Nr. 437
Duell der Symbionten Das Geheimnis der Topeya-Wiege von H. G. Francis
Nachdem Atlantis-Pthor, der Dimensionsf...
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Nr. 437
Duell der Symbionten Das Geheimnis der Topeya-Wiege von H. G. Francis
Nachdem Atlantis-Pthor, der Dimensionsfahrstuhl, in der Peripherie der Schwarzen Galaxis zum Stillstand gekommen ist, hat Atlan die Flucht nach vorn ergriffen. Nicht gewillt, untätig auf die Dinge zu warten, die nun zwangsläufig auf Pthor zu kommen werden, fliegt er zusammen mit Thalia, der Odinstochter, die Randbezirke der Schwarzen Galaxis an und erreicht das sogenannte Marantroner-Revier, das von Chirmor Flog, einem Neffen des Dunklen Oheims, beherrscht wird. Dort, von Planet zu Planet eilend und die Geheimnisse der Schwarzen Galaxis ausspähend, haben Atlan und seine Gefährtin schon so manche tödliche Gefahr ge meinsam bestanden – bis der Planet Dykoor zu Thalias Grab wurde. Doch auch nach Thalias Tod geht für den Arkoniden die kosmische Odyssee wei ter. Nach der Rückkehr seines Extrasinns und seiner Befreiung als Galionsfigur er reicht Atlan wieder Säggallo. Hier, auf der Zentralwelt Chirmor Flogs, auf der sich auch alte Freunde des Arkoni den zusammenfinden, braut sich etwas zusammen, sobald Artin, der geflüchtete Scuddamoren-Anführer, dort wieder erscheint. Es kommt zum Aufstand der Scudda moren, und der führt schließlich zum DUELL DER SYMBIONTEN …
Duell der Symbionten
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Die Hautpersonen des Romans:
Atlan, Razamon und Axton/Kennon - Drei alte Kampfgefährten begegnen einander.
Chirmor Flog - Der Herrscher des Marantroner-Reviers wird entführt.
Artin - Kommandant der schwarzen Scuddamoren.
Kerttel - Ein mysteriöser Zwerg.
Atzbäll - Kommandant der Besatzer von Pthor.
noch verstand Achtpforg ihn. »Ich weiß es auch nicht«, antwortete er. 1. Widersprüchlicher Roboter »Eine Niederlage zeichnet sich ab. Der Wi Die weiße Wand der Topeya-Wiege brach derstand der roten Scuddamoren bricht zu auf. Ein Durchgang bildete sich. Der Gersasammen. Ich habe bereits über die Zentrale Predogg Achtpforg tauchte darin auf. Er der Schwarzen Galaxis Verstärkung ange fuhr die teleskopartigen Linsen aus und rich fordert, aber es wird noch lange dauern, bis tete sie auf den Arkoniden. Dieser stand vor diese hier ist.« der Wand, in der Kerttel versunken war. »Bis dahin liegt dann alles in Schutt und »Komm«, befahl der Roboter. Asche«, bemerkte Atlan. »Wohin?« fragte Atlan. »Zu diesem Ergebnis bin ich auch gekom Er sprach ruhig und beherrscht. Er ließ men«, erklärte der Roboter. »Wir können die nicht erkennen, wie es in ihm aussah. Vor Topeya-Wiege nicht mehr halten.« wenigen Minuten war Kerttel, das zwergen »Ich weiß einen Ausweg«, sagte der Ar hafte Wesen, gestorben. Er war von der konide. Er war nicht zum ersten Mal in der Wand verschlungen worden, nachdem er ei Topeya-Wiege, und schon einmal hatte er ne Auseinandersetzung mit der Topeyaaus der Pflanze fliehen müssen. Jetzt wollte Pflanze gehabt hatte. Sein Geheimnis hatte er den gleichen Weg einschlagen, den er da Kerttel mit in den Tod genommen. Er hatte mals genommen hatte, obwohl er wußte, daß lediglich verraten, daß Chirmor Flog ihm die sich dabei Hindernisse vor ihnen auftürmen Augen gestohlen hatte, die Augen mit den würden, die schwer oder gar nicht zu über dreieckigen Pupillen. Er hatte jedoch nicht winden waren. »Wir sollten die Rohrbahn gesagt, warum das geschehen war, und was nehmen, die zum verlassenen Kontinent Du der Neffe mit diesen Augen sehen konnte. mork führt.« Der Roboter könnte es wissen, stellte der »Einverstanden«, sagte der Roboter mit Extrasinn fest. Er war der engste Mitarbei knarrender Stimme. »Komm. Wir können ter Chirmor Flogs und weiß mehr über ihn Chirmor Flog nicht dienen, wenn wir hier als alle anderen. vernichtet werden.« Der Arkonide zögerte, den Raum zu ver Der Weg führte sie wieder nach unten. lassen. Wiederum meldete sich der Logik Über sich sah Atlan es aufblitzen. Die Tope sektor. ya-Wiege schrie schmerzerfüllt auf. Flam Narr. Was geschehen ist, hat sich zwi men züngelten über die Wände. Atlan und schen der Pflanze und Kerttel abgespielt. der Roboter eilten die Wendeltreppe hinun Der Roboter hat nichts damit zu tun. Es wä ter. re unsinnig, ihn überhaupt merken zu lassen, Atlans Bestreben war es, die Topeyadaß es dich berührt. Pflanze so schnell wie möglich zu verlassen. Atlan verließ den Raum. »Wohin?« fragte Er wußte, daß sie ohne weiteres in der Lage er erneut. Seine Worte wurden von den Ex gewesen wäre, sie aufzuhalten. Sie konnte plosionen einiger Maschinen übertönt, die Zwischenwände errichten, sie mit Pseudoar von dem Energiefeuer der angreifenden men umschlingen oder in die Tiefe stürzen Scuddamoren erfaßt worden waren. Den lassen. Der Arkonide spürte, daß die Pflanze
4 dicht vor dem Zusammenbruch stand. Sie hatte zahlreiche Verletzungen erlitten. Die angreifenden Scuddamoren schienen be strebt zu sein, sie zu schonen, doch da sie auf die Verteidiger des Machtzentrums schossen, wurde die Topeya-Wiege immer wieder getroffen. Schneller, drängte der Extrasinn, sie weiß, daß Achtpforg der wahre Herrscher ist. Wenn sie begreift, daß er flüchten will, wird sie zuschlagen. Auf den unteren Gängen lagen mehrere Opfer der Schlacht. Bei einigen stand der ro te Energieschild noch, bei anderen war er zusammengebrochen. Atlan sah die im Me tamorphoseprozeß verwandelten Gestalten der Scuddamoren. Sie erschienen ihm wie die Ausgeburten einer fehlgesteuerten Phan tasie. »Schneller«, sagte er zu dem Roboter, der vor ihm lief. »Die Angreifer dürfen dich nicht fangen. Sie dürfen nicht erfahren, daß Chirmor Flog nicht mehr hier ist, sondern auf Pthor. Sie könnten versuchen, die Macht an sich zu reißen und dem Zentrum der Ga laxis vorzugaukeln, daß er noch hier ist.« »Ich weiß«, erwiderte der Gersa-Predogg, »aber dazu wird es nicht kommen. Ich werde dafür sorgen, daß Chirmor Flogs Macht er halten bleibt.« Sie liefen einen schräg in die Tiefe füh renden Gang entlang bis zu einem Raum, in dem ein zylindrischer Wagen im Eingang ei nes runden Tunnels steckte. An den Außen seiten des Wagens befanden sich zahlreiche Räder. Drei Scuddamoren in roten Energieschil den standen vor dem Waggon. Sie traten zur Seite und machten Atlan und dem Roboter bereitwillig Platz. »Die Tunnelröhre ist repariert worden«, erklärte einer von ihnen. »Man kann jetzt bis zum Kontinent Dumork fahren.« »Ihr bleibt hier«, befahl der Roboter. »Ihr sorgt dafür, daß niemand die Tunnelröhre hinter uns zerstört.« Die Tür schloß sich hinter Atlan und ihm. Der Wagen bewegte sich. Er beschleunigte
H. G. Francis
so stark, daß der Arkonide tief in die Polster gedrückt wurde. Der Zellaktivator in seiner Brust pulsierte heftig. Atlan hatte Mühe beim Atmen. Die Belastung durch die hohe Schwerkraft Säggallos und die zusätzliche Beschleunigung wurden fast zuviel. Er droh te bewußtlos zu werden. Doch da glitt der Wagen plötzlich mit gleichbleibender Ge schwindigkeit durch die Röhre. Atlan war überrascht, daß die Tunnelröhre mittlerweile repariert worden war. Bei seiner ersten Flucht aus der Topeya-Wiege war die Röhre an ihrer tiefsten Stelle unter dem Ozean eingebrochen. Wasser war eingedrun gen und hatte die Röhre gefüllt, so daß sie unpassierbar geworden war. Chirmor Flog mochte jedoch gerade durch diesen Vorfall darauf aufmerksam geworden sein, daß es für ihn nun im Notfall keine Fluchtmöglich keit mehr gab. Du solltest dir Gedanken darüber ma chen, wie es auf der anderen Seite der Röhre weitergeht, riet ihm der Extrasinn. Atlan blickte den kastenförmigen Roboter an, der wenige Meter neben ihm zwischen den Sitzen stand. Er war ratlos. Sein Ziel war, nach Pthor zu kommen. Das war jedoch vom Kontinent Dumork aus so gut wie unmöglich. Plötzlich verzögerte der Wagen so stark, daß Atlan sich nicht mehr im Sessel halten konnte. Er rutschte nach vorn. Geistesgegen wärtig richtete er sich auf und ließ sich in den gegenüberliegenden Sessel fallen. Der Verzögerungsdruck wurde nun so groß, daß er kaum noch atmen konnte. Vor seinen Au gen tanzten feurige Lichter. Dann hörte er die Räder kreischen. Mit einem Ruck hielt der Wagen an. At lan kippte erschöpft nach vorn. »Was ist los?« fragte er den Roboter. Achtpforg antwortete nicht. »Was ist? Warum sagst du nichts?« Der Wagen setzte sich wieder in Bewe gung. Dieses Mal beschleunigte er jedoch nicht so stark wie zuvor. Atlan achtete nicht darauf.
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Die Beschleunigung war unbedeutend für Fuß auf die Brust. Der Arkonide hatte das Gefühl, daß ein ihn. Wichtig war, daß der Wagen jetzt in umgekehrter Richtung fuhr. Er näherte sich tonnenschweres Gewicht sich auf ihn ge senkt hatte. Er legte die Hände um das Me wieder der Topeya-Wiege. Die Flucht war gescheitert. tallbein. Er versuchte, es hochzustemmen, um sich von dem Druck zu befreien, doch es »Wir müssen versuchen, den Wagen an gelang ihm nicht. zuhalten«, sagte der Arkonide. »Wo ist die Steuerung?« »Was ist los mit dir?« fragte er keuchend. Er erhob sich. »Was soll das?« Der Roboter streckte einen seiner Arme Der Roboter antwortete nicht. aus und stieß Atlan in den Sessel zurück. Einige Minuten verstrichen. Dann hielt »Was soll das?« fragte der Unsterbliche der Wagen endlich an. Achtpforg gab den unwillig. »Gib mir wenigstens eine Ant Arkoniden frei. wort.« Atlan war zunächst nicht in der Lage, sich Achtpforg schwieg auch jetzt. Einer sei aufzurichten. Er blieb auf dem Boden liegen. ner Arme blieb erhoben, so daß er jederzeit Der Roboter stieg über ihn hinweg. Er streb zupacken konnte, wenn der Arkonide versu te der Wagentür zu. Diese wurde von außen chen sollte, an ihm vorbeizukommen. Der geöffnet. Ächzend wälzte der Arkonide sich Wagen wurde immer schneller. In wenigen herum. Er sah einige schattenhafte Gestal Minuten mußte er wieder in der Topeya-Wie ten, konnte jedoch keine Einzelheiten erken ge sein. nen, weil der Roboter ihm die Sicht ver »Wenn wir zum Ausgangspunkt zurück sperrte. kehren, sind wir verloren«, sagte Atlan ein Die schwarzen Scuddamoren haben den dringlich. »Die Angreifer werden uns nicht Roboter umprogrammiert, stellte der Logik sektor nüchtern fest. Sie haben einen totalen schonen.« Er spürte plötzlich, daß der Roboter eine Sieg errungen. Achtpforg gehorcht ihnen. Ausstrahlung hatte, die von Minute zu Mi Sie haben ihn zurückbefohlen, und er ist ge nute stärker wurde. Es war etwas Drohendes kommen. »Steh auf und komm heraus«, rief ihm ei und Böses in ihr. Vorsicht, signalisierte der Extrasinn. Et ner der Scuddamoren zu. was hat Achtpforg verändert. Betrachte ihn Atlan zuckte zusammen. nicht mehr als Verbündeten, sondern als Die Stimme kannte er, und er wußte au Gegner. genblicklich, wer sich unter dem düsteren Unwillkürlich schüttelte der Arkonide den Energieschild verbarg. Kopf. Es erschien ihm absurd, daß der Ro boter sich plötzlich gegen ihn stellte. Er er * hob sich abermals, um nach vorn zu gehen. Der Gleiter flog durch eine Gebirgsland Er wollte nachsehen, ob sich der Waggon schaft, die endlos zu sein schien. von dort aus steuern ließ. Axton-Kennon und Razamon blickten Der Roboter stieß ihn abermals in den hinaus. Riesige Vögel, die sich vom Auf Sessel zurück. Doch noch wollte Atlan nicht wind an den Steilwänden tragen ließen, aufgeben. Er täuschte den Roboter mit einer schienen die einzigen Lebewesen zu sein, Bewegung nach links und versuchte, auf der die es außer ihnen auf Säggallo noch gab. rechten Seite an ihm vorbeizukommen. Sie wußten, daß es nicht so war. Irgendwo Achtpforg ließ sich jedoch nicht ausmanö weit vor ihnen war der Stützpunkt Chirmor vrieren. Er packte den Arkoniden und warf Flogs. Mehrere Flugstunden hinter ihnen be ihn zu Boden. Atlan wollte sich wieder auf fand sich der Raumhafen, von dem sie ent richten, doch der Roboter setzte ihm einen
6 kommen waren. Razamon, der die Maschine flog, weil er sich mit ihrer Technik besser auskannte als Axton, drehte sich immer wieder um und blickte zurück. »Uns folgt niemand«, sagte Axton gelas sen. Er war froh, daß er jemanden gefunden hatte, den er kannte und mit dem er zusam menarbeiten konnte. »Die Scuddamoren ha ben genug mit sich selbst zu tun.« »Davon bin ich noch nicht überzeugt«, entgegnete Razamon. Auch ihm kam entgegen, daß Axton auf Säggallo war und daß sie sich getroffen hat ten. Sie hatten beide das gleiche Ziel. Sie wollten zu Chirmor Flog, sich in sein Ver trauen schleichen und das von ihm verwalte te Machtgebilde danach von innen heraus aushöhlen und zum Zusammensturz bringen. Axton drehte sich um und blickte eben falls zurück. Sie flogen durch eine Schlucht. Die steil aufsteigenden Wände waren mit Eis und Schnee bedeckt. »Ich sehe niemanden«, sagte der Terraner. »Hast du etwas bemerkt?« »Ich bin mir nicht ganz sicher.« Axton wurde unruhig. Eine Auseinander setzung mit den Scuddamoren konnten sie sich nicht leisten. Sie hatten keine Waffen. Er zeigte auf eine seitlich einmündende Schlucht. »Wenn du glaubst, daß uns jemand folgt, dann sollten wir uns dort für eine Weile zu rückziehen.« Razamon nickte. Er verzögerte und lenkte den Gleiter in die Schlucht, die Axton ihm gezeigt hatte. Er landete in einem Felsspalt. Die Heizung der Maschine blies warme Luft in die Kabine, dennoch war es nicht warm genug für die beiden Männer. Sie hatten die Heckscheibe der Maschine zertrümmert, um mit dem Gleiter fliehen zu können. Jetzt strich eisige Luft durch das offene Fenster herein. Schweigend blickten sie in die Eisland schaft hinaus. Die tiefhängenden Wolken ließen nur wenig Licht durch, so daß der Schnee sie kaum blendete. Einige Minuten
H. G. Francis verstrichen. Dann flog plötzlich ein Panzer gleiter an ihnen vorbei. Ihm folgten drei weitere Maschinen. »Du hast recht gehabt«, sagte Axton. Er horchte voller Unbehagen in sich hinein. Sonst konnte er sich stets auf seine Instinkte verlassen. Dieses Mal aber war er überrascht worden. Nichts hatte ihm eine Bedrohung angezeigt. Beunruhigt fragte er sich, ob der Wechsel von Pthor auf Säggallo etwas in ihm verändert hatte. Sie warteten eine Stunde, doch kein wei terer Gleiter kam vorbei. »Sie sind nicht uns gefolgt«, stellte Raza mon fest. »Sie haben nur den gleichen Weg wie wir.« Er startete und brachte die Maschine wie der auf den Kurs zum Stützpunkt Chirmor Flogs. Bald senkte sich der Gleiter in eine andere Schlucht. Axton bemerkte, daß weit vor ihnen Rauchwolken aufstiegen. »Da vorn wird gekämpft«, sagte er. »Wir sollten vorsichtig sein.« Razamon zog die Maschine hoch bis zu den oberen Felskanten der Schlucht und lan dete auf einem Eisfeld. »Das sehen wir uns in Ruhe an«, sagte er. Die beiden Männer stiegen aus. Vorsich tig gingen sie über das Eis, das so glatt war, daß sie sich kaum auf den Füßen halten konnten. Als sie etwa zehn Meter vom Gleiter ent fernt waren, blieben sie beunruhigt stehen. »Laß uns im Gleiter bleiben«, sagte Ax ton. »Mit ihm pirschen wir uns langsam an die Kampfzone heran. Das ist nicht so ge fährlich, wie hier auf dem Eis zu gehen.« Sie drehten sich um. Im gleichen Moment knisterte etwas hinter ihnen, und die Luft be gann zu flimmern. »Warte«, sagte Axton erregt. Vor ihnen erhob sich ein ovales Gebilde. Es war etwa drei Meter hoch und sah aus wie ein instabiles Energiefeld. Es leuchtete matt blau. Vorsichtig wichen die beiden Männer vor ihm zurück. »Was ist das?« fragte Axton.
Duell der Symbionten »Ich habe keine Ahnung«, entgegnete der Berserker. Sie erreichten den Gleiter und stiegen ein. Razamon startete jedoch nicht. Wie gebannt blickte er zu dem Energiefeld hinüber. »Was ist los?« fragte der Terraner. »Warum verschwinden wir nicht?« »Ich möchte wissen, was das ist«, antwor tete Razamon. Die blaue Tönung des schimmernden Ge bildes wurde von Sekunde zu Sekunde in tensiver. Es schien, als würde sich die Ener gie zu fester Materie umformen. Doch dann bildete sich ein gelb flammender Spalt im Energiefeld. Eine zwergenhafte Gestalt wur de sichtbar. Sie streckte bizarr geformte Ar me in die Höhe. Es schien, als kämpfe sie mit dem blauen Etwas, das sie festzuhalten schien. Mit einem Schrei brach sie daraus hervor. Sie rutschte über das Eis und näherte sich dem Gleiter. Axton blickte zur Seite. Einige Meter ne ben dem Gleiter fiel das Eisfeld steil ab. Es endete etwa zwanzig Meter von ihnen am Rand der Schlucht. Danach ging es fast tau send Meter senkrecht nach unten. Der Terraner erkannte, daß die zwergen hafte Gestalt verloren war. Sie würde in die Tiefe stürzen, wenn er nicht half. Er stieß die Tür des Gleiters auf und sprang hinaus. Er war zu unvorsichtig gewe sen. Er rutschte aus, fing sich jedoch gleich wieder. Er hielt sich mit einer Hand an der Tür fest, beugte sich nach unten und packte den Zwerg am Kragen. Er hatte die Wucht unterschätzt, mit der sie zusammenprallten. Die hohe Schwerkraft Säggallos zeigte auch hier ihre Wirkung. Er konnte sich nicht hal ten. Gemeinsam mit dem Fremden glitt er an der Maschine entlang. Verzweifelt suchte er nach einem Vorsprung im Eis oder an der Maschine. Er fand keinen. Da startete Razamon den Gleiter. Er jagte mit ihm auf die Eiskante zu, riß ihn hier her um und setzte ihn Axton und dem Zwerg quer in den Weg.
7 Die beiden Männer prallten gegen die Maschine und blieben neben ihr liegen. Erschauernd blickte der Terraner zur Eis kante, die nur noch etwa zwei Meter von ihm entfernt war. Er wußte, daß niemand sie hätte retten können, wenn der Berserker nicht so schnell reagiert hätte. Axton richtete sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an den Gleiter. Er musterte den Zwerg. »He, was ist mit dir?« fragte er. »Kannst du nicht reden?« Das Wesen war etwa 1,20 Meter groß. Es hatte dünne, schwächlich erscheinende Beine, einen tonnenförmigen Körper mit einem stark aufgewölbten Rücken und einen klobig wirkenden Kopf. Das war aber auch schon alles, was an ihm humanoid war. Anstelle der Haare hatte er zahllose Pflanzentriebe, die in kleinen, grünen Blättern endeten. Von seinen Ohrmuscheln hingen mehrere pflanz liche Gebilde herab, die wie Keimlinge aus sahen. Sie bewegten sich ständig. Seine kräftig ausgebildeten Arme hatten die Klei dung gesprengt, als hätten sie sich erst zu diesem Volumen ausgebildet, nachdem er sich angezogen hatte. Sie waren mit einer schorfigen Rinde bedeckt und endeten in vier langen Ranken, die als Greifwerkzeuge geeignet zu sein schienen. Axton konnte noch nicht erkennen, ob der Zwerg mit ih nen kontrollierte Bewegungen ausführte. Auch in seinem Gesicht zeigten sich pflanzliche Merkmale. Über den Augen wölbten sich zwei Reihen von zartgrünen Blättern, die einander wie Schuppen über deckten. Und die Nase sah aus wie ein ver dorrter und abgesplitterter Ast. Besonders seltsam erschien Axton jedoch, daß die tief in den Höhlen liegenden Augen dreieckige Pupillen hatten. »Natürlich kann ich reden«, erwiderte der Zwerg. »Aber wozu sollte ich?« »Beispielsweise könntest du mir dafür danken, daß ich mein Leben riskiert habe, um deines zu retten.« »Mein Leben?« Der Zwerg lachte schrill. »Was ist das – mein Leben? Dein Leben?
8 Ich weiß es nicht.« Axton-Kennon blickte Razamon an, der sich aus dem offenen Seitenfenster der Kabi ne beugte, und der die Worte des zwergen haften Wesens gehört hatte. Der Freund zuckte mit den Schultern. Er gab ihm mit dieser Geste zu verstehen, daß er mit den Worten des Zwergs auch nichts anfangen konnte. »Jedenfalls könntest du danke sagen«, meinte Axton. »Außerdem könntest du auf stehen. Mir ist es nämlich zu kalt hier drau ßen. Und zudem wüßte ich gern, woher du kommst.« Er erhob sich, wobei er sich vorsorglich am Gleiter festhielt, um nicht zu stürzen. Er half dem Zwerg auf. Dieser klammerte sich ungeschickt mit seinen pflanzlichen Fingern an der Maschine fest. »Fragen stellst du«, erwiderte er und schnaubte verächtlich. »Was soll ich denn auf so einen Blödsinn antworten?« Es schien, als habe er Schwierigkeiten, seine Bewegungen zu koordinieren. Axton beobachtete ihn. Ihm fiel auf, daß der Zwerg voller Abscheu auf seine Hände blickte. Razamon öffnete die Tür, und Axton schob den Zwerg in die Kabine. »Viel wärmer ist es hier auch nicht«, sag te das seltsame Wesen mürrisch. »Wenn es dir nicht paßt, kannst du ja wie der verschwinden«, entgegnete der Berser ker. »Wir haben dich nicht eingeladen. Du bist aus freien Stücken bei uns.« Abermals lachte der Zwerg. »Aus freien Stücken!« Seine Stimme kippte um. »Du weißt ja nicht, was du da re dest.« »Na schön«, sagte AxtonKennon ruhig. »Woher sollten wir auch etwas von dir wis sen? Wir haben dich vorher nie gesehen. Du solltest uns zunächst einmal etwas über dich erzählen. Fangen wir mit deinem Namen an. Wer bist du?« Der Zwerg senkte den Kopf. Die Frage schien ihn verwirrt zu haben. Geduldig war teten Razamon und Axton ab. Sie spürten, daß es falsch gewesen wäre, ihn zur Eile zu
H. G. Francis drängen. Mehrere Minuten vergingen, bis der Zwerg den Kopf wieder hob. »Ich bin Kerttel«, erwiderte er mit leiser Stimme.
2. Artins Rache Atlan erhob sich und ging zur Tür. Der Roboter Achtpforg hatte den Wagen bereits verlassen. »Sieh da«, sagte einer der Scuddamoren. Er war so groß, daß er alle anderen deutlich überragte. »Du bist auf Säggallo. Welch eine Überraschung.« »Artin«, erwiderte Atlan. »Ich habe aller dings nicht zu hoffen gewagt, daß wir uns hier treffen.« »Zu hoffen?« »Sicher. Wir haben gemeinsame Gefahren durchstanden, und wir haben ähnliche Ziele. Zumindest gehe ich davon aus, daß du für Chirmor Flog kämpfst.« »Ach – das tust du auch?« fragte der Scuddamore. Seine Stimme spiegelte sein Mißtrauen wider. Artin und Atlan waren nach dem ersten Versuch des Scuddamoren, die Topeya-Wiege zurückzuerobern, in der Tunnelröhre zum verlassenen Kontinent Du mork geflohen. Von dort waren sie mit ei nem Raumschiff gestartet. Später hatten sie sich aus den Augen verloren, doch hatte es keinen Streit zwischen ihnen gegeben. Artin mußte glauben, daß Atlan die Wahrheit sag te. Durch nichts hatte der Arkonide ihm ver raten, daß er kein Freund des Neffen, son dern dessen schärfster Gegner war. »Ich kämpfe für Chirmor Flog«, bestätigte der Scuddamore. »Deshalb bin ich hier. Aber was treibst du hier? Wieso hast du ver sucht, dich abzusetzen? Was hast du mit Skaddos und seinen roten Scuddamoren zu tun?« Atlan setzte sich in der Tür auf den Wa genboden. Ihm fiel es schwer, sich auf den Beinen zu halten. Die Dauerbelastung durch die hohe Schwerkraft führte dazu, daß er schnell ermüdete und öfter Erholungspausen
Duell der Symbionten benötigte. »Ich habe die Aufgabe, Chirmor Flog zu helfen«, erklärte der Arkonide. »Ihm geht es nicht gut. Seine Gesundheit hat sich rapide verschlechtert. Viele fürchten bereits, daß er nicht überleben wird. Deshalb wird alles un ternommen, ihm zu helfen. Heilkundige aus allen Teilen des Marantroner-Reviers sind nach Säggallo gekommen, um sein Leben zu retten und zu verlängern. Unter ihnen war auch ich.« »Und wo sind diese Heilkundigen?« frag te der Scuddamore voller Argwohn. Je mehr Atlan sagte, desto weniger schien er ihm zu glauben. »Auf Pthor«, antwortete der Unsterbliche. »Dort ist auch Chirmor Flog.« »Ist das wahr?« entfuhr es Artin. »Es stimmt«, erklärte Achtpforg. »Der Neffe hat Säggallo längst verlassen. Er be findet sich auf Pthor. Die Magier sind unsere letzte Hoffnung.« »Also stimmt es doch«, sagte der Scudda more. Er atmete schwer und keuchend, als werde er von einer unsichtbaren Last zu Bo den gedrückt. »Der Neffe ist nicht hier. Den noch war es richtig, die Topeya-Wiege zu stürmen.« Er wandte sich ab und wollte den Raum verlassen. Der Roboter folgte ihm. »Moment noch«, rief Atlan. »Was wird mit mir?« Artin drehte sich um. Atlan glaubte, Be wegungen unter dem schwarzen Energie schirm erkennen zu können. »Ich werde hier für Ordnung sorgen«, er klärte der Scuddamore. »Sobald sich die La ge stabilisiert hat, werden wir Chirmor Flog nach Pthor folgen. Du wirst mich begleiten. Auch Achtpforg wir dabei sein. Bis dahin sieh dich vor, daß dich keiner meiner Män ner für einen Freund von Skaddos hält.« Er eilte davon. Der Roboter blieb bei ihm. Er folgte ihm wie ein Hund seinem Herrn. Der Arkonide zweifelte nicht daran, daß Ar tin ihn in jeder Hinsicht kontrollierte und be herrschte. Geh mit. Bleibe bei ihm. Nur in seiner
9 unmittelbaren Nähe bist du sicher. Atlan verlor keine Zeit. Er lief hinter dem Kommandanten der schwarzen Scuddamo ren her. Dieser hatte die Topeya-Wiege er obert. Doch das bedeutete noch nicht, daß die Kämpfe überall eingestellt worden wa ren. Atlan war überzeugt davon, daß es hier und da noch Widerstandsnester gab. Überall konnten die Gefechte zwischen den schwar zen und den roten Scuddamoren neu auf flammen. In einer solchen Situation war es immer das beste, sich in unmittelbarer Nähe des Oberbefehlshabers zu bewegen. »Ich suche Skaddos«, erklärte Artin, als er bemerkte, daß Atlan zu ihm aufgeschlossen hatte. »Ich bin sicher, daß er hier irgendwo in der Topeya-Wiege ist.« »Was hast du mit ihm vor?« Artin lachte drohend. »Das wirst du schon sehen. Ich werde da für sorgen, daß mir Skaddos nie wieder das Oberkommando über die Topeya-Wiege streitig machen kann.«
* »Gut«, bemerkte Axton-Kennon. »Du bist also Kerttel. Und was weiter? Woher kommst du? Willst du uns nicht mehr über dich sagen?« Das zwergenhafte Wesen blickte ihn selt sam durchdringend an. Axton hatte das Ge fühl, daß er ihm bis ins Innerste sehen konn te. Noch niemals war er einem Wesen mit dreieckigen Pupillen begegnet, und unwill kürlich fragte er sich, ob Kerttel damit mehr wahrnahm als er mit seinen Augen. »In den letzten Stunden ist einiges pas siert, was ich nicht begreife«, erklärte Kert tel. »Doch davon später. Ihr seht einem Freund ähnlich, den ich dort in der TopeyaWiege getroffen habe.« Er zeigte zu der Schlucht hinüber, aus der noch immer dunkle Rauchwolken aufstie gen. »Er hatte silbern glänzendes Haar und röt liche Augen«, fuhr er fort. »Sein Name war Atlan. Kennt ihr ihn?«
10 Razamon und Axton glaubten, sich ver hört zu haben. Sie überschütteten Kerttel mit Dutzenden von Fragen. »Laßt mich zu Wort kommen«, sagte er lachend, als sie sich vorgestellt hatten. »Ich will euch von ihm erzählen. Atlan ist nicht mehr in der Topeya-Wiege, sondern in ei nem Stützpunkt auf einem anderen Konti nent. Dorthin will ich, und zwar so schnell wie nur möglich. Ihr habt einen Gleiter. Ihr wollt zu Atlan, wenn ich euch richtig ver standen habe. Deshalb mache ich euch einen Vorschlag. Fliegt mit mir nach Dumork. Ich werde dann dafür sorgen, daß ihr Atlan trefft.« Wiederum zeigte er zu den Rauchwolken hinüber. »Ich kann euch nur raten, einen weiten Bogen um das Kampfgebiet zu machen. Ihr seid ihm jetzt schon bedenklich nahe ge kommen. Wenn ihr euch ihm noch mehr nä hert, müßt ihr damit rechnen, abgeschossen zu werden. Auf Dumork aber seid ihr sicher. Dafür verbürge ich mich.« Lebo Axton nickte. »Ich bin einverstanden«, sagte er. »Wenn Razamon es auch ist, können wir starten. Die Kämpfe dort in der Topeya-Wiege inter essieren mich nicht. Ich will zu Atlan.« »Ich habe nichts dagegen«, entgegnete der Berserker. »Im Gegenteil. Je früher wir At lan finden, desto besser.« Er ließ den Gleiter aufsteigen. Kerttel nannte ihm die Kursdaten. Axton beobachte te ihn. Der Terraner wußte, daß er sich auf seine kriminalistischen Instinkte und auf sei ne Personenkenntnis verlassen konnte. Bei Kerttel war er sich jedoch nicht ganz sicher, ob er ihm vertrauen durfte. Ein Geheimnis umgab das zwergenhafte Wesen. Axton hat te den Eindruck daß Kerttel sich bemühte, Antworten auf einige Fragen über sich selbst zu finden, dabei jedoch nicht weiterkam. Der Terraner bat ihn, ihm mehr über At lan zu erzählen. Kerttel konnte nicht wissen, daß er den Arkoniden genau kannte und wußte, wie Atlan sich in bestimmten Situa tionen verhalten würde. Daher ließ er sich
H. G. Francis schildern, wie Kerttel den Unsterblichen er lebt hatte. Er war überzeugt davon, daß es dem Zwerg nicht gelingen würde, ihn zu be lügen, falls er das vorhatte. Der Zwerg hatte nichts dagegen einzu wenden. Während Razamon den Gleiter mit Höchstgeschwindigkeit nach Osten lenkte, berichtete Kerttel, wie er Atlan kennenge lernt hatte und was in der Halle geschehen war, in der sie auf ihren Abtransport zur To peya-Wiege gewartet hatten. Je länger er sprach, desto klarer wurde Axton, daß er die Wahrheit sagte. Schließlich glaubte er, daß er ihm – bei nötiger Vorsicht – vertrauen durfte. Axton erfuhr, daß Atlan und Kerttel schließlich zur Topeya-Wiege gebracht und in die Kämpfe verwickelt worden waren. »Wir sind in die subplanetarischen Anla gen geflüchtet«, schloß das seltsame Wesen seinen Bericht. »Danach haben wir uns ge trennt. Irgendwann muß ich das Bewußtsein verloren haben. Als ich aufwachte, befand ich mich auf dem Eisfeld. Ich rutschte aus und wäre wohl in die Schlucht gestürzt, wenn du mich nicht gerettet hättest.« »Woher weißt du, daß Atlan auf dem Kontinent Dumork ist, wenn ihr getrennt worden seid?« fragte Razamon. Sie flogen in etwa hundert Meter Höhe über dem Wasser, das sich von Horizont zu Horizont dehnte. Der Wind peitschte die Wellen auf. »Wir wurden vor dem Wagen getrennt, mit dem Atlan durch die Tunnelröhre nach Dumork geschossen worden ist«, erwiderte Kerttel, ohne zu zögern. »Ich habe gesehen, wie die Tür sich schloß, und ich habe die elektronischen Anzeigen auf der Kontrollta fel verfolgt. Wenn sie richtig angezeigt ha ben, ist Atlan in Dumork.« »Warum ist er dort, während du in der Topeya-Wiege geblieben bist?« forschte Ax ton. »Das ist schwer zu verstehen«, antwortete Kerttel. Er hob seine Arme und zeigte die pflanzlichen Hände. »Seht euch das an. Ich bin wenigstens zu einem Teil pflanzlich. Die
Duell der Symbionten Topeya-Wiege ist eine Pflanze. Sie hat mich nicht freigegeben. Sie hat mich gezwungen, bei ihr zu bleiben. Atlan aber hat nichts von einer Pflanze. Das macht den Unterschied zwischen uns aus.« »Und weiter?« fragte Razamon. Der Zwerg schüttelte den Kopf. »Weiter weiß ich nichts. Ich habe selbst schon versucht, eine Antwort zu finden. Ich habe keine. Irgendwann bin ich bewußtlos geworden. Als ich wieder zu mir kam, war ich oben in den Bergen, wo ihr mich aufge fischt habt. Ich bin froh, daß ihr zufällig in der Nähe wart.« »Zufällig?« Razamon verschränkte die Arme vor der Brust. »War es wirklich eine zufällige Begegnung, oder kam es dir darauf an, von uns aufgenommen zu werden?« »Das kannst du halten, wie du willst«, er widerte Kerttel verärgert. »Vielleicht war es so. Ich kann das nicht beurteilen. Ich habe jedenfalls keinen Einfluß darauf gehabt. Mag sein, daß ein anderer dem Zufall auf die Sprünge geholfen hat.« Axton beschrieb dem Zwerg, wie er aus dem blauen Energiefeld hervorgekommen war. Dabei beobachtete er ihn genau. Kerttel schien sich kaum für das seltsame Ereignis zu interessieren. Gleichgültig zuckte er mit den Schultern und blickte dann auf die See hinaus. »Mag sein, daß es so war«, sagte er. »Ich weiß es nicht.« Axton wurde wieder unsicher. Log der Zwerg, oder sagte er die Wahrheit? Die drei Männer schwiegen. Axton blickte auf das Wasser hinab. Hin und wieder beobachtete er große Fische, die sich aus dem Wasser schnellten. Als einige Stunden verstrichen waren, zogen Wolken auf. »Wir nähern uns Dumork«, sagte der Zwerg. »Die Wolken stammen von Vulka nen.« Tatsächlich sah Axton es bald darauf vor ihnen aufleuchten. Einige Vulkane schleu derten glutflüssige Lavamassen in die Höhe. »Wohin?« fragte Razamon, als Kerttel ihm keine Kursänderung angab. »Wo ist der
11 Stützpunkt?« Der Zwerg antwortete nicht gleich. Er blickte starr in die Ferne. Als der Berserker die Frage wiederholte, seufzte er und wandte sich ihm zu. »Nach Süden«, antwortete er. »Es ist nicht mehr weit. In zehn Minuten sind wir dort.« Er beugte sich weit nach vorn und spähte hinaus. Die rankenähnlichen Arme befanden sich in ständiger Bewegung. Es schien, als könne Kerttel es nicht erwarten, den Stütz punkt zu sehen. Kurz darauf schrie er auf. »Dort ist es. Seht!« Axton blickte ihn verwundert an. Er hatte den Eindruck, daß der Zwerg selbst über rascht war, daß er den Stützpunkt gefunden hatte. Dieser lag in einem weiten Tal zwi schen sanft aufsteigenden Bergen. Er war oval und hatte an seiner breitesten Stelle einen Durchmesser von fast fünf, an der längsten von etwa zehn Kilometern. Die Ge bäude waren zumeist kastenförmig. Sie wa ren schwarz. Die Freiräume zwischen ihnen waren völlig schmucklos. Nirgendwo wuchs ein Baum. Keine Grünfläche lockerte das triste Bild auf. Das äußere Bild des Stütz punkts ließ erkennen, daß die hier lebenden Wesen nicht das geringste Interesse an ihrer Umwelt hatten. Razamon ließ den Gleiter abfallen, und bald konnten die drei Männer sehen, daß der Stützpunkt auf zahllosen teleskopartigen Beinen stand. »Es ist wegen der vielen Erdbeben«, er klärte Kerttel, obwohl ihn niemand gefragt hatte. »In dieser Gegend bricht fortwährend irgendwo irgendein Vulkan aus. Die Kruste des Planeten ist ständig in Bewegung. Kaum ein Tag vergeht ohne Beben. Unter diesen Umständen würde jeder Stützpunkt zerbre chen, der anders gebaut wäre.« Lebo Axton erwartete, daß sich die Si cherheitsorgane des Stützpunkts über Funk melden würden. Das war jedoch nicht der Fall. Razamon lenkte den Gleiter vor das größte Gebäude der Anlage. Es war etwa
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hundert Meter lang, vierzig Meter breit und fünfzehn Meter hoch. Er landete vor dem Eingang, vor dem noch einige andere Ma schinen standen. Die Luft war feucht und rauchgeschwängert. Die drei Männer vernahmen das dumpfe Grollen eines tätigen Vulkans, der nicht all zu weit vom Stützpunkt entfernt sein konnte. Kerttel wies sie auf eine Schlucht hin, aus der glühende Lava floß. Diese verschwand unweit von ihnen in einer Bodenspalte. Drei Scuddamoren in schwarzen Energie schilden kamen aus dem Gebäude. »Wer seid ihr?« fragte einer von ihnen. »Laßt euch nicht einfallen, irgend etwas gegen uns zu unternehmen«, bemerkte ein anderer. »Drei Hochenergiewaffen sind auf euch gerichtet.« »Ich komme von Chirmor Flog«, entgeg nete Kerttel würdevoll. Er richtete sich auf. »Meine Botschaft werde ich nur dem Kom mandanten des Stützpunkts übergeben.« »Hoffentlich hast du wirklich eine Bot schaft für ihn«, erwiderte der Scuddamore. »Du würdest sonst nicht lange überleben.« »Das sollte nicht deine Sorge sein.« Die drei Scuddamoren traten zur Seite und machten Kerttel und seinen Begleitern Platz. Die drei Männer betraten den Stütz punkt. »Wir verlassen uns auf dich«, sagte Axton flüsternd zu Kerttel. Der Zwerg grinste nur.
* Atlan wich nicht von der Seite des Scud damoren-Kommandanten, als dieser das In nere der Topeya-Wiege inspizierte. Immer wieder fragte Artin nach Skaddos, doch der Kommandant der roten Scuddamoren war wie vom Erdboden verschlungen. Niemand hatte ihn gesehen. Artin wurde ungeduldig. In seinem Zorn brüllte er seine Untergebe nen an, ohne zu berücksichtigen, daß sie für das Verschwinden von Skaddos nicht ver antwortlich zu machen waren. »Solange ich ihn nicht habe«, sagte Artin
zu Atlan, »gehe ich davon aus, daß er einen Gegenschlag plant. Er gibt nie auf.« Die Topeya-Wiege war gezeichnet. Über all klafften große Lücken in den Wänden. Schwarz verbranntes Material säumte sie ein. Wo die Pflanze nicht verletzt war, pul sierte sie heftig wie ein pumpendes Herz. Und immer wieder stöhnte sie gequält auf. Artin hatte weder Auge noch Ohr für die Schmerzbekundungen der Pflanze. Die Zer störungen interessierten ihn nicht. Er wollte Skaddos. Alles andere ließ ihn kalt. Scuddamoren räumten in der Topeya-Wie ge auf. Sie schleppten die Toten und Ver letzten nach draußen und entfernten auch unbrauchbar gewordene Einrichtungsgegen stände. Achtpforg schwieg. Er eilte hinter Artin her, beachtete den Arkoniden nicht und un ternahm selbst nichts, um Ordnung zu schaf fen oder die Disziplin zu verbessern. Nach wie vor ging eine Ausstrahlung von ihm aus. Sie schien auf Artin zu wirken, während sie von dem Arkoniden wirkungslos abprallte. Der Kommandant wurde von Minute zu Mi nute nervöser und ungeduldiger. Er schrie seine Untergebenen an, und er erteilte oft widersinnige Befehle. Atlan lernte fast alle Räume der TopeyaWiege kennen. Er war überrascht, wie um fangreich die technischen Einrichtungen wa ren, die in der Pflanze installiert waren. Die Einrichtungsroboter und die Techniker der Scuddamoren hatten sogar Leitungen quer durch die Pflanze gezogen und dabei mehre re Wände durchbrochen. Die Topeya-Wiege ist kooperativ, stellte der Logiksektor fest. Sie war mit allem ein verstanden. Sie wollte die Zentrale für Chirmor Flog werden. Dieses Ziel hatte die Pflanze erreicht. Etwa eine Stunde lang suchte Artin in der Pflanze. Dann ging er ins Freie. Hier waren die Spuren der Schlacht noch deutlicher. Die Parklandschaft in der Umgebung der Tope ya-Wiege war zerstört. Die Scuddamoren hatten eine Grube aus gehoben, um die Toten darin zu bestatten.
Duell der Symbionten Jetzt war nicht mehr zu erkennen, wer von den Gefallenen den Einheiten mit den roten und wer jenen mit den schwarzen Energie schilden angehört hatte. »Sie werden verbrannt«, erklärte Artin, als er sah, daß Atlan zur Grube blickte. Eine Sirene heulte auf. Artin fuhr herum. Er sah, daß sich ihnen ein Gleiter näherte. Die Maschine war halb zerstört. Das Dach und ein Teil des Hecks fehlten. Fünf Scud damoren in schwarzen Energieschilden sa ßen auf den Sitzen. Sie brachten einen Ge fangenen. Er saß zwischen ihnen. Sein Ener gieschild leuchtete rot. »Skaddos«, stellte Achtpforg teilnahmslos fest. »Endlich«, rief Artin erleichtert. »Ich dachte schon, wir erwischen ihn nie.« Er eilte der Maschine entgegen. »Komm heraus«, brüllte er, als sie gelan det war, »oder ich schieße dich über den Haufen.« Skaddos erhob sich langsam und würde voll. Obwohl Atlan seine Gestalt nicht er kennen konnte, weil sie von dem rot schim mernden Energieschild verdeckt wurde, spürte er, daß eine gewisse Würde von ihm ausging. In diesen Sekunden wurde deutlich, daß er eine in sich geschlossene Persönlich keit mit großer Ausstrahlungskraft war. Das machte ihn Artin überlegen. Der Schwarze hat Komplexe, stellte der Logiksektor fest. Er haßt ihn, weil er sich ihm unterlegen fühlt. Skaddos stieg aus. »Schalte den Energieschirm aus«, befahl Artin. »Du weißt, daß ich eine Waffe habe, mit der ich dich töten kann, wenn ich will. Auch wenn du nicht ausschaltest.« Der rote Energieschild erlosch. Artin beugte sich vor und riß Skaddos den Projek tor von der Hüfte. Erschauernd blickte Atlan auf die Gestalt, die unter dem roten Energieschild verborgen gewesen war. Er wünschte, Skaddos hätte ihn nicht abgelegt. Der Kommandant der roten Scuddamoren war ein humanoides Wesen mit dünnen, ver
13 krümmten Beinen, einem hageren Körper mit insektoidem Einschnitt an den Hüften und langen, bis auf den Boden herabhängen den Armen. Sein Kopf war birnenförmig. Im Zug der Metamorphose waren die beiden Augen verrutscht. Eines befand sich auf der Höhe der Stirn, das andere lag nur wenig über dem linken Mundwinkel. Die Nase rag te rüsselförmig bis über das Kinn herab. Auf ihr wucherten allerlei Polypen. Skaddos trug ein braunes, hautenges Gewand. Artin lachte laut, als er seinen Rivalen so sah. »Unglaublich, daß Chirmor Flog ein der art häßliches Geschöpf in seiner Nähe gedul det hat«, sagte er. Dann befahl er, Skaddos in die Topeya-Pflanze zu bringen. Die Scuddamoren führten den Gefange nen ab. Artin folgte ihnen. »Was hast du mit ihm vor?« fragte der Arkonide, als sie im Inneren der Pflanze die Wendeltreppe hinaufgingen. »Das wirst du gleich sehen«, erwiderte der Kommandant. Atlan hatte fast alle Räume der Pflanze gesehen, war jedoch noch nicht auf ihrer höchsten Erhebung gewesen. Artin führte ihn über eine schmale Treppe nach oben und stieß dann eine Tür auf. Sie traten ins Freie. Von hier aus konnte Atlan die Halle überse hen, in der die Topeya-Wiege wuchs. Die zum Teil zerstörte Parklandschaft schien sich bis zum Horizont zu erstrecken. Das täuscht. Die Halle ist nicht so groß, wie sie aussieht. Der Weite-Effekt wird mit Hilfe von Spiegeln hervorgerufen. Rosige Blütenblätter bildeten den Ab schluß einer leicht gewölbten Plattform, aus der sich zahlreiche Antennen erhoben. Artin ging zur Mitte der Blüte. An einer trichterartigen Öffnung, die aus zartblauen Blütenblättern bestand, blieb er stehen. »Nein – das nicht«, sagte Skaddos ent setzt. »Das darfst du nicht tun.« Atlan ging zu dem Kommandanten. Er blickte in den Trichter. Er sah mehrere farb lose Ranken, die sich sanft wiegten, als wür den sie von einem Lufthauch bewegt. Unter
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ihnen schimmerte eine rote Flüssigkeit. ten, doch Achtpforg hinderte ihn daran. Als Die Topeya-Wiege ist ein Fleischfresser, er die Lippen öffnete, preßte ihm der Robo stellte der Extrasinn fest. Sie soll Skaddos ter eine seiner Metallklauen vor den Mund verschlingen. Sie hat Kerttel gefressen, und und schob ihn zurück. sie wird auch den Scuddamoren nicht ver Skaddos stürzte kopfüber in den Trichter. schmähen. Die Ranken umschlangen ihn. Seine »Das wäre Mord«, sagte Atlan, der nicht Schreie verstummten, als er mit dem Kopf in tatenlos zusehen wollte, wie Skaddos umge die rote Flüssigkeit geriet. bracht wurde. »Und es wäre ein Fehler.« »Er hat bekommen, was er verdient hat«, »Ach – wäre es das?« fragte Artin. »Das sagte Artin. mußt du mir schon erklären.« »Skaddos war lange Kommandant der To 3. Sendbote der Pflanze peya-Wiege. Er hat viele Informationen, die Als Axton, Razamon und Kerttel das du nicht hast. Wenn du ihn tötest, gehen dir Hauptgebäude des Stützpunkts betreten hat diese Informationen verloren.« ten, veränderte sich die Haltung der Scudda Der Kommandant lachte dröhnend. moren. Hatten diese sich zunächst unsicher »Das ist mir egal«, erwiderte er. »Mir gezeigt, so gaben sie sich nun plötzlich her kommt es nur darauf an, daß Chirmor Flog risch und überlegen. Es schien, als hätten sie vor diesem Ungeheuer in Sicherheit ist, das es nur darauf angelegt, die drei Männer mit nichts anderes im Sinn hatte, als sich selbst möglichst geringem Aufwand in das Gebäu zu einem Neffen zu machen.« de zu locken. Einer von ihnen richtete einen »Das ist nicht wahr«, sagte Skaddos. »Ich Energiestrahler auf sie. bin ein treuer Diener Chirmor Flogs. Ich »Und jetzt ist Schluß«, sagte er und diri käme nie auf den Gedanken, ihn zu verra gierte sie in einen Raum, in dem zahlreiche ten.« Aktenschränke, Tische und Stühle standen. Artin schnaubte verächtlich. »Heraus mit der Wahrheit. Wer hat euch ge »Natürlich. Was solltest du sonst auch sa schickt? Für wen spioniert ihr?« gen? Ich lasse mich von dir jedoch nicht hin Razamon fluchte. Er hatte mit einer derar ters Licht führen. Du bist ein Verräter. tigen Entwicklung gerechnet. Axton antwor Wahrscheinlich hast du den Neffen vergiftet. tete nicht, aber auch er war nicht überrascht. Du bist dafür verantwortlich, daß er sich nun Er machte sich Vorwürfe, weil er sich allzu in akuter Lebensgefahr befindet. Du hast leichtfertig auf den Zwerg verlassen hatte. lange genug tun können, was dir paßt. Damit Kerttel lachte leise. ist es ein für allemal vorbei. Werft ihn in den »Seht euch vor«, sagte er warnend. »Ich Trichter.« werde jetzt in die Tasche greifen und euch Die Ranken streckten sich Skaddos gierig etwas zeigen.« entgegen. Der entmachtete Kommandant der »Das wirst du nicht tun. Zieh dich aus. roten Scuddamoren wich entsetzt zurück. Wir werden deine Sachen untersuchen«, er Artin lachte. widerte der kommandoführende Scuddamo »Wen die Topeya-Wiege einmal in ihren re mit schneidend scharfer Stimme. Fünf Fängen hat, den gibt sie nicht wieder her«, weitere Schattengestalten betraten den sagte er. »Los, vollstreckt das Urteil!« Raum. Sie stellten sich neben der Tür auf. Die schwarzen Scuddamoren zögerten »Ich habe keine Waffen bei mir«, erklärte nicht. Sie packten Skaddos. Dieser wehrte Kerttel sanft. »Es ist etwas ganz anderes, sich verzweifelt. Er schlug wild um sich und was ich euch zu zeigen habe.« versuchte, sein Ende zu verhindern. Doch Unerschrocken griff er sich in die Tasche. vergeblich. Die anderen waren stärker als er. Es schien ihn nicht zu interessieren, daß der Noch einmal wollte Atlan sich einschal-
Duell der Symbionten Scuddamore ihn mit einem Energiestrahler bedrohte. Seine Hand bewegte sich langsam und suchend wie der Kopf einer Schlange, die sich ihrem Opfer nähert. Fast eine Minu te verstrich, bis er sie wieder aus der Tasche zog. Dann hob er sie dem Scuddamoren ent gegen. Verblüfft sah Axton, daß Kerttel ein schwarzes Ei in der Hand hielt. Es war etwa so groß wie ein Hühnerei und wurde von schimmerndem Samt umhüllt. Die Scuddamoren reagierten außerordent lich heftig. Sie fuhren zurück und schwatz ten erregt miteinander. Die zur Schau getra gene Sicherheit brach zusammen. Keiner von ihnen schien zu wissen, was zu tun war. Es schien, als hätten sie plötzlich jegliche Orientierung verloren. »Jetzt wißt ihr, daß ich der Beauftragte des Neffen bin«, sagte Kerttel triumphie rend. »Ausgezeichnet mit dem Samenkorn der Topeya-Wiege. Ich hoffe, es ist euch al len bekannt, daß niemals ein Unbefugter in den Besitz eines solchen Samenkorns kom men kann.« Die Scuddamoren warfen sich auf den Boden. »Wir sind deine Sklaven«, rief jene Schat tengestalt, die bisher das Wort geführt hatte. »Wir erwarten deine Befehle.« Kerttel blickte Axton und Razamon grin send an. Seine Augen funkelten. Für ihn war von Anfang an klar gewesen, daß er schnell die Macht über den Stützpunkt ergreifen würde. »Schaltet die Energieschilde aus«, befahl er. »Ich will sehen, wen ich vor mir habe.« Seine Worte lösten einen Schock bei den Scuddamoren aus. Sie waren es nicht ge wohnt, sich in ihrer wahren Gestalt vor an deren zu zeigen. Nur zögernd kamen einige von ihnen dem Befehl nach. »Wird's bald?« brüllte der Zwerg. »Oder muß ich euch erst beibringen, was ihr zu tun habt?« Jetzt erloschen alle Energieschilde. Raza mon und AxtonKennon blickten erschauernd auf die Gestalten, die auf dem Boden kauer
15 ten. Sie sahen ihnen an, daß sie sich ihrer Nacktheit schämten. Keiner von ihnen war durch natürliche Evolution entstanden. Alle waren Produkte einer künstlich herbeige führten Metamorphose, bei der es den Ver antwortlichen nicht auf körperliche Ausge wogenheit und Schönheit gegangen war, sondern allein darum, willfährige Geschöpfe zu produzieren. Einige der Kreaturen boten einen derart abstoßenden Anblick, daß Ax ton versucht war, Kerttel zu bitten, den Be fehl rückgängig zu machen. Der Zwerg merkte, daß Axton und Razamon das Schau spiel nicht gefiel. Er blickte sie an. »Laßt euch nicht täuschen«, sagte er. »Es kommt nicht auf das Äußere an.« Er scheuchte die Scuddamoren hoch und befahl, seine Anordnung im ganzen Stütz punkt bekannt zu machen. »Ich will keinen einzigen Scuddamoren im Energieschild sehen«, rief er ihnen zu. »Ich werde jeden töten, der meinen Befehl mißachtet. Später schalten wir die Schirme wieder ein – aber erst, wenn ich es sage.« Axton erkannte, daß es ihm darauf ankam, sie zu demütigen. Kerttel trieb die Scudda moren aus dem Raum. Er schloß sich ihnen an. In der Tür blieb er stehen und drehte sich um. »Ihr könnt hier bleiben«, rief er Axton und Razamon zu. »Ich bin bald zurück.« »Als ob sie nicht schon durch ihre Gestalt gedemütigt genug wären«, sagte Razamon leise, als sie allein waren. »Ich verstehe ihn nicht. Er treibt ein gefährliches Spiel. Es geht nur solange gut, wie er ihnen überlegen ist und sie sich vor ihm fürchten. Aber wehe ihm, wenn es einmal nicht mehr so ist.« »Irgend etwas stimmt nicht mit ihm«, ent gegnete Axton. »Wir sollten uns vorsehen.« Ein Scuddamore betrat den Raum. Er hat te einen stark behaarten Körper. Sein Kopf sah aus wie eine mißlungene Mischung aus dem Kopf eines Bären und dem eines Men schen. Sein Rückgrat war stark verkrümmt. »Ich soll euch Fragen beantworten, soweit ich es kann«, erklärte er. »Das ist gut«, sagte Razamon. »Ich habe
16 Fragen genug. Wo sind wir hier? Und was hat dieser Stützpunkt mit den Ereignissen drüben beim Raumhafen zu tun?« »Ich weiß nichts von den Ereignissen dort«, erwiderte der Scuddamore. »Ich kann nur sagen, daß ihr euch in einem geheimen Stützpunkt befindet, der errichtet worden ist, damit wir Chirmor Flog im Notfall zu Hilfe kommen können. Wir sind seine stille Re serve. Zwischen der Topeya-Wiege und hier besteht ein Tunnel, durch den wir im Notfall zum anderen Kontinent vorstoßen können.« Axton und Razamon blickten sich an. Sie glaubten zu verstehen, was der Zwerg plan te. Sie hatten gesehen, daß beim Stützpunkt des Neffen gekämpft wurde. Dann war Kert tel erschienen. Er war mit ihnen hierher nach Dumork geflogen. Das konnte nur bedeuten, daß er ein Verbündeter Chirmor Flogs war und dem Neffen im Kampf gegen seine Feinde helfen wollte. Sie stellten dem Scuddamoren eine Reihe von Fragen, doch er konnte kaum eine von ihnen beantworten. Schließlich gaben sie es auf und schickten ihn hinaus. Sie wußten nichts mit ihm anzufangen. »Wir sollten die Initiative ergreifen«, sag te Razamon. »Wie stellst du dir das vor?« »Das weiß ich noch nicht. Ich weiß nur, daß wir nicht passiv bleiben dürfen. Kerttel manipuliert uns. Vergiß nicht, daß es für uns darauf ankommt, bei Chirmor Flog eine be stimmte Rolle zu spielen.« »Du hast recht. Die Gelegenheit ist gün stig. Komm.« Die beiden Männer verließen den Raum. Vor der Tür stand der Scuddamore, den Kerttel ihnen geschickt hatte. Er wagte of fensichtlich nicht, zu dem Zwerg zurückzu kehren. »Wo ist Kerttel?« fragte Axton. »Am Südende des Stützpunkts«, erwider te der Scuddamore. »Er organisiert den An griff.« »Ich muß mit ihm sprechen.« »Das geht jetzt nicht.« »Gut. Dann nicht.« Axton lächelte freund-
H. G. Francis lich. »Führe uns ins Informationszentrum. Wir haben die Aufgabe, Kerttel zu unterstüt zen. Das können wir nur, wenn wir ausrei chende Informationen haben.« Insgeheim hatten die beiden Männer be fürchtet, daß sie einen abschlägigen Be scheid erhalten würden. Doch das war nicht der Fall. Der Scuddamore führte sie über einen Gang zu einem großen Raum, in dem zwölf andere Scuddamoren an den Periphe riegeräten eines Computers arbeiteten. Sie blickten auf und musterten Axton und Raza mon. Sie waren verunsichert. Keiner von ih nen war gewohnt, sich ohne Energieschild vor anderen zu zeigen. Axton und Razamon sahen, daß unter ihnen auch einige weibliche Exemplare waren. Für sie schien es eine see lische Tortur zu sein, daß sie ihre mißgestal ten Körper nicht unter einem Energieschirm verbergen konnten. Axton nutzte die Situation. Er fühlte sich in seinem Element. Mühelos riß er das Kom mando an sich und zwang die Scuddamoren zum Gehorsam. Sie arbeiteten für ihn und schalteten die Geräte so, daß diese ihm alle gewünschten Informationen lieferten. Auf diese Weise erfuhren Razamon und er, wo der Tunnel zum anderen Kontinent begann, wie er verlief, wo er endete und wie der Ent lastungsangriff am besten geführt werden konnte. Der Computer informierte sie über Art und Zusammensetzung der Scuddamo rentruppen des Stützpunkts, über die Be waffnung und die technische Ausrüstung. Razamon und Axton diskutierten mitein ander über die Angriffstaktik. Beide waren hervorragende Strategen. Daher kamen sie schnell zu einer Einigung. Mit Hilfe der Scuddamoren gaben sie die entwickelte Strategie in den Computer und ließen sie überprüfen. Als der Plan auf einem der Bildschirme erschien, betrat Kerttel den Raum. Sein Ge sicht glühte vor Erregung. »Verräter«, schrie er. »Ihr seid Spione. Dafür lasse ich euch hinrichten.« Die Scuddamoren warfen sich jammernd auf den Boden. Sie flehten um Vergebung.
Duell der Symbionten Lebo Axton ging dem Zwerg entgegen. Er lächelte und ignorierte die Beschuldigung. »Wir sind soweit, Kerttel«, sagte er gelas sen. »Wir haben einen Angriffsplan für dich entwickelt, bei dem der Erfolg garantiert sein dürfte. Darf ich dir die Strategie erklä ren?« Das Gesicht des Zwergs verzerrte sich. Seine Lippen zuckten. Er versuchte, etwas zu sagen, brachte aber vor Wut kein Wort hervor. »Wir hatten zu keinem Zeitpunkt vor, ge gen dich zu arbeiten«, beteuerte Axton. Er fürchtete sich nicht vor Kerttel. Er hatte das Gefühl, ihn jederzeit beherrschen zu können. »Wir wollten den Befreiungsprozeß für den Neffen lediglich beschleunigen. Dabei sind wir davon ausgegangen, daß es in deinem Sinn ist, wenn die Topeya-Wiege so schnell wie möglich entlastet wird.« Schlagartig beruhigte sich der Zwerg. Er schluckte mühsam, wurde bleich und fuhr sich plötzlich mit den Ranken, die seine Fin ger bildeten, in den Rachen. Die Augen tra ten ihm aus den Höhlen. Axton und Raza mon sahen, daß er taumelte. Immer tiefer schob er sich die Ranken in den Hals, als wolle er sich selbst ersticken. Dann riß er sie wieder daraus hervor und atmete heftig. »Schon gut, schon gut«, sagte er röchelnd. »Ich hatte etwas in der Luftröhre.« Er hustete einige Male. Dann brüllte er die Scuddamoren an und befahl ihnen, an ih re Arbeitsplätze zurückzukehren. Sie spran gen auf und eilten zu den Peripheriegeräten. Keiner von ihnen wagte es aufzusehen. »Und jetzt zu euch«, sagte Kerttel. »Kommt mit.« Er führte Axton und Razamon hinaus. Auf dem Gang blieb er stehen. Er legte den Kopf in den Nacken und blickte zu ihnen hoch. »Das war verdammt leichtsinnig von euch«, erklärte er. »Laßt euch nicht noch einmal im Informationszentrum sehen. Das ist verbotenes Gebiet für euch. Außerdem habt ihr mit eurer Eigenmächtigkeit meine Autorität untergraben. Ihr lebt nur noch,
17 weil ich es gut mit euch meine. In einer Stunde beginnt der Angriff. Die Truppen formieren sich bereits vor dem Tunnelein gang. Gekämpft wird nach meiner Strate gie.« »Und wie sieht die aus?« fragte Razamon. »Sie geht davon aus, daß die Gegenstation besetzt ist«, erläuterte Kerttel mit einem boshaften Lächeln. »Deshalb ist es notwen dig, daß den Hauptkampfverbänden ein Stoßtrupp voraus geht, der die Gegenstation unter der Topeya-Wiege freikämpft. Er wird dafür sorgen, daß der Feind durch Kämpfe gebunden wird, so daß er nicht stören kann, wenn die Hauptverbände eintreffen.« »Dieser Stoßtrupp hat keine Überleben schance«, wandte Axton ein. »Nach unserer Strategie …« Kerttel ließ ihn nicht aussprechen. »Eure Strategie interessiert mich nicht. Ich bleibe bei meinem Angriffsplan. Und wenn der Stoßtrupp tatsächlich vernichtet wird, läßt mich das auch kalt. Ich habe genü gend Soldaten, die ich einsetzen kann.« »Du bist der Oberbefehlshaber«, sagte Razamon. »Du entscheidest.« »So ist es«, erwiderte der Zwerg grinsend. Seine Augen blitzten. »Ich entscheide. Und ich habe auch einen Befehl für euch. Ihr werdet das Kommando über den Stoßtrupp führen. Ihr sollt die ersten sein, die unter der Topeya-Wiege aus dem Wagen steigen.« Kichernd blickte er die beiden Männer an. Diese wußten, was der Befehl bedeutete. Er war das Todesurteil für sie.
* »Chirmor Flog kommt!« Diese Nachricht ging wie ein Lauffeuer durch die FESTUNG. Atzbäll, der Kommandant der Scuddamo ren auf Pthor, geriet in Panik, als er es hörte. Er dachte an die vielen unerledigten Proble me und vor allem an die Magier, die ihm nach wie vor trotzten. Er schrie seine Unter gebenen an und erteilte eine Reihe von wi dersprüchlichen Befehlen, mit denen er hek
18 tische Betriebsamkeit auslöste, jedoch keine Ordnung schuf. Dann aber fing er sich. Er sagte sich, daß Chirmor Flog ganz be stimmt nicht nach Pthor kam, um hier nach dem Rechten zu sehen. Der Neffe mußte einen anderen Grund haben. Atzbäll zog sich vorübergehend zurück und war für niemanden zu sprechen. Er wollte ungestört nachdenken. Als er sich wieder zeigte, war er ruhig und ausgeglichen wie gewohnt. »Wir bereiten Chirmor Flog einen großen Empfang«, erklärte er. Einer seiner Untergebenen teilte ihm mit, daß die PARZIER, mit der Chirmor Flog kam, in der Nähe der FESTUNG landen würde. Atzbäll rief seinen Stab zusammen und begann nun endlich mit durchdachten Vorbereitungen für den Empfang. »Nur fünf Stunden bleiben uns«, erklärte er. »Das ist normalerweise viel zu wenig, um überhaupt etwas zu machen. Wir müssen also bringen, was uns möglich ist.« Seine Worte lösten eine fieberhafte Akti vität in der FESTUNG aus. Tährn, einer der Mitarbeiter Atzbälls, rief alle Beiboote von den Organschiffen ab, die auf Pthor gelandet waren und die strategisch wichtigen Punkte besetzt hatten. Kurz darauf trafen Tausende von Beibooten vor der FESTUNG ein. Tährn brachte sie nach einen mit Hilfe der Computer ausgearbeiteten Plan vor der FE STUNG in Position. Er ordnete sie so an, daß sie die Worte CHIRMOR FLOG bilde ten. Wenn der Neffe auf Pthor landete, so meinte Atzbäll, müsse er sehen, daß man ihn mit großem Respekt empfange. Tausende von Scuddamoren stellten sich vor den Beibooten auf, um ein gewaltiges Spalier für den Neffen von der PARZIER bis hin zur FESTUNG zu bilden. Atzbäll ließ eine Hochleistungsmusikan lage vor dem Landeplatz aufbauen. Über diese spielte er die Lieblingswerke des Nef fen ab. Er baute die Lautsprecher in immer wieder neuer Anordnung auf, bis es ihm endlich gelang, eine Wirkung zu erzielen,
H. G. Francis die er für optimal hielt. Überzeugt, nunmehr alles getan zu haben, was in seiner Macht stand, setzte er sich am Rand des Landeplatzes in einen Sessel und wartete. Nur wenige Minuten vergingen. Dann teilte ihm Tährn über Funk mit, daß die PARZIER Pthor erreicht hatte und zur Landung ansetzte. Atzbäll erhob sich. Sein Herzschlag be schleunigte sich. Er fürchtete sich vor dem Neffen, der mächtigsten Persönlichkeit im Marantroner-Revier.
* Die Scuddamoren wichen nicht mehr von der Seite Axtons und Razamons, während die Kampfvorbereitungen liefen. Zunächst blieben die beiden Männer im Hauptgebäu de des Stützpunkts. Dann aber ließ Kerttel sie abholen. Als sie den dunklen Bau verlie ßen, sahen sie, daß Hunderte von Gleitern davor parkten. Kerttel stand auf dem Bug einer der Ma schinen und erteilte Befehle an die Scudda moren, die auch jetzt ihren Energieschild noch nicht wieder einschalten durften. Seine Stimme klang heiser, und er sah müde und erschöpft aus. Er schien Mühe zu haben, sich auf den Beinen zu halten. Axton und Razamon blickten sich an. Sie wußten, daß sie äußerst behutsam sein muß ten. Der Zwerg befand sich in einem Zu stand, in dem jedes falsche Wort tödlich sein konnte. »Wir starten«, verkündete er, als Axton und Razamon vor ihm standen. »Wir fliegen zum Eingang des Tunnels. Dort stehen Transportwagen für uns bereit.« »Erlaubst du mir eine Frage?« Axton gab sich untertänig. Er trat einen Schritt vor. »Nur zu«, erwiderte Kerttel. »Was willst du wissen?« »Warum fliegen wir nicht mit den Glei tern zu Topeya-Wiege? Dir stehen so viele Maschinen zu Verfügung, daß du damit auch einen Angriff führen kannst.« »Du kennst die Topeya-Wiege nicht«,
Duell der Symbionten antwortete Kerttel bereitwillig. »Ich kenne sie dafür um so besser. Ich weiß, daß wir keine Chance hätten, wenn wir mit den Glei tern angreifen würden. Es bleibt bei meinem Plan. Steigt jetzt ein.« Die beiden Männer gehorchten. Sie hatten vergeblich darüber nachgedacht, wie sie sich aus ihrer mißlichen Lage befreien könnten. Es schien keinen Ausweg für sie zu geben. Sie konnten nur vermuten, wer die beiden gegnerischen Parteien waren, die an der To peya-Wiege gegeneinander gekämpft hatten. Sie wußten nicht, wer gewonnen hatte, oder ob die Schlacht noch immer tobte. Auch war nicht klar, auf welcher Seite Kerttel eigent lich eingreifen wollte. Jeder Schritt, den sie taten, konnte daher der falsche sein. Sie stiegen in einen Gleiter. Kerttel klet terte in eine andere Maschine. Razamon sah sich in der Kabine um. Acht Scuddamoren saßen in den gepolsterten Sitzschalen. »Was hältst du davon?« fragte er leise, als sie sich setzten. Axton schüttelte den Kopf. Er erriet, daß der Berserker während des Fluges zum Tun neleingang über die Scuddamoren herfallen und sie überwältigen wollte. Dabei übersah er allerdings, daß alle mit Energiestrahlwaf fen ausgerüstet waren. Unter diesen Umstän den konnten sie es nicht wagen, sich auf einen Kampf mit ihnen einzulassen. Außer dem schienen einige mit einem derartigen Verzweiflungsakt zu rechnen. Sie hielten die Waffen schußbereit in den Händen. »Wir können doch nicht warten, bis der Zwerg uns ins Feuer schickt«, sagte Raza mon. »Wir müssen geduldig sein«, erwiderte Axton. »Irgendwann wird sich eine Chance für uns ergeben, und dann schlagen wir zu, aber nicht vorher.« Ein weiterer Scuddamore kam in die Ka bine. Er setzte sich hinter die Steuerelemen te und startete. Axton sah, daß die anderen Maschinen den Stützpunkt ebenfalls verlie ßen. Kerttel flog direkt neben ihnen. Er grin
19 ste selbstgefällig zu ihnen herüber. »Ich möchte wissen, was mit ihm los ist«, sagte Razamon so leise, daß die Scuddamo ren ihn nicht hören konnten. »Er sieht so er schöpft aus, als würde er gleich umkippen, aber er benimmt sich, als könne ihm über haupt nichts passieren.« »Wahrscheinlich kann ihm auch nichts passieren«, entgegnete der Terraner. »Dieses schwarze Ei schützt ihn.« »Da bin ich mir nicht ganz so sicher.« Die Gleiter rasten in geringer Höhe durch das Tal, das sich nach Nordwesten hin im mer mehr verengte. Sie flogen an einem täti gen Vulkan vorbei. Breite Lavaströme wälz ten sich die Hänge des Berges herunter. Dann durchstieß der Gleiterschwarm die Schlucht und überflog eine Hügellandschaft mit überraschend reichhaltiger Vegetation. Die Sonne brach durch die Wolken und ließ die Farben der Blätter und Blüten aufglühen. Schwärme von großen und kleinen Vögeln zogen an den Gleitern vorbei. »Sieh dir den Zwerg an«, sagte Razamon. Axton blickte zu der benachbarten Ma schine hinüber. Er sah, daß Kerttel vorn übergebeugt in seinem Sessel saß. Sein Ge sicht hatte sich verzerrt. Die Augen traten ihm weit aus den Höhlen. Hilflos fuchtelte er mit seinen mißgestalten Armen in der Luft herum. Plötzlich flogen die Gleiter langsamer und setzten auf einer weiten Lichtung zur Lan dung an. Eine Herde büffelartiger Tiere stob in wilder Flucht davon. Axton sah, daß sich Kerttel zur Tür seines Gleiters schleppte. Er stand auf und eilte ebenfalls nach vorn. »Bleib, wo du bist«, rief ihm der Pilot zu. »Ich denke gar nicht daran«, erwiderte Axton. »Kerttel braucht Hilfe. Ich geh zu ihm.« »Dann erschieße ich dich«, erklärte der Pilot und richtete einen Energiestrahler auf ihn. »Ich habe den Befehl, dich zu töten, wenn du nicht gehorchst.« Seine Stimme schwankte. Er sprach zö gernd und langsam und gab damit zu erken
20 nen, daß er längst nicht so entschlossen war, wie seine Worte vermuten ließen. Er war verunsichert, da er in Axton eine Autorität sah, der er sich unterlegen fühlte. Der Terraner blieb in der offenen Tür des Gleiters stehen. Wenige Schritte von ihm entfernt ließ sich Kerttel aus der anderen Maschine fallen. Röchelnd stürzte er auf den mit Gras bewachsenen Boden. Er kroch dar über hin. Axton sah deutlich, daß sich seine rankenartigen Finger in den Boden wühlten. Sein Gesicht hatte sich grün verfärbt. »Er sieht aus, als ob es mit ihm zu Ende geht«, sagte Razamon, der hinter Axton stand. »So ist«, erwiderte der Terraner. Er wand te sich an den Piloten. »Bist du blind? Siehst du nicht, daß Kerttel Hilfe braucht? Ich stei ge jetzt aus, und du wirst mich nicht daran hindern.« »Ich habe meine Befehle«, erklärte der Scuddamore. Er sah aus wie eine mißglückte Mischung zwischen einem Frosch und ei nem Affen. »Die Befehle gelten erst dann als aufgehoben, wenn Kerttel tot ist.« Plötzlich begriff Axton. Der Scuddamore haßte den Zwerg. Er wünschte sich, daß Kerttel, von dem er ge demütigt worden war, starb, weil er dann endlich wieder den Energieschild einschal ten konnte. Er ertrug es nicht mehr, sich al len zeigen zu müssen. Axton nickte. »Ich habe verstanden«, sagte er. »Ich wer de nicht aussteigen. Vielleicht schafft Kert tel es auch allein.« Der Zwerg war bis in die Nähe eines klei nen Teichs gekrochen. Hier wühlte er seine Arme bis fast zu den Schultern in den Bo den. Er preßte das Gesicht ins Gras. Nur das Zittern und Beben seines Körpers verriet, daß er noch lebte. »Verstehst du?« fragte Razamon. »Er ist halb Mensch, halb Pflanze, und jetzt ver langt die Pflanze ihr Recht.« »Du meinst, er nimmt Nährstoffe aus dem Boden in sich auf?« »Davon bin ich überzeugt.«
H. G. Francis Der Berserker kehrte an seinen Platz zu rück und setzte sich. Axton blieb neben ihm stehen. »Vielleicht ist das eine Chance, von hier zu verschwinden«, flüsterte er Razamon zu. »Ich werde einem der Scuddamoren die Waffe entreißen und die anderen damit in Schach halten.« »Einverstanden.« Axton näherte sich wieder der Tür. Der Pilot schien ihn nicht zu beachten. Plötzlich fuhr Axton herum und entwand einem Scud damoren, an dem er eben vorbeigegangen war, die Waffe. Er sprang zurück und stellte sich neben den Piloten.
4. Hüter der Wiege Atlan wandte sich ab. Er ertrug das Schmatzen und Schlürfen nicht, das von dem fleischfressenden Kelch ausging. Artin folgte dem Arkoniden. »Hast du schwache Nerven?« fragte er spöttisch. »War es notwendig, Skaddos derart grau sam zu bestrafen?« »Es war. Du ahnst ja nicht, in welcher La ge wir uns befinden. Ich war Kommandant der Topeya-Wiege. Daher kenne ich mich hier aus. Ich weiß, daß wir etwas getan ha ben, was kaum noch gutzumachen ist.« »Wenn du Skaddos damit meinst, dann ist allerdings nichts mehr zu ändern.« »Ihn meine ich nicht. Ich spreche von der Topeya-Pflanze.« Atlan versuchte, das schwarze Energie feld mit seinen Blicken zu durchdringen, doch das gelang ihm nicht. Er konnte nur ahnen, wie Artin aussah. Er hätte ihm gern in die Augen gesehen, weil es dann leichter gewesen wäre, ihn zu verstehen. So hatte er das Gefühl, ins Nichts zu sprechen. »Wir haben die Topeya-Pflanze bei unse rem Angriff verletzt. Wir haben ihr Schmer zen zugefügt und sie beinahe getötet. Das vergißt sie uns nicht so leicht«, erklärte der Scuddamore. »Willst du damit sagen, daß sie intelligent
Duell der Symbionten ist?« »Sie hat Gefühle, und sie kann denken. Sie nimmt uns wahr. Sie sieht uns. Sie riecht uns. Sie spürt jeden unserer Schritte. Und sie kann sich für das rächen, was geschehen ist.« »Du bist erstaunlich ruhig.« »Das sieht nur so aus.« Artin wollte zu der Tür gehen, durch die sie heraufgekom men waren. Doch sie war nicht mehr da. Die kegelförmige Erhebung, die den Ausgang gebildet hatte, war nun glatt und fugenlos. »Es geht schon los.« Atlan sah sich beunruhigt um. Er erinner te sich an den Tod Kerttels und daran, wie die Topeya-Pflanze Pseudoarme gebildet und ihn damit umschlungen hatte. Wollte sie sich nun für das rächen, was die Scuddamo ren ihr angetan hatten? Artin richtete einen Energiestrahler auf den Kegel. »Es würde mir leid tun«, sagte er laut, »wenn ich dich erneut verletzen müßte, aber du läßt mir keine andere Wahl. Ich werde nicht hier oben bleiben.« Plötzlich bildete sich ein Spalt im Boden. Artin sprang zurück und riß Atlan mit. Der Arkonide sah, daß der Spalt etwa zwei Me ter tief war und schräg nach unten führte. Wenn er hineingefallen wäre, so wäre er über die Schräge zum Blütenrand hin ge rutscht und in die Tiefe gestürzt. Ein Sturz aus dieser Höhe aber hätte den sicheren Tod bedeutet. »Sieh dich vor«, sagte Artin warnend. »Sie wird es noch einmal versuchen.« Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als sich direkt unter ihm ein zweiter Spalt auf tat. Wiederum gelang es ihm, rechtzeitig zur Seite zu springen. Auch Atlan flüchtete. »Meine Geduld ist zu Ende«, schrie der Scuddamore. Ein sonnenheller Blitz schoß aus dem Energieschild hervor und zuckte zentimeternah an einigen Blütenblättern vor bei. Unter der Hitzeeinwirkung rollten diese sich augenblicklich ein. Die Topeya-Wiege schrie klagend auf. »Du hast es nicht anders gewollt«, sagte
21 Artin. »Öffne die Tür.« Die Pflanze gehorchte. In dem Kegel bil dete sich eine Tür, die von selbst auf schwang. »Du gehst zuerst«, befahl der Komman dant dem Arkoniden. Dieser zögerte. Der Treppenabgang kam ihm wie eine Falle vor. Die TopeyaPflanze hatte ihn in der Gewalt, wenn er sie betrat. Die Wände pulsierten sanft. Eine unheimliche Ausstrahlung ging von ihnen aus. Doch Atlan hatte keine ande re Wahl. Artin bedrohte ihn mit der Waffe und trieb ihn voran. Atlan ging durch die Tür und eilte die Treppe hinunter. Er erwartete, daß die Pflan ze erneut einen Spalt bilden oder ihn mit Pseudoarmen umschlingen würde, doch nichts geschah. Sie unterschied offenbar zwischen ihm und Artin und machte diesen allein für die Verletzungen verantwortlich. Die anderen Scuddamoren hasteten hinter ihnen her. Sie stürmten die Wendeltreppe nach unten und verließen die Pflanze in pa nikartiger Flucht durch den nach oben füh renden Gang. Artin erteilte ihnen den Befehl, Dünge mittel und Aufbaustoffe herbeizubringen. Kaum zwei Minuten verstrichen, bis ein Gleiter neben der Pflanze landete. Die Ma schine war mit allerlei Fässern beladen. Ro boter hoben diese von der Ladefläche, öffne ten sie und gossen sie am Fuß der Pflanze aus. Atlan hörte die Topeya-Wiege aufstöh nen. Doch dieses Mal klagte sie nicht. Sie schien aufzuatmen. Die Flüssigkeit versickerte im Boden. Artin lachte leise. »Siehst du?« sagte er und bemühte sich, sich so selbstsicher wie nur möglich zu ge ben. Doch Atlan spürte, daß er selbst nicht von seinen Worten überzeugt war. »Sie nimmt mein Angebot an. Die Wunden wer den sich schließen. Die Topeya-Wiege wird bald wieder in alter Pracht erblühen. Sie wird vergessen, was geschehen ist, und sie wird mir verzeihen. Wenn Chirmor Flog kommt, sind alle Spuren der Schlacht besei
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tigt. Du glaubst doch, daß er hierher zurück Wunden behandeln. Sprich mit ihr. Beruhige kehrt – oder?« sie. Und laß Musik spielen.« »Ich weiß nicht, wie krank er ist«, ant »Vielleicht hast du recht«, erwiderte Ar wortete der Unsterbliche vorsichtig. tin. »Ich habe wirklich geglaubt, daß schon Er hofft, daß Chirmor Flog bleibt, wo er alles in Ordnung ist.« ist, oder daß er stirbt. Er will der Nachfol Er rief einige Scuddamoren zu sich und ger Chirmor Flogs werden. erklärte ihnen, was sie tun sollten. Wenig »Wenn du meinst, daß die Pflanze sich er später konnte Atlan sie dabei beobachten, holt, dann sollten wir so schnell wie möglich wie sie die Wunden der Topeya-Wiege mit nach Pthor aufbrechen«, fuhr der Arkonide einer chemischen Flüssigkeit behandelten. fort. »Dann werden wir ja sehen, ob Chirm Und schon bald begannen sich die Löcher zu or Flog noch Hilfe benötigt, oder ob er schließen. Verbranntes Material bröckelte schon alles überstanden hat.« ab. »Wie meinst du das?« fragte Artin lau Andere Scuddamoren brachten eine Mu ernd. »Ob er alles überstanden hat?« sikanlage mit zwölf Lautsprechern, die sie in »Du solltest genau wissen, wie es um ihn weitem Kreis um die Topeya-Wiege auf steht«, antwortete der Arkonide. »Er ist nach stellten. Danach ertönte eine sanfte, beruhi Pthor gebracht worden, damit man ihm dort gende Musik. Die Pflanze reagierte mit farb hilft. Findest du nicht, daß das eine recht un lichen Veränderungen ihrer Blütenblätter. gewöhnliche Maßnahme ist?« Diese Farbspiele verstärkten sich noch, als »Hm, du hast recht«, erwiderte der Scud Artin weitere Fässer mit Düngemitteln vor damore nachdenklich. »Eine solche Maß der Pflanze entleeren ließ. Der Kommandant nahme ergreift man eigentlich nur, wenn saß auf dem Boden und redete mit monoto sonst keine Hoffnung mehr besteht. Deshalb ner Stimme auf die Topeya-Wiege ein. At solltest du ihm nach Pthor folgen, damit dort lan beobachtete ihn. Er war nur wenige Me nicht eine Entwicklung eingeleitet wird, die ter von ihm entfernt. Er sah, daß die Pflanze dich überrascht – und dich übergeht.« ein nach oben spitz zulaufendes Ohr formte »Du kennst meine Befürchtungen also«, und Artin damit zeigte, daß sie aufmerksam sagte Artin. »Nicht schlecht. Sobald hier lauschte. Ordnung herrscht, brechen wir auf. Niemand Als etwa eine halbe Stunde vergangen war, gab sie leise Töne von sich. Es schien, soll sich einbilden, daß ich mich ein zweites als schlage irgendwo in ihrem Innern eine Mal an die Wand drücken lasse.« Einer seiner Untergebenen kam zu ihm. Glocke an. »Die Topeya-Wiege hat die Antennen »Sie will, daß du hineingehst«, erklärte zerstört«, berichtete er. »Alle Stromverbin Achtpforg. »Sie will einen Vertrauensbe dungen im Innern sind unterbrochen.« weis. Geh hinein und schalte deinen Ener Artin fluchte. gieschirm ab.« »Ich lasse das Biest vergiften«, schrie er. »Sie wird mich töten«, rief Artin. »Bringt Gift und schüttet es vor der Pflanze »Du mußt es tun, sonst wird sie nicht mit aus.« dir zusammenarbeiten. Geh. Zeige ihr, daß »Das darfst du nicht tun«, bemerkte Acht du Frieden mit ihr geschlossen hast und ihr pforg. Der Gersa-Predogg hatte sich bisher vertraust.« im Hintergrund gehalten. Jetzt näherte er »Das kann niemand von mir verlangen«, sich dem Kommandanten. »Deine Pflicht ist erwiderte der Kommandant. es, die Pflanze zu besänftigen. Du hast es dir »Chirmor Flog hätte keine Sekunde lang zu leicht gemacht. Ein bißchen Dünger ge gezögert«, sagte der Roboter. nügt nicht. Du weißt, was sie braucht. Das genügte. Artin eilte zum Eingang der Schicke deine Leute hinein. Sie sollen die Topeya-Wiege und lief die Treppe hinunter.
Duell der Symbionten Er verschwand in der Pflanze. Er schickt sich an, Nachfolger Chirmor Flogs zu werden, stellte der Logiksektor fest. Die Topeya-Wiege als Verbündeten zu gewinnen, ist der erste Schritt.
* Die PARZIER landete am angekündigten Platz. Staubmassen wirbelten auf und ließen Atzbäll und seine Scuddamoren für Minuten wie in einem Nebel verschwinden. Doch das störte den Kommandanten nur wenig. Ge duldig wartete er ab, bis sich die Haupt schleuse öffnete. Dann näherte er sich dem Organschiff. Er war überzeugt davon, daß Chirmor Flog die PARZIER verlassen würde, um Pthor zu inspizieren. Doch nicht der Neffe, sondern ein Scuddamore mit einem rot schimmernden Energieschirm kam ihm ent gegen. Atzbäll gab sich als Kommandant von Pthor zu erkennen. »Wir hoffen, daß Chirmor Flog mit dem Rahmen zufrieden ist, den wir ihm für sei nen Empfang bieten können«, sagte er. »Leider sind unsere Mittel nur bescheiden.« »Komm herein«, entgegnete der rote Scuddamore. »Ich bin Kartra, einer der Mit arbeiter des Neffen.« »Will Chirmor Flog das Schiff noch nicht verlassen?« fragte Atzbäll verblüfft. »Dazu ist er nicht in der Lage.« Atzbäll glaubte, sich verhört zu haben. Er folgte dem Scuddamoren über einen langen Gang, auf dem etwa vierzig andere Unterge bene des Neffen ein rot schimmerndes Spa lier bildeten. Atzbäll ging wie betäubt an den Scuddamoren vorbei. Er konnte sich nun gar nichts mehr erklären. Fragen über Fragen drängten sich ihm auf, er wagte je doch nicht, sie zu stellen. Ein Schott öffnete sich vor ihm, und dann sah er Chirmor Flog. Der Atem stockte ihm. Er hatte bisher keine Vorstellung davon gehabt, wie der mächtigste Mann des Ma
23 rantroner-Reviers aussah. Jetzt stand er einer beklagenswerten Kreatur gegenüber, die kaum mehr als ein Riesenschädel mit tenta kelähnlichen Ausläufern war. Chirmor Flog hing schlaff und kraftlos in einem quadrati schen Metallgestell, das mit einem Laufwerk und allerlei künstlichen Händen versehen war. Der Kopf wurde von einigen dieser Hände gestützt. Atzbäll erkannte, daß der Neffe nicht mehr in der Lage war, ihn aus eigener Kraft zu halten. Chirmor Flogs Au gen waren geschlossen. Aus einem Mund winkel sickerte eine weißliche Flüssigkeit. »Ist er tot?« fragte Atzbäll stammelnd. »Noch nicht«, antwortete Kartra, »aber er ist nicht mehr weit davon entfernt, tot zu sein. Wir haben alles versucht, ihm zu hel fen. Wir haben Hunderte der besten Heil kundigen des Marantroner-Reviers nach Säggallo kommen lassen. Sie alle werden uns hierher folgen und sich weiterhin um den Neffen bemühen, aber wir haben nur wenig Hoffnung, daß sie wirklich etwas für ihn tun können.« »Warum ist der Neffe dann hier?« fragte Atzbäll. »Hat der Transport ihn nicht zusätz liche Kräfte gekostet?« »Pthor ist unsere letzte Hoffnung«, ant wortete Kartra. »Hier gibt es die Magier. Ih nen wird nachgesagt, daß sie wahre Wunder vollbringen können.« »Die Magier.« Atzbäll zuckte zusammen, doch das konnte Kartra nicht sehen. »Ich fürchte, es wird Schwierigkeiten geben.« »Das mußt du mir schon erklären. Glaubst du, daß die Magier sich weigern, den Neffen zu behandeln?« »Die Magier haben eine Schutzglocke über Oth errichtet«, erwiderte Atzbäll lang sam und zögernd. »Wir haben versucht, die se Glocke aufzubrechen. Wir haben mit al len Waffen angegriffen – aber wir haben es nicht geschafft.« Kartra war schockiert. »Es gibt auf Pthor also jemanden, der sich den Befehlen des Neffen widersetzt«, stellte er fest. »Die Magier verweigern tatsächlich die Zusammenarbeit? Wie ist das möglich?«
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»Ich habe auch keine Erklärung«, entgeg nete Atzbäll. Er war unsicher und fürchtete den Zorn der engsten Mitarbeiter Chirmor Flogs. Dagegen war er jetzt geradezu er leichtert darüber, daß der Neffe selbst nicht in der Lage war, einzugreifen. Dadurch, so meinte er, blieb er vor der härtesten Reakti on Chirmor Flogs zunächst verschont. Ihm kam es jetzt nur darauf an, Zeit zu gewin nen. Später, so hoffte er, würde sich alles ein wenig beruhigen. »Du hast keine Erklärung«, stellte Kartra erregt fest. »Ist das alles, was du zu sagen hast?« »Natürlich nicht. Wir werden tun, was in unserer Macht steht, dem Neffen zu helfen. Wir werden uns bemühen, Verbindung mit den Magiern aufzunehmen, und ich bin überzeugt davon, daß sie einlenken, wenn sie erst erfahren haben, daß Chirmor Flog hier auf Pthor ist.« Atzbäll redete noch weiter. Er machte Versprechungen über Versprechungen, um Kartra zu überzeugen, daß ihn keine Schuld an den Zuständen traf. Der Scuddamore mit dem roten Energieschild machte nur hin und wieder eine nichtssagende Bemerkung. Je länger Atzbäll sprach, desto deutlicher wur de für ihn, daß die Stellung der Magier na hezu uneinnehmbar war. Kartra ließ Atzbäll reden. Zunächst hatte er vorgehabt, den Kommandanten Pthors kurzerhand abzusetzen und selbst die Be fehlsgewalt zu übernehmen. Nun aber wurde ihm klar, daß er damit einen schweren Feh ler begehen würde. Die Situation Pthors war denkbar schwierig. Das war zwar nicht Atz bälls Schuld, aber er war dafür verantwort lich. Kartra hütete sich, ihm die Verantwor tung abzunehmen und in einer solchen Lage seinen Kopf hinzuhalten. Er wußte nur zu gut, wie gnadenlos das Zentrum der Schwar zen Galaxis strafen konnte. Daher entschied er sich dafür, Atzbäll bleiben zu lassen, was er war – die Zielscheibe für die zu erwarten de wütende Reaktion des Zentrums.
*
Axton hob die Hände. »Das war ziemlich leichtsinnig von dir«, sagte der Pilot und drückte ihm den Projek tor der Strahlwaffe noch fester gegen den Rücken. Der Terraner warf dem Scuddamoren die Waffe zu, dem er sie abgenommen hatte. »Bleib hier stehen«, befahl der Pilot. »Kerttel soll entscheiden, was mit dir ge schehen soll. Mach dir nur keine Hoffnun gen. Ich glaube, ich weiß schon, was er tun wird.« »Kluger Junge«, entgegnete Axton. Er blickte zu dem Zwerg hinüber, der noch immer auf dem Boden lag. Er ärgerte sich über den fehlgeschlagenen Versuch, sich zu befreien und abzusetzen. Doch das wollte er den Piloten nicht merken lassen. Er hatte den Einfluß der Schwerkraft von Säg gallo unterschätzt. Unter der Einwirkung von etwa 2 g war es ihm nicht gelungen, sich so schnell wie gewohnt zu bewegen. Die Scuddamoren waren an die hohe Gravi tation gewöhnt. Ihr Organismus hatte sich längst darauf eingestellt. Sie hatten schneller reagiert als vorgesehen. Dennoch blieb Axton gelassen. Er wartete. Die Arme wurden ihm schwer, und sein Rücken begann zu schmerzen. Das Blut floß aus den Armen ab. Axton ließ sie sinken. Sofort richtete sich der Energiestrahler wieder auf ihn. »Das solltest selbst du verstehen«, sagte der Terraner. »Ich komme von einer Welt, auf der die Schwerkraft nur halb so hoch ist wie hier. Ich kann kaum noch stehen.« Der Pilot überlegte kurz, dann schickte er Axton auf seinen Platz. Erleichtert ließ der Terraner sich in die Polster sinken. Er war so erschöpft und müde, daß ihm die Augen zufielen. Als er wieder aufwachte, zog Kerttel sei ne Arme aus dem Boden und richtete sich auf. Er sah erfrischt und gestärkt aus. Sein Gesicht hatte eine rosige Farbe. Er hüpfte auf der Stelle und reckte sich wohlig. Der Gleiterpilot verließ die Maschine und
Duell der Symbionten ging zu ihm. Er berichtete, was geschehen war. »Jetzt wird es ernst«, sagte Razamon lei se. »Er soll nur nicht glauben, daß ich mich abknallen lasse.« »Wenn es sein muß, versuchen wir es noch einmal«, entgegnete Axton. Aus der Mimik des seltsamen Wesens versuchten sie abzulesen, welche Entscheidung er getroffen hatte. Es gelang ihnen nicht. Das Gesicht Kerttels blieb undurchsichtig. Er kam bis an die offene Tür des Gleiters und blickte die beiden Gefangenen an. Ein flüchtiges Lächeln glitt über seine Lippen. »Ihr könnt es also nicht erwarten«, sagte er. »Nun gut. Das kann ich verstehen. Die meisten hätten so gehandelt. Ihr seid mutig. Ihr gebt nicht so leicht auf. Das gefällt mir. Solche Männer kann ich für das Komman dounternehmen gut gebrauchen.« Er lachte laut auf und ging zu seiner Ma schine. Wenig später starteten die Gleiter und setzten den Flug fort. Sie überquerten die Ebene und kamen danach in eine düstere Bergwelt, in der von den Vulkanen ausge schleuderte Asche und Lavamassen fast alle Pflanzen verbrannt hatten. Aus der erstarrten Glut ragte ein etwa hundert Meter hoher Turm hervor. Die Gleiter landeten auf einer eingeebneten Fläche neben ihm. »Aussteigen«, befahl der Pilot und richte te abermals seine Waffe auf Axton und Raz amon. »Von jetzt an geht's mit der Rohrbahn weiter.« Er trieb Axton und Razamon aus dem Gleiter. Auch die anderen Scuddamoren stiegen aus. Kerttel eilte in den Turm. Die beiden Gefangenen folgten ihm. »Der Anfang unserer Mission war schon mal schlecht«, sagte Razamon bedrückt. »Eigentlich kann es nur noch besser wer den.« Kerttel hatte gute Arbeit geleistet. Kriegs material aller Art lagerte in einer Halle unter dem Turm. Scuddamoren verluden es in röh renförmige Waggons. Kampfroboter sollten offenbar der Einheit folgen, die von Raza mon und Axton angeführt wurde. Sie sollten
25 die Gegenstation freikämpfen, falls diese nicht schon dem ersten Stoßtrupp gelang. Stumm wies der Zwerg auf einen Wagen, der vor dem Eingang der Tunnelröhre stand. Zwölf Scuddamoren warteten davor. Sie tru gen schwere Kampfstrahler in den Armen. Ihr Anblick wirkte aber dennoch nicht be drohlich, sondern erregte das Mitgefühl Ax tons und Razamons. Die Scuddamoren sa hen schwach und elend aus. »Schaltet die Schirme ein«, befahl Kert tel. Damit befreite er die Scuddamoren von einem ungeheuren psychischen Druck. Der Effekt war erstaunlich. Gedankenschnell glitten die Hände der Metamorphosewesen zum Projektor. Die schwarzen Energieschil de bauten sich auf, und jetzt besaßen die Scuddamoren die für sie typische Ausstrah lung. Sie wirkten bedrohlich und gefährlich auf die beiden Männer, die sich nun kaum noch vorstellen konnten, wie die Gestalten unter den Energieschirmen aussahen. Axton und Razamon stiegen in den Wa gen. Die Scuddamoren wiesen ihnen Plätze am vorderen Ausgang zu. Auf den Polstern lagen leichte Energiestrahler. »Das ist kaum mehr als Spielzeug«, be merkte Razamon unwillig. Er kehrte zur Tür zurück und rief Kerttel. »Was willst du?« fragte dieser. Der Berserker beschwerte sich über die mangelhafte Bewaffnung. »Wenn du willst, daß wir für dich den Weg in die Topeya-Wiege freikämpfen, dann mußt du uns schon ein wenig besser ausrüsten«, sagte er, »sonst erreichen wir gar nichts.« Der Zwerg überlegte kurz, dann befahl er den Scuddamoren, Axton und Razamon bes sere Waffen zu geben. Danach setzten sich die beiden Freunde in die ihnen zugewiese nen Sessel und überlegten, wie sie sich am Ende der Fahrt verhalten sollten. Der Wagen ruckte an. Er glitt langsam in eine Tunnel röhre, stürzte dann steil in die Tiefe und be schleunigte so stark, daß die Insassen in die Polster gedrückt wurden.
26 Bald aber ging der Wagen zu einer gleich bleibenden Geschwindigkeit über. Axton und Razamon berieten sich flü sternd. Sie hatten mehr als eine Stunde Zeit, bis der Wagen verzögerte. Die Sessel schwenkten herum, so daß die Insassen nun mit dem Rücken zur Fahrtrichtung saßen. Razamon entsicherte seine Waffe. Er beugte sich nach vorn, als sich der Beschleuni gungsdruck verringerte. Er deutete auf die Scuddamoren. »Sie drehen uns den Rücken zu«, sagte er leise. »Das ist unsere Chance. Wir müssen draußen sein, bevor sie aus ihren Sessel hochkommen.« Axton nickte nur. Während Razamon im mer optimistischer wurde, wuchs sein Unbe hagen. Aktionen dieser Art lagen ihm nicht. Sie wären ihm willkommen gewesen, wenn er noch in dem Roboterkörper als Sinclair Marout Kennon gelebt hätte. In diesem hätte er sich mühelos gegen den Beschleuni gungsdruck behauptet, und in ihm hätte er sich, ohne zu zögern, in die Schlacht gewor fen. Doch jetzt zog er Operationen vor, bei denen es auf eine ausgefeilte Planung und auf Psychologie ankam. Der Wagen hielt. Razamon und Axton sprangen auf. Sie rannten zur Tür und öffneten sie. Das Schott fuhr zischend zur Seite. Die beiden Männer sprangen auf den Boden einer Halle herab, die einen Durchmesser von etwa fünfzig Metern hatte. Vier Türen zweigten von ihr ab. Axton und Razamon hatten erwartet, zahl reiche Scuddamoren als Wachen dieser Sta tion vorzufinden. Doch nur fünf Schattenge stalten standen ihnen gegenüber. Eine von ihnen schoß. Der Energiestrahl strich dicht an Axton vorbei. Die Scuddamoren, die in diesen Sekunden aus dem Wagen stürmten, erwiderten das Feuer. Sie entschieden den Kampf, bevor die Verteidiger weitere Schüsse abgeben konn ten. »Weg hier«, rief Razamon Axton in In terkosmo zu. Die beiden Männer rannten zu einer nahen Tür, während die Scuddamoren
H. G. Francis Kerttels sich noch formierten und darüber diskutierten, in welche Richtung sie vorsto ßen sollten. »Haltet sie auf«, schrie einer von ihnen. Razamon und Axton rannten weiter.
5. Duell der Symbionten Atlan spürte, wie der Boden unter seinen Füßen erzitterte. Die Scuddamoren in seiner Nähe wurden unruhig. Achtpforg fuhr seine teleskopartigen Augen aus und blickte in die Runde. Wiederum erbebte der Boden. Unter der Topeya-Wiege wird gekämpft, stellte der Extrasinn nüchtern fest. »Niemand betritt die Wiege«, rief der Gersa-Predogg im gleichen Augenblick. »Artin braucht keine Hilfe.« Der Roboter kann keine Entscheidung fällen. Ihm fehlen Informationen. Er weiß nicht, wer da unten kämpft. Diese Meldung des Logiksektors erschien Atlan so überraschend, daß er verblüfft in sich hineinhorchte. Achtpforg, das wohl wichtigste Machtinstrument Chirmor Flogs, sollte nicht von allem Kenntnis haben, was im Bereich der Topeya-Wiege bedeutsam war? Das erschien dem Arkoniden absolut unglaubwürdig. Niemand konnte besser in formiert sein als der Roboter: Von ihm be zog sogar der Neffe sein Wissen. Der Gersa-Predogg eilte zur TopeyaPflanze. Er verharrte vor dem Abgang, lief dann wieder einige Meter weit zurück und wandte sich erneut um. In diesen Sekunden ging eine auch für Atlan deutlich spürbare Ausstrahlung von ihm aus. Sie ließ erken nen, wie unsicher der Roboter war. Er traf fortwährend Entscheidungen, die er Bruch teile von Sekunden später widerrief. Zu gleich aber war die Ausstrahlung böse und von Vernichtungswillen gekennzeichnet. Der Arkonide entfernte sich vorsichtshal ber einige Schritte von dem Roboter. Die Scuddamoren standen wie erstarrt auf dem Fleck. Da ihnen niemand sagte, was sie zu tun hatten, unternahmen sie auch nichts. Die Topeya-Wiege stöhnte gequält auf.
Duell der Symbionten Atlan sah, daß sich die Blütenblätter hoch über ihm verfärbten. Sie nahmen eine dun kelrote Farbe an, als würden sie von menschlichem Blut durchtränkt. Gleichzeitig bildeten sich die Umrisse einer humanoiden Gestalt über dem Eingang der Pflanze her aus. Sie blieben nur einige Sekunden lang sichtbar, waren jedoch unübersehbar. Eine dunkle Gestalt erschien in der Tür öffnung. Sie schien mit einem unsichtbaren Gegner zu kämpfen. Taumelnd bewegte sie sich voran. Es ist Artin! Atlan eilte zu dem Roboter. »Das ist Artin«, rief er ihm zu. »Hilf ihm. Siehst du nicht, daß der Kommandant Hilfe benötigt?« Endlich überwand der Roboter seine Un sicherheit. Eine klare Entscheidung war von ihm gefordert worden, und er fällte sie. Er stürzte sich auf den Scuddamoren und zerrte ihn nach oben. Dabei umspannte er ihn mit samt seinem schwarzen Energiefeld. Als er etwa zwanzig Meter von der Pflan ze entfernt war, protestierte Artin heftig. »Laß mich los«, brüllte er mit überkip pender Stimme. Achtpforg gehorchte. Atlan spürte, daß die Ausstrahlung des Roboters versiegte. »Was starrt ihr mich alle so an?« fragte der Kommandant. »Was steht ihr hier her um? Warum kämpft ihr nicht?« Die Scuddamoren eilten in die TopeyaWiege. Sie schienen froh darüber zu sein, daß ihnen jemand einen Befehl erteilt hatte, an den sie sich halten konnten. Artin ließ sich auf den Boden sinken. Für einen kurzen Moment wurde der schwarze Energieschild so transparent, daß Atlan den Scuddamoren sehen konnte. Er erkannte, daß Artin eine humanoide Gestalt hatte. Aus seinem Kopf schienen jedoch Gebilde zu ra gen, die nicht zu ihm passen wollten. Bevor der Arkonide das Bild genauer in sich auf nehmen konnte, wurde der Energieschirm wieder undurchsichtig. Die Pflanze hat ihn berührt. Er hat einen Teil von ihr in sich aufgenommen, behaupte
27 te der Extrasinn. Artin sprang wieder auf. Neue Energien schienen ihn zu durchfluten. »Der Stützpunkt auf dem verlassenen Kontinent Dumork ist wieder aufgebaut worden«, teilte er dem Roboter mit. »Wir werden von dort angegriffen. Was hast du dazu zu sagen?« »Nichts«, antwortete der Gersa-Predogg. »Diese Information ist falsch.« »Das ist sie nicht«, brüllte der Komman dant außer sich vor Zorn. »Ich weiß, daß sie stimmt. Wir werden von dort angegriffen. Starke Verbände kommen durch den Tun nel.« Sekunden verstrichen, bevor der Roboter auf diese Aussage reagierte. Sein Zögern war ein Zeichen dafür, daß seine positroni sche Einrichtung diese Information nicht so ohne weiteres verarbeiten konnte. Sie stand offensichtlich in krassem Gegensatz zu dem, was Achtpforg bisher als unumstößlich rich tig angesehen hatte. »Der Tunnel ist repariert und ausgebaut worden«, erklärte er. »Das weiß ich«, erwiderte Artin stöhnend. »Ich wußte aber nichts davon, daß es auf Dumork einen Stützpunkt gibt, in dem Tau sende von Scuddamoren kaserniert sind.« »Das war mir auch nicht bekannt. Ich empfehle sofortige Gegenmaßnahmen.« »Du kannst dich darauf verlassen, daß ich die ergreife«, sagte der Kommandant. »Ein Panzerverband soll starten und den Stütz punkt auf Dumork vernichten. Wir werden den Angreifern den Rückweg abschneiden und sie dann in den Tunnel treiben. Nie mand soll glauben, daß er mich ungestraft angreifen darf.« Einige Sekunden vergingen. Dann melde te Achtpforg, daß der Verband aus Panzer gleitern gestartet war. Artin atmete auf. Er wandte sich Atlan zu. »Es ist alles ein wenig schwieriger, als ich dachte«, erläuterte er. »Skaddos – oder wer auch immer hinter dieser Gemeinheit steckt – hat sich Reserven geschaffen, mit denen man mir das Leben schwer machen will.
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Aber wer auch für diesen Angriff verant wortlich ist, er soll sich getäuscht haben. Mir ist es gelungen, die Topeya-Wiege end gültig auf meine Seite zu bringen. Wir haben uns versöhnt.« »Es sieht so aus«, entgegnete der Arkoni de, »sonst wärst du wohl nicht lebend wie der herausgekommen.« »Ich habe gewonnen«, sagte der Kom mandant. »Was auch immer jetzt noch ge schieht, es ändert nichts mehr an meinem Sieg.« Er wandte sich ab und ging davon. Wie derum wurde der Energieschirm für einen kurzen Moment transparent. Und jetzt sah Atlan deutlicher als zuvor, daß der Kom mandant pflanzliche Auswüchse am Kopf hatte. Er hat sich nicht mit der Topeya-Pflanze versöhnt, stellte der Logiksektor fest. Er ist ihr Sklave geworden.
* Axton und Razamon flüchteten durch eine offene Tür. Einer der Scuddamoren schoß hinter ihnen her. Er traf den Türrahmen, der sofort in Flammen aufging. Die beiden Männer liefen weiter. Sie sa hen sich nicht um, sonst hätten sie gesehen, daß eine Flüssigkeit aus den Wänden neben und über der Tür spritzte und das Feuer löschte. Vor ihnen öffnete sich eine andere Tür, als sie sich ihr bis auf wenige Schritte genähert hatte. Sie kamen auf einen langge streckten Gang heraus, der von bizarr ge formten Leuchtelementen erhellt wurde. Die Tür schloß sich hinter ihnen. Axton blieb stehen. Er spürte, daß der Bo den unter seinen Füßen unter der Wucht der Explosionen erbebte, die die Scuddamoren bei ihrem Kampf auslösten. »Entweder zerstören sie alles, was ihnen in die Quere kommt«, sagte Razamon, »oder das eigentliche Gefecht hat begonnen.« Axton ließ seine Hand über eine Wand gleiten. »Seltsam«, bemerkte er. »Die Wand fühlt
sich an, als ob sie lebt.« »Das täuscht«, entgegnete der Berserker. Seine Augen verdüsterten sich. Er blickte sich suchend um. »Ich komme mir vor wie in einer Falle. Wir müssen hier raus, bevor wir zwischen die Fronten geraten.« Doch der Terraner hatte ein besonderes Gespür für kosmokriminalistische Zusam menhänge. Und er hatte in einem Körper ge lebt, der mit Biomolplast überzogen gewe sen war. Das Material, aus dem die Wand bestand, erinnerte ihn an Biomolplast, ob wohl es keines war. Es hatte jedoch eine ge wisse Ähnlichkeit mit ihm, und Axton glaubte, das Material unter seinen Händen pulsieren zu fühlen. Hinzu kam, daß die Er eignisse der letzten Tage und Stunden seine kriminalistischen Instinkte geweckt hatten. Er drehte sich um und wollte zur Tür zu rückgehen, um sich anzusehen, wo der Ener giestrahl aus der Scuddamorenwaffe einge schlagen war. Razamon hielt ihn fest. »Bist du verrückt geworden? Doch nicht da entlang. Wir verschwinden in dieser Richtung.« Mit unglaublicher Geschwindig keit bildete sich plötzlich ein Pseudoarm ne ben Axton aus der Wand. Eine weiße Hand griff nach seinem Blaster und umklammerte ihn. Der Terraner ließ ihn augenblicklich los. Direkt vor seinen Füßen platzte der Boden auf. Ein Spalt entstand. Die seltsame Hand öffnete sich und ließ die Waffe fallen. Sie verschwand im Spalt, der sich gleich darauf wieder schloß. »Hast du den Verstand verloren?« fragte Razamon betroffen. »Warum hast du nicht geschossen?« »Weil das ein Fehler gewesen wäre.« »Du hast dich überhaupt nicht gewehrt.« Razamon wich vor ihm zurück. Er um klammerte seine Waffe mit beiden Händen. Er schien zu befürchten, daß Axton tatsäch lich nicht mehr Herr seiner Sinne war. Plötzlich riß der Boden auch vor ihm auf. »Laß sie fallen«, bat der Terraner. Der Berserker zögerte. »Ich weiß, daß es ein Fehler wäre, sie zu
Duell der Symbionten behalten«, sagte Axton. »Ich kann es dir nicht erklären, aber ich bitte dich, mir zu glauben.« Razamon schüttelte den Kopf. »Ich bin froh, daß ich eine Waffe habe«, erwiderte er. »Dieses Ding, in dem wir stecken, wird sie dir entreißen, wenn du sie nicht freiwillig herausrückst. Und außerdem, befürchte ich, wird sich dann keine Tür mehr vor uns öff nen.« Razamon fluchte und warf den Energie strahler von sich. Er fiel polternd auf den Boden und blieb einige Meter von dem Spalt entfernt liegen. Doch jetzt riß der Boden un ter ihm auf, und er verschwand. »Wenn das ein Fehler war, werden wir uns in der Hölle begegnen«, sagte Razamon grimmig. »Man freut sich immer, gute Bekannte zu treffen«, gab Axton spöttelnd zurück. Er leg te Razamon freundschaftlich die Hand auf den Arm und ging mit ihm weiter. Die näch ste Tür öffnete sich vor ihnen. Dahinter lag eine Treppe, die steil nach oben führte. Mehrere Explosionen erschütterten die Topeya-Wiege so heftig, daß die beiden Männer Mühe hatten, sich auf den Beinen zu halten. Sie stiegen die Treppe hinauf, wobei sie sich gegenseitig halfen. Ein Stöhnen ging durch die Topeya-Wiege. Es bestätigte Ax ton in seiner Überzeugung, in einem leben den Gebilde zu sein. Sie erreichten das Ende der Treppe und betraten einen quadratischen Raum. Sieben Scuddamoren stellten sich ihnen in den Weg. Obwohl sie schwarz schimmernde Energieschirme trugen, konnten beide Män ner deutlich erkennen, daß ihre Waffen auf sie gerichtet waren. Nicht auszumachen war, zu wem die Scuddamoren gehörten. Waren es Soldaten Kerttels? Oder verteidigten sie die TopeyaWiege? Razamon fluchte leise. Er beschimpfte Axton, weil dieser ihn dazu überredet hatte, seine Waffe abzulegen.
29 »Sei froh, daß ich es getan habe«, entgeg nete der Kosmokriminalist, während er die Hände hob, um sich zu ergeben. »Wenn wir Strahler gehabt hätten, wären wir jetzt schon tot.« »Kommt mit«, befahl einer der Scudda moren. »Hier entlang.« Er wies auf einen schräg nach oben füh renden Gang. Axton gehorchte sofort, wäh rend Razamon den Befehl nur zögernd be folgte. Als sie den Gang bis zur Hälfte durch schritten hatten, kamen ihnen Scuddamoren und Kampfroboter entgegen. Sie stürmten an ihnen vorbei, um sich in die Schlacht am Ausgang der Tunnelröhre zu werfen. Axton und Razamon schoben sich an der Wand entlang, um ihnen Platz zu machen. Jetzt endlich wußten sie, wem sie in die Hände gefallen waren. Doch noch hatten sie keinen Grund, auf zuatmen. Über eine Treppe gelangten sie ins Freie. Staunend blickten sie an der Pflanze hoch, die sich wie ein riesiges Gebäude über ihnen erhob. »So ist das also«, sagte ein auffallend großer Scuddamore, der in der Nähe stand. Axton drehte sich um. »Was ist wie?« fragte er. Dann bemerkte er Atlan, der nur wenige Schritte von ihm entfernt war. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Er hatte nicht damit gerechnet, den Arkoniden hier zu treffen. »Die beiden gehören zu dir«, rief der Scuddamore anklagend. »Sie sind dir so ähnlich, daß sie aus deinem Volk kommen müssen.« Der Arkonide ging gelassen auf Axton zu. Lächelnd streckte er ihm die Hand entgegen. »Lebo«, sagte er. »Wie kommst du hier her nach Säggallo und noch dazu in die To peya-Wiege?« Axton ergriff die dargebotene Hand, wäh rend Atlan Razamon die linke bot und auch ihn mit freundlichen Worten begrüßte. Der Arkonide schien den Scuddamoren an seiner Seite völlig vergessen zu haben. »Wir haben die beiden unten an der Stati
30 on erwischt«, berichtete einer der Schatten gestalten, die Axton und Razamon gefan gengenommen hatten. »Sie gehören zu den Angreifern.« Axton lachte. Er zeigte seine Hände. »Zu den Angreifern? Und wo sind unsere Waffen? Glaubst du tatsächlich, wir würden riskieren, irgend jemanden anzugreifen, oh ne eine Waffe in den Händen zu haben?« Er wechselte einen raschen Blick mit Raz amon. »Wir waren Gefangene Kerttels«, erklärte der Berserker. »Wir konnten ihm entwi schen. Er wollte uns zwischen die Fronten treiben und als Kanonenfutter verwenden. Das ist ihm glücklicherweise nicht gelun gen.« »Diese Pflanze hier hat uns geholfen«, fügte Axton hinzu. »Ich nehme an, es ist die Topeya-Wiege.« Artin hörte voller Mißtrauen zu. Der An griff der Scuddamoren von Dumork hatte ihn maßlos erregt, doch er bemühte sich im merhin, nüchtern zu denken. »Kerttel?« fragte Atlan. »Hast du wirklich den Namen Kerttel genannt?« »Allerdings«, erwiderte Axton. »Du kennst den Zwerg?« »Redet nur weiter«, forderte Artin sie spöttisch auf. »Je mehr ihr redet, desto mehr erfahre ich.« Atlan blickte ihn ernst an. »Diese beiden Männer sind meine Freun de«, eröffnete er dem Kommandanten. »Ich weiß, daß ich mich auf sie verlassen kann. Eine Lüge würde niemals über ihre Lippen kommen.« Lebo Axton räusperte sich verstohlen, als er diese Worte hörte. Razamon trat ihm war nend auf den Fuß. »Wenn sie von einem Zwerg Kerttel spre chen, dann solltest du die Ohren spitzen. Kerttel ist zusammen mit mir hier eingetrof fen. Er war mit mir in der Topeya-Wiege. Er wollte zu Chirmor Flog, um ihm zu helfen. Doch er ist nicht bis zu ihm gekommen. Vorher hat ihn die Topeya-Wiege verschlun gen. Nun kann ein Mensch unter normalen
H. G. Francis Umständen kaum hier in der Wiege sterben, und an anderer Stelle wieder auftauchen.« Der Boden erzitterte unter ihren Füßen, doch Artin ließ sich dadurch nicht stören. Er wußte, daß seine Scuddamoren die Angrei fer mit allen zur Verfügung stehenden Mittel bekämpften, und er war überzeugt davon, daß sie siegen würden. Er sah sich nicht ge nötigt, auch noch in den Kampf einzugrei fen, zumal sich Achtpforg ruhig verhielt und keinerlei Warnungen aussprach. »Ich weiß nichts von einem Kerttel«, ent gegnete Artin. »Und mich interessiert auch nicht, ob der eine mit dem anderen etwas zu tun hat. Sie mögen zufällig den gleichen Na men haben. Das ist alles.« Er wollte sich abwenden, doch Atlan hielt ihn auf. »Was geschieht mit meinen Freunden?« fragte er. »Das hängt davon ab, was sie mir über den Angriff erzählen können.« »Alles, was du wissen willst«, erwiderte Axton spontan. Er begann damit, den Stütz punkt auf Dumork zu schildern und gab Ar tin die geschätzte Zahl der Angreifer an. Darüber hinaus beschrieb er ihm das Kriegs material, das die Truppen Kerttels mitführ ten. »Dieser Kerttel ist ein Narr«, sagte der Kommandant, als er alles gehört hatte. »Wie kann er sich einbilden, daß er die TopeyaWiege auf diese Weise erobern kann? So et was wäre nur möglich gewesen, wenn er die Tunnelröhre in aller Stille mit seinen Trup pen und seinem Kampfmaterial hätte verlas sen können.« Axton preßte die Lippen zusammen. Fast hätte er Artin gesagt, daß Razamon und er eben diesen Plan zur Eroberung der TopeyaWiege entwickelt, damit bei Kerttel jedoch keine Anerkennung gefunden hatten. Artin entfernte sich, um sich ein Bild über den Stand der Kämpfe zu machen. Er ließ Atlan, Axton und Razamon allein und unbewacht zurück. »Ich muß unbedingt wissen, wie Kerttel aussieht«, sagte der Arkonide.
Duell der Symbionten Axton schilderte den Zwerg. Atlan wurde bleich. Tränen traten ihm in die Augen. Sie waren ein deutliches Zeichen für seine Erre gung. Er blickte an der Topeya-Pflanze hoch. »Sie wird mir immer rätselhafter«, be merkte er leise. »Ich bin sicher, daß sie Kert tel in sich aufgenommen und später in ver änderter Form wieder ausgespien hat.« Hatte sie ihn veranlaßt, sie selbst anzu greifen, um Artin und seine Truppen zu ver treiben? Sie hat, stellte der Logiksektor fest. Das paßt aber nicht damit zusammen, daß Artin sich mit ihr versöhnt hat, dachte der Arkonide. Das hat er auch, bemerkte der Extrasinn. Das ist unlogisch, durchfuhr es den Un sterblichen. Durchaus nicht, entgegnete der Logiksek tor. Sie kann ihre Meinung geändert haben. Das wird dann einer von beiden zu spüren bekommen. Plötzlich bildete sich unmittelbar neben Achtpforg eine etwa zwei Meter hohe Öff nung. In ihr erschien Kerttel. Er trug einen leichten Energiestrahler in der Armbeuge. Damit zielte er auf Axton. Atlan, der ihn als erster bemerkte, stieß den Terraner zur Seite. Axton stürzte zu Bo den. Ein nadelfeiner Energiestrahl zuckte über ihn hinweg. Der Roboter reagierte nicht weniger schnell. Einer seiner Arme fuhr hoch und schlug dem Zwerg die Waffe aus der Hand. Kerttel schrie wütend auf und flüchtete in die Topeya-Wiege. Die Öffnung blieb beste hen. Axton lief hinter ihm her. »Nicht«, rief der Arkonide ihm zu. »Laß ihn.« Doch Axton war nicht aufzuhalten. »Wir dürfen ihn nicht allein lassen«, sagte Razamon und folgte ihm. Da der Arkonide den Freunden helfen wollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich ihnen anzuschließen. Der Gersa-Predogg ließ sie passieren. Atlan war erschüttert über das Aussehen Kerttels. Nach den Schilderungen, die Ax
31 ton-Kennon von ihm gegeben hatte, war er auf einiges gefaßt gewesen, doch die Wirk lichkeit hatte seine Phantasie übertroffen. Er wußte jetzt, daß jener Kerttel, der von der Topeya-Pflanze verschlungen worden war, der gleiche war wie jener, der vor wenigen Sekunden auf Axton geschossen hatte. Und er war sich sicher, daß der Zwerg ein Lebe wesen war, das von der Topeya-Wiege um geformt worden war. Kerttel enthält einen Teil ihres Ichs, kon statierte der Logiksektor. Wahrscheinlich ist Kerttel sogar nur der frei bewegliche Teil der Pflanze. »Du ergehst dich in Spekulationen«, erwi derte er laut, während er durch einen Gang lief. Wenige Meter vor ihm waren Axton und Razamon. Sie schlossen bald zu Kerttel auf, der nicht so rasch vorankam wie sie. »Hilf mir doch«, schrie der Zwerg, und seine Verfolger wußten, wen er damit mein te. »Hilf mir!« Plötzlich formte die Topeya-Wiege eine Schwelle quer über den Gang. Sie erhob sich unmittelbar vor Axton. Dieser bemerkte sie zu spät, stolperte und stürzte. Razamon und Atlan waren so dicht hinter ihm, daß sie nicht mehr abbremsen konnten. Der Berser ker fiel ebenfalls, während der Arkonide versuchte, über die beiden Freunde hinweg zu springen. Doch die Topeya-Wiege streck te ihm einen Pseudoarm entgegen und schlug ihm damit die Beine zur Seite. Er konnte sich nicht mehr halten, überschlug sich und prallte hart auf. Kerttel lachte schrill und triumphierend. Er wollte durch eine Tür fliehen, doch die Tür schloß sich vor ihm. Ratlos blieb er ste hen. Im nächsten Moment versanken die Wän de links und rechts von ihm im Boden. Sie verschmolzen mit dem anderen Material. Einige Schritte von Kerttel entfernt stand Artin. Sein Energieschirm war an der oberen Wölbung so transparent, daß sein Kopf mit den pflanzlichen Auswüchsen gut zu sehen war. Der Kommandant schrie gequält auf, als
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er Kerttel entdeckte. Er wußte sofort, mit wort geben würde. »Wie steht es?« fragte er. wem er es zu tun hatte. Sie sind beide Symbionten, erklärte der »Wir haben die Angreifer abgeschlagen«, Logiksektor. Sie sind beide Sklaven der To erwiderte der Roboter bereitwillig. »Zur Zeit peya-Wiege, aber diese will nur einen von bombardieren unsere Panzergleiter den ihnen. Stützpunkt auf Dumork und den Tunnelein Artin schleuderte seinen Energiestrahler gang auf dem verlassenen Kontinent. Das ist von sich. Die Waffe glitt über den Boden das Ende.« und verschwand in einem Loch in der Wand, das sich wie ein hungriger Mund vor ihr öff 6. Kertells Ende nete. Zu diesem Zeitpunkt landeten zwei Org »Ich schalte den Energieschirm aus«, er anraumer auf Pthor. Sie gingen unmittelbar klärte der Kommandant. »Du sollst deine neben der PARZIER nieder. Die Schleusen Chance haben.« öffneten sich, und Dutzende von Scuddamo Atlan glaubte, daß sich das Duell der ren kamen heraus. Sie führten eine Heer Symbionten vor ihren Augen abspielen wür schar der unterschiedlichsten Intelligenzwe de. Doch er irrte sich. Eine Wand erhob sich sen aus der Schwarzen Galaxis an. vor ihnen und versperrte ihnen die Sicht. Atzbäll sah insektoide und humanoide »Wie diskret«, bemerkte Axton. »Ich ha Wesen, Geschöpfe, die direkt aus dem Was be allerdings auch keine Lust, mir diesen ser gestiegen zu sein schienen und Fischen Kampf anzusehen.« glichen, und Entitäten, die so fremdartig wa Sie hörten die Schreie der beiden Kontra ren, daß er sie nicht einordnen konnte. henten. Dann prallte einer von ihnen gegen Einer der Scuddamoren eilte zu dem die Wand. Eine Reihe von dumpfen Schlä Kommandanten von Pthor und teilte ihm gen folgte. mit, daß dies die Heilkundigen seien, die die »Können wir nichts tun?« fragte Raza Aufgabe hätten, das Leben Chirmor Flogs mon. »Wir sollten Artin helfen. Wenn Kert zu retten. tel gewinnt, geht es uns schlecht.« Atzbäll schwindelte. Er dachte an die »Die Topeya-Wiege entscheidet«, entgeg Verantwortung, die ihm aufgelastet wurde. nete Atlan. »Sie würde nicht zulassen, daß Er mußte nicht nur für die nötigen Unter wir eingreifen und dem einen oder dem an künfte für diese Mediziner sorgen, sondern deren beistehen. Am besten gehen wir wie auch für die richtige Verpflegung eines jeder nach draußen.« den. Darüber hinaus aber wußte er nicht, ob »Mir mißfällt, daß wir nichts tun kön er diesen Fremden vertrauen konnte. Unter nen«, sagte Axton in hilflosem Zorn. ihnen verbargen sich möglicherweise Fein Immer wieder schrie einer der beiden Du de, die nichts anderes im Sinn hatten, als den ellanten auf. Einige Male schlug etwas ge Neffen zu töten. gen die Wand. Beulen bildeten sich darin, Er sah sich um. Vor der PARZIER wim die jedoch schnell wieder verschwanden. melte es von Schattengestalten. Ihm wurde Tief unten in der Topeya-Wiege war es plötzlich mit aller Deutlichkeit bewußt, wie ruhig geworden. leicht es für einen Gegner gewesen wäre, Als die drei Männer die Topeya-Wiege sich unter ihnen zu verstecken, vorausge verließen, schleppten Scuddamoren in setzt er hatte einen Schirmfeldprojektor. schwarzen Energieschilden die verstümmel Glücklicherweise können wir ziemlich si ten und teilweise verbrannten Körper der cher sein, daß so etwas ausgeschlossen ist, Gefallenen ins Freie. dachte er, um sich selbst zu beruhigen. Atlan wandte sich an Achtpforg, obwohl Gefahr für Chirmor Flog, so meinte er, er nicht glaubte, daß dieser ihm eine Ant-
Duell der Symbionten konnte nur aus Richtung der Heilkundigen kommen. Er ahnte nicht, daß zwei seiner ge fährlichsten Gegenspieler gerade in diesem Moment mitten unter den Scuddamoren wa ren und alle Vorgänge aus nächster Nähe verfolgten. Die beiden Magier Koratzo und Copasal lior, die beide Scuddamorenschilde besaßen, standen nur wenige Schritte hinter ihm. Sie hörten und sahen alles. Sie wußten mittler weile, wie es um Chirmor Flog stand. Der Weltenmagier Copasallior war sogar so weit gegangen, sich mit Hilfe seiner Transmitter fähigkeiten in die PARZIER zu versetzen. Er hatte Chirmor Flog gesehen. Er war ihm so nahe gewesen, daß er ihn mit allen sechs Händen hätte berühren können. Kartra kam zu Atzbäll. »Ich war eben bei dem Neffen«, berichte te er. »Chirmor Flog hat darum gebeten, daß sich nicht so viele Scuddamoren in der Nähe der PARZIER aufhalten. Er fühlt sich durch sie gestört. Sie haben eine starke Ausstrah lung, die den Gesundheitszustand des Nef fen weiter beeinträchtigt. Das Schiff wird ausreichend von uns bewacht. Außerdem brauchen wir wohl nicht zu befürchten, daß jemand auf den Gedanken kommt, den Nef fen zu entführen.« Er lachte, und Atzbäll stimmte in das La chen ein.
* »Sieh doch«, sagte Axton. Er zeigte an der Topeya-Wiege nach oben. Atlan beobachtete, daß sich eigentümliche Farbveränderungen an der äußeren Wand der Pflanze ergaben. Schlangenlinien, die durch ihre Farben an Sonnenbögen erinner ten, schoben sich an ihr nach oben. Es schi en, als werde die Wiege in Flammen aufge hen. Zugleich bemerkten die drei Männer ei ne intensive emotionelle Ausstrahlung der Pflanze. Die Topeya-Wiege schien einen Gefühlssturm zu durchleben. Triumphgefüh le wechselten mit Depressionen, Haß mit Begeisterung und nachfolgender Trauer ab.
33 Sie verfolgt den Kampf Artins mit Kerttel, erklärte der Logiksektor, aber sie greift nicht ein. Weder auf der einen, noch auf der anderen Seite. Plötzlich stöhnte die Topeya-Pflanze laut auf. Die Außenwand teilte sich. Kerttel und Artin stürzten heraus. Der Kommandant trug noch immer den schwarzen Energieschild. Die beiden Duellanten rollten über den Bo den, aber nur Artin stand auf. Er hielt das schwarze Samenkorn der To peya-Wiege in der Hand. Diese streckte sich deutlich sichtbar aus dem Energieschirm. Er schleuderte es wuchtig auf den Boden. Dann schrie er einem der Scuddamoren am Ein gang der Pflanze den Befehl zu, ihm eine Waffe zu geben. Die Schattengestalt ge horchte. Sie warf ihm einen Energiestrahler zu. Artin öffnete seinen Schild und fing die Waffe auf. Die Topeya-Pflanze bildete mehrere Pseu doarme. Sie streckte sie nach dem Komman danten aus und versuchte, ihn damit zu packen. Gleichzeitig stieß sie laute Klageru fe aus. Artin feuerte. Der sonnenhelle Energiestrahl traf das ei förmige Samenkorn und verbrannte es. Der nächste Schuß durchbohrte Kerttel. Der Kör per des Zwergs riß auf. Atlan sah, daß vier schwarze Samenkörner herausfielen. Die Pseudoarme der Pflanze wühlten den Boden auf. Sie versuchten, die Samenkör ner, die für sie offenbar von größter Bedeu tung waren, unterzugraben. Doch der Scud damore war schneller. Er vernichtete ein Korn nach dem anderen. Der Boden verflüs sigte sich an den Stellen, an denen der Ener giestrahl einschlug. Die Pseudoarme fielen ab. Sie prallten auf den Boden und lösten sich unter dem Einfluß der Hitze zu Staub auf. Artin verstellte die Justierung seines Schildprojektors. Der Energieschirm verlor über seinem Kopf die düstere Farbe und wurde transparent. Atlan sah, daß die pflanz lichen Auswüchse am Kopf des Komman danten schlaff herunterhingen. Artin riß sie
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sich heraus und schleuderte sie mit einer Ge Die Außenwände waren grau, und die bärde des Ekels von sich. Blütenblätter hatten ihren Glanz verloren. Er hat sich befreit, kommentierte der Lo Atlan war jedoch sicher, daß die Pflanze giksektor. Er war ein Sklave. Jetzt hat er der sich bald wieder erholen würde. Pflanze gezeigt, wer der Herr ist. »Ich warte«, sagte Artin laut. »Wo bleibt »Es ist vorbei«, sagte Artin. »Die TopeyaSkaddos?« Die Pflanze reagierte so schnell, als habe Wiege hat versucht, die Schwäche des Nef fen auszunutzen. Sie hat gemerkt, daß er sie nur auf diese Worte gewartet. Wieder spaltete sich ihre Außenwand, und der leblo krank war. Sie hat ihm vorübergehend die Hilfe verweigert, sonst wäre es vielleicht se Körper des Mannes rollte heraus, der die roten Scuddamoren befehligt hatte. nicht so weit gekommen, daß Chirmor Flog Artin zerstrahlte ihn und beseitigte damit Säggallo verlassen mußte. Jetzt ist es über standen. Die Topeya-Pflanze ist, was sie im die letzte Unsicherheit in seinem Kampf um die Topeya-Wiege. mer war – ein treuer Diener der Mächtigen.« Zeige ihm, daß er dir vertrauen kann, riet »Ich denke, jetzt herrscht Ordnung auf der Extrasinn. Die Wiege hat Kerttel ver Säggallo«, bemerkte er, als er sich Atlan schlungen, in ihrem Sinn umgeformt und zu wieder zuwandte. »Wir können nach Pthor ihrem Werkzeug gemacht. Das gleiche wird fliegen. Morgen brechen wir auf.« »Ich bitte dich, meine beiden Freunde sie mit Skaddos auch gemacht haben. Sage mitzunehmen«, sagte der Arkonide und ihm, daß sie Skaddos herausrücken soll. zeigte auf Axton und Razamon. Atlan befolgte den Rat. Er ging zu dem Kommandanten und schilderte ihm noch »Nein«, entfuhr es dem Terraner. In sei einmal, was mit Kerttel geschehen war. nem Schrecken sprach er Interkosmo. »Ich »Es kann nur so gewesen sein, daß die will nicht nach Pthor.« Pflanze selbst Kerttel nach Dumork ge schickt hat, damit er von dort einen Angriff * auf dich und deine Truppen organisiert. Im Diese Nacht war dunkler als andere Näch merhin hast du sie mit deinen Leuten beim te. Angriff schwer verletzt. Dafür wollte sie Besonders dunkel war es in der näheren sich rächen. Dann aber hast du dich mit ihr Umgebung der FESTUNG. Es schien, als versöhnt. Die Scuddamoren Kerttels schos habe sich alle Düsternis der Schwarzen Ga sen auf sie, kaum daß sie die Tunnelröhre laxis hier zusammengezogen. verlassen hatten. Das war der Grund dafür, Die PARZIER löschte den Außenschein daß die Topeya-Pflanze sich sofort von ih werfer. nen ab und dir zuwandte. Aber noch fehlt et Es wurde ruhig. Die letzten Wachen bega was.« ben sich ins Raumschiff. Die Scuddamoren, »Du sprichst von Skaddos«, entgegnete die sich bis dahin noch in der Nähe der der Kommandant. PARZIER aufgehalten hatten, zogen sich »So ist es. Fordere sie auf, ihn herauszu zur FESTUNG zurück. Roboter trieben eini geben. Er ist längst nicht mehr das, was er ge Heilkundige, die versucht hatten, Chirm einmal war. Er ist ein Teil der Pflanze.« or Flog zu erreichen, in ein Lager, das vor Artin wandte sich um und näherte sich der der FESTUNG lag. Topeya-Wiege, die einen müden und er Einige Stunden verstrichen. schöpften Eindruck machte. Es war ihr nicht Dann öffnete sich plötzlich die Haupt gelungen, die Samenkörner zu retten und schleuse des Raumschiffs. Lautlos erschien sich durch sie zu vermehren. Diese Nieder ein seltsames Gebilde darin. Für einen kurz lage hatte offenbar einen schweren Schock en Moment schien es, als glühe es auf. Es bei ihr ausgelöst.
Duell der Symbionten war das bizarre Gestell, in dem Chirmor Flog lebte. Der Neffe war kaum zu sehen. Wie ein Schatten hing er zwischen den Metallstre ben. Es klickte leise, als das Gestell die Schleuse verließ und den Boden von Pthor betrat. Es verharrte einige Sekunden lang auf der Stelle, dann wandte es sich dem Heck des Raumschiffs zu. Der Sand knirsch te unter den metallenen Füßen, doch nie mand hörte es. Ein Seufzen hallte durch die Nacht. Atzbäll tauchte, von Unruhe getrieben, in der Nähe der PARZIER auf. Er hörte das Seufzen, aber er glaubte, daß es von einer der Wachen kam. Er bemerkte, daß das Schott der Hauptschleuse geöffnet war, machte sich jedoch keine Gedanken darüber. Er sah das Metallgestell nicht, das am Heck des Raumschiffs im tiefen Dunkel stand. Da er glaubte, daß die offene Schleuse außer halb seines Verantwortungsbereichs lag, drehte er sich um und schlenderte zur FE STUNG zurück. Das Gestell mit Chirmor Flog entfernte sich in entgegengesetzter Richtung von der PARZIER. Der Neffe wußte nicht, was mit ihm geschah. Er konnte mit dem Gestell nichts mehr anfangen. Er konnte es nicht mehr steuern und sich auf diese Weise nach seinem Willen bewegen. Die Verbindung zum Zentrum der Schwarzen Galaxis über diese Anlage war abgerissen. Chirmor Flog dämmerte nur noch vor sich hin. Zwei Schattengestalten folgten ihm. Sie führten das Gestell weiter und weiter von der PARZIER weg. Erst als sie meinten, den Neffen sicher zu haben, zeigten sie sich ihm. Doch er nahm sie nicht wahr. Er hatte das Bewußtsein ver loren.
* »Was hat er gesagt?« fragte Artin miß trauisch und gereizt.
35 »Er hat gesagt, daß er uns sehr gern nach Pthor begleiten würde«, log Atlan. »In sei ner Freude hat er die Sprache seines Volkes benutzt.« Der Kommandant murmelte etwas vor sich hin und eilte davon. Achtpforg folgte ihm. Drei Scuddamoren näherten sich Atlan, Axton und Razamon und blieben in ihrer Nähe stehen. »Was soll das?« fragte der Arkonide. »Können wir uns nicht mehr frei bewegen?« »Wir sind zu eurem Schutz da«, antworte te eine der Schattengestalten. »Wir benötigen keinen Schutz«, erklärte Atlan. »Wir können uns ganz gut selbst hel fen.« Die Scuddamoren schwiegen und blieben, wo sie waren. Als der Arkonide sich mit Ax ton und Razamon einige Schritte entfernte, folgten sie ihm. »Laß sie«, sagte der Berserker. »Vielleicht ist es gar nicht mal falsch, daß sie da sind. Irgend jemand könnte uns für Feinde halten.« »Ich werde nicht nach Pthor fliegen«, er öffnete Axton dem Unsterblichen. Er sprach Interkosmo, damit die Scuddamoren ihn nicht verstanden. »Ich bin hier, weil ich den Neffen stürzen will, und ich bleibe hier.« »Du weißt doch, daß der Neffe nicht mehr hier ist«, entgegnete der Arkonide. »Was willst du also hier? Außerdem solltest du froh sein, endlich wieder auf eine Welt mit normaler Schwerkraft zu kommen.« »Das hat damit nichts zu tun. Grizzard ist auf Pthor und sucht nach seinem Original körper. Ich weiß, daß Grizzard alles tun wird, was möglich ist, um in diesen Körper zu gelangen, in dem ich jetzt lebe. Deshalb möchte ich mit Grizzard unter keinen Um ständen zusammentreffen. Es ist nicht meine Schuld, daß der Körpertausch zustande ge kommen ist.« »Grizzards Schuld ist es auch nicht.« »Ich weiß. Aber es ist nun mal so, daß ich einige Jahrhunderte in einer Robotprothese und danach in dem verkrüppelten Körper ge wesen bin, in dem Grizzard jetzt steckt. Ich
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will nicht zurück. Eher will ich sterben.« Atlan blickte den Freund an. Axton-Kennons Gesicht war ernst und fast maskenhaft starr. Der Arkonide kannte diesen Mann seit Jahrhunderten. Er wußte, daß er genau das meinte, was er sagte. Und er konnte ihm nachfühlen, daß er sich nach einem so langen Leben lieber für den Tod als für erneute Qualen, Hilflosigkeit und De mütigungen entscheiden wollte. »Wir müssen eine Lösung finden«, erwi derte der Arkonide. »Dieser Zustand kann nicht ewig dauern. Ich weiß, daß du nicht so hart bist, mit dieser Belastung leben zu kön nen. Der Tausch ist nicht durch deine Schuld zustande gekommen, sondern im Zuge dei nes Übergangs durch die Dimensionen ge schehen. Dennoch ist dir klar, daß Grizzard leidet, und du bestreitest ihm auch nicht sei nen legalen Anspruch auf den Körper, in dem du jetzt lebst. Deshalb ist es weder für dich noch für ihn eine akzeptable Lösung, wenn du davonläufst.« »Ja – du hast recht. Ich bin mit der derzei tigen Situation nicht zufrieden.« »Ich verspreche dir, daß ich nach einer Lösung suchen werde«, sagte Atlan. »Wir müssen eine finden, die für beide Teile an nehmbar ist. Deshalb mußt du uns nach Pthor begleiten. Du darfst nicht hier bleiben. Ich weiß nicht, was aus Säggallo wird. Viel leicht gelingt es dir nie mehr, diesen Plane ten zu verlassen.« »Was sollte aus diesem Planeten wer den?« fragte Razamon. »Es ist die Welt Chirmor Flogs und wird es bleiben.« »Daran glaube ich nicht«, erwiderte der Arkonide. »Der Neffe hat Säggallo verlas sen. Morgen fliegt Artin ab. Er hat Ambitio nen, Nachfolger des Neffen zu werden, und er hat nicht den geringsten Grund, sich Säg gallo als seine Welt auszusuchen, falls es ihm gelingt, sein Ziel zu erreichen.«
* Artin ging durch die Topeya-Wiege. Die meisten Scuddamoren hatten sie schon ver-
lassen und machten sich für den Abtransport zum Raumhafen fertig. Der Kommandant fühlte sich von einer Last befreit. Mit Entsetzen dachte er daran zurück, wie gierig die Pflanze über ihn her gefallen war und versucht hatte, die Gewalt über ihn zu gewinnen. Er war froh, daß es ihm gelungen war, sich von ihr zu befreien und sie niederzuwerfen. Die Wiege war sich ihres Sieges so sicher gewesen, daß sie sogar einen Teil ihres Wis sens auf ihn hatte überfließen lassen. Sie war davon überzeugt gewesen, daß er nichts da mit anfangen konnte. Doch gerade dieses Wissen hatte er als Waffe gegen sie benutzt. Er hatte erfaßt, daß es einzig und allein dar auf ankam, die von der Wiege geschaffenen Samenkörner zu vernichten, um ihr auf diese Weise das Rückgrat zu brechen. Kerttel hatte die Aufgabe gehabt, wenig stens ein Samenkorn auf dem verlassenen Kontinent Dumork einzupflanzen. Doch er hatte versagt. Er hatte selbst Machtambitio nen entwickelt und darüber seine Aufgabe vergessen. Artin blieb nachdenklich an einer Wand stehen. Machtambitionen hatte er auch, und er hatte bewiesen, daß er mehr Format hatte als Kerttel. Allerdings hatte er es ein wenig leichter gehabt. Die Topeya-Wiege hatte einen Großteil ihrer Energie darauf verwen det, Chirmor Flog zu schwächen. Einen wei teren Teil hatte sie in Kerttel investiert. Da durch hatte sie für den späteren Machtkampf nicht mehr die Kraft gehabt, die für einen Sieg nötig gewesen wäre. Artin wollte Chirmor Flog folgen. Er hatte jedoch nicht die Absicht, ihm zu Gesundheit und einem neuen Leben zu ver helfen. Er war entschlossen, sein Nachfolger zu werden. Er drehte sich um und blickte Achtpforg an. Mit Hilfe des Gersa-Predogg konnte er Verbindung mit dem Zentrum der Schwar zen Galaxis aufnehmen. Er hatte lange über legt, ob er das tun sollte. Und er war zu dem Ergebnis gekommen, daß ihm gar nichts an
Duell der Symbionten deres übrig blieb, wenn er sich durchsetzen wollte. »Gib eine Nachricht an das Zentrum wei ter«, befahl er. Dabei war für ihn sicher, daß der Roboter gehorchen würde. Er besaß den Programmschlüssel für den Gersa-Predogg und konnte diesen daher gefügig machen. »Ich will, daß du das Zentrum darüber unter richtest, wie es um Chirmor Flog steht – nämlich schlecht. Er ist krank und geistig umnachtet. Niemand zweifelt mehr daran, daß er innerhalb weniger Tage sterben wird.« Er machte eine Pause von einigen Sekun den. Achtpforg gab ihm zu verstehen, daß er diese Nachricht an das Zentrum abgestrahlt hatte. »Ich will, daß du beim Zentrum nach fragst, ob man damit einverstanden ist, daß ich die Nachfolge Chirmor Flogs antrete«, fuhr Artin fort. Er atmete einige Male tief durch. Die Entscheidung war gefallen. Jetzt konnte er nicht mehr zurück. Er hatte seine geheimsten Gedanken preisgegeben und sie dem Zentrum offenbart. Nun konnte als Ant wort darauf nur Zustimmung kommen oder ein Todesurteil. »Es ist selbstverständlich, daß ich in völliger Loyalität zum Dunklen Oheim handle. Ich werde immer ein zuver lässiger Diener des Dunklen Oheims sein. Gib das durch. Ich will, daß nicht der ge ringste Zweifel an meiner Loyalität bestehen bleibt.« Ein Scuddamore näherte sich ihm. Er blieb etwa vier Meter von ihm entfernt ste hen und wartete darauf, daß Artin ihn an sprach. »Was gibt es?« fragte der Kommandant. »Unruhen am Raumhafen«, antwortete die Schattengestalt. »Es ist bekannt gewor den, daß Chirmor Flog Säggallo verlassen hat. Das hat die Unruhen ausgelöst. Einige bisher treue Helfer versuchen, den Raumha fen unter ihre Kontrolle zu bringen, um auf diese Weise Einfluß auf die weitere Ent wicklung zu bekommen.« Artin war schockiert. Bis zu diesem Zeitpunkt war er fest davon
37 überzeugt gewesen, daß er den Rücken frei hatte und daß er von einer zuverlässigen Ba sis ausgehen konnte. Jetzt zeigte sich, daß er sich geirrt hatte. Er war nicht der einzige, der sich Hoffnungen auf Machtzuwachs machte. Verächtlich schützte er die Lippen. Lange genug war er weg gewesen. In die ser Zeit hatte niemand es gewagt, sich auf zulehnen, obwohl von Chirmor Flog keiner lei Impulse gekommen waren. Keiner hatte versucht, den Raumhafenbetrieb umzuge stalten und für seine Zwecke einzurichten. Alle hatten geglaubt, daß der Kommandant noch da war. Niemand hatte sein Arbeits zimmer betreten. Es schien, als hätte man seine Abwesenheit noch nicht einmal be merkt. Und jetzt glaubte jemand, sich auflehnen zu können. »Wir starten sofort«, entschied er. »Wir greifen in die Kämpfe am Raumhafen ein, bevor es zu spät ist. Wer auch immer sich einbildet, ein Wörtchen mitreden zu dürfen, soll wissen, daß er es mit mir zu tun hat.« Er verließ die Topeya-Wiege. Energisch rief er seine wichtigsten Mitarbeiter zusam men. Er befahl Atlan, Razamon und Axton in einen Panzergleiter in der Schlucht am Eingang der Festungsanlage. Erstaunt sahen die drei Männer, daß die meisten Spuren der Schlacht bereits beseitigt worden waren. Scharen von Scuddamoren verließen die Topeya-Wiege und bestiegen die Gleiter. Roboter führten Wartungen durch und ver sorgten die Maschinen mit dem nötigen Kampfmaterial. »Artin hat alles im Griff«, stellte Atlan fest. »Er ist ein perfekter Organisator.« Sie saßen in einem Gleiter, der Platz für mehr als hundert Insassen bot. Fast fünfzig Scuddamoren befanden sich bereits in der Maschine. Andere drängten herein. Razamon beugte sich zu einer der Schat tengestalten hinüber und fragte, warum die Gleiter jetzt schon starten sollten. »Artin hat gesagt, daß wir Säggallo erst morgen verlassen«, erklärte er, doch er er
38 hielt keine Antwort. »Man behandelt uns wie Gefangene«, be merkte Axton. »Und das sind wir wohl auch.« Die ersten Maschinen starteten. Sie ver schwanden in Richtung Raumhafen. Dann erschien Artin mit Achtpforg. Er stieg zu ihnen in den Gleiter, setzte sich je doch in einen weit entfernten Sessel, so daß sie ihn nicht ansprechen konnten. Mit heise rer Stimme erteilte er den Startbefehl. Die Maschine stieg steil auf und beschleu nigte mit Höchstwerten. Atlan blickte hin aus. Durch die abgedunkelten Scheiben konnte er etwa hundert Panzergleiter sehen, die alle auf dem gleichen Kurs flogen. Für ihn war klar, was dieses Aufgebot bedeutete. Die Kämpfe waren noch nicht zu Ende. »Wir können nichts tun«, sagte er und lehnte sich zurück. »Wir können nur war ten.« Axton und Razamon antworteten nicht. Sie waren der gleichen Ansicht wie er, und sie waren mit ihrer Situation ebenso unzu frieden wie er. Ihnen wäre es lieber gewe sen, wenn sie aktiv in das Geschehen hätten eingreifen können, aber das war unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Die Gleiterflotte raste durch eine schnee bedeckte Berglandschaft, in der alles Leben erstorben zu sein schien. Die Maschinen flo gen wesentlich schneller als der Gleiter, mit dem der Arkonide in umgekehrter Richtung geflogen war. Bald tauchte der Raumhafen von Säggallo vor ihnen auf. Atlan machte die beiden Freunde auf die dunklen Rauchwolken auf merksam, die vom Landefeld aufstiegen. »Es sieht so aus, als wären einige Raum schiffe zerstört worden«, sagte er. Der Logiksektor meldete sich. Verlange eine Waffe von Artin. Sage ihm, daß du mit ihm kämpfen willst. Du mußt dich im Notfall wehren können. Atlan erhob sich. Er wollte zu Artin ge hen, doch sofort stellten sich ihm zwei Scud damoren in den Weg. »Ich will eine Waffe haben«, erklärte der
H. G. Francis Arkonide. »Weder du noch deine Freunde werden eine bekommen«, erwiderte eine der Schat tengestalten. »Das ist ein Befehl des Kom mandanten.« Gib auf. Es genügt, daß du den guten Willen gezeigt hast. Kaum saß Atlan wieder auf seinem Platz, als Artin einen der beiden Scuddamoren zu sich befahl und sich über das Gespräch un terrichten ließ. Er gab nicht zu erkennen, was er dachte. Die Gleiterflotte löste sich auf. Die Ma schinen verteilten sich und umzingelten den Raumhafen. Artin leitete den Angriff über Funk. Er eröffnete das Feuer auf einige bo dengebundene Kampfroboter, die eines der Raumschiffe angriffen. Im nächsten Augenblick brach das Chaos los. Von allen Seiten schien Energiefeuer über den Gleiter hereinzubrechen. Die Ma schine wurde so stark erschüttert, daß Atlan, Axton, Razamon und die meisten Scudda moren aus den Sitzen flogen, obwohl der Großteil der Energie an den Schutzschirmen abprallte. Artin lenkte die Maschine in eine andere Richtung. Der Gleiter raste mit extremer Beschleu nigung auf das Zentralgebäude des Raumha fens zu. Auf dem Dach dieses Hauses befan den sich zwei Energiestrahlkanonen, die von Kampfrobotern bedient wurden. Auf diese konzentrierte sich das Abwehrfeuer des Gleiters. Atlan sah, daß die Roboter explodierten. Einige Schattengestalten flüchteten über das Dach des Gebäudes. Gnadenlos feuerte Ar tin auf sie und fegte sie hinweg. Dann setzte der Gleiter auf dem Dach auf. Kreischend rutschte er darüber hin bis zu ei nem gewölbten Aufbau, von dem aus eine Treppe ins Innere führte. Artin brüllte den Scuddamoren einen Be fehl zu. Die Seitenwand des Gleiters klappte herunter. Die Schattengestalten sprangen auf das Dach und stürmten den Abgang, in dem für einige Sekunden mehrere Roboter auf
Duell der Symbionten tauchten. Eine Explosion zerriß den Aufbau und schleuderte mehrere Angreifer zurück. Die anderen Scuddamoren zögerten. Doch Artin trieb sie erbarmungslos voran. »Ich erschieße jeden auf der Stelle, der mir den Befehl verweigert«, brüllte er ihnen zu. Sie gehorchten. Sie rannten mitten in das Abwehrfeuer einiger anderer Scuddamoren hinein und durchbrachen es. Lebo Axton wollte den Gleiter verlassen. »Hier bleiben«, rief Atlan ihm zu. »Draußen bringt die Hitze dich um.« Axton blieb neben einem der Sessel ste hen. Vor ihm lag das Dach. Ein Schritt ge nügte, um ihn zu einem der gefallenen Scud damoren zu bringen. Der Tote lag auf dem Dach. Seine Hand krallte sich um den Schildprojektor. Offensichtlich hatte er ihn in Panik oder versehentlich abgeschaltet. Das war sein Tod gewesen. »Es hat keinen Sinn«, sagte der Berserker. »Wir können wirklich nichts tun. Glaube mir, ich hasse es auch, hier zu sitzen und zu zusehen, aber nirgendwo sind wir sicherer als hier.« Artin und seine Scuddamoren hatten das Dach freigekämpft. Sie waren im Treppen haus verschwunden. Auch auf dem Landefeld zeichnete sich ein Sieg der Truppen Artins ab. Zahlreiche Maschinen der Rebellen flüchteten nach Norden und Westen. Sie wurden von Glei tern des Kommandanten verfolgt. »Ich glaube, die Lage entspannt sich«, sagte der Arkonide. »Irrtum«, entgegnete Razamon mit ge preßter Stimme. Der Arkonide fuhr herum. Ein schwarzer Kampfgleiter der Aufstän dischen jagte auf sie zu. Die Buggeschütze blitzten auf, und wabernde Glut umgab die Maschine. Atlan verlor den Boden unter den Füßen. Der Gleiter schleuderte über das Dach, von der Wucht der aufprallenden Energien getrieben. Rasend schnell näherte er sich der Dachkante.
39 Atlan wußte, daß sich dahinter ein Ab grund öffnete, der wenigstens hundert Meter tief war.
7. Der Neffe verschwindet Atzbäll fuhr aus dem Bett hoch, als die Alarmpfeife in seinem Raum aufheulte. Er hatte so tief geschlafen, daß er zunächst nicht wußte, wo er war. Benommen sprang er aus dem Bett und tastete dann mit unge lenken Bewegungen nach dem Aus-Schalter des Alarmgeräts. Als die Pfeife endlich ver stummte, drehte der Kommandant von Pthor sich um und blickte blinzelnd auf einen Bildschirm. Die schattenhafte Gestalt eines seiner Untergebenen erschien darauf. Atzbäll schrie erschrocken auf. Er lief zur Seite, umrundete das Gerät dann vorsichtig und blendete die Kamera aus, damit der an dere ihn nicht sehen konnte. Er war nur spärlich gekleidet. Darüber hinaus empfand er es als unschicklich, sich anderen ohne Energieschild zu zeigen. Er wußte, daß er häßlich war, und tiefe Scham erfüllte ihn bei dem Gedanken, daß jemand ihn so gesehen hatte, wie er wirklich war. »Was gibt es?« schrie er. Die Antwort entsetzte ihn noch mehr, als die Entdeckung, daß jemand ihn beobachtet hatte. »Chirmor Flog ist verschwunden. Es sieht so aus, als ob er aus der PARZIER entführt worden ist.« Atzbäll stand wie gelähmt neben dem Vi deogerät. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er glaubte, einen Alptraum zu erleiden. »Sofort. Einen Moment«, rief er und schaltete das Gerät aus. Dann stürzte er sich in den Nebenraum und stellte sich unter die Dusche. Kurz darauf kehrte er an das Video gerät zurück und schaltete es wieder ein. »Noch einmal«, forderte er. »Was ist los?« Er hoffte inständig, daß man ihn verwun dert fragen würde, was er mit dieser Frage meine. Doch er wurde enttäuscht. Er erhielt
40 die gleiche Meldung wie zuvor, und damit wurde gewiß, daß er nicht geträumt hatte. »Ich komme«, antwortete er mit stockender Stimme. Neben seinem Bett lag ein Messer, das er zum Obstschälen benutzt hatte. Er überlegte lange, ob er es nehmen sollte, um sich damit die Adern zu öffnen. Ihm war völlig klar, daß man ihm die Schuld an diesem ungeheu erlichen Ereignis anlasten würde. Doch er brachte den Mut nicht auf, sein Leben zu be enden. Er fürchtete sich allzu sehr vor dem physischen Schmerz, der mit einer solchen Tat verbunden war. Er schluchzte, als er sei nen Raum verließ. Doch dann kamen ihm die ersten seiner Untergebenen entgegen. Ihm wurde bewußt, daß sie von ihm Halt erwarteten. Er nahm sich zusammen. »Solange noch Hoffnung ist, daß wir Chirmor Flog wiederfinden und befreien, geben wir nicht auf«, sagte er und wunderte sich über seine selbstsicher klingende Stim me. »Wir werden mit aller Energie für den Neffen kämpfen.« Seine Worte taten den anderen sichtlich wohl. Sie scharten sich um ihn und berichte ten ihm, was sie wußten. Er ließ sie reden, auch wenn einige von ihnen undiszipliniert durcheinander sprachen. Immerhin erhielt er auf diese Weise schnell alle Informationen, die er benötigte. Viel war es allerdings nicht, was er er fuhr. Bisher war nur bekannt, daß Chirmor Flog nicht mehr an Bord der PARZIER war. Er hatte das Raumschiff verlassen, ohne daß ihn jemand bemerkt hatte. »Für uns unbegreiflich ist«, erklärte Kar tra, der ihm entgegen kam, als er ins Freie trat und sich dem Raumschiff näherte, »daß sogar die elektronischen Überwachungsge räte versagt haben. Keine der Aufzeichnun gen zeigt, wie Chirmor Flog von Bord ge gangen ist. Wir stehen vor einem Rätsel.« Atzbäll sah, daß sich dem Raumschiff von allen Seiten Scuddamoren näherten. Er schrie vor Wut auf.
H. G. Francis »Habt ihr den Verstand verloren?« brüllte er. »Irgendwo müssen Spuren sein, und wenn es nur Abdrücke im Sand sind. Ihr vernichtet sie, wenn ihr wie die Narren her umtrampelt.« Betroffen zogen sich die Schattengestal ten wieder bis in die Nähe der FESTUNG zurück. Atzbäll stellte zusammen mit Kartra mehrere Suchkommandos zusammen. Dafür bot ihm Kartra die modernen Fluggleiter der PARZIER an. Atzbäll nahm sie gern entge gen. Er befahl Tährn, seinem Vertrauten, ei ne Maschine zu fliegen. Kartra übernahm das Kommando über einen anderen Gleiter. Atzbäll hatte Mühe, sich zu beherrschen, als er erfuhr, daß die Nachricht vom Verschwinden des Neffen noch nicht an alle Raumschiffe auf Pthor weitergeleitet worden war. Er befahl Tährn, das Versäumte sofort nachzuholen. Als sein Mitarbeiter kurz darauf wieder bei ihm er schien, gab er das Startzeichen. Mittlerweile war es heller Tag geworden. Aus dem Lager der Heilkundigen kamen zwei Gestalten mit silbernen Schwingen heran. Sie breiteten ih re Flügel aus und schnellten sich in weiten Sprüngen voran. Atzbäll ließ die anderen Gleiter voranfliegen. Er wartete auf die bei den Heiler, weil er hoffte, von ihnen etwas zu erfahren. »Verweile, oh, Mächtiger«, rief eines der Vogelwesen. »Höre, was Tschirll dir zu sa gen hat.« Die beiden fremdartigen Wesen warfen sich vor ihm in den Sand. »Rede«, forderte der Kommandant Tschirll auf. »Aber beeile dich.« »Ich bin hier, um deine Probleme zu lö sen«, erklärte das Vogelwesen und richtete sich auf. Es schüttelte die Flügel, um sich von Staub und Sand zu befreien. »Ich bin nicht nur in der Lage, das Leben des Neffen zu verlängern, ich kann auch dir Unsterb lichkeit verleihen.« »Du könntest mir sagen, wo der Neffe jetzt ist«, erwiderte Atzbäll. Tschirll stutzte. Er legte den Kopf zur Sei te.
Duell der Symbionten »Welch ein Scherz«, sagte er. »Das weißt du natürlich besser als ich.« Atzbäll merkte, daß er hereingefallen war. Die Heilkundigen wußten nichts. Sie wollten nur Aufmerksamkeit erregen, um Vorteile für sich herauszuschlagen. »Schert euch fort«, brüllte er sie an und startete. Er flog in Richtung Taamberg. Um die Suche möglichst gut zu organisie ren, nahm er Verbindung mit den anderen Gleitern auf. Er kannte sich mittlerweile auf Pthor gut aus. Er befragte Kartra über die Eigenschaften des Metallgestells, in dem Chirmor Flog leb te. Dazu hatte er eine Reihe von Fragen. Konnte das Gestell nur gehen, oder konnte es auch fliegen? Wie reagierte es auf unter schiedliche Schwereverhältnisse? Er wußte, daß die Schwerkraft auf Säggallo etwa dop pelt so hoch war wie auf Pthor. Besaß das Gestell so etwas wie einen Energieschirm? Gab es funktechnische Einrichtungen? Wel che Kommunikationsgeräte waren vorhan den? Zu seiner Enttäuschung gab ihm Kartra nur vage Auskünfte. Atzbäll begriff, daß sein Gesprächspartner so gut wie nichts über das Robotgestell wußte. Kartra konnte ihm lediglich sagen, daß der Neffe mit dem Zen trum der Schwarzen Galaxis kommunizieren konnte, ohne Hilfsgeräte in Anspruch zu nehmen. Atzbäll hielt sich nicht lange mit Kartra auf, nachdem er gemerkt hatte, daß dieser nicht weniger unsicher war als er selbst auch. Er forderte von der FESTUNG einen Gleiter mit einem leistungsfähigen Datener fassungssystem an und ließ alle eingehenden Informationen speichern und auswerten, so daß auch kleinste Spuren erfaßt wurden. Der Erfolg zeigte sich überraschend schnell. Als Atzbäll den Taamberg passiert hatte und sich dem Urwaldgebiet nördlich des Re genflusses zuwandte, meldete sich ein Kryp tologe bei ihm. Der Kommandant horchte überrascht auf,
41 als er hörte, was das Spezialgebiet dieses Scuddamoren war. Er glaubte, daß Chirmor Flog eine verschlüsselte Nachricht hinterlas sen hatte. Doch alles war viel einfacher. »Wir haben Spuren entdeckt, die eindeu tig von Chirmor Flog stammen«, meldete der Spezialist. »Wir befinden uns nördlich des Regenflusses am Südostrand der Senke der verlorenen Seelen.« Atzbäll schaute verblüfft auf. Er konnte den Gleiter sehen. Er war nicht mehr als drei Kilometer von ihm entfernt. Ungeduldig gab er dem Scuddamoren am Steuer den Befehl, zu der anderen Maschine aufzuschließen. »Wir kommen«, sagte er dann. »Warte auf uns.« Kaum eine Minute später war er bei dem Kryptologen. Er brauchte jedoch keine Fra gen zu stellen, denn er sah die Spuren auch so. Sie führten von der sandigen Steppe in den Urwald. »Es heißt, daß in diesem Gebiet noch im mer Piraten leben, die von uns nicht befrie det sind«, rief ihm der Verschlüsselungsspe zialist zu. »Es empfiehlt sich, vorsichtig zu sein.« Atzbäll überhörte die Warnung. Ihn trieb es vorwärts. Er hatte die Spur des Neffen ge funden, so dachte er. Jetzt wollte er so schnell wie möglich zu Chirmor Flog. Seine Maschine drang in den Wald ein. Sie flog in einer Höhe von nur etwa drei Metern. Doch die Bäume standen so dicht, daß sie nur langsam vorankam. Atzbäll ließ sie aufstei gen und über dem Laubwerk fliegen. Und schon Sekunden später machte er eine erre gende Entdeckung. Der Gleiter überflog eine Lichtung. Auf dieser stand das Metallgestell Chirmor Flogs. Atzbäll schrie auf. Der Pilot riß die Ma schine herum und ließ sie steil abfallen. Er landete neben dem Gestell. Der Kommandant blieb in seinem Sessel sitzen. Das Gestell war leer. Chirmor Flog war nicht da.
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Weitere Gleiter landeten. Atzbäll erkannte Kartra, der sich ihm zögernd näherte. Er stieg aus. »Das ist unmöglich«, sagte er. »Chirmor Flog war nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft zu gehen. Er kann das Gestell gar nicht verlassen haben.« »Aber er hat«, erwiderte Kartra spöttelnd. Er bemühte sich, sich überlegen zu geben. »Das ist nicht zu übersehen.« »Wo ist der Neffe?« fragte der Komman dant. »Wieso ist er hier in den Wald gegan gen?«
* Atlan erkannte, daß es nur noch eine Chance für sie gab. Er raffte sich auf und schnellte sich mit aller Kraft nach vorn zum Pilotenstand des Gleiters. Die Maschine kippte über die Dachkante, als er ihn erreichte. Der Arkoni de blickte in den Abgrund, der sich vor ihm auftat. Die Angreifer schienen zu glauben, daß es nun keine Rettung mehr für die Insassen des Gleiters gab. Sie stellten den Beschuß ein. Atlan warf sich in den Sessel des Piloten. Die automatischen Sicherheitsgurte preßten sich an seinen Körper und hielten ihn. Mit äußerster Anstrengung brachte er die Hände nach vorn zum Steuerleitpult. Der Gleiter stürzte vom Dach und überschlug sich dabei. Es gelang dem Arkoniden, das Triebwerk einzuschalten. Im gleichen Moment drehte die Maschine sich und nahm eine normale Fluglage ein. Doch diese behielt sie nur für Sekundenbruchteile bei. Dann sackte das schwerbeschädigte Heck weg. Atlan blickte durch das Bugfenster zur Dachkante hinauf. »Paß auf«, schrie Razamon aus dem hin teren Teil der Kabine. Atlan drehte sich um. Er sah, daß der Berserker auf dem Boden lag und sich an einen Sitz klammerte. »Sie kom men.« Langsam schob sich der Bug der gegneri schen Maschine über die Dachkante. Wie ein riesiger Schatten wuchs der Flugpanzer
über ihnen. Mehrere Scuddamoren beugten sich zu den Seitenfenstern hinaus. »Sie wollen schießen«, rief Axton. Unter dem Bug der anderen Maschine be fanden sich zwei große Energiestrahlprojek toren. Diese schwenkten langsam nach un ten. Atlan erkannte, daß nur noch Sekunden vergehen würden, bis ihnen erneut sonnen heiße Glut entgegenschlagen würde. Er war sich darüber klar, daß es diesmal keine Ret tung geben würde, wenn er sich weiterhin passiv verhielt. Seine Blicke glitten über das Steuerleit pult. Er sah die elektronisch ausgesteuerten Griffe für die Energiekanonen. Eine Blink leuchte zeigte an, daß diese schußbereit wa ren. Er wußte nicht, welche Strahler damit ge meint waren. Darüber dachte er in diesem Augenblick auch gar nicht nach. Er hoffte nur, daß er die richtigen Schalter betätigte. Er stieß die Hände instinktiv vor und löste die Kanonen aus. Zwei armdicke Energiestrahlen schossen lautlos unter dem Bug der Maschine hervor und bohrten sich in den Leib des Gleiters über ihm. Geblendet schloß der Arkonide die Augen. Er hörte eine krachende Explosi on, und er fühlte, daß seine Sicherheitsgurte übermäßig belastet wurden. Razamon und Axton schrien. Sie prallten irgendwo hinter ihm auf. Er öffnete die Au gen. Der Gleiter drehte sich unter ihm weg. Über ihm wuchs ein Feuerball auf, aus dem Bruchteile des anderen Gleiters hervorwir belten. Doch darauf achtete der Arkonide kaum. Er hatte alle Hände voll zu tun, die ei gene Maschine zu halten und nicht zu schnell absinken zu lassen. Sie schlingerte und taumelte so stark, daß er sie zunächst nicht unter Kontrolle brachte. Mit wachsen der Beschleunigung näherte sie sich einem anderen Gebäude. Ein Zusammenprall schi en unvermeidlich. Da stemmte der Arkonide das Steuer des Gleiters zur Seite. Die Ma schine schrammte am Gebäude entlang und riß metallene Verkleidungsplatten aus der Fassade. Dann kippte sie zur Seite und stürz
Duell der Symbionten te ab. Noch einmal gelang es dem Arkoniden, sie aufzurichten und in die Höhe zu ziehen. Dann aber war es vorbei. Sie schlug mit dem Heck auf. Das Triebwerk fiel aus, und die Maschine prallte krachend in ganzer Länge auf den Boden. Atlan glaubte, von einer Riesenfaust in den Sessel geschmettert zu werden. Rasende Schmerzen durchzuckten ihn, und seine Beine wurden gefühllos. Er blieb bei vollem Bewußtsein. Er sah, daß dicht vor ihm Flam men aufstiegen. Er erkannte, daß der Gleiter brannte, aber er war nicht in der Lage, sich zu erheben. Der Zellaktivator jagte beleben de Impulse durch seinen Körper. Sie stießen wie glühende Dolche in seine Beine und be lebten sie. Razamon und Axton war es besser ergan gen als ihm. Sie hatten nicht aufrecht geses sen, als die Maschine abstürzte, sondern flach auf dem Boden gelegen. Sie hatten kei ne Verletzungen erlitten. Axton kroch zu dem Arkoniden nach vorn. »Wir müssen raus«, sagte er. »Ich kann nicht«, antwortete der König von Atlantis. »Meine Beine …« Axton rief Razamon zu Hilfe. Die beiden Männer hoben Atlan aus dem Sessel und schleppten ihn zum Eingang. Mittlerweile stand auch das Heck der Maschine in Flam men. Das Feuer fraß sich schnell nach vorn. Der Berserker stieß die Tür auf. Zusam men mit Axton hob er den Arkoniden aus der Kabine. Sie stellten ihn auf die Füße, doch Atlan konnte sich nicht halten. So schleiften sie ihn etwa zwanzig Meter weit über den Boden bis hinter das ausgebrannte Wrack eines anderen Gleiters, das ihnen ein wenig Deckungsschutz bot. »Was ist mit ihm?« fragte eine bekannte Stimme hinter ihnen. Axton drehte sich um. Er erkannte Artin, der wie aus dem Nichts heraus hinter ihnen aufgetaucht war. Bei dem Kommandanten waren sieben weitere Scuddamoren. »Ich glaube, er hat sich das Rückgrat ver
43 letzt«, erwiderte der Terraner, »aber er wird sich schon erholen. Ich kenne ihn. Er ist ein harter Bursche.« Axton-Kennon wollte nicht sagen, daß er sich auf den Zellaktivator verließ. Er war überzeugt davon, daß dieser den Schaden beheben würde, den Atlan erlitten hatte. »Wir hätten weniger Schwierigkeiten ge habt, wenn wir Waffen gehabt hätten«, sagte Razamon. »Pah«, machte Artin abfällig. »Das hätte auch nichts geändert. Ich habe gesehen, wie ihr euch geschlagen habt. Nicht schlecht. Ich wollte, meine Leute brächten das auch.« Er befahl den Scuddamoren an seiner Sei te, Atlan, Axton und Razamon zur ZAR KIET zu bringen. Er zeigte auf das Raum schiff, das etwa zweihundert Meter von ih nen entfernt stand. Es war von den Kämpfen verschont geblieben. Es sah aus wie zwei nebeneinander lie gende Fässer, die am Bug durch eine Kuppel miteinander verbunden waren. In diesem saß die Galionsfigur. Atlan, Axton und Raza mon konnten trotz der Entfernung sehen, daß es ein vogelähnliches Wesen war. Der Raumer war etwa zweihundert Meter lang. Die faßähnlichen Gebilde hatten einen Durchmesser von ungefähr sechzig Metern. Sie waren nicht glatt, sondern hatten zahllo se Erhebungen und Mulden, deren Zweck nicht erkennbar war.
8. Geheimnis um Pthor Atzbäll zog alle verfügbaren Kräfte um den Taamberg und den Regenfluß zusam men. »Wir kämmen das ganze Gebiet durch«, erklärte er Kartra. »Meter für Meter. Chirm or Flog muß hier irgendwo sein. Und wir werden ihn finden.« »Wir werden auf Widerstand stoßen«, entgegnete der Scuddamore in dem roten Energieschild. »Den kämpfen wir nieder. Wer sich uns in den Weg stellt, zahlt dafür«, sagte Atzbäll. »Wer sich uns nicht beugt, hat auf Pthor
44 nichts verloren.« Er wandte sich Tährn zu und wollte ihm einen Befehl erteilen, als der Boden unter seinen Füßen plötzlich erbebte. Er streckte haltsuchend die Arme aus. Kartra stürzte und fiel gegen ihn. Atzbäll sprang zurück, stieß gegen einen querliegenden Baum und fand sich kurz darauf ebenfalls im Gras wie der. Pthor zitterte und bebte. Blitze zuckten aus dem Wölbmantel herab. »Pthor bewegt sich«, schrie Kartra. Atzbäll sprang auf. Schockiert sah er sich um. Die anderen Scuddamoren wichen vor ihm zurück, obwohl alle wissen mußten, daß er nicht das geringste damit zu tun hatte. Wollten sie sich von ihm absetzen? Atzbäll blickte nach oben, konnte jedoch kaum etwas erkennen. Der Wölbmantel sah bläulich aus. Vereinzelt bildeten sich dunkle Flecke. Der Kommandant war verzweifelt. Von niemandem hatte er einen Hinweis darauf erhalten, daß irgend etwas mit Pthor gesche hen würde. Chirmor Flog hätte es wissen müssen, durchfuhr es ihn. Hing das Verschwinden des Neffen damit zusammen, daß sich Pthor nun in Bewegung gesetzt hatte? Atzbäll fand keine Antwort darauf. »Wir suchen weiter«, rief er. »Kartra – wir beide kehren zur FESTUNG zurück. Tährn, von dir will ich ständig über den Fortgang der Suche informiert werden.« Er rannte zu seinem Gleiter, ohne darauf zu achten, ob Kartra ihm folgte. Als er star tete, sah er, daß der Scuddamore aus der PARZIER neben ihm saß. Über Funk befahl er allen Kommandanten der Raumschiffe, die noch außerhalb Pthors waren, augenblicklich zu landen. Als er die FESTUNG erreichte, sah er, daß die Raumschiffe herabkamen. Er atmete auf. Pthor beschleunigte immer mehr. Das war deutlich spürbar. Welches Ziel flog das Eiland an? Wer hatte es in Bewegung gesetzt? Wer lenkte es? Fragen über Fragen, auf die ihm nie-
H. G. Francis mand eine Antwort gab. Atzbäll eilte in die FESTUNG. Er rief Si gurd und andere Pthorer zu sich. Er hoffte, etwas von ihnen zu erfahren. Doch sie wuß ten ebenso wenig wie er.
* Atlan, der sich mit Hilfe seines Zellakti vators wieder völlig erholt hatte, Axton und Razamon atmeten auf, als sie die ZARKIET betraten. An Bord herrschte nur etwas mehr als 1 g. Eine Last, die schier unerträglich gewor den war, wich von ihnen. Sie hatten alle drei das Gefühl, daß sie einer solchen Belastung wie auf Säggallo nicht mehr länger standge halten hätten. Scuddamoren führten sie in einen Raum, der direkt hinter der Hauptleitzentrale lag. Die Kabine Artins war nur wenige Schritte entfernt. Achtpforg verschwand in ihr. Atlan drückte auf eine Taste unter dem Bildschirm des Videogeräts. Er hatte nicht damit gerechnet, daß Artin ihnen die Mög lichkeit einräumen würde, sich mit Hilfe dieser Einrichtung zu informieren. Doch der Bildschirm erhellte sich. Er zeigte einen Ausschnitt des Raumhafens. Der Arkonide und seine Freunde sahen, daß Artin mit fünf Scuddamoren an Bord kam. Einige andere Schatten gingen zu klei neren Raumschiffen, die in der Nähe stan den. Etwa eine halbe Stunde verstrich. Dann startete die ZARKIET. Ihr folgten in kurzem Abstand elf weitere Organschiffe. Sie um kreisten Säggallo zweimal und nahmen da bei eine Dreiecksformation ein. Dann lösten sie sich von dem Planeten und jagten in die Tiefe des Alls. »Es geht nach Pthor«, stellte der Berser ker fest. »Was tun wir? Warten wir ab, bis wir da sind?« »Das habe ich eigentlich nicht vor«, ent gegnete der Arkonide lächelnd. Er erriet die Gedanken Razamons. »Ich frage mich, ob es möglich ist, etwas zu unternehmen, was uns
Duell der Symbionten weiterbringt.« »Vielleicht sollten wir uns mit Achtpforg befassen«, schlug der Berserker vor. »Du glaubst, das wäre möglich?« fragte Axton. Razamon erläuterte, daß der Gersa-Pre dogg mit Hilfe eines Programmschlüssels gesteuert wurde. »Artin beherrscht den Roboter nur, weil ihm jemand einen solchen Schlüssel gege ben hat«, schloß er. »Wenn es uns gelänge, diesen Schlüssel zumindest für eine kurze Zeit an uns zu bringen, dann könnten wir uns den Roboter gefügig machen und ihn veranlassen, uns einige Fragen zu beantwor ten.« Lebo AxtonKennon horchte auf. Ein solches Unternehmen, wie Razamon es vorschlug, war ganz nach seinem Ge schmack. »Das gefällt mir«, sagte er. »Wenn es uns gelingt, einen Informationsträger wie den Gersa-Predogg anzuzapfen, kommen wir al lerdings einen gewaltigen Schritt weiter.« »Hast du eine Idee?« fragte Atlan, der wußte, daß Axton-Kennon auf diesem Ge biet eine unübertroffene Kapazität war. »Laßt mich ein wenig nachdenken«, bat der Terraner. Eine Unzahl von Gedanken gingen dem ehemaligen USO-Spezialisten durch den Kopf. »Ich glaube, ich brauche nicht lange, bis ich euch sagen kann, wie wir es anstellen müssen.« Er legte sich auf sein Bett und schloß die Augen. Eine halbe Stunde verstrich. Dann setzte Axton sich aufrecht. Ein flüchtiges Lächeln glitt über seine Lippen. »Es müßte möglich sein«, sagte er. »Alles hängt allerdings davon ab, ob Artin schläft, ohne von Achtpforg bewacht zu werden. Denn wenn der Roboter bei ihm ist, kom men wir nicht an ihn heran.« »Vielleicht können wir ihm irgend etwas ins Essen mischen, damit er möglichst bald schläft«, schlug Razamon vor. »Darauf wollen wir uns gar nicht erst ein lassen«, widersprach Axton. »Alles muß sei
45 nen normalen Lauf nehmen, wenn die Akti on erfolgreich sein soll.« »Welchen Plan hast du?« fragte Atlan. Axton berichtete und traf gleichzeitig eine Reihe von notwendigen Vorbereitungen. Einige Stunden darauf verließen die drei Freunde ihre Kabine und gingen zur Haupt leitzentrale. Auf dem Weg dorthin hielt sie niemand auf. Artin war jedoch nicht damit einverstanden, daß sie sich im Nervenzen trum des Raumers aufhielten. »Ich habe euch eine Kabine angewiesen, die euch alles bietet, was ihr braucht«, sagte er. »Könnt ihr nicht dort bleiben?« »Uns interessiert, wie alles weitergehen soll«, erwiderte Atlan, während Axton sich mit dem Rücken an eine Computerbank lehnte. Razamon schob sich wie unbeabsich tigt zwischen ihn und den Scuddamoren, der sich als einziger von der Besatzung für sie zu interessieren schien. In der Zentrale hielten sich noch sieben weitere Scuddamoren auf. Nach allem, was der Arkonide über Organraumer dieser Grö ße wußte, schätzte er die Besatzung auf nicht mehr als 23 Mann. Während er sich bemühte, Artin abzulen ken, beschäftigte sich Axton mit dem Com puter. Seine Finger glitten über die magneti schen Verschlüsse und öffneten sie. Inner halb weniger Sekunden entfernte er eine Pla tine und ersetzte sie durch eine andere, die er dem Videogerät in ihrer Kabine entnom men hatte. Dabei hatte er einen Nebensektor des Computers ausgewählt, so daß er hoffen konnte, daß der Tausch sobald nicht ent deckt wurde. Eine Warnleuchte, die den Fehler angezeigt hätte, zog er so weit her aus, daß die Kontakte unterbrochen waren. Atlan bemühte sich währenddessen, den Kommandanten davon zu überzeugen, daß er auf Pthor jede nur mögliche Unterstüt zung bräuchte. Er gab sich den Anschein, als komme es ihm darauf an, sich bei dem desi gnierten Neffen einzuschmeicheln, um so früh wie nur möglich seine Gunst zu gewin nen. Razamon griff nur hin und wieder in das
46 Gespräch ein. Kosmopsychologische Schachzüge dieser Art überließ er lieber dem Arkoniden, der darin die größere Erfah rung hatte. Häufig genug hatte Atlan ihm de monstriert, wie schnell und genau er sich auf die Mentalität fremder Intelligenzen einstel len konnte. Und auch jetzt gelang es ihm, Artin zumindest vorübergehend zu fesseln und nachdenklich zu stimmen. Als Axton ihm verstohlen ein Zeichen gab, brachte er das Gespräch geschickt zu Ende. »Wir wollen uns nicht aufdrängen oder gar den Dienstbetrieb stören«, sagte er. »Wir wollten dir nur ein Angebot machen. Es steht dir frei, darüber nachzudenken, solange du immer willst.« »Du erwartest also keine Auskunft bis Pthor?« fragte der Scuddamore lauernd. Atlan lachte. Er schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht, Artin. Wie käme ich da zu, Forderungen zu stellen? Ich habe dir ein Angebot gemacht, mehr nicht. Kommt, Freunde, wir gehen in die Kabine zurück.« Artin ließ sie bis zum Ausgangsschott der Zentrale gehen. Dann räusperte er sich. »Warte noch, Atlan«, sagte er. Der Arkonide tat, als sei er überrascht. Er drehte sich um. »Was gibt es, Artin?« »Ihr müßt nicht unbedingt in eure Kabine gehen. Ihr könnt auch hier bleiben, wenn ihr wollt. Jedenfalls sollt ihr euch nicht als Ge fangene fühlen.« »Danke«, entgegnete der Arkonide. »Das werden wir dir nicht vergessen.« Axton und Razamon verließen die Zentra le. Atlan blieb. Als sich das Schott hinter ihnen geschlos sen hatte, eilte der Terraner zu der Tür der Kommandantenkabine. Er drückte die er beutete Platine gegen das Schloß, nachdem er sie mit einigen Zusatzgeräten besteckt und an eine Mikrobatterie angeschlossen hatte. Dieses Material hatte er sich ebenfalls in ihrer Kabine verschafft. Dazu hatte er mehrere Geräte auseinandergebaut. Razamon stand vor ihrer Kabinentür und behielt das Schott zur Hauptleitzentrale im
H. G. Francis Auge, um Axton sofort warnen zu können, falls es sich öffnete. »Beeile dich, verdammt«, raunte er dem Terraner zu, der so ruhig an der Tür der Kommandantenkabine arbeitete, als könne ihnen nichts geschehen. »Wenn Artin uns erwischt, ist es aus mit uns.« Axton-Kennon tat, als habe er nichts ge hört. Drei quälend lange Minuten vergingen, bis er die Platine endlich wieder unter sei nem braunen Umhang verschwinden ließ. »Es ist alles vorbereitet«, erklärte er. »Jetzt braucht Artin sich nur noch aufs Ohr zu legen.« Die beiden Männer kehrten in ihre Kabine zurück. Sie warteten etwa vier Stunden. Dann trat Atlan ein. Er blieb an der Tür stehen. »Es ist soweit«, sagte er. »Artin will schlafen. Er ist wenigstens vierzig Stunden nicht mehr im Bett gewesen. Die Schlacht um die Topeya-Wiege hat ihn ganz schön mitgenommen.« »Was ist mit Achtpforg?« fragte Raza mon. »Ich konnte den Kommandanten davon überzeugen, daß der Roboter der einzige an Bord ist, dem er bedenkenlos vertrauen kann«, antwortete Atlan. »Ich habe ihn dar an erinnert, daß er ihn selbst programmiert hat.« »Hat ihn nicht überrascht, daß du das wußtest?« fragte Axton. »Allerdings. Ich habe ihm jedoch geschil dert, wie ich mich zusammen mit Achtpforg von der Topeya-Wiege entfernen wollte, und daß er mich durch die Umprogrammierung zur Umkehr gezwungen hat. Ich habe ihm klar gemacht, daß der technische Ablauf die ses Ereignisses für mich eindeutig ist. Und er hat es zugegeben.« »Und?« Razamon erhob sich und ging At lan entgegen. »Wo ist der Roboter jetzt?« »In der Zentrale. Und Artin ist in seiner Kabine.« Die drei Freunde blickten sich erleichtert an. Damit waren die Voraussetzungen gege
Duell der Symbionten ben, die Axton für ein Gelingen ihres Planes genannt hatte. »Wir warten eine Stunde«, sagte der Ter raner. »Danach gehe ich zu Artin.« »Du allein?« fragte Razamon. »Ist das nö tig?« »Ich gehe allein«, erklärte Axton-Kennon. »Bei solchen Unternehmen muß ich allein sein, um genügend sicher zu sein.« Er zeigte auf seine Pelzschuhe. »Außerdem tritt niemand so leise auf wie ich.« Eine Stunde später verließ Axton die Ka bine. Er trat auf einen leeren Gang hinaus. Lautlos eilte er zur Kabine Artins. Er preßte das Ohr gegen die Tür, konnte jedoch nichts hören. Nicht das geringste Geräusch verriet, ob der Kommandant schlief oder wach war. Ihm blieb keine andere Wahl. Er mußte es riskieren, Artin in die Arme zu laufen. Er drückte die Platine gegen das Schloß. Alles war vorbereitet. Ein einziger Schwachstrom stoß genügte, und der elektronische Riegel öffnete sich. Die Tür glitt zur Seite. Axton blickte auf das Bett des Kommandanten. Artin schlief. Er lag auf dem Rücken und streckte Arme und Beine von sich. Er hatte bis auf eine Unterhose alle Kleidungsstücke abgelegt. Ein intensiver Schweißgeruch ging von ihnen aus. Axton rümpfte die Nase. Er schloß die Tür hinter sich und ging zu dem Sessel, auf dem die Kleidungsstücke lagen. Er beobach tete Artin. Das Metamorphosewesen weckte in diesem Zustand sein Mitleid. Ohne den Energieschirm, der ihn zu einem anonymen Wesen machte, war er nur noch das aus äs thetischer Sicht mißlungene Produkt eines fehlgeleiteten Metamorphoseprozesses. Als Axtons Hände in die Taschen der Kombination des Scuddamoren glitten, heul te eine Alarmsirene auf. Artin fuhr er schreckt hoch. Der Terraner ließ sich fallen. Er schnellte sich hinter das Bett des Kommandanten und rollte sich dann hinter einen Sessel, hinter dem er eine notdürftige Deckung fand.
47 Artin war so schlaftrunken, daß er tau melnd vor dem Bett verharrte und mit aus gestreckten Armen nach seinen Kleidern suchte. Er hatte nichts bemerkt. Da das ener vierende Heulen der Sirene nicht verstumm te, verzichtete er darauf, sich anzukleiden. Er schnallte sich nur den Gürtel mit dem Schildprojektor um, schaltete das Energie feld ein und hastete aus dem Raum. Die Tür blieb offen. Axton fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, um sich den Schweiß abzuwi schen, der ihm aus den Poren getreten war. Er richtete sich zögernd auf, kroch dann zu dem Sessel hinüber, auf dem die Kleidungs stücke des Kommandanten lagen. Er nahm sie an sich. Er zog den Programmschlüssel für den Gersa-Predogg daraus hervor und untersuchte ihn eingehend. Das Gerät war fremdartig, und seine Funktion war nicht so ohne weiteres zu erkennen. Doch Axton glaubte bald, herausgefunden zu haben, wie er ihn bedienen mußte. Er drückte mehrere Tasten und verfolgte die Leuchtanzeigen, die den Schaltungen folgten. Akustische Si gnale vervollständigten die Meldungen des Schlüssels. Axton wartete. Er wußte, daß der Roboter blitzschnell bei ihm erscheinen würde, wenn er einen Fehler machte. Doch dadurch ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen. Etwa fünfzehn Minuten verstrichen. Dann war der Terraner sich seiner Sache sicher. Er schob das Gerät in die Hosentasche Artins zurück. Eine hochgewachsene Gestalt erschien in der Tür. Axton blickte in die tränenden Augen At lans. Der Arkonide strich sich das weiße Haar aus der Stirn. Er war erregt und nervös. »Schnell«, sagte er. »Beeile dich.« »Was ist passiert?« »Wir haben die Position erreicht, an der Pthor sein sollte.« »Sein sollte?« »Pthor ist verschwunden. Ich komme von der Zentrale. Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Artin ist außer sich, weil ihn das Zentrum
48 der Schwarzen Galaxis nicht informiert hat. Eben hat er die Rückkehr nach Säggallo be fohlen.« Axton sprang auf. Er spürte, daß sich ih nen eine Gefahr näherte. Er öffnete die Lip pen zu einem Warnschrei, aber es war schon zu spät. »Was treibst du da?« schrie der Komman dant, der sich Atlan unbemerkt genähert hat te. Er stürzte sich auf den Arkoniden. Axton zögerte. Für einen Moment schien es, als wolle er in den Kampf eingreifen, in dem sich Artin als weit überlegen erwies. Weil er den Energieschirm trug, war er für Atlan praktisch unangreifbar. Dann überleg te der Terraner es sich anders. Er kehrte zu den Kleidungsstücken Artins zurück und holte den Programmschlüssel daraus hervor. Er tippte einige Tasten, während Atlan sich mühsam gegen die Schattengestalt behaupte te. Achtpforg erschien hinter dem Komman danten. Er trennte ihn von Atlan und schleu derte ihn so wuchtig zu Boden, daß der Scuddamore bewußtlos liegenblieb. Der Roboter schaltete seinen Schutz schirm aus. Axton blickte lächelnd auf den Programmschlüssel. »Ich wußte doch, daß ich alles richtig ge macht habe«, sagte er. Atlan atmete auf. Doch Axton warnte ihn. »Noch haben wir es nicht geschafft«, sag te er. »Die Besatzung ist noch nicht ausge schaltet. Achtpforg, komm mit zur Zentra le.« Der Roboter gehorchte. Lebo AxtonKennon nahm Artin den Schirmprojektor ab und schnallte ihn sich um. Er schaltete ihn jedoch nicht ein, sondern nahm sich vor, damit zu warten, bis sie die Hauptleitzentrale betraten. Zufrieden lächelnd ging er an Razamon vorbei. Er zeigte über die Schulter zurück. »Da hinten liegt Artin und träumt«, be merkte er. »Könntest du dafür sorgen, daß er uns keine Schwierigkeiten mehr macht?« Razamon begab sich wortlos zur Kom mandantenkabine. Atlan, Axton, mit einge-
H. G. Francis schaltetem Scuddamoren-Schirm, und Acht pforg betraten die Zentrale. Keiner der Scuddamoren, die hier ihren Dienst versa hen, merkte, daß sich etwas geändert hatte. Sie glaubten immer noch, das Schiff fest in der Hand zu haben. »Schaltet die Energieschirme aus«, befahl der Roboter. Die Scuddamoren zögerten. Sie waren un sicher. Dieser Befehl war allzu ungewöhn lich für sie. Da streckte der Gersa-Predogg einen seiner Metallarme aus. Er berührte einen Energieschirm und beseitigte ihn. Dann entriß er dem Scuddamoren die Waffe, die dieser im Gürtel trug. Er richtete sie auf die anderen Schattenge stalten. »Ich kann meinen Befehl auch gewaltsam durchsetzen«, erklärte er. »Ihr würdet es be reuen, wenn ihr mich dazu zwingt.« Der Widerstand der Scuddamoren brach zusammen. Sie konnten nicht sehen, daß Axton und nicht ihr Kommandant unter dem Schattenschild neben dem Roboter verbor gen war. Ein Energieschild nach dem ande ren erlosch. Achtpforg sammelte die Waffen ein. »Wir haben noch ein Problem«, sagte Le bo Axton zu dem Roboter. Er zeigte auf die Bildschirme der Zentrale, auf der die ande ren Organraumer zu sehen waren, die mit ih nen in Richtung Säggallo flogen. »Die ande ren Schiffe stören.« »Sie kehren nach Säggallo zurück«, erwi derte der Roboter. »Das heißt nicht, daß die ZARKIET auch dort landen muß.« Atlan dachte kurz nach, dann nickte er zu stimmend. Es war besser, zunächst nach Säggallo zu fliegen und sich erst dort von den anderen Raumschiffen zu trennen. Das erregte bei den Kommandanten der anderen Raumer weniger Aufsehen. »Also gut«, sagte Atlan. »Wir fliegen zu nächst nach Säggallo. Dann folgen wir Pthor. Weißt du, auf welchem Kurs Pthor fliegt?« »Pthor ist ins Rghul-Revier unterwegs«, antwortete Achtpforg. »In der Zentrale ist
Duell der Symbionten
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man der Ansicht, daß Chirmor Flog nicht mehr fähig ist, die anstehenden Probleme um Pthor zu meistern. Deshalb wird Duuhl Larx die kommenden Aufgaben überneh men.« Atlan und Axton blickten sich an. Damit
stand für sie fest, daß die ZARKIET von Säggallo in Richtung Rghul-Revier weiter fliegen würde.
ENDE
Weiter geht es in Band 438 von König von Atlantis mit:
Der Todesbote
von Hubert Haensel