnet waren, konnte er jedes Wort hören. „He, John Watson“, sagte Mr. Dodge gerade, „von Ihnen hat man ja während des ganzen Abends kein Wörtchen gehört. Sie haben wohl die Sprache verloren, was? Oder sind Sie auch für das Krankenhaus?“ „Ich??? Hahaha! Ich bin doch kein Blödmann, Dodge! No, solche Fisimatenten ziehen bei einem John Watson nicht. Wenn ich heute abend kein Wort sagte, so war das Berechnung. Ich war im Dienst. Als Deputy kann ich mir keine Meinung in dem Streit erlauben. Jetzt bin ich aber nicht im Dienst, und jeder kann meine Meinung hören.“ „Da bin ich aber neugierig“, grinste Mr. Tinfad. „Was ist denn Ihre Meinung, Hilfssheriff?“ „Alles Blödsinn,“ schnarrte Onkel John. „So dumm kann auch nur ein Tunker daherreden. Wenn ich Sheriff von Somerset wäre, hätte es niemals eine solche Versammlung gegeben. Wozu ein Krankenhaus? Der Name sagt es schon! In diesem Hause werden die Leute erst krank gemacht! Jawohl, das ist meine Meinung, Leute, Wenn ein Krankenhaus da ist, werden die Leute krank. Wenn kein Krankenhaus da ist, bleiben sie gesund.“ 9
„Höre sich einer diesen Watson an“, rief der Wirt. „Habe nie gewußt, daß er so schlau ist. He, Watson, daraufhin lade ich Sie zu einer Flasche Whisky ein. Für mich war dieser Abend sowieso ein gutes Geschäft, Es müßten viel mehr Versammlungen abgehalten werden.“ Onkel John ließ sich nicht zweimal einladen. Es dauerte kaum eine halbe Stunde, da hatte er schon einen ganz schönen Rausch. Eine Stunde später konnte der Wirt den „Weidereiter“ schließen. Die letzten Gäste, unter ihnen Hilfssheriff Watson, hatten das Lokal verlassen. Joe Jemmery kam erst jetzt aus seinem Versteck hervor. Der kleine „Gerechte“ war ziemlich enttäuscht. Er hatte sich mehr erhofft. Dieser Abend war, da hatte Sam Dodd recht, eine ganz große Pleite für die Stadt Somerset in Arizona! * Der nächste Morgen brachte sogleich einen Krach. Hilfssheriff John Watson kam, da er ja am vergangenen Abend einen über den Durst getrunken hatte, zu spät zum Dienst. Mr. Tunker war sehr für Pünktlichkeit. Er saß schon drei Stunden hinter seinem Schreibtisch, als Onkel John endlich im Office erschien. Der Deputy sah aus wie ein gerupfter Uhu. Er mümmelte vor sich hin und schob sich hinter seinen Amtstisch. Dabei murmelte er etwas von einem „verdammten Wecker“, der mal wieder nicht geweckt hatte. „Soll das eine Entschuldigung sein, Watson?“ Mr. Tunker hob die buschigen Augenbrauen. Das war ein gefährliches Zeichen. Das Barometer stand auf Sturm. „Jawohl, Sheriff“, sprach Watson. „das war eine Entschuldigung. Kann ja mal vorkommen, nicht wahr?“ „Mal? He, es kommt recht oft vor, Watson. Entweder kaufen Sie sich einen neuen Wecker, oder, was noch besser wäre, trinken 10
Sie weniger Whisky. Ich irre mich doch wohl nicht, wenn ich annehme, daß Sie gestern abend noch lange im ‚Weidereiter’ waren?“ „Davon kann keine Rede sein, Sheriff. Ich habe lediglich noch meine Ansichten vertreten. John Watson kann doch wohl nach Dienstschluß machen, was er will. Wollte es Ihnen schon immer einmal sagen, Mr. Tunker. Und wenn ich zehn Flaschen Whisky trinke, hat Sie das noch lange nicht zu interessieren.“ Onkel John legte sich an diesem Morgen mächtig ins Geschirr. Er wollte wohl sein schlechtes Gewissen beruhigen. Mr. Tunker aber wurde noch bissiger, als er es sowieso schon war. „Das langt mir, Watson!“ Tunker donnerte seine Faust auf den Schreibtisch. Onkel John wäre um ein Haar vom Stuhl gefallen. Er machte sich vorsichtshalber ganz klein. „Erst zu spät ins Office kommen, dann auch noch dicke Töne spucken? Gewiß, was Sie nach Dienstschluß treiben, geht mich eigentlich wenig an. Aber wann Sie Ihren Dienst antreten, hat mich zu interessieren. Das eine ist die Folge vom anderen. Ich werde mir Ihre Worte gut merken, Watson! Verschwinden Sie jetzt! Rancher Osborne erwartet Sie bereits seit zwei Stunden. Auf der Osborne-Ranch wurde ein Einbruch verübt.“ „Hehehe! Was Sie nicht sagen? Was wurde denn gestohlen?“ Watson meckerte wie eine alte Ziege. „Ein Radio. Der Rancher hatte es sich erst vor wenigen Wochen angeschafft.“ „Aha! Der Fall ist schon geklärt!“ Onkel John stolzierte wie ein radschlagender Pfau durch das Office. „Köpfchen, mein lieber Tunker, Köpfchen!“ „Was soll denn das nun wieder, Watson? Dummes Gerede!“ Der Sheriff schüttelte mißbilligend den Kopf. „Ich verbitte mir das! Wenn hier einer dumm redet …“ Onkel John verschluckte sich. „Genug! Der Fall ist geklärt. Natürlich 11
steckt dieser Pete Simmers dahinter. Neulich erst hörte ich diesen Sam Dodd sagen: ‚Wenn wir erst das Radio haben …’ Na also! Rancher Osborne kaufte sich ein Radio. Der sogenannte ‚Bund der Gerechten’ wußte natürlich davon. Schließlich gehört der Sohn des Ranchers ja auch zu dieser Bande. Hehehe! Wollen Sie jetzt noch behaupten, der Fall wäre nicht klar?“ „Herrgott im Himmel!“ Mr. Tunker war fast am Verzweifeln. „Watson! Nehmen Sie sich zusammen. Watson! Sie können doch nicht …“ „Jawohl, ich kann! Der Täter ist der Tat überführt. Sie können den Haftbefehl ausschreiben, Tunker.“ „Ich werde gleich Sie verhaften, Watson. Reden Sie keinen Unsinn und verschwinden Sie!“ Mr. Tunken brüllte wie ein gefangener Löwe. „Hinaus! Mir aus den Augen! Reiten Sie zur Osborne-Ranch und sehen Sie sich die Spuren an. Ich will kein Wort mehr hören!“ „Das sieht Ihnen ähnlich, Sheriff. Nun ja, Sie haben eben weder den Instinkt noch die Kombinationsgabe eines John Watson.“ Mr. Tunker griff zum nächsten Gegenstand, der ihm in die Finger kam. Das war das Tintenfaß. Unweigerlich hätte er es John Watson an den Kopf geschleudert. Aber dazu kam es nicht mehr. Hilfssheriff Watson machte die Tür von außen zu. Mr. Tunker fiel völlig entnervt in seinen Sessel. In diesem Augenblick schwor er sich, wie schon so oft, John Watson bei der nächsten Gelegenheit vor die Tür zu setzen. Der Hilfssheriff dagegen kam sich vor wie ein Held. Dem Tunker hatte er es mal wieder gezeigt! Ha. Die Sache mit dem Radio lag doch auf der Hand. Watson sattelte sein „Streitroß“ und ritt aus dem Town. Majestätisch grüßte er die Leute auf der Straße. War er nicht ein beliebter Mann? Jawohl, erst gestern abend hatte es sich wieder gezeigt. Tunker dagegen war sehr unbeliebt. Kein Wunder, der Mann benahm sich ja auch wie die Wuz im Salat. Es wurde Zeit, diesen Tunker abzusetzen. Oder sollte er nicht doch 12
seinen Abschied nehmen? Ach, wenn er nur einen Job gehabt hätte! Trübe Gedanken krochen dem Deputy durch den Kopf. Wie lange währte jetzt eigentlich dieser Kampf? Es war wirklich schandbar. John Watson hatte schon einige Meilen hinter sich gebracht, als ein Geräusch an seine superempfindlichen Ohren drang. He, das war doch Motorenlärm? Sollte das etwa dieser alberne Pete Simmers sein? Dieser Banden-Boß besaß doch noch immer das alte Auto? John Watson hatte zum großen Glück sein Fernglas dabei. Er suchte Himmel und Erde ab. Aha! Da hinten, wo der Weg die Biegung machte, war eine dicke Staubwolke zu sehen. Gleich mußte das Gefährt um die Ecke kommen Schon war es da. Ein uraltes, viereckiges Auto. Nein, das war nicht Pete Simmers. John Watson ließ das Fahrzeug herankommen. Er verhielt seinen Borsty mitten auf dem Weg. Als das Auto nahe war, hob er die rechte Hand. Der Wagen hielt an. Ein Mann, lang und dünn wie eine Bohnenstange, sprang heraus. „Verschwinden Sie! He, Sie Trottel, aus dem Weg! Was fällt Ihnen ein?“ Der Lange fuchtelte wild mit den Armen. John Watson machte ein furchterregendes Gesicht. Langsam, sozusagen im Zeitlupentempo, zog er seinen Colt. Er richtete die Mündung genau auf den Bauchnabel des Fremden. Der Mann wurde plötzlich steif wie ein Stock. Über sein Gesicht zog eine fahle Blässe. Noch bevor Watson ihn aufforderte, reckte er die Arme gen Himmel. „So ist es brav, Mann“, kicherte Onkel John, „das habe ich gern! Immer hübsch die Wolken streicheln.“ „Oh – oh – oh –! Ich – ich – ich –! Lieber Sheriff, ich bin unschuldig wie ein Täubchen. Konnte ja nicht wissen, daß Sie ein Sheriff sind. Nun haben Sie mich erwischt. Ich habe ganz bestimmt nichts getan. Bitte um Vergebung. Sie werden mir nichts beweisen können. Nein, beweisen können Sie nichts.“ 13
Der Mann faselte alles durcheinander. John Watson verstand kein Wort. Er sah nur, daß der Fremde klein wie ein Mäuschen wurde. „Bitte, lassen Sie mich am Leben“, winselte der Lange. „Ich – ich bin bereit, Ihnen meine Erfindung dafür zu geben.“ Das war ein Wort! John Watson wurde wach wie „Holzauge“, der niemals schlafende Krieger. Er ließ den Colt sinken und stieg umständlich vom Pferd. „Sagten Sie etwas von einer Erfindung, Gent? Kommen Sie näher! Wir setzen uns dort in den Schatten. Vielleicht werden wir handelseinig.“ Hilfssheriff Watson begab sich zu einem Gebüsch am Wegesrand. Der Fremde folgte ihm zögernd. Immerhin hatte Watson noch seinen Colt in der Faust. „Wer… werden Sie auch ganz gewiß nicht schießen, Sheriff?“ Der Mann bibberte wie ein ganzer Pappelwald. „Setzen Sie sich!“ Onkel John deutete auf einen Stein. Der Lange setze sich. Watson behielt vorsichtshalber den Colt auf den Knien. „Schießen Sie los!“ „Ich – ich – habe keine Waffe! Ich habe noch nie geschossen!“ Der Fremde hob beschwörend die Arme. John Watson lachte fürchterlich. Sogar Tränen kullerten ihm über die hohlen Wangen. „Ich meine doch, Sie sollen erzählen, Mann. Wie heißen Sie überhaupt?“ „Ich?? Ich – äh – ich heiße Gullman. Paul Gullman, Sheriff.“ „Was sind Sie von Beruf, Mr. Gullman?“ John Watson machte wieder sein dienstliches Gesicht. „Ich bin Professor für Strahlenforschung, Sheriff.“ Der Mann sagte das sehr bescheiden. „Was ist das? Ein Professor sind Sie? Hm – hm – hm –! Was für eine Forschung? Strahlen? Allerhand, muß ich sagen!“ Watson wackelte mit dem Kopf. 14
„Sie haben sicherlich schon etwas von Röntgenstrahlen gehört, Sheriff?“ „Habe ich, Mr. Gullman. Das sind doch die Dinger, die jeden menschlichen Leib durchsichtig machen?“ „So kann man es auch ausdrücken“, lächelte der Professor. „Aber nicht nur das! Die Röntgenstrahlen vermögen auch zu heilen.“ „Sehr gut, Gent. Und was hat das nun mit Ihnen zu tun? Haben Sie etwa diese Röntgenstrahlen entdeckt?“ „Aber nein, Mr. Watson. Die Röntgenstrahlen wurden durch einen Mr. Röntgen entdeckt. Ich habe andere Strahlen entdeckt. Sie sind noch viel wirkungsvoller.“ „Donnerkeil! Das – das ist aber sehr interessant, Gent. Lassen Sie hören. Ich bin, so müssen Sie wissen, ein gebildeter Mensch.“ „Das habe ich gleich bemerkt, Sheriff. Nun, ich will es Ihnen gern erklären. Haben Sie noch Zeit?“ Der Professor sah sich unruhig um, als befürchte er, sie könnten gestört werden. „Ich habe Zeit, Gent. Nur keine Sorge, hier stört uns kein Mensch. Außerdem habe ich ja meinen Colt dabei. Wehe, wer es wagen sollte, uns zu stören!“ Der Professor erschrak schon wieder fürchterlich. „Stecken Sie lieber das Ding ein, Sheriff. Wer weiß, was damit passieren kann. Plötzlich geht ein Schuß los, und schon liegt einer mausetot an der Erde.“ Watson grinste gelassen. Dann aber steckte er seine Kugelspritze ein. Er wollte den Wissenschaftler nicht länger aufregen. „Okay, Mr. Watson. Jetzt kann es losgehen. Mit den Röntgenstrahlen ist das so eine Sache! Sie sind sehr gefährlich. Sie zersetzen die Gewebe, wissen Sie? Zuviel angewandt, kann der Mensch sehr leicht verbrennen. Meine Strahlen aber, die Gullman-Strahlen, sind ganz anderer Art. Sie schaden keinem Menschen, heilen aber jede Krankheit.“ „Allerhand, Gent. Soll man das wirklich glauben?“ Watson wiegte bedenklich den Kopf. 15
„Sie können es ausprobieren, Mr. Watson. Es ist eine ganz tolle Erfindung. Da Sie mir wohlgesonnen waren, will ich Ihnen einen Apparat schenken. Sie werden dadurch zum reichsten Mann dieser Gegend. Jede Krankheit können Sie heilen. Sie sind ein Wunderdoktor!“ John Watson konnte vor Überraschung kein Wort sprechen. Er malte sich in seiner Phantasie die buntesten Bilder aus. „Ist – ist das wirklich wahr?“ Onkel John mochte selbst noch nicht an sein Glück glauben. „Einen Augenblick bitte! Ich werde Ihnen sofort meinen Apparat vorführen.“ Der Professor ging zu seinem Auto. Er kam zurück und trug einen einfachen Holzkasten unter dem Arm. Dieser war etwa so groß wie ein gewöhnliches Radio. Mr. Gullman setzte den Kasten vor John Watson nieder und klappte den Deckel auf. Onkel John sah ein Gewirr von Drähten und drei Röhren, die auch nicht anders aussahen als solche, wie sie in einem Radioapparat stecken. Allerdings hatte der Hilfssheriff von Somerset noch nie welche gesehen. „In diesem Gerät befindet sich eine Batterie, Sheriff. Sie brauchen also keinen elektrischen Strom. Jetzt schalte ich an diesem Knopf den Apparat ein.“ Der Professor drehte an einem Knopf. Nach einer Weile hörte man einen feinen Summton. Ganz leise. Onkel John mußte das Ohr an die Röhren halten, um ihn zu hören. Die Röhren leuchteten rötlich auf. „Jetzt werden die Strahlen erzeugt“, sagte Mr. Gullman feierlich. „Ein großer Augenblick.“ „Und was macht man jetzt damit?“ wollte Onkel John wissen. „Einen Augenblick, bitte.“ Der Professor nahm einen Draht, an dem sich zwei Metallbügel befanden, und steckte den Stecker, der sich am anderen Ende befand, in einen Kontakt. Dann legte er mit einer schnellen 16
Bewegung die Metallbügel um Onkel Johns Handgelenk. Tausendundeins! Watson war doch sehr erschrocken. Durch seinen Arm zog ein feines Kribbeln. Es war aber nicht unangenehm. „Merken Sie etwas?“ wollte Mr. Gullman wissen. „Es kribbelt“, schnaufte der Hilfssheriff, „es kribbelt wunderbar.“ „Okay, Mr. Watson. Wenn Sie krank wären, wären Sie jetzt schon geheilt. Die Behandlung dauert nur dreieinhalb Minuten.“ „Ist ja beinahe nicht zu glauben, Professor. Aber ich lasse mich gern belehren. Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen sich ein gewöhnlicher Sterblicher nichts träumen läßt.“ „So ist es, Sheriff. Auch ich war überrascht, als ich eines Tages die UVP-1000-Strahlen entdeckte.“ „Was ist das? UV … äh, Sagen Sie es noch mal?“ „UVP-1000-Strahlen, Mr. Watson. Es ist die Fachbezeichnung. Im Volksmund sind es natürlich die Gullman-Strahlen.“ „Allerhandnochmal! Hm, und wie geht es jetzt weiter, Gent? Sagten Sie etwa, ich sollte so einen Apparat haben?“ „Das sagte ich, Sheriff. Leider muß ich jetzt eiligst weiter. Sie aber werden Hüter meiner Erfindung. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Stellen Sie sich in den Dienst der Gesundheit.“ Onkel John war dazu bereit. Er bedankte sich bei dem Professor tränenden Auges und hätte ihm, wäre er nicht so lang gewesen, beinahe einen Kuß auf die Stirn gedrückt. Mr. Gullman stieg in sein Auto, winkte nochmals zum Abschied, und fuhr dann eilig davon. Hilfssheriff John Watson stand in einer Staubwolke und war so ziemlich der glücklichste Mensch unter der Sonne. Er probierte gleich noch mal den Apparat aus. Jawohl, das Ding funktionierte wunderbar. *
17
Bill Osborne erschien schon zur frühen Morgenstunde auf der Salem-Ranch. Pete und Sam hatten gerade ihr Frühstück beendet und schickten sich eben an, auf die Weide zu reiten. Sie waren erstaunt, den dicken Bill um diese Zeit zu sehen. Der Sohn des Ranchers Osborne machte keine langen Umschweife. In wenigen Worten erklärte er, was vorgefallen war. Ein Dieb hatte das Fenster zum Wohnzimmer eingedrückt. Der Mann hatte lediglich das Radio gestohlen. Warum nichts anderes? Nun, auch so war es schlimm genug. „Allmächtiger“, stöhnte das Rothaar, „ausgerechnet das neue Radio! Hast du dir die Spuren angesehen, Bill?“ Bill hatte sich die Spuren angesehen. Allerdings war es sehr schwer gewesen. Der Dieb war zu Fuß gegangen. Sollte man das denn glauben? „Wohin führt denn die Spur?“ wollte Pete wissen. „In den Wald. Dort verschwand sie. Ich glaube, er ist über Moos gelaufen. Bin gekommen, um Halbohr zu holen. Er wird die Spur trotzdem verfolgen können.“ Das war eine gute Idee. Pete und Sam baten Mr. Dodd um Urlaub. Der Verwalter der Salem-Ranch war einverstanden. Immerhin handelte es sich um einen Diebstahl. Wenn man den Kerl nicht erwischte, konnte er ja in der nächsten Nacht auch auf der Salem-Ranch einbrechen! „Nehmt nur den Hund mit“, sagte Mr. Dodd. „Seid aber vorsichtig, Pete. Nur anschleichen. Sobald ihr ihn habt, gebt ihr Nachricht an Mr. Tunker.“ „Geht in Ordnung, Daddy!“ Rothaar pfiff Halbohr herbei, und dann ging die Jagd los. Zuerst ritten die Boys zur Osborne-Ranch, damit Halbohr Witterung nehmen konnte. Er hatte sie sofort in der feinen Nase. Dann sauste er ab wie die Post. Die „Gerechten“ hatten einige Mühe, ihm zu folgen. Pete mußte Halbohr immer wieder zurückpfeifen. Schon nach einer halben Stunde erreichten sie den Wald, der 18
sich zwischen der Salem- und der Osborne-Ranch erstreckte. Die Boys kannten sich hier bestens aus. Halbohr brach knurrend durch das dichte Gestrüpp. Pete und Bill ließen die Pferde zurück und folgten, während Sam beleidigt bei den Tieren blieb. Er sollte, auf ein geheimes Zeichen hin, sofort gen Somerset reiten. Nach einer Weile erreichten sie einen Platz, der von dichtem Gebüsch umgeben war. Halbohr stieß knurrende Laute aus und scharrte emsig mit den Pfoten. Pete und Bill überzeugten sich zuerst vorsichtig, ob die Luft auch rein sei, Nein, hier war kein Mensch zu sehen. So betraten sie den Platz. Sofort stellten sie fest, daß hier ein Lager gewesen war. Da lagen leere Konservendosen, Papiertüten, und die Reste einer Feuerstelle waren auch zu erkennen. Der Dieb mußte hier übernachtet haben. Wohin hatte er sich aber gewandt? Halbohr gab die Richtung an. Die Boys waren einigermaßen erstaunt. Schon nach kurzer Zeit kamen sie aus dem Wald heraus. Vor ihnen lag das flache Weideland. Aber was entdeckten sie am Waldessaum? Die Reifenspuren eines Fahrzeuges. Der Hund wußte damit nicht viel anzufangen. Er umkreiste den Platz jaulend. Die Spur war zu Ende. „Ein motorisierter Dieb“, stellte Bill fest. „Schätze, wir holen ihn nicht mehr ein.“ „Ganz meine Meinung“, bestätigte Pete. „Von hier war es für ihn nicht schwer, auf die Straße zu gelangen. Wird am besten sein, wir melden unsere Wahrnehmungen Sheriff Tunker.“ Die Boys kehrten um und trafen wenig später auf Sam. Rothaar hörte sich die Geschichte an. Er zog einen Flunsch. Es paßte ihm nicht, daß das Abenteuer schon beendet war. „Ich schlage vor, wir machen unseren Ford flott und nehmen die Verfolgung auf. Wenn wir auf die Tube drücken, holen wir ihn vielleicht noch ein.“ „Gar nicht dran zu denken, Sam“, winkte der Boß ab, „wir reiten zur Ranch zurück. Alles andere ist nicht mehr unsere Sache. 19
Können ums doch nicht auf einen Kampf mit dem Dieb einlassen. Ich habe schon mal gehört, daß solche Leute manchmal Waffen bei sich tragen.“ Sam Dodd mußte zugeben, daß Pete recht hatte. So kehrten die Freunde mißmutig zurück. Zuerst sollte Mr Osborne erfahren, was sie ermittelt hatten. Außerdem mußte Hilfssheriff Watson ja einmal ankommen. Tunker hatte durch den Cowboy, den Mr. Osborne am Morgen ins Town geschickt hatte, ausrichten lassen, Watson würde bald erscheinen. Da es inzwischen Mittag geworden war, setzten die „Gerechten“ sich zum verdienten Mahle nieder. Sie warteten gespannt auf John Watson. * Mr. Strampel war in ganz Arizona ein bekannter Mann. Das war kein Wunder, denn der dicke Gent war von Beruf Viehhändler und kam sehr weit herum. Jedes Kind kannte seinen Wagen, eine alte Kalesche, vor die Mr. Strampel wunderbare Pferde gespannt hatte. Er saß, rosig wie ein Marzipanschweinchen, auf seinem Polster und ließ sich im gemütlichen Zuckeltrab durch das Land fahren. Der dicke Gent hatte keine Eile, deswegen benutzte er auch kein Auto. Und noch aus einem anderen Grunde nicht: Mr. Strampel war so dick, daß er durch keine Autotür paßte. In letzter Zeit allerdings war der rosige Mr. Strampel in keiner rosigen Stimmung. Schuld daran trug das Zipperlein. Der Viehhändler spürte das Reißen in allen Knochen. Manchmal konnte er schon gar nicht mehr ordentlich gehen. Dann mußte ihn sein Kutscher aus dem Wagen heben. Das war natürlich bei dem Gewicht keine Kleinigkeit. An diesem Mittag erreichte die Kalesche des Viehhändlers Somerset. Der Dicke saß seufzend und stöhnend in seinem Wagen. Die Schmerzen plagten ihn doch sehr. 20
Vor dem „Weidereiter“ hielt der Wagen an. Der Wirt eilte herbei. Er half dem Kutscher, den guten Mr. Strampel aus dem Wagen heben. Natürlich gab es sofort einen Volksauflauf. So etwas hatten die Bürger von Somerset lange nicht gesehen. Wenn es nicht so traurig gewesen wäre, hätte man lachen müssen. John Watson, der gerade zu Fuß die Straße herunterkam, entdeckte sofort die Menschenmenge. Zuerst wollte er in alter Gewohnheit als Hilfssheriff einschreiten. Dann aber erinnerte er sich daran, daß er ja jetzt Doc Watson, der Mann mit den UVP1000-Strahlen, war. Als solcher war es unter seiner Würde, Volksansammlungen zu zerstreuen. John Watson war aber sehr neugierig. Er schob sich daher in die Menge und kam gerade noch zurecht, um den Grund der Ansammlung zu erkennen. „Donnerwetter, der arme Mann“, sprach Onkel John mitleidig. „Er ist eine so gute Haut und muß so leiden. Ja, ja, es ist schlimm, wenn man eine Krankheit hat, die niemand heilen kann.“ „So ist es, Mr. Watson“, gab Schlachtermeister Tinfad zurück. „Aber ein Krankenhaus brauchen wir trotzdem nicht. Äh, was haben Sie denn da unter dem Arm?“ Watson gab Tinfad keine Antwort, sondern eilte in den „Weidereiter“, wo Mr. Strampel stöhnend auf einem Stuhl saß. Der Dicke trank eben den vierten Whisky gegen seine Schmerzen. „Hallo, Watson“, winkte er jovial, „wie geht es, alte Unke? Immer noch mit Tunker und dem ‚Bund der Gerechten’ auf dem Kriegspfad?“ John Watson überhörte diese Anspielung. Er verneigte sich steif. „Gestatten: Doc Watson! Habe die Ehre, Mr. Strampel!“ Der Dicke wäre um ein Haar vom Stuhl gefallen. Er prustete los wie eine Dampfmaschine. Sein ganzer Körper wackelte wie Schlaggerpudding. 21
„Der Watson! Hehehe! Hohoho! Hihihi! Der Watson ist unter die Medizinmänner gegangen! Habt ihr das gehört, Leute?“ „Ganz recht“, sprach Onkel John ernst. „Ich weiß nicht, was es darüber zu lachen gibt? Jetzt muß ich mir allerdings überlegen, ob ich willens bin, lieber Strampel, Sie zu heilen.“ Der Viehhändler bekam einen zweiten Lachanfall. Allerdings bekam es ihm nicht gut. Sein Zipperlein plagte ihn zu sehr. So brach er unvermittelt ab und legte sein Gesicht in schmerzverzerrte Falten. „He, Doc Watson! Sagten Sie, Sie könnten mich heilen? Zahle Ihnen fünfhundert blanke Silberdollar, wenn es wahr ist. Aber es ist ja leider nur ein Scherz.“ „Kein Scherz, Mr. Strampel. Wenn ich bitten darf?“ John Watson deutete auf das Hinterzimmer. „Ich bin bereit, Sie zu heilen.“ Der Viehhändler starrte Onkel John an wie einen Irren. Dann aber ließ er sich in das Hinterzimmer tragen. „Kann mir doch keiner helfen“, knurrte er, „vielleicht ist es nur ein Scherz. Na, dann ist auch nichts verloren. Ist es aber doch kein Scherz – um so besser. Fünfhundert Silberdollar, Watson! Vergessen Sie es nicht!“ John Watson vergaß es nicht. Er baute seinen Kasten auf. Mr. Strampel sah mißtrauisch auf die vielen Drähte und ganz besonders auf die Röhren. „He, was soll denn das bedeuten, Watson? Machen Sie ja keinen Unsinn. Ich möchte gern am Leben bleiben, selbst mit dem Zipperlein in den Knochen.“ John Watson gab keine Antwort Er drehte an dem Knopf. Nach einer ganzen Weile glühten die Röhren auf, dann hörte man in der Stille des Zimmers das Summen. „Mein lieber Strampel“, sprach Watson würdevoll, „es handelt sich hier um ein neues Verfahren. Ich nehme nicht an, Sie haben schon etwas von UVP-1000 gehört?“ „No, keine Ahnung. Was soll denn das sein?“ Der Dicke machte ein reichlich dummes Gesicht. 22
„Es handelt sich um Strahlen, mein Lieber. Röntgenstrahlen kennen Sie hoffentlich?“ „Ganz gewiß, Watson –. äh – Doc! Und was sind das hier für Dinger? Was hat der Apparat zu bedeuten?“ „Pssst! Pssst!“ John Watson legte den Finger an den Mund. „Jetzt entstehen die Strahlen. Ein feierlicher Augenblick. Schließen Sie die Augen und denken Sie ganz fest an Ihre Gesundung.“ Der Dicke schloß die Augen. John Watson legte ihm die Metallbügel um den rechten Unterarm. „Merken Sie etwas, Strampel?“ „No, ich merke nichts. Was soll ich merken?“ Der Viehhändler schüttelte den Kopf. Onkel John wurde leicht nervös. Hatte er einen Fehler gemacht? Aha! Ja, er vergaß doch tatsächlich, den Draht mit den Metallbügeln in den Kontakt zu stecken. Schnell holte er das Versäumte nach. „Aaaah, jetzt merke ich es“, sagte der Viehhändler, „das ist aber sehr angenehm.“ „Sprechen Sie nicht, sondern denken Sie an Ihre Heilung“, befahl Watson streng. Mr. Strampel dachte an seine Heilung. Er dachte an die Strahlen mit dem geheimnisvollen Namen und daran, daß diese Strahlen jetzt durch seinen Körper strahlten, um das elende Zipperlein zu bekämpfen. „Okay.“ John Watson stellte den Apparat ab. „Wenn ich nicht irre, sind Sie gesund, Mr. Strampel. Stehen Sie getrost auf und begeben Sie sich in die Gaststube.“ „Was – was soll ich?“ Der Dicke verdrehte ängstlich die Augen. „Sie sollen gehen! Sie sind gesund, Mann. Wie oft soll ich es Ihnen noch erzählen?“ John Watson sagte es, als sei es die einfachste Sache von der Welt. Mr. Strampel schüttelte den Kopf. Dann probierte er es 23
mutig. Beinahe hätte er aufgeschrien vor Freude. Es ging! Er konnte gehen. Ganz alleine gehen! Man stelle es sich vor. Mr. Strampel, der vor wenigen Minuten noch in den „Weidereiter“ getragen wurde, spazierte jetzt in den Salon, als sei er niemals krank gewesen! Es läßt sich kaum beschreiben, was in den nächsten Stunden in Somerset los war. Das Town stand kopf. Man spielte verrückt! Man wußte sich einfach nicht zu lassen. Mr. Strampel lud die ganze Stadt ein. John Watson war der Held des Tages. Er war plötzlich der Wundermann, den alle schon immer gern gemocht hatten. Natürlich kamen auch viele Leute, die an dem ganzen Unsinn nicht glaubten. Zu ihnen gehörte auch Mr. Tunker. Er wollte John Watson abkanzeln, aber damit kam er bei Mr. Strampel schlecht an. No, es war nun einmal eine Tatsache, daß Doc Watson den Viehhändler geheilt hatte. John Watson aber schwoll der Kamm so sehr, daß er vor lauter Stolz kaum noch gehen konnte. Er setzte seine Füße, als tanze er auf rohen Eiern. Ja, Doc Watson war ja auch über Nacht sehr reich geworden! Mr. Strampel hatte sein Wort gehalten und ihm fünfhundert blanke Silberdollar bezahlt. * Auf der Osborne-Ranch hatte man inzwischen vergeblich auf das Erscheinen des Hilfssheriffs gewartet. Gerade wollten Pete und Sam nach Hause reiten, als eine Staubwolke aufflog und wenige Minuten darauf Joe Jemmery durchs Tor ritt. Man hatte „Listige Schlange“ schon oft so ankommen sehen. Es kam ja immerhin alle paar Wochen vor, daß in Somerset etwas brannte. So aber, das stand sofort für alle Beteiligten fest, so hatte man Joe noch nie erlebt. Der Boy war minutenlang überhaupt nicht in der Lage zu sprechen. Er versuchte daher, sich mit Gesten auszudrücken Heraus kam eine Art Kriegstanz mit Sonderein24
lagen, die an den Stummfilm erinnerten. Pete und seine Freunde schüttelten entgeistert den Kopf. Sie konnten sich überhaupt nichts vorstellen. „Er – er – hat ihn geheilt!“ Das waren die ersten Worte der „Listigen Schlange“. „Das scheint mir nicht so“, griente Sam, „eher wurden alle verrückt. Von Heilung kann nicht die Rede sein.“ „Sei doch mal ruhig“, schimpfte Bill. „Der Kleine hat gerade etwas Luft geschnappt. Vielleicht erfahren war auch noch, wer wen geheilt hat.“ „Es – es – nein, man kann es nicht glauben. Ich weigere mich, es zu glauben, Pete!“ „Okay, Kleiner“, lachte der Boß, „wir haben nichts dagegen. Wäre dennoch verdammt nett wenn du uns endlich sagen würdest, an was du nicht glauben willst.“ „An UVP-1000-Strahlen! Ich glaube es einfach nicht.“ Joe setzte sich auf den Holm vor dem Ranchhaus, stützte den Kopf in die Hände und versank in tiefes Nachdenken. „Wenn er jetzt nicht vernünftig redet, knalle ich ihm eine. He, er nimmt uns auf den Arm, Boß.“ Rothaar war sehr erregt. Pete mußte ihn zurückhalten. „John Watson hat geheimnisvolle Strahlen in einem Kasten. Er behauptet, es seien UVP-Strahlen, und jeder Mensch würde durch sie von seiner Krankheit geheilt. Zufällig kam heute der dicke Viehhändler Strampel in Somerset an. Er hatte das Zipperlein. Onkel John setzte seinen Strahlenapparat in Tätigkeit, und fünf Minuten später war Mr. Strampel geheilt!“ Diesen kurzgefaßten, klaren Bericht gab Joe Jemmery mit monotoner Stimme von sich. Jetzt waren Pete, Sam und Bill die Dummen. Sie redeten alle drei auf einmal. Jeder wollte seine Fragen an den Mann bringen. „Fragt mich nicht, Freunde!“ Joe schüttelte den Kopf wie ein Todkranker. „Da – das – oh –, man könnte den Verstand verlieren. Es ist 25
einfach nicht zu glauben. Geht nach Somerset und überzeugt euch selbst. Doc Watson ist der Held der ganzen Stadt. Bald wird er der Held der Welt sein.“ „Doc Watson?“ Pete sah den Kleinen an wie einen Irren. „Sagtest du Doc Watson?“ „Jawohl! Und damit habe ich genug gesagt. Ihr glaubt mir ja doch kein Wort. Wundert mich, daß ihr noch nicht in Somerset seid.“ Joe Jemmery stieg in den Sattel und verließ schweigend die Ranch. Es kam den Freunden vor, als habe ihm irgend etwas das Herz gebrochen. „Und jetzt? Was machen wir?“ Bill sah Pete erwartungsvoll an. „Wir reiten nach Somerset. Ob Joe übertrieben hat oder nicht, auf jeden Fall ist in Somerset mal wieder alles auf den Beinen. Es wird gut sein, wenn auch Leute mit klaren Köpfen dort sind.“ Eine Stunde später stiegen die drei Freunde vor der Schmiede aus dem Sattel. Es war schon auffallend, daß in der Werkstatt nicht gearbeitet wurde. „Sehr verdächtig, Leute. Aber hört ihr den Lärm? Da wird wirklich ein Fest gefeiert.“ Bill hatte seinen Gaul angebunden und lugte um die Ecke. Er prallte förmlich zurück. So hatte er es sich nun doch nicht vorgestellt. Einige Minuten später hatte sich der gesamte „Bund“ getroffen. Pete sagte nur ein Wort: „Blitzsitzung!“ Dann hockten sie auf der Red River-Wiese im Kreise. Die Tatsachen waren rasch von den Übertreibungen getrennt. Aber trotzdem blieb noch genug, was einem den Atem rauben konnte. „Wir müssen herausbekommen, woher Watson den StrahlenApparat hat. Wer kann das übernehmen?“ Pete sah sich im Kreise um. „Schon geklärt“, sagte Joe „Wenn ich so langsam arbeiten 26
würde, wie ihr denkt, käme ich zu nichts. Watson verließ heute vormittag das Town in Richtung Osborne-Ranch. Er ritt auf Borsty und war nicht gerade in der besten Stimmung. Mittags kehrte er zu Fuß zurück, unter dem Arm den Kasten. Das wäre alles.“ „Hast du Watsons Spur verfolgt?“ wollte Johnny wissen. „Keine Spur – eine Spur! No, Watson hinterließ keine Spur. Außerdem war es ganz sinnlos. Der Weg wird viel zu sehr beritten und befahren. Sogar ein Auto ist heute vormittag …“ „Was ist los? Ein Auto? Hast du das Auto gesehen, Joe?“ Rothaar wurde ganz aufgeregt. „No, habe es nicht gesehen. Nur die Spur war zu sehen. Wieso fragst du? Was ist mit dem Auto los?“ Joe witterte schon wieder eine Sensation. „Der Radiodieb ist im Auto entkommen“, erklärte Bill. „Na, das hat ja mit Doc Watson doch nichts zu tun.“ Der „Bund der Gerechten“ schloß nach einer Stunde die Sitzung. Ein Ergebnis wurde nicht erzielt. Es hatte ja auch keinen Sinn, gegen Doc Watson vorläufig etwas zu unternehmen. Noch waren die Bürger von Somerset zu sehr von dem „Wunder“ überzeugt. Darüber aber, daß an der Sache ein Haken war, war sich der „Bund“ einig. Man beschloß, auf Beobachtungsstation zu gehen, um das Haar in der Suppe zu finden. * Am nächsten Tage hatte sich zwar die Bevölkerung von Somerset beruhigt, dafür aber brachte der Morgenzug schon mehr Fremde als sonst ins Town. Es war einfach nicht zu sagen, wie schnell eine solche Meldung durch das Land flog. Zuerst kamen natürlich die Reporter und Fotografen. Aber auch die ersten Kranken trafen ein. Es waren Bekannte Mr. Strampels, der das Wunder seiner Heilung gestern in die weite Welt telegrafiert hatte. 27
John Watson hatte sich inzwischen eine regelrechte Leibwache zugelegt. Ja, es war schwer, berühmt zu sein! Man konnte ja keinen Schritt mehr tun, ohne angestarrt zu werden. „Jimmy! Jimmy!“ Doc Watson brüllte schon am frühen Morgen wie eine Kuh auf der Weide. „Zum Teufel, Neffe, wo steckst du? Kannst du nicht hören, wenn dein Oheim spricht?“ „Ich – ich komme schon, Onkel John. Muß mir nur noch die Hose anziehen.“ Jimmy befand sich noch in seiner Kammer. Der Tag war gestern sehr anstrengend gewesen, deshalb hatte Jimmy bis in die Puppen geschlafen. Watson saß schon in seinem Wohnzimmer und hatte neben sich seinen Wunderkasten. Er war bereit, die nächsten Heilungen vorzunehmen. Endlich erschien Jimmy. Er sah aus wie ein Kanarienvogel in der Mauser. Rings zerrupft und zerzupft. „Da bin ich, Onkel John.“ Der wackere Neffe hatte schon wieder den Finger in der Nase. „Teufel! Erstens benimm dich nicht wie ein Zulukaffer. zweitens nenne mich nicht Onkel John. Damit ist es endlich vorbei.“ „Wie – wie soll ich dich denn nennen, Oheim? Wenn du auch ein Wundertier geworden bist …“ „Wundertier? Ich glaube, bei dir piept’s? Ich bin kein Wundertier, verstanden? Ich bin für dich und alle anderen Doc Watson! Meine Erfolge beruhen auf streng wissenschaftlicher Grundlage. Ich habe mir den Titel Doktor redlich verdient.“ „Hast du auch, Onkel John.“ Jimmy nickte wichtig. „Du sollst nicht Onkel John sagen, sondern Doc Watson, verstanden?“ „No, ich kann es nicht verstehen. Wie kann ich Doc Watson zu meinem Oheim sagen? Das werde ich nie kapieren, Onkelchen. Wenn man immer Onkelchen gesagt hat …“ „Schweige! Da du immer Onkel gesagt hast, gestatte ich dir ausnahmsweise, ‚Onkel Doc’ zu mir zu sagen. Nichts anderes will ich mehr hören!“ 28
„Okay, Onkelchen Doc!“ „Nicht ‚chen’, sondern ‚el’! On-kel!“ Watson wurde langsam nervös. „Gemacht, Oheim Doc! Du kannst dich ganz auf mich verlassen. Die Leibwache ist auch schon angetreten.“ Jimmy deutete durchs Fenster. Man konnte auf dem Vorbau einige Rüpel sehen, die sich, Kaugummi kauend und qualmend, dort herumflegelten. Es war der Stamm der früheren „Schreckensbande“ unter Leitung Jesse Blakes. „Okay, Neffe! Wo war die Mannschaft in der vergangenen Nacht? Du weißt, ich wünsche eine getreue Bewachung. Diebe könnten auf den Gedanken kommen, mir meinen Strahlenapparat zu stehlen. Außerdem gibt es Spione genug, die daran interessiert sind, hinter das Geheimnis zu kommen.“ „Weder Spione noch sonst was werden die Mauern meiner Truppe durchbrechen“, näselte der Schlaks wichtig. „Wir stehen da, wie die Leibgarde …“ Jimmys markige Rede wurde durch lautes Geschrei unterbrochen. Da heulte doch einer wie ein Schloßhund. Watson und Jimmy stürzten ans Fenster. Jesse Blake rieb sich die Wange. Er hatte eine saftige Ohrfeige eingesteckt. Schon trat Doc Harriet ins Zimmer. „Morning Watson! Was soll der Blödsinn auf dem Vorbau? Dieser Jesse Blake wollte mich nicht hereinlassen.“ „Unverschämtheit! Wie können Sie es wagen? Ich bin für Sie Doc Watson, verstanden?“ Watson grollte fürchterlich. „So, Doc Watson? Und welche Universität haben Sie besucht?“ Der richtige Doc war empört. „Sie wissen doch, daß nur eine Universität den Doktorhut vergeben kann?“ „Ich brauche keinen Hut“, verkündete John Watson stolz. „Bei mir geht es nach der eigenen Mütze. Was führt Sie sonst zu mir? Ich habe leider nicht viel Zeit.“ „Ich möchte mir Ihren Wunderapparat einmal ansehen, Watson. Immerhin dürfte es für mich sehr aufschlußreich sein …“ 29
„Nichts da! Ich gebe mein Geheimnis nicht preis. Jimmy, geleite den Besucher vor die Tür!“ „Jawohl, Oheim Doc!“ Das Stinktier riß die Tür auf. Bevor Doc Harriet aber gegangen war, ertönte vom Vorbau her schon wieder Geschrei. Blake hatte sich eine zweite Ohrfeige eingehandelt, diesmal aber auf die andere Wange. Dann traten vier Männer ins Zimmer. Zwei von ihnen fingen sofort an zu fotografieren. Die anderen beiden zückten Notizbücher und stellten Fragen über Fragen. Dazwischen schrie Jimmy nach seiner Leibwache. Es war ein heilloses Durcheinander John Watson hatte Mühe, seinen Apparat zu retten. Er setzte sich ganz einfach darauf. Als es ihm dann zu bunt wurde, zog er in alter Gewohnheit den Colt. Die Reporter kümmerten sich nicht weiter darum. Sie hielten es für einen Scherz. Watson bewies ihnen aber das Gegenteil. Er donnerte eine Salve in die Zimmerdecke. Hui! Da waren die neugierigen Herren aber verschwunden! Nur der richtige Doc von Somerset blieb zurück. „Was wollen Sie denn noch, Harriet?“ knurrte Watson. „Ein vernünftiges Wort will ich mit Ihnen reden, Watson. Sehen Sie denn nicht ein, daß das, was Sie treiben, sehr gefährlich ist? Wenn es wirklich solche Strahlen gäbe, wüßte ich es längst! Ein solcher Erfinder, der sich obendrein noch Professor nennt, zieht doch nicht durch den Westen, um seine Apparatur an wildfremde Menschen zu verschenken.“ „Woher wissen Sie das überhaupt?“ Mr Watson war einigermaßen erstaunt. Er hatte sich eingebildet, kein Mensch wüßte, wie er zu seinen Strahlen gekommen war. „Sie haben es gestern abend im ‚Weidereiter’ erzählt, Watson. Allerdings waren Sie schon sehr betrunken.“ „Dann stimmt es nicht“, verwahrte sich Onkel John. „Wenn ich betrunken bin, rede ich meist Unsinn.“ „Nur wenn Sie betrunken sind?“ Doc Harriet lachte leise. John Watson aber merkte diese Anspielung nicht. Seine Aufmerksamkeit wurde durch die Vorgänge vor seinem Hause ab30
gelenkt. Dort hatten sich schon eine Menge Leute eingefunden, die hübsch brav in langer Reihe Aufstellung nahmen. „Haha! Meine Patienten, Doc Harriet. Nun, was wollen Sie noch mehr? Haben Sie auch so einen Zulauf?“ Onkel John grinste überheblich. Mr. Harriet konnte wirklich nichts darauf sagen. Er ging stumm hinaus. Die ersten Patienten kamen herein. Durchweg handelte es sich dabei um reiche Leute, die einfach zu viel gegessen hatten. Sie stöhnten und japsten, schwitzten und prusteten, weil sie vor lauter Fett kaum noch laufen konnten. Bei Mr. Strampel, dem Viehhändler, war es ja nicht anders gewesen. Doc Watson ließ seinen Wunderapparat laufen. Alle fünf Minuten ein Patient! Am Mittag dieses Tages hatte er schon dreihundert Dollar eingenommen. Im „Weidereiter“ wurde inzwischen allerlei beredet und beraten. Aber weder Sheriff Tunker noch Doc Harriet, weder Mr. Baker noch Mr. Jemmery fanden eine Möglichkeit, ernsthaft gegen Watson einzuschreiten. Die Leute behaupteten wirklich, durch John Watsons Apparat geheilt zu sein. „Können Sie ihn nicht einfach einsperren und den Apparat beschlagnahmen, Sheriff?“ Mr. Baker war für drastische Maßnahmen. „Unmöglich, Baker! Selbst wenn ich einen Grund fände, die Leute würden es zu verhindern wissen. Solche Dinge kenne ich. Die Menschenmasse würde mein Office stürmen. Was sollte ich dann tun? Etwa auf wehrlose ‚Kranke’ schießen? No, wir müssen einen ganz anderen Weg beschreiten.“ Dieser Ansicht des Sheriffs stimmten alle zu. Welchen Weg man aber beschreiten sollte, war niemandem klar. So tranken die Gents ihren Whisky – und schüttelten traurig die Köpfe. *
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Gegen Mittag dieses Tages erschienen Pete und Sam im Town. Sie wollten nach dem Rechten sehen. „Listige Schlange“ war sofort zur Stelle und konnte einen umfangreichen Bericht geben. John Watson hatte an diesem Vormittag insgesamt siebenunddreißig Patienten behandelt, davon fünfzehn Leute aus Somerset. Alle anderen waren mit dem Morgenzug oder mit eigenen Autos gekommen. „Jimmy spielt den Kommandanten der Leibgarde“, berichtete Joe weiter, „er riskiert die dicke Lippe.“ „Der hat es nötig“, meinte Sam geringschätzig. „Wenn ich das schon höre. He, Pete, wir müssen dringend etwas unternehmen.“ „Das weiß ich auch, Rothaar. Fragt sich nur, was?“ „Das tollste Ding habe ich noch nicht erzählt, Boß. Ich weiß, auf welche Weise John Watson zu seinem Apparat gekommen ist. Habe im ‚Weidereiter’ unter dem Tisch gesessen, als er es erzählte.“ Pete und Sam hörten sich die Geschichte aufmerksam an. Dann, Joe hatte noch nicht sein letztes Wort gesprochen, stießen sie einen langen Pfiff aus. „Da – da wird selbst der Braten in der Pfanne verrückt! Mensch, Boß, mir kommt ein genialer Gedanke!“ „Der kam mir schon gestern, Rothaar. Beweise, wir brauchen Beweise.“ Pete dachte angestrengt nach. „Es wird sehr schwer werden. Aber versuchen müßten wir es.“ „Ich verstehe kein Wort“, mischte sich Joe Jemmery ein. „Um was geht es denn eigentlich?“ „Um den Radiodieb, Joe! Wir suchen einen Mann, der auf der Osborne-Ranch ein Radio gestohlen hat; inzwischen traf Watson einen Gent, der vorgab, Professor zu sein und ihm einen Apparat schenkte, der verdammt viel Ähnlichkeit mit einem Radio aufweist. Na, gibt dir das nicht zu denken?“ Jetzt war auch Joe Jemmery angespitzt. Er führte erst mal einen Tanz auf, wobei er ununterbrochen wie ein Zauberer vor sich hin murmelte. 32
„Wir müssen den Professor finden“, meinte Rothaar. „Schätze, es wird uns gelingen.“ „Noch besser, wir sehen uns Watsons Apparat mal ganz genau an. Wenn wir dann den Leuten erzählen, um was es sich dabei handelt …“ „… glauben sie uns noch lange nicht“, setzte Pete Joes Rede fort. „Glaubt ihr denn, ich hätte über all diese Möglichkeiten noch nicht nachgedacht? Bildet ihr euch ein, Sheriff Tunker und alle anderen vernünftigen Männer in Somerset hätten noch nicht darüber nachgedacht? Nein, Freunde, die Sache sieht viel schlimmer aus. Watsons Patienten leiden an Einbildung! Und gegen die Einbildung kämpfen selbst Götter vergebens.“ „Genau wie gegen die Dummheit?“ „So ist es, Joe. Einbildung und Dummheit gehen Hand in Hand. Das Tollste an der ganzen Geschichte ist aber die Tatsache, daß John Watson gar kein Betrüger ist. Er glaubt nämlich an die Heilkraft seiner Strahlen, Es dürfte schwer sein, ihm diesen Glauben zu nehmen.“ „Wenn ich nur wüßte, wie das mit diesem Mr. Strampel wirklich war, Pete. Man kann sagen, was man will, immer heißt es: Seht euch doch Mr. Strampel an. Wurde er nicht geheilt?“ „Wir drehen uns im Kreise“, sagte Sam mißmutig. „Es wäre besser, etwas zu unternehmen, als dauernd darüber zu reden. Ich bleibe dabei: Suchen wir diesen Professor!“ „Er hat inzwischen einen Vorsprung von 36 Stunden, Sam! Wie willst du ihn einholen? Vergiß nicht, daß der Mann mit einem Auto unterwegs war. Wenn er die Überlandstraße nach Tucson erreicht hat, kann er jetzt schon in Kalifornien sein. No, Freund, diesen Zug haben wir endgültig verpaßt. Uns muß schon etwas Besseres einfallen.“ „Kümmern wir uns doch mal um den Apparat“, meinte Joe wieder. „Das Ding muß doch irgendwie funktionieren.“ „Ich hab’s!“ Sam schrie es laut, viel zu laut. 33
„Psst! Es brauchen nicht alle zu hören, Rothaar. Wenn dir ein guter Gedanke kam, kannst du ihn uns leise ins Ohr flüstern.“ Sam Dodd flüsterte. Pete und Joe machten bedenkliche Gesichter. Da aber zur Zeit doch nichts anderes zu machen war, beschlossen sie, Sams Vorschlag anzunehmen. * Sheriff Tunker stand auf seinem Vorbau und sah kopfschüttelnd die Hauptstraße hinunter. In Somerset wurde wieder einmal allerhand geboten. Hilfssheriff Watson sorgte doch immer für eine Abwechslung. Allerdings machte sich Mr. Tunker große Sorgen. Was würde geschehen, wenn ein wirklich Kranker von Watson Heilung erhoffte? Was würde geschehen, wenn immer mehr Menschen nach Somerset kamen? Lauter schwerkranke Menschen? Wo sollte man sie unterbringen? Morgen würde die ganze Sache in den Zeitungen stehen! Die Reporter waren ja schon wieder abgereist. „Ich muß die Sache bis morgen beenden“, knurrte Tunker. „Der Teufel soll diesen Watson holen!“ Der Sheriff von Somerset fluchte selten. Jetzt hatte er aber ohne Zweifel Grund dazu. „Hallo, Mr. Tunker! Wünsche einen guten Abend!“ Anthoni Porker, der Posthalter von Somerset, trat heran. „Wirklich ein guter Abend“, brummte Tunker. „Wollte, er wäre erst herum! Sorgen hat man, Sorgen!“ „Kann ich mir denken, Mr. Tunker. Man hört ja die tollsten Sachen. Habe ja auch seit Jahren das Reißen in den Knochen. Ob ich auch mal zu Doc Watson gehe?“ „Sie können es ja einmal ausprobieren. Was bringen Sie übrigens? Ist das Telegramm für mich?“ „Jawohl, Mr. Tunker. Ein langer Policebericht. Na, Sie werden’s schon auseinanderpflücken. Ich weiß nichts damit anzufangen.“ 34
Porker gab das Telegramm ab und humpelte nach kurzem Gruß davon. Mr. Tunker trat in sein Office und las den Bericht. Seine finstere Miene hellte sich nach und nach auf. Endlich steckte er das Blatt ein, nahm seinen Hut und ging zum Hause John Watsons hinüber. Der ehemalige Deputy hatte gerade Feierabend gemacht. Er war damit beschäftigt, Geld zu zählen. Die Silberdollar türmten sich auf dem Tisch. Jimmy stand als Wache vor der Tür. Ja, reiche Leute haben auch ihre Sorgen! „Sie können jetzt nicht herein, Mr. Tunker“, näselte der Schlaks, „Oheim Doc ist gerade sehr beschäftigt.“ Mr. Tunker fuhr kurz mit der Hand durch die Luft. im nächsten Augenblick stand Mr. Tunker im Zimmer. „Ganz schöner Gewinn, Watson. Schämen Sie sich gar nicht, den armen Kranken soviel Geld abzunehmen?“ „He, Tunker! Habe keine Zeit!“ Onkel John deutete auf die Tür. Er war durch Tunkers Eintreten mit seinem Zählen durcheinander gekommen. „Ich bin dienstlich hier, Watson. Hoffe, Sie erinnern sich aus der Zeit, als Sie noch einem ehrlichen Beruf nachgingen, noch daran, was das heißt?“ „Wieso? Was soll das heißen? An was soll ich mich erinnern?“ „An Ihre Zeit als Hilfssheriff! Damals kamen Sie doch auch in manchen Fällen ‚dienstlich’?“ „Lange her, Tunker. Sehr lange her! Kann mich schon kaum noch erinnern.“ „Lange her? Noch gestern morgen ritten Sie zur OsborneRanch, einen Radiodieb zu überfuhren. Allerdings haben Sie den Dieb nicht erwischt, nicht wahr?“ „No, hatte wichtigere Dinge zu tun.“ Watson begann wieder Geld zu zählen. „Kann ich mir denken, Watson. Sie unterhielten sich mit einem Professor, der Ihnen dann den Strahlenapparat schenkte?“ 35
„Wie kommen Sie denn darauf, Tunker? Äh – stören Sie mich bitte nicht länger. Habe einen anstrengenden Tag hinter mir.“ „Wollen Sie mir erzählen, der Apparat wäre vom Himmel gefallen? Sagen Sie die Wahrheit, Watson. Könnte sein, daß ich Sie verhaften muß. Für gewöhnlich werden solche teuren Apparate nicht verschenkt. Ich muß annehmen, daß es sich um einen Diebstahl handelt Bekam hier eine Meldung …“ Tunker nahm das Telegramm aus der Tasche und fächelte Onkel John damit unter der Nase herum. „Es wäre besser für Sie, wenn Sie mir aufrichtig sagten, woher Sie den Apparat haben.“ „Ah – na ja! Wenn – wenn Sie meinen? Bleibt aber Amtsgeheimnis, nicht wahr?“ „Ganz gewiß, Watson Auf mich können Sie sich ja verlassen.“ John Watson atmete erleichtert auf. Dann erzählte er Mr. Tunker, wie er in den Besitz des Apparates gekommen war. Der Sheriff von Somerset hörte geduldig zu. „War der Mann klein oder groß; dick oder dünn?“ Tunker stellte die Frage so, als interessiere ihn das nur nebenbei. „Es war ein langer, dünner“, sagte Onkel John. „Okay, Watson. Wünsche Ihnen einen guten Abend! Eh, wieviel Geld haben Sie denn heute eingenommen?“ „Siebenhundert Dollar, Sheriff! Ein Vermögen! Was sagen Sie dazu?“ Watson strahlte übers ganze Gesicht. „Toll, einfach toll! Das Geld liegt wirklich auf der Straße. Na, will dann wieder gehen. Wünsche weiterhin viel Erfolg.“ „Thanks, Mr. Tunker. Wünsche Ihnen dasselbe!“ Natürlich war das der nackte Hohn. „Danke sehr, Watson! Sie dürfen versichert sein, daß ich Erfolg haben werde!“ Mr. Tunker sagte das langsam und deutlich. John Watson sah seinem ehemaligen Boß erschüttert nach. Was hatte Tunker damit gemeint? Wollte sich wohl nur wieder aufspielen, der Kerl. War natürlich neidisch auf das viele Geld! 36
Ach, das Geld! John Watson wäre so gern in den „Weidereiter“ gegangen. Er wagte aber weder seinen Apparat noch das Geld allein zu lassen. Sheriff Tunker sattelte inzwischen sein Pferd. Es wurde bereits dunkel, als er auf heimlichen Pfaden das Town verließ! Auf noch heimlicheren Pfaden erreichten Pete, Sam und Bill eine Stunde später das Town. An der Hecke hinter dem Friedhof trafen sie sich mit den Freunden vom „Bund“, die in Somerset wohnten. Es war ein Flüstern und Wispern. „Nun, Joe, wie sieht es aus?“ wollte der Boß wissen. „Ist die Luft rein?“ „Ganz dicke Luft, Pete! Vorhin war Sheriff Tunker, nachdem er ein Telegramm bekommen hatte, bei John Watson. Er war gerade dabei, sein Geld zu zählen. Später verließ Mr. Tunker heimlich das Town. Onkel John aber hütet seinen Apparat und den Geldsack. Da ist nichts zu machen.“ „Geht der Wunderdoktor denn nicht in den ‚Weidereiter’, Joe?“ „No, er hat Angst vor Dieben. Außerdem wird das Haus schwer bewacht. Ich sehe schwarz.“ Joe Jemmery hatte wieder einmal ganze Arbeit geleistet. Seine Beobachtungen waren exakt wie immer. Der „Bund“ ließ die Köpfe hängen. Man hatte sich alles ganz anders vorgestellt. Allerdings klärte sich die Sache etwas später doch. Jerry Randers kam mit der Meldung, daß Onkel John an diesem Abend doch nicht auf den geliebten Whisky verzichtete. Jimmy hatte ihm gleich drei Flaschen Whisky geholt. Natürlich von der allerbesten Sorte! Man hatte es ja. Die „Leibwache“ tat sich indessen an Schokolade gütlich. Fünf Pfund hatte Watson spendiert! „Sehr gut! Ich glaube, es klappt doch noch. He, Sam, geh auf deinen Posten.“ „Okay, Pete. Werde euch ein Zeichen geben, wenn es soweit ist.“ 37
Das Rothaar verschwand wie der Blitz. Es war inzwischen ganz dunkel geworden. Nach und nach verlöschten die Lichter in der Stadt. Nur aus dem „Weidereiter“ hörte man noch Lärm. Von der Uhr am Schulhause schlug es elfmal, als Sam sein Zeichen gab. Rothaar lag auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses. Von hier hatte der Boy die beste Aussicht. Er konnte sogar in Watsons Schlafgemach sehen. „Alles in Ordnung, Pete“, flüsterte Sam, als der Boß ihm einen Besuch abstattete. „Watson liegt im Bett und schläft wie ein Waschbär im Winter. Eineinhalb Flaschen hat er ausgetrunken.“ „Und wo befindet sich der geheimnisvolle Apparat?“ „Unter seinem Bett! Der Geldsack liegt allerdings unter seinem Kopfkissen.“ „Der interessiert uns ja auch nicht. Allerdings könnte man ihn ohne Aufregung stehlen, so man wollte. Was macht die Leibwache, Sam?“ „Sie haben soviel Schokolade gegessen, daß ihnen schlecht wurde und einer nach dem anderen verschwand. Nur Jimmy ist noch auf dem Posten. Stinktier scheint Magenwände aus Blech zu haben.“ Sam Dodd lachte leise. „Joe wird sich den Schlaks kaufen“, flüsterte Pete. „Bleibe du auf deinem Posten, ja?“ Sam nickte, obwohl er viel lieber mit Pete gegangen wäre. Einige Minuten später ging der Tanz los. Leider war Jesse Blake wieder auf der Bildfläche erschienen. Bill Osborne wurde auserkoren, es mit dem Boy aufzunehmen. Keine leichte Aufgabe. Blake war zwei Jahre älter als Bill und zählte eigentlich schon zur älteren Generation. Zuerst fiel auf dem Hof des Hauses eine Blechtonne um. Jimmy, der hier Wache hielt, erschrak sehr. Jetzt kamen auch noch fauchende Geräusche, als wären einige Löwen auf freiem Fuß. Jimmy wollte ins Haus fliehen, aber da fauchte es schon hinter ihm. Der Fluchtweg war versperrt. Von allen Seiten knurrte, bellte, schnaufte es. Der tapfere Neffe ergriff vor lauter 38
Angst das Hasenpanier. Stinktier wetzte ab mit Überschallgeschwindigkeit. Allerdings verließen ihn die „Geister“ nicht. Sie begleiteten Jimmy mit Fauchen und Schnaufen. Der rasende Lauf endete erst in der Nähe des Tierparadieses. Stinktier fiel platt auf den Boden und rührte sich nicht mehr. So konnte er auch nicht sehen, wie Joe Jemmery und Jerry sich in die Büsche schlugen. Sie wollten den Schlaks gut im Auge behalten. Bill Osborne hatte es dagegen schwerer. Jesse Blake war ein grober Klotz und dazu stur wie ein Rhinozeros. Erst als ihm einige Dreckbrocken an den Kopf flogen, setzte er sich wütend in Bewegung. Allerdings nahm er nicht reißaus, sondern er stürzte sich fluchend auf den unsichtbaren Gegner. Dabei fiel er zuerst über eine Kiste, die er in der Dunkelheit nicht gesehen hatte, dann stieß er sich auch noch den Schädel an einem Pfosten. Bill lachte aus der Dunkelheit heraus und nannte ihn einen Feigling. Jesse Blake wurde wütend. Immer wieder rappelte er sich auf, um Rache an Bill zu nehmen, dessen Stimme er erkannt hatte. Geschickt lockte der „Gerechte“ den Boy immer weiter von Watsons Haus fort. Das war ja schließlich die Absicht. Pete und Johnny hatten freie Bahn. Da die Hintertür von Watsons Haus mal wieder nicht abgeschlossen war, kamen sie leicht hinein. Bin wenig klopfte ihnen das Herz doch, als sie kurz darauf vor John Watsons Tür standen. Aber keine Gefahr! Aus der Kammer drangen heftige Schnarchlaute. Pete und Johnny traten ein. Vier Schritte, schon hatten sie den Strahlenapparat in der Hand. Johnny wagte es sogar, einen Augenblick die Taschenlampe zu gebrauchen. Aber schon kam Sams Warnruf vom Dach des gegenüberliegenden Hauses. Da kam wohl ein später Gast aus dem „Weidereiter“. „Los, wir nehmen das Ding mit! Bringen es später wieder an den Ort zurück.“ Pete flüsterte es ganz leise dem Freunde ins Ohr. Schon waren die „Gerechten“ draußen. In Watsons Stall untersuchten sie das Gerät. Es bestand lediglich aus einer Batterie, einigen Radioröhren und Drähten. 39
„Bluff“, sagte Johnny, der selbst Radiobastler war, „damit kann kein Mensch geheimnisvolle Strahlen erzeugen.“ „Die Batterie muß raus, Johnny. Wenn ihm der Strom ausgeht, kann er selbst mit diesem Gerät keine Strahlen für die Einbildung der Dummen erzeugen.“ Es war nicht schwer, die Batterie zu entfernen, Sie legten dafür einen passenden Stein in den Kasten, Anschließend wurde das Gerät wieder unter Watsons Bett geschoben. Die ganze Sache hatte kaum zehn Minuten gedauert Es wurde aber höchste Zeit. Pete und Johnny hatten gerade das Haus verlassen, als Jesse Blake in schnellem Lauf erschien. Dem Boy war sehr langsam ein Licht aufgegangen. Auch Jimmy erschien bibbernd auf der Bildfläche. Die „Gerechten“ hatten sich inzwischen auf das Dach zurückgezogen, wo Sam Dodd noch immer auf dem Posten war. Gespannt beobachteten sie den Fortgang der Handlung. Deutlich konnten sie die Unterhaltung zwischen Jimmy und Jesse hören. „He, da waren die Kanaken des Pete Simmers“, quakte Blake, „ich habe diesen Osborne genau erkannt. Ist ausgerissen, dieser Feigling. Na, wenn ich den erwischt hätte!“ „No, Jesse“, sagte Jimmy mit ängstlicher Stimme, „es – es waren Hunde und Katzen. Vielleicht auch Bären oder sogar Wölfe.“ „Du bist vielleicht eine Knalltüte, Jimmy! Bären und Wölfe! He, wo gibt es denn in Somerset solche Tiere? Du bist eine ganz trübe Funzel, eine müde Geige bist du. Wenn dein Onkel nicht neuerdings ein Wundermann geworden wäre, könnte ich glatt annehmen, in deinem Oberstübchen nisteten Flöhe.“ Blake spuckte verächtlich aus. Blake mußte sein Mütchen kühlen. Er schlug Jimmy kräftig vor die Hühnerbrust. Der Schlaks fiel spontan auf den Rücken und zeterte los wie eine Blechtrompete. „Oh – oh – oh! Hiiilfe! Onkel Johooon! Auaaa! Auaaa!“ 40
Jimmy schrie und schluchzte fürchterlich. In Somerset öffneten sich die Fenster, und man sah eine Menge Schlafmützen. Von allen Seiten wurde gefragt, was denn passiert sei. Jesse Blake kratzte fleißig die Kurve. „Alle Wetter“, flüsterte Rothaar, „sogar Onkel John ist aufgewacht.“ Tatsächlich konnten die „Gerechten“ jetzt in Watsons Schlafkammer Licht sehen. Der Wunderdoktor hatte die Kerze auf seinem Nachttisch angezündet, kam jetzt ans Fenster und beugte sich weit hinaus. „He, hallo! Was gibt es da draußen? Kann man denn nicht einmal ruhig schlafen in diesem verlausten Drecksnest? Hat man denn keine Achtung vor einem genialen Doc?“ „Oh, Oheim“, jammerte Jimmy, „er hat mich gehauen. Dabei waren es ja doch wilde Tiere.“ „Was ist los? Komm sofort herauf, Jimmy!“ Watson knallte das Fenster zu. Fünf Minuten später hatte sich Somerset wieder beruhigt. Nur bei Watsons brannte noch Licht. Die Boys auf dem Dach konnten genau verfolgen, was sich dort tat. Verstehen konnten sie allerdings nichts mehr. Jimmy erstattete zuerst Bericht. Watson ruderte mit den Armen, kroch sodann unters Bett und zog den Apparat hervor. Er betrachtete ihn liebevoll. Anschließend hob er sein Geld auf. um festzustellen, ob es noch nicht gestohlen war. „Alles okay, Freunde“, wisperte Pete. „Wir können in Ruhe den morgigen Tag abwarten.“ * Auf der Salem-Ranch herrschte am Frühstückstisch Gewitterstimmung! Pete und Sam tranken ihren Kakao und warfen vorsichtige Blicke auf Mammy Linda. Die schwarze Köchin machte ein sehr böses Gesicht. 41
„Möchte wissen, was sie hat,“ flüsterte Sam, als Mammy einmal in der Speisekammer verschwand. „Werden es schon noch erfahren Rothaar. Kann nicht mehr lange dauern.“ Damit behielt Pete recht. Als die Boys sich erhoben, um an die Arbeit zu gehen, donnerte Mammy los. „Ungezogene Bengel! Mammy so ärgern! Ich werde ausdenken Strafe für euch!“ „Über was hast du dich geärgert, Mammy?“ fragte Pete vorsichtig. Man mußte achtgeben, keinen Milchtopf an den Kopf zu bekommen. „Du noch fragen, schlimme Boy? Du ganz genau wissen, womit gute Mammy geärgert! Wieder nicht in Bett gewesen, letzte Nacht, Haben gehört, wie spät ihr kommen aus Somerset!“ Mammy stand vor ihnen wie ein Racheenge. Sie schoß flammende Blicke ab. Jeden Moment konnte ihre Faust hervorzucken, um handfeste Ohrfeigen von seltener Güte zu verabfolgen. „Es handelt sich um John Watson“, warf Pete schnell ein. „Er macht mal wieder einen Riesenblödsinn, Wenn du wüßtest, was der Hilfssheriff wieder angestellt hat, würdest du anders darüber denken.“ „Wenn ich wüßte? Warum weiß ich nix? Los, schnell erzählen!“ Mammy Linda war schon halb versöhnt. John Watson war immerhin ihr Erzfeind. Wenn es um ihn ging, konnte sie vieles verzeihen. Pete berichtete kurz und knapp, was sich in Somerset zugetragen hatte. Mammys Augen wurden groß wie Teetassen. Vor lauter Staunen sank sie sogar auf einen Küchenstuhl. Immer wieder schüttelte sie heftig den Kopf. „Und was habt ihr unternommen, Pete?“ „Wir haben ihm die Batterie aus dem Apparat genommen. Ohne Batterie kann er keine Strahlen herstellen.“ 42
„Das sein Diebstahl, Pete! Du sofort gehen, Watson Batterie hinbringen! Aber sofort!“ Das hätte nicht kommen dürfen. Ja, die Boys hatten natürlich auch gewußt, daß sie nicht ganz richtig gehandelt hatten. Aber war denn, wenn es um eine so wichtige Sache ging, nicht ein kleiner Trick erlaubt? Man wollte sich doch an der Batterie nicht bereichern. Man wollte doch nur Schlimmeres verhindern. Mammy Linda ließ die Einwände nicht gelten. Sie bestand darauf, daß John Watson seine Batterie zurückbekam. Und das sofort! Gegen Mammys Befehle gab es kein Nein. Man mußte gehorchen. Irgendwie hatte die gute Seele der Salem-Ranch ja auch recht. „Gut denn“, seufzte Pete, „wir geben ihm die Batterie zurück.“ „Aber sofort, verstanden? Nix heute mittag, wenn Watson sich blamiert mit Apparat. Jetzt noch früh! Du gleich mit Sam reden.“ Die beiden Freunde verließen stöhnend das Haus und gingen zum Korral hinüber, um die Pferde zu satteln. „Ich habe es geahnt, Pete! Ich – ich spürte es schon, als ich heute morgen aufwachte. Mensch, was sagen wir nur zu Watson?“ „Die Wahrheit. Sam. Was sollen wir ihm sonst sagen?“ „Du liebe Zeit! Was ist nur in Mammy Linda gefahren? Kann sie denn nicht einmal nachgeben? Diese übertriebene Wahrheitsliebe ist auch nicht richtig.“ „Jetzt nützt es auch nichts mehr, Sam. Wir müssen tun, was Mammy gesagt hat. Los, ich bin gleich fertig. Wenn wir uns beeilen, kommen wir noch vor dem Morgenzug in Somerset an.“ Wenige Minuten darauf ritten die „Gerechten“ davon. In ihren Herzen saß ein tiefer Kummer. Sie hatten sich alles so schön ausgemalt. Was würden die Freunde sagen? Der „Bund“ hatte seit langem keine solche Pleite erlebt. *
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In Somerset ging es an diesem Morgen viel ruhiger zu als in den vergangenen Tagen. Man hatte sich an seinen Wunderdoktor gewöhnt. Die großen Zeitungen brachten lange Berichte über John Watson, und als der Morgenzug eintraf, kamen wirklich allerhand Fremde an, die gleich am Bahnhof nach John Watson fragten. Der Wunderdoktor lag um diese Zeit noch in den Federn. Auch Jimmy pennte noch. Immerhin hatte der vergangene Abend allerlei Aufregungen gebracht. Man mußte sich von den Strapazen erholen. Als Pete und Sam ankamen, standen schon einige Besucher vor der Tür. Anscheinend hatten sie den Weg nach Somerset mit dem Auto zurückgelegt. „Wäre am besten, Pete, wenn wir Sheriff Tunker aufsuchten“, meinte Sam. „Vielleicht bringt er die Sache für uns in Ordnung.“ „Wohl feige, Sam? No, wir werden es selbst erledigen. Watson wird uns nicht gleich auffressen. Man muß für seine Taten einstehen.“ Die Boys stiegen vor der Schmiede von den Pferden. Zuerst mußten sie Joe Jemmery erwischen, der die Batterie mitgenommen hatte. Bevor sie aber den Boy sahen, kam ihnen Anthony Porker. der Postbote, in den Weg. Der Alte humpelte mühselig durch die Gegend. „Hallo, Mr. Parker! Was ist denn mit Ihnen los?“ „Habe mal wieder das Reißen in allen Knochen, Pete. Immer wenn das Wetter wechselt, ist es besonders schlimm.“ „Wollen Sie sich nicht von John Watson kurieren lassen?“ grinste das Rothaar. „Er soll ja tolle Erfolge verzeichnen.“ „Schon dran gedacht, Boy. Vielleicht gehe ich heute zu ihm.“ Mr. Porker wollte eiligst weiter. Die Bürger von Somerset warteten auf die Post. „Einen Moment, Mr. Porker!“ Pete hielt den Alten auf. „Glauben Sie wirklich an Watsons Strahlen?“ 44
„No, ich glaube gar nichts. Aber warum sollte es bei mir nicht helfen? Bei Mr. Strampel hat es ja auch geholfen, nicht? Ich kann es ja auch versuchen. Um die Schmerzen loszuwerden, würde ich noch ganz andere Dinge ausprobieren.“ „Das ist es eben“, nickte Pete. „Sind Sie aber auch davon überzeugt, daß die UVP-1000-Strahlen helfen? Wenn Sie nicht ganz fest daran glauben, hilft es nichts.“ „Halte mich nicht auf, Boy! Weiß nicht, was du damit meinst. Muß jetzt meine Post austragen.“ „In Ordnung. Allerdings habe ich eine Bitte an Sie, Mr. Porker. Es wäre nett von Ihnen, wenn Sie uns, bevor Sie zu Watson gehen, anhörten.“ „Meinetwegen, Boy. In zwei Stunden bin ich wieder in meinem Office. Könnt dann vorbeikommen.“ „Schönen Dank, Mr. Porker!“ Sam sah seinen Freund verblüfft an. Was hatte Pete vor? Gerade wollte er fragen, als „Listige Schlange“ angeschossen kam. Der Boy hatte sich natürlich am Bahnhof aufgehalten. „Hallo, Boß! Dreiundzwanzig Fremde sind angekommen. Einer noch fetter als der andere. Lauter eingebildete Kranke.“ „Wo hast du die Batterie?“ wollte Pete statt einer Antwort wissen. „Wieso? Was willst du denn damit. Boß? Habe sie gut versteckt. Nur keine Sorge, die findet keiner.“ „Hoffentlich hast du sie nicht so gut versteckt, daß du sie selbst nicht mehr finden kannst.“ „Ein guter Gedanke, Pete!“ Sam machte ein pfiffiges Gesicht. „Wenn Joe sie nicht mehr finden kann, brauchen wir sie nicht bei Watson abzuliefern.“ „Was ist das? Abliefern? Ihr wollt doch wohl nicht …?“ Joe verschlug es die Sprache. „Jawohl, Kleiner, wir wollen!“ Pete sagte es ganz ernsthaft. „Von Wollen kann gar keine Rede sein“, maulte Sam aufge45
bracht. „Wir müssen! Wir werden gezwungen. So etwas nennt man höhere Gewalt!“ „Nein, Sam! Wenn du dieser Meinung bist, brauchen wir die Batterie gar nicht erst abzuliefern. Du tust es dann ja nur, weil du gezwungen wurdest. Du solltest aber einsehen, daß wir falsch gehandelt haben.“ „Ich werde meschugge“, stöhnte Joe. „Woher weht denn dieser Wind? Hat Reverend Thomas euch ins Gewissen geredet?“ „Das zeigt am besten, daß Mammy recht hat“, sagte Pete. „Du hast nämlich auch das Gefühl, Joe, Reverend Thomas hätte die Tat verurteilt.“ „Hm –, so ein Reverend nimmt es doch mit der Wahrheit immer ganz genau. Ich möchte fast sagen, zu genau.“ Joe kratzte sich, da er etwas verlegen war, den Hosenboden. „Keine Ausflüchte, Boy. Sowohl Mammy als auch Mr. Thomas behalten recht. ‚Du sollst nicht stehlen!’ In welcher Absicht immer, bleibt sich gleich.“ „Ist schon gut, Pete.“ Joe hatte kapiert. Der Kleine sauste ab, um die Batterie zu holen. Sam konnte sich allerdings immer noch nicht beruhigen. Er knurrte herum und tat, als ginge ihn das alles nachts an. Fünf Minuten später standen sie an der Tür des Watsonschen Hauses. Diese war immer noch offen. Trotzdem klopften sie laut und anhaltend. Aus dem Hause kam keine Antwort. „Watson schnurgelt noch“, meinte Joe „Am besten, wir gehen hinauf.“ „Um Gottes willen! Er kann uns dann die Treppe hinunter werfen! Ich bleibe lieber gleich unten.“ Rothaar hatte ein ungutes Gefühl im Magen. „Kommt, Freunde! Nur keine Angst! Watson ist kein Unmensch.“ Pete ging voran. Sie standen vor Watsons Bett. Außer einer Zipfelmütze war nichts von dem Wunderdoktor zu sehen Pete räusperte sich stark. Wenn er dachte, John Watson zu wecken, irrte er sich 46
gewaltig. Old John hatte einen tiefen Schlaf, um ihn zu wecken mußte man andere Mittel anwenden. Mr. Tunker nahm in solchen Fällen den Colt oder eine Wasserkanne zu Hilfe. „Am besten, wir bringen ihm ein Morgenständchen“, schlug Joe vor. „Ein fröhliches Lied auf den Lippen erfreut stets das Herz.“ „Meinetwegen kann die Katze Eier legen!“ Rothaar war mit allem einverstanden. Der Boy hatte nur einen Wunsch: Sich so schnell wie nur möglich abzusetzen. „Ich finde, es ist ein guter Gedanke“, stimmte Pete zu, „wenn wir singen, erschrickt er nicht. Immerhin liegt auf seinem Nachttisch ein Colt.“ „Was singen wir? Ich wäre für: ‚Horch, was kommt von draußen rein?’ Sehr passend und aufmerksam.“ „Prima, Joe. Du hast heute einen besonders hellen Tag. He, Sam, gib den Ton an.“ Sam ließ einige Töne hören, die eher wie das Maunzen eines Katers klangen. Rothaar war schon immer unmusikalisch gewesen. Joe gab sich Mühe. Er fand auch den richtigen Ton, und dann sangen sie dreistimmig, weil sie drei Stimmen hatten. Es klang nicht schön, dafür aber laut. Es hatte auch die gewünschte Wirkung. Der Wunderdoc von Somerset erwachte! John Watson richtete sich auf und blickte erstaunt um sich. Dazu rieb er sich neckisch die Augen. Die Boys sangen auch die zweite Strophe. Watson lauschte entzückt. Wie lange war es her, daß man ihm ein Morgenständchen gebracht hatte? Natürlich, einem Wunderdoktor wie ihm geziemte das. „Sehr brav, Pete Simmers! Sehr lobenswert! Nun, ich sehe, der ‚Bund der Gerechten’ hat sich eines besseren besonnen. Unser Streit dürfte damit beendet sein. Jetzt, da ich kein Hilfssheriff mehr bin, gibt es keinen Grund mehr. Ich danke euch sehr. Habt mir eine große Freude gemacht, eine sehr große Freude!“ 47
„Wir kommen in einer ganz besonderen Angelegenheit, Mr. Watson. Es handelt sich um die Batterie für Ihren Strahlenapparat. Wir haben sie Ihnen gestern abend genommen – gestohlen. Jetzt bringen wir sie zurück.“ Es wurde Pete doch schwer. Er bekam einen roten Kopf. Sam kniff ihm in den Arm, als das Wort „gestohlen“ fiel. Nach Meinung des Rothaars hätte „genommen“ auch genügt. „Was ist das? He, meine Batterie? Ihr wollt mich wohl aufs Ärmchen nehmen, wie? Die Batterie wurde nicht gestohlen. Ein John Watson läßt sich nichts stehlen.“ „Wir taten es dennoch, Mr. Watson. Sie schliefen sehr fest.“ John Watson lachte laut. Sogar Tränen standen ihm in den Augen. Er wollte sich ausschütten. „Mein lieber Pete Simmers“, stöhnte er, „du warst ja schon immer ein Angeber. Es ist ein alter Fehler von dir. Willst du mir einreden, du hättest, während ich hier im Bett lag, mir die Batterie gestohlen? Hahaha! Da mußt du früher aufstehen. No Boy, den Bären kannst du mir nicht aufbinden. Mir nicht!“ „Er glaubt es nicht“, brummte Rothaar, „lassen wir es dabei. Er hat seine Batterie ja wieder.“ „Nein, ich glaube es nicht. Ich danke sehr für das nette Morgenlied. Nun aber geht fort. Doc Watson hat zu tun. Die kranke Menschheit bedarf seiner.“ Joe Jemmery fing merkwürdig an zu gluckern. Die geschwollene Ausdrucksweise des ehemaligen Deputy reizte zum Lachen. „Mr. Watson“, versuchte es Pete noch einmal, „ich sage die Wahrheit. Wir taten nicht recht. Bitte, entschuldigen Sie vielmals.“ „Schon gut. Nun laßt mich endlich mit der albernen Batterie zufrieden.“ „Sollen wir sie wieder einbauen?“ wollte Joe wissen. „Nichts da! Ha, jetzt merke ich, woher der Wind weht! Alles nur ein Trick, um mir den Apparat zu zerstören. Hinaus!“ 48
Die „Gerechten“ verdrückten sich rasch. Onkel John bot im Nachthemd keinen erhebenden Anblick. Die Batterie ließen sie auf seinem Nachttisch stehen. „Das hat mal wieder geklappt“, freute sich Joe. „Manche Leute glauben nicht einmal die Wahrheit.“ „Ob er die Batterie wohl einbaut?“ überlegte Sam. „Wenn er es vergißt, oder gar nicht glaubt, haben wir doch noch unser Ziel erreicht.“ „Ich habe ein anderes Ziel, Freunde. Kommt mit!“ Pete steuerte auf das Post-Office des Mr. Porker zu. Sam und Joe folgten neugierig. Was mochte Pete vorhaben? * Mammy Linda hantierte in der Küche der Salem-Ranch. Die Arbeit wollte ihr heute aber nicht recht von der Hand gehen. Immer wieder kehrten ihre Gedanken nach Somerset zurück. Sie dachte an John Watson und seinen Wunderapparat. Oh, Mammy hatte Kopfschmerzen. „Ich können jetzt Watsons Strahlen ausprobieren“, brummte die Schwarze „Wenn stimmt, was Pete sagen, gehen Kopfschmerzen gleich weg.“ Mammy dachte darüber nach. Da die Schmerzen immer schlimmer wurden, beschloß sie zu handeln. Sie rief Dorothy Petes Schwester, herbei und trug ihr auf, einen leichten Wagen anzuspannen. Das Girl war einigermaßen erstaunt. Es kam nicht oft vor, daß Mammy an Wochentagen nach Somerset fuhr. Am Sonntag, wenn es zur Kirche ging, war das anders. Als die Fuhre dann in Somerset eintraf, herrschte auf der Hauptstraße Hochbetrieb. Vor Watsons Haus drängte sich das Volk. Jimmy riskierte die dicke Lippe! Mammy Linda sah sich das Treiben vom Kutschbock aus an. Dorothy lenkte den Wagen in die kleine Gasse neben Wat49
sons Haus. Mammy nahm den Weg durch die Hintertür. Allerdings stellte sich ihr zuerst Jesse Blake, der hier Wache hielt, in den Weg. Der arme Boy! Er schoß wie ein Torpedo, mit dem Kopf voran, in den Gemüsegarten. Zwischen Kohlrabi und Radieschen fand er sich wieder. Es hatte dazu nur einer Handbewegung der riesigen Köchin bedurft. John Watson saß noch beim Frühstück, als Mammy in seine Stube trat. „Morgen, Watson“, schnaufte Mammy Linda. „Wunderdoktor sollen mich heilen.“ „Ich – oh – ich kann Sie nicht heilen. Ich – ich, no, ich fühle mich gar nicht wohl.“ „Unsinn, Watson. Ich mich fühlen nicht wohl. Haben Schmerzen in Kopf. Wo sein Apparat? Haben Pete gebracht komische Ding, was gestohlen in Nacht?“ „Der Bengel hat nichts gestohlen“, knurrte Watson, „wollte sich nur wichtig machen, der Boy.“ „Ich nicht glauben das. He, wo sein Apparat? Mammy Linda sehen wollen! Los, haben keine Zeit. Muß zurück auf Ranch. Essen kochen.“ „Ich bitte mir etwas mehr Respekt aus“, wagte Watson schwach einzuwenden. „Immerhin bin ich jetzt ein Doc, und als solcher brauche ich mich nicht so behandeln zu lassen.“ „Blödsinn! Du sein keine Doc. Sein immer noch John Watson. Nun schnell machen!“ Mammy setzte sich auf einen Stuhl und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Watson stieß schwere Seufzer aus. Endlich bequemte er sich aber doch, Mammy Linda zu heilen. „Haben Sie auch Geld mitgebracht?“ erkundigte er sich vorher. „Die Behandlung kostet zehn Dollar.“ „Wenn Schmerzen verschwunden, Mammy auch bezahlen. Los, wie lange soll noch dauern?“ John Watson holte seinen Wunderkasten herbei. Er schaltete ein und wartete darauf, daß die Röhren erglühten. Nichts! – 50
Kein Glühen und kein Brummen. Onkel John schüttelte den Kopf. „Donnerschlagnochmal! Der Apparat funktioniert nicht mehr. He, sollte dieser Verbrecher ihn doch ruiniert haben?“ „Von wem du sprechen, Watson?“ „Na, von wem schon? Nur dieser verflixte Pete hat ihn zerstört! Habe ja gleich geahnt, daß etwas hinter dem Morgenständchen steckte. Na. warte! Der Strolch wird es mir bezahlen!“ „Meine süße Baby sein keine Verbrecher und auch keine Strolch, Watson! Wenn noch mal sagen, ich nehmen Bratpfanne und hauen auf Kopf!“ „Sie haben es vorher ja selbst gesagt, Mrs. Linda. Hatte Pete nicht etwas gestohlen?“ „Er hat zurückgebracht diese –, diese – na, wie heißt noch gleich?“ „Aha! Meinen Sie die Batterie? Hm –, vielleicht stimmte es doch. Werde ihn anzeigen. Gestohlen hat der Boy. Da sieht man es mal wieder. Werde mit Sheriff Tunker reden. Der Bengel gehört ins Jail. Wäre ich noch Hilfssheriff, würde ich gleich handeln.“ „Mammy gleich handeln!“ Die Schwarze erhob sich langsam. John Watson wich in die Zimmerecke zurück. Zum großen Glück erwischte er die Türklinke. Ein gewaltiger Satz, schon war er draußen. Er rannte keuchend die Treppe hinauf. Ah, auf dem Nachttisch stand ja die Batterie. Jetzt konnte es doch noch klappen. Watson eilte wieder nach unten. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie man die Batterie anschließen mußte. Jesse Blake wurde abgesandt, einen Boy vom „Bund der Gerechten“ zu holen. Es dauerte eine Weile, bis Johnny Wilde gefunden wurde. Mammy thronte in der Zwischenzeit auf ihrem Stuhl und fixierte John Watson scharf.
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* Pete und seine Freunde hatten vor dem Post-Office gewartet, bis Old Porker von seinem Postgang zurückkam. Es dauerte heute etwas länger als sonst; der Alte konnte nicht so schnell laufen. Endlich kam er aber doch angehumpelt und schloß die Tür auf. „Na, kommt herein, Boys. Was habt ihr wieder ausgefressen?“ „Nichts, Mr. Porker. Wir wollen erst was ‚ausfressen’ und Sie sollten uns dabei helfen.“ „Junge, Junge“, knurrte der Posthalter, „wenn das man gut geht. Ich bin ein alter Mann. Mit mir kann man nicht mehr viel anstellen. Wird besser sein, wenn ihr euch einen jüngeren aussucht.“ Mr. Porker setzte sich und stopfte sich eine Pfeife. „Sie sind gerade der richtige Mann für uns“, erklärte Pete. „Als ich Sie heute morgen sah, kam mir der Gedanke.“ „So, kam dir der Gedanke? Hast aber nicht mit dem alten Porker gerechnet, Boy. Krumme Dinge kann man mit mir nicht drehen.“ „Die dreht schon ein anderer, Mr. Porker. Wir wollen die krummen Dinge nur wieder geradebiegen. Sie kennen uns doch?“ „Natürlich, Pete. Weiß, daß man sich auf den ‚Bund’ verlassen kann. Also heraus damit. Um was geht es?“ „Um John Watson, Mr. Porker. Was halten Sie von seinen Strahlen? Vorhin sagten Sie, Sie glaubten nicht daran.“ „No, ich glaube nicht daran. Aber wenn ich höre, was die Leute so reden! Irgend etwas muß ja wohl mit den Strahlen los sein, nicht? Von nichts kommt nichts, sagt man.“ „Wir haben uns den Apparat angesehen. Mr. Porker. Wissen Sie, aus was er besteht?“ Pete sah den Alten lächelnd an. „Er besteht aus einer Batterie, einigen Radioröhren sowie aus einigen Drähten.“ 52
Mr. Porker machte ein verdutztes Gesicht. Im nächsten Moment lachte er schon los. Pete und seine Freunde wußten nicht, was das zu bedeuten hatte. „Das ist es also? Na, dahinter hätte ich auch selbst kommen können, Boy.“ „Hinter was, Mr. Porker?“ Sam Dodd hatte nicht kapiert. „Hinter Watsons Geheimnis natürlich. Wenn ich Pete recht verstanden habe, kann man Watsons Apparat aus jedem Radioapparat herstellen nicht wahr?“ „So ist es, Mr. Porker. Sie haben es schnell verstanden.“ „Gesucht wird außerdem noch ein Mann, der auf der OsborneRanch ein Radio stahl, nicht wahr?“ Old Porker lachte glucksend. „Alle Wetter“, staunte Rothaar, „Mr. Porker ist der reinste Detektiv.“ „Nicht ganz“, zwinkerte der Posthalter. „Ein Mann in meiner Stellung bekommt manches Schriftstück vor die Augen. Darüber wollen wir allerdings nicht reden. Ihr wißt ja: Amtsgeheimnis!“ Joe Jemmery stieß einen leisen Pfiff aus. „Wir sind also einig, Boys?“ „Wir sind es, Mr. Porker. Da Sie aber nun das Reißen in den Knochen haben, könnten Sie sich ja eigentlich von John Watson heilen lassen. Deswegen kamen wir zu Ihnen.“ „Und wenn ich nun wirklich geheilt werde, Pete? Ich denke an Mr. Strampel, der ja auch das Reißen hatte.“ Old Porker machte ein listiges Gesicht. „Da besteht ein Unterschied, Mr. Parker. Mr. Strampel war von der Heilkraft in Watsons Apparat überzeugt Sie sind es nicht! Wir werden also feststellen, was die Einbildung vermag. Ich habe schon oft von Leuten gehört, die sich einbildeten, krank zu sein, in Wirklichkeit aber kerngesund waren.“ „Und wie ist es, wenn man wirklich krank ist? Kann man sich dann auch einbilden, gesund zu werden?“ Joe Jemmery stellte diese Frage. 53
„Natürlich, Joe! Nur fragt sich, wie lange es anhält. Aber wir wollen nicht länger reden, sondern handeln.“ Old Porker erhob sich stöhnend aus dem Sessel. „Ich wollte, Watsons Wunderstrahlen könnten mir wirklich helfen, Pete. Ho, mir tun sämtliche Knochen weh!“ „Ich wollte es auch, Mr. Porker. Leider wird es wohl nicht der Fall sein.“ „Na, Watson wird Augen machen, das verspreche ich euch. Wenn er mich nicht heilt, erfährt es die ganze Welt.“ Mr. Porker verließ mit den Boys das Office. Auf der Straße kam ihnen Johnny entgegen. Er war ganz aus der Puste und wirkte wie ein ausgenommenes Huhn. „Mensch, Pete! Ich – ho, ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Unser ganzer Plan ist beim Teufel!“ „Was ist denn jetzt schon wieder kaputt? In dieser Sache klappt auch überhaupt nichts mehr.“ Rothaar rümpfte die Nase. „Ich mußte für Watson die Batterie einbauen. Pete. Mammy Linda hatte es befohlen.“ „Mammy? Wo war denn Mammy? Du liebe Zeit, will sie sich etwa von John Watson behandeln lassen?“ „So ist es, Brüderchen!“ Plötzlich stand Dorothy hinter Pete. „Ich mußte sie ins Town fahren. Sie hatte Kopfschmerzen.“ „Hoffentlich geht das gut“, stöhnte Joe. „Unser zweiter Plan fällt auch noch ins Wasser. Mammy besitzt ganz bestimmt genügend Einbildungskraft, an Watsons Strahlen zu glauben. Wird sie geheilt, ist es die beste Reklame für Onkel John. Dann nützt Mr. Porker auch nichts mehr.“ „Male nicht den Teufel an die Wand! Ich will doch hoffen, daß Mammy genügend Verstand besitzt, um nicht auf den Schwindel hereinzufallen.“ Pete machte ein besorgtes Gesicht. „Sie ist abergläubisch, Pete!“ Auch Dorothy zeigte sich besorgt. „Abwarten, Freunde. Immer mit der Ruhe – und dann mit ’nem Ruck! Wird schon schiefgehen!“ Sam Dodd war optimistisch gestimmt. 54
In diesem Augenblick entstand vor Watsons Haus Bewegung. Alle Hälse reckten sich. Auf dem Vorbau erschien Mammy Linda. Sie lachte über das ganze schwarze Gesicht. Durch die wartende Menge ging ein Raunen. Pete eilte heran. Was war nur geschehen? Was hatte Mammy Linda nur? Der „Obergerechte“ machte sich große Sorgen. „Hallo, Mammy! Hallo, wir sind hier!“ Mammy drängte sich durch die Menschenmenge. Immer noch lachte sie. „Aber – aber was ist denn. Mammy? So rede doch endlich!“ „Es – es – Ha! Ha! Ha! – es haben so gekitzelt! Oooouuuh! Bin ich so kitzelig!“ „Was machen denn deine Kopfschmerzen, Mammy?“ wollte Sam aufgeregt wissen. „Sind die Kopfschmerzen weg?“ Mammy sah Sam entgeistert an Dann faßte sie sich an den Kopf, als müsse sie erst überlegen. Die „Gerechten“ starrten sie alle erwartungsvoll an. „Kopfschmerzen? Hm –, ich nix merken von Kopfschmerzen. Sind ganz verschwunden, Kopfschmerzen.“ Aus sämtlichen Mündern kam ein erstauntes „Ooooh“! Also doch! Auch Mammy Linda wurde geheilt? Sollte denn wirklich … No, sie konnten und wollten nicht daran glauben. „Watson große Gauner“, brummte Mammy jetzt, „ist alles Schwindel, große Schwindel! Oh, ich lachen mich kaputt!“ „Er hat dich aber doch geheilt, Mammy? Deine Kopfschmerzen sind doch weg?“ Petes Frage klang sehr bang. „Dumme Pete!“ Mammy lachte schon wieder. „Kopfschmerzen weg, ja! Aber nicht von Watson sein Apparat! Kopfschmerzen verschwunden durch frische Luft auf Wagen. Mammy nicht so dumm, an John Watson zu glauben!“ Aus sämtlichen Mündern kam jetzt ein „Aaaah!“. Wo aber steckte John Watson? Wieso rührte sich im Hause nichts? „Mammy“, fragte Pete vorsichtig, „was hast du mit Onkel John angestellt?“ 55
„An Apparat angeschlossen, damit geheilt wird von dickes Floh in Kopf! Macht sich jetzt selbst gesund. Hahaha! Mammy Linda nix dumm! Komm schnell, Dorothy. Müssen auf Ranch und Essen kochen!“ Mammy Linda stapfte davon. Die „Gerechten“ sahen ihr entgeistert nach. Mr. Porker, der den ganzen Auftritt mit verfolgt hatte, fand zuerst die Sprache wieder. „Müssen uns um Watson kümmern, Pete. Wer weiß, was Mammy Linda mit ihm angestellt hat.“ Aus dem Hause drangen jetzt entsetzliche Schreie. Unverkennbar John Watsons Stimme. Die Freunde sausten los. Sie nahmen den Weg durch die Hintertür. Ein seltenes Bild wurde ihnen geboten. John Watson saß, eingewickelt in eine Tischdecke, zappelnd auf dem Stuhl. Er schrie und lachte, lachte und schrie. Mammy hatte ihn tatsächlich an den Kitzelapparat angeschlossen. Der Wunderdoktor wurde rasch befreit. Watson wollte natürlich sofort Rache an Pete nehmen. Bevor er aber noch Ohrfeigen verteilen konnte, erschien Mr. Porker im Zimmer. „Verdammt, Watson! Nennen Sie das Dienst an der Gesundheit? Teufel, ich kann es vor Schmerzen nicht mehr aushalten, und Sie machen hier alberne Faxen. Los, heilen Sie mich!“ John Watson kümmerte sich augenblicklich um Old Porker. Pete und seine Freunde verhielten sich ganz still. Ja, sie hielten beinahe den Atem an. Gespannt sahen sie der Prozedur zu. Mr. Porker hatte auf einem Stuhl Platz genommen. John Watson fragte ihn, wo er denn die Schmerzen fühle. „Überall“, knurrte Porker, „meine Knochen sind schon ganz steif. Hol’s der Geier! Wenn Sie mich heilen Watson. zahle ich Ihnen fünfzig Dollar. Ist mein ganzes erspartes Geld.“ „Sie können schon jemanden hinschicken, das Geld zu holen“, strahlte Watson. „Meine Methode ist ganz einwandfrei. Schließen Sie die Augen und denken Sie fest daran, gesund werden zu wollen.“ „Da denke ich Tag und Nacht dran“, brummte der Posthalter. 56
Onkel John legte den Metallbügel um Porkers Unterarm. Dann drehte er am Knöpfchen. Die Röhren glühten auf, und man hörte den Summton. „Spüren Sie etwas, Porker?“ Watsons Stimme bibberte. „Es kitzelt. Verdammt kitzelig. Mammy Linda hatte recht.“ „Schweigen Sie! Wenn Sie soviel reden, wirkt es nicht.“ Der Apparat summte und summte. Endlich drehte Watson ab. „Okay, Porker. Sie sind gesund! Stehen Sie auf. Ihre Schmerzen sind weg.“ Mr. Porker stand auf. Er machte einen Schritt, dann fluchte er los: „Devils, Watson! Machen Sie keine Scherze, ja? Meine Schmerzen sind nicht weg! Wie können Sie solche leichtsinnigen Behauptungen aufstellen?“ ‚Der ‚Bund’ schrie wie auf Kommando los. John Watson schrie auch. Es half aber alles nichts. Mr. Porker humpelte genau wie vorher. „Sie sind ein Scharlatan, Watson! Ein ganz großer Gauner! Ich lasse mir das nicht gefallen! Sie werden noch von mir hören!“ Zehn Minuten später sprach das ganze Town davon. Old Porker begab sich nämlich auf den Vorbau und verkündete laut, daß seine Krankheit nicht geheilt werden konnte. „Geht nach Hause, Leute!“ rief er. „Alles Schwindel! Man kann mit Radioröhren keine Krankheiten heilen.“ * Am Abend dieses Tages fand abermals eine Versammlung im „Weidereiter“ statt. Alles, was in Somerset Beine hatte, war erschienen. Der „Bund“ hatte von Mr. Tunker eine Extraeinladung bekommen. „Liebe Freunde“, begann der Sheriff, „wir sind hier zusammengekommen, um abermals über die Notwendigkeit eines Krankenhauses zu beraten. Zwar gibt es Leute, die an einen 57
Wunderdoktor glauben, aber man hat in den letzten beiden Tagen ja erlebt, wohin man damit kommen kann.“ „Ich will mein Geld wiederhaben!“ schrie eine Stimme aus der Ecke. „Dieser Gauner hat mich hereingelegt!“ Es war Mr. Strampel, der Viehhändler. „Nur Geduld, Mr. Strampel“, sagte Tunker. „es wird sich alles finden. Zuerst will ich erklären, was es mit dem Strahlenapparat des Mr. Gullman auf sich hatte. Es handelte sich um Radioteile. Gullman hatte sich darauf spezialisiert. Er brach in Häuser ein, stahl dort Radios und fabrizierte daraus dann den Wunderapparat. Diese Dinger verkaufte er an Leichtgläubige. John Watson wurde durch mich ausgesandt, den Radiodieb zu fangen. Gullman aber war schlauer als Watson! Er schenkte dem Hilfssheriff einen solchen Apparat, um dadurch sein Vertrauen zu erringen. John Watson aber fiel darauf herein! Und mit ihm eine ganze Menge Leute.“ „Meinen Sie mich damit?“ schrie Mr. Strampel. „Jawohl, auch Sie“, erwiderte Tunker. „Sie zu allererst. Sie bildeten sich als erster ein, durch UVP-1000-Strahlen geheilt zu sein. – An dieser Stelle darf ich aber besonders den Boys vom ‚Bund der Gerechten’ danken. Sie hatten gleich erkannt, um was es ging.“ „Bravo! Bravo!“ Mr. Porker und Mr. Baker schrien zuerst los und steckten damit alle Leute an. „Und was ist aus Gullman geworden?“ wollte Mr. Tinfad wissen. „Ich habe ihn bei einem neuerlichen Radiodiebstahl erwischt. Er hat ein Geständnis abgelegt und sitzt bereits im Staatsgefängnis zu Tucson.“ „Es lebe Mr. Tunker, der tüchtige Sheriff!“ Joe Jemmery quietschte es laut. „Was hat denn das mit dem Krankenhaus zu tun?“ Mrs Timpedow kam darauf zurück. „Man hat gesehen. Freunde, wieviel Unsinn mit Krankheiten 58
getrieben wird. Wollen wir nicht doch dafür sorgen, daß die Gesundheit in bessere Hände gelegt wird? Ich schlage vor, eine Spendenliste aufzulegen. Wie wäre es, wenn John Watson den Anfang machte?“ Wunderdoktor Watson trat vor. Er bekam einen ganz roten Kopf. Dann räusperte er sich und sprach: „Ich will alles wiedergutmachen, liebe Leute. Das Geld, es sind tausend Dollar, stifte ich für das neue Krankenhaus. Das heißt, wenn Mr. Strampel seine fünfhundert Dollar nicht zurückhaben will. Sonst ist es freilich nur die Hälfte.“ „Bin einverstanden,“ knurrte der Dicke. „Somit hat John Watson den Grundstein für das neue Spital gelegt“, lachte Tunker, „ich schätze, wir können ihm nicht mehr böse sein.“ „No, man konnte Onkel John nicht mehr böse sein. Er wurde in Liebe wieder aufgenommen. Sogar seinen Sheriffstern durfte er an seine Brust heften. Alle waren darüber sehr froh. Was war denn auch Somerset ohne Hilfssheriff John Watson? – Ende –
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Wissenswertes Allerlei:
Niemand kann die Tiere zählen Nur die Arten, denen die einzelnen Tiere angehören, lassen sich grob schätzen. Auch die Ermittlungen, die bisher über die deutsche Tierwelt angestellt wurden, ergaben nur annähernde Werte. Demnach gibt es im Gebiet der alten deutschen Grenzen rund 37500 Tierarten. Die stärkste Gruppe bilden dabei die Hautflügler, also die Bienen und Wespen, mit allein 10000 Arten. 6800 verschiedene Käfer gibt es, 6000 Fliegenarten, 3000 verschiedene Schmetterlinge, 2230 verschiedene Spinnen, 2244 Wurmarten, aber nur 79 verschiedene Fische und 105 Formen unter den Säugetieren. Die Welt der Kleinlebewesen ist also am stärksten vertreten. Allein 96 Prozent aller Tiere können auf der Hand, ja auf dem Fingernagel Platz finden, und der siebente Teil des Tierreiches, meist einzellige Lebewesen, ist überhaupt unsichtbar. – Der Artenbestand der ganzen Welt ist natürlich größer, denn jedes Land hat nur die Tiere, denen es günstige Lebensbedingungen geben kann. Es werden auf der Erde etwa 920000 Arten geschätzt, vom tausendstel Millimeter großen Einzeller bis zum über 30 Meter langen norwegischen Blauwal. Außerdem sind allein 100000 bereits ausgestorbene Tierarten bekannt. Die Frage, wieviel Tiere nun diesen rund eine Million starken Arten der Welt angehören, kann wohl nie beantwortet werden. Die Zahl würde auch jedes menschliche Vorstellungsvermögen übersteigen.
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Scheren, die nicht schneiden Natürlich nimmt man sich immer wieder vor, für jeden Zweck seine besondere Schere zu benutzen und die feine Nähschere der Mutter auf keinen Fall für Bastelarbeiten zu verwenden, wenn an unserer Radiobastelei ein Stück Draht abgeschnitten werden soll. Und auch die dicken Tannenzweige haben unserer langen Papierschere nicht eben gut getan, als wir mit Kraftanstrengung „rasch mal“ die dicksten Ende abknipsten. Scheren sind keine Zangen, und mit Basteleien beschäftigte Jungen sind keine Engel, die keinerlei Versuchungen unterliegen. Kurz und gut, die Haushaltsschere ist wieder einmal stumpf, und es ist ein vergebenes Bemühen, haarscharfe Ränder an unseren Papierbogen zu schneiden. Da gibt es einen billigen kleinen Ausweg – der zwar den Scherenschleifer nicht ersetzt, jedoch für ein Weilchen hilft –: Nehmt Euch eine Flasche vor und tut so, als wolltet Ihr mit Eurer Schere den Hals abschneiden. In Kürze ist die Schere scharf!
Wir wandern im schönen Deutschland Zu einem richtigen PETE-Jungen gehört auch, daß er seine Heimat kennen lernt. Zuerst die nähere Umgebung, das versteht sich, dann die weitere, aber schließlich darf und soll man sich auch noch mehr im deutschen Vaterland umschauen. Denn Deutsch61
land zählt zu den schönsten Reiseländern, die es gibt, und nicht ohne Grund kommen die Ausländer alljährlich in immer größeren Scharen nach Deutschland. Sie finden hier alles, was an landschaftlicher Mannigfaltigkeit überhaupt nur gesucht werden kann: den Meeresstrand mit Nord- und Ostsee zum Baden und Erholen in Sonne, Wasser und Wind, die freundlichen Niederungen; die abwechslungsreichen, waldumkränzten Mittelgebirge; gewaltige Ströme mit Burgen und Schlössern; verlockende Romantik der alten Städte mit ehrwürdigen Bauten aller Art; schließlich aber die schneebedeckten Gipfel der deutschen Alpen und ihre grünen Matten. Alles das ist Deutschland, ist die Bundesrepublik Deutschland, in ihrem jetzigen Umfang freilich nur. Denn in einem wiedervereinigten Deutschland müßten die Gebiete der jetzigen Sowjetischen Besatzungszone bevorzugt berücksichtigt werden: Der malerische Thüringer Wald; Sachsen mit dem abwechslungsreichen Erzgebirge und der bizarren Wunderwelt der Sächsischen Schweiz, das Zittauer Bergland nicht zu vergessen; der ganze Harz, der jetzt, durch eine widersinnige Grenze in zwei Teile zerrissen, auch seinerseits ein Spiegelbild der Teilung Deutschlands ist; das anheimelnde Mecklenburg mit Vorpommern und der Küste; die seenreiche Mark Brandenburg mit ihren Hügeln und weiten Wäldern. Auch Berlin gehört dazu, und gerade die ehemalige Reichshauptstadt, die man gern die interessanteste Stadt Europas nennt, sollte schon jetzt jeder kennenlernen, der es in irgendeiner Weise ermöglichen kann. Gibt doch die zweigeteilte Stadt einen lebendigen Anschauungsunterricht für jeden, der Augen im Kopf hat, um zu sehen und sich aus dem Gesehenen eine eigene Meinung zu bilden. Wo soll man anfangen, wo aufhören, wenn man Deutschland auf Wanderfahrten kennenlernen will? Die schmale, langgestreckte Gestalt der Bundesrepublik läßt es naheliegend erscheinen, im äußersten Norden oder im äußersten Süden zu beginnen. Das soll selbstverständlich keine Bevorzugung für die 62
PETE-Freunde in Schleswig-Holstein und an der Nord- und Ostseeküste oder der in Oberbayern und am Bodensee sein, die haben es ohnehin weit genug nach dem nördlichsten Norden oder nach dem südlichsten Süden unseres Vaterlandes! Nehmen wir also den äußersten Süden und wandern wir dann in unseren Artikeln langsam nordwärts. Bayern als unser Wanderziel Vom Allgäu bis zum Königssee erstrecken sich mit weit über tausend Gipfeln die Berge der deutschen Alpen, die zu den nördlichen Kalkalpen gehören. Sie sind reich an steilen Felswänden, an denen sich geschulte Bergsteiger erproben (oft leider auch ungeschulte, und die Folgen erfährt man dann aus Zeitungsberichten, daß die Bergwacht unter Aufopferung des eigenen Lebens leichtsinnige oder unzureichend ausgerüstete Bergbegeher aus Bergnot retten mußte oder sie zu retten versucht hatte!). Das Landschaftsbild ist von erhabener Schönheit, denn die schneebedeckten Gipfel, die dunklen Nadelwälder, die blumenübersäten Wiesen, die stillen Bergseen und die üppigen Almen ergeben eindrucksvolle Szenerien, die im Sommer durch ihre Farbenpracht, im Winter durch das glitzernde Weiß von Eis und Schnee ausgezeichnet sind. Es ist klar, daß die zu Tal strömenden Wasserläufe das Bild der Landschaft und ihre Gliederung bestimmen. Oft werden sie vom Firnschnee der Alpen gespeist; manche kommen schon aus Österreich oder der Schweiz, andere verlassen Deutschland wieder, wie z. B. die Donau, die ja in ihrem Lauf Süd- von Oberbayern trennt. So bildet die Salzach einige Zeit Deutschlands Grenze, bis nach der Vereinigung mit dem Inn dieser Strom die Grenzziehung übernimmt, um bei Passau in die Donau einzumünden.
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In der Heimat von Watzmann und Zugspitze Der äußerste Südosten Deutschlands, der von dem Berchtesgadener Land gebildet wird, verdient schon wegen des dunkelgrünen Königssees mit seinem berühmten 32fachen Echo einen Besuch. Der 2714 Meter hohe Watzmann krönt Berchtesgaden mit seiner vorbildlichen Großjugendherberge, Bad Reichenhall mit dem 1618 Meter hohen, blumenübersäten Predigtstuhl ist eine weitere Zierde des Landes, zu denen auch die vielbesuchten Fremdenorte wie beispielsweise Ruhpolding und Reit im Winkl zählen. Hier findet man auch die schönsten Punkte der deutschen Alpenstraße. Vergessen wir nicht den Chiemsee, mit 82 qkm der größte bayerische See, dazu den kleineren Schliersee wie den größeren Tegernsee. Aber damit haben wir bereits das Gebiet der Berchtesgadener Alpen verlassen. Wir befinden uns im Herzen Oberbayerns, etwa östlich vom Aussichtsberg Wendelstein und westlich Oberammergau, dem berühmten Passionsspiel-Dorf, begrenzt. Was gibt es da nicht alles für Berge, angefangen vom Wallberg mit Tegernsee und aufgehört beim Herzogstand mit Walchensee! Prachtvolle Schlösser wie Linderhof, Neuschwanstein und Hohenschwangau, liegen auf dem Wege. Malerische Kirchen wie die Wieskirche und Kloster Ettal laden zur Besichtigung ein. Aber dann streben wir weiter nach Garmisch-Partenkirchen im Werdenfelser Land und Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze mit ihren 2963 Metern. Der Gebirgsort Mittenwald im Karwendelgebirge hart an der österreichischen Grenze ist schon richtig alpin gelegen; in fast 1000 Meter Höhe, am gewaltigen Absturz des Zugspitz-Massivs, schimmert der Eibsee. Vom Allgäu geht’s nach Schwaben Der Sprung ins Allgäu ist nicht weit, aber lohnend: Über Pfronten und Nesselwang geht es nach Hindelang und Oberstdorf, 64
dem Hauptort dieser südlichsten Gebirgslandschaft. Natürlich kann man auch über Kempten, Immenstadt und Sonthofen in dieses Paradies der Bergfreunde kommen, das mit Hochvogel (2594 Meter) und Mädelegabel (2646 Meter) hochragende Bergriesen an der deutschen Landesgrenze aufweist. Das Allgäu stuft sich nach Oberschwaben und dem bayerischen Schwaben zu ab; alle Wege und Eisenbahnlinien führen nun zum „goldenen“ Augsburg hin, das mit seinen mehr als 200 000 Einwohnern, seiner uralten Geschichte und seinen vielen Kunstdenkmälern eine lebhafte und sehenswerte Stadt zugleich ist. Hier findet man in der Fuggerei die erste Sozialsiedlung der Welt. Augsburg ist aber erst der Auftakt zur Landeshauptstadt München, der bedeutendsten Stadt des deutschen Südens überhaupt, die vor einiger Zeit in die Reihe der Millionenstädte eingetreten ist. Über die vielen Sehenswürdigkeiten dieser Stadt (z. B. die Frauenkirche mit den beiden Haubentürmen, die Peterskirche, die man auch den „Alten Peter“ nennt, die Theatinerkirche, der Englische Garten, die Schlösser Nymphenburg und Schleißheim mit ihren Parks, über Feldherrnhalle und Bavaria, Rathaus mit Glockenspiel) und über die berühmten Sammlungen im Deutschen Museum, im Haus der Kunst und anderen Galerien hat man ebensoviel gehört wie. über das weltbekannte Oktoberfest und das Münchner Faschingstreiben. – Wird fortgesetzt – Hans Köhler
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Steht ein neuer Vesuv-Ausbruch bevor? Der Vesuv in der lieblichen Landschaft des Golfes von Neapel sieht alles andere als gefährlich aus. So heiter und friedlich wirkt er. Dabei hat dieser Vulkanberg erst vor 12 Jahren zum letzten Male die Menschen seiner Umgebung in Angst und Schrecken versetzt. Am 18. März 1944, mitten im Kriege also, kam es zu einem plötzlichen, unerwarteten Ausbruch. Ungeheure Lavamassen, man schätzt 500000 cbm, brachen aus dem Krater und wälzten sich die blühenden Hänge des Vesuvberges hinab. Wie ein Augenzeuge berichtet, fegte der glühende Feuerstrom buchstäblich wie ein Wasserfall aus Feuer einen steilen Abhang hinab in die Tiefe. Zwei Dörfer, Massa und San Sebastino, wurden damals von der kochenden Lavamasse verschlungen. Obstgärten und Rebenhaine wurden überrannt und verwüstet. Selbst dreistöckige Häuser widerstanden nur kurze Zeit und brachen dann inmitten von Staub und Feuer zusammen. Als sich der Lavastrom verlangsamte, kam die Phase der Explosionen. Während ein tiefes, zorniges Brüllen aus dem Innern des Berges nach außen drang und der Boden ringsum erschüttert wurde, erhob sich eine riesige Wolke aus rollenden Rauchmassen 7000 Meter in die Höhe! Zickzackblitze beleuchteten die Szenerie gespenstisch. Die Straßen hatten sich inzwischen mit flüchtenden Menschen und Tieren gefüllt. Lest weiter auf Seite 39
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JIU-JITSU selbst gelernt
89. Übung: Abwehr gegen Umklammerungen
Abb. 347–350, Abwehr gegen einen Schwitzkasten: Auch diesmal hat Dich der Gegner von vorn in den Schwitzkasten genommen (Abb. 347). Du legst Deinen rechten Arm um die Hüfte des Gegners und steigst mit Deinem rechten Fuß dicht hinter sein rechtes Bein (Abb. 348), gleichzeitig kniest Du Dich links nieder. Indem Du nun dem Gegner mit Deinem rechten Arm in Pfeilrichtung drückst, wird er über Dein Knie hinweg auf den Rücken geworfen. In der Bodenlage angelangt (Abb. 349–350), befreist Du Dich dadurch aus dem Schwitzkasten, daß Du jetzt mit Deinem ganzen Körpergewicht über das Gesicht des Gegners nach vorn abrollst.
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Abbildungen und Text dieser Lektion wurden uns vom Verfasser des Lehrbuches „Jiu-Jitsu im Selbstunterricht“, Sportlehrer Herbert Klinger von Klingersdorff, freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Das Lehrbuch „Jiu-Jitsu im Selbstunterricht“ umfaßt 500 Abbildungen nebst genauer Beschreibung eines jeden Griffes. Das Buch ist lieferbar in Deutschland durch Firma Karl Schuster, Schifferstadt, Postfach, zum Preise von 5,50 DM zuzügl. Porto. Unsere Leser in Österreich und in der Schweiz erhalten das Buch zum Preise von 25.– S plus Porto direkt von Hubert Klinger von Klingersdorff, Wien 69, Fach 12.
Der PETE-Bund teilt mit: Es ist uns nicht möglich, Anfragen zu beantworten, wenn kein Rückporto beigefügt ist. Die Mitgliedschaft zum PETE-Bund ist beitragsfrei, so daß die Mitglieder bei Anfragen dafür sorgen müssen, daß keine besonderen Unkosten entstehen. Die Mitgliedskarte 1958 ist nicht einzeln lieferbar, sondern sie befindet sich im PETE-Heft Nr. 164. Gegen Einsendung von 40 Pfennig erfolgt die Nachlieferung. Bei Bestellung ist das Geld in Briefmarken mit einzuschicken. Neuaufnahmen werden mit Namen und Anschrift immer in einem der nächsten PETE-Hefte veröffentlicht unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Mitgliedsnummer für den neu Aufgenommenen. Beachtet also diesen Hinweis bei Eurer Werbung. Denkt daran, daß die Beitragsmarken für 1958 für Euch sehr wertvoll sind, weil Ihr dadurch am Jahresschluß sehr günstig zu einem PETE-Buch kommen könnt. Neue Mitglieder: In den PETE-Bund aufgenommen wurden Karl-Heinz Menges, Großen-Linden, Nr. 54428; Günther Moog, Opladen, Nr. 54429; Ernst Glaser, Haibach bei Aschaffenburg, Nr. 54430; Peter Becker, Darmstadt, Nr. 54431; Bernd Jeppen, Brüggen, Nr. 54432; Elvira Müller, Augsburg, Nr. 54433, Rainer Albach, Großen-Linden, Nr. 54434; 68
Ullrich Tismer, Wiesbaden-Dotzheim, Nr. 54435; Henri Sievers, Wiesbaden-Dotzheim, Nr. 54436; Peter Hafner, Wiesbaden-Kolheck, Nr. 54437; Michael Färber, Wiesbaden-Dotzheim, Nr. 54438; Gerhard Friedmann, Bayreuth, Nr. 54436; Karl-Heinz Veiten, GroßenLinden, Nr. 54439; Helmut Obesser, Ingolstadt, Nr. 54440; Detlef Keller, Schweinfurt, Nr. 54441; Dieter Fritz, Göggingen, Nr. 54442; Walter Fritz, Göggingen, Nr. 54443; Wolfgang Schneider, Mittelhattert, Nr. 54444; G. Wallner, Kempten, Nr. 54445; G. Rauch, Kempten, Nr. 54446; G. Hattler, Kempten, Nr. 54447; H. Hattler, Kempten, Nr. 54448; Georg Langenfeld, Witten-Annen, NR 54449; Lothar Günther, Frankfurt (Main), Nr. 54450; Dieter Schäfer, Löhnberg, Nr. 54451; Renald Sebel, Brake, Nr. 54452; Fritz Vowinkel, Brake, Nr. 54453; Klaus Ashauer, Brake, Nr. 54454; Peter Honig, Brake, Nr. 54455; Wolfgang Schad, Friedberg, Nr. 54456; Wolfgang Haselhorst, Friedberg, Nr. 54457; Peter Köhler, Schönberg, Nr. 54458; Karl-Heinz Kraushaar, Berlin-Friedenau, Nr. 54459; Franz Lux, Wäschenbeuren, Nr. 54460; Rainer Billasch, Friedberg, Nr. 54461; Jürgen Hess, Friedberg, Nr. 54462; Uli Bayer, Friedberg, Nr. 54463; Roland Jeglorz, Coburg, Nr. 54464; Theresia Hock, Traunstein, Nr. 54465; Hans-Jürgen Wittorf, Berlin-Neukölln, Nr. 54466; Waldemar Amrhein, Heimbuchenthal, Nr. 54467; Hans Kroth, Heimbuchenthal, Nr. 54468; Manfred Kempf, Heimbuchenthal, Nr. 54469; Winfried Wagner, Haibach, Nr. 54470; Dieter Bongs, Wuppertal-Elberfeld, Nr. 54471; Dieter Ohmsieder, Berlin N 20, Nr. 54472; Wolfgang Weil, Bellersheim, Nr. 54473; Ruth Kistler, Davos-Platz (Schweiz), Nr. 54474; Peter Bockelmann, Osnabrück, Nr. 54475; Reiner Rotart, Osnabrück, Nr. 54476; Detlef Schumann, Osnabrück, Nr. 54477; Klaus-Dieter Bloss, Osnabrück, Nr. 54478; Walter Frodl, GroßenLinden, Nr. 54479.
Neue PETE-Gruppen: In verschiedenen Orten haben sich PETE-Jungen zu PETEJugendgruppen zusammengeschlossen. Von solchen Gruppen gingen uns Mitteilungen über Neugründungen zu, die zur Nachrichtenübermittlung jeweils mit Kenn-Nummern versehen sind, 69
die Ihr angeben müßt, wenn Ihr Euch mit einer Gruppe in Verbindung setzen wollt. P 1846 Friedberg/Hessen (Leiter Wolfgang Haselhorst), P 1847 Osnabrück (Leiter Detlef Schumann), P 1848 Heimbuchenthal über Aschaffenburg (Leiter Manfred Kempf), P 1849 Mannheim-Waldhof (Leiter Fritz Mayer), P 1850 Kempten/Allgäu (Leiter Georg Wallner), P 1851 Wolfenbüttel (Leiter Hans-Helmut Köchy), P 1852 WiesbadenDotzheim (Leiter Jürgen Wiese). Das wird Euch sicher begeistern! Der PETE-Bund beim UtaVerlag, Bad Godesberg-Mehlem, Rüdigerstr. 39, kann bei einer Abnahme von 10 gleichen älteren PETE-Heften diese portofrei zu einem Vorzugspreis von 1 DM liefern. Macht also einmal Eure Freunde, Schulkameraden, Sportkameraden u.a.m. auf diese Möglichkeit aufmerksam. Ihr braucht also nur von jedem 10 Pfennig einzusammeln, bis Ihr 1 DM beisammen habt und diesen Betrag an den PETEBund zu senden (evtl. auch in Briefmarken, Ausland drei internationale Postantwortscheine), dabei die Nummer des gewünschten PETE-Heftes anzugeben, um so zu einem einmaligen Sonderpreis zu spannendem Lesestoff zu kommen. Nur beachten: Es müssen immer mindestens zehn Hefte der gleichen Ausgabe bestellt werden.
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Zum Jahresschluß vormerken: Unser Hinweis, daß wir Euch die PETE-Bund-Marken am Jahresschluß verrechnen, hat große Begeisterung ausgelöst und aus Euren Reihen weitere Vorschläge gebracht. Wir wollen nun Euren Wünschen Rechnung tragen und unsere Bedingung dahingehend erweitern, daß beim Einkauf eines PETE-Buches im Dezember 1958 jede PETE-Bund-Marke (Büchermarke) aus dem Jahre 1958 mit 0,10 DM verrechnet wird. Wer also nicht die Gelegenheit hat, die PETE-Bund-Marken in laufender Reihenfolge zu sammeln, der kommt auch in den Genuß des Vorzugsangebotes, wenn lückenhaft gesammelt wird. Von jedem Einsender wird aber die gleiche Marke nur einmal anerkannt. Es zählen also nicht drei gleiche Marken, z. B. 1/58 als 3 Punkte, sondern nur als 1 Punkt! Wenn Euch also dieses oder jenes Heft verlorengeht, dann bleiben Euch trotzdem die anderen Bücherpunkte erhalten für jede einmalige PETE-Marke aus dem Jahre 1958. Das Sammeln der PETE-Marken als Bücherpunkte lohnt sich, weil Euch dafür am Jahresschluß ein schönes PETE-Buch erfreuen wird. PETE-Film „Die Lausbuben von Somerset“: Allen PETE-Freunden steht der PETE-Film mit interessantem Beiprogramm kostenlos zur Verfügung. Es handelt sich um 8mm-Schmalfilme, die mit jedem Schmalfilmprojektor für dieses Format und 120 m Leerspule vorgeführt werden können. Für Veranstaltungen der PETE-Gruppen und Eurer Schule sind diese Filme bestens geeignet. Sprecht einmal mit Euren Eltern und Lehrern darüber. Schreibt dann dem PETE-Bund Eure nicht zu kurzfristigen Terminwünsche. Als Entleiher müßt Ihr lediglich
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ZAHLREICHE 10-25JÄHRIGE JUNGEN UND MÄDCHEN in Europa und Übersee wünschen Briefwechsel in Deutsch, Englisch, Französisch usw. Vermittlungen durch Internationales Korrespondenz-Büro, Abt. P., Anna-Maria Braun, München 15, Lindwurmstraße 126-A.
eine erwachsene Person angeben, das sind die ganzen Bedingungen. Ihr werdet am PETE-Filmprogramm Eure helle Freude haben! Viele PETE-Freunde haben geschrieben, daß sie gern am nächsten PETE-Film mitwirken würden. Hier ist noch etwas Geduld erforderlich. Der PETE-Bund wird rechtzeitig darauf zurückkommen; die Pläne dazu sind vorerst noch in Vorbereitung. PETE-Leser haben Wünsche: Unter den nachstehenden Kennziffern liegen Briefwechselwünsche vor. Wer sich mit einem dieser Leser in Verbindung setzen möchte, schreibe unter Angabe der Kennziffer und Beifügung von Rückporto an PETE, Die Redaktion stellt dann die Verbindung her. Die Angaben in Klammern nennen das jeweilige Alter, soweit es mitgeteilt wurde. B 27 Hans-Helmut Köchy, Wolfenbüttel (12 J.), sucht einen Brieffreund. – B 28 Briefwechsel wünscht sich Werner Schmid, Schönberg/Ndb. (12 J.). – B 29 Klaus Franke, Bad Hersfeld (13 J.), möchte mit einem PETE-Freund im Ausland korrespondieren. Briefmarkentausch: Jedes Mitglied des PETE-Bundes kann am Briefmarkentausch teilnehmen. Bis zu 25 einwandfreie Tauschmarken können unter Angabe des Absenders und Beifügung eines mit der Adresse 72
versehenen und mit 7 Pf frankierten Umschlages für die Rücksendung eingeschickt werden. Marken, die nicht einwandfrei sind oder keinen Tauschwert haben, müssen an den Absender zurückgesandt werden. Der PETE-Bund kann liefern: Vom Uta-Verlag, Bad Godesberg-Mehlem, Rüdigerstr. 39, können gegen Voreinsendung des Betrages bezogen werden: die versilberte PETE-Anstecknadel (0,50 DM); die PETESammelmappe (1 DM); der PETE-Fahrradwimpel (1,50 DM); das neue PETE-Buch (4,50 DM); das lustige Jippi-Buch (2,80 DM). Die Mitgliedsmarken des PETE-Bundes (wie nebenstehend) müßt Ihr gut aufheben. Zum Jahresschluß ist damit eine Preisverteilung verbunden, an der alle Mitglieder des PETE-Bundes teilnehmen können.
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Steht ein neuer Vesuv-Ausbruch bevor? (Fortsetzung von Seite 34) Als endlich nach drei langen Tagen und Nächten die Schreckenszeit vorüber war, hatte sich am Vesuvkegel ein neuer, kalter Krater von etwa 200 Meter Tiefe gebildet. Stahlharte Gesteinsbrocken und Asche bedeckten meilenweit die Umgebung und gab der Landschaft ein geisterhaft-finsteres Aussehen. In den heute noch nicht ganz ausgegrabenen Dörfern gab es Tote, wovon die meisten durch einstürzende Häuser ums Leben kamen. Unter den schweren Felsstücken, die der Vesuv ausgespien hatte, befand sich ein acht Zentner schwerer Stein von der Größe eines fetten Schweins. 1 ½ km weit war er geflogen! Ja, einige dieser „vulkanischen Kanonenkugeln“ wurden rund 10 km vom Vesuvkrater entfernt gefunden! Der Aschenregen ging in Albanien nieder, auf der Italien gegenüber liegenden Küste des adriatischen Meeres. Von einem Ausbruch des Vesuvs im Jahre 472 wird berichtet, daß Vesuvasche in Konstantinopel, der heute Istanbul genannten größten Stadt der Türkei, niederging! Wo er jeweils niedergeht, hängt von der Stärke und Richtung des Windes ab. Obgleich der Vesuv nicht zu den größten noch nicht erloschenen Vulkanen gehört, fesselt er schon seit altersher die Menschen im besonderen Maße. Als größter Vulkan der Welt zählt der Mt. Lascar in Chile in Südamerika mit 6443 Metern. Auch die beiden anderen noch „aktiven“ Vulkane in Italien, der Ätna auf Sizilien und der stets tätige Stromboli auf einer Sizilien vorgelagerten Insel – er erhellt nachts das Meer mit seinem brillanten Feuerwerk – sind zweieinhalbmal so groß. Berühmt und zugleich berüchtigt wurde der Vesuv durch den größten Vulkanausbruch der Weltgeschichte vor rund 1900 Jahren im Jahre 79 n. Chr., der eine große Katastrophe verursachte. Drei Orte, Pompeji, die 20000 Seelen zählende Hafenstadt, Herkulaneum, der ruhige Wohnort mit 500 Einwohnern und der elegante Erholungsort Stabiae mit etwa 2000 Einwohnern wur74
den restlos unter der Lava begraben. Augenzeugen haben der Nachwelt den genauen Hergang der Katastrophe berichtet, bei der viele Tausend Menschen ums Leben kamen. Pompeji, die bekannteste unter den dreien, wurde erst im 18. Jahrhundert von einem Bauern, der einen Brunnen graben wollte, durch Zufall entdeckt. Heute sind etwa Dreifünftel der Stadt freigelegt. Viele Tausende von Touristen besichtigen alljährlich die Straßen und Häuser der vom plötzlichen Tode überraschten Stadt. Der Schriftsteller Bulwer-Lytton hat in seinem Buch „Die letzten Tage von Pompeji“ das Schicksal dieser Stadt, wenn auch nicht geschichtsgetreu, so doch packend und im allgemeinen zutreffend geschildert. Ohne besondere Gefährdung kann man heute bis zu dem gewaltigen, zylinderförmigen Vesuvkrater vordringen, der etwa 600 Meter Durchmesser hat. Aus seinem Innern steigen gelbe Dämpfe hoch und füllen die Luft mit schwachem Schwefelgeruch. Wer Lust hat, kann sich einen Kaffee oder ein Ei an einer der heißen Stellen kochen, die es am schmalen Kraterrand gibt. Daß der Vesuv vor elf Jahren zu rauchen aufhörte, hält man für das Anzeichen einer baldigen neuen Eruption. Ein zu seiner Beobachtung errichtetes Observatorium stellte fest, daß die Kratertemperatur von 468 Grad Celsius vor fünf Jahren auf nunmehr 638 Grad Celsius angestiegen ist, was ziemliche Beunruhigung verursacht. Denn bei 718 Grad Celsius glüht Lava bereits und bei 1218 Grad kommt sie zum Kochen! H.G.
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Lieber PETE-Freund! An den Bildgeschichten „Pat und Petra“ kannst Du mitarbeiten. Wenn Du ein lustiges Erlebnis hast, dann schreibe uns darüber. Unser Zeichner macht daraus eine schöne Bildgeschichte, an der unsere PETE-Leser viel Freude haben. Die schönsten Einsendungen werden also von uns gereimt und bebildert. Euer PETE
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