Erfolgsfaktor Verantwortung
Corporate Social Responsibility professionell managen
Kaevan Gazdar ´ Andr Habisch Klaus Rainer Kirchhoff ´ Sam Vaseghi Herausgeber
Erfolgsfaktor Verantwortung Corporate Social Responsibility professionell managen
Mit 30 Abbildungen
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Kaevan Gazdar Leiter Berichtswesen HypoVereinsbank Kardinal-Faulhaber-Straûe 1 80333 Mçnchen
[email protected] Professor Dr. Andr Habisch Katholische Universitåt Eichstått-Ingolstadt Ostenstraûe 26±28 85072 Eichstått
[email protected] Klaus Rainer Kirchhoff Vorstandsvorsitzender der Kirchhoff Consult AG Ahrensburger Weg 2 22359 Hamburg
[email protected] Dr.-Ing. Dipl. mult. Sam Vaseghi Environment & Sustainability Services, Deloitte H.C. Andersens Boulevard 2 1780 Kopenhagen V Dånemark
[email protected] ISBN-10 ISBN-13
3-540-26279-2 Springer Berlin Heidelberg New York 978-3-540-26279-4 Springer Berlin Heidelberg New York
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Geleitwort
Das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) findet am Kapitalmarkt und in den Medien immer größere Beachtung. Zu Recht, denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens und die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung gehören zusammen. Dabei bedeutet CSR nicht die Abkehr von der sehr einseitig ausgerichteten Shareholder-Value-Strategie, sondern bindet sie in ein umfassendes Konzept der Unternehmenspolitik ein, die unterschiedliche Interessen gleichermaßen berücksichtigt. Nur wer angemessene Renditen erwirtschaftet, ist auch in der Lage, im Interesse von Mitarbeitern, Gesellschaft und Umwelt zu handeln. CSR schafft Werte, davon sind auch immer mehr institutionelle Investoren überzeugt. Aktienindizes, wie der Dow Jones Sustainability Index oder der FTSE4Good, die Unternehmen nach Nachhaltigkeits-Kriterien aufnehmen, sind Benchmark für Fondsmanager und andere professionelle Anleger. Für den CSR-Ansatz spricht auch der Einstellungswandel vieler Konsumenten, die beispielsweise immer stärker Umweltthemen in ihren Kaufentscheidungsprozessen berücksichtigen. Und wer teuer ausgebildete und qualifizierte Mitarbeiter an sich binden will, sollte auch deren Interessen ernst nehmen. Sonst wandern sie bei erster Gelegenheit zur Konkurrenz. Diese Sichtweise des CSR-Ansatzes – Gewinnstreben mit sozialer Verantwortung als ergänzendes Ziel – ist Basis eines umfassenden Vergleichs, den manager magazin jüngst publiziert hat: Die Studie – vom Hamburger Kommunikationsberater Klaus Rainer Kirchhoff initiiert und von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte unterstützt – stellt eine europaweite Rangliste derjenigen Unternehmen auf, die sich erfolgreich sozial, ökologisch, kulturell oder humanitär engagieren und gleichzeitig profitabel arbeiten.
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Geleitwort
Das Ranking hat in Unternehmen große Resonanz ausgelöst. Das Buch von Habisch, Gazdar, Kirchhoff und Vaseghi erläutert den konzeptionellen Hintergrund des Rankings. Die Autoren erklären zudem, welche Herausforderungen und besonderen Erwartungen von Interessengruppen zukünftig auf Unternehmen zukommen. Sie verdeutlichen, dass mithilfe einer erfolgreichen CSR-Strategie die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen maßgeblich zum Guten gewendet werden kann. Keine Frage, Corporate Social Responsibility wird ein entscheidender strategischer Erfolgsfaktor für Unternehmen. In einer sich rapide verändernden Unternehmensumwelt ist das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen als Zukunftsinvestition zu begreifen, die auch dazu beitragen kann, ihre wirtschaftliche Performance zu verbessern.
Arno Balzer Chefredakteur manager magazin
Hamburg, im November 2005
Vorwort: Professionalisierung der CSR-Praxis als Herausforderung
Unternehmen stehen heute vor weitaus komplexeren Anforderungen als in der Vergangenheit. Ihre Performance wird von einer Vielzahl wortgewaltiger Anspruchsgruppen kontrolliert: Investoren und Analysten, aber auch Kunden, Medien und der Gesellschaft insgesamt. Reputationsverluste haben Folgen, nicht zuletzt auch auf die Marktkapitalisierung. Somit schließt sich der Kreis: Wer Shareholder Value schaffen will, der muss zugleich den „Stakeholder Value“ berücksichtigen. Angesichts dieser gewachsenen Bedeutung für den mittel- und langfristigen Erfolg bedarf die Praxis unternehmerischer Verantwortung (Corporate Social Responsibility) in den Unternehmen dringend einer Professionalisierung. Dies umfasst sowohl unternehmensinterne Regelungen und Prozessgestaltungen als auch das Engagement im gesellschaftlichen Umfeld („Corporate Citizenship“). Die „Good Company“-Studie, die die Kirchhoff Consult mit Unterstützung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte im Winter 2004/2005 durchführte, setzt genau hier an. Sie reproduziert nicht – wie vergleichbare Untersuchungen – „peer-group“-Einschätzungen oder bewertet Berichtgestaltung. Vielmehr wurde versucht, kriteriengestützt professionelle CSR-Performance zu evaluieren. Ein solches Vorgehen wirft notwendigerweise Fragen auf: Warum diese Kriterien, was genau wurde bewertet, wie sind die Ergebnisse zustande gekommen? Nicht alle diese Fragen konnten durch die knappe journalistische Berichterstattung beantwortet werden. Das vorliegende Buch, das die Gutachter gemeinsam verfasst haben, bemüht sich, diese Lücke zu schließen. Es referiert die Ergebnisse der Studie, erklärt die Hintergründe und erläutert die Kriterien. Anspruch der Studie war es weder, eine wissenschaftliche Grundlegung für CSR als Ganzes zu legen noch die laufende Diskussion um
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Vorwort
Möglichkeiten und Grenzen unternehmerischen Handelns in der Marktwirtschaft abzuschließen. Dies wäre angesichts des rasanten Wachstums dieser internationalen Diskussion und der Vielfalt wichtiger Einzelaspekte zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch vermessen. Vielmehr geht es um praxisorientierte Vermittlungsarbeit, um einen Brückenschlag zum Möglichen und Nötigen in den Unternehmen. Was kann heute begründeterweise als Standard professionellen CSR-Managements gelten – und eignet sich mithin zur Orientierung in den alltäglichen Entscheidungszwängen? Das vorliegende Buch arbeitet sich dazu vom allgemeinen ins Konkrete vor. Im ersten Teil werden Aspekte der gegenwärtigen CSR-Diskussion vertieft, die Grundlage für die Gestalt der Studie geworden sind. Im zweiten Teil werden dann Kriterien erläutert und mit Beispielen unterlegt. Im dritten Teil schließlich skizziert jeder Gutachter Unternehmen, die er als „best practise“ in seinem Bereich sieht. Es ist die gemeinsame Überzeugung der Gutachter wie der Initiatoren der Studie, dass professionelles CSR nicht losgelöst vom Streben eines Unternehmens nach (internationaler) Wettbewerbsfähigkeit definiert werden sollte. Es werden hier nicht (weitere) Forderung zu den eingangs bereits genannten an das Management heran getragen; umgekehrt können auch Fehlleistungen in Kernfunktionen durch CSR nicht „übertüncht“ werden – hier scheint der Kern der liberalen Kritik an CSR zu liegen. Professionelles CSR-Management ist vielmehr gerade ein Instrument, um besser mit den bestehenden Anforderungen umgehen zu können – genau deshalb gewinnt es gegenwärtig weltweit schnell an Bedeutung. Diesen Prozess auch im deutschen Sprachraum anzustoßen, engagierte Unternehmen zu stärken und einen Lernprozess in Unternehmen und ihrem Umfeld anzustoßen – das sind die Ziele der „Good Company“-Studie und des vorliegenden Buches.
André Habisch Kaevan Gazdar Klaus Rainer Kirchhoff Sam Vaseghi
München, im November 2005
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort Vorwort: Professionalisierung der CSR-Praxis als Herausforderung
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Teil I: CSR – Perspektiven der aktuellen Diskussion Aspekte der CSR aus Wirtschaftsprüfersicht
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Wolfgang Grewe und Jens Löffler CSR als strategische Herausforderung
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Klaus Rainer Kirchhoff Die Corporate-Citizenship-Herausforderung: Gesellschaftliches Engagement als Managementaufgabe
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André Habisch Das Good-Company-Ranking im internationalen Vergleich
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Kaevan Gazdar Teil II: Das Good-Company-Ranking: Kriterien und Ergebnisse Die wichtigste Ressource: Umgang mit Mitarbeitern als Messlatte unternehmerischer Verantwortung Kaevan Gazdar
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Inhaltsverzeichnis
Gesellschaftliches Engagement als Win-Win-Szenario
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André Habisch Sustainability: Transformationen eines Leitbegriffs Sam Vaseghi und Markus Lehni Die Anforderungen des Kapitalmarktes: Transparenz, finanzielle Stärke und Performance
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Jens Hecht Teil III: CSR in der Praxis – Gelungene Beispiele aus dem Good-Company-Ranking Das Erfolgsmodell Metro: The Spirit of Motivation
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Kaevan Gazdar Das Erfolgsmodell Axa: Von Herz zu Motivation Kaevan Gazdar
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Die Deutsche Bank ist besser als ihr Ruf
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André Habisch Ein Profi für Verbindungen: Nokia als globaler Corporate Citizen
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André Habisch Deutsche Post World Net: Integrität und Vision
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Sam Vaseghi
Tesco: Commitment, Kontinuität und Konsequenz
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Sam Vaseghi
Best Practice für Transparenz, finanzielle Stärke und Performance: Beispiele Bayer und Total Jens Hecht
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Inhaltsverzeichnis
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Anhang: CSR-Wettbewerb
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Glossar
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Lebensläufe der Autoren
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Teil I: CSR – Perspektiven der aktuellen Diskussion
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Aspekte der CSR aus Wirtschaftsprüfersicht Wolfgang Grewe1 und Jens Löffler2 1
Sprecher der Geschäftsführung, Deloitte
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Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Deloitte
Zum Begriff CSR/Corporate Social Responsibility Das Vertrauen in das Funktionieren der Kapitalmärkte als zentraler Bestandteil unserer Wirtschaftsordnung hat in den letzten Jahren – ausgelöst durch publikumswirksame Bilanzmanipulationen und Unternehmenszusammenbrüche – in der ganzen Welt gelitten. Die Existenzberechtigung von Unternehmen liegt grundsätzlich in ihrem wesentlichen Beitrag zur Wohlfahrt der Gesellschaft. Nimmt die Gesellschaft Unternehmen jedoch als Vehikel einer Minderheit zur Optimierung ihres Wohlstandes auf Kosten der Mehrheit wahr, so kann daraus ein Legitimitätsverlust resultieren. Vor diesem Hintergrund wird die Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen deutlicher gestellt. Der im angelsächsischen Wirtschaftsraum entwickelte Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) ist dabei nicht abschließend definiert und muss vor der Übertragung in ein z. B. kontinentaleuropäisches Umfeld, das Wohlstandsmehrung für möglichst alle und Begriffe wie soziale Marktwirtschaft kennt, noch diskutiert werden. Nach unserem Verständnis kann CSR als Konzept verstanden werden, wie Unternehmen ihre Geschäftsprozesse gestalten, um Werte für alle Stakeholder zu schaffen, und ihre direkte Gesellschaftsumgebung positiv beeinflussen, ohne die natürlichen Ressourcen über das Unvermeidliche hinaus zu verbrauchen. Dieses Kon-
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Wolfgang Grewe und Jens Löffler
zept schließt damit in den CSR-Begriff die Berücksichtigung der Erwartungen der Kapitalmarktteilnehmer ein. CSR oder Teile von CSR werden häufig auch als Nachhaltigkeit (Sustainable Development), Corporate Citizenship, Corporate Responsibility oder Corporate Sustainability bezeichnet. Aus Sicht der Unternehmen geht es bei CSR nicht darum, unreflektiert Wohltätigkeitsaktivitäten zu entfalten; vielmehr ist CSR als Investition und Instrument der Unternehmenssteuerung zu begreifen, das die Erreichung nachhaltigen Erfolgs erst möglich macht und zu einer WinWin-Situation für Unternehmen und Gesellschaft führt. Alle Ausprägungen und Wesensbestandteile von CSR betreffen das Unternehmen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, z. B. sein Agieren, seine unterlassenen Handlungen und seinen Umgang mit Ressourcen, selbstverständlich genauso wie jedes andere Unternehmen. Eingegangen werden soll im Folgenden jedoch auf wirtschaftliche Aspekte der CSR, die im Rahmen der Prüfung von Unternehmen betrachtet werden. Auf den ersten Blick hat eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in ihrem angestammten Tätigkeitsfeld zunächst wenig mit CSR zu tun. Die Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen als allein zahlenbezogene Aufgabe zu betrachten, bei der es darum geht, die Angaben in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung mit den vom Rechnungslegenden vorgelegten Nachweisen abzustimmen, greift jedoch zu kurz. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tragen zur Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes bei, weil sie durch die Prüfung von Informationen deren Verlässlichkeit erhöhen. Damit können sie sich dem tragenden Gedanken von CSR nicht entziehen. Im Gegenteil: Sie sind auch gefordert, sich mit dem Umfeld ihrer Auftraggeber bei der Durchführung von Abschlussprüfungen oder z. B. der Erstellung von Gutachten auseinander zu setzen; anders ist bei der heutigen Komplexität des Wirtschaftsgeschehens weder eine ordnungsgemäße Abschlussprüfung noch eine substantiierte Gutachtenerstellung möglich. Die Abschlussprüfung umfasst heute neben der Going-ConcernPrämisse auch die Prüfung des Lageberichts (vgl. § 289 III HGB), der auch auf nichtfinanzielle Leistungsindikatoren wie Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange eingehen soll. Im Übrigen
CSR aus Wirtschaftsprüfersicht
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hat der Wirtschaftsprüfer bei börsennotierten Aktiengesellschaften das Risikofrüherkennungssystem (§ 91 Absatz 2 Aktiengesetz) zu prüfen und sich im Rahmen dieser Prüfung mit bestandsgefährdenden Unternehmensrisiken zu befassen. Dazu können Verstöße gegen Kartellregelungen, Bestechung, Umweltrisiken usw. gehören. Unternehmen, die wegen der Notierung ihrer Kapitalmarkttitel an einer US-amerikanischen Börse dem US-amerikanischen Recht unterliegen, sind verpflichtet, die Regelungen des Sarbanes-Oxley Acts zu beachten. Danach ist zum Beispiel das auf Finanzinformationen ausgerichtete interne Kontrollsystem vom Abschlussprüfer zu prüfen und gesondert zu zertifizieren. Diese Prüfung setzt ebenfalls die intensive Auseinandersetzung des Wirtschaftsprüfers mit dem Risikomanagement voraus. Der Blick einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft richtet sich daher bei CSR primär auf drei Themenkreise: x In der Corporate Governance eines Unternehmens zeigt sich, wie die Stakeholderinteressen systematisch in die Unternehmensstrategie einbezogen werden und somit CSR wahrgenommen wird. Zu unterscheiden ist zwischen vorgegebenem Rechtsrahmen und Selbstverpflichtungen. x CSR erfordert die bewusste Akzeptanz, dass unternehmerisches Wirtschaften mit Risiken verbunden ist und der Eintritt nur einiger dieser Risiken erhebliche negative, ja sogar bestandsgefährdende Entwicklungen zur Folge haben kann. CSR ist daher aus Sicht des Wirtschaftsprüfers untrennbar mit einem umfassenden Begriff des Risikomanagements verknüpft. x CSR benötigt eine verlässliche Kommunikation. Um den Stakeholdern die CSR-Maßnahmen in zusammengefasster Form vermitteln zu können, bietet sich eine periodische Berichterstattung an, die eine Reihe von Unternehmen heute schon veröffentlichen. Das Vertrauen der Berichtsadressaten in dieses Kommunikationsinstrument kann durch die Attestierung des Berichts durch einen unabhängigen Dritten erheblich gestärkt werden.
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Wolfgang Grewe und Jens Löffler
Corporate Governance Corporate Governance bezeichnet in einer Kurzformel den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens. Damit ist auf der einen Seite die Binnenordnung des Unternehmens angesprochen (z. B. die Festlegung von Informations-/Entscheidungsrechten verschiedener Akteure bzw. Interessengruppen), auf der anderen Seite erfasst Corporate Governance aber auch die Einbindung des Unternehmens in sein Umfeld (wie z. B. den Kapitalmarkt). Die beiden Betrachtungsperspektiven werden als interne und externe Corporate Governance bezeichnet und gewinnen vor dem Hintergrund CSR gleichermaßen hohe Bedeutung; nur zusammen können sie die Basis für gelebte CSR bilden (vgl. v. Werder, A.: Ökonomische Grundfragen der Corporate Governance, in Hommelhoff, Hopt, v. Werder [Hrsg.]: Handbuch Corporate Governance, Köln/Stuttgart 2003, S. 4f). Die Innensicht der Corporate Governance setzt sich mit den jeweiligen Rollen, Kompetenzen und Funktionsweisen sowie dem Zusammenwirken von Leitungs- und Überwachungsorganen auseinander, die Außensicht bezieht sich hingegen auf das Verhältnis der Unternehmensführung zu den wesentlichen Stakeholdern des Unternehmens, mit besonderer Betonung der Anteilseigner. Die Bedeutung der Corporate Governance hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Treiber dieser Entwicklung sind auf der einen Seite die bekannten Fälle von Missmanagement und Unternehmensschieflagen im In- und Ausland. Auf der anderen Seite wird die Diskussion um effizientere und transparentere Formen der Unternehmensführung durch die Globalisierung der Wirtschaft und die Liberalisierung der Kapitalmärkte vorangetrieben. Der zweite Auslöser ist insbesondere mit der Sicht von (potenziellen) Anlegern wie institutionellen Investoren verbunden, da diese den Governancemodalitäten der Unternehmen zunehmend Beachtung schenken. Im Zuge dieser Entwicklungen spielt Corporate Governance aber auch für die anderen Stakeholder eine wichtige Rolle, da die hohe Publizität von Unternehmensschieflagen und auch die derzeit hohe Arbeitslosigkeit das Bewusstsein für diese Aspekte der unternehmerischen Betätigung geschärft haben.
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Rechtsrahmen Vor dem Hintergrund der CSR hat Corporate Governance große Relevanz, da sie zunehmend von den Stakeholdern wahrgenommen wird. Die Öffentlichkeit erwartet von einem Unternehmen Transparenz. Im Rahmen von CSR sind die Unternehmen daher gefordert, ihre inneren Strukturen darzulegen und gleichzeitig nach außen zu tragen, wie sie mit den Stakeholdern kommunizieren (wollen). Nur so werden sie den Erwartungen aller Stakeholder gerecht und erhöhen ihre Chance, von ihren Stakeholdern dauerhaft akzeptiert zu werden. Konkret bedeutet dies, dass den geltenden Regeln (Gesetze und Verordnungen, sonstiges Recht) entsprochen wird. Dieser sog. „Compliance“-Anforderung wird häufig durch die Einrichtung der Funktion eines Compliance Officers Rechnung getragen, der sicherstellt, dass die (branchenabhängigen) Regelungen durch das Unternehmen vollständig eingehalten werden. Für den Fall der Aufdeckung von Verstößen gegen Regelungen muss ein wirksamer Maßnahmenkatalog vorliegen, wie z. B. die Öffentlichkeit zu informieren ist und was zur Sanktionierung oder Heilung der Verstöße getan werden kann. Zum anderen betrifft Corporate Governance das Zusammenspiel zwischen Geschäftsführungsorgan (Vorstand) und Überwachungsorgan (Aufsichtsrat). Dazu müssen klare Regelungen bestehen, wie die Überwachung – auch vor dem Hintergrund einzurichtender Aufsichtsratsausschüsse – zu organisieren ist. Die Umsetzung neuer Regelungen zur Corporate Governance, wie z.B. des Sarbanes-Oxley Acts, ermöglicht es, die Corporate Governance über das gesetzlich verlangte Maß hinaus zu verbessern. Damit lässt sich ggf. über das Notwendige hinaus möglicher Zusatznutzen erreichen und die entsprechenden Maßnahmen zu dessen Hebung können ergriffen werden. Durch eine gute Corporate Governance kann das Vertrauen in die vom Unternehmen veröffentlichten Rechnungswesenzahlen gestärkt werden. Sind die Abläufe der Prüfung dieser Zahlen zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer klar geregelt und wird auch danach –
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für Außenstehende nachvollziehbar – verfahren, ergibt sich ein positives Gesamtbild. Eine gute Corporate Governance unterstützt das Management in der Durchsetzung seiner Maßnahmen zur Zielerreichung. Beispielsweise müssen dolose Handlungen und die nicht autorisierte Verwendung von Unternehmensvermögen verhindert oder aufgedeckt werden. Darauf ausgerichtete Maßnahmen können aber nur dann nachhaltig erfolgreich sein, wenn auch das Zusammenspiel von Aufsichtsrat und Vorstand entsprechend eingestellt ist. Der Aufsichtsrat kann z. B. eine Whistleblower-Hotline einrichten lassen, über die solcherart (vermutete) Verstöße gegen Gesetze und interne Regeln von Mitarbeitern/anderen Stakeholdern an den Aufsichtsrat kommuniziert werden können.
Selbstverpflichtungen Der Deutsche Corporate-Governance-Kodex wurde als Instrument der Selbstverpflichtung verabschiedet, auch wenn der Kodex in Teilen lediglich die gesetzlich bestehenden Regeln wiedergibt. Jedoch wird mittlerweile der Selbstverpflichtungscharakter des Kodex – zumindest in Bezug auf die Angabe der Vorstandsgehälter – vom Gesetzgeber offensichtlich als zu schwach eingestuft und diskutiert, die individualisierte Angabe der Vorstandsgehälter auf eine gesetzliche Basis zu stellen. Ungeachtet dessen ist es einer guten Corporate Governance zuträglich, wenn das Management selbst sich sog. Codes of Conducts setzt, an die es sein Handeln bindet. Dadurch kann ein Tone-at-theTop erzeugt werden, der auf das ganze Unternehmen ausstrahlt. Insgesamt kann eine gute Corporate Governance als fundamentale Grundlage für glaubwürdige CSR angesehen werden. Schwächen in diesem Bereich werden von den Stakeholdern kritisch aufgenommen und sie können sich nachhaltig schädigend auf das Unternehmen auswirken.
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Risikomanagement Jede unternehmerische Tätigkeit ist auf Grund der Unsicherheit künftiger Entwicklungen mit Chancen und Risiken verbunden. Während der weitere Risikobegriff jede Abweichung von einem gewünschten Zustand einschließt und damit auch positive Abweichungen (Chancen) erfasst, wird unter Risiko in einem engeren Sinne die Möglichkeit ungünstiger künftiger Entwicklungen verstanden. Als Risikomanagement wird die Gesamtheit organisatorischer Regelungen und Maßnahmen zur Risikoerkennung und zum Umgang mit den Risiken bezeichnet (vgl. den sog. Prüfungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer [PS 340]: Die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems nach § 317 Abs. 4 HGB, Tz. 3 u. 4.). Vor dem Hintergrund von CSR kann das Risikomanagement nicht mehr allein auf direkte finanzielle Risiken wie z. B. Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, Kürzung bzw. Kündigung von Kreditlinien abstellen, sondern muss als Frühindikator für erhebliches Schädigungspotenzial auch andere Risikoarten mit einbeziehen. Besondere CSR-Relevanz haben dabei neben den direkten finanziellen Risiken auch Umweltrisiken, z. B. durch Emissionen oder Boden-/Gewässerkontaminationen, und soziale Risiken, wie etwa die Verletzung von Menschenrechten, Kinderarbeit und Gesundheitsgefahren. Diese Überlegungen verdeutlichen, dass Risikomanagement im Gesamtkontext von CSR breiter und damit umfassender angelegt sein muss.
Kommunikation Von den Unternehmen wird vermehrt über ihre Aktivitäten im Bereich von CSR berichtet. So hält nahezu jedes in einem bedeutenderen Aktienindex enthaltene Unternehmen einen Bericht zu CSR für die Stakeholder verfügbar und Wirtschaftsprüfer werden verstärkt mit der Prüfung dieser Berichte beauftragt. Die Berichterstattung geschieht, damit Mitarbeiter und interessierte Öffentlichkeit die CSR-Aktivitäten des Unternehmens wahrnehmen können. Die guten Nachrichten müssen verbreitet werden. Kommu-
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nikation von CSR ist also in die Gesamtunternehmensstrategie einzubetten. Eine nur selektive und ereignisabhängige Kommunikation mit den Stakeholdern schafft nicht das notwendige Vertrauen, um sich nachhaltig positiv auf die Reputation des Unternehmens auszuwirken. Zu den Anforderungen an die CSR-Berichterstattung gibt es keine verbindlichen Standards. Es herrscht ein Variantenreichtum an Bezeichnung und Detailliertheit. Häufig werden die Berichtskriterien der Global-Reporting-Initiative (vgl. Sustainability Reporting Guidelines der Global-Reporting-Initiative, Amsterdam; abrufbar über www.globalreporting.org.) genutzt; allerdings – soweit ersichtlich – niemals in vollständiger Anwendung, sondern nur in Teilen. Auch für die Prüfung von CSR-Berichten existieren derzeit keine direkt zugeschnittenen Standards. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) arbeitet gerade an dem Entwurf eines Standards zur Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten. International ist zu dieser Fragestellung der Standard des IFAC, International Standards on Assurance Engagements 3000 (revised): Assurance Engagements other than Audits or Reviews of Historical Financial Information, im Dezember 2003 verabschiedet worden, der jedoch relativ weit gefasst die Prüfung/den Review sämtlicher nicht direkt finanzieller Informationen betrifft.
Schlussbemerkung Konzept und Begriff der CSR sind nicht unumstritten. Eingewendet wird, dass Gewinnstreben als einziges Ziel des Unternehmens gleichzeitig auch zu einer angemessenen Beteiligung der Stakeholder am ökonomischen Erfolg führt. Wendete sich das Management dagegen neben diesem Ziel auch direkt den Erwartungen der einzelnen Stakeholdergruppen zu, würde es seiner eigentlichen Aufgabe nicht mehr gerecht, für die Shareholder und damit implizit für die Mitarbeiter den Wert des Unternehmens zu steigern. Die unterschiedlichen Sichtweisen von CSR werden auf traditionelle Unterschiede in der Betrachtung von wirtschaftlicher Tätigkeit im angelsächsischen und im kontinentaleuropäischen Raum zurückgeführt.
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Für den Blick einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf CSR erscheinen diese differierenden Betrachtungsebenen jedoch ohne Relevanz zu sein. Unabhängig davon, welcher Betrachtung von CSR gefolgt wird, bleiben die aus Sicht einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft primären Themenkreise – gute Corporate Governance, ein umfassendes Risikomanagementsystem und eine verlässliche periodische Berichterstattung über CSR – gleich. Diese drei Elemente der Unternehmensorganisation stellen wesentliche Fundamente von CSR dar, da sie bei entsprechender Ausgestaltung das Vertrauen der Stakeholdergruppen in das Unternehmen stärken können. Nicht zuletzt kann damit auch dirigistischen Eingriffen des Gesetzgebers vorgebeugt werden. Um das Konzept der Corporate Social Responsibility umzusetzen („zu leben“), bedarf es also nicht einer Neuerfindung der Unternehmensorganisation. Vielmehr liegt der Startpunkt für CSR bei den bekannten Organisationsfragen, die – nach eingehender Analyse – neu und umfassender beantwortet werden müssen. Unternehmen, deren CSR glaubwürdig ist und die in den genannten Themenkreisen die Best-Practices-Benchmarks setzen, werden als gute Corporate Citizens wahrgenommen. Dies sollte sich positiv auf ihren nachhaltigen Erfolg auswirken.
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CSR als strategische Herausforderung Klaus Rainer Kirchhoff Kirchhoff Consult AG
Die Diskussion über soziale und gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist aktueller denn je. Der Ruf nach Ethik in unterschiedlichen Schattierungen wächst unablässig in einem Kontext, der vom Schrumpfen öffentlicher Budgets und vom Wachstum privaten Reichtums gekennzeichnet ist. Viele Menschen haben das Vertrauen in die Fähigkeit der Politik, die gesellschaftlichen, konjunkturellen und sozialen Probleme in Deutschland zu lösen, verloren. Eine immer geringere Wahlbeteiligung und die Abnahme der Mitgliederzahlen politischer Parteien sprechen für sich. Folglich sind bei vielen die Erwartungen in die Kompetenzen der Wirtschaft und Unternehmen gestiegen. Diese wurden lange als die eigentlichen Gestalter der Zukunft angesehen. Dass nun auch sie immer mehr an Vertrauen verloren haben, wiegt besonders schwer. Die Debatte um Managergehälter und Gewinne in Zeiten des Stellenabbaus und der Arbeitslosigkeit haben einer ideologischen Kapitalismuskritik neuen Aufschwung gegeben. Im Zusammenhang mit Globalisierungsprozessen sehen sich insbesondere Unternehmen aus hoch industrialisierten Ländern einer vermehrten Aufmerksamkeit seitens der Öffentlichkeit und Politik gegenüber. Diese erwarten von Unternehmen, dass sie die Rahmenbedingungen in den Heimat- und Gastländern mitgestalten, um ihren ethischen und sozialen Verpflichtungen nachzukommen. Insbesondere durch den „free flow of information“ und über die kommunikative Macht der Medien ist es NGOs und anderen Stakeholder-Gruppen gelungen, den gesellschaftlichen Druck auf Unternehmen zu erhöhen.
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Klaus Rainer Kirchhoff
Die Konsequenzen der EU-Osterweiterung sowie die Diskussion über Arbeitslosigkeit und leere Staatskassen in Deutschland haben diesen Druck weiter verschärft. Hinzu kommt, dass dem Konzept der Corporate Social Responsibility durch zahlreiche politische und wirtschaftliche Initiativen sowie rechtliche Anreizsysteme Nachdruck verliehen wird. Das Thema CSR gewinnt seither entsprechend nicht nur in den Medien und in der Unternehmenskommunikation, sondern auch am Kapitalmarkt immer mehr an Bedeutung. Der Medienunternehmer Ted Turner wird mit der Aussage zitiert, die Globalisierung vollziehe sich im Zeitraffertakt, die Fähigkeit der Welt hingegen, Globalisierung zu verstehen, im Zeitlupentempo. Während die Politik nur sehr langsam auf globale Prozesse und gesellschaftliche Probleme reagiert, sind Unternehmen in der Regel deutlich schneller in der Lage, sich flexibel auf aktuelle Entwicklungen und neue Anforderungen einzustellen, da diese gezwungenermaßen auf Herausforderungen und Gefahren eingehen müssen. Auch aus diesen Gründen ist die Erwartungshaltung in die gestalterische Kompetenz von Unternehmen deutlich gestiegen. Letztendlich geht es in der Diskussion um CSR entscheidend um die Frage, welche gesellschaftliche Instanz welche Aufgabe hat: „The proper business of business is business. No apology required“, so die im Economist vom 22. Januar 2005 vertretene Meinung zum Thema CSR. Die Frage ist jedoch, ob ein Unternehmen allein durch seinen ökonomischen Erfolg im Interesse der Allgemeinheit handelt. Das von Adam Smith vielfach beschworene Eigeninteresse der Wirtschaft wird immer wieder und immer öfter mit ethischen Fragen und Problemen kollidieren. Ethik gehört nicht zu den Kernbereichen der Ökonomie. Dementsprechend schwammig sind viele Vorstellungen, Konzepte, Thesen und Gedankenkonstrukte um das Thema „Gutes tun.“ Und doch bekennen sich Topmanager fast unisono dazu, dass sie „gesellschaftliche Verantwortung“ tragen bzw. als „Good Corporate Citizen“ handeln wollen. In jüngster Zeit wurde im Rahmen der „Kapitalismuskritik“ die Frage nach unternehmerischer Verantwortung auch auf politischer Ebene vermehrt diskutiert. Dennoch darf die Politik ihre Verantwortung für bestimmte politische Ziele nicht gänzlich auf Unternehmen abschieben. Ihre Aufgabe ist es, weltweit einen ordnungspolitischen
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Rahmen zu schaffen, der die Grundlage für unternehmerisches Handeln bietet und so den Unternehmen Raum für freiwilliges Engagement öffnet. Hierzu gehört auch die effektive Durchsetzung der Menschenrechte sowie grundlegender Sozial- und Umweltstandards. International vereinbarte Grundsätze wie der Global Compact, die dreigliedrige Erklärung der ILO (International Labour Organization) zu multinationalen Unternehmen und Sozialpolitik, oder die Responsible-Care-Leitlinien für multinationale Unternehmen bilden eine gute und anerkannte Orientierung für individuelle, unternehmensspezifische und differenzierte CSR-Initiativen. Freiwilligkeit und der Verzicht auf die Vorgabe konkreter Handlungsoptionen durch den Gesetzgeber wiederum ermöglichen Unternehmen die Entwicklung innovativer und kreativer Handlungsoptionen, die über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen. Die Reputation eines Unternehmens spielt eine maßgebliche Rolle für das „Überleben“ auf dem globalen Markt. „A corporate reputation is a perceptual representation of a company’s past action and future prospects that describes the firm’s overall appeal to all of its key constituents when compared with other leading rivals“, erklärt Charles Fombrun 1996. Die wirtschaftliche Verwundbarkeit durch einen möglichen Reputationsverlust kann immens sein. Der legendäre amerikanische Investor Warren Buffet bemerkte dazu einmal: „Es dauert zehn Jahre, einem Unternehmen ein positives Image zu verleihen, aber nur zehn Sekunden, um dieses zu verlieren.“ Vertrauenswürdigkeit, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit gewinnen für die Reputation eines Unternehmens beständig an Gewicht. Der Stellenwert von Reputation wird zukünftig das Gewicht einer „Marke“ von Unternehmen erlangen, so dass folglich der Aufbau von Reputation als eine langfristige Investition verstanden werden muss. Es ist festzustellen, dass verantwortungsbewusst handelnde Unternehmen langfristig auch wirtschaftlich erfolgreicher sind. Wer aufmerksam seine Umwelt und Mitmenschen beobachtet und sich zusätzlich mit Themen von allgemeinem Interesse beschäftigt, ist zukunftsfähiger, da er Trends und Probleme in seinem Umfeld besser und schneller wahrnimmt und in seine strategischen Überlegungen einbeziehen kann. Noreena Hertz, Professor für Global Political Economy, benennt drei wesentliche Faktoren, die aus ihrer Sicht ein
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Klaus Rainer Kirchhoff
ethisches und umweltbewusstes Verhalten von Unternehmen unerlässlich machen: x Der Reputationsgewinn für das Unternehmen. x Die Minderung finanzieller Risiken im Zusammenhang mit möglichen Rechtsstreitigkeiten. x Die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen durch eine frühe Einstellung auf bevorstehende Vorschriften.
Der CSR-Begriff im Entwicklungsprozess In Wissenschaft und Praxis herrscht seit langem Uneinigkeit über die Abgrenzung der Begriffe zur Corporate Social Responsibility (CSR). Die Problematik manifestiert sich nicht nur in der Neuheit des Wortes und den variierenden Definitionsansätzen, sondern ebenso in den teilweise synonym verwendeten Begriffen CSR, Corporate Sustainability und Corporate Citizenship. Das Vokabular hat sich durchgesetzt, aber im Kern wird CSR noch nicht immer richtig verstanden. Der Begriff, der die größte Nähe zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen aufweist, ist der der „unternehmerischen Nachhaltigkeit“ bzw. „Corporate Sustainability“. Das Konzept der Corporate Sustainability zielt ab auf eine dauerhafte Sicherung der Grundlagen unternehmerischen Erfolgs und eine dauerhafte Sicherung des Kapitals. Unter „Corporate Citizenship“ – das Unternehmen als Bürger – wie seit einigen Jahren insbesondere im deutschen Raum verwendet, werden diejenigen Aktivitäten gefasst, mit deren Hilfe Unternehmen selbst in ihr gesellschaftliches Umfeld investieren und ordnungspolitische Mitverantwortung übernehmen. Bei den Aktivitäten geht es nicht nur darum, aus Wohltätigkeit zu handeln, sondern darum, „Sozialkapital“ bereitzustellen, auf dessen Grundlage die Unternehmen zuträglich wirtschaften können. In diesen Prozess bringen Unternehmen neben finanziellen Mitteln einen Großteil ihrer Ressourcen und Kompetenzen – Zeit, Know-how, Sachmittel, Dienstleistungen, Unternehmenslogistik und Kontakte – ein. Corporate Citizenship
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deckt aber grundsätzlich nur das externe gesellschaftsbezogene Engagement eines Unternehmens ab. CSR kann dementsprechend als eine übergeordnete Idee mit globalem Anspruch verstanden werden, während Corporate Citizenship ein Instrument ist, welches sich mehr auf das lokale wirtschaftliche Handeln bezieht und im globalen Kontext der CSR dem allgemeinen Ziel der nachhaltigen Entwicklung zuzuordnen ist. Übersetzt ins Deutsche wurde der Begriff Corporate Social Responsibility lange fälschlicherweise als die „soziale“ Verantwortung von Unternehmen verstanden. Der aus dem Angloamerikanischen stammende Begriff „social“ aber beschreibt ein umfassendes gemeinnütziges Engagement. CSR ist die über Charity-Engagements und Mäzenatentum hinausgehende Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung: wie beispielsweise die Einhaltung der Menschenrechte und sozialer Standards (Code of Conduct), der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen, Umweltschutz sowie die Aufstellung eines Verhaltenskodex gegenüber Mitarbeitern, Stakeholdern und der Gesellschaft. CSR ist die „Summe aller Verantwortungen eines Unternehmens, sei es nun auf politischem, sozialem oder ökologischem Gebiet“, erklärt Raimund Medrisch von der BMW Group. „Der Gedanke ist der des Gebens und Nehmens. Die Gesellschaft schafft viele Voraussetzungen, damit Unternehmen wirtschaften können, dafür bekommt sie etwas zurück.“ Um einen missverständlichen Gebrauch des Begriffs CSR im Deutschen zu vermeiden, setzt sich im Rahmen der Professionalisierung der Thematik daher die Verkürzung auf Corporate Responsibility (CR) in der Praxis zunehmend durch.
Vier Säulen unternehmerischer Verantwortung Die Übernahme unternehmerischer Verantwortung umfasst vier Kernbereiche: Menschen, Umwelt und natürliche Ressourcen, Gesellschaft und Kapital. Sie sind die Standbeine einer zukunftsfähigen CSR-Strategie (siehe Abb. 1). Projekte und Initiativen aus unterschiedlichen Teilbereichen eines Unternehmens, wie etwa Umweltschutz, Förderung der Mitarbeiter, Transparenz, gesellschaftliches
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Klaus Rainer Kirchhoff
Umwelt/ Ressourcen
Kapital Corporate Social Responsibility Menschen
Gesellschaft
Abb. 1. Vier Säulen unternehmerischer Verantwortung.
Engagement oder finanzielle Performance werden in diesen „Vier Säulen unternehmerischer Verantwortung“ zusammengefasst. Bei den vier angeführten Bereichen handelt es sich um interdependente Aufgabenfelder, denen in CSR-Programmen gleichermaßen Rechnung getragen werden kann und sollte. Traditionell sind die Bereiche Kunst und Kultur sowie Umwelt und Ressourcen die Schwerpunkte unternehmerischer Engagements in Deutschland (siehe Abb. 2). Dies ist auf ein großes gesellschaftliches Interesse an Kultur und unter anderem auf eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen und Standards zu ökologischer Nachhaltigkeit zurückzuführen. Die Mitarbeiterförderung ist ein weiteres Gebiet, auf dem sich eine Vielzahl von Unternehmen engagieren. Ziel ist, einzelne Initiativen so miteinander zu verbinden, dass die vier verschiedenen „Säulen“ gleichzeitig in einer CSR-Strategie berücksichtigt werden. Ein erfolgreiches Beispiel hierfür ist die Förderung weiblicher Mitarbeiter. In Zukunft werden deutsche Unternehmen auf Grund des demographischen Wandels verstärkt auf qualifizierte weibliche Mitarbeiter angewiesen sein. Wenn Frauen ermöglicht wird, Kinder und Beruf miteinander zu verbinden, werden damit nicht nur Menschen im Unternehmen unterstützt, sondern auch ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag geleistet. Um das in Deutschland lange praktizierte „Gießkannenprinzip“ aus Spenden, Sponsorings und Förderengagements im gesellschaftlichen Bereich zu professionalisieren, bedarf es einer ebenso ernsthaften Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle wie auch im Kerngeschäft. Ziel des Unternehmens sollte dabei sein, diese vier
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Investitionen für die Gesellschaft Entw icklungshilfe Gesundheit Politik und Gesellschaft Fam ilie, Kinder und Jugendliche Sport Forschung und Entw icklung Schule und Bildung Unw elt und Nachhaltigkeit Kunst und Kultur in Prozent
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Abb. 2. Wofür sich Unternehmen engagieren (Umfrage Deutsche Standards und Handelsblatt im Frühjahr 2005 unter 900 Firmen). Quelle: Handelsblatt.
Aspekte gesellschaftlicher Verantwortung so zu integrieren, dass den Prinzipien eines in ökonomischer und gesellschaftlicher Hinsicht erfolgreichen Wirtschaftens entsprochen wird.
Geschäftserfolg als Basis Die markantesten betriebswirtschaftlichen Veränderungen der vergangenen drei Jahre sind die Konzentration aufs Kerngeschäft, Kostensenkung und die Verschlankung der Strukturen. In diesem Zusammenhang stellen sich die Fragen: Welchen Stellenwert haben in dieser Entwicklung Umweltschutz oder Mäzenatentum? Und wie lassen sich CSR-Engagements im Zeitalter des Shareholder Value legitimieren? Umgekehrt könnte man auch fragen: Kann es sich ein Unternehmen heute noch leisten, auf den Aspekt der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung zu verzichten? Immer mehr institutionelle Investoren sind überzeugt von den Werten, die CSR schafft. Aktienindizes wie der Dow Jones Sustainability Index oder der FTSE4Good, die Unternehmen nach Nach-
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haltigkeits-Kriterien aufnehmen, sind Benchmark für Fondsmanager und andere professionelle Anleger. Der Dow Jones Sustainability Index beispielsweise benotet die finanzielle Performance führender Unternehmen und bildet die oberen 10 % der 2.500 größten Unternehmen aus dem Dow Jones World Index ab; bewertet nach wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Kriterien. Bestimmte Fonds investieren nur noch in Unternehmen, die gewisse CSRKriterien erfüllen. Verglichen mit dem Marktanteil so genannter SRI-Fonds in den USA ist dieser jedoch in Deutschland vergleichsweise sehr gering (siehe Abb. 3). Es ist allerdings zu erwarten, dass auch hierzulande die Bedeutung von SRI-Fonds weiter zunehmen wird. Kein Wunder, dass sich Financial Community und Medien vor diesem Hintergrund zunehmend für das Thema CSR interessieren. Mit unterschiedlichem Tenor: Der Economist vertritt – ganz im Stile des angelsächsischen Kapitalismus – die Auffassung, Gewinnstreben und CSR seien zwei Paar Schuhe. Entweder Gewinnstreben oder soziale Verantwortung, beides könne nicht gleichzeitig verfolgt werden. DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp hingegen hat in einem dpaGespräch die Verantwortung von Unternehmern für die Gesellschaft betont. „Es ist meine feste Überzeugung, dass Unternehmertum mit
Quelle: Thomson, 2003
Abb. 3. Marktanteil der Nachhaltigkeitsfonds.
Quelle: DAI, 2003
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gesellschaftlicher Verantwortung zusammengeht.“ Dabei machte der Unternehmenschef auch deutlich, dass es zu der gesellschaftlichen Aufgabe von Unternehmern gehöre, den Aktionären, die ihr Geld investierten, ihre Rendite zu erwirtschaften. „Nur ein profitables Unternehmen kann ein soziales Unternehmen sein.“ Kurzfristige Gewinnoptimierung zu Lasten von notwendigen Investitionen in die Zukunft halte er für falsch, betonte Schrempp. International tätige Unternehmen geben aus verschiedenen Gründen an, sich im Rahmen von CSR zu engagieren. Dazu gehören in erster Linie der Aspekt der Reputation und die Verbesserung der Beziehung zu Stakeholdern. An erster Stelle aber wird die mittelbis langfristige Verbesserung der wirtschaftlichen Ziele und die eigene Zukunftsfähigkeit genannt. Eine Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers aus dem Jahr 2002 unterstreicht insbesondere den wirtschaftlichen Aspekt. Unter 1.200 befragten Topmanagern wiesen 68 % dem Thema CSR einen hohen Stellenwert zu. CSR sei wichtig für die Profitabilität ihrer Unternehmen. Für den CSR-Ansatz – unter Einbindung des Profitabilitätsstrebens – spricht auch der Einstellungswandel vieler Konsumenten. Die öffentlichen Vorwürfe zur Kinderarbeit bei Zulieferern des Sportartikelherstellers Nike haben dem US-Konzern vor einigen Jahren schwer zugesetzt. Ebenso hat der Boykott des Unternehmens Shell, wie er in Folge des Brent-Spar-Ereignisses stattgefunden hat, die Dimension des Themas CSR und die damit verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen für Unternehmen verdeutlicht. Dem Stakeholder Value wird von Seiten der Unternehmen immer mehr Bedeutung zugemessen. Grund dafür ist, dass neben den Shareholdern auch die Forderungen vieler privater und institutioneller Stakeholder nach einer „ethischen, ökologischen und sozialen Rechnungslegung“ laut geworden sind. Eine zunehmend kritisch werdende Öffentlichkeit, selbstbewusste Konsumenten und gesellschaftliche sowie konjunkturelle Probleme haben dazu geführt, dass die Interessen weiterer Stakeholder-Gruppen, wie beispielsweise Mitarbeiter, Konsumenten, NGOs, oder der Lokalpolitik zunehmend stärker berücksichtigt werden müssen. CSR-Engagements dienen in
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hohem Maße der Stakeholder-Kommunikation, indem Vertrauen, Verständnis und Verantwortungsbewusstsein vermittelt und gepflegt werden. Zu unterstreichen ist, dass wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens und die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung zusammengehören. CSR ist die notwendige Ergänzung der Shareholder-Value-Strategie und bindet sie in ein umfassendes Konzept der Unternehmenspolitik ein, die alle Anspruchsgruppen des Unternehmens gleichermaßen berücksichtigt. Um die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens zu gewährleisten, bedarf es einer strategischen Kombination von Shareholder Value und CSR. Nur wer angemessene Renditen erwirtschaftet, ist auch in der Lage, im Interesse von Mitarbeitern, Gesellschaft und Umwelt zu handeln. Der wirtschaftliche Erfolg bleibt also notwendige Voraussetzung für das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen. Nur international wettbewerbsfähige und wirtschaftlich gesunde Unternehmen sind überhaupt in der Lage, ihren Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme zu leisten. Damit ist die Berücksichtigung der Kapitalinteressen eine wesentliche Grundlage für eine zukunftsfähige CSRStrategie. Kennzeichen eines erfolgreichen CSR-Konzepts ist, dass die Übernahme von Verantwortung sinnhaft verbunden ist mit einem unternehmerischen Nutzen: Das „good management“ von CSR führt zu einer Win-Win-Situation für Unternehmen und Gesellschaft. Es müssen Themen und Bereiche gefunden werden, deren Förderung und Erforschung für beide Seiten, d. h. Unternehmen und die Allgemeinheit, vorteilhaft sind, auch wenn sie das operative Geschäft des Unternehmens nicht unmittelbar tangieren. Der demographische Wandel beispielsweise wird Unternehmen und Gesellschaft zukünftig in gleichem Maße beeinflussen. Corporate Social Responsibility muss als Beitrag zur Wertschöpfung begriffen werden und gesellschaftliches Engagement als ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensstrategie. Es ist die Professionalität des CSR-Managements, die darüber entscheidet, ob Win-Win-Potenziale ausgeschöpft werden und Unternehmen nachhaltig von ihrem Engagement profitieren können.
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Strategische Ausrichtung von CSR Für CSR gibt es bislang keine allgemein gültigen Kriterien und Bewertungsmaßstäbe, was die Erfolgsbemessung und die Bemessung des ROI (Return on Investment) erschwert. Außerdem findet der Begriff in der Praxis oftmals für jegliche unternehmerische Aktivität Verwendung, die als Zeichen einer Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung gegenüber der Gesellschaft oder Umwelt gewertet werden kann. Diese Umstände schaffen Unsicherheit und erhöhen den Legitimationsdruck gegenüber Shareholdern und anderen Stakeholder-Gruppen. CSR-Engagements sind nach wie vor in den meisten Unternehmen nicht in eine Gesamtstrategie eingebunden. Insbesondere im Bereich kultureller und gesellschaftlicher Förderengagements tun sich Unternehmen sehr schwer. Das Beispiel einer von Roland Berger Consultants im Jahr 2004 herausgegebenen Studie zum kulturellen Engagement von Unternehmen belegt, dass die strategische Orientierung zumeist kaum mit den konkreten Ausprägungen der Engagements übereinstimmt. CSR wird vielfach als Mäzenatentum missverstanden. Viele Projekte und Initiativen werden schon seit Jahrzehnten unter Berücksichtigung der persönlichen Interessen und Vorlieben von Vorständen unterstützt. Oftmals haben deutsche Unternehmer bereits in den 60er Jahren nach amerikanischem Vorbild begonnen, sich gesellschaftlich je nach Interessenlage für Kultur, Sport, Umwelt oder Soziales zu engagieren. Hier setzt ein bedeutender im erwähnten Economist-Beitrag angeführter Kritikpunkt zu CSR an. „Remember that corporate philantropy is charity with other people’s money – which is not philantropy at all“, so der Economist. Nach heutiger Auffassung grenzt diese Praxis gegenüber den Shareholdern eines Unternehmens tatsächlich an Untreue, wenn die Vergabe der Mittel ohne einen direkten kommunikativen oder wirtschaftlichen Bezug zum Unternehmen erfolgt.
Grundlagen eines strategischen CSR-Konzepts Basis einer erfolgreichen strategischen Einbindung von CSR ins Unternehmen sind die Identitätsfindung und das Wertemanagement
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im Unternehmen. Dies setzt eine klare Definition und die Eingrenzung der Rolle voraus, in der sich das Unternehmen als Teil der Gesellschaft selbst sieht und wie es von anderen wahrgenommen werden will. Unternehmen werden umso erfolgreicher ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen können, je mehr CSR zu einem festen Bestandteil der Unternehmenspolitik geworden ist. Basis dafür ist die Festlegung auf Grundwerte und auf strategische CSR-Grundsätze (siehe Abb. 4). Im Rahmen des Aufbaus und der Implementierung einer CSRStrategie werden zunächst in einer Ist- und Soll-Analyse systematisch Potenziale und mögliche Risiken evaluiert sowie eine Untersuchung der für CSR-Maßnahmen relevanten Unternehmensbereiche vorgenommen. Weiter sind der Aufbau einer internen CSR-Organisation, die Formulierung von Vision, Positionierung und die Konzeption einer Roadmap erforderlich. Die Entwicklung der grundlegenden CSR-Grundsätze sowie deren Spezifikation ermöglicht eine sinnvolle Umsetzung der Vision in Maßnahmen und Projekte. In der CSR-Strategie (siehe Abb. 4) werden Projekte in den vier Kernbereichen Menschen, Umwelt, Gesellschaft und Kapital auf die Corporate Values abgestimmt, aus denen sich wiederum die CSR-Grundsätze ableiten. Wichtig ist, dass in der operativen Durchführung konkrete Ziele und Maßnahmen umgesetzt werden, deren Ergebnisse konsequent über eine integrierte Unternehmenskommunikation den CSR-Strategie
Externe Richtlinien (z. B. WBCSD)
Corporate Values Strategische CSR-Grundsätze
Unternehmensleitlinien (Konzern und UBs)
Operative Ausrichtung
Normative Wirkung
Ziele Maßnahmen
Kapital
Umwelt/ Ressourcen
Kommunikation Menschen
Gesellschaft
Abb. 4. Aufbau und Umsetzung der CSR-Strategie.
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Stakeholdern vermittelt werden. Ziel muss sein, dass die CSRMaßnahmen das gesamte Unternehmen „durchdringen“ und dabei zugleich fest in die Unternehmenskommunikation integriert werden. Nach der grundlegenden Analyse wird ein Ziel- und Maßnahmenkatalog entwickelt (siehe Abb. 5), der für jedes einzelne Projekt die Ansprache einzelner Stakeholder-Gruppen und ein strukturiertes Vorgehen und Abgleichen des Erreichten ermöglicht. Die konkrete Ausgestaltung der Unternehmenspolitik und ihrer CSR-Elemente ist davon abhängig, welche Produkte hergestellt werden, welche Prozesse, Verfahrenstiefe und Technologien einzusetzen sind und in welchem kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Umfeld das Unternehmen agiert. Grundsätzlich gilt es, eine globale CSR-Gesamtstrategie und die Verhaltensgrundsätze, nach denen man handeln will, festzulegen, während auf nationaler Ebene bestimmte, einzelne Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Die CSR-Maßnahmen eines Unternehmens in Deutschland können sich folglich von den CSR-Maßnahmen in Asien wesentlich unterscheiden, selbst wenn identische Produkte hergestellt werden. Auch die Branchenzugehörigkeit, die Gesellschaftsform und die Größe eines Unternehmens können sich wesentlich auf die CSR-Politik auswirken. Folglich ist es nicht möglich, eine CSR-Strategie zu skizzieren, die für alle Unternehmen gleichermaßen gelten könnte. Vor allem für kleinere und mittelständische Unternehmen schafft das Engagement im Bereich CSR die Voraussetzung für internationale Aktivitäten und wirtschaftlichen Erfolg. Die Verfolgung interner Ziel: Aufbau und Implementierung einer CSR-Strategie Maßnahmen 9 Aufbau einer CSR-Organisation 9 Überarbeitung der Vision, Positionierung und Roadmap 9 Ergänzung und Neuentwicklung des Leitbildes um das Thema CSR 9 Entwicklung strategischer CSR-Grundsätze/Ziele 9Entwicklung Kommunikationskonzept
Abb. 5. Operative Ausrichtung der CSR-Strategie.
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und externer Leitlinien (siehe Abb. 4), beispielsweise der OECDLeitlinien, Managementsysteme (EMAS, SA 8000), Teilnahme an Netzwerken wie Global Compact stellen beispielhafte Möglichkeiten dar, wie Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen können. In der Ausarbeitung von CSR-Konzepten und -Programmen ist eine eindeutige inhaltliche und strategische Fokussierung in den einzelnen Förderbereichen unerlässlich. Der Weg zu erfolgreichen Strategien führt über konzeptionelle Klarheit und Konsequenz in der Umsetzung, wie der in Abb. 6 beispielhaft aufgeführte Maßnahmenkatalog verdeutlicht. Strategisch starke Unternehmen planen ihre gemeinnützigen Aktivitäten mit der gleichen Sorgfalt und führen sie mit der gleichen Professionalität durch, wie sie ihr operatives Geschäft steuern. Die zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren einer tragfähigen CSRStrategie lassen sich wie folgt zusammenfassen: x Konzeptionelle Stärke der CSR-Strategie x Konkretisierung der quantitativen und qualitativen Herangehensweise
Abb. 6. Ausschnitt eines Maßnahmenkataloges.
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x Zertifizierung als Beleg für nachhaltiges Handeln x Branchenbezug der CSR-Aktivitäten x Dialog mit Stakeholdern x Schwerpunkte am Standort x Nachhaltiges Engagement als dauerhaftes Prinzip x Klare Strukturen in der Organisation x Indikatoren zur Bewertung der Aktivitäten x Konsequente Steuerung und Monitoring
CSR in der Unternehmenskommunikation „For most companies, CSR does not go very deep“, liest man im Economist. Das wird damit begründet, dass viele gute Absichten von Unternehmen Lippenbekenntnisse bleiben und CSR „little more than a cosmetic treatment“ ist. Zu diesem Schluss komme ich auch in dem von Kaevan Gazdar und mir herausgegebenen Buch „Unternehmerische Wohltaten: Last oder Lust“. Noch stärker als an Strukturen mangelt es der deutschen Wirtschaft an professionellen Kommunikationsstrategien. Tatsächlich wird eine Vielzahl an CSRProjekten wenig fundiert geplant und kommunikative Potenziale nicht ausgeschöpft. Um etwaigen Vorurteilen und Vorwürfen entgegenzuwirken, vielmehr Gegenteiliges zu bezeugen, bedarf es im Wesentlichen der Berücksichtigung von drei für die Unternehmenskommunikation unverzichtbaren Kriterien: x Glaubwürdigkeit x Transparenz x Dialogorientierung Unternehmen müssen in der Lage sein, die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Umwelt, Gesellschaft und Mitarbeiter sachgerecht und in transparenter Form zu kommunizieren. Das hierfür geeignete Instrumentarium, um die Glaubwürdigkeit der Aktivitäten zu gewährleisten, ist stark vom Einzelfall abhängig und kann nicht starr vorgegeben werden. Die steigende Zahl der Unternehmensberichte,
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Gesprächsrunden und anderer Instrumente beweist: Immer mehr Unternehmen kommunizieren ihr nachhaltiges Wirtschaften mit zunehmender Transparenz. Der Dialog zwischen Unternehmen und involvierten StakeholderGruppen (siehe Abb. 7) kann der Vermittlung von Informationen und einer Erhöhung der Akzeptanz des Unternehmens dienen. Tage der offenen Tür, Gespräche und Informationsveranstaltungen mit Anwohnern oder Umweltverbänden, Dialoge mit Mitarbeitern, Informationsbroschüren für Mitarbeiter – den Möglichkeiten des Meinungsund Informationsaustausches von Unternehmen sind keine Grenzen gesetzt. Um CSR-Programme transparent und glaubwürdig darzustellen, stehen den Unternehmen nicht nur einzelne Instrumente, wie zum Beispiel ein gedruckter CSR-Bericht, zur Verfügung. Unternehmen haben vielmehr die Möglichkeit, aus einer breiten Palette spezifischer Kommunikationsinstrumente auszuwählen, um den unterschiedlichen Interessen der Kunden, der Öffentlichkeit, der Anteilseigner oder der Behörden ebenso gerecht zu werden wie den Zielen, die ein Unternehmen mit dem Berichtswesen verfolgt. Neben den klassischen Printmedien werden auch die neuen Medien, wie z. B. das Internet, immer wichtiger für die Kommunikation und den Dialog zwischen einem Unternehmen und seinen Anspruchsgruppen.
Abb. 7. Zielgruppen und Ansprüche an die CSR-Kommunikation.
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Das Potenzial, das ein erfolgreiches Reporting in Form von Geschäfts- und Nachhaltigkeits- oder CSR-Berichten bietet, in denen die wichtigsten Informationen über das jeweilige Unternehmen strukturiert und systematisch aufbereitet in Berichtsform dargestellt werden, ist noch nicht ausgeschöpft. Die von Roland Berger Consultants durchgeführte Studie zum kulturellen Engagement von Unternehmen hat exemplarisch verdeutlicht, welche Maßnahmen in der Kommunikation von gesellschaftlichen Engagements primär zum Einsatz gebracht werden. Dies geschieht in erster Linie über die Mitarbeiterinformation (27 %) und erst danach über Medienberichte (24 %) sowie das Internet (23 %). Noch bilden die Kommunikationskanäle Jahres- und Sozialbericht (17 %–9 %) die Schlusslichter. „Gefordert sind Nachhaltigkeitsberichte, die konzernweit sowie international vergleichbar Strategien und Kenndaten sowohl zu Umwelt- als auch zu Sozialleistungen und zur Geschäftslage öffentlich machen“, so ist im Handelsblatt vom 27. April 2005 zu lesen. Analysten bewerten das Reporting als einen der wichtigsten Faktoren, um Transparenz und Glaubwürdigkeit zu schaffen, da zukünftig vermehrt auch institutionelle Anleger ihre Anlagepolitik an Transparenz- und CSR-Kriterien ausrichten werden. In der integrierten Unternehmenskommunikation nimmt der Begriff CSR zunehmend Gestalt an und findet sich in den Unterdisziplinen Public Affairs, interne Kommunikation und Corporate Reporting wieder. Im Sinne der integrierten Kommunikation sollten CSRStrategien sinnvoll mit den einzelnen Instrumenten des Kommunikationsmix abgestimmt sein. Die erfolgreiche Kommunikation eines langfristig tragfähigen CSR-Konzepts ist somit abhängig von x einem individuellen Maßnahmenkonzept, das an die gegebenen Bedingungen und Anforderungen angepasst ist, x der Langfristigkeit des CSR-Engagements anstelle von kurzfristigen PR-Aktivitäten, x einer fortlaufenden und verbesserten Aufbereitung, Reporting und Kommunikation relevanter Informationen, x der Befriedigung der Informationsbedürfnisse von Interessierten im Dialog,
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x einer transparenten Darstellung und fortlaufenden Verbesserung der unternehmerischen Lösungskompetenz für Nachhaltigkeit.
CSR und Kapitalmarkt Die Assets ethischer Fonds verzeichnen hohe Zuwachsraten (siehe Abb. 3). Ratings ermöglichen einen immer besseren Vergleich gesellschaftlich verantwortlich handelnder Unternehmen. Nachhaltigkeit ist aus Performance-Überlegungen immer stärker in den Mittelpunkt gerückt. Es gibt bereits zahlreiche Studien zum Thema Nachhaltigkeit und Kapitalmarkt. Daraus ist zu schließen, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen finanzieller und „sozialer“ Performance eines Unternehmens gibt. Durch die von Stakeholdern und Shareholdern geforderte „ethische, ökologische und soziale Rechnungslegung“ unternehmerischer Tätigkeit ist ein gänzlich neuer Informationsbedarf entstanden. Vermehrt fragen Konsumenten, Mitarbeiter und Shareholder Informationen zu ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit ab. In der Regel gilt die Wirkung von CSR-Engagements als schwer messbar, ihre Erfolge erst mittel- bis langfristig nachweisbar. Das Ziel von Rating-Agenturen ist es, Bewertungskonzepte zu entwickeln, um die Wirkung von CSR zu erfassen. Sie bewerten den Beitrag von Unternehmen für soziale, ökologische und gesellschaftliche Belange und schaffen zentrale Ansätze zur internen Bewertung einzelner Corporate-Social-Responsibility-Initiativen. Gleichzeitig wird die CSR-Position beispielsweise im Branchen- oder Länderkontext festgestellt. Ziel ist dabei über die Auswertung der „Triple Bottom Line“Daten eine absolute, individuelle Nachhaltigkeitsbewertung zu ermitteln. Um die eigene Reputation in der Gesellschaft und auf dem Markt einschätzen und bewerten zu können, findet das in Großbritannien bereits gängige Instrument der Perception-Analyse auch in Deutschland zögerlich Anwendung. Eine Perception-Analyse (siehe Abb. 8) kann zunächst als Grundlagenforschung zur Vorbereitung einer CSR-Strategie und zur besonderen Kenntnis der Anforderun-
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Abb. 8. Perception-Analyse.
gen und Beurteilung durch die Stakeholder-Gruppen sehr hilfreich sein. Nachträglich ermöglicht die Analyse außerdem eine Evaluation des CSR-Engagements sowie eine Beurteilung und Überprüfung der Wirkung. Eine umfassende Befragung der relevanten Stakeholder (siehe Abb. 9) zur externen Wahrnehmung des Unternehmens ermöglicht, die CSR-Strategie des Unternehmens anhand kritischer Urteile zu überprüfen. Das Management erfährt, wo Wahrnehmungslücken und Optimierungspotenziale bestehen. Außerdem wird der Aufbau einer fundierten, zielorientierten und effizienten Unternehmenskommunikation unterstützt und erleichtert.
Das Good-Company-Ranking CSR ist ein internationaler Ansatz, der viele Unternehmen in Deutschland noch zu überfordern scheint. Außerdem wurde die CSR-Diskussion viel zu lange in erster Linie unter dem „CharityGesichtspunkt“ betrachtet. Die Kirchhoff Consult AG hat 2004 eine Studie zur Bewertung des CSR-Ansatzes großer europäischer Konzerne initiiert und wurde in der Umsetzung von Deloitte und dem
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Befragungsteilnehmer:
Kunden Medien NGOs Institutionelle Investoren Banken, Analysten Wirtschaftsjournalisten Verbände, Institutionen Geschäftspartner usw.
Kriterien der Befragung z. B. Markt und Branche Strategie Transparenz Kommunikationspolitik Informationslücken Produktqualität/-politik/-spektrum Präferenzen Marke Erwartungen Informationslücken
Abb. 9. Kriterien der Befragung.
manager magazin unterstützt. Im Unterschied zu allen anderen weltweiten Bemühungen um Rankings von CSR, wurde in dieser Untersuchung der grundlegende Aspekt der wirtschaftlichen Performance, der Kommunikation und Transparenz mit ins Ranking einbezogen. Für jedes Kriterium – Förderung der Mitarbeiter und ihrer Familien (Menschen), Engagement für die Belange der Gesellschaft und ihrer Körperschaften (Gesellschaft), pfleglicher Umgang mit der Umwelt und natürlichen Ressourcen (Umwelt/Ressourcen), Transparenz der eigenen Geschäftsvorgänge (Kapital) sowie nachhaltige Rentabilität im operativen Geschäft (Kapital) – wurden ausgewiesene Spezialisten in die Jury berufen. Sie haben rund 90 bedeutende Unternehmen in Europa eingehend anhand eines Kriterienkataloges untersucht. Dazu wurden zunächst die öffentlich zugänglichen Informationen der Unternehmen (u. a. Berichte, Publikationen und der Internetauftritt) zur Prüfung herangezogen und den Unternehmen darüber hinaus die Möglichkeit gegeben, weitere Materialien und Informationen zur Verfügung zu stellen, die einem tieferen und besseren Verständnis ihres CSR-Engagements dienen. Dem Ranking liegt ein komplexes Verantwortungsmodell zugrunde, dessen Bewertungskriterien induktiv entwickelt wurden. Richtlinien, Normen und Standards, die in diesem Rating berücksichtigt wurden, sind vergleichbar mit den Konzepten des Global Compact oder dem CSR-Grünbuch.
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In Hinblick auf die deutsche Unternehmenslandschaft hat sich gezeigt, dass CSR-Programme oftmals noch wenig mit dem Tagesgeschäft der Unternehmen vernetzt sind und insbesondere die Transparenz der CSR-Themen nicht gewährleistet wird. Grund ist, dass die gesellschaftliche Verantwortung noch nicht professionell genug wahrgenommen wird. Diese Kritik richtet sich allerdings in erster Linie an die kontinentaleuropäischen Unternehmen, während in Großbritannien das Thema Corporate Social Responsibility in den Unternehmen fest etabliert ist. Corporate Social Responsibility wird ein entscheidender strategischer Erfolgsfaktor für Unternehmen in diesem Jahrzehnt werden. Im Kontext einer sich rapide verändernden Unternehmensumwelt ist das Engagement von Unternehmen als eine Zukunftsinvestition zu begreifen, die letztendlich auch dazu beitragen kann, ihre Ertragskraft zu steigern. Angesichts der Dynamik, die nachhaltiges Wirtschaften besitzt, und angesichts der sich stetig wandelnden Anforderungen an Unternehmen, entwickeln sich auch Art und Umfang der Unternehmenskommunikation über CSR kontinuierlich weiter. Unternehmen können und müssen sich gesellschaftliches Engagement leisten, um dauerhaft ihre Glaubwürdigkeit gegenüber Verbrauchern und auch den Kapitalgebern zu erhalten. Der im manager magazin erschienene Artikel zum CSR-Ranking hat erhebliche Aufmerksamkeit erzielt und bei den Unternehmen vor allem die Frage aufgeworfen, wie das CSR-Konzept in das operative Geschehen integriert und weiterentwickelt werden kann. Ziel dieser Publikation ist es, den Unternehmen Kriterien an die Hand zu geben, die es ihnen erleichtern, CSR strategisch und professionell im Unternehmen umzusetzen.
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Die Corporate-CitizenshipHerausforderung: Gesellschaftliches Engagement als Managementaufgabe André Habisch Professor für Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Direktor des Center for Corporate Citizenship
Die Geschichte des Managements der letzten Jahrzehnte lässt sich als Geschichte seiner Professionalisierung schreiben: Diese Tendenz prägt alle Bereiche von der strategischen Führung bis hin zur Gebäudenutzung im Sinne des Facility-Managements. Professionalität des Managements, professionelles unternehmerisches Handeln ist dabei allerdings kein Selbstzweck. Es setzt sich gegen andere, weniger strukturierte Formen der Führungspraxis durch, wenn und insofern es mittel- und langfristig zu Vorteilen im Wettbewerb verhilft. Ein Beispiel: Professionelles Marketing erschien noch vor 30 Jahren vielen Unternehmen als überflüssig, kam es scheinbar nur auf leistungsfähige Produkte an. Die Kunden sollten durch Qualität überzeugt werden. Traditionelle Absatzförderung oder Werbemaßnahmen waren eher sporadisch und wenig systematisch angelegt. Der Wandel von Hersteller- zu Verbrauchermärkten insbesondere im Konsumgüterbereich hat hier ein Umdenken erzwungen. Heute gehört die MarketingAbteilung und die Kundenorientierung der Unternehmenskommunikation in vielen Unternehmen zum Standard, zumindest in den am Endkunden orientierten Branchen. Die Öffnung des Unternehmens zum Kunden hin hat zu einer Professionalisierung des Bereichs geführt: Marketing als Managementfeld und Fachgebiet ist entstanden. Neueren Datums ist die Professionalisierung der Kommunikation mit den Finanzinvestoren und Geldgebern. Auf Grund der gewach-
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senen Bedeutung der internationalen Kapitalmärkte für die Finanzierung von Unternehmen setzt dieser Prozess seit den 90er Jahren ein. Spezialisten für Investor Relations werden wichtiger und gewinnen im Management in dem Maße an Bedeutung, in dem die Finanzierung auf Finanzmarktinstrumente umgestellt wird. Michael Porter (Harvard Business School) hat vor einigen Jahren eine Neuorientierung auch für das Handlungsfeld „Gesellschaftliches Engagement“ gefordert. Porter macht darauf aufmerksam, dass von Unternehmen im Bereich der Spenden und Stiftungen z. T. hohe Beträge ausgegeben werden. Doch welchen Kriterien folgt diese Praxis? Wo liegt der Nutzen eines mäzenatischen oder philanthropischen Engagements für die Gesellschaft, aber auch für das Unternehmen? Zwei Gruppen von Stakeholdern können diese Fragen berechtigterweise stellen: die Aktionäre, deren Geld letztlich vom Management ausgegeben wird, aber auch die Steuerzahler. Denn durch die Abzugsfähigkeit solcher Ausgaben gehen Staat und Gesellschaft letztlich Steuereinnahmen verloren. Ihnen Rechenschaft über das eigene Handeln zu geben, ist eine Aufgabe, die sich gesellschaftlichem Engagement von Unternehmen stellt. Was Porter und andere hier fordern, ist eine Professionalisierung gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen. Aus sporadischen und unfokussierten Aktivitäten muss ein professionelles Handlungsfeld der Unternehmen werden, das von der Gesamtstrategie des Managements her gesteuert ist. Für nichts anderes steht der Begriff „Corporate Citizenship“ als Teilbereich verantwortlichen unternehmerischen Handelns („Corporate Social Responsibility“). Deutlich ausgedrückt findet sich dieser Professionalitätsanspruch im CSR mission statement der Bayer AG: „The Bayer Group’s Corporate Social Responsibility commitment forms part of its corporate strategy and therefore has to be systematically managed. As with all our activities, efficiency and transparency are important criteria.“ Hier sind wesentliche Kriterien genannt: die Verankerung des Engagements in einer umfassenden Unternehmensstrategie und eine professionelle Implementation, die Standards des Managementhandelns aus anderen Bereichen auf das CSR-Management überträgt. Es ist genau diese Bewegung auf mehr Qualität und Performance-Orientierung hin, die das CSR-Konzept von Unternehmen einfordert.
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Rechenschaftspflicht gegenüber …
… Aktionären
… Gesellschaft, Steuerzahlern
Gefragt ist Nutzen für …
… Unternehmen
… gesellschaftliches Umfeld
Performance-Kriterien im …
… Business Case
… Social Case
Kriterien eines professionellen CC-Managements Damit sind wir bei der eigentlichen Frage, die auch unserem Ranking zugrunde liegt: Welches sind die Performance-Kriterien, denen professionelles CC-Management unterworfen ist bzw. unterworfen werden sollte? Aus dem oben Gesagten folgt: Solche Kriterien lassen sich nicht aus irgendwelchen abstrakten – philosophischen, ökologischen, ethischen oder humanistischen – „Nachhaltigkeitsüberlegungen“ heraus ableiten. Nicht der Wirtschaftsethiker, Managementberater oder „Nachhaltigkeitsexperte“ legt fest, wie gesellschaftliches Engagement ausgestaltet sein sollte. Auch Politiker und Amtsträger, Nichtregierungsorganisationen und Kirchen, Journalisten oder Verbandsvertreter können dies nicht leisten. Nicht externe Autoritäten sind hier gefragt, sondern allein sachlich begründete Überlegungen: die Rationalität, die sich aus der Logik der Managementaufgabe selbst heraus ergibt. Diese umfasst die zwei oben genannten Rechenschaftspflichten bzw. Kommunikationsebenen. Sie lässt sich darstellen als x „Business Case“ gesellschaftlichen Engagements: Gesellschaftliches Engagement muss einen Wertschöpfungsbeitrag für das Unternehmen erbringen. Das setzt die Abstimmung mit der Unternehmensstrategie wie auch eine möglichst breite Implementation im Unternehmen voraus. x „Social Case“ gesellschaftlichen Engagements: Gesellschaftliches Engagement muss einen Wertschöpfungsbeitrag für die Gesellschaft erbringen. Das setzt problemorientiertes Handeln mit innovativem Charakter, in Kooperation mit fachkompetenten Part-
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nern aus der Bürgergesellschaft und unter Teilnahme an der öffentlichen und politischen Diskussion zur Thematik voraus. Business Case
Social Case
Strategische Ebene: Abstimmung mit den Unternehmensinteressen
Problemorientierung des Handelns, Innovationsgrad des Engagements
Operative Ebene: breite Implemen- Operative Kooperation mit „probtation im Unternehmen lemkompetenten“ Partnern Teilnahme an der gesellschaftlichen Diskussion zur Thematik
Der Business Case: Wann gesellschaftliches Engagement für das Unternehmen Sinn macht Orientierung an den strategischen Interessen des Unternehmens Die Unternehmensinteressen, die im Managementfeld „Gesellschaftliches Engagement“ zu berücksichtigen sind, sind keine Geheimlehre, die sich nur dem Corporate-Citizenship-Spezialisten eröffnen würde. Vielmehr sind es jene allgemeinen Interessen, die sich aus der Position des Unternehmens im Wettbewerb oder aus wichtigen Etappen der jüngeren Unternehmensgeschichte heraus ergeben. So ist ein Unternehmen, das eine größere Fusion hinter sich gebracht hat, meist mit Herausforderungen im Bereich der Reorganisation wie auch der Verschmelzung zweier Unternehmensund Managementkulturen konfrontiert. Hier kann die Integration von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in betriebliche Freiwilligenarbeit Sinn machen, um eine neue gemeinsame Unternehmenskultur aufzubauen. Ein Rohstoffproduzent wird vor allem auf die gedeihliche Zusammenarbeit an seinen Standorten Wert legen und sich im dortigen lokalen Umfeld engagieren. Der Aufbau von globalen Managementsystemen im Konzern zur Unterstützung lokalen En-
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gagements vor Ort trägt dieser strategisch sinnvollen Schwerpunktsetzung Rechnung. Unternehmen, die auf Konsumgütermärkten agieren, haben das Interesse, ihre Marke im Wettbewerb zu profilieren. Dies erreichen sie u. a. dann, wenn sie für ihr gesellschaftliches Engagement ihre Kernkompetenzen nutzen. Ein Telekommunikationsunternehmen wird sich im Bereich seiner modernen Kommunikationsinstrumente engagieren oder doch wichtige Zielgruppen adressieren, Handelsketten werden ihre Geschäfte und Filialen mit einbeziehen, Banken ihre Kompetenz im Bereich Kredit und Finanzierung nutzen. Doch gesellschaftliches Engagement reflektiert nicht nur den Status quo eines Unternehmens. Es sagt etwas darüber aus, in welche Richtung sich dieses bewegen will, welche Ambitionen es hat. Es kann auch Veränderungsprozesse vorbereiten und unterstützen: „Sage mir, wofür du dich engagierst – und ich sage dir, wer du bist“ – diese Weisheit aus dem persönlichen Bereich gilt auch für den Corporate Citizen. Ein Unternehmen, das sich für eine gemeinsame Freihandelszone auf der Südhalbkugel zwischen Indien, Südafrika und Brasilien einsetzt, produziert damit einen anderen symbolischen Überschuss und andere Rückwirkungen auf seine interne und externe Wahrnehmung als ein Unternehmen, das Streuwiesen in Baden-Württemberg dokumentiert. Projekte gesellschaftlichen Engagements aufzusetzen ist mithin eine strategische Entscheidung, die viel über die Ambitionen und Ziele des Unternehmens sagt (bzw. sagen könnte). Es ist der Vorstand, der die strategischen Ziele des Unternehmens festlegt und die Umsetzung überwacht. An keiner anderen Stelle sollte die Entscheidung über das gesellschaftliche Engagement fallen. Ein CSR-Steuerungsgremium wird möglichst unmittelbar am Vorstand angesiedelt werden. Einige Unternehmen verfügen sogar über ein Vorstandsmitglied mit ausschließlicher Zuständigkeit für die Thematik. Dies trägt der im 21. Jahrhundert zunehmenden strategischen Bedeutung des gesellschaftlichen Engagements für das Profil des Unternehmens Rechnung.
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Breite Implementation im Unternehmen Neben der strategischen Ausrichtung ist auch die operative Verankerung des gesellschaftlichen Engagements im Unternehmen wichtiger Teil des Business Case. Denn gesellschaftliches Engagement kann eine enorme Wirkung auf die Unternehmenskultur entfalten. Kaum irgendwo wird das so deutlich wie bei dem mittelständischen Augsburger Generika-Hersteller Betapharm. Betapharm hat in einem schwierigen Umfeld von einem glaubwürdigen und nachhaltigen gesellschaftlichen Engagement auch wirtschaftlich profitiert. In Zusammenarbeit mit der Selbsthilfegruppe „Der bunte Kreis“ konnte die zu diesem Zweck gegründete Beta-Stiftung bahnbrechende Impulse im Bereich der häuslichen Nachsorge chronisch kranker Kinder geben. Durch breite Verankerung im Unternehmen hat das Projekt eine enorme Motivationswirkung insbesondere auch auf die wichtigen Außendienstmitarbeiter des Unternehmens entfaltet. Solche Chancen der Kooperation werden aber für alle Partner erst dann wirklich genutzt, wenn die Schnittstellen des Engagements in das operative Geschäft des Unternehmens möglichst vielfältig einfließen. Unsere starke Betonung des Business Case stellt vielleicht den markantesten Unterschied zu vielen zeitgenössischen CSR-Konzepten dar. Sie wirft Fragen nach dem ethischen Fundament eines solchen Kriteriums auf. Wird hier nicht wiederum ökonomisches Denken – die „instrumentelle Rationalität“ bei Jürgen Habermas – absolut gesetzt? Wird hier nicht erneut jenem Nutzendenken gehuldigt, dem verantwortliches unternehmerisches Handeln gerade widersprechen will? Wird nicht – mit dem vielleicht einflussreichsten deutschen Moralphilosophen Immanuel Kant gesprochen – das bloße Interesse an die Stelle der ethisch verpflichtenden Norm gesetzt? Solche Fragen bedürften längerer Erörterungen. Kurz gefasst lässt sich sagen: In der modernen arbeitsteiligen Welt kann von einem Unternehmen auch in seinem gesellschaftlichen Engagement nicht gefordert werden, seine langfristigen Interessen zu vernachlässigen. In einer Marktwirtschaft steht ein Unternehmen im Wettbewerb – „und das ist gut so“. Der Wettbewerb bestimmt das Managementhandeln in allen seinen Funktionen – auch im Bereich gesellschaftlichen Engagements. Anders gesagt: Das Unternehmen fällt auch in seinem ge-
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sellschaftlichen Engagement nicht aus seiner Rolle. Es wird nicht – sozusagen für die Dauer eines Projektes oder einer Veranstaltung – zum Sozialamt, zur Kultureinrichtung oder zur Bürgerinitiative. Es bleibt immer Unternehmen im Wettbewerb. Deshalb wird es auch in diesem Managementbereich jenen Win-Win-Potenzialen nachspüren, die konstitutiv für unternehmerisches Handeln in der Marktwirtschaft sind. „Tue Gutes und profitiere davon!“, lautet dann die Parole. Wenn das gelingt, dann erfährt ein Unternehmen in seinem Engagement keine „Persönlichkeitsspaltung“ zwischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen, sondern eine Identitätssteigerung. Denn nur ein stimmiges und professionell implementiertes Engagement vermag eine nachhaltige Wirkung zu entfalten. Nur wenn die Aktivitäten auch im Wettbewerb unternehmerisch Sinn machen, überdauern sie die Amtszeit eines einzelnen ethisch sensiblen Topmanagers und werden von seinem Nachfolger weitergeführt. Nur ein Engagement mit einer gewissen Dauerhaftigkeit macht aber auch für die Gesellschaft Sinn. Gerade der Business Case erweist sich als unentbehrlich für die „Nachhaltigkeit“ des Engagements.
Der Social Case: Wann unternehmerisches Engagement für die Gesellschaft Sinn macht Gesellschaftliches Engagement muss sich für ein Unternehmen lohnen. Doch ist das kein Gegensatz dazu, dass es auch für das gesellschaftliche Umfeld einen spürbaren Wertschöpfungsbeitrag erbringt. Hier wird kein Nullsummenspiel zwischen Unternehmen und Gesellschaft gespielt, sondern ein Positivsummenspiel. Intelligente Corporate-Citizenship-Projekte stellen sich als Win-Win-Szenario für Unternehmen und Gesellschaft dar. Nur wenn ein Projekt einen spürbaren Beitrag zur Lösung eines gesellschaftlichen Problems erbringt, wird die Unternehmenskommunikation damit arbeiten können. Nur dann werden sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren und identifizieren. Kommen wir nun also zur anderen Seite: dem „Social Case“ gesellschaftlichen Engagements. Um hier zu Professionalitätskriterien
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GESELLSCHAFT
UNTERNEHMEN Gegensatz
PHILANTHROPIE
WIRTSCHAFTLICHE INTERESSEN
Nullsummenparadigma
Abb. 1. Traditionelles Werte-Trade-off. GESELLSCHAFT
W IN -W IN
T r a d itio n e lle s T r a d e -o ff-D e n k e n UNTERNEHM EN
Abb. 2. Systemisches Denken – Win-Win.
zu kommen, muss wiederum nach der Sachlogik gefragt werden. Welche Rolle kann das gesellschaftliche Engagement eines Unternehmens in einer modernen Gesellschaft (überhaupt) spielen? Diese Frage wird bisher noch selten thematisiert, obwohl sie entscheidend für die Sinnhaftigkeit jedes Unternehmensengagements ist. Allzu oft ignorieren Unternehmen und Öffentlichkeit die Frage danach, wie eigentlich in das System der gesellschaftlichen Umwelt eingegriffen wird. Ist eine bestimmte Maßnahme (überhaupt) geeignet, das anvi-
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sierte gesellschaftliche Problem zu lösen? Oder stellt es wenigstens einen Teilschritt zur Problemlösung dar? Schließlich: Wo bleibt in der Arbeitsteilung zwischen Politik („Spielregeln“) und Wirtschaft („Spielzüge“) überhaupt noch Raum für gesellschaftliches Engagement von Unternehmen? Generell gilt, dass gesellschaftliches Engagement von Unternehmen staatliches Handeln nicht breitflächig ersetzen kann. Eine Führungskraft der Tafel-Bewegung, die Lebensmittel unentgeltlich an Bedürftige abgibt, hat dies in einer Anhörung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages einmal folgendermaßen ausgedrückt: „Wir können die staatliche Sozialhilfe schon deshalb nicht verdrängen, weil wir notorisch unzuverlässig sind. Das bedeutet: Die Tafeln können als Freiwilligenorganisationen nicht dauerhaft und flächendeckend gewährleisten, dass Bedürftige in ausreichendem Umfang Unterstützung finden!“ Was ist dann aber das Besondere, das unternehmerisches Engagement gegenüber staatlichem Handeln auszeichnet? Hier werden auf dem beschränkten Raum eines Projektes innovative Ansätze für altbekannte Problembereiche oder neue Problemfelder erschlossen. Die Bürgergesellschaft ist das Forschungslaboratorium des modernen Gemeinwesens. Im Gegenüber zum Staat kommt ihr eine Innovations- oder Pfadfinderfunktion zu. Dabei arbeiten Unternehmen mit Bürgergruppen, Nichtregierungsorganisationen, Bildungs- und Sozialeinrichtungen zusammen, die über eine spezifische Problemkompetenz verfügen. Diese Ansätze werden dann von engagierten Unternehmen in einem weiteren Schritt zur öffentlichen Diskussion gestellt. Unternehmen beteiligen sich am Meinungsbildungsprozess der demokratischen Öffentlichkeit. In einigen Fällen wird der politische Prozess auch zum Umbau von Institutionen und zur Veränderung von Regeln und Gesetzen im politischen Raum führen. Problemorientierung und Innovationsgrad des Engagements Problemorientierung als Kriterium bedeutet nicht, dass alternative Ziele unternehmerischen Engagements gegeneinander abgewogen würden. Ist Umweltschutz „mehr wert“ als soziales Engagement?
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Zählt Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt mehr als die Zusammenarbeit mit Bildungsinstitutionen? Das kann in einer pluralistischen Gesellschaft niemand entscheiden. An dieser Stelle geht es also nicht darum, ob sich Unternehmen das „richtige“ Problem vornehmen, sondern ob sie sich ihr Problem „richtig“ vornehmen. Die ökonomische Theorie hat an zahlreichen Beispielen gezeigt, dass staatliche Regulierungen unter bestimmten Bedingungen ihren Zielgruppen langfristig eher schaden als nützen. Es kommt zu unerwünschten Nebenwirkungen, die die eigentlich beabsichtigten erwünschten Wirkungen überkompensieren. Staatliche Schutzgesetze für Behinderte oder schwangere Frauen können deren Arbeitskraft so teuer machen, dass Unternehmen sie gar nicht erst einstellen. Die Arbeitsmarktsituation der scheinbar Begünstigten verschlechtert sich dann sogar. Auch unternehmerisches Handeln ist dort, wo es sich auf komplexe gesellschaftliche Problemlagen bezieht, vor solchen Gefahren nicht gefeit. Selbst der bloßen Geldspende ist die Effizienzfrage zu stellen: Mitnahmeeffekte oder auch Eigeninteressen der begünstigten Institutionen können die Hilfeleistung überlagern. Ein engagementwilliges Unternehmen wird sich also vor dem „Einstieg“ in ein Projekt nicht nur Gedanken darüber machen, ob es für sich selbst Sinn macht; es wird ebenso die Frage stellen, ob das Projekt auch in Hinblick auf das anvisierte Problem sinnvoll ist. Dazu wird es auf verfügbaren – internen oder externen – Sachverstand zurückgreifen. Engagierte Unternehmen werden aber dazu nicht einfach das wiederholen und fortführen, was andere (z. B. staatliche Sozialeinrichtungen) schon lange tun. Eine bloße Verlängerung verbreiteter Praxis würde dem Innovationscharakter gesellschaftlichen Engagements nur dann gerecht werden, wenn es zugleich mit einer inhaltlichen Neuausrichtung verbunden wäre. Das gilt z. B. für Bildungsprojekte. Sie ersetzen nicht einfach die staatliche Grundversorgung. Vielmehr werden in Projekten unternehmerischen Engagements spezielle Gruppen besser adressiert und Bildungsprogramme auf intelligente und ansprechende Weise an Mädchen oder Jungen herangetragen. So bietet etwa L’Oréal Straßenkindern in den Städten Brasiliens eine Frisörausbildung an und betreibt in Afrika Aids-Aufklärung über Frisöre. Es hat damit zugleich auch eine relevante Kundengruppe in
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sein Engagement integriert. Bayer hat in Brasilien gemeinsam mit Fußballstars ein Konzept gefunden, um Jugendliche wieder in die Schule zu bringen: Die Partner bieten am Nachmittag in Slumschulen gemeinsame Trainingseinheiten an – aber nur unter der Voraussetzung, dass tagsüber nicht geschwänzt wurde. Auf diese Weise ist der Schulbesuch auf über 90 % angestiegen. Das Unternehmen verbessert seine Reputation und erreicht durch die Zusammenarbeit mit populären Sportlern eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit für sein Engagement. Oft sind es auch „neue“ Problembereiche und Themen, die Unternehmen – jeweils nahe an ihrer Kernkompetenz – auf die Tagesordnung ihres gesellschaftlichen Engagements setzen. So hat T-Online Kinderpornografie im Internet als „neues“ Ordnungsproblem nahe an seiner Kernkompetenz als Thema identifiziert. Seit dem Jahr 2000 ist die Verbreitung von Kinderpornografie nach Angabe des Unternehmens um 82 % auf 4.726 Fälle angestiegen, die Zahl der Tatverdächtigen nahm im gleichen Zeitraum um 88 % auf 3.833 zu – die Dunkelziffer wird um ein Vielfaches höher vermutet. T-Online engagiert sich gemeinsam mit den Strafverfolgungsbehörden und bringt seine vielfältigen Möglichkeiten als Internetprovider ein (z. B. durch Links auf die Homepages von Polizei und Nichtregierungsorganisationen). Das hilft dem Unternehmen, sich glaubwürdig mit der moralischen Kritik am Missbrauch seiner Dienste auseinander zu setzen. Soziale Einbettung und Vernetzung Welches gesellschaftliche Engagement zeigt nachhaltige Wirkungen und trägt eine spürbare Veränderungsdynamik in das gesellschaftliche Umfeld ein? Die neuere Forschung hat hier auf die Bedeutung von Netzwerken als Plattform von Informationsaustausch, Vereinbarungen und Veränderungen hingewiesen. Problembezogene Netzwerke zeigen sich als „soziales Kapital“, das einem Gemeinwesen eine koordinierte Zusammenarbeit erlaubt. Der Aufbau von Netzwerken ist von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, die Eingriffstiefe eines Engagements ins gesellschaftliche Umfeld zu erhöhen. Im Gegensatz zur entsprechenden Kategorie im „Business Case“
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geht es hier also nicht um unternehmensinterne, sondern um externe Kommunikation und Vernetzung: mit Nichtregierungsorganisationen und Bürgergruppen, Sozial- und Bildungseinrichtungen, Politik und Medien, anderen interessierten Unternehmen und Unternehmensverbänden etc. In der Praxis sind allerdings beide Kategorien nicht so klar gegeneinander abgrenzbar. Je mehr Schnittstellen intern und extern geschaffen werden, je mehr Kreativitätspotenzial und Engagement in die Umsetzung einbezogen ist, desto höher ist die Erfolgschance und der gesellschaftliche Problemlösungsbeitrag. Ein Netzwerk ermöglicht eine freie Kombination verschiedener Partner zu unterschiedlichen Teilthemen, die für sie von Bedeutung sind. Es setzt über das Ursprungsprojekt hinaus weitere Initiativen und Projekte zur Thematik in Bewegung. Durch den Massentourismus auch an Fernziele hat das Problem des Kindesmissbrauchs in Entwicklungsländern wie Thailand an Bedeutung zugenommen. Strafrechtliche Sanktionen, wie sie in Deutschland prinzipiell bestehen, gehen ins Leere, solange es im internationalen Raum an Mechanismen der Kontrolle und Strafdurchsetzung fehlt. Reiseveranstalter TUI arbeitet gemeinsam mit ECPAT, einer Nichtregierungsorganisation aus dem Raum der kirchlichen Entwicklungsarbeit, an Maßnahmen, um diese Lücke zu schließen. TUI geht gemeinsam mit kompetenten Partnern ein Folgeproblem der Globalisierung an, zu dem es branchenbedingt einen besonderen Zugang hat. Ähnlich agiert die RWE-Tochter Thames Water, die in Kooperation mit der Nichtregierungsorganisation WaterAid Sponsoring- und Corporate-Volunteering-Aktivitäten beträchtlichen Ausmaßes (24 Mio. $) gestartet hat, um den Zugang zu Frischwasser insbesondere in Entwicklungsländern zu verbessern. Auch hier ist ein echtes Problem des 21. Jahrhunderts nahe an der eigenen Kernkompetenz aufgegriffen und wird ansatzweise, aber nicht weniger kompetent angegangen. Insbesondere Unternehmen, die im Bereich der lokalen Gemeinwesenarbeit aktiv sind, arbeiten intensiv mit einem Netzwerk engagierter Partner zusammen. So unterstützen Rohstoffproduzenten wie BP, Shell, Anglo American, ENI u. a. an ihren Standorten Kleinbetriebe, Bildungseinrichtungen und Solidarnetzwerke. Die HVB-
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Tochter Bank Austria hat mit ihrem Europaforum in den osteuropäischen Investitionsländern ein Netzwerk von Eliten geschaffen, das kollektives Handeln im kulturellen, sozialen und politischen Bereich erleichtert. Die themenbezogenen Veranstaltungen dienen der Vernetzung im gesamten mittel- und osteuropäischen Raum. Die Commerzbank arbeitet in ihren Engagements im Bereich der Ehrenamtsförderung im Sport, des Naturerlebens und der ökonomischen Bildung an Schulen konsequent mit kompetenten Partnern zusammen. Die französische Lebensmittelkette Carrefour kooperiert mit einer Nichtregierungsorganisation gegen soziale Ausgrenzung (PACTE) und organisiert lokale Initiativen. In speziellen Läden bietet sie für Langzeitarbeitslose und Sozialfälle billigere Lebensmittel an und macht in Zusammenarbeit mit PACTE zugleich Angebote von Kursen zur Reintegration in den ersten Arbeitsmarkt. Die deutsche Telekom arbeitet bundesweit mit zahlreichen Bildungseinrichtungen zusammen, um ein dichtes Netz regionaler Angebote zur Stärkung der Internet-Kompetenz von Senioren errichten zu können. Die spanische Banco Santander hat ein riesiges Uni-Portal „Universia“ aufgebaut, das der Vernetzung von lateinamerikanischen, spanischen und portugiesischen Universitäten dient. Insgesamt 736 Unis mit schnellem Wachstum, 1,2 Mio. Studenten in Spanien, werden erreicht, spezielle Software-Lösungen angeboten. News groups und ein Universia-Intranet ergänzen das Angebot. An 14 Universitäten ist Universia der offizielle E-Mail-Server. Über das Netzwerk läuft auch die Cervantes-Bibliothek mit 12.000 frei verfügbaren Werken in spanischer Sprache. Das Programm, für das Banco Santander 35 Mio. € ausgegeben hat, erreicht die zukünftige Führungselite des Landes und eine höchst interessante Kundengruppe der Bank. Es wird deutlich: Das Engagement der spanischen Banken (auch Konkurrent Banco de Bilbao verfügt über attraktive Programme im Hochschulbereich) hat längst eine bildungspolitische Dimension erreicht. Die Metro Group ist (Oktober 2004) nach eigenen Angaben als einziges deutsches Unternehmen Mitglied im „European Retail Round Table“, einem Arbeitskreis, in dem große europäische Handelsunternehmen gemeinsame Lösungen für Branchenprobleme
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entwickeln und den Dialog mit der EU-Kommission suchen. Themen hier sind beispielsweise künftige Entwicklung der EU-Umweltpolitik, Liberalisierung des weltweiten Handels, gesetzliche Rahmenbedingungen für E-Commerce, Sozial- und Beschäftigungspolitik sowie Bildungs- und Ausbildungspolitik in der Europäischen Union. Auf regionaler Ebene hat der Konzern so genannte Metro Group Regional Meetings (MGRM) eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es, die Mitarbeiter der Vertriebslinien und Querschnittsgesellschaften beim Engagement in Kammern und Verbänden zu unterstützen. Ein beeindruckendes Beispiel für den Aufbau von Netzwerken bildet die Extracting Industry Transparency Initiative (EITI) – ein Netzwerk gegen Korruption in der Rohstoffindustrie, an der sich u.a. Ranking-Sieger BP maßgeblich beteiligt hat. Ein einzelnes Unternehmen ist machtlos gegen die vorherrschende Korruption gerade im Rohstoffsektor. Die EITI ist eine Initiative, in der die Unternehmen gemeinsam ihre Rahmenbedingungen analysieren und ansatzweise koordiniert verändern können. Social Case: Gesellschaftliche Sensibilisierung Unternehmen wählen ihre Themen bewusst aus. Sie informieren sich über den Stand der Fachdiskussionen, bevor sie ein Engagement angehen. Sie arbeiten gemeinsam mit kompetenten Partnern und gehen dabei neue Wege. Doch dies alles geschieht transparent für die Öffentlichkeit und in ständiger Kommunikation mit Medien, Politik, Wissenschaft und „interessierten Kreisen“. Unternehmen kommen dabei ihrer „Pfadfinderfunktion“ als Corporate Citizens auch insofern nach, als sie „neue Themen“ auf die globale Tagesordnung setzen und für Probleme sensibilisieren, die (noch) nicht auf der Agenda der Öffentlichkeit stehen. „Taking Breath“ – Atem holen – heißt ein Netzwerk mit Internet-Plattform zur Luftverschmutzung in Entwicklungsländern, das der Energie-Riese Shell mit externen Partnern aufgebaut hat. Jedes Jahr sterben weltweit mehr Menschen an Rauchvergiftungen durch Hausbrand, als der Tsunami an Weihnachten 2004 in Südasien Opfer gefordert hat. Dies ist eine Konsequenz des fehlenden Zugangs zu modernen Energieformen in vielen Teilen der Welt. Zeit- und Ener-
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gieverschwendung, insbesondere von Frauen (die Brennholz über lange Wege herbei schaffen müssen), und Bodenerosion als Folge von Entwaldung sind die Resultate. Für einen Energie-Konzern wie Shell macht es Sinn, in dem Projekt „Power Struggle“ solche Themen auf die Tagesordnung der Öffentlichkeit zu bringen. Die Unternehmen weisen damit auf Problemlagen hin, die für Millionen Menschen akut sind, aber in der westlichen Öffentlichkeit kaum diskutiert werden. Ein unternehmerisches Engagement greift tiefer in sein gesellschaftliches Umfeld ein und erwirkt nachhaltigere Veränderungen, wenn es (infolge der öffentlichen Diskussion) zum Aufbau von Institutionen und Ordnungen im Gemeinwesen kommt. Durch die (Um-)Gestaltung von Regeln, Gesetzen etc. werden Innovationsimpulse „auf Dauer gestellt“ und für viele Betroffene multipliziert. Ein Unternehmen, das in dieser Weise ordnungspolitische Mitverantwortung übernimmt, handelt mithin als „Bürger“ (Corporate Citizen) im vollen Sinne des Wortes. Auch dies lässt sich wieder am Beispiel der Betapharm Arzneimittel GmbH in Augsburg zeigen. Aus der jahrelangen Projektarbeit im Bereich der häuslichen Nachsorge haben sich für das Unternehmen und seine Stiftung zahlreiche Kontakte zu Gesundheitspolitikern, Krankenkassen und Institutionen ergeben. Vor diesem Hintergrund war es möglich, im Jahr 2003 eine Gesetzesinitiative in den Bundestag einzubringen, die auf eine Änderung des Sozialgesetzbuches V hinauslief. Die Impulse, die die BetaStiftung bis dahin auf Projektebene geben konnte, flossen nun in die Gestaltung rechtlicher Grundlagen sozialer Sicherung ein und konnten so eine weitaus größere Gruppe von Bedürftigen erreichen. Die bisherigen Überlegungen haben Kriterien gelungenen gesellschaftlichen Engagements aus der Managementaufgabe selbst heraus entwickelt. Dies wirft – in einem zweiten Schritt – konkrete Fragen an die CSR-Praxis der Unternehmen auf (s.u. S. 81ff.).
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Das Good-Company-Ranking im internationalen Vergleich Kaevan Gazdar Leiter Berichtswesen, HypoVereinsbank und Fellow am Center for Corporate Citizenship
Wer hätte je gedacht, dass ein Einzelhändler aus dem armen USSüdstaat Arkansas nicht nur zum größten Unternehmen der Welt, sondern auch zum angesehensten mutieren würde? 2003 war es so weit: Wal-Mart, das von Sam Walton gegründete Einzelhandelsunternehmen der Extraklasse, erreichte die Spitze der FORTUNE 500. Und im gleichen Jahr vertrieb der Retailer den Mischkonzern General Electric vom Spitzenplatz des FORTUNE-Rankings der „World’s Most Admired Companies“. Ein herber Schlag für das viele Jahre von Jack Welsh geführte Unternehmen; GE war schließlich seit 1998 Jahr für Jahr der laut FORTUNE am meisten bewunderte Konzern der Welt. Wal-Mart ist sogar ein Unikum: Noch nie zuvor hatte es ein Unternehmen geschafft, in beiden Rankings des US-Magazins gleichzeitig ganz oben zu rangieren. Damit hat das noch von der WaltonFamilie geführte Unternehmen Prioritäten in Einklang gebracht, die oft als entgegengesetzt angesehen werden: Rendite einerseits und Wertschätzung durch die Business Community andererseits. Dass dies keine „Einjahrsfliege“ war, bewies Wal-Mart im folgenden Jahr: 2004 erreichte das Unternehmen zum zweiten Mal die Top-Position in beiden Rankings. Wal-Mart ist zugleich ein hervorragendes Untersuchungsobjekt für den Einfluss von Kultur auf ethische Wertungen. Denn das Unternehmen ist in der Öffentlichkeit keineswegs unumstritten:
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x Lange Jahre duldete Wal-Mart keine gewerkschaftlichen Vertretungen in den USA. x Das Unternehmen musste vor Jahren unter Druck zugeben, dass Kinderarbeit bei seinen Textilien-Zulieferern stattfand. Viele ihrer Lieferanten beschäftigten illegale Einwanderer. x Insgesamt gilt Wal-Mart als schlechter Arbeitgeber: Das Unternehmen umging vielfach die Bezahlung von Überstunden und wurde auch der Diskriminierung von Frauen bezichtigt. In den USA musste der Konzern Dutzende von Arbeitsgerichtsprozessen durchstehen; weltweit werden ihre Geschäftspraktiken von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaftsverbänden kritisiert. Wie kann ein derartiges Unternehmen als das „most admired“ der Welt gelten? Die Antwort ist einfach: weil die Methodik der Bewertung eine derartige Beurteilung fördert. Das FORTUNE-Ranking basiert nämlich auf einer Umfrage der Unternehmensberatung Hay Group. Jährlich werden Fragebögen an rund 10.000 Führungskräfte und Analysten in aller Welt verschickt; auf der Basis der Antworten entsteht das Ranking. Die Vermutung liegt nahe, dass der zweifelsohne bemerkenswerte Geschäftserfolg des Handelskonzerns von den Befragten goutiert wird, die Schattenseiten hingegen ignoriert werden. Wenn man außerdem bedenkt, dass die Walton-Familie als die reichste Amerikas gilt, wie FORTUNE in einer Titelgeschichte im November 2004 konstatierte, wird klar: Erfolg und Reichtum werden gerade im amerikanischen Kontext als „good“ prämiert. Wal-Marts herausragendes Ergebnis ergab sich aus der Fragestellung „Wer ist der Beste über alle Branchen hinweg?“ Beim parallelen Branchenranking im gleichen Wettbewerb kam zwar der Riese aus Arkansas auf Platz 1 im Einzelhandel, lag aber von der Punktzahl her weit hinter Unternehmen wie Nestlé, PepsiCo, UPS, Procter & Gamble und General Electric. Hier werden die Unternehmen in neun Bereichen bewertet, u. a. Innovation, Produkt- und Servicequalität, finanzielle Stabilität, langfristiger Investitionswert, Mitarbeiterqualität – und eben Sozialverantwortung. Corporate Social Responsibility (CSR) ist bei FORTUNE eben nur eine von mehreren Bewertungskomponenten. Auch dies erklärt den Erfolg von WalMart; er basiert auf spontaner Einschätzung, nicht auf einer strukturierten Beurteilung.
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Das Modell der Financial Times Seit 1999 veranstaltet die britische Wirtschaftszeitung Financial Times (FT) einen Wettbewerb, „The World’s Most Respected Companies“, der in vielen Facetten das Vorbild FORTUNE kopiert: x Die von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers durchgeführte Bewertung basiert auf einer Umfrage bei rund 1.000 Topmanagern in 25 Ländern. x Hier findet ebenfalls eine Beurteilung von Unternehmen insgesamt sowie branchenspezifisch statt. Hinzu kommen einzelne Bewertungen von Topmanagern, Shareholder Value, Corporate Governance und eben CSR. Aus der Gesamtbewertung werden wie bei FORTUNE die Top 50 prämiert. x Eine weitere Gemeinsamkeit ist der angelsächsische Fokus: Bei FORTUNE stammten 16 der Top 20-Unternehmen aus den USA, bei FT waren es 15 US-Unternehmen und ein britisches. Trotzdem kam dieser Wettbewerb zu signifikant abweichenden Ergebnissen. Wal-Mart kam zwar im Gesamtrating auf den ansehnlichen Platz 5; bei CSR allerdings auf Platz 16. Wie die FT trocken kommentierte: „Given the publicity Wal-Mart’s labour practices have attracted, perhaps this is not surprising.“ Ein Trost für General Electric: Der US-Konzern liegt seit 1999 ununterbrochen auf Platz 1. Bei diesen Rankings gibt es die „üblichen Verdächtigen“: Unternehmen wie Microsoft, IBM und Coca-Cola kommen regelmäßig auf die obersten Plätze. Dies lässt sich aber nicht nur für die angelsächsischen Unternehmen sagen. Auch für Kontinentaleuropa und Japan gilt: Wer im Sinne von Markenbekanntheit zu den Führenden gehört, gesellt sich eher zu den „most admired“ bzw. „most respected“. Deswegen gehören die deutschen Automobilkonzerne wie DaimlerChrysler und BMW häufig zum erlauchten Kreis der 50 Prämierten. Andere Unternehmen wie BASF oder Henkel, die in Deutschland über hohes Ansehen verfügen, kommen hingegen in den Rankings nicht vor. Hier zeigen sich die Nachteile einer Umfrage: Denn Menschen sind in ihrem Erfahrungshorizont begrenzt. Sie bewerten schlicht das, was sie kennen. Und da Autos das am meisten bekannte Produkt der deutschen Wirtschaft im Ausland sind, werden ihre Produzenten automatisch bevorzugt.
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Best Corporate Citizens: Wettbewerbe mit Tiefgang Den Nachteilen der Umfrage-Bestenlisten gehen Rankings aus dem Weg, die auf der Basis von Unterlagen und Desk Research die Sozialverantwortung von Unternehmen bewerten. Hier gibt es mehrere nationale Wettbewerbe: 100 Best Corporate Citizens: Seit 2000 prämiert die Zeitschrift Business Ethics (BE) die 100 sozialverantwortlichsten Unternehmen der USA. Ausgangspunkt sind Unternehmen, die in dem Standard & Poors-500-Index gelistet sind. Das BE-Ranking analysiert die Performance der Unternehmen gegenüber sieben Anspruchsgruppen: Aktionären, Frauen und Minderheiten, Mitarbeitern, Umwelt, Kunden, Gemeinschaftsarbeit (community work) in den USA und Ausland. Der Durchschnitt der sieben Gruppen ergibt das Scoring für jedes Unternehmen. Allerdings werden die einzelnen Kriterienbewertungen nicht bekannt gegeben. Außerdem wirkt die Stakeholder-Orientierung etwas schwammig. Werden beispielsweise Unternehmen benachteiligt, die nicht im Ausland tätig sind und somit weniger international aufgestellt sind? Und kann man Umwelt unter Stakeholder-Gruppen eingliedern? Auf jeden Fall stehen andere Namen bei „100 Best Corporate Citizens“ ganz oben: Unternehmen wie St. Paul Companies, General Mills und Ecolab. 2004 wurde Fannie Mae die Nummer 1, ein ursprünglich staatlich geführter Immobilienfinanzierer. Das heißt: BE prämiert die No-Names, eine Bevorzugung von Unternehmen mit hoher Markenbekanntheit findet nicht statt. Canada’s Best 50 Corporate Citizens: Seit 2002 findet der von der Nichtregierungsorganisation Corporate Knights organisierte kanadische Wettbewerb statt. Die 100 größten Unternehmen des Landes werden nach fünf Kriterien bewertet: Gemeinschaftsarbeit, Umgang mit Mitarbeitern und Diversity, Produktsicherheit, Geschäftspraktiken, Aktienperformance und internationaler Orientierung. Wie bei BE findet eine Untersuchung von Berichten und anderen Unternehmensunterlagen statt. Beteiligt sind drei GutachterGruppen. Einerseits wirkt die Vorgehensweise noch ernsthafter als
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bei BE. Andererseits bleiben Fragen, wie die Bewertung von internationaler Orientierung, ungeklärt. Außerdem wirkt die Gewichtung etwas willkürlich: x Internationalität 17,5 % x Community (in Kanada) 7,5 % x Aktienperformance (in den letzten fünf Jahren) 12,5 % Vernünftig hingegen wirkt die Bewertung von Produktsicherheit und Geschäftspraktiken mit 20 %. Denn Unternehmen müssen Verantwortung in ihrem angestammten Geschäft ebenso zeigen wie im Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und der Gesellschaft insgesamt.
Eine Fülle unterschiedlicher Ansätze Neben den etablierten Rankings gibt es eine Vielzahl weiterer Wettbewerbe und Bewertungen. Einige Beispiele: x Die Zeitschrift Management Today prämiert „Britain’s Most Admired Companies“ auf der Basis einer Umfrage. x Gleichermaßen erstellt das Wirtschaftsblatt Asian Business die Rangliste „Asia’s Most Admired Companies“. x Die Zeitschrift WirtschaftsWoche veranstaltet in Kooperation mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft seit 2001 den Concours „Freiheit und Verantwortung“. Auf der Basis freiwilliger Einsendungen werden Unternehmen in drei Kategorien – Großunternehmen, Mittelstand, Kleinbetrieb – wegen ihres sozialen Engagements prämiert. Zu den prämierten Unternehmen gehören Microsoft, BMW und die Boston Consulting Group. x Im Jahr 2005 veröffentlichte das angesehene World Economic Forum in Davos eine Auflistung der „Global 100 Most Sustainable Corporations in the World“. Es handelt sich um kein Ranking im Sinne einer Rangfolge, sondern um eine Auszeichnung von 100 Unternehmen – davon 9 deutsche Unternehmen – die hinsichtlich Nachhaltigkeit als vorbildlich erachtet werden.
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Seit Jahren werden außerdem die besten Arbeitgeber prämiert: FORTUNE erstellt jährlich eine Liste mit den 10 besten in Europa und den 100 besten in den USA. Die Zeitschrift Capital prämiert seit 2003 „Deutschlands besten Arbeitgeber“. Dieses Ranking richtet sich methodisch nach der FORTUNE-Prämierung und erstellt eine Rangliste von 50 Unternehmen. Allerdings handelt es sich hier nicht um ein Ranking nach Indizes oder Branchen, sondern um eine Beurteilung von Unternehmen, die sich freiwillig anmelden. Somit sind die Ergebnisse – dies gilt auch für die Initiative „Freiheit und Verantwortung“ – nicht repräsentativ für Deutschland, sondern sind eher eine Art relativer Qualitätsvergleich von Teilnehmern. Beispielsweise gab es beim Capital-Wettbewerb des Jahres 2005 110 Einsendungen von Unternehmen; davon wurden 50 prämiert.
Das Good-Company-Ranking Ausgangspunkt bei dem neuen CSR–Ranking „Good Company“, das erstmals im Jahr 2004 durchgeführt und 2005 im manager magazin veröffentlicht wurde, war die Notwendigkeit einer verbindlichen und möglichst ausgewogenen Bewertung unternehmerischer Verantwortung. Dabei wurde die Verantwortung in vierfacher Hinsicht definiert: gegenüber Mitarbeitern, der Gesellschaft, der Umwelt und nicht zuletzt auch gegenüber dem Kapitalmarkt. Die von Kirchhoff Consult mit Unterstützung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte durchgeführte Untersuchung gliederte sich wie folgt: 1. In einem ersten Schritt wurden an der Börse gelistete Großunternehmen aus Deutschland und dem europäischen Ausland ausgewählt; Basis waren die Dax- und EuroStoxx-Indizes. Hinzu kam eine Auswahl von 10 Unternehmen aus M-Dax und Tec-Dax sowie 10 nicht börsennotierten Unternehmen auf der Basis von Umsatzgröße. 2. Alle Unternehmen wurden auf der Basis öffentlich zugänglicher Materialien beurteilt: Geschäftsberichte und Nachhaltig-
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keits-/CSR-Berichte, Informationen auf der Website usw. Den Unternehmen wurde außerdem angeboten, weitere Unterlagen einzureichen; gut die Hälfte der rund 90 Unternehmen machten von diesem Angebot Gebrauch. 3. Vier Gutachtergruppen beurteilten die Unternehmen nach einem jeweiligen detaillierten Kriterienkatalog in den Bereichen Mitarbeiter, Gesellschaft, Umwelt und Kapitalmarkt-Performance. Hinzu kam das übergreifende Kriterium Transparenz: Alle Gutachter beurteilten zusätzlich die Qualität des Reportings und der Kommunikation insgesamt in ihren jeweiligen Bereichen. 4. Die Gutachter arbeiteten unabhängig voneinander und erstellten eine jeweilige Rangliste in ihren Segmenten. Danach fand eine Jurysitzung statt; an dieser Sitzung waren unabhängige Experten ebenso beteiligt wie die Jurymitglieder. Hier wurden nochmals die Vorzüge und Schwächen einzelner Unternehmen ausführlich diskutiert. Danach entstand das endgültige Ranking. Das „Good Company“-Ranking erhebt den Anspruch, die Gesamtheit des unternehmerischen Engagements zu berücksichtigen. Soziales Engagement ist somit ein wichtiger Bestandteil von CSR, aber ebenso wichtig sind Kriterien wie Transparenz, Wertschöpfung für Investoren, Attraktivität und Sicherheit des Unternehmens für Mitarbeiter und nicht zuletzt auch der Umgang mit der Umwelt. Somit wird unternehmerische Verantwortung wie ein Erfolgsfaktor definiert: Denn nur Unternehmen, die unter anderem gute Renditen erwirtschaften und ihre Mitarbeiter fair behandeln, werden dauerhaft erfolgreich sein. Jeff Immelt, Nachfolger von Jack Welsh als CEO von General Electric, bringt den Sachverhalt auf einen kurzen Nenner: „To be a great company today, you also have to be a good company.“
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Internationale Rankings Name und Häufigkeit
Unternehmensauswahl
Vorgehensweise
Weitere Infos
Good-Company- Zugehörigkeit zu Ranking EuroStoxx und Dax, (zweijährlich) zusätzliche Auswahl von M-Dax, Tec-Dax und nicht börsennotierten Unternehmen
Analyse öffentlich zugänglicher Unterlagen + eingesandter Unternehmensinfos, 4 Gutachtergruppen
www.manager magazin.de/ unternehmen/csr/
FORTUNE (jährlich)
www.fortune.com Befragung von rund 10.000 Führungskräften und Analysten weltweit, Ausführung durch Hay Group
Keine Beschränkung, da alle Unternehmen auf Empfehlung der Befragten aufgenommen werden
Financial Times s. FORTUNE (jährlich)
www.ft.com/wmr Befragung von 1.000 Topmanagern in 25 Ländern, Ausführung durch PricewaterhouseCoopers
Business Ethics Standard & Poors 500 (jährlich)
Analyse öffentlich zugänglicher und eingesandter Unterlagen, Analyse durch KLD Research
Corporate Knights (jährlich)
www.businessethics.com
www.corporateAnalyse öffentlich TSX 100 (100 größte knights.ca zugänglicher börsennotierte Unternehmen in Kanada) Unterlagen, Analyse durch 3 Gutachterteams
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Teil II: Das Good-Company-Ranking: Kriterien und Ergebnisse
Die wichtigste Ressource: Umgang mit Mitarbeitern als Messlatte unternehmerischer Verantwortung Kaevan Gazdar Leiter Berichtswesen, HypoVereinsbank und Fellow am Center for Corporate Citizenship
Die Empörung war ungeheuerlich. Als die Deutsche Bank im Februar 2005 einen Gewinn für das Geschäftsjahr 2004 von 2,5 Milliarden Euro bekannt gab und zugleich den Abbau von 6.400 Stellen ankündigte, protestierte nicht nur der Betriebsrat. Politiker aller Parteien forderten das größte Kreditinstitut des Landes dazu auf, seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen. Als „unmoralisch und unverantwortlich“, gar als „feudalistisch“, wurde die Diskrepanz zwischen einem hervorragenden Betriebsergebnis einerseits und Personalabbau andererseits gegeißelt. Sogar der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Industrie mahnte an, unternehmerisches Handeln dürfe sich nicht allein den Gesetzmäßigkeiten der Gewinnmaximierung unterordnen. Eine prominente Politikerin forderte die Bevölkerung öffentlich dazu auf, ihre Konten bei der Deutschen Bank aufzulösen. Der Imageschaden für die Bank war immens, der wirtschaftliche Schaden wohl nicht minder. Der Vorfall machte überdeutlich: In Deutschland wird die Sozialverantwortung von Unternehmen zuallererst danach beurteilt, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen. Es half der Deutschen Bank keineswegs, dass sie eine Reihe von gut dotierten Stiftungen zur Lösung gesellschaftlicher Probleme unterhält, unter anderem die AlfredHerrhausen-Stiftung Hilfe zur Selbsthilfe, die Deutsche Bank Citizenship UK sowie eigenständige Stiftungen in Amerika, Asien und
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Afrika. Gerade im Jahr 2004 gab Deutschlands größte Bank stolze 67 Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke aus – mehr als jedes andere deutsche Unternehmen. In der Öffentlichkeit wurde diese Großzügigkeit kaum gewürdigt. Der Stellenabbau beherrschte die Schlagzeilen. Alles andere erschien dabei nebensächlich. Hier unterscheiden sich kontinentaleuropäische Länder wie Deutschland und Frankreich stark von den angelsächsischen Staaten. In Ländern mit korporativen Sozialstaaten und mitgliederstarken Gewerkschaften verfügen Arbeitnehmer über starke Lobbys; außerdem gehört Arbeitsplatzsicherheit zu den Grundwerten der Gesellschaft. In Zivilgesellschaften wie den USA und Großbritannien hingegen herrscht Vertragsfreiheit: Dem Arbeitgeber steht es ebenso offen wie dem Arbeitnehmer, sich jederzeit aus dem Vertragsverhältnis zu lösen. So konnte Sir Fred Goodwin, Chef der höchst erfolgreichen Royal Bank of Scotland (RBS), auf die Frage eines deutschen Interviewers, warum nach der RBS-Übernahme der National Westminster Bank (NatWest) 18.000 Mitarbeiter gehen mussten, antworten: „Es hat sicher keinen Spaß gemacht, Leute zu entlassen. Aber es war die Voraussetzung dafür, anschließend wieder zu wachsen.“ Allerdings konnte Sir Fred, der auf Grund seiner Rigorosität „Fred the Shred“, Fred der Reißwolf, genannt wird, darauf hinweisen, dass im Zuge des unternehmerischen Erfolgs RBS inzwischen mehr Mitarbeiter in Großbritannien beschäftigt als direkt nach der Übernahme von NatWest und vor der Entlassung der 18.000 Mitarbeiter. Ein Indiz für den signifikanten Unterschied hinsichtlich der Prioritätensetzung bei Human Resources ist das Ausmaß des Reportings: x Ein deutscher Geschäftsbericht ohne Mitarbeiter-Kapitel wäre undenkbar. In Frankreich ist der „bilan social“, die Sozialbilanz, seit vielen Jahren gesetzlich vorgeschrieben. Viele französische Unternehmen veröffentlichen darüber hinaus Personalberichte. x Angelsächsische Geschäftsberichte hingegen kommen häufig ohne Mitarbeiter-Kapitel aus. Stattdessen wird im Rahmen eines Kapitels über Corporate Citizenship das Engagement des Unternehmens für die Gesellschaft hervorgehoben: Spenden, Fördermaßnahmen und vor allem auch Corporate Volunteering, das
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freiwillige Engagement der Mitarbeiter für die Gesellschaft, stehen im Vordergrund. Allerdings ist Quantität der Berichterstattung nicht gleichbedeutend mit Qualität der Personalarbeit. Viele britische und amerikanische Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten. Außerdem gehören sie zu den Vorreitern bei Chancengleichheit.
Human Capital als zentraler Erfolgsfaktor der Unternehmensführung Grundsätzlich stehen Unternehmen in allen Industrieländern vor der gleichen Herausforderung. Es gilt, im Zeichen der Globalisierung und zunehmend offener Arbeitsmärkte darum, das „Human Capital“ (HC) Gewinn bringend und sinnvoll einzusetzen. HC ist vielfach definiert worden, zum Beispiel in der Online-Enzyklopädie Wikipedia als „die Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie das Wissen, das in Personen verkörpert ist und das durch Ausbildungs- und Weiterbildungsinvestitionen sowie Erfahrung erworben werden kann“. Wissen und Erfahrung sind zwar tatsächlich wichtige Komponenten; was aber bei erfolgreichen Unternehmen hinzukommt, lässt sich am besten unter dem Oberbegriff „Geist des Hauses“ zusammenfassen: effiziente Personalführung, leistungsfördernde und humane Unternehmenskultur sowie Motivation der Mitarbeiter. Der geschäftliche Erfolg von Unternehmen wie Microsoft, SAP und Amazon ist in hohem Maße auf ihren produktiven Umgang mit Human Resources zurückzuführen. In seinem Buch „Performance Management“ bringt Wolfgang Jetter den Sachverhalt auf den Punkt mit der Gleichung: Humankapital = Mitarbeiterfähigkeiten × Mitarbeitercommitment Nun ist der Begriff Humankapital in Deutschland nicht unumstritten: Eine Jury von Sprachwissenschaftlern wählte ihn zum Unwort des Jahres 2004 mit der Begründung, das Wort degradiere nicht nur Arbeitskräfte in Betrieben, sondern Menschen überhaupt zu nur noch ökonomisch interessanten Größen. Diese Auffassung stieß in Fach-
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kreisen auf scharfe Kritik: Professor Christian Scholz entgegnete darauf: „Der Humankapital-Ansatz als mitarbeiterorientierte Personalarbeit wird aus Unwissenheit und Ignoranz diskreditiert.“ In der Tat deklassieren die Sprachexperten einen Ansatz, der gerade die Mitarbeiter eines Unternehmens nicht als reinen Kostenfaktor, sondern auch als Ressource ansieht. Die Definition menschlicher Arbeitsleistung als Humankapital ist eine Aufwertung, keine Abwertung. Human Capital ernst zu nehmen bedeutet beispielsweise, dass jeder Mitarbeiter das Recht auf eine regelmäßige Beurteilung seiner Arbeitsleistung hat. Viele Unternehmen haben bereits das Instrument des jährlichen Mitarbeitergesprächs eingeführt. Es handelt sich um eine strukturierte Bewertung von Leistung und vor allem Potenzial des Mitarbeiters. Zu einem Mitarbeitergespräch gehört auch die Zielvereinbarung: Was will der Mitarbeiter im kommenden Jahr leisten und welche Art von Unterstützung braucht er von seiner Führungskraft? Unternehmen wie Axa sind einen Schritt weiter gegangen und setzen auch das umgekehrte Verfahren ein: die Vorgesetztenbeurteilung. Bei dem Werkzeugmaschinenhersteller Hilti in Liechtenstein gehören zum Führungsinstrumentarium Prinzipien wie „Unsere Mitarbeiter sollen im Team wachsen“ und „Vorgesetzte schaffen ein Umfeld, das die Entwicklung der Mitarbeiter fördert“. Für Hilti sind das keine Sonntagsreden, sondern Teil einer anspruchsvollen Leistungskultur. Jedes Jahr werden neue Leistungsziele gesetzt, der Grad der Zielerreichung wirkt sich auf die Gehälter der Mitarbeiter aus. Grundlage der Bewertung ist die Teamleistung. Dies schweißt die Mitarbeiter zusammen und macht sie gemeinsam verantwortlich für den Unternehmenserfolg. Wegen seiner vorbildlichen Führungs- und Dialogkultur erhielt Hilti den Carl-Bertelsmann-Preis 2003. Effizientes und verantwortungsvolles Human Capital Management ist längst als Erfolgsfaktor erkannt worden: x Der von der Unternehmensberatung Watson Wyatt entwickelte Human-Capitel-Index, der auf Daten von 600 Unternehmen aus 16 europäischen Ländern basiert, zeigt, dass effizientes Personalmanagement zu einer erheblichen Steigerung der Marktkapitalisierung führt.
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x Das britische Department of Trade and Industry setzte 2003 eine Kommission ein, um Mittel und Wege der Messung von Human Capital zu entwickeln. Zu den Ergebnissen der Kommission gehörte die Empfehlung, dass Unternehmen in den „Operating and Financial Reviews“ (Lageberichten) ihrer Geschäftsberichte künftig über den Ausbau ihres Humankapitals berichten sollten. Die Effizienz des Managements von Human Resources lässt sich in Bereichen wie leistungsorientierte Vergütung, Flexibilität der Arbeitszeit, Qualität des Personalmarketings und der Weiterbildung nachweisen. Das Thema Verantwortung manifestiert sich vor allem in zwei Bereichen: Chancengleichheit und Mitarbeiterengagement.
Modernes Human Capital Management: Verantwortung vor allem für Chancengleichheit In regelmäßigen Abständen veröffentlicht das Wirtschaftsmagazin FORTUNE eine Auflistung der weltweit 50 mächtigsten Frauen der Geschäftswelt. Diese Liste ist zugleich eine Messlatte für Chancengleichheit, denn sie offenbart, wie sehr die berühmte Glasdecke, die traditionell das Fortkommen von Frauen in der Wirtschaft verhinderte, durchbrochen wird. Die im Oktober 2004 veröffentlichte Liste zeigt deutlich, welche Länder außerhalb der USA zu den Vorreitern gehören: x Großbritannien führt die Liste mit 8 Namen, gefolgt von Frankreich mit 6 Einträgen. x Beachtlich ist auch die Anzahl von Frauen aus Schwellen- und Entwicklungsländern, zum Beispiel aus China (4) und der Türkei (2). Bemerkenswert ist allerdings auch, dass keine einzige Frau aus Deutschland oder Österreich in der Liste vorkommt. Ein Einzelfall? Kaum. Ende 2004 veröffentlichte das Wall Street Journal eine Liste der „50 Women to Watch“, eine globale Aufstellung von Frauen in hohen Managementpositionen. Auch hier wurde keine einzige deutsche Frau aufgeführt. Bei der Kommentierung der Ergebnisse stellt
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das Handelsblatt bezüglich Deutschland fest: „Zwar ist die Präsenz weiblicher Führungskräfte in den Top-Etagen nach wie vor mager, doch in der Ebene darunter, in den gehobenen Führungspositionen, aus denen die Kandidaten für Top-Positionen rekrutiert werden, befinden sich inzwischen deutlich mehr Frauen.“ Wie auch immer: In diesem Bereich hinkt Deutschland vielen anderen Ländern hinterher. Chancengleichheit durch Vielfalt, neudeutsch Diversity, ist ein wesentlich breiteres Konzept als Frauenförderung. Ulrich Schumacher, Vorstand Personal- und Sozialwesen der Ford-Werke AG, definiert sie als „Wertschätzung eines jeden Mitarbeiters, unabhängig davon, welcher Nationalität, Religion, sexuellen Identität oder gesellschaftlicher Gruppe sie oder er angehört“. Damit ist auch die Bandbreite der Vielfalt umrissen, die ein modernes Human Capital Management zu beachten hat. Wobei die Aussage noch zu ergänzen wäre mit der Wertschätzung für ältere Mitarbeiter und Schwerbehinderte. Zum einen ist es ein Gebot der Fairness, niemanden auf Grund von Herkunft, Alter oder Geschlechtszugehörigkeit zu diskriminieren. Zum anderen gilt es, alle verfügbaren Talentpotenziale im Unternehmen zu nutzen. In den USA gehört Diversity zu den wichtigsten Human CapitalPrioritäten. Der Conference Board, eine hochrangige Forschungseinrichtung, schrieb in ihrem Geschäftsbericht 2004: „Während der Business Case für Diversity schon heute wichtig ist, wird er angesichts demographischer Veränderungen künftig noch an Bedeutung gewinnen.“ Seit zehn Jahren dienen die Diversity Councils des Conference Board als Foren des Meinungs- und Erfahrungsaustauschs. Ford Deutschland gehört mit seinem „Diversity Council“ zu den Pionieren in diesem Bereich. Bei den Ford-Werken in Köln sind Menschen aus 57 Nationen vertreten. 2001 erhielt das Unternehmen den Max-Spohr-Preis für vorbildliches Diversity-Management. Auch andere deutsche Unternehmen wie die Commerzbank und DaimlerChrysler setzen zunehmend auf die professionelle Nutzung der Vielfalt. Das Gleiche gilt für ältere Mitarbeiter: Als der Automobilzulieferer Brose eine Anzeigenkampagne mit der Überschrift „Senioren gesucht“ lancierte, verbuchte er nicht nur einen Sympathiegewinn in der Öffentlichkeit. Brose hat mit der Zusammenarbeit unterschiedlicher Altersgruppen hervorragende Erfahrungen ge-
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macht. Sein Wettbewerber Sick hat die strategische Dimension der Einbindung erfahrener Mitarbeiter ebenfalls erkannt und eine „intergenerative Personalpolitik“ entwickelt.
Reifere Mitarbeiter
Frauen
Behinderte
Nutzung der Vielfalt (Diversity)
Sexuell Andersorientierte
Minderheiten
Ethnische Gruppierungen
Ausländer
Abb. 1. Diversity: Ausschöpfung von Potenzialen.
Corporate Volunteering 15 Lufthansa-Führungskräfte verwandeln ein verwahrlostes Viertel in Wiesbaden in einen Freizeittreff mit Klettergeräten, Grillecke und Garten. Ein Abteilungsleiter beim Technologiekonzern Siemens verbringt eine Woche damit, zehn sterbenskranke Patienten in einem Frankfurter Hospiz als Praktikant zu betreuen. Ein Finanzmanager beim Expressdienst UPS arbeitet zwei Tage als Mitarbeiter eines Wohnheims für geistig Behinderte in Neuss. Sind das Einzeltaten von Idealisten? Nein, das Ganze findet unter Anleitung von Personalverantwortlichen statt und wird Corporate Volunteering genannt. Corporate Volunteering oder betriebliches Freiwilligenengagement, bedeutet, dass Unternehmen sich nicht nur mit Spenden, sondern auch mit dem persönlichen Einsatz ihrer Mitarbeiter für gemeinnützige Ziele engagieren. In manchen Fällen werden die Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum – in der Regel eine Woche – freigestellt, um einer sozialen Aufgabe nachzugehen. Zu den füh-
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renden Vermittlerorganisationen in diesem Bereich gehört der SeitenWechsel. Diese ursprünglich in der Schweiz gegründete Einrichtung fungiert als Bindeglied zwischen den Unternehmen einerseits und den gemeinnützigen Einrichtungen andererseits. Unternehmen wie Beiersdorf, BMW und Unilever zahlen Beträge in der Größenordnung von 750 bis 1.500 Euro pro Mitarbeiter. Der Teilnehmer – in der Regel eine Führungskraft – hilft eine Woche lang in Einrichtungen wie Suppenküchen oder Sterbehospizen. Der Dienst an der Gemeinschaft stärkt die soziale Kompetenz des Teilnehmers und öffnet den Blick für Herausforderungen außerhalb des Berufsalltags. Die VIS-a-VIS-Agentur, die den VolunteeringProzess bei einigen deutschen Unternehmen begleitet hat, spricht von einem Win-Win-Spiel: „Imagegewinn, Personalentwicklung und Teamförderung sind Beispiele für den unternehmerischen Nutzen. Gemeinnützige Organisationen profitieren durch die praktischen Arbeitsleistungen, den Wissens- und Kompetenztransfer sowie die Mitarbeit von hinterfragenden Menschen aus der erwerbswirtschaftlichen Sphäre.“ Einige Unternehmen haben darüber hinaus die strategische Bedeutung von Volunteering zur Stärkung der Mitarbeitermotivation und der Unternehmenskultur erkannt. Henkel beispielsweise spendete aus dem Anlass ihres 125-jährigen Firmenjubiläums eine Million Euro für Kinderprojekte, die ihre aktiven und pensionierten Mitarbeiter weltweit organisieren. Dieses Unternehmen verfügt über eine klare Volunteering-Strategie und fördert das Engagement der „Henkelianer“ kontinuierlich.
Der Good-Company-Wettbewerb: Eine umfassende Performance-Bewertung Der CSR-Wettbewerb „Good Company“ beurteilt umfassend die Performance von Unternehmen als verantwortlichen Arbeitgebern. Dies schließt sowohl klassische Bereiche des Human ResourcesManagements als auch neue Schwerpunkte wie Diversity und Volunteering ein. Ausgangspunkt der Bewertung sind Fragen wie: Wie leistungsorientiert vergüten sie ihre Mitarbeiter und welche Sozial-
Umgang mit Mitarbeitern als Messlatte
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leistungen bieten sie an? Werden flexible Arbeitszeitmodelle angeboten, die sowohl Kosten senken als auch den besonderen Bedürfnissen der Mitarbeiter nachkommen? Gilt Chancengleichheit für alle Mitarbeiter und werden Minderheiten sowie benachteiligte Gruppen entsprechend gefördert? Bekommen Mitarbeiter die Gelegenheit, sich sozial zu engagieren, und wird Volunteering auch als Mittel zur Motivationssteigerung, Imageprofilierung und zur Steigerung der sozialen Kompetenz von Führungskräften genutzt? Diese und viele anderen Fragen bildeten den Ausgangspunkt für den Kriterienblock Mitarbeiter im Wettbewerb. Er besteht aus fünf Kategorien mit entsprechenden Unterkategorien (s. auch Tabelle 1): 1. Vergütung – Leistungsanreize, Sozialleistungen usw. 2. Flexibilität – Teilzeit, Beruf-und-Familie-Angebote, Outplacement usw. 3. Personalentwicklung – Personalmarketing, Weiterbildung, Mitarbeiterdialog usw. 4. Potenzialausschöpfung – Chancengleichheit, Gesundheitsmanagement, Mitbestimmung usw. 5. Ethik und Engagement – Verhaltenskodex, Werte, Volunteering usw. Bewertet wurden die größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland und Europa (Dax, Stoxx) sowie ein Querschnitt von 10 mittelständischen und Technologieunternehmen (Auswahl aus den M-Dax- und Tec-Dax-Indizes). Außerdem wurden 10 große nicht börsennotierte Unternehmen gerankt. Die Ergebnisse im Einzelnen zeigen starke Performance-Abweichungen bei den bewerteten Unternehmen. Vergütung: In diesem Bereich herrscht wenig Transparenz. Einige Unternehmen informieren ausführlich über die Vorstandsvergütung einschließlich Bonus und Long-Term Incentive und vernachlässigen dabei die Mitarbeiter; dies gilt vor allem für Unternehmen aus Großbritannien. Bei vielen Unternehmen fehlen genauere Angaben über die Aufschlüsselung des Personalaufwands (Incentives, Sozialleistungen usw.). Folgende Unternehmen sind hervorzuheben:
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x Die Royal Bank of Scotland vermittelt einen guten Überblick über Anreize und Sozialleistungen im Rahmen des Personalmarketings und macht konkrete Angaben über Bonus, Erfolgsbeteiligung und Altersvorsorge. x Der Schweizer Pharmakonzern Roche bringt neben einer ausführlichen Darstellung der Vorstandsvergütung auch detaillierte Angaben über Aktienoptionspläne für Mitarbeiter; der Optionsplan Roche Connect, der der Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen dient, wird ausführlich erläutert. x Deutsche Post verfügt über ausgefeilte Entlohnungs- und Anreizsysteme gleichermaßen für tarifliche Mitarbeiter, Außertarifliche und Führungskräfte. Flexibilität: Nur wenige Unternehmen verfügen über ein kohärentes Instrumentarium. Teilzeitangebote, Telearbeit und Work-LifeBalance-Angebote gehören ebenso zu diesem Instrumentarium wie Sabbaticals und neue Beschäftigungsmodelle. Im Zeichen der weltweiten Wirtschaftskrise gewann eine weitere Maßnahme des Personalmanagements an Bedeutung: Outplacement, Hilfe für Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen bzw. in einer unternehmenseigenen Beschäftigungsgesellschaft weiterbeschäftigt werden. Zu den vorbildlichen Unternehmen gehören: x Der spanische Telekom-Konzern Telefonica bringt ausführliche Angaben über Personalabbau. Das Unternehmen beschäftigt einen relativ kleinen Anteil der Mitarbeiter mit Zeitverträgen (10 %). Für seine soziale Grundhaltung sprechen auch die zertifizierten Work-Life-Balance-Angebote sowie die Zufriedenheitsumfrage, die zum Thema Teilzeit durchgeführt wurde. x Telefonica-Wettbewerber British Telecom verfügt ebenfalls über ein ausgefeiltes Work-Life-Balance-Instrumentarium und nutzt auf eine innovative Art seine eigene Technologie, um Mitarbeitern flexible Arbeitsplatzlösungen – Stichwort Telearbeit – anzubieten. x Die Münchner Rück räumt seinen Mitarbeitern eine ganze Palette von flexiblen Arbeitszeitlösungen ein. Die Teilzeitquote steigt seit Jahren, während die Fluktuation gering bleibt. Diese Rückversicherung gehört zu den verantwortungsvollsten Arbeitgebern in
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Deutschland und wurde in den letzten Jahren mehrfach ausgezeichnet, unter anderem für Frauenförderung. x Das M-Dax-Unternehmen Degussa geht behutsam mit der schwierigen Aufgabe Outplacement um. Der Spezialchemie-Anbieter setzt eine Transfer-Agentur zur Unterstützung der betroffenen Mitarbeiter ein und beschreibt den Outplacement-Ablauf anhand der Vorgehensweise im Werk Trostberg. Personalentwicklung: Viele Unternehmen weisen ein hohes Niveau in diesem Bereich auf. Professionelles Personalmarketing, solide Berufsausbildung und ausgefeilte Weiterbildungsangebote gehören zum Standard. Das Mitarbeitergespräch wird in den meisten Großunternehmen jährlich durchgeführt und dient der Mitarbeiterbeurteilung und -förderung. Einige Beispiele für anspruchsvolle Personalentwicklung: x Bei den nicht börsennotierten Unternehmen glänzt Bertelsmann mit einem vorzüglichen Angebot an Aus- und Weiterbildung, bedarfsorientiert und fachlich ausgefeilt einschließlich Coaching und Beratung. Bei Boehringer Ingelheim bildet das Mitarbeitergespräch den Ausgangspunkt der Personalentwicklung; das Pharmaunternehmen bietet eine Vielzahl von Einstiegsmöglichkeiten für Hochschulabsolventen (Direkteinsteig, Trainee, Post-Doc) sowie ein differenziertes Weiterbildungsprogramm einschließlich der Boehringer Akademie. x Zu den Vorreitern bei Dax gehören RWE und VW. Der Energiekonzern verfügt über eine kohärente Weiterbildungsstrategie sowie eine attraktive Karriere-Website. Der Automobilhersteller hingegen ist seit Jahren – nicht zuletzt auf Grund seines mittlerweile ausgeschiedenen Personalvorstands Peter Hartz – eine der Benchmarks in puncto Personalmanagement. Er bietet nicht nur viele Entwicklungsprogramme für Azubis, sondern auch lebenslanges Lernen und Einstiegshilfen für sozial Unterprivilegierte an. x Viele Stoxx-Unternehmen glänzen im Bereich Personalentwicklung. Der niederländische Elektrokonzern Philips führte beispielsweise eine ehrgeizige Reputations-Umfrage bei 1.000 Mitarbeitern in acht Ländern durch: Dies diente als Wissensreservoir
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bei der Weiterentwicklung der Personalstrategie. Suez, ein führender französischer Utility-Konzern, fördert ebenfalls den Mitarbeiter-Dialog mit regelmäßigen Umfragen. Die spanische Bank BBVA wertet nicht nur die Mitarbeitermeinungsumfrage akribisch aus und berichtet über die Ergebnisse; sie koppelt auf eine durchaus innovative Art Vergütung und Förderung mit der Bewertung der Servicequalität ihrer Mitarbeiter und fördert somit das Leistungsbewusstsein im Unternehmen. Potenzialausschöpfung: In diesem Bereich, der Diversity ebenso umfasst wie Gesundheitsförderung und Ideenmanagement, ist die Kluft zwischen Best und Worst Practice besonders eklatant. Vor allem die Stoxx-Unternehmen haben ausgefeilte Systeme zur Förderung von Minderheiten entwickelt; einige deutsche Unternehmen verfügen ebenfalls über ehrgeizige Fairness-Ziele: x Der französische Kosmetik-Multi L’Oréal gehört zu den ganz wenigen Unternehmen weltweit, in denen es mehr weibliche als männliche Führungskräfte gibt. Das für seine Diversity-Performance prämierte Unternehmen fördert auch nichtfranzösische Manager und engagiert sich ebenfalls für die Integration von Behinderten. x Die niederländische Bank ABN-Amro setzt sinnvollerweise regionale Schwerpunkte bei Diversity; außerdem werden Ideenmanagement und Know-how-Austausch durch viele Projekte und Initiativen vorangetrieben. x ABN-Amros britischer Branchenwettbewerber Barclays ist ein Diversity-Pionier mit hervorragenden, mit konkreten Zahlen und quantitativen Zielen versehenen Projekten. Zu den thematischen Schwerpunkten gehören die Förderung von Frauen, ethnischen Minderheiten, Behinderten und älteren Menschen. Topmanagement-Commitment wird durch die Success-through-inclusionPolicy gewährleistet. Auch hinsichtlich Gesundheit und Sicherheit imponiert die Anzahl von Maßnahmen, die vor allem in betroffenen Regionen wie Afrika (Stichwort AIDS) gelten. x Bei den deutschen Unternehmen fällt MAN auf Grund seines starken Engagements für Schwerbehinderte auf. Bemerkenswert bei
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dem Technologiekonzern ist auch, dass seine Azubis bei interkulturellen Projekten eingebunden werden. Außerdem werden lernschwache Schulabgänger gefördert. MAN ist ein gutes Beispiel für spezifisch deutsche Personaltugenden: ausgebautes betriebliches Vorschlagswesen, hohe Priorität für Mitbestimmung. x Zu den innovativsten deutschen Unternehmen gehört SAP. Dies auch im Human-Resources-Bereich: Die weltführende SoftwareSchmiede setzt auf Netzwerkstrukturen und verfügt über ein ausgezeichnetes Ideenmanagement, das vom Topmanagement des Unternehmens persönlich gefördert wird. Konsequenterweise veröffentlicht SAP keinen Personalbericht, sondern einen „Innovations-Report“. Ethik und Engagement: Die Spannbreite dieses Kriteriums hat zur Folge, dass es nur ganz wenigen Unternehmen gelingt, sowohl überzeugende Ansätze im Sinne von Verhaltenskodex und Werten zu entwickeln als auch sinnvolles Corporate Volunteering zu betreiben. Angelsächsische und niederländische Unternehmen sind ihren deutschen Wettbewerbern vor allem hinsichtlich Mitarbeiterengagement insgesamt weit voraus. Nichtsdestotrotz können einige deutsche Unternehmen bemerkenswerte Fortschritte aufweisen: x Der britische Energiekonzern BP führt viele Ranglisten für gesellschaftliche Verantwortung an. Um die Kluft zwischen Theorie und Praxis bei ethischen Werten zu überwinden, hat das Unternehmen die Open-Talk-Initiative eingeführt. Ziel ist eine offene Debatte über ethisches Verhalten im Unternehmensalltag. BP berichtet auch – selbstverständlich anonymisiert – über Entlassungen in Fällen, in denen eklatantes Fehlverhalten aufgedeckt wurde, und setzt damit Maßstäbe für Transparenz. Sein Branchenwettbewerber Shell führt noch akribischer Buch über Ethik-Verstöße von Mitarbeitern und Lieferanten gleichermaßen; die Ethik-Helpline dient der Aufklärung der Mitarbeiter.
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Tabelle 1. CSR-Wettbewerb „Good Company“: Kriterien und Punkteverteilung bei Sparte Mitarbeiter. Einzelkriterium 1. Vergütung x Aufschlüsselung des Personalaufwands x Sozialleistungen einschließlich Altersvorsorge x Leistungsanreize einschließlich Stock Options x Konnex zwischen Renditeziel/Dividende und Bonus
Max. % 5
2. Flexibilität x Arbeitszeitflexibilität (Teilzeitangebote, Telearbeit) x Flexitime, Work-Life-Balance-Angebote x Sabbaticals x Neue Beschäftigungsmodelle, Outplacement-Hilfe
5
3. Personalentwicklung x Personalmarketing x Ausbildungspolitik (einschließlich Azubi-Quote) x Stellenbewertung, Karriereplanung x Weiterbildung x Mitarbeitergespräch, Mitarbeiterumfrage und sonstige Dialoge
5
4. Potenzialausschöpfung x Chancengleichheit (Frauenförderprogramme, Beruf-und-FamilieProjekte) x Betreuung von Ausländern, älteren Mitarbeitern und anderen Minderheiten (Diversity-Projekte) x Gesundheitsmanagement x Mitbestimmungsmechanismen x Ideenmanagement (betriebliches Vorschlagswesen, innerbetriebliche Wettbewerbe u. Ä.)
5
5. Ethik und Engagement x Code of Conduct (Verhaltenskodex einschließlich Kontrollmechanismen und Whistle-Blowing-Regelungen) x Corporate Values (Wertekodex/Leitbild) x Ethikdarstellung mit Branchenbezug (Kinderarbeit, Verbot von Kartellabsprachen u. Ä.) x Corporate Volunteering (Mitarbeiterengagement bei Schulen, Sozialeinrichtungen u. Ä., Einbindung in die Personalentwicklung)
5
Insgesamt
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x Corporate Volunteering macht dann Sinn, wenn es in die Geschäftstätigkeit eingebunden wird. So vor allem bei Lloyds TSB. Die englische Bank verfügt über eine stringente Strategie in diesem Bereich und berichtet ausführlich mit quantitativen Angaben. x Bei den deutschen Unternehmen fällt BASF durch seinen prägnanten Verhaltenskodex auf. Im Gegensatz zu vielen anderen Kodizes wird die Einhaltung durch Whistle-blowing (Vergehen können vertraulich an eine externe Anwaltskanzlei gemeldet werden) abgesichert. x Henkel verfügt über ein vorzügliches Volunteering-Programm. Das Programm wird von Mitarbeitern und Pensionisten maßgeblich betrieben und von der Geschäftsleitung großzügig unterstützt. Das MIT-Projekt (Miteinander im Team) wurde bereits mit dem Charity-Preis des Deutschen Kinderhilfswerks ausgezeichnet. Auch die Mitarbeiter der Deutschen Bank engagieren sich sowohl in Deutschland als auch in Ländern wie den USA, Großbritannien und Argentinien für das Gemeinwohl.
Qualität ist keine Frage der Größe Die Ergebnisse der Good-Company-Bewertung zeigten: Erstens ist Qualität keine Frage der Größe. Zu den am besten beurteilten Unternehmen gehörten multinationale Konzerne, aber auch Mittelständler. Zweitens ist Branchenzugehörigkeit keineswegs maßgeblich: Die am besten Bewerteten stammen aus Branchen wie Öl, Chemie, Banken und Handel. Drittens sagt die Herkunft eines Unternehmens nichts über seine Fähigkeit aus, verantwortlich mit Mitarbeitern umzugehen. In der Spitzengruppe befinden sich folglich eine Reihe von deutschen Unternehmen, aber auch Unternehmen aus Großbritannien, Frankreich und Spanien. Jede der fünf Kategorien trug mit maximal 5 % zum Wettbewerbsergebnis bei den Mitarbeitern bei. Folglich betrug der Gesamtanteil 25 %. Hier bildeten sich vier Rang-Gruppen.
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Laggards: Die Unternehmen der schwächsten Kategorie wirken desorientiert. Kein Konzept, wenig Initiative im Personalbereich, schlechtes Reporting. Hier kommt es zu Extremen: x Bei einem bedeutenden Dax-Unternehmen enthält die Website nichts über Personalmarketing, die verfügbaren Unterlagen zeigen keinerlei Aktivitäten in der Personalentwicklung. x Ein französischer Konzern mit aufwändigem Personalmarketing auf der Website ist ansonsten wenig transparent: Weder wird die Vergütung von Managern und Mitarbeitern angegeben, noch sind Informationen über flexible Arbeitszeitgestaltung vorhanden. So gerät das Personalmarketing zu Fassadenmalerei, es fehlt schlicht an Substanz. Mainstream: Diese Unternehmen weisen solide Personalarbeit auf, allerdings fehlt das Innovative. Es gibt nichts, was sie besonders auszeichnet. Um sich aber als attraktiver und verantwortungsvoller Arbeitgeber zu profilieren, müssen Unternehmen über ein Alleinstellungsmerkmal (Unique Selling Proposition, abgekürzt USP) verfügen, beispielsweise ein Portfolio von Arbeits- und Freizeitmodellen oder besonders vielseitige Weiterbildungsmöglichkeiten. Dabei verfügen die Kandidaten in dieser Rang-Gruppe über gute Ansätze: x Ein Dax-Unternehmen aus dem Technologiebereich weist eine starke Ausbildungsorientierung auf, vor allem in der Berufsausbildung. x Ein M-Dax-Unternehmen sowie ein nicht börsennotiertes Unternehmen verfügen über ein effizientes Gesundheitsmanagement mit Sozialberatung. x Ein britischer Industriekonzern besitzt einen hervorragenden Ethikkodex mit entsprechendem Whistle-blowing (anonyme Meldung von ethischen Vergehen an unternehmensunabhängige Instanz). Outperformers: In diesem Segment sind die Human-ResourcesAnsätze (HR) auffallend innovativ; es fehlt jedoch ein schlüssiges Gesamtkonzept. Diese Unternehmen haben in einzelnen Katego-
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rien hervorragend abgeschnitten, litten in der Gesamtwertung aber unter Schwächen in einzelnen Bereichen. Einige Beispiele für Innovationen: x Hervorragendes Ideenmanagement bei einem international sehr erfolgreichen Dax-Unternehmen. x Vielseitige Messung von Intellectual Capital bei einem führenden spanischen Finanzdienstleister. x Frauenförderprogramm mit exakten Targets bei einem niederländischen Industriekonzern. x Jährlich veröffentlichter Commitment-Index auf der Grundlage einer jeweiligen Mitarbeitermeinungsumfrage bei einem großen deutschen Finanzdienstleister. Leaders: In dieser Topkategorie zeichnen sich die Unternehmen durch originelle Ideen, durchdachte Strategien und nicht zuletzt auch durch aussagekräftiges Reporting aus. Grundsätzlich verkaufen sich viele Unternehmen im Berichtswesen unter Wert. Gerade bei den deutschen Unternehmen sind beispielsweise die Mitarbeiterkapitel im Geschäftsbericht eher dokumentär als prägnant. Anders die Leaders. Sie verbinden Substanz mit Aussagekraft: x Ein Dax-Konzern aus dem Industriebereich verfügt über weltweite Sozialstandards, die für alle Standorte gelten und regelmäßig kontrolliert werden. Das Unternehmen profiliert sich unter anderem durch die Organisation von internationalen Konferenzen zu Themen wie Gesundheitsmanagement und Diversity. x Ein Stoxx-Unternehmen aus Großbritannien misst systematisch die eigene Akzeptanz bei den Mitarbeitern und berichtet nicht nur schonungslos über die eher negativen Ergebnisse seiner Meinungsumfragen, sondern auch über Maßnahmen zur Verbesserung der Unternehmenskultur. Das gleiche Unternehmen fördert Innovation durch ein ausgeklügeltes Ideenmanagement samt Prämierung der besten Ideen.
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e Üb
16
–1
r
Un ter
% 18
• Leaders
• Laggards
• Outperformers
• Mainstream
8%
13
13
%
6 –1
%
Abb. 2. Good-Company-Wettbewerb Spartenergebnisse Mitarbeiter (maximal 25 %).
Auf Strategie und Prioritätensetzung kommt es an Grundsätzlich zeigt sich, dass die Dax-Unternehmen in traditionellen Bereichen wie Ausbildung, Gesundheitsmanagement und Mitbestimmung sehr gut abschneiden. Sie sind aber weitaus weniger gut, wenn es darum geht, Chancengleichheit in der HR-Strategie zu integrieren oder ihre Mitarbeiter zu motivieren, im Sinne von Corporate Volunteering initiativ tätig zu sein. Dabei kommt es gerade bei den deutschen Großunternehmen teilweise zu seltsamen Prioritätensetzungen. Drei Beispiele: 1. Ein Energiekonzern bringt seitenlang Angaben über „Mitarbeiteräquivalente“ als statistische Größe in seinem Personalbericht, aber so gut wie nichts über Personalstrategie, Diversity oder Verhaltenskodex. 2. Ein Markenartikler fokussiert gänzlich auf die Beschäftigung von Menschen bei den Zulieferern in den Entwicklungsländern, berichtet aber nichts über die Mitarbeiter des Stammhauses in Deutschland.
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3. Ein Pharmaunternehmen bringt 11 Seiten im Geschäftsbericht über Kulturförderung, aber nur knapp zwei Seiten über die Mitarbeiter. Auf der Website werden Ausstellungskataloge angeboten, jedoch kein Personal- oder Sozialbericht veröffentlicht. Gerade bei Weltkonzernen trennt sich die Spreu sichtbar vom Weizen hinsichtlich einer einheitlichen Personalstrategie. Negativbeispiel: Bei einem bedeutenden Dax-Unternehmen werden die innovativen Aktivitäten der englischen Tochter völlig additiv zu der herkömmlichen Vorgehensweise im Mutterhaus behandelt; von einem integrierten Ansatz keine Spur. Die Personalarbeit alten Stils steht unvermittelt neben modernen Human-Capital-Ansätzen. Positivbeispiel auch aus dem Dax: Die Konzernmutter setzt eindeutige Standards und betreibt internes Benchmarking. Dies bedeutet: Innovative Ansätze einer Tochtergesellschaft werden aufgenommen und konzernweit implementiert. Damit steigt die Qualität des HRManagements insgesamt. Die Erfahrung des Good-Company-Wettbewerbs zeigt: Nobody is perfect. Jedes Unternehmen hat Stärken und Schwächen. Gefordert sind vor allem die Unternehmen, in denen Human Resources ein Schattendasein fristen. Die Integration von HR in die Unternehmensstrategie wird rhetorisch oft beschworen, aber selten vollzogen. Dies zu tun, ist ein Gebot der Vernunft – und der Profilierung.
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Gesellschaftliches Engagement als Win-Win-Szenario André Habisch Professor für Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Direktor des Center for Corporate Citizenship
Wir haben aus der Managementaufgabe heraus Kriterien für die Bewertung gesellschaftlichen Engagements abgeleitet (siehe S. 35 ff). Dabei haben wir zwischen Business Case und Social Case von Corporate Citizenship unterschieden. Der Business Case fragt nach dem Wertschöpfungsbeitrag eines Projektes für das engagierte Unternehmen, betrachtet also gesellschaftliches Engagement als Wettbewerbsfaktor. Der Social Case fragt nach dem Ertrag für das gesellschaftliche Umfeld. Beides steht im Kontext gelungenen gesellschaftlichen Engagements nicht im Gegensatz zueinander, sondern unterstützt sich wechselseitig (Win-Win-Szenario). Im Folgenden sollen die abgeleiteten Kriterien auf konkrete Fragen heruntergebrochen werden.
Business Case: Orientierung des Engagements an der Unternehmensstrategie Welche Vorteile für das Unternehmen sind aus dem Engagement erkennbar? In welchem Verhältnis steht das gesellschaftliche Engagement des Unternehmens zu seinem Kerngeschäft – der professionellen Erstel-
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André Habisch
lung von Gütern und Dienstleistungen im Wettbewerb mit anderen Produzenten? Es bleibt immer Unternehmen im Wettbewerb. Es handelt immer im dominanten Zielsystem des Marktes. Ein Unternehmen, das sich gesellschaftlich engagiert, aber darüber das Ringen um den Erhalt seiner Wettbewerbsfähigkeit vernachlässigt, erweist sowohl seinen Mitarbeitern als auch der Gesellschaft einen Bärendienst. Als Beispiel mag „Photo Porst“ gelten: Die Kette musste 1985 zum ersten Mal Konkurs anmelden, weil der Inhaber über seinen Mitbestimmungsmodellen die Rentabilität vernachlässigte. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in deren Interesse man scheinbar angetreten war, verloren z. T. ihre Arbeitsplätze. Auch unterhalb dieses Extremfalles macht ein „altruistisches“ Verhalten, das die Bedürfnisse des Unternehmens völlig außer Acht lässt, wenig Sinn. Ohne Wettbewerbsvorteil wird ein Projekt unternehmensintern als „Luxusgut“ wahrgenommen. Dann aber droht ein „Konjunkturzyklus der Moral“: In schlechten Jahren wird gekürzt oder ganz kassiert. Die Glaubwürdigkeit des Gebers leidet, Projekterfahrungen, Problemwissen und Netzwerke gehen verloren. Ein „Win-Win“ für Unternehmen und Gesellschaft ist also konstitutiv für ein „gutes“ Engagement. Viele Unternehmen kalkulieren den eigenen Vorteil nur unter der Hand mit ein, weisen dies aber in öffentlichen Bekundungen weit von sich. Ein Unternehmen, das bei der Bilanzpressekonferenz strikte Gewinnorientierung verspricht und sich bei anderer Gelegenheit als selbstloser Mäzen rühmt, leistet dadurch aber selbst dem Verlust seiner Glaubwürdigkeit Vorschub. Die Öffentlichkeit erwartet Kohärenz von Reden und Handeln. Diese Kohärenz wird nur erreicht, wenn sich engagierte Unternehmen zum „Win-Win“ bekennen und in diesem Zusammenhang auch den eigenen Vorteil offen ausweisen. Das betriebswirtschaftliche Ziel gesellschaftlichen Engagements kann in einem effektiveren Risikomanagement liegen, im Aufbau eines entsprechenden Images, in positiven Rückwirkungen auf Mitarbeiterbindung und -motivation etc. Wenn sich dagegen ein Unternehmen im Wettbewerb seiner Selbstlosigkeit rühmt, lädt dies die Journalisten und Beobachter geradezu dazu ein, misstrauisch zu werden und nach dem kaschierten Eigennutz zu suchen.
Gesellschaftliches Engagement als Win-Win-Szenario
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Liegt eine Stellungnahme des Vorstands vor, warum sich das Unternehmen engagiert und was es sich davon erhofft? Sind die Themenstellungen und Instrumente des Engagements, Projekte und Partner bewusst ausgewählt? Ein Sammelsurium in langen Jahren erworbener, aber unkoordinierter Aktivitäten – so stellt sich das gesellschaftliche Engagement vieler Unternehmen dar. Da unterstützt eine Abteilung eine Schule, eine Führungskraft erwirkt einen Spenden-Dauerauftrag für eine wissenschaftliche oder kulturelle Einrichtung, eine Niederlassung stellt regelmäßig Räumlichkeiten zur Verfügung etc. Beträchtliche Beträge kommen dabei zusammen: Jedes Jahr summieren sich die Spendengelder deutscher Unternehmen auf dreistellige Millionen-EuroSummen. Häufig gibt es im Unternehmen niemanden mehr, der den Überblick über entsprechende Ausgaben hat – in dem Sinne, dass er genau wüsste, wo eigentlich welche Mittel fließen und wer zu welchem Zweck davon profitiert. Ein solches Managementprinzip des „kreativen Chaos“ mag schnelle Reaktionen erlauben und den Initiatoren innerhalb und außerhalb des Unternehmens für den Augenblick Befriedigung verschaffen. Doch insgesamt gesehen verschenkt ein „Nicht-Management“ des gesellschaftlichen Engagements wichtige Potenziale: x verschenkt aus der Sicht des Unternehmens: Denn der innerbetriebliche Nutzen bleibt zufällig und beschränkt sich meist auf persönliche Vorlieben von Führungskräften („CEO’s wife’s Syndrome“); x verschenkt aber auch aus der Sicht der Gesellschaft: Denn um in den drängenden Problemfeldern des 21. Jahrhunderts wirklich etwas zu erreichen, muss nachhaltig gehandelt werden: mit geeigneten Mitteln und Partnern. Beide Perspektiven lassen ein professionelles CSR-Management unverzichtbar erscheinen. Wie in anderen Managementbereichen auch setzt professionelles gesellschaftliches Engagement ein strategisches Konzept voraus. Was will das Unternehmen (überhaupt) erreichen? Wozu gibt es das Geld seiner Aktionäre und (bei Abzug als Betriebsausgabe oder Spende)
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Es fehlt das strategische Konzept Themen
Unternehmensabteilungen
Sport
Unternehmen
Bildung und Wissenschaft
Personal
Soziale Projekte
Vertrieb
Logistik
Zielgruppen
Lokale Stakeholder
Produktion Mitarbeiter
Ausbildung
Forschung Kinder
Art der Förderung
Kultur
Obdachlose Kunst
Umwelt
Mitarbeiterarbeitszeit
Geldspenden
Sachspenden
Kunden
Abb. 1. Durch ungerichtetes CC-Engagement gehen wertvolle Ressourcen verloren: für Unternehmen und Gesellschaft!
des Steuerzahlers aus? Darüber erwarten beide Gruppen mit Recht Auskunft – und sie erwarten diese Auskunft letztlich vom TopManagement selbst. „Papier ist geduldig und manche Vorstandsäußerung formuliert doch nur gute Absichten“ – so mag man gegen dieses Kriterium einwenden. Doch selbst dann gilt: Ein strategisches Konzept der Unternehmensleitung ist zwar keine hinreichende, aber doch eine notwendige Voraussetzung für ein „gutes“ gesellschaftliches Engagement. Denn wer nicht einmal darzulegen vermag, unter welcher Vorstellung er handelt, welche Ziele er verfolgt und welche Instrumente er dazu für leistungsfähig hält, von dem wird man kaum einen wirksamen Beitrag für das gesellschaftliche Umfeld erwarten (können). Soll das Engagement als Instrument zur strategischen Profilierung genutzt werden, dann muss es strukturell beim Vorstand selbst angebunden werden. Hier fallen die strategischen Entscheidungen und hier fließen die zukunftsrelevanten Informationen zusammen. Die Unternehmensleitung muss – wie in anderen Bereichen auch – klare Organisationsstrukturen schaffen und Zielvorstellungen entwickeln. Nur so bekommt die Thematik jene Professionalität, die Voraussetzung für jeden Wertschöpfungsbeitrag ist.
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Liegt die Verantwortung für gesellschaftliches Engagement beim Vorstand, dann stellt sich häufig die Frage nach der Kohärenz mit anderen unternehmerischen Entscheidungen. Das gilt insbesondere für die Notwendigkeit von Entlassungen. Konkret gefragt: Kann ein Unternehmen auch dann ein „Good Corporate Citizen“ sein, wenn es an seinem Standort massenweise Leute entlässt und Arbeitsplätze ins Ausland verlagert? Die Antwort auf diese Frage kann nur positiv sein. Die Entscheidung für Standortverlagerungen etc. fällt als unternehmerische Entscheidung vor dem Hintergrund bestimmter wahrgenommener Rahmenbedingungen in der Branche. Ein Arbeitsplatzabbau sollte angesichts der damit verbundenen Konsequenzen nicht leichtfertig vorgenommen werden – und doch bleibt er in der Marktwirtschaft ein legitimes Instrument zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Absolute Beschäftigungssicherheit kann es dagegen nur im Sozialismus geben – um den Preis einer niedrigen Produktivität und wirtschaftlicher Stagnation. Auch wenn Entlassungen unumgänglich erscheinen, kann begleitendes gesellschaftliches Engagement einen Unterschied machen. Manche Unternehmen bemühen sich – in Kooperation mit Politik, Arbeitsämtern und Selbsthilfeinitiativen der Mitarbeiter – um Neuansiedelungen von Arbeitsplätzen in ihren Rückzugsbereichen. Andere überlassen ihre (ehemaligen) Mitarbeiter weitgehend sich selbst. Projekte wie die „Initiative für Beschäftigung!“ der BASF AG gemeinsam mit der IGBCE und der Bertelsmann-Stiftung oder „Aktives Unternehmen gegen Arbeitslosigkeit“ des Bundes Katholischer Unternehmer sind positive Beispiele für unternehmerisches Engagement zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit. Auch die Stiftung des „Instituts Zukunft der Arbeit“ IZA durch die Deutsche Post AG dient einer besseren Erforschung der Gründe von Arbeitslosigkeit. Ein Unternehmensführer sollte die Verantwortung für gesellschaftliches Engagement auch dann übernehmen, wenn er zeitgleich unpopuläre Entscheidungen zu fällen hat. Wichtig ist es, zu kommunizieren und sein unternehmerisches Verhalten zu erklären. Auch offene Kommunikation über eigene Handlungszwänge ist ein wichtiger Beitrag gesellschaftlichen Engagements. Denn hier wird Aufklärungsarbeit in der demokratischen Öffentlichkeit geleistet.
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Beispiele aus dem Wettbewerb Rohstoffproduzenten wie BP oder Anglo American legen vor allem auf die gedeihliche Zusammenarbeit an ihren Standorten großen Wert. Eine positive Entwicklung des sozialen Umfelds nützt dem Unternehmen in vielfältiger Hinsicht. Der Aufbau von globalen Managementsystemen im Konzern zur Unterstützung dieser lokalen Arbeiten vor Ort – wie bei Anglo American oder bei der BASF – trägt dieser strategisch sinnvollen Schwerpunktsetzung Rechnung. Unternehmen, die auf Konsumentenmärkten agieren, haben das Interesse, ihre Marke im Wettbewerb zu profilieren. Wenn sie für ihr gesellschaftliches Engagement ihre Kernkompetenz einsetzen, dann können sie dadurch ihre Marke stärken. Wenn etwa die Deutsche Post World Net als DHL gemeinsam mit der Hilfsorganisation CARE ein globales Logistik-Netzwerk für Katastrophenfälle aufbaut oder die chinesische Ton-Krieger-Armee kostenlos zu Ausstellungszwecken nach Europa transportiert, dann stellt sie bei dieser Gelegenheit einem interessanten Zuschauerkreis ihre Kernkompetenz als hochwertiger Transportdienstleister unter Beweis. Wenn Bayer gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation Malaria-Medikamente für Entwicklungsländer herstellt und diese dort billig vertreibt, dann stärkt das Unternehmen dadurch seine Reputation als Innovator im Bereich der Pharmaindustrie etc. Zugleich entstehen Netzwerke, die für ein Pharma-Unternehmen unerlässlich sind. Dieser systematische strategische Bezug wird auch im bereits oben zitierten „mission statement“ des Bayer-Managements offen ausgewiesen, wenn es dort weiter heißt: Corporate Social Responsibility … makes a valuable contribution to the company’s success. Since its inception at the end of the nineteenth century, that commitment has never been an end in itself, since it involves working not only for the good of society but also for the attainment of corporate goals – another reason why activities that help to meet social needs, especially in the neighborhoods of our sites, form an integral part of a vibrant corporate culture and philosophy. This also means that initiatives and programs are carefully chosen and managed – in dialog and often in cooperation with Non Governmental
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Organizations (NGOs) that are prepared to work by mutual agreement to solve specific problems. This management of our social commitment is essential. Unilever nennt als Hintergrund seines gesellschaftlichen Engagements die Globalisierung und die in diesem Zusammenhang aufkommenden Ängste und Befürchtungen: As the world economy continues to integrate, we understand that real fears arise about local impacts. In Unilever we believe that companies, doing business in a responsible and sustainable way, can help to raise the quality of life and standards of living in some of the poorest parts of the world. This is especially so where business works in partnership with governments, international agencies and others to tackle the wider social, economic and environmental challenges that arise. Die holländische Bank ING bringt ihre CSR in Zusammenhang mit nachhaltigem Aktienwert: ING believes a focus on CSR contributes to the creation of long-term shareholder value. Motivated employees deliver the results that contribute to the business success as they are more likely to be productive and customer-focused. ING wants to be a good corporate citizen. This commitment to society is reflected in its relationship with Non Governmental Organisations (NGOs), international organisations and business suppliers and by ING’s sponsoring, volunteering and corporategiving activities around the world. Der britische Pharma-Riese GlaxoSmithKline verfügt sogar über ein eigenes Vorstandsmitglied für Community Partnerships und hat einen 10-Jahresplan für Exzellenz vorgelegt. GSK beeindruckt durch die Stringenz der Umsetzung der CSR, die es zugleich erlaubt, unfokussierte Spendenanfragen abzuwehren: „Our philosophy is to target support on selected programmes that are innovative, sustainable and which produce tangible results. Regional business managers are involved in the strategy and governance to ensure that programmes supported by
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GSK fulfil community needs. Most programmes are identified proactively through needs analyses and consultation with partner organisations; this means that we are unable to support most of the unsolicited requests that we receive.“
Business Case: Breite Verankerung im Unternehmen Welche Abteilungen und Mitarbeiter werden in das gesellschaftliche Engagement einbezogen? Noch immer prägt die Trennung von interner und externer Kommunikation die Arbeit in vielen Unternehmen. Was Shareholdern und bestimmten Interessengruppen mitgeteilt wird, das erreicht noch lange nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dies gilt leider auch für gesellschaftliches Engagement und Partnerschaftsprojekte. Viele Projekte werden in Stabsabteilungen konzipiert und mithilfe einer externen Agentur umgesetzt. Die Angestellten erfahren dann aus der Presse oder bei öffentlichen Verlautbarungen von dem gesellschaftlichen Engagement ihres Unternehmens. Ein solches Vorgehen verschenkt wichtige Möglichkeiten. Denn gesellschaftliches Engagement entfaltet seine volle Dynamik erst dann, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst breit in die Arbeit mit einbezogen werden. Strategische Planung und breite Umsetzung sind Aufgaben der Unternehmensführung und des CSRManagements; letztlich aber müssen Projekte von unten her wachsen und die Engagementbereitschaft der Mitarbeiter wecken. Diese Balance zu halten, stellt eine wichtige Herausforderung dar. Kompetenz, Kreativität und Engagementbereitschaft der Belegschaft sind das wichtigste Potenzial eines Unternehmens (sein „Humankapital“). Wird dieses Kapital auch für das gesellschaftliche Engagement genutzt? Viele Unternehmen befürchten bei einem verstärkten Einbeziehen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Beeinträchtigung des Kerngeschäfts: Die Leute sollen mit ihren Gedanken bei der Arbeit sein und nicht bei einem gesellschaftlichen
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Engagement. Andere meinen, eine solche Integration würde unzulässigerweise in die Privatsphäre eingreifen. Doch praktische Beispiele beweisen: Die Öffnung gesellschaftlichen Engagements für Mitarbeierinnen und Mitarbeiter löst eine positive Dynamik auch für das Stammgeschäft aus. Nur deshalb werden solche Programme von vielen internationalen Unternehmen schon seit Jahren immer wieder aufgelegt oder verlängert – und zwar auch in wirtschaftlich schwierigem Umfeld. Chancen liegen vor allem in einer Steigerung der Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ihrer Identifikation mit dem Unternehmen. Viele leiden unter Einseitigkeit und „Geistlosigkeit“ ihrer Tätigkeit. Sie suchen nach Sinn im Alltag. Empirische Untersuchungen zeigen, dass andauernde Frustration in diesem Bereich die berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Innere Kündigung, Dienst nach Vorschrift oder Krisen im persönlichen Bereich sind Folgen dauerhaften Sinnverlustes. Die große Arbeitsbelastung insbesondere verantwortlicher Manager lässt sie oft davor zurückschrecken, privat entsprechende Verpflichtungen einzugehen. Fehlende „Angebotsstrukturen“ tun hier vielerorts ein Übriges. Ein qualifiziertes Angebot für bürgerschaftliches Engagement wird oft dankbar angenommen – das zeigen Erfahrungen aus angelsächsischen, aber zunehmend auch aus deutschen Unternehmen. Oft bringen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich auch in ihrer Freizeit ein – und tragen damit ganz wesentlich zum Gelingen der Projekte bei. Werden die zur Verfügung stehenden betrieblichen Potenziale ausgenutzt? Gesellschaftliches Engagement von Unternehmen wird in Deutschland noch immer überwiegend mit Geldzahlungen und Spendenwesen identifiziert. Das ist vielleicht das größte Missverständnis, das die Verbreitung professioneller CSR-Praxis in Deutschland bis heute behindert. Geld nämlich ist bei weitem nicht alles, was Unternehmen zu Kooperationsprojekten einer aktiven Bürgergesellschaft beizusteuern haben. Unternehmen verfügen über eine Projektlogistik, über ein Problemwissen und über Netzwerke in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Alles das kann für das Gelingen eines Projektes viel wich-
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tiger sein als die finanzielle Unterstützung. In jedem Fall aber sind auch finanzielle Mittel besser angelegt, wenn diese kritischen Erfolgsfaktoren zu einem ganzheitlichen Engagement hinzutreten. Dazu müssen Engagements möglichst umfassend und auf intelligente Weise mit dem Alltagsgeschäft des Unternehmens verzahnt werden. Je mehr Schnittstellen es zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der verschiedenen Abteilungen gibt, desto größer ist die Identität stiftende Kraft der Arbeit intern und desto größer sind zugleich die Potenziale, die den externen Partnern zur Verfügung gestellt werden können. Gerade hinsichtlich der Bereitschaft zum betrieblichen Freiwilligenengagement („Corporate Volunteering“) zeigt sich, wie stark die deutsche CSR-Diskussion gegenwärtig an Fahrt gewinnt. Internationale Unternehmen stellen fest, dass sie noch vor weniger Jahren die Idee in Deutschland kaum kommunizieren konnten, während sich heute in vielen Bereichen schon mehr Freiwillige finden als etwa in Großbritannien. Damit ergeben sich auch neue Chancen für eine professionelle Umsetzung und breite Implementation von CSRProjekten. Ist das Engagement in die interne Kommunikation integriert? Regelmäßige Berichterstattung in internen und externen Medien ist die Voraussetzung dafür, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das gesellschaftliche Engagement ihres Unternehmens wahrnehmen und sich darin einbringen können. Manche Unternehmen haben hier eigene Instrumente entwickelt wie Info-Briefe, Internet-Präsentationen mit (bebilderten) Erfahrungsberichten etc. Beispiele aus dem Wettbewerb Auf regionaler Ebene hat der Metro-Konzern so genannte Metro Group Regional Meetings (MGRM) eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es, die Mitarbeiter der Vertriebslinien und Querschnittsgesellschaften beim Engagement in Kammern und Verbänden zu unterstützen. Außerdem koordinieren die MGRM die Meinungsbildung im Konzern
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zu wichtigen politischen Themen. Dies ist für einen Konzern wie die Metro-Gruppe naturgemäß von besonderer Bedeutung. Henkel wie auch der französische Versicherungskonzern Axa verfügen über elaborierte Systeme des betrieblichen Freiwilligenengagements. Bei Axa sind 20.000 Mitarbeiter freiwillig engagiert, das sind 15 % der Arbeitskräfte von Axa, die in 2.500 Projekten mit 1.600 Nichtregierungsorganisationen als Partnern weltweit eingesetzt werden. Axa wendet dafür Mittel in Höhe von 13 Mio. Euro auf. Die Henkel AG hat mit ihrem breit angelegten Projekt MIT („Miteinander im Team“) eine innerbetriebliche Infrastruktur zur Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen. Eine Internetplattform, in die auch interessierte Henkel-Pensionäre einbezogen sind, informiert über Engagementmöglichkeiten und gibt praktische Hilfen. Henkel nutzt diese Infrastruktur auch für sein Spendenwesen: Beim 125jährigen Firmenjubiläum wurden 125 Kinderprojekte weltweit gefördert. Die Royal Bank of Scotland ermöglicht es den Angestellten in Community Service Sabbaticals sogar, drei Monate bezahlten Urlaub zu nehmen, um in Nichtregierungsorganisationen für die lokale Gemeinschaft zu arbeiten. Mitarbeiter, die in dieser oder ähnlicher Form in das Engagement ihres Unternehmens einbezogen sind, identifizieren sich stärker und dienen als Botschafter im lokalen Umfeld. Fragen nach der Glaubwürdigkeit wirft dagegen die Art und Weise der Mitarbeiterintegration eines großen deutschen Logistikunternehmens auf: Hier verweist die CSR-Homepage auf einen privaten Verein, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegründet haben. Unklar bleibt, auf welche Weise das Unternehmen diese Arbeit unterstützt. Heftet man sich hier nur die Engagementbereitschaft einiger Aktivisten an die eigenen Fahnen? Betriebliches Freiwilligenengagement wird unglaubwürdig, wenn ein Unternehmen die private Engagementbereitschaft von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für seine Zwecke gebraucht, ohne es in die betrieblichen Abläufe zu integrieren und „sich zu Eigen zu machen“. Unternehmen nutzen auch andere betriebliche Potenziale für ihr Engagement. Medienunternehmen spenden Slots für ihre Partnereinrichtungen aus dem Charity-Bereich.
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Social Case: Problemorientierung und Innovationsgrad des Engagements Kriterien für die gesellschaftsbezogene Qualität eines Engagements lassen sich nur dann begründet ableiten, wenn man sich Rechenschaft über die Rolle gibt, die Unternehmen in gesellschaftlichen Fragen (überhaupt) spielen können und sollen. Dies ist in meinem ersten Beitrag zu diesem Band geschehen (s.o. S. 35 ff.). An dieser Stelle sollen nur mehr die Bewertungsfragen durchgegangen werden, die sich aus diesen Überlegungen ableiten. Welches ist das gesellschaftliche Problem, das durch das Engagement angegangen werden soll? Sich selbst und anderen Rechenschaft zu geben über das gesellschaftliche Problem, das man mit seinem Engagement angehen möchte, ist bereits eine wichtige Strukturierungsleistung. Warum gibt es dieses Problem? Wo ist der Bezug zur Geschäftstätigkeit des Unternehmens, warum macht es Sinn, sich damit zu beschäftigen? Wo genau liegt der Unterschied und spezifische Beitrag eines Projektes gegenüber den bereits erarbeiteten Problemlösungsbeiträgen anderer Organisationen (öffentliche Einrichtungen/Bürgergruppen/ Unternehmen)? So banal wie dieses Kriterium klingen mag: Viele Unternehmen verzichten in der Darstellung ihres Engagements auf irgendwelche Erklärungen, weiterführenden Überlegungen oder einen orientierenden Seitenblick auf andere Initiativen zur Thematik. Unter welcher Vorstellung handelt das Unternehmen so, wie es handelt? Welche Effekte erhofft es sich? Wie lässt sich die eigene Initiative zu anderen Ansätzen zuordnen? Der geneigte Betrachter wird alleine gelassen mit der Frage, warum das Unternehmen dieses Projekt und nicht ein anderes aufgesetzt hat. Es wird davon ausgegangen, dass ein Projekt „selbsterklärend“ ist – in dem Sinne, dass es auch einem flüchtigen Beobachter sofort einleuchtet. Leider sind solche intuitiv einleuchtenden Projekte nicht immer die besten. Denn angesichts der Komplexität sozialer Problemlagen
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oder auch bestimmter Herausforderungen in der Bildungs- und Gesellschaftspolitik ist den Betroffenen mit einer flüchtig angesetzten Initiative meist nicht zu helfen. Engagementwillige Unternehmen müssten sich tiefer in bestimmte Problemstellungen oder bereits vorliegende Erfahrungen einarbeiten. Wenn sie das nicht leisten können, werden sie sich mit Projektpartnern ergänzen (z. B. Nichtregierungsorganisationen wie Transparency International, Selbsthilfegruppen, Bildungs- und Sozialeinrichtungen, Umweltinitiativen etc.), die über entsprechendes Problemwissen verfügen.
Social Case: Soziale Einbettung und Vernetzung Arbeitet das Unternehmen mit erfahrenen Partnern aus der Bürgergesellschaft zusammen? Kommt es zum Aufbau von themenorientierten Netzwerken als Multiplikator der Arbeit des Unternehmens? Eins und eins sind drei: Das ist die Erfahrung von vielen – kleinen, mittleren und großen – Unternehmen, die ihr gesellschaftliches Engagement gemeinsam mit kompetenten Partnern aus der Bürgergesellschaft organisieren. Angesichts der komplizierten Problemlagen, die sich hinter Armut, Bildungsdefiziten, Umweltverschmutzung etc. verbergen können, gewinnt unternehmerisches Engagement durch eine Partnerschaft mit Bildungs- und Sozialeinrichtungen, Bürgergruppen, Kulturinitiativen etc. an Glaubwürdigkeit. Partner bringen mit ihrem z. T. jahrelangen Engagement in der Sache ein wichtiges Problemwissen ein. Sie verfügen häufig über Kontakte zu Politik oder Wissenschaft, was die Öffentlichkeitsarbeit erleichtert und die Wirksamkeit gemeinsamer Projekte erhöht. Ein Beispiel: Mit Spenden und Geldzuwendungen – den traditionellen Instrumenten unternehmerischen Bürgerengagements – ist Kindern und Jugendlichen, aber auch chronisch kranken oder vereinsamten alten Menschen nicht zu helfen. Sie brauchen das Engagement von professionellen Kräften, die zugleich Bezüge zu ihrem alltäglichen Umfeld aufweisen.
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Beispiele aus dem Wettbewerb Die Deutsche Telekom verfügt traditionell und auf Grund ihrer Kernkompetenz über Instrumente und Hilfsmittel, die ihr die partnerschaftliche Erarbeitung von Hilfsleistungen für Hilfe suchende Kinder und Jugendliche, aber auch alte Menschen ermöglicht. In dem Projekt „Sorgentelefon“ kooperiert sie schon seit mehr als 10 Jahren mit dem Kinderschutzbund. Weiterhin arbeitet der Konzern bundesweit mit Bildungsträgern und Verbänden zusammen, um Internet-Einführungskurse für Senioren anzubieten. Viele ältere Menschen leiden unter Kontaktarmut und Verlust von Beziehungen zur Außenwelt. Für sie bietet das Internet Möglichkeiten aktiver Kommunikation. Der Vorteil für die Telekom liegt auf der Hand: Wer in einem Kurs seine Berührungsängste überwunden hat, der abonniert in der Regel einen T-Online-Anschluss, um seine neu erworbenen Fähigkeiten anzuwenden. Doch ohne die Partner im Bildungs- und Verbandssektor wäre es kaum möglich, die Kurse in die Fläche zu bringen und eine große Anzahl von Seniorinnen und Senioren zu erreichen. Weit reichende Kooperationen mit lokalen Kräften geht der Rohstoffkonzern Suez SA ein. Die Initiativen Aquassistance (Wasserversorgung) und Electroassistance (Elektrifizierung) stellen in enger Kooperation mit Entwicklungshilfeinstitutionen das Know-how des Unternehmens für lokale Initiativen zur Verfügung und organisieren operative Hilfen für Entwicklungsprojekte. Lokale Komitees schlagen Projekte vor, das Engagement wird getragen von Suez-Mitarbeitern. Das Unternehmen profitiert durch weit reichende Netzwerke an seinen Standorten und durch die Motivationssteigerung seiner Mitarbeiter. Diese leiden mitunter an der sozialen Not, die sie an ihren Standorten erleben, und sehen sich durch das Engagement in die Lage versetzt, einen konkreten Hilfsbeitrag zu erbringen. In dem Projekt „Computer helfen heilen und leben“ arbeitet die Siemens Medizintechnik seit vielen Jahren mit Behindertenverbänden und Selbsthilfegruppen zusammen, um Anwenderwissen besser mit ihrer Entwicklungsarbeit von Hilfsmitteln für behinderte Patienten zu verzahnen. Durch die eingespielte Zusammenarbeit und den kontinuierlichen Austausch gelingt die zielgenauere Adressierung von Bedürftigkeiten der behinderten Patienten. Für das Unterneh-
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men haben sich durch die resultierenden Kontakte Vorteile ergeben, weil sich Siemens als Ansprechpartner für viele Kooperationsprojekte positioniert hat.
Social Case: Aufbau von Problembewusstsein und „Sozialem Kapital“ Arbeitet das Unternehmen (aus seinen Projekten heraus) an allgemeinem Problembewusstsein und neuen Bildungsinhalten zu „seiner“ Thematik? Trägt es seine Erfahrungen in die Öffentlichkeit und nimmt an der gesellschaftlichen Diskussion zur Thematik teil? Die öffentliche Diskussion ist der Ort, an dem sich Bürgerinnen und Bürger über wichtige Themen ihres gesellschaftlichen Lebens verständigen. Hier werden Initiativen und Maßnahmen bis hin zur möglichen Veränderung gesetzlicher Rahmenbedingungen vorbereitet. Ernsthaftes Engagement für das Gemeinwesen wird über kurz oder lang auch zur Teilnahme an der öffentlichen Diskussion einer bestimmten Thematik führen. Dabei geht es nicht (nur) um Selbstdarstellung nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“. Vielmehr sollen auch Erfahrungen aus dem gesellschaftlichen Engagement weitergegeben und Anstöße zur Nachahmung gelungener Modelle bis hin zu entsprechendem politischen Handeln gegeben werden. Die proaktive Teilnahme eines Unternehmens an der öffentlichen Diskussion ist ein wichtiger Bestandteil seines „Corporate Citizenship“. Beispiele aus dem Wettbewerb Als international tätiger Rückversicherer hat die Swiss RE ein „Center for Global Dialogue“ gegründet. Dieses internationale Diskussionsforum soll in Zusammenarbeit mit dem Sustainability-Forum Zürich als interdisziplinärer Think Tank Zukunftsthemen wie KlimaWandel, Wirtschaftsverbrechen, Biotechnologie etc. in der Öffent-
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lichkeit diskutieren. Um für diese Aufklärungsarbeit eine Breitenwirkung zu erzielen, hat sich das Unternehmen an den Produktionskosten des Films „The Global Warming“ beteiligt. Unilever hat gemäß seiner Kernkompetenz als Nahrungs- und Waschmittelmulti für sein Engagement einen Fokus auf Ernährung (Aufklärungsprogramme in UK für Kinder und Jugendliche) bzw. Hygiene gelegt. Im Hygiene-Bereich fehlt es oft an Problembewusstsein: Mangelnde Sauberkeitspraxis führt jährlich millionenfach zu gefährlichen Erkrankungen und Todesfällen. Das UnileverProjekt „Hände-waschen“ sensibilisiert die Öffentlichkeit in Polen und Indien. Weitere Aufklärungsprogramme in Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen erreichen ca. 90 Mio. Menschen weltweit. Daneben hat Unilever das IFH (International Scientific Forum on Home Hygiene) gegründet. Hier wird in Kooperation mit Wissenschaftlern ein Programm zur Vermeidung überflüssiger Keime konzipiert, das breit kommuniziert werden soll. Baut das Unternehmen an der Gestaltung besserer Regeln und politischer Institutionen mit? Ein Unternehmen, das aus seiner Projektarbeit oder Kenntnis lokaler Gegebenheiten und Probleme heraus an der Gestaltung besserer Regeln oder politischer Institutionen mitarbeitet, stellt dadurch sicher, dass positive gesellschaftliche Wirkungen breitflächig umgesetzt werden. Modelle, die sich in Corporate Citizenship-Projekten bewährt haben, werden dadurch sozusagen „auf Dauerbetrieb“ gestellt. Für die Unternehmen resultieren aus dieser Arbeit breite öffentliche Wahrnehmbarkeit und mögliche Kontakte zu politischen und publizistischen Eliten. Beispiele aus dem Wettbewerb Für Royal Dutch Shell ist Nigeria ein wichtiger Standort. Die Förderung nigerianischen Öls kommt zugleich immer wieder in die Schlagzeilen der Weltöffentlichkeit – mit negativen Rückmeldungen für die Ölproduzenten selbst. Ein wichtiges Problem in diesem Zu-
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sammenhang ist der z. T. bürgerkriegsartige Konflikt von Stämmen im Fördergebiet. Shell bemüht sich hier um die Reduktion von Feindseligkeiten unter den Stämmen der Anwohner. Dazu veranstaltet das Unternehmen einen jährlichen Workshop mit lokalen Führern, Politikern und internationalen Experten zum Abbau der Spannungen. Die Festlegung der Tagesordnung erfolgt in Absprache mit Beteiligten. Das Ziel liegt in der Vereinbarung gemeinsamer Aktivitäten zur Verbesserung der Lebenssituation in der Region. Die Institution des jährlichen Workshops wird durch begleitende Aktivitäten des Konzerns unterstützt. Die Bank Austria, Tochterunternehmen der HypoVereinsBank hat sich erfolgreich auf die Bearbeitung der Märkte Mittel- und Osteuropas konzentriert. Doch die Bank will in den Schwellenländern nicht nur Geschäfte machen. Die Europa-Foren der Bank Austria dienen der vieldimensionalen Vernetzung und gemeinsamen Diskussion wichtiger Themenfelder der betroffenen Länder. Die Entstehung breiter Netzwerke in den Beitrittsländern dient als „soziales Kapital“ für deren eigene Entwicklung, unterstützt aber auch die Arbeit der Bank Austria.
Schlussbemerkungen Unternehmen kommt für die Lösung gesellschaftlicher Probleme im 21. Jahrhundert eine enorme Bedeutung zu. Aktive Bürgergesellschaft im globalen Maßstab wird Teile jener Funktionen übernehmen, die im 20. Jahrhundert ausschließlich bei Politik und Diplomatie lagen. Doch um diesen gewachsenen Herausforderungen zu entsprechen, muss gesellschaftliches Engagement von Unternehmen noch erheblich an Professionalität gewinnen. Unsere Kriterien – und ihre Umsetzung im Ranking – wollen eine Hilfestellung auf diesem Weg leisten.
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Sustainability: Transformationen eines Leitbegriffs Sam Vaseghi und Markus Lehni Environment & Sustainability, Deloitte
CSR: Die Wende der Sustainability Historisch bedingt durch die wachsenden sozialen Herausforderungen, die sowohl von der Gesellschaft an die Unternehmen gestellt werden als auch von den Unternehmen selbst, hat sich in der letzten Dekade aus einer Vielfalt innovativer und sozialkritischer Ansätze, wie Business Ethics, Corporate Citizenship, Corporate Accountability und Sustainability, der umfassende Begriff der Corporate Social Responsibility, kurz CSR, herauskristallisiert: der Weg, geschäftlichen Erfolg im Einklang mit gesellschaftlichen Anforderungen, ethischen Wertvorstellungen, zum Wohl der Menschen, ihrer Gemeinschaft und der Umwelt zu gestalten. Damit erreicht das Thema Nachhaltigkeit, bzw. Sustainability, eine entscheidende Wende. In diesem Sinne hat sich die klassische Vorstellung der Nachhaltigkeit nämlich in ein effizientes Portfolio von Policies, Practices und Programmen gewandelt, die den gesamten Bereich der Business Operations, der Supply Chains und der Entscheidungsfindungsprozesse im Umfeld des Unternehmens durchleuchten und somit für höhere Transparenz und Wertsteigerung sorgen. Im weitesten Sinne erstreckt sich die heutige Agenda der CSR über sieben Bereiche (siehe Abb. 1):
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x Business Ethics x Community Investment x Umwelt x Governance x Menschenrechte x Markt x Arbeitsplatz Die Sustainability im Sinne der CSR stellt nicht eine Sammlung rigider Best Practices, Regulierungen bzw. Standards dar, vielmehr erhebt sie in einem hohen Maße den Anspruch auf Flexibilität und Vielfalt. Gerade dieser Balance-Akt zwischen Standards und Flexibilität, zwischen Reglements und Freiheit, integriert in einen nachhaltig erfolgreichen Businesskontext, stellt ein zentrales Anliegen des modernen Nachhaltigkeitsbegriffs der CSR dar (siehe z. B. den aktuellen AA1000 Standard). Die zunehmende gesellschaftliche, aber auch wirtschaftliche Bedeutung von CSR lenkt immer stärker die Aufmerksamkeit von Unternehmen und Stakeholdern auf sich, hierzu zählen neben Shareholdern und Analysten u. a. auch die Politik, die öffentlichen Behörden, die Regulierungsorgane, die Kommunen, die Aktivisten, die Gewerkschaften, die eigenen Mitarbeiter, die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sowie die Medien. Vor dem Hintergrund der Globalisierung stellen nunmehr die Stakeholder in Anbetracht der Wirtschaftlichkeit, der gesellschaftlichen Zusammenhänge und der Umweltaspekte nicht nur die Frage der Nachhaltigkeit des Unternehmens selbst, sondern auch der übergreifenden Performance über ihrer gesamten Supply Chain (CSRPerformance) sowie der sich stets wandelnden sozialverantwortlichen Kern-Anliegen (CSR-Issues). Dies reflektiert sich in der heutigen Unternehmenslandschaft immer stärker im Kontext des unternehmensweiten Issue und Risk Managements. Ohne Zweifel wird in den nächsten Jahren das Thema des quantitativen und qualitativen Beitrags der CSR zur Corporate Performance immer intensiver von den Unternehmen in den Fokus gesetzt.
•Cirruption •Bribery •Ethics Codes •Ethics Values •Ethics Training •Political Contribution
•Community Economic Development •Community Partnerships •Developing Underutilized Workforce •Employing Underutilized Workers •Global Community Investment •Minority and Women Business Development •Minority Franchising and Dealerships •Philantropoic Investment in CED •Philantropy •Product and Service Donations •Retail Site Selection •Voluteerism and Release Time
Business Ethics Community Investment •Climate Change •Energy Efficiency •Extended Product Responsibility •Forest Frriendly Practices •Green Building Design •Green Power •Green Product Design •Supplier Environmental Management •Sustainable Business Practices •Waste Reduction •Resource Productivity •Water Issues
Environment •Child Labour •Codes of Conduct •Discrimination •Forced Labor •Freedom of Association •Internal Monitoring •Living Wage •Migrant Labor •Monitoring of Global Supply Chain Practices •Rights of Indigenous Peoples
Human Rights
Mission Vision Values
•Broad Diversity •CSR Governance Structures •Stakeholder Engagement •Verification •Cause Related Marketing •Privacy
Governance & Marketplace Accountability
Corporate Social Responsibility
•Contingent Workforce •Dependent Care •Diversity •Domestic Partner Benefits •Downsizing •Flexible Scheduling •Health and Wellness •HIV/AIDS in the Workplace •Employee Privacy •Religion in the Workplace •Worklife
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Abb. 1. Umriss der CSR-Agenda (Quelle BSR).
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Neue Horizonte der Corporate Performance CSR-Performance als Gegenstand der Corporate Performance zielt auf materielle und immaterielle Wertsteigerung für das Unternehmen, die Gesellschaft und die Umwelt. Diese nachhaltige Wertsteigerung im Sinne CSR setzt im Kontext eines wertorientierten Managements die Beantwortung dreier Grundfragen voraus: x Durch welche Treiber kann eine nachhaltige Wertsteigerung erzielt werden, was sind Value Drivers? x Was muss man zur Erzielung einer nachhaltigen Wertsteigerung im Hinblick auf die Geschäftsprozesse, die Assets und die Organisation tun? x Wie kann man tragfähige Veränderungen herbeiführen, damit eine nachhaltige Wertsteigerung erzielt werden kann? Auf der Ebene der gesamten gesellschaftlichen Verantwortung jedes Unternehmens spiegeln sich diese Fragen in einem Maßnahmenkatalog zur Verbesserung und Effizienzsteigerung der Corporate Performance wider: x Verbesserung der finanziellen Performance x Herabsetzung der betrieblichen Kosten x Veredelung von Brand Image und Reputation x Absatzsteigerung und bessere Kundenbindung x Erhöhte Produktivität und Qualität x Höheres Potenzial der Mitarbeitergewinnung und -bindung x Geringere Regulierung durch Aufsicht x Besserer Zugang zu Kapitalquellen Dieser umfassende und unternehmensübergreifende Maßnahmenkatalog stellt schon auf Grund der Bandbreite der unterschiedlichen unternehmensspezifischen Anliegen, Zielsetzungen und methodischen Ansätze in der Praxis eine massive Herausforderung dar, die
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vom Management sowohl aus strategischer als auch operativer Sicht zu bewältigen ist. Im Sinne des CSR-Managements haben sich die verschiedenen Themen in den letzten Jahren immer stärker und übergreifender in unterschiedlichen Managementarealen angesiedelt: x Issue Management x Change Management x Strategische Integration x Stakeholder Relations x Partnership Broking x Marketing und Corporate Communications x Community Involvement Doch so komplex die verschiedenen Maßnahmen und Management Tools erscheinen mögen und so unterschiedlich die spezifischen Anforderungen von und an Unternehmen sein mögen, die zentralen Grundfragen zur nachhaltigen CSR-Performancesteigerung bleiben dieselben.
Neue Wege des Denkens und Handelns Die Vielschichtigkeit der Themen sowie die wachsende Bedeutung und Aufmerksamkeit, mit der die multinationalen Konzerne ihre Verantwortung für die gesellschaftlich und umweltrelevanten Anliegen in den Fokus ihrer Denkweise und ihres Handelns setzen, spiegelt sich in der rasanten Entwicklung der CSR in den letzten Jahren wider. Verstärkt wird dieser Prozess durch die wachsende Globalisierung und Vernetzung der Märkte sowie des weltweiten Booms der Informationsgesellschaft. Hieraus lassen sich die zentralen Entwicklungstrends wie folgt zusammenfassen: x Steigender Aktivismus und Engagement der Stakeholder x Steigende Entwicklung von Codes, Standards, Indikatoren und Richtlinien
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x Ausdehnung der sozialen Verantwortlichkeit über die gesamte Wertschöpfungskette x Wachsende Anforderungen an Transparenz und systematisches Reporting x Herausforderung der Quantifizierung des CSR-Beitrags zum Return-on-Investment x Veränderungen und Fortschritte aus der Informationstechnologie x Zunehmendes Interesse und Aktionsbereitschaft der Regierungen x Strengere Erwartungshaltung der Investoren x Stringentere Aufnahme der CSR in den Kontext von Governance
Von Sustainability zur CSR: Beispiel Umwelt Betriebliche Umweltleistung Die betriebliche Umweltleistung setzt sich immer stärker über die Grenzen der klassischen Umweltstandards hinaus. Zwar greift die Qualität der operativen Umweltleistung weiterhin auf die Ressourceneffizienz zurück, der Reduktion des Impacts; jedoch stellen sich immer deutlicher übergreifende Themen wie etwa der Risikominimierung und Chancennutzung, unter gleichzeitiger Kostenreduzierung und Wertsteigerung, sowie des proaktiven antizipierenden Handelns in den Vordergrund. Hierbei geht es nicht alleine darum, den Ist-Zustand der betreffenden Umweltleistungen zu überprüfen und anhand gegebener Standards zu evaluieren, sondern vielmehr zukunftsorientiert Risiken und Chancen zu identifizieren, die sich in Hinblick auf die Umweltperformance des Unternehmens in den kommenden Jahren weiter immanent auswirken. Dabei stellt man sich nicht nur die Frage, wie es in einem Unternehmen in Sachen betrieblicher Umweltleistung aussieht oder aussehen sollte, sondern welche Potenziale bestehen, um kurzfristig bzw. langfristig einen entscheidenden Wertebeitrag zu leisten.
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Auch die Mentalität des proaktiven Denkens und Handelns setzt sich immer stärker in Sachen Nachhaltigkeit durch: Es kommt nicht nur darauf an, eine jährliche Bestandsaufnahme der betrieblichen Maßnahmen und Aktivitäten durchzuführen oder nur einen Schritt weiter Vorbeugungsmaßnahmen in Betracht zu ziehen, sondern vielmehr die Veränderungsprozesse, in die ein Unternehmen involviert ist, ernsthaft heranzuziehen und die betriebliche Umweltleistung der Zukunft darauf abzustimmen: Ziele zu setzen, zu planen, neue Wege anzubahnen und bei Einhaltung der strategischen Vorgaben und der entsprechenden Key-Performance-Indikatoren Geplantes umzusetzen.
Beispiel: betriebliche Umweltleistungen • Erkennen und Bewerten der für das Unternehmen relevanten betrieblichen Umweltaspekte • Umsetzungsprogramme für diese Aspekte • Ziele und Maßnahmen, die über das gesetzlich oder minimal Geforderte hinausgehen • Vorausschauende und integrierte Umweltschutzmaßnahmen (nicht nur end-of-pipe) • Proaktiver und offener Umgang mit Umweltrisiken • Umweltkosten/Investitionen und Nutzen-Management (Ökoeffizienz) • Distanzierung von umweltschädlichen Prozessen und Praktiken • Keine größeren Umweltschäden in der betrieblichen Leistung während der letzten zwei Jahre
Abb. 2. Betriebliche Umweltleistungen.
Umweltaspekte der Wertschöpfungskette Im Zuge der Globalisierung und insbesondere bei multinationalen Konzernen wächst die Verflochtenheit der Umweltaspekte mit der Wertschöpfungskette ständig deutlicher. Damit entstehen immer komplexere Anforderungen an die Beziehungen mit Lieferanten und Kontraktoren. Größere Unternehmen übernehmen gegenüber kleineren Lieferanten die Rolle der Controllers und Drivers in Sachen Umwelt. In diesem Zusammenhang fließen auch die Anliegen der Supply- und Distributionslogistik ein. Hierdurch manifestieren sich die Unternehmen auf der Achse ihrer Umweltaktivitäten immer deutlicher über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus und nehmen eine entscheidende gesellschaftlich treibende Rolle wahr, bei der sie auf andere Beteiligte der Wertschöpfungskette globalen Ein-
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fluss nehmen können. Der heutige Trend setzt sich eindeutig über die klassischen Themen wie etwa des Einbezugs der Entsorgung und Rücknahmen, des Recyclings, hinaus.
Beispiel: Umweltaspekte entlang der Wertschöpfungskette • Erkennen und Bewerten der entlang der gesamten Wertschöpfungskette relevanten Umweltaspekte oder Umweltaspekte von Lieferanten, die Dienstleistungen erbringen • Umsetzungsprogramme für diese Aspekte • Umweltanforderungen an Lieferanten und Dienstleister und Beschreibung deren Leistung • Umweltaspekte (auch Entsorgung oder Wiederverwendung) sind in Entwicklungsprozessen und im Produktdesign eingezogen • Distanzierung von umweltschädlichen Produkten oder Produkteigenschaften • Keine größeren Umweltschäden durch Produkte des Unternehmens in den letzten zwei Jahren
Abb. 3. Umweltaspekte entlang der Wertschöpfungskette.
Eine weitere Drehscheibe hinsichtlich der Umweltaspekte der Wertschöpfungskette stellt das „Produkt“ selbst dar. Design-for-Environment auf einer Seite und Produkt-Lebenszyklus-Analysen andererseits ermöglichen es, umweltrelevante Aspekte bereits in der frühen Phase des Produkt-Entwurfes und der Produktplanung mit in die Überlegungen einfließen zu lassen. Hierdurch werden die Auswirkungen sowohl in betrieblicher Hinsicht als auch im Hinblick auf die ganze Wertschöpfungskette, die die Produkte durchlaufen, systematisch analysiert. Gleichzeitig werden jedoch die Erkenntnisse gezielt zur Steuerung der Umweltperformance der Wertschöpfungskette in die „DNA“ der Produkte „vorprogrammiert“. Ökologische Innovation Während die Unternehmen in der Vergangenheit unter ökologischer Nachhaltigkeit vielmehr „ökologische Konservierung“ verstanden haben, stellt sich heute heraus, dass im Konsens der gesellschaftlichen Verantwortung die ökologischen Erneuerungen und Innovationen immer stärker an Bedeutung gewinnen. Der Beitrag des Unternehmens mit seinen Produkten und Dienstleistungen zur Lösung wichtiger Umweltprobleme, wie etwa Klimawandel, Frischwasserknappheit und Naturverbrauch sowie die
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Beseitigung ökologisch relevanter Entwicklungshemmnisse oder Fehlentwicklungen in der Gesundheit und im Verkehr, stellen in diesem Zusammenhang direkte gesellschaftlich immanente Themen dar, die im Rahmen innovativer Projekte von den Unternehmen in Angriff genommen werden. Doch auch die ökologische Innovation innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette, der eigenen innerbetrieblichen Leistungen und Prozesse, wird in den letzten Jahren von den Unternehmen massiv vorangetrieben.
Beispiel: ökologische Innovation • Lösung von wichtigen Umweltproblemen ist Teil der Unternehmensvision, Strategie und Unternehmenskultur • Das Unternehmen befasst sich aktiv damit, mit neuen und innovativen Produkten oder Dienstleistungen zur Lösung solcher Probleme beizutragen • Das Unternehmen hat solche Produkte oder Dienstleistungen im Angebot und diese sind Teil der Geschäftsstrategie • Umweltaspekte sind in die strategische Planung des Unternehmens (Marktpositionierung, Produktportfolio, Standortwahl etc.) einbezogen • Umweltaspekte sind in Marketing und Produktbeschreibungen enthalten, Umwelt ist Teil der Marketingstrategie und des Unternehmensauftritts
Abb. 4. Ökologische Innovation.
Integration in Geschäftsprozessen Die Implementierung der vielen Qualitätssicherungsstandards, bestärkt durch die Vielfalt der informationstechnologischen Ansätze in den Unternehmen, haben in den letzten Jahren gezeigt, dass weder Standards noch Technologie alleine die Umweltperformance des Unternehmens im Hinblick auf die Geschäftsprozesse gewährleisten können. Vielmehr hat die unternehmerische Praxis gezeigt, dass die Integration von Umweltaspekten in Managementstrukturen und Prozessen weniger eine Sache der Standards, sondern wie vorhin erwähnt, vielmehr eine Sache des Veränderungsmanagements ist, also zurück zu den Grundfragen: x Durch welche Treiber kann eine nachhaltige Wertsteigerung in den Prozessen erzielt werden, d. h. durch welche Value Drivers?
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x Was muss man zur Erzielung einer nachhaltigen Wertsteigerung im Hinblick auf die Geschäftsprozesse, die Assets und die Organisation tun? x Wie kann man tragfähige Veränderungen herbeiführen, damit eine nachhaltige Wertsteigerung in den Prozessen erzielt wird? Hierbei stellen sich zentrale Themen der Planung, der Zieldefinition, des Controlling, der Management-Reviews, der Leistungsbeurteilung usw. bis hin zum Balanced-Scorecard, in den Mittelpunkt der Geschäftsprozessoptimierung und des Environmental-Alignments.
Beispiel: Integration von Umweltaspekten in Geschäftsprozessen • Umweltschutz ist in der Vision, den Werten, der Strategie und den übergeordneten Zielen des Unternehmens enthalten • Das Unternehmen hat eine Umweltpolitik festgelegt und konkrete Umweltziele gesetzt • Strukturen und Verantwortlichkeiten für Umweltaspekte sind festgelegt, die auch das obere Management einbeziehen • Das Unternehmen hat ein integrales und funktionierendes Umweltmanagementsystem (plan – do – check – act) • Das Umweltmanagementsystem erfüllt anerkannte Standards und ist zertifiziert (z. B. nach ISO 14001, EMAS) • Umwelt-Performance wird für alle Geschäftsprozesse (nicht nur in der Leistungserstellung) ermittelt, die Zielerreichung ist Teil der Leistungserstellung (z.B. Balanced Scorecard) • Umweltaspekte sind in die individuelle Zielsetzung und Zielerreichung einbezogen • Mitarbeiter auf allen Ebenen sind in die Umweltleistungen der Unternehmung einbezogen (z.B. Vorschlagswesen)
Abb. 5. Integration von Umweltaspekten in Geschäftsprozessen.
Dialog mit Stakeholdern und Kooperationen Die taktische Stellung der Unternehmen in Bezug auf die kritischen Stakeholder wendet sich in den letzten Jahren deutlich von der defensiven Haltung hin zum Dialog und vom passiven Dialog hin zum proaktiven Dialog. Die Taktik des konstruktiven Umgangs mit allen Beteiligten einer Dialogrunde wird stärker angestrebt: Kritische Gegner sind willkommen, da sie einen entscheidenden Wertbeitrag liefern können. Darüber hinaus können im kontinuierlichen und beständigen Dialog Kräfte, unerheblich ob pro oder contra, effizienter und effektiver
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auf konstruktive Lösungsansätze und deren Umsetzung gerichtet werden. Bei dieser Vorgehensweise richten Unternehmen gezielt im Rahmen strategischer Ansätze Kooperationen und Partnerschaften aus und schlagen Brücken zur Gesetzgebung, Branche, Forschung, Bildung, Gesellschaft, um Umweltaspekte nicht im ultimativen Affront, sondern im konstruktiven Dialog und langfristig im Rahmen ihrer strategischen Überlegungen einzubeziehen.
Beispiel: Dialog mit Stakeholdern und Kooperationen bezüglich Umwelt • Aktiver Dialog mit Stakeholdern bezüglich Umweltaspekten • Offenheit im Dialog für Kritik, Vorschläge und Veränderungen • Zusammenarbeit mit Behörden, wissenschaftlichen Institutionen, NGOs, Lieferanten Branchenorganisationen etc. • Partnerschaften mit solchen Organisationen zu Umweltthemen • Beteiligung an Forschungsprogrammen zu relevanten Umweltthemen • Beteiligung an Entwicklung und Veränderungen von Rahmenbedingungen
Abb. 6. Dialog mit Stakeholdern und Kooperationen.
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Die Anforderungen des Kapitalmarktes: Transparenz, finanzielle Stärke und Performance Jens Hecht CFA, Vorstand, Kirchhoff Consult
Wirtschaftlicher Unternehmenserfolg: Zentraler Bestandteil von Corporate Social Reponsibility Das fundamentale Ziel der Eigenkapitalgeber ist zweifelsfrei die Maximierung der Rendite auf das eingesetzte Kapital. Folglich ist es somit Ziel jeder Unternehmensführung, das Vermögen der Gesellschafter nachhaltig zu erhöhen. Die Schaffung eines „ökonomischen Mehrwertes“ steht nicht im Widerspruch zu einem nachhaltigen Geschäftskonzept, das ökologische und soziale Aspekte mit berücksichtigt. Das Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR) bedeutet nicht – wie einige Kritiker behaupten – auf der einen Seite die ethischen und ökologischen Standards zu erhöhen und auf der anderen Seite klassische Unternehmensaufgaben, wie das Erreichen monetärer Zielgrößen zu vernachlässigen oder gar aus den Augen zu verlieren. Das Gegenteil ist der Fall: Die Ausrichtung der Unternehmensstrategie am CSR-Gedanken ist mittel- bis langfristig von großer Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg. Denn Unternehmen beweisen Weitblick, wenn sie sparsam mit Energie umgehen, ihre Mitarbeiter gut behandeln und ihre Rolle in der Gesellschaft aktiv wahrnehmen.
Jens Hecht Ge se lls ch aft
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- Ressourcen-Effizienz - Produkt-Biographie
- Strategieund Finanzplanung
- Umweltmanagement
- Qualitätsmanagement
- Umweltstrategie und -politik
- Risikomanagement - Corporate Governance
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- Stakeholder-Management - Mitarbeiterzufriedenheit - Soziale Mindeststandards
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Wirtschaftlicher Erfolg
- Anti-Korruption - Spenden
Abb. 1. Sustainability-Dreieck.
Abb. 2. Entwicklung Dow Jones Sustainability Index. Quelle: Dow Jones.
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Der Kapitalmarkt – als Antriebsfeder globaler Finanz- und Warenströme – honoriert eine nachhaltige Unternehmenspolitik, da sie mit einer guten finanziellen Performance einhergeht. So zeigt die Entwicklung des Dow Jones Sustainability Index (DJSI) über einen Zeitraum von knapp 11 Jahren eine überdurchschnittliche Performance gegenüber dem breiten Marktindex mit 49 Prozentpunkten.
Transparenz: Basis für die Beurteilung der Performance Aus der Trennung von Besitz und Kontrolle entsteht ein potenzieller Konflikt zwischen Management und Eigentümern, hervorgerufen durch die unterschiedlichen Interessen und Informationsstände der beiden Parteien. Es existieren somit zwei zentrale Konfliktpunkte: zum einen das Kontrollproblem durch die ökonomischen Eigentümer; zum anderen die asymmetrische Verteilung der Informationen zwischen dem Management und den Aktionären. Die Wirtschaftwissenschaft spricht vom Prinzipal-Agenten-Konflikt. Ein hohes Maß an Transparenz hilft, den Konflikt aufzulösen. Nimmt ein Unternehmen seine Rolle als Corporate Citizen an, ist es zu Transparenz verpflichtet. Nur eine offene Kommunikation schafft Vertrauen und erlaubt eine externe Beurteilung. Die unterschiedlichen Stakeholder haben diverse Anforderungen an die Kommunikation. Zu den Anforderungen der Professionals (Financial Community, NGOs, Fachjournalisten, Behörden u. a.) zählen: x Aufbereitung und Umgang mit kritischen Themen x Veröffentlichung detaillierter daten- und faktengestützter Informationen x Hohe Ansprüche an Glaubwürdigkeit und Transparenz x Direkter kontinuierlicher Dialog, Einbindung in Unternehmensund Nachhaltigkeitsstrategie Anforderungen der breiteren Öffentlichkeit, Mitarbeiter, Kunden sind u. a.:
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x Größere unternehmerische Verantwortung gegenüber „Mensch und Umwelt“ x Gestiegene Erwartungen an das soziale Engagement und gesellschaftliche Verhalten (Corporate Citizenship) x Kommunikationsstil als wichtiger Imagefaktor (Offenheit) x Dialogorientierung Die beiden entscheidenden Impulsgeber sind die NGOs sowie die Unternehmen. Die Forderung, alles den Märkten zu überlassen, kann nicht die angemessene Antwort sein.
Analysten/Broker
Wirtschaftsprüfer
9 Schaffung von nationalen und internationalen Standards Bildungseinrichtungen 9 CSR als Lehrinhalt
Consultants
9 Aufnahme in die Analyse- und Research-Tools 9 Verbreitung des CSR-Gedanken
9 Anlehnung der Research- und Analyseprozesse an den CSRPrinzipien
Investoren 9 Verändertes Investitions- und Analyseverhalten infolge CSRSensibilisierung
Erhöhtes Vertrauen in den Kapitalmarkt
Unternehmen
Erhöhtes VerantwortungsBewusstsein der Gesellschaft
9 Implementierung der CSR-Prinzipien sowie transparente Offenlegung und Kommunikation
Nicht-staatliche Organisationen 9 Verbreitung von geprüften CSRInformationen für Unternehmen und Öffentlichkeit
Behörden/Börsen/ Regierungen 9 Anpassung des Berichtswesen an CSR-Vorgaben
Abb. 3. Wirtschaftsteilnehmer und deren CSR-Impulse.
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Beurteilungskriterien Eine an Nachhaltigkeit orientierte Unternehmens-Strategie setzt eine transparente Unternehmenskommunikation voraus, um von der Gesellschaft – und speziell vom Kapital- und Finanzmarkt – auch als ein solches Unternehmen wahrgenommen zu werden. Eine transparente Unternehmenskommunikation beinhaltet zwei wesentliche Punkte: zum einen die Offenheit, um Einblicke in die Unternehmensaktivitäten zu erhalten und nachvollziehen zu können; zum anderen die Glaubwürdigkeit, die auf gegenseitiger Fairness basiert und sehr leicht zu einem Vertrauensverlust führen kann. Die Beurteilung der Transparenz setzt sich im Wesentlichen aus zwei Bausteinen zusammen, die jeweils gleich gewichtet werden. Zum einen die „nachhaltige“ Kommunikation in den Bereichen Umwelt, Mitarbeiter und Gesellschaft. Zum anderen die Transparenz zu Themen, die insbesondere die Kapitalmarktteilnehmer interessieren: Finanzberichterstattung, Unternehmensführung / Wertmanagement sowie Strategie.
Transparenz und Kommunikation
Umwelt
Mitarbeiter
Gesellschaft
Finanzberichterstattung
Unternehmensführung und Wertmanagement
Strategie
Je 2,5 Punkte
Finanzielle Stärke und Performance
15
15
EK-Quote, EBIT-Marge, TSR, Volatilität und Wachstum Cash Flow
Gesamtpunktzahl:
30
Abb. 4. Transparenz und finanzielle Stärke/Performance – Bewertungsschema.
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Die finanzielle Stärke und Performance der Unternehmen sind für alle Stakeholder von Interesse. Zum einen erwarten die Anteilseigner eine attraktive Verzinsung ihres Kapitals durch Dividenden und Kursteigerungen. Zum anderen können nur wirtschaftlich gesunde und erfolgreiche Unternehmen Steuern zahlen, Mitarbeiter einstellen und in Zukunftsprojekte investieren. Die Beurteilung basiert einerseits auf klassischen Kennzahlen der Bilanzanalyse sowie der tatsächlichen mittelfristigen Aktienkursentwicklung im Vergleich zur Benchmark Stoxx50. Transparenz und Kommunikation Die Transparenz der Berichterstattung in den Bereichen Umwelt, Mitarbeiter und Gesellschaft wurde im Rahmen der Gesamtbeurteilung durch die Gutachter der Bereiche vorgenommen (siehe hierzu die entsprechenden Kapitel dieses Buches). Im Mittelpunkt der transparenten Berichterstattung steht die inhaltliche Qualität der Geschäftsberichte. Weitere Punkte wurden für die Umsetzung von internationalen Rechnungslegungsstandards die Publikation von Quartalsberichten sowie zeitnahe Veröffentlichung der Finanzdaten vergeben. Obwohl die Quartalsberichterstattung teilweise in der Öffentlichkeit auf Grund beispielsweise möglicher Fehlinterpretationen oder einer zu kurzfristigen Orientierung der Unternehmen kritisiert wurde, gingen diese unterjährigen Berichte positiv in die Bewertung ein. Quartalsberichte sind aus unserer Sicht ein wichtiges Element, um den Kapitalmarkt regelmäßig zu informieren, Vertrauen aufzubauen und Überraschungen zu vermeiden. Ebenfalls wurde der Umfang der Informationen der Internetseiten – vor allem zu den Themen Investor Relations und Corporate Governance – bewertet. Am besten – mit über 80 % der möglichen Punkte – schnitt das finnische Unternehmen NOKIA ab; schlechtestes börsennotiertes Unternehmen ist die französische Handelskette Carrefour mit 29 %. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Franzosen publizieren keine Quartalsberichte, bilanzieren bisher nicht nach den internationalen Rechnungslegungsstandards und stellen den Aktionären im Internet vergleichsweise wenige Informationen zur Verfügung. Als Vergleich
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Kriterien Finanzberichterstattung x Quartalsberichterstattung x Zeitnahe Veröffentlichung von Geschäfts- und Zwischenberichten x Inhaltliche Qualität des Geschäftsberichts x Umfang Investor Relations im Internet x Internationale Rechungslegung x Risikoberichterstattung dazu bietet NOKIA eine sehr zeitnahe Finanzberichterstattung nach internationalen Standards. Die kompletten Jahreszahlen werden bereits im Januar veröffentlicht. Insgesamt schneiden die französischen Unternehmen nur mäßig ab. Viele berichten noch nach „French GAAP“ und publizieren keine Quartalsberichte. Hier verfügen die deutschen Unternehmen über einen deutlichen Vorsprung. Analyse-Schwerpunkte im Bereich Corporate Governance waren die Transparenz der Vergütungspraxis des Managements und Aufsichtsrates, Angaben zur Aktionärsstruktur und der Umfang der Informationen zur Leitung und Kontrolle des Unternehmens. Die Höchstpunktzahl zum Thema Unternehmensführung erreichten lediglich 8 Unternehmen, darunter die drei deutschen DAXVertreter SAP, Deutsche Bank sowie die Deutsche Börse. Das liegt vor allem daran, dass die deutschen Vertreter im Vergleich zu den europäischen Konkurrenten auskunftsfreudiger im Hinblick auf die Aktionärsstruktur sind. Was allerdings die Offenlegung der individualisierten Management-Gehälter angeht, haben die deutschen Unternehmenslenker erheblichen Nachholbedarf. Nicht nur angloamerikanische Unternehmen berichten sehr ausführlich über die einzelnen Vorstandsgehälter, auch Unternehmen wie NOKIA, Novartis oder Telecom Italia haben erkannt, dass sich gerade mit dieser Disziplin viel Vertrauen am Kapitalmarkt gewinnen lässt. Investoren haben grundsätzlich großes Interesse daran, ob ein Unternehmen Wert generiert oder vernichtet, also ob die Rendite auf
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Kriterien Unternehmensführung/Wertmanagement x Organvergütung differenziert nach Bestandteilen x Individualisierte Vergütung der Organe x Aktienbesitz des Managements x Ressortverantwortung des Managements x Beschreibung der Ausschüsse des Aufsichtrats x Aktionärsstruktur x Wertmanagementsystem x Wertorientierte Kennzahlen x Wertorientierte Zielsetzung das eingesetzte Kapital die Kapitalkosten übersteigt. Bei der qualitativen und quantitativen Beschreibung des Wertmanagementsystems haben deutsche Unternehmen einen deutlichen Vorsprung. Die höchsten Punktzahlen erreichen hier Henkel, E.ON, Deutsche Post und – man hätte es nicht vermutet – die Deutsche Bahn. Ungefähr die Hälfte der untersuchten Unternehmen weisen in ihrer Berichterstattung überhaupt keine Angaben zum Wertmanagementkonzept auf. Eine nachvollziehbare Beschreibung der wesentlichen Eckpunkte der Unternehmensstrategie mit einer Einordnung in das Branchenumfeld sowie Angaben zu kurz- und mittelfristigen Zielen werden in der Rubrik Strategie geprüft. Die deutschen Vertreter kommunizieren sehr offen und informationsbereit: 11 Unternehmen erhalten die Höchstpunktzahl, davon sind 8 aus Deutschland. Kriterien Strategie x Darstellung Strategie x Beschreibung Branchenumfeld x Kurzfristige Ziele x Mittelfristige Ziele
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Im europäischen Vergleich schneiden die deutschen Unternehmen des Dax30 hinsichtlich des Transparenzkriteriums gut ab. Sie liegen insbesondere auf Grund der ausführlichen Finanzberichterstattung mit Quartalsberichten und einer Rechnungslegung nach den internationalen Rechnungslegungsstandards gleichauf mit den im Schnitt größeren Unternehmen des Stoxx50. Die Unternehmen der „zweiten Reihe“ unterhalb des Dax und – was nicht verwundert – die Privatunternehmen fallen bezüglich der Transparenz deutlich ab. Transparenz (max. 15 Punkte)
8,4
8,5 6,8 5,2
STOXX
DAX
M/TECDAX
PRIVAT
Abb. 5. Bewertung von Transparenz nach Unternehmenskategorien.
Finanzielle Stärke und Performance Der finanzielle Erfolg und eine solide Kapitalausstattung sind für ein privatwirtschaftliches Unternehmen von existentieller Bedeutung. Die drei untersuchten Kennzahlen zur Finanzstärke sind die Eigenkapitalquote, die durchschnittliche EBIT-Marge aus drei Jahren sowie die Entwicklung und die Volatilität des Cashflow. Zur Messung der Performance wird der Total Shareholder Return der einzelnen Unternehmen in einem Zeitraum von fünf Jahren im Verlgeich zum Benchmarkindex verwendet.
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Jens Hecht
Kriterien finanzielle Stärke/Performance x Total Shareholder Return (5 Jahre) x EBIT-Marge x Eigenkapitalquote x Wachstum und Volatilität Cashflow Der Total Shareholder Return oder zu Deutsch Anlagenutzen gibt an, wie sich die eingesetzten Mittel für den Anleger über einen bestimmten Zeitraum verzinst haben. Ausschlaggebend ist die Kursentwicklung unter Annahme der reinvestierten Dividenden. Die Untersuchungszeiträume erstreckten sich über fünf Jahre. Entscheidend ist die Performance im Vergleich zur Benchmark Stoxx50. Das EBIT (engl.: earnings before interest and taxes) ist eine Unternehmenskennzahl für den operativen Gewinn. Das EBIT entspricht dem Jahresüberschuss vor Zinsen und Steuern. Das Herausrechnen dieser Positionen ermöglicht einen objektiven Vergleich der operativen Ertragskraft der verschiedenen Unternehmungen. Die EBIT-Marge setzt das EBIT in das Verhältnis zum Umsatz und ist somit ein Indikator für die Rentabilität. Die Eigenkapitalquote ist eine Unternehmenskennzahl, die den Anteil des Eigenkapitals prozentual zur Bilanzsumme abbildet. Sie ist ein wichtiger Indikator für die finanzielle Solidität eines Unternehmens. In der Gesamtbetrachtung erreichen die Unternehmen Anglo American, Puma und Altana die höchsten Werte für finanzielle Stärke und Performance. Diese Unternehmen zeichnen sich durch solide Bilanzkennzahlen aus und haben für die Aktionäre deutlich Wert geschaffen und den Benchmarkindex weit übertroffen. Puma erreichte im Schnitt über 5 Jahre eine jährliche Rendite für die Anteilseigner von über 60 %! In puncto finanzieller Stärke und Performance können sich die Unternehmen der „zweiten Reihe“ sehen lassen. Sie sind in der Bewertung gleich auf mit den Stoxx50 Unternehmen. Die analysierten Privatunternehmen zeigen im Vergleich deutliche Schwächen bei der finanziellen Performance.
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Finanzielle Stärke und Performance (max. 15 Punkte)
7,4
7,4 6,6 4,7
STOXX
DAX
M/TECDAX
PRIVAT
Abb. 6. Bewertung von finanzieller Stärke und Performance nach Unternehmenskategorien.
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Teil III: CSR in der Praxis – Gelungene Beispiele aus dem Good-Company-Ranking
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Das Erfolgsmodell Metro: The Spirit of Motivation Kaevan Gazdar Leiter Berichtswesen, HypoVereinsbank und Fellow am Center for Corporate Citizenship
Seit Urzeiten leben die Menschen im türkischen Dorf Ericek von der Landwirtschaft. Ein Großteil der Bevölkerung ist im Ackerbau tätig. In den letzten Jahren fand aber ein Rückgang des natürlichen Grundwassers statt. Die Erde wurde unfruchtbar; die Dorfbewohner in Ericek standen vor dem Nichts. Bis die Vertriebsmannschaft von Metro Cash & Carry einschritt. Sie half den Einheimischen, Bewässerunganlagen zu bauen, mit dem Ziel, innerhalb von drei Jahren 500.000 Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche fruchtbar zu machen. Dies alles als „good corporate neighbour“: Denn der deutsche Handelskonzern ist an neun Standorten in der Türkei präsent. So dient tätige Hilfe auch der Imagepflege vor Ort. Und stärkt zugleich den Corpsgeist bei den beteiligten Mitarbeitern. Ericek ist kein Einzelfall: x Die Kollegen von Praktiker, einer Metro-Tochtergesellschaft mit Bau- und Heimwerkermärkten, leisten ebenfalls Nachbarschaftshilfe in der Türkei. Zum einen halfen sie bei der Renovierung und Instandsetzung einer Grundschule in Istanbul, zum anderen erstellten die leitenden Angestellten einen Erdbeben-Ratgeber für die Bevölkerung in Kooperation mit einem türkischen Forscher. Der Leitfaden wird kostenlos in allen Praktiker-Märkten in der Türkei verteilt. x Kaufhof fördert Lernpartnerschaften zwischen ihren Filialen und benachbarten Schulen in Deutschland. Eltern und Lehrer werden
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Kaevan Gazdar
bei der Berufsorientierung der Jugendlichen unterstützt. Außerdem werden innovative Unterrichtsprojekte im Spannungsfeld der Nachhaltigkeit – nämlich der Wechselwirkungen zwischen Ökonomie, Ökologie und Soziales – an einem Gymnasium begleitet. Unternehmenspraxis wird in den Schulunterricht dadurch eingebunden, dass die Schüler des Gymnasiums die Arbeitsweise der Marktforschungsabteilung von Kaufhof kennen lernen. x Die Mitarbeiter von Metro Cash & Carry in Griechenland ließen in der Hafenstadt Patras einen Brunnen bohren, um das öffentliche Versorgungssystem zu entlasten; Sonnenkollektoren werden in den Märkten eingebaut, um Energie zu sparen. Mit 475 Großhandelsmärkten in 26 Ländern und einem Umsatz von 25 Milliarden Euro gehört die Selbstbedienungs-Kette Cash & Carry zum Metro-Imperium. Die Metro Group wiederum gehört zu den fünf größten Handelskonzernen der Welt. Zu Metro gehören klassische Kaufhäuser wie Kaufhof ebenso wie die erfolgreichen Elektrohandelsgeschäfte Media Markt und Saturn. Was hält einen Konzern mit fast 200.000 Mitarbeitern an 2.400 Standorten in 28 Ländern zusammen? Welche Incentives spornen die Mitarbeiter zu Höchstleistungen an, so dass beispielsweise Kaufhof in den letzten Jahren wesentlich besser wirtschaftete als sein Wettbewerber Karstadt? Und wie schafft es ein Unternehmen, nachhaltig erfolgreich zu sein in wettbewerbsintensiven Branchen wie Einzel- und Elektrohandel?
Zwischen betriebswirtschaftlichem Kalkül und sozialer Fürsorge Es gibt keine einfachen Antworten auf diese Fragen. Wohl aber Human Capital-Indikatoren, die auf eine spezifische Mischung von hartem betriebswirtschaftlichen Kalkül und außerordentlich sozial anmutenden Einrichtungen und Maßnahmen deuten. Corporate Volunteering, das Mitarbeiterengagement für das Gemeinwohl, ist nur einer von vielen Bausteinen dieser „Metro-Methode“. Zu den anderen gehören:
Das Erfolgsmodell Metro: The Spirit of Motivation
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Vergütung: Eine nachvollziehbare und transparente Vergütung gehört zu den Grundanforderungen an verantwortlich handelnde Unternehmen. Metro hat ein strategisches Personalkennzahlensystem auf der Basis von Economic Value Added (EVA), einer anerkannten Methodik des wertorientierten Managements, eingeführt. Damit wirkt sich der Erfolg des Unternehmens unmittelbar auf die Bezahlung der Mitarbeiter aus. Denn die Bonuszahlung wird abgeleitet von der Wertentwicklung in der Vertriebslinie oder in den einzelnen Märkten. Der gut aufgeschlüsselte Personalaufwand zeigt einen vergleichsweise hohen Anteil an Sozialabgaben und Aufwendungen für Altersvorsorge. Die freiwillige Altersvorsorge der Metro-Mitarbeiter fördert die Geschäftsleitung mit dem MetroZukunfts-Paket und gewährt Zuschüsse, die das Branchenübliche übersteigen. Auch bei der Gestaltung der Tarifpolitik setzt Metro Zeichen, unter anderem als Gründungsmitglied der Fachgemeinschaft innovativer Tarifpolitik. Flexibilität: Handelsunternehmen haben branchenbedingt eine hohe Teilzeitquote, so auch Metro. Rund 45 % der Mitarbeiter arbeiten Teilzeit. Wichtiger als die reine Quote ist die vom Arbeitgeber gewährte Flexibilität: Metro bietet Gleitzeit und Jahresarbeitszeit an, aber auch innovative Modelle wie Teleheimarbeit oder Vertrauensarbeitszeit. Sabbaticals gehören ebenfalls zum Flexibilitäts-Repertoire. Leser des ansonsten sehr informativen Nachhaltigkeitsberichts 2004 vermissen allerdings genauere Angaben über diese Modelle und ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg. Personalentwicklung: Wenn es einen Faktor gibt, der den kontinuierlichen wirtschaftlichen Erfolg von Metro erklärt, dann ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit die Personalentwicklung. Einerseits geht das Unternehmen eher technokratisch vor: Auf der Grundlage eines strategischen Kennziffernsystems, das Faktoren wie Qualifikation, Leistungsbereitschaft, Internationalität und Innovationsbereitschaft der Mitarbeiter einbezieht, wird die Personalarbeit gesteuert. Andererseits hat sich Metro das hehre Ziel gesetzt, mindestens 75 % aller frei gewordenen Stellen aus den eigenen Reihen zu besetzen. Interne Aufstiegschancen steigern die Motivation. Zugleich steht die Personalentwicklung vor der Herausforderung, faire Beurteilungsmethoden und zielgerichtete Weiterbildungsinstrumente anzuwenden.
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Stichwort Beurteilungsmethoden: Das Metro-Management Planung dient dazu, die Konzernmanager nach einheitlichen Kriterien zu bewerten. Stichwort Weiterbildungsinstrumente: Diese werden gestaffelt nach Hierarchieebene eingesetzt. Die Palette reicht von Qualifikationsprogrammen für Topführungskräfte bis hin zu Kursen für alle Mitarbeiter. Die Corporate University ist in folgende Teilbereiche gegliedert: x Die Metro-Academy greift auf die Expertise internationaler Business Schools zu, um potenzielle Geschäftsführungsmitglieder zu qualifizieren. Für jeden Teilnehmer ist ein Vorstandsmitglied des Konzerns als Mentor vorgesehen; dies zeigt auch den hohen Stellenwert dieser Weiterbildung unternehmensintern. x Eine Hierarchiestufe tiefer werden jährlich 80 Kandidaten durch das Corporate Seminar geschult; zu den Lehrstoffen gehören Strategie und interkulturelle Kompetenz. x Der Metro-Management-Förderkreis widmet sich dem Führungsnachwuchs. 25–30 Teilnehmer durchlaufen das einjährige Entwicklungsprogramm; im Vordergrund steht die konkrete Projektarbeit. x Ein ausgewählter Kreis von Hochschulabsolventen – alle sind erst seit zwei oder drei Jahren bei Metro – nehmen am MetroBusiness-Programm teil. Im Mittelpunkt des Schulungsprogramms stehen Einblicke in die Metro-Welt ebenso wie ein Überblick über Entwicklungen der weltweiten Handelsbranche. Der Aufbau von Mitarbeiter-Nachwuchs auf breiter Basis ist ebenfalls ein Anliegen für Metro; der Ausbildungsanteil lag 2004 bei 8,1 % nach 7,6 % im Vorjahr, gut 2 % höher als der Branchendurchschnitt. Damit investiert das Unternehmen zielstrebig in die breitgefächerte Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Potenzialausschöpfung: Metro bekennt sich zu Vielfalt, allerdings ohne dass das Unternehmen genau über die Fortschritte beispielsweise von Frauen in Managementpositionen berichtet. Ein Bereich, in dem das Unternehmen große Fortschritte gemacht hat, ist die Förderung von Behinderten. Allein unter den Auszubildenden befinden sich mehr als 50 schwer behinderte Jugendliche. Insgesamt werden
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mehr als 3.700 Menschen mit Behinderungen in Metro Deutschland beschäftigt; die Behindertenquote stieg zwischen 1999 und 2003 von 1,9 % auf rund 4 %. Ethik und Engagement: Das Corporate-Volunteering-Engagement des Handelskonzerns wurde eingangs skizziert. Auch die MetroAzubis setzen sich für gemeinnützige Ziele ein. Beispielsweise unterstützen sie die Special Olympics für geistig behinderte Athleten. Damit dient das Unternehmen der Behindertenthematik zum einen durch eigenes Handeln wie in der Einstellungspolitik, zum anderen durch tatkräftige Hilfe außerhalb des Unternehmens. „The Spirit of Commerce.“ So lautet das Motto des Metro-Konzerns. Näherliegend erscheint: The Spirit of Motivation. Denn dies scheint dem deutschen Handelsriesen mehr als gut zu gelingen.
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Das Erfolgsmodell Axa: Von Herz zu Motivation Kaevan Gazdar Leiter Berichtswesen, HypoVereinsbank und Fellow am Center for Corporate Citizenship
Köln, 22. Februar 2005. Der Aufsichtsratsvorsitzende einer großen Versicherung überreicht einen Scheck in Höhe von 300.000 Euro an das Deutsche Rote Kreuz und UNICEF zur Unterstützung der Betroffenen der Flutkatastrophe in Südasien. Ein normaler Vorgang, vergleichbar mit vielen Spendenaktionen deutscher Unternehmen? Ja und nein. Denn für Axa, die französische Versicherungsgruppe, die mit einem Umsatz von 75 Milliarden Euro und 140.000 Mitarbeitern zu den weltweit größten Unternehmen der Branche gehört, sind derartige Spenden Teil einer kohärenten Strategie. Zwar waren weder Anlass noch Höhe der Spende besonders überragend; auch die Tatsache, dass die Hälfte der übergebenen Summe aus Mitarbeiterspenden bestand, die von der Unternehmensleitung verdoppelt wurde, ist keineswegs außerordentlich. Wichtig ist vielmehr, dass Axa Deutschland mit seinem „Axa von Herz zu Herz“-Verein zu den Pionieren des Mitarbeiterengagements gehört und Corporate Volunteering als Unternehmensziel begreift. Der französische Weltkonzern gehört nach der Übernahme von drei Versicherungsgesellschaften – Colonia, Nordstern und Albingia – auch in Deutschland zu den größeren Gesellschaften im Versicherungsgeschäft. Mit der spezifischen Ausrichtung seines gemeinnützigen Engagements setzt Axa Maßstäbe – nicht nur in der Versicherungsbranche und nicht nur in Deutschland. Der Herz-zu-Herz-Verein wurde im Jahr 2000 gegründet und koordiniert den gemeinnützigen Einsatz von Axa-Mitarbeitern in
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Deutschland. Unterstützt wird eine breite Palette von Initiativen: Behinderung, HIV-Infektion, Krebsleiden, Asylbewerber, Seniorenheime und Kinderhospize. In Deutschland arbeitet der Versicherer mit rund 50 gemeinnützigen Organisationen zusammen; der Verein wird vollständig von Axa finanziert. „Axa von Herz zu Herz“ ist die deutsche Dependence von Axa Atout Coeur, das 1991 vom langjährigen Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens, Claude Bébéar, ins Leben gerufen wurde. Mittlerweile haben alle größeren Gesellschaften der Axa-Gruppe ähnliche Vereine gegründet; über die Schwerpunkte sozialer Hilfe wird lokal entschieden. In Irland werden beispielsweise die Special Olympic Games für Behinderte unterstützt. Mittlerweile kann der Verein eine stolze Bilanz vorlegen: Mehr als 20.000 Mitarbeiter waren bisher weltweit tätig; Axa förderte das Engagement seiner Mitarbeiter mit rund 13 Millionen Euro.
Konventionelle Worte, innovative Taten Axa ist ein gutes Beispiel für ein Unternehmen, dessen Stärken weniger in der Selbstdarstellung und stärker im Doing liegen. Die sieben Prinzipien der „HR-Philosophie“ wirken eher beliebig. Denn dass Mitarbeiter auf der Basis ihres individuellen Beitrags zum Geschäftserfolg honoriert werden oder dass sie befördert werden auf der Basis ihrer Fähigkeiten und Leistungen ist ja selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Das Gleiche gilt für die Axa-Values: Teamgeist, Pragmatismus usw. Selbstverständlichkeiten wirken oft banal und lenken den Blick vom Wesentlichen ab. Dies gilt vor allem für Axa; das Unternehmen weist nämlich beachtliche Leistungen in einigen Bereichen auf, die im Rahmen des GoodCompany-Wettbewerbs untersucht wurden: Vergütung: Viele Unternehmen geizen mit genauen Angaben. Axa hingegen berichtet ausführlich und nachvollziehbar über die Entlohnung der Führungskräfte. Beispielsweise halbierte sich die variable Vergütung des Vorstandsvorsitzenden im Krisenjahr 2001 auf 635.817 Euro. Die Gehälter und Stock Options von Vorstand und erster operativer Führungsebene werden genau aufgeschlüsselt.
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Außerdem wird der Mitarbeiter-Aktienplan erläutert; die Mitarbeiter verfügen mittlerweile über rund 5 % des Aktienkapitals von Axa. Flexibilität: Wie die meisten anderen französischen Unternehmen veröffentlicht Axa eine Vielzahl von Personalstatistiken. Demnach ist der Anteil von Mitarbeitern mit Zeitverträgen erfreulich gering. Allerdings ist auch die Teilzeitquote – eine Messlatte der Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung – mit 10,7 % nicht gerade hoch. Bemerkenswert ist allerdings, dass Axa genaue Statistiken über Abgänge veröffentlicht, einschließlich der genauen Zahl von Entlassungen, die 28 % der gesamten Abgänge betrugen. Vorbildlich ist vor allem, wie Axa mit dem heiklen Thema Outsourcing und dem Outplacement bisheriger Mitarbeiter umgeht. Ein Fallbeispiel wird detailliert beschrieben. Im Jahr 1999 übernahm der französische Versicherer den britischen Dienstleister für Backoffice-Processing Guardian Royal Exchange (GRE). In der Zwischenzeit stellte man bei Axa fest, dass die Fixkosten in Großbritannien zu hoch seien. Axa entschied sich dazu, Outsourcing nach Indien zu betreiben, und öffnete zwei Standorte in Bangalore. Damit musste GRE nicht geschlossen werden; allerdings entfielen 700 Stellen im Jahr 2004. Der europäische Betriebsrat des Versicherers besuchte die Standorte in Indien, um sich über die Arbeitsbedingungen zu informieren. Alles in allem: eine vernünftige, transparente Art des Umgangs mit einer Problematik, mit der viele Unternehmen im Zeitalter der Globalisierung konfrontiert sind. Personalentwicklung: Einige Unternehmen verfügen mittlerweile über gut strukturierte und attraktive Karriere-Websites. So auch Axa. Die Statements und Testimonials von Mitarbeitern aus unterschiedlichen Bereichen und Regionen zeugen von weltweiter Vernetzung. So weit, so normal. Außergewöhnlich ist allerdings der Axa-Approach zu Mitarbeitermeinungsumfragen. Seit 1993 werden die „Scope“-Umfragen jährlich durchgeführt; im Mittelpunkt steht die Mitarbeiterzufriedenheit, die im Zeitraum 2001 – 2003 von 33 auf 36 % stieg. Die Teilnahmequote stieg ebenfalls von 68 auf 77 %. Wie beim Thema Outsourcing berichtet der französische Konzern offen über Vorgänge mit Handlungsbedarf. So wurde beispielsweise unterdurchschnittliche Zufriedenheit bei den Mitarbeitern von Axa-
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Tech festgestellt, die für die Bereitstellung der IT-Infrastruktur des Konzerns verantwortlich zeichnet. Daraufhin wurden Arbeitsgruppen an den Axa-Tech-Standorten in den USA, Großbritannien und Frankreich gebildet. Ihre Verbesserungsempfehlungen mündeten in einen Global Action Plan; mittlerweile hat sich die Mitarbeiterzufriedenheit in dieser Division signifikant verbessert. Was die „Scope“-Befragungen außerdem auszeichnet, ist ihr umfassender Charakter. Denn bei Führungskräften gibt es 360°Feedback. Dies bedeutet: Sie werden von Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten gleichermaßen beurteilt. Bei diesem online durchgeführten Verfahren wird das Selbstbild der Führungskraft mit den Ergebnissen der Urteilsauswertung bei den drei befragten Gruppen verglichen. In der deutschen Axa-Tochter wurden 830 Führungskräfte von 7.200 Mitarbeitern beurteilt. Mit sehr positiven Ergebnissen, wie das Handelsblatt Anfang 2005 berichtete: „Die Axa Deutschland mag innerhalb des Gesamtkonzerns beim Lebensversicherungsgeschäft in puncto Profitabilität hinterherhinken. Dafür liegt die deutsche Tochter in Sachen Mitarbeiterzufriedenheit in der Spitzengruppe.“ Für den einzelnen Manager ist die Zufriedenheit der ihm unterstellten Mitarbeiter kein quantité négligable, denn ein Gehaltsbaustein der Topmanager wird von der „Zufriedenheitsquote“ bestimmt. Potenzialausschöpfung: Man merkt Axa seine kontinentaleuropäische Prägung an. Denn wie bei den deutschen Unternehmen spielt die Mitbestimmung eine wichtige Rolle in Personalfragen. Verhandlungen mit Gewerkschaften gehören zur Tagesordnung; außerdem nimmt der Vorstandsvorsitzende Henri de Castries jährlich an zwei Sitzungen des European Works Council teil und stellt sich den Fragen der Arbeitnehmervertreter. Beim Thema Chancengleichheit hat der französische Versicherungskonzern ehrgeizige Pläne. Die Behindertenquote bei Axa Frankreich betrug 3,5 % im Jahr 2002. Im Folgejahr verpflichtete sich die Konzernführung gegenüber den Gewerkschaften, innerhalb der nächsten vier Jahre die Quote auf 5 bis 6 % zu erhöhen. Bei der Erhöhung der Frauenquote hat sich das Unternehmen noch keine Targets gesetzt; allerdings liegt der Prozentsatz von Frauen in Führungspositionen – 38 % im unteren und 21 % im oberen Management bei einem Gesamtanteil von 46 % der Belegschaft – relativ hoch.
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Ethik und Engagement: Hinsichtlich Ethik verfügt Axa über einen ausführlichen Compliance Guide und einen didaktisch gut aufbereiteten Verhaltenskodex. Allerdings fehlt das externe Whistleblowing, das heißt die Möglichkeit für einen Mitarbeiter, vertraulich bei einer externen Instanz einen Ethikverstoß zu melden. Der Hinweis auf die eigene Rechtsabteilung als letzte Instanz reicht nicht ganz aus. Was Axa wirklich auszeichnet, wurde eingangs beschrieben. Sein Corporate-Volunteering-Engagement „Axa von Herz zu Herz“ ist geradezu ein Lehrbuchbeispiel für gelungene gemeinnützige Tätigkeit. Denn das Projekt dient nicht nur dem Gemeinwohl; es stärkt zugleich die Motivation der Mitarbeiter.
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Die Deutsche Bank ist besser als ihr Ruf André Habisch Professor für Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Direktor des Center for Corporate Citizenship
Vor dem Hintergrund der öffentlichen Diskussionen des Jahres 2005 ausgerechnet die Deutsche Bank als positives Beispiel in Sachen gesellschaftliches Engagement vorzustellen, mag auf den ersten Blick eher absonderlich erscheinen. Vielen gilt gerade dieses Institut – verkörpert durch diverse Auftritte seiner Vorstandssprecher – als Inbegriff eines heimatlosen Shareholder-Value-Denkens. Kann ein Unternehmen, das viele Arbeitskräfte entlässt, durch wiederholte Umstrukturierungen auch Kunden irritiert hat und in seiner Kreditpraxis deutlich rigider geworden ist, ein „Good Corporate Citizen“ sein? Die Antwort ist ein klares Ja. Denn hier geht es nicht um eine Bewertung der Geschäftsstrategie oder um die Benotung der medialen Fähigkeiten führender Unternehmensvertreter. Hier geht es um nachhaltiges, strategisch angelegtes und wirksames Handeln, das einen Wertschöpfungsbeitrag für Unternehmen und Gesellschaft (winwin) erbringt. Die Deutsche Bank versteht sich nicht als deutsches oder europäisches, sondern als globales Finanzinstitut. Längst wird ein Großteil der Erträge auf internationalen Finanzmärkten erwirtschaftet, ist auch die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Nichtdeutsch. Die Deutsche Bank profitiert von der Globalisierung – und trägt dem in ihrem Engagement – und dessen Kommunikation! – Rechnung. Die Themenschwerpunkte interkulturelle Verständigung, globale Armutsbekämpfung und Bildungspolitik sowie Aufbau (inter-
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nationaler) Institutionen tragen der Unternehmensstrategie Rechnung. Hervorzuheben sind die Professionalität der gesellschaftlichen Zielsetzungen sowie der Umsetzungsstrategien. Damit holt Deutschlands einzige Bank von Weltformat ihre internationalen Wettbewerber auch in diesem Bereich ein. International – wenngleich in jeweils unterschiedlicher Intensität – fördert die Bank ihre Projekte und Partner nicht nur mit finanzieller Unterstützung, sondern auch mit immateriellen Ressourcen wie Fachkompetenz und persönlichem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Umfangreiche Corporate-Volunteering-Programme gibt es in Großbritannien und den USA, leider in Deutschland bisher kaum. Die interne Kommunikation spiegelt Engagements und Projekte in vielfältigen Veröffentlichungen. Die Abteilung Corporate Cultural Affairs koordiniert diese Arbeit zentral von Frankfurt aus. Besonders bemerkenswert ist die klare Problemorientierung und thematische Fokussierung des gesellschaftlichen Engagements. „Die Deutsche Bank ist eine ,brain company’. Ihre Wertschöpfung basiert in allerhöchstem Maße auf der Kompetenz, der Kreativität und einer breiten, weltläufigen Bildung ihrer Mitarbeiter. Entsprechend wollen … wir unsere Aktivitäten auf Bildung fokussieren“ (F. Trümper in Stiftung&Sponsoring 5/ 2004 33). Das soll prinzipiell auch für die Kulturinitiativen der Bank gelten. Sichtbare Aktivitäten im Bereich des Kultursponsoring – wie etwa die Gastausstellung des New Yorker „Museum of Modern Art“ in Berlin – werden regelmäßig durch Bildungsprogramme flankiert. Aktivitäten der Kulturstiftung – wie ein deutsch-polnisches Jugendtheaterprojekt, die Passauer Festwochen mit deutschen, österreichischen und polnischen Künstlern, das sächsisch-böhmische Musikfestival, dienen der grenzüberschreitenden interkulturellen Verständigung. In der kulturellen Sensibilität liegt eine Stärke auch anderer Programme der Deutschen Bank. LEAP ist ein Stipendienprogramm in Afrika für begabte Schüler vom Land. Ihnen wird eine bessere Schulausbildung in einem von der DB Africa Foundation finanzierten Internat geboten. Das Problem vergleichbarer Programme liegt darin, dass die Stipendiaten ihre bessere Ausbildung nachher einfach „mitnehmen“ und dorthin gehen, wo sie besser verdienen. Um einen Multiplikatoreffekt für die ländlichen Gemeinschaften zu erzielen,
Die Deutsche Bank ist besser als ihr Ruf
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bekommt ein Schüler sein Stipendium nicht als Person, sondern als Abgesandter seiner Community. Die Rückkehrerquote ist deutlich gestiegen: Die Ex-Stipendiaten tragen mit ihrem Bildungskapital zur Entwicklung ihrer Region bei. LEAP verbindet Hilfe zur Selbsthilfe mit kulturspezifischem Problembewusstsein. Entsprechend dem übergreifenden Fokus auf Bildung liegt in Deutschland ein Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit mit Schulen. Die Deutsche Bank verbessert im Projekt „Schule und Wirtschaft“ das ökonomische Wissen von Schülerinnen und Schülern und bezieht dabei die auch für sie nicht unwichtige Gruppe der Wirtschaftsjournalisten in ihr Engagement mit ein. Unter Einbezug fachlicher Begleitung einerseits durch ein externes Institut, andererseits durch Mitarbeiter der Bank werden Jugendliche angeleitet, selbstständig über wirtschaftliche Themen zu berichten. Durch feste Kooperation mit Tageszeitungen wird die Publikation der Arbeiten gewährleistet. „Schule und Wirtschaft“ ist ein langfristig angelegtes Programm, das in den letzten Jahren auch nach Osteuropa ausgeweitet worden ist. Im April 2005 trug die Deutsche Bank ihr Bildungsengagement im Rahmen eines Fachkongresses an die Öffentlichkeit und trägt damit zum bildungspolitischen Dialog in Deutschland bei. Als Partner in der Bürgergesellschaft („Corporate Citizen“) übernimmt die Deutsche Bank Mitverantwortung dafür, dass in der Öffentlichkeit über bessere Rahmenbedingungen schulischer Ausbildung und innovative Praxismodelle diskutiert wird. So haben sich Mikrokredite als leistungsfähiges Instrument zur Überwindung absoluter Armut in Entwicklungsländern erwiesen. Hier liegen besondere Kompetenzen einer Bank als Corporate Citizen. Im internationalen Jahr des Mikrokredits 2005 hat das diesbezügliche Engagement der Deutschen Bank kein Alleinstellungsmerkmal mehr – auch andere Institute wie z. B. die Commerzbank verfügen über interessante Programme. Erwähnenswert ist allerdings die breite Kommunikation des Deutsche Bank Mikrokredit Development Funds (MDF) und die Kooperation mit kompetenten Partnern vor Ort wie Grameen in Bangla Desh, Food for the Hungry in Uganda, islamisch orientierten Kreditnetzwerken in Pakistan etc. Der Tätigkeitsbericht des MDF verbindet Informationen über die Funktionsweise des Mikrokredit-Programms mit Case Studies von Kredit-
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André Habisch
nehmern, die sich mit Hilfe der Summe eine Verbesserung ihrer bescheidenen Lebenssituation erarbeitet haben. Dazu engagiert sich die Deutsche Bank auch für den Aufbau entsprechender Institutionen; etwa durch aktive Mitarbeit in der Financial Initiative des United Nations Environment Programme (UNEPFI), im Global Compact, in der Econsense-Initiative in Deutschland etc. Die Mitarbeit in Netzwerken und Institutionen und die Teilnahme am öffentlichen Dialog ist ein Bereich, in dem die deutschen Unternehmen auch international gut aufgestellt sind. Hier machen sich Stärken einer an Institutionen und politischen Abstimmungen orientierten nationalen Kultur bemerkbar. Handlungsbedarf besteht dagegen in einer besseren Sichtbarkeit und Stringenz sowie einer Multiplikation der Schnittstellen zur operativen Tätigkeit des Unternehmens.
Ein Profi für Verbindungen: Nokia als globaler Corporate Citizen André Habisch Professor für Christliche Sozialethik und Gesellschaftspolitik, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Direktor des Center for Corporate Citizenship
Profilbildung durch fokussiertes und professionelles Engagement – so ließe sich das Corporate Citizenship von Nokia charakterisieren. Ein Vorstandsmitglied eröffnet den Bericht über das gesellschaftliche Engagement des Unternehmens. Vorteils- und Konkurrenzüberlegungen werden als Leitlinien gesellschaftlichen Engagements expliziert: Weiche Bindungen („soft bonds“), die im Rahmen der Projekte zu einer Vielzahl von Partnern entstehen, können zum wichtigen Wettbewerbsvorteil werden. Statt einer Vielzahl unübersichtlicher Aktivitäten stellt sich das gesellschaftliche Engagement von Nokia in drei fokussierten Großprojekten dar. Alle drei kreisen um das Engagementfeld „Jugend und Erziehung“ und nutzen die Kernkompetenz von Nokia als globales Kommunikationsunternehmen auf überzeugende Weise. Alle drei werden gemeinsam mit kompetenten externen Partnern durchgeführt und weisen vorzeigbare Resultate auf.
„Bridge it“ „Bridge it“ ist sicher eines der faszinierendsten Corporate Citizenship Projekte des gesamten Wettbewerbs. In dem Geschäftsfeld von Nokia – der Mobilfunk- und Internettechnologie – ist die digitale
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Spaltung der Welt in versorgte und unversorgte Regionen („Digital Divide“) ein drängendes Ordnungsproblem. Nicht nur technische Möglichkeiten fehlen in vielen Entwicklungsländern – auch das Bewusstsein für die Chancen der IT-Technologie ist dort kaum ausgeprägt. Darauf versucht „Bridge it“ zu antworten: Mit moderner Mobiltechnologie werden digitale Erziehungsinhalte in Schulen von Entwicklungsländern transportiert. Das Projekt nutzt dazu die Kernkompetenzen der vier Partner UNDP, der internationalen Jugendstiftung, dem führenden britischen Schulbuchverlag Pearson und Nokia. Schnell und einfach zu gebrauchen, kombiniert Bridge it existierende Mobilfunkprodukte mit Satellitentechnologie, um digitale Multimedia Lernsoftware zu Lehrern und Studenten zu bringen, die sonst keinen Zugang dazu hätten. Lehrer wählen dabei mit einem Nokia-Handy aus einer Bibliothek mit mehr als 80 Wissenschaftsvideos von Pearson. Die ausgewählten Videos werden dann mit Satellitentechnologie zu einem Nokia-Videorekorder übertragen, der mit einem Fernsehgerät direkt im Klassenzimmer verbunden ist. Durch das Programm können Schülerinnen und Schüler auf die gleichen State-of-the-art-Bildungsinhalte zugreifen, egal in welchem Land sie lernen und wie hoch ihr Bildungsetat ist. Bridge it wurde 2003 unter dem Projektnamen „text2teach“ in den Philippinen gestartet – in Kooperation mit der AYALA Stiftung und dem Erziehungsministerium sowie asiatischen Firmenpartnern. 40 Schulen in drei Städten Batangas, Cotabato City und Quezon City/ Manila nahmen an dem Pilotprojekt teil: Mehr als 13.000 Fünft- und Sechstklässler wurden erreicht. Eine begleitende Evaluationsstudie der Universität der Philippinen förderte sehr positive Resultate zutage: Die Leistungen der Schüler wurden spürbar verbessert und ihre Haltung gegenüber dem Technologieeinsatz und gegenüber der Wissenschaft insgesamt veränderte sich. Auch die Lehrer lobten das Programm, das ihre didaktische Kompetenz erhöhte. Doch die positiven Wirkungen erfassten das gesamte Umfeld. Denn das Projekt motivierte auch Bildungspolitiker, Eltern und kommunale Verantwortungsträger. Veli Sundbäck, Executive Vice President von Nokia skizziert die sich öffnende „Digital Divide“ als Verständnishintergrund für Bridge it: „As a leading technology company, we expect to help
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bridge the digital divide. Bridge it places advanced digital communications in service of education, showing that advanced digital communications technologies have a role to play in developing societies and that communications technologies and networks already in place can be leveraged for a lot of new purpose … The Bridge it program brings together the public sector, civil society and the private sector in meaningful cooperation. We hope our example stimulates others to search for mobile solutions that can deliver content and services to people who might not otherwise have access to them.“
„Make a Connection“ „Make a Connection“ ist ein globales Jugendprogramm, das Nokia in Partnerschaft mit der internationalen Jugendstiftung seit April 2000 durchführt. Mit dem Ziel einer positiven Persönlichkeitsentwicklung verbindet „Make a Connection“ junge Menschen mit ihren lokalen Gemeinschaften, ihren Familien und Peer-Groups und miteinander. „Make a Connection“ verbessert die Erziehungspotenziale der jungen Menschen und lehrt sie Grundkompetenzen des Alltagslebens, damit sie in ihrem Leben einen positiven Beitrag zum gesellschaftlichen Umfeld erbringen können. Instrumente dazu sind direkte Trainingsmaßnahmen, ein umfangreiches Mentorensystem, Angebote zur Freiwilligenarbeit und Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer und Sozialarbeiter. „Make a Connection“ ist von Anfang an international angelegt – auch deshalb hat man sich die internationale „Youth Foundation“ als Projektpartner ausgesucht. Mittlerweile ist das Programm in 19 Ländern aktiv – allerdings mit regionalen Schwerpunkten entsprechend der jeweiligen nationalen Situation: Argentinien, Brasilien, Kanada, China, die Tschechische Republik, Finnland, Deutschland, Ungarn, Südkorea, Mexiko, Peru, Philippinen, Russland, Südafrika, Thailand, Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Weitere Länder sind geplant. Über Teilprojekte und nationale Ansprechpartner informiert ein Netzwerk miteinander verknüpfter nationaler Homepages erreichbar über: www.makeaconnection.org.
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Dort sind auch didaktische Hilfen und Bildungsmaterialien für die Jugendarbeit herunterzuladen. Bis heute wurden mehr als 150.000 Jugendliche erreicht und mehr als 1.000 Erwachsene zur Jugendarbeit qualifiziert; indirekt wurden weltweit mehr als 1,3 Mio. Menschen erreicht. Nokia hat bis heute mehr als 20 Mio. $ für „Make a Connection“ investiert. Der Business Case dieser Investition wird schnell klar: Indem sich Nokia im Jugendmilieu als engagierter Partner erweist, erreicht es zugleich jene Zielgruppe, die für den nachhaltigen Geschäftserfolg von besonderer Bedeutung ist.
„Helping Hands“ „Helping Hands“ ist die Nokia-Plattform für Corporate Volunteering weltweit. Das mission statement der Nokia-Plattform für betriebliches Freiwilligenengagement lautet: „Nokia, together with its employees, will make a meaningful contribution to the community in each individual country it operates in.“ Im Jahr 2004 haben Nokia-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 23 Ländern über 16.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet. Freiwilligenteams organisieren sich auf der „Helping Hands“-Plattform ihre Einsatzpartner und -orte von Anfang bis Ende selbst und stellen auch selbst den Kontakt zu einer Partnerorganisation her. Das Unternehmen legt größten Wert auf eine durchgängige Erfassung und Berichterstattung der geleisteten Arbeit und dokumentiert diese ausführlich in seiner internen und externen Kommunikation. Nokia hat ein eigenes Logo für „Helping Hands“ geschaffen und in Merchandise-Material investiert: Notebooks, Stifte, Poster, T-Shirts und Pullover, Tassen etc. Die Arbeitszeitregelungen sehen einmal jährlich einen Freiwilligentag vor, der im Team umgesetzt wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringen sich gemeinsam in ein Projekt ihrer Wahl ein und erleben sich in verändertem Kontext in neuen Rollen und Situationen. Wie überall so gibt es auch bei Nokia sicherlich noch Verbesserungspotenzial. So laufen die Corporate-Volunteering-Plattform und
Ein Profi für Verbindungen: Nokia als globaler Corporate Citizen
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die beiden anderen Großprojekte nach außen hin noch eher nebeneinander her. Auch die öffentliche Kommunikation über die Projekte und die dabei gemachten Erfahrungen (Konsequenzen z. B. für die Jugendpolitik etc.) könnte sicherlich noch ausgebaut werden. Doch insgesamt ist Nokia ein globales Leader-Unternehmen für ein durchdachtes gesellschaftliches Engagement, das einen nachweisbaren Beitrag zur Lösung von globalen Ordnungsproblemen des 21. Jahrhunderts erbringt. Das wird nach außen hin auch durch die Mitarbeit im Global Compact und die Zusammenarbeit mit der Corporate Citizenship Unit am Boston College deutlich.
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Deutsche Post World Net: Integrität und Vision Sam Vaseghi Environment & Sustainability, Deloitte
Durch die intensive Interaktion zwischen dem unternehmensweiten Umweltmanagement mit dem Zentralbereich Politik und Umwelt wird die innerbetriebliche Kommunikation bezüglich der Umweltaspekte bei der Deutschen Post systematisch gesteuert: Es existiert eine effiziente Vernetzung zur Gewährleistung der betrieblichen Umweltleistung, die sich entlang einer klaren Vision beschreiben lässt: „Vision Good Environmental Citizenship“. Aus der Definition konkreter Ziele und der Ableitung entsprechender Aktivitäten wird deutlich, dass eine fundierte strategische Vorgehensweise die langfristige ökologische Innovation sichern soll. Die Definition von Zielen und die direkte Kopplung an konkrete Aktivitäten werden im Rahmen des Reports sehr plausibel beschrieben. Gleichzeitig werden die – in der Regel komplizierten – Umweltbilanzen präzise, aber zugleich auch allgemein verständlich dargestellt. Die essentiellen Zusammenhänge zwischen Logistik und Umwelt werden erkannt, fortwährend untersucht und beobachtet. Es besteht somit eine integrale Vorgehensweise zur Einbeziehung aller Umweltaspekte entlang der Wertschöpfungskette. Insbesondere die Integration der Geschäftsprozesse ist im Report aufschlussreich dargestellt. Hierbei geht die Deutsche Post auch auf die Einbindung der Organisation und der Mitarbeiter ein. Eine anschauliche Darstellung der Sachverhalte ergibt sich auch aus den vielen – allgemein verständlichen – Beispielen der Umweltbilanzierung entlang der Wertschöpfungskette.
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Sam Vaseghi
Insgesamt wird aus dem Report der Deutschen Post deutlich, dass sie sowohl hinsichtlich externer Partner als auch nach innen in Sachen Umwelt sehr wertschöpfungsorientiert agiert. Der Bericht macht deutlich, dass Produkte und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer ökologischen Dimension betrachtet und geführt werden. Es existiert eine effiziente Vernetzung, und das Konzept der Netzwerkoptimierung wird eindeutig auf Umweltaspekte und innovative Ansätze bezogen: Ein modularer Aufbau und eine gezielte Integration von Produkten und Dienstleistungen, die ökologisch fördernd sind, stehen im Vordergrund des ökologischen Handelns. Die technologische Innovation ist somit im Hinblick auf Umweltaspekte immanenter Bestandteil des strategischen Handelns und ausschlaggebend für operative Maßnahmen. Der Bericht zeichnet sich durch eine gelungene Kopplung von Zahlen mit einer pragmatischen und konkreten Interpretation der Sachverhältnisse aus, umrahmt von ansprechenden Storys. Vor diesem Hintergrund wird eine überzeugende Umweltorganisation als Stütze der Geschäftsprozesse in Szene gesetzt. Der Dialog mit den Stakeholdern ist sehr breit angelegt und strategisch orientiert. Beispiele hierzu sind: x Teilnahme am Global Compact. x Aktive Teilnahme im Weltwirtschaftforum. x Die Stakeholder entlang der Wertschöpfungskette werden intensiv mit einbezogen. x Teilnahme am GCCI. x Umweltpartnerschaften wie KLIMAOASE etc. x Netzwerke wie BAUM, UPU, BLICC, FFE etc. Im Ganzen ist der Bericht der Deutschen Post ein Favorit unter vielen Umweltberichten: x Der gesamte Bericht ist sehr transparent. x Der Aufbau der Storys ist verständlich und interessant. x Sehr klare Interpretation der Zahlen und Ableitung von Argumenten.
Deutsche Post World Net: Integrität und Vision
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x Klare Beschreibung der Roadmap zu der Unternehmensvision in Sachen Umwelt. x Grundsätzlich erwecken sowohl der Bericht als auch die Website ein hohes Vertrauen beim Leser.
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Tesco: Commitment, Kontinuität und Konsequenz Sam Vaseghi Environment & Sustainability, Deloitte
Der Bericht von Tesco stellt die betrieblichen Umweltaspekte sehr klar und überzeugend dar. Das Unternehmen legt Wert auf eine transparente, logisch zusammenhängende und verständliche Darstellung der ergriffenen Maßnahmen zur Gewährleistung der betrieblichen Umweltleistung und deren Umsetzung. Der Tesco-Bericht vermittelt sehr vorausschauend und proaktiv, in welcher Weise jede einzelne Maßnahme angewendet wird, so dass sich der Leser ein konkretes Bild machen kann, welchen hohen Stellenwert der schonende Umgang mit den Umweltressourcen bei Tesco besitzt. Insbesondere werden sämtliche Aspekte rund um das Thema Ökoeffizienz sehr anschaulich präsentiert und anhand konkreter Beispiele dargestellt. Entlang der Wertschöpfungskette verdeutlicht das Unternehmen, dass die verschiedenen Sortiment-Strategien bewusst und gezielt zur Erreichung ökologischer Zielsetzungen eingesetzt werden. Die Warenwirtschaftskette mit den beteiligten Stakeholdern ist intensiver Gegenstand dieser Zielsetzung. Weiterhin zeichnet sich der kontinuierliche Prozess von Zielsetzung, Realisierung von Maßnahmen und Feedback-Kontrolle als sehr effizient und effektiv aus. Dem Leser wird schnell klar, dass sich Tesco systematisch von umweltschädlichen Produkten distanziert. Es lässt sich aus dem Bericht von Tesco sehr deutlich ableiten, dass Vision, Management, Organisation und Environmental Policy zusammen einen wesentlichen Bestandteil der Unternehmensstrate-
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Sam Vaseghi
gie ausmachen und miteinander im Einklang stehen. Zugleich werden Innovationen effektiv entwickelt und umgesetzt, wodurch strategische und operative Ziele erreicht werden. Globale und regionale Maßnahmen und Zielsetzungen werden deutlich aufeinander abgestimmt und ergänzen sich hervorragend. Sämtliche Geschäftsprozesse werden hinsichtlich ihrer Umweltaspekte analysiert. Hieraus geht hervor, dass Tesco über ein performancebasiertes Umweltmanagementsystem verfügt. Es existiert eine sehr plausible Verbindung zwischen Zielen, Maßnahmen, KPIs, Trends und weiteren quantitativen Elementen, die sich entlang der Geschäftsprozesse ableiten lassen. Es wird deutlich, dass das Unternehmen eine integrierte Vorgehensweise anstrebt, in der die Organisation auf der Geschäftsprozessebene intensiv mit einbezogen wird. Die Aktivitäten im Bereich Umwelt bei Tesco werden geprägt durch einen intensiven Dialog mit den Stakeholdern. Dies wird klar und deutlich angesprochen und in Zusammenhang mit entsprechenden Maßnahmen konkret begründet: x Ein maßgeblicher Dialog mit der englischen Regierung wird angestrebt. x Das Emission-Trading-Schema wird sehr sorgfältig diskutiert. x Reinvenment und kundenbezogenes Recycling werden transparent und verständlich dargestellt. Insgesamt sind die Struktur und die Aufteilung der verschiedenen Themen im Report und auf der Website sehr überzeugend dargestellt. Zahlen, Fakten, Maßnahmen und Projekte sind zusammenhängend präsentiert und sorgen beim Leser für Vertrauen. Die Fakten sind nicht unabhängig und zusammenhanglos aufgeführt. Im Gegenteil: Es wird deutlich, dass es eine klare übergeordnete Logik in der unternehmensweiten Philosophie gibt, die sich anhand definierter Ziele und Maßnahmenpläne sowie in konkreter Umsetzung widerspiegelt.
Best Practice für Transparenz, finanzielle Stärke und Performance: Beispiele Bayer und Total Jens Hecht CFA, Vorstand, Kirchhoff Consult
Die Transparenz von Bayer ist in allen untersuchten Bereichen auf hohem Niveau. Folgende Aspekte sind hervorzuheben. Umwelt, Mitarbeiter und Gesellschaft Bayer veröffentlicht einen umfangreichen und glaubwürdigen Nachhaltigkeitsbericht. Im Bericht werden die Key Performance Indicators für den Bereich Health, Safety and Environment präsentiert. Die Informationen zu Mitarbeitern und Gesellschaft werden medienübergreifend dargestellt. Diese sind ausführlich und informativ. So gibt es beispielsweise Angaben zu Aktienoptionen, variablen Einkommenskomponenten für Manager und Tarifmitarbeiter, Jahresarbeitszeitkonten oder einen guten Überblick über den Jobmarkt bei Bayer. Finanzberichterstattung Bayer berichtet nach IFRS und veröffentlicht einen sehr transparenten Geschäftsbericht sowie umfangreiche Quartalsberichte. Vorbildlich ist – insbesondere im internationalen Kontext der Pharmaindustrie – die umfassende Darstellung der Risiken. Darüber hinaus informiert Bayer die Financial Community sehr ausführlich und aktuell über die Investor Relations Homepage.
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Jens Hecht
Abb. 1. Beispiel: Investor Relations Website Bayer.
Unternehmensführung/Wertmanagment Bayer informiert die Stakeholder ausführlich über die Unternehmensführung und Corporate Governance. Hierzu zählt neben der Veröffentlichung der individualisierten Vergütung der Organe eine detaillierte Beschreibung der Arbeit in den Ausschüssen des Aufsichtsrats. Der Vorstand hat ein Corporate-Compliance-Programm aufgestellt, das auch organisatorisch im Konzern eingebettet ist. Darüber hinaus erfüllt Bayer die strengen Anlegerschutzvorschriften des Sarbanes-Oxley Act. Der Geschäftsbericht von Bayer enthält ein eigenes Kapitel „Wertorientierte Konzernsteuerung“. Hierin wird sowohl das vom Unternehmen eingesetzte Wertkonzept erläutert als auch transparent anhand der Performance-Kennzahlen und der Kapitalkosten der „Value Added“, den das Unternehmen generiert hat, offengelegt.
Best Practice für Transparenz, finanzielle Stärke und Performance
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Abb. 2. Beispiel: Geschäftsbericht Bayer.
Strategie Die strategische Ausrichtung und die Zielsetzungen nehmen in der Berichterstattung einen großen Raum ein. Sowohl im Geschäftsbericht als auch auf den Internetseiten und in den allen Aktionären zur
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Jens Hecht
Verfügung stehenden Investorenpräsentationen informiert Bayer über Strategie des Gesamtkonzerns und der Teilkonzerne. Enthalten sind hier klare strategische Prioritäten sowie kurz-, mittel- und langfristige Ziele für die operative Rentabilität des Konzerns. Gesondert wird in den Kommunikationsinstrumenten auf die Finanzstrategie im Hinblick auf die Finanzkraft und die Risikoposition des Konzerns eingegangen.
Abb. 3. Beispiel: Investor Handout Bayer.
Best Practice für finanzielle Stärke und Performance: Total Die Finanzkennzahlen von Total zeigen ein solides Bild. Im Untersuchungszeitraum betrug die Eigenkapitalquote 38 %. Die EBITMarge liegt im Drei-Jahres-Durchschnitt bei 11 % und damit über dem der Vergleichsunternehmen BP und Shell. Auch die Entwicklung des Cashflow zeigt ein positives Bild. Im Untersuchungszeitraum ist der Cashflow auf der Geschäftstätigkeit im Schnitt um 16 % gestiegen. Eine vergleichsweise geringe Schwankungsbreite des Cashflow rundet die solide Unternehmensentwicklung ab. Der Total Shareholder Return (TSR) der Total-Aktie lag im betrachteten Fünf-Jahres-Zeitraum bei 7,4 % pro Jahr. Im TSR sind der Kursanstieg sowie die ausgeschütteten Dividenden enthalten. Im selben Zeitraum hat der Stoxx50 Index pro Jahr 5,7 % verloren. Total hat darüber hinaus mit dieser Performance die beiden Peers BP (TSR 0,4 %) und Shell (TSR -3,3 %) übertroffen.
Best Practice für Transparenz, finanzielle Stärke und Performance
Abb. 4. Beispiel: Geschäftsbericht Total – Daten zur Aktie.
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Anhang: CSR-Wettbewerb
Kriterienkatalog Maximale Punktezahl
Kriterium
Einzelkriterien
Mitarbeiter
1. 2. 3. 4. 5.
Gesellschaft
1. Orientierung an der Unternehmensstrategie, Vorteile für das Unternehmen erkennbar 2. Breite Verankerung im Unternehmen 3. Problemorientierung, Innovationsgrad des Engagements 4. Soziale Einbettung und Vernetzung 5. Gesellschaftliche Sensibilisierung
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Umwelt
1. 2. 3. 4.
Betriebliche Umweltleistung Umweltaspekte der Wertschöpfungskette Ökologische Innovation Integration von Umweltaspekten in Geschäftsprozesse 5. Dialog mit Stakeholdern und Kooperationen
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Transparenz
x x x x x
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Vergütung Flexibilität Personalentwicklung Potenzialausschöpfung Ethik und Engagement
Kommunikation Mitarbeiter Kommunikation Gesellschaft Kommunikation Umwelt Kommunikation Finanzdaten Kommunikation Unternehmensführung und Wertmanagement x Kommunikation Strategie
Finanzielle Stärke/ x Eigenkapitalquote Performance x EBIT-Marge x Total Shareholder Return x Wachstum und Volatilität Cash Flow
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Anhang: CSR-Wettbewerb
CSR-Wettbewerb – Gesamtranking Unternehmen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82
BP Anglo American Deutsche Post BT Group Royal Dutch Shell Deutsche Telekom Nokia Royal Bank of Scotland BASF Henkel Barclays Deutsche Bank Total Novartis Glaxosmithkline Bayer Volkswagen Schering Metro Vodafone Banco Bilbao HSBC Holding Bertelsmann AG ING BCO Santander Suez S.A. Actions RWE HBOS Telefonica Nestle DaimlerChrysler Astrazeneca HVB Group Diageo Allianz BMW Unilever Roche Philips Robert Bosch GmbH Siemens Credit Suisse Tesco ABN AMRO Adidas-Salomon Puma Degussa ENI Lloyds AXA Boehringer Ingelheim Carrefour SAP TUI AG UBS Aviva Commerzbank MAN Deutsche Bahn AG Lufthansa Telecom Italia E.ON L'Oreal Münchener Rück Swiss RE BNP Paribas Linde Altana RAG AG Rewe-Gruppe LBBW Thyssen-Krupp Fortis Continental Heraeus Holding GmbH Infineon AEGON Deutsche Börse Assicurazioni Generali Fresenius Medical Care DZ Bank AG Edeka Gruppe
Index
Umwelt
Mitarbeiter
Gesellschaft
Transparenz
STOXX50 STOXX50 DAX30 STOXX50 STOXX50 DAX30 STOXX50 STOXX50 DAX30 DAX30 STOXX50 DAX30 STOXX50 STOXX50 STOXX50 DAX30 DAX30 DAX30 DAX30 STOXX50 STOXX50 STOXX50 PRIVAT STOXX50 STOXX50 STOXX50 DAX30 STOXX50 STOXX50 STOXX50 DAX30 STOXX50 DAX30 STOXX50 DAX30 DAX30 STOXX50 STOXX50 STOXX50 PRIVAT DAX30 STOXX50 STOXX50 STOXX50 DAX30 M/TECDAX M/TECDAX STOXX50 STOXX50 STOXX50 PRIVAT STOXX50 DAX30 DAX30 STOXX50 STOXX50 DAX30 DAX30 PRIVAT DAX30 STOXX50 DAX30 STOXX50 DAX30 STOXX50 STOXX50 DAX30 DAX30 PRIVAT PRIVAT PRIVAT DAX30 STOXX50 DAX30 PRIVAT DAX30 STOXX50 DAX30 STOXX50 DAX30 PRIVAT PRIVAT
max. 20 13,6 12,8 16,0 15,2 16,0 15,2 8,8 12,0 8,8 10,4 12,0 12,8 9,6 12,8 12,0 11,2 9,6 12,8 12,8 11,2 16,8 9,6 6,4 9,6 11,2 9,6 12,0 10,4 12,0 7,2 9,6 13,6 13,6 5,6 14,4 8,8 8,0 11,2 9,6 11,2 8,8 14,4 14,4 9,6 12,8 10,4 7,2 12,8 10,4 8,0 8,0 13,6 0,0 14,4 10,4 12,0 6,4 7,2 14,4 12,8 10,4 8,8 7,2 12,0 8,8 8,0 3,2 6,4 7,2 7,2 13,6 3,2 5,6 2,4 2,4 7,2 7,2 2,4 0,8 0,0 0,0 0,0
max. 25 20,5 16,0 20,0 19,0 16,0 19,5 18,0 18,5 19,0 19,5 18,0 17,0 17,0 16,5 15,0 18,0 19,5 15,5 20,0 17,0 16,0 17,5 18,0 19,0 13,0 16,0 17,0 15,0 19,5 17,5 20,0 11,5 17,0 16,0 16,5 19,0 14,0 16,0 17,5 19,0 17,0 14,5 20,0 17,5 14,0 14,5 20,0 8,0 19,5 20,0 19,5 9,0 16,0 15,5 13,5 15,5 20,0 15,0 15,0 13,5 12,0 16,0 11,0 15,5 14,5 12,0 16,0 8,5 18,0 11,5 15,5 11,5 13,5 13,5 13,0 8,0 10,0 10,0 8,5 7,5 10,0 6,5
max. 25 21,0 20,0 20,0 19,0 21,0 22,0 22,0 20,0 20,0 18,0 19,0 20,0 16,0 15,0 20,0 20,0 19,0 15,0 16,0 20,0 15,0 16,0 20,0 17,0 20,0 18,0 13,0 16,0 14,0 16,0 17,0 14,0 16,0 20,0 17,0 15,0 21,0 14,0 18,0 14,0 15,0 18,0 5,0 16,0 10,0 10,0 10,0 15,0 12,0 16,0 10,0 19,0 16,0 12,0 12,0 12,0 16,0 15,0 13,0 13,0 12,0 7,0 14,0 12,0 12,0 12,0 10,0 10,0 7,0 11,0 3,0 6,0 7,0 3,0 8,0 3,0 4,0 1,0 7,0 1,0 5,0 3,0
max. 15 12,0 10,1 10,8 11,6 7,0 9,4 10,0 7,4 8,8 10,3 9,4 9,8 9,6 9,7 8,3 11,1 9,6 8,5 9,3 8,8 8,8 10,5 6,9 9,5 8,9 10,4 10,1 10,3 6,9 7,8 9,8 9,3 10,0 7,8 9,4 7,1 10,3 9,4 8,1 5,5 9,0 8,0 7,2 8,1 8,8 7,4 9,5 7,3 10,2 8,7 5,7 6,8 9,1 8,1 7,8 8,5 8,6 7,8 8,5 8,8 7,0 8,1 5,8 8,1 7,8 5,8 5,4 6,3 5,6 5,2 4,7 7,0 5,8 6,0 2,7 8,2 6,7 7,1 4,1 4,5 3,1 4,3
Finanzielle Stärke/ Performance max. 15 10,1 13,1 4,9 6,4 10,1 3,8 9,4 9,4 10,1 8,3 7,5 6,0 12,4 10,5 9,0 3,8 6,0 11,6 4,5 5,6 6,0 8,3 10,5 6,4 7,9 6,4 7,9 7,9 7,1 10,9 2,6 10,5 2,3 9,4 1,5 8,6 5,3 7,9 5,3 8,5 7,9 2,3 10,1 4,5 10,1 13,1 8,6 12,0 2,3 0,8 10,0 4,5 11,6 2,6 8,3 3,8 0,8 6,0 0,0 2,6 8,6 9,8 10,9 0,8 4,9 9,4 10,1 13,1 5,0 4,0 1,0 7,5 2,6 7,5 6,0 5,6 3,8 10,1 4,5 10,1 1,0 1,0
GESAMT max. 100 77,3 72,0 71,7 71,2 70,1 69,8 68,1 67,3 66,8 66,4 65,9 65,6 64,6 64,5 64,3 64,1 63,7 63,4 62,6 62,6 62,6 61,8 61,8 61,5 61,0 60,3 60,0 59,6 59,5 59,4 59,0 58,9 58,9 58,8 58,8 58,6 58,6 58,5 58,4 58,2 57,6 57,2 56,7 55,7 55,7 55,4 55,3 55,1 54,3 53,4 53,2 52,9 52,7 52,7 52,0 51,8 51,7 51,0 50,9 50,8 50,0 49,7 48,9 48,4 48,0 47,2 44,7 44,3 42,8 38,9 37,8 35,2 34,5 32,4 32,1 32,0 31,6 30,7 24,9 23,1 19,1 14,8
Glossar
AA1000 (AccountAbility 1000) wurde 1999 vom britischen Institute for Social and Ethical Accountability ISEA (AccountAbility) lanciert. AA1000 ist ein international anerkannter Prozessstandard für die Bilanzierung, Auditierung und Berichterstattung der betrieblichen Verantwortlichkeiten. Zentraler Bezug ist der Einbezug der relevanten Stakeholder während aller Phasen des Prozesses. Ein Business Case ist ein Hilfsmittel für das Erstellen von Entscheidungsgrundlagen und für die Planung. Er bietet eine klare Aussage zum Problem und eine mögliche Lösung und beschreibt die möglichen Konsequenzen von verschiedenen Aktionen. Durch einen Business Case des CSR wird der Nutzeneffekt, der das gesellschaftliche Engagement bringt, ersichtlich. Business Ethics ist ein Teilbereich der Wirtschaftswissenschaft, der sich mit der Frage auseinandersetzt, wie sich ökonomisches Handeln mit moralischen Grundsätzen vereinbaren lässt. Es wird u. a. der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen sich moralisch daraus ergeben, wenn Unternehmensführer ihren Unternehmenswert (shareholder value) maximieren wollen. Aber auch Fragen der Corporate Governance zählen zu den Untersuchungsfeldern der Wirtschaftsethik. Change Management oder Veränderungsmanagement ist das Management von Veränderungsprozessen in einer Organisation. Sobald Funktionen und Abläufe in einer Organisation umstrukturiert werden, sind immer Menschen mit ihren spezifischen Einstellungen, Sorgen und Wünschen betroffen. Change Management dient nun dazu, die Betroffenen (stake holder) frühzeitig auf die anstehenden Veränderungen vorzubereiten.
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Glossar
Code of Conduct ist die englische Bezeichnung für einen Verhaltenskodex. Um Umwelt- und Sozialstandards nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch gegenüber Lieferanten verpflichtend zu verankern, führen Unternehmen so genannte Verhaltenskodizes ein. Diese definieren, welche sozialen und ökologischen Anforderungen ein Lieferant zu erfüllen hat, sobald eine Geschäftsbeziehung eingegangen wird. Community Investment bezeichnet das Kapital von Geldgebern, das an Gemeinschaften gerichtet ist, die mit den üblichen Finanzdienstleistungen nicht versorgt werden. Ihnen wird der Zugang zu Krediten, Eigenkapital, Vermögen und den gängigen Bankprodukten angeboten, die diese Gemeinschaften sonst nicht nutzen könnten. Weltweites Community Investing macht es lokalen Organisationen möglich, Finanzdienstleistungen auch Personen mit geringem Einkommen zur Verfügung zu stellen. Zudem kann dadurch Kapital für Kleinunternehmen und unverzichtbare Gemeinschaftsdienstleistungen, wie Kinderbetreuung, bezahlbare Unterkünfte und Gesundheitsversorgung, bereitgestellt werden. Community Involvement stellt das Ausmaß der Beteiligung eines Unternehmens an karitativen Veranstaltungen dar. Bei dem englischsprachigen Begriff Compliance geht es im wesentlichen darum, unternehmensintern die Einhaltung bestimmter rechtlicher Standards oder festgelegter („ethischer“) Verhaltensgrundsätze durch die MitarbeiterInnen sicher zu stellen. Hierzu werden, v. a. bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistern, Compliance-Abteilungen eingerichtet. Diese wachen beispielsweise darüber, dass die deutschen und internationalen Gesetze und Richtlinien für den Insiderhandel oder Geldwäsche eingehalten werden. Mit Corporate Citizenship wird der Beitrag umrissen, den Unternehmen für die Gesellschaft leisten. In Zivilgesellschaften werden Unternehmen wie Privatpersonen als Bürger angesehen, von denen erwartet wird, dass sie ebenso zum Erhalt und zur Förderung der Gesellschaft beitragen. Dies tun die Unternehmen durch eine Vielzahl von Handlungen, u. a. Corporate Volunteering, Spenden, Sponsoring.
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Sie gehen dabei Partnerschaften mit Bildungs-, Sozial-, Kultureinrichtungen, Bürgergruppen, Nichtregierungsorganisationen etc. ein und schalten sich aktiv in öffentliche Diskussionen zu relevanten Themen ein. Corporate Social Responsibility ist ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in ihre Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren. Sozial verantwortlich heißt nicht nur, die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, sondern auch über die bloße Gesetzeskonformität hinaus in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehung zu anderen Stakeholdern zu investieren. (aus Grünbuch „Soziale Verantwortung der Unternehmen“ der Europäischen Kommission vom 18. Juli 2002) Beim Corporate Volunteering unterstützen Unternehmen gemeinnützige Projekte und Institutionen nicht mit ihren Geldspenden, sondern mit Know-how und Arbeitskraft. Sie stellen ihre MitarbeiterInnen tageweise für Einsätze in sozialen oder ökologischen Projekten frei oder rufen sie zu ehrenamtlichen Engagement auf, wofür sie dann die Sachmittel finanzieren. Diversity, Diversity Management (auch „Managing Diversity“) bezeichnet ein Konzept der Unternehmensführung, das die Heterogenität der MitarbeiterInnen in Hinblick auf Geschlecht, Religion, Nationalität etc. berücksichtigt. Diversity Management zielt nicht auf den Verlust der Individualität ab, sondern macht sich gerade die Existenz von Vielfalt zu Nutze und zieht aus der Vielfalt Wettbewerbsvorteile. Die Global Reporting Initiative (GRI) ist ein langfristiger, viele Stakeholder einbeziehender, internationaler Prozess, dessen Auftrag es ist, einen weltweit anwendbaren Leitfaden der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu entwickeln und zu verbreiten. Der GRI-Leitfaden ist für die freiwillige Anwendung durch Organisationen gedacht, die über die wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekte ihrer Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen Bericht erstatten wollen.
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Glossar
Beim Human Capital Management wird versucht, den personalwirtschaftlichen Wertschöpfungsbeitrag zu quantifizieren. Neben der quantitativen Bewertung geht es auch darum, eine qualitative Bewertung der Belegschaft vorzunehmen. Human Capital Management beschäftigt sich somit mit dem Mitarbeiter als Vermögens- beziehungsweise Kapitalwert. Issue Management befasst sich mit der Identifikation von ökonomischen, rechtlichen, technologischen, politischen, sozialen und ethischen Belangen, die für das Geschäftsunternehmen sowie die Formulierung einer adäquaten Unternehmenspolitik und der Umsetzungsverfahren von Bedeutung sind. License to Operate umschreibt die Notwendigkeit der sozialen Akzeptanz von Unternehmen. Die hier angesprochene Lizenz geht über die gesetzliche Betriebsgenehmigung hinaus. Vielmehr handelt es sich um die allgemeine gesellschaftliche Zustimmung, die ein Unternehmen zu seinen Aktivitäten erhalten kann. In diesem Rahmen werden ethische Verstöße oder vermeintliche Verstöße der Unternehmen gegen gesellschaftlich akzeptierte Verhaltensstandards in der Regel nicht (nur) von staatlichen Instanzen, sondern von der medialen Öffentlichkeit sowie organisierten pressure groups (NGOs) geahndet. Nichtregierungsorganisationen (kurz NRO; englisch non-governmental organisation, NGO) sind prinzipiell alle nicht von Regierungen oder staatlichen Stellen organisierten bzw. abhängigen Zusammenschlüsse von Menschen mit gemeinsamen Interessen. NGOs wie Greenpeace und Transparency International gehören mittlerweile zu den wichtigsten Stakeholdern eines Unternehmens. Mit Ökoeffizienz wird die Abstimmung aller Produktionsabläufe und Prozesse im Unternehmen auf ihre Umweltverträglichkeit und effiziente Nutzung von Ressourcen bezeichnet. Die ÖkoeffizienzAnalyse betrachtet den gesamten Lebensweg eines Produktes beginnend mit der Entnahme der Rohstoffe bis zur Verwertung oder Entsorgung nach dem Gebrauch. Das Instrument erlaubt es, bei Entwicklung und Optimierung von Produkten und Verfahren Ökonomie
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und Ökologie gemeinsam zu betrachten und unter verschiedenen Alternativen die ökoeffizienteste auszuwählen. Das Ziel von Ökoeffizienz-Analysen ist es, eine möglichst hohe Umweltleistung pro Konsumeinheit zu erzielen. Der Sarbanes-Oxley Act (SOX), benannt nach seinen Verfassern, dem Senator Paul S. Sarbanes und dem Abgeordneten Michael Oxley, ist ein US-Gesetz, das vor allem Regeln zur Unternehmensführung und -berichterstattung enthält. Ziel ist es, das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit der veröffentlichten Finanzdaten nach Bilanzskandalen von Unternehmen wie Enron oder Worldcom, wiederherzustellen. Das Gesetz gilt für inländische und ausländische Unternehmen, die an US-Börsen oder der NASDAQ gelistet sind. Der Social Case [des CSR] ist eine Bezeichnung für Nutzeneffekte, die gesellschaftliches Engagement und verantwortliches Management für das gesellschaftliche Umfeld bringen. Die umfassende Realisation dieser Nutzen setzt professionelles Managementhandeln insbesondere in der Außenkommunikation des Unternehmens voraus. Das Social Capital stellt den Anteil der unternehmerischen Wertschöpfung dar, der entweder den MitarbeiterInnen oder der Gesellschaft gewidmet wird. Konkret wird damit das Verhalten von Unternehmen gegenüber der Belegschaft anhand von Indikatoren wie Krankenstand, Dauer der betrieblichen Zugehörigkeit, Personalentwicklung usw. analysiert. Der Kapitalcharakter zeigt sich darin, dass die Existenz von Netzwerken wechselseitigen Vertrauens entscheidend sein kann für den Erfolg unternehmerischer Strategien in einem soziokulturellen Kontext. In der Sozialbilanz wird im Gegensatz zur Wirtschaftsbilanz nicht über die ökonomischen Leistungen eines Unternehmens berichtet, sondern es soll der gesellschaftliche Beitrag dargestellt werden. Es soll somit transparent werden, wie und in welchem Umfang das Unternehmen seine soziale Verantwortung wahrnimmt. Da die Erstellung einer Sozialbilanz freiwillig ist, gibt es keine vorgeschriebene, einheitliche Gliederung und somit auch keine einheitlich verwendete Terminologie.
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Glossar
Mit Socially Responsible Investing wird eine Anlagephilosophie, die neben Renditekriterien auch ökologische und soziale Wertvorstellungen des Anlegers berücksichtigt, bezeichnet. SRI-Investoren versuchen ihre finanziellen Ziele und ihre persönlichen Wertvorstellungen in Einklang zu bringen, indem sie in Unternehmen investieren, die nach wirtschaftlichen aber auch ökologischen und sozialen Kriterien geführt werden. Als Unique Selling Proposition wird im Marketing und der Verkaufspsychologie das Nutzenversprechen eines Produktes mit klarer Abgrenzung zum Wettbewerb bezeichnet.
Lebensläufe der Autoren
Kaevan Gazdar ist Experte in den Bereichen Reporting und Human Resources und Research Fellow am Center for Corporate Citizenship. Er ist verantwortlich für das Berichtswesen der HVB Group (HypoVereinsbank) in München. Der von ihm betreute Geschäftsbericht der HypoVereinsbank wurde sechsmal hintereinander Branchensieger im jährlichen Wettbewerb des manager magazins. Darüber hinaus ist Kaevan Gazdar für die Nachhaltigkeits- und Human Resources-Berichterstattung der Bank verantwortlich. Zusammen mit Klaus Rainer Kirchhoff verfasste er das Standardwerk „Geschäftsbericht ohne Fehl und Tadel“ sowie das Buch „Unternehmerische Wohltaten: Last oder Lust?“. Prof. Dr. Wolfgang Grewe ist Seniorpartner und Sprecher von Deloitte Deutschland. Seine beruflichen Tätigkeitsschwerpunkte liegen in Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung. Innerhalb des internationalen Verbunds Deloitte Touche Tohmatsu ist Wolfgang Grewe Mitglied der Global Executive und Managing Partner Europe/ Middle East/Africa. Seine fachliche Kompetenz bringt Wolfgang Grewe auch in Ausschüssen und Arbeitskreisen des Instituts der Wirtschaftsprüfer ein, ebenso wie als Co-Autor des Wirtschaftsprüfer-Handbuchs. Seit langen Jahren engagiert in der akademischen und beruflichen Nachwuchsausbildung, nimmt er an der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Otto-Friedrich-Universität Bamberg eine Honorarprofessur wahr. Prof. Dr. André Habisch lehrt an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und als Visiting Professor am International Center for Corporate Social Responsibility der Nottingham Business School, Nottingham UK. Als Gründungsdirektor des Center for Corporate Citizenship gilt er als einer der führenden Experten zur Thematik im
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Lebensläufe der Autoren
deutschen Sprachraum. Von 1999 – 2002 wirkte er als Sachverständiger in der Enquête-Kommission des deutschen Bundestages zum Bürgerengagement mit. Als wissenschaftlicher Berater und Jurymitglied der Initiative „Freiheit und Verantwortung“ hat er 2001 - 2004 über 250 Praxisprojekte gesellschaftlichen Engagements kleiner, mittlerer und großer deutscher Unternehmen bewertet; im RankingTeam des manager magazins zeichnet er für das gesellschaftliche Engagement verantwortlich. Er berät den Bund Katholischer Unternehmer, ist Mitglied im Audit-Rat der Beruf&Familie GmbH und im Editorial Board des Journal for Corporate Citizenship. Einschlägige Publikationen umfassen: Corporate Citizenship (2003), CSR across Europe (2004). Jens Hecht, CFA, ist Vorstand der Kirchhoff Consult AG und Geschäftsführer Kirchhoff Equity Consult GmbH. Er verfügt über mehr als 10 Jahre Kapitalmarkterfahrung und hat zahlreiche Eigenkapitaltransaktionen und Investor Relations-Projekte betreut. In 2001 erhielt er das amerikanische Berufsprädikat „Chartered Financial Analyst“ (CFA). Die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen in den Bereichen Finanzkommunikation, Emissionsberatung und kapitalmarktorientierte Unternehmensbewertung. Seit 2000 ist er bei Kirchhoff Consult, zuvor war er als Berater bei einer Corporate Finance-Boutique tätig. Jens Hecht ist Mitglied des amerikanischen CFA-Institute und der Swiss Private Equity & Corporate Finance Association (SECA). Klaus Rainer Kirchhoff ist Vorstandsvorsitzender der 1994 gegründeten Kirchhoff Consult AG. Mit ca. 40 Mitarbeitern erstellt er pro Jahr 60 Geschäftsberichte und begleitete seit 1998 41 Firmen auf ihrem Gang an die Börse. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und dem 2. Staatsexamen begann er seine berufliche Laufbahn 1987 als Vorstandsassistent bei der Alsen AG in Hamburg. Als geschäftsführender Gesellschafter einer Consultinggesellschaft war er bis zur Gründung des eigenen Unternehmens tätig. Neben den Geschäftsberichten und der Investor Relations-Arbeit gilt sein Hauptinteresse der Corporate Social Responsibility von Unternehmen. Neben diversen Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse zum Thema rund um Geschäftsberichte, Investor Relations, Going Public und CSR schrieb Klaus Rainer Kirchhoff in der Zeit 1997 bis 2005
Lebensläufe der Autoren
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die Bücher: Der Geschäftsbericht (1997), Geschäftsbericht ohne Fehl und Tadel (1999), Die Praxis der Investor Relations (1999), 2. überarbeitete und erweiterte Auflage hiervon (2001), Unternehmerische Wohltaten: Last oder Lust? (2004), Praxishandbuch Investor Relations (2005). Seit April 2005 hält Dr. Markus Lehni die Position des zentralen Umwelt- und Energieleiters des schweizerischen Pharma-Großkonzerns Novartis. In dieser Funktion ist er für die Entwicklung der Umwelt- und Energiepolitik des Konzerns, für Vorgaben und Leistungskriterien und für die Überprüfung und Unterstützung ihrer Umsetzung zuständig, während er zudem als Novartis-Berater in allen umwelt- und energiebezogenen Fragen weltweit tätig ist. In früheren Aufgaben war Dr. Lehni Geschäftsführer mit Verantwortung für die Umwelt- und Nachhaltigkeits-Dienstleistungsgruppe bei Deloitte, Programmleiter beim World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) und Leiter der Konzernumweltabteilung bei Landis & Gyr Group, einem Elektronikhersteller. Dr. Lehni hat sich auf das Nachhaltigkeitsberichtswesen in Konzernen spezialisiert, als Mitglied des Lenkungsausschusses und Vorsitzender der Arbeitsgruppe für die Global Reporting Initiative (GRI), als Mitglied des Preisrichterausschusses für Umwelt-/Nachhaltigkeitsbericht-Wettbewerbe in Deutschland, der Schweiz und Ungarn, als Verantwortlicher für die Erarbeitung eines Nachhaltigkeitsberichts-Bewertungsschemas für Deloitte sowie für die Durchführung von Untersuchungen in den jeweiligen Bereichen. Dr. Lehni verfügt über eine mehr als zehnjährige Erfahrung im Nachhaltigkeitsberichtswesen. Er verantwortete die Erarbeitung von richtungsweisenden Konzern-Umwelteffizienzberichten bereits im Jahr 1994, verfasste WBCSD-Berichte über Umwelteffizienz und Umwelteffizienzkennzahlen und hat mehrere multinationale Unternehmen bei der Entwicklung ihrer Nachhaltigkeitsberichte beraten. Jens Löffler ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Deloitte in Hannover. Er betreut überwiegend ein im DAX notiertes Unternehmen. Darüber hinaus ist er Mitglied des Arbeitskreises „Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten“ beim Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW). Im Rahmen dieser Tätigkeit hat er an der
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Lebensläufe der Autoren
Erarbeitung des vom Hauptfachausschuss des IDW am 12.05.2005 verabschiedeten Entwurfs eines IDW Prüfungsstandards: „Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung oder prüferischer Durchsicht von Berichten im Bereich der Nachhaltigkeit“ (IDW EPS 821) mitgewirkt. Dr. Sam Vaseghi (Dipl. mult.) ist Manager bei „Deloitte Environmental & Sustainability Services“ in Dänemark. Seit 1990 ist er in der Beratung tätig, u. a. für die Fraunhofer Gesellschaft, AOL-Time Warner und EDS. Sam Vaseghi hält einen PhD in Verfahrenstechnik und diverse Master Degrees. Auf Grund seines umfangreichen Know-hows im Umweltbereich wurde er 2004 zum Gutachter des Manager-Magazin-Wettbewerbs „Good Company“ berufen und trägt in diesem die Verantwortung für die Bewertung der Umwelt-Aktivitäten der größten europäischen Unternehmen. Dr. Vaseghi unterstützt seine Kunden sowohl in der inhaltlichen Optimierung als auch der Prüfung ihrer Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichte. Zu seinen Kunden zählen u. a. die Lufthansa AG (Deutschland), Bayer AG (Deutschland), Grundfos (Dänemark), Vodafone (Deutschland), Toyota Europe (Belgien).